Tiedtke (Hrsg.) · Allgemeine BWL
Jürgen R. Tiedtke (Hrsg.)
Allgemeine BWL Betriebswirtschaftliches Wissen für kaufmän...
50 downloads
3562 Views
17MB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Tiedtke (Hrsg.) · Allgemeine BWL
Jürgen R. Tiedtke (Hrsg.)
Allgemeine BWL Betriebswirtschaftliches Wissen für kaufmännische Berufe – Schritt für Schritt Erarbeitet von Birga Döring, Tim Döring, Wilfried Giesler, Wolfgang Harmgardt, Regina Kühn, Axel W. Lange, Kai Michaelsen, Jürgen R. Tiedtke
2., überarbeitete Auflage
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 1998 2., überarbeitete Auflage Januar 2007 Alle Rechte vorbehalten © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 Lektorat: Dr. Riccardo Mosena Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vevielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Ulrike Weigel, www.CorporateDesignGroup.de Druck und buchbinderische Verarbeitung: Wilhelm & Adam, Heusenstamm Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-409-29740-0
V
Vorwort Liebe Leserinnen und Leser! Wirtschaftsleben ist ohne Betriebe undenkbar. Ihre Vielfalt, ihre Komplexität und ihre Verbindungen untereinander und zu allen Gruppen der Gesellschaft und zu Einzelpersonen im In- und Ausland haben eine umfassende Lehre nach sich gezogen, nämlich die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. Sie öffnet die Blicke sowohl für inner- als auch außerbetriebliches Geschehen, ihr Zusammenspiel und ihre grundlegenden Strukturen. Deshalb erlernen Sie mit Hilfe des vorliegenden Werkes das gesamte betriebswirtschaftliche Wissen für Ihre kaufmännische Ausbildung bzw. Ihren kaufmännischen Beruf – Schritt für Schritt – in wechselseitiger Bezugnahme von theoretischen Lehrinhalten und Beispielen aus der Praxis. Die übersichtliche, klare Gliederung und anschauliche Aufbereitung des Stoffs anhand zahlreicher Beispiele, Praxisberichte, aktueller Zeitungsberichte u.v.m. macht Ihnen dabei schnell die Zusammenhänge verständlich. Anhand der Zusammenfassungen am Ende eines Kapitels bekommen Sie das Gelernte nochmals in den Blick. Aufgaben bieten Ihnen die Möglichkeit den Stoff zu bearbeiten und sich das Wissen somit leichter anzueignen. Die Darstellung des Inhalts in zwei Spalten, die Sachinformation links, die Ergänzungen aus Alltag und Praxis rechts, erleichtert Ihnen ein gezieltes Arbeiten mit dem Buch. Denn die Sachinformationen sollten Sie nach dem Lesen und Lernen auf jeden Fall kennen. Die Ergänzungen hingegen sind ein Angebot, auf das Sie je nach Bedarf zugreifen können. Sie bieten Ihnen die Möglichkeit, sich mit dem Thema tiefer auseinander zu setzen oder aber trocken Theoretisches in der Praxis einfach nur richtig einzuordnen. Die handlungsorientierte Darstellung anhand des durchgängigen Beispielunternehmens der Deutschen Motorenwerke AG (DMW AG) erleichtert Ihnen den notwendigen Einblick in das Ineinandergreifen bzw. die Verzahnung der verschiedenen Arbeits- bzw. Funktionsbereiche eines Unternehmens. So gelangen Sie leichter zum Verständnis von Sinn und Zweck dessen, was Ihnen auf den ersten Blick als trockener langweiliger Lernstoff erscheint. Wir hoffen, dass Sie Freude am Buch und an der Erarbeitung der Inhalte haben und Ihr Interesse für alle wirtschaftlichen Fragen geweckt und verstärkt wird. Für Verbesserungsvorschläge und konstruktive Kritik sind wir Ihnen dankbar. Die Autoren
VI
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft ...........................................................................1 1.
Grundlagen der Leistungserstellung .........................................................................................3 1.1
Der Betrieb als Zelle der Gesamtwirtschaft ...........................................................................3
1.2
Die Arten der Betriebe und ihr Zusammenhang ....................................................................6
1.3
Industriebetriebe...................................................................................................................10
1.4 2.
Der innerbetriebliche Kreislauf eines Industriebetriebes .....................................................16 Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe ....................................................................21
2.1
Betriebliches Erstziel (Primärziel) .......................................................................................21
2.2
Andere betriebliche Ziele (Zweitziele) ................................................................................29
2.3
Das Zusammenwirken der Kennzahlen................................................................................41
2.4
Das betriebliche Gleichgewicht ...........................................................................................42
3.
Die Leistungsfaktoren im Betriebsprozess..............................................................................45 3.1
Die menschliche Arbeitskraft...............................................................................................45
3.2
Betriebsmittel .......................................................................................................................49
3.3
Werkstoffe ............................................................................................................................53
3.4
Informationen .......................................................................................................................56
3.5
Elementarfaktoren im Überblick ..........................................................................................61
4.
Die Geschäftsführung ...............................................................................................................63 4.1
Führungsbegriff ....................................................................................................................63
4.2
Das innere und äußere Umfeld der Führung ........................................................................65
4.3
Die Verantwortung der Führung ..........................................................................................67
4.4
Die Organisation der Führung..............................................................................................67
4.5
Führungsanforderungen .......................................................................................................77
4.6
Führungskultur .....................................................................................................................80
4.7
Neue Führungsaufgaben.......................................................................................................87
4.8 5.
Unternehmenskultur .............................................................................................................91 Kurzer Abriss der Organisation ..............................................................................................94
5.1
Organisationsbegriff.............................................................................................................94
5.2
Die Aufbauorganisation .......................................................................................................95
5.3
Die Stababteilung „Controlling“ ........................................................................................101
5.4
Der umweltorientierte Unternehmensaufbau .....................................................................105
VII
5.5
Die Ablauforganisation...................................................................................................... 108
5.6
Organisationsgrundsätze.................................................................................................... 112
6.
Verschiedenes .......................................................................................................................... 114 6.1
Der industrielle Standort.................................................................................................... 114
6.2
Ausgewähltes zum Steuersystem....................................................................................... 118
Kapitel 2 Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen ....................................... 125 1.
Zum Finanzierungsbegriff ..................................................................................................... 127 1.1
Zum Investitionsbegriff ..................................................................................................... 128
1.2
Die Verbindung zwischen Investition und Finanzierung .................................................. 128
2.
Finanzierungsentscheidungen................................................................................................ 132 2.1
Grundlagen der Finanzierung ............................................................................................ 132
2.2
Der Cashflow ..................................................................................................................... 143
2.3
Die Quellen der Finanzierung............................................................................................ 148
2.4
Formen der Innenfinanzierung........................................................................................... 157
2.5
Formen der Außenfinanzierung ......................................................................................... 173
2.6
Leasing – eine Sonderform der Finanzierung.................................................................... 210
Kapitel 3 Rechtliche Grundlagen .............................................................................................. 219 Teil 1: Einführung und Rechtsnormen............................................................................................. 221 1.
Einführung .............................................................................................................................. 221
2.
Die Einpersonenunternehmung............................................................................................. 222
3.
Gesellschaftsrecht ................................................................................................................... 223 3.1
Gesellschaftsformen........................................................................................................... 223
3.2
Personengesellschaften ...................................................................................................... 223
3.3
Kapitalgesellschaften ......................................................................................................... 231
3.4.
Unternehmenszusammenschlüsse...................................................................................... 245
Teil 2: Der Kaufmann.......................................................................................................................... 249 Teil 3: Allgemeine Rechtsgeschäftslehre........................................................................................... 252 1.
Arten von Rechtsgeschäften................................................................................................... 252
2.
Zustandekommen von Verträgen.......................................................................................... 253 2.1
Der Inhalt von Verträgen ................................................................................................... 253
2.2
Einigung der Vertragspartner............................................................................................. 253
2.3 3.
Nichtigkeitsgründe............................................................................................................. 254 Verbraucherschutzvorschriften ............................................................................................ 255
3.1
Die Vorschriften zur Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen......................... 255
VIII
3.2
Die Vorschriften über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften ..258
3.3
Die Vorschriften über Verbraucherdarlehensverträge .......................................................260
4.
Der Kaufvertrag ......................................................................................................................262 4.1
Inhalt des Kaufvertrages.....................................................................................................262
4.2
Pflichten der Kaufvertragsparteien.....................................................................................265
4.3
Übereignung .......................................................................................................................266
4.4
Veräußerung unter Eigentumsvorbehalt.............................................................................267
4.5
Pflichtverletzungen beim Kaufvertrag ...............................................................................269
4.6
Besondere Kaufvertragsarten .............................................................................................274
Kapitel 4 Materialwirtschaft ........................................................................................................277 1.
Grundlagen der Materialwirtschaft ......................................................................................279 1.1
Einleitung ...........................................................................................................................279
1.2
Organisation der Materialwirtschaft...................................................................................284
1.3
Daten- und Informationsverarbeitung in der Materialwirtschaft .......................................287
1.4
Qualitätssicherung in der Materialwirtschaft .....................................................................288
2.
Materialdisposition..................................................................................................................290 2.1
Einleitung ...........................................................................................................................290
2.2
Bedarfsmengenplanung ......................................................................................................290
2.3 3.
Die Bestellmengenplanung.................................................................................................295 Beschaffung..............................................................................................................................299
3.1
Einleitung ...........................................................................................................................299
3.2
Aufbauorganisation des Einkaufs.......................................................................................300
3.3
Die operativen Aufgaben des Einkaufs ..............................................................................302
3.4
Die strategischen Aufgaben des Einkaufs ..........................................................................316
3.5
Materialentsorgung und Materialverwertung.....................................................................324
4.
Lagerhaltung und innerbetriebliche Logistik.......................................................................325 4.1
Einleitung ...........................................................................................................................325
4.2
Lagerplanung......................................................................................................................327
4.3
Ablauf der Lagerhaltung ....................................................................................................332
Kapitel 5 Personalwesen ................................................................................................................339 1.
Das Unternehmen am Markt .................................................................................................341 1.1
2.
Neue Impulse......................................................................................................................341 Das Personalwesen und seine Funktion ................................................................................343
2.1
Die Definition „Personalwesen“ ........................................................................................343
IX
2.2
Die Bedeutung des Personalwesens................................................................................... 344
2.3
Die Anforderungen an das Personalwesen ........................................................................ 345
2.4
Die Ziele des Personalwesens............................................................................................ 348
2.5
Externe und interne Einflüsse auf das Personalwesen....................................................... 349
2.6
Aufgaben des Personalwesens ........................................................................................... 354
2.7
Die Organisation des Personalwesens ............................................................................... 356
3.
Die menschliche Arbeit als Produktionsfaktor .................................................................... 358 3.1
4.
Personal im Industriebetrieb .............................................................................................. 359 Personalplanung und der Mitarbeiterbedarf....................................................................... 364
4.1
Bestimmung des quantitativen Personalbedarfs ................................................................ 364
4.2
Qualitative Aspekte des Personalbedarfs........................................................................... 367
4.3
Personalplanung und Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat ............................................. 370
5.
Die Möglichkeiten der Personalbeschaffung........................................................................ 370 5.1
Die innerbetrieblichen Möglichkeiten der Personalbeschaffung....................................... 371
5.2
Externe Personalwerbung .................................................................................................. 372
5.3
Die Eignungsanalyse.......................................................................................................... 374
6.
Die Einstellung von Mitarbeitern.......................................................................................... 377 6.1
Die Bewerbung .................................................................................................................. 377
6.2
Der Arbeitsvertrag ............................................................................................................. 382
7.
Personaleinsatz........................................................................................................................ 386 7.1
Begriff, Inhalt und Abgrenzung......................................................................................... 386
7.2
Personaleinsatz bei Veränderungen von innen .................................................................. 389
7.3
Einzelaufgaben beim Personaleinsatz................................................................................ 391
8.
Die Personalbetreuung an zwei Beispielen ........................................................................... 400 8.1
Allgemeines ....................................................................................................................... 400
8.2
Personalentwicklung.......................................................................................................... 400
8.3
Die Mitarbeiterbeurteilung ................................................................................................ 403
9.
Das Arbeitsentgelt................................................................................................................... 407 9.1
Der Elementarfaktor Arbeit ............................................................................................... 407
9.2
Bestimmungsfaktoren der Lohnhöhe................................................................................. 408
9.3
Arbeitsrechtliche Grundlagen ............................................................................................ 409
9.4
Die Arbeitsbewertung ........................................................................................................ 411
9.5
Entlohnungsformen............................................................................................................ 414
9.6
Die Mitbeteiligung der Arbeitnehmer................................................................................ 417
9.7 10.
Die Lohnzahlung................................................................................................................ 418 Personalfreisetzung................................................................................................................. 422
X
10.1
Anlässe ...............................................................................................................................422
10.2
Kündigung im gegenseitigen Einvernehmen .....................................................................422
10.3
Auflösung durch Zeitablauf oder durch Zweckerreichung ................................................422
10.4
Kündigung des Arbeitsverhältnisses ..................................................................................423
10.5
Kündigungszeiten...............................................................................................................424
10.6
Massenentlassungen ...........................................................................................................426
11.
Hinweis zum Betriebsverfassungsgesetz ...............................................................................427
Kapitel 6 Produktionswirtschaft ................................................................................................429 1.
Überblick..................................................................................................................................431
2.
Langfristige und mittelfristige Produktionsplanung ...........................................................432 2.1
Bestimmung von Produktfeldern und Produktgruppen......................................................434
2.2
Forschung und Entwicklung...............................................................................................436
3.
Merkmale unterschiedlicher Produktionen..........................................................................439 3.1
Arten der Produktion..........................................................................................................439
3.2
Organisationsformen ..........................................................................................................444
4.
Innerbetriebliche Standortplanung .......................................................................................454 4.1
Kurzdarstellung eines Verfahrens der Layoutplanung.......................................................456
4.2
Kostenverminderung durch Layoutplanung.......................................................................457
5.
Kurzfristige Produktionsplanung..........................................................................................458 5.1
Mengenmäßige Planung .....................................................................................................460
5.2
Zeitliche Planung................................................................................................................464
6.
Produktionssteuerung.............................................................................................................467 6.1
Grundlagen .........................................................................................................................467
6.2
Die Durchlaufzeit als zentrale Größe .................................................................................468
6.3
Einfache Steuerungskonzepte ............................................................................................470
6.4
Spezielle Steuerungskonzepte ............................................................................................475
7.
Produktionskontrolle ..............................................................................................................478 7.1
Kontrolle nach ökonomischen Kriterien ............................................................................479
7.2
Kostenerfassung und Kostenverläufe.................................................................................482
7.3
Kontrolle der Qualität.........................................................................................................486
Kapitel 7 Marketing .........................................................................................................................491 1.
Grundlagen des Marketing ....................................................................................................493 1.1
Definition ...........................................................................................................................493
1.2
Die Entstehung des Marketing ...........................................................................................494
XI
1.3 2.
Heutige Rolle und Aufgaben ............................................................................................. 495 Marketingplanung .................................................................................................................. 496
2.1
Die Analyse........................................................................................................................ 497
2.2
Die Marketingziele ............................................................................................................ 498
2.3
Strategien ........................................................................................................................... 498
2.4
Die Maßnahmen................................................................................................................. 499
2.5
Die Kontrolle ..................................................................................................................... 499
2.6 3.
Die Bewertung ................................................................................................................... 499 Die Neuproduktentwicklung.................................................................................................. 501
3.1
Gründe für neue oder verbesserte Produkte....................................................................... 501
3.2
Risiken und Probleme bei der Neuproduktentwicklung .................................................... 502
3.3
Der Ablauf einer Neuproduktentwicklung ........................................................................ 502
4.
Marktforschung ...................................................................................................................... 507 4.1
Definition und Aufgaben ................................................................................................... 507
4.2
Arten und Formen.............................................................................................................. 507
4.3
Methoden der Marktforschung .......................................................................................... 509
4.4
Vollerhebung und Teilerhebung ........................................................................................ 511
5.
Segmentierung......................................................................................................................... 512 5.1
Die Vor- und Nachteile der Marktsegmentierung ............................................................. 513
5.2
Produkt- und zielgruppenbezogene Marktsegmentierung ................................................. 513
5.3 6.
Segmentierungsstrategien .................................................................................................. 514 Produktpolitik ......................................................................................................................... 516
6.1
Merkmale eines Produktes................................................................................................. 516
6.2
Der Service ........................................................................................................................ 519
7.
Der Produktlebenszyklus ....................................................................................................... 521 7.1
Die Einführungsphase........................................................................................................ 521
7.2
Die Wachstumsphase ......................................................................................................... 521
7.3
Die Reifephase/ Sättigungsphase....................................................................................... 522
7.4
Die Rückgangsphase.......................................................................................................... 522
8.
Die Sortimentspolitik.............................................................................................................. 524 8.1
Die Breite, die Tiefe und die Geschlossenheit des Sortiments .......................................... 524
8.2
Variation, Differenzierung, Diversifikation und Eliminierung ......................................... 525
9.
Entgeltpolitik........................................................................................................................... 527 9.1 9.2
10.
Die Preispolitik .................................................................................................................. 527 Die Konditionenpolitik ...................................................................................................... 533 Distributionspolitik................................................................................................................. 534
XII
10.1
Absatzwege ........................................................................................................................534
10.2
Vertriebssystem ..................................................................................................................537
10.3
Die Absatzformen...............................................................................................................538
10.4
Physische Distribution/Logistik .........................................................................................538
11.
Kommunikationspolitik ..........................................................................................................539
11.1
Werbung .............................................................................................................................539
11.2
Die Verkaufsförderung.......................................................................................................544
11.3
Publicrelations....................................................................................................................544
11.4
Sponsoring..........................................................................................................................545
11.5
Persönlicher Verkauf..........................................................................................................545
12.
Planung und Kontrolle ...........................................................................................................547
Stichwortverzeichnis .........................................................................................................................551
XIII
Ein Unternehmen stellt sich vor Deutsche Motoren Werke, Aktiengesellschaft (DMW AG) 1. Merkmale des Unternehmens und Produkte • Wir gehören zu der Branche der Kraftfahrzeughersteller. • Wir zählen nicht zu den Großen des Sektors, vielmehr sind wir ein mittelständisches Unternehmen, das an drei Standorten produziert. Unser Stammwerk ist in Hannover, zwei weitere befinden sich in Halle und Emden. • Wir stellen seit Jahren erfolgreich kleine Autos her und nennen sie liebevoll „Kisten für den Hausgebrauch“. Aber schlecht sind sie nicht, die Umsätze beweisen das. Und wie ist es mit der komfortablen Ausstattung? Na, ja. Unsere Autos sind so etwas wie der damalige Käfer für die erste Nachkriegsgeneration. Allerdings sind viele Teile recycelbar.
Abb. 1:
Modernste Produktion in Halle
XIV
Besondere Kennzeichen: • preisgünstig durch kundenfreundliche Kalkulation • sicher durch Seitenverstrebungen und Airbag • diebstahlgeschützt durch Sicherheits-Code-Verschluss • kurvenstabil durch das elektronische Kurvamatik-System • laufruhig • frisch und lebendig durch Design und Farbe.
Wir bieten verschiedene Autotypen an. Da gibt es • den „Single", ein preiswertes Einsteigermodell mit wenig PS und nur als Zweitürer lieferbar • den „Shopper", das klassische Zweitauto mit verschiedenen Extra-Ausstattungspaketen • den „Sporty", ein kleiner Sportflitzer für junge Leute von heute. Seit zwei Jahren basteln unsere Ingenieure an einem Geländewagen (Funny) herum. Jetzt kann das Modell in Serie gehen. Dafür ist das Werk in Halle vorgesehen, das bislang den Single produziert. Die Planung für das Projekt Elektro-Auto sind weit vorangeschritten. Auch für den Roadster „Joy" sind bereits die Weichen gestellt. Jedoch ist die Planung erst in der Anfangsphase. Lean Production (schlanke Produktion) bei gleichzeitiger Teamarbeit in der Herstellung ist für uns kein Fremdwort mehr. Systemstatt Komponentenanbieter und der Einbau der Teile – z. B. der Elektrizität –, der von ihnen übernommen wird, garantieren höchste Qualität. Wir selbst liefern Chassis, Motor, Getriebe, Bleche und anderes (Abb. 2).
XV
2. Die Zahlen des Unternehmens sehen so aus: 2.1 Bilanz der DMW AG 2005 (in Mio. EUR, auf-, abgerundet) Aktiva Immaterielle Vermögensgegenstände Sachanlagen Finanzanlagen Anlagevermögen
18 328 96 442
Vorräte Forderungen aus Lieferungen und Leistungen Übrige Forderungen und sonstiges Vermögen Wertpapiere Flüssige Mittel Umlaufvermögen
166 275 28 152 47 668
Rechnungsabgrenzungsposten
10 1.120
Passiva Gezeichnetes Kapital Kapitalrücklage Gewinnrücklagen Jahresüberschuss Eigenkapital
90 82 260 24 456
Pensionsrückstellungen 224 Übrige Rückstellungen Rückstellungen
210 434
Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten Verbindlichkeiten aus Lieferungen/Leistungen Sonstige Verbindlichkeiten Verbindlichkeiten
16 118 96 230 1.120
XVI
2.2 Sonstige Daten 2005 • Mitarbeiter
1.800
• Produktionsmenge in Stück
124.000
• Absatzmenge in Stück
108.400
• Umsatz in Mio. EUR
108.400
• Entwicklungen: siehe Abbildung 3
180 Umsatz Personalaufwand
160
140
Automobilproduktion Mitarbeiter
120
100 2000
2001
2002
2003
2004
2005
Abb. 3: Umsatz, Personalaufwand, Automobilproduktion und Mitarbeiter des DMW-Unternehmens (Index: 2000 = 100)
XVII
3. Einkaufsvolumen und Lieferanten DMW kaufte 2005 Material, Betriebsstoffe und Energie sowie Investitionsgüter im Wert von l ,8 Mrd. EUR. Die Bestände an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie an Halb- und Fertigfabrikaten für das Fahrzeuggeschäft konnten auf niedrigem Stand gehalten werden. Als Folge der Wirtschaftsschwäche in den großen Industrieregionen war die Entwicklung der Weltmarktpreise für viele Werkstoffe abwärts gerichtet. Die Investitionen wurden planmäßig fortgeführt. Sie beliefen sich im Berichtsjahr auf 300 Mio. EUR und wurden wiederum voll aus dem Cash-Flow finanziert. Diese aus der Innenfinanzierung stammenden Finanzmittel nahmen auf 290 Mio. EUR zu. In den letzten fünf Jahren haben die DMW l Mrd. EUR in die Erweiterung und Modernisierung des Werkes Hannover sowie in die Gründung des sächsischen Betriebes gesteckt. Inzwischen sind längerfristige Verträge mit vier Systemanbietern abgeschlossen (elektrisches und elektronisches Zubehör, Armaturen und Armaturenbord, Fenster, Türen, Heber, Sicherheitssystem und Beleuchtung). Sechzig Lieferanten sorgen für den pünktlichen Eingang der Werkstoffe. Mit zwei Lieferanten bestehen Datenverbundsysteme. In enger Kooperation mit den Zulieferern werden große Teile, Produktionsmaterial und Fahrzeuge mit der Bahn befördert. Waggons und Container sind meistens in zwei Richtungen ausgelastet. Systemlieferer benutzen eigene Spediteure. Neuester Clou für den Transport sind Doppelstockwaggons. Sie gelten als besonders diebstahlgesichert.
4. Personal Ende 2005 arbeiteten in den Werken und Verwaltungen 18.800 Mitarbeiter. 400 weniger als ein Jahr zuvor. Mit weiteren 700 Mitarbeitern wurden Vereinbarungen über einen vorgezogenen Ruhestand geschlossen, soweit es gesetzlich möglich ist. Für die Aus- und Weiterbildung der eigenen Mitarbeiter sowie für das technische Training und die Verkaufsschulung von Mitarbeitern hat das Unternehmen hohe Geldsummen eingesetzt. Der Standard der Mitarbeiter ist hoch. Förderprogramme für den Nachwuchs geben jungen Menschen Orientierungshilfe für den künftigen Berufsweg. Eine eigene Betriebskrankenkasse schafft für Mitarbeiter günstige Tarife.
5. Verkauf Der Verkauf wurde zu sogenannten Gewinnzentren umorganisiert. Jedes Produkt bildet im Unternehmen eine eigene Sparte mit eigener Ergebnisverantwortung. So hatten es die Händler immer gleichzeitig mit mehreren Kundenberatern und Verkäufern zu tun. Auch wurde Spartenwerbung mit eigener Strategie betrieben, was zur Konkurrenz im eigenen Unternehmen führt und eine höhere Effizienz mit sich bringt.
6. Altfahrzeuge Außer Betrieb genommene Fahrzeuge mit der DMW-Marke werden von selbstständigen Verwerterbetrieben zerlegt. Die Bestandteile werden zum großen Teil aufbereitet und stofflich verwertet. Und das alles im Auftrag von DMW.
Kapitel 1
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft von Jürgen R. Tiedtke
3
1. Grundlagen der Leistungserstellung 1.1
Der Betrieb als Zelle der Gesamtwirtschaft
Alles Wirtschaften vollzieht sich in Betrieben. Sie sind Sozialgebilde und Zellen des wirtschaftlichen Lebens. Jeder Einzelbetrieb ist ein wirtschaftliches Aktionszentrum. Es verfügt über eine eigene Planung und einen eigenen Betriebsprozess. In ihm werden nach den Zielvorgaben der Führung und unter ihrer Leitung Güter und Leistungen hergestellt. Die Herstellung geht durch die Tätigkeit der Mitarbeiter (Arbeitsleistungen), durch den Einsatz von Maschinen, maschinellen Anlagen und Werkzeugen (Betriebsmittel), mit Hilfe der Werkstoffe und unter Einsatz und Austausch von Informationen vonstatten. Diese Bausteine der Herstellung heißen Elementarfaktoren. Erst ihr Zusammenwirken – ihre Kombination – lässt Güter und Leistungen hervorbringen (siehe Abb. 1). Betriebe sind also Produktionsstätten. Auch Haushalte gelten im weiteren Sinne als Betriebe. Sie werden ursprüngliche Betriebe genannt, weil ursprünglich alles Wirtschaften, also das Herstellen von Erzeugnissen, von ihnen ausging, zunächst nur für den Eigenbedarf, später im Austausch mit anderen Haushalten. Heute sind sie meist nur Verbraucher. Demnach sind sie Stätten des Verbrauchs (Stätten der Konsumtion). Im Gegensatz dazu werden Produktionsstätten auch abgeleitete Betriebe genannt. Abgeleitete Betriebe stellen Güter und Leistungen her. Dabei kann es sich um Güter handeln, die die Haushalte benötigen. Sie heißen Konsumgüter. Werden sie sofort verbraucht, wie Brot und Obst, heißen sie Verbrauchsgüter. Kann man sie längere Zeit benutzen, wie zum Beispiel eine Waschmaschine, einen Computer und ein Auto, dann sind es Gebrauchsgüter.
Arbeitsleistungen = alle von Menschen im Betrieb erbrachten Tätigkeiten
Betriebsmittel = alle Sachgüter, die im Produktionsprozess genutzt werden, jedoch nicht untergehen
Werkstoffe = alle Roh-, Hilfsund Betriebsstoffe sowie Halb- und Fertigerzeugnisse, die in das Erzeugnis eingehen
Informationen = alle Informationen, die ein Element zur Erreichung der Unternehmensziele darstellen
Betriebsprozess
Abb. 1:
Elementarfaktoren
Ergänzendes zum Betrieb In diesem Sinne gehört die Deutsche Motoren Werke AG (DMW AG) zu den abgeleiteten Betrieben. Abgeleitete Betriebe gliedern sich in Wirtschaftsbetriebe und öffentliche Haushalte. Zu den Wirtschaftsbetrieben zählen Betriebe der Land- und Forstwirtschaft sowie Gewerbebetriebe. Gewerbebetriebe umfassen Handwerks-, Industrie-, Handels- und Versicherungsbetriebe sowie Banken (siehe Abb. 2). Die DMW AG lässt sich demnach als gewerblicher Wirtschaftsbetrieb herausstellen, der seine Güter industriell herstellt. Die DMW AG ist ein Industriebetrieb.
Aufgabe 1.
Warum bezeichnet man Produktionsstätten als geleitete Betriebe?
4
Auch Betriebe benötigen Güter. Diese haben einen eigenen Namen. Es sind Produktionsgüter. Unter ihnen gibt es solche, die sofort in der Herstellung verbraucht werden. Zum Beispiel die Milch, die zu Butter verarbeitet wird. Andererseits können sie länger benutzt werden, wie zum Beispiel Maschinen und Werkzeuge.
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft Betriebe
ursprüngliche Betriebe
Um den Unterschied zu den Gütern, die im Haushalt verbraucht und gebraucht werden, deutlich zu machen, bezeichnet man sie als produktive Verbrauchs- und Gebrauchsgüter (Milch/Werkzeuge). Letztere werden auch Investitionsgüter genannt (siehe Abb. 3). Zu den wirtschaftlichen Gütern gehören auch Dienstleistungen und Rechtsverhältnisse. Beide „Güterarten“ werden sowohl von den Betrieben als auch von den Haushalten ständig in Anspruch genommen. Zu denken ist unter anderem an Bankgeschäfte (Dienstleistungen) oder an die Vergabe von Lizenzen zwischen den Betrieben. Ebenso lassen sich hier Notare, Rechtsanwälte, Apotheker, Makler usf. einordnen.
abgeleitete Betriebe
Wirtschaftsbetriebe
Land- und forstwirtschaftliche Betriebe
Handwerk
Gewerbebetriebe
Industrie
Abb. 2:
öffentliche Haushalte
Handel
Banken
Versicherungen
Betriebe und Haushalte
Ohne Güter und Dienstleistungen lässt sich keine Wirtschaft erklären. Mit ihnen wird aber der Zusammenhang deutlich, der zwischen beiden Wirtschaftsgruppen, den Herstellern (Produzenten) und den Verbrauchern (Konsumenten), besteht.
Aufgaben 2.
Nennen Sie jeweils zwei bis drei verschiedene Betriebsarten von Handelsund Industriebetrieben! Nennen Sie auch Beispiele aus der Praxis (mit Namen)!
Die von den Herstellungsbetrieben (Produktion) angefertigten Verbrauchs- und Gebrauchsgüter werden sowohl von anderen Betrieben als auch von den Haushalten (Konsumtion) gekauft. Letztere brauchen sie zum Leben. Erstere, um sie weiterzuverarbeiten bzw. zu benutzen (z.B. Bleche, Teile für ein Kraftfahrzeug). Dabei hängt die Dauer der Nutzung von der Intensität der Inanspruchnahme ab. Herstellungsmaschinen räumt man ein „Leben von bis zu 5 Jahren“ ein, Computern von ca. 2 Jahren.
3.
Wieso können Dienstleistungsbetriebe auch Produktionsbetriebe genannt werden?
4.
Ordnen Sie die folgenden Güter den richtigen Bezeichnungen zu: •
das im Haushalt benutzte Fahrrad
•
die Werkzeuge eines Klempners
•
die einzubauenden Lenkräder für Kraftfahrzeuge
•
das Fleisch zum Mittagessen!
1.
Grundlagen der Leistungserstellung
5
Rechtsverhältnisse
Dienstleistungen
Wirtschaftliche Güter
Konsumgüter
Produktionsgüter
Verbrauchsgüter
Gebrauchsgüter
(produktive) Verbrauchsgüter
(produktive) Gebrauchsgüter = Investitionsgüter
Nahrung
Kleidung
Rohstoffe, Antriebsmittel
Gebrauchsmittel wie Maschinen
Abb. 3:
Güterarten
Aufgabe 5.
Sie haben in Abb. 3 die Güterarten vor sich. a)
Wieso spricht man von wirtschaftlichen Gütern?
b) Kennen Sie nicht-wirtschaftliche Güter? Nennen Sie diese! c)
Abb. 4:
Zusammenhang von Produktion und Konsumtion
Sehen Sie sich bitte Abb. 4 genau an. Da ist von Gütern unterschiedlicher Ordnung die Rede, da ist der Begriff „Kombination“ ausgewiesen, und da sind die Elementarfaktoren dargestellt. ca)
Wieso nennt man die Güter, die ein Betrieb für andere Betriebe herstellt, Güter „höherer Ordnung“?
cb)
Welche Aufgaben haben Güter „niederer Ordnung“ und welche Güter „höherer Ordnung“ zu erfüllen?
cc)
Können Sie die Abb. 4 interpretieren? Versuchen Sie es bitte! Vielleicht lässt sich sogar eine Art Kreislauf herauslesen.
6
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Zusammenfassung Haushalte sind Stätten des Konsums, Betriebe Stätten der Produktion. Hier werden Güter und Leistungen erzeugt, die einerseits den Haushalten dazu dienen, ihr Leben abzusichern und zu gestalten, und andererseits erlauben sie den Betrieben, auf der Grundlage der Elementarfaktoren – Arbeitskräfte, Betriebsmittel, Werkstoffe und Informationen – neue Güter herzustellen, die sowohl an die Betriebe als auch an die Haushalte veräußert werden.
1.2
Die Arten der Betriebe und ihr Zusammenhang
Eine erste Unterteilung der Betriebe ist Abb.2 zu entnehmen. Aber diese ist noch sehr unvollständig. Allgemein werden alle Betriebe in Sachleistungsbetriebe und in Dienstleistungsbetriebe eingeteilt. Abb. 5a) verdeutlicht das. Die Vielfalt der Dienstleistungsbetriebe ist bekannt, weil jeder sie täglich in Anspruch nimmt. Ob es sich dabei um einen Supermarkt handelt oder um eine Sparkassenfiliale, um eine Drogerie oder einen Blumenladen, um städtische Busse oder um Theater, Hotels und Versicherungsbetriebe. Sachleistungsbetriebe sind Herstellungsbetriebe. Die wenigsten Menschen haben direkt mit ihnen zu tun, es sei denn, sie sind dort beschäftigt. Dennoch haben die meisten eine Vorstellung von Herstellungsbetrieben und verbinden mit ihnen Fabrikhallen, Schornsteine, Kühl- und Fördertürme, Fließbänder, Roboter und vieles mehr. Es gibt eine ganze Reihe von weiteren Einteilungen. Einige seien hier nur kurz erwähnt. Geht man von der Größe aus und meint damit die Umsätze, dann gelangt man zu •
Kleinbetrieben
•
Mittelbetrieben
•
Großbetrieben.
Beispiel:
Die DMW AG als Sachleistungsbetrieb Die DMW AG gehört auch zu den Sachleistungsbetrieben, die Kraftwagen unterschiedlichster Ausprägung herstellen. Wie ist dieser Betrieb einzuordnen? Ist es ein Konsumgüteroder Produktionsgüterbetrieb? In jedem Fall handelt es sich um einen Weiterverarbeiter. Weil der größte Teil der PKWs an Haushalte veräußert wird, kann man ihn der Konsumgüterbranche zuordnen. Er wird dann auch Konsumgüterbetrieb genannt. Man spürt schon, dass das nicht ganz richtig ist, weil PKWs selbstverständlich auch an Betriebe geliefert werden. Anders wäre es in einem Betrieb, der Lastwagen herstellt, und die werden nur in den Betrieben benötigt. Daher würde dieser zu den Produktionsgüterbetrieben zählen. Leichter ist es wiederum, Rohstoffgewinnungsbetriebe von den anderen zu trennen. Sie produzieren Grundstoffe wie Erdöl, Erdgas, Eisen, Kohle, Aluminium etc. Wo würde man einen Zementhersteller einordnen, der eigene Kiesgruben unterhält? Kies zählt zum wichtigsten Rohstoff für die Zementindustrie. Somit ist der Zementhersteller Rohstoffgewinnungs- und Produktionsgüterbetrieb in einem. Die DMW AG steht zwischen den Mittel- und Großbetrieben. Verglichen mit den bekannten deutschen Autoherstellern wie Audi, BMW, Ford, Mercedes, Opel, VW sind die DMW nur ein Mittelbetrieb.
1.
Grundlagen der Leistungserstellung
Kohle, Erdöl, Erdgas u.a.
7
Werkstoffe, Bleche, Zahnräder, Motoren, Zubehörteile u.a.
Rohstoffgewinnungsbetriebe
Investitionsgüter wie Produktionsmaschinen, Fertigungsstraßen u.a.
Produktionsgüterbetriebe
Nahrungs- und Genussmittel, Bekleidung u.a.
Konsumgüterbetriebe
Sachleistungsbetriebe
Betriebe (Produktionswirtschaft)
Dienstleistungsbetriebe
Handelsbetriebe
Bankbetriebe
Versicherungsbetriebe
Verkehrsbetriebe
sonstige Dienstleistungsgewerbe
Großhandel Einzelhandel Versandhandel u.a.
Kreditbanken Sparkassen Genossenschaftsbanken
LebensKrankenUnfallInvalidenFeuerversicherung
Güter-, Nachrichten-, Personenverkehr
Hotels Theater Krankenhäuser Detekteien
Abb. 5 a
Betriebsarten
Abb. 5 b
Betriebsarten unter dem Aspekt der Arbeitsteilung
8
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Wird die Anzahl der Produkte, die hergestellt werden, in den Vordergrund gerückt, dann führt das zu
Auch Porsche ist wegen der Exklusivität seiner Sportwagen ein Großbetrieb (hoher Umsatz), von der Menge der fabrizierten Wagen dagegen ein Mittelbetrieb.
•
Betrieben mit Massenfertigung
•
Betrieben mit Sortenfertigung
•
Betrieben mit Chargenfertigung
•
Betrieben mit Partieleistungen
•
Betrieben mit Serienfertigung
Aufgaben
•
Betrieben mit Einzelfertigung.
6.
Versuchen Sie herauszufinden, was unter einem Gewerbebetrieb zu verstehen ist! Ziehen Sie hierzu ein Wirtschaftslexikon zu Rate!
7.
Einzel-, Serien- und Massenfertigung sind bekannte Begriffe.
Während es Klein-, Mittel- und Großbetriebe sowohl bei Dienstleistungsbetrieben als auch bei Sachleistungsbetrieben gibt, gehören die Betriebe, die Produkte herstellen, einzig und allein zu den Sachleistungsbetrieben. Auch hier sind Kleinbetriebe (z.B. Klempnereien, Dachdeckereien, Tischlereien etc.) ebenso anzutreffen wie Mittelbetriebe (örtliche Brauereien) und Großbetriebe. Viele Betriebe sind miteinander verbunden. Von einigen wissen wir, dass sie mehr als hundert Lieferanten haben, von den vielen Kunden ganz zu schweigen. Dann unterhalten sie meist Konten bei verschiedenen Geldinstituten und sind bei einigen Versicherungsgesellschaften gegen alle möglichen Risiken (Feuer, Diebstahl, Brand, Unfall, Haftpflicht etc.) versichert.
Abb. 6 a:
Wirtschaftsbereiche
Die DMW AG ist zugleich Serienhersteller, die obengenannten Autofirmen, außer Porsche, produzieren in Massen.
a)
Erläutern Sie diese!
b) Machen Sie sich über Sorten-, Partieund Chargenfertigung kundig! c)
Warum hat die Massenfertigung im Laufe der Zeit ständig zugenommen und andere Fertigungen ersetzt?
Auch die DMW AG unterhält vielfache Geschäftsbeziehungen zu ihren Lieferanten und Abnehmern. Dabei spielen in- und ausländische Kontakte eine gleichgroße Rolle.
1.
Grundlagen der Leistungserstellung
Hinzu kommen Geschäftsbeziehungen zu Anwälten, Maklern, Marktforschungsinstituten, Werbeagenturen, zu Speditionen, zur Deutschen Bahn AG und Telekom, zu Architekten, Luftfahrtgesellschaften, Softwareanbietern, Reisebüros usw. Abb. 6 a stellt zwar den Zusammenhang zwischen Betrieben und Haushalten untereinander vereinfacht dar, aber verdeutlicht doch, wie sie alle mit der Wirtschaft verflochten sind. Die Pfeile zeigen den Warenstrom an, der von der Urproduktion über die Weiterverarbeitung (und bei ihr untereinander) zu den Haushalten verläuft. Die Linien zwischen den Sektoren symbolisieren die weiteren Beziehungen der Betriebe untereinander und die der Haushalte. Heute gewinnen die Betriebe des tertiären Wirtschaftssektors angesichts der Medienentwicklung zunehmend an Bedeutung. Dennoch nimmt in Deutschland die Industrie den ersten Platz unter den Wirtschaftssektoren ein.
9
Aufgaben 8.
Bitte verfolgen Sie in Abb. 6 a noch einmal den Warenstrom! Vielleicht sind Sie in der Lage – ausgehend von einem forstwirtschaftlichen Betrieb –, die Wohnmöbelherstellung eines kleinen Industriebetriebes bis hin zum Verkauf an Haushalte unter Berücksichtigung einiger Dienstleistungsbetriebe zu verfolgen und dem Warenstrom den Geldstrom gegenüberzustellen.
9.
a) Sammeln Sie aus Zeitungen und Zeitschriften und möglicherweise aus Fachblättern (einiges bekommen Sie bei Handels- und Handwerkskammern) Beiträge über die Wirtschaftssektoren! b) Dem Konsumenten sind fast alle Einzelhandelsformen bekannt, weil er beinahe täglich mit einigen von ihnen zu tun hat. Welche sind gemeint? Machen Sie Unterschiede klar!
Zusammenfassung Die vielen Unterscheidungsmerkmale der Betriebe erschweren eine eindeutige Systematik. Wichtig ist, dass einerseits nach Dienstleistungs- und Sachleistungsbetrieben unterteilt wird und andererseits nach Betrieben, die den einzelnen volkswirtschaftlichen Sektoren zugerechnet werden. Primärsektor ist die Urproduktion, Sekundärsektor die Weiterverarbeitung, der Tertiärsektor umfasst Dienstleistungen.
Elektro Betriebe in % der Industrie Beschäftigte in % der Industrie Umsatz in Mrd. EUR in % der Industrie: je Beschäftigten in EUR: Exportquote in %: 73**
Abb. 6 b:
3.317 6,9 819.000 13,4 154,9 11,5 189.133 68,20**
Maschinenbau
Chemie
6.051 12,5 884.800 14,4 132,4 9,8 149.638 64,10**
Ausgewählte Betriebe des Sekundärsektors der BR Deutschland 2003
1.861 3,8 444.345 7,2 108,7 8,1 244 630
10
1.3
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Industriebetriebe
1.3.1 Abgrenzung zum Handwerk Industriebetriebe sind Herstellungsbetriebe mit einer für sie geeigneten technischorganisatorischen Ausstattung. Soll der Industriebetrieb kurz beschrieben werden, so wäre vielleicht diese Aussage angebracht: Mit Hilfe von hochwertigen, oft automatisierten Maschinen, maschinellen Anlagen, Vorrichtungen und Werkzeugen auf der Grundlage bis ins Detail durchdachter, arbeitsteiliger Tätigkeiten werden Werkstoffe, Betriebsmittel und Arbeitsleistungen sowie Informationen (zusammen als „input“ bezeichnet) im Produktionsprozess zu neuen Gütern verarbeitet und als Sachgüter (an Haushalte und Betriebe) veräußert („output“). Dabei fallen in vielen Industriebetrieben Maschinen ins Auge, die von Zentralen aus gesteuert werden. Auch sind die zahlreichen Roboter bekannt – besonders in den Fabrikationshallen der Autoindustrie eingesetzt –, die nur noch wenige Arbeitskräfte notwendig machen. Meist stehen diese an den Leitstellen, das heißt jenen Orten, von denen die Fertigung gesteuert wird. Neu geschaffene Industriebetriebe bedienen sich bei Errichtung eines Werkes modernster Erkenntnisse des Umweltschutzes, wie das im nebenstehenden Beitrag (siehe auch unter 5.4) – zwar an einem Beispiel aus dem Dienstleistungssektor – verdeutlicht wird (siehe Abb. 8). Auch Handwerksbetriebe lungsbetriebe.
sind
Herstel-
Aber sie unterscheiden sich erheblich von Industriebetrieben. Mag für viele der Unterschied in der Anzahl der hergestellten Produkte und möglicherweise in der Größe der Anlagen und ihrer typischen Gestaltung liegen.
Hersteller 2003 Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Abb. 7:
Hersteller Volkswagen Mercedes Opel Audi Ford BMW Renault Peugeot Toyota
Jan.-Dez 2003 Veränd. in % 600.380 -0,7 369.099 -5,0 332.737 -1,3 238.742 -1,4 235.279 -11,2 227.922 0,8 204.344 -0,8 123.791 14,0 110.200 6,7
Verkäufe der Konkurrenz für Deutschland 2003
Aufgabe 10. Versuchen Sie herauszufinden, was für weitere Einteilungsgesichtspunkte es für Betriebe geben kann, und nennen Sie Beispiele für Ihre Vorschläge. Wenn Martin Kohlhausen, früher Vorstandssprecher der Commerzbank AG, auf sein neuestes Bauprojekt zu sprechen kam, geriet er fast in Verzücken. Europas höchstes Bürogebäude wird „ein Zeichen setzen für den Aufbruch ins nächste Jahrtausend“, schwärmte er. Der Turm postuliere nämlich, so der Bankmanager, „eine Kombination von Wirtschaftlichkeit und Erkenntnissen der Umwelttechnik“. Alle Arbeitszimmer haben Tageslicht und werden auf natürliche Art belüftet. Für die Büros „des Ökohochhauses“ sind Kühldecken geplant, durch die kaltes Wasser fließt. Sie sparen Energie und belasten die Gesundheit der Mitarbeiter weniger als eine herkömmliche Klimaanlage. Zukunftweisend ist zudem die hausinterne Mülltrennung und –entsorgung. Mit seinem Engagement für die Umwelt stand Kohlhausen nicht allein: Auch die Deutsche Messe AG in Hannover hat ihre Halle 26 nach einem neuartigen Konzept gebaut, das eine Klimaanlage überflüssig macht. „Damit“, freute sich Vorstand Klaus Goehrmann, „wurde das Motto der Weltausstellung 1998 „Mensch, Natur, Technik“ verwirklicht.
Abb. 8:
Wie sich das Äußere der Betriebe ändert.
1.
Grundlagen der Leistungserstellung
Wer aber tiefer in diese Frage eindringt, wird feststellen, dass es viele Merkmale gibt, die beide voneinander trennen. Hier seien weitere genannt: •
Arbeitsteilung
•
Anlagenintensität
•
Auftragsstruktur
•
Organisation der Leitung
•
Organisation der Herstellung
•
Erzeugnisprogramm
•
Mitarbeiterzahl und -qualität.
11
Aufgaben 11. Welche Gewerke aus dem Handwerk kennen Sie? Beschreiben Sie deren Aufgaben in der Volkswirtschaft! 12. Sehen Sie sich bitte Abb. 10 an, dabei handelt es sich um die Zentrierung eines Motorgehäuses. Was sollte diese Art der Zergliederung bewirken? Sie alle kennen ein Fließband. Wird hier die gesamte Arbeit nur zergliedert, oder/und findet hier ein weiterer Prozess statt, der der Zusammenlegung?
Zentrales Anliegen der Herstellungsbetriebe ist die Produktion von Gütern. Ihr Mittelpunkt ist also die Produktion selbst. Sie unterliegt zahlreichen betrieblichen Einflüssen und Entscheidungen. Andererseits beeinflusst sie diese in großem Maße (siehe Abb. 9). Dass die Ausprägungen im Handwerksbetrieb weit weniger stark sind und dass es meistens keine besonderen Abteilungen für die Organisation, Finanzierung und für das Personal gibt, liegt wegen der Größe und des Umsatzes auf der Hand. Der Begriff der Arbeitsteilung wird mit Männern wie H. Ford und W. Taylor in Verbindung gebracht. Sie waren es, die eine Zergliederung der Arbeitsverrichtungen bis in kleinste messbare Einheiten vorschlugen und durchführten. Das erlaubte Produktionsplanern, Menschen, Werkstücke und Ablauf aufeinander abzustimmen. Minutiös. Fließband und Arbeitsstrecke waren die Resultate ihrer Denkweise. Diese machten die hohen Produktionszahlen erst möglich. Massenfertigung war das dazugehörige Schlagwort. Schon hier sei darauf hingewiesen, dass die gegenwärtige Entwicklung eine neue Richtung aufgezeigt hat, weil die Fließfertigung keine höhere Produktivität mehr erreichen lässt. Lean Production ist das, was in vielen Unternehmen Eingang gefunden hat, oft als Lean Management bezeichnet oder als Reengineering ausgewiesen.
Abb. 9:
Die besondere Stellung der Produktion
Abb. 10:
Arbeitszergliederung
12
Der Umwandlungsprozess hat sowohl in die Verwaltung als auch in die Fertigung eingegriffen. Waren es hier Teamarbeit und ganzheitliche Herstellung, sind es dort Hierarchieabbau und Eigenverantwortlichkeit der Abteilungen (siehe Kapitel 4.7 u.a.). Auch heute noch spielt die Arbeitsteilung und mit ihr die Zerlegung von Arbeitsgängen bis hin in Arbeitsgriffe (Arbeitszerlegung) eine große Rolle. Aber in vielen Betrieben werden die Menschen mit ihr besser fertig, weil sie durch die Teamarbeit entkrampft wird, und weil die im Team arbeitenden Mitarbeiter durch ein ständiges Wechseln des Arbeitsplatzes innerhalb der Gruppe (job rotation) immer wieder neu zur Arbeit motiviert werden. Stumpfsinnigkeit – wie am Fließband – kommt auf diese Weise gar nicht erst auf. Die Anlagenintensität ist ein weiteres Merkmal, das den Unterschied zu Handwerksbetrieben erläutern lässt. Handwerksbetriebe sind überschaubar. Ihre Umsätze stehen in keinem Verhältnis zu denen der Industriebetriebe. Sie arbeiten in Werkstätten oder direkt am Produktionsort, der vom eigenen Betrieb ausgelagert ist. Zu denken ist unter anderem an das Baugeschäft, das zusammen mit Subunternehmern, z.B. mit Tischlereien, Dachdeckern, Klempnern, Elektrikern, Einfamilienwohnhäuser errichtet. Oft sind die Bauteile zwar vorgefertigt, und das könnte schon industriell organisiert sein, ein Großteil des Hauses kann aber noch herkömmlich gemauert und errichtet werden. Dazu werden Werkzeuge, Mischmaschinen, Vorrichtungen, Baugerüste u.a. benötigt, Betriebsmittel, deren Wert immer noch relativ gering ist. Industrieunternehmen mit ihren Verwaltungsgebäuden, Werkshallen, Lagerräumen, Parkplätzen, Autoparks unterhalten Anlagen, deren Wert in die Millionen und Milliarden geht (Anlagenintensität). Und das hat Konsequenzen.
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Einiges über Lean Production
Lean Production meint eine Arbeitsorganisation, die ihre ersten Anfänge schon im schwedischen Automobilkonzern Volvo im Frühjahr 1972 fand und durch Arbeitswechsel (Job rotation), Arbeitserweiterung (Job enlargement) und Arbeitsbereicherung (Job enrichment) Bedeutung erlangte. Hinter der Lean Production steht eine Führungsphilosophie, die den Mitarbeiter in den Mittelpunkt des Unternehmens rückt. So wurde zum neuen Opelwerk in Eisenach ausgeführt: „Die Vordenker – und das ist ein wichtiges Element der stark auf permanente Kommunikation abzielenden Philosophie – sitzen nicht abgehoben auf Vorstandsetagen, sondern mitten unter ihren Mitarbeitern in einem riesigen Großraumbüro.“ Und mehr als je zuvor ist das Team eigenverantwortlich für die Qualität seiner Arbeit. Es ist dafür verantwortlich, dass die Folgegruppe, die das Werkstück weiter bearbeitet, einwandfreie Produkte erhält. Damit ist jeder Fehler zurechenbar und wird vermieden. Die besondere Bedeutung liegt also bei den selbstständigen Gruppen, die als Unternehmen im Unternehmen (Profitcenter) arbeiten. Die DMW AG hat bei einem Gesamtvermögen von 1,12 Mrd. EUR 328 Mio. EUR an Sachanlagen ausgewiesen. Das macht circa ein Drittel des Gesamtvermögens aus. Auch diese Sachanlagen verschlingen jedes Jahr große Beträge. Und da auch die DMW ständig größer geworden sind, weil das Produktprogramm eine große Nachfrage nach sich zieht, musste bisher die Kapazität ständig erweitert werden. So waren die Investitionen auch im vergangenen Jahr erheblich (300 Mio. EUR). Hier sei nur einiges erwähnt. Wesentliche Inhalte sind den Kapiteln Finanzierung und Produktionswirtschaft zu entnehmen.
1.
Grundlagen der Leistungserstellung
Zuerst einmal mussten all diese Sachgüter angeschafft werden. Sie verschlangen Unsummen an Geld. Oft werden sie durch Kredite finanziert. Manchmal im Wege des Leasing. In jedem Fall binden sie Kapital und kosten natürlich auch durch die Benutzung Geld. Sie müssen nämlich ständig gewartet, oft repariert werden. Ganz besonders Werkzeuge, Vorrichtungen und maschinelle Anlagen sowie Kraftfahrzeuge und Transportmittel, z.B. Gabelstapler, verschleißen durch die Benutzung. Auch das bezeichnet man als Kosten (Abnutzung). Je höher demnach der Wert dieser Sachgüter ist, desto höher sind auch die Kosten. Solche Kosten der Abnutzung werden Abschreibungen genannt. Der Begriff Abschreibungen ist auch in der Buchhaltung und im Steuerrecht zu Hause. Diese werden in der Regel als fixe (gleichbleibende) Kosten angesehen. Jedes Jahr wird ein unveränderter Betrag ausgeworfen und in die Preise eingerechnet. Nun haben fixe Kosten einen besonderen Charakter. Je größer der Ausstoß einer Unternehmung ist, desto geringer ist der Anteil der fixen Kosten an einem einzelnen Stück. Das leuchtet auch schnell ein. Man spricht vom Gesetz der Massendegression. Hiermit ist nichts anderes gemeint, als dass der Fixkostenanteil bei zunehmender Kapazitätsauslastung pro Stück kleiner wird. (Genauer ausgedrückt kann man sagen, dass sich die fixen Kosten auf das einzelne Stück degressiv verhalten.) Die hohen fixen Kosten erfordern demnach eine Produktion in großen Mengen. Wenn nun der Absatz zurückgehen sollte, dann steigt der Anteil der fixen Kosten pro Stück natürlich wieder an, weil sie als Kostensumme gleich bleiben, sich nunmehr aber auf weniger Erzeugnisse verteilen.
13
Aufgaben 13. Erklären Sie, welchen Einfluss die Entwicklung und Forschung eines Industriebetriebes auf die Herstellung nimmt! Warum kann es starke und weniger starke Einflüsse geben? Halten Sie die in Abb. 9 dargestellten Pfeile für richtig? Wenn nein, dann erläutern Sie Ihre Überlegungen! 14. Beschreiben Sie aus Ihren Vorstellungen die Tätigkeit an einer Arbeitsstrecke! 15. a) Informieren Sie sich noch einmal über die Begriffe • Degression • Abnutzung • fixe Kosten! • Nehmen Sie u. a. ein Fremdwörterbuch zu Hilfe! b) Nennen Sie zwei weitere fixe Kostenarten! Ergänzung zu den Abschreibungen Bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um planmäßige Abschreibungen zu vermindern. Der Plan muss die Anschaffungsoder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann. Ohne Rücksicht darauf, ob ihre Nutzung zeitlich begrenzt ist, können bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens außerplanmäßige Abschreibungen vorgenommen werden, um die Vermögensgegenstände mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der ihnen am Abschlussstichtag beizulegen ist. Sie sind vorzunehmen bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung.
14
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Und darin liegt die Unflexibilität von Großbetrieben. Statt dass sie bei zurückgehendem Absatz die Preise senken, sind sie eigentlich gezwungen, diese zu erhöhen, weil die Kosten pro Stück gestiegen sind. Kennzeichen von Industriebetrieben ist neben der Anlagenintensität deren fehlende Flexibilität. Das muss man sich merken. Handwerksbetriebe unterhalten keinen umfassenden und teuren Maschinenpark. Wohl verwenden sie auch Maschinen und Werkzeuge – denken wir z.B. an den Tischler, der oft über automatische Hobelbänke und elektrische Sägen ebenso verfügt wie über das für ihn notwendige Werkzeug. Kleine Bauunternehmen benutzen eigene Mischmaschinen und Gerüste, manchmal Kleinstaufzüge etc. Der nicht sehr aufwendige Maschinen- und Werkzeugpark verringert die fixen Kosten und macht den Handwerksbetrieb flexibel. Allerdings ist eine Vergrößerung des Betriebes dadurch oft begrenzt. Die Auftragsstruktur bei Industriebetrieben ist variantenreicher als bei Handwerksbetrieben. Sie pendelt zwischen zwei Polen. Entweder handelt es sich um Massenfertigung, meist im Rahmen der Fließfertigung und Automation verwirklicht, oder um Kleinstserienherstellung beziehungsweise um Einzelfertigung (Schiffbau). In der Regel produzieren Industriebetriebe für den anonymen Käufer. Anders der Handwerksbetrieb. Er kennt seinen Auftraggeber, hat mit ihm abgesprochen, wie das Produkt aussehen soll, und wird die ganz besonderen (individuellen) Wünsche seines Kunden bei der Herstellung berücksichtigen. Das verleiht dem Handwerksbetrieb eine gewisse Existenzsicherheit in schlechten wirtschaftlichen Phasen. Die übrigen Unterscheidungsmerkmale sind in einer Tabelle kurz dargestellt.
Abb. 11:
Ein Blick in eine Werkshalle
Mit dem Verhältnis von Sachanlagen zu dem Gesamtvermögen steht die DMW AG mit anderen großen Automobilherstellern auf derselben Ebene. Auch sie unterhalten ein großes Sachanlagevermögen mit circa einem Drittel des Gesamtvermögens. In einer Pressemitteilung des Jahres 2004 hieß es: „Die DMW AG hatte 2003 finanzielle Mittel aufgebracht, um das Werk in Halle zu gründen und das Emdener Werk zu modernisieren. Im Stammwerk (Hannover) musste eine Formpresse durch eine neue Anlage ersetzt werden. Die Gesamtsumme dieser Investitionen betrug 300 Mio. EUR in den letzten 5 Jahren erforderte die Investitionstätigkeit einen Mitteleinsatz von 1 Mrd. EUR.“ Die Anlagenintensität der DMW AG entspricht der der Konkurrenz.
Aufgabe 16. Eine automatische Fertigungsanlage wurde Anfang des Jahres in Betrieb genommen. Die Abnutzung dieser Fertigungsanlage je Monat wurde auf 120 000 EUR geschätzt. Im Januar konnten nur 20.000 Stück mit ihr hergestellt werden, weil Maschinen und Personal noch im Versuchsstadium arbeiteten. Im Februar stieg die Ausbringung auf 40.000 Stück, im März auf 44.000, im April auf 50.000.
1.
Grundlagen der Leistungserstellung
Kapazität Käuferkreis Anlagenstruktur Arbeitskräfte Quantität und Qualität
Produktionsverfahren Art der Aufwendungen Erzeugnisprogramm
15
Industrie
Handwerk
meist groß; Herstellung in Serien und Massen anonym
meist begrenzt; Einzelprodukte Individualnachfrage
hohes Anlagevermögen; Fertigungsmaschinen unterschiedliche Quantitäten, bei automatischer Fertigung wenig Arbeitskräfte (AK), bei Fließbandfertigung sehr viele AK beschäftigt, meist oben Techniker, unten angelernte Kräfte verschiedene; sehr starke Arbeitsteilung hohe Aufwendungen für Instandhaltung der Maschinen, hohe Abnutzungsaufwendungen Einproduktunternehmen, Mehrproduktunternehmen (verwandte Produkte, Baukastensystem)
relativ geringes Anlagevermögen; Maschinen als Hilfsmittel meist relativ wenig Arbeitskräfte (AK). Lehrzeit (beruflich gut und lange ausgebildet)
Werkstattfertigung; weniger arbeitsgeteilt geringe Abnutzungsaufwendungen, aber hohe Personalausgaben, weil geschulte AK mehrere Produkte, Individualfertigung, Sonderwünsche
Abb. 12:
Wesentliche Merkmale zur Unterscheidung von Industrie und Handwerk
1.3.2
Betriebssysteme der Industrie
Die Fabrik ist das modernste Betriebssystem der Industrie. In ihren unterschiedlichsten Ausprägungsformen mit heute modernen Stilelementen wie Glas, Stahl und Farbe ist sie allen bekannt. Der Verlag kommt dem Handwerk am nächsten. Zwischen Produktionsstätte und Absatzmarkt steht der Verleger. Dieser liefert seinen Vertragsproduzenten Werkstoffe, Werkzeuge und Vorrichtungen und erteilt die Aufträge zum Herstellen. Meist holt er die fertigen Erzeugnisse von dort ab. Die Verbraucher der auf diese Weise gefertigten Produkte sind anonym. Die Manufaktur ist eine Produktionsweise mit umfangreicher Handarbeit. Sie produziert für den anonymen Markt. Sie unterhält ausgedehnte Produktionsstätten mit hohem Anlagevermögen. Ihre Produkte sind in der Regel künstlerisch gestaltet (Porzellan).
a)
Wie hoch waren die Abnutzungskosten (Abschreibungen) pro Monat und Stück?
b) Wie hoch waren die durchschnittlichen Abnutzungskosten pro Stück der in Frage kommenden Monate? Bei der Besichtigung der Federschleiferei erklärte der Metallmeister: „Alles, was hier liegt, ist Gold. Die Federfertigung besteht aus 66 Arbeitsgängen und ist zu 80 Prozent reine Handarbeit. In der Stanzerei wird das gelieferte Goldband gewalzt, gestanzt, mit Angaben über Federtypus und Karat sowie der Meterhöhe des höchsten Alpengipfels „4810" gestempelt, geglüht und gepresst. Der aus Iridium bestehende Federpunkt wird geschweißt und vorgeschliffen. Anschließend wird das aus 14 oder 18 Karat bestehende Goldstück in der Schleiferei auf die gewünschte Schriftbreite zurechtgeschnitten, ausgeglichen, poliert und per Hand eingeschrieben. Acht limitierte Auflagen haben seit 1992 den Weg in Sammlerhände gefunden." Auch der Füllhalter, von dem hier die Rede ist, wird in dieser begrenzten Stückzahl hergestellt. Kernstück ist die Feder. Sie auf die verschiedenen Schriftbreiten einzuschleifen, ist fast künstlerische Arbeit. Kennzeichen der Manufaktur.
Abb. 13:
Montblanc, die Feder aus der Manufaktur (Quelle: Hamburger Abendblatt)
16
Abb. 14
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Das Handwerk in der Volkswirtschaft
Handwerksbetriebe sind quer zu allen Branchen als Hersteller und Dienstleister bzw. Händler tätig. Man unterscheidet mehrere Handwerksgruppen, u.a.: Holzgewerbe, Bauund Ausbauhandwerk, Metall- und Elektrogewerbe, Gesundheitshandwerke und Körperpflege u.a.
1.4
Aufgabe 17. Das Handwerk bildet auch heute noch mehr junge Menschen im gewerblichen Sektor aus als es die Industrie tut. Was für eine Erklärung könnte es hierfür geben?
Der innerbetriebliche Kreislauf eines Industriebetriebes
1.4.1 Die Prozesskette Industriebetriebe sind Hersteller von Sachgütern unterschiedlichster Art. Daher benötigen sie ebenso unterschiedliche Sachanlagen, und das sind unter anderem Maschinen, Vorrichtungen, Werkzeuge, Werkshallen, Verwaltungsgebäude, Fuhrparks etc. All diese Gegenstände werden bei Gründung bzw. nach Gründung beschafft. Dafür ist Kapital nötig, und dieses wird von Eigentümern und von fremden Kapitalgebern aufgebracht. Man spricht von Eigen- und Fremdkapital. Manchmal bringen die Eigentümer Sachanlagen ein, sollten sie hierüber verfügen (z.B. Kraftwagen). Meistens aber stellen sie ihr Kapital in Form von Bargeld zur Verfügung. Und das wird zum Teil für die Einkäufe der Sachanlagen verwandt.
Abb. 15:
Einsatzfaktoren (Betriebselemente) im Betriebsprozess
1.
Grundlagen der Leistungserstellung
In der Betriebswirtschaftslehre wird von Betriebsmitteln gesprochen. Nun ist es damit natürlich noch nicht getan. Die Herstellung von Gütern setzt Werkstoffe voraus, die – je nach Art des Produktes und nach den Fertigungsverfahren – umgeformt, umgewandelt oder veredelt werden. Dass dazu Menschen gebraucht werden, ist selbstverständlich. Das Verwaltungspersonal z. B. im Einkauf sorgt für die pünktliche Anlieferung der Werkstoffe und Teile, das technische Personal in der Herstellung für die Planung des Fertigungsprozesses, und das heißt unter anderem, welche einzelnen Werkstätten eingesetzt und auf welchen Maschinen die Werkstoffe be- und verarbeitet werden. Der gesamte Betriebsprozess und – hier insbesondere – der Fertigungsprozess werden organisiert. Ohne eine sinnvolle Organisation wird ein reibungsloser Ablauf unmöglich. Die Arbeitnehmer sind in der Prozesskette die wichtigste Größe, auch wenn die Technisierung so fortgeschritten ist, dass vielfach auf Menschen verzichtet werden kann. Heute wird das Arbeitskräftepotential anders bewertet als früher. Immer wieder und fast überall hört man, dass neue Organisationsformen der Arbeit, die den Arbeitskräften mehr Verantwortung übertragen, zu einer veränderten Unternehmenskultur geführt haben. So wird beim Staat nicht mehr nach Arbeitern und Angestellten unterschieden, eine Entscheidung, die sich auch in der Privatwirtschaft durchsetzen wird. Die Herstellung dauert manchmal nur Stunden, manchmal Tage, vielleicht aber sogar Wochen und Monate. Die Herstellung eines Öltankers z.B. mehr als ein Jahr. Das Ergebnis der Produktion sind die Güter, die veräußert werden sollen. Sie werden als Fertigerzeugnisse bezeichnet. Bei ihnen handelt es sich um absatzreife Produkte. Im Gegensatz dazu gibt es unvollendete Produkte, also Erzeugnisse, die noch nicht fertiggestellt oder zwischengelagert werden. Sie heißen unfertige Erzeugnisse.
17
Beispiele: Ausgewählte Werkstoffe der DMW AG bei der Herstellung ihrer Personenwagen Innenraum Instrumententafel, Zeituhr, Rückspiegel, Sonnenblenden, Spiegel, Luftdüsen, Hupe, Blinker- und Fernlichtanzeige, Lenkrad, Gaspedal, Handbremshebel, Bremspedal, Kupplungspedal, Kilometerzähler, Drehzahlmesser, Öldruckwarnleuchte, Fernlichtanzeige, Sitze, Rücksitzbank, Kopfstütze, Sicherheitsgurt, Armstütze, Führungsschienen für die Sitze, Rückenlehne, Gurtverschlüsse, Armstützen in der Tür, Seitenspiegelverstellhebel, Scharniere für die Türen, Türverkleidung, Türsicherungsknöpfe u.a. Motor Lüfter, Kolbenringe, Kurbelwelle, Keilriemen, Kolben, Schwungrad, Lichtmaschine, Nockenwelle, Einspritzdüse, Zündverteiler, Auspuffkrümmer, Riemenscheibe, Ventilfedern, Kompressor etc. Ergänzungen zur Kombination der Elementarfaktoren Abb. 16 soll noch einmal verdeutlichen, dass der Produktionsprozess auf der Basis der Elementarfaktoren abläuft. In jedem Sektor des Betriebes, also in seinen großen Organisationsbereichen „Beschaffung, Produktion und Absatz“, aber auch in anderen bedeutenden Teilen des Betriebes, z.B. im Personalwesen, im Rechnungswesen – Abteilungen, die hier nicht ausgewiesen sind, um die Abbildung nicht zu kompliziert zu machen –, werden die Betriebselemente (Elementarfaktoren) zusammengeführt. Mal sind es alle Faktoren, mal fehlen Werkstoffe, mal sind es qualitativ hochwertige Betriebsmittel wie Steuerungsanlagen, mal sind es nur einfache Werkzeuge, mal benötigt man erfahrene Fachleute, mal kann man „Newcomer“ einsetzen. Jeder Bereich ist auf seine Weise kombiniert. Aber letztlich ist der gesamte Prozess aufeinander abgestimmt.
18
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Wird für den anonymen Markt produziert – also bei Massenerzeugnissen und Serienprodukten –, dann werden sie bis zum Verkauf gelagert (Nachlagerung). Schließlich gelangen sie zu den Kunden. Oft über Groß- und Einzelhändler, oft direkt. Mit diesen Aussagen sind die für die Produktion notwendigen Faktoren – in der Betriebswirtschaftslehre als Elementarfaktoren bezeichnet (menschliche Arbeitsleistungen, Betriebsmittel und Werkstoffe) – noch nicht ganz vollständig aufgezählt. Es fehlt als weitere Größe ein Informationssystem, das sich durch alle Abteilungen, zu allen Arbeitsplätzen, einschließlich denen der Leitung, zieht. Wie ein Büro im einzelnen ausgestattet ist, mit welchen Geräten gearbeitet wird, welche Formulare wann und wo eingesetzt werden, wie Nachrichten weitergeleitet und Anweisungen erteilt werden, ist in diesem Zusammenhang nicht wichtig. Wichtig aber ist, dass alle Faktoren aufeinander abgestimmt sein müssen (Kombination), damit der Prozess reibungslos abläuft. Kein Betrieb kann es sich nämlich leisten, dass bei Ausfall einer Maschinenanlage das ganze Unternehmen stillgelegt wird. Ersatzanlagen stehen daher meist bereit. Für viele Eventualfälle werden vorher Konzepte ausgearbeitet, die je nach Art des Geschehnisses realisiert werden. Dass es allerdings immer wieder zu Pannen und Fehlentscheidungen kommt, liegt daran, dass die verantwortlichen Planer nicht alle Einflüsse und Möglichkeiten voraussehen können.
So legt sich eine Organisation wie ein Netz über das gesamte Unternehmen, verbindet Abteilungen miteinander und schafft Beziehungen zu den Arbeitsplätzen mit Regeln, die für alle verbindlich sind. Nach außen tritt die Organisation als Firma mit einem Namen in Erscheinung.
1.4.1.1
18. Sehen Sie sich bitte noch einmal Abb. 16 an! Was besagen die Pfeile, die sich durch die Einzelsektoren ziehen?
Organisation in der Prozesskette
Die hier erwähnte Kombination der Elementarfaktoren läuft natürlich nicht von selbst und ohne Zwischenfälle ab.
Abb. 16:
Die Kombination der Betriebselemente mit Abteilungsverknüpfung am Beispiel der DMW AG
Aufgaben
19. Man nennt den Betriebsprozess auch Wertbildungsprozess. Versuchen Sie zu erläutern, was man sich hierunter vorstellen könnte!
1.
Grundlagen der Leistungserstellung
Die Organisation setzt das um, was die Leitung und die entsprechenden Mitarbeiter geplant haben. Damit jeder einzelne seine ihm zugewiesenen Aufgaben auch erfüllt, damit die Reihenfolge der Abläufe eingehalten wird. Mehr noch. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Organisationsabteilungen suchen ständig nach Verbesserungen. Für Belegschaft und einzelne Mitarbeiter werden Arbeitsplatzbeschreibungen, Explosionszeichnungen der Erzeugnisse, Stücklisten für die Teile, Laufkarten, Arbeitszeitregelungen, Betriebsvereinbarungen, Teamordnungen u.a. entwickelt, die den reibungslosen und möglichst schnellen Prozess unterstützen, weil sie ihn durchsichtig machen. 1.4.1.2
19
Zur Produktqualität Mehr denn je scheint in der Gesellschaft Qualität der Produkte gefragt zu sein. Ein modernes Qualitätsprodukt hat es leichter, am Markt platziert zu werden; es ist haltbarer, reparaturunanfälliger und erzielt höhere Wiederverkaufswerte. Da lassen sich die Betriebe die Qualitätskontrolle im eigenen Hause schon etwas kosten.
Die Leitung als oberstes Organ der Prozesskette
Man kann sich gut vorstellen, welche große Verantwortung diejenigen tragen, die all das austüfteln (planen) und das Gerüst eines Betriebes bestimmen, in dem und nach dem gearbeitet wird. Der Leitung zur Seite stehen Abteilungen, die extra hierfür eingerichtet werden. Sie sind mit Fachleuten besetzt, haben aber nur beratende Funktion. Man nennt sie Stababteilung. Trotz der Hilfe bleibt der Leitung eine endgültige Entscheidung über die Struktur und den Ablauf eines Unternehmens vorbehalten. Daher wird sie auch als besonderer Elementarfaktor hervorgehoben (siehe Abb. 66/67).
Abb. 17:
Auto Bild macht Vorschläge zur Qualitätsverbesserung (Quelle: Auto Bild)
Die DMW haben es sich zur Aufgabe gemacht, auch ihre Klein- und unteren Mittelklassewagen mit höchster Qualität auszustatten. Sie haben daher – ebenso wie Ford – auf die japanische Herausforderung geantwortet. Ein Weg dazu sind die Standards, die vom Lieferanten gefordert werden.
Zusammenfassung Das Betriebsgeschehen ist ein sich ständig erneuernder Prozess. In ihm werden die Elementarfaktoren „menschliche Arbeitskräfte“ (Belegschaft und Leitung), Betriebsmittel, Werkstoffe und Informationen auf der Basis von Leitungsentscheidungen kombiniert. Er bringt Güter und Dienstleistungen nach bestimmten Regeln hervor. Je kürzer die Durchlaufzeit ist, desto produktiver ist ein Unternehmen. Die fertiggestellten Erzeugnisse wandern meist in die Nachlagerung, von dort über den Verkauf zum Kunden. Die Prozesskette ist ein Wertbildungsprozess, weil aus den Werkstoffen neue Produkte entstanden sind.
20
1.4.2
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Der Geldprozess
Der Q1 Award von Ford. „Es ist ein Geschäftsgrundsatz von Ford, Geschäftsbeziehungen nur mit solchen Lieferanten zu unterhalten, die ständig danach streben, ihre Qualität zu verbessern und ihre Produktivität zu steigern.“ Mit diesem Satz leitet das Corporate Quality Office der Ford Motor Company seinen „Leitfaden Q1 – Qualitätsauszeichnung für Kaufteillieferanten“ ein. Der Leitfaden erläutert die weltweit gültigen Auswahlkriterien und Prüfstandards (Q 101a und Q 101b), nach denen Lieferanten des Automobilherstellers als „bevorzugt“, „geeignet“ oder „ungeeignet“ eingestuft werden. Lieferanten, die als „bevorzugt“ beurteilt werden und die Q1-Auszeichnung (Q1 Preferred Quality Award) erhalten wollen, müssen eine Reihe von Mindestanforderungen erfüllen, beispielsweise • bei der „Systemüberprüfung“ (vom Einkauf über die Produktion bis zum Kundenservice) in 20 Kategorien wenigstens 160 von 200 möglichen Punkten erreichen • dieses Niveau vor der Auszeichnung ein halbes Jahr lang dauerhaft und ohne jede Beanstandung beibehalten haben • ein hohes „Qualitätsbewusstsein der Führungskräfte“ nachweisen.
Dem „Strom“ aus Gütern und Leistungen von der Beschaffung zum Absatz – ein Halbkreislauf also – wird der Geldstrom gegenübergestellt. Er verläuft genau entgegengesetzt. Das Geld wird beim Absatz vereinnahmt, wenn Kunden die Rechnungen begleichen. Und es wird der Kasse (Kassenhaltung) zugeführt, von wo aus die nachrückenden Werkstoffe bezahlt werden können. Auch die übrigen Faktoren werden entgolten. Die Arbeitnehmer erhalten meist am Monatsende ihr Gehalt, Miete dagegen wird im voraus fällig. Wie auch immer: Das Geld wird für betriebliche Zwecke eingesetzt. Hier dient es zur Aufrechterhaltung der Prozesskette und stammt von den Kunden. Bei Gründung müssen es die Eigentümer und Kreditgeber aufbringen, um den Prozess überhaupt in Gang zu setzen.
rle
Qualitätsstandards (Quelle: manager magazin)
istungss
m tro
Gü te
Wertbildungsprozess
Abb. 18:
Güter und Leistungen
Geld
Geld
Güter
Wertverteilungsprozess
Abb. 19:
Ge ldstrom
Die entgegengesetzten Halbkreisläufe, der Güter- und Leistungsstrom im Wertbildungsprozess und der Geldstrom im Wertverteilungsprozess
2.
Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe
Fließt mehr Geld in das Unternehmen zurück als Ausgaben anfallen werden, dann können neue Pläne geschmiedet werden. So kann man z.B. neue Maschinen kaufen, die entweder die Kapazität erhöhen oder die die Fertigung modernisieren. Beides zum Vorteil für den Betrieb. Dass sich mit der Durchführung der Entscheidung die Kombination ändert, wird deutlich. Kaufleute und Betriebswirte sprechen – wenn sie vom Geldprozess im Betrieb reden – vom Wertverteilungsprozess, weil das eingehende Geld sozusagen auf die Betriebselemente aufgeteilt oder auf sie verteilt wird. Soundso viel bekommen die Mitarbeiter und die Leitung, so und so viel muss für neue Werkstoffe aufgewandt werden, so und so viel kosten Werkzeuge und Vorrichtungen, Maschinen und Fahrzeuge, so und so viel ist für Reparaturen fällig, so und so viel verschlingt die Miete etc. Für alles wird Geld beansprucht. Es verlässt den Betrieb. Damit ist der Kreislauf dann geschlossen.
21
Die DMW AG erzielt ihre Einnahmen durch den Verkauf ihrer drei Autotypen „Single“, „Shopper“, „Sporty“. Von den Einnahmen (Umsatz 900 Mio. EUR) müssen 9.400 Mitarbeiter bezahlt werden. Die Ausgaben für Werkstoffe, Energie und Investitionsgüter waren im vergangenen Jahr beträchtlich. Sie werden sicher auch das nächste Jahr belasten.
Aufgaben 20. In der Presse ist folgendes bekannt geworden: „Mittlerweile laufen die Opelrückrufe 3 und 4. Erst war es der Tankstutzen, dann der Airbag links, jetzt der Benzinschlauch im Motor.“ (Quelle: Auto Bild). Welche Folgen wird das für den großen deutschen Autohersteller – jedenfalls kurzfristig – haben? 21. Prüfen Sie, wie viel Bargeld laut Bilanz der DMW AG zur Verfügung stand! Finden Sie in der Bilanz weitere Positionen, die dem Unternehmen zu Bargeld verhelfen, damit es seine künftigen Ausgaben decken kann!
2. Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe 2.1
Betriebliches Erstziel (Primärziel)
2.1.1 Bedeutung des Gewinns Erwerbswirtschaftliche Betriebe sind solche Betriebe, die auf Dauer Gewinn erzielen wollen. Als gewerbliche Tätigkeit gilt nicht gelegentliche Betätigung (Gablers Wirtschaftslexikon).
Die DMW AG verzeichnete im Jahre 2003 einen Gewinn – laut Gesetz wird er Jahresüberschuss genannt – von nur 24 Mio. EUR, ein geringer Betrag, wenn man den Umsatz von knapp über 1 Mrd. DM betrachtet oder das gesamte Eigenkapital in Augenschein nimmt.
2.
Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe
Fließt mehr Geld in das Unternehmen zurück als Ausgaben anfallen werden, dann können neue Pläne geschmiedet werden. So kann man z.B. neue Maschinen kaufen, die entweder die Kapazität erhöhen oder die die Fertigung modernisieren. Beides zum Vorteil für den Betrieb. Dass sich mit der Durchführung der Entscheidung die Kombination ändert, wird deutlich. Kaufleute und Betriebswirte sprechen – wenn sie vom Geldprozess im Betrieb reden – vom Wertverteilungsprozess, weil das eingehende Geld sozusagen auf die Betriebselemente aufgeteilt oder auf sie verteilt wird. Soundso viel bekommen die Mitarbeiter und die Leitung, so und so viel muss für neue Werkstoffe aufgewandt werden, so und so viel kosten Werkzeuge und Vorrichtungen, Maschinen und Fahrzeuge, so und so viel ist für Reparaturen fällig, so und so viel verschlingt die Miete etc. Für alles wird Geld beansprucht. Es verlässt den Betrieb. Damit ist der Kreislauf dann geschlossen.
21
Die DMW AG erzielt ihre Einnahmen durch den Verkauf ihrer drei Autotypen „Single“, „Shopper“, „Sporty“. Von den Einnahmen (Umsatz 900 Mio. EUR) müssen 9.400 Mitarbeiter bezahlt werden. Die Ausgaben für Werkstoffe, Energie und Investitionsgüter waren im vergangenen Jahr beträchtlich. Sie werden sicher auch das nächste Jahr belasten.
Aufgaben 20. In der Presse ist folgendes bekannt geworden: „Mittlerweile laufen die Opelrückrufe 3 und 4. Erst war es der Tankstutzen, dann der Airbag links, jetzt der Benzinschlauch im Motor.“ (Quelle: Auto Bild). Welche Folgen wird das für den großen deutschen Autohersteller – jedenfalls kurzfristig – haben? 21. Prüfen Sie, wie viel Bargeld laut Bilanz der DMW AG zur Verfügung stand! Finden Sie in der Bilanz weitere Positionen, die dem Unternehmen zu Bargeld verhelfen, damit es seine künftigen Ausgaben decken kann!
2. Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe 2.1
Betriebliches Erstziel (Primärziel)
2.1.1 Bedeutung des Gewinns Erwerbswirtschaftliche Betriebe sind solche Betriebe, die auf Dauer Gewinn erzielen wollen. Als gewerbliche Tätigkeit gilt nicht gelegentliche Betätigung (Gablers Wirtschaftslexikon).
Die DMW AG verzeichnete im Jahre 2003 einen Gewinn – laut Gesetz wird er Jahresüberschuss genannt – von nur 24 Mio. EUR, ein geringer Betrag, wenn man den Umsatz von knapp über 1 Mrd. DM betrachtet oder das gesamte Eigenkapital in Augenschein nimmt.
22
Sie stellen den größten Teil aller Betriebe in unserer sozialen Marktwirtschaft. Daneben gibt es solche, die einzig und allein auf Bedarfsdeckung aus sind, und solche, die für sich und ihre Mitglieder Vorteile erwirtschaften wollen. Der Gewinn gilt als Antriebsmotor unserer Wirtschaft. So setzen Betriebsgründungen meist voraus, dass diejenigen, die das Kapital hierzu bereitstellen, Geld verdienen wollen, und das heißt Gewinne erwirtschaften, die eine gute Verzinsung mit sich bringen. Betriebe, die Gewinne erzielen, werden als rentabel bezeichnet. Um rentable Betriebe vergleichbar zu machen, werden die Gewinne mit dem eingesetzten Kapital in Beziehung gesetzt. Zunächst soll sich hier auf das Eigenkapital beschränkt werden. Die so ermittelte Kennziffer heißt Rentabilität. Genau gesagt: Eigenkapitalrentabilität. Nun soll der Gewinn nicht irgendeine Höhe haben, sondern er soll hoch ausfallen. In vielen Büchern wird vom Maximalgewinn gesprochen. Dennoch scheint es sinnvoller zu sein, auch mit einem angemessenen Gewinn zufrieden zu sein, und seine Höhe sollte eben so bemessen sein, dass sie über derjenigen liegt, die bei Investition des gleichen Betrages bei einer Bank herauskommt, und das über Jahre hinweg. Da die Zukunft aber nicht voraussehbar ist und einige wirtschaftliche Entwicklungen nur abgeschätzt werden können, haben manche Gründer von Betrieben und manche Geldgeber nach ersten Erfolgsjahren große Enttäuschungen erleben müssen, weil der Gewinn spärlicher floss oder ganz versiegte. Ein Unternehmen dann gleich aufzulösen, ist allerdings keine Alternative, oftmals gibt es andere Möglichkeiten zur Existenzsicherung.
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Eine nähere Beschäftigung mit diesen Zahlen erfolgt im Kapitel Finanzierung – und hier besonders im Rahmen der Selbstfinanzierung – und soll daher nicht weiter verfolgt werden. Düsseldorf - Die Adam Opel AG ist 2003 noch tiefer in die roten Zahlen gefahren. Das Minus in der Bilanz des Rüsselsheimer Automobilherstellers stieg von 227 Mio. Euro 2002 auf 384 Mio. Euro. Als Grund für den hohen Verlust nannte er schwierige Bedingungen im westeuropäischen Markt und die Kaufzurückhaltung der Verbraucher. Frankfurt - Der Stuttgarter Sportwagenhersteller Porsche hat offenbar im abgelaufenen Geschäftsjahr 2002/03 vor Steuern einen Rekordgewinn von gut 950 Mio. Euro eingefahren. Dies entspreche einer Bruttorendite von 17 Prozent, berichtete „Der Spiegel" unter Berufung auf namentlich nicht genannte Porsche-Manager. „Gesünder kann eine Firma nicht sein", zitierte das Magazin zudem Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. „Wir leiden auf hohem Niveau", fügte der Vorstandsvorsitzende von Porsche – angesichts der schwachen Konjunktur und des ins Stocken geratenen Verkaufs der Sportwagen – hinzu
Abb. 20:
Gewinn- und Verlustrechnungen 2003 Opel/Porsche (Die Welt)
Aufgabe 22. a) Wie würden Sie zur Zeit ererbte 1.000 EUR anlegen? Holen Sie bei Kreditinstituten Vorschläge ein! b) Zwei Freunde stritten miteinander. Der eine sagte, er habe 500 EUR verdient. Der andere meinte, er müsse sich mit 200 EUR begnügen, dies sei aber viel rentabler. Wie wird er das begründen? c)
Suchen Sie bitte in diesem Buch und in wirtschaftswissenschaftlicher Literatur nach weiteren Begriffen der Rentabilitätsrechnung.
2.
Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe
2.1.2
Der Gewinn
23 Leistungsgewinne
Neutrale Gewinne
Grundsätzlich lassen sich drei Gewinnbegriffe herausstellen: •
Leistungsgewinn (Leistungserfolg)
•
neutraler Gewinn (neutraler Erfolg)
•
Gesamtgewinn (Gesamterfolg), als Unternehmensgewinn bezeichnet.
2.1.2.1
entstehen durch Herstellung und Verkauf der produzierten Erzeugnisse
Unternehmensgewinne
Leistungsgewinn
Industriebetriebe erzielen Gewinne durch den Verkauf ihrer Produkte. In diesem Fall wird vom Leistungsgewinn (Gewinn aus der betrieblichen Leistung) oder vom Leistungserfolg gesprochen. Es ist der Gewinn aus der betrieblichen Zwecksetzung. Er sollte den wesentlichen Teil des Gesamtgewinnes (Gesamterfolg) ausmachen. 2.1.2.2
Neutraler Gewinn und Gesamtgewinn
Neben diesem Gewinn können auch andere Geschäfte Gewinn bringen. Zum Beispiel, wenn ein Grundstück teurer verkauft wird als es an Wert ausweist oder wenn im Betriebsbesitz befindliche Wertpapiere mit Gewinn veräußert werden können. Diese Art des Gewinns nennt man neutralen Gewinn oder neutralen Erfolg. Beide addieren sich zum Gesamtgewinn (Gesamterfolg), der auch Unternehmensgewinn oder „Gewinn“ heißt (siehe Abb. 21). 2.1.2.3
Verzinsung
Meistens wird der Gewinn (Gesamtgewinn) zu dem Eigenkapital in Beziehung gesetzt, womit die Eigenkapitalrentabilität ermittelt wird. Sie wird Rentabilität genannt. Ebenso lässt sich aber auch der Leistungsgewinn mit dem Kapital in Verbindung bringen. Nur muss es das Kapital sein, das die betriebliche Leistung auch hervorgebracht hat. Man nennt es betriebsnotwendiges Kapital.
entstehen durch besondere Geschäfte (Wertpapieran- und -verkäufe)
ermittelt aus allen erzielten Erträgen und allen Aufwendungen
enthalten
Arbeitsentgelt (Unternehmerlohn) für de unternehmerische Arbeitsleistung
Abb. 21:
Zinsen für das eingesetzte Eigenkapital einschließlich Risikoprämie
Restgewinn, nachdem Unternehmer und Kapital bereits entgolten sind.
Gewinnarten und Gewinnzuordnungen
Aufgabe 23. a) Von welchen außerbetrieblichen Größen und Einflüssen hängt der Gewinn ab? b) Was ein Betrieb mit dem „Restgewinn“ (Abb. 22) anfängt, ist seine Sache. Die DMW haben einen Teil für die Eigentümer vorgesehen, den diese als Dividende bar erhalten. Einen weiteren Teil bilden sie als Rücklage für Eventualfälle. Möglicherweise wird ein letzter Teil an Arbeitnehmer ausgeschüttet. Somit sind mehrere Möglichkeiten zur Verwendung des Restgewinns aufgezeigt. Welche Unterschiede stellen Sie fest? Könnten Sie eine weitere Verwendungsart finden?
24
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Wer den Gewinn mit dem Gesamtkapital (Eigen- und Fremdkapital) verknüpft, will Antwort auf die Frage haben, wie rentabel der Einsatz dieses Kapitals gewesen ist (siehe Abb. 24). In allen Fällen bezieht man sich auf ein Jahr. Es ist meist die Arbeitsperiode der Betriebe. 2.1.2.4
Interesse am Gewinn
Der Gewinn eines Unternehmens stößt auf vielfaches Interesse. Er interessiert •
die Unternehmer selbst
•
die Eigentümer, z.B. Aktionäre
•
die Leitungsorgane
•
die Mitarbeiter
•
die Kreditgeber
•
die Finanzämter (Staat)
•
die Lieferanten
•
die Controller etc.
Beispiel: Einfache Rentabilitätsberechnung Eingesetztes Eigenkapital Erzielter Gewinn
R[EK ]
=
Gewinn × 100 Eigenkapit al
R[EK ] R[EK ]
= =
4000 × 100 50000
50.000 EUR 4.000 EUR
8%
Das eingesetzte Eigenkapitel hat sich hiernach mit 8 % verzinst. 8 % stellen die Rentabilität dar.
Warum ist das so? Alle haben unterschiedliche Auffassungen über den Gewinn. 2.1.2.5
Unternehmer und Eigentümer
Der Unternehmer ist zugleich Eigentümer des Unternehmens. Nach Auffassung von Wirtschaftspraktikern und vielen -theoretikern steht der Gewinn ihm zu. Begründet wird dies so: Er hat nämlich das Eigenkapital bereitgestellt. Außerdem wird er Geld für seine Tätigkeit verlangen. Und die wird aus dem Gewinn entgolten. Auch wird er Teile des Gewinns für Investitionen zurückhalten, um die Kapazität zu erweitern, Arbeitsplätze zu sichern und die Existenz des Betriebes zu erhalten. Es gibt hierzu aber auch viele andere Meinungen (vgl. hierzu Seite 49, Die Mitbeteiligung der Arbeitnehmer).
Abb. 22:
Gewinnverwendungen
Abb. 23:
Umsatzrenditen
2.
Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe
Rentabilitätsart
Berechnung
R[EK ] =
G* × 100 EK
Gesamtkapitalre ntabilität = R
R[GK ] =
(G + FKZ ) × 100 GK
Umsalzrentabilität =R
R[U] =
Rentabilität auf das betriebsnotwendige Kapital R
R[bnK ]
Rentabilität auf das Eigenkapital = Eigenkapitalrentabilität R
25
Berechnungsweg
Bedeutung
Ermittlung des Unternehmensgewinnes (G) aus der Differenz von Erträgen und Aufwendungen. Danach Inbeziehungsetzen dieses Gewinnes (G) zu dem Eigenkapital (EK). Ermittlung des Unternehmensgewinnes. Addition der Fremdkapitalzinsen (FKZ). Inbeziehungsetzen des Ergebnisses zu dem Gesamtkapital (GK).
Aus der R ersichtlich, wie das eingesetzte Kapital der Eigentümer bzw. des Unternehmers verzinst wurde.
LG × 100 Umsatz
Ermittlung des Umsatzes aus der Korrekturen (Rabatte u.a.). Bildung des Zählers durch Errechnung des Gewinns aus den Verkäufen abzüglich der Kosten. Ergebnis: Leistungsgewinn. (LG + FKZ ) × 100 Ermittlung des Leistungsge= winns (LG), Addition der FKZ, bnK die für die Leistungserstellung aufgewandt wurden. Division durch bnK = Kapital, das der Leistungserstellung dient.
Durch die Addition der FKZ und durch die Division (GK) kann ersehen werden, wie sich das Gesamtkapital verzinst hat. Auch wird deutlich, ob der Einsatz des Fremdkapitals zusätzlich Gewinn erwirtschaften ließ (Überprüfung: Leverage-Ef'fekt). R lässt den Umsatzgewinn ermitteln, der lediglich durch die Verkäufe erzielt wurde. Oft als Vergleichsgrundlage zu anderen Betrieben hinzugezogen. Durch die Ermittlung des LG und Addition der FKZ und durch Division mit bnK wird überprüft, ob sich das Hauptziel des Unternehmens erfüllt hat.
* Gewinnarten siehe Abb. 25
Abb. 24:
Rentabilitäten
Nun gibt es Menschen, die nur ihr Geld in einem Unternehmen anlegen (z.B. Aktionäre), ohne es zu leiten und in der Leitung mitbestimmen zu wollen. Sie sind Eigentümer und ausschließlich an einer hohen Verzinsung (Rendite) interessiert. 2.1.2.6
Leitungsorgane
Die Unternehmensleitung, die nicht zugleich Eigentümer ist (Manager), z.B. der Vorstand in einer Aktiengesellschaft, eventuell Geschäftsführer einer GmbH, würde am liebsten alle Gewinne im Unternehmen belassen. Das liegt daran, dass sie ihre Politik ganz dem Unternehmen verschrieben haben. Sie wollen seine Kraft stärken, gegebenenfalls die Macht ausbauen und vor allen Dingen die Existenz des Unternehmens für die Zukunft absichern.
Die DMW stellen eine Aktiengesellschaft (AG) dar. Ihr Vorstand leitet das Unternehmen. Vorstände sind keine Eigentümer. Sie haben daher auch keinen Anspruch auf eine Verzinsung.
Aufgabe 24. Die DMW hatten 2005 durch den Verkauf ihrer PKW 130 Mio. EUR verdient. Hinzu kamen 20 Mio. Gewinn aus dem Verkauf einer nicht genutzten Lagerhalle. Das gesamte Eigenkapital belief sich auf 456 Mio. EUR. a)
Wie hoch war die Eigenkapitalrentabilität ( R[EK ] ). Sie ist eine Signalkennziffer (vgl. 2.1 – 2.9). Was meint man damit?
26
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
neutrale Aufwendungen neutrale Erfolge neutraler Gewinn (neutraler Erfolg) Gesamtgewinn = G Unternehmensgewinn
Leistungsgewinn (U-K) (Leistungserfolg)
Kosten für die verkauften Erzeugnisse =K
Abb. 25:
Umsätze durch den Verkauf der hergestellten Erzeugnisse (auch Umsatzerträge genannt) = U
Ergebniszahlen aus der Zwecksetzung des Unternehmens
Gewinnberechnung (vereinfacht)
Insofern unterscheiden sie sich nicht von Unternehmern selbst. Der Unterschied ist nur der, dass Unternehmer eben auch Eigentümer des Unternehmens sind. Geht ein Unternehmen in Konkurs, verliert der Eigentümer sozusagen Haus und Hof, der Vorstand in einer Aktiengesellschaft seine Stellung. Das Verlustrisiko tragen letzten Endes immer diejenigen, die das Kapital zur Verfügung gestellt haben, und die Mitarbeiter, die ihren Job verlieren. Den Managern geht es genauso. 2.1.2.7
Ergebniszahlen aus nicht zweckbezogenen Vorgängen
Mitarbeiter und Controller
Auch die Mitarbeiter verfolgen die Gewinnentwicklung ihres Betriebes mit Interesse, sofern ihnen die Zahlen bekannt sind. Denn der Gewinn ist schließlich auch Ausdruck ihrer Arbeitsleistung. Ein guter Gewinn lässt auf Tantiemen hoffen, und er wird, wenn er gut angelegt ist, das Unternehmen stärken und damit die Arbeitsplätze sichern.
b) Das Unternehmen hatte für die Produktion und deren Vertrieb insgesamt an Kapital ca. 650 Mio. EUR eingesetzt. In diesem Kapital sind nur solche Titel enthalten, die unbedingt für den Prozess und Verkauf benötigt wurden (betriebsnotwendiges Kapital). Wie hoch war seine Verzinsung? Vergleichen Sie beide Zinssätze! Welche Schlüsse ziehen Sie daraus? c)
Das in der Bilanz ausgewiesene Gesamtkapital hatte seinerzeit (2002) ein Volumen von 950 Mio. EUR. An Fremdkapitalzinsen wurden 10 Mio. EUR abgeführt. Versuchen Sie nun, die Gesamtkapitalrendite zu ermitteln!
d) Im März 2006 rechneten die Planer mit einem Umsatz von 190 Mio. EUR. Als Leistungserfolg (Umsatzerfolg) werden 3,8 Mio. EUR veranschlagt. Wie hoch wird die Umsatzrendite sein?
2.
Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe
Controller haben ihr Augenmerk eher auf die Quellen des Gewinns gerichtet. Woher stammt er? Handelt es sich vornehmlich um Gewinne aus dem Verkauf der Produkte? Wenn ja, dann ist der Zweck des Unternehmens weitgehend erfüllt. Stammt der Gewinn aus neutralen Quellen? Dann ist er meist kurzfristiger Natur, und dann werden die Controller Vorschläge unterbreiten, welche Veränderungen nötig sind. 2.1.2.8
Lieferanten und sonstige
Wieso verfolgen auch Lieferanten, Kreditgeber und der Staat die Betriebs- und Gewinnentwicklung?
27
Aufgabe 25. a) Welche Bedeutung hat nach Ihrer Meinung und unter Einbeziehung von Abb. 26 der Gewinn für alle Gruppen der Gesellschaft? b) Aus der Abbildung lassen sich die Funktionen des Gewinns ablesen. Welche sind es? c)
Die DMW AG konnte im März 2005 Ersatzteile im Wert von 26 Mio. EUR verkaufen, die selbst hergestellt wurden. Die Kosten betrugen 22 Mio. EUR. Wie heißt der erzielte Gewinn, und wie hoch war er?
d) Versuchen Sie mit Hilfe der folgenden Begriffe einen Zusammenhang herzustellen, indem Sie – wie in Abb. 26 – die Beziehungen durch Pfeile darstellen!
öffentliche Leistungen
Freizeit
Lebensstandard
Abb. 26:
Gewinnzusammenhänge
Lebensqualität
28
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Grundlage der betrieblichen Einkommensbesteuerung für den Staat ist der Gewinn. Dass der Gesetzgeber höchstes Interesse an ihm bekundet, liegt daran, dass Einkommen und Lohn- und Gehaltssteuern einen großen Teil seiner Einnahmen repräsentieren. Gewinne sichern möglicherweise auch die Kreditrückzahlungen ab, so dass Kreditgeber beruhigter die bisherigen Schuldner einschätzen und vielleicht sogar weiter unterstützen können. Auch Lieferanten sind in der Regel Kreditgeber. (Allerdings sind ihre Forderungen meist kurzfristiger Natur.) Gewinne ihrer Geschäftspartner sichern Rückzahlungen. Dauerhafte Gewinne können außerdem für sie bedeuten, über lange Zeit einen festen Abnehmer gefunden zu haben. 2.1.2.9
Rentabilität als Signalkennziffer des Gewinns
Die Rentabilität gehört zu einer der Kennzahlen, die Aussagen über die Ertragskraft des Unternehmens treffen lassen. Sie ist eine sogenannte Signalkennziffer, und zusammen mit anderen (z.B. Wirtschaftlichkeit, Produktivität, Liquidität) lässt sie darauf schließen, wie gut ein Betrieb insgesamt arbeitet.
e)
•
Umsatz
•
Leistungsgewinn
•
Qualität der Produkte
•
Kosten
•
Mitarbeiterbeteiligung am Gewinn
•
Motivation
•
Forschung und Entwicklung
•
Gewinn (Gesamtgewinn)
•
Kundenzufriedenheit
Die DMW AG steht insgesamt nicht schlecht da. Ihre Umsätze haben die Kosten erwirtschaftet und sogar einen geringeren Leistungsgewinn gebracht. Daran war die Leitung ebenso beteiligt wie die 9400 Mitarbeiter. Der Betrieb muss aber noch einiges tun, um seine Position zu stärken und das Gleichgewicht zu vertiefen. Was würden Sie hierzu vorschlagen? Berücksichtigen Sie das über die DMW Gesagte, soweit es Ihnen als sinnvoll erscheint, und unter Beachtung des Informationstextes über die DMW.
Zusammenfassung Der Gewinn ist eine zentrale Größe der betrieblichen Aktivitäten. Sein größter Teil ergibt sich aus der Differenz der Kosten und der verkauften Erzeugnisse und ihren Umsätzen. Er wird Leistungsgewinn genannt. Ein Betrieb, der Gewinne erzielt, ist rentabel. Setzt man das eingesetzte Eigenkapital in Beziehung zum erzielten Gewinn, gelangt man zur Eigenkapital-Rentabilität, kurz Rentabilität genannt. Der Gewinn hat sowohl für Unternehmer als auch für nicht leitende Teilhaber, sonstige Eigentümer, für Kreditgeber und für Mitarbeiter etc. große Bedeutung. Betriebe, die angemessene Gewinne erwirtschaften, sitzen meistens fest im Sattel der sozialen Marktwirtschaft.
2.
Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe
2.2
29
Andere betriebliche Ziele (Zweitziele)
2.2.1 Versuch einer Systematik Es gibt viele andere Ziele, die ein Unternehmen anstrebt. Es ist jedoch außerordentlich schwierig, sie zu klassifizieren. 2.2.1.1
Ergebnisziele
Es ist unbestritten, dass als Ergebnis der geschäftlichen Tätigkeit eine hohe Rentabilität erreicht werden soll. Sie ist das Primärziel eines Unternehmens. Andere Ergebnisziele – und sie gelten als Zweit- oder Sekundärziele – werden • durch Wirtschaftlichkeitskennzahlen (mit denen offenbart wird, wie rationell im Betrieb gearbeitet wird) • durch Liquiditätskennzahlen, die im Rahmen des gesamten betrieblichen Finanzverhaltens beurteilt werden (und die aufdecken sollen, wie weit die Zahlungsverhältnisse gediehen sind) • durch Produktivitätskennzahlen (die ersehen lassen, mit welchem Einsatz die Leistungen erbracht werden) nachgewiesen. 2.2.1.2
Andere Differenzierungen
Eine anerkannte Zielunterteilung geht von drei Zielbereichen aus. Dazu gehören •
Leistungsziele
•
Erfolgsziele
•
Finanzziele.
Hiernach gehören die obengenannten Ziele Wirtschaftlichkeit und Rentabilität in den Erfolgszielsektor, Produktivität ist den Leistungszielen zuzuordnen, wobei es z.B. um den Menschen geht (Arbeitsproduktivität) oder um Sachen (z.B. Maschinenstundenproduktivität), und die Liquidität findet unter den Finanzzielen Platz.
Abb. 27:
Ergebniszahlen nach Schott
Ergebnisziele und Ergebniszahlen Die Ergebniszahlen sind Ausdruck der Ergebnisziele. Abb. 27 soll die zentrale Stellung der Rentabilität dokumentieren. Die hier nicht bezeichneten „Ableger“ lassen sich auffüllen. So zählen zur Wirtschaftlichkeit auch die Herstellungsdurchlaufzeit, die Rationalität der Kostenstellen, die Abfallmengen u.a., zur Rentabilität der Verschuldungsgrad.
Aufgabe 26. Ein Zulieferer der DMW AG veröffentlichte folgende Anzeige. Können Sie darin dessen Ziele erkennen?
30
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
In beiden Fällen fehlen Mitarbeiter- und Umweltziele. Daher müssen sie um solche Ziele erweitert werden. 2.2.1.3
Personale und umweltbezogene Ziele
Was könnten personale Ziele beinhalten? Dazu könnten zählen: • • • • • • • •
menschenwürdige Arbeitsbedingungen Mitverantwortung Arbeitsplatzsicherheit Mitsprache gerechte Entlohnung Beteiligung der Arbeitnehmer am Gewinn und Vermögen Bevorzugung von Teamarbeit Gleichbehandlung in Quoten, Positionen und Gehältern von Frauen und Männern
Lassen sich ebenso einige betriebliche Umweltziele formulieren? Dies könnten sein: • • • • • • •
Entwicklung und Produktion umweltfreundlicher Produkte umweltbewusster Einkauf von Werkstoffen und Zubehörteilen Verringerung und Eigenentsorgung produktionsbedingter Schadstoffe Rücknahme und Entsorgung von nicht mehr gebrauchsfähigen verkauften Erzeugnissen und Teilen offensive Informationen über die eigenen umweltfreundlichen Erzeugnisse und deren umweltfreundliche Handhabung Einrichtung von Seminaren über die betriebliche Umweltpolitik für alle Mitarbeiter Aufbau eines Ressorts, das für den Umweltschutz im Unternehmen und für die eigenen Erzeugnisse zuständig ist.
Weitere Ausführungen sind in Abschnitt 5.4 enthalten.
Wir sind ein Hersteller mit einem Servicemanagement. Sie werden fragen, was das ist? Hier ist die Antwort: • Viele Unternehmer und deren Mitarbeiter wissen wenig über industriellen Service. Die meisten sind Service-Ignoranten. Wir nicht. Denn die Verbesserung der Information über Kosten und Nutzen von Services ist unabdingbar für ein professionelleres Servicemanagement. Das haben wir. Und das kommt Ihnen zugute. • Services bieten einerseits ungeahnte Chancen für dauerhafte Wettbewerbsvorteile, die Sie in der Zusammenarbeit mit uns spüren werden, weil wir uns als Dienstleister mit Herstellerbasis verstehen. Wir planen mit Ihnen und stimmen Produktion, Lagerhaltung, Lieferung, Einbau und Entsorgung mit Ihren Vorstellungen ab. Andererseits teilen wir uns die Ersparnisse durch genaueste Kosten-Nutzen-Analysen. • Service beginnt bereits bei der Auswahl der richtigen Mitarbeiter. Unsere Führung garantiert deren Motivation. • Früher konzentrierte sich das Servicemanagement ausschließlich am Produkt. Diese Konzentration hat zu einem hohen Qualitätsstandard geführt. Den haben wir beibehalten. Aber wir konzentrieren uns auf mehr: nämlich auf Anwendungsberatung, auf Beschwerdemanagement, auf schnelle Reaktion, auf Lieferflexibilität, auf Liefersicherheit und auf unsere Kunden integrierende Teams mit dem Ziel, Zulieferer und Kunden in Entwicklungsaktivitäten, Logistikfunktionen und Qualitäts-Shifts verantwortlich einzubinden.
Abb. 28: Quelle:
Anzeige (Auszug) IK, Zeitschrift für Industriekaufleute
Die DMW AG hatte mit den Betriebsräten von Anfang an eine Mitarbeiterbeteiligung in einer Betriebsvereinbarung unter bestimmten Voraussetzungen festgeschrieben. Beide Seiten erhofften sich die Erfüllung einiger Ziele. Und in der Tat: Ein Großteil dieser Ziele wird ständig erreicht, wenn dies auch von der Zuweisung von Geld, Zinsen und Anteilen abhängt. Als es dem Unternehmen im Jahre l997 nicht sehr gut ging, wurden die Arbeitsentgelte mit Zustimmung der Belegschaft eingefroren. Ein Zeichen für ihre „Emanzipation“, ein Erfolg für die Atmosphäre.
2.
Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe
31
2.2.2 Wirtschaftlichkeit Ein Betrieb ist wirtschaftlich, wenn er kostengünstig arbeitet. Je weniger Kosten anfallen, desto eher besteht die Chance, dass die auf dem Markt erzielbaren Produktpreise nicht nur alle Kosten decken, sondern auch noch Gewinn einbringen. Ein wirtschaftliches Unternehmen arbeitet rationell. Um seine Rationalität zu messen, werden Wirtschaftlichkeitskennzahlen gebildet. Da sich in einer sozialen Marktwirtschaft die Betriebe in Konkurrenz mit anderen befinden, bemühen sich Hersteller, Dienstleister wie Banken, Handelsunternehmen, Spediteure, Verkehrsgesellschaften etc. ständig darum, die Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Sie ist zu einem fundamentalen Prinzip der Marktwirtschaft geworden. Dieses Prinzip wird auch ökonomisches Prinzip genannt. 2.2.2.1
Das Minimalprinzip
Das ökonomische Prinzip kommt in zwei Spielarten zum Ausdruck. Sie heißen •
Minimalprinzip und
•
Maximalprinzip.
Das Minimalprinzip besagt, dass eine bestimmte Leistung mit geringstmöglichen Kosten, die mit der Prozesskette verbunden sind, erbracht werden soll. In die Praxis übertragen kann dieser Grundsatz für den Einkauf lauten, dass bei einem Vergleich zwischen verschiedenen Lieferanten, die die gleichen Rohstoffe zu denselben Qualitäten und Quantitäten liefern können, derjenige den Zuschlag bekommt, der am preiswertesten ist (siehe hierzu auch das JITPrinzip im Einkauf). Für die Herstellung würde das Prinzip besagen, dass ein herzustellendes Produkt in kürzester Durchlaufzeit produziert wurde.
Wirtschaftlichkeitskennzahlen (W) Die Praxis unterscheidet drei Formeln: W (1) =
Kosten Leistungen
W ( 2) =
Aufwand Erträge
W (3 ) =
Istkosten Sollkosten
Für alle drei Kennzahlen gibt es weitere Unterteilungen. Beispiel: W (1) beantwortet die Frage, wie viel EUR Kosten in einem EUR Leistung stecken. Ist die Kennzahl z. B. 0,60, dann lässt sich aussagen, dass in einer EUR Leistung 60 EURCent oder 0,60 EUR an Kosten enthalten sind. Multipliziert man das Ergebnis mit 100, dann gelangt man zu 60% und kann nun ausführen, dass in den hergestellten Leistungen insgesamt 60 % an Kosten stecken. Diese Berechnung der Wirtschaftlichkeit ist deutlich und aussagekräftig. Sie wird auch in anderen Kapiteln berücksichtigt. Dabei sind zwei Dinge zu bedenken: Kosten sind alle Verbräuche (man nennt sie auch Aufwendungen), die für die Prozesskette aufgewandt werden. Und das muss in einer Periode sein und für die Produkte, die in dieser Periode auch hergestellt werden. W (2) setzt Größen in Beziehung, die nicht allein der Prozesskette der gegenwärtigen Periode angehören. Die Aufwendungen enthalten nämlich alle Verbräuche, die für die betriebliche Leistung (Erzeugnisse) und eben auch für anderes (z. B. Spenden bei Kapitalgesellschaften) anfallen. Auch bezieht man in die Erträge solche ein, die nicht auf das Betriebsziel ausgerichtet sind (Wertpapierverkäufe u.a.).
32
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Oder ein anderes Beispiel – dass, wenn Nachtstrom billiger angeboten wird, in der Nacht betriebene Maschinen bei derselben Dauer dieselbe Menge (wie tagsüber) herstellen lassen. Aber die Energiekosten werden geringer. Produkte, die konventionell entwickelt werden, brauchen Wochen und Monate, bis sie in Serie gehen können. Bedenkt man, wie viele Teile beim PKW zu entwickeln sind, dann ist das auch verständlich. Heute helfen Computer und ganze Programm-Systeme. Sie reichen von der Konstruktion (CAD – computergestütztes Aussehen – Computer Aided Design) über computergestützte Fertigung (CAM – Computer Aided Manufacturing) bis hin zur computerunterstützten Qualitätssicherung (CAQ – Computer Aided Quality), siehe Abb. 29. So haben die Verkürzung der Entwicklungszeit und die Senkung der Gesamtkosten die Prozesskette wirtschaftlicher gemacht. 2.2.2.2
Das Maximalprinzip
Das Maximalprinzip besagt, dass mit gegebener Kostenhöhe der Prozesskette die höchstmögliche Leistung erbracht wird.
W (3) sagt aus, wie weit die Istkosten die Sollkosten unterschreiten oder höher sind. Eine Zahl über 1 weist darauf hin, dass die Istkosten über den Sollkosten liegen und damit die Norm übersteigen. Multipliziert man die Kennzahl mit 100, dann bedeuten zum Beispiel 120 %, dass die Istkosten 20 % höher als die Sollkosten sind oder dass die Istkosten 120 % der Sollkosten betragen. Demnach wäre dieser Betrieb (in dem hier gemessenen Rahmen) unwirtschaftlich. Alle Berechnungen müssen kritisch hinterfragt werden, denn allen Wirtschaftlichkeitskennzahlen haften Probleme an. Sind es bei der Kennzahl W (1) insbesondere Bewertungs- und Abgrenzungsfragen (hier vornehmlich von Aufwendungen und Kosten sowie von einzelnen Leistungen – Fertigerzeugnissen, unfertigen Erzeugnissen, Eigenleistungen –), bei der Kennzahl W (2) Interpretationsfragen, so handelt es sich bei der Kennzahl W (3) schließlich um Planungsfragen (Kostenhöhe, die das Soll vorgibt) und Bewertungsfragen (Kostenhöhe, die das Ist mit sich bringt). Wirtschaftlichkeitsanalysen werden sich daher nie auf nur eine Sichtweise beschränken.
Die industrielle Entwicklung ist bis heute eine Entwicklung zu höchsten Präzisionsmaschinen gewesen. Diese arbeiten so genau, dass sich Abweichungen kaum mit der Lupe messen lassen. Sie betragen manchmal nur hundertstel Millimeter. In der Autoindustrie können heute mehr Teile aus einem Blech gestanzt werden als es früher vorstellbar war. Bei gleichem vorstellbarem Kosteneinsatz (Bleche) hat sich die Leistung (Teile) erhöht. Heute wird in vielen unternehmen verlangt, ohne zusätzlichen Lohn länger zu arbeiten. Das aber zieht eine höhere Produktivität nach sich. Auch die Arbeitsplätze haben sich grundlegend geändert.
Abb. 29:
Wenn die konventionelle Produktentwicklung abgelöst wird
2.
Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe
Ihre ergonomische Ausstattung, ihre Helligkeit, ihr umweltfreundlicher Anstrich und die Leichtigkeit, mit der Gerätschaften bedient werden können, haben vielerorts die Motivation der Mitarbeiter gefördert. Sie kann tatsächlich bewirken, dass in den Büros, aber auch in den Werkshallen, wenn hier nicht Fertigungszeiten durch die Maschine vorgegeben werden, mehr gearbeitet wird. Möglicherweise bei gleichem Lohn. Minimalprinzip
Maximalprinzip Ökonomisches Prinzip Wirtschaftlichkeitsprinzip
Minimalprinzip
33
Ergänzendes zur Wirtschaftlichkeit 450 Manager hatte Ford geladen. Und die meisten kamen hoffnungsfroh. Was konnte man ihnen schon sagen? Doch es kam anders, als alle erwarteten. Der Fordchef verteilte schlechte Noten. „Nur japanische Autofirmen und ihre Zulieferer“, schimpfte er, „bieten zur Zeit bei Qualität, Kosten und Service einen exzellenten Standard. Dagegen ist die Qualität, die wir gemeinsam produzieren, zu schlecht, die Kosten sind zu hoch, die Entwicklungszeiten zu lang – das gilt für Ford, und das gilt für die meisten von Ihnen.“ (Quelle: manager magazin.)
Minimalprinzip
Arbeitsplatz-Engagement-Index im internationalen Vergleich
Abb. 30
Das Wirtschaftlichkeitsprinzip
Abb. 31:
Warum in Deutschland die Leistungen hinterherhinken
34
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Die Veränderung der Kosten-/Leistungsverhältnisse bei gleichbleibenden Kosten zielt auf eine höhere Ausbringung (siehe Abschnitt 2.2.3), die sowohl qualitativer als auch quantitativer Natur sein kann. Sie wird qualitativer, wenn die Abstimmung von Menschen, Betriebsmitteln, Werkstoffen und Informationen alle erdenklichen Nuancen berücksichtigt, z.B. wenn das Können der Mitarbeiter seine entsprechende Verwendung im Betriebsprozess findet. Sie wird quantitativer, wenn durch andere Organisationsformen bei gleichem Mitteleinsatz die Ausbringung angehoben werden kann, weil die Durchlaufzeit der Erzeugnisse verkürzt werden konnte.
Aufgabe 27. Die DMW AG hatte für ihren Kleinwagen, der in den erweiterten Fabrikationsstätten in Halle gebaut wird, Personalkosten pro Wagen von 6.800 EUR und Materialkosten von 5.100 EUR kalkuliert. Der Wagen sollte zu einem Verkaufspreis von 17.000 EUR abgegeben werden (ohne Mehrwertsteuer). Die übrigen Kosten waren mit 4.000 EUR veranschlagt. a)
Wie hoch war W (1) nach den Vorgaben?
b) Die Istkosten betrugen 16.200 DM. Errechnen Sie W (3)! c)
Beurteilen Sie Ihre Ergebnisse!
Zusammenfassung Das Wirtschaftlichkeitsprinzip – auch ökonomisches Prinzip genannt – ist die Richtschnur, nach der der Betriebsprozess organisiert wird. Es umfasst das Minimal- und das Maximalprinzip. In beiden geht es darum, die Kosten-/Leistungsverhältnisse zu verbessern. Das bedeutet, dass mit den Elementarfaktoren sparsam und rationell umgegangen wird. Es ist vornehmlich an dem Quotienten K:L zu messen.
2.2.3
Produktivität
Die Produktivität stellt das Verhältnis von Ausbringungsmenge zur Einsatzmenge dar. Ausbringung oder output im Industriebetrieb sind seine Erzeugnisse. Hierzu gehören die absatzfähigen Produkte (Fertigerzeugnisse), seine nicht absatzfähigen (unfertigen) Erzeugnisse und schließlich seine Eigenleistungen, wozu man z.B. Werkzeuge zählen kann, die das Unternehmen selbst hergestellt hat, oder Vorrichtungen oder Gebäude und Lagerhallen etc. Einsatz oder input stellen die Elementarfaktoren dar wie Werkstoffe, Betriebsmittel, Arbeitsleistungen und Informationen.
Aufgabe 28. Die DMW AG konnte in den neuen Werken in Halle und Emden von vornherein die wirtschaftlichsten Verfahren und Organisationsformen einbeziehen. Schwerpunkte waren: • Abbau der Fertigungstiefe • Konzentration auf wenige Lieferanten • Bezug von Systemen (z.B. elektrische Anlagen) statt Komponenten • Aufbau einer schlanken Hierarchie • Teamarbeit. Insbesondere die Teamarbeit hat den Arbeitsprozess in der Fertigung nachhaltig verändert (siehe auch Re-engineering).
2.
Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe
Da die Einsatzfaktoren sehr verschiedenartig sind, können sie nicht addiert werden, es sei denn, dass ein einheitlicher Nenner gefunden werden kann (Geld). Um aber den Wert aus der Berechnung auszuklammern, werden die Faktoren voneinander getrennt, so dass man zu unterschiedlichen Produktivitäten kommt. Dazu gehören •
Arbeitsproduktivität
•
Arbeitsstundenproduktivität
•
Maschinenproduktivität
•
Maschinenstärkeproduktivität
•
Flächenproduktivität
und andere. Die betriebliche Arbeitsteilung – wie man sie durch das Fließband beschreibt – hatte bis in die achtziger Jahre dazu beigetragen, dass die Ausbringung im Laufe der Jahre immer weiter erhöht werden konnte, weil immer wiederkehrende Handgriffe der Arbeitskräfte zur Routine wurden. Heute muss man feststellen, dass ein weiterer Anstieg der Arbeitsproduktivität so nicht mehr möglich ist. Daher ist Neues (z.B. Teamarbeit) angesagt. 2.2.3.1
Produktivität und Wirtschaftlichkeit
Im Gegensatz zur Wirtschaftlichkeit ist die Produktivität eine Mengenkennzahl. Daher lässt sich von ihr aus nicht ohne weiteres auf Werte schließen. Während aber Werte oft abhängig vom Betrachter sind und somit subjektiven Einflüssen oder solchen des Marktes unterliegen (z.B. durch Änderungen der Preise, der Konditionen, der Währungen), sind Mengen überall gleich definiert, wenn sie auch bestimmte Unterscheidungsbereiche erlauben (bei Kraftwagen Einteilung in Klassen). Ganz bekannt sind solche Kennzahlen aus der Landwirtschaft: Milchleistung je Liter (bei Kühen), wöchentliche Eiermengen je Legehenne, Zentner Roggen je Hektar.
35
a)
Welche Wirkungen werden allgemein von diesen Maßnahmen ausgegangen sein?
b) Wieso hat wohl die Teamarbeit die Fertigungsweise verändert?
Allgemein
Beispiel
Output in Mengen P= Input in Mengen
Arbeitskräfte
=
500 Stück
Ausstoß (output) = 10.000 Stück
Abb. 32:
AP
= 10.000
AP
=
500
200 Stück
Produktivitätsberechnung
Mit 63 Prozent produktiv genutzter Arbeitszeit liegt Deutschland gemeinsam mit den USA auf Platz eins im weltweiten Produktivitäts-Ranking. Zu diesem Ergebnis kommt die internationale Unternehmensberatung Czipin & Proudfoot in ihrer »Globalen Produktivitatsstudie 2003«. Dennoch gelten hier zu Lande noch immer 9,6 Milliarden der geleisteten Arbeitsstunden pro Jahr als vergeudet, etwa wegen untätigen Rumsitzens oder unrationeller Arbeitsabläufe. Das kostet die Betriebe etwa 238 Milliarden Euro – knapp 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. (vgl. Abb. 54) Abb. 33:
Produktiv genutzte Arbeitszeit
Aufgabe 29. Im Jahre 2000 stellte die DMW AG insgesamt 124.000 Wagen her. Seinerzeit belief sich die Mitarbeiterzahl auf 18.800 Personen. Mercedes-Benz schaffte im gleichen Zeitraum 529.000 Kraftwagen. Beschäftigt wurden 70.533 Mitarbeiter. Auch die Zahlen von BMW konnten sich sehen lassen. Mit 588.600 Einheiten und 73.500 Arbeitskräften schien BMW an der Spitze der Produktivität aller drei Unternehmen zu stehen.
36
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Mengenvergleiche haben in der Produktivitätsberechnung Berechtigung.
a)
Nun kann man eine der beiden Größen aus dem Quotienten (output : input) als Wertzahl angeben und erhält dadurch eine wertbezogene Produktivität. Das macht man z.B. bei internen Vergleichen, aber auch wie hier (siehe Abb. 32), wenn die Wertschöpfung pro Kopf oder wenn z.B. die Umsatzleistung pro Quadratmeter (in Waren- und Kaufhäusern) gemessen werden soll.
b) Treffen Sie über die ermittelten Kennzahlen Ihre Aussagen hinsichtlich der Personalkosten, der Arbeitsverfahren! c)
Wird der Ausstoß eines Unternehmens höher, dann lässt das auf dreierlei schließen: •
Die Kapazitätsausnutzung bei der vorhandenen Kombination der Elementarfaktoren hat sich verbessert (z.B. ist sie von 80% auf 90% gestiegen).
•
Neuinvestitionen haben zur Anhebung der Gesamtkapazität geführt und eine höhere Produktionsmenge in die Wege geleitet.
•
Durch Maßnahmen wie Neugestaltung der Arbeitsplätze, Anordnung der Maschinen, Einsatz von Computern ist die Durchlaufzeit der Erzeugnisse verkürzt worden, was zu einer erhöhten Ausbringung führt (Veränderung der Kombination der Elementarfaktoren).
Im ersten und letzten Beispiel hat sich bei gestiegener Produktivität die Wirtschaftlichkeit verbessert. Bei Neuinvestitionen muss das nicht der Fall sein.
2.2.4 Liquiditäten 2.2.4.1
Statische Liquiditäten
Verfügt ein Betrieb über Bargeld, dann besitzt er Barvermögen, kurz gesagt: Geld. Aber auch Schecks von Kunden lassen sich schnell zu Geld umwandeln. Barschecks sofort, Verrechnungsschecks in zwei, drei Tagen, sofern sie von deutschen Kreditinstituten stammen. So zählen auch sie zum Barvermögen. Barvermögen werden liquide Mittel genannt.
Ermitteln Sie die Arbeitsproduktivität eines Mitarbeiters im Jahr!
Produktivitätsrechnungen können auch wertbezogen sein, wobei meist der Zähler den Wert darstellt (z.B. Umsatz pro qm, Umsatz pro Arbeitskraft). Was steht umgekehrt hinter dem Ausdruck Arbeitskräfte : Umsatz?
d) Versuchen Sie, Gegenwartszahlen für Benz und BMW aufzutreiben. Neue Arbeitsstrukturen und Laufbahnmodelle Automatisierung und leistungsfähige, vernetzte Computersysteme waren die entscheidenden Voraussetzungen für höhere Arbeitsproduktivität in den Werken. Durch die Verbreitung bildschirmunterstützter Arbeitsplätze im gesamten Unternehmen konnten in den letzten Jahren auch Forschungs-, Entwicklungs- und Planungsarbeiten sowie kaufmännische Tätigkeiten effizienter gestaltet werden. Mit neuen Techniken verändern sich Arbeitsformen und Arbeitsinhalte. So arbeiten die Wissenschaftler, Ingenieure, Fach- und Assistenzkräfte im Forschungs- und Ingenieurzentrum verstärkt in Projektgruppen. Diese Organisationsform dringt auch in andere Bereiche des Unternehmens vor.
Abb. 34:
Die Produktivität bei BMW
Die DMW AG hatte in Halle bereits ein Werk errichtet, das modernsten Ansprüchen Genüge leistet. „Mit schlanker Fertigung und demokratischer Gruppenarbeit ist der Anspruch verbunden, nicht nur die veralteten Produktionsmethoden in Westdeutschland abzulegen, sondern damit auch die fortschrittlichsten Verfahren zu überholen.“ Mit ihnen konnten günstige Kostenverhältnisse erreicht werden, die die Existenz der neuen Werke bis heute geändert haben. (Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung)
2.
Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe
Mit ihnen ist ein Betrieb zunächst zahlungsfähig. Je höher die Barmittel sind, desto schneller können fällige Rechnungen selbst bezahlt werden. Erstes Liquiditätsziel eines Unternehmens ist es, regelmäßig seinen Verpflichtungen pünktlich nachkommen zu können. Ist es nicht liquide, gerät es in ernste Schwierigkeiten (siehe hierzu Abb. 36). Soll festgestellt werden, wie zahlungsfähig das Unternehmen (Qualität der Zahlungsfähigkeit) zu einem bestimmten Zeitpunkt ist, setzt man die Zahlungsmittel zu den Verbindlichkeiten in Beziehung. Die Verbindlichkeiten auf Grund von Warenlieferungen und Leistungen stellen die eingegangenen Rechnungen für die eingekauften Werkstoffe und Betriebsmittel dar. Sie sind meist innerhalb eines Monats fällig. Man spricht von Kurzfälligkeit. Reichen die liquiden Mittel zur Zahlung der Verbindlichkeiten aus, dann ist der Betrieb nicht nur allein liquide, sondern er hat eine Liquidität, deren Zahl über 1 (siehe hierzu Abb. 35) ist. Unter Liquidität ist eine Kennzahl zu verstehen, die angibt, ob ein Betrieb zu einem bestimmten Zeitpunkt (statische Liquidität) oder innerhalb eines bestimmten Zeitraumes (dynamische Liquidität) seine Verbindlichkeiten (statisch) oder Verpflichtungen (dynamisch) erfüllen kann. Die statische Liquidität errechnen Außenstehende bei Kapitalgesellschaften mit Hilfe von deren Bilanzen um sich über den finanziellen Status des Unternehmens ein Bild zu verschaffen. Ähnlich steht es mit Forderungen auf Grund von Warenlieferungen und Leistungen. Sie sind durch den Verkauf entstanden und stellen die Verpflichtung des Käufers dar, die er auch in der Regel ausgleicht. Meist sehr schnell nach Ablieferung der Ware und Rechnungszustellung, um den Skonto in Anspruch zu nehmen. Auch Forderungen auf Grund von Warenlieferungen haben eine kurze Laufzeit.
37
Statische Liquidität* 1 Ls =
Zahlungsmittel × 100 kurzfristige Verbindlichkeiten
( Zahlungsmittel + Forderungen ) × 100 2 Ls = kurzfristige Verbindlichkeiten 3 Ls =
Umlaufverm ögen kurzfristige Verbindlichkeiten
Liquide Mittel 1. Ordnung stehen sofort zur Verfügung, liquide Mittel 2. Ordnung können z.T. erst nach einer bestimmten Zeit verflüssigt werden, jedoch besteht hierauf ein Anspruch (Forderungen, aber auch Wechsel, Schecks), liquide Mittel 3. Ordnung müssen z.T. erst umgesetzt werden (Erzeugnisse, die noch verkauft werden müssen u.a.).
Dynamische Liquidität** L2dyn =
( Zahlungsmittel + Forderungen + Umsätze ) × 100 Verpflichtungen
*
Zahlen aus der Finanzwirtschaft und der Bilanz. L bedeutet Liquidität 1. Grades.
**
Meist bezogen auf einen bestimmten Zeitraum, zum Beispiel einen Monat. Selten als L1 dargestellt und meist in Über- und Unterdeckung, nicht aber in % ausgedrückt.
Abb. 35:
Verschiedene Liquiditäten
„Es war schon ein weiter Weg von der ersten Nähmaschine bis zum Großunternehmen Pfaff, der größten europäischen Nähmaschinenfabrik mit rund 10 000 Mitarbeitern in aller Welt“, schrieb die Mitarbeiterzeitschrift „Pfaffianer“ zum 125jährigen Jubiläum der traditionsreichen Firma. Das war 1987. Den Weg in die Beinahe-Pleite schafften die Pfälzer weit schneller: In nur zwei Jahren sackte der Umsatz von mehr als einer Milliarde Mark auf inzwischen weniger als 900 Millionen Mark ab, die Zahl der Mitarbeiter halbierte sich, und nach vielen Jahren mit guten Gewinnen schrieb das Unternehmen plötzlich tiefrote Zahlen. So purzelte der Marktanteil in Deutschland von 50 Prozent (1985) auf weniger als 25 Prozent (1990). Bald stürzten die Pfälzer noch tiefer. Und in den asiatischen Wachstumsregionen, die fast zwei Drittel des gesamten Weltmarktes ausmachen, spielte Pfaff wenig später mit einer Quote von weniger als 2 Prozent faktisch keine Rolle mehr. Heute ist Pfaff nicht mehr in deutscher Hand. Erhalten blieb nur der Markenname. Der Hersteller firmiert nun mit VSM Deutschland.
Abb. 36:
Wie in der Vergangenheit ein großes deutsches Unternehmen in Schwierigkeiten geriet (Quelle: manager magazin)
38
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Die statischen Liquiditätsrechnungen sind in ihrer Aussagekraft begrenzt. Da sie vergangenheitsorientiert sind, lassen sie keine oder nur eine vage Prognose für die Zukunft zu. Sie sind der Vergangenheit zugehörig, weil der Zahlungsmittelbestand aus Einnahmen resultiert, die vor dem Erfassungszeitpunkt entstanden sind (meist handelt es sich um Einnahmen aus Umsätzen) und weil auch die übrigen Größen wie Forderungen und Verbindlichkeiten u.a. aus „alten Zeiten“ stammen. Wenn auch ihre Zahlungsein- und ausgänge in der näheren Zukunft sein werden (i.d.R. innerhalb von 30 Tagen), so ist ihre Entstehung (und also die Ursache) früher gewesen. Außerdem beziehen sie nur kurzfristige Verbindlichkeiten ein, obwohl jeden Tag andere Zahlungen fällig werden können, wie zum Beispiel Versicherungsverträge, Steuervorauszahlungen, Gebühren etc. Aus diesem Grunde bezieht man andere Größen in die Rechnung ein und gelangt zu der dynamischen Liquiditätsrechnung. 2.2.4.2
Dynamische Liquidität
Die dynamische Liquidität sagt aus, wie mit den vorhandenen Zahlungsmittelbeständen (einschließlich noch umzuwandelnder Vermögenstitel) und prognostizierten Umsätzen in einer kommenden Periode, meist 1 bis 3 Monate, die in dieser Zeit anfallenden Verpflichtungen einschließlich der Kosten, die Ausgaben nach sich ziehen, eingelöst werden können (siehe Abb. 38). Sie ist eine Art Vorschaurechnung. Daher ist sie auch vornehmlich zukunftsorientiert. Die dynamische Liquidität dient daher der Ergänzung der statischen Liquiditäten. Außenstehende sind von ihr ausgeschlossen (vergl. S. 138). Diese Liquiditätsbetrachtung hat ihren Namen von bewegliche Zukunftsgrößen, die die Einnahme-/Ausgabeströme bestimmen.
Aufgabe 30. Wie werden sich die Umsatzrückgänge des auf Seite 37 genannten Unternehmens ausgewirkt haben? Die DMW AG weist in der Bilanz von 2005 flüssige Mittel von 47 Mio. EUR aus. Dagegen betragen die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 118 Mio EUR Die Liquidität 1. Grades beträgt danach 0,39. Die Deckung der Verbindlichkeiten ist nicht einmal 50 %. Hier natürlich noch keine Katastrophe, weil Wertpapiere und Forderungen den Zähler der Rechnung verändern. Er beläuft sich bei der Liquiditätsrechnung 2. Grades auf 474 Mio. EUR. Die Verbindlichkeiten haben eine Höhe wie oben. Demnach beträgt die Liquidität hiernach 4,0.
Aufgabe 31. Sehen Sie sich bitte die Zahlen der DMW noch einmal an. Erweitern Sie die Rechnung oben um übrige Rückstellungen im Nenner der Gleichung! a)
Versuchen Sie herauszubekommen, was unter Rückstellungen verstanden wird! (vergl. Finanzierung)
b) Wie verändert sich nunmehr die Liquidität? „Eine Betriebswirtschaft befindet sich im finanziellen Gleichgewicht, wenn sie zu jedem Zeitpunkt den fälligen Zahlungsverpflichtungen uneingeschränkt nachkommen kann.“ Heinen (IBL, S. 44)
„Die Notwendigkeit zur Deckung des Kapitalbedarfs folgt aus dem Liquiditätsprinzip. L. wird definiert als Fähigkeit, den Zahlungsverpflichtungen termin- und betragstreu nachzukommen. Ist die Unternehmung liquide, befindet sie sich im finanziellen Gleichgewicht.“ Krabbe (BWL, S. 144)
Abb. 37:
Aussagen zum finanziellen Gleichgewicht
2.
Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe
2.2.4.3
39
Finanzielles Gleichgewicht
Die aufgeführten Liquiditätskennziffern sind das Ergebnis vergangener Finanzpraktiken und zukünftiger Finanzplanung. Ihnen zugrunde liegt die Idee, das Unternehmen finanziell abzusichern. Diese Zielsetzung wird als finanzielles Gleichgewicht (siehe Abb. 37) bezeichnet. Es wird im Rahmen der Finanzierung näher betrachtet. Nur soviel sei hier gesagt: Das finanzielle Gleichgewicht richtet den Blick auf liquide Mittel. Von ihm wird gesprochen, wenn ein Unternehmen mit Geldmitteln so versorgt ist, dass es regelmäßig seine Verpflichtungen erfüllen kann. Die Sicht ist eher kurzfristig. Mit dieser Definition wird deutlich, dass es die Kassenbestände, Vermögenstitel, die schnell zu Geld transferiert werden können, und alle Verpflichtungen – von den Kreditmitteln bis zu den Kosten –, so wie es die Abb. 38 ausweist, enthält. Bei seiner Beurteilung genügen statische Liquiditätskennziffern allein daher nicht. 2.2.4.4
Finanzwirtschaftliches Gleichgewicht
Das finanzwirtschaftliche Gleichgewicht ist dem finanziellen übergeordnet. Dieses ist Teil von ihm. Das finanzwirtschaftliche Gleichgewicht umfasst auch die güterwirtschaftlichen und finanziellen Strukturen einer bestimmten Qualitätsnorm und die notwendigen Finanzdispositionen, die das Unternehmen in eine gute Gewinnlage bringen. Eine bestimmte Qualitätsnorm besagt, dass Vermögenstitel (güterwirtschaftliche Strukturen) dem Zweck des Unternehmens angepasst und auf das Ziel ausgerichtet sind. Minderwertige Maschinen erfüllen diese Voraussetzungen nicht, ebenso schlechte Patente u.a. (sie auch nächste Seite rechts).
Abb. 38:
Verpflichtungen eines Betriebes – Grundlagen für eine dynamische Liquiditätsrechnung
Die Zahlungsfähigkeit ist mit der Kassenhaltung verbunden. Kassenhaltung und Rentabilität hängen in gewisser Weise zusammen. Eine hohe Kassenhaltung mindert, wie alle Bestände, die zinsorientierte Verwendung. Je höher die Kassenhaltung, desto sicherer zwar die Zahlungsfähigkeit, aber desto geringer die Gesamtdividende. Dem Unternehmen entgehen Zinsen. Je mehr Sicherheit (je geringer das Zahlungsfähigkeitsrisiko), desto weniger einladend wird die Rendite sein. Ein Zielkonflikt. Überliquiditäten sind also schädlich. Unterliquidität und Zahlungsaufschub gehören eng zusammen. Verwendet das Unternehmen liquide Mittel für zinsträchtige Geschäfte, so steigt zwar die Rendite an, jedoch nimmt auch das Risiko der Zahlungsfähigkeit zu. Da die Liquidität eine generelle Existenzbedingung darstellt, rüttelt Illiquidität an der Existenz des Unternehmens. Haben sich die Zahlungsbeeinträchtigungen ohne Andersverwendung der Kassenbestände entwickelt, gehen sie mit hohen Risiken einher:
40
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Das finanzwirtschaftliche Gleichgewicht gilt als erreicht, wenn die betrieblichen Zahlungsverpflichtungen regelmäßig und pünktlich gezahlt werden (finanzielles Gleichgewicht) und wenn die Vermögens- und Kapitalstruktur (güterwirtschaftliche und geldliche Struktur) optimal aufeinander abgestimmt sind und wenn auf ihrer Grundlage die Voraussetzungen für gute Gewinne langfristig gesichert sind. Das finanzwirtschaftliche Gleichgewicht trifft daher eher den Investitionsbereich und erlaubt es, Neuinvestitionen zu tätigen, Forschungsund Entwicklungsinvestitionen einzugehen und Bildungsinvestitionen zu finanzieren. Das finanzwirtschaftliche Gleichgewicht schließt das finanzielle ein. Es kann nur ein Gleichgewicht geben, wenn auch das finanzielle Gleichgewicht vorhanden ist. Der Umkehrschluss ist nicht möglich. Ein finanzielles Gleichgewicht kann ohne ein finanzwirtschaftliches eintreten. Kurzfristige Mittelzufuhr durch Sondergeschäfte, Subventionen und Geldbereitstellung durch Eigentümer in Personengesellschaften sind hierfür Beispiele. Daher müssen für die Beurteilung der gesamten Finanzverhältnisse immer auch die Vermögens- und Kapitalstrukturen herangezogen werden. 2.2.4.5
Liquidität und Rentabilität
Beide Kennzahlen lassen sich losgelöst voneinander beurteilen. Sie können aber ebenso nach ihrer Abhängigkeit (Interdependenz) voneinander untersucht werden. Von Unternehmen, die Gewinne erzielen, lässt sich vermuten, dass sie durch die erzielten und vereinnahmten Gewinne liquider als vorher sind. Dagegen kann aus einer guten Liquidität nicht ohne weiteres auf die Rentabilität geschlossen werden.
– Kapitalgeber könnten ihren Einsatz zurückverlangen. – Lieferanten könnten ihre Waren nur noch gegen Bargeld verkaufen. – Kredite zur Deckung der Finanzlücken könnten hohe Zinsen verursachen. – Gestiegene Zinskosten könnten Verluste nach sich ziehen, und – Kreditgeber könnten massiven Einfluss auf die Entscheidungen der Unternehmensleitung nehmen. Die möglicherweise eintretenden Risiken machen das Unternehmen unelastisch. Da das Primärziel einer Unternehmung die Hochrendite, wenn nicht die Höchstrendite ist, stellt das finanzwirtschaftliche Gleichgewicht eine wichtige Bedingung hierzu dar.
Abb. 39:
Interdependenz von Rentabilität und Liquidität (Quelle: IK, Zeitschrift für Industriekaufleute)
Ergänzungen zur Qualitätsnorm Das finanzwirtschaftliche Gleichgewicht ist nicht zu erreichen, wenn ein Unternehmen nur eine sehr dünne Eigenkapitaldecke hat. Weder werden dann Kredite zu beschaffen sein – oder wenn das doch der Fall ist, dann wird man sie überteuert bezahlen müssen –, noch werden weitere Teilhaber für die Finanzierung neuer Projekte gefunden werden können. Norm ist, dass sich Eigen- und Fremdkapital möglichst entsprechen sollen. Als unterste Grenze werden Drittelverhältnisse, d.h. Eigenkapital zu Fremdkapital wie 1:2, angesehen. Weitere Überlegungen sind im Kapitel Finanzierung zu finden. Wenn die eingekauften Werkstoffe nur unter Eigentumsvorbehalt beschafft werden können, dann führt eine verzögerte Bezahlung der Rechnungen oder sogar ein Aussetzen der Zahlung dazu, dass der Lieferant seine ihm gehörenden Produkte wieder abholt, so dass die eigene Produktion gestört werden könnte und vielleicht die Herstellung eingestellt werden muss. Sie aber ist ja gerade Garant für künftige Zahlungseingänge. Demnach kann und darf es nicht Norm sein, alle Werkstoffe unter diesem Vertragsinhalt zu beziehen. Das Ziel, das finanzwirtschaftliche Gleichgewicht zu erreichen, kann nur unter der Voraussetzung gelingen, solche Normen für den Betrieb festzulegen und umzusetzen. Mit ihnen schwinden erhebliche Risiken, die jede wirtschaftliche Arbeit begleiten.
2.
Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe
41
Zusammenfassung Zu den betrieblichen Sekundärzielen zählt die Erreichung des finanzwirtschaftlichen Gleichgewichts, das das finanzielle einschließt. Und letzteres kommt durch die Liquiditätskennzahlen zum Ausdruck. Diese Kennzahlen sollten auch unter der Perspektive der Vermögens- und Kapitalstrukturen beurteilt werden. Die statischen Liquiditäten sind das Ergebnis der betrieblichen Arbeit der Vergangenheit (Ergebnisziele). Die dynamische Liquiditätskennzahl gibt den Status (Ergebnis) an, der sich unter den Voraussetzungen der Planung (Soll) – Umsatz/Kosten – und des Kassenbestandes (Ist) [bei Berücksichtigung von Forderungen und Verbindlichkeiten] ergibt (siehe Finanzierung).
2.3
Das Zusammenwirken der Kennzahlen
Die vier Kennziffern
Allgemeine Aussagen zum Gleichgewicht
•
Rentabilität
•
Wirtschaftlichkeit
•
Produktivität
•
Liquidität
Das Wörterbuch definiert es so: „Relativ ausgeglichener Zustand eines Körpers ohne größere, sichtbare Schwankungen“ und ergänzt es durch Beispiele, u.a. durch „aus dem Gleichgewicht kommen oder die Waage ist im Gleichgewicht“. In der Volkswirtschaft wird u.a. vom Gleichgewicht gesprochen, wenn alle nachgefragten und angebotenen Mengen an Gütern und Dienstleistungen übereinstimmen.
werden als Signalkennziffern bezeichnet, weil sie dem Betrachter und Analytiker signalisieren, wie der Betrieb in der Vergangenheit gewirtschaftet hat. Sie werden sowohl allein untersucht als auch im Verbund miteinander und in ihren Wirkungen untereinander betrachtet (siehe Abb. 40 u.a.). Jeder erwerbswirtschaftliche Betrieb strebt danach, langfristig zu überleben. Eine gute Rentabilität allein genügt hierfür nicht, auch, wenn sie sicher Grundlage einer dauerhaften Existenz ist, wenn sie regelmäßig eintritt. Der Betrieb muss zugleich wirtschaftlich sein und immer danach streben, seine Kosten-/ Leistungsverhältnisse zu verbessern. Sind es nur kleine Mengen, die hervorgebracht werden, dann werden die Kosten pro Stück und die Gesamtkosten hoch sein. Daher gehört zu einer hohen Wirtschaftlichkeit eine gute Produktivität. Sehr wirtschaftlich arbeitende Unternehmen, die zugleich hochwertige Produkte auf den Markt bringen, könnten, wenn der Bedarf vorhanden ist, gute Umsätze erzielen. Sie werden – wie wir das wissen – zu Einnahmen. (Innovationen tragen hierzu bei.
Wann ist ein Betrieb im Gleichgewicht? Während das Gleichgewicht einer Waage schnell zu bestimmen ist, bereitet das für Betriebe große Probleme. Denn hier gilt es nicht nur, zwei Seiten durch Austarieren der Gewichte miteinander in Einklang zu bringen. Jedes Unternehmen ist nämlich sowohl von außen als auch von innen zu betrachten. In beiden Fällen gibt es bestimmbare und nicht bestimmbare Größen. Bestimmbar ist z.B. der Zinssatz, mit dem ein Betrieb bei Inanspruchnahme von Krediten zu rechnen hat. Nicht genau bestimmbar ist der künftige Umsatz. Gar nicht vorauszusehen sind Neuentwicklungen der Konkurrenz. Im Unternehmen lassen sich Vermögenswerte aus den Bilanzen ersehen. Auch sind Ausgaben exakt feststellbar. Nicht in Werte umzurechnen dagegen ist die Motivation der Mitarbeiter. Sie aber trägt wesentlich zur Leistung des Unternehmens
42
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
hohe Ausbringung durch richtige Ausnutzung der Elementarfaktoren
günstige Einkaufspreise, minimale Durchlaufzeiten der Produkte, richtiger Mann am richtigen Platz
günstige Verkaufspreise, guter Umsatz durch Qualitätsprodukt und Image
preiswerter Einkauf, pünktliche Bezahlung der Kunden
gute Produktivität
gute Wirtschaftlichkeit
gute Rentabilität
gute Liquidität
sinkende Stückkosten, insbesondere bei anlageintensiven Betrieben
sinkende Stückkosten
zusätzliche Gelder (Gewinn) für Erfüllung neuer Aufgaben
genügend Bargeld für anfallende Aufgaben
Investitionsvorteile
Finanzierungsvorteile
Marktvorteile
Verbesserung des betrieblichen Gleichgewichts
Abb. 40
Einige Wirkungen der Signalkennziffern
Auch könnten Marktnischen, die ein Unternehmen mit seinen Erzeugnissen ausgemacht hat, zu guten Umsätzen beitragen. Diese garantieren meistens auch einen Gewinn.) Vereinnahmte Umsätze, die auch Gewinne enthalten, stabilisieren die liquiden Verhältnisse eines Unternehmens.
bei. So stehen einer überzeugenden Berechnung des betrieblichen Gleichgewichts zu viele Unwägbarkeiten entgegen. Daher beschränkt man sich auf verschiedene Kennzahlen, die den ausgewogenen Zustand des Unternehmens einigermaßen widerspiegeln.
Aufgaben 2.4
Das betriebliche Gleichgewicht
Der Volksmund würde sagen, dass ein Betrieb im Gleichgewicht ist (betriebliches Gleichgewicht), wenn er funktioniert. Und der Gewinn ist sicher Indiz dafür, dass es ihm gut geht. Aber diese Aussagen genügen für eine Definition nicht.
32. Die DMW AG stellt trotz ihrer Größe hervorragende Kleinwagen her. Die DMW produzieren wirtschaftlicher als manche Konkurrenz, und doch ist die liquide Basis des Unternehmens beschränkt. Wie ist das zu erklären? 33. Sie sehen hier eine Abbildung (Abb. 41), die auch verschiedene Zielsetzungen dokumentiert. Sehen Sie Unterschiede zu dem bisher Gesagten?
2.
Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe
43
Das betriebliche Gleichgewicht ist ein Zustand, den ein Betrieb am Ende einer bestimmten Zeit erreicht haben kann (z.B. am Ende einer Periode). Während dieses Zeitraums muss er produktiv gewesen sein und sehr wirtschaftlich gearbeitet haben. Die hergestellten Erzeugnisse müssen auf dem Markt zu angemessenen Preisen verkauft worden sein. Die Umsätze müssen alle Kosten vergütet und Gewinne mit sich gebracht haben. Ihr Gegenüber sind Einnahmen, die in den Betrieb geflossen sind. Ist unter diesen Aspekten das finanzwirtschaftliche und finanzielle Gleichgewicht erreicht, ist ein wesentlicher Teil des betrieblichen Gleichgewichts erreicht worden. Hinzu kommen innerbetriebliche Verhältnisse, die ein betriebliches Gleichgewicht mitbestimmen. Sie können die Informationen betreffen und deren Weitergabe und Verarbeitung, die Struktur meinen, d.h. den Aufbau eines Betriebes mit seinen Führungskräften und Abteilungen, die Ablauforganisation umfassen und insbesondere das Miteinander der Mitarbeiter und die Zusammenarbeit mit der Unternehmensführung. All das lässt sich unter dem Stichwort Unternehmenskultur unterbringen. Selbst wenn ein Unternehmen seine gesetzten Normen (Kennzahlenvorgaben) erreicht bzw. überschritten hat, so kann es dennoch vom betrieblichen Gleichgewicht entfernt sein, weil die Zusammenarbeit der Belegschaft zu wünschen übrig lässt, weil die Fluktuation des Personals groß ist, weil zurückgehaltene Informationen ihren Durchlauf erschweren. Ein Gleichgewicht setzt eine bestimmte Harmonie voraus. Diese schließt Konflikte nicht aus. Treten sie auf, werden sie im Interesse der Mitarbeiter und der Sache gelöst (siehe Konfliktmanagement). Ein Gleichgewicht lebt auch von der Integration der Individuen in die Gesamtbelegschaft.
Abb. 41:
Betriebliche Zielsetzungen, einmal anders gesehen.
Wolfsburg – „Erst kommt die Pflicht, dann die Kür“, stutzte VW-Chef Ferdinand Piëch noch beim Genfer Autosalon Frager zurecht, die eine VW-Antwort auf die vielen Roadster und Vans der härtesten Wettbewerber haben wollten. Damit wird klar, in welcher Phase sich Volkswagen gegenwärtig befindet. Die halbe Wegstrecke, vom sanierungsbedürftigen Autobauer zum profitabelsten wie attraktivsten Fahrzeugproduzenten Europas, ist geschafft. Die Fabriken sind renoviert, die Fertigungsprozesse optimiert, die Entwicklung markenübergreifend koordiniert und rationalisiert. Doch die zweite Hälfte des Weges in eine erfolgreiche Zukunft liegt noch vor VW. Für jede Nische entwickelt die Piëch-Truppe ein neues Modell, wobei speziell in den kleineren Fahrzeugklassen die VW-Dominanz deutlich ausgebaut werden soll. Abb. 42:
Von Peter HANNEMANN Wie VW seine Ziele bestimmt hat Quelle: Hamburger Abendblatt
44
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Los Angeles – Mit der wohl ungewöhnlichsten Kette amerikanischer Lebensmittel-Supermärkte haben die deutschen Albrecht-Brüder (Aldi) in den USA großen Erfolg. An der Westküste sind ihre Trader-Joe’s-Märkte schon seit zwei Jahrzehnten geradezu Kultobjekte. In diesen Monaten geht die Kette, die mit 83 Geschäften 750 Millionen Dollar umsetzt, auch an die Ostküste nach Massachusetts, New York und Washington D. C. Das Erfolgs-„Geheimnis“ ist ein Konzept, das am US-Markt bislang einmalig blieb. Gourmetwaren verkauft Trader Joe’s zu Discountpreisen. Die Auswahl ist gering. Wo ein normaler Supermarkt ein Sortiment von 20000 Artikeln führt, gibt es bei Trader Joe’s gerade mal 2000. Dennoch gilt die Kette in Kalifornien zum Beispiel als umsatzstärkster Weinanbieter des Bundesstaates. Die Kundschaft wird monatlich mit einem 24seitigen Heft bedacht, das wie eine Mischung aus Mad Magazine und Stiftung Warentest anmutet. Inklusive Cartoons, Witzen und jeder Menge kleiner Geschichten über die Produktpalette von Trader Joe’s. Um die typisch kalifornisch-freundliche Kundenbetreuung auch in den neuen Filialen an der Ostküste zu garantieren, hat das Unternehmen Filialleiter wie Mitarbeiter nach Boston transferiert. „Trader Joe’s hat eine Reputation als extrem kundenfreundlicher Supermarkt, wir nehmen uns alle Zeit der Welt, um unseren Kunden die neuesten Importe zu erklären.“ (von Holger HOETZEL)
Jordan Manufacturing ist eine Superfirma. Sie hat Supergewinne, eine Superpolitik, Superprodukte, Superproduktivität, Superpotential und die Leute, die das alles bewirken – Supermitarbeiter. Dies ist die spannende Geschichte von Jim Jackson, dem Eigentümer und Gründer von Jordan. Jacksons Konkurrenzstrategie basiert auf Qualität und Service, worüber heutzutage alle reden. Etwas ganz anderes ist es aber, diese dem Kunden tatsächlich zu bieten, und das tut Jordan. Zwischen 1982 und 1983 erhöhten sich die Umsätze von 74 auf 90 Millionen Dollar, und die Gewinne stiegen im gleichen Zeitraum um über 700 Prozent. Die Aktien des Unternehmens stiegen 1982 um 42 Prozent und 1983 ebenso. Der Verfasser eines Zeitschriftenartikels über Jordan bemerkte: „Der Erfolg des Unternehmens basiert in erster Linie auf einer wohldurchdachten Strategie, die darauf abzielt, Vertrauen zwischen Mitarbeitern und den Eigentümern aufzubauen.“ Jackson lässt es sich angelegen sein, mindestens zweimal wöchentlich in der Fabrikhalle zu erscheinen, um all jenen ein Lob auszusprechen, die besonders gut gearbeitet haben, um zu fragen, wie es den Angehörigen geht, und um das Betriebsklima zu überprüfen. Seine Mitarbeiter brauchen nicht zu befürchten, dass er sie über ihre Aufgaben belehren wolle, da er so gut wie nichts über Einzelheiten der Fertigung weiß. Er lässt sich gern mit dem Ausspruch zitieren, dass er „kaum weiß, wie man ein Auto anlässt“.
Abb. 43: Ein Unternehmen im Gleichgewicht
Abb. 44: Der Erfolg durch Menschenführung Quelle: Führungskräfte
Quelle: Hamburger Abendblatt
Zusammenfassung Das betriebliche Gleichgewicht ist der Zustand, der die gegenwärtige Betriebsexistenz sichert und die Grundlage für das zukünftige Dasein bildet. Es setzt voraus, • dass die Ertragsquellen ausgeschöpft sind • in Umsatzeinnahmen** zu marktgerechten Preisen transferiert werden • dass auf der Grundlage* einer ausgewogenen Vermögens- und Kapitalstruktur die Kapazität ausgenutzt und die kürzesten Durchlaufzeiten wirtschaftlich produziert werden • dass Unternehmer, Handwerksmeister und Leitung innovationsgerichtet und flexibel, verantwortungsbewusst und motivationsfördernd agieren
• dass die Mitarbeiter einsatzfähig und mit Interesse entsprechend ihren Kenntnissen und ihrem Können arbeiten • dass die Arbeitsatmosphäre durch gegenseitige Anerkennung geprägt ist • dass die Kunden umworben und zuvorkommend behandelt werden.
*
Langfristige Liquiditätsdimension
**
kurzfristige Liquiditätsdimension
Es wird gemessen an den Kennzahlen • • • • •
Produktivität Wirtschaftlichkeit Rentabilität Liquidität, die als Signalkennziffern ausgewiesen sind und um, meist aus ihnen abgeleitete, Nebenkennzahlen (Derivate) erweitert werden, • und am vorgegebenen Soll.
3.
Die Leistungsfaktoren im Betriebsprozess
45
3. Die Leistungsfaktoren im Betriebsprozess 3.1
Die menschliche Arbeitskraft
3.1.1
Der Mensch im Mittelpunkt
Jeder Betriebsprozess braucht Menschen. Sie sind heute genauso wichtig wie früher. Datenverarbeitungssysteme, computergesteuerte Produktionsverfahren und Roboter haben zahlreiche Arbeitsplätze in den Werkshallen überflüssig gemacht. Neue Arbeitsplätze sind im Dienstleistungssektor – sowohl innerhalb der Unternehmen als auch auf den Märkten – dazugekommen. In vielen Fällen stellt die veränderte Arbeitswelt höhere Anforderungen an den einzelnen. Seit den achtziger Jahren zeichnet sich eine Entwicklung ab, die den Mitarbeitern im Betriebsgeschehen wieder eine zentrale Stellung einräumt. Nicht mehr das Taylorsche Prinzip der Arbeitsteilung (siehe Fließbandfertigung), das den Arbeitnehmer durch immer wiederkehrende Arbeitsgriffe zu einem menschlichen „Roboter“ mit höchster Produktivität machte, sondern eine Art ganzheitliche Herstellung in einem Team rückt in den Mittelpunkt der Produktionsverfahren.
Selten hat der Neubau einer einzigen Fabrik für noch nicht einmal zweitausend Arbeitsplätze ein solches öffentliches Echo ausgelöst wie das Eisenacher Opel-Werk. Mit schlanker Fertigung und demokratischer Gruppenarbeit ist der Anspruch verbunden, nicht nur die veralteten Produktionsmethoden in Westdeutschland abzulegen, sondern damit auch die fortschrittlichsten Verfahren in Japan und Amerika zu überholen. Humanisierung der Arbeitswelt und Produktivitätssteigerungen von beachtlichem Ausmaß könnten sich zum Wohle von Umland und Umfeld gegenseitig bedingen … In steter Reihe, genau gesprochen nach jeweils 122 Sekunden, darf jeder Arbeitnehmer einen neuen Corsa (zuweilen auch Astra) bedienen. Sie tragen – ausnahmslos alle vom Werksleiter bis zum Bandarbeiter – weiße Hemden und graue Hosen mit verdeckter Knopfleiste und Klettverschluss. Abb. 45:
Kombination der Elementarfaktoren Entwicklung der Kombination
Mittelalter = vornehmlich arbeitsintensive Herstellung und Verwendung von Werkzeugen
Abb. 46:
unmittelbare Vergangenheit = z.T. kapitalintensive Herstellung unter Verwendung relativ vieler Arbeitskräfte (Fließband), auch heute noch üblich
Veränderungen in der Prozesskette
Die Eisenacher und die Rüsselsheimer Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung Zusammenführung und Aufeinanderabstimmung von menschlichen Arbeitsleistungen, Werkstoffen und Betriebsmitteln
Gegenwart = kapitalintensive Herstellung, computergesteuert, Mensch als Bediener der Computer
46
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Auch die Arbeitsplätze in der Verwaltung haben ein anderes Aussehen als früher. Ob im Einkauf, Verkauf, im Personalsektor oder in der Buchhaltung, ob am Banktresen oder Postschalter, überall hat der Bildschirm Eingang gefunden. So können Mitarbeiter schnell Informationen nicht nur abrufen und verwerten, sondern verfügen über dieselbe Informationsdichte wie ihre Mitstreiter. Daher wird die vielfach praktizierte Teamarbeit effizienter. Trotz oder und wegen dieser Entwicklung sind in den letzten Jahren viele Arbeitsplätze verloren gegangen. Computer, Arbeitsformen und Kostensteigerungen haben u.a. hierzu beigetragen.
Die DMW AG beschäftigte im vergangenen Jahr 12.800 Mitarbeiter. Von ihnen waren insgesamt 4.400 im Herstellungssektor, der Rest in der Verwaltung tätig. In vielen Teilbereichen ist Gruppenarbeit eingeführt worden. Außerdem arbeiten Teams an gesonderten Projekten.
Aufgabe 34. Fertigungsberufe in der Industrie und im produzierenden Handwerk haben sowohl absolut als auch relativ an Bedeutung verloren. Mit einem Minus von l5% oder knapp l,5 Mio. Arbeitsplätzen gegenüber 2003 ist ihr Beschäftigtenanteil von 28 auf nur noch 21 % gesunken (Quelle: iwd). a)
Welche Folgen lassen sich aus dieser Entwicklung für eine Industriegesellschaft abzeichnen?
Schlüsselqualifikationen: die Elemente Kenntnisse und Fertigkeiten
Fähigkeiten
Verhaltensweisen
Abb. 47:
1. Berufsübergreifende, das heißt allgemeinbildende Kenntnisse und Fertigkeiten – wie Kulturtechniken, Fremdsprachen, technische, wirtschaftliche und soziale Allgemeinbildung 2. Neuaufkommende Kenntnisse und Fertigkeiten – wie Befähigung zum Umgang mit elektronischer Datenverarbeitung und neuen Technologien 3. Vertiefte Kenntnisse und Fertigkeiten, das heißt Ausbau von Grundlagen, die wenig veränderbar sind wie Fachfremdsprachen 4. Berufsausweitende, das heißt über den Einzelberuf hinausgehende. Kenntnisse und Fertigkeiten wie Arbeitsschutz und Umweltschutz 1. Selbständiges, logisches, kritisches, kreatives Denken 2. Gewinnen und Verarbeiten von Informationen, Informiertheit über Informationen 3. Selbständiges Lernen, das Lernen lernen, sich etwas erarbeiten können 4. Anwendungsbezogenes Denken und Handeln. Einsatz der eigenen Sensibilität und Intelligenz – hei Umstellungen und Neuerungen, im Vorschlags- und Erfindungswesen 5. Entscheidungsfähigkeit, Führungsfähigkeit, Gestaltungsfähigkeit – wie Selbständigkeit hei Planung. Durchführung und Kontrolle 1. Verhaltensqualifikationen mit einzelpersönlicher Betonung – wie Selbstvertrauen, Optimismus. Wendigkeit. Anpassungsfähigkeit, Gestaltungskraft, Leistungsbereitschaft, Eigenständigkeit 2. Verhallensqualifikationen mit zwischenmenschlicher Betonung – wie Kooperationsbereitschaft, Fairness, Verbindlichkeit. Gerechtigkeit, Aufrichtigkeit, Dienstbereitschaft, Teamgeist, Solidarität 3. Verhaltensqualifikationen mit gesellschaftlicher Betonung – wie Fähigkeit und Bereitschaft zu wirtschaftlicher Vernunft, technologischer Akzeptanz und zum sozialen Konsens 4. Arbeitstugenden – wie Genauigkeit. Sauberkeit, Zuverlässigkeit. Exaktheit, Pünktlichkeit, Ehrlichkeit, Ordnungssinn, Konzentration. Ausdauer, Pflichtbewusstsein, Fleiß, Disziplin, Hilfsbereitschaft, Rücksichtnahme
Schlüsselqualifikationen
3.
Die Leistungsfaktoren im Betriebsprozess
3.1.2
Qualität der Arbeit
Noch vor kurzem wurde das Personal erstens nach Funktionen in •
leitendes und
•
ausführendes
und zweitens nach der Ausbildung in •
ungelerntes
•
angelerntes
•
berufspraktisch geschultes und
•
wissenschaftlich ausgebildetes
Personal untergliedert. Auch heute noch gibt es genügend Stellen, die keine hohen Anforderungen an den Inhaber stellen, weil sie vornehmlich ausführender Natur sind. Dennoch: Die Qualifikationen, die ein Arbeitnehmer heute mitbringen muss, um erfolgreich zu arbeiten (siehe Abb. 47), sind anspruchsvoller geworden. Der Wandel in der Berufswelt durch den Siegeszug der Informationstechnologie in der Verwaltung und durch die veränderten Herstellungsverfahren, und hier insbesondere da, wo computerintegrierte Produktion – CIM – stattfindet, steht erst am Anfang. Mit beiden ist oft auch eine Veränderung der Organisationsstruktur verbunden. Nicht mehr die Funktionen (Beschaffung, Produktion, Absatz) bestimmen den Ablauf, sondern die Prozesskette, auch Wertschöpfungskette genannt. Beispiel hierfür ist der Beschaffungsbereich, dessen Einfluss in die Fertigung reicht (integrierte Materialwirtschaft). Viele Betriebe haben sich bisher gescheut oder sahen keinen Grund, ihre Arbeitsorganisation zu ändern. Andere – wie die Kraftfahrzeugindustrie – sind in die Vorreiterrolle geschlüpft. Schon längst haben sie ein schlankes Management (Lean Management) eingeführt und praktizieren eine schlanke Produktion (Lean Production) [siehe Geschäftsleitung].
47
b) Seit l973 sind in Westdeutschland allein 3,9 Mio. Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor geschaffen worden. Wo könnte das gewesen sein?
Begriffsklärungen Gruppenarbeit: Hierbei werden einzelne Aufgaben der Gruppe zusammengefasst. Die Gruppe übernimmt nicht nur die Ausführung, sondern in gewissem Umfang Planung, Kontrolle und Rückmeldung des Arbeitsfortschrittes. In den DMW werden die Kraftwagen nicht mehr am Fließband zusammengebaut, sondern von mehreren Arbeitsgruppen nebeneinander erledigt. Diese neue Art der Arbeitsorganisation hebt die Trennung von ausführender und planender Arbeit (arbeitsteiliges Konzept) auf. Fertigungsinsel: Sie ist eine besondere Form der Gruppenarbeit. Charakteristisch ist, dass eine Gruppe eine bestimmte Teilautonomie hat. Sind die notwendigen Betriebsmittel räumlich und organisatorisch zusammengefasst, kann die Gruppe mit den Ausgangsmaterialien Produktteile oder Endprodukte vollständig fertigen. (Anlehnung an iwd – WuU) Die DMW AG hat 2003 wieder 16 Mio. EUR in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter gesteckt (Mitarbeiter-Investitionen), um den Anforderungen an die moderne Technik und den veränderten Arbeitsabläufen gerecht zu werden. Auch in den folgenden Jahren wird dieses Vorhaben fortgesetzt, den noch immer gibt es zu viele Mitarbeiter, die als Einzelkämpfer arbeiten. Hauptthema daher: erfolgreiches Teamarbeiten.
48
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Mit letzterer gehen autonome Arbeitsgruppen, Fertigungsinseln und Qualitätszirkel, die aus dem „Qualitätsmanagement“ (Total Quality Management) abgeleitet sind, einher. In diesen Fällen ist dem Mitarbeiter eine größere Verantwortung zugewachsen.
Was ist Total Quality Management?
Was heißt das?
Total:
Einbeziehung aller Beteiligten (Mitarbeiter, Lieferanten, Öffentlichkeit)
Quality:
Qualität der eigenen Arbeit, Qualität aller Prozesse, Qualität des Unternehmens mit dem Ergebnis: die Qualität der Produkte und Dienstleistungen
Management:
Führen, Fördern der Teamfähigkeit, Vorbild sein
Alle in der Gruppe arbeitenden Mitarbeiter sind an planerischen Aufgaben, die früher nur der Leitung zugedacht waren, beteiligt. Da sind z.B. •
Arbeitsverteilung
•
Terminplanung
•
Maschinenwartung
•
Teileversorgung und -nachschub
•
Qualitätssicherung und Urlaubsplanung
zu regeln. Das „Mehr“ an Verantwortung hat sich vielfach ausgezahlt: •
Erstens arbeiten Mitarbeiter engagierter.
•
Zweitens identifizieren sie sich eher mit ihrem Betrieb.
•
Drittens werden die Arbeiten zuverlässig erledigt.
•
Viertens schafft Verantwortung eine größere Arbeitsfreude und mit ihr Arbeitszufriedenheit.
Auf der Mitwirkung aller ihrer Mitglieder beruhende Führungsmethode einer Organisation, die Qualität in den Mittelpunkt stellt und durch Zufriedenstellung der Kunden auf langfristigen Geschäftserfolg sowie auf Nutzen für die Mitglieder der Organisation und für die Gesellschaft zielt.
Abb. 48: Qualitätsmanagement Quelle: IK, Zeitschrift für Industriekaufleute Frankfurt/Main – Die deutsche Industrie könnte mit einem besseren Einkauf jährlich zweistellige Milliardenbeträge einsparen. Das geht aus einer Studie der Universität Köln und der Unternehmensberatung Masai hervor, die den Einkauf von französischen, deutschen und spanischen Unternehmen verglichen haben. Vor allem bei der Qualifizierung der Einkäufer und der weltweiten Suche nach Lieferanten ist Deutschland weit abgeschlagen: In nur knapp 20 Prozent der deutschen Unternehmen verfügen mehr als die Hälfte der Mitarbeiter über einen Hochschulabschluss. In Spanien sind es 48 Prozent, in Frankreich sogar zwei Drittel.
So zahlt sich humaneres Arbeiten für alle aus.
Abb. 49:
3.1.3 Frauen in der Arbeitswelt
Aufgabe
Die Erwerbstätigkeit der Frauen hat in den letzten 30 Jahren zugenommen. Insbesondere bei den so genannten mittleren Jahrgängen, und damit sind Frauen gemeint, deren Alter zwischen 20 und 60 Jahren liegt. Das liegt daran, dass
35. Bitte erfragen Sie in Ihrem Unternehmen die vielfältigen Berufe und Tätigkeiten, die dort ausgeübt werden! Sollten Sie sich noch in Ihrer Ausbildung befinden, versuchen Sie herauszufinden, welche Anforderungen an den Beruf des Industriekaufmanns/der Industriekauffrau gestellt werden! Prüfen Sie auch, ob noch ein Unterschied unter den Menschen gemacht wird, die man früher als Arbeiter und Angestellte bezeichnete.
•
auch die Ausbildung der Frauen qualifizierter geworden ist
•
Frauen Berufe erobert haben, die früher nur den Männern vorbehalten waren.
Qualifizierung (DW 2003)
3.
Die Leistungsfaktoren im Betriebsprozess
Sowohl das eine als auch das andere hat nicht bewirken können, dass Frauen Männern gegenüber im Beruf gleichberechtigt sind, eine Forderung, die überall erhoben, aber bisher nur teilweise verwirklicht worden ist. Diese nicht zu begründende mangelnde Gleichberechtigung wird spürbar bei •
der Bezahlung
•
den Positionen und Stellen
•
der Behandlung.
In vielen großen Betrieben und in der öffentlichen Verwaltung sind zur Gleichstellung der Frauen Frauenbeauftragte ernannt bzw. gewählt worden, die die Rechte der Frauen vertreten. Auch existieren Programme zur Frauenförderung. Da aber der größte Teil der Frauen in Klein- und Mittelbetrieben beschäftigt ist, bei denen derartige Stellen fehlen, weil die finanziellen Mittel hierfür nicht freigemacht werden können, müssen die dort beschäftigten Frauen ihre eigenen Belange vertreten. Das ist angesichts der Leitungsetagen, die vornehmlich von Männern besetzt sind, schwierig (siehe Abschnitt 4.5). Gesetzliche Bestimmungen über die Gleichberechtigung lassen sich u.a. aus dem Grundgesetz (Artikel 3, Absatz 2) ableiten, aus dem Betriebsverfassungsgesetz (§75 u.a.) und aus dem BGB, §§611, 612, Absatz 3.
3.2
Betriebsmittel
3.2.1 Arten der Betriebsmittel und Charaktermerkmale Zu den Betriebsmitteln zählen u.a. •
Grundstücke (Gebäudestandort, Außenläger)
•
Gebäude (Verwaltung, Produktion)
•
Ausstattungen (Büroeinrichtungen)
49
Pressenotiz Frauen verdienen bis zu 30 Prozent weniger Wiesbaden – Frauen mit einem Vollzeitjob verdienen immer noch weniger als Männer. Weibliche Angestellte bekamen 2003 im Schnitt 2560 Euro im Monat – 30 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Arbeiterinnen in der Industrie hatten brutto 1885 Euro – 26 Prozent weniger. (dpa) Abb. 50:
Frauenverdienste Quelle: Hamburger Abendblatt
Zusatzinformationen In mehr als 60 Berufen von circa 180 ehemaligen Männerberufen gehen Frauen eine Ausbildung ein und üben ihren Beruf darin auch aus, manchmal allerdings nur in Teilzeitarbeit. Immerhin machen sie circa 35% aus. So gibt es vermehrt Konditorinnen, Chemigrafinnen, weibliche Postfachkräfte, Restaurantfachfrauen, Raumausstatterinnen, Gärtnerinnen, Floristinnen, Vermessungstechnikerinnen und Köchinnen. Eine traditionelle Domäne der Frauen sind Tätigkeiten im Dienstleistungssektor. Da der Zuwachs an Arbeitsplätzen hier besonders hoch ist (Reisebüros, Werbeagenturen, Arztpraxen, Krankenhäuser, Sozialstationen), konnten viele Frauen neue Beschäftigungsverhältnisse eingehen. Zählt man hierzu auch schreibtechnische Berufe und Sekretärinnen, dann allerdings hat in dieser Sparte der Abbau von Arbeitsplätzen durch den Computer erhebliche Wirkung gehabt. Dass für Teilzeitarbeitskräfte nicht die gleichen Positionen offen stehen, versteht sich von selbst. Sicher würden sich manche Frauen überlegen, ganztägig zu arbeiten, würden sie wie ihre männlichen Kollegen besoldet werden.
50
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
•
Maschinen und Fertigungsanlagen
•
Vorrichtungen (Schütten, Rutschen)
•
Werkzeuge (Zangen, Bohrer, Lötlampen)
•
Fahrzeuge (Kraftfahrzeuge, Gabelstapler).
Je nach Branche, Spezialisierung, Größe, technischen Möglichkeiten und Kapital unterscheiden sich die Betriebsmittel der Einzelbetriebe. Generell aber nehmen sie in allen Herstellungsbetrieben mit vornehmlich maschineller Produktion einen großen Teil des eingesetzten Kapitals in Anspruch. Ihr Charakter (Charaktermerkmale) lässt sich durch Analyse folgender Merkmale herausfinden: •
Kapazität
•
Lebensdauer
•
Verwendungsfähigkeit
•
Kosten
•
technischer Fortschritt.
3.2.2 Kapazitäten Die Kapazität, d.h. die Leistungsfähigkeit eines Betriebes, hängt von vielen Faktoren ab, u.a. auch von den Sachanlagen, mit denen die Produkte hergestellt werden. In jedem Fall bestimmen sie die maximale Menge, die ein Unternehmen ausstoßen kann. In diesem Fall wird auch von der technisch-maximalen Menge gesprochen oder von der technischmaximalen Kapazität. Nun kommt es natürlich darauf an, wie Betriebsmittel und Menschen einander zugeordnet sind. Da Menschen im Laufe ihres Arbeitstages ermüden, können sie nicht immer mit gleich bleibendem Einsatz arbeiten. Somit bestimmt ihr Leistungspotenzial auch die Tagesausbringung (oder die Monats- und Jahresproduktion). Von hier ist der Weg zur maximalen Menge oder maximalen Kapazität (siehe Abb. 53) nicht mehr weit.
Die DMW AG schickte auf den internationalen Frauentag vier Vertreterinnen. „Frauen haben inzwischen oft die gleichen Rechte wie Männer, aber längst noch nicht die gleiche Macht“, sagte Gleichstellungssenatorin Christina Weiß zur Feier des 85. Internationalen Frauentages im Rathaus (8. März) vor rund 200 Frauen. Gerda Gmelin, die große alte und inzwischen verstorbene Dame des Zimmertheaters in Hamburg, ergänzte: „Ja, wenn wir etwas sein wollen, müssen wir immer tüchtiger sein als die Männer.“ Frauen der DMW AG haben diese Probleme nicht. Die DMW AG hatte 2002 als Sachanlagen – ein Begriff aus der Bilanz, der dem Begriff „Betriebsmittel“ entspricht – 328 Mio. EUR ausgewiesen. Davon beliefen sich die Grundstücke und Gebäude auf 68 Mio. EUR, die technischen Anlagen und Maschinen auf 180 Mio. EUR, andere Anlagen, Betriebsund Geschäftsausstattung auf 20 Mio. EUR, Anlagen im Bau auf 30 Mio. EUR, Werkzeuge und Vorrichtungen sowie Fahrzeuge auf 30 Mio. EUR.
Aufgaben 36. Die technische Entwicklung der Computer schreitet ständig voran. Fast monatlich kommen neue Sensationsmeldungen über noch größere Prozessoren mit mehr Leistungsfähigkeit etc. heraus. Was bedeutet das für Sie als Computerbesitzer und für die Betriebe? 37. Überlegen Sie, wenn Sie mit Ihrem Fahrrad, Motorrad oder PKW ständig mit der Ihnen möglichen Höchstgeschwindigkeit fahren, welche Folgen das für Mensch und Material hat! Beziehen Sie in Ihre Überlegungen auch die Umwelt mit ein.
3.
Die Leistungsfaktoren im Betriebsprozess
51
Es ist die mögliche Ausbringungsmenge, die auf der Basis aller Elementarfaktoren und deren Zuordnung geschafft werden kann. Meist beträgt sie 90% der technischmaximalen Kapazität. Sie kann darüber oder darunter liegen. Die maximale Kapazität (Sollausbringung) ist diejenige Größe, von der die Istausbringung ermittelt wird. Produziert ein Unternehmen da, wo es die günstigsten Kostenverhältnisse ausweist, spricht man von optimaler Kapazität. Sie wird auch wirtschaftliche Kapazität genannt. Hier erreicht das Unternehmen unter den gegebenen Verhältnissen seine höchste Wirtschaftlichkeit. Die wirtschaftliche Kapazität liegt bei circa 75–85% der maximalen Kapazität. Das kommt auf den Betrieb an. Wie Abbildung 51 verdeutlicht, werden, wenn man von der Leistungsfähigkeit der Anlagen spricht, der technische Leistungsstand und die technische Eignung genannt. Betriebsmittel sind natürlich nur dann zu Höchstleistungen in der Lage, wenn sie entweder neu sind (Modernität), oder – sollten sie schon längere Zeit in Gebrauch sein (Abnutzungsgrad) – wenn sie regelmäßig gewartet und anlagengerecht repariert werden. Hinzu kommt, dass sie für das, was sie bewirken sollen, auch geeignet sein müssen. Das gilt für ihre Qualität und für ihre Ausbringungsmenge (Quantität).
3.2.3 Lebensdauer und Verwendungsfähigkeit Betriebsmittel überdauern zum Teil viele Jahre. Gebäude sind zwar nicht unbegrenzt haltbar, aber ihre Lebensdauer übersteigt i.d.R. die eines Menschen. Maschinen und sonstige Anlagen sowie Vorrichtungen und Fahrzeuge dagegen halten nur ein paar Jahre. Je nach Einsatz werden sie betrieblich 4 oder 5 Jahre benutzt. Werkzeuge sind oft schon nach kürzerer Gebrauchsdauer unbrauchbar. Alle müssen je nach Zustand mal eher, mal später ersetzt werden.
Abb. 51:
Ergiebigkeit der Betriebsmittel
Die DMW AG schreibt in ihrem letzten Geschäftsbericht: Wir haben unsere diesjährigen Modelle mit einer neuen Generation von Motoren ausgestattet. Diese sind leistungsfähiger, obwohl sie weniger an Benzin- und Dieselkraftstoff verbrauchen, und ruhiger geworden. Dafür sind sie spurtstärker und schneller geworden. Schon mit dem Single kann heute eine Dauerreisegeschwindigkeit – ohne körperliche Belastungen – von 145 km /h gehalten werden. Die Höchstgeschwindigkeit ist sogar von 155 km/h auf l62 km/h gestiegen, was das Überholen erleichtert. Pressenotiz Die Auslastung der deutschen Industrie ist unterschiedlich. In der Kraftfahrzeugbranche haben die veröffentlichten Absatzzahlen 1995 für ernste Mienen gesorgt. Ihre Auslastung ist auf 78% geschrumpft. Wenn es auch in den Folgejahren immer wieder zu besseren Ergebnissen kam, so kämpft heute (2006) die Autoindustrie immer noch um eine optimale Auslastung. Abb. 52:
Die gegenwärtige Auslastung
Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung
52
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Werden Anlagen beschafft, deren Verwendungsfähigkeit weit über den Ansprüchen liegt, die an sie gestellt werden – und in einem solchen Fall spricht man von Überdimensionierung –, dann hat der Betrieb fehlinvestiert. Dasselbe gilt, wenn Anlagen nur unter größten „Anstrengungen“ eine geforderte Leistung hervorbringen, die sie nur im äußersten Fall schaffen können. Hier spricht man von Unterdimensionierung. Diese ist genau so schädlich. Die Anlagen müssen also genau auf den Zweck, den sie zu erfüllen haben, abgestimmt sein. Und sie müssen insgesamt zueinander passen wie Rohre, die miteinander verbunden werden. Anlagen, die benutzt werden, verlieren durch den Gebrauch ständig an Wert. Diese Wertminderungen werden Abschreibungen genannt. Abschreibungen (vgl. S. 161 f.) sind Kosten, die in den Preis der Produkte einkalkuliert werden. Ihre Höhe richtet sich nach der Beanspruchung der Anlagen bzw. nach Abschreibungssätzen, die der Gesetzgeber vorgegeben hat. Sie werden über die Umsätze vereinnahmt und können danach wieder für veraltete, ausgemusterte und abgeschriebene Anlagen verwandt werden. Dadurch kann das Sachanlagenniveau immer auf einem hohen Stand gehalten werden. Die für die zu ersetzenden Maschinen, Vorrichtungen, Werkzeuge und Fahrzeuge beschafften neuen Anlagen werden als Ersatzinvestitionen bezeichnet (siehe auch Kapitel Finanzierung). Der Gesetzgeber hat über die Wertansätze der Vermögensgegenstände in den §§ 252 ff HGB feste Richtlinien vorgeschrieben. In § 253, 1 heißt es (auszugsweise): „Vermögensgegenstände sind höchstens mit den Anschaffungsoder Herstellungskosten, vermindert um Abschreibungen … anzusetzen.“
Abb. 53:
Kapazitäten
Die Bestellungen der Kunden bleiben aus. Zwischen Januar und Mai brachen die Auftragseingänge in Deutschland gegenüber dem Vorjahreszeitraum insgesamt um 7,7 Prozent ein, beim Tiefbau sogar um 13,4 Prozent. Vollbremsung auch bei der bisherigen Konjunkturlokomotive Wohnungsbau: ein Rückgang um stolze 25 Prozent. Die Baubranche, mit einem Jahresumsatz von 250 Milliarden Euro Stützpfeiler des möglichen Aufschwungs, krankt an Überkapazitäten und einer schlechten Zahlungsmoral der Kunden. Mit 8000 Pleiten rechnet der Verein Creditreform allein im Jahr 2003, im nächsten Jahr sollen es sogar über 9000 werden.
Abb. 54:
Die Auslastung der deutschen Wirtschaft Quelle: Capital
Zur Dimensionierung Wer sich einen Sportwagen anschafft und mit ihm nur zum Einkaufen fährt, mag zwar seinem Prestige gerecht werden, nicht aber dem Motor und letztlich dem Preis. Hierfür ist der Wagen überdimensioniert. Wer ständig mit einem Kleinwagen sechs Personen befördert, wird bald das Nachsehen haben. Der Wagen ist unterdimensioniert.
3.
Die Leistungsfaktoren im Betriebsprozess
3.2.4 Kosten und technischer Fortschritt Die Wertminderungen an Sachanlagen werden als fixe Kosten angesehen. Dies sind Kosten, die bei unterschiedlichen Ausnutzungsgraden gleich hoch sind. Gleiches gilt für Versicherungsprämien. Ob man einen PKW viel oder wenig fährt, ist für die Höhe der Versicherungssumme uninteressant. Je mehr ein Unternehmen produziert, desto günstiger wirken sich die fixen Kosten auf das einzelne Stück aus. Das bedeutet, dass ein Unternehmen bei steigender Produktivität (bei gleich bleibender Kapazität) günstigere Stückkosten ausweist, weil sich die Fixkosten auf mehrere Stücke verteilen lassen (man spricht hierbei vom Gesetz der Kostendegression und dem der Massenproduktion). Umgekehrt steigen die Fixkosten pro Stück an, wenn der Ausstoß zurückgeht. Da das Sachanlagevermögen durch technische Neuerungen immer moderner wird, steigt sein Wert an. Mit ihm wachsen auch die fixen Kosten. Ein Grund, einen höheren Ausstoß hervorzubringen.
3.3
Werkstoffe1
3.3.1 Materialarten Werkstoffe werden in Produkt- und Betriebsmaterialien unterschieden. Innerhalb der Produktmaterialien nehmen die Rohstoffe die wichtigste Position ein. Sie bilden den Hauptbestandteil des neuen Erzeugnisses. Man nennt sie auch Grundmaterialien, was die Bedeutung für das herzustellende Produkt zum Ausdruck bringt. Hilfsstoffe gelten als Ergänzungsmaterial, das für das Endprodukt zwar weniger bedeutend, oft sogar unbedeutend, aber notwendig ist.
1 Mit der Beschaffung von Werkstoffen beschäf-
tigt sich ausführlich das 3. Kapitel. Aus diesem Grunde soll hier nur noch auf zwei Besonderheiten hingewiesen werden.
53
Aufgabe 38. Können Sie sich vorstellen, welche Folgen der Sportwagenbesitzer in Kauf nehmen muss, wenn sein „Flitzer“ nicht ausgefahren und nur zu Einkaufszwecken benutzt wird? Was wird der Kleinwagenbesitzer wohl nach kurzer Zeit feststellen müssen, wenn er ihn ständig, mit mehreren Personen überladen, strapaziert? Übertragen Sie Ihre Überlegungen auf einen Betrieb! Natürliche Materialien Zahlreiche weitere Produkte untermauern dies: So verwendete zum Beispiel die Staatliche Mineralbrunnen GmbH in Bad Brückenau bei der Errichtung ihres Gebäudes insbesondere Materialien wie Kork, Holz, Sandstein und Linoleum. Beschichtungen, Farben und Klebstoffe enthalten keine Lösungsmittel mehr, die Recyclingtapeten keine Kunststoffe. Für ein ausgeglichenes Raumklima sorgen Pflanzen im Innenbereich, an der Außenwand und auf dem Dach. Schwingungs- und Aufprallgeräusche werden durch Abfederungen und Puffer geschluckt. Maschinenlärm durch Plexiglashüllen gedämpft. Spezielle Wand- und Deckenelemente schlucken weitere Schallwellen, sodass die Produktionsgeräusche außerhalb der Abfüllanlage nur noch leise zu hören sind. Exemplarisch auch das Projekt des Freiburger Solarzentrums: Die Bauherren ließen hier mit Fördergeldern der Europäischen Union ein Bürogebäude errichten, dessen Glasfassade aus vorgefertigten Fotovoltaik-Modulen besteht.
Abb. 55:
Neue Natürlichkeit
Abb. 56:
Rationalisierungserfolge
54
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Betriebsmaterialien umfassen Betriebsstoffe, die die Produktion erst möglich machen (Energie, Öle, Benzin), und weiteres Material, wie zum Beispiel Putzlappen und Reparaturmaterial. Bezogene Fertigteile werden heutzutage von vielen Industrieunternehmen eingekauft. PKW-Hersteller überlassen die Ausrüstung ihrer Fahrzeuge mit Elektrik (Lampen, Radios, Beleuchtung) so genannten Systemanbietern. Deren Aufgabe besteht nur darin, alles, was zur Autoelektrik gehört, herzustellen und gegebenenfalls bei fremden Herstellern im Rahmen des JIT-Prinzips zu bestellen.
3.3.2 Werkstoff- und Materialkosten Alle Werkstoffe gehen in die Produktion ein. Sie bilden einen Hauptbestandteil der Stückkosten eines Produktes. Alle von ihr verursachten Kosten und sie selbst als Kostenbestandteil machen zusammen die Materialkosten aus (oft werden Materialbewirtschaftungskosten extra ausgewiesen). Die Materialkosten enthalten: •
die Einkaufswerte (Menge x Preis)
•
die Bezugskosten
•
die Bestellkosten und
•
die Lagerkosten.
Wie können Materialkosten verringert werden, um die Stückkosten zu senken? Als erfolgreiche Kostensenkungsstrategien der Hersteller haben sich u.a. erwiesen: •
Kooperationen mit ihren Lieferanten auf der Grundlage der Datenfernübertragung
•
die Anwendung des JIT-Prinzips
•
Auslagerung von Randbereichen (z.B. Elektro-Systeme) und Übertragung auf Fremdhersteller
Beispiel: Abschreibungen Der jährliche Abschreibungsbetrag wird ermittelt, indem das Anlagevermögen zum Anschaffungspreis durch die Nutzungsdauer geteilt wird. Bei einer Nutzungsdauer von 5 Jahren beträgt der Abschreibungssatz (lineare Abschreibung) 20 %. Anlagevermögen
200 Mio. EUR
Nutzungsdauer
5 Jahre
Abschreibungsbetrag
=
Anlagevermögen Lebensdauer
Abschreibungsbetrag
=
40 Mio. EUR/jährlich
Die Nutzungsdauer kann verschieden sein. Der Gesetzgeber hat für einzelne Anlagegegenstände unterschiedliche Abschreibungssätze festgelegt.
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (2003, in Dollar) Norwegen
48.972
Schweiz
42.506
Dänemark
39.175
Irland
37.513
USA
36.675
Schweden
33.684
Japan
33.372
Großbritannien
30.219
Deutschland
29.129
Frankreich
28.475
Abb. 57:
Internationale Leistungsfähigkeit
3.
•
Die Leistungsfaktoren im Betriebsprozess
Modernisierung der Lagerwirtschaften (Verringerung der Lagermengen und Ausnutzung aller Räume durch chaotische Lagerhaltung)
•
Einführung von Logistiksystemen zur Verkürzung der Durchlaufzeiten
•
Verwendung von genormten Teilen.
Qualitätskontrollen sind für Werkstoffe unumgänglich. Rückrufaktionen von Herstellern (siehe Abb. 58) oder Produkthaftung bei Inanspruchnahme werden meist teurer als strengste Überprüfungen beim Lieferanten und im eigenen Haus (siehe Abb. l7 u. l8). Mit ihnen werden möglicherweise Abfall und Ausschuss vermindert.
3.3.3 Normung Eine Norm ist die einmalige Lösung einer sich wiederholenden Aufgabe. Normung ist die Vereinheitlichung von Einzelteilen nach Arten, Größen, Abmessungen, Typen und Begriffen. Sie kann zugleich als Qualitätsgarantie verstanden werden (z.B. DIN A4). Im Gegensatz dazu steht die Typisierung, die der Vereinheitlichung von Endprodukten dient. Die Grenze zwischen beiden ist fließend, da Produkte für bestimmte Betriebe Vorprodukte und für andere wieder Endprodukte sein können. Am 23. Dezember 1920 wurde das Warenzeichen DIN (Deutsche Industrie Norm) in die Zeichenrolle des Patentamtes eingetragen. DIN (siehe Seite 57) bedeutet heute „Deutsches Institut für Normung“. DIN garantiert, dass Produkte, die sein Zeichen tragen, neben einer gleich bleibenden Qualität eine gleich bleibende Größe, Form, dieselben Abmessungen und dasselbe Aussehen haben. Gleichgültig, welche Hersteller Produkte mit DIN liefern, ihre Erzeugnisse können kaum unterschieden werden. Möglicherweise in der Farbe.
55 Zu den Anlagen Der Ersatz verbrauchter Anlagen sorgt für die Substanzerhaltung des Unternehmens. Abschreibungen, die in die Selbstkosten einkalkuliert und vereinnahmt werden (Vollkostenkalkulation) gehören daher in den sich ständig erneuernden (revolvierenden) Geldprozess, der sich zwischen Beschaffungs- und Absatzmarkt (siehe Kreislauf) bewegt. Nun wissen wir, dass Preise weltweit steigen. Strategiebewusste Unternehmen kalkulieren Preissteigerungen von vorneherein mit ein, sodass Neuanschaffungen von der Finanzierungsseite keine Probleme bereiten. Mit der schleichenden Geldentwertung werden Unternehmen ständig in eine höhere Wertlage „geschaukelt“, das heißt, ihr Anlagevermögen ist nur scheinbar wertvoller geworden. In Wirklichkeit ist das Niveau gleich geblieben. Die künftigen Abschreibungen werden nur jedes Jahr höher. Wenn wir voraussetzen, dass auch die übrigen Kosten in gleicher Weise steigen, bleibt die Struktur von fixen und den übrigen Kosten (variable Kosten) erhalten. In der Abb. 40 (Kreislauf der Abschreibungen, Seite 166) ist das neue Anlagenniveau sowohl bei derselben Kapazität (1) als auch bei einer höheren (2) beziehungsweise besseren gekennzeichnet. Letzteres tritt dann auf, wenn mit den neuen Anlagen auch technischer Fortschritt wirksam wird, was besagt, dass Investitionsgüterhersteller zwar ihren Preis erhöht haben, weil deren Kosten gestiegen sind, aber die Preiserhöhung mit einer Qualitätsverbesserung koppeln. Dann ist das neue Anlagenniveau doch besser, und die daraus resultierenden fixen Kosten gewinnen eine andere Qualität. Werden die Maschinen qualitativ verbessert, d.h., sind sie genauer, verursachen sie weniger Abfall und bedürfen oft einer geringeren Pflege. Auch entfällt ein Teil des Bedienungspersonals. Ihre durch sie verursachten Kosten sinken möglicherweise. Der Senkungseffekt kompensiert vielleicht sogar den Kostensteigerungseffekt durch die höheren Abschreibungen. Dann sind die Stückkosten (bei unveränderter Ausbringungsmenge) sogar gefallen. Man spricht von Rationalisierungseffekten, die der technische Fortschritt mit sich bringt, siehe Abb. 56. Der optimale Punkt wird nach unten verschoben (OP2/OP3). In jedem Fall wächst das Anlagevermögen stetig in eine höhere Qualität hinein. Diese Entwicklung geht meist auch mit einer quantitativen einher. Das Unternehmen kann nicht nur bessere Produkte hervorbringen, sondern auch mehr. Was die Stückkosten weiter fallen lässt. Quelle: IK, Zeitschrift für Industriekaufleute
56
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Fast kein Erzeugnis wird mehr ohne Normen hergestellt. Handelt es sich nur um betriebseigene Normen, spricht man auch von Standards.
3.4
Informationen
Der vierte Elementarfaktor – in vielen Lehrbüchern noch nicht enthalten – hat einen anderen Charakter. Es sind Informationen, um die es sich handelt (siehe auch S. 58 f.). Informationen sind Beschreibungen von vergangenen, gegenwärtigen oder zukünftigen Sachverhalten, die für bestimmte Adressaten verständlich sind und von mindestens einem genutzt werden. Die Beschreibung von Sachverhalten wird in Form von Daten dargestellt. Daten sind somit die Darstellungsform der Informationen. Der Elementarfaktor Information muss aus zwei sich ergänzenden und sich überschneidenden Sichtweisen gesehen werden: 1.
Informationen sind Rohstoff.
2.
Informationen gehören einem logischen System an.
Zu 1. Als Rohstoff werden Informationen innerhalb des Betriebes bearbeitet, veredelt und anschließend zur Planung und Steuerung des Unternehmens eingesetzt. Hierbei kann es sich um Marktdaten handeln, die im Rahmen einer Marktforschungsanalyse verdichtet und umgeformt werden, um die Erschließung neuer Absatzsegmente vorzubereiten. Es können auch nur Zahlen aus dem eigenen Prozess sein oder nur solche, die befreundete Unternehmen zur Verfügung stellen. Es kann sich jedoch auch um Techniken handeln, die zur Prozessinnovation des Unternehmens beitragen.
Rückruf 1: Volvo. Weltweit müssen 105.000 Volvo der Modelle S60, S80 und V70 in die Werkstätten, davon 8000 in Deutschland. Bei den zwischen 31. März und 12. Oktober 2003 gebauten Fahrzeugen kann sich eine nicht ausreichend angezogene Mutter am Kugelgelenk des Querlenkers lösen. Rückruf 2: Corvette. General Motors ruft weltweit 117 000 Chevrolet Corvette der Baujahre 1997 bis 2000 wegen eines Defekts an der elektronischen Lenkradsperre in die Werkstätten.
Abb. 58:
Keine Kostensenkungspotenziale durch Pfuscharbeit Quelle: Auto Bild
Wir stehen seit vielen Jahren in Geschäftsverbindungen. Dabei haben wir mit Ihnen gute Geschäfte abgeschlossen, auch wenn sich die Verhandlungen über Mengen und Preise Wochen hinzogen. Das hat zu einem erheblichen Aufwand geführt, den wir nicht mehr zu tragen gewillt sind. Wir können ihn auch nicht mehr übernehmen, weil die Kostenschraube unaufhörlich weiterläuft. Die Konkurrenz zieht mit günstigeren Angeboten davon, weil deren Kosten weit unter den unsrigen liegen. Wir haben bei uns schon einiges getan, wie Sie wissen. Insbesondere haben wir Millionen in den Service gesteckt, um den Kunden wenig Anlass zur Kritik zu bieten. Dennoch hat sich der Kampf um die Absatzmärkte verschärft. Wir bitten zu prüfen, ob Sie bei unseren nächsten Preisverhandlungen nicht mit einem Preissenkungsvorschlag von circa 5 Prozent aufwarten. Das würde uns und Ihnen helfen. Dieser Abschlag wäre noch nicht einmal ausreichend, um die Konkurrenzpreise in der Zuliefererindustrie zu erreichen, hilft aber, unsere eigenen Kosten zu drücken und unsere Preise für ein weiteres Jahr stabil zu halten. Wir wissen, dass wir mit diesem Vorschlag erhebliche Widerstände errichten. Wir werden in den Preisverhandlungen der kommenden Runde auch Ihre Wünsche nicht unberücksichtigt lassen. Schließlich möchten wir unsere alten Geschäftspartner, mit denen wir lange Zeit gut zusammengearbeitet haben, nicht ohne weiteres verlieren. Aber die Anbieter aus dem Ausland, bei mindestens derselben Qualität, würden uns bei einer Ablehnung Ihrerseits zu neuen Geschäftsverbindungen zwingen. Bitte überdenken Sie unseren Vorschlag, und lassen Sie uns wissen, ob wir mit einem Entgegenkommen rechnen können. Mit freundlichen Grüßen
Abb. 59:
Wie die DMW AG zu Kostensenkungen kommen wollte
3.
Die Leistungsfaktoren im Betriebsprozess
Die Handhabung von Informationen erinnert stark an den Herstellungsprozess. Denn bei beiden wird transportiert/übertragen, verarbeitet und gelagert bzw. gespeichert. Zu 2. Informationen durchlaufen den Betrieb. Ähnlich wie ein Werkstück von der Beschaffung zum Absatz. Je länger der Durchlauf, desto kostenintensiver die Produktion. Immer noch werden bei der Herstellung von Gütern Liegeund Transportzeiten von bis zu 95% der gesamten Fertigungszeit ermittelt. Die Erfahrung lehrt, dass es sich nicht nur um technische Fragen handelt, die unzureichend gelöst zu sein scheinen. Vielmehr liegen diese nicht gewollten „Ausfallzeiten“ an dem Informationssystem, das herkömmlich oft mit veralteten Informationsmitteln wie Blättern, Karten und Listen (Konstruktionszeichnungen, Laufund Arbeitskarten, Stücklisten) arbeitet. Ebenso wie bei der Bearbeitung eines Werkstücks besteht auch in den rein informationsverarbeitenden Bereichen die Gesamtdurchlaufzeit eines Vorgangs nur zu etwa 5 bis 10% aus Bearbeitungszeit, während der Vorgang in der restlichen Zeit liegt oder bestenfalls transportiert wird (Abb. 61). Ein wesentlicher Grundgedanke der Informationslogistik ist die Vermeidung von Wartezeiten zwischen den Verarbeitungsschritten eines Informationsprozesses, damit eine Abstimmung der Informationsflüsse mit den Material- und Warenflüssen herbeigeführt werden kann. Für eine wirtschaftliche Versorgung des Produktionsprozesses mit Informationen gilt daher folgendes logistisches Prinzip: Die richtige Information zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Menge, am richtigen Ort und in der erforderlichen Qualität.
57
Zusatzinformationen zu DIN Hinter DIN verbirgt sich ein eingetragener Verein mit Sitz in Berlin. Das DIN wird als Selbstverwaltungsorgan der Wirtschaft getragen und hat u.a. die Aufgabe, Normen zu entwickeln. DIN-Normen haben zunächst den Charakter unverbindlicher Empfehlungen. In dem Maße, in dem DIN-Normen allgemeine Anerkennung in der Praxis finden, erfüllen sie die Absicht, den neueren Stand der Technik widerzuspiegeln, und führen sich als „anerkannte Regeln der Technik“ ein. Man unterscheidet Stoff-, Abmessungs-, Verfahrens-, Güte- und Klassifizierungsnormen.
Aufgabe 39. Hersteller, die bei der Produktion ihrer Erzeugnisse genormte Teile und genormte kleine Endprodukte benutzen (und diese werden nicht unter der Typisierung ausgewiesen), haben gute Gründe hierfür. a)
Prüfen Sie in Ihrem Unternehmen im Verwaltungssektor, wo Ihnen das Zeichen DIN begegnet!
b) Prüfen Sie, wenn Sie Ihre Produktionsstätte kennen lernen, inwieweit genormte Teile verwandt werden! c)
Versuchen Sie herauszufinden, welche Begründungen die Mitarbeiter aus der Herstellung für die Verwendung von genormten Teilen geben und welche der Einkauf!
d) Machen Sie klar, warum die Verwendung von Normen Reparaturen beschleunigen kann.
58
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Arten von Normen nach dem Inhalt der Norm Aufgrund ihres Inhalts kann eine Norm zu mehreren der nachstehend definierten Arten gehören. Dienstleistungsnorm Gebrauchstauglichkeitsnorm Liefernorm Maßnorm Planungsnorm
Prüfnorm
Qualitätsnorm
Sicherheitsnorm Stoffnorm Verfahrensnorm Verständigungsnorm
Abb. 60:
Dienstleistungsnorm ist eine Norm (6). in der technische Grundlagen für Dienstleistungen festgelegt sind. Gebrauchstauglichkeitsnorm ist eine Norm (6), in der objektiv feststellbare Eigenschaften in Bezug auf die Gebrauchstauglichkeit eines Gegenstandes festgeIegt sind. Entspricht DIN 66 050 (Ausgabe Juni 1966) Liefernorm ist eine Norm (6), in der technische Grundlagen und Bedingungen für Lieferungen festgelegt sind. Beispiel: Technische Lieferbedingungen Maßnorm ist eine Norm (6), in der Maße und Toleranzen von materiellen Gegenständen festgelegt sind. Bisher auch Abmessungsnorm genannt. Planungsnorm ist eine Norm (6), in der Planungsgrundsätze und Grundlagen für Entwurf, Berechnung, Aufbau. Ausführung und Funktion von Anlagen, Bauwerken und Erzeugnissen festgelegt sind. Prüfnorm ist eine Norm (6), in der Untersuchungs-, Prüf- und Messverfahren für technische und wissenschaftliche Zwecke um Nachweis zugesicherter und/oder erwarteter (geforderter) Eigenschaften von Stoffen und/oder von technischen Erzeugnissen festgelegt sind. Qualitätsnorm ist eine Norm (6), in der die für die Verwendung eines materiellen Gegenstandes wesentlichen Eigenschaften beschrieben und objektive Beurteilungskriterien festgelegt sind. Sicherheitsnorm ist eine Norm (6), in der Festlegungen zur Abwendung von Gefahren für Menschen, Tiere und Sachen (Anlagen, Bauwerke, Erzeugnisse u.a.) enthalten sind. Stoffnorm ist eine Norm (6), in der physikalische, chemische und technologische Eigenschaften von Stoffen festgelegt sind. Verfahrensnorm ist eine Norm (6), in der Verfahren zum Herstellen, Behandeln und Handhaben von Erzeugnissen festgelegt sind. Verständigungsnorm ist eine Norm (6), in der zur eindeutigen und rationellen Verständigung terminologische Sachverhalte. Zeichen oder Systeme festgelegt sind.
Die Arten von Normen
Die Verwirklichung dieses Grundsatzes wird im Verbundsystem einer computerintegrierten Fertigung ermöglicht. Es beginnt bei der Konstruktion. Auf der Grundlage standardisierter Vorgaben wie Normen, Richtlinien etc. im Computer und unter Ausnutzung des Know-hows des Konstrukteurs werden Teile und Erzeugnisse konstruiert. Man spricht von computerunterstützter Konstruktion (CAD).
Die DMW AG verwendet genormte Schrauben, Muttern, Scheiben, Walzlager, Stifte, Passfedern, Ringe, Dichtungen, Bolzen, Flanschen, Rohrverschraubungen, elektrische Leitungen, Keile, Kondensatoren, Nieten, Widerstände, Stecker, Relais etc. Zum Begriff der Information Der Vollständigkeit wegen sind Aussagen über „Wissen“, „Nachrichten“ und „Zeichen“ zu ergänzen.
3.
Die Leistungsfaktoren im Betriebsprozess
Genau definiert hört sich dieser Begriff so an: CAD (Computer Aided Design) ist ein Sammelbegriff für alle Aktivitäten, bei denen die EDV direkt oder indirekt im Rahmen von Entwicklungs- und Konstruktionstätigkeiten eingesetzt wird. Dies bezieht sich im engeren Sinne auf die grafisch interaktive Erzeugung und Manipulation einer digitalen Objektdarstellung, zum Beispiel durch zweidimensionale Zeichnungserstellung oder durch dreidimensionale Modellbildung (räumliche Darstellung von Gegenständen). Ihm folgt die computerunterstützte Planung (CAP – Computer Aided Planning) Sie übernimmt die Daten aus der Konstruktion und arbeitet sie entsprechend ihrer Aufgabenstellung auf. So werden von der computerunterstützten Planung die für die Produktion und für den Einkauf notwendigen Stücklisten aufgestellt. Sie enthalten die für die einzelnen Erzeugnisse oder Erzeugnisteile erforderlichen Abmessungen, Gütegrade etc. Auch lassen sich hier Arbeitspläne ableiten, deren Inhalt vom Fabrikat über die zu verwendenden Werkstoffe bis hin zu Arbeits- oder Fertigungsgängen, -stufen, Arbeitsgriffen und Griffelementen reicht. Nach diesem Schritt hat die Fertigung das Wort. Ob die Herstellung nun schon computergesteuert verläuft, ist eine Frage des Betriebes. Tut sie es, dann sprechen wir von computerunterstützter Herstellung (CAM – Computer Aided Manufacturing). Rechner übergeben Teileprogramme an einzelne CNCBearbeitungsmaschinen, sorgen dafür, dass Werkzeuge und Werkstücke über Transportsysteme an die Maschinen gelangen, kurz, sie übernehmen die Fertigungssteuerung und Fertigungsüberwachung. Die computerunterstützte Herstellung trägt dazu bei, dass Menschen eingespart werden. Für sie eine bedenkliche Entwicklung.
59
Wissen ist die Voraussetzung dafür, Sachverhalte zu erkennen, zu beschreiben, zusammenzuführen und Entscheidungen treffen zu können. Nachrichten sind konkrete Mitteilungsformen einer Information. Zeichen stellen die Grundelemente der Daten dar. Sie erlauben eine allgemein anerkannte Ordnung, die jedem, der sie kennt, den Zugriff zu den Daten gestattet. Zur Speicherung und Übermittlung dienen u.a. Vernetzungssysteme (Computer und Bildschirme) und Disketten. Die moderne Welt Informationen kommen von außen (externe Informationsbeschaffung) und werden mit den Daten des Betriebes innen (interne Informationsbeschaffung) zusammengeführt. Die Globalisierung der Märkte und der Strukturwandel der Industrie zwingen ständig zur Aufnahme der vielfältigen Mitteilungen. Nicht nur das. Der Wandel ist auch in den Betrieben selbst bemerkbar. Er vollzieht sich u.a. durch die Abnahme der Hierarchien. Folge ist, dass sich die Aufgabenbereiche der Entscheidungsträger erweitern. Das bedeutet, dass der Informationsbedarf größer wird. Auch bedingt der Wandel, dass aus Gründen der innerbetrieblichen Koordination die Einzelstellen und Abteilungen untereinander mehr Informationen austauschen müssen. Der Strukturwandel hat es auch mit sich gebracht, dass die Fertigungstiefen verringert werden. Dabei ist von schlanken Fabriken die Rede. Sie machen es aber erforderlich, dass mehr Teile zum Endprodukt hinzugekauft werden müssen. Also müssen die Verbindungen zu Lieferanten verstärkt oder neu aufgebaut werden. Nun werden in den Herstellungsbetrieben die Durchlaufzeiten verringert.
60
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Was folgt, ist die Qualitätskontrolle. Auch sie ist computerunterstützt. Fachwort hierfür ist CAQ. Sie kann endproduktbezogen sein, aber auch prozessbezogen. Man spricht von Computer Aided Quality – computerunterstützter Qualitätssicherung.
Voraussetzung ist die Abstimmung der gesamten Prozesskette. Hierin einbezogen sind die Lieferanten. So gilt es auch hier, sich gegenseitig zu informieren. Was ja so weit geht, dass über Computeranbindung zusammengearbeitet wird. Siehe hierzu auch: JIT.
Unter das Dach der computerintegrierten Herstellung gehören auch die Planung und Steuerung des gesamten Betriebsgeschehens. Das leistet das so genannte PPS-System. Die drei Buchstaben stehen für Produktionsplanung und -steuerung. Es integriert die Mengen-, Termin-, Personal-, Kapazitäts- und Personalplanung einschließlich der Maschinenbelegung (siehe auch Kapitel Produktionswirtschaft).
Bleibt noch hinzuzufügen, dass heute bereits 75% der Belegschaft eines Industrieunternehmens nichts mehr mit der Verarbeitung zu tun haben. Vielmehr erfasst sie Daten und Informationen, verarbeitet, speichert und überträgt sie. Folgende Beobachtungen sind gemacht worden:
Dass der Informationsaustausch im Unternehmen selbstverständlich auch die Verwaltung berührt, bedarf keiner Erläuterung. Die Verwaltung (z.B. Lager und Rechnungswesen) muss mit der Fertigung zusammenarbeiten. Wie kann sie es besser als über eine Vernetzung? So ist LAN das lokale Netzwerk des Betriebes. Die Eingabe von Daten in das betriebliche Netzwerk hat (sozusagen im Nebeneffekt) bewirkt, dass alle Zugriffsberechtigten in der Regel zum selben Zeitpunkt über alle Informationen verfügen können, die für sie und ihren Sektor – und bei den Führungsorganen über alle Disziplinen – wichtig sind. Das bedeutet, dass die Abteilungs- und Einzelegoismen abgebaut und die oft damit verbundene Zurückhaltung von Materialien verhindert wird. Der Verbund mit der Außenwelt oder mit Tochterfirmen im In- und Ausland erlaubt Metakonferenzen am Bildschirm und kann vielleicht auf Probleme schneller eingehen und ausgewogenere Entscheidungen bewirken.
• Bis zu 50 % der Produktionskosten sind Kosten für Information. • Mehr als 50 % der Gemeinkosten sind Kosten für Information. Das bekräftigt die Aussage, dass Informationserzeugung und Informationsbe- und verarbeitung ebenso wie die Produktion produktive Vorgänge sind.
Verarbeitungszeit ca. 10 %
Liege und Wartezeit ca. 90 %
Lesen Schreiben Verdichten Umformen Entscheiden
Abb. 61:
100 %
Suchzeiten Kapazitätsengpässe Fehlende Informationen Abstimmungsschwierigkeiten Übertragungszeiten
Determinanten der Informationsdurchlaufzeit
3.
3.5
Die Leistungsfaktoren im Betriebsprozess
61
Elementarfaktoren im Überblick
Die vier Elementarfaktoren (Betriebselemente) Arbeitskräfte, Werkstoffe, Betriebsmittel und Informationen als die Pfeiler eines Unternehmensprozesses und die Führung als Teil der Arbeitskräfte, aber aus der Perspektive der Betriebswirtschaftslehre i.d.R. als eigenständiger Faktor angesehen – nach Gutenberg als dispositiver Faktor bezeichnet –, haben so zusammenzuwirken, dass u.a. •
Verhältnisse zwischen Mengen und Qualitäten zielgerichtet und ausgewogen sind (Harmonisation)
•
die Prozesskette aufeinander abgestimmt ist (Koordination)
•
gute Zusammenarbeit von allen gewollt und praktiziert wird (Transparenz, Motivation, Integration und Kooperation)
•
Leistungsbereitschaft und Leistungseinsatz der Belegschaft und der Führung vorhanden sind.
Die optimale Kombination der Betriebselemente sichert ein Unternehmen zwar nicht gegen alle Risiken und Einflüsse vom Markt ab, bietet aber die Basis dafür, dass es auf lange Sicht gesehen bestehen kann. Multimedia – das ist die Integration von Text, Daten, Sprache, Video und Audio. Durch die fortschreitende Digitalisierung wachsen die bisher getrennten Bereiche Elektronische Datenverarbeitung, Information und Kommunikation sowie Fernsehen und Hörfunk zusammen. Personalcomputer und Fernsehgeräte bilden eine Einheit. Ergebnis: Unterschiedliche Geräte verschmelzen miteinander zum multimedialen Computer-/ Rundfunkterminal. Transportwege der Bits und Bytes sind die Daten- oder Informationsautobahnen und/oder Satelliten. Quelle: iwd
Abb. 62:
Das Verbundsystem in der computerintegrierten Fertigung (CIM)
Was die Zukunft hinsichtlich Informationen mit sich bringt: Schon heute schwindelt uns der Kopf angesichts der vielen Möglichkeiten zum Informationsaustausch. Die Hoffnung, dass in Canada im Auftrag einer PKW-Zentrale ein Auto konstruiert wird, dass in Mexiko die Teile für den Wagen hergestellt werden und die Wagen in den USA zusammengebaut und schließlich von Deutschland aus vertrieben werden und der Verkauf hier verwaltet wird, ist keine Zukunftsvision. Das Bild vom globalen Dorf, in dem jeder mit jedem weltweit kommunizieren kann und Zugang zu allen nur denkbaren Informationen hat, ist bald Gegenwart. Begriffe wie Telemedizin, Electronic Publishing, Telelearning, Telebanking und Teleworking sind nur ein paar Beispiele. Dahinter steckt Multimedia.
62
Merkmale
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Arbeitskräfte
Werkstoffe
Betriebsmittel
Informationen
Betriebsprozess
Wesentliche Voraussetzung für den Betriebsprozess, ohne Arbeitskräfte kein Betriebsgeschehen, verbindendes Element der übrigen Faktoren; menschliche Arbeitskraft zunehmend in die Bereiche Planung u. Kontrolle gedrängt.
Im Industriebetrieb Grundlage der herzustellenden Produkte; Werkstoffe werden ständig durch andere, meist bessere, ersetzt.
Im Betriebsprozess wesentlicher Teil, durch hohen Technisierungsstand verdrängen sie immer mehr den Menschen.
Sie sind die Grundlage des Prozesses; fehlende Informationen führen zu Unterbrechungen, zu Missverständnissen und Fehlentscheidungen; zur schnelleren Benachrichtigung, Computereinsatz mit Vernetzung.
Kapitalbindung
Im eigentlichen Sinne keine Kapitalbindung, jedoch im weiteren Sinne eine Art Kapitalbindung durch die Tatsache, dass Kündigungsschutz besteht.
Kapitalbindung unter schiedlich, je nach eingekaufter Menge und bezahltem Preis; bedeutungsvoll bei Fragen der optimalen Bestellmenge, aber auch beim Sicherheitsbestand Abnahme der Kapitalbindung durch JIT, aber Besinnung auf Kernbereiche.
Bedeutungsvoll, weil Betriebsprozess immer anlagenintensiver wird; besondere Fragen bei Abschreibungen und bei Ersatz.
Kapitalbindung durch Datennetze und computergesteuerte Arbeitsprozesse; auch bei der Informationsspeicherung nach herkömmlicher Art hohe Kapitalbindung durch Art der Speicherung sowie Raumbedarfe.
Qualität und Veränderungen in den Veränderungen Anforderungen; mit zunehmenden Betriebsmittelbeständen Abdrängung in die Kontrollfunktion; Spezialisten einerseits und Bediener der Aggregate andererseits; Qualität kann durch Lernprozesse verbessert werden.
Wenn von der Natur vorgegeben, wenig veränderbar, jedoch durch physikalische und chemische Verfahren oft veredelt; neue Stoffe durch Forschung und Entwicklung; Schutz der Vorkommen durch Recycling und durch sparsame Verwendung.
Selbst bei Ersatz höhere Qualitäten feststellbar; oft durch höhere Preise zum Ausdruck kommend, meist mit erhöhter Produktivität verbunden; ständige und mutative Veränderungen gang und gäbe.
Informationsverarbeitung auf immer höherem Niveau; Informationsspeicherung leichter und ohne großen Raumbedarf; unaufhaltsame stetige Verbesserungen.
Umfeld
Als Mittler zwischen den übrigen Faktoren: heute vornehmlich in der Verwaltung und im kreativen Sektor der Unternehmen; zunehmende Bedeutung bei Dienstleistungen.
Schaffung neuer Werkstoffe bedingen andere und veränderte Verfahren und Betriebsmittel, auch ziehen sie Entsorgungsfragen nach sich, die es vorher nicht gab.
Veränderte Produktionsprozesse haben neue Formen von Fabrikationshallen nach sich gezogen; auch der Einsatz der Informationstechnik hat die Arbeitsplätze verändert
Informationserfassung und -speicherung sowie Verarbeitung und Weitergabe haben die Büros übersichtlicher gemacht; aber auch menschliche Probleme mit sich gebracht, weil ältere Arbeitskräfte der neuen Technik nicht gewachsen waren.
Lebensdauer
Begrenzte Lebensdauer, begrenzte Erwerbsfähigkeit; sozialpolitische Forderungen verkürzen möglicherweise die Lebensarbeitszeiten des einzelnen; Bevölkerungsentwicklung bringt neue Arbeitskräfte hervor.
Gesellschaft wird als Wegwerfgesellschaft bezeichnet; zunehmend Wiederverwendung der Rohstoffe; Lebensdauer der Fertigerzeugnisse begrenzt; je nach Produktart unterschiedlich.
Lebensdauer begrenzt. Während Werkstoffe ins Fertigerzeugnis eingehen, haben Betriebsmittel eine längere Lebensdauer (meist 4- 10 Jahre). Sie werden regelmäßig ersetzt (Abschreibungen, Reinvestitionen).
Informationsmaterial mit relativ unbegrenzter Lebensdauer; veraltete Informationen können schnell und dauerhaft ersetzt werden.
Verantwortlichkeit
Der Mensch ist das einzige Betriebselement, das die Verantwortung für alle anderen Faktoren zu tragen hat.
Abb. 63:
Merkmale der Elementarfaktoren (Betriebselemente)
4.
Die Geschäftsführung
63
4. Die Geschäftsführung 4.1
Führungsbegriff
Das leitende Organ eines Unternehmens stellt die Unternehmensführung dar. Sie offenbart sich als Institution einerseits und als Handeln andererseits. Wer führt, steht einer anderen Gruppe von Menschen vor (ist der Verantwortliche, der Sprecher, der Entscheidende) und gibt ihr Anweisungen, was zu tun ist. Letzteres wird als Führungshandeln bezeichnet. Oft sind mehrere Personen mit der Führung einer Unternehmung beauftragt. Meist ist eine von ihnen der Vorsitzende. Sein Führungshandeln wirkt auf derselben Ebene, der Führungsebene. Werden Führungsentscheidungen bei den Mitarbeitern durchgesetzt, wird die vertikale Ebene des Betriebes berührt. Damit hat Führungshandeln aus dieser Sicht zweidimensionalen Charakter. Jede Person, die ein Unternehmen nach innen und außen führt, muss ihre Vorstellungen vom Unternehmen als Ziel oder Zielbündel festlegen und hierfür planen, wie es mit den Mitarbeitern und den Elementarfaktoren erreicht werden kann. Dass über solche Ziele mit Untergebenen, Beratern, Geschäftsfreunden gemeinsam nachgedacht wird, ist erwähnenswert, aber für die Beurteilung der Führungsmerkmale nicht wichtig. Steht die Planung einmal, dann hat sich die Leitung für einen oder mehrere Wege entschieden, die einzuschlagen sind (dieser Prozess wird auch Willensbildung genannt). Das Beschlossene muss auch durchgesetzt werden. Dazu müssen Arbeiten und Informationen, Menschen und Maschinen gesteuert werden. Nun tun Menschen nicht immer das, was andere wollen, selbst wenn es keine andere Marschroute gibt. Daher bedarf es der Überwachung. Der Steuerung folgt also die Kontrolle.
Beispiel: Die DMW AG hat erstmalig einen ausländischen Designer (aus Turin) damit beauftragt, ein Cabriolet der unteren Mittelklasse zu entwickeln. Die hierfür vorgegebene Zeit einschließlich der Herstellung eines Modells in eigenen Werkstätten soll ein Jahr nicht überschreiten. Der eigene Modellbau wurde aufgegeben. Der Italiener ist weltweit dafür bekannt, dass seine eigenwilligen und doch sparsamen Formen und seine sehenswerten Modelle bisher überall zum Erfolg geführt haben. Die DMW AG spart auf diese Weise eine Menge Geld ein.
Aufgabe 40. In dem neuen Werk der DMW AG in Halle war an der Informations- und Anzeigentafel zu lesen: Unsere Fertigungsorganisation basiert auf Teamarbeit. Dennoch bedarf es auch hierbei der Führung. Wer fühlt sich berufen, ein Team zu leiten, dessen Aufgabe in der Montage der Sitze besteht? Warum handelt es sich nicht um einen Widerspruch, wenn von Team und Führung die Rede ist?
Zum Begriff Geschäftsführung und Geschäftsleitung werden in den folgenden Ausführungen synonym gebraucht. Beide Begriffe beinhalten nach gesetzlichen Vorschriften •
die Geschäftsführung (als die Führung eines Unternehmens nach innen) und
•
die Geschäftsvertretung (als die Führung eines Unternehmens nach außen).
64
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Steuerung lässt sich auch mit Willensdurchsetzung beschreiben, die Kontrolle mit Willenssicherung. Viele der gegenüberstehenden Definitionen enthalten den Begriff der Kontrolle. Obwohl viele Menschen Kontrollen als überflüssig ansehen, machen Beispiele aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft deutlich, dass sie unerlässlich ist (vgl. Abb. 58, S. 56 u.a.). Hiernach werden in der Literatur (siehe auch Abb. 64) immer wieder vier Führungsmerkmale herausgestellt: •
Planung
•
Entscheidung
•
Steuerung
•
Kontrolle.
Das kann nicht zufrieden stellen. Denn die Führung hat neben sachrationalen Aufgaben personale Funktionen zu lösen. In vielen Fällen wird davon ausgegangen, dass der Mensch in den Mittelpunkt eines Unternehmens gehört und ihm entsprechende Aufmerksamkeit zuteil zu kommen hat (siehe Aufgabe 40). Neuere Entwicklungen bestätigen diese Ansicht.
Führung ist eine Tätigkeit, die den betrieblichen Prozess einschließlich der in ihm tätigen Menschen zu gestalten (planen und entscheiden) und zu lenken (steuern) hat, und zwar in einer Weise, dass unter Beachtung der vorhandenen und zukünftigen Bedingungen (wie Gesetzgebung, Standort, Infrastruktur, Betriebsaufbau, Gesellschaftsform u.a.) und unter Einhaltung humaner Prinzipien die Unternehmensziele erreicht werden und die Existenz gesichert wird (überwachen).
Diese beiden Begriffe werden im Kapitel „Rechtliche Grundlagen“ behandelt. In diesem Abschnitt wird von einem Führungsbegriff ausgegangen. Hiernach hat die Geschäftsführung die Aufgabe, einem Unternehmen nach innen und außen vorzustehen, d.h. nach innen und außen zu lenken. Führung von Unternehmen als „Gesamtheit aller Bestimmungsgrundlagen in der Unternehmung“, das heißt „aller Vorgänge, welche das Verhalten des Systems Unternehmung festlegen“ (H. Ulrich, Unternehmung, S. 317). Führungsentscheidungen sind „diejenigen Entscheidungen, die von den Führungsorganen der Unternehmung getroffen werden, … und die durch ihre Relevanz für den Unternehmensbestand, ihren Bezug auf die gesamte Unternehmung und ihre Nicht-Delegierbarkeit charakterisiert sind“ (Gutenberg, Produktion, S. 132–133). Führung wird „als Tätigkeit definiert, die die Steuerung und Gestaltung des Handelns anderer Personen zum Gegenstand hat. Sie vollzieht sich in Teilprozessen (wie Zielbildung, Planung, Entscheidung, Kontrolle), die wir Führungsprozess nennen, und schafft Systeme, die der Konditionierung dieser Prozesse dienen. Einzelne Führungsfunktionen (wie Planung, Entscheidung, Organisation) können aus den Teilprozessen der Steuerung beziehungsweise den Tätigkeiten der Systemgestaltung abgeleitet werden“ (K. Bleicher, Führung in der Unternehmung, S. 37). Führung wird als Prozess der Willensbildung und Willensdurchsetzung unter Übernahme der hiermit verbundenen Verantwortung definiert. Ihr immanent sind Führungsaufgaben wie Planung, Steuerung und Kontrolle (Dietger Hahn, Puk 24, in Anlehnung an Gutenberg, Unternehmensführung, S. 11 u. 59 ff.). Zur Führung gehören alle Handlungen, die sich in der Unternehmung zur Sicherung eines dauerhaften Bestandes vollziehen. Daher werden alle ökonomischen und sozialen Ziele aus dieser Sicht der Überlebenssicherung formuliert (N. Luhmann, Zweckbegriff, Tübingen). Führen bedeutet, dass ein Vorgesetzter auf seine Mitarbeiter einwirkt, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Dabei sollen die Mitarbeiter im Betrieb zu einer bestimmten Leistung „hingeführt“ werden. Somit ist Führung die Voraussetzung dafür, dass untergeordnete Mitarbeiter selbstständige Funktionen übernehmen können (Dezentralisation). Der Führende muss dabei mehrere Teilaufgaben erfüllen, damit bei den Mitarbeitern die gewünschte Wirkung erzielt wird (Handbuch für den Industriekaufmann, Driehaus/Zschenderlein, S. 11).
Abb. 64:
Führungsbegriffe aus der Literatur
4.
4.2
Die Geschäftsführung
65
Das innere und äußere Umfeld der Führung
Zur weiteren Kennzeichnung der Führung muss das innere und äußere Umfeld eines Betriebes berücksichtigt werden. Über die Beziehung einer Unternehmung nach außen ist bereits vieles gesagt worden. Das innere Umfeld, geprägt durch •
Führung und Zielsetzungen
•
Mitarbeiter
•
Betriebsmittel, Informationen und Werkstoffe
•
Organisation,
emot. Ebene
Wird von der Leitung – Führungsebene – ein neues Ziel vorgegeben, zum Beispiel, dass ein neues Produkt hergestellt werden soll, dann werden hiervon die Mitarbeiter berührt. Ein neues Produkt fällt nicht wie eine reife Frucht vom Baum. Menschen müssen hierzu Ideen haben (Mitarbeiterebene). Denn es ist zu entwerfen (Forschung und Entwicklung), vielleicht zu konstruieren (Konstruktion), oder es sind andere Zutaten zu mischen (sachrationale menschliche Ebene). Es muss bekannt gemacht (Werbung) und hergestellt (Produktion) und vertrieben (Absatz) werden. Überall sind Menschen, Werkstoffe und Betriebsmittel im Einsatz (Sachebene). Möglicherweise mussten neue Abteilungen eingerichtet werden, um den Prozess für dieses neue Produkt sicherzustellen (Organisationsebene). Und vielleicht mussten Mitarbeiter sogar erst vom Produkt überzeugt werden, damit sie sich mit ihm identifizieren können.
sachrat. Ebene
Führungsebene
Organisationsebene
Sachebene Betriebsmittel, Werkstoffe
Abb. 65:
ist vielschichtig (siehe Abb. 65). Da alle Ebenen miteinander verwoben sind (in der Abbildung als Kreise dargestellt), wirkt jede Entscheidung der Führung, aber auch jedes Tun der Mitarbeiter mehrdimensional. Das macht sie so schwierig.
Mitarbeiterebene
Aufbau, Prozess
Inneres Umfeld mit Überschneidungen
Aufgabe 41. Sie sehen hier eine Abbildung (Abb. 66), die die Führungsebene mit anderen Ebenen verbindet. Interpretieren Sie den Zusammenhang. Zum Unternehmensbegriff In den vorausgegangenen Kapiteln ist des Öfteren von Unternehmung und Betrieb die Rede. Nach Auffassung von Nicklisch und Schmalenbach ist die Unternehmung der Betrieb eines Unternehmens. Von Betrieb spricht man, wenn man eher an die Herstellung denkt, an seine technische Ausstattung, an seine Struktur. Von Unternehmung spricht man, wenn ein Betrieb nach außen in Erscheinung tritt, als Einzelgesellschaft, als Personen- oder Kapitalgesellschaft – schlicht, wenn man ihren rechtlichen Status meint. Die Unternehmung ist das Gehäuse des Betriebes. Hinzu kommt, dass dem Unternehmen in unserer Wirtschaftsform das Streben nach Gewinn innewohnt. So werden sozialistische Betriebe nicht von Unternehmern geleitet.
66
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Verzinsung des Kapitals (=angemessene Gewinnhöhe) Personalfunktion
Funktionen
Sachfunktion
Instrumente
Abb. 66:
Planungskommissionen, Teams, Stäbe, Planungsmethoden, Abstimmungen etc.
Willensdurchsetzung
Steuerung
Willensbildung
Organisation im einzelnen - Organisationsstruktur, - Arbeitsabläufe, - Informationsdurchlauf, - Menschenführung, - Arbeitsanweisungen, - Betriebsvereinbarungen, - Geschäftsordnungen u.v.m
Willenssicherung
Überwachung
Vorgehensweise
Planung und Entscheidung
Verantwortung der Führung für den ganzen Bereich
Führung (Leitung) von Unternehmen Hauptziel
Kontrollsysteme im einzelnen - Rechnungswesen mit Statistik, - Marktforschung, - Marktanalysen, - Unternehmensanalyse, - Schwachstellenermittlung, - Stellenabgrenzungen mit Verantwortungsbereichen u.v.m.
Führung aus vielfältiger Perspektive – Zusammenfassung (siehe auch Abb. 67)
Es mag auch Gerangel um Positionen gegeben haben (emotionale, menschliche Ebene). Flexible Mitarbeiter aber sind den Veränderungen gewachsen. Sie passen sich der andersartigen Situation an. Die Abhängigkeit des gesamten Betriebes (Interdependenz) von dieser Entscheidung der Führung wird an diesem Beispiel sichtbar. Und all das muss sie vorher in ihre Überlegungen einbezogen haben, um die Entscheidung optimal umzusetzen. Mit diesen Aussagen – insbesondere zum Mitarbeiter – wird der etwas andere Führungsbegriff bestätigt (Seite 65) – und um eben diese Dimension erweitert. Die Führung muss nämlich die Fähigkeiten der Belegschaft wecken und fördern und schließlich für das Unternehmen im Interesse aller ausnutzen, und sie muss verstehen, das Miteinander der Menschen so zu formen, dass diese einerseits gern im Unternehmen arbeiten und andererseits sich gegenseitig Rat holen und unterstützen (Synergieeffekt). Damit wird die personale Funktion der Führung herausgefordert. Sie ist aber nie losgelöst von der Sachfunktion der Führung zu sehen. Beide Aufgabensektoren sind unzertrennlich miteinander verbunden.
Aufgabe 42. a)
Versuchen Sie die Personalfunktion der Führung mit einfachen Worten zu beschreiben!
b) Ob Sie in der Lage sind, nunmehr eine noch bessere Kennzeichnung der Führung abzugeben? Versuchen Sie es! Intrapreneurship steht für eine Kultur, in der jeder Mitarbeiter die Chance hat, selbstständig zu sein. Und das bedeutet für ein Management nicht Entlastung, sondern Mehrarbeit. Es erfordert ein Klima, in dem Fehler nicht bestraft, sondern gefördert werden und in dem nicht angeordnet werden kann, sondern überzeugt werden muss. Wer wie Lego bereits Intrapreneure hat, braucht ständig neue Managementmethoden, wenn er sie auf Dauer behalten will. Spaß an der Arbeit war für Management und Belegschaft bei Lego immer wichtig – in dem profitablen Unternehmen kann jeder kreativ sein. Abb. 68: Intrapreneurship Quelle: manager magazin
4.
4.3
Die Geschäftsführung
Die Verantwortung der Führung
Führungshandeln und Führungsentscheidungen stehen unter einem gemeinsamen Dach. Es ist die Verantwortung, die der Leitung grundsätzlich obliegt. Kein Leitender kann sich ihr entziehen. Wer Führungsaufgaben übernimmt, muss sich darüber im Klaren sein, dass ihm gleichzeitig die Verantwortung hierfür übertragen wird. Auch sie hat mehrere Ausmaße: Sie bezieht sich auf •
die Belegschaft und
•
die eingesetzten sonstigen Faktoren.
Und sie lässt sich u.a. •
sozialethisch und
•
materiell
begründen. Viele Betriebswirte haben daher neben der Planung (und Entscheidung), Steuerung und Kontrolle des Unternehmens die Verantwortung gleichberechtigt ausgewiesen. Der Unterschied zwischen den drei ersten Begriffen und der Verantwortung besteht allerdings darin, dass die drei ein Tun beinhalten, Verantwortung dagegen eine Haltung darstellt.
4.4
Die Organisation der Führung
4.4.1 Der Unternehmer Als Unternehmer werden Personen bezeichnet, die an der Spitze ihres eigenen Unternehmens stehen. Sie verkörpern deren Führung. Zur Unterscheidung von Managern müssen ihre wichtigsten betriebswirtschaftlichen Merkmale gegenübergestellt werden. Unternehmer sind •
Eigentümer
•
Leiter und
•
Gestalter
67
Beispiel Personale Führungsfunktion Die DMW AG hat in ihrem Stammhaus ein Vorschlagswesen eingeführt, das durch die besondere Honorierung die Mitarbeiter immer wieder angeregt hat, über Verbesserungen nachzudenken. Die letzte kleine Veränderung am „Single“ war der Einbau eines Außentemperaturanzeigers in der Instrumententafel. Schon tüfteln Ingenieure an weiteren Verbesserungen herum. Von der Mitarbeiterseite kam der Vorschlag, Seiten-Airbags einzuführen. (Vergl. auch S. 299)
Unheilvolle Allianz MARCUS..HEITHECKER
Der 29. April 2004 ist ein schwarzer Tag für die deutsche Unternehmenskultur. Jürgen Schrempp hat die Welt AG an die Wand gefahren und Milliarden Euro an Aktienkapital vernichtet. Und seine Kontrolleure schaffen es nicht, Konsequenzen zu ziehen. Nachdem sich bereits im Vorfeld der Aufsichtsratssitzung die Arbeitnehmerseite hinter Schrempp gestellt hatte, war klar: Eine unheilvolle Allianz zwischen dem Vorstandschef, dem Aufsichtsratsvorsitzenden Hilmar Kopper und den Arbeitnehmervertretern lässt den dringend erforderlichen Neuanfang nicht zu. Ausgerechnet Schrempp, einer der führenden Verfechter einer modernen Aktionärskultur, nutzt die deutsche Mitbestimmung, um seinen Job nicht zu verlieren. Gleiches tut sein Förderer Kopper, der sich als Banker doch gerade an Kollegen in London und New York messen lassen wollte. Damit fehlt der Unternehmensspitze die Glaubwürdigkeit bei Investoren.
68
ihrer Unternehmung. Ihnen gehört das Unternehmen, das sie führen und dessen Aufbau (Struktur) und Ablauf (Prozess) sie bestimmen. Daher wird auch von der Eigentümerfunktion, der Direktionsfunktion und von der Gestaltungsfunktion gesprochen. Manager sind keine Eigentümer eines Unternehmens. Sie werden meist zur Leitung von den Eigentümern hierzu berufen.
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Auf eigenen Füßen Selbstständige in Deutschland Männer (insg. 2.456.000) 768.000 622.000 350.000 314.000 291.000 111.000
Abb. 69:
davon in Dienstleistungsgewerbe Handel, Gastgewerbe Verarbeitendes Gewerbe Landwirtschaft Baugewerbe Verkehr, Nachrichtenübermittlung
Frauen (insg. 880.000) 414.000 310.000 65.000 53.000 19.000 19.000
Die Selbstständigen
Die Misserfolge eines Managers Sein Name: Jürgen E. Schrempp. Seine Position: Vorstandsvorsitzender von Daimler-Chrysler. Als Schrempp freudig den Zusammenschluss des Deutschen Autokonzerns mit dem Amerikanischen Chrysler vor einigen Jahren bekannt gab, wurde die Strategie vom Chef selbst als Baustein zu einer Welt-AG gepriesen. Mit dem Rückzug aus der Allianz mit dem japanischen Autohersteller Mitsubishi im April 2004 sind Vision und Umsetzung gescheitert. Dazwischen liegen Mrd. Euro, die die Flops von Schrempp gekostet haben. So schreibt die WAMS vom 25.04.2004 u.a.: „Weil Daimler-Chrysler rund 2,1 Mrd. Euro für die Mitsubishi-Beteiligung gezahlt habe, stünden nun durch den jetzt ausgelosten Werteverlust der Beteiligung massive Wertberichtigungen in Milliardenhöhe bevor.” Die Flops des Vorstandes: 1992 übernahm Daimler-Benz-Aerospace AG (DASA) unter Schrempp 76 % der Fokker-Holding NV. 1996 stellte Daimler die finanzielle Unterstützung ein. Bisher hatte der Konzern 2,7 Mrd. Euro in das Unternehmen investiert. 1997 wird von Schrempp, Vorstandsvorsitzender von DB-AG, die Entwicklung eines neuen 4 Zylinder-Motors gestoppt, weil die Abgaswerte nicht zufriedenstellend waren. Millionen in Sand gesetzte Euro sind das Fazit. 2003 gerät DC-AG mit seiner Beteiligung am Toll-Collect-Konsortium in die Schlagzeilen. Folge: Schadenersatz in Millionenhöhe. Vom Niedergang der DC-AG Aktiennotierung ist ganz zu schweigen. Fachleute sprechen von 50 %.(Vergl. S. 81, Abb. 88a). Wenche Marshall Foster Die Chefin des Mineralwasserabfüllers Perrier in Großbritannien ist sonnengebräunt. Sie trägt Designerkostüm, Goldschmuck und Cartier-Uhren. ,,Sie ist die Verkörperung des exklusiven und schicken Produkts, dessen Unternehmen sie seit acht Jahren leitet.“ Doch die Fünfzigjährige ist wesentlich mehr als nur ein Aushängeschild. Sie machte aus der unscheinbaren Mineralwasser-Firma der 70er Jahre mit bescheidenen 800.000 Flaschen Absatz den britischen Marktführer für die sprudelnden Softdrinks (60 %). Perrier verkaufte Ende der 80er Jahre 75 Millionen Liter der Edel-Quelle. Als sie das Produkt kennen lernte, war sie begeistert. Sie stieg in die Firma ein, die es vertrat, und leitete zusammen mit zwei anderen Frauen die Verkaufsabteilung. Später wurde sie deren Chefin. Sie verlässt sich auf Intuition und sagt wörtlich: ,,Entweder man hat es oder man hat es nicht.“ Sie gilt im Unternehmen als pragmatisch. Als sie zum weiblichen Boss avancierte, machte sie das französische Sprudelwasser zu einem Getränk, das heute in keiner Bar fehlt. Mit der von ihr erfundenen Eau-Kampagne mit dem Slogan ,,Eau-la-la“ ist sie eine der bedeutenden Managerinnen der Insel geworden. Quelle: Hamburger Abendblatt Abb. 70: Zwei Unternehmenspersönlichkeiten der Gegenwart
4.
Die Geschäftsführung
Als Eigentümer bringen sie das Kapital auf, mit dem ihr Unternehmen ausgestattet wird. Ihr Kapital ist es auch (Eigenkapital), das die Basis für das Vermögen bildet. Daher können Unternehmer auch über ihr Vermögen nach ihrem Ermessen verfügen (Verfügungsmacht). Dafür müssen sie in Kauf nehmen, für misslungene Geschäfte ebenso zu haften wie für Forderungsausfälle. Ist nicht genügend Bargeld vorhanden, müssen sie dafür sorgen, dass es dem Unternehmen wieder zufließt. Versagen Banken Kredite, dann müssen sie aus eigener Tasche bezahlen. Für sie heißt Haftung (siehe Kapitel Gesellschaftsformen), ihr gesamtes Privat- und Geschäftsvermögen heranzuziehen, wenn es die Lage des Unternehmens erforderlich macht. Anders der Manager (siehe Abb. 70). Er wird sicher auch dafür sorgen, dass genügend Geld zur Verfügung steht. Nur braucht er nie an sein eigenes Vermögen heranzugehen. Für die Unternehmung ist dieses tabu.
4.4.2 Die horizontale Organisation der Führung 4.4.2.1
Die Singularinstanz
Unter Instanz ist eine Stelle zu verstehen, die Leitungsaufgaben zu erfüllen hat. In den meisten Betrieben gibt es viele solcher Instanzen. Sie sind auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelt. Zum Beispiel die Ebene der •
obersten Leitung
•
mittleren Leitung
•
Junior-Leitung.
Wird ein Unternehmen von einer Person – wie es bei einer Einpersonenunternehmung der Fall ist – geleitet, in diesem besonderen Fall also von einem Unternehmer, dann spricht man von Singularinstanz auf oberster Ebene. Sie heißt auch Direktorialinstanz. Sowohl der Geschäftsführer (Alleinführung) einer Einpersonen-GmbH als auch der einzige Vollhafter einer Kommanditgesellschaft ist Stelleninhaber einer Direktorialinstanz.
69
Aufgabe 43. Versuchen Sie herauszufinden, was unter •
Direktionsfunktion und
•
Gestaltungsfunktion
zu verstehen ist, und verknüpfen Sie Ihre Aussagen mit den Aufgaben der Führung! Einpersonenunternehmung In Einpersonenunternehmen ist der Unternehmer Eigentümer seines Betriebes. (Viele Dienstleistungsbetriebe und Handwerksbetriebe sind Einpersonenunternehmen.) Stille Gesellschaft Die Führung des Unternehmens obliegt dem Unternehmer. Der stille Gesellschafter hat nicht das Recht, an der Leitung mitzuwirken. Offene Handelsgesellschaft (oHG) Zur Geschäftsvertretung und Geschäftsführung ist jeder Gesellschafter berechtigt. Besondere Regelungen sind vertraglich möglich. Die Anzahl der Gesellschafter ist unbegrenzt. Die Mindestzahl ist zwei. Kommanditgesellschaft (KG) Zur Geschäftsvertretung und -führung sind nur die Komplementäre berechtigt. Sie sind sog. Vollhafter. Die Kommanditisten sind hiervon ausgeschlossen. Kommanditgesellschaften können nur einen Komplementär, aber mehrere Kommanditisten haben und umgekehrt. Komplementäre sind die Unternehmer der KG. Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) Leitendes Organ der GmbH ist ein oder sind mehrere Geschäftsführer. Sie vertreten die GmbH nach außen, und sie führen sie. Geschäftsführer sind Manager. Oft gehört ihnen die Gesellschaft (siehe auch Kapitel Gesellschaftsformen). Aktiengesellschaft (AG) Die Aktiengesellschaft wird vom Vorstand geleitet. Dieser kann aus einer Person bestehen, so weit es das Aktiengesetz zulässt. In der Regel umfasst er mehrere Personen, die in dieses Amt gewählt werden. Vorstandsmitglieder sind Manager. Genossenschaft Genossenschaften (eGmbH, eGmbuH) werden vom Vorstand repräsentiert. Er muss mindestens aus zwei Mitgliedern bestehen.
Abb. 71:
Unternehmensleitungen nach dem Gesetz
70
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
4.4.2.2
Die Pluralinstanz
Meist werden mittlere und große Unternehmen von mehreren Personen – Pluralinstanz – geführt. Dabei taucht natürlich die Frage auf, wie die Leitungsgruppe miteinander umgeht. Zunächst ist wichtig zu wissen, dass die Pluralinstanz als System zu verstehen ist. Ein System ist dadurch gekennzeichnet, dass es mehrere Elemente (hier Personen) enthält, die untereinander in Beziehung stehen. Schon zwei Geschäftsführer in einer GmbH oder zwei Gesellschafter in einer oHG bilden so ein System, d.h., sie sind beide Teile eines Leitungssystems.
Abb. 72:
Einpersonenunternehmung Einpersonen-GmbH KG mit einem Komplementär AG mit einem Vorstandsmitglied
Direktorial- und
•
Kollegialsystem
genannt. Das Direktorialsystem muss deutlich von der Direktorialinstanz unterschieden werden. Es ist nämlich Teil der Pluralinstanz, und das besagt, dass die Leitung durch mehrere Mitglieder vertreten wird. Worin ist der Unterschied zu sehen? Das Direktorialsystem hebt eine Person aus den übrigen heraus und stattet sie mit besonderen Rechten aus, die Entscheidungen betreffen: •
Sie kann z.B. allein entscheiden (ohne auf die übrigen Leiter Rücksicht zu nehmen).
•
Sie kann z.B. gegen die qualifizierte Mehrheit Entscheidungen treffen.
•
Sie kann z.B. gegen eine einfache Mehrheit bestimmen, was zu tun ist.
Singularinstanz
Interessanterweise gibt es zwei Spielarten der Pluralinstanz. Sie werden •
Formen kollegialer Leitung
Pluralinstanz Leitungssystem Direktorialsystem
Kollegialsystem
oHG KG mit mehreren Komplementären GmbH mit mehreren Geschäftsführern AG mit mehreren Vorstandsmitgliedern Beachtung gesetzlicher Vorschriften Abb. 73:
Horizontale Leitungsorganisation
Abb. 74:
Abstimmungskollegialitäten
4.
Die Geschäftsführung
Kennzeichen des Kollegialsystems ist die Gleichberechtigung seiner Mitglieder. In der Regel tritt es als Abstimmungskollegialität in Erscheinung. Ein ähnliches System findet man in der Politik, z.B. im Kabinett. In Koalitionen allerdings richtet sich der Streit auf die Frage, ob Kanzler oder Kanzlerin die Richtlinien der Politik der Regierung bestimmen. Die Auseinandersetzung ist noch nicht beendet. Daneben gibt es andere Ausprägungsformen, die auf der Seite 70 näher beschrieben werden. Um den Auseinandersetzungen über Abstimmungsmodalitäten zu entgehen, geben sich Unternehmen so genannte Geschäftsordnungen, in denen festgelegt ist, nach welchem Verfahren bei Unstimmigkeiten vorzugehen ist. Bei Aktiengesellschaften bildet das Aktiengesetz in den §§76ff. die Grundlage.
71
Die DMW hatten sich bei Gründung die folgende Satzung gegeben: Satzung §1 Die Aktiengesellschaft führt die Firma „Deutsche Motoren Werke“ AG. Ihr Sitz ist Hannover. §2 Gegenstand des Unternehmens ist die Herstellung von Kraftfahrzeugen aller Art. § 18 Der Vorstand besteht nach der Gründung in den ersten beiden Jahren aus drei Vorstandsmitgliedern. In den folgenden Jahren kann der Vorstand auf bis zu 7 Mitglieder aufgestockt werden. Dazu muss die Satzung nicht geändert werden.
Abb. 75:
Satzung der DMW AG
Abb. 76:
Herkömmliche Untergliederung einer Unternehmung
4.4.3 Führungsaufbau und Weisungssystem 4.4.3.1
Führungsebenen
Der Führungsaufbau eines Unternehmens, also seine Führungsstruktur, sieht von oben (Führung) nach unten (Mitarbeiterebene) meist wie eine Pyramide aus (siehe Abb. 76). In kleinen und mittleren Betrieben werden drei Führungsebenen unterschieden. Vorstellbar ist aber auch eine weitere Differenzierung. Jede Führungsebene verfügt über Führungs- oder Leitungsbefugnisse. Ihre herausragenden Ermächtigungen sind die •
Entscheidungs- und
•
Weisungsbefugnis.
Letztere begründet das Vorgesetzten-Untergebenenverhältnis (Hierarchie). Je mehr Befugnisse (Verpflichtungs-, Verfügungs- und Informationsbefugnis sowie die oben genannten) übertragen werden, desto größer wird auch die Verantwortung (siehe Abb. 78), d.h. das persönliche Einstehen für die Folgen, die sich durch das eigene Handeln und durch die eigenen Entscheidungen ergeben.
Aufgabe 44. a)
Versuchen Sie, die Vor- und Nachteile der Leitungssysteme herauszustellen!
b) Die DMW AG praktiziert das Kollegialsystem. Warum ist eine ungerade Zahl von Mitgliedern gewählt worden?
72
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Der Aufbau eines Unternehmens von der Spitze bis zur Basis (vertikaler Aufbau) lässt unterschiedliche Weisungssysteme einziehen: Die Unterscheidung richtet sich u.a. nach der Unterstellung der Mitarbeiter. Unterstehen sie nur einer Instanz, dann heißt das Einfachunterstellung, nehmen sie die Weisungen von mehreren Stellen an, dann wird von Mehrfachunterstellung gesprochen. Die •
Linienorganisation und die
•
Stablinienorganisation
gehören zur Einfachunterstellung, die •
Funktionsmeisterorganisation und die
•
Matrixorganisation zählen zur Mehrfachunterstellung.
Zunahme der Anforderungen und der Verantwortung
Der Vorstand der DMW AG musste mit einer Geschäftsordnung leben, die der Aufsichtsrat erlassen hatte. Ein Vorsitzender war bestimmt. Ihm war das Recht zugebilligt worden, dass bei Stimmengleichheit seine Stimme entscheidet. Geschäftsordnung für den Vorstand Der Aufsichtsrat der … Aktiengesellschaft erlässt gemäß § 15 Abs. II der Satzung nachstehende Geschäftsordnung für den Vorstand: 1. Der Vorstand führt die Geschäfte nach dem Aktiengesetz, der Satzung und dieser Geschäftsordnung. 2. Die Geschäfte werden unter die einzelnen Vorstandsmitglieder nach dem beigefügten Geschäftsverteilungsplan verteilt. Die einzelnen Ressorts werden im Vorstand durch die Direktoren dieser Bereiche vertreten. Die Direktoren entscheiden in ihren Ressorts allein, so weit es sich um den normalen Geschäftsgang handelt. Alle über diesen Rahmen hinausgehenden Geschäfte müssen im Vorstand zur Abstimmung gebracht werden. 3. Der Aufsichtsrat kann auch bestimmen, dass einzelne Geschäfte außerhalb des Geschäftsverteilungsplans bestimmten Vorstandsmitgliedern zur Erledigung übertragen werden. 4. Dem Aufsichtsrat bleibt vorbehalten, ein Vorstandsmitglied zum Vorsitzenden des Vorstandes zu bestellen, der bei Meinungsverschiedenheiten eine einheitliche Entscheidung des gesamten Vorstandes und notfalls eine Mehrheitsentscheidung herbeiführen soll. 5. Die Mitglieder des Vorstandes sind verpflichtet, sich gegenseitig dauernd über wichtige Geschäftsvorgänge zu unterrichten. Angelegenheiten von größerer Bedeutung sollen in regelmäßig stattfindenden gemeinschaftlichen Besprechungen unter den Vorstandsmitgliedern erörtert und entschieden werden.
Abb. 77:
Auszug aus der GO der DMW AG
Zu Hierarchien
Abb. 78:
Zunahme der Verantwortung innerhalb der betrieblichen Hierarchie
Zurzeit werden überall Hierarchieebenen gestrichen. Es hat sich herausgestellt, dass viele Hierarchieebenen zu umständlich arbeiten und oft Entscheidungen hinauszögern. Dabei wird von Verdünnung der Hierarchien gesprochen. Das Ergebnis wird mit dem Begriff „Lean Management“ erfasst. Auch ist der Begriff „schlanke Führung“ üblich.
4.
Die Geschäftsführung
4.4.3.2
73
Die Linien- und Stablinienorganisation
Linien- und Stablinienorganisation sind eng verwandt. Die Weisungen gehen bei beiden gradlinig von der Leitung über die Abteilungsleiter an die unteren Ebenen bis hin zu den Mitarbeitern. Das Organisationsprinzip – von dem Franzosen Fayol entwickelt – geht davon aus, dass ein Auftrag (Weisung, Befehl) nur von einer Stelle ausgehen kann und darf. Daher ist es gekennzeichnet durch •
ein geradliniges Weisungssystem
•
eindeutige Wege
•
klare Instanzen mit ihren Befugnissen.
Der Rücklauf der Kontakte geht umgekehrt vom Mitarbeiter zum Abteilungsleiter, von dort zur Leitung. Da die Wege lang und Zeit raubend sein können, und da möglicherweise Informationen unterwegs liegen bleiben oder verloren gehen, gibt es Unternehmen, die auf mittlerer Führungsebene Verbindungen eingerichtet haben, sodass bei Angelegenheiten, die nur die mittlere Führungsebene angehen, der direkte Kontakt zwischen ihnen genommen werden kann. Wie ersichtlich, handelt es sich zugleich um eine Einfachunterstellung, d.h., dass jeder Untergebene nur einen Vorgesetzten hat. Das Stabliniensystem unterscheidet sich vom Liniensystem dadurch, dass sich Führungsebenen mit so genannten Stäben umgeben, die keine Instanz sind und also auch keine Weisungsbefugnisse besitzen. Sie haben die Aufgabe, die Führung in bestimmten Fragen zu beraten. Voraussetzung ist, dass die Stäbe mit Fachleuten besetzt werden, die sich mit einem bestimmten Aufgabengebiet auseinander zu setzen haben und auf Basis ihrer Kenntnisse und Erkenntnisse Entscheidungen der Leitung vorbereiten. Zu Stäben werden u.a. Personalsektor, Organisation und Revision gezählt (siehe Abb. 79). Solche Stäbe gibt es auch in der Politik (z.B. die fünf Weisen).
Abb. 79:
Die Stablinienorganisation mit Einfachunterstellung
Aufgabe 45. a)
Wieso werden bei vielen Unternehmen die Hierarchien verdünnt?
b) Können Sie Nachteiliges über die Linienorganisation sagen? c)
Welche Weisungsorganisation gibt es bei Ihnen im Unternehmen?
d) Sie sehen in der folgenden Abbildung (80) eine Art der Aufbauorganisation. Kennzeichnen Sie diese! Unternehmensleitung
Produkt A
Produkt B
Produkt C
Beschaffung
Produktion
Absatz
Abb. 80:
Der produktbezogene Aufbau einer Unternehmung
74
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
4.4.3.3
Arbeitnehmer
Das Mehrliniensystem Funktionsmeistersystem)
Das Mehrliniensystem (nach dem Amerikaner F.W. Taylor – dem Erfinder – auch Taylorsches Organisationssystem genannt) ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Person von mehreren Instanzen Anweisungen (Mehrfachunterstellung) bekommt (siehe Abb. 81). Während das Fayolsche Organisationsprinzip dem Grundsatz der einheitlichen Auftragserteilung Rechnung trägt, geht es bei Taylor darum, den Grundsatz der Arbeitsteilung auch auf den Sektor der Arbeitsanweisungen zu übertragen. So muss sich bei einem Arbeitnehmer theoretisch die Summe der Anweisungen verschiedener, im Allgemeinen parallel geschalteter Instanzen zu einem Gesamtauftrag verdichten. Auf diese Weise ergibt sich ein stark aufgespaltenes und spezialisiertes Führungssystem, das meist in der Fertigung seinen Ausdruck findet. Der Begriff Mehrliniensystem ist aus den zahlreichen Anweisungslinien abzuleiten, die von mehreren auf eine Stelle ausgerichteten Instanzen ausgehen. Der Begriff Funktionsmeistersystem geht auf die Herstellung zurück, in der gleichberechtigte Meister derselben Produktionsstätte, z.B. die Vorrichtungs-, Prüf-, Geschwindigkeits- und Aufsichtsmeister, den Fertigungsablauf planen, steuern und kontrollieren, was heute so nicht mehr üblich ist. Die Nachteile sind schnell auszumachen. Dieses Organisationssystem bringt es mit sich, dass ihm •
Übersichtlichkeit fehlt
•
Straffheit verloren geht
•
Kompetenzgerangel anhaftet
•
Arbeitsverzögerungen folgen
•
Demotivationskräfte innewohnen.
Meister Meister Abb. 81:
Das Mehrliniensystem
Zum Linien- und Stabliniensystem Das Stabliniensystem wird als eine „Symbiose“ beider Organisationssysteme verstanden. Es soll die Vorteile des Ein- und Mehrliniensystems übernehmen, dagegen die Nachteile ausklammern. Diese Ansicht ist unrichtig, weil es die strenge Linienführung der Einfachunterstellung beibehält (und damit auch die Nachteile in Kauf nimmt) und die Mehrfachunterstellung von vornherein ausschließt, wodurch es eigentlich gar nichts von dieser Organisationsart übernimmt. Wenn sich die Leitung mit Stäben umgibt, so hat das wenig mit Mehrfachunterstellung zu tun. Die Stäbe erhalten ihre Anweisungen von einer Instanz, der Leitung. Übernommen ist die Idee von Taylor, dass mehrere Fachleute (Spezialisten) einen gemeinsamen Auftrag eines Leitungsorgans (Direktor, Abteilungsleiter) arbeitsgeteilt erledigen. Dabei erteilt eine Instanz (Leitung) einer Stelle (Stab) und möglicherweise mehreren Stelleninhabern Arbeitsaufträge. Das Funktionsmeistersystem ist hiermit nicht vergleichbar, weil in ihm Instanzen (Fachleute verschiedener Arbeitszweige) Anweisungen an eine oder mehrere Personen gleichzeitig oder nacheinander ergeben, während ein Stab Wissen fokussiert, aber keine Weisungen erteilt.
4.
Die Geschäftsführung
4.4.3.4
Die Matrixorganisation
Das Wort Matrix kommt aus dem Lateinischen und hat hier die Bedeutung eines Darstellungssystems in Form gleich-, über- und untergeordneter Ebenen. Es ähnelt einem Rechenrechteck. Eine Matrixorganisation (siehe Abb. 83) ist durch Mehrfachunterstellung gekennzeichnet. Sie kann – wie hier – in der oberen Ebene (nach der Führungsebene) nach Objekten, dagegen in der vertikalen Seitenebene nach Funktionen (Verrichtungen) gegliedert sein. Sie kann sich im Rahmen der Linienorganisation ebenso wie in der Stablinienorganisation bewegen. Typische Matrixorganisationen sind das Produktmanagement sowie das Projektmanagement. Kennzeichen des Produktmanagements ist, dass über eine vorhandene Aufbauorganisation eine weitere Struktur gelegt wird. Die zweite Strukturebene ist dabei nach Erzeugnissen gegliedert. Befindet sich ein Arbeitnehmer in der Montage, dann ist er dem Fertigungsleiter und dem Produktleiter unterstellt. Die Projektorganisation (siehe Abb. 82) ähnelt dem Produktmanagement. Jedoch liegt es im Wesen eines Projektes, dass es zeitlich begrenzt ist. Ihr Kennzeichen ist die Konzentration der Aufgaben eines Projektes auf eine Projektgruppe, deren Leiter eben der Projektmanager ist. Der Projektleiter, z.B. zuständig für ein neu zu entwickelndes Produkt, greift mit seinem Projekt meist in die bisherige Organisation ein und muss sich mit den übrigen Leitern über Zuständigkeiten und Abläufe einigen. Die Untergebenen werden bei Überlappung von zwei Instanzen betreut (Mehrfachunterstellung). Schwachstelle des Systems ist der Eingriff in eine bestehende Organisation, ohne deren Akzeptanz kann das Projekt scheitern.
75
Sowohl im Stabliniensystem als auch in der Projektorganisation wird die Teamarbeit (vgl. auch Führungsstil) bevorzugt, weil ihre Aufgaben nur durch verschiedene Aufgabenträger mit den unterschiedlichsten Kompetenzen gemeinsam gelöst werden können. Beide Formen müssen aber in die entsprechende betriebliche Hierarchie eingepasst werden. Für eine Stableiterin beispielsweise, die Vorgesetzte ihrer Stabmitglieder ist, heißt das, dass sie zwar Anweisungen innerhalb ihrer Befugnis und Abteilung geben darf, dass aber die Aufgaben, die ihre Mitglieder in anderen Abteilungen zu lösen haben (in dem sie u.a. die Organisation in anderen Betriebssektoren prüfen), nur mit den jeweiligen Abteilungsleiterinnen und -leitern der betroffenen Sparten abgesprochen werden müssen.
Aufgabe 46. Dem Projektleiter standen 20 Mio. EUR für Investitionszwecke zur Verfügung. Er sollte dem Mindener Kaffeeunternehmen hiermit endlich den großen Durchbruch verschaffen. Bisher dümpelte der Umsatz-Mächtige auf diesem Sektor in seichten Gewässern, und die 100 Abnehmerländer für die hauseigenen Kaffeemaschinen mit 30 Grundmodellen kauften zögerlich und insgesamt nur wenig. Billiganbieter machten das Rennen, und der deutsche Kaffeemaschinen- und zubehöranbieter geriet immer mehr ins Hintertreffen. Das sollte anders werden. Wie Projektleiter O. den „Turnaround“ schaffte, kann als Vorbild gelten: •
Zunächst kappte O. die Kosten und schaffte Miniserien ab. Den gesamten Weltmarkt beliefert das Haus nur noch mit 6 Modellen.
•
Die neuen Geräte bestehen aus weniger Formteilen als herkömmliche Modelle. Weil ihr Innenleben ohne Schrauben und Kabel auskommt, werden sie preiswert vollautomatisch hergestellt.
76
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Leitung
•
Dann verlangte er von seinen Technikern erlebbare Produktvorteile gegenüber der Konkurrenz. Die kamen mit dem Intervall-Brüh-System (IBS). Der Kaffee schmeckt, verspricht die Werbung, wie von Hand aufgegossen.
•
Ein weiterer Vorsprung wurde durch das Design geschaffen. Die Form der Maschine wurde aus der weltbekannten M-Filtertüte übernommen und lässt die Herkunft ohne Markenzeichen erkennen (Quelle: manager magazin).
Projektleitung
Fertigung
Vertrieb
Beschaffung
a) Abb. 82:
Projektorganisation Leitung
Produkt A
Produkt B
Produktleiter
Produktleiter
Technik
Fertigung
Fertigung
Marktforschung
Vertrieb
Vertrieb
Abb. 83:
Stellen Sie grafisch die Organisationsstruktur dar, die aus dem „Turnaround“ abzuleiten sein müsste. Ergänzen Sie diese aus Ihren eigenen Überlegungen und würdigen Sie diese Organisationsform!
b) Die Produktion der neuen Kaffeemaschinen auf der Grundlage der alten Modelle musste auch zu Veränderungen in den Fabrikhallen führen. Als das neue Produkt entwickelt war, nahm sich der Projektleiter einen Projektassistenten zu Hilfe. Dem oblag es, die Fertigungsstätten bis zur Nullserie vorzubereiten. Können Sie auch hier die Organisationsform grafisch darstellen? Erläutern Sie, was sich möglicherweise verändert haben könnte!
Matrixorganisation mit Liniensystem (Produktmanagement)
Zusammenfassung Die Führung eines Unternehmens ist aus horizontaler und vertikaler Sicht zu sehen. Sie ist horizontal, wenn es um den Entscheidungsprozess geht, der sich in der obersten Führungsetage vollzieht. Dazu gehört auch die Organisation, wie Entscheidungen getroffen werden. Die vertikale Sicht offenbart die Hierarchie eines Unternehmens, d.h. seine Instanzen mit den dazugehörigen Befugnissen. Dazu wird insbesondere die Anweisungsfunktion gezählt, aus der sich Befehlslinien und viele Informationswege ableiten lassen.
4.
4.5
Die Geschäftsführung
Führungsanforderungen
77
Einiges zu den Veränderungen in der Welt Hierzu zählen:
Der Erfolg von Unternehmern, Managern und anderen Arbeitnehmern in leitender Funktion hängt von einer Summe von Faktoren ab. Das Beispiel (siehe Abb. 70) des Höhenflugs einer Frau in die Leitungsposition eines großen Unternehmens lässt Ursachen herausfiltern, die zugleich auf individuellem Charakter beruhen. Unternehmer und Manager werden in besonderem Maße mit einer sich verändernden Wirtschafts- und Gesellschaftswelt konfrontiert. Das ist auf nationalem Terrain ebenso wie auf internationalem zu spüren. Selbst in den eigenen Unternehmen vollziehen sich Prozesse, mit denen sich die Unternehmensführung intensiv auseinander setzen muss. Sie kann ein Unternehmen nur aussichtsreich führen, wenn sie selbst über Eigenschaften verfügt, die dieses ermöglichen. Eine Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hatte bei 10 Anforderungsmerkmalen zu folgender Rangfolge geführt: 1. Einsatzbereitschaft 2. Führungsqualitäten 3. Kooperationsbereitschaft 4. Initiative 5. Durchsetzungskraft 6. Verantwortungsbereitschaft 7. Kommunikationsfähigkeit
• Globalisierung der Märkte • Zunahme der internationalen Konkurrenz • Bildung noch größerer Zusammenschlüsse (Konzentration) • Zu- und Abwanderungen ganzer Menschenmassen • Entstehen neuer Techniken für Herstellung, Information und Dienstleistungen • Wandel der inländischen Gesellschaftsstrukturen • Wachsen des Umweltbewusstseins • Erhöhung der sozialen Spannungen im Inland Pressenotiz 1995 tagte die Weltfrauenkonferenz in Peking, in einem Land, in dem immer noch das Sprichwort gilt: „Drei Tugenden zeichnen eine Frau aus: Gehorsam gegenüber dem Vater, gegenüber dem Mann und gegenüber dem Sohn.“ In offenbar stillem Gehorsam werden weltweit Millionen Frauen benachteiligt. Armut ist weiblich. Siebzig Prozent der Menschen in Not sind Frauen. Sie leiden unter unzureichender Gesundheitsversorgung, niedriger Bildung und Gewalt. Abb. 84:
Benachteiligung von Frauen Quelle: Die Zeit
8. Entscheidungskraft 9. Problemlösungsfähigkeit 10. Teamgeist. „Spitzenführungskräfte müssen außergewöhnliche Persönlichkeiten sein. Sie erweisen sich als extrem unkonventionell im Denken und Handeln, sie sind deutlich flexibler, unbefangener und begeisterungsfähiger als der Durchschnitt“, schreibt das Capital.
Aufgabe 47. a)
Prüfen Sie, ob die Behauptungen noch Gültigkeit haben und ob sich die Situation der Frau in der Wirtschaft und bei uns geändert hat.
b) Sehen Sie sich die Zusammensetzung des Bundestages an. Was lässt sich hierzu sagen?
78
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
F1 F2 F3 F4 F5 F6 F7 F8 F9 F10 F11 F12 F13 F14 F15 F16
Faktorbezeichnung Wettbewerbsvorteil Faktorbezeichnung (niedrige Werte) 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 (hohe Werte) Sachorientierung F1 Kontaktorientierung F2 Abstraktes Denken Konkretes Denken Emotionale Störbarkeit Emot. Widerstandsfähigk. F3 Soziale Anpassung F4 Selbstbehauptung Besonnenheit Begeisterungsfähigkeit F5 Flexibilität F6 Pflichtbewusstsein Zurückhaltung F7 Selbstsicherheit Robustheit F8 Sensibilität Vertrauensbereitschaft F9 Skeptische Haltung Pragmatismus F10 Unkonventionalität Unbefangenheit F11 Überlegtheit Selbstvertrauen F12 Besorgtheit Sicherheitsinteresse Veränderungsbereitsch. F13 Gruppenverbundenheit F14 Eigenständigkeit Spontaneität F15 Selbstkontrolle Innere Ruhe F16 Innere Gespanntheit Managerinnen Manager
Abb. 85:
Durchschnitt der Bevölkerung
Eigenschaften von Führungskräften
West, weiblich
Abb. 86:
West, männlich
Ost, weiblich
Führungspositionen Frauen und Männer im Vergleich Quelle: Frauenleitbild 2000, A. Springer Verlag
Bürokraft angelernter Arbeiter 37,6 24,3 21,9 16,1
Facharbeiter Verkäufer 28,8 32,6 40,0 49,6
Sachbearbeiter Vorarbeiter 12,8 15,1 5,9
16,9
Herausgehobene qualifizierte Fachkraft 8,7 13,7 14,0 13,6
Sachgebietsleiter, Referent, Handlungsbevollmächtigter 1,1 3,2 1,9 3,1
Abteilungsleister Prokurist 0,9 3,5 1,9 3,7
0,6 2,4 0,9 2,2
Direktor Amts-, Betriebsleiter
Verteilung der abhängig Erwerbstätigen nach ihrer Stellung im Betrieb
Ost, männlich
4.
Die Geschäftsführung
Nach der Untersuchung des „Capital“ verfügen Spitzenunternehmerinnen und -unternehmer über nahezu dieselben Eigenschaften. Frauen sind sozial etwas anpassungsfähiger, etwas unbefangener, sind eher gruppenverbunden und spontaner, Männer dagegen sind vertrauensbereiter, noch begeisterungsfähiger und weniger emotional störanfällig. Aber in allen Fällen handelt es sich um Nuancen, die insgesamt keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern ausmachen. Warum sind Frauen dennoch in den Führungsetagen unterrepräsentiert?
4.5.1 Frauen im Management Führungspositionen werden meistens von Männern eingenommen. Und selbst wenn Frauen an der Spitze stehen, werden sie in der Regel schlechter bezahlt, sofern es sich nicht um eine Position beim Staat handelt. Frauen sind in der Praxis noch nicht gleichberechtigt. Wie lässt sich dieser Zustand u.a. begründen? Er •
beruht auf Traditionen
•
basiert auf Vorurteilen der Frau gegenüber
•
ist durch Ängste der Männer zu erklären, ihre Position zu verlieren
•
kann daran liegen, dass Frauen weniger selbstbewusst als Männer und damit nicht durchsetzungsfähig genug sind
•
kann darauf zurückgeführt werden, dass Frauen nur zeitbegrenzt arbeiten werden, bis eine Familie gegründet wird.
4.5.1.1
Problemfelder
Frauen in Führungspositionen verzichten weit gehend auf Familie bzw. auf ihre Betreuung.
79
Vergangenheit? Von 21 Mio. Frauen im erwerbsfähigen Alter Ende l989 in den alten Bundesländern war jede zweite berufstätig. Das waren so viele Frauen wie nie zuvor. Mikrozensus stellte fest, dass die Zahl der weiblichen Erwerbspersonen von l964 bis 1989 um gut l8 Prozent, nämlich von 9,8 auf 11,7 Millionen, gestiegen ist. Das Statistische Bundesamt meldete jedoch, dass nur 2,7 Prozent der berufstätigen Frauen ihre Arbeit als Führungstätigkeit bezeichnen. Von 1304 Führungskräften deutscher Aktiengesellschaften sind nach einer am 27. November l991 veröffentlichten Untersuchung des Wirtschaftsmagazins Forbes nur neun Frauen. Das sind 0,7 Prozent. Davon seien vier entweder Eigentümerinnen oder Erbinnen der Firma, und nur fünf seien berufen worden. „Wenn man die Gleichberechtigung im Betrieb erreichen will, braucht man eine ganz breite Basis. Das fängt unten an, nicht oben … Ein paar Frauen im obersten Führungskreis schaden meiner Erfahrung nach der Gleichberechtigung mehr als sie nützen.“ – Aussage des A. Schwarz, Vorsitzender des Konzernbetriebsrats der DASA (aus: U. Schwarzer, Arbeit schützt vor Armut nicht, Serie Pieper Frauen, S. 11).
Aufgabe 48. a)
Verfolgen Sie für eine Woche die Presse! Wo sind darin Artikel, Statistiken, Berichte über Frauen zu finden? Sammeln Sie diese, und werten Sie sie aus!
80
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
So wie ihre männlichen Kollegen sind die meisten weiblichen Führungskräfte durch ihre Tätigkeit, Verantwortung und durch ihr Engagement gezwungen, nicht nur länger zu arbeiten als die Normalbeschäftigten, sondern herumzureisen, Verhandlungen außerhalb des Betriebes zu führen und möglicherweise Geschäftsfreunde mehrere Wochen lang aufzusuchen. Eine Direktorin kann in der Regel nicht von einer flexiblen Arbeitszeitgestaltung Gebrauch machen, kann kaum Familienpausen in Anspruch nehmen oder gar Erziehungsurlaub eingehen. Ebenso entfallen für sie Halbtagstätigkeit und Jobsharing. Etwa ein Drittel aller beschäftigten Frauen übt eine Teilzeitbeschäftigung aus. Für sie entfällt die Chance, eine leitende Stelle zu bekleiden. Die Diskrepanz zu verkleinern zwischen dem, was Gesetzgeber fordern, nämlich der Gleichstellung von Mann und Frau, und dem, was die Praxis verwirklicht hat, ist nach führenden Frauenpolitikerinnen nur möglich, wenn Betriebe Gleichstellungsstellen schaffen (Instanzen), die Führungscharakter haben.
4.6
Führungskultur
b) Verfolgen Sie Zeitungs- und Praxisberichte über Frauen, die hohe Leitungsfunktionen innehaben! Achten Sie besonders auf die Politik! Stellen Sie Ihre Ergebnisse zusammen, und diskutieren Sie hierüber miteinander! Und was tut sich bei der DMW AG in dieser Hinsicht? Aus dem Informationsblatt der DMW: Ein „Frauenauto“ gibt es noch nicht. Die DMW basteln daran. Immer mehr Frauen haben bei der Konstruktion ein entscheidendes Wort mitzureden, weil sich ihre Ansichten über Autos von denen der Männer abheben. Damit tragen sie dazu bei, dass die Kombination unterschiedlicher Erwartungen und Denkansätze zu einem perfekten Produkt führt. Das Frauenauto ist ein neues Projekt der DMW. Chefkonstrukteurin ist die Ingenieurin Frau Dr. Lara Weniger. Sie arbeitet mit weiteren Frauen zusammen.
Das Wochenpensum der Selbstständigen Durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit in Stunden 2005 Land
Arbeitszeit
4.6.1 Begriff
Irland
58,4
Führungskultur ist Teil der Unternehmenskultur (siehe Kapitel „Personalwirtschaft“).
Niederlande
56,3
Belgien
54,9
Frankreich
54,6
Luxemburg
54,2
Deutschland
53,5
Dänemark
53,3
Großbritannien
51,4
Portugal
50,8
Griechenland
50,4
Spanien
47,2
Italien
45,6
Sie wird hier verstanden als das Führungsverhalten. Verhalten kann als Funktion der Interaktion von Person und Umfeld aufgefasst werden. Das Umfeld der Unternehmensführung ist bestimmt •
•
nach innen durch Personen gleicher Ebene (z.B. Vorstand) und durch die Mitarbeiter nach außen u.a. durch Teilhaber ohne Führungsanspruch, durch Kunden und Lieferanten, durch Mitbewerber und Geschäftsfreunde, durch Verbände und Politiker.
Abb. 87:
Arbeitszeit der Selbstständigen
4.
Die Geschäftsführung
Führungsverhalten ist also ein soziales Verhalten, das sich im Umgang mit anderen Menschen ausdrückt. Wer führt, will Einfluss ausüben. Wer Menschen führt, möchte diese beeinflussen. Dass sich andererseits Führungsverhalten verändert, weil es selbst sozialen Einflüssen ausgesetzt ist, ist immer wieder nachweisbar. Ein Verhalten in dem hier gebrauchten Sinne ist nur dann Führungsverhalten, •
wenn die Beeinflussung in einer direkten sozialen Beziehung steht
•
wenn die Beeinflussung der Existenz des Betriebes dient
•
wenn der Beeinflussende über ein gewisses Aktionspotenzial und über einen Informationsvorsprung verfügt.
Da jeder in einer Gruppe von Menschen solche Eigenschaften entwickeln kann (wie es z.B. in Vereinsmannschaften bekannt ist), gehört zum Führungsverhalten im Unternehmen die formale Organisation, die den Unternehmer bzw. die Unternehmer von vornherein und den Vorstand durch Wahl zu Führenden macht.
4.6.2 Führungsstile Führungsstile sind Teil des Führungsverhaltens. Sie drücken die Art und Weise aus, wie die Unternehmensführung gehandhabt wird. So beispielsweise, wie Mitarbeiter eingesetzt und an der Entscheidungsfindung beteiligt werden oder wie die Vorgabe von Zielen geregelt ist. Führungsstil ist diejenige Verhaltensweise des Vorgesetzten im Unternehmen, die auf der Grundlage der persönlichen und der von der Unternehmensspitze geforderten (oder zugelassenen) Einstellung das Führungsverhältnis gestaltet, indem sie durch entsprechende Maßnahmen auf die Arbeit des Geführten einwirkt und den Leistungsvollzug bewirkt.
81 Pressebericht zum Führungsverhalten W. St. trauert seinen früheren Mitarbeitern nicht nach. Der Grund: Sie haben ihn um seinen Job gebracht. Bis Ende vergangenen Jahres war St. Vertriebschef der KSM Deutschland. Dann kam die Umfrage unter 800 Vertriebsmitarbeitern. Ihr Ergebnis: 46% kritisierten vehement seine interne Informationspolitik, nur l4% waren mit der Führung ihres Chefs zufrieden. Die Folge: W. St. wurde entthront. Unternehmen sollten ihre Mitarbeiter öfter nach der Führungskunst ihrer Chefs befragen. Sie würden sich wahrscheinlich über das Ergebnis wundern, die Vorstände in deutschen Unternehmen müssten gleich reihenweise ausgetauscht werden. Ihre Einschätzung und die ihrer Untergebenen zu ihrer Führungskunst klaffen weit auseinander. Sie halten sich für Partner und handeln wie Diktatoren. Demokratur im Betrieb. Mitarbeiter reihen knapp 70% der Manager in die Phalanx der autoritären Typen ein. (Quelle: Wirtschaftswoche)
Abb. 88a:
Führungsverhalten
Produktivitätskiller Nummer eins sind in der Bundesrepublik die Fehler der Manager: Rund 44 Prozent der Verluste sind auf mangelnde Planung und Steuerung zurückzuführen, weitere 23 Prozent auf Fehler in Führung oder Aufsicht. Schlechte Arbeitsmoral der Mitarbeiter ist für 13 Prozent der Verschwendung verantwortlich. (Quelle: Impulse 12/2003)
Abb. 88b:
Führungsfehler
Beispiel: Führungsverhalten Die DMW AG verfügt über ein Leitungsorgan, das auf der Basis von Führungsleitlinien handelt. Auszug Wer erfolgreich führen möchte, muss sich mit einer betriebswirtschaftlichen und vernetzten Denkweise auseinander setzen. Erfolgreiches Führen setzt Führungseigenschaften und -fähigkeiten voraus. Wer erfolgreich führen möchte, muss sich als „sozialer Architekt“ des Unternehmens begreifen. Darunter ist auch zu verstehen, •
die Kommunikation untereinander zu fördern (Führende, Geführte)
•
Vertrauen der Mitarbeiter zu der Führung zu schaffen, sodass
•
das gemeinsame Ziel (Vision) bei allen aufgenommen und verinnerlicht wird und ihr Handeln danach bestimmt ist.
82
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Führung hat sich in jüngster Zeit vor allem im Gefolge eines Wertewandels (Abb. 90) von einer nur betriebswirtschaftlich sachlich orientierten Aufgabe zu einer ebenso psychologisch menschlichen entwickelt (siehe hierzu Abb. 44, 66 und Kapitel 3.1).
Aufgabe 49 Wie beurteilen Sie in Ihrem Umfeld (Familie, Verein, Freundeskreis, Unternehmen) diejenigen, die eine „stille oder formale Führerschaft“ innehaben?
Die so veränderte Rolle der Führung, die auf viele Einzelprozesse und -elemente zurückzuführen ist (gesellschaftlicher, technologischer, struktureller und politischer Wandel), siehe auch Abb. 89, hat die Begegnung der Menschen im Betrieb, also die der Leitung und der Mitarbeiter sowie der Mitarbeiter untereinander, verändert. Die Wirksamkeit der Führungsstile hängt ab von •
der Fähigkeit der Führenden,
•
der Persönlichkeit der Mitarbeiter,
•
der Struktur der zu führenden Gruppe,
•
der Anzahl der zu führenden Mitarbeiter,
•
der Art der gestellten Aufgabe,
•
den Arbeitsbeziehungen generell,
•
Kontrollformen,
•
rechtlichen Rahmenbedingungen u.a.
Ein Führungsstil wird autoritär genannt, wenn der Vorgesetzte sämtliche Entscheidungen trifft und sie in Form von unwiderruflichen Anweisungen oder Befehlen weitergibt. Oft ist der Führungsstil so beherrschend, dass Mitarbeiter Angst haben.
Abb. 89:
Die Rolle der Führungskräfte bei Teamarbeit
Die DMW hatten diese Aufgaben (Abb. 89) für ihre Werke in Halle und Emden im Rahmen ihrer Fertigung entwickelt und tatsächlich auch verwirklichen können. Gruppenarbeit steht hier an erster Stelle.
Er ist patriarchalisch, wenn die Mitarbeiter wie unmündige Kinder behandelt und ihnen jegliche Entscheidungs- und Verantwortungskompetenzen abgenommen werden. Als Ausgleich hierzu sorgt sich der Patriarch um alle arbeitsmäßigen, privaten, materiellen und möglicherweise persönlichen Angelegenheiten seiner Mitarbeiter. Die relativ große Sicherheit wird mit dem Nachteil der Bevormundung erkauft. Abb. 90:
Wertewandel in der Gesellschaft Quelle: team connex
4.
Die Geschäftsführung
Von einem formellen Führungsstil wird gesprochen, wenn es zwischen dem Vorgesetzten und den Mitarbeitern keinerlei persönliche Beziehungen gibt. Maßgebend für das beiderseitige Verhalten sind Vorschriften und fixierte Regeln. Meist fordert der Führende Anerkennung und Unterordnung der Mitarbeiter kraft Amtsautorität. Im kooperativen Führungsstil ist die Einstellung des Führenden, ungeachtet tatsächlicher Stellungsunterschiede, auf die ausdrückliche Zusammenarbeit mit dem Untergebenen gerichtet. Im Sinne menschlicher Gleichberechtigung vollzieht sich die Zusammenarbeit des Führenden mit den zu Führenden in allen Phasen des Führungsvorganges.
83
Informationen zur Gruppenarbeit Team-(Gruppen-)arbeit hat sich als starke Säule sozialer Energie entwickelt. Sie ist die Kraft, die von Menschen ausgeht, die sich zusammengefunden haben und etwas Gemeinsames entwickeln. Im betrieblichen Sinne sind das Aufgaben und Probleme, die sie bearbeiten und gemeinsam lösen. Nur mit Eigenreglementierung, ohne ein Gegenüber von Macht und Abhängigkeit, regen sich Menschen gegenseitig an, erleben das Gegenüber, hören das Andersartige, kommunizieren in allen Varianten. Für sich selbst und für das Unternehmen, in dem sie tätig sind.
Autoritärer Führungsstil
Abb. 91:
Kooperativer Führungsstil
Führungsstile und Entscheidungsspielraum
Ihre wesentliche Auswirkung findet die Anerkennung von menschlicher Gleichberechtigung und Gleichstellung darin, dass die Untergebenen als Träger eines Selbstständigkeitsanspruches angesehen werden. Sie sind als Mitarbeiter anerkannt, die mit dem Vorgesetzten gemeinsam die Aufgaben im Betrieb zu bewältigen versuchen. Allerdings erfordert dieser Führungsstil vom Führenden Vertrauen zu den Mitarbeitern und von diesen Verantwortungsbewusstsein.
Die DMW AG musste es sich gefallen lassen, dass der Betriebsrat u.a. veröffentlichte: Eine zukünftige Anpassung der Unternehmen an den zunehmenden Wettbewerbsdruck – und das wird selbst in den konservativen Lagern der Arbeitgeber so gesehen – kann nur dadurch erreicht werden, dass den Beschäftigten mehr Entscheidungs- und Beteiligungsmöglichkeiten gegeben werden und mehr als bisher auf ihre Fähigkeiten und Kenntnisse vertraut wird.
84
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Der kooperative Führungsstil ist mehr als nur die Zusammenarbeit zwischen den Vorgesetzten und den Mitarbeitern. Er erlaubt eine Mitwirkung an den Führungsentscheidungen. Das aber kann nicht im „freien Raum“ passieren. Er erfordert eine Reihe von Regeln, die beide Partner einhalten müssen. Aus diesem Ansatz haben sich so genannte Führungsmodelle entwickelt, die unter der Bezeichnung „Management by…“ bekannt geworden sind.
4.6.3 Führungsmodelle Zu diesen Führungsmodellen zählen u.a.: •
Management by Objectives (MbO)
•
Management by Delegation (MbD)
•
Management by Exception (MbE)
•
Management by Conflicts (MbC)
•
Management by Results (MbR).
Beim MbO entwickelt der Vorgesetzte unter Beteiligung der Mitarbeiter Zielvorstellungen (z.B. Einführung eines neuen Frauenautos), die aus den Unternehmenszielen abgeleitet sein müssen. Diese werden den Mitarbeitern vorgegeben. Zur Motivations- und Kreativitätsförderung entwickeln sie selbst Maßnahmen, deren Ergebnisse sie weitgehend selbst kontrollieren. Meist werden Arbeitsgruppen eingerichtet, die die Maßnahmen festlegen und Kontrollmechanismen einrichten. Schwerpunkte dieses Modells sind demnach Eigeninitiative und Selbstkontrolle. Voraussetzungen, dass das Verfahren tatsächlich funktioniert, sind •
das Wollen der Mitarbeiter, an der Gestaltung einer neuen Aufgabe mitzuwirken
•
eine klare Zielformulierung
Sie sind die eigentlichen Experten, die durch ihr Know-how und das Nutzen informeller Kanäle viele Unternehmen überhaupt am Leben erhalten. Deshalb wird Beteiligung im betrieblichen Management einen immer wichtiger werdenden Stellenwert erhalten. Auch bei uns ist in Hannover die Trendwende eingeleitet. Nun müssen wir folgen. Führungsstil autoritär
kooperativ
Führungsphilosophie Der Führer ist der Herr, die Geführten sind Untergebene und Gefolgsleute.
Führungsphilosophie Der Führer ist Lenker und Koordinator einer Kooperation, die Geführten sind Mitarbeiter und Partner.
Unterstellungen über Mitarbeiter Sie haben eine Abneigung gegen die Arbeit. Es fehlt ihnen an Intelligenz, ihre Arbeit selbst einzuteilen.
Unterstellungen über Mitarbeiter Sie finden Erfüllung in der Arbeit, wenn ihre persönlichen Ziele gleichzeitig realisierbar sind. Die Mitarbeiter sind hinreichend intelligent, selbst den jeweils besten Weg zu einer Lösung zu finden.
Willensbildung (Entscheidungsvorbereitung) Die Führung weiß und kann alles besser als die Untergebenen. Deswegen kann grundsätzlich auf Besprechungen und Beratungen verzichtet werden.
Willensbildung (Entscheidungsvorbereitung) Die Führung ist, um zu einer sachgerechten Entscheidung zu kommen, auf die Mitwirkung der Mitarbeiter angewiesen. Deswegen wird der Einsatz von Koordinationsmitteln angestrebt (Stäbe, Kollegien).
Entscheidungsbildung Der Führer koordiniert durch Einzelentscheidungen. Singularinstanzen sind typisch (Direktorialprinzip).
Entscheidungsbildung Der Führer koordiniert durch Einschaltung der Mitarbeiter in den Entscheidungsprozess.
Abb. 92:
Gegenüberstellung zweier Führungsstilpole nach Bleicher
4.
Die Geschäftsführung
•
ein Zusammenpassen von Gesamtziel und Einzelzielen
•
ein Handlungsspielraum der Mitarbeiter, der eigene Entscheidungen zulässt (Fließbandarbeit ist demnach ungeeignet).
Nun ist zu fragen, wer bei Misserfolgen die Verantwortung hierfür zu tragen hat. Im MbD-Modell werden Aufgaben und Entscheidungen auf die Mitarbeiter übertragen, die zugleich die Eigenverantwortung hierfür zu übernehmen haben. Auf diese Weise fühlen sie sich motiviert und werden sich mehr als sonst für das Unternehmen engagieren (Steigerung der Leistungsbereitschaft). Als Voraussetzungen lassen sich herausstellen: •
Vorhandensein der Delegationsfähigkeit der Mitarbeiter
•
Formulierung delegierbarer und nicht delegierbarer Aufgaben
•
Entwicklung eines Kontroll- und Berichtssystems
•
Versorgung der Mitarbeiter mit ausreichendem Informationsmaterial.
Das Prinzip des MbE-Modells bezieht sich auf das Eingriffsrecht des Vorgesetzten in den Aufgabenbereich seiner Mitarbeiter. Der Vorgesetzte schaltet sich nur ein, wenn •
die Leistung der Mitarbeiter nicht mit den gesteckten Zielen übereinstimmt
•
neue Ziele gesetzt werden müssen
•
Innovationen eingeführt werden sollen
•
außergewöhnliche Entscheidungen anstehen.
Das MbE-Modell ist daher ein Führungsmodell, das von Abweichungsanalysen und dem Einschreiten im Ausnahmefall lebt. Will man solche Abweichungen erkennen, bedarf es einiger Sollvorgaben (Norm) oder Sollergebnisse. Als wichtigste Voraussetzungen lassen sich nennen:
85
Aufgabe 50. a) Zwei Führungsstile – Gegenüberstellung Als Gegensatz zum autoritären Führungsstil wird der kooperative genannt. Besser wäre, die Laissez-faireFührung dagegenzuhalten. Was ist letzterer für ein Führungsstil? Warum sollte man ihn dem autoritären gegenüberstellen? b) Kooperativer Führungsstil Wenn Sie vor die Entscheidung gestellt würden, entweder in einem Team mit gleichberechtigten Mitgliedern oder allein – nur Ihrem Chef unterstellt – zu arbeiten, wie würden Sie sich entscheiden? Begründen Sie Ihre Entscheidung mit den Vorteilen, die Sie damit verbinden! c) Führungsstil einer Chefin Renate Korn ist Chefin und Eigentümerin von zwei Friseursalons. Frau Korn ist eine energische junge Dame, die ihre eigenen Vorstellungen im Geschäft in die Tat umgesetzt hat. Ihr zur Seite stehen zwei junge Friseusen, die aus den beiden besten Salons Hamburgs kommen. Die Chefin verfügt über eine große Ausstrahlungskraft. Sie ist selbst eine Topkraft, packt an, wenn die beiden übrigen Damen ausgebucht sind. Sie weiß aber auch, was sie will. Manchmal überzieht sie ihren Ton. Allerdings passiert das nicht vor Kundinnen. Neulich gab es gerade wieder eine kleine Auseinandersetzung, weil sie von Frau Meinhard verlangte, länger da zu bleiben, um Ware anzunehmen. Was diese dann auch tat. Die Bezahlung ist sehr gut. Ein volles Weihnachtsgeld ist seit Jahren gang und gäbe. Extrawünsche der Mitarbeiterinnen werden meist erfüllt. Beurteilen Sie das Führungsverhalten!
86
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
•
Vorhandensein eines Berichtssystems
Beispiel
•
Bestehen eines Kontrollsystems
Modell bei der DMW AG
•
klare Regelung der Zuständigkeiten
•
Akzeptanz der Ziele, Abweichungstoleranzen und Ausnahmen.
Wir starten einen neuen Versuch, um unsere Führungsspitze zu entlasten. Gleichzeitig mit der Neuerung sollen Eigeninitiative und Leistungsmotivation der Mitarbeiter gefördert werden. Aus diesem Grunde führen wir ein neues Führungssystem ein. Da wir bereits ein gutes, leistungsfähiges Planungs-, Informations- und Kontrollsystem haben und da sowohl unsere Vorgesetzten über Delegationsbereitschaft verfügen, als auch unsere Mitarbeiter zum größten Teil delegationsfähig sind, dürfte die Einführung des Führungssystems keine großen Schwierigkeiten bereiten. Sie werden im Laufe der Zeit feststellen, dass durch eigene Verantwortung, die Sie tragen, und durch Entscheidungsfreiheit, die Sie besitzen, das Führungssystem den Menschen mehr denn je berücksichtigt, also humaner ist, ohne in ein System abzugleiten, in dem bald ein Chaos herrschen wird, weil jeder jedes tun kann und will. Dennoch, auch dieses Führungssystem kommt nicht ohne von der Leitung vorgegebene Ziele aus, überlässt es aber den Arbeitsgruppen, die organisatorisch zusammengehören, Unterziele aus der betrieblichen Zielsetzung herauszubrechen, sie zu formulieren und entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Ziel – Ergebnisanalysen werden so zu einem Kernpunkt des Systems, weil sie neue Teilziele formulieren und in die Tat umsetzen lassen.
Auch hier – wie bei den schon dargestellten Modellen – werden Entscheidungen auf untere Ebenen übertragen, jedoch hängt ihr Spielraum von der Definition der Ausnahmefälle ab. MbC beruht auf der Idee, in dezentralen Führungssystemen auftretende Konflikte positiv als Indiz für sich entwickelnde oder bereits vorhandene Koordinationsmängel aufzufassen und sie für das Unternehmen nutzbar zu machen. MbR ist die Bezeichnung für eine ergebnisorientierte Methode der Unternehmens- führung. Ähnlich dem MbO werden alle Abteilungen angehalten, auf Grund sorgfältiger Ergebnisanalysen die Ziele für die nächste Periode zu bestimmen. Alle hier genannten Führungsmodelle schließen sich nicht gegenseitig aus, stellen keine Alternativen dar, sondern können zueinander different beziehungsweise voneinander unabhängig sein.
Hausmitteilung – Der Vorstand die Damen und Herren des dezentralisierten Einkaufs Frau Speh, Frau Godmann, Herr Günther, Herr Peters, Herr Wolfram, Herr Fink. Wir bitten Sie zu einem Gespräch
Zusammenfassung
am 15. März um 09:00 Uhr in das Hauptgebäude, Raum 602,
Die Gesamtheit der Reaktionsweisen der Führung auf Situationen, Einflüsse und Anstöße nennt man Führungsverhalten. Führungsstile sind Teil des Führungsverhaltens. Der kooperative Führungsstil offenbart sich in verschiedenen Führungsmodellen, u.a. im MbO. Es ist modern, fördert die Eigeninitiative und erhöht die Wirtschaftlichkeit.
um Ansätze für die Kostensenkung im Bereich des Materialverbrauchs zu erarbeiten und zur Umsetzung ein entsprechendes Projekt aufzusetzen. Wir freuen uns auf eine erfolgreiche Sitzung. Mit freundlichen Grüßen gez.
Abb. 93:
Hero Brahme Constantin von Flohr
Originalhausmitteilung der DMW AG
4.
4.7
Die Geschäftsführung
Neue Führungsaufgaben
4.7.1 Aufgabenfelder Angesichts der veränderten Wirtschafts- und Betriebswelt haben sich neue sachrationale Aufgabenfelder ergeben, die in den Begriffen Benchmarking, Re-engineering, Lean Management, Target-Costing, Total Quality, Umweltmanagement zum Ausdruck kommen. Einige von ihnen sind in manchen Abschnitten dieses Kapitels berührt worden, andere werden in den betreffenden Kapiteln (z.B. Total Quality im Rahmen der Produktion) behandelt. Hier nur ein paar Aussagen zu ausgewählten Themen.
4.7.2 Benchmarking Benchmarking ist „die Methode zur Bestimmung der/des eigenen Lücke/Vorsprungs im Vergleich zum Klassenbesten sowie zur Schließung der/des Lücke/ Ausbaus der Stärke durch die Umsetzung neuer industrieller Praktiken und Handlungsweisen“ (Burckhardt). Hinter Benchmarking verbirgt sich das deutsche Wort Messlatte. Gemeint sind in der Betriebswirtschaftslehre Daten und Kennzahlen des besten Konkurrenten, die als Maßstab für das eigene Unternehmen gesetzt werden. Dabei ist die Sichtweise die des Kunden, insbesondere desjenigen, •
der sich für das Konkurrenzprodukt entschieden hat
•
und das möglicherweise wegen der Technik, des Preises und der Qualität oder aber
•
wegen der Dienstleistungen des Konkurrenten nach der Kaufentscheidung (Nachsorge, Instandhaltung, Reparaturdienste).
87
Zusätzliche Informationen zum Benchmarking Benchmarking wird von der Idee getragen, die den Wandel als Teil der Unternehmenskultur begreift. Damit wird Benchmarking zum dynamischen Part der Unternehmensstrategie. Benchmarking stellt keine Abteilung dar. Zu seinem Zweck wird ein Team gebildet, das aus leitenden Kräften und aus Mitarbeitern des Unternehmens besteht. Es dringt in der Regel nicht in das gesamte Rechnungswesen zur Ermittlung von Struktur- und Prozesskennzahlen (Schwachstellenanalyse) ein und macht dies auch nicht zur ständigen Aufgabe, sondern wird vielleicht zweimal im Jahr aktiv, recherchiert über zwei bis drei Monate, zielt zum Beispiel auf ein Produkt, auf die Forschung und Entwicklung, auf den Fertigungsprozess.Benchmarking ist auch kein Controlling, das als Stabsstelle der Unternehmensleitung fungiert. Benchmarking soll die Nutzungspotenziale des Unternehmens erkennen und ausnutzen. Im Team muss die Befähigung vorherrschen, Neues hervorzubringen. Meist ist das Neue ein neues Produkt, ein anderes Produkt oder nur dasselbe mit verändertem Aussehen. So ist Benchmarking eine Art Unternehmensführung vom Markt her. Es wirft alte Regeln über Bord und viel Hergebrachtes. Daher stellt es auch zuerst kundenorientierte Fragen.
Aufgabe 51. a)
Sie werden in der Presse zurzeit ständig lesen, dass viele Unternehmen ihren Betrieb „ummodeln“. Begründen Sie diese Entwicklung!
b) Warum reicht dieser Schritt oft nicht aus, die Betriebe hier zu belassen?
88
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Ziel
Abb. 94:
Was zum Benchmarking gehört
Benchmarking beginnt mit einer Schwachstellenanalyse des eigenen Unternehmens, dabei können ebenso Teilbereiche wie der gesamte Betrieb unter die Lupe genommen werden. Anlass hierzu geben meist Umsatzeinbrüche, Finanzierungslücken, Organisationsmissstände, Kostenentwicklungen u.v.m.
Aufgabe 52. Interpretieren Sie das obige Schaubild. Überlegen Sie, was unter Istkennzahlen aus dem Wertefeld und dem Geschehen zu verstehen ist!
4.7.3 Re-engineering Re-engineering ist das „fundamentale Überdenken und radikale Umformen von geschäftlichen Prozessen mit dem Ziel, Leistungsdaten wie Kosten, Qualität, Service und Geschwindigkeit dramatisch zu verbessern“. Re-engineering wird durch fünf Forderungen begleitet, die mit der Umwandlung einhergehen. Sie sind zum Teil zugleich auch Voraussetzungen für den Erfolg: •
Ziel ist der höhere Kundennutzen, d.h. es rückt den Abnehmer in den Vordergrund (und seine Zufriedenheit).
Abb. 95:
Inhalt des Re-engineering in Anlehnung an GeminiConsulting
4.
•
Die Geschäftsführung
Und da sich Wirtschaft (z.B. der Markt), Gesellschaft (z.B. Auffassungen über Umwelt) und Betriebe (Technik) ändern, bedarf es eines ständigen Einsatzes der Menschen, diese Entwicklung mitzutragen.
•
Hierzu muss das Re-engineering-Konzept von Führung und Mitarbeitern akzeptiert werden.
•
Ein Konzept kann nur anerkannt werden, wenn man dieses versteht. Daher müssen genügend Kenntnisse und Erfahrungen über ein Unternehmen und über dessen Einbindung in ein ganzes System bei Führung und Belegschaft vorliegen. Die Sichtweise muss holistisch sein.
•
Die Akzeptanz erleichtert die Kommunikation zwischen Führung und Belegschaft.
89
Beispiel: Wie es Rolls-Royce erging: RR warf alle Traditionen über Bord und verordnete eine drastische Business Transformation (siehe Abb. 96 und 97). Damals wurde RR nur noch 1 768 Wagen los. Anzeichen für eine rasche Erholung des von einer tiefen Rezession geplagten Unternehmens konnte niemand ausmachen. Re-engineering musste her. Bei RR ist die Operation gelungen. 40 Mio. Pfund Fixkosten wurden gekappt. Wörtlich heißt es weiter: „Konsequente Greenfield-Analysen führten RR zu den unverhältnismäßig teuren Betriebsfunktionen, die sich per Outsourcing preisgünstiger erfüllen ließen.“ Inzwischen arbeitet RR schneller, flexibler und besser. Quelle: manager magazin
Das hat zur Folge, dass mit der Einführung des Re-engineering (Abb. 95) meist vier Schritte parallel gefahren werden: •
Einstellungsänderung (Reframing)
•
Erneuerung (Renewing)
•
Revitalisierung (Revitalizing)
•
Restrukturierung (Restruction).
4.7.4 Target-Costing Target-Costing ist ein kundenorientiertes Konzept der Kostenplanung, -steuerung und kontrolle. Man nennt dieses Vorhaben auch Zielkostenmanagement (target, engl. = Ziel). Target-Costing geht weit über seinen Kostencharakter hinaus, weil es •
das Rechnungswesen zum strategischen Instrument eines Unternehmens treibt
•
den besten Konkurrenten und dessen Kosten (vom Markt erlaubte Kosten) zur Richtschnur der eigenen Kosten macht (Soll), die nicht höher als die Zielkosten sein dürfen
Abb. 96:
Re-engineering bei Rolls-Royce
90
•
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
zu einem veränderten Ansatz der Preispolitik führt, in der eine Deckung der Vollkosten verlangt und das Erzielen eines Gewinns vorausgesetzt werden.
Da Target-Costing ebenso wie das Benchmarking und das Re-engineering vom Markt ausgeht, haben alle diese Denkweisen (und danach ausgerichtete Maßnahmen) etwas gemeinsam: Die Kundenorientierung wird zum Impulsgeber der Veränderungen. Die Kunst des Target-Costing besteht darin, die aus dem Markt abgeleiteten Zielkosten (erlaubte Kosten) nicht nur zu planen, sondern zu erreichen. Damit tritt die Frage, was ein Produkt kosten wird, in den Hintergrund. An ihre Stelle tritt die Frage: Was darf unser Produkt kosten? Zielkosten werden auch als vom besten Konkurrenten zugelassene Kosten genannt. Hat man diese ermittelt, dann werden sie auf Produkteigenschaften (-funktionen) heruntergerechnet, auf Produktteile und Produktkomponenten. Warum? Ist die Höhe für eine bestimmte Eigenschaft ermittelt, dann kann davon ausgegangen werden, dass Kunden eine ähnliche Eigenschaft an einem anderen Produkt in gleicher Weise honorieren. Auf diese Weise kommt auch eine gewisse Marktausrichtung (Kundenorientierung) in die Betrachtungsweise. Ein Vergleich der Zielkosten mit den eigenen Kosten (meist handelt es sich um Standardkosten) zwingt beim Auseinanderklaffen zur Analyse. Sind die Gründe aufgedeckt, die die hohen Kosten verursachen, und sind diese beeinflussbar, dann können Maßnahmen zur Veränderung eingeleitet werden. Praktiker berichten heute schon davon, dass dieses neue Kostendenken zukunftssicherer, effektiver und zielgerichteter ist. Die Ermittlung der aus dem Markt abgeleiteten Zielkosten ist äußerst schwierig. Besser wäre es, käme man an die tatsächlichen Kosten des besseren Konkurrenten heran. Meist nur ein frommer Wunsch.
% 30 30 24 20
18
17 9
10
11 7
0 1
2
3
1. Kostenreduzierung 2. Durchlaufzeit 3. Umsatzsteigerung 4. Marktanteilauswertung
Abb. 97:
4
5
6
7
5. Produktivitätssteigerung 6. Qualitätsverbesserung 7. Kundenzufriedenheit
Durchschnittliche Erfolgsquote nach Re-engineering-Maßnahmen
Bericht aus der Presse Re-engineering ist ein holistisches Prinzip. Es krempelt das Unternehmen völlig um. Und das dauert längere Zeit. Re-engineering umfasst alle nur möglichen Maßnahmen, die die Transformation einleiten und durchsetzen. Einzelmaßnahmen sind verfehlt. Diese stopfen hier Löcher und reißen dort welche auf. Alle Maßnahmen werden so getroffen, als würde das Unternehmen neu gegründet. Dass das bei laufender Produktion nicht realisierbar ist, versteht sich von selbst. Dennoch gibt es gleichzeitig genügend Ansätze. Re-engineering ist kein Konzept für die Leitungsebene allein, aber auch keins ohne sie. Mit seiner Installation sind folgende Maßnahmen verbunden: • Einrichtung innerbetrieblicher Computersysteme • Umsetzung von job enrichment, job enlargement und job rotation • Aufbau von Qualitätszirkeln (Total Quality Management) • Aufbau eines Zeitmanagements (Time Based Management) • Paradigmenanalyse und Schulung zu kundenorientiertem Verhalten aller Mitarbeiter (Client Quality Management) • Ablösung der alten Hierarchien (Lean Management) • Auflösung der produktionsgebundenen Abläufe (Lean Production) • Benchmarking • Target-Costing • Just- in-time-Belieferung • Kanban.
Quelle: IK, Zeitschrift für Industriekaufleute
4.
Die Geschäftsführung
91
Total Quality Management
Target-Costing Management
Abb. 98:
Time Based Management
Elemente für Wettbewerbsvorteile
Zusammenfassung Wesentliche politische und soziale Veränderungen im Inland und in Europa, in den Entwicklungs- und Schwellenländern sowie in den übrigen Industrienationen haben den Konkurrenzkampf verstärkt. Um in der Zukunft überleben zu können, müssen Strategien entwickelt werden, die sich von den früheren unterscheiden. So haben sich in den letzten Jahren Führungsansätze gebildet, die auf eine neue Sichtweise betrieblicher und wirtschaftlicher Vorgänge basieren. Sie ist holistisch, d.h. ganzheitlich, und fordert vernetztes Denken heraus. Das TQM war wohl der Wegweiser für den Umwälzungsprozess, der später seinen Ausdruck in der schlanken Produktion und dem schlanken Management (Lean Production, Lean Management) fand. Parallel dazu wurde schon das Just-in-time-Management praktiziert, oder es wurden Führungstechniken wie MbO, MbE, MbD eingeführt. Heute stehen Re-engineering, Benchmarking und Target-Costing im Vordergrund. Sie alle machen die Kundenorientierung zum Mittelpunkt.
4.8
Unternehmenskultur
Unternehmenskultur wird definiert als ein Gefüge von Normen, Werten, Verhaltensund Arbeitsweisen, das die betriebsinternen Strukturen, Abläufe und Entscheidungen auf der Ebene der zwischenmenschlichen Beziehungen, der Technik und des Produkts bestimmt. Die Definition ist so komplex, dass es Schwierigkeiten bereitet, sie nachzuvollziehen. Das liegt am Begriff „Kultur“. Unternehmenskultur hat viele Facetten. Sie kommt durch die Beziehungen der Führung und Belegschaft untereinander und zur Außenwelt ebenso zum Ausdruck wie durch Gestaltung der Organisation, ihrer Regeln, Abteilungen und Abläufe. Anhand der folgenden Fragen (Auswahl) sollen die in Frage kommenden Einzelaspekte einer Unternehmenskultur herausgestellt werden.
Hier wurden erfolgreiche Unternehmen nach ihren wichtigsten Erfolgsfaktoren gefragt. Ergebnis: An der Spitze landen gute Produkte vor qualifizierten Mitarbeitern und zufriedenen Kunden. Die viel zitierten Innovationen werden offenbar als weniger wichtig empfunden. Ist für den Erfolg wichtig Produktqualität Mitarbeiterqualität
33 % 22 %
Kundenorientierung
20 %
Wirtschafts-/Marktlage
20 %
Strategie/Führung Innovationen
Abb. 99:
14 % 12 %
Erfolgsfaktoren für Unternehmen
Ergänzungen zur Unternehmenskultur Die Unternehmenskultur kommt auch zum Teil durch das Erscheinungsbild eines Unternehmens (Corporate Identity – kurz CI genannt) zum Ausdruck. Gemeint ist das Bild, mit dem sich ein Unternehmen darstellt, und wie es von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.
92
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
•
Welche Ziele verfolgt ein Unternehmen?
Was wird hierzu gezählt?
•
Wie viele Personen führen ein Unternehmen?
Ein Unternehmen wird meist danach beurteilt,
•
Wie geht die Führung bei Entscheidungsfindung miteinander um?
• welche Qualität diese haben
•
Welche Stellung wird der Belegschaft beigemessen?
•
Welcher Führungsstil wird praktiziert?
•
Welches Führungskonzept findet besondere Anwendung?
• welche Produkte es anbietet • wie zuverlässig es ist • wie die Kunden behandelt werden (Kundenorientierung) • mit welchen Serviceleistungen es aufwartet. Die Gesamtheit aller Faktoren der hier oben genannten, aber auch Teile des inneren Gefüges (durch nebenstehende Fragen zum Ausdruck kommend) mit seinen Beziehungen und Strukturen prägen sein Erscheinungsbild.
•
Wie arbeiten die Mitarbeiter untereinander zusammen?
•
Wie ist die Mitbestimmung in den Unternehmensprozess integriert?
•
Wie werden zwischenmenschliche Konflikte gelöst?
•
Wie ernst wird der Unfallschutz genommen?
•
Wie ist er eingerichtet?
•
Wie werden Arbeitszeiten, Urlaubszeiten, Überstunden geregelt?
Sie wird insgesamt mit Corporate Communications bezeichnet. Unter diesem Begriff werden auf operationaler Ebene u.a. unterschieden:
•
Welche Löhne werden gezahlt?
• Corporate Behavior (CB)
•
Welche Sondervergünstigungen festgelegt?
•
Welche Stellung beziehen Frauen im Unternehmen?
•
Gibt es leitende Frauen?
•
Welchen Stellenwert genießt die Ausbildung von jungen Menschen?
•
Wie wird sie gehandhabt?
•
Wie ist die Gesamtstruktur des Unternehmens angelegt?
•
Wie sind die Abläufe organisiert?
•
Welche Fertigungsverfahren sind installiert?
•
Wo werden Gruppenarbeiten ausgeführt? (Teamwork)
•
Wie sind die Werkstätten, Abteilungen, Arbeitsplätze ausgestattet?
•
Welche Bedeutung haben Umweltfragen und Umweltschutz?
sind
Um dieses in der Öffentlichkeit abzugeben und nachhaltig zu erhalten (CI-Strategie), haben Unternehmen eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit entwickelt (siehe Abb. 100).
• Corporate Design (CD) • Corporate Advertising (CA) • Corporate Sales Promotion (CSP).
Aufgabe 53. Klären Sie die oben genannten Begriffe sowie die in Abb. 100 erwähnten! Hilfreich hierfür sind deutsch-englische Wörterbücher. Außerdem verfolgen Sie bitte in Zeitschriften und Magazinen, welche Unternehmen ständig Anzeigen veröffentlichen und welche Inhalte diese haben. Vielleicht stoßen Sie auf solche, die dem Erscheinungsbild eines Unternehmens dienen sollen. Wenn Sie zwei Anzeigen dieser Art gefunden haben, stellen Sie die Erscheinungsbilder gegenüber!
4.
Die Geschäftsführung
93
•
Welche Modernität besitzen Gebäude, Läger, maschinelle Anlagen?
•
Welche Geschäftsverbindungen vorhanden?
•
Welche Kooperationsformen in der Beschaffung gibt es?
Strategische Ebene
Corporate Identity
sind
•
Wie werden Kunden behandelt?
•
Wo und wie werden Mittel zur Finanzierung beschafft?
•
Welche Produkte werden produziert?
•
Welches Markenzeichen wohnt ihnen inne?
•
Wie ist die Qualität der Produkte etc.?
•
Welches Erscheinungsbild bietet das Unternehmen nach außen?
Die Vielzahl der Fragen lässt eine einheitliche Begriffsbestimmung kaum zu, und die hier angebotene Begriffsdefinition zu Anfang des Abschnittes erscheint abstrakt und schwer verständlich. Daher ist es sinnvoller, die Unternehmenskultur durch Fragen zu erforschen, wie das hier geschehen ist. Die Unternehmenskultur wird sowohl von der Führung als auch von den Mitarbeitern getragen. Sie ist nicht allein Sache der Leitung, wenn diese das Unternehmen auch nach außen verkörpert. Auch die Führungskultur, worunter das Führungshandeln im Besonderen zu verstehen ist (das durch die Art der Entscheidungsfindung und durch den Führungsstil zum Ausdruck kommt), ist Teil der Unternehmenskultur. Eingeleitet allerdings wird sie durch Unternehmensgründer. Besteht ein Unternehmen bereits, dann wird die Führung durch ihr Verhalten (Führungsgrundsätze, Führungsstil und Führungskonzepte) und durch ihr Konzept die Grundlage für das Miteinander bestimmt haben. Insofern ist sie auch zum großen Teil verantwortlich hierfür. Ebenso trägt auch die Belegschaft durch ihren Umgang mit der Führung und mit sich selbst, aber auch mit den Kunden und Lieferanten zu der Gestaltung der Unternehmenskultur bei.
Taktische Ebene
Corporate Communications Operationale Ebene
PR
Abb. 100:
Design
Advertising
VKF
Teilinstrumente der CI
Leitbild der DMW – Aussagen zu den Mitarbeitern Worauf wir uns verlassen können Erfolg und Anerkennung unseres Unternehmens beruhen wesentlich auf Kompetenz und Engagement aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Kooperativer Führungsstil und systematische Ausbildungs- und Fördermaßnahmen in einem an der Leistung des Einzelnen orientierten Umfeld sowie eine flexible Organisation schaffen hierfür bestmögliche Voraussetzungen. Die Zusammenarbeit im Unternehmen wird durch Teamgeist geprägt. Dazu gehören offener Informations- und Meinungsaustausch, die Beteiligung an Entscheidungen, die Gewährung von Freiräumen, die Förderung individueller Verantwortungsbereitschaft und der konstruktive Umgang mit Fehlern. Information und Kommunikation verstärken die Identifikation aller Mitarbeiter mit dem Unternehmen. Gemeinsam mit der Belegschaftsvertretung schaffen wir die Voraussetzungen für eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit, in der Leistung anerkannt und Rechte geachtet werden. Jeder soll nach seinen individuellen Eignungen und Fähigkeiten eingesetzt und gefördert werden. Wir verwirklichen die Grundsätze der Chancengleichheit und der Fairness. Leistungsgerechte Bezahlung sowie soziale Absicherung und Fürsorge für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben bei uns Tradition. Wir fordern und fördern Eigeninitiative, konstruktive Beiträge zur Weiterentwicklung des Unternehmens und die Bereitschaft, auf allen Ebenen unternehmerisch (verantwortlich) zu denken und zu handeln.
94
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Zusammenfassung Die Unternehmenskultur ist ein schwierig zu definierender Begriff. Hinter ihr verbirgt sich das äußere und innere Erscheinungsbild eines Betriebes. Herausragend sind die Beziehungen von Führung zu Mitarbeitern und umgekehrt sowie der Umgang der Betriebsangehörigen untereinander.
5. Kurzer Abriss der Organisation 5.1
Organisationsbegriff
Die Organisation eines Unternehmens kommt durch seinen Aufbau (Struktur) und durch seinen Ablauf zum Ausdruck. Beide zusammen bilden eine Einheit. Und beide sind voneinander abhängig, beeinflussen sich gegenseitig und nachhaltig. Der Aufbau macht das äußere Erscheinungsbild des Unternehmens aus. Es sind die Führung, in Aktiengesellschaften die Vorstände und ihre Aufsichtsräte, und es sind die Instanzen, Abteilungen und Stellen. In jedem Herstellungsunternehmen sind Menschen, Werkstoffe und Betriebsmittel sowie Informationen zu einem einheitlichen Ganzen zusammenzuführen. Das kann nicht ohne Vorgaben, Regeln und Anweisungen, nicht ohne vorgezeichnete Abläufe und schon gar nicht ohne Aufgabenverteilungen und Kompetenzen gehen. All das und mehr noch wird Ablauforganisation genannt, in der sich die Beziehungen der Belegschaft offenbaren. Wer sorgt für die Prozesskette, für die Abfolge der Verwaltungstätigkeiten und für die Geschlossenheit der Herstellung, für den Informationsfluss, die Aufgabengliederungen etc.? Das ist Aufgabe der Organisationsabteilung. Sie ist sowohl für den Aufbau als auch für den Ablauf zuständig. Sie verfügt über die Fähigkeit, organisieren zu können. In der Regel ist sie eine Stabsabteilung, vgl. 5.3 Seite 101.
Abb. 101:
Der Organisationswürfel
Organisation im Regelkreislauf des Führungssystems Organisation hat für die Umsetzung der betrieblichen Zielvorgaben (Willensbildung) zu sorgen (siehe Kapitel Führung). Sie dient daher der Willensdurchsetzung, der die Kontrolle (Controlling) folgt (siehe 5.3). Die Organisationsabteilung wird damit Teil des Regelkreislaufs im Führungssystem, organisatorisch ist sie meist als Stabsstelle der Führung angesiedelt.
94
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Zusammenfassung Die Unternehmenskultur ist ein schwierig zu definierender Begriff. Hinter ihr verbirgt sich das äußere und innere Erscheinungsbild eines Betriebes. Herausragend sind die Beziehungen von Führung zu Mitarbeitern und umgekehrt sowie der Umgang der Betriebsangehörigen untereinander.
5. Kurzer Abriss der Organisation 5.1
Organisationsbegriff
Die Organisation eines Unternehmens kommt durch seinen Aufbau (Struktur) und durch seinen Ablauf zum Ausdruck. Beide zusammen bilden eine Einheit. Und beide sind voneinander abhängig, beeinflussen sich gegenseitig und nachhaltig. Der Aufbau macht das äußere Erscheinungsbild des Unternehmens aus. Es sind die Führung, in Aktiengesellschaften die Vorstände und ihre Aufsichtsräte, und es sind die Instanzen, Abteilungen und Stellen. In jedem Herstellungsunternehmen sind Menschen, Werkstoffe und Betriebsmittel sowie Informationen zu einem einheitlichen Ganzen zusammenzuführen. Das kann nicht ohne Vorgaben, Regeln und Anweisungen, nicht ohne vorgezeichnete Abläufe und schon gar nicht ohne Aufgabenverteilungen und Kompetenzen gehen. All das und mehr noch wird Ablauforganisation genannt, in der sich die Beziehungen der Belegschaft offenbaren. Wer sorgt für die Prozesskette, für die Abfolge der Verwaltungstätigkeiten und für die Geschlossenheit der Herstellung, für den Informationsfluss, die Aufgabengliederungen etc.? Das ist Aufgabe der Organisationsabteilung. Sie ist sowohl für den Aufbau als auch für den Ablauf zuständig. Sie verfügt über die Fähigkeit, organisieren zu können. In der Regel ist sie eine Stabsabteilung, vgl. 5.3 Seite 101.
Abb. 101:
Der Organisationswürfel
Organisation im Regelkreislauf des Führungssystems Organisation hat für die Umsetzung der betrieblichen Zielvorgaben (Willensbildung) zu sorgen (siehe Kapitel Führung). Sie dient daher der Willensdurchsetzung, der die Kontrolle (Controlling) folgt (siehe 5.3). Die Organisationsabteilung wird damit Teil des Regelkreislaufs im Führungssystem, organisatorisch ist sie meist als Stabsstelle der Führung angesiedelt.
Kurzer Abriss der Organisation
Rückkopplung (Feedback)
Information
Planung (Willensbildung) Zielformulierung
Maßnahmen
Kontrolle (Willenssicherung) Ergebniskontrollen Verfahrenskontrollen Verhaltenskontrollen Ist-Sollvergleich
Organisation (Willensdurchsetzung)
Die Aufbauorganisation
5.2.1 Herkömmliche Betriebsstruktur
Beschaffung Produktion Absatz
Mitarbeiterebene
Zielvorgabe
Zeitablauf
5.2
Problemerkenntnis Problemanalyse
Revisionsebene
Organisation ist ein lebendiges Gewebe, das sich wie ein Netz über das gesamte Unternehmen spannt. Sie ordnet es, verknüpft Haupt- und Nebenstellen, schafft Schnitt-, Durchgangs- und Endstellen. Mit ihr wird die Arbeit im Betrieb geregelt. Organisation ist überall. Sie vollzieht sich in Raum und Zeit, ihre Regelungen können einmalig und dauernd sein, sodass ihre Anzahl (Menge) die dritte Dimension hierin ist. Wer Organisation beschreiben will, kann sich des Organisationswürfels bedienen.
95
Leitungsebene
5.
Umsetzung der Ziele
Unternehmen werden theoretisch in zwei Sektoren gegliedert, in die Verwaltung und die Herstellung. Das ist ihr äußerst grob strukturierter Aufbau. Die beiden Begriffe sind nicht mit dem Begriff „Abteilung“ gleichzusetzen. Die Herstellung ist meistens räumlich von der Verwaltung getrennt. Sie findet in Fabriken statt. Eine weitere Differenzierung hängt von der Branche, von der Größe des Betriebes, von den Produkten, von der Zugehörigkeit zu anderen Unternehmenseinheiten, vom Alter des Betriebes, von seinen Herstellungsverfahren, von der Art der Führung u.a. ab. Zur Verwaltung zählen alle Abteilungen, die nicht der Produktion zugeordnet werden können. Das sind der Einkauf (siehe auch Abb. 105), der Verkauf, die Buchhaltung, die Personalabteilung (siehe Abb. 104).
Abb. 102:
Der Regelkreislauf im Führungssystem
Aufgabe 54. Interpretieren Sie Abbildung 102! Zum Begriff „Verwaltung“ Der Verwaltungsbegriff wird unterschiedlich ausgelegt. Spricht man im Volksmund von ihm, dann meint man behördliche Tätigkeiten, die mit der Erfassung von Daten (z.B. Eintragung von Geburten, Eheschließungen, Sterbefällen, Ausstellen von Ausweisen, Führerscheinen und Zeugnissen) und mit deren Überwachung zu tun haben. Man könnte dies alles als Verwaltung im engeren Sinne bezeichnen. Verwaltung ist aber mehr. Sie umfasst neben der Durchführung und Überwachung auch die Planung und Organisation. Im eigentlichen Sinne lässt sie sich wie folgt ordnen: Planung – Organisation – Durchführung – Überwachung.
96
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Der Herstellung gehören u.a. Werkstätten, Fabrikhallen, Produktions- und Zwischenläger an, aber auch alle Abteilungen, die der Herstellungsplanung und -steuerung dienen. Auch hier seien ein paar genannt: Arbeitsvorbereitung, Konstruktion, Entwicklung, Fertigungssteuerung und -kontrolle. Viele von ihnen werden in den weiteren Ausführungen berührt und in vielen Abschnitten in ihrer Arbeit verfolgt.
Ausgewählte Ziele der Verwaltung
Zum Aufbau wird auch die Leitung gerechnet und die sich aus dem Weisungssystem ergebenden Instanzen, Abteilungen und Stellen (siehe auch Abb. 103). Wonach richtet sich die Einrichtung von Abteilungen? Sind es nur die Funktionen, die die Abteilungsgliederung bestimmen? Gibt es andere Merkmale, die für die Abteilungsbildung verantwortlich sind? Ist es die Größe eines Betriebes, abhängig von der Belegschaft, oder geht man mehr von den Umsätzen aus? Alle diese Elemente tragen dazu bei, dass sich ein Unternehmen eine strukturelle Ordnung gibt, in der Schwerpunkte mal hier, mal dort zu setzen sind. Eine automatisierte Fertigung z.B. mit dem eingeführten CIM wird weniger Abteilungen haben als ein Unternehmen, das herkömmlich produziert. Lagergröße und -ablauf sowie Lagerhaltung werden bei produktionssynchroner Beschaffung anders als bei üblicher Belieferung aussehen. Heute geht die Kooperation mit Lieferanten bereits so weit, dass Komponentenanbieter ihre Produkte nicht nur herstellen und liefern, sondern diese beim Besteller einbauen, sodass die eigene Produktion „schlanker“ wird. Sieht man sich die Ziele der Verwaltung an, kann man bei der Herstellung ergänzen, dass in fast allen ihren Abteilungen gleichzeitig auch verwaltet wird.
•
Gewährleistung Ablaufs
•
Speicherung von Informationen
•
Sicherung des Betriebsprozesses
•
Schaffen günstiger Voraussetzungen für niedrige Kosten
•
Vereinfachung von Arbeiten
•
Suchen nach besseren Methoden
Kleinbetrieb
eines
Mittelbetrieb
Chef, manchmal Abteilungsleiter
Verkauf Inland Verkauf Ausland Versand Rechnungslegung Reklamation Werbung Marktforschung Public Relations
reibungslosen
Großbetrieb
Hauptabteilungsleiter Absatz
Abteilungsleiter Verkauf Inland Verkauf Ausland Versand Rechnungslegung Reklamation Abteilungsleiter Werbung Marktforschung Public Relations
Abteilungsleiter Verkauf Inland Abteilungsleiter Verkauf Ausland Abteilungsleiter Versand Abteilungsleiter Werbung
Abb. 103: Mögliche Abteilungsorganisation
Beispiel DMW AG: In den DMW in Hannover gibt es eine Abteilung, die „Allgemeine Verwaltung“ heißt. Hinter ihr verbergen sich die Registratur und Datenverwaltung, Hausmeister und Gebäudeversorgung, Telefonzentrale und Betriebsarzt mit Krankenzimmer.
5.
Kurzer Abriss der Organisation
97
Abb. 104:
Aufbauorganisation einer Industrieunternehmung
Abb. 105:
Der Einkauf der „jungen“ DMW AG in Halle, heute durch Logistik völlig geändert
Abb. 106:
Neubestimmung der Arbeitsfelder eines Unternehmens
98
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Begriffe in Kurzform
Aufgabe
Treasuring
55. Versuchen Sie bitte, die Merkmale einer Abteilung herauszustellen und sie danach zu definieren! Prüfen Sie bitte außerdem, welche Abteilungen sich in Ihrer Unternehmung „Verwaltungsabteilungen“ (Allgemeine Verwaltung) nennen!
Es übernimmt Aufgaben im Zusammenhang mit der Finanzdisposition (Cash Management) zum Zweck der Liquiditätssicherung, der Finanzsicherung (und damit der externen Rechnungslegung) sowie der allgemeinen Verwaltung (Liegenschaften, Mahn-, Steuer-, Versicherungs- und Rechtswesen). Marketing Planung, Koordination und Kontrolle aller auf die aktuellen und potenziellen Märkte ausgerichteten Unternehmensaktivitäten mit dem Zweck einer dauerhaften Befriedigung der Kundenbedürfnisse einerseits und der Erfüllung der Unternehmensziele andererseits. Logistik Beschreibung, Erklärung und Gestaltung aller mit dem Material-, Energie- und Produktfluss (Durchlauf und Umlauf) zusammenhängenden Prozesse innerhalb des Unternehmens und zwischen den Unternehmen und der Umwelt. Innovation Die Verwirklichung neuer wirtschaftlicher Konzepte – speziell neuer Produkte und Dienstleistungen –, aber auch neuer Verfahren in Produktion, Management und Organisation. Developing Pflege und Entwicklung des Personals, der Organisation und der betriebswirtschaftlichen Systeme.
Ergänzungen zum Aufbau Die Führungsebene und die damit verbundenen Weisungswege haben bereits aufgezeigt, dass es mehrere Führungsebenen gibt, die mit Sektoren- und Abteilungsgliederungen einhergehen (Sektoren z.B. für den Bereich der Beschaffung und des Absatzes; Abteilungen z.B. für den Verkauf Inland und Verkauf Ausland, siehe Abb. 103). Während früher die Abteilungen durch die klassischen Funktionen Einkauf, Verkauf, Produktion, Personal bestimmt waren, wird heute vielfach die Prozesskette mit überlappenden Aufgaben (Einkauf und Produktionsplanung z.B.) zum Vorbild für Abteilungsgliederungen gewählt, sodass die Aufgaben in den Abteilungen neu verteilt werden mussten (siehe Abb. 106). Typisch hierfür ist auch in der Produktion, wenn mehrere Arbeitsgruppen jeweils ein Kraftfahrzeug zusammenbauen. Nicht mehr die Arbeiten am Fließband (als Abteilung „Zusammenbau“ ausgewiesen), sondern die Einzelteams bilden das äußere Bild der Fabrikationshalle (als Unterabteilungen der Produktion).
Zusammenfassung Die Aufbauorganisation beschäftigt sich mit den einzelnen Unternehmensbereichen, Abteilungen und Stellen. Eingeschlossen ist die oberste Führungsetage eines Betriebes. Ihre Untergliederung richtet sich bei herkömmlichen nach den bekannten Funktionen Beschaffung, Produktion, Absatz etc. Diese Organisationsstruktur ist zum Teil durch überlappende Sektoren abgelöst worden (siehe auch Projekt O.).
5.
Kurzer Abriss der Organisation
99
5.2.2 Aufgabengliederungspläne
Aufgabe
Die Organisation sorgt für die Ordnung im Betrieb. Sie ist aus zwei Blickwinkeln zu beleuchten:
56. Die DMW AG hatte die Abteilungsleitung für das Zentralsekretariat ausgeschrieben. Als Ziel war angegeben: Mit vorhandenen Arbeitskräften (2 Schreibkräfte, 2 Sekretärinnen) täglich anfallende Sekretariatsarbeiten jeweils zum gleichen Abend zu erledigen. Höchste Wirtschaftlichkeit ist anzustreben. Im Text hieß es über Tätigkeiten u.a.: 1. Von der Poststelle vorsortierte Post für Abteilungsleiter öffnen und sortieren lassen. 2. Von der Poststelle vorsortierte Post für Hauptabteilungsleiter weiterreichen. 3. Eingehende Arbeiten (Briefe, Terminabsprachen, Belegungen) für Abteilungsleiter auf Mitarbeiter verteilen und nach Fertigstellung prüfen. 4. Bestellung von Büromaterialien für das Sekretariat vornehmen. 5. Freistellungsgesuche der Mitarbeiter bearbeiten. 6. Kostenabrechnungen für Abteilungsleiter erledigen.
•
aus der disziplinarischen und
•
der sachlich-funktionalen
Sicht. Zur ersten zählt das Befehls- und Weisungssystem. Zur zweiten wird die Aufgabengliederung und -verteilung gezählt. Aufgaben können nach Tätigkeiten gegliedert werden, dann heißen sie eindimensionale, oder nach Befugnissen, und dann spricht man von mehrdimensionaler Gliederung. Befugnisse stellen ausdrücklich zugeteilte Rechte dar. Diese lassen sich mit Sachaufgaben kombinieren. Viele Arbeitnehmer erledigen so genannte Realisationsaufgaben, andere Kontrollaufgaben, und schließlich gibt es Planungs- und Entscheidungsaufgaben. Arbeitnehmer mit Planungs- und Entscheidungsaufgaben haben hierfür demnach die besondere Befugnis erhalten. Sie zählen zu den Führungsaufgaben. Auch Arbeitnehmer haben gewisse Planungsaufgaben zu erledigen. Sie müssen nämlich planen, wie sie ihre Arbeit einteilen und den Arbeitsberg abarbeiten. Diese Art der Tätigkeiten hat aber nichts mit Führungsaufgaben zu tun. Sie gehören zu jedem Arbeitsplatz.
a)
Was für Aufgaben sind zu erledigen?
b) Welche Befugnisse sind der Leiterin übertragen? c)
Ist diese Organisation noch zeitgemäß?
Realisationsaufgaben umfassen solche, die für die Zielerreichung ausgeführt werden müssen. Wer Konstruktionszeichnungen aufstellt, wird wissen, wie er das macht. Kontrollaufgaben schließen eigentlich jeden Arbeitsprozess ab. Ob hierfür der Vorgesetzte zuständig ist oder der Arbeitnehmer selbst, ist für die Einordnung dieser Aufgabenart gleichgültig. Die Überwachung eines ganzen Unternehmens überlässt man dem Controlling.
Abb. 107: Funktionsdiagramm als Teil eines Aufgabengliederungsplanes
100
Mit dem aufgabenbezogenen Würfel (Abb. 108) lässt sich ein gesamtes Aufgabensystem darstellen, und es lassen sich Einzelaufgaben beschreiben.
5.2.3 Funktions- und Objektprinzip
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Aufgabe 57. Versuchen Sie, das Schaubild zu erläutern! Vielleicht ist es Ihnen sogar möglich, die genannten Aufgabentypen hinter den Einzelaufgaben wiederzufinden.
Das Funktions- oder Verrichtungsprinzip der Organisation stellt Arbeitsreihenfolgen (kurz Arbeitsfolgen genannt) in den Vordergrund der Abteilungs- und Aufgabengliederung. Der Beschaffung folgt die Produktion, nach ihr kommt der Absatz. Oder innerhalb der Beschaffung (Einkauf) schließt die Angebotsbearbeitung an Marktforschung und Anfrageversand an. Einteilung und Gliederung sind hierbei verrichtungsorientiert.
Abb. 108:
Nun lassen sich Abteilungen auch nach einer anderen Richtschnur einrichten.
Aufgabe
Es ist das Objektprinzip, das besagt, dass die Objekte (um die es geht – und in der Beschaffung sind es z.B. Werkstoffe und Betriebsstoffe) für die Einrichtung von Abteilungen ausschlaggebend sind. Werden diese näher beschrieben, dann sind die dortigen Tätigkeiten herauszustellen und in Zusammenhang mit den entsprechenden Mitarbeitern (Aufgabenträger – siehe Abb. 105) zu kennzeichnen. Sie lassen sich in konzentrierter und dekonzentrierter Form unterscheiden. Nun lassen sich zwei weitere Begriffe für die Beurteilung von Abteilungen, Stellen und deren Aufgaben hinzuziehen. Einerseits geht es um Breitengliederung und andererseits um Tiefengliederung. Breitengliederung liegt vor, wenn mehrere Abteilungen oder Arbeiten parallel geordnet sind. Tiefengliederung setzt mit den Hierarchiestufen ein und endet mit der Reihenfolge mehrerer Aufgaben in einem begrenzten Aufgabenbereich (Abb.110).
Der Aufgabenwürfel
58. Definieren Sie die unterschiedlichen Aufgabentypen! Unterscheiden Sie Aufgaben von Befugnissen!
Beispiel: Beschaffung bei der DMW AG Die Beschaffung bildet einen der Hauptbereiche. Sie war beim jungen Betrieb in den Einkauf für Autobleche, den für Achsen, für Fenster und Zubehör etc. unterteilt. Hier wird das Prinzip der Breitengliederung deutlich. Hier herrschte das Objektprinzip vor. Die einzukaufenden Produkte wurden dezentralisiert betreut. Die Einkaufsarbeiten lasteten auf mehreren Mitarbeitern, wobei sich einige nur um wiederkehrende Arbeiten kümmern mussten (Bestellungen). Siehe hierzu Abb. 105.
5.
5.3
Kurzer Abriss der Organisation
Die Stababteilung „Controlling“
101
Organisationsformen Objektprinzip
Verrichtungsprinzip
5.3.1 Übersicht Controlling ist als übergreifende, entscheidungsbezogene Informationsbereitstellung mit Entscheidungsfindungshilfen zu verstehen. Controlling ist nicht mit Kontrolle gleichzusetzen. Sein Rahmen ist sehr viel weiter gesteckt, weil es auch den Steuerungsbereich umfasst. Controlling hat vier Funktionen: •
Planungsfunktion
•
Kontrollfunktion
•
Informationsfunktion
•
Steuerungsfunktion.
Eine Kennzeichnung dieser Aufgaben sollte nicht ohne Wissen um die Ansiedlung des Controlling in der betrieblichen Hierarchie ins Auge gefasst werden.
Abb. 109:
Ergänzungen zum Objektprinzip (am Beispiel Einkauf)
Abb. 110:
Aufgabengliederung nach Funktionen unter Berücksichtigung von Tiefen- und Breitengliederung.
Es ist eine Stababteilung der Führung. Sie ist Zuträger an Informationen. Sie leistet Serviceoder Lotsendienst. Sie hat demnach – wie alle Stababteilungen – Beratungs-, keine Entscheidungsfunktion. Aber sie hat, entgegen den übrigen Stabsstellen, die i.d.R. nur ein begrenztes Auftragsfeld zu bearbeiten haben, holistischen Charakter. Die ist auch die Begründung für die Begriffswahl! Hätte man nur „Kontrolle“ gesagt, dann wäre der Eindruck vermittelt, dass es sich um Überwachung handelt. Das Schaubild auf Seite 102 vermittelt, wie das Controlling in den gesamten Prozess des Betriebes greift. Die vielfältigen Beziehungen sind nur fruchtbar, wenn alle Elemente gewillt sind, Informationen weiterzugeben.
102
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft Unternehmensleitung
Controller Informationsverarbeitungsstufen
I
Leitung Rechnungswesen
Beschaffungsleitung
Logistikleitung
Werksleiter
Meister
Abb. 111:
Produktionsleitung
Werksleiter
Meister
Meister
II
Verkäufer
IV
Absatzleitung
Verkaufsleiter
Meister
III
Verkäufer
Verkaufsleiter
Verkäufer
Verkäufer
Controlling als Stabsstelle der Führung bei zentraler Einbindung nach Reichmann
In ihr ist dem Organisationsprinzip Zentralisation Rechnung getragen. Es greift in alle Betriebssektoren ein, sofern dies geboten erscheint und sofern es hierzu die Befugnisse bekommen hat. In dezentralisierter Form wäre es in mehreren Bereichen, zum Beispiel in der Verwaltung und in der Herstellung, institutionalisiert (Dezentralisation). Controlling kann als strategisches oder operatives Controlling oder als beides geführt werden. Das strategische Controlling richtet sich nach außen und ist zukunftsorientiert. Es arbeitet mit den Instrumenten einer strategischen Planung sowie einem Frühwarnsystem. Dabei interessieren sämtliche Größen, die für die Sicherung der dauerhaften Existenz des Unternehmens relevant sind. So werden viele Faktoren und Ereignisse erfasst, die möglicherweise Auswirkungen auf die Entwicklung des Unternehmens haben.
Aufgabe 59. a)
Stellen Sie eine ähnliche Tabelle wie in Abb. 109 für das Verrichtungsprinzip auf! Berücksichtigen Sie dabei auch – so weit möglich – die Begriffe Konzentration und Dekonzentration sowie Zentralisation und Dezentralisation!
b) Der Aufgabenwürfel soll die Stellenkennzeichnung erleichtern. Inwiefern erlaubt er dieses? c)
Was unterscheidet das strategische vom operativen Controlling?
d) Warum ist Controlling nicht mit Kontrolle gleichzusetzen? e)
In Abb. 111 ist das Controlling als Stabsstelle zentral eingerichtet. Wie Sie sehen, berührt es den gesamten Prozess. Welche Probleme könnte diese besondere Organisationsform mit sich bringen? Welche Vorteile erkennen Sie?
5.
Kurzer Abriss der Organisation
Das operative Controlling (wie es die Abb. 111 verdeutlicht) ist gegenwartsbezogen und innerbetrieblich ausgerichtet. Dabei spielen die Soll-/Ist-Vergleiche von Zielvorgaben und Zielerreichung der Mitarbeiter eine ebenso große Rolle wie die Gegenüberstellung der Soll-/Ist-Budgets.
5.3.2 Controllingaufgaben Planungsaufgaben sind im Stab nicht gleichzusetzen mit Entscheidungsaufgaben. Im Controllingsektor werden Planungsvorgaben (Soll) mit dem Ist verglichen, Analysen hierzu aufgestellt und neue Vorgaben gemacht, die der Leitung unterbreitet werden. Sie wird entscheiden, ob dem neuen Plan gefolgt werden soll oder nicht. Solche Planungsvorhaben haben auch mit der Kontrolle zu tun. Denn jede Stelle, jede Abteilung, jeder Ablauf, jedes Ereignis etc. muss erfasst (Ist) und verglichen (Soll) werden (Kontrollaufgaben). Hierzu sind Informationen notwendig. So genügt nicht nur ihre Beschaffung. Sie werden sondiert, aufbereitet, und das heißt auch: mit anderen Posten und Positionen, mit neuen Daten und Entwicklungen in Zusammenhang gebracht, dabei umgeformt, umgewandelt und kritisch gewürdigt. Solche Informationsaufgaben haben einen hohen Stellenwert, weil Fehlinformationen und Fehlinterpretationen Leitung und den Betrieb in fatale Situationen bringen können. Diese drei Aufgabenfelder dienen der Festlegung von Leitlinien, Vorgaben und Sollgrößen und dazu, diese einzuhalten und Schwachstellen aufzudecken. Steuerungsaufgaben haben regulierende Wirkung. Sie beginnen mit der Fragestellung, wie man auf den richtigen Weg zurückkommt. So gehört es auch zu den Steuerungsaufgaben, Maßnahmen zu entwickeln, die Soll und Ist angleichen lassen.
103 Beispiel aus der Praxis Der Jahresabschluss traf Stefan Hofemeier wie ein Faustschlag: Monat für Monat hatte die kurzfristige Erfolgsrechnung der im ostwestfälischen Bünde ansässigen Werner Hofemeier GmbH für 2004 weitgehend den Erwartungen entsprochen – und plötzlich musste der Finanzchef des Küchenherstellers seinen Mitgeschäftsführern Anfang 2003 unter dem Strich einen deftigen Gewinneinbruch beichten. Die Ursache war schnell ausgemacht: Eine für 4,5 Millionen EUR errichtete Produktionshalle hatte für die – in dieser Höhe unerwartete – Ergebnisbelastung gesorgt. Die Führungscrew hatte die Auswirkungen der Investition auf die Bilanz unterschätzt. Die Geschäftsführer reagierten sofort: Stefan Hofemeier erhielt den Auftrag, ein ControllingSystem zu installieren, um in Zukunft gegen böse Überraschungen gefeit zu sein. Das Controlling, so Stefan Hofemeier, sollte also eine Alarmfunktion erfüllen, um Blindflüge wie 2004 zu verhindern. Zudem wollte der Finanzmann als solide Beschlussgrundlage fürs Management ein System, mit dem sich schon zu Beginn des Geschäftsjahres eine provisorische Bilanz bauen und die Auswirkung verschiedener Entscheidungen auf das Ergebnis simulieren lässt. Durch das Controlling-System fällen die Hofemeier-Geschäftsführer ihre Entscheidungen auf einer vergleichsweise sicheren Datenbasis und können die künftige finanzielle Entwicklung des Unternehmens besser einschätzen. Durch größere Transparenz ließen sich bereits 2005 einige erst für dieses Jahr geplante Investitionen vorziehen, da das Controlling einen finanziellen Spielraum bei der Bilanzgestaltung angezeigt hatte.
Abb. 112:
Einführung eines Controllingsystems
Beispiel aus der DMW AG: Die DMW AG hat bei der Einrichtung ihres neuen Werkes eine Analyse der Komponenten-Lieferer für die Artikel Vordersitze, Sitzbänke, Kopfstützen, Sitzheizungen und Ersatzbezüge (Lieferantenanalyse) gefordert. Das Angebot an Herstellern ist groß und umfassend.
104
Abb. 113:
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Controllingsystem
Alle Controllingfunktionen wirken zusammen. Mit der Steuerung ist der Regelkreislauf des Controlling geschlossen. Er ist anders als der Führungsregelkreislauf, weil das Controlling immer von der Leitung abhängig ist. Mit allen Funktionen bildet es ein ganzes System (siehe Abb. 113), ohne das es seine Ziele nicht erfüllen kann.
Wer ist der richtige Lieferant? Wer kann zum richtigen Zeitpunkt die gewählte Menge in der geforderten Qualität bei günstigen Konditionen einschließlich angemessener Preise liefern? Manche Lieferanten sind nämlich preiswert, aber nicht pünktlich in der Ablieferung der Stoffe, andere sind zwar etwas teurer, dagegen aber im höchsten Grade zuverlässig. Einige bieten nur Sitzbänke an, andere nur Vordersitze. Der Controller erfasste zunächst die Anforderungsmerkmale. Hierzu einige Beispiele:
Zusammenfassung Das Controlling ist eine Stababteilung (Organisationsstruktur). Es ist in der Unternehmung ein System der Willenssicherung eingebettet. Es umfasst Qualitäten und Quantitäten (vgl. S. 104) und ist immer ein Regelkreislauf. Es kann zentralisiert oder dezentralisiert sein. Die Aufgaben sind vielfältig. Alle zusammengenommen bilden einen Regelkreislauf.
•
Die Qualität der Stoffe muss durch Reißfestigkeit und Farbtreue gekennzeichnet sein.
•
Die Liefermenge von jährlich insgesamt 100 000 Sitzen muss sichergestellt sein.
•
Die Preise pro Sitz dürfen 600 EUR nicht überschreiten.
•
Die DMW müssen wöchentlich 2500 Sitze abrufen können.
•
Die Sitze für die jeweils kommende Produktionswoche müssen freitags in den Fabrikationsstätten angeliefert werden.
5.
Kurzer Abriss der Organisation
Abb. 114 a): Das von Controllern aufgestellte Lieferantenprofil eines Anbieters.
105
Die Qualität der Produkte kommt in den Produkteigenschaften zum Tragen. Sie stehen an vorderster Stelle, weil ihnen höchste Priorität eingeräumt wird. Fast gleichrangig ist der Lieferservice. Die Bewertungen im Lieferantenprofil ergeben sich aus dem Angebot und zusätzlichen Informationen. Die Rangfolge der Merkmale basiert auf der Einschätzung der Controller in Zusammenarbeit mit dem Einkauf und der Herstellung. Herausgekommen ist für den hier genannten Lieferanten das vorliegende Profil (Abb.114). Ein Vergleich aller Profile kann dann die Entscheidung bringen. Diese ist von der Leitung zu treffen. Abb. 114 b): Aussagen zum Lieferantenprofil.
5.4
Der umweltorientierte Unternehmensaufbau
5.4.1 Umfang Unter Umweltorientierung eines Unternehmens ist seine Rücksichtnahme auf die Natur zu verstehen. Der Unternehmensaufbau ist umweltorientiert, wenn •
ein Umwelt(schutz)management gebildet worden ist
•
Standort und Anbindung an das Verkehrssystem nach Umweltent- statt belastung ausgewählt sind
•
Gebäude und Anlagen Umweltfragen berücksichtigt haben
•
die Entsorgung umweltfreundlich vonstatten geht
•
der Umweltschutz in alle betrieblichen Abteilungen greift.
Über eine umweltorientierte Organisationsstruktur liegen bis heute weder gesicherte Erkenntnisse noch wissenschaftliche Analysen vor, wenn auch umweltbezogene Einzelerscheinungen im Betrieb bekannt sind.
Abb. 115:
Offensive Umweltschutzmanagement (mit ausgewählten Maßnahmen) Quelle: IK, Zeitschrift für Industriekaufleute
106
Der Verzicht auf Klimaanlagen, die Kühlung mit so genannten Kühldecken, die Mülltrennung bereits im Unternehmen, die Verwendung von Abwasser aus der Produktion für die Toiletten (Emdener Automobilwerk der DMW), eine ökologische Fertigbauweise sind die ersten Ansätze einer so verstandenen Umweltpolitik, die durch ein Umweltmanagement praktiziert werden. In allen Fällen geht es um Umweltschutz. Vorstellbar ist ein eigenes Ressort in der Geschäftsführung, möglichst mit einer Stababteilung Umwelt – wie das Controlling – mit weit reichenden Befugnissen. Voraussetzung für ihre Wirksamkeit ist, dass sie mit Fachleuten besetzt ist, die Umweltfragen bei den Produkten, in der Produktion, in der Logistik, in der Beschaffung, in der Produktion und auch in der Kommunikation stellen und gezielt abarbeiten können. Letzteres besagt, dass „Umweltschwachstellen“ aufgedeckt und beseitigt werden. Eine neuere Entwicklung geht dahin, eine Stabsstelle „Umwelt“ mit dezentralisierten Beauftragten in den einzelnen Hauptabteilungen einzurichten. Das hat den Vorteil, dass Fachleute vor Ort die Besonderheiten nicht nur kennen, sondern sie auch beobachten und analysieren und mit ihren Ergebnissen Beratungen in der Stabsstelle unterstützen können. Noch ist diese Organisationsform zu teuer, auch wenn neuerdings bereits betont wird, dass der Versuch, in allen betrieblichen Bereichen und Funktionen die Umweltschutzanforderungen, ausgehend vom Staat oder vom Markt, in die betrieblichen Abläufe offensiv zu integrieren und sie als betriebswirtschaftliches Instrument zu benutzen, langfristig die Wettbewerbsfähigkeit des Betriebes erhöht. In der Schlussakte des Maastricht-Vertrages gemäß Artikel 130r (2) und (3) sowie Artikel 130s (5) und der 20. Erklärung zur Beurteilung der Umweltverträglichkeit von Gemeinschaftsmaßnahmen ist unter den Prinzipien zum Schutz der Umwelt auch das Verursachungsprinzip festgeschrieben.
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Integrierter Umweltschutz? Bisher hatte Umweltschutz überwiegend nachsorgende Qualitäten: Dem eigentlichen Produktionsprozess nachgeschaltete Anlagen (End-of-Pipe-Technologien) neutralisieren die bei der Produktion entstandenen Schadstoffe oder fangen diese vor ihrer Emission in die Umwelt auf. Unter nachsorgendem Umweltschutz lässt sich auch die nachträgliche Beseitigung von Umweltbelastungen verstehen. Problematisch ist der nachsorgende Umweltschutz •
aus ökologischer Perspektive, da die Schadstoffe häufig nur aus den Emissionen an die Filter gebunden werden. So können zwar akute Schadstoffemissionen verhindert werden, Probleme bereitet jedoch die Entsorgung der häufig hochkontaminierten Filter;
•
aus ökonomischer Perspektive, da nachgeschaltete Umweltschutzmaßnahmen immer mit zusätzlichen Kosten verbunden sind.
•
Langfristig sinnvoller ist dagegen der integrierte Umweltschutz. Dieser ist eng mit den Prinzipien der Vermeidung und Verwertung verbunden.
Integrierter Umweltschutz bedeutet •
die Anwendung von Produktionsprozessen, bei denen von Anbeginn an möglichst wenig Schadstoffe entstehen
•
die Entwicklung und Herstellung von Produkten, die hinsichtlich ihres Gebrauchs und ihrer Entsorgung möglichst umweltfreundliche Eigenschaften aufweisen.
Eine wichtige Rolle spielen auch die Verwirklichung geschlossener Stoffkreisläufe und die Entwicklung von über ihren ganzen Lebenszyklus hinweg umweltfreundlichen Produkten. Abb. 116: Integrierter Umweltschutz Quelle: iwd
5.
Kurzer Abriss der Organisation
Hiernach soll jeder Verursacher von Umweltschäden die Kosten zu ihrer Beseitigung oder künftigen Vermeidung in vollem Umfang tragen. Eine umweltorientierte Aufbauorganisation mit integriertem Umweltschutz könnte Umweltschäden vermeiden helfen.
5.4.2 Das Umweltmanagement Unternehmen, die ein „Umweltdenken“ in ihre Strategie übernehmen wollen, müssen über eine Führung verfügen, die sich der Umweltfragen bewusst und bereit ist, sich ihnen zu stellen und nach Lösungen zu suchen. Voraussetzung ist, dass sie diese Denkweise ihren Mitarbeitern vorleben und weitergeben. Trotz vieler Bekenntnisse zur Umwelt gibt es überall erhebliche Hemmschwellen, sie in das Management aufzunehmen. Das liegt nicht am Unvermögen der Leitung. Es sind die hohen Investitionen, die hierfür zu leisten sind und die als umweltbezogene Auflagen des Gesetzgebers sogar noch beim Bau von Anlagen ausgesprochen werden. Aber auch nachträglich getroffene Umweltanordnungen und zusätzlich verordnete umweltbezogene Eigenschaften bei Produkten erschweren die Umsetzung eines Umweltmanagements. Mit einer defensiven Einstellung zum Umweltschutz wird versucht, die Anforderungen zu umgehen, die von Seiten des Staates gestellt werden, beziehungsweise ihre Berücksichtigung verzögert. Diese Einstellung herrscht auch in Unternehmen vor, die Mindestanforderungen erfüllen. Ein offensives Umweltschutzmanagement versucht, in allen betrieblichen Sektoren und Funktionen Umweltschutzanforderungen zu integrieren. Zielsetzung ist es, die staatlichen Vorgaben nicht nur zu erfüllen, sondern sie geradezu als betriebliches Instrument zu nutzen. Die Denkweise ist mittel- und langfristig orientiert (siehe Abb. 115).
107
Beispiel: Umweltschutz bei der DMW AG Die DMW AG hat im Montagewerk in Emden den Energieeinsatz durch Stromeinsparung bei Verwendung von einstrahligen 58Watt-Leuchtstofflampen mit Spiegelreflektoren halbiert und sowohl den Wärmebedarf als auch den Wasserverbrauch verringert. In einer Verlautbarung heißt es: Auch den Wasserverbrauch konnten wir optimieren. Zum Beispiel beträgt der Frischwasseranteil nur noch 25% des Gesamtwasseraufkommens. Und die Ingenieure entwickelten für den Single einen „Abgasbehälter, der beim Starten die Abgase solange aufnimmt, bis der Katalysator einwandfrei und optimal arbeitet“. Szenarien um einen Chemiegiganten Die Geschichte des Chemie-Werks Boehringer Ingelheim in Hamburg-Moorfleet liest sich wie eine unendliche Geschichte der Skandale. Hunderte Arbeiter des Unternehmens erkrankten, viele starben. Das Ausmaß der Umweltschäden durch Dioxin, das in Hamburg bei der Produktion von so genannten Pflanzenschutzmitteln und Insektiziden entstanden ist, ist noch nicht abzusehen. Eine Chronik. 1983 wird auf einer Müllhalde in Georgswerder Dioxin gefunden. (Seit 1964 lagert die Firma Boehringer dort mit Behördengenehmigung Chloranisol. Auf dem eigenen Werksgelände türmen sich auf Halde Abfälle der LindanProduktion.) Im Februar 1984 wird ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft eingesetzt. Am 18. Juni 1984 wird das Werk der Firma Boehringer in Hamburg auf Druck der Behörde (Wolfgang Curilla war damals Umweltsenator) stillgelegt. Allerdings erst nach heftigen Protesten von Bürgerinitiativen und der GAL-Fraktion. Zwei Jahre später werden die Firmen-Anlagen abgebaut. 1989 legt Boehringer ein Sanierungskonzept für das Fabrikgelände vor – am 20. September 1990 wird eine Vereinbarung zwischen der Hansestadt und Boehringer unterzeichnet. Im gleichen Jahr steht fest, dass die BilleSiedlung in Moorfleet verseucht ist und saniert werden muss. Eine Langzeitstudie des Arbeitsmediziners Alfred Manz stellt fest: Jeder dritte Mitarbeiter des chemischen Werks in Hamburg starb an Krebs.
Abb. 117: Pressemitteilung Quelle: Hamburger Abendblatt
108
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Gewässerschutz und Abfallbeseitigung dominieren 1975
1980
1985
1990
1995
Abfallbeseitigung
4.580
5.720
6.220
9.770
15.326
Gewässerschutz
14.070
16.790
15.730
19.710
242.22
420
650
720
860
876
Luftreinhaltung
4.160
4.410
7.630
9.510
7.694
insgesamt
23.220
27.570
303.00
39.840
48.118
Lärmbekämpfung
Abb. 118: Umweltschutz-Ausgaben 1995 Quelle: Statistisches Bundesamt
Aufgabe 60. Prüfen Sie in Ihrem Betrieb oder in den Tageszeitungen, was über Umweltschutz zu finden ist! Dabei geht es meist um folgende Themen: •
Luftverschmutzung
•
Lärmbelästigung
•
Gewässerverschmutzung
•
Bodenzerstörung
•
Verpackungsmüll.
Versuchen Sie auch, grafische Veröffentlichungen zu besorgen!
5.5
Die Ablauforganisation
5.5.1 Inhalte
Beispiel:
Das Betriebsgeschehen folgt logischen Gesetzen. Einzelne Arbeiten müssen Schritt für Schritt und nacheinander gelöst werden. Während die Aufbauorganisation das Gerippe des Unternehmens darstellt, seine Bereiche, Abteilungen und Arbeitsplätze, Instanzen und Kompetenzen ausmacht, verbindet die Ablauforganisation durch Aufgabenteilung und -zusammenführung alle Elemente des Betriebes über Belege, mündliche und schriftliche Informationen (oft über die Datenverarbeitung) miteinander. Die Ablauforganisation haucht der Struktur erst „den Atem“ ein, den ein Betrieb zum Leben braucht.
Die Prozesskette als Beispiel eines Ablaufs
Der Arbeitsprozess wird durch die Ablauforganisation strukturiert. Sie vollzieht sich in bestehenden Unternehmen im Rahmen des betrieblichen Aufbaus, d.h. seiner Organe, Abteilungen und Stellen sowie seiner Instanzen und Kompetenzen.
Fragestellungen zur Ablauforganisation Eine detailliertere Darstellung des innerbetrieblichen Ablaufs kann durch Betrachtung eines Arbeitsplatzes und den dazugehörigen Aufgaben deutlicher werden:
Die Prozesskette beginnt mit dem Einkauf, führt über die Lagerhaltung zur Produktion. Die erzeugten Güter müssen oft bevorratet werden, manchmal werden sie direkt aus der Herstellung veräußert. Die Einnahmen erlauben eine Bezahlung der Elementarfaktoren, und der Prozess beginnt – sozusagen – von vorn (Wertekreislauf, siehe Seite 20). All das gehört zum Ablauf der Tätigkeiten, die im Industrieunternehmen zu erledigen sind. Hier ist er noch sehr grob gezeichnet.
5.
Kurzer Abriss der Organisation
109
Die Ablauforganisation verbindet alle Elemente miteinander, indem sie die Beziehungen festlegt, die durch Aufgabengliederungen, -teilungen und -zusammenführungen gekennzeichnet sind. Die Ablauforganisation beschäftigt sich also mit der Arbeitsfolge der Aufgaben, die nacheinander zu erfüllen sind und örtlich, zeitlich und mengenmäßig anfallen.
Ort:
5.5.2 Zielsetzungen Ziel der Ablauforganisation ist es, dafür zu sorgen,
•
Wo ist der Arbeitsplatz?
•
Woher kommen die Arbeitsunterlagen?
•
Wohin werden sie nach Durchsicht weitergeleitet?
•
Wer bringt die Papiere, Disketten und weiteren Informationen?
•
Wer holt sie ab?
•
Welche Transportwege werden eingeschlagen?
dass der Durchlauf von Informationen, Belegen, Unterlagen, Werkstoffen und Erzeugnissen so kurz und schnell wie möglich erfolgt (Aufgabenteilung, -zusammenführung und Weitergabe der Ergebnisse) und
Zeit:
•
•
•
•
Wann wird die Arbeit begonnen?
•
Wie lange dauert sie?
•
Wann werden die Dokumente weitergeleitet?
dass Arbeitskräfte und Betriebsmittel den Anforderungen entsprechend beschafft und bestmöglich eingesetzt und zugeordnet werden und
•
Wie sind die Arbeitsfolgen zu organisieren (vom Anfang bis zum Ende), damit die kürzesten Durchlaufzeiten erzielt werden?
dass die Werkstoffe genau dafür verwandt werden, wozu sie auch gut geeignet sind.
Menge:
5.5.3 Darstellungsformen Zur Darstellung der Betriebsabläufe und der einzelnen Arbeitsfolgen haben sich viele Formen entwickelt, aus denen man Beginn und Ende eines Auftrages, einer Aufgabe und Teilaufgabe ersehen kann, in denen die Beziehungen der Abteilungen und Stellen ersichtlich werden, die die Belege von Stelle zu Stelle verfolgen lassen und vieles mehr. Ganz besonders übersichtlich sind
•
Wie viele Vorgänge sind zu erledigen?
•
Wie viele Parallelvorgänge sind zu meistern?
•
Wie viele Entscheidungen sind zu fällen (als „Entweder-oder-Entscheidungen)?
•
Wie viele Stellen sind anzusprechen?
•
Wie viele Informationen sind zur Entscheidungsfindung nötig?
etc. Beispiel:
•
Ablaufdiagramme
Belegablauf bei der DMW AG
•
Datenflusspläne
•
Belegflusspläne
•
zeitbezogene Balkendiagramme
•
Netzpläne
•
Spaltentensoren u.a.
Die DMW AG hatte in ihrem Zweigwerk in Speyer, das die Felgen für ihre 3 Autotypen herstellte, vor Einführung des JIT-Prinzips bei der Mutter in Hannover und vor dem Reengineering und der Umorganisation ihrer Autofertigung vom Fließband auf Arbeitsgruppen einen „veralteten Arbeitsablauf“.
110
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Kaufmännischer Bereich
Abb. 119:
Technischer Bereich
Der aufgabenbezogene Ablaufplan
Ein Ablaufdiagramm kann grob nur mit Abteilungen und deren Hauptaufgaben (siehe Abb.119) gerastert sein, es kann aber auch eine Funktion herausstellen und hierin sowohl die Tätigkeiten nennen als auch den Weg der Belege offenbaren. Datenflusspläne dagegen lassen nur den Lauf der Informationen verfolgen. „Es ist eine EDV-orientierte genormte Darstellungstechnik, die den Fluss der Daten durch ein informationsverarbeitendes System zeigt. Dabei wird die Bearbeitung nur angedeutet.“ (Schmidt.) Die Symbole hierzu sind unter DIN 66001 festgelegt (Abb. 120).
Kunde
Verkauf
Ware vorh?
Lager
Sie enthalten „Ja-nein“-Beziehungen eben so wie „Sowohl-als-auch“-Vorgänge. Sie können eine Nur-Aufeinanderfolge ausweisen, aber ebenso mit einer Teilung der Abfolgen und danach mit einer Zusammenführung verbunden sein. Weitere Differenzierungen ergeben sich durch „Entweder-oder“-Schritte, Beispiele sind in Abb. 121 erfasst.
Rechnungsabteilung
Buchhaltung
Abb. 120:
Belegablauf beim Zulieferer der DMW AG (Verkauf/ Lager/ Abrechnung)
5.
Kurzer Abriss der Organisation
Balkendiagramme verdeutlichen den Zusammenhang von Zeit und Aufträgen. Man nennt sie auch Auftragsfortschrittspläne. Auf der x-Achse werden Zeiten eingetragen, z.B. Wochen oder Tage, auch Monate – je nachdem, wozu sie gebraucht werden. Auf der yAchse werden Vorgänge erfasst. Netzpläne stellen keine Arbeitsabläufe dar. Sie sind für den Organisator Hilfsmittel zur Durchdringung von Zusammenhängen, indem Beziehungen unter Elementen erfasst und ihre Qualität und Wirkungen in Form von einfachen und verstärkten Strichen sowie mit Pfeilen gezeichnet werden. Es lassen sich allerdings Zahlen einbeziehen, die besagen können, welche Wirkungen zuerst ausgelöst werden. Netzpläne können die Vorarbeit für einen Datenflussplan sein, der sich erst ergibt, nachdem die Arbeitsschritte auf ihre Wirkungen hin untersucht worden sind.
111
Abb. 121:
Ablaufdiagramme mit Teilung und Zusammenführung von Aufgaben bzw. Arbeiten und mit „Entweder-oder-Schritten“.
Zusammenfassung Die Ablauforganisation einer Unternehmung zeichnet für den Weg der Informationen und der Arbeitsfolgen verantwortlich. Sie verbindet alle Elemente des Betriebes miteinander und sorgt dafür, dass der Betriebsprozess auch tatsächlich ungestört abläuft. Durch Regeln, mündliche Absprachen, durch Anweisungen, durch Grafiken und Darstellungen wird die Ablauforganisation deutlich gemacht. Abläufe werden auch durch Aufgabengliederungen und durch Befugnisse der Stelleninhaber bestimmt. Auf diese Weise offenbart sich zugleich der Zusammenhang von Strukturen und Prozessen. Ebenso wie der Aufbau durch Grafiken kenntlich gemacht wird, dienen Schaubilder (Abläufe) der hintereinander und parallel laufenden Geschehnisse.
Der Zulieferer der DMW AG stellte fest, dass Kunden ein zweites und drittes Mal beliefert wurden, ohne dass die erste Rechnung beglichen war. Das lag eindeutig an der Organisation des Arbeitsablaufs. Die Abb. 120 zeigt ihn deutlich.
Aufgaben 61. a)
Verfolgen Sie bitte den Belegablauf des Zulieferers! Was würden Sie anders machen, um sicherzustellen, dass Kunden erst dann beliefert werden, wenn die letzte Rechnung beglichen ist? Stellen Sie bitte den veränderten Ablauf in Form eines Planes (vergleichbar dem der Abb. 120) auf! Benutzen Sie die vorgegebenen Symbole. Bitte stellen Sie einen Netzplan mit Fragestellungen aus Ihrem Unternehmen auf.
b) Begründen Sie Ihre Überlegungen. 62. Bitte versuchen Sie den Begriff „Spaltentensor“ zu klären!
112
5.6
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Organisationsgrundsätze
Organisatoren müssen sich bei Fragen der organisatorischen Gestaltung (zum Beispiel Einführung der Datenverarbeitung, Änderung des Belegablaufs, Verdünnung der Hierarchien) von zwei Grundprinzipien leiten lassen. Die beiden Prinzipien lauten: •
Grundsatz der Zweckmäßigkeit und
•
Grundsatz der Wirtschaftlichkeit.
Was ist unter Zweckmäßigkeit zu verstehen? Es ist schwierig, exakt zu beantworten, was im Betrieb alles zweckmäßig ist, zumal bei Einführung einer Organisation beziehungsweise ihrer Umgestaltung die Zweckmäßigkeit oft erst in der Zukunft zum Ausdruck kommt. In jedem Fall muss eine Organisation zielgerichtet sein, d.h., sie muss die Ziele des Unternehmens stützen und erfüllen helfen. Also müssen Struktur und Prozess auf diese ausgerichtet sein. Mit dieser globalen Feststellung ist ein erster Schritt zum Verständnis getan. Zweckmäßig heißt aber auch, um den Begriff noch klarer zu machen, dass alle strukturierenden Maßnahmen (Belegdurchlauf, Arbeitsanweisungen, Betriebsmitteleinsatz u.a.) das Ziel bestmöglich erreichen lassen. Zwei Beispiele: Maschinelle Anlagen dürfen weder unter- noch überdimensioniert sein. Der Ablauf soll kurze Wege in Anspruch nehmen. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (siehe 31 ff) besagt •
erstens, dass alle Elementarfaktoren in der Prozesskette sparsam verwandt werden sollen, und dieser Grundsatz als Unterprinzip der Wirtschaftlichkeit wird Sparsamkeitsprinzip genannt
•
zweitens, dass bei gegebenen einzusetzenden Faktoren eine hohe Leistung erzielt wird. Dieses Unterprinzip der Wirtschaftlichkeit heißt Ergiebigkeitsprinzip.
So wurde das Produkt ausgerufen: „Newton sei kein aufgemotzter Taschenrechner, kein simpler Organizer und auch kein verkleinerter Laptop, sondern ein persönlicher digitaler Assistent (PDA). Ein Gerät, so bedienerfreundlich, dass es ohne Tastatur auskomme, so intelligent, dass es sogar die Handschrift seines Besitzers entziffern könne.“ Das Ergebnis ist eine Katastrophe. Denn die ersten 50000 Exemplare brachten es an den Tag. „Denn Sculleys (inzwischen entlassener Apple-Chef – d.V.) technologisches Wunderding erwies sich bei näherer Betrachtung als Mangelware.“ „Wie kann etwas so Großartiges so nutzlos sein?“ fragte entgeistert das US-Fachblatt „MacWorld“. Und NewtonKunden wie Konkurrenten rätselten, weshalb Apple – bis dahin ein Vorbild in der Entwicklung einfach zu bedienender Hightech-Rechner – sein Image durch ein derart unausgereiftes Produkt aufs Spiel setzen konnte. Dabei war die verfrühte Markteinführung nur eine Ursache für den grandiosen Misserfolg. Fast eine Milliarde in Entwicklung und Produktion in den Sand gesetzt. Die Gründe: wechselnde Vorgaben des Managements, „mangelnde Einbindung des Entwicklungsteams, verfrühte Produktionsankündigungen, viel zu knappe Zeitvorgaben und eine fragwürdige Marketingstrategie“.
Abb. 122:
Unzweckmäßiges Handeln – Beispiel aus der Industrie Quelle: manager magazin
Aufgabe 63. Worin sehen Sie die Vorteile eines Programmablaufplanes? Können Sie sich auch über Nachteile äußern? Beispiel: Organisationsgrundsätze Die DMW AG hat in Emden den beiden Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit Rechnung getragen. Sie konnte in der Produktivität mit Japan gleichziehen. Dort stellt man ein Auto in 16,8 Stunden her. In Emden braucht man 16,9 Stunden. Im übrigen Europa 36,2 Stunden pro PKW. In Emden wurde zu 69% mit Teams gearbeitet, im übrigen Europa dagegen nur zu 1%. Einhundert Mitarbeiter der DMW hatten 3235 Verbesserungsvorschläge eingebracht, die Umsetzungsquote belief sich auf 87%. Vergleichszahlen aus Deutschland: 14 Vorschläge (auf 100 Mitarbeiter), Erfolgsquote l4%.
5.
Kurzer Abriss der Organisation
113
Das Sparsamkeitsprinzip meint nichts anderes als kostengünstig zu sein. Demnach sind Arbeitskräfte, Betriebsmittel und Werkstoffe so zu kombinieren, dass die Selbstkosten am niedrigsten sind. Dafür hat die Organisationsabteilung zu sorgen. Das Sparsamkeitsprinzip geht von einer zu erreichenden bestimmten Leistung aus, die mit den geringsten Kosten anzustreben ist. Das Ergiebigkeitsprinzip soll eine Höchstleistung oder hohe Leistung (hohe Produktivität) erwirtschaften lassen, wenn man es befolgt, zugleich aber die Kosten stabil halten. Die beiden genannten Organisationsprinzipien sind um zwei weitere zu ergänzen, will man bei der Beurteilung einer Organisation relativ objektiv sein. Der Organisator wird sich also nicht nur fragen, ob eine Organisation sparsam wirtschaftet und ergiebig ist, sondern auch, ob der Betriebsprozess so koordiniert ist, dass ein Rädchen ins andere greift (Grundsatz der Koordination = Koordinationsprinzip), und ob er auf lange Sicht angelegt ist. Das bedeutet, dass Dauerregelungen und Dauereinrichtungen geschaffen sein müssen, damit die Prozesskette über einen langen Zeitraum stabil bleibt. Dieser Grundsatz wird Stabilitätsprinzip genannt. Dauerregelungen werden z.B. durch Betriebsvereinbarungen erreicht, durch Arbeits- und Tarifverträge, durch Anweisungen und Absprachen. Nun weiß man, dass ein Unternehmen auch in der Lage sein muss, auf unerwartete, neuartige Einflüsse und Veränderungen zu reagieren. Wären seine Regelungen nur kurzfristiger Natur, könnte es sich plötzlichen Umstellungen, Reformen und Neuerungen ständig anpassen. Er wäre sozusagen „total elastisch“. Dieser Grundsatz wird Elastizitätsprinzip genannt. Dass ein solches Verhalten nicht umsetzbar ist, liegt auf der Hand. Es würde ja auch dem Grundsatz der Stabilität widersprechen. Also muss ein Unternehmen einen Kompromiss zwischen beiden Möglichkeiten finden.
Abb. 123:
Organisationsprinzipien
Zum Stabilitätsprinzip Ein so kompliziertes Gebilde wie das einer Unternehmung kann nicht ständig verändert werden: •
Erst dadurch, dass es auf der Grundlage vorhandener Elemente längerfristig arbeiten kann, werden Kosten gesenkt. Denn sich wiederholende Arbeiten verleihen dem einzelnen Arbeitnehmer die notwendige Routine, die manches unkomplizierter macht und schneller verrichten lässt. Das spart Kosten.
•
Betriebsmittel müssen mehrere Jahre benutzt werden, damit sich die hohen Investitionsausgaben bezahlt machen. Im Übrigen können diese nicht ständig und ohne weiteres ausgetauscht werden, weil modernere Teile oft nicht in das alte System passen. Manchmal verlangen sie auch andere Werkstoffqualitäten. All das käme dem Betrieb zu teuer.
•
Die Erzeugnisse eines Unternehmens erfordern meistens bestimmte Werkstoffe in festgelegten Normen oder mit vorgegebenen Formen und exakt definierten Eigenschaften. Das lässt einen kurzfristigen Wechsel kaum zu.
114
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Wo finden wir ihn? Zum Beispiel im Rahmen der „Lean Production“ (S. 11 ff.). Da werden unter anderem Arbeitsgruppen gebildet, die festgelegte Produktionsaufgaben zu lösen haben. Letztere stellen dauerhafte Regelungen dar. Innerhalb dieser Arbeitsgruppen werden Einzelarbeiten flexibel und nach Absprache kurzfristig verteilt.
Aufgabe 64. Die Abb. 123 spricht vom Prinzip des organisatorischen Gleichgewichts, das die beiden Unterprinzipien Stabilitätsprinzip und Elastizitätsprinzip enthält. Warum ist für beide Unterprinzipien der Begriff des organisatorischen Gleichgewichts gewählt?
Zusammenfassung Aufbau- und Ablauforganisation müssen nach Grundsätzen eingerichtet werden, die die Prozesskette bestmöglich (optimal) gestalten. Die primären Grundsätze sind das Zweckmäßigkeits- und Wirtschaftlichkeitsprinzip. Beide Organisationsarten können ihre Aufgaben nur erfüllen, wenn zugleich das Prinzip des organisatorischen Gleichgewichts und das der Koordination eingehalten wird.
6. Verschiedenes 6.1
Der industrielle Standort
Neue Arbeitsstrukturen in den Werken erprobt
•
die Knappheit der Elementarfaktoren
•
der technische Fortschritt
•
der Stand der wirtschaftlichen Entwicklung
•
die Höhe der Standortkosten
Neben Personalentwicklung und wettbewerbsgerechter Steuerung des Personalaufwands bildet die Gestaltung der Arbeitsstrukturen einen Schwerpunkt der Personalarbeit. Die komplexen, automatisierten Prozesse in fast allen Fertigungsbereichen von BMW ließen den Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern deutlich ansteigen. Innerhalb von zehn Jahren erhöhte sich der Anteil von Facharbeitern in der Produktion von 30 Prozent auf mehr als 50 Prozent; er wird auch in Zukunft weiter steigen. Neue Technologien und besser ausgebildete Mitarbeiter ermöglichen gleichermaßen flexible wie effiziente Formen der Arbeitsorganisation. Immer mehr Arbeitsgruppen in der Produktion übernehmen zusätzliche Aufgaben wie Instandhaltung, Logistik und Qualitätssicherung in eigener Verantwortung. In Pilotprojekten wurde Gruppenarbeit eingeführt, in der die Mitarbeiter wechselnde Tätigkeiten übernehmen. Diese Art der Arbeitsorganisation hebt die Trennung von planenden und ausführenden Tätigkeiten weit gehend auf. Sie verbindet die Flexibilität handwerklicher Fertigung mit den Kostenvorteilen der Großserienproduktion und erhöht darüber hinaus die Attraktivität der Arbeitsplätze in der Fertigung.
•
die Qualität der Arbeitskräfte
Abb. 124:
•
die Infrastruktur usw.
6.1.1 Begriff Jede menschliche Tätigkeit findet an einer bestimmten Stelle der Erde statt, sie hat ihren Standort. Dieses „Irgendwo“ muss genau wie das „Irgendwie“ der Herstellung, der Verteilung (Distribution) und des Verbrauchs (Konsumtion) nach besonderen Gesetzmäßigkeiten verlaufen, die in der wirtschaftlichen Tätigkeit selbst liegen. Damit ist gemeint, dass es Bestimmungsfaktoren gibt, die das wirtschaftliche Tun beeinflussen. Zu ihnen gehören u.a.
Ein Autohersteller setzt auf den Grundsatz der Elastizität Quelle: IK, Zeitschrift für Industriekaufleute
114
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Wo finden wir ihn? Zum Beispiel im Rahmen der „Lean Production“ (S. 11 ff.). Da werden unter anderem Arbeitsgruppen gebildet, die festgelegte Produktionsaufgaben zu lösen haben. Letztere stellen dauerhafte Regelungen dar. Innerhalb dieser Arbeitsgruppen werden Einzelarbeiten flexibel und nach Absprache kurzfristig verteilt.
Aufgabe 64. Die Abb. 123 spricht vom Prinzip des organisatorischen Gleichgewichts, das die beiden Unterprinzipien Stabilitätsprinzip und Elastizitätsprinzip enthält. Warum ist für beide Unterprinzipien der Begriff des organisatorischen Gleichgewichts gewählt?
Zusammenfassung Aufbau- und Ablauforganisation müssen nach Grundsätzen eingerichtet werden, die die Prozesskette bestmöglich (optimal) gestalten. Die primären Grundsätze sind das Zweckmäßigkeits- und Wirtschaftlichkeitsprinzip. Beide Organisationsarten können ihre Aufgaben nur erfüllen, wenn zugleich das Prinzip des organisatorischen Gleichgewichts und das der Koordination eingehalten wird.
6. Verschiedenes 6.1
Der industrielle Standort
Neue Arbeitsstrukturen in den Werken erprobt
•
die Knappheit der Elementarfaktoren
•
der technische Fortschritt
•
der Stand der wirtschaftlichen Entwicklung
•
die Höhe der Standortkosten
Neben Personalentwicklung und wettbewerbsgerechter Steuerung des Personalaufwands bildet die Gestaltung der Arbeitsstrukturen einen Schwerpunkt der Personalarbeit. Die komplexen, automatisierten Prozesse in fast allen Fertigungsbereichen von BMW ließen den Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern deutlich ansteigen. Innerhalb von zehn Jahren erhöhte sich der Anteil von Facharbeitern in der Produktion von 30 Prozent auf mehr als 50 Prozent; er wird auch in Zukunft weiter steigen. Neue Technologien und besser ausgebildete Mitarbeiter ermöglichen gleichermaßen flexible wie effiziente Formen der Arbeitsorganisation. Immer mehr Arbeitsgruppen in der Produktion übernehmen zusätzliche Aufgaben wie Instandhaltung, Logistik und Qualitätssicherung in eigener Verantwortung. In Pilotprojekten wurde Gruppenarbeit eingeführt, in der die Mitarbeiter wechselnde Tätigkeiten übernehmen. Diese Art der Arbeitsorganisation hebt die Trennung von planenden und ausführenden Tätigkeiten weit gehend auf. Sie verbindet die Flexibilität handwerklicher Fertigung mit den Kostenvorteilen der Großserienproduktion und erhöht darüber hinaus die Attraktivität der Arbeitsplätze in der Fertigung.
•
die Qualität der Arbeitskräfte
Abb. 124:
•
die Infrastruktur usw.
6.1.1 Begriff Jede menschliche Tätigkeit findet an einer bestimmten Stelle der Erde statt, sie hat ihren Standort. Dieses „Irgendwo“ muss genau wie das „Irgendwie“ der Herstellung, der Verteilung (Distribution) und des Verbrauchs (Konsumtion) nach besonderen Gesetzmäßigkeiten verlaufen, die in der wirtschaftlichen Tätigkeit selbst liegen. Damit ist gemeint, dass es Bestimmungsfaktoren gibt, die das wirtschaftliche Tun beeinflussen. Zu ihnen gehören u.a.
Ein Autohersteller setzt auf den Grundsatz der Elastizität Quelle: IK, Zeitschrift für Industriekaufleute
6.
Verschiedenes
Die Bindung der Herstellung an einen bestimmten Rohstoff macht den Standort von der Fundstätte abhängig, das Bergwerk liegt demnach unmittelbar an der Rohstoffquelle. Diese elementare Bindung an den Raum löst sich mit zunehmender Produktionsstufe auf und führt zu frei wählbaren Standorten. Ihre Wahl wird meistens durch die Kosten, die mit dem Standort verknüpft sind, getroffen. Kostenprobleme werden so vielfach zum Standortproblem.
6.1.2 Standortfaktoren Standortfaktoren sind standortverursachende Merkmale oder Gründe, die die Wahl der Produktionsstätten beeinflussen und erleichtern. Es sind Vorteile, die sich in Kosten, also im Selbstkostenpreis, quantifizieren lassen. „Standortfaktor ist einer seiner Art nach scharf abgegrenzter Vorteil, der für eine wirtschaftliche Tätigkeit dann eintritt, wenn er sich an einem bestimmten Ort oder auch generell an Plätzen bestimmter Art vollzieht, ein Vorteil, d.h. eine Ersparnis an Kosten und damit für die Standortlenkung der Industrie eine Möglichkeit, dort ein bestimmtes Produkt mit weniger Kostenaufwand als an anderen Plätzen herzustellen, noch genauer gesagt, den als Ganzes betrachteten Produktionsabsatzprozess eines bestimmten industriellen Produktes nach irgendeiner Richtung billiger durchzuführen als anderswo.“ (Weber.) Der optimale Standort ist der Standort, an dem die Summe aller Standortfaktoren den bestmöglichen Einsatz aller Elementarfaktoren wie Arbeitskräfte, Betriebsmittel, Werkstoffe und Informationen und also auch den günstigsten Bezug an Werkstoffen ermöglichen lässt und an dem der Absatz durch günstige Selbstkosten trotz eventuell anfallender Transportkosten gesichert ist. Der optimale Standort kann sich nur durch einen Vergleich der Kosten wie Transportkosten, Arbeitskosten, Kosten der menschlichen Gesellschaft, Materialkosten und Kapitalkosten und der erzielbaren Erträge ergeben.
115
OPEL Produktions-Verlegung verteidigt Der Präsident von General Motors Europa, Carl-Peter Forster, hat die geplante Verlagerung eines Teils der Zafira-Produktion nach Polen verteidigt. Der Großteil der Produktion des Mini-Vans bleibe im Opel-Werk Bochum, sagte Forster der „Welt am Sonntag“. Die frei werdende Kapazität werde dort mit dem dringend benötigten Volumen für den Astra aufgefüllt. Im kommenden Jahr wolle Opel, das zum amerikanischen GM-Konzern gehört, 450 000 Astra-Einheiten produzieren. dpa DW 18.06.2004
Aufgabe 65. Welche der folgenden Betriebe sind standortgebunden? • • • • • • •
Zementhersteller Brauereien Werften Getränkeproduzenten Molkereien Importeure Transporteure
Standortqualitäten Die Bedeutung der Standortfaktoren für die Wahl einer Unternehmung wechselt. War es mal die Qualität der Arbeitskräfte einer Region, die für einen Produktionsort entschied, sind es mal Infrastruktur und Bedarf, sind es staatliche Vorgaben für Umwelt und Naturschutz sowie Steuererleichterungen, so ändern sich diese Standortmerkmale durch Veränderungen in der Gesellschaft und der Wirtschaft. Der technische Fortschritt fordert andere Fähigkeiten ein, die Arbeitnehmer mitbringen müssen (Kenntnisse und Handhabung von Computern, Techniker, Ingenieure). Streichen Gemeinden und Länder Zuschüsse und kürzen Abschreibungsmöglichkeiten, wird ein früher bevorzugter Standort uninteressanter.
116
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Der optimale Standort ist ein Kombinationsstandort, weil nicht nur ein Merkmal entscheidend für seine Wahl sein kann. An ihm sind die Standortrisiken gering. Standortrisiken lassen sich als Gefahren definieren, die die Vorteile eines bestimmten Standortes vernichten, wenn sie auftreten (Austrocknen eines Flusses, Kürzung der staatlichen Subventionen, Belastungen durch Umweltauflagen, Verschlechterung der Grundwasserqualität etc.).
6.1.3 Ungebundene Standorte Mehr denn je sind Standorte ungebunden. Dennoch gibt es Prioritäten, nach denen sich die Wahl eines Standortes am ehesten richtet. Auf diese Weise sind mehrere Standortarten herauszustellen. Sie können als: • • • • • • • •
Werden neue Verkehrswege in Aussicht gestellt, die schneller als die bisherigen sein werden, wächst ein neuer Standortfaktor heran (Magnetbahn zwischen Hamburg und Berlin – inzwischen abgelehnt). Einzelne Standortfaktoren haben an Wichtigkeit abgenommen, weil die Informationssysteme einen Austausch von Nachrichten innerhalb von Minuten zulassen. Preiswerte Konstrukteure in Schwellenländern übermitteln ihre Vorschläge per Datennetz. Arbeitskosten sind das gegenwärtige Schlagwort, die in den Industrieländern die Standorte verlagern lassen.
absatzorientiert arbeitskostenorientiert bodenpreisorientiert kraftstofforientiert steuerorientiert traditionsorientiert transportkostenorientiert verkehrsorientiert
bezeichnet werden.
6.1.4 Standortanalysen Sucht ein Unternehmen einen Platz für seine Verwaltungsgebäude und Produktionshallen, dann werden Untersuchungen über das Umfeld, die Natur, über andere Wirtschaftsunternehmen am Ort, über Konkurrenz, über die Wohnmöglichkeiten, über Freizeitorientierungen etc. angestellt. Dabei handelt es sich um solche Merkmale, die für das Unternehmen vorrangig sind. Meist werden diese gewichtet, sodass sich ihre Rangfolge ergibt. Den einzelnen Merkmalen gibt man eine Punktzahl bis 10, je nachdem, wie sie ausgestaltet sind. Eine Multiplikation der Punkte und der Gewichtung führt zu Standortpunkten. Der Standort mit der höchsten Zahl ist dann der ausgewählte.
Abb. 125:
Standortqualität international
Die DMW hatten ihre neuen Standorte in Ostund Norddeutschland aus unterschiedlichen Gründen gewählt. Halle verfügt über gut ausgebildetes Personal aus dem Kraftfahrzeugsektor der alten Republik mit einem hohen Grad an geistiger Flexibilität (um einen Arbeitsplatz zu erwerben und zu halten), Emden ist dem Meer zugewandt und hat eine hervorragende Anbindung an das Ausland, was den Export beschleunigt und die Transportzeit verkürzt. Zur Standortkonzentration Es lässt sich leicht ausmachen, dass es in Deutschland Konzentrationen von Unternehmen gibt. Im Ruhrgebiet, im Rhein-MainGebiet, in den Großstädten wie Berlin, Hamburg, München, Frankfurt, Köln, Leipzig, Rostock und Stuttgart. Das liegt u.a. auch daran, dass ein Unternehmen ein anderes nach sich zog.
6.
Verschiedenes
117
Druckfrisch liegt der Global Competitives Report (GCR) mit 574 Seiten auf den Konferenztischen dieser Welt, und man reibt sich erneut verwundert die Hände: Im internationalen Wachstums- und Wettbewerbsvergleich steht Deutschland (2003) besser da (Platz 13) als vor zwei Jahren (Platz 17) und behauptet in einer Reihe von Indikatoren sogar weltweit beneidete Positionen. Deutschland ist einsame Spitzenklasse im Umweltschutz (Luft, Wasser, Gefahrenstoffe). Hier finden wir einige der Haupt-Wettbewerbsländer (USA, GB, Japan) auf Rangplätzen zwischen 8 und 20. Bei aller Vorschriften- und Regelungs-Dichte hat Deutschland eine der besten Infrastrukturen einhergehend mit einer höchst intensiven internen Wettbewerbssituation – viele nationale/internationale Unternehmen: •
keine/wenige marktdominierende Unternehmen,
•
lokale Qualitätsanbieter,
•
strenge Qualitäts- und Sicherheitsstandards,
•
Spitzenpositionen im Export.
Die internationale Wettbewerbsfähigkeit (deutscher Unternehmen) beruht wesentlich auf einzigartigen Produkten und Prozessen. Platz l zusammen mit Japan und Finnland; Exportunternehmen beherrschen die gesamte Wertschöpfungskette von Produktdesign bis zum „after-salesservice“, Platz l mit Schweden; international tätige Unternehmen haben eigenständige Forschungs- und Entwicklungsprogramme. Für Produkte und Prozesse, Platz l mit Finnland und Schweden. (D. J. Pomerening, Prof. priv. Hochschule Schule Leipzig, DW) Abb. 126: Standort Deutschland – anders bewertet
Zusammenfassung Betriebe sind überall in genügendem Umfang und in genügender Variation angesiedelt. Sie haben ihren Standort meist nach Kennzeichen gewählt, die ihnen am wertvollsten erschienen. Grundsätzlich spielen bei der Wahl eines Standortes die Kosten (Standortfaktoren) eine überragende Rolle.
118
6.2
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
Ausgewähltes zum Steuersystem
6.2.1 Die Steuerübersicht Gliederung der Steuern nach der
Ertragshoheit
Steuerquelle
Besitz
Verkehr
Verbrauch + grenzüberschreitender Warenverkehr
Besitzsteuern
Verkehrssteuern
Verbrauschssteuern + Zölle
Lastenausgleichsabgaben
Gesellschaftsteuer Börsenumsatzsteuer Versicherungsteuer Wechselsteuer
Zölle und fast alle Verbrauchssteuern, z.B. Zuckersteuer (Ausnahmen: siehe bei Landes- und Gemeindesteuern
Landessteuern (L)
Vermögensteuer Erbschaftsteuer
Gesellschaftssteuer Grunderwerbssteuer Feuerschutzsteuer Rennwett- und Lotteriesteuer Spielbankabgabe
Biersteuer
Gemeindesteuern (G)
Gewerbesteuer Grundsteuer
Gemeinschaftssteuern
Lohn- und Einkommensteuer Körperschaftsteuer
Bundessteuern (B)
Getränkesteuer Vergnügungssteuer
Umsatzsteuer B: 65 % L: 35 %
Bund und Länder erhalten einen Anteil der Gewerbesteuerumlage
Abb. 127:
Gliederung der Steuern
6.
Verschiedenes
6.2.2 Allgemeines Moderne Industriestaaten benötigen zur Regulierung ihrer Haushalte enorme Einnahmen. Sie beziehen diese vornehmlich aus Steuern, die Privathaushalte und Unternehmen aufbringen müssen. Da die öffentlichen Aufgaben im Laufe der Jahre gestiegen sind, zu denken ist zum Beispiel an das Sozialwesen, an die innere Sicherheit, an den Umweltschutz, mussten entweder herkömmliche Einnahmequellen noch stärker angezapft werden, oder es musste nach neuen gesucht werden. Die vielen Steuerarten verweisen auf den Ideenreichtum der Finanzverwaltung und der Finanzministerien. Steuern sind Geldleistungen, die vom Bund, von Bundesländern oder von Gemeinden zur Finanzierung ihrer hoheitlichen Aufgaben erhoben werden. Sie ziehen keine Ansprüche auf unmittelbare Gegenleistungen nach sich. Steuern sind die wichtigste staatliche Einnahmequelle. Es ist außerordentlich schwierig, das gesamte Steuerrecht und die Steuerpraxis zu durchdringen. Da das deutsche Steuerrecht keine eigentliche „Unternehmungs- oder Betriebsbesteuerung“ kennt, gibt es für sie auch keine Systematik. Das erschwert die Erkenntnis für den gesamten Steuersachverhalt. Wohl gibt es Bemessungsgrundlagen, die eine gewisse Ordnung erkennen lassen, nur beziehen sich diese eben nicht nur auf Unternehmen, sondern z.B. auf Einzelpersonen, auf Kapitalgesellschaften, auf Erzeugnisse, auf Bund, Länder und Gemeinden.
6.2.3 Steuereinteilung Grundsätzlich lässt sich eine zweidimensionale Matrix entwickeln, die einerseits die Steuereinnahmeberechtigten, also Bund, Länder und Gemeinden, ausweist, also jene, die den Anspruch auf die betreffende Steuer haben, und andererseits die Steuerquellen offenbart, aus denen der Staat seine Einnahmen erzielt (siehe Abb. 127).
119 Wenige zahlen viel
Aufteilung des Steueraufkommens nach Einkommensklassen Einkünfte in Euro
Abb. 128:
Steuerpflichtige in Prozent
Einkommensteueraufkommen in Prozent
Steuerzahler und Einkommensteuer-Einnahmen 2003
Die DMW AG muss wie alle anderen Unternehmen erhebliche Steuersummen an den Staat abführen. Da ist die einbehaltene Lohnsteuer der Arbeitnehmerbezüge, die in Prozenten auf das Bruttogehalt ermittelt wird. Da ist die Mehrwertsteuer, die sie aus den Verkäufen ihrer Kraftwagen bezieht, vermindert um die Vorsteuer, die sie selbst z. B. an Lieferanten entrichten muss. Mehr noch, da sind Körperschaftsteuer, Grundsteuer, Gewerbesteuer etc.
Andere Einnahmen des Staates •
Gebühren sind das Entgelt für die Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung (Müllgebühren u.a.). Bei ihnen stehen Leistung und Gegenleistung in einem angemessenen Verhältnis.
•
Beiträge sind Entgelte dafür, dass ein Einzelner öffentliche Einrichtungen in Anspruch nehmen kann. Er leistet für diese einen Beitrag, ohne dass ermittelt wird, wie häufig und ob überhaupt die Einrichtung benutzt worden ist (Kurtaxe).
•
Zölle stellen eine besondere Steuerart dar. Sie werden im grenzüberschreitenden Warenverkehr auf den Warenwert erhoben.
120
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
In der Praxis hat sich eine Gliederung – wie Abb. 127 zeigt – von •
Besitzsteuern
•
Verkehrsteuern
•
Verbrauchsteuern und
•
Zöllen
•
Er verfügt über weitere Einnahmequellen. Dazu zählen u. a. eigene Betriebe, wie z. B. Energieversorgungsbetriebe, Beteiligungen, wie zum Beispiel am Volkswagenwerk, die Deutsche Bundesbank. Außerdem beschafft er sich Geld u. a. durch Kreditaufnahmen.
durchgesetzt. Ein Teil der Besitzsteuern wird auch als Ertragsteuer bezeichnet, womit die Begriffe Erträge, Gewinne, Erfolge und Überschüsse gemeint sind, ein Teil umfasst Vermögen, Eigentum und Kapital. Er nennt sich Substanzsteuer. Zu den Ertragsteuern gehören •
die Einkommensteuer* mit der daranhängenden Kirchensteuer sowie dem Solidaritätszuschlag (und bei abhängig Beschäftigten wird die Einkommensteuer Lohnsteuer genannt)
•
die Körperschaftsteuer mit dem Solidaritätszuschlag sowie
•
die Gewerbeertragsteuer (das ist jener Teil der Gewerbesteuer, der den Gewerbeertrag zur Bemessungsgrundlage hat).
Ertragsteuern greifen sowohl in die Besteuerung der Privathaushalte als auch in die der Unternehmen. Auf die Privathaushalte entfallen Einkommen- und Lohnsteuer, auf die Kapitalgesellschaften Körperschaftsteuer, auf alle Unternehmen Gewerbeertragsteuer. Alle Ertragsteuern haben etwas gemeinsam: Die Bemessungsgrundlage ist abhängig von einem wirtschaftlichen Ergebnis.
* Die Einkommensteuer beschert dem Staat eine große Einnahme, weil sie von jedem Arbeitnehmer erhoben wird (und das sind in Deutschland mehr als 30 Millionen Menschen). Gegenwärtig (2005) stehen die Prozentsätze (Abgabesätze) in der Diskussion. Mit der rot-grünen Regierung unter Bundeskanzler Schröder (bis 2005) wurde eine besondere Steuer auf Benzin und Diesel erhoben, um Autofahrer zu bewegen, verstärkt andere Verkehrsmittel zu nutzen. Das schlug fehl.
Ergänzungen zum Allgemeinen Teil Steuererhebungen sollen unter dem Aspekt der Gerechtigkeit, der Durchsichtigkeit (Steuertransparenz), der Praktikabilität, der Stetigkeit, der deckungspolitischen Anpassungsfähigkeit, der Umverteilungsnotwendigkeit sowie der Wirtschaftskraftsicherung vorgenommen werden. Besonders in der Diskussion ist die Frage der Steuergerechtigkeit, aber auch die der Sicherung des Wirtschaftspotenzials (Standort Deutschland) gekommen. In Zusammenhang mit Letzterer ist die so genannte Öko-Steuer in das Bewusstsein der Politiker, Gesellschaftswissenschaftler, Soziologen und Wirtschaftler gerückt. Hinter den Vorschlägen, die von allen Seiten gemacht werden, steht ein besonderer Gedanke: Umweltbelastendes Produzieren und Konsumieren soll mit einer staatlichen Abgabe belegt werden, um Verursacher von Umweltschäden anzuhalten, mit der Natur und ihren Ressourcen schonender umzugehen. Solche Steuern und Gebühren werden teilweise bereits erhoben, z.B. Abwasserabgaben, Kraftfahrzeugsteuer, Zweitwohnsteuer und Grundsteuer. Viele von ihnen sind aber ohne Bezug zur Umwelt, vielmehr aus finanzpolitischen Gründen eingeführt worden. Die neue Denkweise hat auch Eingang in den Richtlinienentwurf der Europäischen Union vom 12. April 1995 gefunden. Er lässt den Mitgliedstaaten bei der Einführung einer Energie-Ökosteuer bis zum Jahre 2000 in einem Übergangsplan freie Hand.
6.
Verschiedenes
121
Zu den Substanzsteuern zählen
Steuerpolitik
•
Vermögensteuer
•
Grundsteuer
•
Gewerbekapitalsteuer sowie
•
Erbschaft- und Schenkungsteuer.
Steuerpolitik ist Finanzpolitik. Der Gesetzgeber erhebt nicht nur Steuern, um seine Ausgaben zu finanzieren, sondern er betreibt mit Veränderungen der Steuersätze bzw. mit der Aussetzung und Wiedereinführung von Steuern und Abgaben eine bestimmte Strategie. Denn die Wirkungen der Besteuerung oder deren Unterlassung sind mannigfaltig.
Auch hieran sind Betriebe beteiligt. Allen Substanzsteuern ist die Anknüpfung an die Bemessungsgrundlagen gemeinsam. Dabei handelt es sich um Roh- oder Reinvermögensgrößen, wobei es sich um periodische Jahresabgaben (i.d.R.) auf Vermögensgegenstände und Vermögensgesamtheiten handelt. Die Erbschaftsteuer fällt bei dieser Betrachtung aus dem Rahmen, weil sie nicht periodisch ist und weil sie bei einem Vermögensübergang auf andere Personen oder Institutionen fällig wird. Sie kann auch bei Verkehrsteuern untergeordnet werden. Verkehrsteuern beziehen sich auf den Geschäftsverkehr im weitesten Sinne. Sie sind nicht auf eine Verkehrsart (z. B. Kraftfahrzeugverkehr) beschränkt. Ihre Basis ist der Verkehr, der Umsatz, aber auch Veranstaltungen, wie z. B. Pferderennen (Rennwettsteuer, Spielbankabgaben). Ihr größter Posten ist die Umsatzsteuer, die beim Einkauf als Vorsteuer und beim Verkauf als Mehrwertsteuer bezeichnet wird. Der Zusammenhang von Verkehrsteuern und Verbrauchsteuern ist eng. Denn der Verbrauch von Benzin und Diesel für das häusliche und geschäftliche Kraftfahrzeug wird durch den Bezug des Kraftstoffes ermöglicht. Für Tankstellen findet demnach ein Umsatz statt. Zu den Verbrauchsteuern zählen Mineralölsteuer, Tabaksteuer, Branntweinsteuer, Kaffeesteuer etc. An diesen Steuern wird etwas Besonderes deutlich: Sie werden in den Preis einkalkuliert und vom Letztverbraucher getragen. Aber nicht er, sondern der Verkäufer führt sie an den Gesetzgeber ab (indirekte Steuer).
Man spricht von Signalwirkungen, wenn Steuerpflichtige durch die Erhebung der Steuer oder durch die Veränderung ihrer Steuersätze veranlasst werden, anders als bisher zu reagieren. Marktwirkungen sind feststellbar, wenn sich die Nachfrage über eine veränderte Steuerhöhe neu orientiert und wenn durch sie die Investitionsbereitschaft der Unternehmen getroffen wird.
Aufgaben 66a. Im Jahre 2002 haben Bund, Länder und Gemeinden 441 Mrd. Steuereinnahmen erzielt, wovon 48 % auf den Bund, 36 % auf die Länder, 12 % auf die Gemeinden fielen und 4 % an die EU zu entrichten waren. - Wieso hat der Gesetzgeber Steuern an die EU zu zahlen? - Warum führen die Verteilungsquoten immer wieder zu Streitigkeiten? 66b. Erläutern Sie den Unterschied zwischen direkten und indirekten Steuern und versuchen Sie herauszubekommen, welche Wirkungen ihre Erhebungsart auf den Staatshaushalt haben. 67. Alle Einkommensbezieher sind unter gewissen Voraussetzungen einkommensteuerpflichtig. Wieso hat der Gesetzgeber Grundfreibeträge eingerichtet und wieso alle Einkommen über circa 55 000 EUR nur mit 48,5 % besteuert (höchster Steuersatz), während Verdiener von circa 8 000 - 55 000 Mit steigenden Steuern (19,9 % bis 48,5 % ) veranlagt werden?
122
Abb. 129:
Der Betrieb als Teil der Wirtschaft
neue Abbildung von Extrablatt
Demnach gibt es auch direkte Steuern. Eine Steuer ist direkt, wenn der endgültig Belastete seine Steuerschuld selbst abzuführen hat. Die Lohnsteuer für Arbeitnehmerhaushalte ist eine direkte Steuer, auch wenn der Betrieb die Überweisung übernommen hat. Das Abgabeverfahren ist nur aus Vereinfachungs- und Risikogründen entwickelt worden. Zölle haben in der Wirtschaftsgeschichte immer eine große Rolle gespielt. Ihre Erhebung beim Außenhandel hat ihn in gewisser Weise reguliert. Einfuhrzölle erschweren den Import, weil ausländische Waren möglicherweise zu teuer werden. Ausfuhrzölle hemmen den Export, weil ausländische Partner durch Verteuerung der Waren weniger zum Kauf geneigt sein dürften. Die Bedeutung der Zölle hat abgenommen, um den Welthandel zu erleichtern. Insbesondere trifft das für die EU zu.
Besteuerung von Kapitalgesellschaften 36,00
29,48
19,70
Abb. 130:
Aus der Presse 2004
6.
Verschiedenes
6.2.4 Einkommensteuer und Umsatzsteuer Die Einkommensteuer ist eine personenbezogene Steuer. Sie wird aus den Einkünften ermittelt. Auch die Körperschaftsteuer ist in juristischer Hinsicht eine „Personensteuer“. Sie fällt für Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, für Erwerbsund Wirtschaftsgenossenschaften, für Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit u.a. an. Die Umsatzsteuer ist eine so genannte kumulative Allphasen-Nettoumsatzsteuer mit Vorsteuerabzug. Sie hat die Wirkung einer allgemeinen Verbrauchsteuer. In der Unternehmerkette ist sie ein durchlaufender Posten. Der Gesetzgeber ermittelt die unterschiedlichen Einkünfte, zu denen z.B. Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Einkünfte aus Kapitalvermögen, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zählen, aus allen anfallenden Arten. Für Unternehmer sind die Einkünfte aus seiner Tätigkeit und aus dem Zweck der Unternehmung besonders hervorzuheben, weil sie den Gewinn ausmachen.
123
Steuerlast Deutschlands Steuerpolitik steckt in einer tiefen Krise: Wir brauchen eine große Steuerreform, und die Mehrheit der Parteien hat das auch erkannt. Es fehlt ihnen aber der Mut zum großen Wurf. Die effektive Durchschnittsbelastung hiesiger Kapitalgesellschaften liegt mit 36 % deutlich über dem Mittelwert der direkten Nachbarn von 29 % (vergl. Abb. 129). Druck auf die Steuersätze üben vor allem die neuen EUStaaten aus: Die Attraktivität von Staaten wie Polen, das mit einer effektiven Steuerlast von 17 % Werbung macht, oder Tschechiens, das Unternehmen zur Zeit mit effektiv 26 % belastet und neu gegründete für zehn Jahre ganz von der Körperschaftssteuer befreit, setzen Maßstäbe für die Zukunft. Der internationale steuerpolitische Wettbewerb ist nicht nur quantitativer Art, sondern hat auch eine qualitative Dimension. Durch den Versuch, den Steuergesetzen immer mehr wirtschaftspolitische Lenkungszwecke aufzupfropfen, ist unser Steuerrecht inzwischen zu einem der kompliziertesten der Welt verkommen. Daher ist zu fordern, dass l. eine radikale Vereinfachung des Steuersystems unabdingbar ist, dass 2. die zahlreichen Verzerrungswirkungen eingeschränkt werden (u.a. Einkommensteuer, Kapitalertragssteuer), und dass 3. eine Quellensteuer für ins Ausland fließende Gewinne mit Abgeltungswirkung erhoben wird. DW vom 01.07 2004 unter Steuerlast senken von Dr. Thomas Borstell.
Aufgabe 68. Ziehen Sie Erkundigungen über Zölle ein, die erhoben werden, wenn Touristen aus ihren Reiseländern zurückkehren!
Zusammenfassung Das Steuersystem in Deutschland ist außergewöhnlich kompliziert. Eine einheitliche Unternehmens- oder Betriebssteuer gibt es nicht. In der Praxis hat sich die Gliederung in Besitzsteuern, Verkehrssteuern, Verbrauchssteuern und Zöllen durchgesetzt. Unternehmer und Unternehmen zahlen daher ebenso wie Haushalte eine Vielzahl von Steuern. Der Gesetzgeber ermittelt die unterschiedlichen Einkünfte aus allen anfallenden Arten. Für die Unternehmer sind die Einkünfte aus seiner Tätigkeit und aus seinem Zweck besonders hervorzuheben.
Kapitel 2
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen von Dr. Wolfgang Harmgardt überarbeitet von Jürgen Tiedtke
127
1. Zum Finanzierungsbegriff Unternehmen benötigen für ihre Leistungserstellung Produktionsfaktoren in Form von Arbeitsleistungen, Werkstoffen, Betriebsmitteln und Informationen. Um den betrieblichen Produktionsapparat zu •
gründen
•
unterhalten
•
erweitern oder
•
modernisieren,
Einsatzfaktoren • Werkstoffe • Arbeitsleistungen • Betriebsmittel • Informationen
Der betriebliche Produktionsapparat muss…
werden Sachgüter eingesetzt und Dienstleistungen verbraucht. Diese Produktionsfaktoren müssen beschafft und finanziert werden. Das unternehmerische Handeln löst somit Finanzierungsakte einmaliger und laufender Art aus: •
Grundstücke und Gebäude, Fahrzeuge und Maschinen sind anzuschaffen.
•
Arbeitskräfte müssen entlohnt, und der Bezug von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen muss bezahlt werden.
• gegründet • unterhalten • modernisiert • erweitert werden
Abb. 1:
Finanzielle Mittel werden benötigt, um den laufenden Betrieb des Unternehmens zu sichern.
Finanzierung
Finanzierungsentscheidungen können nicht nur unter dem Aspekt, finanzielle Mittel zu beschaffen, gesehen, sondern müssen auch unter dem Gesichtspunkt der kostengünstigsten Finanzierungsart betrachtet werden.
Beschaffung von Geld- und Sachkapital
+
Zur Finanzierung sollen Maßnahmen gerechnet werden, •
die sich auf die Beschaffung von Eigenund Fremdkapital beziehen
•
mit denen Sachkapital (z. B. in Form von Grundstücken, Gebäuden oder Maschinen) in das Unternehmen eingebracht wird
•
die eine Kapitalfreisetzung oder eine Kapitalherabsetzung herbeiführen.
Finanzierungsanlässe
Maßnahmen zur Kapitalfreisetzung und -herabsetzung
Abb. 2:
Finanzierungsbegriff
128
1.1
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Zum Investitionsbegriff
Unter „Investition“ ist das Anlegen von Kapital zu verstehen. Finanzielle Mittel werden verwendet, um betriebliches Vermögen zu schaffen. Dieses Kapital wird in betriebsnotwendiges Anlage- und Umlaufvermögen umgewandelt. Im Mittelpunkt der Investitionstätigkeit stehen Überlegungen, die sich auf die •
Art der zu beschaffenden Vermögensgegenstände
•
Dauer der betrieblichen Kapitalbindung
•
Wirtschaftlichkeit dung
der
Kapitalverwen-
beziehen.
Beispiel: Im Jahre 2000 erwarb die DMW AG einen Anteil von 80 Prozent an ihrem bedeutenden Zulieferer, der Tachometer GmbH. Mit diesem Kauf konnte die DMW AG ihren Umsatz um 20 Prozent steigern. Beispiel: Die DMW AG hatte finanzielle Mittel aufgebracht, um das Werk in Halle zu gründen und das Werk in Hannover zu modernisieren; in dem Stammwerk musste eine Formpresse durch eine neue Anlage ersetzt werden. Die Gesamtsumme dieser Investitionen betrug 300 Mio. EUR; in den letzten 4 Jahren erforderte die Investitionstätigkeit einen Mitteleinsatz von 1 Mrd. EUR.
Aufgabe 1.
1.2
Durch welche Art des Investitionsanlasses wurden in den beiden vorgenannten Beispielen Finanzierungsvorgänge ausgelöst?
Die Verbindung zwischen Investition und Finanzierung
Der Zusammenhang zwischen Mittelverwendung (Investition) und Mittelherkunft (Finanzierung) kann mit einem Blick in die Bilanz verdeutlicht werden.
Aktiva
1.2.1 Die Struktur der Bilanz – Aktiva Der Aktivseite der Bilanz ist zu entnehmen, in welchen Vermögensgegenständen das Kapital gebunden ist. Zu unterscheiden ist zwischen lang- und kurzfristigen Vermögenstiteln. Das Investitionsgeschehen der Vergangenheit spiegelt sich in dem Anlagevermögen des Unternehmens wider. Zu diesem Anlagevermögen gehören alle Vermögensgegenstände, die auf Dauer oder sehr langfristig an das Unternehmen gebunden sind, z. B. Grundstücke und Gebäude, Maschinen, Ausrüstungsgegenstände, Finanzanlagen.
Bilanz
Investitionsbereich Gebäude1, Grundstücke1, Maschinen1, Rohstoffe2, Erzeugnisse2
Kapitalbereich
Zahlungsbereich2 Zahlungsmittelbestände wie Bankguthaben, Kassenbestand
Fremdkapital
Auskunft über Art der Mittelverwendung 1 2
Passiva
Eigenkapital
Auskunft über Art der Mittelherkunft
zum Anlagevermögen gehörend Bestandteile des Umlaufvermögens
Abb. 3:
Mittelherkunft und -verwendung in der Bilanz
1. Zum Finanzierungsbegriff
Alle übrigen Vermögensgegenstände, die durch eine kurze Verweildauer gekennzeichnet sind, werden dem Umlaufvermögen zugerechnet: Bestände an Rohstoffen, halb fertigen und fertigen Erzeugnissen, Forderungen, Wertpapiere (zur vorübergehenden Anlage liquider Mittel), Bankguthaben und Kassenbestand.
1.2.2 Die Struktur der Bilanz – Passiva Die Passivseite der Bilanz weist die Herkunft des Kapitals aus. Kapitalquellen sind zum einen im Eigenkapital und zum anderen im Fremdkapital zu sehen. Das Eigenkapital wiederum setzt sich aus verschiedenen Positionen der Bilanz zusammen, und zwar aus •
dem Kapital, das von den Eigentümern eingebracht wurde und deren Geschäftsanteile bezeichnet
•
der Kapitalrücklage, die in den Kapitalgesellschaften entsteht, wenn z. B. neue Aktien zu einem Kurs ausgegeben werden, der über dem Nennbetrag liegt
•
den Gewinnrücklagen, die – ebenfalls bei Kapitalgesellschaften – aus dem Jahresüberschuss gebildet werden
•
•
dem Gewinnvortrag, wenn ein Teil des Bilanzgewinns auf Beschluss der Gesellschafter in das neue Geschäftsjahr vorgetragen wird dem Jahresüberschuss, der das Ergebnis der unternehmerischen Betätigung darstellt.
Das Fremdkapital gliedert sich in Rückstellungen und Verbindlichkeiten:
129
Aus der Bilanz 2005 der DMW AG ist der Zusammenhang zwischen Mittelverwendung und Herkunft der Mittel erkennbar: Aktiva A. I. II. III.
in Mio. EUR
Anlagevermögen Immaterielle Vermögensgegenstände Sachanlagen Finanzanlagen
B. Umlaufvermögen I. Vorräte II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände – Forderungen aus Lieferungen und Leistungen – Übrige Forderungen und sonstiges Vermögen III. Wertpapiere IV. Flüssige Mittel C. Rechnungsabgrenzungsposten Summe Aktiva
Passiva A. I. II. III. IV.
166
275 28 152 47 10 678 1 120
in Mio. EUR
Eigenkapital Gezeichnetes Kapital Kapitalrücklage Gewinnrücklagen Jahresüberschuss
B. Rückstellungen 1. Pensionsrückstellungen 2. Übrige Rückstellungen C. Verbindlichkeiten 1. Anleihen 2. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten 3 erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen 4 Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 8. sonstige Verbindlichkeiten Summe Passiva
Abb. 4:
18 328 96 442
Die Bilanz der DMW AG
90 82 260 24 456 224 210 434 16 118
96 664 1 120
130
•
•
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Rückstellungen für Verbindlichkeiten, die zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung erkennbar waren oder bestehen, aber hinsichtlich ihrer Fälligkeit und Höhe nicht genau zu bestimmen sind. Zu diesen Rückstellungen gehören Pensions- und sonstige Rückstellungen (siehe Abschnitt 2.4.3) Verbindlichkeiten, deren Höhe und Fälligkeit am Ende des Geschäftsjahres genau feststehen. Hierzu gehören die Ausleihungen der Kreditinstitute und die Kreditierung durch Lieferanten.
Überwiegend wird Kapital durch Bereitstellung finanzieller Mittel beschafft. Deshalb lassen sich auch die Investitions- und Finanzierungsvorgänge trennen. Werden dagegen Sachgüter (Grundstücke, Maschinen) oder Rechte in das Unternehmen eingebracht, so finden Finanzierung und Investition in einem Vorgang zu einem Zeitpunkt statt. Der Bilanz ist diese Form der Kapitalzuführung nicht direkt zu entnehmen. Denn die bewerteten Sachgüter und Rechte werden auf der Passivseite als eingebrachtes Eigenkapital des Eigentümers oder der Gesellschafter ausgewiesen. Auf der Aktivseite der Bilanz erscheint dieses Kapital im Anlagevermögen als Sachkapital und – im Fall der Rechte – als immaterielles Vermögen. Somit löst ein Investitionsvorgang nicht immer eine Beschaffung finanzieller Mittel aus. Ein anderer Teil der Finanzierungsvorgänge, der sich nicht in Investitionen niederschlägt, ergibt sich aus der Notwendigkeit, den laufenden Verbrauch an Faktorleistungen zu bezahlen: Mitarbeiter sind zu entlohnen, Lieferantenrechnungen müssen beglichen oder Steuerforderungen erfüllt werden. Diese Finanzierungsvorgänge betreffen ausschließlich den Zahlungsmittelbereich.
Aufgabe 2. a) Überlegen Sie, welche Positionen der Aktivseite mit Eigen- und/oder Fremdkapital finanziert worden sind (siehe Abb. 4)! b) In welcher Bilanzposition schlägt sich die Kreditgewährung der Lieferanten nieder? c) Für welchen Zweck werden Pensionsrückstellungen gebildet? Beispiel: Die unten stehende Abbildung 5 bildet die Ausgangsbasis für die folgenden Vorfälle: 1. Die Eigentümer des Unternehmens bringen aus ihrem Privatvermögen ein weiteres Grundstück im Werte von 150 000 EUR ein. 2. Ein Kredit in Höhe von 20 000 EUR wurde durch Banküberweisung getilgt. 3. Aus eigenen Mitteln werden Maschinen im Werte von 20 000 EUR angeschafft. Ausgangsbilanz Aktiva Passiva Investitionen Grundstücke/ Gebäude Maschinen/ Anlagen Lagerbestände
Kapital Eigenkapital
300 000
Fremdkapital
200 000
200 000 150 000 80 000
Zahlungsmittel Bank Kasse
Abb. 5:
60 000 10 000 500 000
500 000
Finanzierung und Investition in der Bilanz
1. Zum Finanzierungsbegriff
131
Sie wirken sich nicht auf den Investitionsteil der Bilanz aus. Nicht jeder Finanzierungsakt schlägt sich in dem Investitionsbereich nieder. Finanzierungsakte sind in der Regel aus der Bilanz zu entnehmen. Allerdings müssen ihre Vorgänge hierzu im Einzelnen bekannt sein, damit sie Schritt für Schritt verfolgt werden können. Ausgangspunkt ist zunächst die Feststellung, dass in jeder Bilanz der Finanzbereich dem Investitions- und Zahlungsbereich gegenübersteht (vgl. Abb. 3). Bei Herstellungsprozessen ohne Absatzleistungen finden auf der Aktivseite der Bilanz Vermögensverschiebungen statt, die weder eine Bilanzverlängerung noch -verkürzung nach sich ziehen. Durch den Verkauf der Erzeugnisse werden Gewinne erzielt, die den Kapitalbereich erhöhen und den Zahlungsbereich anwachsen lassen (Bilanzverlängerung). Finanzielle Mittel stehen dann für Investitionszwecke zur Verfügung.
Bilanzveränderung Aktiva Passiva Investitionen Grundstücke/ Gebäude Maschinen/ Anlagen Lagerbestände
Kapital Eigenkapital
450 000
Fremdkapital
180 000
350 000 170 000 80 000
Zahlungsmittel Bank Kasse
20 000 10 000 630 000 630 000 Ohne die Umsatztätigkeit des Unternehmens zu berücksichtigen, hat 1. die Sacheinlage (Grundstück) Eigenkapital und Anlagevermögen erhöht (Investitionsfinanzierung). Diese Investition bewirkt eine Bilanzverlängerung 2. sich die Kredittilgung aus eigenen Mitteln nicht im Investitionsbereich ausgewirkt. Zahlungsmittel- und Fremdkapitalbestand verringern sich in gleichem Maße. Dieser Finanzierungsvorgang führt zu einer Bilanzverkürzung 3. Die Investition in eine neue Maschine den Kapitalbereich nicht verändert. Die Finanzierung wurde mit eigenen Mitteln durchgeführt. Die Bilanzsumme bleibt unberührt; das Vermögen hat sich insgesamt nicht verändert.
Abb. 6:
Bilanzwirksame Finanzierungsvorgänge
Zusammenfassung 1.
Finanzierung umfasst alle Maßnahmen der Unternehmensführung, mit denen die Leistungserstellung und -verwertung kurz-, mittel- und langfristig sichergestellt wird.
2.
Finanzierungsvorgänge können sich sowohl auf die Bereitstellung von Eigen- und Fremdkapital als auch auf das Einbringen von Sachgütern und Rechten erstrecken und Maßnahmen der Kapitalfreisetzung und -herabsetzung umschließen.
3.
Unter Investition wird verstanden • die Umwandlung von Geldkapital in betriebsnotwendiges Anlage- und Umlaufvermögen • das Einbringen von Sachkapital und immateriellen Vermögenswerten.
4.
Eine Investition liegt erst dann vor, wenn das Kapital in betrieblichen Vermögenswerten gebunden ist.
5.
Die Investitionstätigkeit spiegelt sich in den Aktiv- und Passivpositionen der Bilanz wider. Sie bewirkt im Falle des Kapital- und Vermögenszuwachses eine Bilanzverlängerung. Werden dagegen Geldbestände des Umlaufvermögens in Sachkapital umgewandelt, verändert sich die Kapitalsumme nicht.
132
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
2. Finanzierungsentscheidungen 2.1
Grundlagen der Finanzierung
2.1.1 Aufgaben der Finanzierung Wie bereits in der Begriffsbestimmung zur Finanzierung dargestellt, besteht die allgemeine Aufgabe der finanzwirtschaftlichen Führung des Unternehmens darin, den betrieblichen Leistungsprozess mit finanziellen Mitteln auszustatten. Aus dieser allgemeinen Aufgabenstellung lassen sich drei Aspekte der finanzwirtschaftlichen Führung bestimmen:
Aufgaben der Finanzierung
Kapitalbeschaffung
Abb. 7:
Kapitalverwendung
Kapitalverwaltung
Aufgaben der Finanzierung
Kapital muss 1.
beschafft werden, um in dem Unternehmen (in der Regel) Geldkapital bereitzustellen. Die finanzwirtschaftliche Führung muss deshalb entscheiden, ob • dieses Kapital von außen (Außenfinanzierung) dem Unternehmen zugeführt oder aus dem laufenden Betriebsprozess bereitgestellt wird (Innenfinanzierung)
2.
3.
Kapitalbeschaffung
Kapitalherkunft Außen-/Innenfinanzierung Kapitalart: Eigen-/Fremdkapital
Abb. 8:
Kapitalbeschaffung
• dieses Kapital aus eigenen Mitteln (Eigenfinanzierung) oder als Fremdkapital (Fremdfinanzierung) verfügbar ist
Finanzierungsanlässe
eingesetzt werden, um Investitionen zu finanzieren (Kapitalverwendung). Die Kapitalverwendung erfolgt aus besonderen Anlässen, weil beispielsweise Betriebe gegründet, erweitert, modernisiert oder saniert werden
besondere Anlässe: • Gründung • Erweiterung • Modernisierung • Rationalisierung • Sanierung
verwaltet werden, um die jederzeitige Zahlungsfähigkeit (Liquidität) des Unternehmens sicherzustellen. Weil die betrieblichen Ein- und Auszahlungsströme in aller Regel zeitlich auseinander fallen, muss eine ständige Liquiditätsvorsorge betrieben werden. D.h. für die finanzwirtschaftliche Führung, dass häufig wiederkehrend Finanzierungsentscheidungen getroffen werden müssen, um fristgerecht Ausgaben zu leisten (laufende Finanzierung).
laufende Anlässe: • Lieferantenrechnungen • Löhne und Gehälter • Kostensteuern • Versicherungsprämien
Abb. 9:
Finanzierungsanlässe
Wie deutlich wird, beziehen sich laufende Anlässe auf den Betriebsprozess, besondere eher auf die Struktur des Unternehmens. Die Übergänge können fließend sein (Rationalisierung z.B.)
2.
Finanzierungsentscheidungen
2.1.2 Finanzwirtschaftliches Gleichgewicht Jährlich müssen einige tausend Unternehmen aufgeben, weil sie ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können. Im Verlauf eines Konjunkturabschwungs wächst diese Zahl zunehmend. Erstes Signal für ein verstärktes Ansteigen der Unternehmenszusammenbrüche ist eine schlechter werdende Zahlungsmoral: •
•
Unternehmen nutzen vermehrt die eingeräumten Zahlungsziele und verzichten gleichzeitig auf die Möglichkeit, Skontoabzüge zu nutzen. Rechnungen werden erst nach mehrmaliger Mahnung beglichen.
Die Zahlungsunfähigkeit (Insolvenz), die zum Konkurs des Unternehmens führt, tritt nicht plötzlich ein. Vielmehr liegen die Ursachen, wie Analysen der Insolvenzfälle zeigen, in •
einer zu geringen Eigenkapitalausstattung
•
einer ungünstigen Fremdfinanzierung
•
Fehlinvestitionen
•
der Unternehmensführung, die nicht rechtzeitig auf Marktentwicklungen reagiert hat und nicht zuletzt auch
•
einer unzureichenden oder unabwendbaren Finanzplanung.
So verdiente beispielsweise ein Fliesenlegergeschäft an einer Handwerkerstunde (2005) 1,96 EUR bei einer Rechnung von 41,12 EUR je Handwerkerstunde. Zu wenig, um neu zu investieren und den Unterhalt des Eigners zu finanzieren. Alle unternehmerischen Entscheidungen wirken sich auf die Zahlungsfähigkeit der Unternehmung aus.
133
Aufgabe 3.
a)
Was verstehen Sie unter einer Subventionsfinanzierung, und wie würden Sie diese Finanzierungsart hinsichtlich ihrer Auswirkung auf einzelne Bilanzpositionen beschreiben?
b) Erkundigen Sie sich, welche Subventionen es von staatlicher Seite gibt. Welche Wirkung haben diese auf Wirtschaftszweige, die von Subventionen ausgenommen (2 Beispiele) sind. Insolvenzen sind immer schwerer vorauszusehen Deutsche Unternehmen sind noch zurückhaltend – abgesehen von unvermeidlichen Ersatz- und Modernisierungsinvestitionen. Viele Gründe spielen hier eine Rolle: ungesicherte Auftragslage, noch anhaltender Ertragsdruck, strukturelle Verwerfungen, unterschiedliche Meinungen über den Zeitpunkt einer durchgreifenden Konjunkturerholung. Investitionen, insbesondere solche, die den Cashflow übersteigen, also mit zusätzlichem Kostenund Liquiditätsaufwand verbunden sind, wollen gut überlegt sein. Freundlicher klingen die Auftragssignale, die aus dem Ausland kommen. Gerade sie sind häufig mit dem Wunsch nach Finanzierung verbunden. Dies macht das Leben für den Lieferanten von Investitionsgütern nicht leichter. Zwar wird er im Allgemeinen zur Absatzfinanzierung bereit sein, aber die Ausfallrisiken sind größer denn je. Zwischen Auftragsvergabe und endgültiger Zahlung können Monate und Jahre vergehen … Im Jahre 2003 wurden 39.320 Insolvenzfälle gemeldet, ein Jahr davor waren es noch 37.579 und im Jahre 2001 waren es 32.278. Geht man nur 12 Jahre zurück, so belief sich die Zahl auf 8.837. Das Baugewerbe stand bei den Insolvenzen 2003 an erster Stelle, gefolgt vom Verkehrsgewerbe und der Nachrichtenübermittlung. Schließlich waren Unternehmen aus dem Energie- und Wassersektor. Quelle: Sieffert, W.: Insolvenzen sind immer schwerer vorauszusehen, in: Handelsblatt
Abb. 10:
Insolvenzentwicklungen
134
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Hierzu zählen z. B. die Begleichung der Lieferantenrechnungen für den Bezug von Werkstoffen, die Zahlung von Löhnen und Gehältern, das Einlösen von Wechselverbindlichkeiten, die Tilgung der Kredite und die Überweisung der Kreditzinsen. Zahlungsfähigkeit – auch Liquidität genannt – bedeutet, dass das Unternehmen zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in einer betrachteten Periode seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann. D. h., die aus dem leistungs-(güter-)wirtschaftlichen Prozess resultierenden Verpflichtungen müssen erfüllt werden. Das Unternehmen befindet sich dann im finanziellen Gleichgewichtszustand, wenn die Zahlungsströme einander entsprechen. Als Zahlungsströme sind nur ein- und ausgehende Gelder anzugeben. Schwerpunkt der Eingänge sind Umsätze, Schwerpunkt der Eingänge sind Kosten (Miete, Rohstoffe, Prämien, Löhne und Gehälter). Das finanzielle Gleichgewicht (vgl. S. 39) ist immer nur eine Momentaufnahme der betrieblichen Zahlungsströme. Die gegenwärtigen Zahlungsströme werden jedoch durch Entscheidungen der Unternehmensführung, die in vorangegangenen Perioden getroffen wurden, geprägt: So wurden Investitionen durchgeführt und finanziert, um den Betriebsmittelbestand zu modernisieren und zu erweitern und damit langfristig Rentabilität, Wirtschaftlichkeit und Produktivität zu sichern. Frühere Finanzierungsentscheidungen prägen die Zusammensetzung des Gesamtkapitals und die Höhe der Aufwendungen und Erträge. Eine hohe Fremdfinanzierungsquote z B. bewirkt entsprechende Zinszahlungen und Tilgungsleistungen, die auch bei konjunkturbedingten Absatzrückgängen in unverminderter Höhe anfallen und den Liquiditätsspielraum einengen.
Aufgaben 4.
Wodurch wird der zusätzliche „Kostenund Liquiditätsaufwand“ hervorgerufen, wenn Investitionen über den Cashflow (vgl. Abschnitt 2.2) hinaus finanziert werden?
5.
Nehmen Sie Stellung zu der Aussage: „Insolvenzen haben zu Forderungsausfällen bei Verkaufsfinanzierungen geführt und auf Umsatzrendite sowie Liquidität gewirkt.“
Abb. 11:
Liquidität und Leistungsprozess
Pressemitteilung Die Deutsche Motorenwerke AG schafft neue Arbeitsplätze in Halle Die DMW AG nimmt in ihrem neuen Werk in Halle neben der Produktion des „Sporty“ die Fertigung ihres jüngsten Modells „Joy“ auf. Die erste Auslieferung wird in den nächsten Tagen erfolgen. Mit dem Joy wurde die Produktlinie der DMW AG um ein weiteres Modell ergänzt. Der geplante Absatz des „Joy“ wird die bestehenden Arbeitsplätze in Halle nicht nur sichern, sondern auch eine Ausweitung des Mitarbeiterstammes ermöglichen. Es werden weitere 300 Arbeitsplätze geschaffen. In die Erweiterung der Produktionskapazitäten wurden 45 Mio. EURO investiert. Die Fertigungstechnik konnte weit gehend automatisiert werden. Der Produktivitätszuwachs wird die Ertragskraft der DMW AG nachhaltig verstärken.
Abb. 12:
Aus der Presse
2.
Finanzierungsentscheidungen
135 Unternehmensleitung
Absatz
Beschaffung
Entscheidungen
Kapitalstruktur
Umsatzerlöse + Umlaufvermögen
Produktionsstruktur
Eigenkapital
Betriebsmittelausstattung
Fremdkapital
Mitarbeiter Werkstoffverbrauch
• ausgabewirksame Kosten • kurzfristige Verbindlichkeiten • Lieferantenverbindlichkeiten
Abb. 13:
Finanzwirtschaftliches Gleichgewicht
Die Grundlagen für ein aktuelles finanzielles Gleichgewicht werden durch langfristig wirkende Entscheidungen geprägt, die das finanzwirtschaftliche Gleichgewicht (vergl. S. 39) bestimmen. Dieser Gleichgewichtszustand kann dann als erreicht betrachtet werden, wenn die kapitalund güterwirtschaftlichen Strukturen einander entsprechen und dazu beitragen, dass die Liquidität gesichert wird und die Gewinnsituation die gewünschte Rentabilität des eingesetzten Kapitals bewirkt. Das besagt dann, dass alle Verpflichtungen erfüllt werden können, dass die Kapitalgeber zufriedengestellt werden und die Mitarbeiter langfristig im Unternehmen verbleiben können.
Aufgaben 6.
Überlegen Sie, welche Wechselbeziehung zwischen dem hier angesprochenen Produktivitätszuwachs und der Ertragskraft besteht!
7.
a)
Welche Verbindung gibt es zwischen Produktivität, Ertragskraft und dem finanzwirtschaftlichen Gleichgewicht?
b) Warum werden die Grundlagen für ein finanzielles Gleichgewicht durch langfristig wirkende Entscheidungen geprägt? c)
Worin sehen Sie die Risiken einer langfristigen Betrachtung.
136
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
2.1.3 Die Beurteilung der Liquidität Wenn fällige Rechnungen nicht mehr bezahlt und die Ansprüche der Gläubiger auf Zinsund Tilgungsleistungen nicht befriedigt werden können, ist es für das Unternehmen in aller Regel zu spät, liquiditätssichernde Maßnahmen zu ergreifen. Wie kann aber – auch aus der Sicht eines externen Betrachters – beurteilt werden, ob vorhandene Zahlungsmittel ausreichen, die fälligen kurzfristigen Verbindlichkeiten zu decken und möglicherweise überschüssige Geldbestände bis zur Fälligkeit dieser Verbindlichkeiten ertragsteigernd anzulegen?
kurzfristige Verbindlichkeiten
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen
Kontokorrentverbindlichkeiten
Schuldwechsel
Abb. 14:
Zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten zählen •
Umlaufvermögen
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen
•
Kontokorrentverbindlichkeiten und
•
kurzfristig fällige Schuldwechsel mit einer Restlaufzeit von ca. 3 Monaten.
Die Liquiditätssituation kann differenzierend betrachtet werden, indem die Teile des Umlaufvermögens entsprechend ihrer Liquidierbarkeit in geldnahe (Zahlungsmittelbestände) und geldferne Vermögensbestände gegliedert werden. Die geldfernen Vermögenstitel umschließen dann das gesamte übrige Umlaufvermögen, das sich u. a. aus Forderungen, Beständen an Werkstoffen, fertigen sowie halb fertigen Vermögensteilen zusammensetzt. Diese geldfernen Vermögenstitel müssen erst noch in Zahlungsmittel umgewandelt werden. Insbesondere bei den Rohstoffen, die erst zu verkaufsfähigen Produkten verarbeitet werden müssen, und den gelagerten Fertigerzeugnissen kann sich die Verflüssigung über einen längeren Zeitraum erstrecken. Die Tatsache, dass das Umlaufvermögen in unterschiedlichem Maße liquidisierbare Mittel aufweist, führt zur Unterscheidung in drei Liquiditätskennziffern. Diese Liquiditätsgrade beschreiben die Liquiditätssituation:
Arten kurzfristiger Verbindlichkeiten
Zahlungsmittel und geldnahe Vermögensteile (Termingelder, Forderungen)
Abb. 15:
geldferne Vermögensteile (Bestände an Werkstoffen und Fertigerzeugnissen)
Zusammensetzung des Umlaufvermögens unter Liquiditätsaspekten
Aufgaben 8.
Ermitteln Sie die Liquiditätskennziffern 1., 2. und 3. Grades aus der Bilanz der DMW AG! Bei der Berechnung der Liquiditätskennziffern ist zu berücksichtigen, dass die langfristigen Verbindlichkeiten 16 Mio. EUR betragen.
9.
Interpretieren Sie diese Liquiditätsgrade hinsichtlich ihrer Bedeutung für das finanzwirtschaftliche Gleichgewicht!
10. Erläutern Sie, was unter dem Begriff der „Statischen Liquiditätsbetrachtung“ zu verstehen ist! 11. Nennen und erläutern Sie die Faktoren, die die Verflüssigung geldferner Vermögensteile bestimmen!
2.
Finanzierungsentscheidungen
137
Liquidität 1. Grades Zahlungsmi tttelbes tan d kurzfristige Verbindlichkeiten
= L1
Liquidität 2. Grades Zahlungsmi tttelbes tan d + Forderunge n =L kurzfristige Verbindlichkeiten
Liquidität 3. Grades Umlaufverm ögen kurzfristige Verbindlichkeiten
= L3
Abb. 16:
Liquiditätsplanung
Aufgaben Aus dieser statischen Liquiditätsbetrachtung können nur zeitpunktbezogene Aussagen zur Zahlungsfähigkeit des Unternehmens abgeleitet werden. Es wird nicht berücksichtigt, dass geldferne Vermögenstitel wie Rohstoffbestände oder auf Vorrat produzierte Endprodukte erst einmal verarbeitet und verkauft werden müssen, um Einnahmen aus Umsatzerlösen zu erzielen. Zeigt beispielsweise die Liquidität 3. Grades, dass die kurzfristigen Verbindlichkeiten durch das Umlaufvermögen zu einem bestimmten Zeitpunkt gedeckt sind, so bedeutet dies nicht, dass das Unternehmen auch tatsächlich zahlungsfähig sein wird. Sind die Fälligkeitsfristen der kurzfristigen Verbindlichkeiten in der Regel exakt zu bestimmen, so ist nicht genau im Voraus bestimmbar, ob auch die Warenbestände fristgemäß liquidisierbar sein werden. Um eine verfeinerte Liquiditätsbeurteilung durchzuführen, müssen bei der Ermittlung der Liquiditätsgrade Fälligkeitsfristen der kurzfristigen Verbindlichkeiten und die Zeiträume, in denen geldferne Vermögenstitel in Zahlungsmittel umgewandelt werden können, in die Beurteilung einbezogen werden. Dennoch haben diese Liquiditätsberechnungen ihre Bedeutung und werden in allen Betrieben mit wissenschaftlich orientierter Ausrichtung angewandt.
12. Ermitteln Sie den Grad der dynamischen Liquidität aus folgenden Angaben für den Monat März der DMW AG (Angaben in Mio. EUR). Erwartete Einnahmen aus Umsatzerlösen .................................190,0 Forderungen..................................... 35,0 Wertpapiere (im Umlaufvermögen)........................................120,0 Kassenbestand/Bankguthaben .........................20,0 Materialausgaben...............................65,0 Personalausgaben ..............................85,0 Lieferantenverbindlichkeiten ......................................................60,0 Kreditzinsen........................................ 0,5 Tilgungen.............................................0,3 Abschreibungen .................................25,0 Zinsen auf das eingesetzte Eigenkapital .........................................0,9 sonstige Ausgaben .............................12,0 13. Entwickeln Sie die Struktur eines Finanzplans, mit dem die Liquiditätsverfassung des Unternehmens monatlich dargestellt werden kann! 14. Überlegen Sie, mit welchen Maßnahmen die Unternehmensführung auf rechtzeitig erkennbare Liquiditätsengpässe oder -überschüsse reagieren kann! 15. Erläutern Sie die in der Abbildung 5 aufgezeigten Zusammenhänge!
138
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
2.1.3.1
Dynamische Liquidität
Um die Entwicklung der Zahlungsfähigkeit in einem überschaubaren Zeitraum von z. B. einem Monat, einem Viertel- oder Halbjahr zu begutachten, sind auch die betrieblichen Strömungsgrößen einzubeziehen. D. h., es müssen zum einen die Einnahmen erfasst werden, die aus den geplanten Umsatzerlösen in dem betrachteten Zeitraum zu erwarten sind. Zum anderen sind neben den fälligen Verbindlichkeiten die voraussichtlich ausgabewirksamen Kosten in die Liquiditätsbeurteilung einzubeziehen. Zu diesen ausgabewirksamen Kosten können beispielsweise gerechnet werden: •
Personalausgaben
•
Mieten
•
Fremdkapitalzinsen
•
Gebühren und Versicherungsbeiträge
•
Energie- und sonstige Rohstoffkosten.
Die Liquiditätskennziffer wird somit im Nenner um diese ausgabewirksamen Kosten und im Zähler um die erwarteten Periodenumsätze erweitert: L dyn =
Zahlungsmi ttel + Forderunge n + Umsätze Verpflicht ungen
Mit der dynamischen Betrachtungsweise kann die finanzwirtschaftliche Unternehmensführung frühzeitig Zahlungsengpässe oder Liquiditätsüberhänge erkennen und hierauf reagieren. (vgl. S. 38) Die dynamische Liquiditätsrechnung ist daher auch die Grundlage für eine kurz- und mittelfristig ausgelegte Finanzplanung. Oft werden zusätzliche zu erwartende Einnahmen berücksichtigt. So können z.B. Darlehen zurückfließen oder auf Grund von Lizenzen Gebühren von Lizenznehmern eingehen.
Abb. 17:
Grundlagen für die Berechnung der dynamischen Liquidität
Liquiditätsrechnungen statische dynamische Merkmale Liquidität Liquidität Herkunft der Bilanz Bilanz, GewinnZahlen und Verlustrechnung, Kostenrechnung ErkenntnisZweck Erkenntnisgewinnung über gewinnung über zukünftige Zahgegenwärtige Zahlungsfähigkeit lungsfähigkeit Einordnung in Kontrollrechnung Vorschaurechnung (Finanzpladas Rechnung) nungswesen Zeitbezug zeitpunktbezogene zeitraumbezogene Rechnung für die Rechnung für die Zukunft Gegenwart Verwertbarkeit kurzfristige Analy- kurz- und mittelfristige Zahlungsse zum finanziellen Gleichgewicht flussplanung Ziel Finanzbedarfsermittlung und Einleitung von Finanzierungsmaßnahmen
Abb. 18:
Liquiditätsrechnungen im Überblick
2.
Finanzierungsentscheidungen
139
Maßnahmen, mit denen die Liquidität gesichert werden kann • • • • • •
Mit der Hausbank kann, wenn ausreichende Sicherheiten vorhanden sind, eine Ausweitung des Kontokorrentkredits vereinbart werden. Auf diese Weise werden Überziehungszinsen und damit zusätzliche Kreditkosten vermieden. Mit den Lieferanten können frühzeitig Verhandlungen mit dem Ziel aufgenommen werden, Zahlungsfristen zu verlängern. Die Einkaufsabteilung kann angewiesen werden, in dem Zeitraum der Liquiditätsanspannung vorübergehend vorsichtiger zu disponieren. Materialbestellungen, die nicht dringend benötigt werden, müssen hinausgeschoben werden. Die Entwicklung des Forderungsbestandes ist sorgfältig zu beobachten. Zu überprüfen wäre, ob fällige Forderungen rechtzeitig angemahnt werden und ob eine zügige Rechnungsstellung erfolgt. Zu prüfen wäre, ob veränderte Skontoregelungen den Zahlungseingang beschleunigen. Um Forderungen vor ihrer Fälligkeit vorzufinanzieren, könnte überlegt werden, diese an eine Factoring-Gesellschaft zu verkaufen (siehe Abschnitt 2.4.4.2).
Neben diesen Maßnahmen, die überwiegend kurzfristig realisiert werden können, kann zusätzliche Liquidität hergestellt werden, indem • •
auf Dauer nicht benötigte Teile des Anlagevermögens veräußert werden. Da Grundstücke mit ihrem Anschaffungswert bilanziert werden, können stille Reserven aufgrund höherer Verkaufspreise in Geld umgewandelt werden Gegenstände des Anlagevermögens an eine Leasinggesellschaft verkauft und von dieser wieder gemietet werden (siehe Abschnitt 2.6).
Entscheidungen, Teile des Anlagevermögens zu verflüssigen, wirken sich jedoch nicht kurzfristig aus. Ein akuter Liquiditätsengpass kann mit diesen Maßnahmen nicht beseitigt werden. Maßnahmen, um Liquiditätsüberhängen entgegenzuwirken • •
• •
Belaufen sich die erwarteten Einnahmen aus der Umsatztätigkeit über einen längeren Zeitraum auf mehr als ein oder zwei Monatsausgaben, so sollte die Kassenhaltung reduziert und der Liquiditätsüberhang einer ertragreicheren Anlage zugeführt werden. Es können festverzinsliche Wertpapiere wie Kommunal- oder Industrieobligationen und Pfandbriefe erworben und noch vor Fälligkeit an der Börse verkauft werden, ohne dass größere Kursverluste entstehen. Auf diese Weise schafft das Unternehmen Liquiditätspolster, die bei akuten Finanzengpässen schnell aufgelöst werden können. Bei kürzeren Liquiditätsüberdeckungen empfiehlt sich die Anlage dieser Mittel in Form von Termineinlagen. Während der Anlagefrist sind diese Mittel nicht kündbar. Ferner sind die Lieferantenverbindlichkeiten daraufhin zu überprüfen, ob weitere Skonti durch fristgerechtes Begleichen der Lieferantenrechnungen zu erzielen sind. Werden nachhaltige Liquiditätsüberschüsse erwartet, können diese Finanzmittel für geplante Investitionsvorhaben genutzt werden.
140
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Zusammenfassung 1.
Finanzwirtschaftliche Entscheidungen sind darauf gerichtet, Kapital •
zu beschaffen, das im Wege der Innen- und Außenfinanzierung bereitgestellt wird
•
im laufenden Betriebsprozess einzusetzen, um die jederzeitige Zahlungsfähigkeit (Liquidität) zu sichern
•
für Investitionszwecke zu verwenden.
2.
Kapitalbeschaffung, -verwendung und -verwaltung dienen dem Ziel, das finanzwirtschaftliche Gleichgewicht zu erhalten.
3.
Der finanzwirtschaftliche Gleichgewichtszustand ist gegeben, wenn die kapital-und güterwirtschaftlichen Strukturen einander entsprechen und die Liquidität auf längere Sicht gesichert ist.
4.
Das finanzielle Gleichgewicht ist gegeben, wenn das Unternehmen auf kurze Sicht seine Verbindlichkeiten begleichen kann.
5.
Der finanzielle Zustand wird mit Liquiditätskennziffern beurteilt, die entweder zeitpunkt- oder zeitraumbezogen Aussagen über die Zahlungsfähigkeit ermöglichen.
6.
Die statischen Liquiditätskennziffern 1., 2. und 3. Grades drücken das Verhältnis zwischen Zahlungsmittelbestand und liquidisierbaren Teilen des Umlaufvermögens im Verhältnis zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten aus.
7.
In der dynamischen Liquiditätsbeurteilung •
wird die Zahlungsfähigkeit während eines bestimmten Zeitraumes vorausschauend dargestellt
•
werden neben den kurzfristigen Verbindlichkeiten, die im Planungszeitraum zu Ausgaben führen, auch die ausgabewirksamen Kosten erfasst
•
werden die erwarteten Einnahmen aus Umsatzerlösen den verfügbaren Geldmitteln zugerechnet.
Die dynamische Liquiditätsrechnung ist Grundlage einer Finanz- und Liquiditätsplanung, die einen längeren Zeitraum des laufenden Geschäftsjahres umfasst 8.
Die Finanzplanung erleichtert das Erkennen von Liquiditätsengpässen oder -überschüssen und ermöglicht, frühzeitig gegensteuernde Maßnahmen zu ergreifen.
9.
Mit diesen liquiditätssteuernden Maßnahmen können zusätzliche Erträge (Anlage liquider Mittel) erzielt oder zusätzliche Kosten (kurzfristige Finanzierungsakte in Engpasssituationen) vermieden werden.
2.
Finanzierungsentscheidungen
141
2.1.4 Ermittlung des Kapitalbedarfs Bevor das Unternehmen Einnahmen erzielt, müssen einmalige und laufende Ausgaben getätigt werden. Zwischen dem Einkauf der Werkstoffe und dem Absatz der Produkte liegt eine mehr oder weniger lange Zeitspanne. Während der Dauer des Produktionsprozesses müssen Materialien gelagert, weiterverarbeitet und an die Abnehmer ausgeliefert werden. In der Zwischenzeit sind aber Lieferantenrechnungen zu bezahlen, Personalausgaben und alle anderen Ausgaben zu leisten. Verarbeitungs- oder Produktionsdauer, Gewährung von Zahlungszielen, Umschlagsgeschwindigkeit der gelagerten Werkstoffe bestimmen folglich, wie lange das Unternehmen auf Rückflüsse in Form von Erlösen zu warten hat. Diese Zusammenhänge gelten aber auch im Falle von Neu- oder Erweiterungsinvestitionen, die sich im Anlagevermögen niederschlagen. Bis zur Aufnahme der Produktion und zum Verkauf der Erzeugnisse vergeht Zeit, in der ein ausgabebedingter Kapitalbedarf besteht. Aus der Differenz dieser zeitlich verschieden verlaufenden Zahlungsströme ergibt sich der Umfang des benötigten Kapitals, das im Umlaufvermögen gebunden ist. Dieser Kapitalbedarf ist Ausgangspunkt, um konkrete Finanzierungsentscheidungen im Einzelfall zu treffen. Mit der Kapitalbedarfsrechnung kann das Unternehmen die Höhe der erwarteten Ausgaben zeitlich genau abschätzen. Der Genauigkeitsgrad dieser Erwartungswerte wird durch den Planungshorizont bestimmt. Eine Kapitalbedarfsrechnung, die für eine Erweiterungsinvestition vorgenommen wird, ist bei kürzeren Zeiträumen genauer als bei einer Betrachtung der Investition über die gesamte Nutzungsdauer.
Einnahmen aus Umsatzerlösen
Kapitalbedarf
Dauer der Kapitalbindung
Investitionsausgaben: • Grundstücke • Gebäude • Maschinen • Fahrzeuge
Anlagevermögen
Abb. 19:
Produktionsprozess: • Lagerdauer der Rohstoffe • Verarbeitungsdauer • Lagerung/ Transport der Endprodukte • Zahlungsziele
Umlaufvermögen
Kapitalbedarf und Dauer der Kapitalbindung
Aufgaben 16. Wie verändert sich der Kapitalbedarf in einer betrachteten Periode, wenn das Unternehmen Lieferantenkredite in Anspruch nimmt? 17. In welcher Weise wird der Kapitalbedarf des Unternehmens beeinflusst, wenn a)
Rechnungsziele verkürzt und
b) Kundenanzahlungen vereinbart werden, c)
Anlagegegenstände geleast werden?
142
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Die jeweilige Finanzierungsart wird durch die Art und Dauer der Kapitalbindung bestimmt. Investitionen im Anlagevermögen binden auf lange Sicht Kapital, das dementsprechend langfristig bereitgestellt werden muss. Denn das investierte Kapital im Anlagevermögen fließt über Umsatzerlöse nur langsam in das Unternehmen zurück. Zwischen den Ausgaben für Produktionsfaktoren bis zum erstmaligen Eingang der Umsatzerlöse liegt eine Zeitspanne, die den langfristigen Kapitalbedarf im Umlaufvermögen festlegt. Dieser Kapitalbedarf muss vorfinanziert werden. Aus diesem Zusammenhang folgt, dass die Kapitalbindung im Umlaufvermögen umso kürzer ist, je schneller der Produktionsprozess abläuft. Auf die Geschwindigkeit des Umschlagsprozesses wirken ein: •
die technische Ausstattung des Produktionsapparates, die dem geplanten Absatzvolumen entsprechen muss (Vermeidung von Überkapazitäten)
•
die Gestaltung der Arbeitsabläufe
•
die Qualifikation der Mitarbeiter und der Unternehmensführung
•
der Standort des Unternehmens unter dem Aspekt der Belieferung mit Werkstoffen und der Nähe zu den Absatzmärkten
Beispiel: Soll z. B. eine neue Maschine planmäßig 8 Jahre genutzt und in diesem Zeitraum linear abgeschrieben werden, erfolgt der Kapitalrückfluss in Höhe dieser Abschreibungen über Umsatzerlöse. Das gebundene Kapital wird erst im Verlauf der achtjährigen Nutzungsdauer freigesetzt. Verlaufen Produktion und Absatz planmäßig, wird die erste Abschreibungsrate am Ende des ersten Nutzungsjahres vollständig zurückgeflossen sein. Gleiches gilt auch für die Fremdkapitalzinsen, sofern die Anschaffung mit einem Kredit finanziert worden ist. Während die Zinszahlungen im laufenden Jahr gleichmäßig erfolgen, hängt der Rückfluss dieser Kostengegenwerte von der Dauer des Produktions- und Absatzprozesses ab. Eine Veränderung dieser Bestimmungsfaktoren kann die Höhe des Kapitalbedarfs beeinflussen: Lager- und Transportzeiten werden verkürzt, durch einen höheren Skontosatz wird ein Anreiz geschaffen, in kurzer Zeit die empfangene Ware zu bezahlen.
Aufgabe 18. (1) Grundstücke, Gebäude, Maschinen und Einrichtungsgegenstände verursachen ein Investitionsvolumen von 1,5 Mio. EUR. (2) Zeitbedarf im Durchschnitt: a)
Lagerung der Rohstoffbestände: 20 Tage
•
das Leistungsprogramm
b) Verarbeitungsdauer
•
Umfang und Dauer der lagernden Werkstoffe
c)
•
Lagerzeiten der halb fertigen Erzeugnisse (Zwischenlagerung)
d) Zahlungsziel
•
die Dauer des Fertigungsprozesses
•
Umfang und Dauer der Lagerung der Endprodukte
•
der Transport der Endprodukte
•
die Zahlungsweise der Kunden.
10 Tage
Lagerung des Fertigwarenbestandes 10 Tage 20 Tage
Beschaffung, Produktion, Lagerung und Vertrieb bewirken einen täglichen Aufwand von 12 500 EUR. Ermitteln Sie den Finanzmittelbedarf im Umlaufvermögen! Wie hoch ist der Kapitalbedarf insgesamt, der durch die Erweiterungsinvestition nötig wird?
2.
Finanzierungsentscheidungen
Da die Umsatzerlöse auch Kostenbestandteile abdecken, die nicht mehr ausgabewirksam werden und den kalkulierten Gewinn enthalten, verringert sich der Finanzmittelbedarf um diese Teile der Umsatzerlöse.
143
Ergänzendes zu den Umsatzerlösen Zu den Zuflüssen, die nicht zur Deckung der ausgabewirksamen Kosten benötigt werden, gehören •
kalkulatorische Abschreibungen
•
kalkulatorische Wagnisse
•
sowie der Stückgewinn (multipliziert mit der verkauften Menge).
Um den Kapitalbedarf zu ermitteln, muss eine Finanzplanung durchgeführt werden, die als Daueraufgabe auf einem System kurz-, mittelund langfristiger Pläne aufbaut.
2.2
Beispiel:
Der Cashflow
Der Cashflow drückt den Finanzmittelzufluss in einer Periode aus. Mit dem Cashflow als Kennziffer können Aussagen über die Ertrags- und Finanzkraft des Unternehmens abgeleitet werden. Ausgangspunkt für die Berechnung des Cashflow ist die Gewinn- und Verlustrechnung. Die dort aufgeführten Erträge werden um die Aufwendungen verringert, die in der Rechnungsperiode zu Ausgaben geführt haben. Als Differenz verbleiben die nichtausgabewirksamen Aufwendungen sowie der vereinnahmte Gewinn. Im Einzelnen: 1.
Abschreibungen auf das Sachvermögen und auf das immaterielle Vermögen
2.
Rückstellungen, die für Verbindlichkeiten gebildet werden müssen, die zum Zeitpunkt der Rechnungslegung zwar dem Grunde nach bekannt, deren Fälligkeit und Höhe aber ungewiss sind. Zu diesen Rückstellungen gehören die Pensionsrückstellungen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung. Andere Rückstellungen können z. B. für Gewährleistungszusagen oder laufende Rechtsstreitigkeiten in der Bilanz passiviert werden. In die Berechnung des Cashflow werden nur die langfristigen Rückstellungen (für Pensionen) einbezogen
3.
Periodengewinn.
Mieten,
Zinsen
und
Geplanter Cashflow der DMW AG für das Werk Halle nach Aufnahme der erweiterten Produktion: •
Umsatzerlöse1
•
Skonto2
=
Umsatzerlöse (netto)
7480000 EUR 89760 EUR 7390240 EUR
Ausgabewirksame Kosten: •
Personalausgaben
2992000 EUR
•
Materialausgaben
2244000 EUR
•
übrige Kosten
1232000 EUR
•
Steuern und übrige Abgaben
= Finanzmittelzufluss
790.240 EUR
Abschreibungen
495.000 EUR
Kalkulierte Kosten
198.000 EUR
Gewinn
Abb. 19:
132000 EUR
97.240 EUR
Finanzmittelzufluss
1 Umsatzerlöse ergeben sich unter der Annahme, dass die Monatsproduktion von 440 Fahrzeugen vollständig zum Stückpreis von 17 000 EURO (netto, ohne MWSt.) abgesetzt wird. 2 Erlösschmälerungen durch Skonto wurden unter der Bedingung ermittelt, dass 40 Prozent der Käufer den Skontosatz von 3 Prozent nutzen und innerhalb von 14 Tagen die Rechnung begleichen.
144
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Berechnung des Cashflow + – – + = + – = + – + – = + – =
Bilanzgewinn/-verlust Einstellungen aus dem Jahresüberschuss in Gewinnrücklagen Entnahmen aus den offenen Rücklagen Gewinnvortrag aus dem Vorjahr Verlustvortrag Jahresüberschuss Abschreibungen Zuschreibungen Cashflow I Erhöhung des Sonderpostens mit Rücklagenanteil Minderung des Sonderpostens mit Rücklagenanteil Erhöhung der langfristigen Rückstellungen Minderung der langfristigen Rückstellungen Cashflow II außerordentlicher Aufwand außerordentlicher Ertrag Cashflow III
Abb. 20:
Berechnung des Cashflow
Erläuterungen zu den einzelnen Positionen der Cashflow-Berechnung: 1
Einstellungen aus dem Jahresüberschuss in Gewinnrücklagen Ein Teil des Jahresergebnisses kann den Gewinnrücklagen zugeführt werden. Nach § 272 Abs. 3 HGB dürfen als Gewinnrücklagen nur „solche Beträge ausgewiesen werden, die im Geschäftsjahr aus dem Ergebnis gebildet worden sind. Dazu gehören aus dem Ergebnis zu bildende gesetzliche oder auf Gesellschaftsvertrag oder Satzung beruhende Rücklagen und andere Gewinnrücklagen“. Für Aktiengesellschaften und für Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) gilt, dass 5 Prozent des Jahresüberschusses so lange der gesetzlichen Rücklage zugeführt werden, bis die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklagen zusammen 10 Prozent des Grundkapitals erreicht haben (oder den durch Satzung bestimmten höheren Anteil am Grundkapital). 2 Gewinnvortrag aus dem Vorjahr Der Gewinnvortrag entstammt dem vorangegangenen Geschäftsjahr. Hierbei handelt es sich um den Teil des Jahresüberschusses, der weder ausgeschüttet noch den Gewinnrücklagen zugeführt wurde. Um diesen Betrag muss der Jahresüberschuss vermindert werden, um den Finanzmittelzufluss zu ermitteln. 3 Zuschreibungen Mit den Zuschreibungen werden die Wertansätze für Gegenstände des Anlagevermögens, der Vorräte und Wertpapiere korrigiert. Aufgrund vorangegangener niedriger Bewertung dieser Vermögensgegenstände können solche stillen Reserven aufgelöst werden. Nach § 6 Abs. 1 Ziff. 1 EStG gelten als Obergrenze gegenüber dem letzten Bilanzansatz die Anschaffungs- oder Herstellungskosten dieser Vermögensgegenstände. 4 Sonderposten mit Rücklagenanteil Werden bestimmte Teile des Anlagevermögens (wie z. B. Immobilien) veräußert, so können nach § 6b EStG bis zu 50 Prozent des Veräußerungsgewinns steuermindernd einer Rücklage zugeführt werden (bei Grundstücken und Gebäuden bis zur vollen Höhe des Veräußerungsgewinns). Diese Rücklage wird als Sonderposten mit Rücklagenanteil gebildet. Werden die Rücklagen später aufgelöst, erfolgt eine Besteuerung des in früheren Perioden entstandenen Veräußerungsgewinns. Der Sonderposten mit Rücklagenanteil weist folglich einen Eigen- und Fremdkapitalanteil auf. Der Fremdkapitalanteil ergibt sich in Höhe der auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Steuern vom Einkommen und Ertrag. Die Differenz zwischen Rücklage und Steueranteil bildet den Eigenkapitalanteil. Der Sonderposten enthält also vorübergehend Rücklagen, die für Investitionszwecke wieder (gewinnerhöhend) aufgelöst werden. Die Erträge aus der Auflösung von Sonderposten sowie deren Erhöhung müssen in der GuV-Rechnung ausgewiesen werden. Einstellungen in den Sonderposten mit Rücklagenanteil müssen dem Cashflow I hinzugerechnet werden. Auflösungen dagegen vermindern den Finanzmittelzufluss in der betrachteten Periode. 5/6 Außerordentliche Aufwendungen und Erträge Nach § 277 Abs. 1 HGB sind alle Aufwendungen und Erträge, die nicht im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit entstanden sind, als außerordentlicher Aufwand oder Ertrag gesondert in der GuV-Rechnung auszuweisen. Der Bilanzgewinn ist daher um die zahlungswirksamen außerordentlichen Aufwendungen zu erhöhen und um die zahlungswirksamen außerordentlichen Erträge zu vermindern.
2.
Finanzierungsentscheidungen
145
Welche Aussagekraft kann dem Cashflow zugeordnet werden?
Cash-Flow
Wenn unterstellt wird, dass die Erlöse der abgelaufenen Rechnungsperiode vollständig in Form liquider Mittel dem Unternehmen zugeflossen sind, ergibt sich ein Betrag an Liquidität, der für verschiedene Zwecke verwendet werden kann:
Investitionsmittel
Kredittilgung
Mit dem Cashflow können Gewinnausschüttung
•
Kredite vorzeitig getilgt
•
zusätzliche Investitionen finanziert oder Ersatzinvestitionen durchgeführt
Abb. 21:
•
Beteiligungen erworben
•
Aufgaben
Materialbestände ausgeweitet oder
•
Gewinne ausgeschüttet
19. Für welchen Zweck würden Sie den Cashflow zuerst verwenden?
werden. Sollen die liquiden Mittel für die oben geschilderten Vorhaben verwendet werden, so ist zu berücksichtigen, dass diese Finanzmittel nicht unbeschränkt lange gebunden werden können. Der für Gewinnausschüttungen vorgesehene Betrag ist nur so lange frei verfügbar, bis die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft einen Gewinnverwendungsbeschluss gefasst hat. Auch die Mittel, die für Erweiterungsinvestitionen eingesetzt werden sollen, können nur bis zum Zeitpunkt der Ersatzbeschaffung verplant werden, weil ein Teil des Cashflow aus Abschreibungsgegenwerten besteht. Und der Finanzmittelzufluss, in dessen Höhe Pensionsrückstellungen gebildet wurden, wird dann ausgabewirksam, wenn die Ansprüche der Belegschaftsmitglieder aus der zugesagten betrieblichen Altersversorgung fällig werden. Handelt es sich um Abschreibungen, die im ersten Jahr der Nutzungsdauer veranschlagt wurden, bleiben bei einer Nutzungsdauer von 4 Jahren immer noch 3 Jahre bis zur nächsten Ersatzbeschaffung übrig.
Verwendung des Cashflow
20. Berechnen Sie den Cashflow der DMW AG mit Hilfe der vorliegenden Gewinnund Verlustrechnung! Gewinn- und Verlustrechnung der DMW AG für das Jahr 2005 (in EUR) Umsatzerlöse.............................................1030 Veränderungen des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen................115 sonstige betriebliche Erträge.........................25 Materialaufwand ....................................... -515 Personalaufwand1 ..................................... -564 Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und Sachanlagen....................... -65 sonstige betriebliche Aufwendungen............ -6 Erträge aus Beteiligungen.............................25 sonstige Zinsen und ähnliche Erträge .............5 Zinsen und ähnliche Aufwendungen ............ -9 Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit .........................................................41 Steuern vom Einkommen und Ertrag ........... -4 sonstige Steuern ............................................ -3 Jahresüberschuss...........................................24 Einstellung in Gewinnrücklagen ................ -12 Bilanzgewinn ................................................12
1 Enthalten sind 5,5 Mio. EUR für Pensionsrück-
stellungen
146
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
2.2.1 Cashflow und Verschuldungsgrad Mit dem Cashflow als Kennzahl wird nicht nur die innere Finanzkraft des Unternehmens beurteilt, sondern auch die Fähigkeit, in welchem Zeitraum die vorhandenen Verbindlichkeiten aus dem Finanzmittelzufluss der betrachteten Periode getilgt werden können. Diese Cashflow-Kennziffer wird als Verschuldungsgrad des Unternehmens bezeichnet.
Beispiel:
Unterstellt wird, dass der gesamte Finanzmittelzufluss einer Periode für die Kredittilgung verwendet wird.
+
Verschuldungsgrad =
Bestand an Verbindlichkeiten Cash-Flow
Ein niedriger Verschuldungsgrad weist auf eine vergleichsweise günstige Finanzstruktur und eine geringe Abhängigkeit von Gläubigern hin. Für Fremdkapitalgeber gilt ein geringer Verschuldungsgrad als Hinweis, dass das Unternehmen in der Lage ist, aus dem laufenden Betriebsprozess die Tilgungs- und Zinsverpflichtungen zu bestreiten. Umgekehrt gilt: Je höher dieser dynamische Verschuldungsgrad ausfällt, desto geringer sind die Aussichten des Unternehmens, weitere Kredite von Gläubigern zu erhalten. Denn für Gläubiger wächst mit höherem Verschuldungsgrad das Risiko, dass das Unternehmen nicht planmäßig seinen Tilgungs- und Zinszahlungsverpflichtungen nachkommen kann, wenn sich z. B. konjunkturbedingt die Absatzchancen verschlechtern. Für sie (Gläubiger) steigt demnach das Zahlungswagnis im Rahmen des Vertriebswagnisses. Allerdings haben sich die meisten Verkäufer durch eine Wagnisprämie „selbst“ versichert. Wegen der Konkurrenzfähigkeit verzichten Kleinbetriebe und mittlere Unternehmen auf eine derartige Wagnisprämie, insbesondere in konjunkturellen Schwächeperioden.
Die Berechnung des dynamischen Verschuldungsgrades Der Jahresüberschuss, den die DMW AG in ihrem Jahresabschluss 2005 (siehe Aufgabe 20) ausgewiesen hat, ist Ausgangspunkt der Berechnung:
+ = + =
Jahresüberschuss 24,0 Mio. EUR Einstellungen in Gewinnrücklagen 12,0 Mio. EUR Abschreibungen 65,0 Mio. EUR Cashflow I 101,0 Mio. EUR Pensionsrückstellungen 5,5 Mio. EUR Cashflow II 106,5 Mio. EUR
Bestand an Verbindlichkeiten (vgl. Abb. 4):
– =
=
Pensionsrückstellungen übrige Rückstellungen Verbindlichkeiten gegenüber Banken Lieferverbindlichkeiten sonst. Verbindlichkeiten Summe Verbindlichkeiten Flüssige Mittel und Wertpapiere NettoGesamtverschuldung
224,0 Mio. EUR 210,0 Mio. EUR
Gesamtverschuldung Cashflow Verschuldungsgrad
465,0 Mio. EUR 106,5 Mio. EUR 4,37
16,0 Mio. EUR 118,0 Mio. EUR 96,0 Mio. EUR 664,0 Mio. EUR 199,0 Mio. EUR 465,0 Mio. EUR
Die DMW AG benötigt 4,4 Jahre, um mit dem Cashflow die Verbindlichkeiten zu tilgen. Bei der Betrachtung des dynamischen Verschuldungsgrades wird aber unterstellt, dass der Cashflow des Jahres 2005 in dieser Höhe in den Folgejahren anfallen und ausschließlich zur Kredittilgung verwendet wird.
2.
Finanzierungsentscheidungen
147
teilweise gebunden in • erhöhten Beständen in Halb- und Fertigerzeugnissen • erhöhten Forderungsbeständen
Cash-Flow
Abschreibungen
Zuführung zu den langfristigen Rückstellungen Bilanzgewinn + Einstellungen in offene Rücklagen
Abb. 22:
Verwendung des Cashflow
Zusammenfassung Mit Hilfe der Kennziffer „Cashflow“ kann die finanzielle Struktur des Unternehmens beurteilt werden. Der Cashflow ist Teil einer dynamischen Liquiditätsbeurteilung. Während die Liquiditätskennziffern des 1. bis 3. Grades nur eine zeitpunktbezogene (statische) Betrachtung der Finanzkraft des Unternehmens erlauben, ermöglicht die Cashflow-Analyse Aussagen über den Netto-Finanzmittelzufluss (einschließlich vereinnahmter Abschreibungserlöse) im Geschäftsjahr. Der Cashflow ist somit Ausdruck für den erwirtschafteten Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben. Dieser Einnahmeüberschuss konnte in der Rechnungsperiode für verschiedene Zwecke verwendet werden: •
Schuldentilgung
•
Investitionsfinanzierung
•
Gewinnausschüttung
•
Liquiditätszuführung.
Der Cashflow umreißt den finanziellen Spielraum, der für Zwecke der Innenfinanzierung genutzt werden konnte. Wird der Cashflow um den Teil auszuschüttenden Gewinns verringert, ergibt sich der Überschuss, der für innenfinanzierte Investitionen zur Verfügung stand. Im Vergleich über mehrere Jahre ist der Cashflow besser als der ausgewiesene Bilanzgewinn geeignet, die Ertragslage des Unternehmens zu beurteilen. Da die Höhe der Abschreibungen auf Investitionen in der Vergangenheit zurückzuführen ist, können aus dem Bilanzgewinn nur bedingt Aussagen über die Ertragskraft abgeleitet werden. So führt beispielsweise eine verstärkte Investitionstätigkeit zu höheren Abschreibungen, die bei gegebenen Umsatzerlösen einen geringeren Gewinnausweis bewirken.
148
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Werden die Abschreibungen auf das Anlagevermögen in die Beurteilung einbezogen, können die Auswirkungen der Investitionstätigkeit auf das Unternehmensergebnis eindeutig beurteilt werden. Der Aussagekraft des Cashflow sind aber auch Grenzen gesetzt, weil er nicht unbedingt die verfügbare Liquiditätsmasse am Ende der Rechnungsperiode anzeigt: •
Im Jahresverlauf kann ein Teil des Überschusses in erhöhten Lagerbeständen an halb fertigen und fertigen Erzeugnissen gebunden sein. Diese Lagerbestandsveränderungen erscheinen in der GuV-Rechnung (siehe Aufgabe 20). Mit der Lagerproduktion sind aber (überwiegend) ausgabewirksame Aufwendungen entstanden. Ein Teil des Gewinns ist ebenfalls in dem Vorratsvermögen gebunden und wird erst durch Verarbeitung und Veräußerung dieser Güter zu Umsatzerlösen.
•
Verkäufe auf Ziel erhöhen den Forderungsbestand. Wenn diese Forderungen erst in der kommenden Rechnungsperiode realisiert werden, so stehen die flüssigen Mittel auch erst dann zur Verfügung.
2.3
Die Quellen der Finanzierung
2.3.1 Eigen- und Fremdkapital Jede Investition bindet auf längere Sicht in dem Unternehmen Kapital. Geldkapital wird in Sachkapital umgewandelt. Jedoch kann nicht immer eine beabsichtigte Investition, sei sie noch so wirtschaftlich, sofort durchgeführt werden. Zuerst einmal ist die Frage zu klären, auf welche Weise sich das Unternehmen das benötigte Kapital beschafft. Neben der Frage, ob eine geplante Investition auch vorteilhaft ist, müssen also Finanzierungsüberlegungen angestellt werden.
Formen der Finanzierung
Mittelherkunft
Innenfinanzierung
Rücklagen Stille Reserven
Dem Unternehmen stehen verschiedene Formen der Finanzierung zur Verfügung. Zum einen kann dem Unternehmen von außen Eigen- oder Fremdkapital zugeführt werden (Außenfinanzierung). Zum anderen können die benötigten finanziellen Mittel aus eigener Kraft im Rahmen der Selbstfinanzierung gedeckt werden, es sei denn, dass es sich um neugegründete Unternehmen handelt, bei denen noch keine Gewinne angefallen sind. Über die Art, wie das Unternehmen finanziert worden ist, gibt die Bilanz Auskunft.
Abschreibungen
Außenfinanzierung
Einlagen Beteiligungen Fremdkapital
Rechtsstellung der Kapitalgeber
Abb. 23:
Formen der Finanzierung
2.
Finanzierungsentscheidungen
Wird nach der Rechtsstellung der Kapitalgeber unterschieden, so kann der Bilanz entnommen werden, in welchem Umfang in dem Unternehmen aus eigener Kraft (Eigenfinanzierung) Kapital erwirtschaftet wurde und in welchem Maße Dritte als Gläubiger Fremdkapital (Fremdfinanzierung) zur Verfügung gestellt haben. 2.3.1.1
149
Zusammensetzung des Eigenkapitals der Kapitalgesellschaften
• Gezeichnetes Kapital (AG) • Stammkapital (GmbH)
Rücklagen
Zum Eigenkapital
Je nach Rechtsform des Unternehmens wird das Eigenkapital unterschiedlich bezeichnet.
Gewinnrücklagen
Kapitalrücklage
In Einzelunternehmen und Personengesellschaften, zu denen die •
offene Handelsgesellschaft (oHG)
•
Kommanditgesellschaft (KG) und
•
Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Co. KG (GmbH & Co. KG)
gehören, wird dieses Kapital als Eigen- oder Gesellschafterkapital bezeichnet. KG und GmbH & Co. KG weisen darüber hinaus auch das Einlagenkapital der Kommanditisten aus.
Gesetzliche Rücklage
Agio bei Ausgabe eigener Anteile
Satzungs-mäßige Rücklage
Agio bei Wechselschuldverschreibungen
Rücklage für eigene Anteile
Zuzahlungen für Vorzugsrechte
Andere Rücklagen
Andere Zuzahlungen der Gesellschafter in das Eigenkapita
Das Eigenkapital der Kapitalgesellschaften wird in der •
Aktiengesellschaft (AG) als gezeichnetes Kapital oder Grundkapital
•
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) als Stammkapital
bezeichnet. Die Genossenschaften weisen die Einlagen der Genossenschaftsmitglieder als Geschäftsguthaben aus. Zu dem Eigenkapital der Kapitalgesellschaften gehören außerdem noch die verschiedenen Rücklagen, die aufgrund satzungsmäßiger oder gesetzlicher Bestimmungen (§§ 266 Abs. 2, 268 Abs. 1, 272 HGB) oder freiwillig gebildet werden. Sie gehören zu dem variablen Eigenkapital und werden in Gewinn- und Kapitalrücklagen unterschieden. Diese Differenzierung lehnt sich an die Gliederung der Finanzierungsarten in Außen- und Innenfinanzierung an.
1 Gewinnrücklagen § 272 Abs. 3 HGB: „Als Gewinnrücklagen dürfen nur Beträge ausgewiesen werden, die im Geschäftsjahr oder in einem früheren Geschäftsjahr aus dem Ergebnis gebildet worden sind. Dazu gehören aus dem Ergebnis zu bildende gesetzliche oder auf Gesellschaftsvertrag beruhende Rücklagen und andere Gewinnrücklagen.“ 2 Gesetzliche Rücklage Nach § 150 Abs. 1 AktG müssen AG und KGaA in Höhe von 5 Prozent des Jahresergebnisses – abzüglich eines Verlustvortrages – eine Rücklage bilden. Gewinnanteile sind so lange dieser Rücklage zuzuführen, bis diese – zusammen mit den Kapitalrücklagen – 10 Prozent des Grundkapitals erreichen. Durch Satzung kann auch ein höherer Wert bestimmt sein.
150
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Die Gewinnrücklagen (siehe Abb. 24) enthalten den Teil des Gewinns, der nicht an die Kapitaleigner ausgeschüttet wurde. Er verbleibt im Unternehmen und wird damit thesauriert (einbehalten). Der thesaurierte Gewinn kann zur Finanzierung von Investitionen oder zur vorzeitigen Kredittilgung verwendet werden (siehe auch Berechnung des Cashflow), jedoch ist dazu notwendig, dass ihm Bargeld oder Geldtitel gegenüberstehen, die Investitionen bezahlen lassen. Die Kapitalrücklagen, die abschließend in § 272 Abs. 2 HGB aufgeführt sind, stehen für zusätzliches Beteiligungskapital, das von außen dem Unternehmen zugeführt wurde. Gewinn- und Kapitalrücklagen werden in der Bilanz offen ausgewiesen (offene Rücklagen). Daneben können aber auch Rücklagen existieren, die aus der Bilanz nicht ersichtlich sind. Es handelt sich um stille Reserven. Sie entstehen vor allem, weil Teile des Anlageoder Umlaufvermögens unterbewertet wurden: Grundstücke werden zum Anschaffungswert bilanziert, obwohl sie zum Zeitpunkt der Bilanzierung einen höheren Markt(Verkehrswert) aufweisen; die Abschreibung von Anlagegegenständen übersteigt die tatsächliche Wertminderung dieser Güter. Des Weiteren werden stille Reserven durch Überbewertung einzelner Positionen auf der Passivseite aufgebaut. Die Bildung von Rückstellungen bietet hierfür Ansatzpunkte, indem zukünftig einzulösende Verpflichtungen sehr vorsichtig bewertet werden. Die stillen Reserven werden aufgelöst, wenn unterbewertete Vermögensgegenstände veräußert werden oder der Rückstellungsgrund (z. B. Prozesskostenrisiko) entfallen ist.
3 Satzungsmäßige Rücklagen In der Satzung der AG sowie im Gesellschaftervertrag der GmbH kann über die gesetzliche Rücklage hinausgehend vereinbart werden, dass ein weiterer Teil des Jahresergebnisses in die Gewinnrücklagen eingestellt wird. 4 Rücklage für eigene Anteile Besitzt die AG eigene Aktien, die auf der Aktivseite der Bilanz auszuweisen sind, so muss für den entsprechenden Gegenwert eine Rücklage aus dem Jahresergebnis gebildet werden (§ 272 Abs. 4 HGB). Dies gilt auch für Anteile, die ein herrschendes Unternehmen oder ein mit Mehrheit beteiligtes Unternehmen hält. 5 Andere Rücklagen Nach § 58 Abs. 2 AktG kann die Gesellschaft über die vorgenannten Möglichkeiten hinausgehen und einen weiteren Teil des Jahresüberschusses den freien Rücklagen zuführen. Jedoch darf die freie Rücklage nicht mehr als die Hälfte des Grundkapitals ausmachen. 6 Kapitalrücklage Nach § 272 Abs. 2 HGB sind für die folgenden Fälle Kapitalrücklagen zu bilden: 7 Agio bei Ausgabe eigener Anteile Werden die Anteile an der Gesellschaft zu einem höheren Betrag als dem Nominalwert ausgegeben, so ist dieser Aufschlag (Agio) der Kapitalrücklage zuzuführen. 8 Agio bei Wandelschuldverschreibungen Dies gilt auch für Beträge, die bei Ausgabe von Schuldverschreibungen für Wandlungsrechte und Optionsrechte zum Erwerb von Anteilen erzielt werden. 9 Zuzahlungen für Vorzugsrechte Leisten Gesellschafter Zuzahlungen beim Erwerb ihrer Anteile, um bevorrechtigt am Gewinn oder Liquidationserlös des Unternehmens beteiligt zu werden, so ist auch dieser über den Nominalwert hinausgehende Betrag der Kapitalrücklage zuzuführen. 10 Andere Zuzahlungen Es handelt sich hierbei um Zuzahlungen der Gesellschafter, die satzungsgemäß, freiwillig oder aufgrund gesetzlicher Bestimmungen zu erbringen sind. So bestimmt § 26 GmbHG z. B., dass nach dem Gesellschaftsvertrag neben den Stammeinlagen weitere Einzahlungen von den Gesellschaftern eingefordert werden können (Nachschusspflicht).
Abb. 24
Die Zusammensetzung des Eigenkapitals der Kapitalgesellschaften
2.
Finanzierungsentscheidungen
Der Zahlungsmittelzufluss, der sich aus diesen aufgelösten Reserven ergibt, erhöht den Gewinn und ist damit der Besteuerung unterworfen. Um Investitionen zu finanzieren, sind also zuerst stille Reserven aufzulösen, während einbehaltene und den Rücklagen zugeführte Gewinne sofort zur Verfügung stehen; es sei denn, ein Teil des Gewinns ist in dem Vorratsvermögen gebunden und wird erst im Verlaufe des Umsatzprozesses „verflüssigt“. Dass Eigenkapital die sicherste Finanzierungsform darstellt, steht außer Zweifel. Für dieses Kapital müssen keine Zinsen gezahlt und Tilgungen geleistet werden. Die Kapitaleigner erhalten ihren Anteil an dem ausgeschütteten Gewinn. Sie tragen das Risiko, in Verlustperioden keine Vergütung ihres Kapitaleinsatzes zu erhalten. Im Extremfall der Insolvenz gehen sie das Risiko eines vollständigen Kapitalverlustes ein. 2.3.1.2
151
Aufgaben 21. Von welcher Bilanzposition wird ausgegangen, um den Bilanzgewinn zu ermitteln? 22. Stellen Sie die Gewinnverwendungsrechnung nach der aktienrechtlichen Gliederung (§ 158 Abs. 1 AktG) dar! 23. Ein Teil des Bilanzgewinns kann auf die neue Rechnung des kommenden Geschäftsjahres vorgetragen werden. Wie lange steht dieser Gewinnvortrag der Gesellschaft als Eigenkapital zur Verfügung? 24. Interpretieren Sie Abbildung 23!
Zum Fremdkapital
Der Unterschiedsbetrag zwischen Eigenkapital und Bilanzsumme weist die Verbindlichkeiten (Fremdkapital) aus. Üblicherweise wird das Fremdkapital nach der Kapitalüberlassungsdauer gegliedert in •
•
•
langfristiges Fremdkapital: Hierunter fallen Hypothekarkredite und Grundschulden, Schuldverschreibungen und Wandelobligationen. Nach § 285 Abs. 1 Nr. 1 HGB müssen Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren als langfristiges Fremdkapital in der Bilanz ausgewiesen werden mittelfristiges Fremdkapital: Darlehen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr (bis maximal fünf Jahre) kurzfristiges Fremdkapital: Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen einschließlich der Wechselkredite aufgrund eines Warengeschäfts sowie kurzfristige Rückstellungen, die für die Dauer eines Jahres gebildet werden (z. B. für erwartete Reparaturen).
durch Rückzahlungen nur bei Austritt von Gesellschaftern in Personengesellschaften nur durch Mitgesellschafter (z. B. KG) möglich
Abb. 25: Merkmale des Eigenkapitals Quelle: In Anlehnung an Tiedtke, J./ Harmgardt, W.: Investition und Finanzierung, Bad Harzburg 1992
152
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Kapitalart
Eigenkapital
Fremdkapital
Liquidität
wird nicht durch Rückzahlungsverpflichtungen eingeschränkt (Ausnahme: bei Austritt von Gesellschaftern aus Personengesellschaften)
wird durch Zins- und Tilgungsleistungen eingeschränkt
Verzinsung
keine; Verzinsung nur in Form eines Gewinnanspruchs
zwischen Gläubiger und Schuldner vertraglich vereinbart; Zinshöhe auch abhängig von dem Kreditrisiko
zeitliche Verfügbarkeit
unbegrenzt; Ausnahme wie bei dem Liquiditätsmerkmal
wird vertraglich vereinbart • kurzfristig: max. 1 Jahr • mittelfristig: 1 – 5 Jahre • langfristig: mehr als 5 Jahre
Stellung des Kapitalgebers
Eigentümer des Unternehmens trägt das Risiko
Gläubiger trägt das Kreditrisiko in Höhe des überlassenen Kapitals
Beschränkung durch den Kapitalgeber
keine; Ausnahme durch Gesellschafter möglich: Teilung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis in Personengesellschaften; in Kapitalgesellschaften Trennung zwischen Organen und Anteilseignern
möglich, wenn der Kredit zweckgebunden gewährt worden ist
Merkmal
Abb. 26:
Unterscheidungsmerkmale des Eigen- und Fremdkapitals im Überblick
Im Gegensatz zum Eigenkapital birgt das Fremdkapital zusätzliche Liquiditätsrisiken, wenn das Unternehmen Absatzeinbrüche erlebt und auf Umsatzerlöse verzichten muss. Denn Tilgung und Zinszahlungen sind unabhängig von der aktuellen Liquiditätsverfassung zu tragen. Gläubiger können, wenn der Schuldner mit seinen Leistungen aus dem Kreditverhältnis in Verzug gerät, in aller Regel den gesamten Kreditbetrag vorzeitig kündigen und den Schuldner in zusätzliche Bedrängnis bringen. Außerdem werden sich Kreditgeber nur dann auf ein entsprechendes Engagement einlassen, wenn sie das Unternehmen als kreditwürdig betrachten und Kreditrisiken für kalkulierbar halten. Höhere Kreditrisiken werden von dem Kreditgeber nur gegen entsprechend höhere Zinsansprüche in Kauf genommen.
Abb. 27: Merkmale des Fremdkapitals *Quelle: In Anlehnung an Tiedtke, J./ Harmgardt, W.: Investition und Finanzierung, Bad Harzburg 1992
2.
Finanzierungsentscheidungen
Im Gegensatz zur Eigenfinanzierung durch Kapitaleigner einer Gesellschaft geht das kreditnehmende Unternehmen bis auf Zinsund Tilgungsverpflichtungen keine weiteren Zugeständnisse ein, es sei denn, der Kredit wurde zweckgebunden gewährt. Die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis liegt nach wie vor in den Händen des Unternehmens und muss nicht mit weiteren Personen geteilt werden.
2.3.2 Die Kapital- und Vermögensstruktur In ihren Untersuchungen zu den Ursachen von Unternehmensinsolvenzen hat die Deutsche Bundesbank festgestellt, dass als relativ häufigster Grund eine mangelhafte Eigenkapitalausstattung zum Zusammenbruch von Unternehmen geführt hatte. Private Institute sehen als Ursache von Insolvenzen auch Managementfehler, die gemacht wurden. Konjunkturbedingte Absatzeinbußen führen rasch zu Verlusten, die nur dann aufgefangen werden können, wenn das Unternehmen über eine hinreichende Ausstattung mit Eigenkapital verfügt. Abbildung 29 zeigt, dass die westdeutschen Unternehmen im Durchschnitt nur eine sehr geringe Eigenkapitaldecke aufweisen. Erleidet das Unternehmen einen nachhaltigen Verlust, verschiebt sich automatisch die Kapitalstruktur zu Lasten des Eigenkapitalanteils. Als Konsequenz ergeben sich angesichts geringerer Mittelzuflüsse relativ höhere Ausgaben, die für Tilgung und Verzinsung der Kredite aufzubringen sind. Um gegen – zumindest kurzfristige – Verluste gewappnet zu sein, sollte das Unternehmen bestimmte Finanzierungsregeln beachten.
153
Bilanz der Unternehmen nach Rechtsformen1 davon Alle KapitalRechtsgesellformen schaften % der Bilanzsumme
Position
Personengesellschaften
Einzelunternehmen
Vermögen Sachvermögen Sachanlagen Vorräte
49,1 25,9 23,1
42,8 24,1 18,6
55,2 26,8 28,4
74,3 35,0 39,2
Forderungsvermögen Kassenmittel
50,5 4,4
56,9 4,0
44,3 5,5
24,8 3,8
Forderungen kurzfristige langfristige
31,4 29,2 2,2
32,9 30,6 2,3
32,2 29,9 2,3
19,9 18,9 1,0
Wertpapiere Beteiligungen
3,0 11,7
4,3 15,7
1,0 5,6
0,1 0,9
Rechnungsabgrenzungsposten Aktiva insgesamt = Bilanzsumme
0,4
0,3
0,5
1,0
100,0
100,0
100,0
100,0
Kapital Eigenmittel
17,6
24,3
11,4
-10,0
Fremdmittel Verbindlichkeiten kurzfristige langfristige
81,9 62,4 44,9 17,5
75,1 50,4 39,4 11,0
88,3 75,6 51,2 24,4
110,0 106,1 64,5 41,6
Rückstellungen darunter: Pensionsrückstellungen
19,6
24,7
12,7
4,1
8,3
10,8
4,8
0,4
Rechnungsabgrenzungsposten Passiva insgesamt = Bilanzsumme
0,5
0,6
0,3
0,0
100,0
100,0
100,0
100,0
Nachrichtlich: Umsatz
155,1
139,4
189,7
170,2
geschätzt auf der Basis hochgerechneter Ergebnisse Einschl. immaterieller Vermögensgegenstände Einschl. nicht abgerechneter Leistungen Kasse und Bankguthaben Abzüglich Berichtigungsposten zum Eigenkapital Einschl. anteiliger Sonderposten mit Rücklageanteil
Abb.28:
Bilanz der Unternehmen nach Rechtsformen
154
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Ziel ist es, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital herzustellen und zu erhalten. 1. Grundsatz der Fristenentsprechung Das langfristig gebundene Vermögen, zu dem das Anlagevermögen und teilweise das Umlaufvermögen gehören, sollte langfristig finanziert sein. Diese Vermögensgegenstände sind mit Eigenkapital und langfristigem Fremdkapital zu finanzieren. Anlagendeckung in Prozent: (Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital) x 100
Einer der ältesten Flugzeugbauer der Welt muss ins Gras beißen: 1919: Firmengründung. 1985: Jungfernflüge der Fokker F 50 und F 100. 1987: Niederländische Regierung muss Fokker vor dem Konkurs retten. 1993: Daimler Benz Aerospace (DASA) steigt bei Fokker ein (Kauf von Fokker-Aktien und damit Eigenkapitalhalter). 1994: Verlust bei Fokker häufen sich. Entlassungen. 1995: Fokker bittet DASA und Regierung um Finanzhilfen von 2,3 Mrd. Ablehnung der Aktionäre. Banken lehnen Kredite (Fremdkapital) ab. 1996: Fokker erklärt drei Kernbereiche für bankrott. Übernahmeverhandlungen scheitern.
Abb. 29:
Wenn kein Kapital mehr bereitgestellt wird
Abb. 30:
Insolvenzursachen
Anlagevermögen + langfristig gebundenes Umlaufvermögen
2. Vertikale Kapitalstrukturregel Im Idealfall sollte das Fremdkapital vollständig durch Eigenkapital gedeckt sein. Der Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital wird durch die Eigenkapitalquote ausgedrückt: EK
Eigenkapital x 100 Gesamtkapital
Die vollständige Deckung des Fremdkapitals durch Eigenkapital erhöht die Widerstandsfähigkeit gegen kurzfristig eintretende Verluste und steigert die Kreditwürdigkeit bei Banken.
2.3.3 Der Leverage-Effekt Mit dem Leverage-Effekt wird eine Beziehung zwischen der jeweiligen Finanzierungsstruktur (Eigen-/Fremdkapital) und der Rentabilität des eingesetzten Eigenkapitals beschrieben. Unter bestimmten Voraussetzungen kann mit einem verstärkten Einsatz von Fremdkapital eine höhere Eigenkapitalrentabilität erreicht werden.
50 %
50 %
Abb. 31:
Größen für die Ermittlung von Finanzierungsstrukturen
2.
Finanzierungsentscheidungen
Eigenkapitalrentabilität: R(EK ) =
Gewinn × 100 Eigenkapit al
Diese Erkenntnis wird als positive Hebelwirkung des Fremdkapitaleinsatzes beschrieben. Ein positiver Leverage-Effekt ergibt sich dann, wenn die Verzinsung des Fremdkapitals geringer ausfällt als die Gesamtkapitalrentabilität: R(GK ) =
(Gewinn + FKzinsen) × 100 Eigen − und Fremdkapit al
D.h., die Kosten des Fremdkapitals sind niedriger als der Gewinn, der – nach Abzug der Fremdkapitalzinsen – mit dem Einsatz dieses Fremdkapitals erwirtschaftet werden kann. Unter dieser Bedingung ist die Entscheidung zu Lasten eines geringeren Eigenkapitaleinsatzes allerdings nur dann sinnvoll, wenn anderweitige, ertragreichere Kapitalanlagemöglichkeiten vorhanden sind. Jedoch muss auf die Risiken hingewiesen werden, die bei ansteigendem Verschuldungsgrad zunehmen.
2.3.4 Die Finanzierungsqualität Die Frage, ob eine bestimmte Finanzierung, z. B. die mit fremden Mitteln, günstig ist, wird in der Regel allerdings nicht nur nach den Zinssätzen – wie oben im Leverage-Effekt beschrieben – beurteilt, vielmehr werden weitere Besonderheiten herangezogen, die eine Bewertung eher erlauben (Finanzierungsstrategie). So ist festgestellt worden, dass ein sehr rentables Unternehmen oft wenig liquide ist, über einen nur engen Dispositionsspielraum verfügt und relativ unelastisch ist. Fasst man diese drei Größen zusammen und bezieht außerdem das Image der Unternehmung ein, dann wird von Finanzierungsqualität geredet. Die Rentabilität muss unter dem Aspekt einer solchen Finanzierungsqualität gewürdigt werden.
155
Beispiel zum Leverage-Effekt: Gesamtkapital in EUR Eigen- Fremd FKkapital kapital zinsen 1000 0 0 800 200 20 500 500 50 200 800 80
Rentabilität Gewinn EUR 200 180 150 120
GK in % 20 20 20 20
EK in % 20,0 22,5 30,0 60,0
Fremdkapitalzinsen bei einem Zinssatz von 10% Gesamtkapitalrentabilität Eigenkapitalrentabilität
Aufgaben 25. Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie aus der in dem Beispiel dargestellten Entwicklung der Eigen- und Gesamtkapitalrendite? 26. a) Die DMW AG beabsichtigt, in ihrem Hauptwerk eine Rationalisierungsinvestition durchzuführen. Wird diese Investition, die zu einem Kapitalbedarf von 1 Mio. EUR führt, vollständig mit Eigenkapital finanziert, so wird ein Gewinn von 0,2 Mio. EUR jährlich erwartet. Als Finanzierungsalternative bietet sich der Einsatz von Fremdkapital an, das zu einem Zinssatz von 10 % geliehen werden kann. Wie verändert sich die Eigenkapitalrentabilität, wenn im Vergleich zur ausschließlichen Eigenfinanzierung die Investition zu a) 20 %, b) 30 % fremdfinanziert wird? b) In der Regel wird eine Finanzierung durch EK und FK (wie im 2. Beispiel) getätigt. Wird das FK über Gebühr erhöht, sind für Teile von ihm höhere Zinsen fällig. Wieso ist das so?
156
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Fremdkapital aufzunehmen, weil die Zinslast hierfür günstig ist und die Gesamtrendite die Fremdkapitalzinsen übersteigen wird, kann nicht ratsam sein, wenn das Unternehmen nicht mehr unabhängig auf dem Markt reagieren kann (Elastizität). Das geschieht, wenn Kreditgeber vorschreiben, was zu tun ist. Auch nützt eine Erhöhung der Eigenkapitalrendite (Leverage-Effekt) nichts, wenn die Liquidität dramatisch abfällt.
Zur Fremdfinanzierungsstrategie Die Aufnahme von Kapital muss sehr genau durchdacht werden. Um ein relativ objektives Messergebnis zu erhalten, werden Rentabilität (aus der Finanzierung) und Finanzierungsqualität gleichberechtigt (in einer Matrix) gegenübergestellt (Y-Achse oben: sehr hohe Rentabilität, unten: sehr niedrige; X-Achse links: sehr niedrige Qualität, rechts: sehr hohe). Wie viele Einheiten auf der X- und Y-Achse eingetragen werden, ist Sache des Bewerters. Man kann z. B. von 7 Einheiten ausgehen (X-Achse beginnend ganz links). Den möglichen Qualitäten ordnet man ebenso wie den Rentabilitäten Punkte zu. Beste Qualität = 7 Punkte, sehr gute Qualität 6 Punkte, gute Qualität 4 Punkte etc. So gelangt man z. B. zu einem Punkt 4/2. Er gibt an, wie die Finanzierungsart unter den gegebenen Voraussetzungen einzuschätzen ist. Danach ist die hohe Qualität auf Kosten einer schlechten Rentabilität erkauft.
Zusammenfassung 1.
Die Quellen der Finanzierung können nach verschiedenen Merkmalen unterschieden werden: a) Mittelherkunft Entweder stammen die finanziellen Mittel aus dem betrieblichen Leistungsprozess (Innenfinanzierung: Rücklagen, stille Reserven, Abschreibungen) oder von außen, indem Eigentümer aus ihrem Privatvermögen Einlagen in das betriebliche Vermögen leisten (Einzelunternehmen, Personengesellschaften) oder Anteilseigner Kapitalanteile erwerben (Außenfinanzierung). b) Rechtsstellung der Kapitalgeber Das Kapital wird von den Eigentümern im Wege der Innen- oder Außenfinanzierung bereitgestellt (Eigenfinanzierung).
2.
Das Eigenkapital (als Risikokapital) stellt aus der Sicht des Unternehmens das sicherste Finanzierungsmittel dar. Die Kapitaleigner tragen das Kapitalrisiko, werden dafür aber auch an dem Gewinn beteiligt.
3.
Das Fremdkapital wird von Dritten für eine bestimmte Vertragsdauer mit dem Anspruch auf Zinszahlung und Tilgung überlassen.
4.
Um das finanzwirtschaftliche Gleichgewicht zu wahren, sollte a)
der Grundsatz der Fristenentsprechung beachtet werden. Er besagt, dass das Vermögen entsprechend seiner Bindungsdauer im Unternehmen finanziert sein sollte
b) im Idealfall das Fremdkapital vollständig durch Eigenkapital gedeckt sein (vertikale Kapitalstrukturregel). 5.
Der Leverage-Effekt wirkt sich positiv auf die Eigenkapitalrentabilität aus, wenn der Fremdkapitalzins geringer ist als die Rentabilität des Gesamtkapitals.
2.
Finanzierungsentscheidungen
2.4
157
Formen der Innenfinanzierung Formen der Innenfinanzierung (Selbstfinanzierung im weiteren Sinne)
Finanzierung aus Umsatzerlösen
Finanzierung durch Vermögensumschichtung
Gewinne
Auflösung stiller Reserven
Abschreibungen
Verkauf von Forderungen
Rückstellungen
Abb. 32:
Formen der Innenfinanzierung
Zur Innenfinanzierung werden im weitesten Sinne alle Finanzierungsmaßnahmen gerechnet, die aus eigener Kraft des Unternehmens erfolgen (Innenfinanzierung oder interne Finanzierung). D. h., das Unternehmen finanziert Investitionen aus Mittelzuflüssen, die in dem betrachteten Geschäftsjahr erwirtschaftet wurden und denen keine ausgabewirksamen Aufwendungen gegenüberstanden. Sie lässt sich in die Finanzierung aus Umsatzerlösen und Finanzierung aus Vermögensumschichtung unterteilen.
Aufgaben 27. Kann mit Hilfe des Cashflow (siehe Kapitel 2.2) eine Aussage über den Umfang der Innenfinanzierung abgeleitet werden? Begründen Sie bitte Ihre Überlegung! 28. In welchem Umfang konnte die DMW AG ihre Erweiterungsinvestitionen im Werk Halle aus eigener Kraft finanzieren (siehe Beispiel S. 143)? 29. Welche Möglichkeiten haben Kapitalgesellschaften, einbehaltene Gewinne in der Bilanz auszuweisen (siehe Abschnitt 2.3.1.1)?
2.4.1 Die Selbstfinanzierung im engeren Sinn 2.4.1.1
Die offene Selbstfinanzierung
Die Selbstfinanzierung ist eine Form der Eigenfinanzierung. Das Unternehmen erhält seine Selbstfinanzierungsmittel aus dem Umsatzprozess, der zu Erlösen führt und im Regelfall nicht nur die Aufwendungen deckt, sondern auch einen Überschuss bewirkt.
Definition in der Literatur: Die Selbstfinanzierung „stellt die Sammlung von Geldmitteln in konkreter Form ohne Beschaffung neuen Kapitals von außen“ dar. (Theisinger in „Festschrift für F. Schmidt, Berlin–Wien 1942.)
158
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Werden die Gewinne nicht an die Anteilseigner ausgeschüttet (Kapitalgesellschaften) oder von den Eigentümern entnommen (Einzelunternehmen und Personengesellschaften), so steht zusätzliches Kapital für die Investitionsfinanzierung zur Verfügung. Auf der Passivseite der Bilanz werden die einbehaltenen Gewinne in den Gewinnrücklagen offen ausgewiesen (offene Selbstfinanzierung) und führen zu einer Bilanzverlängerung, weil das Eigenkapital wächst. 2.4.1.2
Die stille Selbstfinanzierung
Offene Selbstfinanzierung (Gewinnthesaurierung)
(Gewinne werden in den Gewinnrücklagen offen ausgewiesen)
Abb. 33:
Wenn Gewinne in der Bilanz nicht offen ausgewiesen werden, liegt eine stille Selbstfinanzierung vor. Es sind zwar Gewinne erwirtschaftet worden, aber durch Anwendung bestimmter Bewertungsansätze für einzelne Bilanzpositionen wird ein niedriger Gewinn ausgewiesen. Um diesen verkürzten Gewinnausweis zu erreichen, müssen Vermögensgegenstände der Aktivseite mit einem niedrigeren Wert angesetzt werden (Unterbewertung der Aktiva). Auf der Passivseite werden Verbindlichkeiten überhöht dargestellt (Überbewertung der Passiva). Handels- und aktienrechtliche Bestimmungen legen den Rahmen fest, in dem sich das bilanzierende Unternehmen bei der Bewertung von Aktiva und Passiva bewegen darf. Gegenstände des Anlagevermögens dürfen nach § 253, 2 HGB nur mit ihrem Anschaffungsoder Herstellungswert, der um die entsprechenden Abschreibungen zu vermindern ist, bilanziert werden. Auf der Passivseite können insbesondere Rückstellungen nach § 249 HGB für ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften gebildet werden. Der Kaufmann hat, den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Buchführung folgend, diese Verbindlichkeiten sehr vorsichtig anzusetzen. Die überhöhten Rückstellungen erscheinen in der Bilanz als Fremdkapital.
Gesetzliche Rücklage
Rücklagen für eigene Anteile
Satzungsmäßige Rücklage
Andere Rücklage
Offene Selbstfinanzierung
Stille Selbstfinanzierung
Unterbewertung von Vermögensanteilen (Aktiva)
Abb. 34:
Überbewertung von Vermögensanteilen (Pssiva)
Stille Selbstfinanzierung
Ergänzung zur Bewertung Um sowohl Überbewertungen weit gehend auszuschließen als auch Unterbewertungen zu begrenzen, hat der Gesetzgeber zahlreiche Vorgaben entwickelt, die unter anderem in so genannten allgemeinen Bewertungsgrundsätzen (§§ 238, 252) und in den Definitionen von Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie Werten (§§ 253, 254, 255 HGB z. B.) ihren Niederschlag finden. Dennoch hat der Gesetzgeber, den Erfordernissen der Wirtschaft entsprechend, Spielräume für die Bewertung eingeräumt, wenn es u. a. heißt: „Es ist vorsichtig zu bewerten, namentlich sind alle vorhersehbaren Risiken und Verluste … zu berücksichtigen. Gewinne sind nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind.“ (§ 252, Abs. 1 Satz 4 HGB.) Unterbewertete Aktiva können u.a. zur Folge haben, dass Käufer der Unternehmung davon abgehalten werden, ihr Ziel zu verfolgen. Eine Überbewertung der Schulden wirkt ebenso. Oft wird das von der Leitung gewollt.
2.
Finanzierungsentscheidungen
159
Da die Bildung stiller Reserven den tatsächlichen und damit zu versteuernden Gewinn niedriger ausfallen lässt, kann bis zur Auflösung dieser Positionen eine Stundung der gewinnabhängigen Steuern, die auf diesen „versteckten“ Gewinnbetrag zu entrichten gewesen wären, erreicht werden. In der Regel sind Steuer- und nicht Wandelobligationen Grundlage für die Steuerbemessung. Der Gesetzgeber prüft sehr genau, ob die Bewertungsvorschriften eingehalten werden.
Betriebswirtschaftliche Bedeutung der Selbstfinanzierung
Abb. 35:
Offene Selbstfinanzierung
Quelle: in Anlehnung an Tiedtke, J./ Harmgardt, W.: Investition und Finanzierung, Bad Harzburg 1992 Beispiele zur offenen und stillen Selbstfinanzierung* 1.
Offene Selbstfinanzierung
2.
Die Unternehmensaktivitäten waren in der vergangenen Rechnungsperiode durch folgende Daten (in Mio.) gekennzeichnet: Herstellung von Erzeugnissen davon ausgabewirksame Kosten Abschreibungen Verkauf, bar Ersatzinvestitionen Anschaffung von Werkzeugen, bar
EUR 500 EUR 300 EUR 200 EUR 600 EUR 200 EUR 100
Stille Selbstfinanzierung
Die kalkulierten und vereinnahmten Abschreibungen betragen 300 EUR. Der Wert der Anlagen nach Abschreibungen beträgt aber 800 EUR statt 700 EUR, was nicht ausgewiesen ist. Die Mittel werden wieder eingesetzt für Reinvestitionen in Höhe von 200 EUR, womit die alte Kapazität wieder erreicht ist. 100 EUR werden für Werkzeuge aufgewandt. Aus Übersichtlichkeitsgründen werden andere Kosten nicht erfasst. Der Selbstkostenwert der Erzeugnisse beläuft sich auf 300 EUR, und diese werden auch vereinnahmt.
Ausgangsbilanz und ihre Veränderungen
Ausgangsbilanz und ihre Veränderungen
Aktiva
Aktiva
Bilanz
Passiva
Maschinen
1 000 - 200 + 200
EK 600 + 100
Werkzeuge
––
Zahlungsmittel
1 000 - 600 + 600
FK 1 400
2 000
2 000
+ 100
Bilanz
Passiva
Maschinen
1 000
EK 600
Werkzeuge
––
Zahlungsmittel
1 000
FK 1 400
2 000
2 000
Einnahmen und Ausgaben gleichen sich aus. * Tiedtke, J./Harmgardt, W.: Investition und Finanzierung, Bad Harzburg, 1992
160
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Schlussbilanz Aktiva
Schlussbilanz Bilanz
Maschinen
1 000
Werkzeuge
100
Zahlungsmittel
Passiva
Aktiva
EK 700
Maschinen
-300 + 200 = 900
Werkzeuge
+ 100 = 100
1 000
FK 1 400
2 100
2 100
Bilanz
Zahlungsmittel
Passiva EK 600
1 000
FK 1 400
2 000
2 000
Einnahmen und Ausgaben gleichen sich aus.
Hier hat eine offene Selbstfinanzierung in Höhe von 100 EUR stattgefunden. Die Voraussetzungen sind erfüllt: Ansammlung der Mittel und Einsatz der Mittel für betriebliche Vermögenszwecke.
2.4.1.3
Weder Vermögen noch Kapital haben sich verändert. Jedoch hat sich die Vermögensstruktur verschoben. Aus der Bilanz ist nicht ersichtlich, dass das „Anlagevermögen – Maschinen“ kapazitiv den alten Stand behalten hat. Es hat eine echte Selbstfinanzierung in stiller Form stattgefunden.
Beurteilung der Selbstfinanzierung im engeren Sinn
Von einer Selbstfinanzierung im engeren Sinne kann nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn aus den Umsatzerlösen finanzielle Mittel zugeflossen sind, die nach Deckung der Aufwendungen als Überschuss für die Finanzierung von Investitionen zur Verfügung stehen (Gewinngegenwerte). Voraussetzung ist also, dass die Gewinnbestandteile z. B. nicht in dem Vorratsvermögen (Material-, Halb- und Fertigwarenbestände) oder in den Forderungsbeständen gebunden sind. Aus der Sicht des Unternehmens sind mit der Finanzierung aus Gewinngegenwerten Vor- und Nachteile verbunden. Zu den Vorteilen:
Zu den Nachteilen:
•
Thesaurierte Gewinne verstärken das haftende Eigenkapital und damit die Kreditwürdigkeit, um eine zusätzliche Fremdfinanzierung durchzuführen. Gleichzeitig kann mit thesaurierten Gewinnen der Ruf einer Unternehmung steigen, wenn sie publik gemacht werden.
•
Insbesondere die Finanzierung durch stille Reserven kann zu Fehlinvestitionen führen, weil das Kapital „kostenlos“ zur Verfügung steht und keine Rechenschaft über die Art der Mittelverwendung gegeben wird.
•
•
Eigenfinanzierte Investitionen weiten den Liquiditätsspielraum in Zeiten rückläufiger Umsätze und Gewinne aus, weil keine Tilgungs- und Zinszahlungsverpflichtungen – im Gegensatz zur Fremdfinanzierung – eingegangen werden.
Die Gefahr besteht nämlich, dass Investitionsprojekte finanziert werden könnten, die bei einer Fremdfinanzierung wegen unzureichender Rentabilität nicht realisiert worden wären.
•
Stille Reserven, deren Bildung aus der Bilanz nicht erkennbar ist, verschleiern das Rentabilitätsbild. Die nach außen sichtbare Rentabilität des Unternehmens fällt geringer aus. Denn bei einem Gewinnausweis ohne zusätzliche Bildung stiller Reserven wäre die Rentabilität – im Verhältnis zum gegebenen Eigenkapital – höher gewesen.
•
Die Herrschaftsverhältnisse in dem Unternehmen bleiben unverändert, weil keine weiteren Gesellschafter oder Anteilseigner aufgenommen werden müssen, die möglicherweise Leitungs- und Entscheidungsfunktionen beanspruchen.
2.
•
Finanzierungsentscheidungen
In ertragsschwachen Jahren können, und dies gilt für Aktiengesellschaften, Gewinnrücklagen aufgelöst werden, um eine kontinuierliche Dividendenzahlung an Aktionäre des Unternehmens zu gewährleisten. Das setzt natürlich voraus, dass genügend liquide Mittel (Kassenhaltung) vorhanden sind.
161
In dem Jahr der Auflösung solcher stillen Reserven steigt der Gewinn und damit automatisch die Rentabilität, weil der um den Auflösungsbetrag höhere Gewinn zu dem Eigenkapital der vorangegangenen Periode ins Verhältnis gesetzt wird.
2.4.2 Finanzierung aus Abschreibungsgegenwerten 2.4.2.1
AfA und Kapitalfreisetzung
Aufgabe
Abschreibungen sind Kosten, die die periodenbezogene Wertminderung der Anlagegüter ausdrücken. In der Gewinn- und Verlustrechnung werden die Abschreibungen als Aufwand erfasst. Um diesen Aufwand verringern sich die Vermögenswerte in der Bilanz (vgl. auch S. 52).
30. „Andere Gewinnrücklagen“ werden im Regelfall durch Vorstand und Aufsichtsrat gebildet. Warum dürfen diese, wenn sie den Jahresabschluss feststellen, nur einen Teil des Jahresüberschusses, maximal die Hälfte, in „andere Gewinnrücklagen“ einstellen?
Da die Abschreibungen als Kostenbestandteil in der Kalkulation des Angebotspreises enthalten sind, fließen sie über die Umsatzerlöse in das Unternehmen zurück. Aus den Erlösen der verkauften Erzeugnisse stehen dem Unternehmen während der Nutzungszeit der Anlagegüter die Abschreibungsgegenwerte zur Verfügung, um abgenutzte Gegenstände des Anlagevermögens durch neue zu ersetzen (vgl. Abb. 40).
Beispiel:
Mit diesen vereinnahmten Abschreibungsgegenwerten wird also das Kapital freigesetzt, das in den Anlagegütern gebunden war. Es wird während der Abschreibungszeit angesammelt, um abgenutzte Anlagegüter durch neue zu ersetzen (Ersatz- oder Reinvestition). Ziel ist es, die betriebliche Substanz und Leistungsbereitschaft auf Dauer zu erhalten. Ein Teil der Umsatzerlöse wird folglich zur Finanzierung herangezogen.
Kapitalfreisetzung schreibung
durch
lineare
Ab-
Die DMW AG hat mehrere Lagerfahrzeuge zu Beginn des Jahres 1 angeschafft. Der gesamte Anschaffungswert in Höhe von 100000 EUR wird während der geplanten Nutzungszeit (5 Jahre) linear abgeschrieben. Jahr
Abschreibung in EUR1
Restwert in EUR
1
20000
80000
2
40000
60000
3
60000
40000
4
80000
20000
5
100000
0
Wie sich die Kapitalfreisetzung durch Abschreibung darstellt, zeigt die Tabelle.
1 Kumulierte Abschreibungsbeträge am Ende des
jeweiligen Jahres
162
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Da aber in aller Regel die Ersatzgüter wegen der •
allgemeinen Teuerungsrate und
•
qualitativen Veränderung aufgrund des technischen Fortschritts
Umsatzerlöse einer Periode ausgabewirksame Kosten ausgabeunwirksame Kosten Gewinn
nur zu höheren Wiederbeschaffungspreisen zu erhalten sind, gehen viele Unternehmen in ihrer Kostenrechnung von Wiederbeschaffungspreisen aus, um die Abschreibungskosten in die Preiskalkulation aufzunehmen.
u.a. Abschreibungsgegenwerte
Kapitalfreisetzung Erhalt der Kapaztät
Kapaztätserweiterung
Ersatz der Investitionen
Erweiterungsinvestitionen
Jährliche lineare Abschreibung = Anschaffun gs − ( Wiederbesc haffungs −)preis Nutzungsda uer
Abb. 36:
2.4.2.2
Verwendung des freigesetzten Kapitals
Abschreibungen und Kapazitätserweiterung
Bis zum Zeitpunkt der Durchführung von Ersatzinvestitionen stehen dem Unternehmen liquide Mittel zur Verfügung, mit denen weitere Anlagegüter beschafft und finanziert werden können. Zusätzliches Eigen- oder Fremdkapital wird nicht benötigt. In diesem Fall werden die freigesetzten Mittel genutzt, um den Bestand der Anlagegüter zu erhöhen und die Produktionskapazität zu erweitern (Erweiterungsinvestition) vgl. auch Abb. 40. Dieser Zusammenhang zwischen Abschreibungsgegenwerten und Kapazitätserweiterung wird auch als Lohmann-Ruchti-Effekt1 bezeichnet. Der Kapazitätserweiterungseffekt ergibt sich, weil die Abschreibungsgegenwerte nicht erst bis zur fälligen Ersatzinvestition angesammelt werden, sondern schon während der Rückflusszeit für Neuanschaffungen eingesetzt werden.
Beispiel: Kapazitätserweiterung bungsgegenwerte
durch
Abschrei-
In ihrer Hauptverwaltung plant die DMW AG den verstärkten Einsatz von Informationstechnik an den Arbeitsplätzen der Verwaltungsmitarbeiter und -mitarbeiterinnen. Die Systemeinheit je Arbeitsplatz wird zu Anschaffungskosten von 10000 EUR führen. Es ist eine Nutzungszeit von 5 Jahren geplant. Aus den Abschreibungsgegenwerten sollen in den nachfolgenden Jahren weitere Arbeitsplätze mit Informationstechnik ausgestattet werden.
Aufgaben 31. a)
Beschreiben Sie die Entwicklung der Geräteausstattung (vgl. Abb. nächste Seite)!
b) Beschreiben Sie den Verlauf der Liquiditätsreserven! 1
Von E. Lohmann und H. Ruchti beschriebene Wirkung der Abschreibung auf Neuinvestitionen. Dieser Effekt wurde erstmalig von K. Marx in seinem Briefwechsel mit F. Engels erwähnt.
32. Stellen Sie dar, wie sich die Geräteausstattung vom 11. bis 15. Jahr entwickeln wird!
2.
Finanzierungsentscheidungen
163
Das investierende Unternehmen kann so seine Kapazität kontinuierlich ausweiten. Es muss aber auch festgestellt werden, dass im Falle einer ausschließlichen Finanzierung durch Abschreibungsgegenwerte die Kapazität der betrachteten Periode – zwar auf höherem Niveau – um einen Gleichgewichtswert schwankt.
Jahr
1 2 3
Anzahl der Geräte 5 6 7
Abschreibung in EUR
Reinvesti- Liquiditätstion reserve in EUR in EUR
10000 12000 14000
10000 10000 10000
0 2000 6000
4
8
16000
20000
2000
Um diesen Kapazitätserweiterungseffekt zu nutzen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
5 6
10 7
20000 14000
20000 10000
2000 6000
7
7
14000
20000
0
•
8 9
8 8
16000 16000
10000 20000
6000 2000
10
8
16000
10000
6000
Bei einer vergrößerten Produktionskapazität muss auch gewährleistet sein, die zusätzlichen Güter zu kostendeckenden Preisen abzusetzen. Der nach dem Vollkostenprinzip kalkulierte Angebotspreis muss am Markt realisiert werden können.
•
Die Abschreibungsgegenwerte müssen kontinuierlich für Neuanschaffungen verwendet werden.
•
Die Erstausstattung des Unternehmens muss mit Eigen- oder langfristigem Fremdkapital finanziert sein; die Wiederbeschaffungspreise müssen den ursprünglichen Anschaffungswerten entsprechen.
Das Beispiel zum Kapazitätserweiterungseffekt zeigt, dass die Produktionskapazität während der Nutzungsperiode (hier: ein Jahr) zunimmt, da mit einer größeren Anzahl von Geräten oder Maschinen produziert wird; die Leistungsabgabe je Periode wird gesteigert. Bei genauerer Betrachtung stellt sich aber heraus, dass die Restnutzungszeiten der einzelnen Anlagegegenstände, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten angeschafft wurden, geringer ausfallen (im Vergleich zur Ausgangslage). Stand zu Beginn der Investition eine Gesamtnutzungszeit aller Maschinen von 25 Jahren zur Verfügung (Totalkapazität), so wird diese im weiteren Verlauf der Reinvestitionen nicht überschritten (siehe Beispiel).
1 2 3
4
Anzahl der Geräte zu Beginn des Jahres Zum jeweiligen Jahresende Abschreibungsgegenwerte werden zu Beginn des folgenden Jahres für die Anschaffung weiterer Geräte genutzt Nach Abzug der Abschreibungsgegenwerte verbleibender Liquiditätsrest Kapatzitätseffekt
Periodenkapazität = Leistungsabgabe der vorhandenen Maschinen in einer Periode
Totalkapazität = Summe der Restnutzungszeiten aller Maschinen
Abb. 37:
Perioden- und Totalkapazität
Ergänzung zur Kapazitätsentwicklung Die Erweiterungsfinanzierung durch lineare Abschreibungen bringt es auch mit sich, dass das technische Niveau der Anlagen fällt. Waren zu Anfang alle Maschinen neuwertig und wurden gleichermaßen abgeschrieben, ändert sich die Abnutzungsstruktur der dazugekauften Maschinen. Mit anderen Worten: Die Modernität jeder neuen Anlage unterscheidet sich von der vorher bezogenen, sodass ständige Neuanpassungen und möglicherweise unterschiedliche Reparaturausgaben anfallen. Das kann ein Unternehmen zusätzlich belasten.
164
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen Abschreibungen
Beispiel: Zu Beginn der Periode
Anzahl der Maschinen
Summe der Nutzungsjahre
Wertminderung der Anlagegüter
1
5
25
gebräuchliche Abschreibungsmethoden
2
6
25
3
7
24
4
8
22
5
10
24
6
7
24
zeitabhängig (linear)
Abb. 38:
2.4.2.3
degressiv
proportional zur Leistungsabgabe
Abschreibungsarten
Da lediglich die Abschreibungsgegenwerte reinvestiert wurden, kann folglich auch keine – auf die Gesamtnutzungszeit bezogene – Ausweitung der Kapazität erfolgen.
Degressive Abschreibung und Finanzierungseffekt
In den vorangegangenen Überlegungen wurde unterstellt, dass die Wertminderung der genutzten Betriebsmittel zeitabhängig erfolgt. Die Abschreibungsbeträge je Periode sind gleich hoch. Es kann aber eine zusätzliche Finanzierungswirkung erreicht werden, wenn nicht linear, sondern degressiv abgeschrieben wird. Im Unterschied zur linearen Abschreibung wird der Restwert im Falle der degressiven Abschreibung um einen bestimmten Prozentsatz jährlich gemindert. Dies hat zur Folge, dass die Abschreibungsraten in den ersten Nutzungsjahren hoch sind und mit abnehmendem Restwert in den nachfolgenden Perioden während der Nutzungsdauer fallen. Als Aufwand mindern Abschreibungen den zu versteuernden Gewinn. Die Bemessungsgrundlage für die Steuerermittlung fällt umso niedriger aus, je höher der abschreibungsbedingte Aufwand angesetzt wird.
Beispiel: In dem Werk Emden der DMW AG wurde ein weiterer Schweißautomat angeschafft. Anschaffungspreis: Nutzungsdauer: Degressiver Abschreibungssatz:
50000 EUR 10 Jahre 30 %
(Nach § 7 Abs. 2 darf höchstens das Dreifache (bis zu 30 %) des linearen Abschreibungssatzes als Absetzung für Abnutzung angesetzt werden.)
Aufgabe 33. Vergleichen Sie den linearen und degressiven Verlauf der Abschreibungsbeträge! Überlegen Sie, welche Konsequenzen sich für das Unternehmen ergeben, wenn das Anlagegut degressiv abgeschrieben wird!
2.
Finanzierungsentscheidungen
Am Ende des Jahres … 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Abb. 39:
165
degressive Restwert 35000 24500 17150 12005 8403 5882 4117 2882 2017 0
lineare Abschreibung Abschreibung Restwert Abschreibung 15000 45000 5000 10500 40000 5000 7350 35000 5000 5145 30000 5000 3602 25000 5000 2521 20000 5000 1765 15000 5000 1235 10000 5000 865 5000 5000 2017 0 5000
Differenz
10000 5500 2350 145 – 1398 – 2479 – 3235 – 3765 – 4135 – 2983
Degressive und lineare Abschreibung im Vergleich
2.4.3 Finanzierung aus Rückstellungsgegenwerten 2.4.3.1
Zum Wesen der Rückstellungen
Wie im Zusammenhang mit der Darstellung des Cashflow erwähnt, werden durch Rückstellungen auf der Passiv-Seite der Bilanz stille Reserven gebildet. Nach dem Vorsichtsprinzip ist der Kaufmann gemäß § 249 HGB verpflichtet, Verbindlichkeiten in die Bilanz aufzunehmen, die zwar ihrem Grund nach gegeben sind, aber hinsichtlich ihrer voraussichtlichen Höhe und Fälligkeit zum Bilanzstichtag noch nicht genau feststehen. Rückstellungen werden u. a. gebildet für •
eingegangene Gewährleistungszusagen
•
drohende Verluste aus schwebenden Geschäften
•
Zusagen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung.
Rückstellungen dienen dem Zweck, betriebliche Aufwendungen, obwohl sie noch nicht zu Mittelabflüssen geführt haben, der Rechnungsperiode zuzuordnen, in der sie verursacht wurden.
Zusätzliches zu Rückstellungen Nach § 266 Abs. 3 HGB müssen Kapitalgesellschaften ihre Rückstellungen wie folgt auf der Passiv-Seite der Bilanz ausweisen: „B. Rückstellungen: 1. Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen; 2. Steuerrückstellungen; 3. sonstige Rückstellungen.“ Beispiel: 1.
Dem Mitarbeiter, der zum 1. Januar 2004 eingestellt wurde, wird im Arbeitsvertrag eine betriebliche Altersversorgung zugesichert, die mit Erreichen des gesetzlichen Rentenalters als laufende Pensionsleistung gezahlt werden soll.
2.
Mitarbeiter haben am Bilanzstichtag Urlaubsansprüche aus der abgeschlossenen Rechnungsperiode.
166
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
So wird verhindert, dass Scheingewinne ausgewiesen werden, die im Falle der Gewinnausschüttung einen Kapitalabfluss herbeiführen und an der betrieblichen Substanz zehren. Sie müssen in dem Jahr wieder aufgelöst werden und mit den tatsächlich entstandenen Belastungen verrechnet werden, in dem der Entstehungsgrund fortgefallen ist. 2.4.3.2
Finanzierungseffekt
Aus den gebildeten Rückstellungen fließen dem Unternehmen keine zusätzlichen Mittel zu. Ihr Finanzierungseffekt ist jedoch darin zu sehen, dass •
sie durch Passivierung den Gewinnausweis in der Bilanz verringern und
•
in Höhe des Rückstellungsbetrages keine gewinnabhängigen Steuern entrichtet werden müssen.
Flüssige Mittel, die aus den Verkaufserlösen stammen, verbleiben im Umfang der gebildeten Rückstellungen in dem Unternehmen. Sie können für Finanzierungszwecke eingesetzt werden, solange der Rückstellungsgrund besteht.
3.
Die Anlagenbau GmbH hat eine neuartige, vollautomatisch arbeitende Fertigungsstraße an die DMW AG, bestimmt für das Werk in Halle, geliefert. Wegen der Risiken, die in möglichen Anlaufschwierigkeiten gesehen werden, besteht die DMW AG auf einer über den üblicherweise geltenden Umfang hinausgehenden verlängerten Gewährleistungszusage. Der Anlagenbauer schätzt den geldlichen Effekt seiner Zusage ab und bildet eine Rückstellung für eingegangene Garantiezusagen.
Beispiel: Der Anlagenbauer bildete eine Rückstellung für die Garantiezusage in Höhe von 850000,– EUR. Um diesen Betrag konnte er seinen Gewinnausweis und die Körperschaftsteuerbelastung reduzieren. An der neuen Fertigungsstraße zeigen sich dennoch – unerwartet – Mängel, die zu Produktionsausfällen und Nachbesserungen an der Anlage führen. Der gesamte Aufwand aus der über zwei Jahre laufenden Gewährleistungszusage beträgt 700000,– EUR. In Höhe des nicht aufgewendeten Betrages (150000,– EUR) ist die Rückstellung gewinn- und steuererhöhend aufzulösen.
Abb. 40: Kreislauf der Abschreibungen (vergl. S. 162 ff) Quelle: Tiedtke, J./Harmgardt, W.: Investition und Finanzierung, Bad Harzburg 1992
2.
Finanzierungsentscheidungen
Da Rückstellungen – mit Ausnahme der Pensionsverpflichtungen – kurzfristiger Natur sind, stehen diese Mittel nur kurzfristig zur Verfügung. Werden Rückstellungen kurzfristiger Art regelmäßig gebildet, so sind sie als dauerhafte Finanzierungsmittel anzusehen. Die aus dem Umsatzprozess stammenden liquiden Mittel, die aufgrund der Pensionsrückstellungen im Unternehmen verbleiben, stehen dagegen für langfristige Investitionsfinanzierungen zur Verfügung, sofern sie nicht in gleicher Höhe für Pensionszahlungen verwendet werden müssen. In der Praxis der großen Kapitalgesellschaften tragen insbesondere die Pensionsrückstellungen in erheblichem Umfang zur betrieblichen Finanzierung bei. So entfallen bei der DMW AG 20 % der Bilanzsumme auf Pensionsrückstellungen; gemessen an ihren gesamten Verbindlichkeiten beträgt ihr Anteil 33,7 %.
167 Schutz vor Kapitalentzug
Erhaltung der Liquidität
Periodengerechter Aufwand
Bildung von Rückstellungen
Verringerung des Gewinns
Steuerentlastung
Finanzierungsmittel für Investitionen
Abb. 41:
Bildung von Rückstellungen
2.4.4 Finanzierung durch Vermögensumschichtung 2.4.4.1
Auflösung stiller Reserven
Stille Reserven werden durch Überbewertung von Rückstellungen und Unterbewertung von Gegenständen des Anlage- und Umlaufvermögens gebildet.
Beispiel:
Das Unternehmen kann weitere Finanzierungsmittel beschaffen, indem es – im Regelfall – nichtbetriebsnotwendige Vermögensgegenstände veräußert. Vielfach sind Unternehmen in den vergangenen Jahren dazu übergegangen, insbesondere ihre Verwaltungsgebäude an Leasing-Gesellschaften zu verkaufen, um das Gebäude von dem Leasinggeber zu mieten (Sale-lease-backVerfahren; siehe Abschnitt 2.6.1). Stille Reserven werden auch aufgelöst und in klingende Münze umgewandelt, wenn ein bereits abgeschriebenes Anlagegut verkauft oder – im Falle einer vorzeitigen Ersatzanschaffung – der Vermögensgegenstand zu einem höheren als seinem Restbuchwert liquidisiert werden kann.
Um ihre Gründungsinvestitionen für den Aufbau des Werkes in Halle zu finanzieren, veräußerte die DMW AG ein Grundstück, das zu ihrem Hauptwerk gehörte. Es war ursprünglich für eine Erweiterung der Produktionsanlagen vorgesehen. Da die Entscheidung zu Gunsten des neuen Standortes in Ostdeutschland getroffen worden ist, wurde dieses Areal nicht mehr benötigt. Das Grundstück war mit seinem Anschaffungswert in Höhe von 800000 EUR bilanziert worden. Durch Verkauf konnte der zwischenzeitlich eingetretene Wertzuwachs (400000 EUR) realisiert werden, was bedeutete, dass zusätzliche Mittel in den Zahlungsmittelbestand flossen.
Die DMW AG realisiert einen Wertzuwachs
168
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Aus dem Verkauf von Vermögensgegenständen werden Gewinne erzielt, die jedoch zu versteuern sind; finanzielle Mittel aus der Auflösung stiller Reserven stehen dem Unternehmen also nur in Höhe des um die Steuerbelastung bereinigten Betrages zur Verfügung. Im Rahmen einer Umschichtungsfinanzierung werden Barmittel gewonnen, indem Vermögenswerte verflüssigt werden. Mit diesen flüssigen Mitteln können neue Vorhaben finanziert werden. Eine Umschichtungsfinanzierung kommt vor allem bei der Finanzierung von Ersatzinvestitionen durch Abschreibungsgegenwerte vor. 2.4.4.2
Finanzierung durch Vermögensumschichtung
Zuführung finanzieller Mittel
Abb. 42:
Finanzierung durch Vermögensumschichtung
Finanzierung durch Forderungsverkauf
Zu den Geschäftsgepflogenheiten gehört, dass Unternehmen ihren Kunden Zahlungsziele einräumen. Um den Kunden einen Anreiz zu bieten, wird diesen oftmals ein Preisnachlass in Form eines Skontos angeboten. Die Kunden sollen bewegt werden, innerhalb einer kürzeren als der zugestandenen Zahlungsfrist die Rechnung zu begleichen. Ein solcher Zahlungsaufschub begründet Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, die Kapital binden und den Liquiditätsspielraum des Verkäufers einschränken. Die Zahlungsziele sind unterschiedlich lang. Im Durchschnitt gewähren Unternehmen 14 Tage Ziel, mitunter 30 Tage.
Factoring: Verkauf von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen an den Factor (engl. für Agent, Kommissionär). Bei dem Factor handelt es sich in der Regel um Finanzierungsgesellschaften, die von größeren Geschäftsbanken betrieben werden.
Aufgaben 34. Wie wirkt sich der Verkauf von Vermögensgegenständen auf die Zusammensetzung der Bilanz aus? 35. Welche Liquiditätswirkungen sind kurzund mittelfristig zu verzeichnen, wenn mit Vermögensgegenständen nach der „Salelease-back-Methode“ verfahren wird? 36. Ein Lieferant der DMW AG, die „Messgeräte GmbH“, hat im abgelaufenen Geschäftsjahr ihren Wareneinkauf über eingeräumte Lieferantenkredite finanziert. Mögliche Skontoabzüge wurden nicht genutzt. Die Wareneinkäufe im Volumen von 2,0 Mio. EUR hätten im Durchschnitt mit 2 Prozent Skonto innerhalb von 10 Tagen nach Rechnungsstellung bezahlt werden können. Stattdessen wurde das Zahlungsziel von 30 Tagen voll ausgeschöpft. Fortsetzung auf der nächsten Seite
2.
Finanzierungsentscheidungen
Um sich noch während der Laufzeit dieser Forderungen mit liquiden Mitteln zu versorgen, kann der Gläubiger seine Forderungen an ein Finanzierungsunternehmen (Factor) verkaufen. Der Factor nimmt für den Verkäufer der Forderungen (Anschlusskunde) drei wichtige Funktionen wahr: 1. Finanzierungsfunktion: Die Außenstände des Unternehmens werden vorfinanziert. In der Regel zahlt der Factor 90 Prozent des Forderungsbetrages sofort bei Vorlage der Rechnung. Die verbleibenden 10 Prozent werden mit eventuellen Skontoabzügen oder Betragsminderungen aufgrund von Reklamationen durch den Kunden verrechnet. Dieser Restbetrag wird an den Anschlusskunden erst ausgezahlt, nachdem der Kunde die Rechnung beglichen hat. Der Anschlusskunde wird in die Lage versetzt, •
den Forderungsbestand abzubauen
•
seinen Kunden Zahlungsziele einzuräumen, ohne den Liquiditätsspielraum einzuengen
•
Skontoerträge durch fristgerechte Rechnungsbegleichung zu erzielen und im gegebenen Falle
•
Warenangebote zu Sonderkonditionen (Boni, Sonderrabatte) auch kurzfristig wahrzunehmen.
Bei wachsendem Umsatzvolumen braucht das Unternehmen kein zusätzliches Kapital von außen zuzuführen, um kapitalbindende Forderungen zu finanzieren. 2. Delcrederefunktion: Mit dem Erwerb der Forderungen übernimmt der Factor das Forderungsausfallrisiko. Der Anschlusskunde sichert gegen Zahlung einer Prämie, deren Höhe an den Forderungsausfällen in der Vergangenheit orientiert ist, seine Liquidität. Unvorhergesehene Forderungsausfälle können also nicht mehr das finanzielle Gleichgewicht des Unternehmens stören.
169
Im vergangenen Jahr beliefen sich die •
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen auf 225000 EUR • Forderungen an die DMW AG auf 300000 EUR. Das Unternehmen erzielte einen Umsatz von 3,0 Mio. EUR. Um die Finanzierungskosten im kurzfristigen Bereich zu senken, werden in dem Unternehmen verschiedene Handlungsmöglichkeiten untersucht: 1.
2.
Abbau der Lieferantenkredite und stärkere Nutzung des von der Hausbank zur Verfügung gestellten Kontokorrentkredits. Für den Kontokorrentkredit berechnet die Bank zurzeit 12 Prozent Zinsen. Verkauf der Forderungen an eine Factoring-Gesellschaft. Dem Unternehmen liegt das Angebot eines Factors zu folgenden Bedingungen vor: • Forderungen werden zu 100 Prozent angekauft. Die Delcrederegebühr beträgt für das zu übernehmende Ausfallrisiko 0,25 Prozent vom Rechnungsumsatz. • Die Zwischenfinanzierung der Forderungen erfolgt zu einem Zinssatz von 11 Prozent. • Die Dienstleistungsgebühr wird mit 1,2 Prozent des Jahresumsatzes (3,0 Mio. EUR) berechnet. Entscheidet sich das Unternehmen für eine langfristige Zusammenarbeit mit der Factoring-Gesellschaft, werden jährliche Einsparungen an Personal- und Sachkosten von 25000 EUR erwartet. Mit dem Forderungsverkauf können zukünftige Forderungsausfälle, die sich im Jahresdurchschnitt auf rund 3 Prozent des ausgewiesenen Forderungsbestandes beliefen, vermindert werden.
Fortsetzung auf der nächsten Seite
170
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Factor
Zahlung des Kaufpreises
Bezahlung der Forderung
Verkauf der Forderung
Bonitätsprüfung
Verkäufer/ Lieferant
Kunde/ Debitor
1. Finanzierungsfunktion 2. Decrederefunktion 3. Dienstleistungsfunkltion
Abb. 43:
Das Factoring im Überblick
Vor dem Ankauf der Forderungen prüft der Factor die Kreditwürdigkeit (Bonitätsprüfung) eines jeden einzelnen Kunden. Das bedeutet, dass der Faktor Einblick in Umsätze des Anschlusskunden erhält und über die Zahlungsusancen von dessen Kunden aufgeklärt wird. Das ist nicht immer vorteilhaft. Die Zahlungen zwischen Anschlusskunde, Factor und Schuldner können entweder offen (echtes Factoring) oder für den Schuldner nicht erkennbar (unechtes Factoring oder Inkasso-Zession) abgewickelt werden. Im Falle des echten Factoring wird der Kunde (Schuldner) über die Abtretung seiner Forderungen benachrichtigt und gebeten, Zahlungen unmittelbar an den Factor zu leisten. Im anderen Fall begleicht der Schuldner den Rechnungsbetrag gegenüber dem Lieferanten direkt, der die Kundenzahlung an den Factor weiterleitet.
3.
Bislang gewährte die „Messgeräte GmbH“ ihren Kunden keinen Skonto. Um einen schnelleren Zahlungseingang zu erreichen, wird daran gedacht, einen Skonto von 2 Prozent einzuführen. Bei der Beurteilung dieser Alternative wird unterstellt, dass der Umsatz zu 80 Prozent von dieser eigenen Skontogewährung betroffen sein wird. a) Ermitteln Sie die Finanzierungskosten der jeweiligen Handlungsalternative, und stellen Sie die kostengünstigste Finanzierungsart heraus! b) Erläutern Sie, welche Funktionen der Factor für das Unternehmen wahrnimmt! c) Überlegen Sie, warum die Skontogewährung oft nicht ausreicht, den Schuldner zur vorzeitigen Zahlung zu bewegen.
2.
Finanzierungsentscheidungen
171
3. Dienstleistungsfunktion: In dem Vertrag zwischen Factor und Anschlusskunde kann auch vereinbart werden, dass der Factor nicht nur das Mahn- und Inkassowesen, sondern auch die Debitorenbuchhaltung übernimmt. In vielen Fällen wird darüber hinaus vereinbart, dass der Factor die Rechnung ausstellt. Das Unternehmen entlastet sich von Verwaltungsaufgaben (Rationalisierungseffekt) und kann Verwaltungskosten senken. Dieser Rationalisierungsgewinn ist bei der Betrachtung der Factoringkosten zu berücksichtigen. Die erbrachte Leistung des Factors ist nicht kostenlos. Der Factor berechnet für den Forderungsankauf eine Gebühr, die sich aus folgenden Bestandteilen zusammensetzt: •
Dienstleistungsgebühr für die Einziehung der Forderung
•
Delcrederegebühr, die das Forderungsausfallrisiko abdeckt
•
Zinsen für die Restlaufzeit des ausgezahlten, aber noch nicht fälligen Forderungsbetrages: Die Verzinsung entspricht in etwa dem Zinssatz für Kontokorrentkredite.
Die Höhe der Dienstleistungs- und Delcrederegebühr hängt von dem Forderungsvolumen und von dem Umfang der zu übernehmenden Verwaltungsaufgaben ab.
Abb. 44:
Verschiedene Arten des Factoring
Aufgaben 37. Fragen Sie bei Factoring-Instituten oder Banken nach, was sich hinter den einzelnen Factoringarten verbirgt, und geben Sie eine Kurzdefinition hierfür ab! 38. Dem Factoring wird oft die Zession gegenübergestellt. Erklären Sie den Unterschied zum Factoring! Ziehen Sie das Bürgerliche Gesetzbuch (§§ 398 ff.) hierfür zu Rate!
Zusammenfassung 1.
Der Umfang der Selbstfinanzierung ist Ausdruck für die Kraft des Unternehmens, Vorhaben aus Mittelzuflüssen zu finanzieren, die dem Umsatzprozess entstammen.
2.
Die Finanzierung erfolgt •
aus Umsatzerlösen. Hierzu zählen die – offene und stille Selbstfinanzierung sowie – die Finanzierung aus Abschreibungs- und Rückstellungsgegenwerten
•
durch Vermögensumschichtung, indem – stille Reserven aufgelöst und – Forderungen an eine Factoring-Gesellschaft verkauft werden.
172
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Zur Finanzierung aus Umsatzerlösen: 3.
Die offene Selbstfinanzierung erfolgt durch Thesaurierung von Gewinnen, indem diese in die Gewinnrücklagen eingestellt werden. Thesaurierte Gewinne erhöhen das ausgewiesene Eigenkapital und stärken die Kreditwürdigkeit des Unternehmens.
4.
Durch Unterbewertung von Vermögenstiteln und Überbewertung der Verbindlichkeiten wird der Gewinnausweis verringert. Finanzielle Mittel verbleiben in dem Unternehmen und stehen, sofern sie nicht in liquiditätsfernem Vermögen (z. B. Vorratsbestände) gebunden sind, für Investitionszwecke bereit.
5.
Eine Finanzierung aus Abschreibungsgegenwerten wird ermöglicht, weil Umsatzerlöse, sofern kostendeckende und Gewinn bringende Preise realisiert wurden, auch die – nicht-ausgabewirksamen – Abschreibungsaufwendungen enthalten. Der Mittelzufluss in Höhe der kalkulierten Abschreibungen steht bis zur fälligen Ersatzanschaffung des Anlagegegenstandes für Finanzierungszwecke zur Verfügung. Wie Lohmann und Ruchti nachweisen konnten, können in begrenztem Umfang aus Abschreibungsgegenwerten Erweiterungsinvestitionen finanziert werden.
6.
Eine weitere interne Finanzierungsquelle sind die Rückstellungen. Sie dürfen für Verbindlichkeiten gebildet werden, die zwar dem Grunde nach in der Rechnungsperiode entstanden sind, deren Höhe und Fälligkeit zum Zeitpunkt des Jahresabschlusses jedoch nicht exakt feststellbar war. Der Finanzierungseffekt ist zeitlich begrenzt auf den verminderten Gewinnausweis und die verringerte Belastung mit gewinnabhängigen Steuern. Stehen den Rückstellungen in künftigen Perioden keine entsprechend hohen Aufwendungen gegenüber, müssen sie gewinn- und steuererhöhend aufgelöst werden.
Zur Finanzierung durch Vermögensumschichtung: 7.
Finanzierungsmittel werden durch Auflösung stiller Reserven freigesetzt. So können mit dem Verkauf unterbewerteter Anlagegegenstände zu Marktpreisen Wertzuwächse gewinnerhöhend verflüssigt und der nach Steuerabzug verbleibende Nettozufluss für Investitionszwecke genutzt werden.
8.
Mit dem Verkauf von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen an eine Factoring-Gesellschaft wird der Zufluss liquider Mittel beschleunigt und der Forderungsbestand abgebaut. Mit der verbesserten Liquiditätsausstattung kann das Unternehmen (Anschlusskunde) zusätzliche Skontoerträge durch fristgerechte Begleichung seiner Lieferantenverbindlichkeiten erwirtschaften und Warenangebote zu Sonderkonditionen kurzfristig ordern. Der Factor übernimmt mit den erworbenen Forderungen das Forderungsausfallrisiko; er mahnt und sorgt für den Zahlungseingang. Darüber hinaus kann auch vereinbart werden, dass der Factor die Debitorenbuchhaltung und das Ausstellen von Rechnungen übernimmt.
2.
Finanzierungsentscheidungen
2.5
173
Formen der Außenfinanzierung Außenfinanzierung
Einlagen *)
Beteiligungen *)
Kredite
Zuführung von Eigenkapital durch Eigentümer oder Beteiligung von Gesellschaftern
Zuführung von Kapital durch Gläubiger
Stärkung der Kreditwürdigkeit Abhängigkeit durch Tilgung und Zinsen
Anspruch auf: Gewinnanteil, Mitsprache, Leitung Stärkung der Liquidität: keine Zins- und Tilgungsleistungen
*) Eigenfinanzierung
Abb. 45:
Formen der Außenfinanzierung
2.5.1 Finanzierung durch Verstärkung des Eigenkapitals Unternehmen im Rahmen der Außenfinanzierung Eigen- oder Fremdkapital zugeführt. Handelt es sich um Einzelunternehmen oder Personengesellschaften, so erhöht das zugeführte Eigenkapital die Einlagen der Eigentümer (Einlagenfinanzierung): Kapitalgesellschaften erhalten zusätzliches Eigenkapital, indem sich Dritte durch Erwerb von Anteilen am Unternehmen beteiligen (Beteiligungsfinanzierung), Aktiengesellschaften durch Ausgabe von jungen Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung durch Aufstockung/ Erweiterung von GmbH-Anteilen. 2.5.1.1
Eigenfinanzierung
Einlagen
Einpersonenunternehmen
Mehrpersonenunternehmen = Personengesellschaften oHG KG GmbH & Co. KG
Einlagenfinanzierung
Der Einzelunternehmer haftet für die Verbindlichkeiten seines Unternehmens mit seinem Betriebs- und Privatvermögen. Um geplante Investitionen zu finanzieren, kann er Teile seines Privatvermögens einsetzen.
Beteiligungen
Kapitalgesellschaften
GmbH AG KGaA Genossenschaft*
* besondere Form der Kapitalgesellschaften
Abb. 46:
Eigenfinanzierung durch Einlagen und Beteiligungen
174
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Will er aber im Falle eines größeren Kapitalbedarfs Fremdfinanzierungsmittel nicht in Anspruch nehmen, kommt für ihn nur noch die Beteiligung von Kapitalgebern in Frage. In einem solchen Fall muss die Einzelunternehmung entweder in eine Personen- oder eine Kapitalgesellschaft umgewandelt werden. Werden Kapitalgeber als Mitgesellschafter aufgenommen, so handelt es sich um eine Beteiligungsfinanzierung. Eine Beteiligungsfinanzierung kann auch in „stiller“ Weise geschehen. Der stille Gesellschafter leistet eine Einlage in das Vermögen des Unternehmensinhabers, ohne an den Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnissen beteiligt zu werden. Für seine Kapitalbeteiligung spielen im Allgemeinen Rentabilitätsüberlegungen eine Rolle. An bereits bestehenden Personengesellschaften können Kapitalgeber als Gesellschafter beteiligt werden. Sie beteiligen sich entweder mit Geldkapital oder Sachwerten an der Gesellschaft. Treten weitere Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft (oHG) oder als vollhaftende Teilhaber (Komplementär) der Kommanditgesellschaft (KG) bei, teilen sich alle Gesellschafter die Leitungs- und Vertretungsrechte. Nach der Ausweitung der Einlagen wird aber auch das Kapitalrisiko von einer größeren Gesellschafterzahl getragen. Lediglich in der KG kann zusätzliches Eigenkapital beschafft werden, indem (bedingt haftende) Kommanditisten beteiligt werden. Ihnen stehen zwar keine Leitungs- und Vertretungsbefugnisse zu, sie besitzen aber in beschränktem Maße Kontrollrechte gegenüber den Komplementären, indem sie Bilanzen/Gewinn- und Verlustrechnungen einsehen dürfen.
§230 HGB Begriff und Wesen der stillen Gesellschaft (1) Wer sich als stiller Gesellschafter an dem Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt, mit einer Vermögenseinlage beteiligt, hat die Einlage so zu leisten, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht. (2) Der Inhaber wird aus den in dem Betriebe geschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet. Rechtsform
Kapitalverhältnisse
Leitungs/Vertretungsrechte
Einzelunterne hmung
Eigentümer leistet Einlagen aus Privatvermögen mind. 2 Gesellschafter erbringen Einlagen
Rechte und Pflichten stehen dem Eigentümer zu alle Gesellschafter gleichberechtigt
oHG (§§105– 160 HGB)
KG (§§161– 177a HGB)
GmbH & Co. KG
Stille Gesellschaft (§§230– 237 HGB)
Abb. 47:
Beteiligung am Unternehmensergebnis ausschließlich der Eigentümer
Verzinsung der Einlagen vorab mit 4% aus dem Gewinn; Restgewinn nach Köpfen Komplemen- Komplemen- Verzinsung täre gleichbe- der Einlagen täre/Kommit 4% aus rechtigt; manditisten dem Geleisten Einla- Kommanditisten üben winn; Restgen Kontrollrech- gewinn in angemessete aus; Hafnem Vertung bis zur hältnis Höhe ihrer Einlagen geregelt GmbH als entweder nach Komplemen GmbHtärin der KG Gesellschaf- GmbHG und HGB für ter = KomKG; manditisten der KG oder zugrunde liegen andere jeweils der KommanKG- und ditisten GmbHGesellschaftsvertrag Kontrollrecht angemesseBeteiligung ner Anteil des stillen an allen Rechtsformen Gesellschaf- am Gewinn ters; Haftung möglich bis zur Höhe seiner Einlage
Kapitalzuführung in Personenunternehmen
2.
Finanzierungsentscheidungen
175
Kritisches zur Einlagenfinanzierung
Aufgaben
Die Praxis zeigt, dass die Eigenkapitalbeschaffung über zusätzliche Einlagen in Einzelunternehmen und Personengesellschaften oft schwer fällt. Es müssen erst einmal interessierte Kapitalgeber gefunden werden. Denn die Entscheidung eines Kapitalgebers, sich an einer Personenunternehmung zu beteiligen, hängt auch von der Rendite alternativer Kapitalverwendungen ab. Die erwartete Rendite aus einer Kapitalbeteiligung muss zwangsläufig höher ausfallen als eine bankübliche (sichere) Verzinsung. Sie muss dem aus der Beteiligung erwachsenden Kapitalrisiko entsprechen.
39. Welche Überlegungen können einen Kapitalgeber veranlassen, sich in stiller Weise an einem Unternehmen zu beteiligen?
2.5.1.2
40. Nehmen Sie Stellung zu der Aussage, dass bei Aufnahme weiterer Gesellschafter in die KG oder oHG das Kapitalrisiko je Gesellschafter verringert wird! 41 Stellen Sie dar, was unter dem Leitungsund Vertretungsrecht eines Komplementärs oder oHG-Gesellschafters zu verstehen ist!
Beteiligung an Kapitalgesellschaften
2.5.1.2.1 Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) l In einer GmbH beschließt die Gesellschafterversammlung über die Erhöhung des Stammkapitals, das mindestens 25000 EUR betragen muss. Ein Anteil an dem Stammkapital muss über mindestens 100 EUR lauten. Darüber hinaus kann jeder Gesellschafter unterschiedlich hohe Stammeinlagen leisten. Einzige Bedingung, die das GmbH-Gesetz setzt: Die Stammeinlage muss durch 100 teilbar sein. Die Summe der Stammeinlagen muss mit dem Stammkapital übereinstimmen. In einem Gesellschaftsvertrag, der notariell zu beurkunden ist, werden die Stammeinlagen der Gesellschafter festgehalten. Um das Stammkapital zu erhöhen, verkauft die GmbH entweder Anteile an •
die bereits vorhandenen Gesellschafter oder
•
neue Gesellschafter, die in die Gesellschaft eintreten.
In beiden Fällen können sich die Kapitalverhältnisse der Gesellschafter zueinander verändern, da das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung und der Gewinnanspruch der Gesellschafter von der Höhe ihrer Geschäftsanteile abhängen. Je angefangene 100 EUR besitzt der Gesellschafter eine Stimme.
Verhandelt zu Köln am 17. Oktober 2003 Vor dem unterzeichnenden Notar mit dem Amtssitz in Köln sind erschienen: 1. Herr Gustav Thormählen, DiplomIngenieur, geboren am 25. Januar 1940, wohnhaft Holzgraben 9, 50375 Köln, 2. Frau Gerlinde Thormählen, Kauffrau, geboren am 4. Dezember 1942, wohnhaft Holzgraben 9, 50375 Köln, 3. Herr Hans Wassermann, DiplomKaufmann, geboren am 19. Juni 1950, wohnhaft Bergstraße 395, 50162 Köln, 4. Frau Anna Zühlsdorff, Diplom-Kauffrau, geboren am 30. September 1952, wohnhaft Lindenstraße 61, 50162 Köln. Die Erschienenen wiesen sich aus durch Vorlage ihrer Personalausweise und erklärten: 1. Wir errichten unter der Firma: „Mess- und Regelungstechnik GmbH“ eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit dem Sitz in Köln. Für das Gesellschaftsverhältnis gilt der in der Anlage enthaltene Gesellschaftsvertrag. 2. Vom Stammkapital der Gesellschaft in Höhe von 3 000 000 EUR übernehmen: a) Herr Gustav Thormählen 900000 EUR b) Fr. Gerlinde Thormählen 600000 EUR
176
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Soll der GmbH zusätzliches Eigenkapital durch weitere Gesellschafter zugeführt werden, so kann sich die Suche langwierig gestalten. 2.5.1.2.2 Aktiengesellschaft (AG) Nach dem Aktiengesetz (AktG) ist die Gründung dieser Kapitalgesellschaft nur möglich, wenn der Mindestnennbetrag des Grundkapitals von 50 000 EUR von einem oder mehreren Gründern aufgebracht wird. Das Grundkapital wird in Anteile (Nominal- oder Nennwert) zerlegt. Nennbetragsaktien müssen mindestens auf 1 EUR lauten. Stückaktien dürfen einen Euro nicht unterschreiten. Höhere Anteile müssen auf volle EUR lauten. Über seinen Anteil erhält der Kapitalanleger Teilhaberpapiere (Aktien) ausgehändigt. Die Kapitalbeschaffung der AG erfolgt durch Ausgabe von Aktien, die von Kapitalanlegern an der Börse erworben werden können. An der Börse werden diese Wertpapiere auch wieder veräußert, wenn sich der Aktionär von seinem Anteilsbesitz trennen will. Dabei werden die Aktien auf der Grundlage von Angebot und Nachfrage bewertet. Es kommt zum Börsenkurs, der höher sein kann als der Nennwert, aber auch geringer. Die AG nimmt die Aktien nicht zurück; somit steht ihr auf Dauer das Grundkapital zur Verfügung. Abhängig von der Art der Übertragung und den Rechten, mit denen das Wertpapier ausgestattet ist, werden folgende Aktienarten unterschieden: •
nach der Übertragungsart: Inhaberaktien werden durch Einigung und Übergabe übertragen. Der jeweilige Inhaber ist Eigentümer. Dieser formlose Eigentumsübergang macht die Aktie als Finanzierungsinstrument so fungibel, d. h. beweglich. Aktionäre, die Inhaberaktien besitzen, können diese an andere weitergeben (z.B. an Familienmitglieder verschenken). Dann werden diese Miteigentümer der Aktiengesellschaft.
c) Herr Hans Wassermann 800000 EUR d) Frau Anna Zühlsdorff 700000 EUR Die Stammeinlagen sind zur Hälfte sofort in bar an die Gesellschaft zu zahlen; der Rest ist innerhalb von 4 Wochen nach Anforderung durch die Gesellschafterversammlung zu zahlen. 3. Zu Geschäftsführern werden bestellt: Herr Gustav Thormählen, wohnhaft Holzgraben 9, 50375 Köln, Herr Hans Wassermann, wohnhaft Bergstraße 395, 50162 Köln. 4. Der Notar wies darauf hin, dass die Gesellschaft erst mit der Eintragung in das Handelsregister entsteht. Diejenigen, die vor der Eintragung im Namen der Gesellschaft handeln, haften gemäß § 11 Abs. 2 GmbHG persönlich als Gesamtschuldner. 5. Die Kosten der Errichtung dieses Vertrages und der Anmeldung zum Handelsregister, der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister sowie die anfallende Kapitalverkehrsteuer trägt die Gesellschaft. Diese Niederschrift nebst der Anlage wurde den Erschienenen vorgelesen, von ihnen genehmigt und sodann von ihnen und dem Notar eigenhändig – wie folgt – unterschrieben: ____________________ Auszug aus dem Gesellschaftsvertrag der „Regel- und Messtechnik GmbH“, einem Zulieferer der DMW AG
Abb. 48:
Aufgabe 42. Die „Regel- und Messtechnik GmbH“ will ihr Stammkapital um 700000 EUR erhöhen, indem sie einen weiteren Gesellschafter beteiligt. a)
Stellen Sie dar, wie sich die Beteiligungsverhältnisse durch Aufnahme des neuen Gesellschafters verändern!
b) In welchem Verhältnis werden die Gesellschafter an dem Gewinn oder Verlust der GmbH beteiligt? c)
Warum gehört die GmbH zu einer Gesellschaftsform, die gern eingegangen wird?
2.
Finanzierungsentscheidungen
Namensaktien erhalten einen Übertragungsvermerk auf der Rückseite der Wertpapierurkunde (Indossament). Der Eigentümer der Aktie wird in das Aktienbuch der Gesellschaft eingetragen. Namensaktien werden ausgegeben, wenn 1. 2.
die Einlage noch nicht voll erbracht ist oder Aktionäre zu Nebenleistungen verpflichtet sind.
Vinkulierte Namensaktien können nur mit Zustimmung der Gesellschaft den Eigentümer wechseln. •
nach den Rechten, die das Wertpapier verbrieft Stammaktien weisen alle Rechte auf, die das Aktiengesetz mit dem Anteilseigentum verbindet. Hierzu gehören das –
Recht zur Teilnahme an der Hauptversammlung
–
Stimm- und Auskunftsrecht
–
Recht auf den Bezug junger Aktien (Bezugsrecht)
–
Dividendenrecht.
An den Wertpapierbörsen werden überwiegend Stammaktien als Inhaberpapiere gehandelt. Vorzugsaktien sind mit bestimmten Vorrechten gegenüber den Stammaktien ausgestattet. Sie weisen oftmals den Nachteil auf, dass der Aktionär auf sein Stimmrecht verzichtet. Diese besonderen Rechte beziehen sich auf eine bevorzugte Beteiligung des Aktionärs an –
der Gewinnausschüttung und
–
dem Liquidationserlös.
Die Möglichkeit, Aktien mit einem Mehrfachstimmrecht auszustatten, ist nach deutschem Aktienrecht auf Ausnahmefälle beschränkt.
177 Aktienarten
nach Rechten
nach Übertragung
Stammaktie
Inhaberaktie
Vorzugsaktie
Namensaktie vinkulierte Namensaktie
Abb. 49:
Aktienarten
Unterscheidung der Aktien nach der Art ihrer Übertragung Übertragung formlos durch Einigung und Übergabe Übertragung erfolgt Namensdurch Einigung, aktie Indossament und Umschreibung im Aktienbuch der AG vinkulierte wie bei Namensaktie NamensÜbertragung nur mit aktie Zustimmung der Gesellschaft möglich Inhaberaktie
Inhaber der Aktie ist Eigentümer (Inhaberpapier) Eigentümer ist, wer im Aktienbuch eingetragen ist (Orderpapier)
Unterscheidung der Aktien nach ihren Rechten Stamm• Teilnahmerecht an und Stimmrecht in aktie der Hauptversammlung • Anspruch auf den ausgeschütteten Gewinn (Dividende) • Bezugsrecht auf junge Aktien • Recht auf Liquidationserlös Dividendenvorzug (in der Regel) ohne VorzugsStimmrecht aktie • Vorzugsaktionär erhält eine Vorzugsdividende aus dem Bilanzgewinn; Restgewinn wird an Stamm- und Vorzugsaktionäre ausgeschüttet Stimmrechtsvorzug • mehrere Stimmen je Aktie; in Deutschland auf Ausnahmen beschränkt (§ 12 Abs. 2 AktG) Liquidationsvorzug • Bevorzugung bei der Verteilung des Vermögens im Falle der Liquidation der AG
Abb. 50:
Merkmale wesentlicher Aktienarten im Überblick
178
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Formen der Kapitalerhöhung Ordentliche Kapitalerhöhung Die Hauptversammlung beschließt, das Grundkapital durch Ausgabe neuer (junger) Aktien zu erhöhen. Sie legt den Ausgabekurs der neuen Aktie fest. Gleichzeitig wird bestimmt, in welchem Umfang den Altaktionären zum Ausgleich der eintretenden Kursverluste ihrer Altaktien ein Bezugsrecht zugeteilt wird. Denn nach der Börseneinführung wird, wenn der Ausgabekurs der neuen geringer ist als der Börsenkurs der alten Aktie, der Marktpreis der Aktie zwischen diesen beiden Kursen liegen. Bezugsrechte können für den Erwerb neuer Aktien zum Ausgabekurs eingesetzt oder, falls nicht beabsichtigt, an der Börse verkauft werden. Die ordentliche Kapitalerhöhung ist der Normalfall einer Eigenfinanzierung der AG. Bedingte Kapitalerhöhung Nach §192 AktG kann die Hauptversammlung „eine Erhöhung des Grundkapitals beschließen, die nur so weit durchgeführt werden soll, wie von einem Umtausch- oder Bezugsrecht Gebrauch gemacht wird, das die Gesellschaft auf die neuen Aktien einräumt“. Zu unterscheiden sind folgende Fälle: •
Inhaber von Wandelschuldverschreibungen oder Optionen der AG
•
Inhabern von Aktien einer anderen Gesellschaft, die mit der AG zusammengeschlossen werden soll, werden im Wege des Tausches Aktien dieser AG angeboten
•
Arbeitnehmer der AG erhalten Bezugsrechte zum Erwerb neuer Aktien.
Da die Personen, die zum Umtausch oder Bezug von Aktien berechtigt sind, das Wahlrecht besitzen, entscheiden sie mit ihrem Anlageverhalten über den Umfang der Kapitalerhöhung. Für die bedingte Kapitalerhöhung ist ein Mehrheitsbeschluss von 75 Prozent des Grundkapitals notwendig.
Auszug aus dem Aktiengesetz: §6 (Grundkapital) Das Grundkapital und die Aktien müssen auf einen Nennbetrag in Deutscher Mark lauten. §7 (Mindestnennbetrag des Grundkapitals) Der Mindestnennbetrag des Grundkapitals ist 50.000 Euro. §8 (Mindestnennbetrag der Aktien) (1) Der Mindestnennbetrag der Aktien ist fünf Deutsche Mark. Aktien über einen geringeren Nennbetrag sind nichtig … (2) Höhere Aktiennennbeträge müssen auf volle fünf Deutsche Mark lauten. § 192 (Bedingte Kapitalerhöhung, Voraussetzungen) (1) Die Hauptversammlung kann eine Erhöhung des Grundkapitals beschließen, die nur so weit durchgeführt werden soll, wie von einem Umtausch- oder Bezugsrecht Gebrauch gemacht wird, das die Gesellschaft auf die neuen Aktien (Bezugsaktien) einräumt. (2) Die bedingte Kapitalerhöhung soll nur zu folgenden Zwecken beschlossen werden: 1. Zur Gewährung von Umtausch- oder Bezugsrechten an Gläubiger von Wandelschuldverschreibungen; … § 202 (Genehmigtes Kapital; Voraussetzungen) (1) Die Satzung kann den Vorstand für höchstens 5 Jahre nach Eintragung der Gesellschaft ermächtigen, das Grundkapital bis zu einem bestimmten Nennbetrag (genehmigtes Kapital) durch Ausgabe neuer Aktien gegen Einlagen zu erhöhen. (2) Die Ermächtigung kann auch durch Satzungsänderung für höchstens 5 Jahre nach Eintragung der Satzungsänderung erteilt werden.
Beispiel: Beschluss der Hauptversammlung bedingten Kapitalerhöhung
zur
Die bedingte Kapitalerhöhung um 350000 EUR wird nur insoweit durchgeführt, als die Inhaber der bereits ausgegebenen 107565 Aktien im Nennbetrag von je 50 EUR von ihrem Bezugsrecht Gebrauch machen und die Bezugsaktien zum Ausgabekurs von 150 EUR erwerben.
2.
Finanzierungsentscheidungen
179
Genehmigte Kapitalerhöhung
Beispiel:
Die Hauptversammlung kann durch Beschluss den Vorstand ermächtigen, innerhalb von fünf Jahren das Grundkapital durch Ausgabe neuer Aktien zu erhöhen (vgl. §202 AktG).
Genehmigte Kapitalerhöhung
Die genehmigte Kapitalerhöhung darf aber nicht mehr als die Hälfte des Grundkapitals betragen, das zum Zeitpunkt der Ermächtigung vorhanden war. Mit diesem Beschluss soll dem Vorstand ermöglicht werden, ohne Zeit raubende Beschlüsse im Einzelfall abwarten zu müssen, günstige Kapitalmarktsituationen für die Ausgabe neuer Aktien zu nutzen. Die genehmigte Kapitalerhöhung, wenn von der Hauptversammlung beschlossen, kann vom Vorstand innerhalb der 5 Jahre jederzeit umgesetzt werden. Der Vorstand kann auch zu verschiedenen Zeiten verschiedene Teilbeträge abrufen, nur müssen diese im Rahmen der Gesamtsumme des genehmigten Kapitals liegen. Bezugsrecht und ordentliche Kapitalerhöhung Beschließt die Hauptversammlung eine ordentliche Kapitalerhöhung, so haben die Aktionäre vorrangig das Recht, neue Aktien zu dem festgesetzten Ausgabekurs zu erwerben. Das Verhältnis zwischen Kapitalerhöhung und vorhandenem Grundkapital wird als Bezugsverhältnis bezeichnet. Es bestimmt den Umfang des Bezugsrechts. Grundkapit al = Bezugsverh ältnis Kaptialerh öhung
Das Bezugsrecht soll den relativen Anteil des Altaktionärs an dem Grundkapital und dessen Einfluss in der Hauptversammlung (Stimmrecht) der AG sichern.
Die Aktionäre der DMW AG hatten auf ihrer letzten ordentlichen Hauptversammlung am 25. August 2005 folgenden Beschluss gefasst: „Der Vorstand wird ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats das Grundkapital der Gesellschaft um bis 10000000 EUR durch ein- und mehrmalige Ausgabe neuer Stammaktien und/oder Vorzugsaktien ohne Stimmrecht gegen Bareinlage bis spätestens zum ... zu erhöhen. Dabei ist den Aktionären ein Bezugsrecht einzuräumen.“ Kapitalerhöhung der AG
ordentliche
bedingte
genehmigte
§§ 182 – 191 AktG
§§ 192 – 201 AktG
§§ 202 – 206 AktG
Abb. 51:
Formen der Kapitalerhöhung in der AG
Beispiel: Bezugsrecht und ordentliche erhöhung der DMW AG
Kapital-
Bekanntmachung der DMW AG: Bezugsangebot Wertpapier-Kenn-Nr. 441089/123 400 Die ordentliche Hauptversammlung unserer Gesellschaft vom 6. Juli 2005 hat beschlossen, das Grundkapital von 90000000 EUR um 10000000 EUR gegen Bareinlagen durch Ausgabe von 200000 Stück neuen, auf den Inhaber lautenden Stammaktien zum Ausgabepreis von 300,– EUR je Aktie zu 50,– EUR Nennwert zu erhöhen.
180
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Nach deutschem Aktienrecht muss der Ausgabekurs mindestens dem Nominalwert der Aktie entsprechen. In aller Regel wird der Ausgabekurs der jungen Aktie unter dem Börsenkurs der alten Aktie liegen. Nach der Ausgabe (Emission) der zusätzlichen Aktien bildet sich ein neuer (niedrigerer) Kurs der nun insgesamt im Umlauf befindlichen Aktien. Der Wert eines Bezugsrechts wird rechnerisch – ohne andere Marktfaktoren zu berücksichtigen – den Unterschiedsbetrag zwischen altem und neuem Börsenkurs aufweisen. Das Bezugsrecht stellt ein eigenständiges Recht dar. Es wird an der Börse während einer kurzen Zeit (mindestens 14 Tage) gehandelt. Altaktionäre, die sich an der Kapitalerhöhung nicht beteiligen wollen oder können, werden ihr Bezugsrecht verkaufen. Der erzielte Verkaufserlös gleicht die Differenz zwischen dem neuen und alten Börsenkurs aus. Andere Kapitalanleger müssen, um an der Kapitalerhöhung teilzunehmen, zuerst die entsprechende Anzahl an Bezugsrechten kaufen, um eine neue Aktie zum Ausgabekurs zu erwerben. Rechnerisch bestimmter Wert des Bezugsrechts: 1.
Berechnung des Durchschnittskurses aller Aktien Ka + Kn = neuer (Durchschnitts−) Kurswert A
2.
Wert des Bezugsrechts – =
Kurswert der alten Aktie neuer Kurswert Wert des Bezugsrechts
K = Kurswert der alten Aktien K = Kurswert der neuen Aktien A = Summe alter + neuer Aktien
Der rechnerisch ermittelte Wert des Bezugsrechts kann sich von dem an der Börse festgestellten Wert unterscheiden. Denn letztlich bestimmen die Angebots- und Nachfrageverhältnisse an der Börse den Preis dieses Rechts.
Ein Bankenkonsortium unter Führung der Kreditbank AG hat die neuen Aktien mit der Verpflichtung übernommen, die neuen Stammaktien den Inhabern der alten Stammaktien im Verhältnis 9:1 zu den Ausgabebedingungen zum Bezug anzubieten. Nachdem die Durchführung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister eingetragen worden ist, bitten wir unsere Aktionäre, ihr Bezugsrecht auf die neuen Stammaktien zur Vermeidung des Ausschlusses in der Zeit vom 20. Juli bis 2. August 2005 bei einer der nachstehend aufgeführten Banken oder deren Niederlassungen während der üblichen Schalterstunden auszuüben. Zu diesen Banken zählen: - Deutsche Bank - Dresdner Bank - Commerzbank Die Bezugsrechte werden vom 20. Juli bis 2. August 2005 ausschließlich an der Wertpapierbörse in Hamburg gehandelt und amtlich notiert werden. Die Bezugsstellen sind bereit, den börsenmäßigen An- und Verkauf von Bezugsrechten nach Möglichkeit zu vermitteln. Vom Beginn der Bezugsfrist an werden die alten Aktien „ex Bezugsrecht“ notiert. Die Zulassung der neuen Aktien zum Börsenhandel mit amtlicher Notierung an der Wertpapierbörse Hamburg ist erfolgt. Es ist vorgesehen, dass die neuen Aktien alsbald nach Ablauf der Bezugsfrist gehandelt und amtlich notiert werden. Hannover, im Juli 2005 Der Vorstand
2.
Finanzierungsentscheidungen
Rechtsform
Beteiligung am Unternehmensergebnis Beteiligung Geschäftsmind. 1 GmbH Gesellschaf- führung/ Ge- abhängig ter, Stamm- sellschafter- von der Höhe des versammeinlagen RechtsAnteils am lung (evtl. grundlage: mind. Stamm50000 EUR AufsichtsGmbH(Stammkapi- rat); Haftung kapital Gesetz auf Stammtal); Mineinlage/ Gedestgeschäftsanteil schäftsanteil begrenzt 100 EUR Beteiligung Vorstand, mind. 1 AG Gründungs- Aufsichtsrat, abhängig von dem Hauptvermitglied; Anteil am Grundkapital sammlung; Rechtsgrundlage: 50000 EUR Haftung auf Grundkapital Aktienanteil Aktiengebegrenzt setz Beteiligung Vorstand, Genossen- mind. 7 Aufsichtsrat, abhängig Genossen; schaft Generalver- von dem kein beAnteil am sammlung; stimmtes Grundkapi- Haftung auf Vermögen Rechtsgrundlage: tal; Höhe der das Vermö- der gen der Ge- GenossenGenossen Einlage in schaftsge- der Satzung nossenschaft schaft. begrenzt; bestimmt setz abweichende Regelung im Statut möglich
Abb. 52:
Kapitalverhältnisse
Organe/ Haftung
181
Aufgaben 43. Berechnen Sie den Wert eines Bezugsrechts! Berücksichtigen Sie hierbei, dass die alten Aktien vor der Kapitalerhöhung mit 400,– EUR je Aktie gehandelt wurden. 44. Ein Kleinaktionär besitzt 10 alte DMWAktien. Er möchte zwei junge Aktien zum Ausgabekurs von 300,– EUR erwerben. Wie muss er vorgehen, um die jungen Aktien während der Zeit des Bezugsrechtshandels zu kaufen? 45. Das Grundkapital der DMW AG ist in nominale Anteilswerte von 50,– EUR gestückelt. Die jungen Aktien werden weit über ihrem Nominalwert (Über-pari-Emission) angegeben. a) Wie wirkt sich die Über-pari-Emission auf die Bilanzpositionen der PassivSeite aus? b) Welche Marktfaktoren können den Preis des Bezugsrechts beeinflussen? c) Warum wird ein Kapitalanleger stimmrechtslose Vorzugsaktien erwerben? d) Überlegen Sie, welches Ziel die AG mit der Ausgabe von Namensaktien verfolgt!
Strukturmerkmale der Kapitalgesellschaften
Vor- und Nachteile der Beteiligungsfinanzierung Vorteile
Nachteile
1.
1.
Die Kosten des Ausgabeverfahrens sind bei Aktienemissionen relativ hoch. Deswegen wird eine Beteiligungsfinanzierung nur aperiodisch zur Finanzierung größerer Investitionsprojekte durchgeführt.
2.
Die Ausweitung des Aktienbestandes kann zu einer Veränderung der Stimmverhältnisse und -mehrheiten in der Hauptversammlung führen.
Das Beteiligungskapital belastet nicht die Liquidität des Unternehmens, da der Kapitaleigentümer keinen Anspruch auf Zins- und Tilgungsleistungen gegen die Gesellschaft besitzt.
2. Bei Über-pari-Emissionen wird das den Nominalwert übersteigende Kapital der Kapitalrücklage zugeführt. Zusätzliches Eigenkapital steht bereit, um Investitionen zu finanzieren. Die Differenz zwischen Nominalwert und Ausgabekurs wird als Agio (Aufgeld) bezeichnet.
182
3.
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Thesaurierte Gewinne und ausgeschüttete Gewinne werden mit 25% Körperschaftsteuersatz belastet. Derselbe Körperschaftssteuersatz für Gewinnthesaurierung + Dividendenausschüttung benachteiligt niemand, was besagt, dass das Unternehmen sowohl die eine wie die andere Form der Gewinnverwendung wählen kann.
3.
Aktionäre können aber nicht gezwungen werden, dass sie sich mit ihren ausgeschütteten Gewinnen an der Kapitalerhöhung beteiligen. Insofern hängt der Rückholeffekt einer großzügigen Ausschüttungspolitik von dem Verhalten der Aktionäre ab. Diese werden ihre Anlageentscheidung auch von der erwarteten Rentabilitätsentwicklung der AG abhängig machen. Einen vollständigen Rückfluss zuvor ausgeschütteter Gewinne kann die AG folglich nicht erwarten.
Zusammenfassung Personenunternehmen In Einzelunternehmen und Personengesellschaften wird zusätzliches Eigenkapital durch den oder die Eigentümer oder durch Aufnahme weiterer Gesellschafter (oHG, KG) aufgebracht. Sie leisten Einlagen in das Vermögen des Unternehmens (Einlagenfinanzierung). Als vollhaftende Gesellschafter nehmen sie Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse wahr. Sie haften für die Verbindlichkeiten des Unternehmens neben ihrer Einlage auch uneingeschränkt mit ihrem privaten Vermögen. Erschwert wird die Eigenfinanzierung von Erweiterungsinvestitionen dann, wenn neue Gesellschafter gesucht werden müssen. In der KG wird – im Gegensatz zur oHG – die Eigenkapitalbeschaffung erleichtert, weil Kommanditisten beteiligt werden können, ohne dass diese die Rechte der vollhaftenden Gesellschafter schmälern. Kapitalgesellschaften In Kapitalgesellschaften wird das Eigenkapital erhöht, indem die bisherigen Anteilseigner ihre Beteiligung ausweiten oder zusätzliche Kapitalgeber an der Gesellschaft beteiligt werden (Beteiligungsfinanzierung). Die Suche nach geeigneten Kapitalgebern für die GmbH kann sich ähnlich schwierig wie bei oHG und KG gestalten. Aktiengesellschaften dagegen erschließen sich mit ihren Neuemissionen den anonymen Kapitalmarkt. Sie besitzen einen wesentlich leichteren Zugang zu neuem Beteiligungskapital. Aber auch hier gilt: Der Erfolg einer Kapitalerhöhung durch Ausgabe neuer Aktien wird auch von der Rentabilitätsbeurteilung interessierter Kapitalanleger abhängen.
2.
Finanzierungsentscheidungen
183
2.5.2 Formen der Fremdfinanzierung Formen der Fremdfinanzierung
Abb. 53:
Formen der Fremdfinanzierung
Kredite spielen in der Finanzierung der Unternehmen eine wichtige Rolle. Ihr Vermögen ist überwiegend fremdfinanziert. Dieses (fremdfinanzierte Vermögen) entspricht dem Fremdkapital, das auf der Passivseite der Bilanz seinen Ausdruck findet. Neben der Beteiligungsfinanzierung ist die Fremdfinanzierung eine weitere Form der Außenfinanzierung. Man kann sogar davon ausgehen, dass in fast allen deutschen Unternehmen das Fremdkapital überwiegt. Wesentliche Merkmale des Kredits sind darin zu sehen, dass Dritte • •
im Vertrauen darauf, der Kreditnehmer stehe für die Verbindlichkeiten ein
Fremdkapitalpositionen auf der PassivSeite der Bilanz •
Anleihen
•
Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten
•
erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen
•
Verbindlichkeiten und Leistungen
•
Wechselverbindlichkeiten
•
Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen
•
Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht
•
sonstige Verbindlichkeiten
Geld- und/oder Sachkapital gegen Entgelt befristet
überlassen.
aus
Lieferungen
184
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
2.5.2.1
Instrumente der kurzfristigen Fremdfinanzierung
2.5.2.1.1 Lieferantenkredit Ein Lieferantenkredit wird begründet, indem der Lieferant seinem Vertragspartner die Entrichtung des Kaufpreises für eine bestimmte Zeit stundet (Zahlungsziel). Das Zahlungsziel erstreckt sich meistens auf einen Zeitraum von 30 Tagen (im Inland), kann aber auch, abhängig von branchentypischen Zahlungsgewohnheiten, länger oder kürzer sein. Der Käufer kann durch Ausnutzen des Zahlungsziels sein Warenlager finanzieren und gewinnt einen Liquiditätsspielraum. Neben dem Kontokorrentkredit nimmt der Lieferantenkredit im kurzfristigen Finanzierungsbereich eine bedeutende Stellung ein, weil er •
ohne große Formalitäten vom Käufer als schnelles Kreditierungsmittel genutzt werden kann
•
keine banküblichen Sicherheiten erfordert. Der Verkäufer behält sich als Sicherheit das Eigentum an der gelieferten Ware bis zur endgültigen Bezahlung vor (siehe: Eigentumsvorbehalt)
•
ein zinsloser Kredit ist, wenn keine weiteren Zahlungsbedingungen vereinbart wurden
•
kein Abhängigkeitsverhältnis mit einem Bankunternehmen begründet.
In aller Regel regt der Verkäufer seinen Kunden zur schnelleren Zahlung des Kaufpreises an, indem er ihm einen Preisnachlass (Skonto) anbietet, wenn er noch vor Ablauf des Zahlungsziels die Rechnungssumme begleicht. Dass der Lieferantenkredit nicht als kostenlose Liquiditätshilfe anzusehen ist, wenn dem Abnehmer Skontozahlung während einer bestimmten Frist eingeräumt wird, zeigen folgende Überlegungen:
Beispiel: Zahlungsbedingungen Die Zahlungsalternativen, die dem Kunden angeboten werden, können beispielsweise darin bestehen, „bei Zahlung innerhalb von 10 Tagen 2 Prozent Skonto von dem Rechnungsbetrag abzusetzen“ oder aber „spätestens nach 30 Tagen den Rechnungsbetrag ohne Abzug zu bezahlen“.
Kosten
Abb. 54:
Alternative zum Lieferantenkredit
Aufgaben 46. Nehmen Sie Stellung zu der Aussage, der Lieferantenkredit sei ein kostenloser Kredit! 47. a)
Ermitteln Sie den Zinsertrag/aufwand für den Kunden, der eine Rechnung über 10 000 EUR entweder innerhalb von 30 Tagen ohne Abzug (brutto) oder den skontierten Nettobetrag innerhalb von 10 Tagen zahlt!
b) Wie verändert sich das Beispiel, wenn ein Skonto von 2 % auch bei 30 Tagen Zahlungsziel gewährt wird?
2.
Finanzierungsentscheidungen
1.
Der Rechnungsbetrag ist während der Skontofrist netto zu zahlen.
2.
Für den Zeitraum zwischen dem Ende der Skontofrist und dem Ende des Zahlungsziels gewährt der Lieferant einen Kredit in Höhe des Netto-Rechnungsbetrages.
3.
Zahlt der Kunde am letzten Tag des Zahlungsziels, so „verschenkt“ er den Skontobetrag.
4.
Der Skontobetrag ist der Preis für die Inanspruchnahme des Zahlungsziels.
5.
Wird der Skontobetrag ins Verhältnis zum Netto-Rechnungsbetrag gesetzt – unter Berücksichtigung des Zahlungsziels –, ergeben sich die Zinskosten des Lieferantenkredits.
Fazit Der Lieferantenkredit ist eine ausgesprochen kostspielige Form der kurzfristigen Finanzierung. In jedem Fall wäre das Unternehmen gut beraten, überschüssige liquide Mittel für die Begleichung der Lieferantenrechnungen während der Skontofrist zu nutzen oder das eingeräumte Kreditlimit der Hausbank zu nutzen. Die Kosten eines kurzfristigen Bankkredits sind geringer als der Verzicht auf den Skontoertrag.
185
48. Prüfen Sie, ob es sinnvoller wäre, mit einem kurzfristigen Bankkredit (Kontokorrentkredit) den Nettobetrag am 10. Tag zu zahlen! Der Zinssatz des Bankkredits beträgt 12 Prozent. Berechnung der Zinskosten (ZK) des Lieferantenkredits: ZK =
Skontoertr ag × 100 365 Tage × Neubetrag Z
Z=Zahlungsziel – Skontofrist in Tagen Rechnungsbetrag: Skontosatz: Skontofrist: Zahlungsziel: ZK =
2.000 EUR 2% 10 Tage 30 Tage
40 EUR × 100 365 Tage × 1.960 EUR 20 Tage
ZK = 2,0408 x 18,25 = 37,24 % Der entgangene Skontoertrag beträgt für die 20tägige Laufzeit zwar „nur“ 2,04 Prozent, auf das ganze Jahr hochgerechnet ergibt sich aber eine Verzinsung von 37,24 Prozent.
Aufgabe 49. Berechnen Sie die Skontoverzinsung bei einem Zahlungsziel von 30 Tagen und einem Skontosatz von a) 1 % b) 3 %!
2.5.2.1.2 Kontokorrentkredit Das Kontokorrentkonto ist nach §355 HGB ein Konto, das in laufender Rechnung zwischen einem Kaufmann und (in der Regel) einer Bank geführt wird. Auf diesem Konto werden die Ansprüche und Leistungen einschließlich der Zinsen den Vertragspartnern in Rechnung gestellt. In regelmäßigen Zeitabständen werden die gegenseitigen Ansprüche verrechnet (saldiert). Dadurch ist der Kontokorrentinhaber nicht ständig aufgefordert, mit der Bank zu verhandeln, sondern er kann in einem gesetzten Kreditrahmen agieren.
§ 355 HGB (Laufende Rechnung, Kontokorrent) (1) Steht jemand mit einem Kaufmanne derart in Geschäftsverbindung, dass die aus der Verbindung entspringenden beiderseitigen Ansprüche und Leistungen nebst Zinsen in Rechnung gestellt und in regelmäßigen Zeitabschnitten durch Verrechnung und Feststellung des für den einen oder anderen Teil sich ergebenden Überschusses ausgeglichen werden (laufende Rechnung, Kontokorrent), so kann derjenige, welchem bei dem Rechnungsabschluss ein Überschuss gebührt, von dem Tage des Abschlusses an Zinsen von dem Überschusse verlangen, auch so weit in der Rechnung Zinsen enthalten sind.
186
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Der Saldo wird dann auf die neue Rechnung vorgetragen. Bestehen Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Vertragspartners, kann der Gläubiger jederzeit den Forderungsbetrag von dem Schuldner verlangen. Die kurzfristige Kündigung des Kredits kann zu einem existenzbedrohenden Liquiditätsengpass führen. Da der Kontokorrentkredit in der Regel verlängert wird, steht er als mittel- und langfristiges Finanzierungsinstrument zur Verfügung. Er wird zur Finanzierung des Umlaufvermögens eingesetzt (siehe Lieferantenkredit). Kosten des Kontokorrentkredits Ein Kontokorrentkonto kann nur durch besondere Vereinbarung mit dem Bankunternehmen als Kreditkonto genutzt werden. Im Allgemeinen wird ein Kreditlimit (Kreditlinie) vereinbart. Sowohl für die eingeräumte Kreditlinie als auch den tatsächlich genutzten Kredit werden Zinskosten berechnet. Im Wesentlichen setzen sich die Kosten des Kontokorrentkredits zusammen aus 1.
2.
3.
4.
dem Sollzinssatz auf den in der Abrechnungsperiode tatsächlich in Anspruch genommenen Kredit. Der Zinssatz wird an dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank orientiert der Bereitstellungsprovision, die auf die vereinbarte Kreditlinie bezogen wird. Die Erhebungsmodalitäten sind bei den einzelnen Bankunternehmen unterschiedlich der Überziehungsprovision, wenn das Kreditlimit überschritten wird. Die Überziehungsprovision wird dem Sollzins zugeschlagen weiteren Positionen wie Barauslagen und Umsatzprovision.
(2) Der Rechnungsabschluss geschieht jährlich einmal, sofern nicht ein anderes bestimmt ist. (3) Die laufende Rechnung kann im Zweifel auch während der Dauer einer Rechnungsperiode jederzeit mit der Wirkung gekündigt werden, dass derjenige, welchem nach der Rechnung der Überschuss gebührt, dessen Zahlung beanspruchen kann.
Aufgabe 50. Dem Bankkunden ist von dem Kreditinstitut ein Kontokorrentkredit zu folgenden Konditionen eingeräumt worden: Kreditlinie: 20 000 EUR Sollzins (zurzeit):
10% p.a.
Bereitstellungsprovision:
2%
der Differenz zwischen dem in Anspruch genommenen Kredit und der Kreditlinie. a)
Berechnen Sie die Verzinsung unter der Annahme, dass die Kreditlinie während des Jahres aa) vollständig und ab) zu 50 % genutzt wird!
b) Begründen Sie den Kostenunterschied zwischen den beiden Annahmen! c)
Es wird dem Kunden alternativ ein Sollzins von 12 % angeboten und auf die Erhebung einer Bereitstellungsprovision verzichtet.
Berechnen Sie die Verzinsung für die unter aa), ab) und c) genannten Alternativen, und treffen Sie eine Auswahl zwischen den Alternativen!
2.
Finanzierungsentscheidungen
187
2.5.2.1.3 Diskont- und Akzeptkredit Der Wechsel ist eine Urkunde, mit der der Aussteller (Gläubiger) des Wechsels den Bezogenen (Wechselschuldner) anweist, eine bestimmte Geldsumme an einem festgelegten Termin und Ort zu zahlen. Die Geldsumme ist an die im Wechsel genannte Person oder an Order zu leisten. Dem Akzept- und Diskontkredit liegt ein Wechsel zugrunde, der auf ein Handelsgeschäft zurückgeht. Der Abnehmer einer Warenlieferung bittet den Verkäufer um Stundung der Kaufsumme. Zur Absicherung seiner Forderung stellt der Lieferant einen Wechsel aus. Es handelt sich um einen gezogenen Wechsel, wenn der Aussteller einen anderen anweist, einen bestimmten Geldbetrag zu zahlen. Ein Solawechsel (eigener Wechsel) liegt vor, wenn der Aussteller sich verpflichtet, den Wechselbetrag selbst zu zahlen. Erst wenn der Bezogene schriftlich die Annahme des Wechsels erklärt, wird aus dem gezogenen Wechsel ein Akzept. Der Wechsel erfüllt drei wichtige Funktionen: •
•
Zahlungsmittelfunktion: Der Wechsel kann als Zahlungsmittel verwendet werden. Durch Übertragungsvermerk auf der Rückseite der Urkunde (Indossament) wird der Wechsel weitergegeben. Kreditsicherungsmittel: Aufgrund der gesetzlichen Wechselstrenge wird der Zahlungseingang gesichert. Wird der Wechsel von dem Bezogenen nicht eingelöst, so kann der Aussteller durch einen vollstreckbaren Titel beim Bezogenen pfänden lassen.
Ein Wechsel muss folgende Bestandteile aufweisen (gesetzliche Bestandteile gemäß §1 Wechselgesetz): 1.
die Bezeichnung als Wechsel im Text der Urkunde
2.
die unbedingte Anweisung, eine bestimmte Geldsumme zu zahlen
3.
den Namen des Bezogenen
4.
die Angabe der Verfallzeit
5.
die Angabe des Zahlungsortes
6.
den Namen desjenigen, an den oder dessen Order gezahlt werden soll
7.
die Angabe des Tages und des Ortes der Ausstellung.
Funktionen des Wechsels
Kreditsicherung
Abb. 55:
Zahlungsmittel
Kreditmittel
Funktionen des Wechsels
Warenlieferung Aussteller
Bezogener Akzept
Diskontierung bei Hausbank
Abb. 56:
Vorlage und Einlösung
Wechseldiskontkredit
188
•
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Kreditmittelfunktion: Vor Ablauf der Zahlungsfrist kann der Aussteller den Wechsel an die Bank verkaufen.
Wechseldiskontkredit Der Bezogene kann den Wechsel vor Fälligkeit seiner Bank zum Diskont einreichen (Kreditmittelfunktion).
Beispiel: Diskontierung eines Wechsels Ein Lieferant der DMW AG hat am 18. September 2001 Montageteile geliefert. Über den Rechnungsbetrag in Höhe von EUR 150 000 akzeptiert der Lieferant einen Wechsel, der am 20. Dezember 2001 fällig ist.
Durch den Ankauf räumt die Bank dem Aussteller einen Kredit (Wechseldiskontkredit) ein.
Der Lieferant reicht den Wechsel am 20. September seiner Hausbank zum Diskont ein.
Da die ankaufende Bank die Wechselsumme erst am Verfalltag des Wechsels erhält, berechnet sie von der Wechselsumme einen Abschlag (Diskont). Die Höhe des Diskonts wird durch die Restlaufzeit des Wechsels und den jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank bestimmt.
Wechselsumme Diskont für 90 Tage und i = 6 % Auslagen Gutschrift
Akzeptkredit Im Unterschied zum Diskontkredit wird der Wechsel auf die Hausbank des Ausstellers gezogen, die diesen Wechsel akzeptiert (Bankakzept). Der Aussteller ist verpflichtet, den Geldbetrag der Bank einen Werktag vor Fälligkeit zur Verfügung zu stellen. Die Bank wird dann aus dem Wechselgeschäft in Anspruch genommen, wenn der Aussteller den Wechsel nicht einlösen kann. Mit dem Bankakzept erhält der Aussteller keine finanziellen Mittel bereitgestellt. Insofern handelt es sich bei dem Akzeptkredit um eine Kreditleihe. Das Bankakzept wird von dem Aussteller verwendet, um Forderungen zu begleichen oder um sich zu refinanzieren, indem er den Wechsel bei einer Bank diskontiert. Da die Bank im Außenverhältnis für die Zahlungsverpflichtung ihres Kunden einsteht, geht sie nur mit Unternehmen dieses Wechselgeschäft ein, deren Bonität über jeden Zweifel erhaben ist.
Die Hausbank diskontiert den Wechsel: 150000 EUR 2625 EUR 50 EUR 147325 EUR
Der Aussteller belastet den Bezogenen mit dem Diskontierungs- und Auslagebetrag. Bei Verrechnung wird die Auslage mit dem jeweils gültigen Mehrwertsteuersatz belastet. Z=
K × t×i 150 000 × 90 × 7 = = 2 625 EUR 100 × 360 100 × 360
K =
Kapital
i
=
Zinssatz
t
Laufzeit in Tagen
Z
=
Zinsbetrag
=
Wechselkredit
Diskontkredit
Akzeptkredit
Ankauf von Handelswechseln durch Geschäftsbank
Auf die Bank bezogener Wechsel (Bankakzept)
Abb. 57:
Erscheinungsformen des Wechselkredits
2.
Finanzierungsentscheidungen
189
An Kosten für den Akzeptkredit fallen an: •
Akzeptprovision
•
Bearbeitungsgebühren
•
Diskont, der aber wegen der herausragenden Bonität des Ausstellers geringer ist als beim Diskontkredit.
Arten des Lombardkredits
Warenlombard
Effektenlombard
Wechsellombard
2.5.2.1.4 Lombardkredit Unter einem Lombardkredit ist die (kurzfristige) Verpfändung von •
Waren
•
Wechseln oder
•
Wertpapieren
kurzfristige Beleihung beweglicher Sachen und Rechte gegen deren Hinterlegung
Abb. 58:
Arten des Lombardkredits
zu verstehen. Ist der Kontokorrentkredit ausgeschöpft, kann das Unternehmen den Finanzmittelbedarf durch das teilweise Beleihen dieser beweglichen Vermögensgegenstände decken. Nachteilig ist, dass der Pfandgeber den Besitz an der Sache verliert, weil der beliehene Gegenstand von der lombardierenden Bank verwahrt wird. Beim Warenlombard wird die Ware bei einem Spediteur oder einer Lagergesellschaft während der Laufzeit des Kredits unter Verschluss genommen. Eine wirtschaftliche Verwertung der Ware, deren Bezug durch einen Lombardkredit finanziert wird, ist dann nicht mehr möglich. Deshalb wird meist die Sicherungsübereignung als unechter Lombard gewählt. Die beliehene Sache verbleibt weiterhin im Besitz des Schuldners und kann von diesem genutzt werden. Die Finanzierungskosten liegen in der Regel um 1 bis 2 Prozentpunkte über den Kosten eines Kontokorrentkredits.
Avalkredit
Stundung von Zöllen und Steuerzahlungen Gewährleistungsansprüche
geleistete Auszahlungen
Konventionalstrafen
ausstehende Einlagen auf Beteiligungen
Übernahme einer Bürgschaft durch die Bank und Besicherung von Forderungen Dritter gegenüber dem Kreditnehmer
Abb. 59: 2.5.2.1.5 Avalkredit Die Bank stellt für ihren Kunden eine Bürgschaft. Mit dieser Bürgschaft besichert sie Zahlungsansprüche, die Dritte gegenüber diesem Bankkunden besitzen.
Gegenstände des Avalkredits
190
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Wie beim Akzeptkredit handelt es sich um eine Kreditleihe; Schuldner bleibt weiterhin der Kunde. Im Importgeschäft spielt der Avalkredit eine Rolle, wenn der Importeur aus Liquiditätsgründen die fälligen Abgaben wie Steuern und Zölle erst zu einem späteren Zeitpunkt leisten kann. Des Weiteren können (u. a.) Bürgschaften gewährt werden für •
Konventionalstrafen, falls der Schuldner seinen Leistungsverpflichtungen nicht nachkommen sollte
•
geleistete Anzahlungen bei Großaufträgen, für den Fall, dass der Schuldner den Vertrag nicht erfüllt
•
Gewährleistungen bei der Ausführung von Aufträgen durch die Bauindustrie.
Für die Einräumung des Avalkredits berechnet die Bank eine Avalprovision. Sie wird bei Abgabe der Bürgschaftserklärung fällig und beträgt zwischen 1 und 3 Prozent der Bürgschaftssumme. 2.5.2.2.
Aufgaben 51. Worin sehen Sie die betriebswirtschaftlichen Funktionen des Diskontkredits? 52. Stellen Sie mögliche Vor- und Nachteile der folgenden kurzfristigen Fremdfinanzierungsarten im Vergleich zueinander heraus! a) Lieferantenkredit; b) Diskontkredit; c) Akzeptkredit; d) Lombardkredit 53. Auch bei der Vergabe kurzfristiger Kredite prüft der Gläubiger, ob der Schuldner kreditwürdig ist und ob er die Voraussetzung für die vertragsgemäße Erfüllung der Kreditverpflichtung bietet. Die Kreditwürdigkeitsprüfung bezieht sich sowohl auf die wirtschaftliche als auch auf die persönliche Kreditwürdigkeit. Nennen Sie Merkmale (Prüfungspunkte), die bei der persönlichen und wirtschaftlichen Kreditwürdigkeit des Schulders eine Rolle spielen können!
Instrumente der mittel- und langfristigen Fremdfinanzierung
Sollen Investitionen durchgeführt werden, die auf längere Sicht Kapital (im Anlagevermögen) binden, so muss – dem Finanzierungsgrundsatz entsprechend – dieses Kapital der Nutzungsdauer des Vermögensgegenstandes entsprechend mittel- bis langfristig zur Verfügung stehen. Neben der Eigenfinanzierung kommen verschiedene Instrumente der Fremdfinanzierung in Betracht. Werden Anlagegegenstände mit mittlerer Nutzungsdauer (z. B. Fahrzeuge) beschafft, so können sie mit Bankkrediten (-darlehen) fristentsprechend finanziert werden. Unter langfristigen Fremdfinanzierungsmitteln sollen Kredite verstanden werden, die eine Laufzeit von mehr als fünf Jahren aufweisen. Diese Mittel werden in Form von Realkrediten (Hypotheken, Grundschulden), Schuldscheindarlehen oder durch Ausgabe von Schuldverschreibungen auf dem Kapitalmarkt beschafft.
Aufgaben Unternehmen können ihren Kapitalbedarf, der kurz-, mittel- oder langfristig benötigt wird, im Wege der Innen- und/oder Außenfinanzierung decken. 54. Erläutern Sie, was unter den Begriffen „Innen- und Außenfinanzierung“ zu verstehen ist! 55. Ordnen Sie die angeführten Finanzierungsbeispiele entweder dem Bereich Innen- oder Außenfinanzierung zu! a) Aufnahme eines weiteren GmbHGesellschafters b) Gewinne werden teilweise thesauriert c) Wohin würden Sie einen Kredit einordnen, den Arbeitnehmer eines Unternehmens ihrem Arbeitgeber über einen Lohnabzug (z.B. Weihnachtsgeld) einräumen?
2.
Finanzierungsentscheidungen
Merkmale dieser Finanzierungsform sind in einer •
festen oder variablen Verzinsung und
•
regelmäßigen Tilgung des Kredits
zu sehen. Kreditgeber sind Hypotheken- und andere Banken, aber auch Versicherungsgesellschaften. 2.5.2.2.1 Schuldscheindarlehen Zwischen Gläubiger und Schuldner wird ein Darlehensvertrag geschlossen. Dem Gläubiger wird über die Höhe des Kreditbetrages ein Schuldschein ausgehändigt. In diesem Schuldschein verpflichtet sich der Schuldner (Darlehensnehmer) zur regelmäßigen Tilgung und Zinszahlung. Für die gesamte Laufzeit des Darlehens (oft bis zu 15 Jahre) kann ein fester Zinssatz vereinbart werden. Schuldscheindarlehen werden meistens in Millionen-Euro gewährt und können, wenn es sich um größere Beträge handelt, auch mehrfach in Teilschuldscheine gestückelt werden. Auf diese Weise wird die Zwischenfinanzierung eines Investitionsprojektes ermöglicht, das über einen längeren Zeitraum realisiert wird. Da als Darlehensnehmer nur Großunternehmen mit herausragender Bonität in Frage kommen, wird das Schuldscheindarlehen von Banken und Lebensversicherungsgesellschaften als sicheres Anlagemittel gesehen. Versicherungsgesellschaften werden solche Darlehen jedoch nur gegen zusätzliche dingliche Sicherheiten geben. Nach den aufsichtsrechtlichen Bestimmungen des Bundesamtes für das Versicherungswesen müssen die Schuldscheine deckungsstockfähig (siehe Abschnitt 2.5.2.2.2) und durch Grundpfandrechte abgesichert sein.
191
d) Verdiente Abschreibungen werden für die Anschaffung einer Datenverarbeitungsanlage eingesetzt e)
Aufnahme eines langfristigen Bankdarlehens
f)
Bildung einer Rückstellung für eingegangene Gewährleistungsansprüche
g) Verkauf von Forderungen an eine Factoring-Gesellschaft h) Für ein Warengeschäft nutzt der Kunde das vom Lieferanten angebotene Zahlungsziel von 30 Tagen aus i)
Arbeitnehmer eines Unternehmens verzichten auf einen Teil ihres vereinbarten Entgelts.
Instrumente der langfristigen Fremdfinanzierung
Realkredit
Schuldverschreibung
Darlehensgeber
Schuldscheindarlehn
Darlehensnehmer
Schuldschein - Zinssatz - Tilgung
Laufzeit individuell (max. 15 Jahre)
Abb. 60:
Mindestbetrag 50.000 EUR
Besicherung: Grundpfandrechte
Schuldscheindarlehen
192
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Schuldscheine sind zwar Urkunden, können aber nicht wie Schuldverschreibungen an der Börse gehandelt werden. Aus der Sicht des Schuldners ist ein Schuldscheindarlehen eine preiswertere Finanzierungsmöglichkeit als die Schuldverschreibung, weil Emissionskosten entfallen. Für den Gläubiger wird die Sicherheit seiner Kapitalanlage mit dem Risiko erkauft, das sich aus dem über einen längeren Zeitraum festgeschriebenen Zinssatz ergibt. Ihm entstehen höhere Refinanzierungskosten, wenn der Kapitalmarktzins dem vereinbarten Darlehenszins vorauseilt. 2.5.2.2.2 Schuldverschreibungen Die Schuldverschreibung (Anleihe oder Obligation) gehört zu den Finanzierungsinstrumenten, mit denen Unternehmen, aber auch Gebietskörperschaften, langfristiges Fremdkapital durch Ausgabe (meist) festverzinslicher Wertpapiere an der Börse beschaffen. Der Gesamtbetrag einer Schuldverschreibung wird gestückelt, d.h. in Teilschuldverschreibungen ausgegeben. Ausstattungsmerkmale einer Schuldverschreibung Nicht jedes beliebige Unternehmen kann Anleihen zur Deckung seines Kreditbedarfs begeben. Die Ausgabe einer Anleihe (Anleiheemission) setzt eine staatliche Emissionsgenehmigung voraus. Diese wird nur solchen Unternehmen gewährt, deren Bonität (Standing) als einwandfrei beurteilt wird. Zu den Merkmalen einer Bonitätsbeurteilung gehören u. a. die •
Eigenkapitalausstattung
•
Gewinnentwicklung
•
Qualifikation des Managements.
Die DMW AG gibt die Zulassung ihrer Inhaber-Teilschuldverschreibungen über 30 Millionen EUR bekannt: Aufgrund der von der Hauptversammlung am 6. August 2003 erteilten Ermächtigung haben wir die Begebung einer Anleihe über 30000000 EURO beschlossen. Stückelung Die Anleihe ist eingeteilt in 10 000 InhaberTeilschuldverschreibungen zu je 1 000 EUR, Nr. 000001 bis 10000, 2000 Inhaber-Teilschuldverschreibungen zu je 10000 EUR, Nr. 10001 bis 12000. Verzinsung Die Teilschuldverschreibungen sind vom 1. September 2003 mit 7,5% jährlich zu verzinsen. Die Zinsen sind jährlich nachträglich am 1. September eines jeden Jahres fällig. Der erste Zinsschein ist am 1. September 2004 fällig. Rückzahlung Die Teilschuldverschreibungen werden am 1. September 2013 zum Nennbetrag zurückgezahlt. Zahlstellen Zahlstellen sind die in §7 Abs. 1 der Anleihebedingungen genannten Banken. Garantie Die DMW AG hat ihre unbedingte und unwiderrufliche Garantie für die ordnungsgemäße Zahlung von Kapital und Zinsen der Teilschuldverschreibungen gegeben. Sicherstellung Die Gesellschaft hat sich verpflichtet, während der gesamten Laufzeit der Anleihe ihren Grundbesitz in Deutschland nicht zu belasten, es sei denn, die Belastung erfolgt auch zugunsten der Gläubiger dieser Teilschuldverschreibungen. Ausgenommen sind hiervon Belastungen des Grundbesitzes als Sicherheit für Kredite aus öffentlichen Mitteln und normale Wohnungsbauhypotheken im Range der ersten Stelle in üblicher Höhe. Deckungsstockfähigkeit Die notwendigen Schritte sind eingeleitet worden, um die Deckungsstockfähigkeit der Anleihe zu erlangen. Bremen, im März 2003 Der Vorstand der DMW AG
Abb. 61:
Auszug aus dem Börseneinführungsprospekt der DMW AG
2.
Finanzierungsentscheidungen
Stückelung der Anleihe Damit die Anleihe am Kapitalmarkt untergebracht (platziert) werden kann, muss sie
193
Aus dem Kurszettel für Industrieobligationen:
•
vom Bundesminister der Finanzen genehmigt worden und
6
Agrokult
6
ChemoTech 95/02
•
mit Bedingungen ausgestattet sein, die für den Kreditgeber (Kapitalanleger) interessant genug erscheinen.
7,5 Kaufstadt
98/08
90/01
2.08.2003
3.08.2003
100,00
100,00
100,60 bG 100,60 G 100,25 G
100,30 T
7
Leeven
89/99
101,00 bG 101,00 T
Um einen größeren Anlegerkreis zu erreichen, wird die Anleihe gestückelt und in Teilschuldverschreibungen emittiert. Üblich ist eine Stückelung in Beträge über 100, 500, 1 000, 5000 und 10000 EUR. Teilschuldverschreibungen sind gewöhnlich Inhaberpapiere. Die Wertpapier-Urkunde – auch Mantel genannt – enthält alle Bedingungen, die das Rechtsverhältnis zwischen Gläubiger (Obligationär) und Schuldner (Emittent) bestimmen. Zu den wichtigsten Bestandteilen gehören:
7
Otonia
92/00
100,60 G
•
Laufzeit
„6 Agrokult 98/2008
•
Emissionskurs und Verzinsung
•
Besicherung
•
Tilgungsmodalitäten
•
Zahlstellen.
Die Anleihe der Agrokult von 1998 mit einer Laufzeit bis 2008 ist mit einem Nominalzinssatz von 6 Prozent ausgestattet. Die Anleihe wurde an beiden Börsentagen mit einem Kurs von 100,00 EUR gehandelt.
Erläuterung der Kurszusätze: G: Geldkurs; zu diesem Kurs war Nachfrage vorhanden. B: Briefkurs; zu diesem Kurs war Angebot vorhanden. bG: bezahlt und Geld; zu dem festgestellten Kurs konnten nicht alle Aufträge ausgeführt werden. Es bestand noch Nachfrage. T: Taxkurs; geschätzter Kurs.
Beispiel:
Verzinsung und Emissionskurs Anleihen sind überwiegend mit einem festen Zinssatz ausgestattet, der sich auf den Nennwert der Teilschuldverschreibungen bezieht. Er bleibt während der gesamten Laufzeit unverändert. Anleihen werden deshalb auch als festverzinsliche Wertpapiere bezeichnet.
100,00 100.00“:
Laufzeit
Laufzeit Gegenwärtig betragen die Laufzeiten 10 bis 15 Jahre. Anleihen mit längeren Laufzeiten sind am Kapitalmarkt kaum mehr unterzubringen, weil Anleger längere Laufzeiten hinsichtlich ihrer Finanzdispositionen nicht für überschaubar halten.
100,85
Zahlstellen
Emissionskurs
Besicherung
Zinssatz
Tilgung
Abb. 62:
Ausstattungsmerkmale einer Anleihe
194
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Um eine Feinabstimmung auf die zum Emissionszeitpunkt herrschenden Bedingungen auf dem Kapitalmarkt zu gewährleisten, kann die Teilschuldverschreibung zu einem Kurs unter oder über dem Nennwert abgegeben werden (Unter-/Über-pari-Emission). Ein Kursabschlag (Disagio) stellt für den Anleger einen zusätzlichen Reiz zum Erwerb dar. Aus der Sicht des Emittenten ist im Fall einer „Unter- oder Über-pari-Emission“ nicht der Nominalzins, sondern die Effektivverzinsung des aufzunehmenden Kapitals von Bedeutung. Umgekehrt spielt dieser Aspekt auch in der Anlageentscheidung des Kapitalgebers eine Rolle: Effektivverzinsung (rv) rv =
No min alzins × 100 Ausgabe − (Erwerbs −)kurs
Der Kapitalmarktzins kann während der Laufzeit der Anleihe erheblichen Schwankungen unterworfen sein. Bei gegebenem Nominalzins wird sich deshalb ein von dem Nominalwert der Anleihe abweichender Börsenkurs einstellen. Bezogen auf den Börsenkurs ergibt sich eine effektive Verzinsung, die tendenziell das Niveau des aktuellen Kapitalmarktzinses widerspiegelt.
Abb. 63:
Bestimmungsgrößen der Effektivverzinsung
Beispiel: Effektivverzinsung Die Teilschuldverschreibung wird zum Unterpari-Kurs von 95 Prozent des Nominalwertes (1000 EUR) ausgegeben (Pari-Kurs bedeutet, dass sich Nominalwert und Ausgabekurs entsprechen). Die Tilgung der Anleihe erfolgt nach 10 Jahren zum Nominalwert. Das Disagio (50,00 EUR) ist folglich auf die einzelnen Jahre der Laufzeit zu verteilen; der Nominalzins beträgt 7,5 %: Zinsertrag + ( jährliches ) Disagio × 100 = Ausgabe − (Erwerbs −)kurs
75,00 EUR + 5,00 EUR × 100 = 8,42% 950,00 EUR
Besicherung der Anleihe Neben der Bonität des Emittenten wird auch die Besicherung der Anleihe in die Anlageüberlegung des Kapitalgebers einbezogen. Die Besicherung der Obligation erfolgt, indem unternehmenseigene Immobilien durch Eintragung von Grundschulden und Hypotheken belastet werden. Handelt es sich um ein markt- und umsatzstarkes Unternehmen, wird auf eine besondere Absicherung der Obligation verzichtet. In diesem Fall gibt der Emittent eine Negativerklärung ab und verpflichtet sich,
Abb. 64:
Veränderung der Effektivverzinsung
2.
•
Finanzierungsentscheidungen
während der gesamten Laufzeit der Anleihe seinen Grundbesitz und/oder andere Vermögensgegenstände zum Zweck weiterer Kreditaufnahmen (mit Ausnahmen) nicht zu belasten
•
keine weiteren Anleihen zu begeben, solange die laufende Anleihe nicht getilgt worden ist
•
künftige Anleihen nicht besser zu besichern als die gegenwärtig laufende.
195
Begriffsklärungen Als Deckungsstock wird das Vermögen eines Versicherungsunternehmens bezeichnet, mit dem im Insolvenzfall die Ansprüche der Versicherungsnehmer befriedigt werden müssen und das dem Zugriff der Insolvenzgläubiger entzogen ist. Nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz müssen die anlagefähigen Anleihen mündelsicher* sein. *
Mündel: eine unter Vormundschaft stehende Person. Deren Geldvermögen darf nur in mündelsicheren Papieren angelegt werden. Das Geldvermögen muss sicher angelegt werden.
*
Zur Anlage von Mündelgeldern zugelassene Wertpapiere und verbriefte Forderungen sind gem. §1807 I Nr. 4 BGB insbes.: Bundes- und Länderanleihen (einschl. Schuldbuchforderungen), vom Bund oder von einem Land garantierte Schuldverschreibungen, Anleihen kommunaler Körperschaften oder ihrer Kreditanstalten, sofern sie von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates zur Anlegung von Mündelgeldern für geeignet erklärt sind.
Deckungsstockfähigkeit Unternehmen der Versicherungswirtschaft gehören mit zu den bedeutendsten Nachfragern von Obligationen. Diese Unternehmen können ihre freien Mittel, die ihnen aus dem Prämienaufkommen zur Verfügung stehen, jedoch nur in solchen Titeln anlegen, die durch besondere staatliche Genehmigung als deckungsstockfähig anerkannt wurden. Tilgung der Anleihe Üblich sind folgende Tilgungsverfahren: •
Am Ende der Laufzeit wird die Anleihe zum (in der Regel) Nennbetrag getilgt.
•
Nach einigen tilgungsfreien Jahren wird die Anleihe in gleichen Teilbeträgen zurückgezahlt. Die Anleihe wird in Jahresserien aufgeteilt und für jedes Tilgungsjahr eine Serie bestimmt. Die Seriennummer ist auf dem Mantel des Wertpapiers angegeben. Getilgt wird durch Auslosung.
Zahlstellen Nach dem Emissionsgesetz ist der Emittent verpflichtet, in seinem Emissionsprospekt die Namen der Banken bekannt zu geben, die als Zahlstellen die Zinsscheine und zur Tilgung ausgelosten oder fälligen Teilschuldverschreibungen einlösen.
Zusatzinformationen zum Deckungsstock Das Aufsichtsamt für das Versicherungswesen kann aber auch Industrieobligationen als deckungsstockfähig erklären, wenn es sich um die Anleihe eines Emittenten handelt, die folgende Merkmale aufweist: •
Die Bonität einwandfrei.
•
Das Unternehmen gehört der Grundstoffindustrie an oder ist ein anderes bedeutendes inländisches Unternehmen.
•
Unternehmen der Versorgungswirtschaft sind mit einem Grundkapital von mindestens 6 Mio. EUR ausgestattet und dürfen keinen starken Konjunkturschwankungen ausgesetzt sein.
•
Die dingliche Belastung der Nettobuchwerte des Anlagevermögens soll sich auf nicht mehr als 40 Prozent belaufen.
des
Unternehmens
ist
196
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Platzierung der Anleihe
Aufgaben
Um die Anleihe im Publikum zügig unterzubringen, kann das Unternehmen mehrere Banken mit dem Verkauf der Teilschuldverschreibungen beauftragen. Sie bilden ein Konsortium, das die Anleihe insgesamt übernimmt. Die einzelnen Konsortialbanken erhalten für den auf sie entfallenden Anteil eine Provision.
56. Worin sehen Sie die Vorteile eines Schuldscheindarlehens gegenüber einer Schuldverschreibung? 57. Erläutern Sie, warum der Effektivzins einer Schuldverschreibung das jeweilige Zinsniveau des Kapitalmarktes widerspiegelt! 58. Legen Sie dar, weshalb die Zwischenfinanzierung eines längerfristigen Investitionsvorhabens durch die Begebung von Teilschuldverschreibungen erleichtert wird!
Ausstattung der Obligation mit Sonderrechten Wandelobligation Die Wandelobligation räumt dem Kapitalanleger das Recht ein, die Teilschuldverschreibung während eines bestimmten Zeitraumes in Aktien des Unternehmens umzutauschen. Der Wandlungspreis (Bezugskurs) wird bei Ausgabe der Teilschuldverschreibung festgelegt.
59. Welche Voraussetzung muss die Hauptversammlung der AG geschaffen haben, um zusätzliches Kapital durch Emission einer Wandelobligation zu beschaffen? 60. Wie verändert sich die Kapitalstruktur der AG, wenn der Obligationär seine Wandelobligation in Aktien des Unternehmens umtauscht?
Aus dem Gläubiger mit Anspruch auf Tilgung und Zinszahlung wird ein Aktionär, der künftig an dem Gewinn und Vermögen des Unternehmens beteiligt ist.
Obligationen
Wandelobligation
Umtausch der Forderung in Aktion
wie Tilgungsanleihe
Tilgungsanleihe
vertragsmäßige Tilgung
wie Tilgungsanleihe
zusätzliche Wahlmöglichkeiten
Aktienoption
Verkauf der Option
+ Verzinsung
Abb. 65:
Optionsanleihe
Gestaltungsmöglichkeiten einer Obligation
2.
Finanzierungsentscheidungen
197
Für den Obligationär besteht jedoch kein Zwang, von seinem Umtauschrecht Gebrauch zu machen. Insbesondere Kapitalgeber, die das Kursrisiko scheuen, werden mit steigenden Aktienkursen die Teilschuldverschreibung wandeln. Bei dem Umtausch der Teilschuldverschreibung ist ein Wandlungspreis (oder auch: eine Zuzahlung) für den Erwerb von Aktien zu leisten. Wie bei dem Bezugsverhältnis für junge Aktien, so wird auch bei der Ausgabe der Teilschuldverschreibungen ein Wandlungsverhältnis festgelegt.
Aufgabe
Die Wandelanleihe ist in der Regel mit einem Zinssatz ausgestattet, der unter dem Kapitalmarktzins liegt. Damit besteht der Vorteil für die kapitalsuchende AG, Fremdkapital mit vergleichsweise niedrigen Zinsbelastungen aufzunehmen. Und ein weiterer Vorteil: Im Falle der Wandlung wird langfristiges Fremdkapital in Eigenkapital umgewandelt, und Liquidität bleibt der AG erhalten.
Vor einigen Jahren hatte die DMW AG über eine Wandelobligation zusätzliches Kapital aufgenommen. Damals betrug das Wandlungsverhältnis 6:1, d. h., der Obligationär hatte die Möglichkeit, für sechs Teilschuldverschreibungen eine Aktie der AG – im Nominalwert von 50,00 EUR vor Einführung des Euro – mit einer Zuzahlung von 30,00 EUR zu erwerben. Das Wandlungsrecht konnte während der gesamten Laufzeit der Anleihe ausgeübt werden.
Optionsanleihe Das Recht, Aktien zu einem festgelegten Preis zusätzlich zur Teilschuldverschreibung zu erwerben, wird als Option bezeichnet. Das Optionsrecht kann unabhängig von der Teilschuldverschreibung während eines bestimmten Bezugszeitraumes ausgeübt werden. Der Bezugspreis der Aktie ist zuvor durch Beschluss der Hauptversammlung festgelegt worden. Das Optionsrecht wird in einem Optionsschein als selbstständig wahrzunehmendes Recht verbrieft und kann von der Teilschuldverschreibung gelöst werden. An der Börse kann •
die Teilschuldverschreibung mit oder ohne Optionsschein oder
•
nur der Optionsschein
gehandelt werden.
61. Die Hauptversammlung kann beschließen, dass der Umtausch einer Teilschuldverschreibung in Aktien von einer Zuzahlung beim Aktienerwerb abhängig ist. Wie wirkt sich der Umtausch von Teilschuldverschreibungen unter Zuzahlung auf die finanzielle Situation des Unternehmens aus? Beispiel:
§221 AktG (1) Schuldverschreibungen, bei denen den Gläubigern ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Aktien eingeräumt wird (Wandelschuldverschreibungen), und Schuldverschreibungen, bei denen die Rechte der Gläubiger mit Gewinnanteilen von Aktionären in Verbindung gebracht werden (Gewinnschuldverschreibungen), dürfen nur auf Grund eines Beschlusses der Hauptversammlung ausgegeben werden … (2) Eine Ermächtigung des Vorstandes zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen kann höchstens für fünf Jahre erteilt werden … (3) Auf Wandelschuldverschreibungen, Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechte haben die Aktionäre ein Bezugsrecht.
198
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Der Erwerber einer Optionsanleihe hat folglich die Wahl, •
entweder den Optionsschein an der Börse zu veräußern, wenn er nicht an dem Bezug von Aktien interessiert ist
•
oder mit dem Optionsschein die ihm zustehende Anzahl an Aktien zum festgesetzten Optionskurs zu kaufen. In diesem Fall wird der Kapitalgeber zum Aktionär und Gläubiger zugleich.
Der Zinssatz der Optionsanleihe liegt regelmäßig unter dem des Kapitalmarktes, weil die Option an sich schon einen Wert darstellt. Wird der Optionsschein von der Teilschuldverschreibung getrennt und an der Börse verkauft, so fällt der Wert der Obligation, da die Verzinsung der Anleihe unter dem Zinsniveau des Kapitalmarktes liegt. Der niedrigere Kurswert bewirkt eine höhere effektive Verzinsung. Der Börsenwert des Optionsrechts wird durch den Unterschiedsbetrag ausgedrückt, der zwischen dem Kurswert der Anleihe ohne Optionsschein und dem Kurswert der Anleihe mit Optionsschein besteht. Die Entwicklung des Börsenkurses der Aktie steht in enger Beziehung zu der Wertveränderung des Optionsrechts: Bei steigendem Aktienkurs erhöht sich der Kurs des Optionsrechts überproportional (und umgekehrt). Dieser Zusammenhang zwischen Optionsrechtskurs und Aktienkurs wird als Hebelwirkung bezeichnet. Für die AG ist die Optionsanleihe aus zwei Gründen eine interessante Finanzierungsalternative: 1.
Das Unternehmen erhält niedrig verzinsliches Fremdkapital, und
2.
es wird ihm Eigenkapital zugeführt, wenn das Optionsrecht ausgeübt wird.
Optionsscheine Jeder Optionsschuldverschreibung im Nennbetrag von 1000,– EUR sind zwei Inhaber-Optionsscheine mit Berechtigung zum Bezug von einer Inhaberaktie im Nennbetrag von je 50,– EUR der DMW AG beigefügt. Die Optionsscheine können ab 2. November 2003 von den Optionsschuldverschreibungen abgesondert und von diesem Tag an getrennt übertragen werden. Verzinsung Die Optionsschuldverschreibungen werden vom 15. Oktober an mit 2,7% verzinst. Bedingtes Kapital Zur Sicherstellung des Optionsrechts besteht ein bedingtes Kapital in Höhe von 20000000,– EUR. Optionsrecht Die Inhaber der Optionsscheine sind berechtigt, für zwei Optionsscheine eine Inhaberaktie der DMW AG zu beziehen (Bezugsverhältnis 2:1). Der Optionspreis beträgt 180,– EUR je Aktie zum Nennwert von 50,– EUR.
Abb. 66:
Auszug aus dem Bezugsangebot der DMW AG (Okt. 2003)
Beispiel: Hebelwirkung des Aktienkurses auf den Optionsrechtskurs Um eine Aktie zum Bezugskurs von 180,– EUR zu erwerben, müssen zwei Optionsscheine vorhanden sein. Bei einem Bezugskurs von 180,– EUR und einem Börsenkurs von … EUR je Aktie ergibt sich ein rechnerischer Wert des Bezugsrechts von … EUR: Börse Veränderung nkurs in % (EUR) 180 200 220 240 260 *
+ 11,1 + 10,0 + 9,1 + 8,3
rechnerischer Wert je Bezugsrecht (EUR)* 0 10 20 30 40
Veränderung in %
0 + 100,0 + 50,0 + 33,3
(= Differenz zwischen Bezugs- und Börsenkurs) : Anzahl der Optionsrechte je Aktie zum Bezugskurs
2.
Finanzierungsentscheidungen
199
Gewinnschuldverschreibung
Beispiel:
Es handelt sich um eine Anleihe, die getilgt und verzinst wird. Die Verzinsung kann ganz oder teilweise von der Gewinnentwicklung abhängig sein.
Beschluss der Gesellschaft über die Ausgabe von Genussscheinen im Nennbetrag von 10,– EUR zum Ausgabepreis von 50,– EUR:
Genussschein Mit dem Genussschein werden dem Inhaber des Wertpapiers bestimmte Rechte an dem Gewinn und/oder Vermögen des Unternehmens verbrieft. Den Genussscheininhabern stehen in aller Regel keine Stimmrechte in der Hauptversammlung zu. Gesetzliche Regelungen für die Ausgestaltung von Genussscheinen existieren nicht. Gestaltungsmöglichkeiten können daher unterschiedlich weit gefasst sein und sich u. a. auf Verzinsung, Dividendenanteil, Bezugs- oder Umtauschrechte beziehen.
Die Genussscheine gewähren einen Anspruch auf eine jährliche Ausschüttung, deren Höhe an den jeweiligen Dividendensatz der Stammaktie der Gesellschaft für das abgelaufene Geschäftsjahr geknüpft ist. Der jährliche Ausschüttungssatz beträgt das 1,2-fache des Dividendensatzes auf Stammaktien. Bezogen auf den niedrigeren Nennbetrag der Genussscheine berechnet sich die Ausschüttung auf einen Genussschein im Nennbetrag von 10,– EUR somit als 24% der auf eine Aktie im Nennbetrag von 50,–EUR ausgeschütteten Dividende. Unabhängig vom Bilanzergebnis der Gesellschaft wird für die Genussscheine eine Mindestverzinsung von 5 % des Nennbetrages der Genussscheine garantiert.
Zusammenfassung Um langfristige Investitionen zu finanzieren, stehen dem Großunternehmen neben der Eigenfinanzierung verschiedene Formen der Fremdfinanzierung zur Auswahl. Die Entscheidung für eine der beiden Alternativen muss folgende Überlegungen berücksichtigen: 1.
Die Beschaffung von langfristigem Kapital im Wege der Kapitalerhöhung entlastet das Unternehmen liquiditätsmäßig. In Zeiten der Rezession ist kein zusätzlicher Fremdkapitaldienst zu leisten. Eine Kapitalerhöhung durch Ausgabe neuer Aktien kann aber eine Veränderung in den Stimmverhältnissen zur Folge haben.
2.
Die Aufnahme langfristigen Fremdkapitals setzt vor allem eine entsprechende Bonität des Unternehmens voraus, um die staatliche Genehmigung zur Emission einer Anleihe zu erhalten. Tilgung und Verzinsung des Fremdkapitals engen den Liquiditätsspielraum ein. Die Bildung von Rücklagen ist nur möglich, wenn die Gesamtkapitalrentabilität über dem Fremdkapitalzins liegt (Leverage-Effekt).
3.
Für den Fremdkapitaleinsatz spricht, dass die Mitbestimmungsbasis der Eigentümer nicht verändert wird. In Gewinnjahren wird eine steuerliche Entlastung erzielt, da Zinsausgaben als Betriebsausgaben bei der Ermittlung des zu versteuernden Gewinns abzugsfähig sind.
200
4.
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Ferner beeinflusst das Zinsniveau auf dem Kapitalmarkt Finanzierungsentscheidungen. Ist der Fremdkapitalzins niedrig, und wird eine Gesamtkapitalrentabilität erwartet, die über dem Fremdkapitalzins liegt, so ist eine Fremdfinanzierung zu bevorzugen. Die Wandelobligation und die Optionsanleihe mit in der Regel unter dem Kapitalmarktzins liegenden Zinssätzen empfiehlt sich vor allem in Hochzinsphasen. Sie bieten – im Gegensatz zur Tilgungsanleihe – die Chance zur Umstrukturierung der Kapitalausstattung, wenn Obligationäre von ihren Wahlmöglichkeiten Gebrauch machen.
2.5.3 Sicherheiten in der Kreditfinanzierung In aller Regel geht jede Form der Kreditgewährung mit der Stellung von Sicherheiten des Kreditnehmers einher. Neben einer guten Bonität, die u. a. durch •
Zahlungsmoral und -fähigkeit
•
Ertragsaussichten und Kapitalstruktur des Unternehmens
•
Qualifikation der Unternehmensleitung
nachzuweisen ist, verlangen Gläubiger Sicherheiten. Die verlangten Sicherheiten können sich beziehen auf •
weitere Personen, die mit ihrem Vermögen haften und/oder
•
das Erbringen dinglicher Sicherheiten an Grundstücken, Gebäuden, Anlagen oder Warenbeständen.
2.5.3.1
Bürgschaften
Nach §765 BGB ist die Bürgschaft ein Vertrag, durch den sich der Bürge verpflichtet, die Verbindlichkeiten eines Dritten (Hauptschuldners) gegenüber dessen Gläubiger zu erfüllen. Die Ausformung des Vertrages hängt von der Art der Bürgschaft ab (2.5.3.1.1). Die Bürgschaft gehört zu den Kreditsicherheiten, die durch eine Person mit ihrem Vermögen gegeben wird (Personalsicherheit).
Bürgschaft Für alle bestehenden und künftigen – auch bedingten oder befristeten – Ansprüche, die der Bank mit ihrer Geschäftsstelle aus der Geschäftsverbindung, insbesondere aus laufender Rechnung und aus der Gewährung von Krediten jeder Art, aus abgetretenen oder kraft Gesetzes übergegangenen Forderungen sowie aus Wechseln (auch so weit diese von Dritten hereingegeben worden sind) gegen Tachometer GmbH, Bremerhaven zustehen, übernimmt der Bürge die betragsmäßig beschränkte selbstschuldnerische Bürgschaft. Sie beläuft sich auf 5000000 (fünf Millionen) EUR. Die Bürgschaft besteht bis zur Beendigung der Geschäftsverbindung und bis zur Rückführung aller gesicherten Ansprüche der Bank; sie erlischt insbesondere nicht durch eine vorübergehende Rückzahlung der Kredite. Ein Anspruch gegen den Hauptschuldner auf Befreiung von der Bürgschaft (§ 775 BGB) darf nur mit vorheriger Zustimmung der Bank geltend gemacht werden. Alle Zahlungen dienen als Sicherheitsleistung für diese Bürgschaftsschuld, bis die Bank wegen ihrer sämtlichen Ansprüche gegen den Hauptschuldner, die im Zeitpunkt der vollständigen Erfüllung dieser Bürgschaftsschuld bestehen, befriedigt ist. Haften für die Ansprüche mehrere Bürgen, so haftet jeder Einzelne unter Ausschluss eines Gesamtschuldverhältnisses unabhängig von den anderen für jeden Teil der verbürgten Ansprüche. Alle Maßnahmen und Vereinbarungen, welche die Bank hinsichtlich ihrer Ansprüche oder bei der Verwertung anderweitiger Sicherheiten für zweckmäßig erachtet, berühren den Umfang der Bürgschaftsverpflichtung nicht. Insbesondere bleibt diese Bürgschaft bis zur vollen Befriedigung der Bank auch dann unverändert bestehen, wenn die Bank dem Hauptschuldner Stundung gewährt. Für das Bürgschaftsverhältnis ist deutsches Recht maßgebend. Ort, Datum
Abb. 67:
Unterschrift des Bürgen
Auszug aus einem Bürgschaftsvertrag
2.
Finanzierungsentscheidungen
Der Bürgschaftsvertrag wird ohne Beteiligung des Hauptschuldners zwischen dem Bürgen und dem Gläubiger abgeschlossen. Der Vertrag bedarf der Schriftform. Bei Kaufleuten gilt allerdings eine Ausnahme, wenn Bürgschaftserklärungen zu ihrem Handelsgeschäft gehören, wie es bei Geschäftsbanken der Fall ist. Hier reicht die mündliche Erklärung der bürgenden Bank aus (§ 350 HGB). Die Bürgschaft bezieht sich nur auf die Verbindlichkeit aus der Hauptforderung, für die der Bürge haftet, wenn der Hauptschuldner seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachkommt. Eine Hauptforderung entsteht z. B. durch einen Kaufvertrag und dessen Erfüllung durch den Lieferanten. Der Gläubiger kann darauf bestehen, dass der Schuldner des Kaufpreises einen Bürgen benennt. 2.5.3.1.1 Arten der Bürgschaft Ausfallbürgschaft Haben die Vertragsparteien keine andere Abrede getroffen, hat der Bürge das Recht (siehe §771 BGB), Zahlungen an den Gläubiger zu verweigern. Der Bürge kann darauf bestehen, dass der Gläubiger durch Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners seinen Anspruch auf Befriedigung der Forderung realisiert. Der Bürge wird erst dann in die Pflicht genommen, wenn die Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise erfolglos geblieben ist. Bei teilweisem Erfolg der Zwangsvollstreckung wird der Bürge für den verbleibenden Teil der Hauptforderung in Anspruch genommen. Selbstschuldnerische Bürgschaft Bei der selbstschuldnerischen Bürgschaft ist der Bürge dem Hauptschuldner gleichgestellt (Verzicht auf die Einrede der Vorausklage). Gerät der Hauptschuldner in Zahlungsverzug, kann der Gläubiger den Bürgen in Anspruch nehmen. Der Bürge kann also nicht verlangen, dass zuvor in das Vermögen des Hauptschuldners vollstreckt worden ist.
201
Beispiele: 1.
Zwischen zwei Kaufleuten wird ein Kaufvertrag geschlossen. Dem Käufer wird der Kaufpreis gestundet. Der Gläubiger kann verlangen, dass der Schuldner einen Bürgen benennt. Dieser Bürge wird zur Begleichung des Kaufpreises herangezogen, wenn der Hauptschuldner die Zahlung nicht leisten kann. Diese Bürgschaft wird Ausfallbürgschaft genannt (siehe nebenstehende Ausführungen).
2.
Im Kontokorrentgeschäft kann die kreditgewährende Bank die Benennung eines Bürgen verlangen, wenn der Kontoinhaber keine ausreichenden Sicherheiten stellen kann.
3.
Zwischen zwei Kaufleuten wird ein Kaufvertrag geschlossen. Der Käufer hatte mit einem anderen Kaufmann vereinbart, und zwar mündlich, dass dieser als Bürge auftritt. Kann sich der Käufer auf die mündliche Vereinbarung berufen? Grundsätzlich sollte man die Übernahme einer Bürgschaft sehr genau prüfen. Eine mündliche Bürgschaft sollte man ablehnen. Will man trotzdem bürgen, so sollte man sich auf eine Ausfallbürgschaft beschränken. Besicherung von Krediten
Personalsicherheiten
Dingliche Sicherheiten
Bürgschaft • Ausfallbürgschaft • Selbstschuldnerische Bürgschaft
Abb. 68:
• Eigentumsvorbehalt • Sicherungübereignung • Pfandrechte an beweglichen und unbeweglichen Sachen
Ausgewählte Formen der Kreditsicherung
202
2.5.3.2
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Eigentumsvorbehalt
Eigentumsvorbehalt
Der Käufer einer beweglichen Sache (z. B. einer Ware), die an ihn übergeben worden ist, wird erst nach vollständiger Bezahlung des Kaufpreises Eigentümer dieser Sache (vgl. §455 BGB). Zahlt der Käufer (Schuldner) den Kaufpreis nicht, kann der Verkäufer von dem Kaufvertrag zurücktreten. Der Eigentumsvorbehalt ist spätestens bei Übergabe des Gegenstandes gegenüber dem Käufer zu erklären. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder in der Rechnung wird auf den Eigentumsvorbehalt hingewiesen. 2.5.3.2.1 Einfacher Eigentumsvorbehalt Gegenstand des einfachen Eigentumsvorbehalts ist nur die gelieferte Sache. Kommt der Käufer seiner Zahlungsverpflichtung nicht nach, kann der Gläubiger auf Herausgabe der Ware bestehen. Dies setzt jedoch voraus, dass sich die gelieferte Ware noch im Besitz des Schuldners befindet. Der Gläubiger kann die zurückgenommene Ware veräußern und eventuelle Mindererlöse von dem Schuldner einfordern. Hat der Käufer die Ware bereits weiterverkauft, macht er sich der Unterschlagung (§ 246 BGB) strafbar. Der Abnehmer dieser Ware ist – im Falle des gutgläubigen Erwerbs (§ 932 BGB) – Eigentümer geworden. Der Erwerb ist gutgläubig, wenn der Dritte (Käufer) nicht wusste und nicht wissen konnte, dass der Verkäufer nicht Eigentümer der verkauften Sache ist. Der gutgläubige Erwerb des Eigentums an einer Sache befreit den Veräußerer dieser Sache nicht von der Zahlung der geschuldeten Summe. Der erste Verkäufer hat aber das Eigentumsrecht verloren und damit die Möglichkeit, im Falle der Insolvenz seines Abnehmers die gelieferten Gegenstände aus der Masse auszusondern.
Einfacher Eigentumsvorbehalt § 455 BGB
Abb. 69:
Erweiteter Eigentumsvorbehalt
Verlängerter Eigentumsvorbehalt
Ausprägungsformen des Eigentumsvorbehalts
Beispiel: Auszug aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der DMW AG (…) 5.
Die Waren, einschließlich des Naturalrabatts, bleiben unser Eigentum bis zur vollen Bezahlung sämtlicher, auch der zukünftigen Forderungen unserer Firma gegen den Käufer aus der Geschäftsverbindung. Der Käufer darf zwar über die Ware im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsganges verfügen, sie jedoch weder verpfänden noch sicherheitsübereignen. Die Forderungen des Käufers aus dem Weiterverkauf der Waren werden bereits jetzt an uns zur Sicherheit abgetreten. Für den Fall, dass die Waren vom Käufer zusammen mit anderen, uns nicht gehörenden Waren weiterverkauft werden, gilt die Abtretung der Kaufpreisforderung nur in Höhe des Verkaufswertes unserer Waren aus dem Weiterverkauf. Wir verpflichten uns, diejenigen Sicherheiten freizugeben, die den Wert der zu sichernden Forderungen um mehr als 25 Prozent übersteigen. Der Käufer ist zur Einziehung der Forderungen aus dem Weiterverkauf widerruflich ermächtigt. Auf unser Verlangen hin hat der Käufer uns die Schuldner der abgetretenen Forderungen mitzuteilen und den Schuldnern die Abtretung anzuzeigen. (…)
2.
Finanzierungsentscheidungen
2.5.3.2.2 Erweiterter Eigentumsvorbehalt Der erweiterte Eigentumsvorbehalt bezieht sich auf alle anderen Forderungen, die der Verkäufer gegenüber dem Käufer besitzt. Mit der Zahlung des Kaufpreises für die gelieferte Sache erlischt der Vorbehalt nicht. Erst wenn alle Ansprüche aus der Geschäftsbeziehung befriedigt sind, verliert der Eigentumsvorbehalt seine Wirkung.
203
§455 BGB (Eigentumsvorbehalt) Hat sich der Verkäufer einer beweglichen Sache das Eigentum bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Übertragung des Eigentums unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises erfolgt und dass der Verkäufer zum Rücktritte von dem Vertrage berechtigt ist, wenn der Käufer mit der Zahlung in Verzug kommt.
2.5.3.2.3 Verlängerter Eigentumsvorbehalt Sicherungsvertrag
Mit dem verlängerten Eigentumsvorbehalt wird dem Käufer das Recht zugestanden, die Sache trotz Vorbehalts an Dritte weiterzuveräußern. Der Veräußerer tritt die Forderungen aus dem Weiterverkauf der Sache an den ursprünglichen Lieferanten ab. Er erwirbt ein Miteigentum an der neu hergestellten Sache. Um einen weitergeleiteten Eigentumsvorbehalt handelt es sich, wenn der Käufer der Sache verpflichtet wird, diese nur unter Eigentumsvorbehalt weiter zu veräußern. Der ursprüngliche Verkäufer bleibt weiterhin Eigentümer. Er kann sich bei Forderungsausfall unmittelbar in den Besitz der Sache bringen. 2.5.3.3
Sicherungsübereignung
Der Schuldner (Sicherungsgeber) übereignet sein Eigentum an beweglichen Sachen dem Gläubiger (Sicherungsnehmer). Mit dieser Übertragung werden dessen Forderungen gegenüber dem Schuldner abgesichert. Wie der Eigentumsvorbehalt gehört die Sicherungsübereignung zur dinglichen Kreditsicherung. Für die Dauer der Sicherungsübereignung erhält der Gläubiger das Eigentumsrecht an der übereigneten Sache übertragen. Er kann das Eigentumsrecht aber nur dann verwerten und auf Herausgabe des übereigneten Gegenstandes bestehen, wenn der Schuldner in Zahlungsverzug gerät.
Besitzkonstitut
SN
SG
Eigentumsübereignung
Rückübertragung bei Fortfall der Verbindlichkeit SN = Sicherungsnehmer; SG = Sicherungsge
Abb. 70:
Sicherungsübereignung
Beispiel: K. kauft von B eine bewegliche Sache unter Eigentumsvorbehalt. K. verkauft die Sache an C unter Eigentumsvorbehalt weiter. K. zahlt nicht und verweist auf C. Der verweigert die Zahlung. an K. mit der Begründung, dass dieser gar nicht Eigentümer der Sache ist, und lehnt eine Zahlung an B. ab. Wie sich herausstellt, ist B. ein Dieb, der nie Eigentum an einer gestohlenen Sache erwerben kann. Somit sind alle Geschäftsbeziehungen nichtig.
204
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Während der Dauer der Übereignung verbleibt die Sache im Besitz des Sicherungsgebers. Er hat diesen Besitz treuhänderisch zu verwalten (Besitzkonstitut) und darf ihn nicht anderweitig belasten. Das Unternehmen erwirbt eine Maschine mit dem Investitionskredit und übereignet diese an die kreditgewährende Bank. Der Sicherungsgeber kann die Maschine weiterhin nutzen. In dem Sicherungsvertrag ist die übereignete Sache zu individualisieren; sie muss genau bezeichnet sein (z. B. Fahrzeug, Warenbestand). Sicherungsgegenstand kann auch ein Warenlager sein. Weil der Lagerbestand ständigen Veränderungen unterworfen ist, wird in der Praxis das gesamte Warenlager übereignet. Somit unterliegen auch die Zukäufe der Sicherungsübereignung. Problematisch kann die Sicherungsübereignung eines Warenlagers werden, wenn •
angelieferte Waren einem Eigentumsvorbehalt unterliegen. Die Ansprüche des Sicherungsgebers kollidieren in diesem Fall mit denen des Lieferanten
•
durch Warenzukäufe der Lagerbestandswert den gewährten Kreditbetrag überschreitet.
Hat der Sicherungsgeber seine Verbindlichkeiten beglichen, wird das Eigentum an ihn rückübertragen. Die Sicherungsübereignung ist in ihrem Wesen mit dem Pfandrecht (vgl. Abschnitt 2.5.3.4) zu vergleichen. Der Unterschied ist in der Regelung zu sehen, dass der sicherungsübereignete Gegenstand nicht von dem Sicherungsnehmer verwahrt wird, was besagt, dass der Gegenstand im Besitz des Schuldners bleibt, damit er ihn benutzen kann.
Zwischen der Firma Tachometer GmbH, Bremerhaven (nachstehend Firma genannt) und der Industriekreditbank AG, Oldenburg wird folgender Vertrag abgeschlossen: 1. Sicherungszweck, Sicherungsgut und seine Bewertung, Sicherungsgebiete a) Zur Sicherung aller gegenwärtigen und künftigen, auch befristeten, Ansprüche der Bank gegen die Firma in ihrer jetzigen Rechtsform wird die Firma der Bank laufend Sicherheiten bis zur Höhe von 2,5 Mio. EURO verschaffen. Der Wert der Sicherheiten muss stets der gesondert vereinbarten Mindestdeckung entsprechen. b) Bei der Bewertung der Sicherheiten ist für das maschinelle Anlagevermögen der Buchwert, für Rohstoffe der Einkaufspreis, für Halberzeugnisse und Fertigwaren der Herstellungspreis, höchstens aber der niedrigere Marktpreis anzusetzen. Wird der Wert der Sicherheiten beeinträchtigt, so ist der geringere Zeitwert anzusetzen. Noch nicht bezahlte Restkaufpreise sind abzusetzen. c) Als Sicherheiten dienen – die maschinellen Anlagen der Fabrikationsstätten – sämtliche Bestände der Firma an Halberzeugnissen und Fertigwaren. An den als Sicherheit dienenden Gegenständen überträgt die Firma der Bank die Rechte, die ihr selbst zustehen. So weit die Firma Eigentümerin oder Miteigentümerin der Gegenstände ist, geht das Eigentum oder das Miteigentum mit Abschluss des Vertrages auf die Bank über. 2. Verarbeitungsbefugnis Die Bank gestattet der Firma vorbehaltlich eines jederzeitigen Widerrufs, das zur Verarbeitung bestimmte Sicherungsgut aus den Sicherungsgebieten zu entnehmen, in ihrem eigenen Betriebe zu verarbeiten oder in anderen verarbeiten zu lassen. 3. Verkaufsbefugnis Die Firma ist befugt, das Sicherungsgut in ihrem eigenen Namen im ordnungsmäßigen Geschäftsbetrieb – so weit es sich um Fertigwaren handelt – zu den üblichen Preisen zu verkaufen und an die Käufer auszuliefern. Die Bank ist zum Widerruf berechtigt. Anstelle der verkauften Sicherungsgüter gehen die Forderungen hieraus auf die Bank über (Zession), es sei denn, dass neue Sicherungsgüter auf die Bank übertragen werden. Harmgardt, W./Tiedtke, J.: Investition und Finanzierung, Bad Harzburg 1992
Abb. 71:
Original-Sicherungsvertrag
2.
Finanzierungsentscheidungen
2.5.3.4
205
Pfandrecht
Pfandrecht
Das Pfandrecht gehört zu den dinglichen Sicherungsrechten. Voraussetzung ist, dass eine Forderung des Gläubigers (Pfandnehmers) gegenüber dem Schuldner (Pfandgeber) besteht. Zur Besicherung dieser Forderung wird das Pfand an den Pfandnehmer übergeben.
Pfandnehmer (Gläubiger)
Pfandgeber (Schuldner)
(Gesetzliche Grundlagen: §§356, 366–368, 397–399 und §§1204–1296 BGB)
Rechte Wertpapiere Edelmetalle
Immobilien
Befindet sich das Pfand bereits im Besitz eines Dritten, wird das Pfand übergeben, indem der Herausgabeanspruch an den Pfandnehmer abgetreten wird. Dem aktuellen Besitzer wird die Abtretung mitgeteilt.
Grundpfandrechte
Pfandgegenstände können sein: •
Rechte (wie z. B. Forderungen aus einer gelieferten Ware)
•
Wertpapiere als
•
–
Inhaberpapiere durch Übergabe
–
Orderpapiere durch Indossament
Lebensversicherungsverträge bis zu einem bestimmten Prozentsatz ihres Rückkaufwertes
•
Edelmetalle
•
Immobilien.
Kann der Pfandgeber das Pfand nicht einlösen, erfolgt dessen Verwertung durch öffentliche Versteigerung oder (bei Rechten) durch Zwangsvollstreckung. Wertpapiere werden an der Börse zum aktuellen Börsenkurs verkauft. 2.5.3.4.1 Grundpfandrechte Kredite werden auch durch Belastung eines Grundstücks (Grundpfandrecht) abgesichert. Es sichert dem Gläubiger das Recht, den Gegenwert der fälligen, aber nicht beglichenen Forderung aus der Zwangsvollstreckung der Immobilie zu ziehen.
Hypothek
Abb. 72:
Rentenschuld
Grundschuld
Arten des Pfandrechts
§ 1204 BGB (Pfandrecht, Begriff) (1) Eine bewegliche Sache kann zur Sicherung einer Forderung in der Weise belastet werden, dass der Gläubiger berechtigt ist, Befriedigung aus der Sache zu suchen. (2) Das Pfandrecht kann auch für eine künftige oder eine bedingte Forderung bestellt werden. § 1205 BGB (Bestellung durch Einigung und Übergabe) (1) Zur Bestellung des Pfandrechts ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Gläubiger übergibt und sich beide darüber einig sind, dass dem Gläubiger das Pfandrecht zustehen soll. Ist der Gläubiger im Besitze der Sache, so genügt die Einigung über die Entstehung des Pfandrechts.
206
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Belastungen des Grundstücks werden im Grundbuch eingetragen. Das Grundbuch ist ein öffentliches Verzeichnis, das die Eigentumsverhältnisse an einer Immobilie dokumentiert. Es wird im Grundbuchamt des Amtsgerichtes geführt und genießt öffentlichen Glauben: Ist für jemanden ein Recht an der Immobilie eingetragen, so wird vermutet, dass ihm dieses Recht auch zusteht (§891 BGB). 2.5.3.4.2 Hypothek
Deutscher Hypothekenbrief über 100000 Deutsche Mark eingetragen im Grundbuch von Sigmaringen (Amtsgericht Sigmaringen) Band 3 Blatt 82 Abteilung III Nr. 3 (drei). Inhalt der Eintragung Nr. 3: 100000 (einhunderttausend) Deutsche Mark Kaufpreisforderung mit 7 vom Hundert jährlich verzinslich für Josefine Klein in Sigmaringen, geboren am 29. Oktober 1950. Unter Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung vom 20. Oktober 2002 eingetragen am 10. Januar 1996.
Mit einer Hypothek wird ein Grundstück belastet (vgl. §1113 BGB). Der Gläubiger ist berechtigt, für eine Forderung eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstück zu erlangen. Zwischen der Höhe der Forderung und dem Umfang der eingetragenen Hypothek muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen.
Belastetes Grundstück
Das Gesetz sieht als Regelfall der Übertragung die Briefhypothek vor (vgl. §1116 BGB). Über den Hypothekeneintrag wird von dem Grundbuchamt eine bestätigende Urkunde (Hypothekenbrief) ausgefertigt. Der Grundstückseigentümer reicht diesen Hypothekenbrief an den Gläubiger weiter. Die Übertragung der Hypothek auf einen Dritten erfolgt durch Abtretungserklärung und Übergabe des Hypothekenbriefes.
Erläuterungen zum Grundbuchauszug:
Wird die Hypothek als Buchhypothek gewährt, so wird diese nur in das Grundbuch eingetragen. Bei einem Gläubigerwechsel wird die Buchhypothek durch Umschreibung im Grundbuch übertragen.
Abteilung III Ausweis der Hypotheken, Grund- und Rentenschulden
Nachdem die Forderung beglichen worden ist, geht die Hypothek auf den Grundstückseigentümer über. Sie wird zur Eigentümergrundschuld, sofern der Eigentümer die Löschung des Hypothekeneintrages nicht beantragt.
Aufgaben
Der Betrag, den ein Gläubiger für eine Hypothek bezahlt, ist immer geringer als der tatsächliche Wert des Grundstückes, womit der Gläubiger sein Risiko verringert.
Das im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs unter Nr. 1 verzeichnete Grundstück. Sigmaringen, den 11. Januar 2003 richt Siegel
Amtsge-
(Unterschriften)
Bestandsverzeichnis Gibt Auskunft über Lage, Größe und Art des Grundstücks Abteilung I Darstellung der Eigentumsverhältnisse Abteilung II Ausweis der Belastungen und Beschränkungen mit Ausnahme der Grundpfandrechte
Abb. 73:
Hypothekenbrief
62. Worin sehen Sie den Vorteil der Briefhypothek gegenüber der Buchhypothek? 63. Welche Art von Forderungen werden durch Grundpfandrechte abgesichert? 64. Durch welches Merkmal unterscheidet sich die Sicherungshypothek von der Verkehrshypothek? 65. Überlegen Sie, für welche Zwecke eine Sicherungshypothek eingetragen wird!
2.
Finanzierungsentscheidungen
Im Normalfall wird die Buch- oder Briefhypothek als Verkehrshypothek eingetragen. Die Verbindlichkeit wird als feststehender Betrag in das Grundbuch eingetragen, d. h., der Gläubiger kann sein Pfandrecht in Anspruch nehmen, ohne die Höhe der Forderung nachweisen zu müssen. Im Gegensatz hierzu steht die Sicherungshypothek. Sie kann nach § 1184 BGB „in der Weise bestellt werden, dass sich das Recht des Gläubigers aus der Hypothek nur nach der Forderung bestimmt und sich der Gläubiger zum Beweise der Forderung nicht auf die Eintragung berufen kann. Die Hypothek muss im Grundbuch als Sicherungshypothek bezeichnet werden“. 2.5.3.4.3 Grundschuld Die Grundschuld ist im Gegensatz zur Hypothek unabhängig von einer bestehenden Forderung zu sehen. Mit der Grundschuld wird ein Grundstück belastet, aus dem eine bestimmte Geldsumme an denjenigen zu zahlen ist, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgte (§1191 BGB). 2.5.3.4.4 Rentenschuld Die Rentenschuld ist mit der Grundschuld vergleichbar, weil auch sie unabhängig von einer bestehenden Forderung bestellt werden kann. Sie unterscheidet sich von der Grundschuld, weil in regelmäßig wiederkehrenden Raten eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstück zu leisten ist. Der Schuldner kann die Rentenschuld jederzeit durch Zahlung einer Ablösesumme kündigen. Die Ablösesumme muss bei der Bestellung der Grundschuld in das Grundbuch eingetragen werden.
207
§ 1113 BGB (Hypothek, Begriff) (1) Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, dass an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, eine bestimmte Geldsumme zur Befriedigung wegen einer ihm zustehenden Forderung aus dem Grundstück zu zahlen ist. § 1115 BGB (Inhalt der Eintragung) (1) Bei der Eintragung der Hypothek müssen der Gläubiger, der Geldbetrag der Forderung und, wenn die Forderung verzinslich ist, der Zinssatz, wenn andere Nebenleistungen zu entrichten sind, ihr Geldbetrag im Grundbuch angegeben werden; im Übrigen kann zur Bezeichnung der Forderung auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. § 1116 BGB (Briefhypothek) (1) Über die Hypothek wird ein Hypothekenbrief erteilt. (2) (Buchhypothek). Die Erteilung des Briefes kann ausgeschlossen werden. Die Ausschließung kann auch nachträglich erfolgen. Zu der Ausschließung sind die Einigung des Gläubigers und des Eigentümers sowie die Eintragung in das Grundbuch erforderlich; die Vorschriften des § 873 Abs. 2 und der §§ 876, 878 finden entsprechende Anwendung. § 1191 BGB (Grundschuld, Begriff) (1) Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, dass an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstück zu zahlen ist. (2) Die Belastung kann auch in der Weise erfolgen, dass Zinsen von der Geldsumme sowie andere Nebenleistungen aus dem Grundstücke zu entrichten sind.
208
2.5.3.5
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Abtretung von Forderungen und Rechten (Zession)
Mit der Forderungsabtretung (Zession) tritt der Schuldner (Zedent) seine Forderungen aus Lieferungen und Leistungen oder Rechten an den Gläubiger (Zessionar) ab. Gerät der Schuldner mit seinen Tilgungs- und Zinsleistungen in Verzug, hat der Zessionar das Recht, Außenstände des Zedenten einzuziehen. Es wird zwischen offener und stiller Zession unterschieden.
Abtretung von Forderungen/ Rechten (Zession)
Schuldner (Zedent)
Gläubiger (Zessionar) Forderungen und/oder Rechte
2.5.3.5.1 Offene Zession Zedent und Zessionar vereinbaren, dass die Abtretung von Forderungen und/oder Rechten dem zahlungspflichtigen Kunden (Drittschuldner) des Zedenten angezeigt wird. Sobald der Drittschuldner Kenntnis von der Abtretung erhalten hat, muss er alle Zahlungen direkt an den neuen Gläubiger (Zessionar) leisten.
an den Zedenten (stille Zession)
Abb. 74:
Drittschuldner leistet Zahlungen
an den Zedenten (stille Zession)
Die Zession
2.5.3.5.2 Stille Zession Dem bisherigen Gläubiger und Zedenten kann wenig daran gelegen sein, dass seinem Kunden die Forderungsabtretung angezeigt wird, da dieser Rückschlüsse auf die Kreditwürdigkeit seines Gläubigers ziehen könnte. Erscheint der Zedent kreditwürdig genug, wird zwischen ihm und dem Kreditgeber eine stille Zession vereinbart.
Umfang der Zession
Einzelzession
Mantelzession
Globalzession
Der Drittschuldner wird weiterhin seine Zahlungen an den Gläubiger leisten. Dieser leitet die Zahlungseingänge an den Zessionar weiter, um seinen Kredit zu tilgen.
Einzelzession: Eine einzelne, genau umrissene Forderung wird abgetreten.
Die stille Zession wird in eine offene umgewandelt, wenn der Zedent seine Forderungen nicht oder nicht rechtzeitig eintreibt.
Mantelzession: Vereinbarung eines Gesamtwertes der abgetretenen Forderung während der Laufzeit des Kredits (absolut oder in Relation zum Kreditvolumen)
Aus der Sicht des Kreditgebers (Zessionars) ist die Abtretung deshalb von Bedeutung, weil die kurzfristigen Forderungen, mit denen der Kredit abgesichert wird, eine stärkere Liquiditätsnähe besitzen als Gegenstände des Anlage- oder Teile des Umlaufvermögens.
Globalzession: Abtretung aller bestehenden und zukünftigen Forderungen während der Laufzeit des Kredits.
Abb. 75:
Umfang der Zession
2.
Finanzierungsentscheidungen
Wie die Praxis zeigt, ist die Abtretung von Forderungen und Rechten nicht unproblematisch: Der Drittschuldner kann Einreden gegen den Anspruch geltend machen, oder der Zedent hat die gleichen Ansprüche an einen weiteren Zessionar abgetreten. Meistens wird eine Mantelzession vereinbart. Bei ihr muss der Zedent immer neue Forderungen bereitstellen, wenn Kunden ihre Schuld beim Zedenten beglichen haben.
209
Aufgabe 66. Die Tachometer GmbH erwirbt eine Kunststoffpresse, deren Anschaffung über ein Bankdarlehen finanziert werden soll. Entscheiden und begründen Sie, ob die kreditgewährende Bank ihren Kredit im Wege der Sicherungsübereignung oder der Forderungsabtretung (Zession) absichern wird!
Zusammenfassung 1. 2.
3.
4.
Kredite werden in aller Regel nur gegen Stellung von Sicherheiten gewährt. Nach der Art der Sicherheit wird in Personalkredite und in dinglich gesicherte (Real-) kredite unterschieden: • Um Personalkredite handelt es sich, wenn neben dem Schuldner weitere Personen für die Verbindlichkeit haften. • Realkredite werden durch Vermögensgegenstände materieller und immaterieller Art gesichert. Die Bürgschaft gehört zu den Kreditsicherheiten, die durch eine Person mit ihrem Vermögen gegeben wird: • Die Bürgschaft bezieht sich nur auf die Verbindlichkeit aus der Hauptforderung. • Der Bürgschaftsvertrag wird zwischen Gläubiger und Bürgen geschlossen. • Mit einer Ausfallbürgschaft übernimmt der Bürge die Haftung für den Teil der verbürgten Schuld, die durch den Schuldner nach erfolgten Vollstreckungsmaßnahmen nicht abgetragen werden konnte. • Mit einer selbstschuldnerischen Bürgschaft ist der Bürge dem Hauptschuldner gleichgestellt. Für Zahlungsausfälle des Hauptschuldners haftet der Bürge uneingeschränkt (im Rahmen der übernommenen Bürgschaft). Zu den dinglichen Kreditsicherheiten zählen: • der Eigentumsvorbehalt des Lieferanten: Der Verkäufer behält sich so lange sein Eigentum an der gelieferten Ware vor, bis der Kaufpreis von dem Käufer gezahlt wurde • die Sicherungsübereignung von beweglichen Sachen: Zur Kreditabsicherung wird dem Kreditgeber das Eigentum an einer beweglichen Sache übereignet. Der übereignete Gegenstand verbleibt weiterhin im Besitz des Kreditnehmers • die Abtretung von Forderungen und Rechten (Zession): Der Kreditnehmer tritt seine Ansprüche aus Forderungen und Rechten an den Gläubiger entweder in Form der stillen oder offenen Zession ab • das Pfandrecht an beweglichen Sachen: Wertgegenstände (Wertpapiere, Edelmetalle, Forderungen und Rechte) händigt der Kreditnehmer dem Gläubiger als Pfand aus • das Pfandrecht an unbeweglichen Sachen: Immobilien können durch Eintragung von Hypotheken und Grundschulden in das Grundbuch beliehen werden. • Bei der Hypothek besteht zwischen der Höhe der Forderung und der eingetragenen Hypothek ein unmittelbarer Zusammenhang. • Mit einer Grundschuld wird ein Grundstück belastet, wenn die Belastung unabhängig von einer Forderung besteht.
210
2.6
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Leasing – eine Sonderform der Finanzierung
Unter Leasing (engl. to lease = mieten) wird die mittel- bis langfristige Vermietung (Gebrauchsüberlassung) von Wirtschaftsgütern gegen Entgelt verstanden. Vermieter (Leasinggeber) kann der Hersteller dieser Güter oder eine Leasinggesellschaft sein. Mieter oder Pächter (Leasingnehmer) sind Unternehmen, private und öffentliche Haushalte.
Leasing: Von der Schreibmaschine bis zum Großkraftwerk*
2.6.1 Erscheinungsformen des Leasing
Mit ihren raschen Marktanteilsgewinnen und einer Produktpalette, die von der elektronischen Schreibmaschine bis hin zum Großkraftwerk reicht, erarbeiteten sich die Leasinggesellschaften das Image, dynamisch, kreativ und modern zu sein. Sie hatten jenseits des Bankkredits das erfolgreichste Finanzierungsprodukt für Unternehmen geschaffen …
Das Leasinggeschäft hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einem bedeutenden Faktor unternehmerischer Investitionsentscheidungen und Finanzierungsüberlegungen entwickelt. Die Bandbreite der Leasingvarianten reicht von der Miete eines Transportfahrzeuges, um kurzfristig auftretende Kapazitätsengpässe auszugleichen, bis zum Verkauf unternehmenseigener Immobilien an eine Leasinggesellschaft, um diese Anlagegegenstände von dem Leasinggeber zurückzumieten (Sale-lease-back). Einen Überblick über einige Erscheinungsformen des Leasinggeschäfts vermittelt die Abbildung 77. Der Leasingvertrag kann auf unterschiedliche Art zustande kommen:
Wie Umfragen des Ifo-Instituts zeigten, schließen rund 60% der Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe mindestens einen Leasingvertrag pro Jahr. Von den außenfinanzierten Investitionen des Verarbeitenden Gewerbes bestreiten die Leasinggesellschaften rund 44% …
Wie die Ergebnisse der jüngsten Leasingumfrage des Ifo-Instituts zeigen, dürften die Leasinggesellschaften im vergangenen Jahr 55,1 Mrd. EURO investiert und damit die Leasingquote von 10,5 auf 10,7% erhöht haben, da der Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Anlageinvestitionen ohne den Wohnungsbau auf knapp 4% veranschlagt wird. * Städtler, A.: Die wachstumsstarke Leasingbranche wird von der Rezession nicht verschont, in: Handelsblatt
•
Tritt der Hersteller als Leasinggeber auf, so wird dieser Vorgang als Herstelleroder direktes Leasing bezeichnet.
Abb. 76:
•
Von indirektem Leasing ist die Rede, wenn spezielle Leasinggesellschaften eingeschaltet werden.
Aufgabe
Pressebericht
67. Besorgen Sie sich einmal Leasingunterlagen vom Kraftfahrzeughandel, und studieren Sie diese!
2.
Finanzierungsentscheidungen
direktes Leasing
indirektes Leasing
Hersteller
Leasinggesellschaft
Leasinggeber
211
KonsumgüterLeasing
InvestitionsgüterLeasing
AnlagenLeasing
Leasinggut
EinzelgüterLeasing
Leasingumfang
Arten des Leasing
Leasingdauer kurzfristig
langfristig
Operate Leasing
FinanceLeasing
Abb. 77:
Art des Leasinggutes
MobilienLeasing
Einzelgüter- oder Equipment-Leasing Objekte des Leasingvertrages sind Ausrüstungsgegenstände, wie z. B. Werkzeug- oder Büromaschinen, Datenverarbeitungsanlagen und Fahrzeuge und
•
VollamortisationsLeasing
TeilamortisationsLeasing
Wesentliche Erscheinungsformen des Leasingvertrages
Nach dem Leasingumfang, der Anzahl der vermieteten Gegenstände, ist zu unterscheiden zwischen dem •
ImmobilienLeasing
Zahlungsvereinbarung
Ausgewählte Begriffe zum Leasing-Vertrag AfA = Absetzung für Abnutzung Abschreibung als steuerrechtlicher Begriff. Die Höhe des AfA-Satzes hängt von der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer ab. Das Wirtschaftsgut wird linear abgeschrieben, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsgutes jährlich um einen gleich bleibenden Satz vermindert werden.
Anlagen- oder Plant-Leasing Vermietet werden u.a. Verwaltungsgebäude, Fabrikationsanlagen, komplette Büro- und Geschäftsausstattungen. Die Leasingverträge weisen oftmals Laufzeiten von bis zu 30 Jahren auf.
AfA-Tabelle enthält die in der Finanzverwaltung verwendeten betriebsgewöhnlichen Nutzungszeiten der abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens.
212
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Je nach Laufzeit des Leasingvertrages handelt es sich um •
•
Operate-Leasing, wenn die Laufzeit des Vertrages kürzer ist als die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Leasinggegenstandes. Der Leasingvertrag ist mit einem Mietvertrag zu vergleichen, der die Kündigung durch den Leasingnehmer vorsieht. Mit Ablauf des Leasingvertrages gehen die Gegenstände in die Verfügungsgewalt des Leasinggebers über, der sie entweder wieder vermietet oder verkauft Finance- oder Finanzierungs-Leasing, wenn der Leasingvertrag eine längere Laufzeit aufweist und während eines bestimmten Zeitraums (Grundmietzeit) nicht gekündigt werden kann.
2.6.2 Zum Finanzierungs-Leasing Während der von beiden Seiten unkündbaren Grundmietzeit trägt der Leasingnehmer alle Risiken, die sich aus der Nutzung des Leasingobjektes ergeben. Hierunter fällt auch das Risiko des zufälligen Untergangs, also der Zerstörung während der Mietzeit. Die Kosten für Versicherungsprämien, mit denen Risiken abgedeckt werden, sind von dem Leasingnehmer zu tragen. Die noch ausstehenden Mietbeträge für die Restlaufzeit des Vertrages sowie die Rückgabe des Gegenstandes werden gefordert, wenn der Leasingnehmer mit der Mietzahlung im Rückstand bleibt. Vielfach wird das Finanzierungs-Leasing als eine Alternative zum fremdfinanzierten Kauf von Investitionsgütern betrachtet, wobei die Finanzierung der Investition beim indirekten Leasing durch eine Leasinggesellschaft vorgenommen wird.
AfA-Zeit ist die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer, die bei der Berechnung des jährlichen Abschreibungsaufwandes zugrunde gelegt wird. Eigentümer des Leasinggutes Es ist zwischen dem juristischen und dem wirtschaftlichen Eigentümer zu unterscheiden. Juristischer Eigentümer (§903 BGB) ist regelmäßig der Leasinggeber; der Leasingnehmer ist der wirtschaftliche Eigentümer, der während der Laufzeit des Leasingvertrages die vertragsgemäße Verfügungsgewalt über den geleasten Gegenstand besitzt. Grundmietzeit Unkündbare Laufzeit des Vertrages, die mindestens 40% und maximal 90% der betriebsgewöhnlichen Nutzungszeit betragen muss, damit der Leasinggegenstand dem Leasinggeber zuzurechnen ist. Vollamortisationsvertrag Der Leasingvertrag muss eine unkündbare Grundmietzeit aufweisen. Die Leasingraten, die der Leasingnehmer während der Grundmietzeit zu entrichten hat, müssen mindestens die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie alle Nebenkosten einschließlich der Finanzierungskosten des Leasinggebers decken. Dem Leasingnehmer kann bei Vertragsabschluss eine Kauf- oder Mietverlängerungsoption zugestanden werden. Bei einer Kaufoption muss der Kaufpreis so bemessen sein, dass dieser dem Restbuchwert oder dem niedrigeren erzielbaren Marktpreis entspricht. Bei einer Mietoption muss die Summe der Verlängerungsmieten den Restbuchwert decken.
2.
Finanzierungsentscheidungen
2.6.2.1
Entstehung des Vertragsverhältnisses
Um zum Abschluss eines Leasingvertrages zu gelangen, wählt der Investor das gewünschte Investitionsgut aus und stellt einen Leasingantrag an die Leasinggesellschaft. Die Leasinggesellschaft prüft die Angebots- oder Bestellunterlagen zusammen mit der Bonität des künftigen Leasingnehmers und sagt die Annahme des Leasingvertrages zu. Die Leasinggesellschaft erteilt dem Lieferanten, der von dem künftigen Leasingnehmer bestimmt wurde, den Auftrag, den gewünschten Gegenstand an den Leasingnehmer zu liefern. Die Lieferantenrechnung wird von der Leasinggesellschaft beglichen. Mit der Übertragung des Leasinggegenstandes in die Verfügungsgewalt des Leasingnehmers tritt der Leasinggeber die Gewährleistungsansprüche an den Leasingnehmer ab. 2.6.2.2
Arten der Vertragsgestaltung
Die Leasingraten werden von dem Leasinggeber so kalkuliert, dass sie •
die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie
•
alle Nebenkosten einschließlich Finanzierungskosten
•
und einen kalkulierten Gewinn
während der Grundmietzeit vollständig (Vollamortisations-Leasing) oder überwiegend (Teilamortisations-Leasing) decken. Von der Ausgestaltung des Leasingvertrages hängt es im Einzelfall ab, ob der Gegenstand beim Leasinggeber oder -nehmer zu bilanzieren ist. Wird der Leasinggegenstand beim Leasinggeber bilanziert, gehören die Leasingraten zu den Betriebsausgaben des Leasingnehmers, die dessen zu versteuernden Gewinn mindern. Der Leasinggeber hingegen schreibt das vermietete Objekt ab. Voraussetzung für diese (ertragssteuerlich wirksame) Zuordnung des Leasingobjektes ist, dass der Leasingvertrag
213 Investor (Leasingnehmer)
Lieferung
Leasinggesellschaft
Rechnung
Bestellung
Lieferant des Investitionsgutes
Abb. 78:
Indirektes FinanzierungsLeasing
Aufgabe 68. Die Tachometer GmbH beabsichtigt, ihr Verwaltungsgebäude einschließlich des Grundstücks an eine Leasinggesellschaft zu veräußern, um es anschließend für die Dauer von 30 Jahren von dieser anzumieten (Sale-lease-back-Methode). Der Buchwert des Gebäudes ist geringer als sein Verkehrswert. Die Immobilie ist noch teilweise mit einer Hypothek belastet. a)
Erläutern Sie, wie sich der Verkauf der Immobilie auf der Aktiv- und Passivseite der Bilanz auswirkt!
b) Welche Gründe werden die GmbH bewogen haben, das Grundstück an eine Leasinggesellschaft zu verkaufen? c)
Welche Überlegungen wird der Leasinggeber anstellen, bevor er das Verwaltungsgebäude erwirbt?
d) Wie wirkt sich der Verkauf der Immobilie auf die Eigenkapitalrentabilität aus? e)
Ziehen Sie Abb. 77 (Seite 211) zur Lösung hinzu. Um welche Art von Leasing handelt es sich in diesem Fall.
214
•
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
eine unkündbare Grundmietzeit aufweist, die mindestens 40 und höchstens 90 Prozent der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer aufweist und der Leasinggeber am Ende der vertraglich vereinbarten Laufzeit an möglichen Wertveränderungen des Gegenstandes partizipiert1.
Gestaltung des Leasingvertrages und dessen Auswirkung auf die Zurechnung des Leasinggegenstandes beim Leasinggeber oder -nehmer
Grundmietzeit > 40 % und < 90 % der Nutzungsdauer
2.6.2.2.1 Ausgestaltung des Leasingvertrages
ohne Kaufoption oder
Es ist zwischen Vertragsarten zu unterscheiden, die am Ende der Laufzeit dem Leasingnehmer •
kein Optionsrecht
•
eine Kaufoption
•
eine Option auf Verlängerung Leasingvertrages (Mietoption)
+ Kaufoption: Bedingung: Kaufpreis mind. Restbuchwert
oder Mietoption: Bedingung: Summe der Leasingraten mind. Restbuchwert
des
einräumen. 2.6.2.2.2 Leasingvertrag ohne Optionsrecht Enthält der Leasingvertrag keine Kaufoption oder Option auf Verlängerung des Vertragsverhältnisses und beträgt die Grundmietzeit mindestens 40 % und höchstens 90 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Leasinggegenstandes, so ist der Gegenstand dem Leasinggeber zuzurechnen.
1
Das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 26. Januar 1970 zur steuerlichen Behandlung von so genannten Finanzierungsleasing-Verträgen wurde in mehreren Schreiben des Bundesministers der Finanzen konkretisiert: (1) BdF-Schreiben vom 19. April 1971 – Mobilien-Erlass – IVB/2-S2170-31/71 (2) BdF-Schreiben vom 21. März 1972 – Immobilien-Leasing-Erlass – IV B2S2170-11/2 (3) BdF-Schreiben vom 22. Dezember 1975 – Teilamortisationserlass – IV B2S2170-161/75 (4) BdF-Schreiben vom 23. Dezember 1991 – IV B2-S2170 -15/91
Bilanzierung des Gegenstandes beim Leasinggeber
Leasingnehmer Leasingraten = (steuermindernde) Betriebsausgaben
Abb. 79:
Folge
Gestaltung des Leasingvertrages
Aufgabe 69. a)
Bei welcher Leasingvariante liegt das Investitionsrisiko beim Leasinggeber?
b) Mit welcher Leasingvariante wird das Investitionsrisiko vom Leasingnehmer getragen? c)
Gesetzt den Fall, die Leasinggesellschaft muss den Gegenstand nach der Mietzeit zurücknehmen und stellt fest, dass der Gegenstand unbrauchbar geworden ist, was wird sie tun? Wenn der Leaser nicht mehr existiert, wie könnte sich der Verleaser absichern bzw. abgesichert haben?
2.
Finanzierungsentscheidungen
2.6.2.2.3 Leasingvertrag mit Kaufoption Der Leasingvertrag sieht vor, dass der Leasingnehmer am Ende der Grundmietzeit den Gegenstand erwerben kann (Kaufoption). Um das Leasingobjekt dem Leasinggeber zuzurechnen, muss •
die Bedingung der Grundmietzeit erfüllt sein und
•
der bei Vertragsabschluss vereinbarte Kaufpreis am Ende der Grundmietzeit mindestens dem Restbuchwert des Leasinggegenstandes entsprechen. Der Restbuchwert wird unter Anwendung der linearen Abschreibung nach der amtlichen AfA-Tabelle ermittelt.
215
Beispiel: In dem Leasingvertrag ist eine Grundmietzeit von 54 Monaten vereinbart worden. Sie umfasst 90% der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 60 Monaten. Für die Kaufoption gilt: Mit Ablauf der Grundmietzeit kann der Leasingnehmer das Wirtschaftsgut zu einem Preis erwerben, der 10% des Anschaffungswertes beträgt. Für die Mietoption gilt: Der Leasingnehmer möchte den Leasingvertrag um 2 Jahre verlängern. Die Leasingrate beträgt demzufolge jährlich 5% des Anschaffungswertes. Liegt der erzielbare Marktpreis unter dem Restbuchwert, ergibt sich ein niedrigerer Kauf- oder Mietpreis.
Liegt der Kaufpreis unter diesem Wertansatz, wird der Leasinggegenstand dem Leasingnehmer zugerechnet.
Beispiel:
2.6.2.2.4 Leasingvertrag mit Verlängerungsoption
Leasingnehmer (LN) und Leasinggeber (LG) vereinbaren (u.a.):
Leasingverträge können auch vorsehen, dass der Leasingnehmer am Ende der Grundmietzeit entscheiden kann, ob er den Vertrag fortsetzen möchte. Der Leasinggegenstand wird regelmäßig dem Leasinggeber zugerechnet, wenn der Vertrag die
Haftung
•
Anforderung an die Grundmietzeit erfüllt und
•
die Summe aller Leasingraten während der Verlängerungszeit den Wertverzehr für den Leasinggegenstand deckt. Der Wertverzehr lässt sich ableiten aus der Restnutzungsdauer und dem nach der amtlichen AfA-Tabelle ermittelten Restbuchwert.
2.6.2.2.5 Vertrag über Spezial-Leasing Unter Spezial-Leasing ist zu verstehen, dass der Anlagegegenstand (z. B. eine komplette Fabrikationsanlage oder ein Großkraftwerk) speziell auf die Belange des Investors zugeschnitten ist und an diesen vermietet wird.
Auszug vertrag
aus
einem
Fahrzeug-Leasing-
Für Untergang, Verlust, Beschädigung und Wertminderung des Fahrzeuges und seiner Ausstattung haftet der LN dem LG auch ohne Verschulden, jedoch nicht bei Verschulden des LG. Wartung und Reparaturen Fällige Wartungsarbeiten hat der LN pünktlich, erforderliche Reparaturen unverzüglich durch einen vom Hersteller anerkannten Betrieb ausführen zu lassen. Abrechnung nach Ablauf der vereinbarten Leasingzeit (1) Bei Beendigung von Verträgen mit Kilometer-Abrechnung durch Ablauf der vereinbarten Leasingzeit werden dem LN bei Über- oder Unterschreitung der vereinbarten Gesamtfahrleistung die gefahrenen Mehr- bzw. Minderkilometer zu den im Leasingantrag genannten Sätzen nachberechnet bzw. vergütet.
216
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
In einem solchen Fall ist der Gegenstand, ohne Rücksicht auf das Verhältnis von Grundmietzeit und Nutzungsdauer sowie auf Optionsklauseln, regelmäßig dem Leasingnehmer zuzurechnen.
2.6.3 Zur betriebswirtschaftlichen Bedeutung des Leasing Der Zwang zur Modernisierung der Produktionsanlagen angesichts der schnellen technischen Entwicklung führt zu erheblichen finanziellen Belastungen. Der Investor muss im Rahmen seiner Finanz- und Investitionsplanung abwägen, ob das Investitionsprojekt als Eigeninvestition oder in Form des direkten oder indirekten Leasing realisiert werden soll.
(2) Bei Beendigung von Verträgen mit Fahrzeug-Abrechnung durch Ablauf der vereinbarten Leasingzeit ist die Differenz zu ermitteln zwischen dem kalkulierten Netto-Rücknahmewert (vereinbarter Mindestwert bei Fahrzeugrücknahme) und dem geschätzten Netto-Händler-Einkaufspreis (Schätzwert) des zurückgegebenen Fahrzeugs. Übersteigt der Schätzwert den kalkulierten Netto-Rücknahmepreis, so erhält der LN 75 % des Mehrbetrages erstattet. Ist der Schätzwert geringer als der kalkulierte Netto-Rücknahmepreis, so hat der LN den entsprechenden Minderbetrag an den LG zu zahlen.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Investor mit der Leasingalternative höhere Kosten zu tragen hat als es bei der Fremdfinanzierung der Fall wäre. Da sich Leasinggesellschaften mit Fremdkapital refinanzieren, berechnen sie die Leasingraten in Anlehnung an den marktüblichen Kapitalmarktzins, beziehen sie anteilig ihre Verwaltungskosten und einen entsprechenden Gewinnzuschlag in die Kalkulation ein.
Ziele aus der Sicht des Leasingnehmers
Entlastung des Eigenkapitals Stabilisierung der Liquiditätslage
Deshalb ist diese Finanzierungs- und Investitionsalternative unter quantitativen (Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen (siehe hierzu Abschnitt 2.1.2) und qualitativen Aspekten zu beurteilen.
Planbare Mietausgaben
Anpassung an technischen Entwicklungsstand
Risiken eines Leasingvertrages
Qualitative Aspekte: 1.
Der Investor kann auf das „Know-how“ des Leasinggebers zurückgreifen, um gerade bei technisch komplexen Investitionsgütern mit dessen Unterstützung die Investitionsplanung an die Entwicklungsmöglichkeiten des Unternehmens anzupassen. Für mittelständische Unternehmen spielt dieser Faktor, der kaum einer monetären Bewertung zugänglich ist, sicherlich eine größere Rolle als in einem Großunternehmen, das auf das Spezialwissen einzelner Mitarbeiter zurückgreifen kann.
Mangelnde Elastizität der Preispolitik Mangelnde Elastizität der Kapazitätsanpassung bei unkündbaren Verträgen Risiko des wirtschaftlichen Umgangs beim LN Bei Zahlungsverzug des LN wird Mietzahlung für Restlaufzeit sofort fällig
Abb. 80:
Ziele und Risiken einer Leasingfinanzierung
2.
2.
Finanzierungsentscheidungen
Das technische „Know-how“ des Leasinggebers kann (möglicherweise) durch Abschluss entsprechender Wartungsverträge für den Leasinggegenstand gezielter eingesetzt werden als es bei eigener oder fremder Wartungsleistung der Fall wäre.
3.
Eigenkapital kann für andere zusätzliche Investitionen genutzt werden.
4.
Der Investor wird zwar in der Realisierungsphase des Investitionsprojektes liquiditätsmäßig entlastet. Über die gesamte Nutzungszeit des Investitionsgutes betrachtet ist der Liquiditätsentzug stärker als bei einer Fremdfinanzierung. Die Leasingkosten sind vielfach höher als die Fremdfinanzierungskosten.
5.
6.
Liquiditätsengpässe können durch die Leasingalternative hervorgerufen werden, wenn konjunkturbedingt die Umsatzerlöse sinken. Während der Grundmietzeit unkündbare Leasingverträge schränken den Handlungsspielraum des Investors ein. Leasingraten sind ausgabewirksame Fixkosten, die den Spielraum in der Preisgestaltung (Preisuntergrenze) stärker einengen als in der etwas günstigeren Kreditfinanzierung. Mit einer Leasingfinanzierung gewinnt der Investor kein wesentlich größeres Fremdfinanzierungspotenzial. Es ist zwar richtig, dass die Eigenkapitaldeckung des Anlagevermögens erhalten bleibt, weil die Leasinggegenstände regelmäßig nicht bilanziert werden und die Kapitalrelationen auf der Passiv-Seite der Bilanz bestehen bleiben. Das Kreditinstitut wird bei einer zusätzlichen Kreditvergabe nicht nur die verschiedenen Bilanzrelationen in seine Kreditwürdigkeitsprüfung einbeziehen, sondern auch die künftige Entwicklung des Cashflow beurteilen. Der Cashflow wird durch ausgabewirksame Leasingraten gemindert.
217
Vertragsarten beim Auto-Leasing für Geschäftskunden Kilometer-Vertrag Bei einem Kilometervertrag wird die Laufleistung des Fahrzeugs durch Vereinbarung einer Kilometerbegrenzung im Leasingvertrag festgelegt. Wird diese innerhalb vereinbarten Freigrenzen über- oder unterschritten, erfolgt eine Nachzahlung bzw. Rückvergütung.
Kilometer-Vertrag mit Kaufoption Auch hier wird zu Vertragsbeginn eine bestimmte Kilometerleistung vereinbart. Am Ende der Vertragslaufzeit bieten sich Ihnen zwei Möglichkeiten: Option 1: Sie erwerben das Fahrzeug in Höhe des zu Vertragsbeginn vereinbarten Kaufpreises. Option 2: Sie gegen das Fahrzeug mit Verrechnung von Mehr- oder Minderkilometer auf Basis eines Rücknahmeprotokolls an uns zurück, und wir kümmern uns um die Verwendung.
Mietkauf Beim Mietkauf steht von vornherein fest, dass der Kunde das Fahrzeug am Ende des Vertrages übernimmt. Mit den Mietraten wird der Anschaffungspreis getilgt. Der Eigentumsübergang erfolgt mit der letzten Rate. Die komplette Umsatzsteuer ist in der Regel mit der ersten Mietrate fällig.
Sale-and-lease-back Grundlage ist ein Kaufvertrag über Ihr Fahrzeug mit anschließendem Leasingvertrag. Diese Form des Leasings ist die ideale Plattform, um einen bestehenden Fahrzeugbestand zu einem bestimmte Stichtag auf Full-Service-Leasing umzustellen.
Abb. 81:
Ein Leasinganbieter stellt sich im Internet vor
Aufgabe 70. a)
Begründen Sie, warum der Investor während der Realisierungsphase des Investitionsprojektes liquiditätsmäßig entlastet wird!
b) Ein Kunde hatte mit einem Autohändler einen Leasingvertrag abgeschlossen. Beim Abholen fährt er auf dem Hof des Händlers gegen eine Säule, Kosten 400 EUR. Er bittet den Händler um Übernahme, weil dieser der Eigentümer des Wagens ist. Wie wird der Händler reagieren?
218
7.
Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen
Da die Bindung an geleaste Wirtschaftsgüter immer kürzer ist als an gekaufte, bietet Leasing – so ein weiteres Argument – die Möglichkeit, das Investitions- und Überalterungsrisiko zu verringern. Eine flexiblere Handhabung der Ausstattung mit Investitionsgütern ist dann gegeben, wenn die technische und wirtschaftliche Nutzungsdauer des Investitionsgutes die Laufzeit des Leasingvertrages überschreitet. Aber: Je kürzer die Grundmietzeit (zwischen mindestens 40 und maximal 90% der betriebsgewöhnlichen Nutzungszeit), desto höher fallen tendenziell die Leasingraten aus.
Ergänzende Information „Finanzierungsleasingverträge“, so schreibt Tacke, „sind durch eine typische Interessenverteilung zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer geprägt. Das macht sie zu atypischen Mietverträgen, auf die in erster Linie das Mietrecht gemäß §§ 535 BGB Anwendung findet. Der Finanzierungs-Leasingvertrag orientiert sich am „Leitbild des Leasingvertrages.“ Der Begriff Leitbild wird in den Urteilen des BGH u. a. vom 28. Oktober 1981 VIII ZR 175/80 verwendet. Der Leasingvertrag ist durch die spezielle Dreipunktbeziehung zwischen den Beteiligten, und das sind der Leasingnehmer, der Leasinggeber und der Lieferant, gekennzeichnet. Als Hauptpflichten des Leasinggebers sind die Finanzierungsfunktion einerseits und die Nutzungsverschaffungspflicht auf der anderen Seite zu nennen. Der Leasinggeber ist rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer des Leasinggegenstandes. Der Leasingnehmer verfügt über die Nutzung, und damit ähnelt dies der Miete. Außerdem trägt er die Sach- und Preisgefahr.
Kapitel 3
Rechtliche Grundlagen von Birga Döring überarbeitet von Sabrina Wandel
221
Teil 1: Einführung und Rechtsnormen 1. Einführung Jedes Unternehmen unterhält rechtliche Beziehungen nach innen und außen. Nach außen z.B., wenn Kaufverträge abgeschlossen werden, nach innen z.B., wenn mit einem Arbeitnehmer Sondervereinbarungen getroffen werden. Solche und andere rechtliche Beziehungen werden durch die Rechtsform eines Unternehmens geregelt. Die Rechtsformen der Unternehmen unterscheiden sich durch bestimmte Merkmale (Abb. 1). Sie treten nach außen als Einpersonenunternehmen, als Gesellschaftsunternehmen oder als Genossenschaften auf (Abb. 2).
Abb. 1:
Unterschiedsmerkmale der Rechtsformen
Rechtsformen der Unternehmen
Einpersonenunternehmen
Genossenschaften
Gesellschaftsunternehmen Personengesellschaften
Kapitalgesellschaften
Handelsgesellschaften
unvollkommene Gesellschaften
Handelsgesellschaften
unvollkommene Gesellschaften
• oHG
•
GbR
• AG
• KG
•
stille Gesellschaft
• GmbH
• bergrechtliche Gesellschaft
• GmbH & Co. KG
Abb. 2:
• KGaA
Ausgewählte Rechtsformen der Unternehmen
• Reederei
222
Rechtliche Grundlagen
2. Die Einpersonenunternehmung Die Einpersonenunternehmung ist die häufigste Rechtsform bei Klein- und kleineren Mittelbetrieben. Vergrößern sich Kapazität und Umsatz, wird in der Regel Geld gebraucht. Dies beschafft man sich häufig durch Teilhaber, sodass aus der Einpersonenunternehmung ein Gesellschaftsunternehmen wird. Manchmal werden solche Einpersonenunternehmen bei hohem Kapitalbedarf (aber auch aus anderen Gründen) von größeren Betrieben übernommen, z.B. Nixdorf von Siemens. Die Einpersonenunternehmung unterscheidet sich von den anderen Rechtsformen erheblich. Um eine Einzelhandelsgesellschaft handelt es sich zum Beispiel bei einem „Tante-EmmaLaden“. Hier hat der Inhaber das Kapital für das Geschäft aufgebracht. Daher trägt auch er allein das Risiko eines Misserfolges. Andererseits kann er den erzielten Gewinn für sich behalten. Neu gegründete Einpersonenunternehmen haben es auch sehr schwer, fremdes Geld, z.B. von Banken, zu beschaffen. Da ihnen die Kapitalbasis fehlt und da sie oft über keine zusätzlichen Sicherheiten verfügen, tun sich die Kreditinstitute schwer, Kredite einzuräumen. Obwohl die Erfolgsaussichten von neugegründeten Einpersonenunternehmen der Größe wegen relativ gering oder nicht immer ganz positiv einzuschätzen sind, gibt es genügend Menschen, die eine Einpersonenunternehmung gründen, weil sie im Berufsleben selbstständig bleiben und Macht ausüben wollen. Das nebenstehende Beispiel macht das deutlich.
Historisches - zwei Beispiele Von der Einpersonenunternehmung zum MerckKonzern Im Jahre 1668 kaufte Friedrich Jacob Merck die Darmstädter Engel-Apotheke, aus der später der MerckKonzern hervorging. Begonnen hatte der Aufstieg im Jahre 1816, als Emanuel Merck die Apotheke übernahm und in seinem Labor verschiedene Arzneisubstanzen mischte und verkaufte. Wenig später begann er mit der Produktion von Morphinen, nachdem kurz vorher der alkalische Charakter von Opium entdeckt worden war. Noch zu seinen Lebzeiten musste das Unternehmen umfirmiert werden. Aus der Einpersonenunternehmung wurde eine Personengesellschaft, die damals schon mit 800 einzelnen Artikeln handelte. Heute ist Merck ein Weltkonzern. Sein Sortiment umfasst nunmehr 15 000 Artikel, sein Umsatz ist inzwischen weltweit auf mehrere Milliarden gestiegen.
Von einer Personengesellschaft zur AG Im Jahre 1883 gründete Karl Benz in Mannheim die Firma ,,Benz & Cie.“ 1890 rief Gottlieb Daimler die Daimler-Motoren-Gesellschaft ins Leben. Erst in den zwanziger Jahren des folgenden Jahrhunderts (1926) entstand die Daimler-Benz AG durch eine Fusion beider Unternehmen. Benz und Daimler – zwei Namen, die sich bald einprägten. Sie gehörten zu den innovativsten Persönlichkeiten der aufstrebenden Automobil- und Motorbranche, schreibt Rüdiger Liedtke. Gottfried Daimler, von dem hier die Rede sein soll, hatte es sich zu seinem Lebensinhalt gemacht, eine Kraftquelle zu entwickeln, die nicht von Wasser, Kohle oder Dampf abhängig sein sollte. Interessant ist, dass sich Benz und Daimler nie begegnet sind. Zur gleichen Zeit aber – so schreibt Theodor Heuss in seinem Buch ,, Deutsche Gestalten" – sehen die Stuttgarter „auf einmal ein Fahrrad, bei dem man gar nicht strampeln muss, und eine Kutsche, die fährt, ohne dass ein Gaul davor gespannt ist, sie gehen an den Neckar, da fahren Boote herum, und kein Mensch muss rudern". Und die Mannheimer machen dieselben Erfahrungen. Duplizität der Ereignisse. Benz und Daimler arbeiteten an der Entwicklung eines Motors, also an derselben Sache. Doch sie wussten nichts voneinander. Es ist interessant zu wissen, dass Daimler im Gegensatz zu Lenoir in Frankreich einen vom Standort losgelösten Motor entwickelte und sein Anliegen von der Konstruktion her löste, Benz dagegen gestaltete ,,die Dinge" vom Chassis aus. 1885 wurde von ihm das erste Motorrad der Welt auf den Markt gebracht, 1886 schaffte er den ersten brauchbaren vierrädrigen Motorwagen, 1891 wird mit dem Bau von Lastkraftwagen begonnen. Heute jst Daimler-Chrysler ein deutsch-amerikanischer Konzern. Siehe auch Seite 68.
3.
Gesellschaftsrecht
Manche von ihnen erreichen durch Können und Fleiß, durch Geschick und Glück hohe Umsätze. Das allerdings dauert oft Jahre. Einige Namen mögen hierfür als Beispiele dienen: Borgward, Schlieker, Schneider, Nixdorf. Doch: Letztlich sind sie alle aus unterschiedlichsten Gründen gescheitert. Der „Fall Schneider“ zeigt uns eine Ursache der Entwicklung.
3. Gesellschaftsrecht 3.1
Gesellschaftsformen
Anders als bei Einzelunternehmen ist bei Gesellschaften mehr als eine Person beteiligt. Gesellschaften stellen privatrechtliche Personenvereinigungen zur Verfolgung gemeinsamer Zwecke dar. Je nachdem, ob bei der Personenvereinigung die Person als Gesellschafter oder aber die Kapitalbeteiligung im Vordergrund steht, wird zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften unterschieden.
3.2
223 DW Frankfurt/Main – Um Jürgen Schneider entwickelte sich seit Ostern 1994 die größte deutsche Immobilienpleite. Die Chronologie: 7. April 1994 –- Der Vorstand der Deutschen Bank AG erhält einen Brief Schneiders, in dem er vor einer drohenden Zahlungsunfähigkeit warnt und eine Finanzierungshilfe beantragt. Er erklärt, sich aus Gesundheitsgründen zurückzuziehen, und taucht unter. 13. April – Strafanzeige der Deutschen Bank gegen Schneider 14. April – Das Amtsgericht Königstein eröffnet das erste Konkursverfahren. 25. April – Deutsche Bank-Chef Hilmar Kopper beziffert die Bankschulden Schneiders zum Jahresende 1993 auf 5,3 Mrd. DM. 26. April – Die Genfer Staatsanwaltschaft bestätigt die Beschlagnahme von 240 Mio. DM aus Schneiders Vermögen. 10. Mai 1995 – Laut Amtsgericht Königstein wird die Konkursquote für nichtbevorrechtigte Gläubiger Schneiders 10 Prozent betragen.
Abb. 3: Chronologie eines Crashs Quelle: Die Wirtschaftswoche
Firma (Name)
von Personengesellschaften
Personengesellschaften Einzelkaufmann (§ 18 HGB) mindestens ein Vorname + Familienname (kein Zusatz, der ein Gesellschaftsverhältnis andeutet)
Für Personengesellschaften ist wesentlich, dass die jeweilige Gesellschaftsform auf die einzelnen Gesellschafter zugeschnitten ist. Die Gesellschafter haften persönlich und arbeiten selbst in der Gesellschaft mit. Letzteres wird als Selbstorganschaft bezeichnet.
oHG (§ 19 Abs. 1 HGB) Name wenigstens eines Gesellschafters (Vorname nicht nötig) + Zusatz, der das Vorhandensein einer Gesellschaft andeutet oder Namen aller Gesellschafter
Weiterhin lassen sich die Gesellschaften nach Handelsgesellschaften und unvollkommenen Gesellschaften unterscheiden.
KG (§ 19 Abs. 2 HGB)
Handelsgesellschaften betreiben notwendig oder doch im Regelfall ein Handelsgewerbe im Sinne der §§1–3 HGB (Handelsgesetzbuch).
mindestens ein Vorname + Familienname (kein Zusatz, der ein Gesellschaftsverhältnis andeutet)
Abb. 4:
Firma von Personengesellschaften
224
Sie sind Vollkaufleute und unterstehen dem Handelsrecht. Die meisten Erwerbsgesellschaften sind Handelsgesellschaften, so von den Personengesellschaften die offene Handelsgesellschaft (oHG) und die Kommanditgesellschaft (KG). Erfüllt eine Gesellschaft nicht alle Merkmale einer Handelsgesellschaft, so wird sie als unvollkommene Gesellschaft bezeichnet. Bei den Personengesellschaften sind die Gesellschaft bürgerlichen Rechts und die stille Gesellschaft unvollkommene Gesellschaften. Die Personengesellschaften sind nichtrechtsfähige Vereinigungen. Dies bedeutet, die Gesellschaft selbst kann nicht Träger von Rechten und Pflichten sein. Bei den Personengesellschaften werden die Rechte nicht der Gesellschaft als solcher verliehen, sondern sie stehen den Mitgliedern der Personenvereinigung gemeinsam zu. Dies führt zu einer starken Abhängigkeit der Gesellschaft von den einzelnen Mitgliedern. Bedeutsam ist die Unterscheidung rechtsfähige/nichtrechtsfähige Gesellschaft auch für die Schuldenhaftung. Bei den nichtrechtsfähigen Gesellschaften haften grundsätzlich die einzelnen Mitglieder für die Schulden der Gesellschaft, während bei den rechtsfähigen Gesellschaften grundsätzlich die Gesellschaft als Rechtssubjekt selbst mit dem Gesellschaftsvermögen haftet. Einige nichtrechtsfähige Gesellschaften sind den Gesellschaften mit Rechtsfähigkeit angenähert worden. So sind beispielsweise die oHG und die KG parteifähig, d.h. sie können unter ihrer Firma (= Name der Gesellschaft) klagen und verklagt werden. Sie können außerdem unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen. Auch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann eigene Rechte und Pflichten begründen, soweit sie am Rechtsverkehr teilnimmt.
Rechtliche Grundlagen
Aufgabe 1.
Welche der folgenden Gesellschaftsformen sind nichtrechtsfähige und welche rechtsfähige Gesellschaften? • offene Handelsgesellschaft • Aktiengesellschaft • Kommanditgesellschaft auf Aktien • stille Gesellschaft • Gesellschaft bürgerlichen Rechts • Gesellschaft mit beschränkter Haftung • Kommanditgesellschaft
Beispiel Das Risiko, das eine Personengesellschaft aufgrund der persönlichen Schuldenhaftung in sich birgt, sei an dem Bei spiel der Krogmann & Krüger oHG dargestellt. Volker Krogmann und Bert Krüger haben vor drei Jahren ihr Unternehmen gegründet. Sie entwickeln in erster Linie Software, speziell auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Kunden zugeschnitten, zusätzlich vertreiben sie aber auch Hardware, falls die Kunden an einem kompletten System interessiert sind. Für die DMW AG hat die Krogmann & Krüger oHG ein Logistikprogramm für die Einzelteile, die bei Zulieferern eingekauft werden, entwickelt. Dieses Programm berücksichtigt nicht nur den Produktionsbedarf und die Kapitalbindung, sondern auch die Größe der einzelnen Teile im Hinblick auf die Konstruktion des Lagers. Zunächst haben Herr Krogmann und Herr Kriüger recht erfolgreich in ihrem Unternehmen gewirtschaftet. Mit einem Großauftrag allerdings, bei welchem sie in umfangreichem Maße Hardware liefern sollten, die sie zuvor selbst eingekauft hatten, haben sie erhebliche Verluste erlitten. Der Kunde ist in Insolvenz gegangen.
3.
Gesellschaftsrecht
3.2.1 Die offene Handelsgesellschaft (oHG) Nach der gesetzlichen Definition der offenen Handelsgesellschaft in §105 Abs. 1 HGB ist sie eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, wenn bei keinem der Gesellschafter die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern beschränkt ist. Letzteres ist das wesentliche Merkmal einer oHG, um sie von anderen Gesellschaften abzugrenzen: Alle Gesellschafter haften unbeschränkt persönlich, auch mit ihrem Privatvermögen. Die oHG ist in das Handelsregister einzutragen.
225
Die Gesellschaft hatte kein sehr starkes finanzielles Gerüst, da die beiden Gesellschafter primär ihre persönliche Arbeitskraft investieren wollten. Konsequenz war, dass die oHG in Zahlungsschwierigkeiten geriet. Herr Krogmann und Herr Krüger waren nicht bereit, ihre Einlagen in dem erforderlichen Maße zu erhöhen, mit der Folge, dass die Gesellschaft nicht alle fälligen Verbindlichkeiten tilgen konnte. Daraufhin wandten sich einige Gläubiger an Herrn Krogmann und Herrn Krüger persönlich. Der eine hat einen Privatkredit zu nicht ganz günstigen Bedingungen mangels ausreichender Haftungsmasse aufnehmen müssen, der andere konnte sein Haus mit einer Hypothek belasten und so einen besseren Kredit bekommen. Zum Handelsregister
3.2.1.1
Rechtsverhältnisse der Gesellschafter
Nach dem Gesellschaftsvertrag bestimmen sich die Rechtsverhältnisse der Gesellschafter untereinander. Der Gesellschaftsvertrag bedarf keiner bestimmten Form, jedoch ist bei Einbringung von Grundstücken in die Gesellschaft notarielle Beurkundung erforderlich. Regelt der Gesellschaftsvertrag nicht sämtliche Rechte und Pflichten der Gesellschafter im Innenverhältnis, finden ergänzend die Vorschriften des HGB Anwendung. Zu den wichtigsten Pflichten der Gesellschafter untereinander gehört zunächst die Leistung der Einlage, die je nach Vereinbarung als Geld oder in Sach- und Rechtswerten geleistet werden kann. Wichtig ist auch, dass nach der gesetzlichen Regelung jeder Gesellschafter allein zur Geschäftsführung verpflichtet und berechtigt ist, was jedoch im Gesellschaftsvertrag anders geregelt werden kann. Die Geschäftsführungsbefugnis gilt für alle Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb der jeweiligen Gesellschaft mit sich bringt. Bei darüber hinausgehenden, außergewöhnlichen Geschäften ist ein Beschluss sämtlicher Gesellschafter erforderlich.
Das Handelsregister ist ein Verzeichnis aller Vollkaufleute und wird von den Gerichten geführt (§ 8 HGB). Es ist öffentlich, was besagt, dass jedem die Einsicht des Handelsregisters und der zum Handelsregister eingereichten Schriftstücke gestattet ist (§ 9 HGB). Alle Eintragungen im Handelsregister werden vom Gericht öffentlich bekannt gegeben (§ 10 HGB).
Aufgabe 2.
Zwei Mitarbeiter aus dem Einkauf der DMW AG, Verena Schacht und Jens Völckers, beabsichtigen, ihre Firma zu verlassen und sich selbstständig zu machen. Während ihrer Tätigkeit im Einkauf haben sie festgestellt, dass die DMW AG diverse Einzelteile häufig von Importfirmen bezieht, die ihre Waren aus Südostasien einführen.
226
Rechtliche Grundlagen
3.2.1.2
Vertretung der Gesellschafter
Nicht zu verwechseln mit der Geschäftsführung ist die Vertretung der Gesellschaft. Bei der Vertretung geht es um das Außenverhältnis der Gesellschaft zu anderen, wie beispielsweise Zulieferern oder Kunden. Grundsätzlich kann jeder Gesellschafter die oHG nach außen hin allein vertreten. Es kann aber im Gesellschaftsvertrag bestimmt werden, dass nur mehrere Gesellschafter die Gesellschaft gemeinsam vertreten können oder dass einzelne Gesellschafter von der Vertretung überhaupt ausgeschlossen sind. Derartige Bestimmungen sind in das Handelsregister einzutragen. Weitere Beschränkungen der Vertretungsmacht sind grundsätzlich nicht möglich bzw. nach außen unwirksam. 3.2.1.3
Gewinnverteilung
Sofern der Gesellschaftsvertrag keine andere Verteilung vorsieht, wird der Gewinn folgendermaßen verteilt: Jeder Gesellschafter erhält 4% seines Kapitalanteils, der restliche Gewinn wird nach Köpfen verteilt. Reicht der Gewinn nicht aus, so wird ein entsprechend niedrigerer Prozentsatz bestimmt. Die Verteilung des Rest-Gewinns nach Köpfen ist bestimmt worden, weil nach dem Gesetz Rechte und Pflichten der Vollhafter gleich sind.
Sie haben selbst eine Kalkulation vorgenommen und festgestellt, dass die Margen der Importfirmen recht beachtlich sind. Die DMW AG möchte selbst dennoch nicht direkt aus Südostasien importieren, weil dann wieder eine weitere Abteilung aufgebaut und der Mitarbeiterstab erweitert werden müssten. Direktimporte finden nur in Einzelfällen statt. Frau Schacht und Herr Völckers haben sich überlegt, dass sie inzwischen gute Kontakte aufgebaut und Know-how gesammelt haben und selbst eine Importfirma eröffnen wollen. Dieses Unternehmen soll den Zweck verfolgen, verschiedene Kunststoffteile, wie beispielsweise Steckverbindungen bei den Kopflehnen, einzuführen und – zu einem großen Teilan die DMW AG weiterzuvertreiben. Nach eigenen Berechnungen benötigen Frau Schacht und Herr Völckers zunächst etwa 40 000 EUR Startkapital, das sie zusammen auch aufbringen können. Beide möchten aktiv an der Geschäftsführung mitwirken und sich auch gegenseitig vertreten können, insbesondere, falls der eine mal im Urlaub oder krank ist. Während ihrer langjährigen gemeinsamen Tätigkeit bei der DMW AG haben sie auch stets gut zusammengearbeitet, es besteht eine gute Vertrauensbasis. a)
3.2.1.4
Auflösung der oHG
Die oHG wird bei Vorliegen der im Gesetz oder im Gesellschaftsvertrag aufgeführten Auflösungsgründe aufgelöst, von denen nur die wichtigsten (im Gesetz genannten) kurz erwähnt seien: •
Zeitablauf
•
Gesellschafterbeschluss
Aus welchen Gründen ist Frau Schacht und Herrn Völckers die Gründung einer oHG zu empfehlen?
b) Welches Risiko besteht für die Gesellschafter einer oHG? c)
Welche gesetzlichen gelten für die oHG?
Regelungen
d) Was haben Frau Schacht und Herr Völckers bei Gründung ihrer Gesellschaft zu unternehmen?
3.
Gesellschaftsrecht
Nur die wichtigsten (im Gesetz genannten) kurz erwähnt seien: •
Zeitablauf
•
Gesellschafterbeschluss
•
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft
•
Gerichtliche Entscheidung
Der Tod eines Gesellschafters oder die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters führen ebenso wie die Kündigung eines Gesellschafters hingegen lediglich zum Ausscheiden des jeweiligen Gesellschafters und nicht zur Auflösung der Gesellschaft. 3.2.1.5
Die oHG in der Praxis
Die oHG ist die geeignete Gesellschaftsform, wenn es den Gesellschaftern darum geht, sowohl ihre Finanz- als auch ihre Arbeitskraft in das Unternehmen einzubringen. Durch eine höhere Anzahl von Gesellschaftern kann mehr Kapital zusammengetragen werden als bei einem Einzelunternehmen. Zudem können sich Gesellschafter mit unterschiedlichen Fähigkeiten zusammentun und ergänzen. Hierin liegt andererseits aber auch ein besonderes Risiko der oHG. Da die Gesellschafter unbeschränkt haften, sind sie in besonderer Weise voneinander abhängig, was eine gute Zusammenarbeit unerlässlich macht. Aus diesen Gründen ist die oHG hauptsächlich bei mittleren und kleinen Unternehmen verbreitet.
3.2.2 Die Kommanditgesellschaft (KG) Die oHG ist die Grundgesellschaftsform der KG. Auch der Zweck der KG ist auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinsamer Firma gerichtet.
227
Beispiel: Geschäftsführung Die alleinige Geschäftsführungsbefugnis erstreckt sich auf die Vornahme von „gewöhnlichen“ Geschäften der jeweiligen Gesellschaft. Dies sind alle Handlungen, die typischerweise zu dem Betrieb des betroffenen Unternehmens gehören, wie etwa der Einkauf von Rohstoffen für die Produktion oder auch der Kauf von Fertigungsanlagen, der Verkauf der hergestellten Güter, die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, die Einstellung von Personal usw. Außergewöhnliche Geschäfte, bei denen ein Beschluss sämtlicher Gesellschafter erforderlich ist, sind beispielsweise die Auflösung der Gesellschaft oder der Kauf/Verkauf von Grundstücken. Mit diesem Schreiben nahmen Volker Krogmann und Bert Krüger seinerzeit ihre Anmeldung der errichteten oHG zum Handelsregister vor, die aber zunächst noch öffentlich beglaubigt werden musste: An das Amtsgericht Bremerhaven - Handelsregister Nordstraße 10 27580 Bremerhaven Betr.: Firma Krogmann & Krüger Zur Eintragung in das Handelsregister melden wir an: Wir, die unterzeichnenden Krogmann und Krüger, haben unter der Firma Krogmann & Krüger oHG eine offene Handelsgesellschaft gegründet, die die Entwicklung von Software und den Handel mit Software und Hardware zum Gegenstand hat. Die Gesellschaft hat am 1. Juni 2004 begonnen. Sie hat ihren Sitz in Bremerhaven, die Geschäftsräume befinden sich in der Augustenstr. 13. Zur Vertretung der Gesellschaft ist jeder Gesellschafter allein berechtigt. Wir zeichnen die Firma nebst unseren Namensunterschriften zur Aufbewahrung bei Gericht wie folgt: Krogmann & Krüger oHG
Krogmann & Krüger oHG
Krogmann/Krüger Firmenzeichnung und Namensunterschrift
Abb. 5:
Anmeldung zur Eintragung
228
Rechtliche Grundlagen
Kennzeichnend ist, dass – im Unterschied zur oHG – mindestens zwei Gesellschafter vorhanden sein müssen, von denen mindestens einer unbeschränkt – der sog. Komplementär – und einer der Höhe nach beschränkt mit seiner Einlage – der sog. Kommanditist – haftet. 3.2.2.1
Rechtsverhältnisse der Gesellschafter
Die gesetzlichen Regelungen der oHG finden auch auf die KG Anwendung, sofern für diese keine anderen Regelungen getroffen worden sind. Die Geschäftsführung obliegt allein den Komplementären, die Kommanditisten sind davon ausgeschlossen. Nur bei außergewöhnlichen Geschäften haben sie ein Mitbestimmungsrecht. Der Kommanditist ist auch nicht zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigt. Die Gewinnverteilung ist ähnlich wie bei der oHG geregelt, jedoch wird ein Restgewinn nicht nach Köpfen, sondern nach einem angemessenen Verhältnis der Anteile verteilt. Die Auflösungsgründe sind ebenfalls dieselben wie bei der oHG, nur dass beim Tod eines Gesellschafters die Gesellschaft mit dessen Erben fortgesetzt wird. 3.2.2.2
Die KG in der Praxis
Die Gesellschaftsform der KG ist insbesondere bei mittelständischen Unternehmen häufig zu finden. Im Unterschied zu der oHG ist die KG aufgrund erleichterter Kapitalbeschaffung durch Aufnahme von Kommanditisten auch für größere Unternehmen geeignet. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Vollhafter gegenüber den Kommanditisten dennoch weit gehend frei von Bindungen sind.
Aufgabe 3.
Zwei Freunde von Verena Schacht und Jens Völckers möchten sich gerne an dem Unternehmen der beiden beteiligen, jedoch ohne selbst aktiv mitzuwirken. Da Frau Schacht und Herr Völckers nach der Durchführung weiterer Kalkulationen nun der Ansicht sind, eine weitere finanzkräftige Unterstützung gut gebrauchen zu können, sind sie damit einverstanden. Weshalb ist nunmehr die Gründung einer Kommanditgesellschaft sinnvoll?
Auszug aus dem Gesellschaftsvertrag der Bargründung für die Kommanditgeselischaft von Verena Schacht, Jens Völckers, Kurt Weber und Ansgar Burg Zwischen 1. Verena Schacht, Ankersweg 12a, 27580 Bremerhaven 2. Jens Völckers, Schmidtkamp 31, 27580 Bremerhaven 3. Kurt Weber, Lavendelweg 43, 27580 Bremerhaven 4. Ansgar Burg, Ohnhorststr. 37, 22607 Hamburg wird eine Kommanditgesellschaft zum Zwecke des Handels mit Kunststofffertigteilen für die PKW- und LKW-Produktion errichtet mit folgendem Gesellschaftsvertrag I. Firma, Sitz, Gesellschaftszweck § 1 Firma, Sitz Die Gesellschaft führt die Firma: „Schacht & Völckers Handels KG“. Sitz der Gesellschaft ist Bremerhaven. § 2 Gesellschaftszweck Zweck der Gesellschaft ist der Handel mit Kunststofffertigteilen für die PKW- und LKW-Produktion.
3.
Gesellschaftsrecht
3.2.3 Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist die Grundform der Personengesellschaft, sie ist im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt (§§705 ff. BGB). Nach der gesetzlichen Regelung verpflichten sich die Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zu fördern. Bedeutsam ist, dass dieser Zweck wirtschaftlicher Art sein kann, aber nicht muss. Die GbR hat keine Firma und wird nicht in das Handelsregister eingetragen. Die Geschäftsführung steht den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu, für jedes Geschäft ist die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich. Auch nach außen hin können die Gesellschafter die Gesellschaft grundsätzlich nur gemeinschaftlich vertreten. Das Vermögen der GbR ist gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter, es wird als Gesamthandsvermögen bezeichnet. Wichtig – und riskant – ist, dass jeder Gesellschafter unbeschränkt auch mit seinem Privatvermögen für die Gesellschaftsschulden haftet.
3.2.4 Die stille Gesellschaft Bei der stillen Gesellschaft beteiligt sich der stille Gesellschafter an dem Handelsgewerbe eines anderen mit einer Vermögenseinlage, die in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäftes übergeht. Der stille Gesellschafter ist nur Kapitalgeber, nach außen hin tritt er nicht in Erscheinung. Daraus ergibt sich bereits, dass der stille Gesellschafter nicht an der Geschäftsführung beteiligt ist und die Gesellschaft nicht vertreten kann.
229 II. Gesellschafter, Gesellschaftskapital, Gesellschafterkonten § 3 Gesellschafter, Kapitalanteile, Einlagen, Haftsummen Persönlich haftende Gesellschafter sind: Verena Schacht und Jens Völckers mit einem Kapitalanteil von je 20000,- EUR Kommanditisten sind: Kurt Weber mit einem Kapitalanteil von 15000,- EUR, Ansgar Burg mit einem Kapitalanteil von 10000,- EUR. Die Gesellschafter erbringen ihre Kapitalanteile durch Bareinlagen bei Abschluss dieses Gesellschaftsvertrages. Die Kapitalanteile sind fest; sie können nur durch Änderung des Gesellschaftsvertrages geändert werden. Die Kapitalanteile der Kommanditisten sind als ihre Haftsummen in das Handelsregister einzutragen. Die Gesellschafter sind weder berechtigt noch verpflichtet, ihre Einlage zu erhöhen. § 4 Gesellschafterkonten Für jeden Gesellschafter wird ein Kapitalkonto, ein Rücklagenkonto und ein Darlehenskonto geführt. Auf dem Kapitalkonto wird der Kapitalanteil des Gesellschafters gebucht. Die dem Gesellschafter zustehenden, jedoch nicht entnahmefähigen Gewinnanteile sowie die ihn treffenden Verlustanteile werden auf dem Rücklagenkonto gebucht. Auf dem Darlehenskonto werden die entnahmefähigen Gewinnanteile, Entnahmen, Tätigkeitsvergütungen und Zinsen gebucht. Die Kapital- und Rücklagenkonten sind unverzinslich. Die Darlehenskonten sind mit einem Zinssatz entsprechend dem Bundesbankdiskontsatz im Jahresdurchschnitt am Jahresende zu verzinsen. III. Geschäftsführung, Gesellschafterbeschlüsse § 5 Geschäftsführung, Vertretung Die persönlich haftenden Gesellschafter sind zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft allein berechtigt und verpflichtet. Die persönlich haftenden Gesellschafter haben ihre ganze Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft z u stellen. Sie erhalten für ihre Tätigkeit eine Vergütung von 3000,EUR monatlich, die zum Ende eines jeden Monats zahlbar ist. Die Vergütung ist zu Beginn eines jeden Geschäftsjahres unter Berücksichtigung der Entwicklung der Lebenshaltungskosten und der Ertragslage der Gesellschaft neu festzusetzen. Die persönlich haftenden Gesellschafter haben Anspruch auf fünf Wochen Urlaub im Jahr. Der Urlaub ist so zu legen, dass die Belange der Gesellschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden. Nicht genommener Urlaub wird entsprechend ausgezahlt.
230
Rechtliche Grundlagen
Das Gesellschaftsverhältnis einer stillen Gesellschaft als solches wird auch nicht nach außen sichtbar, weder ist es aus der Firma ersichtlich, noch wird es in das Handelsregister eingetragen. Es handelt sich um eine reine Innengesellschaft. Der stille Gesellschafter muss am Gewinn beteiligt werden, im Regelfall hat er auch einen Verlust mitzutragen. Für den Inhaber des Unternehmens besteht ein großer Vorteil darin, dass er allein die Geschäftsführung innehat und dem stillen Gesellschafter nur sehr eingeschränkte Kontrollrechte und kein Widerspruchsrecht – auch nicht bei außergewöhnlichen Geschäften – zusteht. Für den stillen Gesellschafter wiederum ist es vorteilhaft, dass er stärker an der Gesellschaft beteiligt ist als beispielsweise bei der Gewährung eines Darlehens, diese Beteiligung aber nicht nach außen bekannt wird. Aus diesem Grund lässt sich auch nichts Konkretes über ihre Verbreitung im Wirtschaftsleben darstellen.
§ 6 Gesellschafterbeschlüsse, Gesellschafterversammlung Die von den Gesellschaftern in den Angelegenheiten der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen erfolgen durch Beschlussfassung. Die Gesellschafterbeschlüsse werden in Gesellschafterversammlungen am Sitz der Gesellschaft gefasst. Die Gesellschafterversammlung wird von den persönlich haftenden Gesellschaftern einberufen und geleitet. Die Einberufung hat unter Beachtung einer Ladungsfrist von vier Wochen zu erfolgen. Die persönlich haftenden Gesellschafter sind zur Einberufung verpflichtet, wenn es im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint oder ein Kommanditist es unter Angabe des Zweckes und der Gründe verlangt. Soweit in diesem Gesellschaftsvertrag nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, bedürfen Gesellschafterbeschlüsse, durch die der Gesellschaftsvertrag geändert oder ergänzt wird, der Einstimmigkeit, sonstige Gesellschafterbeschlüsse der Mehrheit der Stimmen aller stimmberechtigten Gesellschafter. Je 1000,- EUR Kapitalanteils gewähren eine Stimme. In eigenen Angelegenheiten sind Gesellschafter von der Beschlussfassung ausgeschlossen. Eine Vertretung in der Gesellschafterversammlung und der Beschlussfassung ist unzulässig. Jeder Gesellschafter ist aber berechtigt, auf eigene Kosten einen Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe als Beistand beizuziehen. IV. Jahresabschluss, Ergebnisverteilung, Entnahmen § 7 Geschäftsjahr, Jahresabschluss Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr. Das erste Geschäftsjahr endet am 31. Dezember 20.. Die persönlich haftenden Gesellschafter haben in den ersten drei Monaten nach Schluss des Geschäftsjahres den Jahresabschluss nebst Gewinn- und Verlustrechnung nach handelsrechtlichen Vorschriften aufzustellen. Der festgestellte Jahresabschluss ist allen Gesellschaftern zuzusenden und in der ordentlichen Gesellschafterversammlung von den persönlich haftenden Gesellschaftern zu erläutern und zur Aussprache zu stellen.
Abb. 6:
Die stille Gesellschaft
3.
Gesellschaftsrecht
Zusammenfassung Personengesellschaften sind Gesellschaften, die in der Regel durch Vertragsabmachungen von zwei oder mehreren Personen gegründet werden. Sie sind Gesellschaftsunternehmen, in der die so genannten Vollhafter mit ihrem privaten und geschäftlichen Vermögen haften.
3.3
Kapitalgesellschaften
Bei Kapitalgesellschaften ist die Mitgliedschaft auf die reine Kapitalbeteiligung zugeschnitten, es geht nicht um die persönliche Mitarbeit der Gesellschafter. Kapitalgesellschaften sind juristische Personen, dies bedeutet, dass es sich um Personenvereinigungen handelt, deren rechtliche Selbstständigkeit vom Gesetz anerkannt worden ist.
231 § 8 Gewinn- und Verlustverteilung Erwirtschaftet die Gesellschaft einen Bilanzgewinn von mehr als 50 000,- EUR, erhalten die persönlich haftenden Gesellschafter eine Tantieme in Höhe von 7,5% dieses Gewinns. An dem verbleibenden Gewinn sowie an einem Verlust nehmen die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Kapitalanteile teil. Die Gewinnanteile sind den Darlehenskonten der Gesellschafter zuzuschreiben, soweit sich aus den folgenden Bestimmungen nichts anderes ergibt. Solange und soweit Rücklagenkonten negativ sind, sind sie durch spätere Gewinnanteile auszugleichen. Erst nach ihrem Ausgleich können Gewinnanteile den Darlehenskonten zugeschrieben werden. Die Gesellschafter können mit der Mehrheit ihrer Stimmen beschließen, dass ein einheitlicher Prozentsatz der Gewinnanteile, höchstens jedoch 25%, den Rücklagenkonten zugeschrieben wird. §9 Entnahmerecht Jeder Gesellschafter darf jederzeit Guthaben auf seinem Darlehenskonto entnehmen. Überziehungen des Darlehenskontos bedürfen eines zustimmenden Gesellschafterbeschlusses. V. Verfügungen, Tod eines Gesellschafters
Gesellschaften, die juristische Personen sind, treten im Rechtsverkehr als selbstständiges Rechtssubjekt auf. So können sie beispielsweise unter ihrem eigenen Namen klagen und verklagt werden. Ein weiteres Kennzeichen ist, dass sie in ihrem Bestand von den Mitgliedern und deren Wechsel unabhängig sind. Die Gesellschaftsanteile können im Regelfall frei veräußert werden und sind vererbbar. Ein Gesellschafterwechsel ist üblicherweise ohne Einfluss auf das Gesamtkapital der Gesellschaft.
§ 10 Rechtsgeschäftliche Verfügungen Rechtsgeschäftliche Verfügungen eines Gesellschafters über seinen Gesellschaftsanteil sind nur mit Zustimmung aller Gesellschafter zulässig.
Wichtige Konsequenzen aus der rechtlichen Selbstständigkeit folgen für die Schuldenhaftung. Bei den Kapitalgesellschaften haften nicht die Gesellschafter persönlich, sondern grundsätzlich die Gesellschaft selbst mit dem Gesellschaftsvermögen.
§ 12 Dauer der Gesellschaft, Kündigung Die Gesellschaft beginnt am 1. Juni 20.. Sie ist für unbestimmte Zeit eingegangen. Jeder Gesellschafter kann die Gesellschaft unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Geschäftsjahres kündigen. Mit Ablauf der Kündigungsfrist scheidet der kündigende Gesellschafter aus der Gesellschaft aus.
Von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung sind die kapitalistischen Handelsgesellschaften Aktiengesellschaft und Gesellschaft mit beschränkter Haftung.
§ 11 Tod eines Gesellschafters Durch Tod eines Gesellschafters wird die Gesellschaft nicht aufgelöst, sondern mit dessen Erben oder Vermächtnisnehmern fortgesetzt. Die Nachfolger eines persönlich haftenden Gesellschafters werden Kommanditisten, falls der betreffende persönlich haftende Gesellschafter durch letztwillige Verfügung nichts anderes bestimmt. VI. Dauer, Kündigung
232
Rechtliche Grundlagen
3.3.1 Die Aktiengesellschaft (AG)
VII. Abfindung
In § 1 des Aktiengesetzes (AktG) ist das Wesen der AG beschrieben als eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, für deren Verbindlichkeiten den Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen haftet. Die AG hat ein in Aktien zerlegtes Grundkapital.
§ 13 Ausscheiden, Abfindung
3.3.1.1
Der ausgeschiedene Gesellschafter erhält eine Abfindung, für deren Höhe und Bezahlung gilt:
Die Gründung einer AG
Das AktG enthält ausführliche und zwingende Regelungen zur Gründung einer AG. Hierfür waren früher mindestens fünf Gründungsaktionäre erforderlich. Nachdem das „Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts“ im August 1994 in Kraft getreten ist, kann eine AG auch durch nur eine Person gegründet werden. Bei der sog. einfachen Gründung muss zunächst die Satzung durch notarielle Beurkundung festgestellt werden. Die Satzung muss einen Mindestinhalt aufweisen, wozu u.a. die Firma und der Sitz der Gesellschaft, der Gegenstand des Unternehmens, die Höhe des Grundkapitals, die Nennbeträge der Aktien und ihre Zahl sowie die Zahl der Vorstandsmitglieder gehören. Sodann ist das Grundkapital aufzubringen, indem die Gründer die Aktien übernehmen, was bedeutet, dass sie sich zur Einzahlung der Einlagen verpflichten. Der Mindestnennbetrag des Grundkapitals beträgt 50000 EUR. Damit ist die AG errichtet. Es folgt die Bestellung des Aufsichtsrates, der seinerseits den Vorstand bestellt. Nun sind das Kapital einzuzahlen und ein schriftlicher Bericht über den Hergang der Gründung zu erstellen.
Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so wird die Gesellschaft von den verbleibenden Gesellschaftern unter der bisherigen Firma fortgesetzt. Verbleibt nur noch ein Gesellschafter, so geht das Vermögen der Gesellschaft ohne Liquidation mit Aktiven und Passiven und dem Recht, die Firma fortzuführen, auf diesen über.
Der Gesellschafter erhält als Abfindungsguthaben den Buchwert seiner Beteiligung zuzüglich eiines Aufschlages von 20 %. Das Darlehenskonto bleibt bei der Abfindung außer Betracht. Ein Guthaben darauf ist dem Gesellschafter unverzüglich nach seinem Ausscheiden auszuzahlen; ein Schuldsaldo unverzüglich von ihm auszugleichen. Die Abfindung ist in sechs gleichen Jahresraten zu bezahlen. Die erste Rate ist mit Ablauf des auf das Ausscheiden folgenden Jahres fällig. Am Gewinn oder Verlust, der sich aus den am Tag des Ausscheidens schwebenden Geschäften ergibt, nimmt der ausgeschiedene Gesellschafter nicht teil. Ändern sich die Jahresabschlüsse für die Zeit bis zum Ausscheiden des Gesellschafters infolge einer steuerlichen Außenprüfung der Gesellschaft oder durch anderweitig veranlasste Änderungen der Veranlagungen, so ist die Auseinandersetzungsbilanz entsprechend zu ändern und die Abfindung der Änderung anzupassen. VIII. Schlussbestimmung § 14 Salvatorische Klausel Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise unwirksam sein oder werden, so wird hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht begeührt. Anstelle der unwirksamen Bestimmung oder zur Ausfüllung der Lücke soll eine angemessene wirksame Regelung treten, die dem angestrebten wirtschaftlichen Zweck am nächsten kommt.
Abb. 7:
Auszug aus einem OriginalKommanditisten-Vertrag
Benötigt die Schacht & Völckers Handels KG nach einer Weile weitere Mittel zur Finanzierung von Investitionen, so wäre die Aufnahme eines stillen Gesellschafters in Erwägung zu ziehen.
3.
Gesellschaftsrecht
233
Schließlich ist die Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Erst mit der Eintragung in das Handelsregister entsteht die AG als juristische Person.
Die Deutschen Motoren Werke sind eine Aktiengesellschaft. Ihr Grundkapital beträgt 90 000 000,-- EUR. Sie hat 18400 Mitarbeiter.
Um eine qualifizierte Gründung handelt es sich beispielsweise, wenn einzelnen Aktionären Sondervorteile zugestanden werden oder Sacheinlagen geleistet werden dürfen. Es handelt sich um Abreden, die zum Schutz von Aktionären und Gläubigern in die Satzung aufgenommen werden müssen.
Beispiel:
3.3.1.2
Abbildung einer Aktie der DMW AG. Bei Inhaberaktien ist die Führung eines Aktienbuches zwar nicht notwendig, dennoch wird ein solches häufig zu Beweiszwecken angelegt. DMW Aktiengesellschaft in Hannover Aktie über 50,- EUR Nr. 1370
Die Anteile an einer AG
Die AG hat ein in Aktien zerlegtes Grundkapital. Die Aktien müssen einen Nennbetrag von mindestens 1 EUR haben. Ein höherer Nennbetrag muss auf volle EUR lauten. In den Aktien ist der Anteil des Aktionärs, seine Mitgliedschaft an der AG, verbrieft. Aktien sind Wertpapiere, die ihrer Art nach hinsichtlich der Übertragbarkeit unterschieden werden. Meistens handelt es sich bei den Aktien um sog. Inhaberaktien. Dies bedeutet, dass das Recht, das in der Aktie verbrieft ist, dem jeweiligen Inhaber der Aktie zusteht. Die Übertragung ist einfach, sie erfolgt durch Einigung zwischen dem Inhaber und dem Erwerber und der Übergabe der Aktie. Die an der Börse gehandelten Aktien stellen Inhaberaktien dar.
Der Inhaber dieser Aktie ist im Nennbetrag von fünfzig EUR an der DMW Aktiengesellschaft in Hannover nach Maßgabe ihrer Satzung als Aktionär beteiligt. Hannover, August 20.. Eingetragen in das Aktienbuch S. 315
Kallenberger Behr (Aufsichtsratsvorsitzender)
Schröder (Vorstand)
Abb. 8:
Aktie der DMW AG
Abb. 9:
Stammaktien verbriefen Rechte und Pflichten des Aktionärs
Bei Namensaktien hingegen steht das verbriefte Recht demjenigen zu, auf dessen Namen die Aktie lautet. Der Name muss zumindest auf der Rückseite der Aktie vermerkt sein. Die Übertragung von Namensaktien bedarf zusätzlich zu der Einigung und Übergabe eines Indossaments. Dies bedeutet, dass der Inhaber auf der Rückseite der Aktie durch eine rechtsgeschäftliche Erklärung die Aktie auf den Erwerber überträgt.
234
Rechtliche Grundlagen
Bei gebundenen (vinkulierten) Namensaktien ist die Übertragung noch dadurch erschwert, dass die Zustimmung der Gesellschaft erforderlich ist. Die jeweiligen Inhaber von Namensaktien sind im sog. Aktienbuch der Gesellschaft einzutragen, sodass stets ein Überblick über die Mitglieder der Gesellschaft besteht. Je nachdem, welche Rechte dem Inhaber gewährt werden, unterscheidet man zwischen Stammaktien und Vorzugsaktien. Die Stammaktien sind der Normaltyp, die dem Inhaber einen Anspruch am Gewinnanteil (Dividende), bei Auflösung der Gesellschaft einen Anteil am Liquidationserlös und bei einer Kapitalerhöhung ein Bezugsrecht auf neu auszugebende (junge) Aktien gewähren. Zudem hat der Inhaber ein Stimmrecht in der Hauptversammlung. Vorzugsaktien gewähren den Inhabern gegenüber den Stammaktieninhabern je nach Satzung bestimmte Vorrechte, wie beispielsweise einen höheren Gewinnanteil. Oftmals sind Vorzugsaktien stimmrechtslos, dann bieten sie lediglich finanzielle Vorteile, aber keinen Einfluss auf die Gesellschaftspolitik. Über Belegschaftsaktien – Aktien, die den Mitarbeitern der Gesellschaft zu günstigen Konditionen angeboten werden – kann es zu einer Beteiligung der Arbeitnehmer an ihrem Arbeitgeber, der Gesellschaft, kommen (siehe Abb. 13).
3.3.1.3
Zusatzinformationen zum Aktiengesetz Das Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts sieht Änderungen des AktG und des Betriebsverfassungsgesetzes von 1952 vor. Problem: Im internationalen Vergleich ist die Eigenkapitalausstattung der deutschen mittelständischen Unternehmen zu gering. Die Gesellschafter können oftmals nicht das erforderliche Kapital für Investitionen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und von Arbeitsplätzen aufbringen. Folge: Die Unternehmen müssen verstärkt Fremdkapital aufnehmen und sind dadurch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eher krisen- und konzentrationsanfällig. Lösung: Mittelständischen Unternehmen muss der Zugang zum Eigenkapitalmarkt, der Börse, offen stehen. Die Gesellschaftsform der AG soll für mittelständische Betriebe attraktiver gemacht werden durch: - z. T. bereits durchgeführte steuerrechtliche Änderungen, durch die nachteilige Belastungen gegenüber anderen Gesellschaftsformen abgeschafft worden sind - Änderungen des Gesellschaftsrechts durch Erleichterungen und Deregulierung - Gründung durch eine Person - Vereinfachung bestimmter Formalien - Einschränkung des Bezugsrechts bei Ausgabe neuer Aktien - Gleichbehandlung von AGs und GmbHs hinsichtlich der Mitbestimmung auc bei Gesellschaften mit weniger als 500 Beschäftigten. Inhaberaktien leicht übertragbar
Die Organe der AG
Die AG hat drei Organe, durch die sie handelt: •
den Vorstand
•
den Aufsichtsrat
•
die Hauptversammlung.
hohe Verkehrsfähigkeit interessant für Anleger, die ihre Anlage häufiger wechseln möchten, z. B. Spekulationsgeschäfte
Abb. 10:
Namensaktien mehrere Voraussetzungen müssen zur Übertragung erfüllt sein geringere Verkehrsfähigkeit Vorteil: Ein Mitgliedschaftswechsel kann von der Gesellschaft nachvollzogen werden, die Mehrheitsverhältnisse in der Hauptversammlung ändern sich nicht
Die Unterschiede zwischen Inhaber- und Namensaktien
3.
Gesellschaftsrecht
3.3.1.3.1 Der Vorstand Der Vorstand leitet die Gesellschaft unter eigener Verantwortung (in der Regel jeweils 5 Jahre). Der Vorstand besteht aus ein oder mehreren Personen (siehe Abb. 11). Die Vorstandsmitglieder sind angestellt; sie können, müssen aber nicht Aktionäre sein. Dem Vorstand obliegt die Geschäftsführung und die Vertretung der Gesellschaft, er ist für die Erstellung des Jahresabschlusses verantwortlich. Ferner hat der Vorstand dem Aufsichtsrat regelmäßig über die Geschäftspolitik, den Umsatz und weitere bedeutende Merkmale der Situation des Unternehmens Bericht zu erstatten. Eine weitere Aufgabe des Vorstandes ist die Einberufung der Hauptversammlung. 3.3.1.3.2 Der Aufsichtsrat Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen. Als Kontrollorgan kann er die Bücher einsehen und prüfen. Der Aufsichtsrat hat den Jahresabschluss und den Vorschlag für die Gewinnverteilung zu prüfen und der Hauptversammlung darüber Bericht zu erstatten. Ihm obliegt die Aufgabe, den Vorstand zu bestellen (siehe Abb. 12) und gegebenenfalls auch abzuberufen. Zudem hat der Aufsichtsrat eine ordentliche Hauptversammlung einzuberufen, wenn es das Wohl der Gesellschaft erfordert. Der Aufsichtsrat besteht aus mindestens drei Mitgliedern, die Höchstzahl der Mitglieder ist gesetzlich zwischen neun und einundzwanzig Mitgliedern, je nach der Höhe des Grundkapitals, bestimmt. Der Aufsichtsrat wird für vier Jahre gewählt. Hinsichtlich seiner Zusammensetzung bestehen verschiedene Regelungen. 3.3.1.3.3 Die Hauptversammlung Die Aktionäre üben ihre Rechte in der Hauptversammlung aus. Die Hauptversammlung ist die Versammlung der Aktionäre, an der der Vorstand und der Aufsichtsrat teilnehmen sollen.
235 Geschäftsordnung für den Vorstand § 77 AktG Dei Aufsichtsrat der DMW AG erlässt gemäß § 41 der Satzung die nachstehende Geschäftsordnung für dem Vorstand: 1. Der Vorstand hat die Geschäfte der Gesellschaft nach dem Aktiengesetz, der Satzung und dieser Geschäftsordnung zu führen. 2. Die Geschäfte des Vorstandes werden durch die beiden Bereiche Verwaltung und Technik abgedeckt. Sie werden auf die beiden Vorstandsmitglieder verteilt. Der Aufsichtsrat kann aber mit Stimmenmehrheit seiner Mitglieder die Geschäftsverteilung abändern. Dabei ist auf § 17 der Satzung zurückzugreifen. ... 4. Jedes Vorstandsmitglied trägt die Mitverantwortung für die gesamte Geschäftsordnung der Gesellschaft. Zum Erlass von Weisungen istjedes Vorstandsmitglied nur innerhalb des ihm zugeteilten Gescnäftsbereiches berechtigt. 5. Die Vorstandsmitglieder sind nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt. Ist ein Prokurist berufen, so kann dieser in Zusammenwirken mit einem Vorstandsmitglied zur Vertretung der Gesellschaft befugt werden.
Abb. 11:
Zur Arbeit des Vorstandes – Auszug
Bestellung eines Vorstandsmitgliedes durch den Aufsichtsrat Niederschrift über die Sitzung des Aufsichtsrates der DMW AG in Hannover am 11. Juli 20.. Der Vorsitzende stellte die ordnungsmäßige Einladung und die vollzählige Anwesenheit der Mitglieder fest. Die mit der Einladung bekannt gemachte Tagesordnung wurde wie folgt erledigt: ... Zu Punkt 2 der Tagesordnung: Der Aufsichtsrat hat in geheimer Abstimmung einstimmig beschlossen: Frau Rechtsanwältin Jutta Klahrmann in 27580 Bremerhaven wird für die Dauer von drei Jahren zum weiteren Vorstandsmitglied der DMW AG bestellt. Gemäß § 5 der Satzung vertritt sie die Gesellschaft gemeinschaftlich mit einem anderen Mitglied des Vorstandes. Der dem Aufsichtsrat vorliegende Anstellungsvertrag wird genehmigt. ...
Abb. 12:
Bestellung des Vorstandes
236
Rechtliche Grundlagen
Zu den Rechten der Hauptversammlung gehören u.a.: •
grundsätzlich die Bestellung der Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat
•
die Bestimmung über die Verwendung des Bilanzgewinns
•
Kapitalerhöhung, -herabsetzung
•
weitere Fragen den Aufbau der Gesellschaft betreffend, wie ihre Fusion oder Umwandlung
•
die Auflösung der Gesellschaft.
Die Rechte werden durch Abstimmung in der Hauptversammlung ausgeübt, das Stimmrecht richtet sich nach den Aktiennennbeträgen. Die Beschlüsse werden mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst. Bei Satzungsänderungen ist eine sog. qualifizierte Mehrheit – mindestens 75% der Stimmen des vertretenen Grundkapitals – erforderlich. 3.3.1.4
Die Pflicht zur Rechnungslegung
In §264 ff. HGB ist die Pflicht von AG – und KGaA und GmbH – zur Aufstellung eines Jahresabschlusses mit einer Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung sowie eines Lageberichtes geregelt. Der Umfang der Pflicht zur Prüfung dieser Aufstellungen durch Abschlussprüfer und der Pflicht zur Veröffentlichung ist unterschiedlich nach der Größe der Gesellschaften geregelt. Die Größe wird nach den Kriterien Bilanzsumme, Umsatzerlöse und Anzahl der Arbeitnehmer ermittelt. 3.3.1.5
Die AG in der Praxis
Die absolute Zahl von Aktiengesellschaften ist gering, ihre wirtschaftliche Bedeutung jedoch groß. Dies liegt daran, dass es sich bei Aktiengesellschaften in der Regel um große Unternehmen handelt.
Abb. 13:
Wenn die Arbeitnehmer am Gesellschaftskapital beteiligt sind VIAG Aktiengesellschaft
Einladung zur Hauptversammlung Die Aktionäre unserer Gesellschaft werden hiermit zu der am Mittwoch, dem 11. Juli 20.., 11:00 Uhr, in der Beethovenhalle, Bonn, Wachsbleiche, stattfindenden ordentlichen Hauptversammlung eingeladen. Tagesordnung: 1. Vorlage des festgestellten Jahresabschlusses und des Lageberichtes für das Geschäftsjahr 20.. sowie des Berichts des Aufsichtsrates. Vorlage des Konzernabschlusses und des Konzernlageberichtes für das Geschäftsjahr 20.. 2. Verwendung des Bilanzgewinns 3. Entlastung des Vorstandes für das Geschäftsjahr 20.. 4. Entlastung des Aufsichtsrates für das Geschäftsjahr 20..l| 5. Wahlen zum Aufsichtsrat 6. Wahl des Abschlussprüfers für das Geschäftsjahr 20.. 7. Satzungsänderung 8. Schaffung eines genehmigten Kapitals I, Änderung von § 5 Abs. 4 der Satzung 9. Zustimmung zum Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages Der vollständige Wortlaut der Einberufung dieser Hauptversammlung ist im Bundesanzeiger Nr. 96/90 vom 23. Mai veröffentlicht. Letzter Hinterlegungstag für die Aktien ist der 29. Juni 20.. VIAG Aktiengesellschaft Georg-von-Boeselager-Str. 25, Bonn. Bonn, im Mai 20.. Der Vorstand
Abb. 14:
Originaleinladung des Vorstandes einer Aktiengesellschaft zur Hauptversammlung
3.
Gesellschaftsrecht
Wie bei der Beschreibung von Belegschaftsaktien bereits angedeutet, ist es von besonderer Bedeutung, dass sich über den Erwerb von einzelnen Aktien auch private Personen mit wenig Kapital an den Gesellschaften beteiligen können. Dies führt dazu, dass breite Teile der Bevölkerung an dem Produktionsvermögen Eigentum erwerben können. Darauf beruht auch die wirtschaftliche Bedeutung der AG, denn bei einem breiten Publikum können große Kapitalbeträge beschafft werden.
237 Zusammensetzung des Aufsichtsrats Unternehmen des Bergbaus und der Eisenund Stahlerzeugenden Industrie Montanmitbestimmungsgesetz Der Aufsichtsrat ist voll paritätisch zu besetzen. Zu gleicher Anzahl besteht er aus Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer sowie aus weiteren Mitgliedern, von denen eines neutral ist. Das neutrale Mitglied hat bei Stimmengleichheit die entscheidende Stimme. AGs, KGaAs, GmhHs, bergrechtliche Gewerkschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften mit in der Regel mehr als 2.000 Arbeitnehmern.
3.3.2 Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
Mitbestimmungsgesetz von 1976 Der Aufsichtsrat besteht je zur Hälfte aus Anteilseignern und Arbeitnehmern, wobei die Arbeitnehmerhälfte teilweise auch aus Vertretern der Gewerkschaften besteht. Bei Stimmengleichheit entscheidet der Aufsichtsratsvorsitzende, ein Anteilseigner.
Die GmbH ist im GmbH-Gesetz geregelt. Auch ist sie eine juristische Person. Der Name dieser Unternehmensform „mit beschränkter Haftung“ drückt aus, dass die Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft beschränkt ist auf das Gesellschaftsvermögen, mit welchem jedoch unbeschränkt gehaftet wird. Dies ist zwar grundsätzlich bei allen Kapitalgesellschaften der Fall, die GmbH ist jedoch als weitere Kapitalgesellschaft von dem Gesetzgeber insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen entwickelt worden. Die Gründung ist einfacher als bei der AG, sie unterliegt weniger gesetzlichen Regelungen, allerdings ist der Unterschied seit Inkrafttreten des „Gesetzes für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts“ nicht mehr so erheblich. Eine GmbH kann durch nur eine Person gegründet werden, was als Einmann-GmbH bezeichnet wird. Auch bei einer GmbH ist die Aufstellung einer Satzung erforderlich, die der notariellen Beurkundung bedarf. as Kapital einer GmbH ist das Stammkapital, es beträgt mindestens 25000 EUR. Das Stammkapital setzt sich aus den Stammeinlagen der Gesellschafter, ihren Geschäftsanteilen, zusammen. Zur Gründung der GmbH müssen mindestens 25% auf alle Stammeinlagen eingezahlt werden.
andere Unternehmen Betriebsverfassungsgesetz von 1952 Danach muss der Aufsichtsrat bei AGs und KGaAs, wenn sie bis zu 2.000 Arbeitnehmer beschäftigen, zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer bestehen. Dies gilt für andere Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit nur bei mehr als 500 Arbeitnehmern. Eine Beteiligung der Arbeitnehmer ist keine Voraussetzung für Familien-Aktiengesellschaften mit weniger als 500 Arbeitnehmern und seit Inkrafttreten des Gesetzes für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts für alle AGs mit weniger als 500 Beschäftigten, sofern sie nach Inkrafttreten dieses Gesetzes eingetragen worden sind.
Abb. 15:
Wie sich der Aufsichtsrat zusammensetzt
Aufgabe 4.
a)
Was versteht man unter Bezugsrechten, und welche Bedeutung haben sie?
b) Unter welchen Voraussetzungen würden Sie Ihr Verkaufsrecht von Bezugsrechten wahrnehmen?
238
Rechtliche Grundlagen
Die Übertragbarkeit gestaltet sich bei Geschäftsanteilen an einer GmbH schwieriger als bei Aktien: Die Geschäftsanteile werden nicht an der Börse gehandelt; sie sind jedoch vererblich und veräußerlich, eine Veräußerung muss notariell beurkundet werden. Wie die AG ist auch die GmbH in das Handelsregister einzutragen.
10. Mai 20..
Neueintragungen
•
den/die Geschäftsführer
HRB 58511 KaDe Stores GmbH Hamburg (Kimbernstieg 33). Ges.-Vertr. v. 7. Okt. 20.. ... Gegenstand des Unternehmens: der Groß- und Einzelhandel mit erlaubnisfreien Waren aller Art. Stammkapital: 25000,- EUR. Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer bestellt. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen Geschäftsführer zusammen mit einem Prokuristen vertreten. Geschäftsführer: Detlef Friedrichs, Kfm., Hamburg. Er vertritt allein. Nicht eingetr.: Bekanntmachungen der Gesellschaft erfolgen im Amtlichen Anzeiger, Teil II des Hamburgischen Gesetz- und Verordnungsblattes.
•
den Aufsichtsrat
Abb. 16:
•
die Gesellschafterversammlung.
3.3.2.1
Die Organe der GmbH
Auch die GmbH handelt durch drei Organe:
Wie dem Vorstand einer AG obliegt dem/den Geschäftsführer(n) die Leitung der GmbH und die Vertretung nach außen. Sie ist meist in einem Geschäftsführervertrag geregelt. Je nach der Größe der Gesellschaft haben auch GmbHs dieselben Pflichten zur Rechnungslegung wie Aktiengesellschaften, wofür die Geschäftsführung verantwortlich ist (siehe Abb. 16). Das GmbH-Gesetz sieht den Aufsichtsrat nicht als zwingendes Organ vor. Eine Pflicht zur Bestellung eines Aufsichtsrates besteht jedoch nach dem Betriebsverfassungsgesetz von 1952 für Gesellschaften mit mehr als 500 Arbeitnehmern. Für die Besetzung des Aufsichtsrates gilt das bei der Beschreibung des Aufsichtsrates Ausgeführte entsprechend. Die Gesellschafterversammlung hat mehr Rechte als die Hauptversammlung einer AG. Wenn die Geschäftsführer nicht bereits durch den Gesellschaftsvertrag berufen worden sind, werden sie von der Gesellschafterversammlung berufen und auch abberufen. Die Gesellschafterversammlung (siehe Abb. 18) stellt den Jahresabschluss fest, sie fasst Beschlüsse über die Gewinnverwendung, über Satzungsänderungen und überwacht die Geschäftsführung.
Neueintragungen
Aufgaben 5. a) Nach welchem Gesetz richtet sich die Zusammensetzung des Aufsichtsrates der DMW AG (kurze Begründung)? b) Ist der Aufsichtsrat der DMW AG voll paritätisch besetzt? c) Begründen Sie, warum Belegschaftsaktion zu befürworten sind! Ziehen Sie Abb. 13 zu Ihren Überlegungen hinzu. 6. a) Wo ist die GmbH gesetzlich geregelt? b) Wie viele Personen sind zur Gründung einer GmbH mindestens erforderlich? c) Welcher Form bedarf der Gesellschaftsvertrag? d) Wie wird das Kapital bezeichnet, das bei einer GmbH dem Grundkapital einer AG entspricht? e) Wie hoch muss dieses Kapital mindestens sein? f) Welchen Betrag muss die Einlage eines Gesellschafters mindestens erreichen? g) Können die Stammeinlagen der verschiedenen Gesellschafter unterschiedlich groß sein? h) Welche Organe hat jede GmbH i) Wann muss eine GmbH einen Aufsichtsrat haben?
3.
Gesellschaftsrecht
Einberufen wird die Gesellschafterversammlung von den Geschäftsführern. Die Anzahl der Stimmen eines Gesellschafters richtet sich nach der Größe seines Geschäftsanteils, jede 50 EUR gewähren eine Stimme. 3.3.2.2
Die GmbH in der Praxis
Die GmbH ist insbesondere bei Unternehmen von mittlerer Größe eine verbreitete Gesellschaftsform. Es gibt annähernd 150-mal so viele GmbHs wie AGs, wobei das Kapital insgesamt in einem Verhältnis von ungefähr 1,3 zu 1 steht. Die Anzahl von GmbHs ist nach der deutschen Wiedervereinigung deshalb gestiegen, weil die ehemaligen volkseigenen Betriebe in der Regel in GmbHs umgewandelt wurden. Die GmbH ist vor allem auch für Einzelunternehmer, die ein gewisses Kapital aufbringen können, jedoch nur beschränkt haften wollen, interessant. So sind fast ein Drittel aller GmbHs so genannte Einmann-GmbHs. Ähnlich wie bei offenen Handelsgesellschaften ist deshalb oftmals der Gesellschafter zugleich auch Geschäftsführer, jedoch haftet er nicht persönlich, sondern es wird lediglich mit dem Gesellschaftsvermögen gehaftet. Aus diesem Grund besteht jedoch eine geringere Kreditwürdigkeit von GmbHs im Vergleich zu offenen Handelsgesellschaften. Bei einem Vergleich zwischen AG und GmbH fällt auf, dass die Gründung einer GmbH wesentlich leichter ist und weniger Kapital benötigt wird, zudem haben die Gesellschafter einen größeren Einfluss auf die Gesellschaftspolitik. Diese Gründe und die Tatsache der erschwerten Übertragbarkeit der Geschäftsanteile haben dazu geführt, dass die GmbH eine beliebte Rechtsform für Familiengesellschaften geworden ist.
239 Kommanditgesellschaft Jani Gasttransport GmbH & Co. KG GmbH & Co. Teilhaber Klaus Jani Klaus Jani Peter Jani Peter Jani Gesellschaft als Kom- Gesellschafter als plementär Kommanditist
Abb. 17: Die typische GmbH & Co. KG 7. a) Wie alle Gesellschaften ist die GmbH auch gesetzlich geregelt. Überlegen Sie bitte, in welchem Gesetz Bestimmungen über diese Kapitalgesellschaft zu finden sind! b) Warum bedarf der Gesellschaftsvertrag einer GmbH einer notariellen Form? c) Versuchen Sie bitte, eine veröffentlichte Bilanz einer GmbH einzusehen! Wie heißt hiernach das von den Gesellschaftern eingebrachte Eigenkapital? Versuchen Sie auch, eine Bilanz einer AG zu bekommen! Wie setzt sich bei ihr das Eigenkapital zusammen? d) Die Fritz Altmann GmbH ist einer von mehreren Verwertungsbetrieben, der im Auftrag der DMW AG die Bestandteile außer Betrieb genommener Fahrzeuge zerlegt und stofflich verwertet. Die Stammeinlage des Gesellschafters Thomas Altmann, einem Sohn des Gründers, beträgt 70 000,EUR. Das Stammkapital der Gesellschaft beläuft sich auf 120 000,- EUR. Wie viele Stimmen gibt es bei der Gesellschafterversammlung, und wie viele Stimmen hat Thomas Altmann? e) Wie schon erwähnt: Im Gegensatz zu Aktiengesellschaften gibt es viele Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die in Verbindung mit Kommanditgesellschaften eine Einheit bilden, nämlich die GmbH & Co. KG. Die Konstruktion der typischen Gesellschaft ist in Abb. 17 gekennzeichnet. Was fällt Ihnen hierbei auf? Im Gegensatz dazu steht die atypische Gesellschaft. Wie könnte sie aussehen?
240
3.3.3 Die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) Die KgaG ist im Aktiengesetz definiert als eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, bei der mindestens ein Gesellschafter unbeschränkt haftet und die übrigen Gesellschafter an dem in Aktien zerlegten Grundkapital beteiligt sind, ohne persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu haften (die sog. Kommanditaktionäre). Dementsprechend bildet die KGaA eine Mischform zwischen KG und AG, die als juristische Person zu den Kapitalgesellschaften gehört. Die KGaA ist im Aktiengesetz geregelt, allerdings finden die Vorschriften über die KG Anwendung, so weit es um das Verhältnis der persönlich haftenden Gesellschafter untereinander, gegenüber den Kommanditaktionären und gegenüber Dritten geht. Im Übrigen werden die Regelungen des Aktiengesetzes entsprechend angewendet. Die Gründung bestimmt sich nach den Regelungen für die AG, wobei zu den Gründern alle persönlich haftenden Gesellschafter gehören müssen. Die persönlich haftenden Gesellschafter bilden den Vorstand der KGaA. Anders als bei der AG können sie nicht abberufen werden. Einerseits haben die persönlich haftenden Gesellschafter ein besonderes Interesse an dem Erfolg des Unternehmens, andererseits ist das Schicksal mit der Fähigkeit der persönlich haftenden Gesellschafter, denen die Leitung obliegt, verbunden. Die KGaA hat nur eine geringe Bedeutung im Wirtschaftsleben.
Rechtliche Grundlagen
Beispiel: Einberufung einer ordentlichen Gesellschafterversammlung der Jonas Kienzle Maschinenbau GmbH, einem Unternehmen, von dem die DMW AG Fertigungsanlagen bezogen hat. Einschreiben An die Gesellschafter der Jonas Kienzle GmbH Die unterzeichnenden Geschäftsführer der Jonas Kienzle GmbH laden Sie hiermit zu einer ordentlichen Gesellschafterversammlung für Montag den 9. Mai 20.., um 10:00 Uhr, in die Geschäftsräume der Gesellschaft ein. Tagesordnung: 1. Feststellung des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 20... Eine Abschrift des Jahresabschlusses ist beigefügt. 2. Gewinnverwendung Die Geschäftsführung schlägt vor, den Bilanzgewinn in Höhe von 738 650,- EUR zu einem Teilbetrag von 300 000,- EUR an die Gesellschafter auszuschütten, zu einem Teilbetrag von 300 000,- EUR in die freien Rücklagen einzustellen und zu einem Teilbetrag von 138 650,EUR auf neue Rechnung vorzutragen. 3. Entlastung der Geschäftsführer Münster, den 7. April 20.. Hubert Kienzle
Abb. 18:
Rita Weitermann
Einladung zur Gesellschafterversammlung
3.
Gesellschaftsrecht
241
3.3.4 Der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG) Ein VvaG ist ein Privatversicherungsunternehmen in der Form eines rechtsfähigen Vereins. Die Mitglieder sind gleichzeitig Versicherer und Versicherungsnehmer. Geregelt ist der VVaG im sog. Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), ergänzend finden die Regelungen des Aktiengesetzes Anwendung. Entsprechend hat ein VVaG folgende Organe: Vorstand, Aufsichtsrat und – ähnlich einer Hauptversammlung – die oberste Vertretung. Die Verbreitung von VVaGs ist verhältnismäßig groß, sie haben einen Marktanteil an Prämien von etwa gut einem Viertel.
3.3.5 Besondere Gesellschaftsformen 3.3.5.1
Die Genossenschaft
Der Begriff der – eingetragenen – Genossenschaft ist in §1 des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (GenG) definiert. Danach sind Genossenschaften Gesellschaften von nicht geschlossener Mitgliederzahl, welche die Förderung des Erwerbes oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes bezwecken. Eine eingetragene Genossenschaft ist zwar eine juristische Person, aber keine Kapitalgesellschaft, sondern ein wirtschaftlicher Verein. Genossenschaften gelten als Kaufleute im Sinne des HGB. Anders als die Handelsgesellschaften betreibt eine Genossenschaft selbst kein eigenständiges Handelsgewerbe zur Gewinnerzielung, sondern Zweck ist die wirtschaftliche Förderung und Unterstützung der Geschäftsbetriebe ihrer Mitglieder, den Genossen. So gibt es beispielsweise Einkaufsgenossenschaften von Landwirten, die auf diese Weise die Vorzüge von Großbestellungen nutzen können.
Abb. 19:
Der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit
Beispiel Anja Riemann hat im August 20.. eine Ausbildung bei der DMW AG zur Industriekauffrau begonnen. Zurzeit wohnt sie noch bei ihren Eltern, etwa 60 km entfernt. Da die Verkehrsverbindung nicht besonders gut ist, möchte Anja Riemann sich eine kleine Wohnung in Hannover suchen. Angesichts ihres beschränkten Einkommens ist es nicht leicht, eine für sie finanzierbare Wohnung zu finden. Sie erfährt, dass es die „Wohnungsbaugenossenschaft Hannover eG von 1952“ gibt. Gegenstand dieser Wohnungsbaugenossenschaft ist nach der Satzung die Errichtung von Wohnungen in Ein- und Mehrfamilienhäusern als Bauherr zur nutzungsweisen Überlassung an Mitglieder sowie die Betreuung und Verwaltung eigener und fremder Wohnungen. Frau Riemann bringt in Erfahrung, dass sie durch den Erwerb von Genossenschaftsanteilen für mindestens 1 200,- EUR Mitglied der Wohnungsbaugenossenschaft wird und so zu günstigen Bedingungen in Kürze eine Wohnung bekommen kann. Die Überlassung einer Wohnung führt zu einem Nutzungsrecht des Mitglieds.
242
Rechtliche Grundlagen
Zur Gründung sind mindestens sieben Genossen erforderlich, die schriftlich ein Statut (Satzung) festlegen müssen. Sodann werden der Vorstand und der Aufsichtsrat gewählt. Die Genossenschaft ist in das Genossenschaftsregister, das beim Handelsregistergericht geführt wird, einzutragen. Die Haftung der Genossen ist in der Satzung zu bestimmen. Möglich ist, dass nur die Genossenschaft mit ihrem Vermögen haftet, die einzelnen Genossen aber keine Nachschusspflicht trifft. In diesem Fall haften sie also lediglich mit ihrem Geschäftsanteil. Es kann aber auch bestimmt werden, dass die Genossen bis zu einer bestimmten Summe oder sogar in unbeschränkter Höhe Nachschüsse leisten müssen. Die Nachschusspflicht besteht nur gegenüber der Genossenschaft, die Gläubiger können die Genossen nicht selbst unmittelbar in Anspruch nehmen. Genossenschaften gibt es in Deutschland bereits seit fast 150 Jahren. Aufgrund der weit reichenden Vorteile für die Genossen gibt es etwa gut 7000 Genossenschaften. Das macht deutlich, dass den Genossenschaften eine besondere, gesamtwirtschaftliche Bedeutung zukommt. Eine besondere gesellschaftliche Aufgabe erfüllen Baugenossenschaften. Mit ihren Genossenschaftsanteilen wird es den Genossen ermöglicht, in die von der Genossenschaft gebauten und betriebenen Wohnhäuser zu ziehen, d.h. eine Mietwohnung zu bekommen. 3.3.5.2
Die GmbH & Co. KG
Die GmbH & Co. KG ist eine kombinierte Rechtsform einer Kapitalgesellschaft mit einer Personengesellschaft. Es handelt sich bei dieser Unternehmensform um eine KG, deren persönlich haftender Gesellschafter eine GmbH ist.
Alle gemeinnützig anerkannten Wohnungsbaugenossenschaften sind verpflichtet, Nutzungsverträge nur nach dem vorgeschriebenen Mustervertrag abzuschließen. Nachdem Frau Riemann die verlangten Mietzinse anderer Wohnungen verglichen hat mit dem Nutzungsentgelt, das die Wohnungsbaugenossenschaft fordert, stellt sie fest, dass sie über die Genossenschaft zu besseren Konditionen eine Wohnung bekommen kann.
Aufgabe 8. a) Es kommt vor, dass die Gläubiger eines verschuldeten Unternehmens dieses durch weitere Kapitalzufuhr zu sanieren versuchen, um sich selbst größere Verluste zu ersparen. Dies ist insbesondere dann zweckmäßig, wenn sich das Unternehmen in einer vorübergehenden Krise befindet. Weshalb wäre die Umwandlung des sanierungsbedürftigen Unternehmens in eine GmbH & Co. KG möglicherweise für die Gläubiger empfehlenswert? b) Die Spedition H. Brinker KG besteht seit 70 Jahren als Familienunternehmen, bei welchem auch einige Kommanditisten nicht zur Familie gehören, sondern nur aus wirtschaftlichen Gründen beteiligt sind. Der Komplementär Georg Brinker, ein Enkel des Gründers, ist verstorben. Seine Kinder sind noch zu jung, um die Leitung des Unternehmens zu übernehmen, seine verwitwete Ehefrau traut sich diese Aufgabe nicht zu. Dennoch möchte die Familie Brinker keinen Außenstehenden, der fachlich und finanziell dazu in der Lage wäre, zum Komplementär machen, weil ein Fremder nicht die starke Stellung des persönlich haftenden Gesellschafters einnehmen soll. Weshalb wäre die Umwandlung in eine GmbH & Co. KG vorteilhafter als in eine GmbH?
3.
Gesellschaftsrecht
243
Als KG ist die GmbH & Co. KG primär eine Personengesellschaft, obwohl keine natürliche Person unbeschränkt haften muss. Die Geschäftsführung obliegt der KomplementärGmbH, die durch ihren Geschäftsführer handelt. Ursprünglich waren vor allem steuerliche Gesichtspunkte für die Gründung von GmbH & Co. KGs maßgebend. Nach der Änderung von Steuergesetzen ist dies bereits seit Mitte der siebziger Jahre kein bestimmendes Kriterium mehr. Die Kombination dieser beiden Rechtsformen führt zu einer breiten Gestaltungsvielfalt hinsichtlich der Rechtsbeziehungen. So sind heutzutage wohl gesellschaftsrechtliche Gründe entscheidend für die Bildung von GmbH & Co. KGs. Ein Vorteil ist die Haftungsbeschränkung (siehe Abb. 20), denn die persönlich haftende GmbH haftet nur mit ihrem Gesellschaftsvermögen. Ein weiterer Vorteil ist die erleichterte Möglichkeit der Kapitalbeschaffung. Durch Aufnahme weiterer Kommanditisten kann das Eigenkapital auf einfachere Weise als bei einer GmbH erhöht werden. Eine Umwandlung einer KG in eine GmbH & Co. KG bietet sich auch an, wenn sich bei einem länger bestehenden Familienunternehmen kein geeigneter Nachfolger für den einzig persönlich haftenden Gesellschafter findet. An dessen Stelle tritt dann die GmbH, die von einem fähigen Außenstehenden geleitet werden kann, dennoch behält die Familie ihre Gesellschafterstellung. Als Nachteil aus Sicht der Gesellschafter ist der größere Verwaltungsaufwand einer GmbH & Co. KG zu nennen. Es bestehen zwei Gesellschaften mit eigener Satzung, eigenen Organen sowie eigenen Bilanzierungspflichten. Dieser Nachteil spielt meist in Anbetracht der gewährten Vorteile jedoch nur eine untergeordnete Rolle.
Abb. 20:
Die Vorteile einer GmbH & Co. KG
Ergänzung zur GmbH & Co. KG Die Besonderheit einer solchen Gesellschaft ist auch in der Art der GmbH zu sehen. Handelt es sich um eine Ein-Mann-GmbH und ist der Geschäftsführer zugleich Eigentümer, so bestimmt dieser auch die KG allein, was ihm viel Macht verleiht. Handelt es sich um eine Mehrpersonen-GmbH, sind Entscheidungen für die KG sicher schwieriger zu fällen.
244
Rechtliche Grundlagen oHG
KG
AG
GmbH
GeschäftsGesamtführung, geschäftsführung, Kontrollrechte kann im Gesellschaftsvertrag einem oder mehreren Gesellschaftern übertragen werden
GbR
Jeder Gesellschafter allein, die übrigen haben ein Widerspruchsrecht, bei ungewöhnlichen Geschäften ist ein Beschluss aller Gesellschafter erforderlich, anderweitige Regelungen möglich
Jeder Komplementär allein, Widerspruchsrecht der übrigen Komplementäre. Bei ungewöhnlichen Geschäften müssen Kommanditisten zustimmen, Kommanditisten haben Überwachungsrechte, anderweitige Regelungen möglich
Vorstand; gemeinschaftlich, falls mehrere Personen im Vorstand sind. Die Satzung kann dies abweichend regeln; Kontrollrechte des Aufsichtsrates
Der/die Geschäftsführer gemeinschaftlich, falls mehrere Personen Geschäftsführer sind, dies kann abweichend geregelt werden; Kontrollrechte der Gesellschaftsversammlung
Haftung
Es haften die Gesellschafter mit dem Gesellschaftsvermögen und dem jeweiligen Privatvermögen, außerdem die Gesellschaft selbst mit dem Gesellschaftsvermögen
Die Gesellschaft haftet mit dem Gesellschaftsvermögen, daneben haften die Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen
Die Gesellschaft haftet mit dem Gesellschaftsverm ögen, daneben haften die Komplementäre mit ihrem Privatvermögen, nach Eintragung in das Handelsregister haften die Kommanditisten nur mit (in Höhe) ihrer Einlagen
Die AG haftet als juristische Person selbst
Die GmbH haftet als juristische Person selbst
Vermögen
Das Gesellschaftsvermögen steht den Gesellschaftern zur gesamten Hand (gemeinsam) zu, Rechtsträger ist die Gesamtheit der Gesellschafter
Das Gesellschaftsvermögen steht den Gesellschaftern zur gesamten Hand zu
Das Gesellschaftsvermögen steht allen Gesellschaftern – auch den Kommanditisten – zur gesamten Hand zu
Die AG ist als juristische Person selbst Vermögensträger
Die GmbH ist als juristische Person selbst Vermögensträger
Abb. 21:
Übersicht über die verschiedenen Gesellschaftsformen
Von einer Publikums- oder Kapitalanlagegesellschaft spricht man bei einer GmbH & Co. KG, für deren Kommanditbeteiligung öffentlich, beispielsweise in Zeitungen, Prospekten oder über Anlageberater, geworben wird. Bei derartigen Publikumsgesellschaften handelt es sich oftmals um sog. Abschreibungsgesellschaften, bei denen den Kommanditisten Verluste zugewiesen werden, um so die zu versteuernden anderweitigen Einkünfte zu vermindern.
Beispiel: Die DMW AG bucht häufiger Teilnehmerplätze bei Rhetorik- und Kommunikationsseminaren, die Sarah Fels und Tilman Möller veranstalten. Die beiden haben bislang eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gebildet, ihren Geschäftsumfang aber stetig erweitert und damit auch den Kapitalbedarf. So müssen sie zwei feste Mitarbeiter einstellen, hochwertige Computer anschaffen und repräsentative Räumlichkeiten anmieten. Sie haben sich deshalb entschlossen, selbst eine GmbH zu gründen und diese dann als persönlich haftenden Gesellschafter bei einer GmbH & Co. KG einzusetzen.
3.
Gesellschaftsrecht
Kennzeichnend ist, dass die Herrschaftsmacht den Gründern, die die Anteile an der Komplementär-GmbH besitzen, obliegt. Die Kommanditisten sind an der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages nicht beteiligt, sondern werden im Wege des Beitritts Mitglied der Gesellschaft.
3.4.
245
Sie beabsichtigen, Kunden als Kapitalgeber zu gewinne und verschicken deshalb ein entsprechendes Rundschreiben. Die DMW AG ist zwar nicht interessiert, eine solche Kapitalbeteiligung passt nicht in ihr Konzept, aber einige der anderen Kunden beteiligen sich gern an dem expandierenden Unternehmen.
Unternehmenszusammenschlüsse
In der Wirtschaft lässt sich eine zunehmende Konzentration der Unternehmen beobachten. Große Unternehmen kaufen kleinere Konkurrenten auf und gliedern sie in ihr Unternehmen ein, oder es findet eine Kooperation zwischen Unternehmen statt. Ebenso ist feststellbar, dass sich konzentrierte Unternehmen trennen, weil die Einzelunternehmen nicht synchronisiert werden könnten (vergl. S 247: Zeitungsnotiz). Die Formen der Unternehmenszusammenschlüsse reichen von verhältnismäßig lockeren Bedingungen, bei denen die einzelnen Unternehmen ihre rechtliche und wirtschaftliche Selbstständigkeit behalten, bis zur Verschmelzung der Unternehmen zu einer einzigen Gesellschaft, bei der die einzelnen Unternehmen ihre rechtliche und wirtschaftliche Selbstständigkeit aufgeben.
3.4.1 Die verschiedenen Formen von Unternehmenszusammenschlüssen 3.4.1.1
Konsortium
Ein Konsortium ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die nur vorübergehend zur Vornahme bestimmter Aufgaben gebildet wird.
Abb. 22:
Konzentrationsformen
Aufgabe 9.
a)
Nachfolgend sind stichwortartig einige Vorteile von Unternehmenszusammenschlüssen genannt. Bitte schildern Sie jeweils kurz, wieso Unternehmenszusammenschlüsse für die Unternehmen zu diesen Vorteilen führen! •
Steigerung der Wirtschaftlichkeit
•
Verbesserung Wettbewerbsstellung
•
Risikostreuung, Risikoverringerung
•
Stärkung der Finanzkraft
der
246
Rechtliche Grundlagen
Die Unternehmen, die Mitglieder des Konsortiums sind, bleiben völlig selbstständig. Bekannt sind insbesondere Bankkonsortien, beispielsweise in der Form eines Kreditkonsortiums, bei welchen mehrere Banken gemeinsam einen Kredit gewähren. 3.4.1.2
Kartell
Kartelle sind Zusammenschlüsse von gleichartigen Unternehmen (siehe horizontale Konzentration), die die Verringerung oder Ausschaltung des Wettbewerbs bezwecken. Die einzelnen Unternehmen behalten ihre rechtliche Selbstständigkeit, gehen aber in wirtschaftlicher Hinsicht Bindungen ein. Nach §1 des Gesetzes über Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sind Kartellverträge, die geeignet sind, die Erzeugung oder die Marktverhältnisse für den Verkehr mit Waren oder gewerblichen Leistungen durch Beschränkung des Wettbewerbs zu beeinflussen, unwirksam, also verboten. Untersagt sind beispielsweise Preiskartelle, wie etwa Absprachen zwischen Mineralölgesellschaften hinsichtlich des Benzinpreises. Die nachfolgenden Regelungen des GWB zählen einige erlaubte Kartelle auf, die entweder nur anmeldepflichtig oder aber genehmigungspflichtig sind. Ein Beispiel für ein anmeldepflichtiges Kartell ist ein Konditionenkartell. Dabei geht es um Vereinbarungen über die einheitliche Anwendung von allgemeinen Geschäfts-, Lieferungs- und Zahlungsbedingungen, wobei sich die Regelungen nicht auf Preise oder Preisbestandteile beziehen dürfen. Ein genehmigungspflichtiges Kartell ist etwa ein Syndikat, bei welchem zwecks Rationalisierung gemeinsame Beschaffungs- oder Vertriebseinrichtungen gebildet werden.
b) Auch volkswirtschaftlich betrachtet haben Großunternehmen, denen oftmals wirtschaftliche und auch politische Macht zukommt, Vorteile. Meist sind nur größere Unternehmen in der Lage, intensiv Forschung und Entwicklung zu betreiben, was für den gesamten Inlandsmarkt – z. B. auch aufgrund entsprechender Folgeaufträge – von Bedeutung sein kann und auch zur Sicherung von Arbeitsplätzen führt. Großunternehmen tragen erheblich zur Steigerung des Bruttosozialproduktes und damit zum Lebensstandard der Einzelnen bei. Gesamtwirtschaftlich gesehen führt die stetige Bildung größerer Unternehmen jedoch nicht nur zu Vorteilen. Erklären Sie, weshalb! Beispiel: Die DMW AG hat selbst schon unter den Auswirkungen von Unternehmenszusammenschlüssen anderer Unternehmen zu leiden gehabt. Als im Vergleich zu anderen deutschen Autoproduzenten verhältnismäßig kleines Unternehmen hat die DMW AG je nach der Konjunkturlage Wettbewerbsnachteile bei Verhandlungen mit Zulieferern in Kauf zu nehmen. Ist die Nachfrage aufgrund der guten konjunkturellen Entwicklung hoch, hat die DMW AG schon die Nachfragemacht großer, zusammengeschlossener Unternehmen spüren müssen. So scheiterten einige Anfragen bei bestimmten Zulieferern bereits daran, dass diese – wenn auch nicht ausdrücklich, so doch indirekt – zu verstehen gaben, keine Geschäftsbeziehungen mit der DMW AG führen zu können, da sie an einen bestimmten anderen Autohersteller gebunden seien.
Gesellschaftsrecht
3.4.1.3
Interessengemeinschaft
Ähnlich wie bei einem Kartell bleiben die Unternehmen auch bei einer Interessengemeinschaft rechtlich selbstständig, verpflichten sich aber zivilrechtlich zu wirtschaftlichen Bindungen. Diese Bindungen sind meist enger als bei einem Kartell, wobei es in der Regel aber nicht um Wettbewerbsbeschränkungen geht, sondern um die Durchführung gemeinsamer Projekte zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit. Meist wird bei einer Interessengemeinschaft ein Gewinnpool gebildet, wobei die Verteilung des gemeinsam erwirtschafteten Gewinns nach einem bestimmten Schlüssel erfolgt. 3.4.1.4
Konzern
Die zu einem Konzern zusammengeschlossenen Unternehmen bleiben rechtlich selbstständig, verlieren jedoch ihre wirtschaftliche Selbstständigkeit, da sie unter einheitlicher Leitung stehen. Besonders häufig sind Aktiengesellschaften Konzernunternehmen, da Beteiligungen auf einfache Art und Weise über den Kauf von Aktien realisiert werden können. Aus diesem Grund befinden sich einige Regelungen zum Konzernrecht im Aktiengesetz. Am häufigsten kommt der Konzern in der Form des Unterordnungskonzerns, mit einer Mutter- und vielen Tochtergesellschaften, vor. Bei einem Gleichordnungskonzern stehen die Unternehmen ohne ein Abhängigkeitsverhältnis nebeneinander, aber dennoch unter einheitlicher Leitung. Eine Holdinggesellschaft hält als Dachgesellschaft eines Konzerns die Geschäftsanteile oder Aktien der Konzernunternehmen, um diese zu kontrollieren und möglicherweise zu leiten. Die Anteilseigner der zum Konzern gehörenden Unternehmen übertragen ihre Anteile auf die Holding, wofür sie wiederum Anteile an der Holdinggesellschaft erhalten.
247
Auch preislich haben sich teilweise Nachteile ergeben. Aufgrund ihrer hohen Nachfragemacht können Großunternehmen manchmal Preisnachlässe in beträchtlicher Höhe erzwingen, die anderen, kleineren Nachfragern nicht gewährt werden. Dies führt in weiterer Konsequenz dazu, dass die großen Autohersteller günstiger produzieren konnten und somit eher in der Lage waren, den Kunden Preisnachlässe zu gewähren, falls der Absatzmarkt dies erforderte. Bei einer guten konjunkturellen Lage mit einer hohen Nachfrage auch seitens der Kunden kann sich die Macht größerer Unternehmen aber auch gegenüber den Verbrauchern nachteilig auswirken, weil die Unternehmen dann überhöhte Preise für ihre Produkte fordern können.
zunehmende Abhängigkeit
3.
vollkommen rechtlich und wirtschaftlich selbstständig, nur vorübergehende Bindungen
- Konsortium
rechtlich selbstständig, wirtschaftliche Bindungen
- Kartell - Interessengemeinschaft
rechtlich selbstständig, wirtschaftlich unselbstständig, da einheitliche Leitung
- Konzern
rechtlich und wirtschaftlich unselbstständig
- Trust
Abb. 23 a:
Unterscheidung der Zusammenschlüsse nach dem Grad der rechtlichen und wirtschaftlichen Selbstständigkeit.
Die Krise der Airbus-Industrien durch den A 380 (Lieferschwierigkeiten der Zulieferer für Airbusteile) wird folgenschwer sein. Die Hauptwerke in Toulouse und Hamburg stehen vor großen Veränderungen. Hamburg wird von 7 Standorten beliefert. Es gibt Berichte, wonach sich Airbus von mehreren Betrieben trennen wird, damit diese in Eigenverantwortung ihre Produktion bestimmen und die Belieferung der Hauptwerke eigenständig sicherstellen. Mehr Wettbewerb soll zu besserer Versorgung führen.
Abb. 23 b:
Ein Konzern in der Krise (Oktober 2006)
248
3.4.1.5
Rechtliche Grundlagen
Trust
Bei einem Trust verschmelzen mehrere Unternehmen zu einem neuen Unternehmen, oder ein Unternehmen geht vollständig in einem anderen Unternehmen auf. Dieser Vorgang wird auch als Fusion bezeichnet. Hierbei handelt es sich um die weitestgehende Form eines Unternehmenszusammenschlusses, das Unternehmen verliert sowohl seine wirtschaftliche als auch seine rechtliche Selbstständigkeit.
3.4.2 Unterscheidung der Zusammenschlüsse nach der Wirtschaftsstufe
München – MAN geht im Übernahmepoker um Scania in die Offensive. Das Unternehmen setzt den schwedischen LKW-Bauer durch Aufstockung seines Anteils unter Druck. Die Münchner halten nun 14,27 Prozent der Stimmrechte und 11,48 Prozent des Scania-Kapitals, hieß es. Zugleich erhöhte MAN den Angebotspreis. Scania und der zweitgrößte Investor AB reagierten mit scharfer Ablehnung. ScaniaHauptaktionär VW äußerte sich dagegen nicht und kündigte eine Sondersitzung des Aufsichtrates an, die offenbar für Sonntag geplant ist. Abb. 25 a:
Horizontale Verflechtung (HH Abendblatt, 9.10.2006)
Abb. 25 b:
Darstellung des Gothaer Konzerns um 1990
Unternehmenszusammenschlüsse können auch nach der Wirtschaftsstufe unterschieden werden: Bei der horizontalen Konzentration vereinigen sich Unternehmen der gleichen Produktions- oder Handelsstufe, wie etwa der Zusammenschluss mehrerer Warenhäuser oder Kosmetikhersteller. Zusammenschlüsse auf vertikaler Ebene liegen vor, wenn sich Unternehmen, die in aufeinander folgenden Produktions- oder Handelsstufen tätig sind, zusammenschließen. Von einer diagonalen Konzentration spricht man (siehe Abb. 24), wenn sich Unternehmen unterschiedlicher Branchen zusammenschließen.
Abb. 24:
Unternehmenszusammenschlüsse, unterschieden nach der Wirtschaftsstufe
Teil 2: Der Kaufmann
249
Teil 2: Der Kaufmann „Kaufmann“ ist ein Begriff des Handelsrechts. Die Ausbildungsberufe Industrie-, Bankkaufmann/frau etc. haben nichts mit dem juristischen Begriff Kaufmann zu tun. Grundsätzliche Voraussetzung für einen Kaufmann ist das Betreiben eines Gewerbes. Unter Gewerbe ist jede selbstständige Tätigkeit, die auf eine gewisse Dauer angelegt und auf Gewinnerzielung gerichtet ist, zu verstehen. Hierunter fallen jedoch nicht die sog. freien Berufe, wie etwa Arzt oder Anwalt, und auch nicht die Urproduktion (u. a. Land- und Forstwirtschaft, Bergbau, Tierzucht). Die früher vorgenommene Unterscheidung zwischen Voll- und Minderkaufleuten wurde mit der Reform des Handelsgesetzbuches (HGB) 1998 aufgegeben. Das HGB unterscheidet heute zwischen folgenden Kaufmannsbegriffen:
Abb. 1:
Aufgabe 1.
a)
Istkaufmann Nach § l Abs. l HGB ist Kaufmann, wer ein Handelgewerbe betreibt. Nach § l Abs. 2 HOB ist ohne Rücksicht auf die Branche jeder Gewerbebetrieb ein Handelsgewerbe, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb nicht erfordert (Kleingewerbe). Kannkaufmann Nach § 2 HGB gilt jedes im Handelsregister eingetragene gewerbliche Unternehmen als Handelsgewerbe, selbst wenn es „nicht schon nach § l Abs. 2 Handelsgewerbe ist“, d.h. auch dann, wenn es sich um ein Kleingewerbe handelt, das nach Art und Umfang einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb nicht erfordert.
Entstehen der Kaufmannseigenschaft
Wie definiert das Handelsgesetzbuch den Begriff der Firma? Nennen Sie Beispiele, wie Einzelkaufleute zeichnen dürfen.
b) Welche Sanktionen drohen einem Istkaufmann, der sich nicht in das Handelsregister eintragen lässt? c)
Wirkt die Eintragung in das Handelsregister bei einem. Kannkaufmann konstitutiv oder deklaratorisch?
d) Der Metzgermeister Rüdiger Schmitz beschäftigt einen Gesellen und einen Lehrling. Die Metzgerei hat einen Jahresumsatz von 250.000 EUR und wird nur von einem Lieferanten versorgt. Die Abrechnung mit diesem erfolgt teils durch Barzahlung teils durch Banküberweisung. Rüdiger Schmitz übernimmt für Kreditschulden seines Bekannten Horst Meyer eine Bürgschaft gegenüber der DBank.
250
Dies trifft z.B. auf Trödler oder kleine Handwerksbetriebe zu. Unter kaufmännischer Einrichtung in diesem Sinne ist insbesondere kaufmännische Buchführung, Bilanzierung und Organisation zu verstehen. Maßgebliche Kriterien für die Erforderlichkeit kaufmännischer Einrichtungen sind für den Umfang beispielsweise Umsatz, Zahl der Beschäftigten, Anlage- und Betriebskapital und für die Art beispielsweise die Vielfalt des Geschäftsgegenstandes, die Inanspruchnahme von Kredit- oder Teilzahlungen und der Umfang der Geschäftskorrespondenz. Kleingewerbe sind somit grundsätzlich nicht kaufmännisch, sie können sich aber im Handelsregister eintragen lassen und erhalten dadurch dann die Kaufmannseigenschaft. Sie werden als Kannkaufleute bezeichnet, da sie ein Wahlrecht haben, ob sie sich in das Handelsregister eintragen lassen. Land- und Forstwirte Betriebe der Land- und Forstwirtschaft werden nicht von § l und § 2 Handelsgesetzbuch erfasst, so dass sie kraft Gesetz keine Kaufleute sind. Sie können sich jedoch in das Handelsregister eintragen lassen, wenn ihr Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb erfordert ( § 3 HGB). Dies gilt auch für land- oder forstwirtschaftliche Nebenbetriebe, also wenn die Erzeugnisse vertrieben werden, wie z.B. in Molkereien oder Sägewerken. Landwirtschaftliche Tätigkeit setzt voraus, dass der Grund und Boden in bestimmter Weise genutzt wird. So betreiben Gärtnereien nur dann Landwirtschaft i.S.d. § 3 HGB, wenn der Betrieb auf Gewinnung und Züchtung von Pflanzen im Eigenanbau gerichtet ist. Der bloße Vertrieb von gekauften Pflanzen stellt keine Landwirtschaft dar.
Rechtliche Grundlagen
Nach einigen Monaten nimmt die DBank Rüdiger Schmitz in Anspruch. Dieser wendet ein, die Bank müsse sich erst an Horst Meyer halten. Ist Rüdiger Schmitz Kaufmann und welche Bedeutung hätte dies für die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft? e)
Konrad Müller betreibt ein kleines Lebensmittelgeschäft und tritt nach außen als „Großhandel Müller“ auf. Kann er sich darauf berufen, nicht ins Handelsregister eingetragen zu sein?
h) Eine Initiative betroffener Familien gründet eine Behindertentagesstätte. Betreut werden behinderte Familienmitglieder von Mitgliedern. Die Initiative will die Tagesstätte als GmbH & Co. KG führen und meldet sie zur Eintragung in das Handelsregister an. Wird die GmbH & Co. KG eingetragen werden (mit Begründung)? i)
Der Baustoffhändler Reiner Ramcke hat an die V. Schröder KG, eine Bauuntemehmung, Baumaterial geliefert. Beide sind im Handelsregister eingetragen. Beim Einbau der Materialien drei Monate später zeigt sich, dass die Baumaterialien schadhaft sind, was auch erkennbar war. Sind die Parteien Kaufleute, und weshalb ist dies von Bedeutung?
Beispiel: Geschäft unter Kaufleuten Die DMW AG und die Kern GmbH & Co. KG haben konkrete Verhandlungen über den Kauf von Autoreifen geführt, die die Kern GmbH & Co. KG vertreibt. Der Einkäufer der DMW AG, Herr Cremer, ist der Ansicht, dass es zwischen ihnen zu einem Vertragsschluss gekommen ist, und zwar dergestalt, dass die DMW AG zunächst sechs Monate lang pro Monat 5 000 Reifen 135 SR 13 abnimmt zu einem Stückpreis von 34 EUR.
Teil 2: Der Kaufmann
Handelsgesellschaften Handelsgesellschaften sind solche, die im Handelsregister eingetragen werden. Nach § 6 Abs. l HGB sind die für die Kaufleute geltenden Vorschriften auf sie anwendbar. Auch Gesellschaften, die ein Kleingewerbe betreiben, können sich eintragen lassen. Formkaufmann Nach § 6 Abs. 2 HGB gelten bestimmte Gesellschaften auch dann als Handelsgesellschaften, wenn sie kein Handelsgewerbe betreiben. Formkaufleute in diesem Sinne sind die GmbH, die AG, die KGaA und die Genossenschaft. § 6 Abs. 2 HGB stellt klar, dass diese auch dann Kaufleute sind, wenn nach Art und Umfang kein kaufmännischer Geschäftsbetrieb erforderlich ist oder wenn sie überhaupt kein Gewerbe betreiben. Zu beachten ist, dass sich die Kaufmannseigenschaft jeweils auf die juristische Person als solche bezieht, nicht aber auf die Gesellschafter, den Vorstand oder die Geschäftsführer. Fiktivkaufmann § 5 HGB bestimmt, dass Gewerbetreibende, die im Handelsregister eingetragen sind, sich nicht darauf berufen können, dass das unter der Firma betriebene Gewerbe kein Handelsgewerbe sei. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist allerdings gering, da ein Kleingewerbetreibender, der behauptet kein Handelsgewerbe zu betreiben, bereits nach § 2 HGB Kaufmann ist.
251
Herr Cremer schickt der Kern GmbH & Co. KG ein Bestätigungsschreiben, in welchem er den seiner Meinung nach zustande gekommenen Vertrag in allen Einzelheiten schriftlich festhält. Die Kern GmbH & Co. KG reagiert hierauf nicht. Als die erste Lieferung nicht erfolgt, fragt Herr Cremer bei der Kern GmbH & Co. KG nach. Diese teilt ihm mit, dass sie der Meinung sei, der vereinbarte Preis sollte nur für eine Stückzahl von 6 000 Reifen pro Monat gelten. Da man sich über den Preis für 5 000 Reifen nicht geeinigt habe, sei noch kein Vertrag geschlossen worden. Es ist unschädlich, dass sich nicht mehr feststellen lässt, wer recht hat, weil jedenfalls nach den Grundsätzen über das kaufmännische Bestätigungsschreiben ein entsprechender Vertrag zwischen den Parteien zustande gekommen ist. Danach muss der Empfänger, der das Bestätigungsschreiben widerspruchslos entgegennimmt, dessen Inhalt als richtig gegen sich gelten lassen. In diesem Fall gilt das Schweigen als Zustimmung. Diese Regelung galt als Handelsbrauch ursprünglich nur unter Kaufleuten, inzwischen findet diese gewohnheitsrechtliche Verkehrssitte aber auch auf andere Berufstätige Anwendung. Handelsregister negative Publizität Ein Kaufmann, für den eine Tatsache im Handelsregister einzutragen war, aber nicht eingetragen wurde, kann diese Tatsache einem Dritten nur dann entgegenhalten, wenn er beweist, dass der Dritte die einzutragende Tatsache kannte.
Scheinkaufmann Wer im Rechtsverkehr als Kaufmann auftritt, muss sich, soweit Treu und Glauben es erfordern, gegenüber Gutgläubigen an diesem Rechtsschein festhalten lassen.
positive Publizität Eine eingetragene Tatsache kann einem Dritten entgegengehalten werden (außer bei Rechtshandlungen, die innerhalb von 15 Tagen nach der Bekanntmachung vorgenommen werden, wenn der Dritte beweist, dass er die Tatsache weder kannte noch kennen musste. Rechtsscheinhaftung Ein Dritter kann sich auf eine unrichtig eingetragene Tatsache demjenigen gegenüber, für den sie einzutragen war, berufen, es sei denn, er kannte die Unrichtigkeit.
Abb. 2:
Publizität des Handelsregisters
252
Rechtliche Grundlagen
Teil 3:
Allgemeine Rechtsgeschäftslehre
Jedes Unternehmen schließt ständig eine Vielzahl von Rechtsgeschäften ab. Ein Rechtsgeschäft besteht aus mindestens einer Willenserklärung, woran der Eintritt eines rechtlichen Erfolges geknüpft ist. Mit einer Willenserklärung bringt eine Person ihren auf Erzielung einer Rechtsfolge gerichteten Willen zum Ausdruck.
1.
Arten von Rechtsgeschäften
Unterschieden wird zwischen einseitigen und zwei- oder mehrseitigen Rechtsgeschäften. Einseitige Rechtsgeschäfte bestehen nur aus der Willenserklärung einer Person, wohingegen für zwei- oder mehrseitige Rechtsgeschäfte die Willenserklärung zweier oder mehrerer Personen erforderlich ist. Personen in diesem Sinne sind nicht nur natürliche Personen, sondern auch juristische Personen, wie etwa eine GmbH. Der wichtigste Fall eines zweiseitigen Rechtsgeschäftes ist der Vertrag. Einseitige Rechtsgeschäfte werden meistens danach unterschieden, ob sie bereits mit Abgabe der Willenserklärung wirksam werden (nicht empfangsbedürftige Willenserklärung) oder erst mit Zugang (empfangsbedürftige Willenserklärung). Ein Großteil der Verträge, die in der Wirtschaft abgeschlossen werden, sind Kaufverträge. So werden Rohstoffe und Zulieferteile für die Fertigung, aber auch Material für die Büroarbeit, wie etwa Papier und Schreibmaterialien, eingekauft und die erstellten Produkte verkauft. Ein weiterer wichtiger Teil sind die Dienstverträge, die zwischen dem Unternehmen als Arbeitgeber und den Arbeitnehmern geschlossen werden. Auch Werk-, Miet-, Leasing- und Darlehensverträge sind wichtige Vertragsarten.
Zu den Willenserklärungen Mit einer Willenserklärung wünscht der Erklärende seinen Willen kundzutun. Demnach ist sie mehr als nur eine Information und mehr als nur eine einfache Erklärung. Ihr folgt nämlich eine Veränderung des bisher bestehenden Zustands. Möglicherweise durch eine Handlung. Wenn ein Erblasser letztwillig bestimmt, dass der Lebenspartner als Erbe eingesetzt wird, dann bekommt dieser, wenn der Todesfall eintritt und er das Erbe annimmt (Handlung), das vermachte Vermögen des Verstorbenen (Veränderung eines Zustands). Vergleichbares ist dem folgenden Schreiben zu entnehmen: "Diese Bestellung können Sie ganz oder teilweise schriftlich widerrufen (Handlung). Hierfür haben Sie eine Frist von einer Woche, gerechnet ab dem Tag Ihrer Bestellung. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung." Mit dem Eintreffen des rechtzeitigen Widerrufes wird die Bestellung storniert (Veränderung des Zustandes).
Aufgaben 1.
Die beiden Beispiele (siehe oben) stellen Willenerklärungen dar. Zu welcher Art gehören sie? Machen Sie den Unterschied und ihre Bedeutung klar!
2.
Zustandekommen von Verträgen
2. Zustandekommen von Verträgen 2.1
Der Inhalt von Verträgen
Den Inhalt der Verträge handeln die beteiligten Vertragspartner aus, und jeder ist bestrebt, seine Interessen möglichst gut durchzusetzen. So ist beispielsweise der Einkaufspreis von Rohstoffen oder einzubauenden Teilen von nicht unerheblichem Einfluss auf die insgesamt anfallenden Herstellkosten des Produktes und somit wesentlich für die Kalkulation des Verkaufspreises bzw. die Größe der Erfolgsmarge. Auch die Bedingungen der Dienstleistungsverträge mit den Arbeitnehmern können für den Erfolg des Unternehmens eine Rolle spielen. Einerseits ist dem Arbeitgeber daran gelegen, keine allzu hohen Gehälter zu zahlen, um Kosten zu sparen, andererseits aber benötigt er fähige und auch gut ausgebildete Arbeitnehmer, die dem Unternehmen ihre Arbeitskraft voll zur Verfügung stellen und somit auch ihren Preis haben. Die Arbeitnehmer demgegenüber sind an einem guten Gehalt interessiert und können auch durch angenehme Arbeitsbedingungen und Sozialleistungen motiviert werden und möglicherweise bessere Arbeitsergebnisse erzielen.
2.2
253
2.
Die DMW AG steht in Vertragsverhandlungen. Kaufobjekt: Metallschienen. Der Lieferant bietet 100 Schienen zum Preis von 20,70 EUR an, wenn 50 Hundertpakete abgenommen werden (Gesamtmenge: 5 000 Stück). Der Einkäufer der DMW AG antwortet umgehend, bestellt zum Preis von 20,70 EUR, macht aber darauf aufmerksam, dass er diesen Preis nur für 110 Metallschienen zu akzeptieren gewillt ist. Zwei Wochen später wird die Ware geliefert. Der Rechnungsbetrag lautet auf 1138,50 EUR (Basis von 20,70 EUR für 100 St.). a)
Ist im vorliegenden Fall ein Kaufvertrag zustande gekommen? Wenn ja, zu welchem Preis?
b) Wer stellte den Antrag, wer die Annahme?
Einigung der Vertragspartner
Ein Vertragsschluss setzt zunächst die Einigung der Vertragspartner über die wesentlichen Vertragsbestandteile voraus. Ein Vertrag besteht aus einem Antrag und der Annahme. Im Kaufvertrag spricht man von Angebot und Bestellung.
Abb. 1:
Einige Auswirkungen des Vertragsinhaltes (am Beispiel des Einkaufs von Zulieferteilen)
254
Rechtliche Grundlagen
Das Vertragsangebot muss inhaltlich so bestimmt sein und dem anderen so angetragen werden, dass das Zustandekommen des Vertrages nur noch von dessen Zustimmung abhängig ist. Bei einem Kaufvertrag müssen etwa der Kaufgegenstand und der Kaufpreis bestimmt sein, wohingegen beispielsweise bei einem Werkvertrag eine Vergütung nicht ausdrücklich vereinbart worden sein muss, da mangels einer Absprache die übliche Vergütung als vereinbart gilt. Am Beispiel des Zustandekommens eines Kaufvertrages sei verdeutlicht, dass jeder der Vertragspartner Antragender oder Annehmender (Besteller) sein kann. So kann etwa der Verkäufer (auf eine Anfrage hin) ein Angebot abgeben (Antrag), welches der Käufer durch die Bestellung annimmt (Annahme). Oder der Käufer gibt eine Bestellung auf, die sein Antrag beinhaltet („ich kaufe x Stück zum Preis von y EUR“), die der Verkäufer dadurch annimmt, dass er dem Käufer eine Bestellannahme zusendet oder sogleich liefert.
2.3
Nichtigkeitsgründe
Ferner muss die Einigung wirksam sein, es dürfen keine Nichtigkeitsgründe vorliegen. Ein solcher wäre etwa mangelnde Geschäftsfähigkeit. Unter Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit, wirksam Rechtsgeschäfte vornehmen zu können, zu verstehen. So sind etwa Kinder, die noch nicht sieben Jahre alt sind, geschäftsunfähig und Sieben- bis Achtzehnjährige nur beschränkt geschäftsfähig. Ein weiterer Nichtigkeitsgrund ist beispielsweise die Nichtbeachtung der gesetzlich vorgeschriebenen Form. So kann etwa ein Grundstück nicht mittels eines schriftlichen Kaufvertrages verkauft werden, vielmehr ist die notarielle Beurkundung erforderlich.
Zusätzliches zum Kaufvertrag Auf einem Hof einer Verkaufsniederlassung stehen mehrere unterschiedliche Vorführwagen zum Verkauf, in denen jeweils ein Schild mit Angaben zu dem Modell und dem Preis hängt. Mit einem Kunden steht der Niederlassungsleiter für einen bestimmten Wagen in Verhandlungen. Dieser Kunde ruft an und erklärt, dass er den Wagen nimmt. Nur wenig später betritt ein anderer Kunde den Verkaufsraum und sagt, dass er denselben Wagen kaufen möchte. Der Niederlassungsleiter sagt, dass der Wagen bereits verkauft sei. Der Kunde meint, dass mit ihm ein Kaufvertrag zustande gekommen sei, weil er das Angebot, das im Wagen hängt, angenommen habe. Der Niederlassungsleiter ist zu Recht der Meinung, dass mit dem zweiten Kunden kein Kaufvertrag zustande gekommen ist. Es ist im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln, ob ein rechtlich bindendes Angebot oder nur die Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes – eine sog. invitatio ad offerendum – vorliegt. Bei Äußerungen an die Allgemeinheit, wie beispielsweise in Schaufenstern oder Katalogen, handelt es sich nicht um Angebote, sondern nur um die Aufforderung, ein Angebot abzugeben. Ein rechtlich bindender Wille fehlt. Anderenfalls könnten beliebig viele Personen einen Vertrag über denselben Gegenstand zustande kommen lassen, den der andere nicht erfüllen könnte.
Abb. 2:
Die Nichtigkeitsgründe des BGB
3.
Verbraucherschutzvorschriften
255
3. Verbraucherschutzvorschriften Von den zahlreichen Verbraucherschutzvorschriften seien hier nur drei genannt, die auch beim Abschluss von Verträgen eine Rolle spielen.
3.1
Die Vorschriften zur Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305ff BGB)
3.1.1 Bedeutung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen Häufig verwenden Unternehmen bei Abgabe ihres Angebotes sog. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Unter AGB ist das „Kleingedruckte“, das sich oftmals z. B. auf der Rückseite von Vertragsformularen oder Angeboten befindet, zu verstehen. AGB sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. AGB spielen in der Praxis eine bedeutsame Rolle. Es gibt wohl kaum noch Versicherungen, Banken, Warenhersteller oder Transportunternehmer, die nicht grundsätzlich ihre AGB verwenden. Der Vorteil von AGB ist, dass sie einen Rationalisierungseffekt haben, sofern eine Vielzahl von gleichgelagerten Verträgen abgeschlossen wird. Das jeweilige Unternehmen braucht nicht stets neu zu überlegen, welche Liefer-, Gewährleistungs- oder Zahlungsbedingungen z. B. Bestandteil des jeweiligen Vertrages werden sollen. Die Verwendung von AGB kann jedoch nachteilig für die Vertragspartner der Verwender sein. Oftmals sind die AGB so ausgestaltet, dass sie einseitig zu Gunsten des Verwenders und damit zu Lasten der jeweiligen Vertragspartner sind.
Abb. 3:
Vertragspunkte, die u. a. typischerweise in Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt sind
Aufgabe 3.
a)
Die DMW AG hat vertragliche Beziehungen zu einem neuen Händler in Celle aufgenommen. Dieser Händler, Fritz Baldur, hat in seinen Verkaufsbedingungen u. a. auch die zu leistende Gewährleistung geregelt. Dort ist vorgesehen, dass der Käufer bei Mängeln an dem erworbenen Neuwagen auf den Anspruch auf Beseitigung beschränkt ist. Ist diese Klausel wirksam, welche Regelung im BGB findet vorliegend Anwendung?
256
Zwar müssen die Vertragspartner keine Verträge mit für sie nachteiligen Bedingungen abschließen. Häufig bleibt ihnen aber nichts anderes übrig, wenn sie die betreffende Dienstleistung in Anspruch nehmen wollen oder die jeweilige Ware dringend benötigen, zumal oftmals die konkurrierenden Anbieter ähnliche AGB verwenden. Davon abgesehen, ist für viele am Rechtsleben Beteiligte auch die Bedeutung der AGB nicht stets erkennbar. Diese wird insbesondere von Privaten oftmals erst erkannt, wenn es zu Schwierigkeiten in der Vertragsabwicklung kommt.
3.1.2 Einbeziehung der AGB in den Vertrag AGB sind keine rechtlichen Regelungen. Sie werden nur dann Inhalt des Vertrages, wenn der Verwender seinen Vertragspartner bei Vertragsschluss ausdrücklich auf die AGB hinweist bzw. – falls dies wegen der Art des Vertragsschlusses unverhältnismäßig schwierig ist – durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsabschlusses. Darüber hinaus muss der Vertragspartner die Möglichkeit haben, von dem Inhalt der AGB Kenntnis zu erlangen, und er muss mit der Geltung der AGB einverstanden sein.
3.1.3 Wichtige Regelungen der §§ 305ff BGB Vereinbaren die Parteien in einem bestimmten Punkt etwas anderes als in den AGB steht, so hat die Individualabrede Vorrang vor den AGB. Außerdem werden sog. „überraschende Klauseln“ in den AGB, mit denen der Vertragspartner nicht zu rechnen brauchte, nicht Bestandteil des Vertrages.
Rechtliche Grundlagen
b) Des Weiteren befindet sich in den Verkaufsbedingungen des Händlers Fritz Baldur eine Klausel, wonach der Käufer ein Jahr lang nach der Abnehme des Wagens seinen Treibstoff nur an bestimmten Tankstellen, mit denen Fritz Baldur eine vertragliche Übereinkunft getroffen hat, beziehen darf. Ist diese Klausel wirksam (mit Begründung)?
Auszug aus den Verkaufsbedingungen des Händlers Schuchardt, der besonders in MecklenburgVorpommern mehrere Niederlassungen hat: 5. Gewährleistung a) Der Verkäufer gewährleistet eine dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Fehlerfreiheit für ein Jahr nach Auslieferung. b) Der Käufer kann die Beseitigung von Fehleren und dadurch an anderen Teilen des Wagens verursachten Schäden (Nachbesserung) mit folgender Maßgabe verlangen: • Der Käufer kann die Ansprüche beim Verkäufer direkt oder bei vom Hersteller für die Betreuung des Kraftfahrzeugs anerkannten Betrieben geltend machen. • Der Käufer hat Mängel unverzüglich nach deren Feststellung bei dem in Anspruch genommenen Betrieb schriftlich anzuzeigen oder von dem Betrieb aufnehmen zu lassen. • Nachbesserungen erfolgen unverzüglich ohne Berechnung. Ersetzte Teile werden Eigentum des Verkäufers. • Für die bei der Nachbesserung eingebauten Teile wird bis zum Ablauf der Gewährleistungsfrist des Kraftfahrzeuges Gewähr aufgrund des Kaufvertrages geleistet. • Bei Betriebsunfähigkeit des Kraftfahrzeuges sorgt der nächstgelegene, vom Hersteller anerkannte Betrieb für ein kostenloses Abschleppen zum Zwecke der Ausführung der Nachbesserung. c) Kann der Fehler nicht beseitigt werden, oder sind weitere Nachbesserungsversuche für den Käufer unzumutbar, kann der Käufer Wandlung (Rückgängigmachung des Kaufvertrages) oder Minderung (Herabsetzung des Kaufpreises) verlangen. Ein Anspruch auf Ersatzlieferung besteht nicht.
Abb. 4:
Beispiel für Verkaufsbedingungen
3.
Verbraucherschutzvorschriften
Das eigentliche Ziel der §§305 ff. ist die Vornahme einer Inhaltskontrolle: Es werden Grenzen für die Geltung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gesetzt, wenn diese die gesetzlichen Regelungen einseitig zu Lasten des Vertragspartners abändern. So werden in den §§ 308, 309 einzelne Klauselverbote aufgezählt. Da diese einzelnen Klauselverbote aber nicht alle denkbaren Regelungen aufzählen können, die den Vertragspartner einseitig benachteiligen, existiert eine sog. Generalklausel in § 307 BGB. Danach sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, •
•
wenn die Regelung in den AGB mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren ist, oder wenn die Regelung wesentliche Rechte und Pflichten des Vertrages so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
Um den Verbraucherschutz zu stärken, haben nicht nur die einzelnen Vertragspartner das Recht, gewissen Klauseln anzugreifen. Vielmehr können etwa Verbraucherschutzverbände oder Industrie- und Handelskammern den Verwender von angreifbaren AGB auf Unterlassung verklagen.
Zusammenfassung Die Vorschriften zur Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff.) sind wichtige Vorschriften zum Schütze des Verbrauchers. Ihre Generalklausel mit dem Gebot von Treu und Glauben übt eine Art allgemeiner Schutzfunktion aus. Daneben enthält es weitere wichtige Bestimmungen, die den Bürgern im Geschäftsleben zugute kommen.
257
Beispiel: Herr Venden beauftragte eine Kfz-Werkstatt, den defekten Auspuff seines PKWs zu erneuern. Bei Abholung wundert er sich über die hohe Rechnung, stellt aber fest, dass der Meister zusätzlich Vergaser und Zündkerzen ausgetauscht und entsprechend berechnet hat. Herr Venden stellt den Meister zur Rede. Der antwortet, dass sowohl der Vergaser als auch die Zündkerzen dringend hätten erneuert werden müssen. In diesem Zusammenhang weist der Meister auf seine ausliegenden AGB (siehe Abb. 4) hin, nach deren Ziffer 6 der Auftrag auf Arbeiten, die der Meister für notwendig hält, erweitert werden kann. Herr Venden ist zu Recht empört: Diese Klausel ist gemäß § 9 AGBG unwirksam, da sie den Kunden unangemessen benachteiligt.
Aufgabe 3.
c)
Wieso wird der Kunde – Beispiel oben – unangemessen benachteiligt? Wieso hat der Gesetzgeber eine Generalklausel geschaffen? Begründen Sie Ihre Überlegungen!
§ 2 Abs. 1. Einbeziehung in den Vertrag Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrages, wenn der Verwender bei Vertragsabschluss 1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsabschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsabschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen.
Abb. 5:
Auszug aus dem AGBG
258
3.2
Rechtliche Grundlagen
Die Vorschriften über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften
Das im Mai 1986 in Kraft getretene Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften (HWiG) wurde mit der Schuldrechtsreform 2002 in das Bürgerliche Gesetzbuch integriert. Die §§ 312, 312 a und 355 BGB regeln jetzt den Direktvertrieb, worunter der persönliche Verkauf von Waren oder Dienstleistungen mittels eines eigenen Vertriebsnetzes nach anbieterinitiierter Kontaktaufnahme zu verstehen ist. Vom Begriff des Direktvertriebs werden nicht nur die typischen an der Haustür durch Vertreter geschlossenen Verträge erfasst, sondern beispielsweise auch Straßenverkäufe, Verkäufe am Arbeitsplatz, Kaffeefahrten mit Verkaufsveranstaltungen u.a.m.. Geschützt werden sollen Kunden, die unerwartet und unvorbereitet angesprochen werden und so möglicherweise übereilt einen Vertragsschluss tätigen. Insgesamt ist der Direktvertrieb zwar durchaus als seriös anzusehen. Dennoch hat sich dieser Vertriebszweig andererseits auch als besonders missbrauchsanfällig erwiesen. Gerade hier fällt es unseriösen Geschäftemachern leicht, durch besonders aggressive Verkaufsmethoden schnell Geschäfte zu machen. Die §§ 312, 312a, 355 BGB gelten nicht nur für Kaufverträge, sondern für alle Verträge, die auf eine entgeltliche Leistung gerichtet sind und bei denen die Willenserklärung des Kunden aufgrund der aufgeführten Situationen abgegeben wurde, somit auch z.B. Makler-, Dienst- und Werkverträge. Nach § 312, 355 BGB kann der Kunde seine Erklärung binnen 2 Wochen widerrufen. In § 315 Abs. l BGB ist ein abschließender Situationskatalog aufgestellt.
Haustürgeschäft o.ä. (ohne vorherige Bestellung)
Überrumplung, psychische Zwangslage
übereilter Vertragsschluss, keine gründliche Überlegung, keine Vergleichsmöglichkeiten
Gefahr überhöhter Preise, Erwerb von Gegenständen, die man gar nicht gewollt hat. Kunde bereut Geschäft
Bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 312, 355 BGB
Widerrufsrecht der Kunden
Frist: 2 Wochen ab Belehrung über Widerrufsrecht
Abb. 6:
Ausnahme: bei nachträglicher Belehrung beträgt die Widerspruchsfrist 1 Monat
Rechte beim Haustürgeschäft
Typische Fallgestaltungen des Direktvertriebs i.d.R. wettbewerbsrechtlich gebilligt • Haustürgeschäfte im Sinne von unbestellten Vertreterbesuchen • Freizeitveranstaltungen, insbesondere „Kaffeefahrten“ • Geschäfte im privaten Bereich, insbesondere „Partywerbung“ i.d.R. wettbewerbsrechtlich missbilligt • „Telefonwerbung“ • „anreißerische Straßenwerbung“ • „Schneeballsystem“
Abb. 7:
Arten des Direktgeschäfts
3.
Verbraucherschutzvorschriften
Danach muss der Kunde seine Willenserklärung entweder •
•
•
aufgrund mündlicher Verhandlungen an seinem Arbeitsplatz oder im Bereich einer Privatwohnung oder anlässlich einer Freizeitveranstaltung, die von dem Vertragspartner oder einem Dritten in dessen Interesse durchgeführt wird, oder im Anschluss an ein überraschendes Ansprechen in Verkehrsmittel oder im Bereich öffentlich zugänglicher Verkehrswege
abgegeben haben. Ein Widerrufsrecht besteht jedoch nicht, wenn der Kunde seinen Vertragspartner vorher bestellt hat und deshalb die mündlichen Verhandlungen geführt worden sind. Ebenfalls ist der Kunde nicht schutzwürdig, wenn seine Erklärung notariell beurkundet worden ist. Zudem sind Bagatellgeschäfte von dem Schutzbereich des § 312 BGB ausgenommen worden. Bagatellgeschäfte in diesem Sinne liegen vor, wenn die Leistung sofort erbracht wird und das Entgelt nicht höher ist als 80,EUR. Wichtig ist weiter, dass auf Vertragsabschlüsse zwischen Privatpersonen, wie etwa beim Verkauf eines Gebrauchtwagens von privat, das § 312 BGB keine Anwendung findet. Das Widerrufsrecht für den Kunden ist die einzige Rechtsfolge des § 312 BGB. Der Widerruf hat binnen einer Frist von zwei Wochen schriftlich zu erfolgen. Hervorzuheben ist, dass der Lauf dieser Frist erst beginnt, wenn der Kunde schriftlich und deutlich über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist.
259
„Der Käufer kann binnen einer Woche ab Erhalt einer Ausfertigung dieses Vertrages seine auf den Abschluss des Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung widerrufen. Der Widerruf ist schriftlich zu richten an: ... Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung. ... Unterschrift Käufer“ Abb. 8:
Widerrufsbelehrung
Beispiel zum VerbrKrG: Im Juni 20.. kaufte Max Turner bei dem DMW-Händler Frank Schuchardt einen gebrauchten DMW-Shopper zum Preis von 11800,- EUR. Herr Turner konnte nur 3000,EUR anzahlen, weshalb die Parteien vereinbarten, den restlichen Kaufpreis über die Teilzahlungs-, Handels- und Anlagebank (THA-Bank) zu finanzieren. Herr Schuchardt arbeitete häufig auf diese Weise mit der THA-Bank zusammen und hatte entsprechende Darlehensformulare in seinem Schreibtisch vorrätig. Herr Schuchardt und Herr Turner sprachen die Konditionen durch und füllten das Formular aus, das Herr Turner auch unterschrieb. Danach sollte Herr Turner der Bank das Darlehen über 8800,- EUR zuzüglich Bearbeitungs- und Kreditgebühren in Höhe von 2000,- EUR ab 15. Juli 20.. in 18 Monatsraten à 600,- EUR zurückzahlen. In dem Vertrag war schriftlich vereinbart, dass Herr Turner den gekauften DMW-Shopper der THA-Bank zur Sicherung des gewährten Kredits übereignet. Sobald Herr Turner das Darlehen vollständig getilgt hat, würde das Eigentum an dem Wagen automatisch wieder an ihn zurückfallen. Die Darlehensvaluta von 8800,-EUR zahlte die Bank direkt an Herrn Schuchardt aus, der den Wagen Herrn Turner übergab.
260
3.3
Rechtliche Grundlagen
Die Vorschriften über Verbraucherdarlehensverträge (§§ 491 ff. BGB)
Am 1. Januar 1991 trat das Verbraucherkreditgesetz in Kraft. Ein entsprechendes Gesetz war erforderlich geworden aufgrund einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft, wonach ein angemessener Verbraucherschutz bei Kreditverträgen zwischen gewerblichen Kreditgebern und Verbrauchern hergestellt werden sollte. Zuvor hatte bereits das Gesetz betreffend die Abzahlungsgeschäfte von 1894 fast einhundert Jahre lang für Verbraucherschutz bei Ratenkäufen gesorgt. Der Käufer sollte insbesondere vor dem Verlust der gekauften Sache und der schon gezahlten Anzahlung auf den Kaufpreis geschützt werden. Im Wege der Schuldrechtsreform 2002 wurde das Verbraucherkreditgesetz in das Bürgerliche Gesetzbuch integriert. Die Verbraucherdarlehensverträge sind nun in den §§ 491 498 BGB geregelt.
3.3.1 Der Anwendungsbereich der §§ 491 ff. BGB Die §§491 ff. BGB haben einen weiten Anwendungsbereich. Sie regeln bis auf wenige Ausnahmen den gesamten Bereich der Verbraucherkredite. Verbraucherschutz in diesem Bereich ist besonders wichtig, denn wie eine Untersuchung der Situation der Schuldner von Ratenkrediten gezeigt hat, geraten viele Schuldner, die die Einzelraten nicht mehr aufbringen können und denen aufgrund dessen der Kredit gekündigt und die Gesamtsumme fällig gestellt wird, in wirtschaftliche Not. Sie sind oftmals nicht in der Lage, den offenen Betrag sofort auszugleichen, weshalb die Schulden – auch wegen der Zinseszinsen – schnell anwachsen.
Nach einem Monat stellte Herr Turner fest, dass der Tank ein Leck hat, und reklamierte dies bei Herrn Schuchardt. Dieser versprach, den Mangel kostenlos zu beseitigen. Während der Reparaturzeit verweigerte Herr Turner die nächste fällige Rate unter Hinweis auf die Mangelhaftigkeit des Wagens. Zu Unrecht. Zwar handelt es sich bei dem Kauf- und dem Kreditvertrag um ein so genanntes verbundenes Geschäft im Sinne der §§ 358, 369 BGB. Denn der Kredit diente allein der Finanzierung des Kaufpreises, und die Verträge sind als wirtschaftliche Einheit anzusehen, insbesondere, da Herr Schuchardt und die THABank öfter auf diese Weise zusammenarbeiten. Bei einem derartig verbundenen Geschäft kann der Käufer dem Kreditgeber gegenüber die Einwendungen aus dem Kaufvertrag entgegenhalten und seine Leistung verweigern, wenn er sie auch gegenüber dem Verkäufer verweigern könnte (sog. Einwendungsdurchgriff). Allerdings ist in § 359 BGB bestimmt, dass dies bei einem Mangel, für welchen der Käufer Nachbesserung fordert, erst möglich ist, wenn die Nachbesserung fehlgeschlagen ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall gewesen, Herr Schuchardt hat das Leck einwandfrei repariert. Nach Aufklärung über die Rechtslage hat Herr Turner seine Zahlung an die Bank auch geleistet. Insgesamt hat Herr Turner in der Folgezeit die ersten zehn Monatsraten geleistet. Nachdem er allerdings mit den folgenden drei Raten in Verzug geraten war, schickte ihm die Bank das folgende Schreiben: siehe Seite 289. Herr Turner war aufgrund persönlicher Probleme jedoch zu keiner weiteren Zahlung in der Lage, weshalb die THA-Bank ihm den Kredit im September 20.. kündigte und Herrn Turner aufforderte, den finanzierten Wagen an sie herauszugeben. Herr Turner übergab dem Niederlassungsleiter den Wagen sowie die dazugehörigen Schlüssel und Papiere. Sie einigten sich darauf, dass die Bank versuchen sollte, den Wagen möglichst gut zu verkaufen und den erzielten Erlös sodann auf die restliche Darlehensschuld zu verrechnen.
3.
Verbraucherschutzvorschriften
Dementsprechend sind Verbraucher im Sinne dieser Vorschriften natürliche Personen, die einen Kredit für private Zwecke aufnehmen. Kredite für gewerbliche oder freiberufliche Zwecke werden grundsätzlich nicht von den §§491 ff. BGB erfasst, es sei denn, es handelt sich um Kredite, die die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit erst ermöglichen (§ 507 BGB).
3.3.2 Wichtige Regelungen der §§ 491 ff. BGB Von den umfassenden Regelungen der §§ 491 ff BGB seien nur einige besonders wichtige hervorgehoben: Damit der Verbraucher sich eingehend über die Vertragsbedingungen und die Gesamtbelastung informieren kann, bedürfen Kreditverträge grundsätzlich der Schriftform. Zudem hat der schriftliche Vertrag bestimmte Angaben zu enthalten, von denen die Nennung des effektiven Jahreszinses besonders bedeutsam ist. Anhand des effektiven Jahreszinses kann der Verbraucher deutlich die Gesamtbelastung erkennen und vermag am besten Vergleichsangebote anderer Kreditgeber zu beurteilen. Wird gegen diese Vorschriften verstoßen, kann der Vertrag unwirksam sein oder es gelten für den Kreditnehmer günstigere Konditionen. So gilt z.B. der gesetzliche Zinssatz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, wenn die Angabe des effektiven Jahreszinses fehlt, oder nicht angegebene Kosten werden vom Kreditnehmer nicht geschuldet. Darüber hinaus hat der Verbraucher bei allen Kreditverträgen ein Widerrufsrecht, das wie beim Haustürwiderrufsgeschäft in § 355 BGB geregelt ist. Das Widerrufsrecht schützt Verbraucher vor voreiligen Geschäftsabschlüssen bzw. erlaubt, einen Vertragsabschluss rückgängig zu machen, den man vielleicht durch Überredung getätigt hat.
261 Teilzahlungs-, Handelsund Anlagebank THA Weimarer Str. 12b 55124 Mainz Herrn Max Turner Frankfurter Weg 6 55127 Mainz
Tel: 54 13 66 Fax: 54 13 67
Mainz, 17.08.20..
Darlehensvertrag Nr. 616 Kb 13 Sehr geehrter Herr Turner, leider mussten wir feststellen, dass Sie seit 15. Mai 20.. auf den o.g. Darlehensvertrag keine Zahlungen mehr geleistet haben. Wir fordern Sie auf, den rückständigen Betrag in Höhe von 1.8000 EUR bis zum 2. September 20.. zu zahlen. Sollte Ihnen dies nicht möglich sein, so bitten wir Sie um eine entsprechende Mitteilung, damit wir in einem persönlichen Gespräch Möglichkeiten einer einverständlichen Regelung erörtern können. Mit freundlichen Grüßen Burckhard Niederlassungsleiter
Abb. 9:
Die Darlehensraten werden angemahnt
Wegen erheblicher Verschleiß- und Mängelerscheinungen konnte der Wagen jedoch nur für 4000,- EUR verkauft werden, weshalb die Bank von Herrn Turner noch die Zahlung von restlichen 800,- EUR (10800,- abzügl. 6000,abzügl. 4000,- = 800,-) verlangt. Herr Turner meinte, er brauche nichts mehr zu zahlen, da der Darlehensvertrag mit Herausgabe des Wagens erloschen sei. In diesem Fall hat Herr Turner Recht. Es gilt (§503 Abs.2 BGB) die Wiederansichnahme der aufgrund des Kreditvertrages gelieferten Sache – hier der DMW-Shopper – als Ausübung des der Bank zustehenden Rücktrittsrechtes. Dies gilt auch bei einem verbundenen Geschäft, bei welchem Verkäufer und Kreditgeber nicht personengleich sind. Durch den wirksamen Rücktritt ist der Anspruch auf Zahlung der restlichen Darlehensschuld erloschen. Zu bedenken ist jedoch, dass Herr Turner aufgrund des Rückabwicklungsverhältnisses möglicherweise noch eine Nutzungsentschädigung zu leisten hat.
262
Rechtliche Grundlagen
Bei drittfinanzierten Kaufverträgen, wenn also der Käufer zur Finanzierung des Kaufpreises einen Kredit bei einem Dritten nimmt, der z.B. auf diese Art und Weise ständig mit dem Verkäufer zusammenarbeitet, so dass Kaufvertrag und Kreditvertrag als wirtschaftliche Einheit anzusehen sind, kann der Kreditnehmer Einwendungen aus dem Kaufvertrag unter Umständen auch dem Kreditgeber entgegenhalten. Musste der Schuldner bislang bei Zahlungsverzug von Zinsen auch auf diese den vereinbarten hohen Zinssatz zahlen, was zu einem raschen Anwachsen der Schuld führte, ist als Verzugsschaden auf die fälligen Zinsen nunmehr nur der gesetzliche Zinssatz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen. Das BGB enthält außerdem auch Verbraucherschutzvorschriften hinsichtlich der Vermittlung von Krediten.
Aufgaben 4.
Begründen Sie, warum der Gesetzgeber die Vorschriften über die Verbraucherdarlehensverträge und die Haustürwiderrufsgeschäfte geschaffen hat. Welche Konsequenzen haben diese Vorschriften?
5.
a)
Überlegen Sie, ob beim Kauf eines Frachters ein Stückkauf vorliegt.
b) Welchen Unterschied sehen Sie zwischen dem Kauf einer beweglichen Sache und einer Immobilie?
4. Der Kaufvertrag Von wirtschaftlich herausragender Bedeutung ist der Kaufvertrag, der hier genauer dargestellt werden soll.
4.1
Inhalt des Kaufvertrages
Bei einem Kaufvertrag müssen sich die Vertragspartner zumindest über den Kaufgegenstand und den Kaufpreis einigen. Ist bei einem Kauf über eine Sache diese konkret bestimmt, handelt es sich um ein bestimmtes Einzelstück, wie beispielsweise bei einem Kauf eines gebrauchten Autos, so liegt ein Stückkauf vor. Ist die Kaufsache hingegen nach allgemeinen Merkmalen bestimmt, z.B. der Kauf eines neuen DMW-Single, rot, mit ABS, handelt es sich um einen Gattungskauf. Bei einem Gattungskauf schuldet der Verkäufer einen Kaufgegenstand von mittlerer Art und Güte. Fehlen Vereinbarungen über weitere Bedingungen des Vertrages, so gelten die gesetzlichen Regelungen.
Abb. 10:
Kaufgegenstand können Sachen und Rechte sein
4.
Der Kaufvertrag
Im Allgemeinen werden jedoch auch Vereinbarungen getroffen über:
4.1.1 Lieferbedingungen •
Werner Schuchardt Arnoldstr. 13 22765 Hamburg Tel.: 040/3 90 13 17 Verbindliche DMW-Kfz-Bestellung
Lieferzeit
Wird der Kaufvertrag nicht sofort abgewickelt, wie etwa beim täglichen Einkauf, so wird meist eine Lieferzeit vereinbart. Diese ist oftmals auf ein bestimmtes Datum festgelegt, oder es heißt etwa „Lieferung in drei Wochen“ oder „Anfang April“. Es kommt auch vor, dass die Lieferzeit nicht genau bestimmt wird, so beispielsweise bei einer Lieferung auf Abruf. Hierbei richtet sich die Lieferung nach den Bedürfnissen des Käufers, die Lieferung erfolgt – ganz oder in bestimmten Teilmengen – auf seine Anforderung hin. Wird die Lieferzeit nicht vereinbart, so kann der Käufer die Lieferung verlangen und der Verkäufer sofort liefern. •
263
Erfüllungsort
Als Erfüllungs- oder auch Leistungsort wird der Ort bezeichnet, an dem die geschuldete Leistung zu erbringen ist. Hiervon zu unterscheiden ist der Erfolgsort, das ist der Ort, an welchem der Leistungserfolg eintritt. Erfüllungs- und Erfolgsort können zusammentreffen, müssen dies aber nicht. Unterschieden wird zwischen: Holschuld: Der Schuldner hat seine Leistung an seinem Ort vorzunehmen, dort tritt auch der Erfolg ein. Schickschuld: Die Leistung ist an dem Ort des Schuldners vorzunehmen, der Erfolg tritt jedoch am Ort des Gläubigers ein. Bringschuld: Die Leistung ist am Ort des Gläubigers vorzunehmen, wo auch der Erfolg eintritt.
Ingrid Kortsens Besteller Herr/Frau/Firma Baron-Vogt-Str. 119 Straße 22607 Hamburg PLZ Wohnort (040) 82 76 64 Telefon-Nr. Unter Anerkennung der umseitigen »Verkaufsbedingungen für DMW-Kraftfahrzeuge« bestelle ich hiermit bei oben genannter Firma in serienmäßigem Lieferumfang Anzahl Modell Bestell-Nr. 1 DMW Single A30745 Farbe Bestell-Nr. Preis rot 006885 15 380.00 Sonderausstattungen Nr. 013 Schiebedach 713,00 Nr. 473 Radio/Kass.G. 208,18 Nr. 124 Heckwischer 214,75 Nr 079 Kofferraumabdeckung 89,90 Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Überführungskosten Kraftfahrzeugbrief-Gebühr Zulassungskosten
270,19 8,50 192,95
16% Mehrwertsteuer
2561,62
Gesamtbetrag
19 639,09
Lieferzeit/Liefertermin 7 Wochen 16.09.20.. Datum
Unterschrift
Abb. 11:
Ein „Single“ wird verkauft
264
Rechtliche Grundlagen
Ist vertraglich kein Erfüllungsort vereinbart, so ist die Leistung am Ort des Schuldners vorzunehmen. Im Zweifel liegt somit keine Bringschuld vor, sondern eine Hol- oder eine Schickschuld. Im Handelsverkehr sind Warenschulden im Zweifel Schickschulden. Bei der Abwicklung eines Kaufvertrages ist zu bedenken, dass sowohl der Verkäufer als auch der Käufer dem anderen Vertragspartner eine Leistung schulden. Für die Warenlieferung ist i.d.R. der Ort des Verkäufers Erfüllungsort, dort hat er die verkaufte Ware zu übergeben bzw. abzusenden. Bei der Zahlungsschuld des Käufers handelt es sich im Zweifel um eine Schickschuld; der Käufer hat das Geld auf seine Gefahr und seine Kosten dem Verkäufer an dessen Wohnsitz zu übermitteln. •
Transportkosten
Die Frage, wer die Transportkosten zu tragen hat, hängt von dem Erfüllungsort ab. Wenn nichts anderes vereinbart ist, hat der Verkäufer die Kosten der Übergabe und der Käufer die Kosten der Abnahme und der Versendung nach einem anderen Ort als dem Erfüllungsort zu tragen. Häufig wird jedoch etwas anderes vereinbart. So sind etwa typische Klauseln im innerdeutschen Handelsverkehr „ab Lager“ oder „ab Werk“ (der Käufer trägt sämtliche Transportkosten) oder „frei Bahn“ (der Verkäufer trägt die Beförderungskosten bis zur Bahn, die übrigen Kosten trägt der Käufer).
Die Lieferbedingungen des Händlers Schuchardt 1. Liefertermine können verbindlich oder unverbindlich vereinbart werden. Sie sind schriftlich anzugeben. 2. Vier Wochen nach Überschreiten eines unverbindlichen Liefertermins kann der Käufer den Verkäufer schriftlich auffordern, binnen angemessener Frist zu liefern. Mit dieser Mahnung kommt der Verkäufer in Verzug. Neben der Lieferung kann der Käufer Ersatz des Verzugsschadens nur verlangen, wenn dem Verkäufer Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Im Falle des Verzuges kann der Käufer dem Verkäufer auch schriftlich eine angemessene Nachfrist setzen mit dem Hinweis, dass er die Abnahme des Fahrzeuges nach Fristablauf ablehne. Nach erfolglosem Ablauf der Frist ist der Käufer berechtigt, durch schriftliche Erklärung vom Kaufvertrag zurückzutreten oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung zu fordern. Dieser beschränkt sich bei leichter Fahrlässigkeit auf höchstens 10 % des Kaufpreises. 3. Wird ein verbindlicher Liefertermin überschritten, kommt der Verkäufer bereits mit Überschreiten des Liefertermins in Verzug. Die Rechte des Käufers bestimmen sich dann nach Ziffer 2 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2. 4. Höhere Gewalt, Aufruhr, Streik, Aussperrung und unverschuldete erhebliche Betriebsstörungen führen zu einer Verlängerung der Liefertermine um die Dauer dieser Störungen.
Abb. 12:
Beispiel für Lieferbedingungen
Aufgabe 5.
Was für eine Schuld im Hinblick auf den Erfüllungsort der verkauften Ware liegt in den folgenden Fällen vor?
Von besonderer Bedeutung im internationalen Handelsverkehr sind die Incoterms (international commercial terms), eine Liste von Klauseln, die die Internationale Handelskammer aufgestellt hat. Hierzu gehören beispielsweise:
a)
Frau Meier bestellt mehrere Kleidungsstücke bei einem Versandhaus. b) Das Ehepaar Krüger bestellt in einem Möbelgeschäft eine Einbauküche auf Abruf für ihr gerade im Bau befindliches Haus.
fas – free alongside ship: Der Verkäufer trägt die Kosten bis an die Längsseite des Schiffes im Verschiffungshafen.
c)
Frau Meier kauft im Supermarkt einige Lebensmittel ein.
fob – free on board: Hier übernimmt der Verkäufer zusätzlich die Kosten des Verladens auf das Schiff im Verschiffungshafen.
d) Die DMW AG bestellt bei einem in Mainz ansässigen Zulieferbetrieb Fertigungsteile, wobei vereinbart wird, dass der Zulieferer die Transportkosten trägt.
4.
Der Kaufvertrag
265
e)
c & f – cost and freight: Der Verkäufer übernimmt die Kosten, auch die der Fracht, bis zum Bestimmungshafen.
Wie d), aber die DMW AG soll die Transportkosten zahlen.
cif – cost, insurance, freight: Darüber hinaus trägt der Verkäufer auch die Versicherungskosten bis zum Bestimmungshafen.
4.1.2 Zahlungsbedingungen Bei den Zahlungsbedingungen geht es darum, wann und wie der Käufer seine Zahlung zu leisten hat. Wie bereits erläutert, handelt es sich bei Geldschulden um Schickschulden. Ist nichts anderes vereinbart, so kann der Verkäufer sofort Zahlung verlangen und darf der Kunde sofort zahlen. Vereinbart werden kann jedoch z.B., dass der Käufer vor Lieferung eine Anzahlung zu leisten hat oder dass in Raten gezahlt werden kann. Häufig wird eine Vorauszahlung gefordert, wenn die Bonität (Zahlungsfähigkeit) des Käufers fraglich erscheint. Oftmals wird dem Käufer ein Zahlungsziel von beispielsweise 30 oder 60 Tagen gewährt (Lieferantenkredit), verbunden mit dem Abzug von (3%) Skonto, falls die Zahlung innerhalb von z.B. 10 Tagen erfolgt.
4.2
Pflichten der Kaufvertragsparteien
Hauptpflicht des Verkäufers ist beim Sachkauf, dass er dem Käufer die Sache übergibt und ihm das Eigentum daran verschafft. Bei einem Rechtskauf hat der Verkäufer dem Käufer das Recht zu verschaffen und – falls es sich um ein Besitzrecht handelt – die betreffende Sache zu übergeben. In beiden Fällen hat der Verkäufer dafür zu sorgen, dass die Sache bzw. das Recht frei von Rechten Dritter ist. Möglicherweise können den Verkäufer auch Nebenpflichten treffen, wie beispielsweise die Pflicht zur Unterweisung in die Handhabung eines technischen Gerätes oder dessen Wartung oder auch die Pflicht zur Verpackung der verkauften Sache für den Transport.
Abb. 13:
Hauptpflichten der Parteien beim Sachkauf
Ergänzendes zum Lieferantenkredit Lieferantenkredite sind im marktwirtschaftlichen System an der Tagesordnung. Ihr Charakter besteht darin, dass der Kredit des Lieferanten zugleich mit der Lieferung von Waren einhergeht, ja, dass er nur so vor sich gehen kann. Er setzt einen Kaufvertrag voraus und verpflichtet den Käufer, die Rechnung innerhalb einer bestimmten Frist, meist sind es 30 Tage im Inland, ohne Zinsaufschlag zu begleichen. Damit wird das Eingangslager des Kunden finanziert. Nun muss man wissen, dass Lieferanten hierfür oft gewisse Sicherheiten verlangen. Meistens ist es der Eigentumsvorbehalt (siehe Kapitel 4.4).
Aufgabe 6.
a)
Irene Schneider hat einen Firmenwagen von ihrem Arbeitgeber, einem Zulieferer der DMW AG, zur Verfügung gestellt bekommen, weshalb sie ihren Wagen einer Freundin geliehen hat. Nun will sie ihren Wagen aber verkaufen. Wer ist Eigentümer und wer ist Besitzer des Wagens von Frau Schneider?
b) Im Kfz-Brief des Firmenwagens von Frau Schneider ist ihr Arbeitgeber eingetragen. Wer hat an dem Firmenwagen Besitz und Eigentum?
266
Rechtliche Grundlagen
Hauptpflicht des Käufers ist die Zahlung des Kaufpreises. Eine typische Nebenpflicht für ihn ist die Abnahme der gekauften Sache.
c)
4.3
d) Frau Schneider hat sich zu Anlagezwecken eine vermietete Eigentumswohnung gekauft. Wer ist Eigentümer, wer Besitzer?
Übereignung
Zu unterscheiden ist zwischen Besitz und Eigentum. Besitz ist die tatsächliche Gewalt über eine Sache, wohingegen Eigentum das umfassendste Recht an einer Sache ist. Der Besitzer hat also die tatsächliche Gewalt über eine Sache, eine rechtliche Zuordnung erfolgt hierdurch nicht. Der Begriff Besitz bezeichnet lediglich die tatsächliche Beziehung einer Person zu einer Sache. Der Eigentümer einer Sache kann aufgrund seiner rechtlichen Herrschaft grundsätzlich mit der Sache nach seinem Belieben verfahren. Diesem umfassenden Recht werden durch die Rechte anderer Personen und durch Gesetze Grenzen gesetzt. Bewegliche Sachen werden übereignet, indem der bisherige Eigentümer dem Erwerber die Sache übergibt und sich beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll (§929 S. 1 BGB). Falls der Erwerber bereits im Besitz der Sache ist, genügt die Einigung (§929 S. 2 BGB). Die Einigung ist auch ausreichend, wenn der Verkäufer den Besitz an der Sache behalten soll, in dem Fall müssen der Verkäufer und der Käufer ein sog. Besitzkonstitut, wie z.B. Leihe oder Miete, vereinbaren (§ 930 BGB). Ist der Verkäufer nicht im Besitz der Sache, sondern ist sie im Besitz eines Dritten, etwa weil die verkaufte und zu übereignende Sache vermietet ist, so wird die Übergabe dadurch ersetzt, dass der Verkäufer dem Käufer seinen Herausgabeanspruch abtritt (§ 931 BGB).
e)
Der Arbeitgeber hat den Frau Schneider zur Verfügung gestellten Wagen geleast. Wie ist nun die Eigentums- und Besitzlage?
Jon Starck hat bei Herrn Schuchardt einen bestimmten Anhänger gekauft und sogleich bezahlt. Herr Schuchardt bietet Herrn Starck an, den Anhänger am Abend bei ihm abzuliefern. Wann hat Herr Starck das Eigentum an dem Anhänger erlangt?
Beispiel: Kaja Klose, Sachbearbeiterin bei der DMW AG, hatte sich am Sonnabend auf eine Privatanzeige hin einen Gebrauchtwagen von Herrn Wolf, einem Privatmann, gekauft. Den Wagen hatte sie bar bezahlt und sogleich mitgenommen. Im Kfz-Brief war als Eigentümer ein Michael Bruhns eingetragen. Herr Wolf erklärte ihr, dass Herr Bruhns sein Cousin sei und er den Wagen für ihn verkaufe. Leider hat sich Frau Klose mit dieser Erklärung zufrieden gegeben. Zwei Tage später meldete sich Herr Bruhns bei Frau Klose und wollte seinen Wagen zurückhaben. Er erklärte, dass er Herrn Wolf seinen Wagen lediglich für das Wochenende geliehen habe. Keinesfalls sollte Herr Wolf den Wagen für ihn verkaufen. In diesem Fall hat Frau Klose nicht gutgläubig das Eigentum an dem Wagen von dem nichtberechtigten Herrn Wolf erworben, da sie grob fahrlässig gehandelt hat. Zwar besteht nicht grundsätzlich eine Nachforschungspflicht, jedoch muss sich der Käufer bei einem Gebrauchtwagenkauf, wenn der KfzBrief auf einen fremden Namen ausgestellt ist, über die Berechtigung des Veräußerers vergewissern.
4.
Der Kaufvertrag
267
In diesen Fällen handelt es sich jeweils um den Eigentumserwerb vom Berechtigten. Es ist jedoch auch möglich, gutgläubig Eigentum von einem Nichtberechtigten, einem Nichteigentümer, zu erwerben. Die Voraussetzungen hierfür sind unterschiedlich, je nach der zuvor bestehenden Besitzlage. Ein Erwerber ist nicht gutgläubig, wenn er weiß oder grob fahrlässig nicht weiß, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört. Ein gutgläubiger Erwerb ist außerdem an gestohlenen Sachen ausgeschlossen. Zur Übertragung des Eigentums an Grundstücken sind die Einigung der Beteiligten und die Eintragung in das Grundbuch erforderlich. Die Einigung bedarf der notariellen Beurkundung. Abb. 14:
4.4
Übereignung
Veräußerung unter Eigentumsvorbehalt
Der Eigentumsvorbehalt ist in § 449 BGB geregelt. Durch die Möglichkeit der Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts wird dem Sicherungsbedürfnis des Verkäufers Rechnung getragen, wenn der Käufer den Kaufpreis nicht im Voraus oder Zug um Zug gegen Übergabe der gekauften Sache zahlt. Das Eigentum wird beim Eigentumsvorbehalt nur unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Zahlung des Kaufpreises auf den Käufer übertragen.
Ausschnitt aus der Regelung des Eigentumsvorbehaltes in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Händlers Schuchardt: 1
Das Fahrzeug bleibt bis zum vollständigen Ausgleich der dem Verkäufer aufgrund des Kaufvertrages zustehenden Forderungen Eigentum des Verkäufers. Der Eigentumsvorbehalt bleibt auch für alle Forderungen bestehen, die der Verkäufer gegen den Käufer im Zusammenhang mit dem Fahrzeug, z. B. aufgrund von Ersatzteillieferungen, nachträglich erwirbt.
2. Solange der Käufer seinen Verpflichtungen aus dem Eigentumsvorbehalt nachkommt und sich nicht in Zahlungsverzug befindet, ist er während der Dauer des Eigentumsvorbehaltes zum Besitz und Gebrauch des Fahrzeugs berechtigt. Gerät der Käufer in Zahlungsverzug oder kommt er seinen Verpflichtungen aus dem Eigentumsvorbehalt nicht nach, kann der Verkäufer das Fahrzeug herausverlangen und nach schriftlicher Ankündigung mit angemessener Frist das Fahrzeug unter Anrechnung des Verwertungserlöses auf den Kaufpreis durch freihändigen Verkauf bestmöglich verwerten. Diese Rücknahme gilt bei Teilzahlungsgeschäften eines nicht als Kaufmann in das Handelsregister eingetragenen Käufer als Rücktritt. In diesem Fall gelten die Bestimmungen des Verbraucherkreditgesetzes.
Abb. 15:
Eigentumsvorbehalt in den Geschäftsbedingungen
268
Der einfache (gewöhnliche) Eigentumsvorbehalt erlischt beispielsweise bei gutgläubigem Erwerb des Eigentums durch einen Dritten oder durch Verarbeitung der Sache. In diesen Fällen bietet der einfache Eigentumsvorbehalt dem Verkäufer nicht genügend Sicherheit, weshalb häufig ein erweiterter Eigentumsvorbehalt vereinbart wird. Hierunter fällt etwa der verlängerte Eigentumsvorbehalt, bei welchem der Käufer die unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Sache zwar weiterverkaufen oder verarbeiten darf, dann jedoch die daraus entstandene Forderung des Erstkäufers gegen den Zweitkäufer bzw. die neu entstandene Sache an die Stelle der ursprünglich verkauften Sache treten soll. Eine andere Form eines erweiterten Eigentumsvorbehalts, die im Wirtschaftsleben insbesondere bei ständigen Geschäftsbeziehungen von großer Bedeutung ist, ist der Kontokorrent- und Konzernvorbehalt. Der Eigentumsvorbehalt erlischt noch nicht, sobald der Käufer den vollständigen Kaufpreis für die Vorbehaltssache entrichtet hat, sondern erst, wenn alle Forderungen aus der Geschäftsverbindung beglichen sind, also ein Saldoausgleich vorliegt. Das vorbehaltene Eigentum sichert dann nicht nur die konkrete Kaufpreisforderung, sondern alle Forderungen des Verkäufers aus der jeweiligen Geschäftsverbindung. Erstreckt sich der Kontokorrentvorbehalt nicht nur auf die Forderungen des Verkäufers, sondern auch auf die Forderungen anderer Lieferanten des Käufers, die zu dem gleichen Konzern wie der Verkäufer gehören, so liegt ein Konzernvorbehalt vor.
Rechtliche Grundlagen
Aufgabe 7.
Der Händler Herr Schuchardt hat bei einem Verkauf eines Wagens auf Raten versehentlich ein Auftragsformular verwendet, auf welchem die Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht abgedruckt waren. Es handelte sich dabei um eine Schlechtlieferung der Druckerei. Drei Tage nachdem der Käufer den Wagen erhalten hat, bemerkt Herr Schuchardt das Versehen und sendet die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zusammen mit der Aufforderung zur Zahlung der nächsten Rate dem Käufer zu. Wer ist Eigentümer des Wagens?
Abb. 16:
Ausformung des EV
Aufgabe 8.
Erkundigen Sie sich, was unter erweitertem EV zu verstehen ist, und stellen Sie für den gewöhnlichen EV die Problematik für den Käufer heraus!
4.
Der Kaufvertrag
4.5
269
Pflichtverletzungen beim Kaufvertrag
4.5.1 Pflichtverletzungen auf Seiten des Verkäufers Durch die Schuldrechtsreform, die zum 1.1.2002 in Kraft trat, wurde das Recht der Leistungsstörung vereinfacht. Zentralnorm ist nun § 280 BGB, der den Schadenersatzanspruch wegen aller denkbaren Pflichtverletzungen regelt. In § 437 BGB werden die dem Käufer zur Verfügung stehenden Rechte bei Mängeln der gekauften Sache aufgezählt. Neu eingeführt wurde dabei, dass der Käufer jetzt grundsätzlich ein Recht auf Nacherfüllung hat. Das neue Schuldrecht ist nun auf alle Verträge anwendbar, die nach dem 1.1.2002 geschlossen wurden.
Abb. 17:
Pflichtverletzungen beim Kaufvertrag
Abb. 18:
Leistungsstörungen durch den Verkäufer
Bevor die rechtliche Handhabung von Pflichtverletzungen dargestellt wird, ist es wichtig, sich zunächst zu vergegenwärtigen, dass eine reibungslose Erfüllung wichtig für die Geschäftsbeziehungen ist. Sollten dennoch Störungen auftreten, so sollte stets versucht werden, in gegenseitigem Einvernehmen eine Lösung zu finden. 4.5.1.1
Lieferverzug
4.5.1.1.1 Voraussetzungen des Lieferverzuges Damit Verzug im rechtlichen Sinne vorliegt, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein: •
Zunächst muss die Lieferung fällig sein.
•
Darüber hinaus muss der Käufer den Verkäufer gemahnt haben. Eine Mahnung ist nur entbehrlich, wenn der Liefertermin kalendermäßig bestimmt ist oder wenn der Verkäufer die Lieferung ernsthaft und endgültig verweigert, weil eine Mahnung in dem Fall sinnlos wäre.
270
•
Rechtliche Grundlagen
Der Verkäufer muss die nichtrechtzeitige Lieferung zu vertreten, also verschuldet haben. Verschulden ist gegeben, wenn der Verkäufer vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
Aufgabe 9.
Ist in den folgenden Fällen Verzug bei nicht rechtzeitiger Lieferung auch ohne Mahnung gegeben? a)
4.5.1.1.2 Die Rechte des Käufers bei Lieferverzug Grundsätzlich bleibt der Erfüllungsanspruch des Käufers auf Lieferung der gekauften Sache bestehen. Daneben kann er zusätzlich Ersatz des ihm entstandenen Verzugsschadens fordern. Verzugsschaden ist der Schaden, der gerade aufgrund der verspäteten Lieferung entsteht. Dem Käufer ist jedoch nicht zuzumuten, endlos lange auf die Lieferung zu warten. Deshalb kann der Käufer dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Lieferung der Sache setzen. Bei einem Fixhandelskauf oder wenn der Käufer aufgrund des Verzuges kein Interesse mehr an der Erfüllung des Vertrages hat, ist eine Nachfristsetzung überflüssig. Ansonsten hat der Käufer nach fruchtlosem Fristablauf keinen Anspruch mehr auf die Leistung. Statt dessen kann er vom Kaufvertrag zurücktreten oder Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Beim Rücktritt wird der gesamte Vertrag rückabgewickelt. Beim Schadensersatz statt der Leistung ist der Käufer so zu stellen, wie er bei rechtzeitiger Lieferung gestanden hätte. Neu ist, dass er auch gleichzeitig vom Kaufvertrag zurücktreten und den ihm verbleibenden Schaden verlangen kann. In der Regel muss der Käufer den ihm entstandenen Schaden konkret berechnen. Die Schadensberechnung kann auch abstrakt erfolgen, dann ist der Schaden zu ersetzen, der sich nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge ergibt.
Die DMW AG hat bei einem Zulieferer für eine Sonderausstattung 10000 spezielle Radkappen bestellt. Als Liefertermin wurde der 10. November vereinbart.
b) wie a), aber als Liefertermin wurde „noch im Laufe des November“ vereinbart. c)
wie a), aber die Lieferung sollte „zwei Wochen nach Abruf“ erfolgen.
d) Die Lieferung soll auf Abruf erfolgen, nach dem Abruf schreibt der Zulieferer, dass sein Lieferant den Geschäftsbetrieb eingestellt habe und er sich deshalb zur Vertragserfüllung außerstande sehe. e)
Nach dem Abruf teilt der Zulieferer mit, dass sein Lieferant den Geschäftsbetrieb eingestellt habe, er jedoch versuche, sich anderweitig einzudecken.
Beispiel: Für eine Verkaufsaktion des Single hat die DMW AG bei dem Werbemittellieferanten Hugo Anders 1000 indigoblaue Regenschirme mit einem „Single“-Aufdruck zum Gesamtpreis von 12300,- EUR bestellt. Als die Schirme am vereinbarten Liefertag nicht geliefert werden, ruft Frau Monk bei Herrn Anders an, um die Lieferung anzumahnen. Herr Anders teilt mit, dass sein Lieferant aus Taiwan Schwierigkeiten bei der Fertigung wegen des Farbtones hatte und deshalb neu produzieren müsse, die DMW AG solle sich etwas gedulden. Als sich auch eine Woche später nichts tut, sendet Frau Monk Herrn Anders folgendes Schreiben:
4.
Der Kaufvertrag
4.5.1.2
Lieferung mangelhafter Ware
Bei der Lieferung mangelhafter Ware hat der Käufer Gewährleistungsrechte gegenüber dem Verkäufer. Voraussetzung der Sachmängelhaftung ist zunächst, dass überhaupt ein Sachmangel vorliegt. Ferner dürfen die Gewährleistungsrechte nicht ausgeschlossen und auch nicht verjährt sein. Schließlich muss der Käufer seine Gewährleistungsrechte wirksam ausüben. 4.5.1.2.1 Vorliegen eines Sachmangels Gem. § 434 BGB ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Fehlt es an einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung, ist auf die Eignung zur vertraglich vorausgesetzten Verwendung abzustellen. Ist der Verwendungszweck nicht Vertragsinhalt geworden, ist die Eignung zur gewöhnlichen Verwendung maßgeblich. Eine Abweichung von Werbeaussagen des Herstellers stellt auch dann einen Sachmangel dar, wenn der Verkäufer sich diese Aussagen nicht ausdrücklich zu eigen gemacht hat. Ein Sachmangel liegt außerdem vor, wenn die vereinbarte Montage der Sache durch den Verkäufer unsachgemäß durchgeführt wurde. Gleiches gilt, wenn die Montageanleitung fehlerhaft ist (sog. Ikea-Klausel). Dies gilt allerdings nicht, wenn die Sache trotzdem fehlerfrei montiert werden konnte. Bei Mängeln, die innerhalb von sechs Monaten ab Übergang der Gefahr auftreten, wird gem. § 476 BGB vermutet, dass diese bereits bei Gefahrübergang vorhanden waren. Der Verkäufer muss dann diese Vermutung entkräften.
271 DMW AG Lister Damm 58-67 30163 Hannover
Tel.: 05 11-3 27 61 Fax: 05 11-3 27 59
Herrn Hugo Anders Spaldingstraße 10c 20097 Hamburg
Hannover, 20..-07-14
Lieferung von 1000 indigoblauen Regenschirmen Ihre Bestätigung Nr. 73841 vom 4. Mai 20.. Sehr geehrter Herr Anders, wie wir Ihnen bereits telefonisch mitgeteilt haben, benötigen wir die bei Ihnen bestellten Regenschirme dringend für eine Verkaufsaktion in der übernächsten Woche. Trotz mehrfacher Lieferzusage haben Sie weder zum vereinbarten Lieferzeitpunkt, dem 5. Juli 20.., noch bislang die Regenschirme ausgeliefert. Hiermit fordern wir Sie letztmalig auf, die bestellten Schirme bis zum 20. Juli 20.. zu liefern. Sollten Sie dies nicht tun, werden wir die Schirme nicht mehr von Ihnen abnehmen, sondern uns anderweitig eindecken. Für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs behalten wir uns die Geltendmachung von Regressansprüchen vor. Mit freundlichem Gruß E. Monk Abteilung Einkauf
Abb. 19:
Ankündigung von Regressansprüchen
Da bis zum 20. Juli keine Lieferung erfolgt, bestellt Frau Monk indigoblaue Regenschirme derselben Qualität bei einem anderen Werbemittellieferanten. Aufgrund der Kürze der Zeit fordert der Lieferant einen Preis pro Schirm von 18,- EUR, also insgesamt 18000,- EUR. Mangel
Sachmangel
Rechtsmangel
• Sache entspricht nicht der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit • Keine Eignung für vertraglich vorausgesetzte Verwendung sonst • Keine Eignung für gewöhnliche Verwendung und nicht die übliche Beschaffenheit
Abb. 20:
Dritten steht ein Recht an der Sache zu
Sachmangel einer verkauften Sache
272
4.5.1.2.2 Ausschluss der Gewährleistungsrechte Der Verkäufer haftet dem Käufer nicht für Sachmängel, wenn der Käufer diese Mängel kennt und sich seine Rechte nicht vorbehält. Die Gewährleistung kann auch ausgeschlossen sein, wenn der Käufer den Mangel infolge grober Fahrlässigkeit nicht kennt. Davon abgesehen kann der Käufer seine Rechte verlieren, wenn er die gekaufte Ware nicht prüft und den Mangel nicht rechtzeitig rügt. Für die Frage, ob den Käufer Untersuchungspflichten treffen, und wie zügig er den Verkäufer über den Mangel zu informieren hat, kommt es darauf an, ob es sich bei dem Kauf um ein Privat- oder um ein Handelsgeschäft handelt. Ist der Käufer Nichtkaufmann, so trifft ihn keine besondere Untersuchungspflicht der Ware, Mängel hat er bei beweglichen Sachen innerhalb der Gewährleistungsfrist von sechs Monaten anzuzeigen. Bei einem beiderseitigen Handelsgeschäft hingegen, wenn also sowohl der Käufer als auch der Verkäufer Kaufleute sind und das Geschäft zu ihrem Handelsgewerbe gehört, hat der Käufer die gelieferte Ware unverzüglich zu untersuchen und Mängel sogleich zu rügen. Sind die Mängel nicht sofort erkennbar, so hat der Käufer sie unverzüglich nach Entdeckung und innerhalb der Gewährleistungsfrist anzuzeigen. Ferner kann die Sachmängelhaftung durch Vereinbarung zwischen den Kaufvertragsparteien abbedungen werden. Ein solcher rechtsgeschäftlicher Ausschluss ist jedoch nichtig, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschweigt. Zudem können – wie bereits erläutert – Ausschlussklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sein.
Rechtliche Grundlagen
Aufgaben 10. a)
Sollte die DMW AG von dem Vertrag mit Hugo Anders zurücktreten oder Schadenersatz statt der Leistung verlangen?
b) Wie hoch ist der der DMW AG entstandene Schaden? 11 Peter Braun liest in einem der Tageszeitung beiliegenden Werbeprospekt, dass die Steinmann GmbH neuartige Kühlschränke herstellt, die einen bestimmten, konkret angegebenen Energieverbrauch nicht überschreiten. Peter Braun ist begeistert und kauft einen solchen Kühlschrank der Steinmann GmbH beim Einzelhändler Heiko Niemeyer. Bei dem Verkaufsgespräch wird über den Energieverbrauch nicht gesprochen. Nach einiger Zeit stellt Peter Braun fest, dass der Energieverbrauch des Kühlschranks sich zwar im üblichen Rahmen bewegt, jedoch erheblich über den Angaben im Werbeprospekt liegt. Peter Braun verlangt daraufhin von Heiko Niemeyer die Lieferung eines anderen Kühlschranks der Modellreihe. Heiko Niemeyer lehnt dies ab, da die Energiewerte bei Kühlschränken schwanken könnten und die Werbung nicht von ihm sei. Kann Peter Braun dennoch Nachlieferung verlangen?
Beispiel: Frank Hartmann, ein DMW-Händler, der auch mit gebrauchten PKWs anderer Hersteller handelt, verkaufte am 30. März 19.. einen Sportwagen an Vivian Stern. Auf dem Kaufvertragsformular befand sich der gedruckte Vermerk „gekauft wie besichtigt unter Ausschluss jeder Gewährleistung“. Handschriftlich hatte Herr Hartmann hinzugefügt: „Das Fahrzeug wird in einwandfreiem technischem Zustand übergeben.“
4.
Der Kaufvertrag
4.5.1.2.3 Verjährung der Gewährleistungsrechte Die Gewährleistungsansprüche des Käufers verjähren bei beweglichen Sachen grundsätzlich nach zwei Jahren, bei Grundstücken nach 5 Jahren ab Ablieferung bzw. Übergabe. Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen, tritt Verjährung bei beweglichen Sachen erst nach drei Jahren ein. Der Verkäufer muss sich jedoch auf die Verjährung berufen, nur dann wird sie bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung berücksichtigt. 4.5.1.2.4. Ausübung der Gewährleistungsrechte Ist ein Sachmangel gegeben und ist die Gewährleistung nicht ausgeschlossen und auch nicht verjährt, so steht dem Käufer zunächst ein Anspruch auf Nacherfüllung zu. Diese kann in einer Beseitigung des Mangels oder in der Lieferung einer mangelfreien Sache bestehen. Ist die für die Nacherfüllung gesetzte angemessene Frist abgelaufen oder eine Nacherfüllung ausnahmsweise nicht möglich bzw. vom Verkäufer verweigert worden, hat der Käufer folgende Möglichkeiten: •
•
Der Käufer kann vom Kaufvertrag zurücktreten. In diesem Fall wird der Vertrag rückabgewickelt: Der Käufer gibt dem Verkäufer die Sache zurück und der Verkäufer erstattet das bezahlte Entgelt. Rücktritt wird der Käufer wählen, wenn er entweder kein Interesse mehr an der Sache hat oder diese woanders zu günstigeren Konditionen kaufen kann. Der Käufer könnte statt dessen aber auch Minderung des Kaufpreises verlangen. Dieses Recht wird für ihn interessant sein, wenn er die Sache trotz des Mangels gebrauchen oder den Mangel selbst kostengünstig beheben kann.
273
In den auf der Rückseite abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen heißt es bei Gewährleistung: „Für den Kaufgegenstand wird keine Gewähr geleistet ... Ein Anspruch auf ... Schadensersatz besteht nicht.“ Zwei Monate später hatte Frau Stern mit dem Sportwagen einen schweren Unfall, der darauf zurückzuführen war, dass der rechte hintere Reifen geplatzt war. Von dem Reifenhersteller erhielt Frau Stern die Auskunft, dass der geplatzte Reifen vom Typ 165 SR 13 nicht für die Felgen des Sportwagens zugelassen sei, so waren auch im Kfz-Brief Hinterreifen vom Typ 185 HR 13 vorgegeben. Frau Stern möchte den entstandenen Schaden von Herrn Hartmann ersetzt verlangen, da die unvorschriftsmäßige Bereifung Ursache des Unfalls war. Herr Hartmann lehnt eine Haftung seinerseits ab, da nicht er die Reifen aufgezogen habe, sondern der Vorbesitzer, außerdem hätte er keine haftungsbegründende Gewähr für den technisch einwandfreien Zustand aller Teile des Wagens übernommen. Insgesamt übersteigt der geltend gemachte Schaden von Reparaturkosten, Wertminderung, Nutzungsentgang und Kosten für den Sachverständigen den gezahlten Kaufpreis. Herr Hartmann hat für den Schaden aufzukommen, denn die fehlerhafte Bereifung stellt einen Sachmangel dar. Es fehlte die Eigenschaft der Betriebssicherheit, zudem fehlte nach den Angaben im Kfz-Brief die Betriebserlaubnis. Durch den handschriftlichen Vermerk wurde dies zur vertraglich vereinbarten Beschaffenheit. Der Gewährleistungsausschluss ist unwirksam, da die Individualabrede den AGB vorgeht. Zudem gilt § 475 BGB.
274
•
Rechtliche Grundlagen
Hat der Käufer die Mangelhaftigkeit der Sache zu vertreten, kann der Käufer auch Schadenersatz statt der Leistung verlangen, sofern der Mangel nicht nur geringfügig ist. Alternativ kann der Käufer auch Ersatz seiner vergeblichen Aufwendungen verlangen.
4.5.2 Leistungsstörungen auf Seiten des Käufers Die Erfüllung des Kaufvertrages kann auch durch den Käufer gestört sein. Die häufigste Störung auf Käuferseite ist der Zahlungsverzug. Die Verzugsvoraussetzungen sind ähnlich wie beim Lieferverzug, ebenso die Rechte des Verkäufers. Er kann selbstverständlich weiter auf Zahlung bestehen und den Schaden, der ihm durch die verspätete Zahlung entstanden ist, ersetzt verlangen. Der Verkäufer kann aber nach Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung auch von dem Vertrag zurücktreten oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung fordern. In Verzug kann der Käufer auch dadurch geraten, dass er die gekaufte Ware nicht rechtzeitig abnimmt.
4.6
•
Besondere Kaufvertragsarten Kauf auf Probe oder Besicht
Der Käufer hat das Recht, die Ware innerhalb einer vereinbarten Frist zurückzugeben. Ob er die Ware behält, steht in seinem freien Belieben. •
Kauf zur Probe
Der Käufer kauft Ware und stellt dem Verkäufer dabei in Aussicht, bei Gefallen eine größere Menge abzunehmen.
Abb. 21:
Haftung bei Sachmängeln
Aufgabe 12. a)
Vivian Stern kauft in einem KfzZubehörladen ein Radio-Cassettendeck für 120,- EUR. Da sich die Kassetten nicht zurückspulen lassen, verlangt Frau Stern Minderung des Kaufpreises. aa) Welche Gründe könnte Frau Stern haben, dass sie das fehlerhafte Gerät behalten möchte und nicht Wandlung verlangt? ab) Wie wird die Minderung berechnet (§ 441 Abs. 3 BGB)? ac) Um welchen Betrag könnte Frau Stern mindern, wenn sie das Gerät für 120,- EUR gekauft hat, es mangelfrei aber sogar 140,-EUR wert gewesen wäre und wegen des Mangels tatsächlich nur einen Wert von 120,- EUR hat? ad) Um wie viel könnte Frau Stern mindern, wenn das Gerät mangelfrei nur 95,- EUR und mit dem Mangel lediglich 80,- EUR wert wäre?
4.
Der Kaufvertrag
Abb. 22:
275
Unternehmen, zu denen die DMW AG Geschäftsbeziehungen unterhält
Zusammenfassung Der Kaufvertrag gehört zu denjenigen Verträgen, die am häufigsten vorkommen. Eigentlich schließen ihn täglich Millionen Menschen ab, wenn sie ihren Haushaltsbedarf bei ihren Händlern decken. Allerdings bedarf es hier nicht der schriftlichen Form, wie das unter Kaufleuten sonst üblich ist. Die täglichen Haushaltseinkäufe der Privatkunden lösen bei Warenmängeln auch nicht immer gleich einen Schriftverkehr aus. Geschäftsführer und Einzelhandelskaufleute regeln solche Angelegenheiten meistens ohne „Wenn und Aber“. Im sonstigen Geschäftsleben ist die bezahlte Rechnung Quittung für die Übergabe und oft Garantieschein für auftretende Risiken. Daher muss man diese aufbewahren. Bei einem PKW-Kauf, einer Computer-Anschaffung, einer Waschmaschinenbestellung etc. werden i. d. R. schriftliche Kaufverträge abgeschlossen. Bei Kaufleuten untereinander ist das selbstverständlich. Die Rechte bei eingetretenen Mängeln, z. B. bei Lieferungsverzug, bei Qualitätsmängeln, bei Annahmeverzug und bei Zahlungseinstellung, sind vielfältig. Neben dem Kaufvertrag werden im Geschäftsleben viele Verträge unterschiedlichster Art abgeschlossen, was aus den Geschäftsbeziehungen der DMW AG hervorgeht (siehe Abb. 22).
Kapitel 4
Materialwirtschaft von Axel W. Lange überarbeitet von J.R. Tiedtke
278
Ein neu produzierter Golf wird im Auslieferungsturm des VW-Werks zwischengelagert.
1.
Grundlagen der Materialwirtschaft
1.
279
Grundlagen der Materialwirtschaft
1.1
Einleitung
1.1.1 Definition der Materialwirtschaft
Abb. 1:
Ablaufschema der Materialwirtschaft
Der Gesamtbeschaffungsmarkt, aus dem heraus sich das Unternehmen mit allen Faktoren versorgen muss, die es zur Leistungserstellung benötigt, lässt sich in drei verschiedene Bereiche gliedern (siehe Abb. 1): 1.
Waren und Dienstleistungen
2.
Arbeitskräfte
3.
Kapital.
Aufgrund der grundsätzlich abweichenden Anforderungen und Problemstellungen der beiden letzten Bereiche obliegt die Versorgung des Unternehmens mit Arbeitskräften der Personalabteilung, während die Kapitalbereitstellung durch den Finanzbereich erfolgt.
Beispiel: Die Situation der Materialwirtschaft bei den DMW AG DMW kaufte 2005 Material, Betriebsstoffe und Energie sowie Investitionsgüter im Wert von 1,8 Mrd. EUR. Die Bestände an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie an Halb- und Fertigfabrikaten für das Fahrzeuggeschäft konnten auf niedrigem Stand gehalten werden. Die Investitionen wurden planmäßig fortgeführt. Sie beliefen sich im Berichtsjahr auf 300 Mio. EUR und wurden wiederum voll aus dem Cashflow finanziert. Diese aus der Innenfinanzierung stammenden Finanzmittel nahmen auf 290 Mio. EUR zu.
280
Materialwirtschaft
Materialwirtschaft ist die Gesamtheit aller materialbezogenen Funktionen, die sich mit der Versorgung des Betriebs und des Marktes sowie der Steuerung des Materialflusses von den Lieferanten durch die Unternehmung bis zu den Kunden befasst..1
1.1.2 Aufgabe und Ziel der Materialwirtschaft Die Aufgabe der Materialwirtschaft ist es, die Versorgung des Unternehmens mit Gütern und Dienstleistungen •
in der erforderlichen Art, Qualität und Menge
•
zum richtigen Zeitpunkt
•
am richtigen Ort und
•
zu den geringstmöglichen Kosten
zu gewährleisten. Innerhalb dieses Verantwortungsbereiches muss sie einen Kompromiss zwischen den o.g. Forderungen der anderen Abteilungen finden, der dem Gesamtinteresse der Firma am dienlichsten ist. Die Aufgabe der Materialwirtschaft ist die Versorgung des Unternehmens mit allen zur Leistungserstellung erforderlichen Waren und Dienstleistungen. Ihr Ziel ist es dabei, die Summe aus Beschaffungskosten, Neben-, Lager-, Verarbeitungsund Vertriebskosten zu minimieren. Bei der Verfolgung dieses Zieles kommt es allerdings zu Interessenkonflikten mit den anderen Bereichen des Unternehmens. Diese haben aus ihrer Sichtweise heraus andere und manchmal sogar gegensätzliche Interessen. Diese zahlreichen Konfliktsituationen (Beispiele sind in Abb. 2 aufgeführt) zeigen die starke Verflechtung der Materialwirtschaft mit den anderen Bereichen (siehe Abb. 46 am Ende des Kapitels).
1 Hartmann, H.: Materialwirtschaft: Organisation,
Planung, Durchführung, Kontrolle, 6. überarb. u. erw. Aufl., Gernsbach 1993, S. 20
In den letzten 5 Jahren hat die DMW AG 1 Mrd. EUR in die Erweiterung und Modernisierung des Stammwerkes in Hannover sowie in die Gründung des sächsischen Betriebes (Halle) investiert. Bei der Planung des Fertigungslayouts und des Materialflusses für das Werk in Halle wurde konsequent auf die Teamarbeit in Fertigungsinseln ausgerichtet. In Emden ist dies erst zu einem Teil realisiert, und hier werden in den nächsten Jahren noch einige Investitionen notwendig sein, um das Ziel zu erreichen. Der Materialfluss eines Unternehmens, das Serienfertigung betreibt, wie die DMW AG, ist i. d. R. deutlich besser strukturierbar als bei einem Unternehmen mit Auftragsfertigung. Doch jedes einzelne Bauteil, das bis zur Fertigstellung eines Automobils produziert oder zugeliefert werden muss, muss dann zum richtigen Zeitpunkt zum richtigen Montageplatz transportiert werden, um im richtigen Auto montiert werden zu können. Für jedes einzelne Teil entsteht so ein eigener Materialfuß, der geplant und gesteuert werden muss. Bei einem so komplexen Produkt wie einem Automobil ergeben sich so viele Einzelmaterialströme im Unternehmen, die alle aufeinander abgestimmt sein müssen. Für Außenstehende ist ihre Gesamtheit bei der DMW AG fast unüberschaubar. Bauteile, bei denen die Stückzahlen nicht so groß sind, dass die Fertigung in beiden Werken wirtschaftlich ist, werden nur an einem der beiden Standorte gefertigt. Die Belieferung des jeweils anderen Werkes geschieht mit der Bahn in dafür speziell entwickelten Doppelstockwaggons. Die Fertigung wurde so ausgeglichen aufgeteilt, dass die Waggons in beiden Richtungen meistens gut ausgelastet sind.
1.
Grundlagen der Materialwirtschaft
Bereich* Interessen und Ziele der Bereiche Vertrieb - jeder Kundenwunsch soll möglich sein - Lieferfähigkeit ohne Lieferzeit
Beispiele fur Auswirkungen bei DMW - breites Produktspektrum bzw. hohe Variantenvielfalt - hohe Bestände im Fertidwarenlager oder kleine Produktions-Losgrößen Fertigung - hohe Kapazitätsaus- - kleines Produktlastung spektrum bzw. Va- keine Produktionsriantenvielfalt störungen - große ProduktionsLosgrößen - Ausgangsmaterialien hoher Qualität - hohe Bestände im Wareneingangslager, in den Zwischenlagern der Produktion und im Ersatzteillager Instand- - für jeden möglichen - hohe Bestände im haltung Schaden soll das Ersatzteillager Ersatzteil am Lager sein Finanz- - niedrige Kosten - kleines Produktbereich - niedrige Kapitalspektrum/ Varianbindung tenvielfalt und große Produktions- und Beschaffungs-Losgrößen; Ausgangsmaterialien notwendiger Qualität - geringe Bestände in allen Lagern und damit indirekt kleine Losgrößen Einkauf - niedrige Kosten - große Beschaffungs-Losgrößen; Ausgangsmaterialien notwendiger Qualität
Abb. 2:
*
281
In enger Kooperation mit den Zulieferern werden große Teile, Produktionsmaterial und Fahrzeuge ebenfalls mit der Bahn befördert.
Abb. 3:
Funktionen der Materialwirtschaft
Abb. 4:
Eine Entwicklung aus Deutschland: das neue Kunststoffrad
Die Materialwirtschaft und die Zielkonflikte mit anderen Unternehmensbereichen
Die Beispiele sind unvollständig, so fehlen der Bereich Lager und der Produktionsfaktor Arbeit. Außerdem sind sie auch für andere Autoproduzenten symptomatisch.
282
Materialwirtschaft
Diese kurze Auflistung soll nur einen Eindruck davon vermitteln, in welchem Konfliktfeld sich die Materialwirtschaft befindet.
1.1.3 Gliederung der Materialwirtschaft Die klassische Materialwirtschaft beschränkt sich auf die Beschaffung und Lagerung von Material. Sie gliedert sich in die Funktionsbereiche (siehe Abb. 3): 1.
Disposition (siehe 2.)
2.
Beschaffung (siehe 3.) und
3.
Lagerhaltung (siehe 4.).
Die moderne, so genannte integrierte Materialwirtschaft endet dagegen nicht mehr mit der Bereitstellung des Materials für die Produktion, sondern umfasst außerdem: 4.
den innerbetrieblichen Transport (siehe 4.)
5.
die Fertigungssteuerung
6.
das Verteilen der Fertigwaren sowie
7.
die Entsorgung bzw. Reststoffverwertung (siehe 3.5).
1.1.4 Bedeutung und Kosten der Materialwirtschaft Die Materialwirtschaft hat in den letzten 25 Jahren sowohl in der Wissenschaft als auch in der Unternehmenspraxis stark an Bedeutung gewonnen. Im Gegensatz zu den Bereichen Produktion und Absatz, die schon viel früher im Blickpunkt des betriebswirtschaftlichen Interesses standen, ist sie noch ein verhältnismäßig junges Gebiet. Die Notwendigkeit dieser Entwicklung resultiert hauptsächlich aus zwei Gründen: 1.
In allen Branchen findet sich die Tendenz, die Fertigungstiefe zu reduzieren, d.h. immer mehr Teile und Baugruppen durch spezialisierte Zulieferfirmen fremdfertigen zu lassen. Damit hat sich der Anteil der Beschaffungskosten an den Gesamtkosten immer weiter erhöht.
Pressenotiz Das neue Kunststoffrad mit einer Gewichtsersparnis für die Erstausstattung ist im September des laufenden Jahres auf der „automechanika“ in Frankfurt vorgestellt worden. Schon reißen sich die Autobauer um die Lizenz.
Aufgabe 1.
a)
Die neue Radentwicklung wird auch für die DMW AG nicht ohne Folgen bleiben. Machen Sie sich Gedanken darüber, welche Sektoren im Unternehmen angesprochen werden, wenn eine Lizenz hierzu erworben wird!
b) Überlegen Sie, ob die gegenwärtigen PKW-Modelle kurzfristig mit den neuen Rädern ausgestattet werden können. Begründen Sie Ihre Überlegungen! c)
Gesetzt den Fall, dass das neue Rad fremdgefertigt (selbstständige Hersteller) werden muss: Welche Probleme könnten sich für die DMW ergeben?
Beispiel: Die hochgradig automatisierte Fertigung der DMW AG Ein zunehmender Automatisierungsgrad bringt zwar viele Vorteile, aber leider auch Nachteile mit sich. Dies wird besonders in der Endmontage deutlich. An den einzelnen Stationen entlang der Hauptfertigungsstraße werden die verschiedenen Montageschritte durchgeführt, also z. B. der Motor eingebaut oder Stoßfänger montiert. Hier kommt es darauf an, dass die Bauteile in genau der richtigen Reihenfolge der Station zugeführt werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Teil von einem Zulieferer kommt oder aus einer der eigenen Vorfertigungsstufen stammt.
1.
2.
Grundlagen der Materialwirtschaft
283
Die Forderung der Kunden nach immer mehr Flexibilität der Unternehmen machte es notwendig, die Materialflüsse im Unternehmen effizienter zu gestalten.
Die große Bedeutung der Materialwirtschaft wird klar, wenn man sich veranschaulicht, wie hoch der Anteil der Kosten, die in ihrem Einflussbereich liegen, am Gesamtumsatz eines Unternehmens ist (siehe Abb. 5). Die gesamten Kosten der Materialwirtschaft entstehen durch die Kosten •
der Materialdisposition
•
des Einkaufs
•
der Lagerwirtschaft
•
des innerbetrieblichen Transportes
•
der Reststoffverwertung und Entsorgung
Aufgabe
•
sowie der strategischen, vom Bedarfsfall unabhängigen Funktionen.
2.
In den nachfolgenden Abschnitten wird auf diese Kosten genauer eingegangen.
Abb. 6:
Abb. 5:
Kostenstruktur der DMW AG und Bedeutung der Materialwirtschaft
Die Kostenstruktur der DMW AG sowie die Umsätze sind in Abb. 6 ausgewiesen. Eine Kostenreduzierung im Materialsektor von 4% würde zu einer höheren Umsatzrendite von 6,67% (Zahlen in Klammern) führen. Wie hoch muss die Umsatzrendite werden, damit eine Umsatzerhöhung von 33 1/3 % bei gleichen Kostenproportionen (Ausgangslage – ohne Klammern) zum gleichen Gewinn kommt?
Bedeutung der Beschaffungskosten für den „Return of Investment“ (ROI)
284
Materialwirtschaft
In vielen Betrieben macht das Beschaffungsvolumen über 50 % des Umsatzes aus. Die Kosten der Materiallagerung und -bewegung betragen grob 20 % des Warenwertes. Die Materialwirtschaft hat sich damit von einer verschiedenen anderen Bereichen zugeordneten Nebenfunktion zu einem eigenständigen Gebiet entwickelt.
1.2
Organisation der Materialwirtschaft
Eine Organisation ist ein System von Regelungen, das dazu dient, das Verhalten der Mitglieder der Organisation auf ein gemeinsames Ziel auszurichten.
1.2.1 Aufbauorganisation Die Stellung, die die Materialwirtschaft in einem Unternehmen einnimmt (oder zumindest einnehmen sollte), ist keineswegs immer gleich. Sie ist in erster Linie abhängig von der Branche, aber auch Faktoren wie Betriebsgröße und -art sind entscheidend. Eine besonders große Bedeutung für den Unternehmenserfolg hat die Materialwirtschaft in Unternehmen, bei denen viel Material auf gleiche Weise bewegt wird. Diese Bedeutung spiegelt sich auch in der Organisation wider, denn sie ist entweder als Hauptabteilung organisiert oder bildet sogar ein eigenes Vorstands- bzw. Geschäftsführungsressort. In Dienstleistungsunternehmen (z.B. Banken und Versicherungen) spielt die Materialwirtschaft dagegen i.d.R. nur eine untergeordnete Rolle. Die Organisation des Einkaufs wird in Abschnitt 3. genauer beschrieben. Unterschieden wird dabei, ob es sich um einen zentralen oder dezentralen Einkauf handelt und ob die Arbeit der Einkaufs-Mitarbeiter nach Funktionen (Tätigkeiten) oder Objekten (Artikelgruppen) gegliedert ist.
Abb. 7:
Die unterschiedliche Stellung der Materialwirtschaft in Unternehmen verschiedener Branchen
Beispiel: Stellung der Materialwirtschaft in der Organisation der DMW AG In der DMW AG hat die Materialwirtschaft eine so große Bedeutung, dass sie ein eigenes Vorstandsressort bildet (siehe Abb. 8). Ihm unterstellt sind der Zentraleinkauf und die Logistik. Im Rahmen der Errichtung des neuen Standortes in Halle wurde das Konzept der Materialwirtschaft hinsichtlich ihrer Zentralisierung bzw. Dezentralisierung neu überdacht. Danach wurde entschieden, dass der Einkauf zentral im Stammwerk in Hannover bleibt und von dort aus auch die Beschaffung für das Werk in Halle mit übernimmt. Aufgrund der engeren Verzahnung mit der Produktion wurde die Logistik in dem neuen Werk nach dem gleichen Schema organisiert, welches sich in Hannover bereits gut bewährt hatte.
Aufgabe 3.
a)
Auch die Airbus-Industrie steht vor der Frage, die in Eigenregie geführten Zulieferer (2006) zu verselbstständigen. Welche Begründung wird hierzu angeführt.
1.
Grundlagen der Materialwirtschaft
Abb. 8:
285
Die Aufbauorganisation (Organigramm) der Materialwirtschaft bei der DNW AG
Im Lagerbereich wird ebenfalls zwischen zentral bzw. dezentral organisierter Lagerhaltung unterschieden. Das Schaubild auf Seite 278 offenbart nur die Art der Lagerung, nicht aber, ob sie zentralisiert oder nicht zentralisiert ist. Das Modell spielt dabei keine Rolle.
1.2.2 Ablauforganisation Die Ablauforganisation soll die wirtschaftlich optimale Abfolge des Gesamtprozesses gewährleisten. Mitarbeiter und Sachmittel müssen zeitlich und räumlich so eingesetzt werden, dass alle Arbeitsgänge lückenlos und, wenn möglich, auch parallel ablaufen können. Die Materialwirtschaft ist für die Ablauforganisation in ihrem Bereich und damit vor allem für die des Materialflusses im Unternehmen verantwortlich.
Ergänzendes zur Einkaufsorganisation Der Trend zu Kooperationen mit der Zuliefererindustrie hat sich sicher einerseits durch Datenfernübertragung (DFÜ) und andererseits durch Besinnung der Hersteller auf Kernbereiche sowie die Konzentration der Geschäftsbeziehungen auf wenige Lieferanten verstärkt, weil hierin Kostensenkungspotenziale vermutet werden. Auch die Globalisierung der Märkte (Öffnung und Zugang zu allen Märkten der Welt) tut das ihre. Kraftfahrzeughersteller setzen heute auf Systemlieferanten. Zur besseren Abstimmung werden heute zwischen ihnen und dem Hersteller, auch schon zwischen Kunden und Produzenten, Arbeitskreise (Team Projekte) eingerichtet, die Struktur und Logistik, Strategie und Ausführung (operative Gestaltung) jeweils beider Unternehmen zusammenführen.
Aufgabe 3.
b) Verschaffen Sie sich einen Überblick über die Aufbau- und die Ablauforganisation der Materialwirtschaft in Ihrem Ausbildungsbetrieb!
286
Materialwirtschaft
Materialfluss ist die „Verkettung aller Vorgänge beim Gewinnen, Be- und Verarbeiten sowie bei der Verteilung von stofflichen Gütern innerhalb festgelegter Bereiche“. (VDIRichtlinie 3300). Zu diesen Vorgängen gehören die Funktionen Handhaben, Transportieren, Prüfen, Aufenthalte und Lagerungen. Der Informationsfluss steht in engem Zusammenhang mit dem Materialfluss und verläuft in entgegengesetzter Richtung (siehe Abb. 9).
Innovation und Zukunftsfähigkeit der Autoindustrie bestimmen immer mehr die Zulieferer. Die Branche befindet sich in einem tiefen Umbruchsprozess. Lag die Fertigungstiefe 1995 bei ihr noch bei 40 %, dürften bis zum Jahr 2015 Zulieferer bereits 80 % der Entwicklung und Produktion für die Hersteller übernommen haben. Grund: Die Technik „Autos sind so kompliziert geworden, dass es wenig Sinn macht, wenn der Autohersteller alles allein macht“(Dudenhöfer). (Die Welt 19.7.2004)
1.2.3 Warenbereitstellung
Beispiel
Die Aufgabe der Warenbereitstellung der Materialwirtschaft wird i.d.R. durch die Verwendung eines Lagers gelöst. Ausgenommen sind alle Einzelbeschaffungen im Bedarfsfall sowie die in den letzten Jahren immer häufiger eingesetzte lagerlose Sofortverwendung von Materialien. Daraus ergeben sich drei Prinzipien der Warenbereitstellung, die in Abb. 10 gegenübergestellt sind.
Warenbereitstellung bei der DMW AG Bei der DMW AG werden artikelabhängig drei Bereitstellungssysteme eingesetzt. Die Artikel werden über das Vorratshaltungsprinzip bereitgestellt. Die lagerlose Sofortverwendung wird erfolgreich bei verhältnismäßig teuren und variantenreichen Zuliefer-Systemkomponenten praktiziert. Einzelbeschaffung im Bedarfsfall: Investitionsprojekte.
Haupt-Materialfluss
Haupt-Informationsfluss Abb. 9:
Material- und Informationsfluss in der Ablauforganisation der Materialwirtschaft bei der DNW AG
1.
Grundlagen der Materialwirtschaft
Bedarfsdeckung Warenbereitstellungsprinzip …
287
Kennzeichnung und Anwendung Vor- und Nachteile
1. Vorratshaltung ... durch Vorrats- Materialien werden im eigenen Lager + Schnelle Verfügbarkeit haltung bevorratet + Unempfindlich bei LieferverzögeÜberwiegend in Betrieben mit Massenrung bzw. Serienfertigung + Günstige Beschaffungskosten durch große Mengen - Hohe Kapitalbindungs- und Lagerhaltungskosten 2. Lagerlose Sofortverwendung
... ohne Vorratshaltung
3. Einzelbeschaf- ... ohne Vorratsfung im Bedarfs- haltung fall
Abb. 10:
1.3
Die Materialien werden geplant, dass sie genau zum Bedarfszeitpunkt angeliefert werden. Für großvolumige, teure Materialien mit hohem, genau vorhersehbarem Bedarf
+ -
Keine Kapitalbindungs- und Lagerhaltungskosten Hohe Empfindlichkeit gegenüber Lieferverzögerungen Hoher Planungsaufwand
Materialien werden erst bei Vorliegen + Geringe Kapitalbindungs- und eines konkreten Bedarfs be(reitge)stellt Lagerhaltungskosten Einzel- und Kleinserienfertigung - Lieferzeiten - Anfällig gegen Lieferverzögerungen - Hohe Beschaffungskosten durch kleine Mengen
Prinzipien der Warenbereitstellung
Daten- und Informationsverarbeitung in der Materialwirtschaft
Um ihre Aufgaben erfüllen zu können, benötigt die Materialwirtschaft eine Fülle von Informationen sowohl aus dem eigenen Unternehmen als auch von außen. So kommen z.B. von den Bedarfsträgern des Unternehmens interne Informationen in Form von Bedarfsanforderungen. Beispiele für externe Informationen sind Angebote von Lieferanten oder die Wettbewerbssituation auf dem Markt für Edelstahl. Die Informationen müssen gesammelt und ausgewertet werden, um sie so weit wie möglich für das Unternehmen nutzen zu können. Die Gesamtkonzeption des Informationswesens bildet ein wesentliches Teilsystem der materialwirtschaftlichen Organisation.1
1 Grochla, E.: Grundlagen der Materialwirtschaft,
3. Aufl. Wiesbaden 1978, S. 200 f.
Beispiel: EDV-Einsatz in der Materialwirtschaft der DMW AG Eine der vielen Aufgaben der Materialwirtschaft von DMW ist die Versorgung des Unternehmens und vor allem der Servicewerkstätten mit Ersatzteilen. Sowohl für die aktuellen Fahrzeuge als auch für die vielen vorangegangenen Wagenmodelle, für die noch Ersatzteile vorgehalten werden müssen, existieren derzeit etwa 230 000 verschiedene Ersatzteile. Um diese verwalten zu können, ist der Einsatz moderner EDV nicht mehr wegzudenken. Dabei kommen verschiedene Module zum Einsatz, die miteinander verknüpft sind und mit einer einheitlichen Datenbasis arbeiten:
288
Materialwirtschaft
Schon in mittelgroßen Industrie- und Handelsbetrieben ist die Vielzahl an Informationen, mit denen die Materialwirtschaft heute fertig werden muss, so groß, dass eine Verarbeitung ohne moderne DV-Technik oft unmöglich und mit Sicherheit unwirtschaftlich ist. Die wichtigen Informationen der einzelnen Abteilungen werden mittels geeigneter Programme in einer Datenbank gesammelt. Von dort aus können die Daten dann weiterverarbeitet und von allen genutzt werden, die diese Informationen zur Durchführung ihrer Aufgaben benötigen. Aus dem gesamten Spektrum der betriebswirtschaftlichen Anwendungs-Software kommen in der Materialwirtschaft üblicherweise folgende Programme zum Einsatz: •
ein Programm zur Unterstützung der Beschaffungstätigkeiten
•
ein Warenwirtschaftssystem für die Bestandsführung sowie
•
ein Produktionsplanungs- und -steuerungssystem (PPS-System).
Der Datenaustausch zwischen den einzelnen Programm-Modulen wird durch entsprechende Schnittstellen ermöglicht.
1.4
•
Der Einkauf wird durch ein Beschaffungssystem unterstützt. (Dieses hat z. B. Schnittstellen zur Warenwirtschaft sowie zur Rechnungsprüfung und weiter zur Finanzbuchhaltung.)
•
Die Fertigungssteuerung wird durch ein umfangreiches PPS-System unterstützt.
•
Die Lagerhaltung und innerbetriebliche Warenbewegung werden über ein Warenwirtschaftsmodul verwaltet.
Zunehmend gewinnt auch die Anbindung strategischer Lieferanten an das eigene DVSystem an Bedeutung. So wurden in den letzten Jahren Datenverbundsysteme mit zwei „Just-in-time“-produzierenden Systemlieferanten eingerichtet (siehe Abschnitt 3.4.2). Die Lieferanten bekommen dadurch die einzelnen Aufträge von DMW direkt per Datenleitung in ihr DV-System eingespielt. Umgekehrt kann DMW ständig deren Fertigungsstand abfragen und in der eigenen Planung berücksichtigen. So hat die DMW AG rechtzeitig an den strategischen Entwicklungen der Industriebetriebe auf dem Beschaffungssektor teilgenommen und so vorzeitig auf die Kostenhöhe senkend gewirkt.
Qualitätssicherung in der Materialwirtschaft
Qualität bedeutet im Allgemeinen die „Beschaffenheit einer Einheit bezüglich zu ihrer Eignung festgelegten und vorausgesetzten Anforderungen zu erfüllen“. In der betrieblichen Praxis wird allerdings die Auffassung vertreten, dass Qualität mehr umfasst als nur ein technisch perfektes Produkt. So versteht man unter Qualität auch die Art und Weise, in der das Produkt bzw. die Problemlösung an den Kunden verkauft wird – die sog. Geschäfts- bzw. Unternehmensqualität.
Beispiel: Qualitätssicherung bei der DMW AG Bei der DMW AG wurde schon vor Jahren erkannt, welche hohe wirtschaftliche Bedeutung eine produktionsbegleitende Qualitätssicherung hat, und frühzeitig die erforderlichen Konzepte erstellt und nach und nach umgesetzt. Um dieses umfangreiche Qualitätsmanagement dokumentieren zu können, wurde von der DMW AG die Zertifizierung nach der ISO 9000 Vorschrift angestrebt. Die Konzepterstellung und Realisierung hierfür haben – verzögert durch den Neubau in Halle – zusammen fast 3 Jahre in Anspruch genommen.
1.
Grundlagen der Materialwirtschaft
Qualitätssicherung ist in den meisten Unternehmen zu einem immer wichtigeren Thema geworden (Schlagwort „Total Quality Management – TQM). (vergl. S. 19, Abb. 17)
289
Die wichtigsten Lieferanten werden in unregelmäßigen Abständen „Lieferantenaudits“ unterzogen.
TÜV
Die Hauptgründe sind: •
Der Kunde akzeptiert nur Produkte mit einwandfreier Qualität.
•
Die Korrektur eines Qualitätsmangels wird umso teurer, je später er bemerkt wird.
Während früher die Qualität durch eine aufwändige Endkontrolle erreicht wurde, wird die Qualitätssicherung heute zunehmend nach jedem Produktionsschritt durchgeführt. So wird gewährleistet, dass nur einwandfreie Teile in der nächsten Fertigungsstufe verarbeitet werden. Um weitgehend gewährleisten zu können, dass auch die Zulieferer qualitativ einwandfreie Teile liefern, finden bei besonders wichtigen Lieferanten so genannte „Audits“ statt. Dabei werden die Zulieferer daraufhin überprüft, inwieweit sie die Voraussetzungen besitzen, um die erforderliche Qualität und Zuverlässigkeit zu erfüllen. Unternehmen,. die über ein geschlossenes Qualitätsmanagement verfügen, können sich dieses von bestimmten unabhängigen Instituten testieren lassen, um dies auch nach außen hin (gegenüber ihren Kunden) dokumentieren zu können. Zum Erwerb dieses Zertifikates muss gegenüber einem unabhängigen Institut nachgewiesen werden, dass ein durchgehendes Qualitätssicherungssystem angewendet wird, das neben der Fertigung auch alle anderen Abteilungen umfasst. Die Vorschrift bzw. Norm, nach der diese Zertifizierungen erfolgen, trägt die Bezeichnung ISO 9000. Zunehmend verlangen Unternehmen von ihren wichtigen Zulieferern diesen Nachweis.
Zertifikat Die TÜV-Zertifizierungsgemeinschaft e.V. bescheinigt hiermit, dass das Unternehmen Deutsche Motorenwerke AG Lister Damm 58-67 D-30163 Hannover für den Geltungsbereich Herstellung und Vertrieb von Personenkraftwagen ein Qualitätsmanagementsystem eingeführt hat und anwendet. Durch ein Audit, Berichts-Nr. 1234, wurde der Nachweis erbracht, dass die Forderungen der DIN ISO 9001 erfüllt sind. Dieses Zertifikat ist gültig bis Juli 2010 Zertifikats-Register-Nr. 08 15 47 11 Hannover, den 20. November 20..
Hannover, den 20. November 20..
TÜV-Präsidium
TÜV-Zertifizierungsstelle des TÜV Bremen
Abb. 11:
Die ISO 9000-Zertifizierungsurkunde der DMW AG
Aufgabe 4.
Wieso kann eine einmalige Endkontrolle höhere Kosten verursachen als Kontrollen nach jedem Produktionsschritt?
290
Materialwirtschaft
2. Materialdisposition 2.1
Einleitung
Damit die Absatzpläne und die daraus abgeleiteten Produktionspläne erfüllt werden können, ist es notwendig, so rechtzeitig wie möglich zu ermitteln, wo, wann und wie hoch der Bedarf an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, Halbfabrikaten und Handelswaren innerhalb des Leistungserstellungsprozesses sein wird (siehe Abb. 14). Nur so kann eine rechtzeitige Bereitstellung erfolgen und können unnötige Verzögerungen vermieden werden. Die Aufgabe der Materialdisposition ist es, dafür zu sorgen, dass alle zur Leistungserstellung benötigten Waren in der richtigen Art und Menge und zum richtigen Termin zur Verfügung stehen. Ausgangspunkt der Disposition sind die Bedarfsinformationen Bedarfsmenge und Bedarfstermin, aus denen dann in den Schritten 1.
Bedarfsrechnung (siehe 2.2),
2.
Bestandsrechnung (siehe 2.2) und
3.
Bestellrechnung (siehe 2.3)
Beispiel: Unterschiedliches Vorgehen bei der Materialdisposition der DMW AG Die Art und Weise des Vorgehens bei der Materialdisposition ist bei DMW (wie in vielen anderen Unternehmen auch) sehr stark abhängig von der Art und dem Zweck des zu beschaffenden Artikels selbst. So wird z. B. ein wichtiger Rohstoff grundsätzlich anders disponiert als ein Radiergummi und eine neue Produktionsanlage anders als DIN-Schrauben für das Ersatzteillager der Betriebswerkstatt. Im Mittelpunkt der DMW-Materialdisposition steht natürlich die Versorgung des Unternehmens mit Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie den fremdgefertigten Baugruppen und Handelswaren. Für Büromaterial existieren dagegen kleinere Büromateriallager für räumlich zusammenliegende Abteilungen, die jeweils ihre Anforderungen an den Einkauf weitergeben.
die Bestellinformationen Bestellmenge und Bestelltermin gewonnen werden müssen (siehe Abb. 12). (Spezielle moderne Beschaffungs- und Dispositionskonzepte, wie z.B. Kanban oder Justin-time, werden in Abschnitt 3.4.2 beschrieben.)
2.2
Bedarfsmengenplanung
Vor der eigentlichen Bestellung muss zunächst einmal der Bedarf möglichst genau ermittelt werden.
Abb. 12:
Schema des Dispositionsablaufes
2.
Materialdisposition
291
Wird zu viel beschafft, so führt dies erstens zu einer unnötig hohen Kapitalbindung, und zweitens besteht die Gefahr, dass ein Teil der Waren aufgrund von Schwund oder Veralterung später nicht mehr genutzt werden kann. Ein zu geringer Bestand kann dagegen zu erheblichen Produktionsverzögerungen und zu Kundenverlusten führen. Es werden drei Dispositionsarten bzw. -verfahren unterschieden (siehe Abb. 13), nach denen der Bedarf ermittelt werden kann. In direktem Zusammenhang mit den Dispositionsarten stehen die jeweils zur Anwendung kommenden drei Bedarfsermittlungsverfahren bzw. -methoden: Dispositionsart
1. Plan- oder programmgesteuerte Disposition 2. Auftragsgesteuerte Disposition 3. Verbrauchsgesteuerte Disposition
Abb. 13:
Angewendetes Bedarfsermittlungsve rfahren 1. Deterministische Bedarfsermittlung
2. Stochastische Bedarfsermittlung 3. Subjektiv schätzende Bedarfsermittlung
siehe in 2.2.1
2.2.2
Übersicht Dispositionsarten/ -verfahren und Bedarfsermittlungsverfahren/-methoden
Beispiel: Bedarfsmengenplanung bei der DMW AG Artikel, die nur sehr selten benötigt werden (wie z. B. Maschinen) oder für den Produktionsprozess keine entscheidende Rolle spielen (wie z. B. ein Schreibtischstuhl), werden i. d. R. nur auf einen konkret entstandenen Bedarf hin beschafft. Für die Disposition der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie der fremdgefertigten Teile wird bei DMW die Stücklistenauflösung eingesetzt: Bei maschinellen Anlagen kann es sich um Ersatzinvestitionen handeln oder bei Kapazitätserweiterungen um Neuinvestitionen. In dem Moment, wo der Auftrag eines Kunden für einen bestimmten Wagen, mit allen gewünschten Extras, erfasst wird, können, mit Hilfe der im Rechner hinterlegten Stücklisten, alle dafür notwendigen Teile bestimmt werden. Welche Bedarfsvorhersagemethode bei DMW zur Anwendung kommt, richtet sich danach, um welchen Artikel es sich handelt. Während der Bedarf der strategisch besonders wichtigen A-Teile (siehe Abschnitt 3.4.3) programmorientiert vorhergesagt wird, werden die „wichtigeren“ C-Teile verbrauchsorientiert disponiert.
2.2.1 Plangesteuerte Disposition Zur Bestimmung des Bedarfs wird in der plan- oder programmgesteuerten Disposition die deterministische Bedarfsrechnung eingesetzt. Die Basis der deterministischen Bedarfsmengenermittlung ist, sowohl für Industrie- als auch für Handelsunternehmen, der Absatzplan. In Fertigungsbetrieben wird daraus zunächst ein Produktionsplan erstellt. Aus diesem wird dann, durch das Auflösen der vorliegenden Stücklisten bzw. Rezepturen, der Bedarf an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie Halbzeugen und Handelswaren ermittelt (siehe Abb. 14).
Abb. 14:
Der Zusammenhang von Absatzplan und Bedarfsermittlung
292
Materialwirtschaft
2.2.1.1
Stücklisten
Eine Stückliste ist eine Aufstellung, aus der die Einzelteile und Baugruppen entnommen werden können, aus denen ein Produkt zusammengesetzt ist. Es gibt folgende Grundformen der Stücklisten: •
•
Die Mengenübersichtsstückliste ist die einfachste Stücklistenform. Aus ihr gehen alle Komponenten eines Produktes und deren benötigte Menge hervor. Dagegen lassen sich aus ihr keine Informationen über die Verwendungsstruktur entnehmen. Die Baukastenstückliste weist für jede Baugruppe immer die Teile der nächsttieferen Fertigungsstufe aus.
•
Der Strukturstückliste lassen sich sowohl alle Einzelteile eines Produktes entnehmen als auch die Struktur ihres Zusammenbaus über die einzelnen Fertigungsstufen.
•
Misch- und Sonderformen.
Beipiel: DMW-Stücklisten Die Grundfortnen der Stücklisten sollen am Beispiel einer Scheibenkupplung für den „Shopper“ verdeutlicht werden: 1. Die Mengenübersichtsstückliste: Scheibenkupplung Pos.
Menge
1 2 3 4
1 1 2 4
5
4
6
2
Bezeichnung (Norm-Kurzbez.) Kupplungshälfte 1 Kupplungshälfte 2 Halbring Sechskantschraube (M 10x40 DIN 981) Sechskantmutter (M 10 DIN 934) Passfeder (B8x7x30 DIN 6885)
Werkstoff Halbzeug GGG-40 GGG-40 St37-1 9 8 St60-2K
2. Die Strukturstückliste:
Stücklisten werden sowohl bei der deterministischen Bedarfsplanung als auch in der Konstruktion, Fertigung (siehe Kapitel „Produktion“) und Kalkulation benötigt. 2.2.1.2
Bedarfsarten
Generell lassen sich die drei Bedarfsarten
Abb. 15:
•
Primärbedarf
•
Beispiel:
Sekundärbedarf und
Bedarfsauflösung bei der DMW AG
•
Tertiärbedarf
Auf Basis der Kundenaufträge (BruttoPrimärbedarf) aus dem vorliegenden Produktionsplan für die „Single“-Produktion der nächsten Woche errechnet sich durch Stücklistenauflösung u. a. ein Brutto-Sekundärbedarf von 784 Stoßdämpfern (hinten). Das Materialwirtschaftssystem weist einen aktuellen Lagerbestand von 620 Stück aus. Davon sind allerdings bereits 278 für die Produktion dieser Woche reserviert. Außerdem muss bei der Disposition ein Sicherheitsbestand von 390 Stück (Bedarf für etwa eine halbe Woche) beachtet werden.
unterscheiden (siehe Abb. 16). Der Primärbedarf ist der Bedarf an Endprodukten, die von den Kunden beim Unternehmen nachgefragt werden (d.h. der Bedarf, der im Absatz- bzw. dem Produktionsplan festgelegt ist). Außer den eigentlichen Fertigprodukten und Handelswaren können dies auch Ersatzteile sein.
Grundformen von Stücklisten
2.
Materialdisposition
Über eine Stücklistenauflösung (insbesondere im Maschinen- und Automobilbau), eine Rezepturauflösung (insbesondere in Unternehmen der Lebensmittel- oder chemischen Industrie) oder Teileverwendungsnachweise wird der Sekundärbedarf ermittelt. D.h., es werden Art und Menge aller Baugruppen, Einzelteile oder Rohstoffe ermittelt, die vom Unternehmen benötigt werden, um den Primärbedarf befriedigen zu können.
293
Der Netto-Sekundärbedarf (bzw. die Bestellmenge) der nächsten Woche beträgt also 784- (620-278) + 390 = 832 Stück.
Der Tertiärbedarf bezieht sich auf alle Materialien und Dienstleistungen, die vom Unternehmen zur Leistungserstellung benötigt werden, ohne dass sie direkter Bestandteil des Endproduktes werden (siehe Abschnitt 2.2.2). In Handelsunternehmen entfällt oft die Umrechnung von Primärbedarf in Sekundär- oder Tertiärbedarf, weil die Waren unverändert weiterverkauft werden. Stücklisten werden daher nicht benötigt. 2.2.1.3
Brutto- und Nettobedarf
Für jede der vorangehend genannten Bedarfsarten muss zunächst von der benötigten Menge, dem so genannten Bruttobedarf, die Menge abgezogen werden, die bereits verfügbar im Lager vorhanden oder bereits bestellt ist. Der Nettobedarf ergibt sich dann als die verbleibende Menge nach Abzug der Lagerbestände. Die plangesteuerte Disposition erlaubt eine sehr genaue Bestellmengen- und Terminplanung, sodass die Sicherheitsbestände niedrig gehalten werden können. Sie ist zukunftsorientiert. Da mit ihr ein großer Dispositionsaufwand verbunden ist, wird sie nur für Rohstoffe und hochwertige Hilfsstoffe eingesetzt. Die Umrechnung von Brutto(primär)bedarf in den Netto(primär)bedarf findet in Handelsunternehmen in der gleichen Weise statt.
Abb. 16:
Bedarfsarten – Brutto- und Nettobedarf
294
Materialwirtschaft
2.2.2 Verbrauchsgesteuerte Disposition
Beispiel:
Zur Bestimmung des Bedarf werden in der verbrauchsgesteuerten Disposition die Methoden der stochastischen Bedarfsrechnung eingesetzt. Im Gegensatz zur planorientierten Disposition wird hier nicht zukunftsorientiert disponiert, sondern vergangenheitsorientiert.
Die gleitende Mittelwertberechnung ist ein einfaches Verfahren für die Bedarfsprognose. Der Bedarf eines Artikels für die folgende Periode wird dabei als arithmetisches Mittel aus dem Verbrauch der jeweils letzten n Vorperioden errechnet.
Die Verfahren beruhen auf der Annahme, dass sich der zukünftige Bedarf analog zu der vergangenen Bedarfsentwicklung verhält und somit aus den Verbräuchen der Vergangenheit berechnen lässt. Die gängigsten Methoden sind •
die gleitende Mittelwertberechnung (siehe Beispiel rechte Spalte) und
•
die exponentielle Glättung erster Ordnung (auf welche hier nicht näher eingegangen wird).
In Fällen, wo die Voraussetzungen für diese Methoden nicht zutreffen (z. B., weil Vergangenheitswerte fehlen), kann der Bedarf manchmal nur subjektiv geschätzt werden. Die verbrauchsorientierte Disposition ist weit weniger aufwändig als die programmorientierte. Sie ist vergangenheitsorientiert. Ihre geringere Dispositionsgenauigkeit muss durch höhere Sicherheitsbestände ausgeglichen werden. Daher wird sie nur für geringwertige Hilfsstoffe und für alle Materialien, bei denen programmorientierte Verfahren nicht anwendbar sind (Betriebsstoffe, Ersatzteile usw.) eingesetzt.
Die gleitende Mittelwertberechnung
Um die Bedarfsmenge des nächsten Monats für DIN xyz-Schrauben zu bestimmen, wird z. B. das arithmetische Mittel aus den Verbrauchswerten der letzten 12 Monate berechnet. Der Benzinschlauchbedarf der übernächsten Woche wird aus dem arithmetischen Mittel der letzten vier Wochenverbräuche bestimmt. Diese Methode wird „gleitend“ genannt, weil mit jeder neuen Periode der Wert der Vorperiode neu in die Mittelwertberechnung mit einfließt und dafür der älteste Wert nicht mehr zur Berechnung herangezogen wird.
Aufgabe 5.
Erkundigen Sie sich in Ihrem Ausbildungsbetrieb, welche Verfahren zur Bedarfsermittlung eingesetzt werden (plangesteuerte oder verbrauchsorientierte Disposition)! Insbesondere, wenn verschiedene Strategien angewendet werden, fragen Sie nach den Kriterien, von denen es abhängt, welche Artikel oder Artikelgruppen mit welchem Verfahren disponiert werden! a)
Beschreiben Sie mit eigenen Worten Abb. 16!
b) Wieso wird die Bedarfsplanung im JIT-Service anders aussehen?
2.
Materialdisposition
2.3
295
Die Bestellmengenplanung
2.3.1 Die Bestellmenge Ein wichtiger Begriff, der u.a. in Verbindung mit Beschaffungsmengen gebraucht wird, ist die Losgröße. Ein Los ist eine aus einem bestimmten Grund zusammengefasste Menge eines bestimmten Produktes. Als Losgröße wird die Anzahl der Produkteinheiten bezeichnet, die zu einem Los gehören. In der Beschaffung bezeichnet der Begriff der Losgröße die Menge eines Produktes, die mit einer Bestellung beschafft wird. In der Produktion spricht man von Losgrößen in Bezug auf die Menge eines Artikels, die ohne Unterbrechung durch die Fertigung eines anderen Artikels hergestellt wird (siehe Kapitel „Produktionswirtschaft“, Abschnitt 5.1). 2.3.1.1
Beispiel: Beschaffungs-Losgröße Bei der DMW AG liegt der Jahresbedarf an Standard-Autoreifen für das Modell „Single“ z. Zt. bei etwa 80 000 Stück. Aus Gründen, die in der nachfolgenden Aufgabe 9 dargestellt werden, wurde entschieden, dass diese immer zu je 3100 Stück bestellt werden. Dies ist die Beschaffungs-Losgröße für diesen Artikel. Die Losgröße wird zunächst immer unter Kostengesichtspunkten festgelegt. Anschließend muss dann überprüft werden, ob diese Menge auch mit der Praxis vereinbar ist. Oft ist es z. B. sinnvoll, auf handelsübliche Gebindeeinheiten (Palette, Container usw.) aufoder abzurunden, oder es steht keine ausreichende Lagerkapazität zur Verfügung.
Mindestbestellmenge und Höchstgrenzen
Unabhängig von der optimalen Bestellmenge müssen häufig auch Mindestbestellmengen beachtet werden. Sofern die Mindestbestellmenge größer ist als die optimale Losgröße, kommt es zu Mehrkosten für das Unternehmen. Umgekehrt gibt es häufig auch Höchstgrenzen für die Beschaffungsmengen. Diese können z.B. durch die Größe des Lagers gesetzt sein. Bei verderblichen Waren darf die Beschaffungsmenge nicht größer sein als der zu erwartende Verbrauch in dem Zeitraum, der für die Verarbeitung zur Verfügung steht.
Abb. 17:
Die kostengünstige Bestellmenge
296
Materialwirtschaft
2.3.1.2
Optimale Bestellmenge
Eine der wichtigsten Fragen der Materialwirtschaft ist die der Höhe der Bestell- und Lagermengen. Dabei bewegt man sich stets in dem Zielkonflikt zwischen möglichst geringen Lagerkosten einerseits sowie einer hohen Versorgungssicherheit und niedrigen Beschaffungskosten andererseits. Während der Stückpreis, den man zu bezahlen hat, mit zunehmender Beschaffungslosgröße abnimmt, entstehen andererseits höhere Bestände und dadurch steigende Lagerkosten. Für jeden Artikel muss daher bestimmt werden, welche Beschaffungslosgröße für das Unternehmen die niedrigsten Gesamtkosten verursacht (siehe Abb. 17 und 19). Die klassische Formel für die Losgrößenberechnung ist die so genannte Andler-Formel: q0 =
qo X p KB kZ kL
2 × X × KB p × (kL + k Z )
Optimale Bestellmenge Jahresbedarf Einstandspreis Fixe Kosten je Bestellung Zinssatz Lagerkostensatz
Dabei wird vorausgesetzt, dass der Stückpreis und die Fixkosten pro Bestellung (z.B. Transportkosten) unabhängig von der BestellLosgröße sind. Natürlich gibt es viele Beschaffungsfälle, die nicht die Voraussetzungen erfüllen, um die einfache Andler-Formel anwenden zu können. Es gibt jedoch auch für eine Reihe schwierigerer Fälle Formeln zur Bestimmung der optimalen Losgröße, die jedoch auch entsprechend komplizierter sind. Neben der Andler-Formel gibt es noch weitere Verfahren zur Bestimmung der optimalen Losgröße (z.B. die dynamische Bestellmengenrechnung oder der Stückperiodenausgleich), auf die hier aber nicht weiter eingegangen werden soll.
Aufgabe 6.
Für die Beschaffung der Reifen für die Produktion des „Single“ gelten folgende Daten: Jahresbedarf X = 80 000 Stück Einstandspreis p = 62,03 EUR/Stück Fixkosten je Bestellung KB = 450 EUR Zinssatz kZ = 8% (= 0,08) Lagerkostensatz kL = 4% (=0,04)
Lösung a)
Berechnung mit Tabelle Die Lösung wird in Abb. 18 veranschaulicht. Ziel muss es natürlich sein, die Anzahl der Bestellungen zu finden, bei der die Gesamtbedarfsmenge der Periode zu den geringsten Gesamtkosten beschafft werden kann. Um ein gewisses „Ausprobieren“ mit der Anzahl kommt man meistens nicht herum. Es empfiehlt sich daher, zunächst mit größeren Abständen zu rechnen und dann im Bereich um den so gefundenen kleinsten Wert noch einmal ein feineres Intervall zu wählen. Die für DMW kostengünstigste Anzahl der Bestellungen, in denen die Jahresmenge abgenommen werden muss, liegt also bei 25. Daraus ergibt sich eine Losgröße von 3200 Stück pro Bestellung. Die Tabelle (Abb. 18) ist in Abb. 19 zum besseren Verständnis noch einmal grafisch dargestellt.
b) Berechnung mit der Andler-Formel Durch Einsetzen der Daten in die AndlerFormel erhält man die optimale Losgröße direkt: qo =
2 × 80 000 × 450 = 3 110 62,03 × (0,04 + 0,08 )
Die direkte Berechnung der optimalen Losgröße mit der Andler-Formel geht natürlich viel schneller als das "Probieren" mit der Tabelle.
Materialdisposition
Anzahl der Bestellungen 1 10 20 25 30 40 50
Abb. 18:
Losgröße
80000 8000 4000 3200 2667 2000 1600
297
Fixkosten/ Bestellung 450 450 450 450 450 450 450
Variable Kosten
Gesamtfixkosten
62,03 62,03 62,03 62,03 62,03 62,03 62,03
Durchschnittl. Durchschnittl. Lagerbestand Lagerwert
450 4500 9000 11250 13500 18000 22500
40000 4000 2000 1600 1333 1000 800
2481 200 248120 124060 99248 82707 62 030 49624
Gesamtbeschaffungskosten 5 260 594 4 996 674 4 986 287 4 985 560 4 985 825 4 987 844 4 990 855
Tabellarisch-rechnerische Bestimmung der optimalen Losgröße
Die Andler-Formel wird analog auch in der Fertigung zur Festlegung von ProduktionsLosgrößen eines Artikels eingesetzt, weil die zugrunde liegende Problemstellung oft ähnlich ist. Hier nehmen die Produktionsstückkosten mit größeren Losen ab und ebenso die Lagerkosten zu. Die Rüstkosten spielen also für die Bestimmung der Produktions-Losgröße die analoge Rolle zu den bestellfixen Kosten für die Beschaffungs-Losgröße (siehe Kapitel „Produktionswirtschaft“, Abschnitt 5.1).
100 90 80 70 Tausend EUR
2.
60 50 40 30 20 10
2.3.2 Der Bestellzeitpunkt
0 0
Der Bestellzeitpunkt muss so gewählt sein, dass der Lagerbestand nicht zu niedrig wird und es nicht zu Fehlmengen kommen kann. Fehlmengen, also fehlendes Produktionsmaterial, führen immer zu kurzfristigen Änderungen im Produktionsablauf und damit mindestens zu erhöhten Kosten – u.U. sogar zu Kundenverlusten. Um Fehlmengen zu vermeiden, wird für alle unverzichtbar wichtigen Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe die jeweilige Wiederbeschaffungszeit festgelegt.
Abb. 19:
10
20 30 Anzahl der Bestellungen
40
50
Bestell-, Lager- und Gesamtbeschaffungskosten in Abhängigkeit von der Losgröße
Aufgabe 7.
Erkundigen Sie sich in Ihrem Ausbildungsbetrieb, welches Verfahren zur Bestellmengenplanung verwendet wird! Fragen Sie auch, warum dieses Verfahren – und nicht ein anderes – eingesetzt wird!
Beispiel: Bestimmung des Bestellzeitpunktes Um den Bestellzeitpunkt für die nächste Reifenlieferung festlegen zu können, müssen zunächst einige andere Parameter ermittelt werden.
298
Materialwirtschaft
Die Wiederbeschaffungszeit ist die Zeit, die zwischen dem Zeitpunkt der Bestellung und der Verfügbarkeit im Unternehmen vergeht. Sie setzt sich i.d.R. aus Vorbereitungs-, Bestell-, Liefer- und Warenprüfzeit zusammen. Außerdem wird ein so genannter Mindestoder Sicherheitsbestand festgelegt. Dabei wird meistens ein Vielfaches des Tagesverbrauchs genommen, wobei die Höhe des „Vielfachen“ von der Schwankungsbandbreite der Tagesverbräuche abhängt. Zur Festlegung des Bestellzeitpunktes werden zwei gängige Verfahren eingesetzt: •
Das Bestellpunktverfahren ist eine Methode der Bestellmengenplanung, bei der die neue Bestellung immer dann ausgelöst wird, wenn der Lagerbestand eine festgelegte Höhe (den Meldebestand bzw. den Bestellpunkt) erreicht hat. Der Meldebestand ist die Summe aus der Menge, die innerhalb des Wiederbeschaffungszeitraumes verbraucht wird, und dem Sicherheitsbestand. Bei einem Absinken des Lagerbestandes eines Artikels auf seinen Meldebestand muss das Lager diese Information an den Disponenten weitergeben (siehe Abschnitt 4.3). Der Bestellzeitpunkt wird bei diesem Verfahren durch den Lagerabgang bestimmt.
•
Das Bestellrhythmusverfahren ist eine Methode der Bestellmengenplanung, bei der die Bestellungen immer nach Ablauf eines festgelegten Zeitintervalls erfolgen. Die Bestellung kann entweder immer in gleicher Höhe erfolgen, oder – was bei dieser Methode meist zweckmäßiger ist – es wird immer die Differenz zu einem festgelegten Sollbestand beschafft.
In Unternehmen mit einer DV-gestützten Materialwirtschaft kann die Disposition automatisch durch das DV-System erfolgen.
Die Wiederbeschaffungszeit wurde zwischen dem DMW-Einkauf und dem Lieferanten auf 3 Tage festgelegt. Der Tagesbedarf liegt bei 80 000 Stück p.a. = 313,7 Stück / AT 255 AT p.a.
Der Sicherheitsbestand beträgt 1,5 AT × 313,7 Stück / AT = 471 Stück
Die Autoreifen werden bei DMW nach dem Bestellpunktverfahren disponiert. Der Meldebestand errechnet sich nun als 3 Tage × 313,7 Stück / AT + 471 Stück = 1412 Stück
D.h., immer wenn der Lagerbestand auf 1412 Stück (oder schon darunter) abgesunken ist, wird wieder ein neues Los (3100 Stück) bestellt. Würden die Reifen nach dem Bestellrhythmusverfahren disponiert werden, so würde sich der Rhythmus folgendermaßen errechnen: 3100 Stück = 9,88 AT ~ 10 AT 313,7 Stück / AT
Beispiel DV-gestützte Disposition bei der DNM AG Seit 4 Jahren ist die EDV-Integration in der Materialwirtschaft zwischen Disposition und Einkauf so weit, dass die wichtigsten 872 Artikel für die Produktion automatisch disponiert und die ersten 186 Artikel auch automatisch durch das DV-System bestellt bzw. abgerufen werden. Dazu wird der Lagerbestand dieser Artikel regelmäßig vom Programm mit ihrem Meldebestand verglichen bzw. der Ablauf eines vorgegebenen Zeitintervalls überwacht. Z. T. erfolgt dann sogar eine automatische Bestellung in der vorgegebenen Losgröße bei dem vorgegebenen Lieferanten.
3.
Beschaffung
299
3. Beschaffung 3.1
Einleitung
3.1.1 Begriff Der Begriff der Beschaffung bezeichnet die Versorgungsfunktion von Organisationen bzw. Unternehmen. Die Objekte der Beschaffung sind alle Materialien, Maschinen und Dienstleistungen, die die Organisation benötigt.
3.1.2 Aufgaben und Ziele Die Aufgaben und Ziele der Beschaffung sind es, die benötigten Objekte in der erforderlichen Qualität, zu möglichst geringen Gesamtbezugskosten, zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort bereitzustellen. Da auch diese Ziele zum Teil im Widerspruch zueinander stehen, können i.d.R. nicht alle Ziele gleichzeitig voll erfüllt werden. 3.1.2.1
Methoden
Bei der Beschaffung von Waren und Dienstleistungen erfordern Güter, die kontinuierlich oder periodisch wiederkehrend beschafft werden müssen, andere Methoden als einmalig zu beschaffende Objekte. Dies führt zu folgender Unterscheidung: 1.
2.
Objekte, die kontinuierlich oder häufig wiederkehrend beschafft werden: •
Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe
•
Zulieferteile bzw. Halbfabrikate
•
wiederkehrende Dienstleistungen (z.B. Gebäudereinigung)
•
Handelswaren
Abb. 20:
Verbesserungsvorschlag zum Einkauf (vergl. S. 328)
Aufgabe 8.
Nennen Sie wichtige Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe Ihres Ausbildungs-Unternehmens, und beschreiben Sie deren Eigenschaften!
Beispiel:
Objekte, die einmalig oder selten beschafft werden:
Die Aufbauorganisation des Einkaufs bei der DMW AG
•
Betriebsmittel bzw. Investitionsgüter
•
Dienstleistungen (z.B. Instandsetzung).
Die Aufbauorganisation des DMW-Einkaufs lässt sich bereits dem Organigramm des gesamten Materialwirtschaftsbereiches (siehe Abb. 8) entnehmen.
300
3.2
Materialwirtschaft
Aufbauorganisation des Einkaufs
Der hierarchische Aufbau eines Betriebes setzt sich (je nach Größe des Unternehmens) auch innerhalb der Einkaufsabteilung fort. Eine klare und eindeutige Organisation ist eine wichtige Voraussetzung für eine effiziente Beschaffungsarbeit. Dazu gehört die Strukturierung der Zuständigkeiten sowie die Regelung der Kompetenzen und Verantwortlichkeiten. Die Aufbauorganisation des Einkaufs eines Unternehmens ist dabei sowohl unter dem Aspekt seiner äußeren als auch seiner inneren Form zu sehen.
3.2.1 Die äußere Organisation der Beschaffung Die beiden Idealtypen der äußeren Organisation der Beschaffung sind der zentrale und der dezentrale Einkauf: •
•
Der reine Zentraleinkauf übernimmt die Beschaffung des gesamten Bedarfs an Waren und Dienstleistungen für alle Stellen des Unternehmens. Sollte das Unternehmen über mehrere Standorte verteilt sein, so ist der Einkauf nur an einem Ort lokalisiert. Der (räumlich oder sachlich) stark dezentralisierte Einkauf kennzeichnet sich dadurch, dass z.B. jedes Werk und jede Abteilung, im Rahmen ihrer Kompetenzen, ihren Bedarf selbst deckt.
Die Beschaffung ist grundsätzlich zentral organisiert. Die Materialdisposition sowie Bestellungen mit geringem Wert sollen dezentral erfolgen. Intern ist der Einkauf grundsätzlich nach dem Objektprinzip gegliedert. Nur der Schwerpunktbereich der Produktionsmaterialien ist außerdem noch nach dem Funktionsprinzip aufgeteilt. Kriterium Einkaufskosten
Zentraler Einkauf
Dezentraler Einkauf
+
-
Einheitlichkeit
+
-
Lagerhaltungsumfang
+
-
Methodik
+
-
Qualifikation
+
-
Zuständigkeiten
+
-
Kaufm. Fachwissen
+
-
Verwaltungsaufwand
-
+
Flexibilität
-
+
Technisches Fachwissen
-
+
Abb. 21:
Vor- und Nachteile der Organisationsformen des Einkaufs
Aufgabe 9.
a)
Beschreiben Sie die Aufbauorganisation des Einkaufs in Ihrem Ausbildungsbetrieb!
b) Prüfen und beschreiben Sie, wie sich die Beschaffung und der Einkauf in die Gesamtorganisation des Betriebes einfügen.
Die Vor- und Nachteile der beiden Idealtypen werden durch Abb. 21 veranschaulicht. Viele Unternehmen haben sich für eine Mischform zwischen den Idealtypen entschieden, um zu einer optimalen Kombination der Vor- und Nachteile zu kommen. Die Beschaffung der wichtigen Roh-, Hilfsund Betriebsstoffe sowie der Investitionsgüter über einen Zentraleinkauf erweist sich, aufgrund ihrer enormen Bedeutung für das Betriebsergebnis, meistens als sinnvoll.
Beispiel: Die äußere Organisation des Einkaufs bei der DMW AG Der Einkauf von DMW ist grundsätzlich zentral organisiert. Der Zentraleinkauf hat seinen Sitz im Stammwerk in Hannover und koordiniert von dort aus auch die Beschaffung des neuen Werkes in Halle.
3.
Beschaffung
Dagegen kann die dezentrale Beschaffung von z.B. Büromaterial oder Ersatzteilen direkt durch die Fachabteilungen sinnvoller sein, weil sich der Abwicklungsaufwand über einen Zentraleinkauf, im Verhältnis zum Beschaffungswert dieser Dinge, als zu groß erweist. Die Zuständigkeit wird in Unternehmen häufig über die Einführung von Wertgrenzen geregelt: Einkäufe unterhalb eines festgelegten Wertes können bzw. sollen die Abteilungen selbst tätigen, da die Abwicklung über den Zentraleinkauf zu aufwändig ist. Bei Überschreitung dieses Wertes muss eine Bedarfsmeldung an den Einkauf erfolgen. Um die Konditionenvorteile des zentralen Einkaufs mit der Flexibilität des dezentralen Einkaufs kombinieren zu können, konzentriert sich die Arbeit des Zentraleinkaufs auf Festlegung der Lieferanten und der Bezugskonditionen, z.B. durch Rahmenverträge. Die eigentlichen (Abruf-)Bestellungen werden, nach diesen Vorgaben, direkt durch die Abteilungen oder Lager durchgeführt, bei denen der Bedarf auftritt.
301
Der zentrale Einkauf ist für die gesamte Beschaffung bei DMW verantwortlich. Das bedeutet aber nicht, dass alles nur über den Einkauf bestellt werden darf. In Abstimmung zwischen dem Einkauf und den Fachabteilungen wurden, dort wo es sinnvoll ist, Beschaffungstätigkeiten dezentralisiert. So findet die Disposition der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe nicht im Einkauf statt, sondern, nach den Vorgaben des Einkaufs (Rahmenverträge etc.), in den jeweiligen Lagern der Produktionen. Außerdem werden alle Bestellungen, deren Auftragswert die vorgegebene Wertgrenze von 300,- EUR nicht überschreitet, von den Fachabteilungen direkt beschafft (wenige Ausnahmen wurden genau festgelegt).
Aufgabe 10. Der Verbesserungsvorschlag (Abb. 20) der Bau AG zielt auf eine Zentralisas tion des Einkaufs hin. Stellen Sie zeichnerisch die bestehende Organisation des Einkaufs aller drei Objekte dar! Versuchen Sie dabei auch herauszufinden, welche Werkstoffe wahrscheinlich beim Bau von Gebäuden benötigt werden!
3.2.2 Die innere Organisation der Beschaffung Beim Aufbau der inneren Organisation des Einkaufs geht es darum, eine für den Betrieb möglichst sinnvolle Form zu finden, in der die notwendigen Arbeiten nach der Tätigkeitsart (Funktionsprinzip) oder Objekten (Objektprinzip) verteilt werden (siehe Abb. 22 und Abb. 8). •
•
Das Objektprinzip orientiert sich an gleichartigen Produkten. „Spezialeinkäufer“ übernehmen alle Einkaufsfunktionen für bestimmte Produktgruppen. Das Funktionsprinzip orientiert sich an gleichartigen Aufgaben (wie z.B. Anfragen, Lieferantenauswahl, Bestellabwicklung und Warenannahme). Es erfolgt eine Gliederung in Aufgaben- und Tätigkeitsbereiche.
Beispiel: Die innere Organisation des Einkaufs bei der DMW AG Der Zentraleinkauf ist in erster Linie nach dem Objektprinzip gegliedert (siehe Abb. 8): •
Rohstoffe
•
Hilfs- und Betriebsstoffe
•
Kaufteile
•
Investitionsgüter und technischer Bedarf
•
Dienstleistungen
•
Werbe- und Büromaterial.
Innerhalb der Bereiche Rohstoffe, Hilfs- und Betriebsstoffe und Kaufteile hat sich allerdings eine weitere Stellenaufteilung nach dem Funktionsprinzip bewährt.
302
Materialwirtschaft
Auch in der inneren Organisation kann es durchaus sinnvoll sein, sich für eine Mischform zwischen den Idealtypen zu entscheiden.
Abb. 22:
3.3
Aufgabe 11. Stellen Sie grafisch die Beschaffung als Mischsystem dar, und erläutern Sie Vorzüge der von Ihnen herausgestellten Struktur!
Möglicher Aufbau der inneren Organisation des DMW-Zentraleinkaufs nach dem reinen Objektprinzip (links) bzw. nach dem reinen Funktionsprinzip (rechts)
Die operativen Aufgaben des Einkaufs
Der operative Einkauf bezeichnet alle Tätigkeiten, die standardmäßig bei Bedarfsmeldungen bzw. Anforderungen ablaufen und damit zum täglichen, routinemäßigen „Handwerkszeug“ im Einkauf gehören.
3.3.1 Ablauf der Beschaffung Die verschiedenen Bedarfsstellen (i.d.R. Fertigung, Lagerhaltung, verschiedene kaufmännische Abteilungen) melden ihren Bedarf an den Einkauf. Der daraufhin folgende Ablauf der Beschaffung wird in drei Phasen gegliedert:
Ergänzungen zur inneren Organisation der Beschaffung Die Investitionsgüterbeschaffung erfordert ein besonderes Augenmerk. Der Unterschied zum Einkauf der Werkstoffe besteht zum einen in der Zeit, die für den Kauf von Investitionsgütern aufgewandt wird, zum anderen in der technischen und wirtschaftlichen Prüfung der Anlagen. Diese müssen nämlich in die Fertigungsprozesse (bei der Datenverarbeitung) eingepasst werden. Der Ablauf wird meist so beschrieben: Initialphase (z. B. Zielvorgabe der Unternehmensleitung), Vorüberlegungsphase (z. B. Präzisierung der Aufgabenstellung), Informations- und Entscheidungsphase.
3.
1.
Beschaffung
303
Die Beschaffungsanbahnung besteht im Einzelnen aus: •
Anfrage
•
Angebot
•
Angebotsvergleich.
Die Phase der Beschaffungsanbahnung kann ganz oder teilweise entfallen, wenn Lieferanten und Preise aufgrund entsprechender Vereinbarungen (z.B. Rahmenvertrag) bereits festliegen. In diesen Fällen beginnt der Beschaffungsablauf mit Phase 2. 2.
3.
Der Beschaffungsabschluss besteht aus: •
Bestellung und
•
Auftragsbestätigung.
Die folgenden Schritte der Beschaffungsabwicklung sind: •
Terminüberwachung
•
Wareneingang und
•
Rechnungsprüfung.
3.3.2 Anfrage Nachdem der Bedarf nach Art und Menge festgelegt worden ist, verschickt der Einkäufer Anfragen an verschiedene Lieferanten, in denen er um die Abgabe eines Angebotes bittet. Die Anfrage kann sich erübrigen, wenn es für diesen Artikel bereits festgelegte Lieferanten und Preise gibt. Das Schreiben von Anfragen geschieht im Großhandel und in der Industrie routinemäßig, wenn Bedarfe auftreten. Eine Anfrage ist rechtlich völlig unverbindlich. Ein Kunde, der ein Einzelhandelsgeschäft betritt, um sich nach einem Preis zu erkundigen, stellt damit, rechtlich gesehen, ebenfalls eine (formlose) Art der Anfrage.
Abb. 23:
Ablaufschema des Beleg- und Informationsflusses der Beschaffung
Beispiel: Anfrage Für die Belieferung mit elektrischen Schaltern für die Armaturenbretter der DMW-Fahrzeuge existiert seit zwei Jahren eine fester Lieferbeziehung mit der Firma „Schulte Schaltelemente GmbH“. Nachdem der damals ausgehandelte Preis für zwei Jahre festgeschrieben worden war, hat der Lieferant jetzt eine 4,9%ige Preiserhöhung angekündigt.
304
Materialwirtschaft
3.3.3 Angebot und Angebotsvergleich Auf die Anfrage hin wird der Lieferant i.d.R. ein Angebot abgeben. Dies kann sowohl schriftlich (Brief, Telex oder Telefax) als auch mündlich (auch telefonisch) erfolgen, ohne dass dabei eine bestimmte Form einzuhalten ist. In speziellen Fällen kann ein Angebot auch stillschweigend abgegeben werden (z.B. beim so genannten Automatenkauf). Zumindest bei größeren Aufträgen wird üblicherweise nicht auf ein schriftliches Angebot verzichtet. (Näheres zum Zustandekommen von Kaufverträgen in Kapitel „Rechtliche Grundlagen“, Teil 3, Abschnitt 4.) Ein Angebot ist eine an eine bestimmte Person gerichtete Willenserklärung, mit der sich der Bietende verpflichtet, eine Leistung zu den genannten Bedingungen zu erbringen. Diese Bindung kann durch die Verwendung von so genannten Freizeichnungsklauseln ausgeschlossen werden (siehe §145 BGB). Freizeichnungsklauseln sind Formulierungen wie „freibleibend“, „unverbindlich“ oder „vorbehaltlich“. Darüber hinaus kann die Dauer der Bindung an das Angebot zeitlich befristet werden. 3.3.3.1
Der Inhalt des Angebotes
Ein Angebot sollte alle Angaben enthalten, die der Kunde benötigt, um zu einer Kaufentscheidung kommen zu können. Folgende wesentlichen Angaben sollte ein Angebot immer enthalten:
Um für die anstehenden Verhandlungen mit den Vertriebsbeauftragten der Firma Schulte besser vorbereitet zu sein, werden von der zuständigen Einkäuferin bei DMW, Frau Monk, Anfragen an andere Unternehmen der gleichen Branche geschickt. In diesen werden die Firmen aufgefordert, ein Preisangebot für einen Zweijahresvertrag abzugeben. In den Anfragen sind die Schalter genau beschrieben und außerdem die erwarteten Abnahmemengen angegeben. Diese liegen bei insgesamt etwa 400000 Stück, die sich aber auf verschiedene Schaltervarianten verteilen. DMW AG - Einkauf, Frau Monk Lister Damm 58-67 30163 Hannover Alphatron KG Postfach 0815 40880 Ratingen Hannover, 06.11.20.. Anfrage Sehr geehrte Damen und Herren, bitte erstellen Sie uns ein Angebot für elektrische Schalter gemäß den beiligenden Zeichnungen und Spezifikationen. Gehen Sie bei Ihrer Kalkulation von einer Abnahmemenge von etwa 400.000 Stück im Zuge des nächsten Jahres aus. Das Angebot muss auf der Grundlage unserer beiliegenden allgemeinen Einkaufsbedingungen erfolgen. Mit freundlichen Grüßen E. Monk, Abtlg. Einkauf Anlage:
a) Art und Qualität der Ware Die Art der Ware wird durch die handelsübliche Bezeichnung festgelegt. Die Qualität kann entweder durch die Angabe von Normen, Handelsklassen, Warenzeichen oder Typen festgelegt werden oder durch Muster, Proben oder Abbildungen.
Tel: 0511 – 3 27 61 Fax: 0511 – 3 27 59
- 21x technische Zeichnungen - 1x DMW-Einkaufsbedingungen
Abb.24:
Beispiel einer Anfrage
Aufgabe 12. a)
Prüfen Sie den Inhalt der Anfrage. Ist er vollständig? Wenn ja, wiederholen Sie die allgemeinen Inhalte einer Anfrage.
3.
Beschaffung
305
b) Der Preis
Beispiel:
Zu jedem Preis gehört immer die Einheit, auf die er sich bezieht. Dies können entweder die gesetzlichen Einheiten (EUR pro Stück, pro Kilogramm, pro Liter, pro Meter usw.) sowie deren Variationen (z.B. „EUR pro 100 Liter“) oder bestimmte handelsübliche Bezeichnungen (Sack, Palette, Rollen etc.) sein.
Angebot
•
•
Obwohl viele Lieferanten formell einheitliche Angebotspreise (z.B. Listenpreise) für ihre Leistungen haben, kann häufig ein kundenindividueller Preisnachlass ausgehandelt werden. Dieser Preisnachlass wird Rabatt genannt und kann in Prozent oder als absoluter Betrag ausgedrückt werden. Weiterhin ist zu beachten, ob der Preis die Verpackungskosten beinhaltet oder ob diese extra berechnet werden. Die gesetzliche Regelung sieht vor, dass der Preis sich auf das Netto- bzw. Reingewicht der Ware bezieht (siehe §380 HGB). Die Kosten der Versandverpackung (Tara) werden daher extra in Rechnung gestellt. Die Vertragspartner können von dieser grundsätzlichen Regelung abweichen, sodass grundsätzlich folgende Möglichkeiten bestehen: –
Preis nach Nettogewicht einschließlich Verpackung (die Verpackungskosten sind im Nettogewichtspreis mit enthalten)
–
Preis nach Nettogewicht ausschließlich Verpackung (die Verpackung wird entweder extra in Rechnung gestellt, vom Lieferanten leihweise zur Verfügung gestellt oder vom Käufer selbst gestellt)
–
Preis nach Brutto- oder Rohgewicht einschließlich Verpackung (die Verpackung wird mitgewogen und mit dem gleichen Preis je Einheit berechnet wie die Ware selbst).
Auf ihre Anfragen hin erhält Frau Monk u. a. folgende drei Angebote: Alphatron KG Postfach 0815 40880 Ratingen DMW AG - Einkauf, Frau Monk Lister Damm 58-67 30163 Hannover Ratingen, 13.11.20.. Angebot Sehr geehrte Frau Monk, Bezug nehmend auf Ihre Anfrage vom 6. November bieten wir Ihnen Schalter, gemäß Anlagen und beiliegenden Mustern, wie folgt an: Typ A Typ B Typ C Typ D 365,18 260,20 255,25 378,81 EUR/100 St. Auf Basis der angefragten Mengen, die über einen Rahmenvertrag abgesichert werden müssten, gewähren wir einen Mengenrabatt von jeweils 10%. Die Lieferung erfolgt frei Haus (einschl. Verpackung). Die Zahlung kann per Monatsrechnung (mit 14 Tg 2%, 30 Tg. netto) erfolgen. Mit freundlichen Grüßen Dr. Reichert (Vertriebsleitung)
Abb. 25:
Angebotsbeispiel 1
Aufgabe 12. b) Bitte vergleichen Sie die drei Angebote. Stellen Sie eine Liste auf, und erfassen Sie wichtige Merkmale. Bewerten Sie die Angebote.
306
Materialwirtschaft
Beim Kauf von z.B. Maschinen ist darauf zu achten, ob der Preis Nebenleistungen, wie z.B. Montage und Einweisung, beinhaltet.
Stiebens GmbH Elektrotechnik Isarstraße 37-4 80815 München
c) Lieferbare Menge und Liefertermin bzw. Lieferzeit Eine wichtige, manchmal sogar entscheidende Information ist die der Lieferfähigkeit eines Lieferanten. D.h. die Beantwortung der Frage, ob, und wenn ja, innerhalb welcher Zeit er die benötigte Menge liefern kann. Daher sollten Lieferzeit bzw. mögliche Liefermenge bis zu einem bestimmten Tag sowie Angaben über eventuell mögliche Verpackungseinheiten oder Mindestabnahmemengen gleich mit angefragt werden. d) Erfüllungsort und Gerichtsstand Der Erfüllungs- oder Leistungsort ist der Ort, •
an dem die Gefahr der zufälligen Beschädigung oder Vernichtung der Ware auf den Käufer übergeht (Gefahrenübergang, siehe §§446, 447 BGB)
•
an dem sich bei Rechtsstreitigkeiten der Gerichtsstand befindet und
•
ab dem, nach der gesetzlichen Regelung, der Käufer die Transportkosten übernimmt.
Der Erfüllungsort lässt sich unter Vollkaufleuten vertraglich jederzeit beliebig festlegen. Nach der gesetzlichen Regelung ist der Geschäftsbetrieb des Verkäufers dessen Erfüllungsort. Der Lieferant erfüllt, indem er die geschuldete Ware an seinem Standort bereitstellt bzw. versendet (siehe §§269, 448 BGB). Warenschulden sind Holschulden.
DMW AG - Einkauf, Frau Monk Lister Damm 58-67 30163 Hannover München, 14.11.20.. Angebot Sehr geehrte Frau Monk, vielen Dank für Ihre Anfrage. Wir freuen uns, Ihnen folgendes Angebot machen zu können: 5-10 -25 -50 >100 x1.000 St. Typ A 4,64 3,87 3,52, 3,35 EUR Typ B 3,15 2,63 2,39 2,28 EUR Typ C 3,26 2,72 2,47 2,34 EUR Typ D 2,64 3,16 3,48 3,31 EUR Weitere Details zu den einzelnen Schaltelementen entnehmen Sie bitte den beiliegenden Spezifikationen und Zeichnungen. Mit freundlichen Grüßen i.V. H. Ohlbach
Abb. 26:
Angebotsbeispiel 2
Microelecronics Ltd. - Sales Dept., Mr. Shuye-Ming Wu – 123, La 25, Feng Yuan Rd. Taipeh, Taiwan R.O.C DMW AG - Purchasing Dept., Mrs Monk Lister Damm 58-67 30163 Hannover, GERMANY Taipeh, 20..-11-20 Offer Dear Mrs Monk, We refer to your inquiry of Nov 6th and we’re glad to submit the following quotation: Type A 1 965,75 US$/1000 Type B 1 400,67 US$/1000 Type C 1 374,00 US$/1000 Type D 2 039,11 US$/1000 The goods can be delivered within 7 weeks on receipt of your order. Terms of delivery: DDP (delivery duty paid) Terms of payment: 30 days/net. The offer is firm subject for 30 days, otherwise without engagement. We assure you that your order will be executed to your entire satisfaction. Sincerely yours Shyue-Ming Wu, Sales Manager Microtechnics Ltd.
Abb. 27:
Angebotsbeispiel 3
3.
Beschaffung
307
Der Käufer erfüllt, indem er den geschuldeten Betrag auf seine Gefahr und Kosten an den Gläubiger übergibt (siehe §270 BGB).
Aufgaben 12. Die Investitionsgüterbeschaffung ist durch besondere Merkmale gekennzeichnet.
Geldschulden sind Schickschulden.
c)
Das Beförderungsrisiko wird vor dem Gefahrenübergang vom Verkäufer und anschließend vom Käufer getragen. Nach der gesetzlichen Regelung geht das Risiko auf den Käufer über, wenn der Verkäufer die Ware an den Frachtführer (z.B. Spediteur) übergibt. Dem Käufer steht es frei, das Risiko durch Abschluss einer Frachtversicherung abzusichern.
„ab Werk/Lager“
d) Was würden Sie unter der „Informationsphase“ (siehe Seite 302) verstehen? e)
Besorgen Sie sich Werbeanzeigen eines Investitions- und eines Konsumgutes. Prüfen Sie diese, und stellen Sie wesentliche Merkmale gegenüber!
13. Im Kaufvertrag stand die Formulierung „... der Erfüllungsort für Ware und Geld ist der Ort des Käufers“. Was heißt das?
e) Lieferbedingungen Lieferbedingung
Welche Abteilungen werden neben dem Einkauf an der Beschaffung von Investitionsgütern beteiligt sein?
Lieferant
Versandstation
Empfangsstation
Käufer trägt sämtliche Transportkosten
„ab hier“, „unfrei“, „ab Bahnhof (hier)“, „frei Waggon/Schiff“
Verkäufer trägt die Transportkosten bis zur Versandstation
„frei dort“, „frachtfrei“ „frei Bahnhof (dort)“
Verkäufer trägt die Transportkosten bis zur Empfangsstation
„frei Haus/Werk/ Lager“
Abb. 28:
Käufer
Käufer trägt die Transportkosten ab der Versandstation
Käufer trägt die Transportkosten ab der Empfangsstation
Verkäufer trägt alle Transportkosten
Übersicht der verschiedenen Lieferbedingungen und ihrer Auswirkungen
Unabhängig vom Erfüllungsort (s.o.) kann die Frage, ob der Käufer oder der Verkäufer die Beförderungskosten zu tragen hat, durch die Lieferbedingungen gesondert geregelt werden (siehe Kapitel „Rechtliche Grundlagen“, Teil 3, Abschnitt 4.1.1).
Anmerkung zur Bedeutung der Incoterms: Im Im- und Export-Bereich sind die Incoterms schon lange üblich, weil dadurch Missverständnisse und rechtlich unklare Situationen vermieden werden können.
308
Materialwirtschaft
Speziell für Außenhandelsgeschäfte wurden von der Internationalen Handelskammer in Paris weltweit einheitliche Lieferbedingungen, die so genannten Incoterms (International Commercial Terms), erarbeitet. Durch ihre Verwendung werden die Übernahme der Transportkosten und der Gefahrenübergang für beide Seiten international eindeutig geregelt. Gruppe
Incoterm und Bedeutung
Gruppe E (Abholklausel) Gruppe F (Haupttransport vom Verkäufer nicht bezahlt)
EXW FCA FAS FOB
Gruppe C (Haupttransport vom Verkäufer bezahlt)
CFR CIF CPT CIP
Gruppe D (Ankunftsklauseln)
DAF DES DEQ DDU DDP
Abb. 29:
Im Zuge der zunehmenden Internationalisierung werden die Incoterms auch immer häufiger bei Geschäften innerhalb Deutschlands eingesetzt.
Ex Works - Ab Werk (..in benannter Ort) Free Carrier - Frei Frachtführer (..in benannter Ort) Free Alongside Ship - Frei Längsseite Seeschiff (..in benannter Verschiffungshafen) Free on Board - Frei an Bord (..in benannter Verschiffungshafen) Cost and Freight - Frei an Bord (..in benannter Bestimmungshafen) Cost, Insurance and Freight - Kosten, Versicherung, Fracht (..bis benannter Bestimmungshafen) Carriage Paid to - Frachtfrei (..bis benannter Bestimmungsort) Carriage and Insurance Paid to - Frachtfrei und versichert (..bis benannter Bestimmungsort) Delivered at Frontier - Geliefert Grenze (..in benannter Ort) Delivered Ex Ship - Geliefert ab Schiff (..in benannter Verschiffungshafen) Delivered Ex Quai Duty Paid - Geliefert ab Kai verzollt (..in benannter Verschiffungshafen) Delivered Duty Unpaid - Geliefert unverzollt (..bis benannter Bestimmungsort) Delivered Duty Paid - Geliefert verzollt (..bis benannter Bestimmungsort)
Übersicht ausgewählter Incoterms
f) Zahlungsbedingungen Die gesetzliche Regelung schreibt eine Zahlung „Zug um Zug“, d.h. sofort nach Übergabe der Ware, vor. In der Regel wird die Art und Weise der Bezahlung jedoch durch die Zahlungsbedingung vertraglich zwischen beiden Parteien frei festgelegt. Soll die Zahlung ganz oder teilweise bereits vor der eigentlichen Lieferung erfolgen, so wird Vorauszahlung oder eine Anzahlung vereinbart.
Ergänzendes zum Zielkauf (siehe § 215 BGB) Beim Zielkauf werden Zahlungsfristen eingeräumt: Der Lieferant gestattet dem Kunden, mit der Zahlung ein paar Tage zu warten. Er gewährt einen Lieferantenkredit. Auf diese Weise kann der Käufer meist schon mit der Produktion beginnen, obwohl er seine Verpflichtungen aus den Werkstoffbezügen noch nicht beglichen hat. Ist die Durchlaufzeit der Stoffe nur kurz, wird ihm sozusagen ein Teil der Produktionszeit finanziert. Das kann für ihn sehr hilfreich sein. Der Lieferant geht mit jedem Lieferantenkredit ein Risiko ein.
3.
Beschaffung
Wird eine Zahlung „Zug um Zug“, also unmittelbar nach Erhalt der Ware, festgelegt, so wird als Zahlungsbedingung z.B. „sofort netto Kasse“ in den Vertrag aufgenommen. In den meisten Fällen wird jedoch eine „Zahlung auf Ziel“, d.h. nach Ablauf einer bestimmten Frist, vereinbart. Um trotzdem einen finanziellen Anreiz zur vorzeitigen Zahlung zu schaffen, wird oft eine SkontoVereinbarung getroffen. Danach ist der Kunde berechtigt, bei Zahlung innerhalb eines festgelegten Zeitraumes einen bestimmten Prozentsatz vom Rechnungsbetrag abzuziehen (z.B.: „14 Tage 2% Skonto, 30 Tage netto“). Wird ein „Verkauf unter Eigentumsvorbehalt“ vertraglich vereinbart, so bedeutet dies, dass der Käufer zwar bei Übergabe der Ware deren Besitzer wird, der Verkäufer aber bis zur vollständigen Bezahlung Eigentümer bleibt. (vergl. S. 295 ff). g) Einkaufsbedingungen Die Einkaufsbedingungen sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Einkaufs (siehe Kapitel „Rechtliche Grundlagen“, Teil 3, Abschnitt 3.1). Der Einkauf legt damit die Konditionen fest, zu denen die Lieferanten liefern dürfen, so weit nichts Abweichendes vertraglich vereinbart wurde.
309
Beispiel: Skontozahlung Um die Zinswirkung einer vereinbarten Zahlungsbedingung besser beurteilen und vergleichen zu können, ist es sinnvoll, den äquivalenten Jahreszins auszurechnen. Bei einer Zahlungsbedingung von „14 Tage 2%, 30 Tage netto“ kann der Jahreszins mit folgender Formel berechnet werden: JZ
=
300 × 100 × p ( t1 − t 2 ) × (100 − p)
=
360 × 100 × 2 = 45,92% (30 − 14) × (100 − 2)
Der Unterschied zwischen einer Zahlung nach 14 Tagen mit 2% Skonto und der gleichen Zahlung nach 30 Tagen netto entspricht einer Jahresverzinsung von etwa 45,92%! Dieses Rechenbeispiel zeigt sehr deutlich, wie attraktiv die Bezahlung einer Rechnung unter Ausnutzung des Skontosatzes ist, bzw. wie teuer es ist, Skonto verfallen zu lassen und stattdessen das Nettozahlungsziel zu nutzen.
Beispiel: AGB im Einkauf
3.3.3.2
Der Angebotsvergleich
Alle eingehenden Angebote werden vom Einkäufer inhaltlich geprüft. Sofern ein Angebot grundsätzliche Mängel aufweist, wird es aussortiert. Selten sind die Angebote so eindeutig, dass unmittelbar klar ist, welches das günstigste ist. Um zu einem Urteil über die eingegangenen Angebote kommen zu können, müssen sie auf die entscheidungsrelevanten qualitativen und quantitativen Kriterien hin untersucht und ggf. vergleichbar gemacht werden.
Die Lieferanten versuchen i. d. R. ihre Allgemeinen Verkaufsbedingungen dem Angebot bzw. Kaufvertrag zugrunde zu legen. Welche der AGB bei wechselnder Bezugnahme letztlich zur Geltung kommen, ist durch die Rechtsprechung eindeutig geregelt (siehe Kapitel „Rechtliche Grundlagen“, Teil 3, Abschnitt 3. 1). In der Praxis wird darauf (fahrlässigerweise) oft nicht genug geachtet. Letztendlich ist dies jedoch im Wesentlichen eine Frage des Machtverhältnisses zwischen Kunde und Lieferant.
310
Materialwirtschaft
Ein Angebotsvergleich wird durchgeführt, um aus mehreren Angeboten das für das Unternehmen günstigste herauszufinden. Die qualitativen Kriterien sind: •
Qualität (entspricht die angebotene Art und Beschaffenheit der Ware der angefragten?)
DMW vergleicht Angebote i. d. R. nach einem Kriterienkatalog, dessen Einzelpunkte mit der Untergliederung dieses Abschnittes [3.3.3.1 a)-g)] übereinstimmen. Beispiel: Angebotsvergleich
•
Liefertermin
•
Mindestabnahme- und Maximalmengen
•
Verpackungseinheiten
•
Gefahrenübergang
Nachdem die Angebote eingegangen sind, macht sich Frau Monk an die Bearbeitung und beginnt mit der Vorauswahl. Verschiedene Angebote scheiden aus, weil die Lieferanten z. B.
•
Gewährleistung
•
•
Zuverlässigkeit des Lieferanten.
die gewünschten Bauteile nicht in der erforderlichen Art und Qualität liefern können
•
nicht leistungsfähig genug sind, um die benötigten Stückzahlen zu liefern
•
oder unrealistisch hohe Preisangebote abgeben.
Das quantitative Hauptkriterium ist der Preis. Dabei wird der Angebotspreis durch folgende Kriterien entscheidend beeinflusst: •
Maßeinheit des Preises
•
Rabatte und Boni
•
Verpackungskosten (Netto-/Reingewicht vs. Brutto-/Rohgewicht und Tara)
•
Lieferbedingungen/Incoterms (Transportkosten, Versicherung, Zoll)
•
Zahlungsbedingungen/Skonto.
Um die Preise vergleichen zu können, muss den angebotenen Preisen die gleiche Preisbasis zugrunde gelegt werden. 3.3.3.3
Angebotsdatei (-kartei)
Die Daten der Angebote werden in einer so genannten Angebotsdatei (-kartei) festgehalten, damit sich der Einkäufer, bei einem erneuten Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt, schnell wieder einen Überblick verschaffen kann.
Angebote sind in den seltensten Fällen so vergleichbar, dass man allein aufgrund des Preises die Entscheidung fällen kann. Aus diesem Grund werden im Angebotsvergleich alle preiswirksamen Konditionen auf den Preis umgerechnet und alle qualitativen Unterschiede gegenübergestellt. In der Regel wird nicht aufgrund der jeweils ersten Angebote der angefragten Lieferanten hin entschieden. Die Angebote, die in die engere Wahl kommen, werden ggf. nachverhandelt, um einerseits eventuelle Unklarheiten auszuräumen und andererseits den Preis weiter nach unten zu korrigieren. Ergebnis der tabellarischen Angebotsauswertung (siehe Abb. 30): (In dem Beispiel wurde der gängige Dollarkurs zugrunde gelegt; der Kapitalbindungskostensatz von 0,67% ist bei Microtronics wegen der großen Lose notwendig.)
3.
Beschaffung
311
Bevor der Computer Einzug in die Einkaufsabteilungen gehalten hatte, musste auf der Karteikarte des Lieferanten der angebotene Artikel und auf der Karteikarte des Artikels das Angebot des Lieferanten festgehalten werden.
Der Preis ist zwar in den meisten Fällen ausschlaggebend für den Kauf einer Ware, trotzdem müssen Qualität, Liefersicherheit und Service in dem erforderlichen Maße gewährleistet werden. Sind sie bei der Entscheidung nicht ausreichend berücksichtigt worden, kann „billiger“ manchmal „teurer“ werden (durch z. B. Produktionsausfälle, Nacharbeit und Lieferschwierigkeiten mit drohendem Imageverlust). Obwohl Microtronics die besten Preise bietet, entschied man sich aufgrund der besseren Qualität und räumlichen Nähe für die Alphatron KG als zukünftigen Lieferanten.
Jahresbedarf 400.000
Schulte gut
Qualität Preis
Verteilung auf die einzelnen Schaltertypen Typ A 31 % 124.000 Typ C 29 % Typ B 24 % 96.000 Typ D 16 %
Typ A Typ B TypC Typ D
Alphatron gut
332,40 236,84 232,33 344,80
365,18 /100-10% 260,20 /100-10% 255,25 /100-10% 378,81 /100-10%
116.000 64.000
Microtronics ausreichend (aber Ausschussteile!) 1965,67 $/1000 1400,61 $/1000 1373,94 $/1000 2066,44 $/1000
Stiebens sehr gut 3,35 2,39 2,34 3,48
Zahlungsbedingung
14 Tage 1%, 30 Tage netto
14 Tage 2%, 30 Tage netto
30 Tage netto
10 Tage 1%, 30 Tage netto
Preisstellung
frei Haus
frei Haus
DDP
ab Werk (5% Fracht)
Mind. Bestellmenge
0,00
0,00
Lieferzeit [Wo.]
1,00
1,00
EinTyp A 332,40 236,84 stands- Typ B 232,33 344,80 preis TypC EUR/ Typ D 100 Jährl. Kosten 1 129717,20 Jährliche Differenz
0
1 Cont. 57 142,86
7500
7,00 0,67% KapBdg.
1/2 Lieferintervall + 3 Tage
322,09 229,50 225,13 334,11
316,61 225,60 221,30 328,43
349,47 249,01 244,27 362,51
1 094 692,80
1076075,60
1 187752,00
-32 024,40
-53641,60
58 034,80
Abb. 30: Tabellarischer Angebotsvergleich (Kurs seinerzeit in DM: 0,80 EUR = 1,60 DM = 1 $)
312
Materialwirtschaft
3.3.4 Bestellung
Beispiel:
Nachdem der Angebotsvergleich für einen Artikel mit der Festlegung auf einen Lieferanten abgeschlossen wurde, kann die Bestellung erfolgen.
Bestellung
Folgende Vertragsarten können unterschieden werden (siehe Abb. 31):
Nach Abschluss aller Verhandlungen, Auswertung des endgültigen Angebotsvergleiches und abschließender Entscheidung erhält die Alphatron KG die unten stehende Rahmenbestellung:
Vertragsart Kaufvertrag regelt die Veräußerung von Waren oder Rechten i.d.R. gegen Geld (BGB §§433-514). Kauf auf Abruf (Rahmenvertrag) Spezifikations- und Fixkauf Werkvertrag regelt die Herstellung einer Sache bzw. die Erbringung einer Leistung (BGB §§631-650).
Beispiel Verkauf von Waren
Werklieferungsvertrag: Wie Werkvertrag, aber der Hersteller liefert auch die Materialien (BGB §651, §§433-514). Mietvertrag regelt das Überlassen von Sachen zum Gebrauch (BGB §§535-580). Pachtvertrag regelt das Überlassen von Sachen zum Gebrauch und den Genuss von Früchten (BGB §§581-597, §§535-580). Darlehensvertrag (BGB §§607-610). Dienstvertrag regelt die Erbringung von Dienstleistungen (BGB §§61 1-630).
Der Hersteller der Umkleideschränke stellt diese auch selbst auf. Mieten eines Kranes
Abb. 31:
Aufstellen von Umkleideschränken
Pachten eines Ackers Kreditvergabe Arbeitsvertrag
Übersicht über die Vertragsarten
Eine Bestellung kann mündlich (oft auch telefonisch), schriftlich, telegrafisch, als Telefax oder zunehmend auch mittels Datenfernübertragung (DFÜ) geschehen. Oft wird eine Bestellung unter Bezugnahme auf ein vorausgehendes Angebot durchgeführt (siehe Kapitel „Rechtliche Grundlagen“, Teil 3, Abschnitt 2.2). Soll eine bereits erteilte Bestellung nachträglich noch geändert oder widerrufen (storniert) werden, so ist dies rechtlich nur möglich, wenn die Änderung bzw. der Widerruf spätestens zusammen mit der Bestellung beim Lieferanten eintrifft (z.B. Bestellung per Post und Stornierung noch vor Eintreffen per Telefon). Nach diesem Zeitpunkt sind Änderungen nur noch mit Einverständnis des Lieferanten (Kulanz) möglich.
DMW AG - Einkauf, Frau Monk Lister Damm 58-67 30163 Hannover
Tel: 0511 – 3 27 61 Fax: 0511 – 3 27 59
Alphatron KG Postfach 0815 40880 Ratingen Hannover, 06.11.20.. Rahmenbestellung Sehr geehrter Herr Dr. Reichert, Bezug nehmend auf unser Telefonat vom 14.11.20.. erhalten Sie den schriftlichen Auftrag für die Belieferung unseres Unternehmens mit Typ A Typ B Typ C Typ D 322,09 229,50 225,13 334,11 EUR/100 St. Die genauen Spezifikationen entnehmen Sie bitte noch einmal der Anlage. Die Preise sind auf 2 Jahre festgeschrieben. Es gelten unsere umseitigen AGB. Preisstellung: DDP Bremerhaven und Halle Zahlungsbedingungen: 14 Tage 2%, 30 Tg. netto Freundliche Grüße Monk (Einkauf)
Abb. 32:
Beispiel Bestellung
3.
Beschaffung
In der Praxis wird die Änderung oder Stornierung einer Bestellung vom Lieferanten, im Interesse der Erhaltung der guten Geschäftsbeziehungen, immer akzeptiert werden, solange ihm noch keine Kosten entstanden sind. Rein rechtlich kann er natürlich auf Erfüllung des Vertrages bestehen.
3.3.5 Auftragsbestätigung Die Auftrags- oder Bestellbestätigung (juristisch: „das kaufmännische Bestätigungsschreiben“) erfolgt bei den meisten Bestellungen als Antwort des Lieferanten. Sofern die Bestellung mit dem zugrunde liegenden Angebot übereinstimmt, ist eine Auftragsbestätigung für das Zustandekommen eines Vertrages nicht notwendig. Sie dient aber der Vermeidung von Irrtümern. Weicht die Bestellung vom Angebot ab, oder handelt es sich um ein freibleibendes Angebot, so kommt der Kaufvertrag erst durch die Auftragsbestätigung zustande. Der Abgleich der Daten der Auftragsbestätigung mit denen der Bestellung durch den zuständigen Einkäufer ist sehr wichtig, da jeder Abweichung unverzüglich widersprochen werden muss. (Stillschweigen bedeutet Zustimmung!)
3.3.6 Bestell- und Terminüberwachung Mit erfolgter Bestellung ist die Ware noch lange nicht dort, wo sie benötigt wird. Daher ist es erforderlich, die Bestellung hinsichtlich des Liefertermins zu überwachen und gegebenenfalls den Lieferanten zu mahnen, wenn er in Verzug gekommen ist (siehe Kapitel „Rechtliche Grundlagen“, Teil 3, Abschnitt 4.5.1).
313
Beispiel: Auftragsbestätigung Auf ihre Bestellung hin erhält Frau Monk die folgende Auftragsbestätigung der Alphatron KG: Alphatron KG Postfach 0815 40880 Ratingen DMW AG - Einkauf, Frau Monk Lister Damm 58-67 30163 Hannover Ratingen, 17.13.20.. Auftragsbestätigung Sehr geehrte Frau Monk, vielen Dank für den an uns erteilten Auftrag, den wir hiermit bestätigen: Typ A Typ B Typ C Typ D 322,09 229,50 225,13 334,11 EUR/100 St. Die Preise sind auf 2 Jahre festgeschrieben. Preisstellung: DDP Bremerhaven und Halle. Zahlungsbedingungen: 14 Tage 2%, 30 Tg. netto). Mit freundlichen Grüßen Reichert
Abb. 33:
Beispiel Auftragsbestätigung
Aufgabe 14. a)
Prüfen Sie, ob die Auftragsbestätigung dem Angebot entspricht.
b) Die Bestellbestätigung wird manchmal Bestellannahme genannt. Warum wohl?
314
Materialwirtschaft
Sofern eine entsprechende Software für die Beschaffung zur Verfügung steht und genutzt wird, kann die Terminüberwachung weit gehend durch den Computer übernommen werden. Alle Bestellungen erhalten eine eigene Nummer und können vom Einkäufer nach verschiedenen Kriterien (Bestellnummer, Liefertermin, Artikel, Lieferant) jederzeit abgerufen werden. Im Falle einer Terminüberschreitung kann der Computer auch den automatischen Druck von Mahnungen an die Lieferanten übernehmen. Lieferterminüberwachung ohne DV geschieht mit Hilfe einer Ablage, in der Kopien bzw. Durchschläge der Bestellungen nach Liefertermin geordnet abgelegt werden müssen. Diese Ablage wird dann täglich auf überfällige Lieferungen durchgesehen. Soll außerdem die Möglichkeit bestehen, jederzeit die offenen Bestellungen eines bestimmten Artikels oder Lieferanten einzusehen, so müssen jeweils weitere Kopien oder Durchschläge angefertigt und in der Lieferanten- bzw. Artikelkartei abgelegt werden.
3.3.7 Wareneingang Bei der Warenannahme muss sofort eine Wareneingangskontrolle durchgeführt werden (siehe §377 HGB). Dabei werden •
die Warenbezeichnung (bzw. die Aufschrift)
•
die Anzahl der Versandstücke und
•
das Äußere der Ware (bzw. der Verpackung)
geprüft und mit den Begleitpapieren (Lieferschein) verglichen. Abweichungen müssen vom Überbringer (z.B. dem Spediteur) bescheinigt werden. Anderenfalls wird die Annahme der Ware verweigert.
Aufgabe 14. c)
Es liegt folgendes Schreiben vor: „Danke für Ihre Bestellung. Wir freuen uns, dass Sie sich nach einem Jahr wieder an uns wenden. Inzwischen haben sich die Konditionen geändert. Wir liefern nicht mehr frei Haus. Dafür gewähren wir 3% Skonto bei Barzahlung innerhalb einer Woche. Damit wir nicht noch ein extra Angebot unterbreiten müssen, akzeptieren wir Ihre Bestellung.“ Wie ist die Rechtslage? Gelten die alten oder neuen Bedingungen?
Beispiel: Terminüberwachung für Bestellungen bei der DMW AG Die Terminüberwachung übernimmt bei DMW standardmäßig die BeschaffungsSoftware (es sei denn, dies wird vom Anwender ausdrücklich nicht gewünscht). Die Anwender können sich jederzeit „ihre“ fälligen und überfälligen Bestellungen am Bildschirm abrufen und entscheiden, für welche Positionen eine Mahnung an den Lieferanten gedruckt werden soll. Alphatron KG Postfach 0815 40880 Ratingen DMW AG - Einkauf, Frau Monk Lister Damm 58-67 30163 Hannover Ratingen, 03.02.20.. Lieferschein Nr. 123456 Art.Nr.
Art. Bezeichnung
Menge
Einh.
0815-01 0815-02 4711-05 4711-02
Schalter Typ A Schalter Typ B Schalter Typ C Schalter Typ D
2.400 1.850 2.250 1.250
Stk. Stk. Stk. Stk.
Ware erhalten: Datum/Unterschrift
Abb. 34:
Beispiel Lieferschein
3.
Beschaffung
Wenn die Verpackung später geöffnet wird, wird die genaue Menge der gelieferten Ware bestimmt sowie die Art, Beschaffenheit und Qualität geprüft und mit den Unterlagen (Lieferschein, Bestellung, Muster usw.) verglichen. Industrieunternehmen haben oft eigene Prüfstellen (Labors) für detaillierte Untersuchungen. Bei der Prüfung festgestellte Mängel oder Abweichungen von der Bestellung müssen unverzüglich beim Lieferanten gerügt werden (Mängelrüge). Beanstandete Waren müssen sorgsam gelagert werden, bis der Verkäufer über sie verfügt hat (siehe Kapitel „Rechtliche Grundlagen“, Teil 3, Abschnitt 4.5.1.2).
315
Beispiel: Rechnungsprüfung bei der DMW AG Bei DMW gibt es eine kleine Abteilung Rechnungsprüfung, die dem Finanz- und Rechnungswesen zugeordnet ist. Dadurch ergeben sich folgende Vorteile: •
Die Rechnung wird nicht von dem gleichen Mitarbeiter geprüft, der auch die Bestellung getätigt hat. Dadurch wird der Spielraum für Manipulationen verkleinert.
•
Da alle Rechnungen zentral bei der Rechnungsprüfung eingehen, ist das Finanzund Rechnungswesen wesentlich besser über ausstehende Forderungen informiert. Gehen dagegen Rechnungen auch bei den bestellenden Abteilungen ein, so bleiben sie bis zur Bearbeitung oft lange liegen. Das Finanz- und Rechnungswesen weiß von ihrer Existenz nichts, und folglich ist das Berichtswesen (z. B. die Erfolgsrechnung) unvollständig.
Die ordnungsgemäß eingegangene Ware wird im DV-System (bzw. im Wareneingangsbuch) mengenmäßig, als Wareneingang zur Bestellung, erfasst und die Ware im Lager eingeordnet.
3.3.8 Rechnungsprüfung In kleinen und mittleren Betrieben wird die Rechnung oft von den Mitarbeitern geprüft und abgezeichnet, die auch die Lieferung bestellt hatten (also vor allem durch den Einkauf). Da der Mitarbeiter den Hintergrund der Bestellung am besten kennt, ist dies sicherlich eine pragmatische Lösung. In größeren Organisationen, in denen aufgrund der Mitarbeiterzahl niemand mehr einen detaillierten Überblick haben kann, ist es notwendig, Beschaffung und Rechnungsprüfung personell getrennt voneinander zu organisieren, um einem eventuellen Missbrauch besser vorbeugen zu können. Daher haben große Unternehmen i.d.R. eine separate Rechnungsprüfungs-Abteilung, die organisatorisch dem Einkauf oder dem Finanz- und Rechnungswesen zugeordnet ist.
Alphatron KG Postfach 0815 40880 Ratingen DMW AG - Einkauf, Frau Monk Lister Damm 58-67 30163 Hannover Ratingen, 05.03.20.. Rechnung Nr. 95 00 734 Art.Nr.
Art. BezeichnungMenge Einh.
E-Preis
G-Preis
0815-01 0815-02 4711-05 4711-02
Schalter Typ A Schalter Typ B Schalter Typ C Schalter Typ D
322,09 229,50 225,13 334,11
7.730,16 4.245,75 5.065,43 .176,38
2.400 1.850 2.250 1.250
Stk. Stk. Stk. Stk.
Gesamtsumme EUR: MwSt. EUR: Zu zahlender Betrag EUR:
21.217,72 3.182,66 24.400,38
Zahlung: 14 Tage 2 %, 30 Tage netto
Abb. 35:
Beispiel einer Eingangsrechnung
316
Materialwirtschaft
Eine Rechnung enthält immer folgende Elemente (gemäß DIN 4991): •
Rechnungskopf (Anschrift, Absender, Datum)
•
Rechnungskern (Nummer, Gegenstand, Menge, Preis und Gesamtpreis) und
•
Rechnungsschluss (Bedingungen, Bankverbindungen).
Jede eingehende Rechnung erhält einen Kontrollzettel („Rechnungsclip“), auf dem die Durchführung der sachlichen (durch Vergleich mit der Bestellung) und rechnerischen (Mengen, Preise) Prüfung der Rechnung abgezeichnet wird. Nachdem eventuelle Differenzen geklärt sind, wird die Rechnung anschließend gebucht. Der Zeitpunkt der Bezahlung der Ware hängt von den vereinbarten Zahlungsbedingungen ab. Ist eine Zahlung mit Skonto vereinbart, so wird der Käufer i.d.R. davon Gebrauch machen, weil kaum eine andere Kreditform bzw. eine alternative Geldanlagemöglichkeit ertragreicher ist als die Nutzung einer Skontogewährung (siehe Abschnitt 3.3.3).
3.4
Die strategischen Aufgaben des Einkaufs
Ergänzendes zur Rechnung Die Rechnung ist die schriftliche Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner, dass dieser aus einer ihm durch den Gläubiger zukommenden Leistung ein bestimmtes Entgelt zu leisten habe. In der Regel wird die Rechnungserteilung in Kauf- oder Leistungsvertrag nicht extra aufgeführt, weil es allgemein üblich ist, seine Forderungen durch eine Rechnung zu belegen. Die vorherrschende Meinung sieht aber in der nachträglichen Rechnungserteilung eine vertragliche Nebenpflicht, die aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§242 BGB) abzuleiten ist. Aus dieser Stellung der Rechnung im Rahmen des Kaufvertrages ergibt sich das Recht für den Schuldner, eine Klage auf Ausstellung einer Rechnung einzuleiten, insbesondere dann, wenn nachgewiesen werden kann, dass steuerliche oder bilanztechnische Gründe eine Rechnung erforderlich machen, Die Rechnungserteilung erfolgt in der Regel nach der vom Gläubiger erbrachten Leistung. Unterlässt dieser die Rechnungserteilung, kann er in Verzug gesetzt werden, und fruchtet die Mahnung nichts, kann sogar ein Schadenersatzanspruch folgen. Ein Kostenvoranschlag – selbst nach ausgeführtem Auftrag – ist keine Rechnung.
Aufgabe 15. Unter welcher Voraussetzung kann wohl ein Schadenersatz bei nicht erfolgter Rechnungsausstellung gefordert werden? Beispiel:
3.4.1 Beschaffungsmarketing und Beschaffungsmarktforschung Die Aufgabe der Beschaffungsmarktforschung (kurz: BMF) bzw. des Beschaffungsmarketings (kurz: BM) liegt in der systematischen, bedarfsbezogenen Informationsgewinnung zur Unterrichtung der Entscheidungsträger über die gegenwärtigen Situationen auf den Teilmärkten, Bedingungen und Entwicklungstendenzen in den Beschaffungsteilmärkten und ihren Marktfaktoren.
Beschaffungsmarktforschung bei DMW Die Verantwortung der Materialwirtschaft und insbesondere des Einkaufs für den Unternehmensgewinn wurde bereits im ersten Abschnitt dieses Kapitels unterstrichen. Dieser Verantwortung kann der Einkauf nur dann nachkommen, wenn die Entwicklungen auf den für DMW wichtigsten Beschaffungsmärkten sorgfältig verfolgt und bei Entscheidungen berücksichtigt werden. Die Ergebnisse fließen in die mittel- und langfristige Unternehmensplanung mit ein.
3.
Beschaffung
3.4.1.1
Objekte der Beschaffungsmarktforschung
Die Beschaffungsmarktforschung ist zielorientiert, systematisch und aktiv. Sie richtet sich in der Regel auf die Gewinnung von Informationen über:
317
Beispiele für kontinuierliche BMF: 1. Entstehen neue Märkte
•
Materialarten und Substitutionsmaterialien
In den letzten 15 Jahren haben die so genannten „kleinen Tiger“ (Korea, Hongkong, Taiwan und Singapur) für viele Branchen – und so auch als Zulieferer der Automobilindustrie – stark an Bedeutung gewonnen. Ein neuer Beschaffungsmarkt (Ostasien) ist entstanden.
•
Materialqualitäten
2. Konjunkturabhängige Preisentwicklung
•
(neue) Herstellungsverfahren und Technologien
•
Anbieter und deren Stellung (und Entwicklung) im Markt
•
Lieferkapazität
Als Folge der Wirtschaftsschwäche in den großen Industrieregionen war die Entwicklung der Weltmarktpreise für viele Werkstoffe in den Jahren 1992-1994 – entgegen der langfristigen Entwicklung – abwärts gerichtet. Das hat sich geändert.
•
Preise und Preisentwicklungstendenzen
3. Fertigungsverbesserung
•
Vertriebsorganisation und Absatzwege der Lieferanten
•
Angebots- und Nachfragestruktur
•
wirtschaftliche und politische Entwicklungen.
Vor zwei Jahren erfuhr der Einkauf, aus Gesprächen mit einem neuen Lieferanten, von einer neuen Konstruktionsweise seiner Bauteile, durch die sich der Montagevorgang stark vereinfachen ließ. Anstatt die Anschlüsse wie bisher mühsam verschrauben zu müssen, genügte nun ein einfacher, aber zuverlässiger Schnapp-Mechanismus. Die Konstruktion war von dem Lieferanten neu entwickelt worden, und er hatte sich dies patentieren lassen. Nach weiteren Gesprächen mit der Produktion und entsprechenden Versuchen wurden Konstruktion und Montage auf die neuen Bauteile umgestellt.
3.4.1.2
Arten der BMF
Grundsätzlich lassen sich zwei verschiedene Erscheinungsformen der BMF unterscheiden: •
•
Die kontinuierliche BMF (auch präventives, agierendes oder aktives BM genannt) geschieht auch ohne eine konkrete Bedarfsmeldung. Sie dient zum einen der Suche nach neuen Beschaffungsmärkten und damit alternativen Lieferanten und für bestehende Beschaffungsmärkte, zum Zweiten der Suche nach neuen Entwicklungen oder alternativen, effizienteren Verfahren. (In der Regel ist die kontinuierliche BMF nur für A-Materialien sinnvoll.) Die fallweise BMF (auch akutes, reagierendes oder passives BM genannt) tritt ein, wenn auf einen konkreten Bedarf hin ein Lieferant ausfindig gemacht werden muss.
Folgende Möglichkeiten bieten sich dem Einkäufer, um neue Bezugsquellen zu erschließen:
Beispiel: Fallweise BMF Der Verwaltungsbereich im Werk Halle benötigt ein neues Faxgerät und hat eine entsprechend genehmigte Anforderung an den Einkauf geschickt. Normalerweise ist dies eine Routinebestellung, da sowohl der Artikel genau spezifiziert als auch der Lieferant festgelegt ist.
318
Materialwirtschaft
•
Gespräche mit den Vertriebsbeauftragten der Lieferanten
•
Markt-, Ernte- und Börsenberichte
•
Besuch von Messen, Ausstellungen, Kongressen und Fachtagungen
•
Tages-, Fach- und Wirtschaftszeitungen
•
Broschüren, Prospekte, Angebote
•
Fernsprech- und Branchenfernsprechbücher
•
Beschaffungskataloge (z.B.: „ABC der Deutschen Wirtschaft“, „Wer liefert was?“, „Europages“)
•
Wirtschaftsdatenbanken.
Die Lieferantenauswahl wird dann auf Grundlage eines Angebotsvergleichs getroffen (siehe Abschnitt 3.3.3). Als Bezugsquellennachweis werden im Einkauf mittels eines geeigneten DV-Systems (früher Karteikartensystem) sowohl die Artikel- als auch die Lieferantenstammdaten geführt. Die Daten der Lieferanten, die sich aufgrund der Beschaffungsmarktforschung als geeignet für das Unternehmen erwiesen haben, werden für zukünftige Bedarfsfälle in den Dateien (bzw. auf den Karteikarten) aufgenommen. Neben dem Vertrieb ist der Einkauf eine der wichtigsten Schnittstellen des Unternehmens mit seiner Außenwelt. Durch den ständigen Kontakt mit Zulieferern vieler Branchen ist es auch Aufgabe des Einkaufs, auf diesem Wege Informationen über Erfahrungen und Lösungskonzepte anderer Unternehmen für das eigene nutzbar zu machen. Das gilt sowohl für neue Entwicklungen im Rohstoffbereich als auch für neue Fertigungsverfahren. Schließlich sollte der Lieferant die entsprechende Fachkompetenz auf dem Gebiet seiner Produkte besitzen. Dem Einkauf kommt eine wichtige Rolle in der Beeinflussung der Produktionsstruktur zu, was die enge Verflechtung mit dem Produktionsbereich deutlich macht.
Kurz nachdem die Bestellung an den Lieferanten gefaxt worden war, meldet sich dieser telefonisch und teilt mit, dass die Produktion des Gerätes eingestellt wurde und leider auch keine mehr im Lager sind. Gleichzeitig bietet der Lieferant alternative Geräte an. Da die letzte Preisanfrage für Faxgeräte ohnehin schon etwas zurücklag und der Markt außerdem einem ständigen Preisverfall unterliegt, wird dieser Umstand zum Anlass genommen, Faxgeräte neu anzufragen. Damit alle neu angeschafften Kommunikationsgeräte in das zukünftige Gesamtkonzept passen, werden die neuen Spezifikationen mit der zuständigen Fachabteilung, der Datenverarbeitung, abgestimmt. Nachdem die Anfrage abgeschlossen ist, wird das Gerät zusammen mit der DV ausgewählt. Den günstigsten Lieferanten legt der Einkauf fest.
Aufgabe 16. Nebenstehend wird ausgesagt, dass der Einkauf eine der wichtigsten Schnittstellen eines Unternehmens ist. a)
Stellen Sie grafisch die vielfältigen Kontakte dar, die der Einkauf zur Bewältigung seiner Aufgaben unterhält!
b) Überlegen Sie bitte, ob die Globalisierung der Märkte mit den zurzeit bestehenden Informationssystemen den Einkauf erleichtert oder erschwert! c)
Sehen Sie in der Globalisierung der Märkte auch Gefahren für den Einkauf?
d) Worin besteht der Unterschied zwischen Messen und Ausstellungen? Machen Sie sich hierüber kundig. Können Sie einige deutsche Standorte benennen, an denen derartige Veranstaltungen abgehalten werden?
3.
Beschaffung
Insbesondere beim Einkauf von Handelswaren benötigt der Einkäufer erhebliche Kenntnisse über die Absatzmärkte, damit keine „Ladenhüter“ eingekauft werden. 3.4.1.3
Eigenfertigung oder Fremdbezug
Zu Entscheidungen, die Materialwirtschaft (insbesondere den Einkauf) und Produktion (und u.U. noch andere Bereiche) gemeinsam betreffen, gehören so genannte „Make or Buy“-Entscheidungen. Dabei geht es um die Frage, ob ein Bauteil oder Zwischenprodukt selbst in Eigenfertigung („make“) hergestellt werden oder ob es von einem Lieferanten zugekauft („buy“) werden soll. Auf den ersten Blick scheint es vielleicht wenig sinnvoll zu sein, Teile der Fertigung fremd zu vergeben. Bedeutet es doch, dass Wertschöpfungspotenzial außer Haus gegeben wird, denn schließlich will der Zulieferer ja daran verdienen. Die Gründe, warum ein Unternehmen seine Fertigungstiefe reduziert und Bauteile oder ganze Baugruppen fremdfertigen lässt, sind vielfältig. Die Kriterien, die es bei der Entscheidung abzuwägen gilt, sind im Wesentlichen: •
Qualität
•
Know-how/technische Möglichkeiten
•
Wirtschaftlichkeit/Kosten
•
Kapitalbindung/Investition
•
Liquidität
•
Produktionskapazität/Auslastung
•
(Produktions-) Flexibilität
•
Abhängigkeit/Versorgungssicherheit
•
Risiko
•
Informationsaustausch/Kommunikation.
Die Entscheidung über Eigenfertigung oder Fremdfertigung wird i.d.R. lang- oder mittelfristig getroffen.
319 Wir sind ein Hersteller mit Servicemanagement! Was bedeutet das? Viele Unternehmen und deren Mitarbeiter wissen wenig über industriellen Service. Die meisten sind ServiceIgnoranten. Wir nicht. Denn die Verbesserung der Information über Kosten und Nutzen von Service ist unabdingbar für ein professionelleres Servicemanagement. Das haben wir. Und das kommt Ihnen zugute. Services bietet einerseits ungeahnte Chancen für dauerhafte Wettbewerbsvorteile, die Sie in der Zusammenarbeit mit uns spüren werden, weil wir uns als Dienstleister mit Herstellerbasis verstehen. Wir planen mit Ihnen und stimmen Produktion, Lagerhaltung, Lieferung, Einbau und Entsorgung mit Ihren Vorstellungen ab. Andererseits teilen wir uns die Ersparnisse durch genaueste KostenNutzenanalysen. Service beginnt bereits bei der Auswahl der richtigen Mitarbeiter. Unsere Führung garantiert deren Motivation. Früher konzentrierte sich das Servicemanagement ausschließlich am Produkt. Diese Konzentration hat zu einem hohen Qualitätsstandard geführt. Den haben wir beibehalten. Aber wir konzentrieren uns auf mehr: nämlich auf Anwendungsberatung, auf Beschwerdemanagement, auf schnelle Reaktion, auf Lieferflexibilität, und Liefersicherheit und auf unsere Kunden integrierende Teams mit dem Ziel, Zulieferer und Kunden in Entwicklungsaktivitäten, Logistikfunktionen und Qualitäts-Shifts verantwortlich einzubinden.
Abb. 36:
Auszüge aus der Anzeige eines KFZ-Zulieferers
Beispiel: Eigenfertigung oder Fremdbezug Im Automobilbau ist die Fertigungstiefe (siehe Kapitel „Produktionswirtschaft“, Abschnitt 3. 1 ) in den letzten 20 Jahren immer weiter reduziert worden. Der Fremdfertigungsanteil ist daher vergleichsweise hoch. 60 System- und Komponenten-Lieferanten sorgen für den pünktlichen Eingang der Werkstoffe. DMW hat längerfristige Verträge mit 4 Systemanbietern abgeschlossen, für •
die Türen, Fenster und Fensterheber
•
die Stoßfänger und Beleuchtung sowie
•
das elektrische und elektronische Zubehör
•
die Sicherheitssysteme.
320
Materialwirtschaft
Es kann aber auch sein, dass kurzfristig die Möglichkeit des Fremdbezugs genutzt wird, wenn in der eigenen Produktion ein vorübergehender Kapazitätsengpass auftritt (z.B., weil die Nachfrage zu groß geworden oder eine Anlage ausgefallen ist).
Die Systemanbieter benutzen eigene Spediteure. Mit zwei Lieferanten bestehen Datenverbundsysteme.
3.4.2 Beschaffungslogistik
Der Stoßfängerhersteller erhält die Informationen für einen konkreten Abrufauftrag erst acht Stunden bevor der Stoßfänger im DMWWerk an das Fahrzeug montiert wird, für das er vorgesehen ist. Damit stehen dem Unternehmen etwa 4 Stunden zur Verfügung, um die Baugruppe fertig zu stellen, und etwa 1,5 Stunden für den Transport zu DMW (die reine Fahrzeit beträgt etwa eine halbe Stunde).
3.4.2.1
Beschaffungswege
Es gibt verschiedene Beschaffungs- bzw. Absatzwege (der Unterschied in der Benennung ist nur eine Frage der Sichtweise – vom Kunden oder vom Lieferanten aus): 1.
2.
3.
Der geschlossene oder indirekte Distributionsweg entsteht, wenn die Ware nicht direkt an den Weiterverarbeiter bzw. Endverbraucher vertrieben wird, sondern über den Zwischenhandel (Importeur oder Großhändler).
Der Systemlieferant der Stoßfänger (inkl. Beleuchtung) ist einer der Zulieferer, die für DMW „Just-in-time“ produzieren und liefern.
Beispiele: Verschiedene Distributionswege 1.
a)
Der direkte Distributionsweg (Direktgeschäft) liegt vor, wenn der Zwischenhandel (Importeur oder Großhändler) ganz oder teilweise ausgeschaltet wird. Das Streckengeschäft entsteht, wenn z.B. der Einzelhändler beim Zwischenoder Großhändler bestellt und dieser dann die direkte Belieferung vom Hersteller aus veranlasst und die Rechnung stellt. Der Großhändler tritt somit nur als Makler auf.
3.4.2.2
Kanban
Das Kanban-Konzept ist ein in Japan entwickeltes System zur flexiblen, dezentralen Fertigungssteuerung. Sowohl zur Steuerung der Eigenproduktion als auch der Zulieferer. Kern des Systems ist ein selbststeuernder Regelkreis zwischen verbrauchenden und erzeugenden Fertigungsbereichen. Dabei gilt das „Hol-Prinzip“. Immer wenn ein bestimmtes Kontingent eines Materials verbraucht ist, wird dieses Kontingent neu angefordert (Kanban-Karte). Steuerung der Produktion durch die Mitarbeiter selbst.
Indirekte Distribution: Beispiel für Halbzeuge: Zulieferer -> Exporteur -> Dt. Importeur -> Hersteller
b) Beispiel für Endprodukte: Hersteller -> Großhändler -> Einzelhändler -> Endverbraucher 2.
Direkte Distribution a)
Beispiel für Halbzeuge: Zulieferer -> Hersteller
b) Beispiel für Endprodukte: Hersteller -> Endverbraucher 3.
Streckengeschäft
Abb. 37:
Streckengeschäft
3.
Beschaffung
321
Das Kanban-System wird vor allem in der Serienfertigung eingesetzt und erfordert einen sehr flexiblen, kurzfristigen Einsatz von Personal und Betriebsmitteln. 3.4.2.3
Just-in-time-Konzept
Im Sinne einer möglichst geringen Kapitalbindung und geringen Handlingskosten ist die produktionssynchrone Anlieferung („Just-intime“-Belieferung) optimal. Just-in-time (JIT) spart zwar Lager- und Personalkosten, verlangt auf der anderen Seite aber auch höchste Zuverlässigkeit. Weil bis auf gewisse eiserne Reserven kein Lager mehr vorhanden ist, um auch bei Verbrauchsschwankungen, Lieferverzögerungen, Ausschusslieferungen oder Produktionsstillstand beim Lieferanten die Versorgungssicherheit gewährleisten zu können, muss die logistische Kette entsprechend optimiert und unanfällig werden. JIT hat aber mit sich gebracht, dass Transporter Tag und Nacht die Straßen belasten, was auch für Anwohner als erhebliche Beeinträchtigung angesehen werden kann.
3.4.3 ABC-Analyse Die ABC-Analyse ist ein Verfahren, das in der Materialwirtschaft schon seit langem erfolgreich eingesetzt wird. Sie dient dazu herauszufinden, welche Artikel und Lieferanten eine hohe Bedeutung haben und welche weniger wichtig sind. Da es nicht sinnvoll ist, sich mit allen Lieferanten und Artikeln gleich intensiv zu beschäftigen, kann der Einkauf mit ihrer Hilfe herausfinden, wo die Schwerpunkte der Arbeit liegen müssen. Z.B. lohnt es sich i.d.R. nur bei Artikeln mit hohem Umsatz, viel Zeit in die Ermittlung der günstigsten Bezugsquelle zu investieren (siehe Beispiel auf Seite 323).
Abb. 38:
Auswirkungen der JITBeschaffung
Beispiel: JIT-Ablauf bei der DMW AG Die DMW AG teilt dem Lieferanten per Datenfernübertragung den Bedarf mit. Mengen, Zeiten und ggf. sogar Konstruktionszeichnungen werden übermittelt und sind täglich abrufbereit. Der Lieferant richtet seine Produktion nach den Wünschen des Kunden ein. Zur täglichen Versorgung werden meist Gebietsspediteure in das System einbezogen, die oft verschiedene Lieferanten anfahren und die Waren oder Stoffe abliefern. Die Spediteure stellen eine Art rollendes Lager dar. Lieferant und Kunde können ihre Fertigung weit gehend optimieren.
322
Materialwirtschaft Zum Begriff der Logistik
Abb. 39:
Logistische Vernetzung mit unterschiedlicher Intensität
Können Sie den Aufbau Ihrer Telekommunikation später einmal genauso leicht verändern? Nun, voraussagen lasst sich nichts. Viele Entscheidungen müssen jedoch schon heute getroffen werden: Vernetzung? Verkabelung? Welcher Anbieter? Um so wichtiger ist es, dass die angebotenen Lösungen anpassungs- und erweiterungsfähig sind und Sie auch noch nach Jahren zufrieden stellen. Telekommunikation hat nichts mit Telepathie zu tun. Auch wir von AT&T behaupten nicht, Ihre zukünftigen Anforderungen zu kennen. Aber unsere Erfahrung hilft, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Schließlich wurde in den letzten hundert Jahren praktisch jede richtungsweisende Innovation auf diesem Gebiet in unseren Bell Laboratories entwickelt, oder wir waren führend daran beteiligt. So das Glasfaserkabel, die drahtlose Schalttechnik oder das UNIX-Betriebssystem. So werden auch unsere Innovationen von heute zum technischen Standard von morgen gehören. Für Telefongesellschaften genauso wie für deren Kunden. Ganz gleich – und das beruhigt doch ungemein – wie der Aufbau der Telekommunikation später einmal aussehen wird.
Abb. 40a):
Aus der Investitionsgüterwerbung
Die Logistik ist eine Querschnittsfunktion. Sie gehört in den Bereich der Führung, also in den dispositiven Faktor Arbeit. Im Laufe der letzten Jahre ist daher der Begriff des Logistikmanagements entstanden. Der Begriff Logistik ist dem Französischen entlehnt. Früher war er einzig und allein beim Militär gebräuchlich. Heute gehört er zur Betriebswirtschaftslehre gleichberechtigt wie etwa Planung, Tenninierung, Durchlaufgeschwindigkeit, Rationalisierung etc. Isermann schreibt, dass der Begriff „Logistik“ zur Charakterisierung sämtlicher Transport-, Lager- und Umschlagsvorgänge von Gütern in und zwischen den Betrieben herangezogen wird. Unternehmerische oder betriebliche Logistik (business logistics), das ist nichts anderes als Aufgabenstellung und Lösung im Bereich des Betriebsprozesses. Die Logistikleistung ist demnach eine immaterielle Leistung, die gewährleisten muss, dass das richtige Produkt in der richtigen Menge und der richtigen Qualität am richtigen Ort und zur richtigen Zeit, beim richtigen Kunden und zu „richtigen“ Kosten verfügbar sein muss. (Man spricht übrigens von den sieben „r“-Leistungen.). Um das zu erreichen, muss die Logistik alle nur erdenklichen Variablen und fixen Größen: Personal, Maschinen, Werkstoffe, aber auch Abfall (zur Wiederverwertung) – und das sind innerbetriebliche Gegebenheiten – sowie Lieferanten und Spediteure etc. – und das sind externe - in die Überlegungen einbeziehen. Demnach umfasst die Logistik die gesamte Planung und Abstimmung des gesamten Leistungsprozesses oder eines Teiles von ihm einschließlich der Festlegung der Mittel, die die Logistikleistung möglich machen.
Kein Zweifel: War bei festlichen Anlässen die Teilnahme irn XJS V12 Cabriolet fast schon ein gesellschaftliches Muss, so empfand man sich beim Golfclub-Picknick mitunter doch ein wenig overdressed. Dem Wunsch nach etwas salopperer Motorisierung entsprechen wir rechtzeitig zu Saisonbeginn mit einem neuen XJS 4.0 Cabriolet mit dem schlankeren Sechszylinder-Reihenmotor. 24 Ventile sorgen in harmonischem Zusammenspiel mit der 4Gang-Automatik für einen kräftigen und gleichzeitig kultivierten Antrieb, wobei Ihnen zwei Fahrprogramme je nach Straßen- und Gemütsverfassung die Wahl zwischen entspannter und sportlicher Fahrweise lassen. Das elektrisch zu betätigende Faltverdeck ist ebenso dicht und zuverlässig wie die legendäre englische Wachstuchjacke, und den Airbag haben wir so diskret im Lenkrad platziert, dass er die feine Ausstattung aus Leder und die in poliertem Wurzelholz eingelassenen Rundinstrumente nicht unnötig derangiert. Lassen Sie sich bei einer Probefahrt von Ihrem Jaguar-Partner erläutern, warum wir glauben, dass das neue XJS 4.0 Cabriolet auf der nach oben offenen Werteskala eines überzeugten Cabriolet-Fahrers einen zumindest ebenso hohen Platz einnimmt wie ein handgeflochtener Picknickkorb mit echt englischem Porzellan. Jaguar Info-Center, Tel. 069-5 97 60 43 oder Fax 0 69 - 59 1022.
Abb. 40b):
Aus der Konsumgüterwerbung
3.
Beschaffung
323
Die ABC-Analyse setzt voraus, dass die Wichtigkeit eines Artikels umso höher ist, je größer sein wertmäßiger Anteil im Verhältnis zum Gesamtbeschaffungsvolumen ist. Typischerweise macht dabei bereits ein relativ kleiner Teil der Artikel (z.B. 20 %) einen relativ großen Teil des gesamten Beschaffungswertes (z.B. 80 %) aus.
Beispiel:
1.
Aufgrund des größeren Umsatzes ist es leichter, einen günstigeren Preis zu verhandeln (Mengenrabatt).
Um das Ergebnis einer ABC-Analyse (die Vorgehensweise ist in der rechten Spalte beschrieben) grafisch veranschaulichen zu können, werden in einem Schaubild (siehe Abb. 41) die Artikel, ihrer abnehmenden Bedeutung nach, auf der x-Achse angeordnet. Auf der yAchse wird der kumulierte Beschaffungswert abgetragen. Danach werden die Artikel in A- (= wichtig), B- und C-Klassen (= unwichtig) eingeteilt. Die Entscheidung, welche Grenzen für die Klassen angesetzt werden sollen, hängt von der individuellen Fragestellung ab.
2.
Der um beispielsweise 3,- EUR niedrigere Preis pro Stück multipliziert sich mit einer höheren Stückzahl und führt damit zu einer absolut höheren Ersparnis:
Typische Grenzen sind für •
A-Teile: die Anzahl der umsatzstärksten Artikel, die zusammen etwa 70–80 % des Gesamtbeschaffungswertes ausmachen (i.d.R. 5 bis 20 % aller Artikel)
•
B-Teile: die Anzahl der nächst umsatzstärksten Artikel, die noch einmal 15 bis 25 % des Gesamtbeschaffungswertes ausmachen (i.d.R. 10 bis 20 % aller Artikel)
•
C-Teile: die Anzahl der verbleibenden Artikel, die oft nur noch etwa 5 bis 10 % des Gesamtbeschaffungswertes ausmachen (i.d.R. 50 bis 85 % aller Artikel).
Warum lohnt es sich, bei umsatzstarken AArtikeln mehr Zeit in die BMF zu investieren?
1000 Stk. x 3 EUR/Stk. = 3000 EUR 10 Stk. x 3 EUR/Stk. = 30 EUR
Vorgehensweise bei der ABC-Analyse: Für jeden der betrachteten Artikel wird der Beschaffungswert (Menge x Preis) ermittelt. Die Artikel werden dann in die Reihenfolge ihrer Bedeutung gebracht (größter Beschaffungswert = größte Bedeutung = erste Position usw.). In einer Tabelle wird dann in einer weiteren Spalte der Beschaffungswert von Artikel zu Artikel aufsummiert, sodass am Ende, hinter dem letzten Artikel, der Gesamtbeschaffungswert aller betrachteten Artikel erscheint.
Die bevorzugte Behandlung der A-Artikel äußert sich vor allem durch •
intensive Marktbeobachtung
•
Wahl besonders leistungsfähiger Lieferanten
•
Abschluss von Rahmenverträgen
•
Minimierung der Lagerbestände
•
sorgfältige Bedarfsprognose
•
Einsatz besonderer Dispositionsverfahren (z.B. Kanban, „Just-in-time“).
Abb. 41:
Ergebnis-Beispiel einer ABCAnalyse
324
Materialwirtschaft
3.4.4 Beschaffungsplanung
Beispiel:
Die Beschaffungsplanung ist ein wichtiger Bestandteil der strategischen Aufgaben des Einkaufs. Dazu gehören:
Beschaffungsplanung bei der DMW AG
•
die Bedarfsplanung (Mengen- und Terminplanung) für eine zukünftige Periode auf Basis des Absatz- und Produktionsplanes (siehe Abb. 14)
•
die Preisentwicklungs- und Budgetplanung für eine zukünftige Periode (z.B. für das nächste Geschäftsjahr) als Bestandteil der strategischen Unternehmensplanung.
•
Weitere Beispiele sind die Planung der Bereitstellungsprinzipien, der Beschaffungswege, der Lagermöglichkeiten, der Lieferantenanzahl sowie Kriterien für deren Auswahl).
3.5
Materialentsorgung und Materialverwertung
Die Materialentsorgung bzw. Materialverwertung (Recycling) wird zu einer immer wichtigeren Frage für die Unternehmen: Die immer schärferen gesetzlichen Auflagen und das steigende Umweltbewusstsein der Verbraucher führen dazu, dass umweltfreundliche Produkte und umweltverträgliche Herstellungsverfahren, sowohl unter Kosten- als auch unter Marketingaspekten, immer relevanter für den Unternehmenserfolg werden. Die ständig steigenden Entsorgungskosten (vor allem für Sondermüll) sind heute ein nicht mehr zu vernachlässigender Bestandteil der Gesamtkosten der Materialwirtschaft.
Zum Ende jedes Quartals wird bei DMW eine Bedarfsplanung aller A-Artikel und einiger BArtikel für die nächsten vier Quartale gemacht. Grundlage dafür ist stets der aus dem Absatzplan erstellte Produktionsplan. Die daraus entnommenen Bedarfsmengen und termine werden mit den Rahmenvereinbarungen der Lieferanten abgeglichen. Über- oder Unterdeckungen können aufgrund dieser Planung so rechtzeitig erkannt werden, dass dem Einkauf ausreichend Zeit bleibt, um die Veränderungen mit den Lieferanten abzusprechen. Einmal im Jahr werden auch die Bedarfs der B- und C-Artikel für das kommende Jahr geplant. In der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres erwartet die Geschäftsleitung eine Budget bzw. Kostenplanung des Einkaufs für die Beschaffung des nächsten Jahres. Dazu ist neben der Bedarfsmengenplanung auch eine möglichst genaue Einschätzung der Preisentwicklung notwendig. Hierzu sind detaillierte Marktkenntnisse erforderlich. Beispiel: Neue Wege in der Entsorgung bei der DMW AG Außer Betrieb genommene Fahrzeuge der Marke DMW werden, im Auftrag von DMW, von selbstständigen Verwertungsbetrieben zerlegt. Die Bestandteile werden zum großen Teil aufbereitet und stofflich wieder verwertet. Darüber hinaus konnte die Produktion, in Zusammenarbeit mit einem LackfarbenHersteller, auf die Verwendung von lösemittelfreien Farben umgestellt werden.
4.
Lagerhaltung und innerbetriebliche Logistik
Hier ist vor allem der Einkauf gefordert, zusammen mit Lieferanten, Konstruktion, Produktion und Marketing neue Wege zur Verwendung umweltverträglicher Rohstoffe zu finden und die Abfallentsorgung ständig weiter zu reduzieren.
325
In den Klimaanlagen werden nur noch Kühlmittel ohne FCKW und FKW eingesetzt, und ein Teil der Lieferanten für Kunststoffteile produziert bereits mit hohen Anteilen an Recycling-Kunststoff, der z. T. aus den o.g. Verwertungsbetrieben stammt.
Aufgabe
4. Lagerhaltung und innerbetriebliche Logistik 4.1
Stellen Sie die Unterschiede dar!
Einleitung
In einem produzierenden Unternehmen findet man eine Vielzahl von Lagern mit unterschiedlicher Art, Größe und Funktion: •
Wareneingangslager für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe
•
Zwischenlager in der Produktion
•
Warenausgangslager für Fertigerzeugnisse sowie
•
Werkzeug- und Ersatzteillager.
Die Aufgabe des Lagers ist die Bereitstellung •
der notwendigen Lagerkapazität
•
der gelagerten Materialien in ausreichend kurzer Zeit sowie
•
aktueller Informationen über Bestände (ggfs. Inventur), Zu- und Abgänge
auf möglichst wirtschaftliche Weise zu gewährleisten. Grundsätzlich erfüllt ein Lager immer mindestens eine der beiden folgenden Funktionen: 1.
17. In Abb. 39 sind verschiedene logistische Systeme (Einkaufslogistik, Materiallogistik etc.) dargestellt.
Die Speicher- oder Pufferfunktion: Durch das Lager soll gewährleistet werden, dass immer genug Waren für den nächsten Verarbeitungsschritt verfügbar sind und somit zeitliche Differenzen zwischen dem Wareneingang und dem Warenausgang überbrückt werden können.
Aufgaben 18. a)
Welche Lager gibt es in Ihrem Ausbildungsbetrieb? Zu welchen der nebenstehend aufgeführten Typen gehören diese Lager?
b) Überlegen Sie, wie sich der Fertigungstyp (Einzel- oder Serienfertigung) auf die Lagerhaltung auswirkt! Beispiel: Lager mit unterschiedlicher Funktion 1.
2.
Lager mit Speicher- oder Pufferfunktion: •
Wareneingangsgangslager
•
Pufferlager in der Fertigung zwischen zwei Arbeitsgängen (siehe Kapitel „Produktionswirtschaft“)
und
Warenaus-
Lager mit Umformfunktion: Frisch lackierte Werkstücke (wie z. B. die Rohkarosserie) müssen i. a. erst zum Trocknen zwischengelagert werden, bevor sie weiterverarbeitet werden können. Klebstoffe müssen erst aushärten, und Material, das in einem Arbeitsgang erhitzt wurde, muss oft erst auskühlen. (Branchenfremde Beispiele: die Lagerung von Wein oder Käse während des Reifeprozesses.)
4.
Lagerhaltung und innerbetriebliche Logistik
Hier ist vor allem der Einkauf gefordert, zusammen mit Lieferanten, Konstruktion, Produktion und Marketing neue Wege zur Verwendung umweltverträglicher Rohstoffe zu finden und die Abfallentsorgung ständig weiter zu reduzieren.
325
In den Klimaanlagen werden nur noch Kühlmittel ohne FCKW und FKW eingesetzt, und ein Teil der Lieferanten für Kunststoffteile produziert bereits mit hohen Anteilen an Recycling-Kunststoff, der z. T. aus den o.g. Verwertungsbetrieben stammt.
Aufgabe
4. Lagerhaltung und innerbetriebliche Logistik 4.1
Stellen Sie die Unterschiede dar!
Einleitung
In einem produzierenden Unternehmen findet man eine Vielzahl von Lagern mit unterschiedlicher Art, Größe und Funktion: •
Wareneingangslager für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe
•
Zwischenlager in der Produktion
•
Warenausgangslager für Fertigerzeugnisse sowie
•
Werkzeug- und Ersatzteillager.
Die Aufgabe des Lagers ist die Bereitstellung •
der notwendigen Lagerkapazität
•
der gelagerten Materialien in ausreichend kurzer Zeit sowie
•
aktueller Informationen über Bestände (ggfs. Inventur), Zu- und Abgänge
auf möglichst wirtschaftliche Weise zu gewährleisten. Grundsätzlich erfüllt ein Lager immer mindestens eine der beiden folgenden Funktionen: 1.
17. In Abb. 39 sind verschiedene logistische Systeme (Einkaufslogistik, Materiallogistik etc.) dargestellt.
Die Speicher- oder Pufferfunktion: Durch das Lager soll gewährleistet werden, dass immer genug Waren für den nächsten Verarbeitungsschritt verfügbar sind und somit zeitliche Differenzen zwischen dem Wareneingang und dem Warenausgang überbrückt werden können.
Aufgaben 18. a)
Welche Lager gibt es in Ihrem Ausbildungsbetrieb? Zu welchen der nebenstehend aufgeführten Typen gehören diese Lager?
b) Überlegen Sie, wie sich der Fertigungstyp (Einzel- oder Serienfertigung) auf die Lagerhaltung auswirkt! Beispiel: Lager mit unterschiedlicher Funktion 1.
2.
Lager mit Speicher- oder Pufferfunktion: •
Wareneingangsgangslager
•
Pufferlager in der Fertigung zwischen zwei Arbeitsgängen (siehe Kapitel „Produktionswirtschaft“)
und
Warenaus-
Lager mit Umformfunktion: Frisch lackierte Werkstücke (wie z. B. die Rohkarosserie) müssen i. a. erst zum Trocknen zwischengelagert werden, bevor sie weiterverarbeitet werden können. Klebstoffe müssen erst aushärten, und Material, das in einem Arbeitsgang erhitzt wurde, muss oft erst auskühlen. (Branchenfremde Beispiele: die Lagerung von Wein oder Käse während des Reifeprozesses.)
326 2.
Materialwirtschaft Die „Umformfunktion“: In vielen Fällen ist das Lager selbst auch ein Bestandteil des Leistungserstellungsprozesses, weil die Waren durch die Lagerung eine Veränderung erfahren, die zur Weiterverarbeitung notwendig ist.
In Handelsunternehmen existiert häufig keine räumliche Trennung zwischen Wareneingangs- und Warenausgangslager. Zum Teil ändern sich im Laufe des Warenumschlagsprozesses jedoch die Gebindeeinheiten. Speziell im Einzelhandel ist der Verkaufsraum auch gleichzeitig der Lagerraum. Nur für besonders umsatzstarke Waren existieren dort noch Reservelager. Die Materialvorhaltung kann über verschiedene Formen der Lagerhaltung erfolgen: •
Eigene Lager.
•
Fremdlager. Zunehmend werden Lager nicht mehr von den Unternehmen selbst unterhalten, sondern vergeben an
•
•
–
den Lieferanten (JIT-Belieferung) oder
–
so genannte Logistik-Dienstleister, meistens große Speditionen.
Konsignationslager. Der Lieferant unterhält ein Lager beim Kunden, d.h., die Waren – und damit die Kapitalbindung – gehören dem Lieferanten. Der Kunde stellt den Lagerraum zur Verfügung und zahlt nur die Materialien, die er verbraucht. Bevorratungsmaßnahmen, die mit Wettbewerbern oder staatlichen Institutionen abgestimmt sind.
Beispiel: Formen der DMW AG
Lagerhaltung
bei
der
Eigene Lager finden sich bei DMW, wie in jedem Industriebetrieb, sowohl für eingehende Waren, Zwischenlager in der Produktion und für Fertigwaren (die PKW). Alle Lieferanten, die DMW Just-in-time beliefern, übernehmen die Lagerhaltung für DMW – es sei denn, sie produzieren auch Just-in-time. Darüber hinaus wurde einigen Lieferanten, die zusammen in einer weiter entfernt liegenden Region ansässig sind, derselbe Spediteur zugewiesen. Dieser holt die Ware ab und liefert sie gemeinsam an. Dadurch können entweder die Bestelllosgrößen, bei gleich bleibenden Transportkosten, verkleinert werden oder die Zahl der Transporte vermindert werden. Dies ist sowohl ökonomisch als auch ökologisch sinnvoll. Ein Konsignationslager gibt es bei DMW z. B. im Werkstattbereich. Der Lieferant für Normteile (Schrauben, Muttern, Unterlegscheiben usw.) hat ein vereinbartes Sortiment zur Verfügung gestellt. In regelmäßigen Intervallen kommt ein Vertreter des Lieferanten vorbei und füllt verbrauchtes Material wieder auf. Die aufgefüllten (d. h. entnommenen) Mengen werden in Rechnung gestellt.
Aufgabe 19. Überlegen Sie, welche Gründe für eine zentrale Lagerhaltung sprechen und welche für eine dezentrale!
4.
Lagerhaltung und innerbetriebliche Logistik
4.2
327
Lagerplanung
4.2.1 Standort und Kapazität Die grundlegende Entscheidung bei der Standortplanung ist, ob die Lagerhaltung zentral oder dezentral erfolgen soll. Der optimale Lagerstandort kennzeichnet sich durch das Gesamtkostenminimum aus Lagerhaltungs- und Transportkosten. Grundlage der Kapazitätsplanung ist der voraussichtliche Platzbedarf der einzelnen Materialien. Der Standort und die Auslegung der Kapazität sollten auch künftige Veränderungen berücksichtigen.
Beispiel: Standortplanung Da das Werk in Halle „auf die grüne Wiese“ gebaut wurde, konnte das Lager rein unter den Gesichtspunkten der Kostenoptimierung geplant werden. Oft müssen bei der Lagerplanung aber bestimmte Rahmenbedingungen beachtet werden (z. B. die bisherige Bebauung des Grundstückes oder existierende Verkehrswege), die die Planung sehr erschweren können.
4.2.2 Lagergestaltung
Aufgabe
4.2.2.1
20. Beschreiben Sie die gebräuchlichsten Lagerarten für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe in Ihrem Ausbildungsunternehmen!
Lagerbauart
Die Bauart des Lagers richtet sich nach den physikalisch-chemischen Eigenschaften der zu lagernden Materialien: •
offene Lager (z.B. umzäunte Freiflächen)
•
halb offene (überdachte) Lager
•
geschlossene Lager (z.B. in Gebäuden)
•
Sonder- und Speziallager (Tanks, Silos etc.).
4.2.2.2
Lagereinrichtung
Als Lagereinrichtung werden alle Hilfsmittel verstanden, die zur Lagerung und zum Transport der Güter verwendet werden. In diesem Zusammenhang sei auf die Abbildung auf Seite 278 verwiesen.
Beispiele: Konventionelle Regallager •
Palettenregale sind besonders universell einsetzbar und flexibel gegenüber Sortimentsänderungen (Bauhöhe bis zu 12 m).
•
Fachbodenregale dienen insbesondere der Lagerung von Kleinteilen.
•
Kragarmregale sind speziell für die Aufnahme von Langgütern beliebiger Länge (z. B. Profilstäbe, Rohre) geeignet.
•
Durchlauflager sind so konstruiert, dass das Lagergut das Regal auf einer Rollenbahn durchläuft. Dies geschieht entweder mit der Schwerkraft durch eine leichte Neigung der Bahn oder durch angetriebene Rollen. Die Beschickung erfolgt von der einen Seite, die Entnahme von der anderen Seite aus (First-in-first-out-Prinzip).
328
Materialwirtschaft
4.2.2.2.1 Die feste Lagereinrichtung
Beispiel:
•
Hochregallager bei der DMW AG
•
Das Blocklager stellt die einfachste Art des Lagers dar, da es ohne große Einrichtung auskommt. Die zu lagernden Güter werden einfach über- und nebeneinander gestapelt. Allerdings ist der Zugriff nur auf einen Teil der Lagergüter direkt, d.h. ohne andere Güter umzulagern, möglich. Diese Lagerart kann daher nur für die Lagerung von wenigen oder gleichartigen Gütern sinnvoll sein. Das Regallager stellt die am häufigsten eingesetzte Bauart dar, weil sie die Möglichkeit bietet, jederzeit auf jede Lagereinheit zugreifen zu können. –
–
Das Werk Emden verfügt über ein weit gehend automatisiertes Hochregallager. Für das Werk in Halle wurde gleich ein vollautomatisches Hochregallager realisiert. In diesen Lagern werden fast alle Produktionsmaterialien, wie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie Zulieferteile und -baugruppen, eingelagert und auf Anforderung der Produktion zu Verfügung gestellt.
Aufgaben
Das konventionelle Regallager ist meist in einem eingeschossigen Gebäude zu ebener Erde untergebracht. Die Regale tragen nur das Lagergut und haben keine gebäudetragende Funktion.
21. Überlegen Sie, welche festen Lagereinrichtungen am ehesten für den Einsatz im Einzelhandel, Großhandel oder in der Industrie geeignet sind!
Hochregallager sind eingeschossige Regallager, bei denen die Regale i.d.R. die gebäudetragende Konstruktion bilden. Dach und Seitenwände sind fest mit den Regalen verbunden. Die Ein- und Auslagerung erfolgt mit speziellen Regalförderzeugen oder Hochregalstaplern. Sie werden z. Zt. bis zu 40 m hoch und 200 m lang gebaut!
Überlegen Sie, welche Vor- und Nachteile sie haben können!
22. a)
Blocklager Flächennutzungsgrad Volumennutzungsgrad Füllgrad First-in-first-out Wahlfreier Zugriff auf alle Einheiten Investitionsaufwand Betriebskosten (Automatisierung) Flexibilität Bedienbarkeit
Abb. 42:
Nennen Sie die wichtigsten ortsfesten Lagereinrichtungen!
b) Die DMW lagern ihre fertiggestellten Autos auf bewachten, offenen, eingezäunten Flächen. Warum ist diese Lagerhaltung im Einkauf kaum oder nur begrenzt möglich?
Regallager
gering hoch hoch nein (LIFO)
Konv. Regallager mittel mittel hoch möglich
Durchlauflager mittel hoch mittel (nur 1 Position/Kanal) automatisch
Hochregallager hoch mittel hoch möglich
nein
ja
nein
ja
sehr gering hoch (niedrig) gering
mittel mittel
hoch mittel
hoch niedrig (hoch)
hoch
mittel
hoch
schlecht
einfach
mittel
einfach
Vor- und Nachteile der Lagerbauarten
4.
•
Lagerhaltung und innerbetriebliche Logistik
Sonstige feste Lagereinrichtung
Beispiel:
–
Förderzeugeinsatz bei der DMW AG
Die Beleuchtung eines Lagers geschieht überwiegend mit künstlichem Licht. Bestimmten Gütern kann die Lagerung bei natürlichem Licht sogar schaden. Die erforderlichen Beleuchtungsstärken sind genormt und durch die Arbeitsstättenverordnung geregelt.
–
Die Anforderungen an das notwendige Klima (Heizung, Belüftung und Klimatisierung) im Lagerraum werden durch die zu lagernden Güter festgelegt.
–
Zur Feuersicherung müssen vollautomatische Brandmeldesysteme, die Verwendung brandhemmender Baustoffe sowie ausreichende Fluchtwege berücksichtigt werden.
4.2.2.2.2
Die Förderzeuge werden wieder unterschieden in stetig und unstetig arbeitende sowie in flurgebundene (d.h. mit Bodenkontakt) und flurfreie FZ’s (siehe Abb. 43). Unstetigförderer sind geprägt durch ihren diskontinuierlichen, schubweisen Transportfluss. –
1.
Für den Transport in den Lagern werden bei DMW folgende Förderzeuge eingesetzt: • Gabelstapler • Gabelhubwagen • Schlepper: In allen Werken werden fahrerlose Transportsysteme (FTS) eingesetzt. Die Fahrzeuge des FTS orientieren sich während der Fahrt an dem Verlauf eines elektromagnetischen Feldes, das durch ein im Boden entlang der Fahrwege verlegtes elektrisches Kabel erzeugt wird. Ein Prozessrechner steuert das Gerät über Funk an jeden Haltepunkt. • RFZ (Regalförderzeuge) sind in den Hochregallagern in Halle im Einsatz. Mit Rollenbahnen werden die Paletten zu/von den Übergabepunkten der RFZ hin-/wegtransportiert.
2.
Zur Versorgung der Montageplätze in der Produktion mit Material aus den Lagern werden folgende FZ eingesetzt: • Power-and-free-Förderer sind eine Weiterentwicklung der Hängebahnen. Der Unterschied liegt in der erheblich größeren Flexibilität, weil die Reihenfolge der Transporteinheiten während des Transportes geändert werden kann. • Schlepper, insbesondere im Rahmen eines fahrerlosen Transportsystems (FTS), bei DMW. Die Fahrzeuge des FTS orientieren sich während der Fahrt an dem Verlauf eines elektromagnetischen Feldes, das durch ein im Boden entlang der Fahrwege verlegtes elektrisches Kabel erzeugt wird. Der Prozessrechner steuert das Gerät über Funk an jeden Haltepunkt. In Halle konnte auch auf das Kabel im Boden verzichtet werden, weil das Fahrzeug seine Position anhand von verteilten Kontrollsendern bestimmt.
Die bewegliche Lagereinrichtung
Bei der beweglichen Lagereinrichtung unterscheidet man einmal die Förderzeuge (FZ), also die Anlagen, mit denen die Güter bewegt werden, und die Förderhilfsmittel, mit denen die Güter in eine lager- und transportfähige Einheit gebracht werden.
•
329
Flurgebundene, regalunabhängige Unstetigförderzeuge sind im Wesentlichen folgende: –
Gabelstapler sind besonders flexibel und daher das in konventionellen Lagern am häufigsten eingesetzte FZ.
330
Materialwirtschaft
Abb. 43:
Gliederungsübersicht der Förderzeuge Insbesondere für Lager mit geringeren Regalgangbreiten wurden viele spezielle Varianten entwickelt (z.B. mit seitlich verfahrbaren Gabeln). Maximale Stapelhöhe: 4–6 m (mit Spezialstaplern bis zu 12 m). –
–
–
Gabelhubwagen dienen dem Transport von Paletten auf kurzen Entfernungen. In der einfachsten Version werden sie von Hand bedient. Elektro-Gabelhubwagen heben und fahren mittels eines akkubetriebenen Elektromotors. Schlepper werden durch einen Verbrennungs- oder Elektromotor angetrieben und für Transporte über größere Strecken eingesetzt. Eine Weiterentwicklung stellen die so genannten „Fahrerlosen Transportsysteme“ (FTS) dar.
Flurgebunden und regalabhängig sind Regalförderzeuge (RFZ). Sie laufen auf Schienen, die mit dem Regal verbunden sind, und können daher nur innerhalb einer Regalanlage eingesetzt werden.
•
Über Rollenbahnen werden Montagepunkte mit Material versorgt, die besonders starken und homogenen Bedarf aufweisen.
Aufgaben 23. Welche sonstigen festen Lagereinrichtungen kennen Sie? 24. Warum ist im Lager unter Umständen Klimatisierung erforderlich? Nennen Sie mögliche Beispiele! 25. Fassen Sie noch einmal, in eigenen Worten, die Vorteile und Nachteile von Blocklager und Regallager zusammen! 26. Unterscheiden Sie flurgebundene regalabhängige und regalunabhängige Unstetigförderer! Was sind ihre Vorteile gegenüber Gabelstaplern? 27. Nennen Sie die verschiedenen Stetigförderer! Durch welches Merkmal zeichnen sie sich aus? 28. Warum werden Förder- und Ladehilfsmittel eingesetzt?
4.
Lagerhaltung und innerbetriebliche Logistik
Gegenüber Gabelstaplern benötigen sie weniger Platz, sind schneller, können genauer positioniert werden und sind in der Hubhöhe nicht begrenzt (entscheidend in Hochregallagern). –
•
Flurfreie Förderzeuge sind Hängebahnen, Hubförderer und Powerand-free-Förderer.
Stetigförderer sind ortsfeste, z.T. auch bewegliche Einrichtungen, die sich durch einen kontinuierlichen Transportfluss auszeichnen. –
Flurgebundene Stetigförderer sind z.B.: –
– •
Rollenbahnen werden für den Transport von Material mit ebenem Boden eingesetzt. Bis auf Teilstrecken mit Gefälle müssen die Rollen angetrieben werden.
–
Gurtförderer sind für den Transport von Material mit nicht ebenem Boden vorgesehen oder auf Steigungen. Der Gurt besteht aus Gewebe (oft mit Gummianteil).
–
Weitere Beispiele: Ketten- und Plattenförderer sowie Rutschen.
331
Beispiel: Förder- und Lagerhilfsmittel bei der DMW AG Bei DMW finden sich Beispiele für alle gebräuchlichen Förder- und Lagerhilfsmittel: •
Kleinteilebehälter werden als Behältnisse für Kleinteile bzw. -mengen eingesetzt (z. B. Schrauben). Sie sollten stabil, leicht und stapelfähig sein und einen ebenen Boden für den Einsatz auf Rollenbahnen besitzen.
•
Flachpaletten sind i. d. R. aus Holz, z. T. aus Kunststoff (Nahrungsmittelindustrie) oder Metall, mit einer Unterfahrhöhe von 100 mm. Die größte Bedeutung hat die standardisierte Euro-Pool-Palette (800x 1200 mm).
•
Gitterboxpaletten sind Paletten mit einem vierseitigen Gitteraufbau, dessen Höhe z. B. bei der Euro-Gitterbox-Pool-Palette 950 mm beträgt. Sie werden bei DMW u. a. für Transport und Lagerung von Gussteilen benötigt.
•
Spezialpaletten gibt es in vielen Varianten. Z. T. werden sie nur für einen einzigen Artikel innerhalb eines Unternehmens eingesetzt (bei DMW z. B. für KarosserieBlechteile und Kunststoff-Stoßfänger).
Flurfreie Stetigförderer sind beispielsweise Deckenkreisförderer.
Förder- und Lagerhilfsmittel werden eingesetzt, da die meisten Güter in ihrer eigentlichen Form nicht transport- oder lagerfähig sind (z.B. weil sie sich nicht stapeln lassen). Erst durch die Verwendung dieser Hilfsmittel werden ein wirtschaftlicher Transport und eine wirtschaftliche Lagerung möglich. Sie müssen abgestimmt sein auf den Lagerartikel, die Transport- und die Lagerart (siehe Beispiel rechts).
4.2.3 Lagerordnung Die Einlagerung der Waren kann nach zwei Ordnungsmethoden erfolgen:
Aufgabe 29. Nennen Sie die wichtigsten beweglichen Lagereinrichtungen! Beispiel: Die Lagersteuerung bei der DMW AG 1.
Die Lagerplatzoptimierung. Bei manuell geführten Lagern werden gleiche und gleichartige Waren i. d. R. räumlich eng zusammenliegend gelagert, um die Artikel mit vertretbarem Aufwand wiederauffinden zu können. Bei modernen Lagern übernimmt ein Prozessrechner die Zuweisung und Verwaltung der Lagerplätze.
332
Materialwirtschaft
1.
Das Festplatzsystem ordnet jedem Artikel einen festen Lagerplatz zu, wobei die Größe des reservierten Raumes dem erwarteten Maximalbestand entspricht. Ein großer Teil des Raumes bleibt daher die meiste Zeit über ungenutzt.
2.
Beim Freiplatzsystem (auch chaotisches Lagerhaltungssystem) wird kein festes Ordnungsschema vorgegeben, sodass gleichartige Ware an auseinanderliegenden, wechselnden Plätzen eingelagert werden kann. Da der vorhandene Lagerraum für alle Artikel genutzt werden kann, kann das Lager kleiner ausgelegt werden. Voraussetzung ist aber eine Lagerkartei, aus der jederzeit entnommen werden kann, wo ein bestimmter Artikel liegt und was sich auf einem bestimmten Platz befindet.
Die Steuerung des Lagers ist eine wichtige Einflussgröße für die Effizienz eines Lagers. Ein- und Auslagerungsvorgänge sowie Artikel- und Lagerplatzdatei müssen nach einem bestimmten System gesteuert und verwaltet werden. Insbesondere automatische Steuerungssysteme übernehmen dabei zwei Funktionen: die Lagerplatzoptimierung und die Wegoptimierung (siehe Beispiel Seite 331 f.).
4.3
Ablauf der Lagerhaltung
4.3.1 Die Aufgaben der Lagerhaltung Die Aufgaben der Lagerhaltung beginnen dort, wo sie für den Einkauf bzw. die Disposition – zumindest zum Teil – aufhören, nämlich mit dem Eintreffen der Ware, also der Erfüllung des Kaufvertrages durch den Lieferanten: •
Warenannahme und -einlagerung: Bei der Durchführung der Warenannahme muss die Lieferung auf offen erkennbare Mängel geprüft werden. Der Warenempfang wird dann auf dem Lieferschein bestätigt (ein Exemplar ist für den Lieferanten) und ggf. im DV-System erfasst. Anschließend wird die Ware an ihren Lagerplatz gebracht.
Bei der Bestimmung des nächsten freien Platzes werden Informationen über Platzbedarf, Gewicht und Umschlagshäufigkeit berücksichtigt. Für einen Außenstehenden scheinen die Waren „chaotisch“ eingelagert zu werden. 2.
Die Wegoptimierung Prozessrechner können die Reihenfolge der Aufträge für Ein-, Aus- und Umlagerungen so optimieren, dass der Gesamtweg, der zur Erfüllung aller Aufträge zurückgelegt werden muss, möglichst kurz ist und Leerfahrten weit gehend vermieden werden.
Zum chaotischen Lager Hierbei wird jeder Materialart ein beliebiger Platz zugeordnet, der gerade nicht belegt ist. Damit kann sich bei freier Lagerordnung eine Materialart zufallsbedingt an wechselnden Orten befinden. Der besondere Vorteil chaotischen Lagerns liegt in der erheblichen Platzersparnis. Geht man davon aus, dass im Zeitraum zwischen zwei Bestellungen durchschnittlich nur die Hälfte der Bestellmenge auf Lager liegt, so genügt hier eine Kapazität, die der halben Bestellmenge zuzüglich des Sicherheitsabstandes entspricht. Ausgangspunkt dieser Betrachtung ist die Bestellung unterschiedlichen Materials zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Vor dem Hintergrund dieser Platzersparnis eröffnen sich für die Lagerhaltung weit reichende organisatorische Möglichkeiten. Quelle: IK, Zeitschrift für Industriekaufleute
Ergänzungen zu ausgewählten Aufgaben der Lagerhaltung •
Warenannahme: Die Prüfung der Lieferung auf offen erkennbare Mängel geschieht i. d. R., indem kontrolliert wird, ob Art und Menge der gelieferten Ware mit den Angaben auf dem Lieferschein übereinstimmen und ob die Ware äußerlich unbeschädigt ist. Bei besonders kritischen Waren kann eine zusätzliche Wareneingangs-Qualitätsprüfung erforderlich sein. Dies können z. B. Rohstoffe mit schwankenden Qualitäten oder Erstlieferungen von neuen Lieferanten sein.
4.
Lagerhaltung und innerbetriebliche Logistik
•
Warenauslagerung: Auf Anforderung der Bedarfsträger wird die Ware ausgelagert und an den Übergabepunkt gebracht.
•
Lagerbestandsführung und Inventur: Die Lagerbestandsführung muss nach dem Grundsatz erfolgen, dass alle Warenzugänge und -abgänge mengenmäßig erfasst werden müssen, um jederzeit Aussagen über Bestand und Verbrauch zu ermöglichen. Die Warenbewegungen können entweder mittels eines einfachen Warenein- und -ausgangsbuchs, einer entsprechend angelegten Kartei (für jeden Artikel eine Karte) oder über ein DV-gestütztes Materialwirtschaftssystem erfolgen.
•
333
•
Die Einlagerung geschieht in den Hochregallagern weit gehend automatisch. Der Rechner bestimmt den optimalen Lagerplatz und steuert die Förderzeuge automatisch so, dass das Gut an diesen Platz gelangt.
•
Eine Alternative zur Stichtagsinventur ist die so genannte permanente Inventur.
•
Die Lagerdauer der bevorrateten Güter sollte so kurz wie möglich gehalten werden. Veralten können insbesondere Artikel, die einer Mode oder starkem technischem Fortschritt unterworfen sind.
In regelmäßigen Abständen (mindestens einmal im Jahr) muss aus steuerrechtlichen Gründen der rechnerische SollBestand mit dem tatsächlichen IstBestand, durch eine körperliche Bestandsaufnahme des Lagers (Inventur), abgeglichen werden. Ursachen für Differenzen können falsch gebuchte Mengen oder Schwund sein.
Beispiel:
Lagerkontrolle: In bestimmten Intervallen muss das Lager auf verdorbene oder veraltete Waren hin untersucht werden. Selbst bei Gütern, die auch nach längeren Zeiträumen noch ohne Preisabschlag verkäuflich sind, sollte die Lagerdauer nicht länger als notwendig sein, weil damit Risiken wie Diebstahl, Feuer und Beschädigung bei Handhabung gering gehalten werden können.
Aus der Umschlagshäufigkeit lässt sich dann die durchschnittliche Lagerdauer berechnen:
Kennzahlen zur Lagerkontrolle Die Umschlagshäufigkeit ist die Geschwindigkeit, mit der der durchschnittliche Lagerbestand umgesetzt wird. Umschlagshäufigkeit = Wareneinsa tz pro Jahr durchschni ttlicher Lagerbes tan d
Durchschnittliche Lagerdauer = 360 Umschlagsh äufigkeit
Der durchschnittliche Lagerbestand wird nach folgendem Schema ermittelt: Durchschnittlicher Lagerbestand = Anfangsbestand × 12 Monatsbest ände 13
Mit der durchschnittlichen Lagerdauer steigt außerdem auch der durchschnittliche Bestand im Lager und damit die Kapitalbindungskosten.
Der Jahresumsatz beträgt 40.000 Stück, der durchschnittliche Lagerbestand 10.000 Stück.
•
Bestellzeitpunkte ermitteln (siehe Abschnitt 4.3.3).
Umschlaghäufigkeit 4, d.h. dass sich das Lager im Jahr vier Mal füllt und leert.
•
Lagerkennziffern ermitteln.
334
Materialwirtschaft
4.3.2 Die Kosten der Lagerhaltung Den Vorteilen der Lagerhaltung stehen natürlich leider auch Nachteile gegenüber, die sich letztlich alle auf die Kosten auswirken. Die Kosten, die durch die Lagerhaltung entstehen, sollten auf keinen Fall unterschätzt werden. Die Kostenkomponenten des Lagers: •
Raumkosten: Lagerraum kostet Geld (Abschreibung und Zinsen auf investiertes Kapital für Gebäude und Einrichtung, Heizungs-, Strom- und Reparaturkosten)
•
Kapitalbindungskosten (Zinsen für das in den Beständen gebundene Kapital, Versicherungsprämien, Abschreibungen für veraltete, verdorbene oder gestohlene Ware)
•
•
Personalkosten (Löhne und Gehälter für die mit der Lagerverwaltung beauftragten Mitarbeiter) Kosten für Transporteinrichtung und Handhabung.
4.3.3 Die Lagerbestandsplanung Die Entwicklung des Lagerbestandes eines Artikels wird bestimmt durch seine Zugänge und Entnahmen. Die Höhe des durchschnittlichen Lagerbestandes hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab: 1. 2.
Er wächst mit der Zunahme des Umsatzes bzw. der Produktionskapazität. Er wächst mit der Zunahme der Lieferzeit.
Aufgabe 30. Es sei unterstellt, dass die im Produktionsprozess benötigten Materialien zum selben Zeitpunkt bestellt werden und gleichzeitig ankommen. Welche Chancen räumen Sie in diesem Fall einem chaotischen Lager ein? Industrie- und Handelsunternehmen suchen ständig nach Wegen, die Lagerhaltung weiter zu minimieren oder auszulagern, um die Kosten in diesem Bereich zu reduzieren (siehe Just-in-time-Belieferung, Abschnitt 3.4.2). •
Die Wirtschaftlichkeitskriterien des Lagers:
•
hoher Grad der Volumennutzung, um die Raumkosten niedrig zu halten
•
niedrigere Lagerbestände, um die Kapitalbindungskosten niedrig zu halten
•
geringer Personaleinsatz
•
kostenoptimale Lagertechnik und effizienter Materialfluss. Bei der geforderten Leistung und Verfügbarkeit sollten die Kosten für Anschaffung, Betrieb und Wartung der Lagertechnik möglichst niedrig sein. Kurze Wege und geringe Störanfälligkeit tragen erheblich zur Produktivität des Lagers bei.
Beispiel: Die Auswirkung der JIT-Belieferung auf Kosten und Kennzahlen Durch die JIT-Belieferung werden die Vorräte deutlich reduziert und nahezu auf Null gebracht. Das Gleiche gilt damit auch für das ansonsten durch sie gebundene Kapital und dessen Kosten. Dieses Kapital kann somit für rentablere Investitionen genutzt werden. Die gesunkenen Vorräte führen bei gleichem Verbrauch zu einer deutlich höheren Umschlagshäufigkeit dieser Vorräte.
4.
Lagerhaltung und innerbetriebliche Logistik
335
Aufgabe einer Bestandsplanung ist es, dafür zu sorgen, dass die Bestände einerseits möglichst niedrig sind, sodass so wenig Kapital wie möglich in den Vorräten gebunden ist. Andererseits darf es aber auch nicht zu Fehlmengen im Lager kommen. Der Bestellzeitpunkt muss daher so rechtzeitig liegen, dass der Lagerbestand im Augenblick der Bestellung hoch genug ist, um den Bedarf, bis zur Verfügbarkeit der neuen Ware, zu decken. Diese Wiederbeschaffungszeit setzt sich i.d.R. aus Vorbereitungs-, Bestell-, Lieferund Warenprüfzeit zusammen. Für alle Artikel, die nach dem gängigen Bestellpunktverfahren disponiert werden, muss sowohl ein Melde- oder Bestellbestand sowie ein Mindest- oder Sicherheitsbestand als Reserve festgelegt werden. Der Meldebestand errechnet sich aus der Verbrauchsmenge während der Wiederbeschaffungszeit und aus dem Sicherheitsbestand. Sinkt der Lagerbestand auf oder unter seinen Meldebestand, so muss eine entsprechende Mitteilung an den Einkauf oder Disponenten erfolgen. Bei entsprechender Gestaltung des DV-Systems können solche Routinebestellungen auch automatisch durchgeführt werden. Aufgrund der räumlichen Grenzen jedes Lagers gibt es sowohl eine Maximalkapazität für den Gesamtbestand des Lagers als auch Obergrenzen für den Bestand eines einzelnen Artikels, den so genannten Höchstbestand. Aus der (optimalen) Losgröße q0 und dem Verbrauch in einer bestimmten Periode (z.B. Jahresbedarf X) ergeben sich die Bestellhäufigkeit (n) je Periode und der Bestellrhythmus: n=
X q0
und
257 / n =
Abb. 44:
Die Entwicklung des Lagerbestandes der Autoreifen für das „Single“-Modell
Aufgaben 31. Definieren Sie noch einmal die Kostenkomponenten des Lagers! Welche Möglichkeiten gibt es, die Lagerkosten zu reduzieren? Gehen Sie dabei auch auf die Just-in-time-Belieferung ein! 32. Von welchen Faktoren hängt die Höhe des durchschnittlichen Lagerbestandes ab? Welche Aufgabe hat demzufolge die Bestandsplanung?
Beispiel: Bestellkennzahlen der Single-Reifen Die Bestellhäufigkeit für die Single-Autoreifen liegt bei 80000/3110 = 25,72 mal pro Jahr. Der Bestellrhythmus 257/25,72 = 10 Tage.
ist
durchschnittlich
336
Materialwirtschaft
4.3.4 Stellenwert Die Materialwirtschaft ist inzwischen zu einem hochsensiblen Unternehmensteil geworden. Das hat auch die Darstellung des „JIT“Prinzips gezeigt. Die Besinnung auf Kernbereiche hat dazu geführt, dass viele Lieferanten als Systemanbieter ihre Komponenten am Fließband des Herstellers selbst einbauen. Je mehr Lieferanten in den eigenen Prozess des Herstellers eingebunden werden, desto risikobeladener wird der Ablauf. Die Vernetzung der Materialwirtschaft kann deutlich am Schaubild (siehe Abb. 46) abgelesen werden. Für den Smart wird ein völlig neues BioKonzept einer Autofabrik umgesetzt. In den Modulfabriken sitzen Zulieferer für die Kernmontage. Die Gesamtanlage wird ganz streng öko-orientiert: Pflanzenkläranlage, Feuchtbiotope und jede Menge Grün.
Abb. 45:
Prinzip einer Modulfabrik
Beispiel: Eine Modulfabrik der Zulieferer Nahe dem Flecken Hambach, unweit der französisch-saarländischen Grenze, wölben sich gut 100000 Quadratmeter bestes lothringisches Bauland. Eingegrenzt von frischen Zufahrtsstraßen und plattgemacht von mächtigen Bulldozern erwartet die braune Krume eine Fabrik auf der grünen Wiese – eine Fabrik, in der wirklich alles ganz anders ist: die Idee, das Produkt, die Mitarbeiter, die Aufbruchstimmung. "Anfangs waren sie nur mit dem Verstand, nicht aber mit dem Herzen dabei, heute sind alle begeistert", sagt Mercedes-Chef Helmut Werner und meint dabei auch sich selbst.
4.
Lagerhaltung und innerbetriebliche Logistik
Abb. 46:
337
Zielkonflikte der Materialwirtschaft mit anderen Unternehmensbereichen
Sowohl die hier genannten Strategien als auch alle herkömmlichen, einkaufspolitischen Aktivitäten und die Struktur des Einkaufs bringen eine Fülle von Problemen mit sich, die durch die Berührung mit anderen Betriebsteilen überhaupt erst sichtbar werden. Immer wieder kommt es daher zu Zielkonflikten (siehe Abb. 46). Auch die Modulfabrik von Hambach macht da keine Ausnahme. Der Mercedes-Chef beschreibt sie so: „Sie ist ganz anders: die Idee, das Produkt, die Mitarbeiter, die Aufbruchstimmung (siehe Abb. 45).“
Der Dritte im Bunde, Finanzmann und Controller Christoph Baubin, kalkuliert derweil schon mit konkreten Größen. 1999, wenn die volle Leistungsfähigkeit von 200 000 Autos pro Jahr erreicht sein wird, sollen annähernd 2000 Mitarbeiter für nahezu drei Milliarden Mark Umsatz sorgen. Nicht mehr als 50 Zulieferer werden direkt am Standort Hambach in einem Baukastensystem (Fachjargon: Modultechnik) zusammenarbeiten und so die Fertigungstiefe auf sensationelle 18 bis 20 Prozent drücken. Was dabei herauskommt, gilt als ein ambitioniertes Stück Autotechnik: Die Karosserie wird selbsttragend, der Motor sitzt, nach dem Unterflurprinzip, knapp vor der Hinterachse und sorgt für Heckantrieb. Inzwischen (2004) ist der Smart ein Renner.
Kapitel 5
Personalwesen von Jürgen R. Tiedtke
341
1.
Das Unternehmen am Markt
Die heutige Stellung des Personalwesens muss immer im Gesamtzusammenhang mit der industriellen Entwicklung gesehen werden. Gerade in den letzten Jahren waren elementare Umwälzungen – ausgehend von der Automobilindustrie – zu verzeichnen, die auch beim Personalwesen erhebliche Veränderungsprozesse in Gang setzten. Viele Unternehmen warfen Ballast ab, beschränkten sich auf Kernaktivitäten. Die damit zusammenhängenden Trends werden nachfolgend skizziert. Daneben gibt es im Personalwesen allgemein gültige klare Aufgabenstellungen, die überall nach den gleichen Gesetzen und Regelungen, wie zum Beispiel bei der Gehaltsabrechnung, zu bearbeiten sind. So schließen sich elementare Umwälzungen, die kreative Weiterentwicklung des Personalwesens und die exakte Abwicklung von Aufgaben nicht aus, sondern ergänzen sich. Insgesamt ein sehr spannender Prozess.
1.1
Neue Impulse
Die deutsche Industrie und das Personalwesen erhielten wichtige neue Impulse durch die Automobilindustrie. Sie kann auf eine erfolgreiche Geschichte zurückblicken. Trotz des harten Wettbewerbs, vor allem mit Japan, Südkorea, Amerika, Frankreich, England und Italien, hat sie sich in der jüngsten Zeit zunehmend am Weltmarkt behauptet. Die Marktstellung wurde durch eigene Werke und Niederlassungen im Ausland erheblich gefestigt. Hervorzuheben ist das „neue Denken“, das den Automobilbau revolutionierte.
Zum Wandel in der Wirtschaft Die Veränderungen in der Welt der Unternehmen vollziehen sich in vorher nicht gekannter Schnelligkeit und auf allen betrieblichen Sektoren. Sie werden von außen in die Betriebe getragen oder von innen bewirkt. Der Wandel scheint immer schneller zu werden. Dabei spielen Technik, Produktionsverfahren, Verkehrssysteme und Organisationsformen ebenso eine Rolle wie politische und gesellschaftliche Prozesse. Wer sprach in den fünfziger Jahren schon von Recycling, in den sechziger Jahren von ganzheitlicher Logistik, in den Siebzigern von Chaoslägern, in den Achtzigern von Umweltmanagement und Anfang der Neunziger von Plattform-Produktion? Wer konnte die Umwälzungen auf politischer und sozialer Ebene weltweit und auch landesbegrenzt voraussehen? Heute stehen fast alle Unternehmen unter einem ständigen Druck. Der globale Wettbewerb wird als dominierender Einflussfaktor für Unternehmen angesehen. Die Öffnung der Grenzen bietet unzähligen Anbietern, ob sie aus dem nahen Ausland kommen oder aus den jungen Staaten des ehemaligen Ostblocks, ob sie zu asiatischen Schwellenländern zählen oder afrikanischen Entwicklungsländern angehören, ob sie dem nordamerikanischen Wirtschaftsraum zuzuordnen sind oder aus Südamerika stammen, die Chance, ihre Produkte an den Mann z u bringen, wenn sie nur preiswert sind und qualitativ akzeptiert werden. Der Außenhandel hat sich bei allen Nationen der Welt verstärkt. Die Internationalisierung der Unternehmen durch landesübergreifende Konzentrationen läuft mit der Öffnung der Märkte einher. Nicht zu vergessen die Informationstechnik, die den Zugang zu Daten, den Kontakt zu Kunden und Lieferanten, zu Dienstleistern und öffentlichen Institutionen beschleunigt. Und schließlich sei auf den öffentlichen Sektor hingewiesen, der den Entwicklungen durch geeignete Maßnahmen in der Umwelt, durch Gesetzgebung und Wirtschaftspolitik seinen Stempel aufdrückt. Alle Umwälzungen, ob direkt oder indirekt, berühren den Personalsektor eines Unternehmens. Der sich damit an die Neuerungen anpassen muss.
342
Der Einkauf von „Komponenten“ und „Systemen“, wie zum Beispiel das komplette Armaturenbrett oder fertig einzubauende Türen, reduziert die Abwicklung von Einkaufsvorgängen, entlastet die Verwaltung bis hin zur Buchhaltung. Die Just-in-time-Lieferung verringert die Lagerhaltung und den innerbetrieblichen Transport, beschleunigt die Produktion. Die Gruppenarbeit löst den Taylorismus ab, der die Teilung komplexer Arbeitsvorgänge in Teilschritte einleitete und damit die Fließbandproduktion vorbereitete. Heute bauen Arbeitsgruppen die Komponenten zusammen, sind weit gehend für die eigene Steuerung und für die Qualität verantwortlich. Durch weitere Rationalisierungen, die bereits bei der Entwicklung des Automobils vorgedacht und dann konsequent umgesetzt werden, einschließlich einer schnellen Verwirklichung von Verbesserungsvorschlägen, konnten die Kosten erheblich gesenkt werden. So wurden in wenigen Jahren die Produktions-, Einkaufs-, Verwaltungs- und Arbeitskosten gesenkt, die Effektivität gesteigert und die Wettbewerbsfähigkeit erhöht. Der Anschluss der deutschen Industrie an den Weltmarkt und die Vorreiterrolle, die sie bei der aktiven Sicherheit und beim Umweltschutz spielt, zeigt, dass sich die Anstrengungen lohnen. Die Nachteile, wie der harte Wettbewerb und der Verlust vieler Arbeitsplätze bei den Zulieferern, sollten dabei nicht vergessen werden. Eine solche durchgreifende Änderung des Denkens und der industriellen Arbeit führte auch in anderen Wirtschaftszweigen zu erheblichen Veränderungen. Die Folge war auch eine Neufassung von Grundsätzen, Zielen und Aufgaben des Personalwesens.
Personalwesen
Eine „atmende“ Automobilfabrik auf deutschem Boden ist in Bayern verwirklicht. Nach der Richtschnur „Arbeiten, wenn Arbeit da ist“ hat die BMW AG eine für Deutschland revolutionäre Betriebsvereinbarung abgeschlossen. Für jeden der 36.000 BMWSchichtarbeiter in München, Dingolfing, Regensburg und Landsberg wird ein Zeitkorridor von plu/minus zweihundert Stunden eingeführt. Wenn man diese Flexibilisierung auf ein einzelnes Produktionswerk, beispielsweise Dingolfing, herunterbricht, gibt das eine „Atmung“ von fünfzig Tagen mit „mehrjährigem Übertragungszeitraum“. Die Beschäftigung kann also der Nachfrage angepasst und über en Produktionszyklus eine Modells verteilt werden: Bei Serienanlauf wird geklotzt, bei Serienende gekleckert. Was früher eine Überstunde war, wird jetzt in ein Guthaben auf dem persönlichen Arbeitszeitkonto verwandelt – und umgekehrt: Freischichten schmälern nicht mehr den Lohn, sondern das Konto. Abb. 1:
Veränderung in der Arbeitsorganisation Quelle: u. a. Welt am Sonntag
Aufgabe 1.
a)
Welche Wirkung verspricht sich die Unternehmensleitung von der „atmenden Fabrik“?
b) Warum kann eine atmende Fabrik nicht in allen Produktionsstätten eingerichtet werden? c)
Prüfen Sie, welchen Weg VW gegangen ist, um die Arbeitszeit zu flexibilisieren.
2.
Das Personalwesen und seine Funktion
343
2. Das Personalwesen und seine Funktion Die Wirtschaft eines Landes weist stets eine Vielzahl von verschiedenen Branchen und Unternehmungen mit sehr unterschiedlichen Betriebsgrößen und Strukturen auf. Trotz differenzierter Aufgabenstellungen benötigen sie alle zur Erstellung ihrer Leistungen die drei elementaren betrieblichen Produktionsfaktoren: Betriebsmittel, Werkstoffe sowie menschliche Arbeit. Um das Unternehmen in Gang zu halten, ist ein weiterer dispositiver Faktor notwendig, es ist die Unternehmensleitung, die Entscheidungsfunktionen zu erfüllen hat. Im Rahmen der unternehmerischen Aktivitäten übernimmt das Personalwesen eine Dienstleistungsfunktion. Es hat dabei jedoch nicht nur zu „liefern“ und zu „organisieren“, sondern vor allem mitzugestalten und aktiv zu agieren. Mit seinem Beitrag hilft es, die Unternehmensziele abzusichern und das Unternehmen wettbewerbsfähig zu halten und weiter voranzubringen.
2.1
Die Definition „Personalwesen“
Unter Personalwesen (Personalwirtschaft) versteht man die Summe aller Vorgänge und Maßnahmen, die sich mit den Mitarbeitern des Industriebetriebes von der Einstellung über den Einsatz und die Betreuung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses befassen. Mit dieser Definition wird die zentrale Rolle des Mitarbeiters und seine Bedeutung für das Unternehmen unterstrichen.
Von DANIELA STÜRMLINGER
Hamburg – Wenn die Motorenleistung des neuen Omega-Diesel gelobt wird, können sich die Entwickler der Rüsselsheimer Autoschmiede ein Schmunzeln nicht verkneifen. Denn das Herzstück der Limousine kommt nicht von den Opel-Bändern, der SechsZylinder Turbo-Diesel wurde von BMW geliefert. Revolution in der deutschen Autoindustrie: Während früher die Techniker von VW, Opel, Mercedes, BMW oder Ford mit Argusaugen darauf achteten, dass die Konkurrenz technische Interna nicht ausspioniert, stehen die Zeichen heute auf Zusammenarbeit. Motoren werden ausgetauscht, Bodenplatten an die Konkurrenz geliefert oder Lenkungen un Airbags gemeinsam entwickelt. Grund für den Sinneswandel: die Kostenexplosion in der Autoindustrie. Zwischen 1970 und 1993 haben sich die Produktionskosten für ein Auto real, also inflationsbereinigt, nahezu verdoppelt. Ebenso rasant sind die Entwicklungskosten geklettert. Abb. 2: Neues aus der Zusammenarbeit Quelle: Hamburger Abendblatt Zum Begriff Personalwesen In der Praxis und Theorie werden oft Unterschiede zwischen Personalwesen und Personalwirtschaft gemacht. Auch wenn in diesem Buch die Begriffe synonym behandelt werden, soll doch herausgestellt werden, dass beim Begriff Personalwirtschaft die Betonung auf einer rein wirtschaftlichen Fragestellung beruht und ausschließlich auf eine ökonomische Betrachtung zielt. Der Begriff Personalwesen dagegen öffnet sich andren Disziplinen (siehe Abb. 3).
344
Personalwesen
Wegen der Aufgabenfülle des heutigen Personalwesens ist ein Personalmanagement erforderlich, um alle Maßnahmen im Rahmen des Personalwesens zu koordinieren. Neben der koordinierenden Funktion enthält der Begriff „Personalmanagement“ auch folgende Aspekte: Management ist eine Institution, die den Personalkreis kennzeichnet, der mit der Geschäftsleitung betraut ist. Management ist auch eine Funktion, die von Vorgesetzten wahrgenommen wird, wenn es um Verhaltenssteuerung im Rahmen der Unternehmensziele geht.
2.2
Die Bedeutung des Personalwesens
Die Bedeutung des Personalwesens wird in erster Linie mit der Größe des Unternehmens verknüpft sein. Ein mittelständisches Unternehmen hat zwangsläufig andere Ziele und Ausrichtungen als ein multinationales Konzernunternehmen mit weltweiten Aktivitäten. So wird im mittelständischen Betrieb der Einfluss des Unternehmens auf die Personalpolitik und das Personalwesen sehr groß sein, während wiederum im Kleinbetrieb kein eigenständiges Personalwesen notwendig ist, da der Unternehmer selbst alle anfallenden Arbeiten erledigt und lediglich den Steuerberater bei schwierigeren Fragen einschaltet.
Abb. 3:
Da vorrangig das industrielle Personalwesen vorgestellt wird, sind die Grundfragen des Personalwesens eng mit den Unternehmenszielen und der Führung der Mitarbeiter zu verknüpfen. Nicht zu unterschätzen sind dabei die internen und externen Einflüsse.
Aufgabe
So ist die Bedeutung des Personalwesens daran abzulesen, wie alle betrieblichen Funktionen zusammenarbeiten, unterschiedliche Interessen ausgeglichen werden und die Mitarbeiter ihren optimalen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten können.
2.
a)
Personalwesen als Schnittstellen weiterer wissenschaftlicher Disziplinen nach Bisani
Wieso muss sich das Personalwesen auch mit der Psychologie beschäftigen?
b) Warum nehmen ökonomische Fragestellungen eine Zentralstellung in der vorliegenden Abbildung 3 ein?
2.
2.3
Das Personalwesen und seine Funktion
Die Anforderungen an das Personalwesen
Die Anforderungen an das Personalwesen sind je nach Unternehmen unterschiedlich, generelle Aussagen können daher nur Tendenzen aufzeigen. Während einer nationalen Personalleitertagung arbeiteten die Teilnehmer folgende Anforderungen an das Personalwesen in Großunternehmen in Deutschland heraus: 2.3.1 Personal-, Organisations- und Strukturmanagement stärker verzahnen 2.3.2 Trotz Personalabbau Personalstrukturen sichern
qualitative
345
Beispiel: Strukturveränderungen bei der DMW AG Am 1. Januar 2003 trat bei der DMW AG in Hannover eine Reform an Haupt und Gliedern in Kraft, wie es sie im Konzern nie zuvor gegeben hat: •
Die Hierarchien werden verflacht, von den bisherigen Führungsebenen werden zwei ersatzlos gestrichen.
•
Der Konzern wird in kleine, autonome Einheiten mit voller unternehmerischer Verantwortung zerlegt.
•
Die Zentrale (Hannover) beschränkt sich künftig auf wenige Klammerfunktionen und gibt Verwaltungsaufgaben an die „Leistungszentren“ ab. Ein erweitertes Controlling ersetzt die operative Führung.
•
Nach japanischem Vorbild soll sich die Verwaltung noch mehr (als bisher) in Teams, die Produktion in Gruppen organisieren, wie es heute schon bei den modernen Werken in Emden und Halle der Fall ist.
•
Einrichtung eines ausgefeilten Weiterbildungssystems zur Vorbereitung einer neuen Laufbahnordnung sowie Einführung neuer Ausbildungsberufe wie Systemelektroniker und Fachinformatiker ab 1. August 2004.
2.3.3 Internationalisierung der Geschäfte durch Manager und Experten stützen 2.3.4 Eine übergreifende und hierarchiefreiere Kommunikationskultur schaffen 2.3.5 Dezentralisierung und Zentralisierung der Personalarbeit ausbalancieren 2.3.6 Die Dienstleistungs- und Mittlerfunktion stärker herausarbeiten Nachfolgend die einzelnen Hinweise zu den Anforderungen:
2.3.1 Personal-, Organisationsund Strukturmanagement Personalmanagement vollzieht sich in vielen Branchen und Unternehmen vor dem Hintergrund massiver Strukturveränderungen. Dabei wird das Personalmanagement deutlich auf dem Gebiet der Organisationsentwicklung und des Strukturmanagements gefordert •
bei der Schaffung Organisationsstrukturen
•
bei der Einführung flacher Hierarchien
•
bei der Schaffung Laufbahnsysteme.
dezentraler
differenzierter
Aufgabe 3.
Zweck der Maßnahmen soll es sein, die Kosten zu senken und die Qualität der Produkte zu verbessern. In der Zentrale übernehmen so genannte Kompetenzzentren ausschließlich bereichsübergeifende Aufgaben, dazu gehören die Grundlagenforschung, die Verfahrensentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit. Bereichsbegrenztes bleibt da, wo es „herkommt“. a)
Wieso kann eine solche Organisationsstruktur kostengünstiger sein?
346
2.3.2 Qualitative Personalstrukturen In vielen Unternehmen wurde und wird noch immer Personal „abgebaut“ und werden Führungskräfte „freigesetzt“. Bei der Absicherung des zukünftigen quantitativen Personalbedarfs ist es daher von hoher Wichtigkeit – trotz Personal- und Hierarchieabbaues –, die in Zukunft nötigen Qualifikationsstrukturen zu erhalten und falls notwendig, auch wieder neu aufzubauen. Die Qualität der Mitarbeiter und die Qualität der Arbeit ist eine bedeutender Wettbewerbsfaktor.
2.3.3 Internationalisierung der Geschäfte Wachstum in internationalen Märkten muss durch entsprechende innere und äußere Wachstums- und Entwicklungsprozesse abgesichert werden. Hier geht es zum einen um den Auf- und Ausbau international einsetzbarer Experten und Manager, zum anderen – fast noch wichtiger – um die Schaffung einer kulturell offenen, kooperationsfähigen, in einem Wort: internationalen Unternehmenskultur. Sie muss durch eine qualitativ hochwertige Personalauswahl und -entwicklung vorbereitet, durch geeignete Bausteine, die interkulturelle Einsichten vermitteln, untermauert werden. Weiterhin muss die Unternehmenskultur überall gelebt und damit langfristig eingeübt werden. Eine internationale Unternehmenskultur hat auch auf Eigenheiten anderer Bevölkerungsgruppen und Menschen Rücksicht zu nehmen. So müssen Mitarbeiter aller Religionen (Christentum, Islam, Buddhismus, Hinduismus u.a.) in die Untersuchung integriert und akzeptiert werden.
Personalwesen
b) Verändert man alte Strukturen, dann wird man auf erheblichen Widerstand stoßen. Warum ist das so? Von DANIELA STÜRMLINGER
Hamburg – Ein Harburger Autozulieferer ist auf dem Sprung in eine neue industrielle Epoche: „P/3S“ heißt die Formel, mit welcher der Kautschukverarbeiter die Kosten senken, die Mitarbeiter noch mehr in die Entscheidungen über Abläufe im Unternehmen einbinden und damit die Konkurrenz weit hinter sich lassen will. „P steht für Personal, 3S steht für schnell, schlank und stark“, sagt der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Konrad Elle im Gespräch mit dem Abendblatt. „Rasche Entwicklungszeiten, kurze Durchlaufzeiten, weniger Hierarchien oder auch die Vermeidung von Verschwendung“, beschreibt Ellegast de Weg hin zum schlanken Konzern. Mit Mitarbeiterschulungen, einer Schwachstellenanalyse (u.a. gute Qualität durch zu hohe Kosten erkauft und zu lange Reaktionszeiten) und dem Beginn der Gruppenarbeit startete man das japanische Zeitalter. Das war im Frühjahr 2002. 18 Monate später ist ein Teil der Ziele erreicht. Knapp 90 der 260 Vorarbeiter wurden geschult. 240 Mitarbeiter sind in Teams organisiert. Erste Ergebnisse: Die Mitarbeiter arbeiten aktiver mit, weil sie mehr Verantwortung und damit mehr Freude an der Arbeit haben. Vor 192 zählte das Unternehmen 40 Vorschläge pro Jahr und 1.000 Mitarbeiter, jetzt sind es 400 Vorschläge. Der Krankenstand wurde auf 4,7 % gedrückt, 2002. Abb. 4: Qualität der Mitarbeiter Quelle: teilweise Hamburger Abendblatt
2.
Das Personalwesen und seine Funktion
2.3.4 Übergreifende und hierarchiefreiere Kommunikationskultur Der Aufbau eines innovativen und kommunikativen Arbeits- und Führungsstils im Unternehmen ist besonders in Phasen des strategischen und strukturellen Umbruchs von zentraler Bedeutung. In Zeiten des Wandels sind formale Wege und Kanäle der Kommunikation häufig unzureichend und müssen durch offene Kommunikationsformen, zum Beispiel in Projektarbeitsgruppen oder Teamworkshops, ersetzt werden.
2.3.5 Dezentralisierung und Zentralisierung Dezentrale Personalarbeit ist heute ein Zeichen der Unternehmen mit flexiblem Personalmanagement, wobei eine gesunde Balance zwischen Zentralisierung und Dezentralisierung – letztlich auch wegen der ausgewogenen Kosten – notwendig ist. Eng damit ist die Rückführung der Personalentwicklung in die Führungsaufgabe des Vorgesetzten verbunden. Im Sinne unternehmerischer Einheiten ist der Vorgesetzte eines Bereiches verantwortlich für die Entwicklung seines Bereiches – und darin eingearbeitet – für die Personalentwicklung seiner Mitarbeiter.
2.3.6 Dienstleistungs- und Mittlerfunktion Die Stärkung der Service- wie der Mittlerfunktion des Personalwesens ist eine wichtige Aufgabe für den Personalleiter. Wenn durch Personal- und Kostensenkungsprogramme viele Punkte der Unternehmenskultur geopfert werden sollen, hat das Personalwesen eine wichtige Mittlerrolle, denn zerschlagene Strukturen, die positiv gewirkt haben, sind nach der Zerstörung kaum wieder aufzubauen.
347 Von WILLIAM KNOKE
Bislang mussten die Arbeiter und die Arbeit am selben Ort sein. Heute ist das anders: Amerika verkauft seine Baumwolle nach Indien, wo sie zu Garn gesponnen wird. Ds Garn wird in Japan zu Stoffen gewoben, mit denen in Hongkong die Hemden genäht werden, die schließlich in Amerika verkauft werden. Die Arbeiter müssen nicht in Amerika sein, um die rohe Baumwolle zum fertigen Hemd zu verarbeiten. Die Wirkung der Arbeitskraft ist das, was auf dem See- und Luftweg und sogar via Satellit bewegt wird. Das Geschäft mit der Dateneingabe illustriert besonders gut, wie „ortsungebunden“ eine Arbeitskraft sein kann. Ganze Schachteln voll handgeschriebener Formulare oder Mikrofilme verlassen Nordamerika und Europa mit dem Flugzeug und werden zu Unternehmen wie Satec oder Equidata auf den Philippinen gebracht. Dort geben Tausende Frauen mit College-Abschluss die Daten in den Computer ein und verdienen bei 10.000 Anschlägen pro Stunde einen Stundenlohn von einem Dollar. Die eingegebenen Daten werden auf elektronischem Weg sofort zurückgesandt. Das kalifornische Unternehmen Sun Microsystems beschäftigt russische Wissenschaftler, um seine fortschrittliche SPARCArchitektur an die Supercomputer anzupassen- Hewlett-Packard rekrutiert seine Programmierer in China. Die US-Firma Datametrics operiert in Indien, Deutschlands Volkswagen in Brasilien und Japans Nissan in Malaysia. Es sielt keine Rolle mehr, wo die Arbeiter ihre Arbeit verrichten. Vorausgesetzt, es gibt einen Telekommunikationsanschluss, einen internationalen Flughafen oder einen Tiefseehafen, dann können die Früchte der Arbeit überall geerntet werden. Abb. 5: Internationalisierung Quelle: Wirtschaftswoche
348
Personalwesen
Die aufgezeigten Anforderungen werden nachfolgend zusammengefasst und ergänzt: •
Der weltweite Wandel zwingt die Unternehmen zu einer intensiven Standortbestimmung.
•
Zu berücksichtigen sind eine Fülle von Faktoren, die sich aus den volkswirtschaftlichen Zusammenhängen, aus den Marktgegebenheiten, der Arbeitsorganisation und veränderten Denkansätzen ergeben.
•
Dabei wird die Definition und Ausgestaltung des Personalmanagements aus den Unternehmenszielen, der Organisation und der wirtschaftlichen Führung abgeleitet.
•
Die ehemalige Verwaltungs- und Dienstleistungsrolle wandelt sich daher zu einer Betreuungs-, Entwicklungs-, Beratungs-, Lenkungs- und Steuerungsfunktion. Wenn es dem Personalmanagement ge-
•
lingt, alle Mitarbeiter im Sinne einer größeren Flexibilität, einer stärkeren Verantwortung und einer Erweiterung des unternehmerischen Denkens und Handelns zu bewegen, so wird das Personalmanagement zu einer Schaltstelle, zum Motor der Unternehmensentwicklung.
2.4
Die Ziele des Personalwesens
Die Ziele, die das Personalwesen im Unternehmen umsetzen (siehe Seite 349) soll, werden im Vorstand aus den strategischen Unternehmenszielen abgeleitet und vom Personalvorstand mit dem Personalbereich als Aufgabenstellung vereinbart. Dabei fließen die unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Ressorts mit ein. Wichtige Ziele in der Tagesarbeit sind:
Abb. 6:
Ausgewählte Vorstellungen und Entwicklungen, die auf das Personalwesen wirken
Aufgabe 4.
Abb. 6 verdeutlicht, welche Faktoren (hier als Vorstellungen und Entwicklungen ausgewiesen) auf das Personalwesen wirken. Versuchen Sie a)
an zwei Beispielen – z. B. an der Lernbereitschaft und an der Gleichberechtigung der Frauen – nachzuweisen, welchen Einfluss das veränderte Verhalten auf das Personalwesen haben muss!
b) Wieso kann das Personalwesen auch mit Wissenschaftsentwicklungen verknüpft werden?
2.
Das Personalwesen und seine Funktion
•
Abstimmung der Unternehmensinteressen mit den Interessen der Mitarbeiter
•
Erhaltung eines optimalen Arbeitskräftepotenzials
•
Gestaltung der Lohn- und Gehaltspolitik einschließlich der Sozialpolitik
•
Steuerung der Leistungsbereitschaft und der Arbeitseffizienz
•
Steuerung der quantitativen und qualitativen Personalmaßnahmen (Planung, Ausbildung, Personalentwicklung)
•
2.5
Sicherung des betrieblichen Arbeitsfriedens.
Externe und interne Einflüsse auf das Personalwesen
Wenn die Mitarbeiter des Personalwesens die gesteckten Ziele erreichen wollen, müssen sie sich sehr intensiv mit den internen und externen Einflüssen und Trends auseinander setzen. Sie sind nur exemplarisch dargestellt und keineswegs vollständig, spiegeln aber die betriebliche Wirklichkeit wider.
2.5.1 Der Kunde am Weltmarkt bestimmt das Geschäft Die Unternehmen müssen im harten internationalen Wettbewerb bestehen. Sie müssen neue, intelligente und qualitativ hochwertige Produkte und Verfahren mit einem hohen Wertschöpfungsgrad anbieten und verkaufen. Dies setzt eine kostengünstige Produktion und ein Optimum an Service voraus. Im Mittelpunkt müssen der Kunde, die Qualität der Produkte und Dienstleistungen, ein flexibles unternehmerisches Denken und Handeln aller Mitarbeiter stehen. Die Industrie muss aber auch die Kosten im Griff haben, teilweise auch die Gewinnerwartungen drastisch zurückschrauben.
349
Zu den Zielen des Personalwesens Die Ziele des Personalwesens siehe auch Kapitel 1, Abschnitt 2.2 -- Andere betriebliche Ziele ordnen sich den Hauptzielen des Unternehmens unter oder sind sogar Teil von ihnen. Das kommt auf das jeweilige Unternehmen an. Grundsätzlich lässt sich aber herausstellen, dass das Personalwesen •
für die Versorgung des Betriebes mit geeignetem Personal und
•
für seine Sicherstellung zu sorgen hat.
Dabei sind alle wirtschaftlichen Zielsetzungen, wie das Anstreben einer hohen Produktivität, größter Rationalität (Wirtschaftlichkeit) und Rentabilität, in die Maßnahmen und Handlungen der Personalführung (z. B. in Betriebsvereinbarungen, Führungsgrundsätzen, Betriebsordnungen, Vertragsabschlüssen etc.) einzubeziehen, ohne die Humanziele zu vernachlässigen. Ein Unterfangen, das häufig zu Zielkonflikten führt.
Aufgaben 5.
Unter Abschnitt 2.4 sind verschiedene Ziele genannt worden. a)
Prüfen Sie, welche von ihnen eher als wirtschaftliche Ziele (Sachziele) und welche Humanziele bezeichnet werden können!
b) Erläutern Sie, warum wirtschaftliche Ziele und Humanziele wechselseitig aufeinander Einfluss nehmen! 6.
Die Personalführung der DMW AG hatte unter anderem folgende Ziele festgelegt: •
Optimierung des Informationskreislaufs, „Mitarbeiter – Führungskräfte“
•
Informationsverarbeitung im Wege der Besprechung.
Welche Gründe können hierfür vorliegen?
350
2.5.2 Sinkende Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt Bei knappen Gewinnspannen, zunehmender Weltmarktkonkurrenz und einem hohen Lohnund Gehaltsniveau wird zunehmend in den Ländern produziert, in denen auch der Absatz der Ware liegt und die Produktion kostengünstig ist. Die Folge ist: Die Nachfrage nach Arbeitskräften sinkt im Inland, und die Arbeitslosigkeit steigt bei uns. So steht bei vielen Firmen nicht die Einstellung neuen Personals, sondern die Personaleinschränkung und die Betreuung des bestehenden Personals im Vordergrund. Die Vorausschauenden prognostizieren daher, dass sich die Lage am Arbeitsmarkt kaum entspannt und nur längerfristig mit positiven Veränderungen zu rechnen ist. Hier eine Trendwende und neue Arbeitsplätze zu schaffen, ist dabei eine gesellschaftspolitische bzw. eine unternehmerische Aufgabe. Das Personalwesen kann das Unternehmen oder den Unternehmer lediglich unterstützen. Sie kann keineswegs aus eigenem Gestaltungswillen heraus eigene Entscheidungen im Alleingang treffen. Sie kann aber im täglichen Umgang mit Mitarbeitern, Vorgesetzten und Betriebsräten deutlich machen, dass der Verteilungsspielraum immer enger wird und man sich auch von lieb gewordenen Besitzständen lösen muss (vergl. Abb. 7).
Personalwesen
Bei DaimlerChrysler hat man sich nach Verhandlungsmarathon mit dem Betriebsrat geeinigt, l7 Stunden dauerte es, bis Arbeitgeber und -nehmer die Türen des Besprechungszimmers öffneten, um den Journalisten den Erfolg ihrer gemeinsamen Auseinandersetzungen mitzuteilen: - Die interessanteste Erfahrung ist eine höchst komplizierte Vereinbarung, die selbst in der Konzernzentrale am Freitag – 23.07.2004 – noch viele offene Fragen aufwarf. Generell ist man übereingekommen, - dass D.C. eine Arbeitsplatzgarantie für alle 160 000 Arbeitsplätze bis zum Jahre 2012 in Deutschland gibt, - dass die Konzernspitze auf 10 % ihrer jährlichen Bezüge verzichtet, - alle Beschäftigten auf eine bereits für 2006 vereinbarte Gehaltserhöhung verzichten u.v.m. Das hat es in dieser Form noch nie gegeben. Beide Seiten müssen große Zugeständnis machen, sichern aber den heimischen Standort. Abb. 7: Arbeitsplätze Quelle: Hamburger Abendblatt, Juli 2004
2.5.3 Wachsende Anforderungen durch den technologischen Fortschritt Das zunehmende Tempo beim technologischen Fortschritt (PC-Entwicklung und Änderung der Arbeitsorganisation) stellt auch wachsende Anforderungen an die Mitarbeiter, an ihr Wissen, ihr Können, ihre Flexibilität. Konsequenterweise haben auch einige Unternehmen die Fortbildung der vorhandenen Mitarbeiter erheblich verstärkt und das „lebenslange Lernen“ zum verpflichtenden Prinzip für Mitarbeiter und Führungskräfte erhoben.
Abb. 8: Quelle: HA
Arbeitslose in Deutschland
2.
Das Personalwesen und seine Funktion
2.5.4 Zunehmende gesetzliche Regelungen Die Regierung hat die Aufgabe, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu verbessern und unnötige Hürden abzubauen. Die Politiker (und Unternehmer) sind dringend aufgefordert, massiv die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Ansätze in dieser Richtung sind vorhanden, reichen aber wahrscheinlich noch nicht aus.
351
Aufgabe 7.
Vergleichen Sie die Entwicklungen in den Abb. 9 und 10! a)
Versuchen Sie, zwischen beiden einen Zusammenhang herzustellen!
b) Welche Auswirkungen lassen sich für ein betriebliches Personalwesen ableiten? c)
Erkundigen Sie sich, welche „Arten“ von Arbeitslosigkeit es gibt. Eine sei genannt: konjunkturelle Arbeitslosigkeit.
d) Warum bietet die konjunkturelle Arbeitslosigkeit die größte Chance, dass künftig wieder mehr Einstellungen möglich sind?
Abb. 9:
Entwicklung des Sozialprodukts
352
Personalwesen
2.5.5 Verändertes, steigendes Selbstbewusstsein des Mitarbeiters Der gut ausgebildete, qualifizierte Mitarbeiter wird sich seines Wertes für das Unternehmen sehr schnell bewusst und kann nicht nur durch finanzielle Anreize motiviert werden. Er sucht vielmehr zusätzlich auch eine Bestätigung der immateriellen Bedürfnisse (Arbeitsumfeld, harmonische Gruppeneinordnung, Status, Mitbestimmung). Auch hier muss das Personalwesen bei gleichzeitig sinkenden Aufstiegsmöglichkeiten, weniger Leitungsfunktionen, weniger Titeln zeitgemäße Antworten geben und andere, der Zeit entsprechende Angebote formulieren.
2.5.6 Veränderte Arbeitsorganisation Abb. 10: Die Beschränkung auf wertschöpfende Tätigkeiten, verstärkte Gruppenarbeiten, prozessorientiertes und nicht funktionsorientiertes Denken, Projektmanagement sind Stichworte, die eine veränderte Arbeitsorganisation erfordern und zum Beispiel Abteilungsschranken abbauen, auch flachere Hierarchien produzieren. Bei diesen Entwicklungen muss das Personalwesen die Prozesse mitgestalten und die Veränderungen durch geeignete, praktikable Maßnahmen für die Mitarbeiter und das Unternehmen auch sehr schnell und effektiv durchführbar machen. Insoweit kommt dem Personalwesen eine klare Lenkungs- und Steuerungsfunktion zu, die nicht zu unterschätzen ist und eine erhebliche Weiterentwicklung der bisherigen Dienstleistungsrolle beinhaltet. Die Änderung bisheriger Arbeitsorganisationen in neue Formen wirft meist menschliche Probleme auf, weil das Beharrungsvermögen der Mitarbeiter einerseits wie übereilte Aktionen der Leitung, andererseits einer guten und relativ schnellen Lösung im Wege stehen.
Wachstum der deutschen Wirtschaft
Die besonderen Aufgaben des Personalwesens bei radikaler Umstrukturierung (Reengineering) – Beispiele Die Inhalte des Re-engineering sind im ersten Kapitel unter dem Abschnitt 4.7.3 näher läutert worden. Auch haben sie Eingang in das Kapitel „Produktionswirtschaft“ gefunden. Der Durchsetzung des Re-engineering gehen intensive Maßnahmen des Personalwesens voraus. Es muss den Mitarbeitern, aber auch den Führungsebenen unterhalb des Vorstandes den Wandel verdeutlichen und dafür Sorge tragen, dass dieser verstanden und akzeptiert wird. Mit seiner Akzeptanz können die Einzelprozesse in Gang gesetzt werden, die dem Unternehmen einen neuen, anderen Stempel aufdrücken. Dafür werden meist Trainer angeworben, die mit ihren Methoden alte Denkmuster überwinden helfen, indem sie neue lehren und einüben. Hierbei ist z. B. an das vernetzte Denken gedacht.
2.
Das Personalwesen und seine Funktion
2.5.7 Verstärkte Internationalität der Mitarbeiter Wenn die deutschen Firmen sich mehr und mehr zu multinationalen Unternehmen wandeln, der Weltmarkt immer mehr die Organisationsstrukturen bestimmt und auch der Einfluss des europäischen Arbeitsmarktes zunimmt, dann müssen auch die Mitarbeiter die Internationalität täglich leben und widerspiegeln. Es genügt nicht mehr, Fremdsprachen zu lernen und von Deutschland aus die Geschäfte zu lenken. Die Eigenständigkeit der nationalen Struktur, der ausländischen Werke und Vertriebsorganisationen ist zu stärken. Gleichzeitig müssen die Aufstiegschancen für die Führungskräfte aus diesen Ländern bis in die Konzernspitze möglich sein. Der Kollege bzw. Chef in Deutschland ist dann Pakistani, Amerikaner, Japaner oder Chilene, nur um die Bandbreite der weltweiten Personalentwicklung einmal aufzuzeigen. Weltweite Führungstrainings und einheitliche Entwicklungsschritte für Managementaufgaben sind notwendig.
2.5.8 Klare Grundsätze für die Mitarbeiter Bei den hier geschilderten Veränderungen will der Mitarbeiter wissen, was das Unternehmen zukünftig plant, welche Zielsetzungen vorhanden sind, nach welchen Grundsätzen er geführt wird. Dies soll aber nicht abstrakt, sondern greifbar und nachvollziehbar sein. So haben fast alle Unternehmen mit großem internen Aufwand Unternehmensleitlinien und moderne Führungsgrundsätze entwickelt. Ein weiterer Schritt sind dann Vereinbarungen des Vorgesetzten mit dem Mitarbeiter auf der Grundlage dieser Grundsätze zu den Aufgaben und Funktionen des Mitarbeiters. Der Mitarbeiter will wissen, was von ihm erwartet wird und worauf er sich verlassen kann.
353
Auch müssen Mitarbeiter für Teamarbeit vorbereitet werden, und Vorgesetzte müssen es lernen, statt anzuweisen, mit den Mitarbeitern zu sprechen und ihre Gedanken und Vorschläge für die Wertschöpfungskette und die Produkte ernsthaft zu prüfen. Ein solcher Prozess (Reframing einerseits und Renewing andererseits) dauert seine Zeit. Daher ist Reengineering auch nicht von heute auf morgen zu schaffen. Porsche z. B. brauchte vier Jahre von 1992-1996.. Im Übrigen ist der Lernprozess nie abgeschlossen. Die Wissenschaft spricht daher auch vom Betrieb als einer lernenden Organisation. Porsche - Beispiel für einen erfolgreichen Turnaround „Jede Geschichte hat einen Anfang“, so schreibt das Capital. Der Anfang war ein motorisierter Zweisitzer, der vielleicht eine Ziege hätte sein können, und Heiligabend 1919 in Besitz des zehnjährigen Ferdinand Anton Porsche überging. Später konstruierte er selbst Sportwagen, die zu den bekanntesten in der Welt avancierten. Anfang der neunziger Jahre schlitterte Porsche in eine Krise, hohe Verluste waren die Folge. Absatzeinbrüche in den Staaten, zusätzliche Kursverluste durch den Dollarverfall taten das ihre. Dann ging es bergauf. Der neue Vorsitzende des Vorstandes Wiedekind krempelte das Unternehmen auf. Porsche „wurde zum ersten Beweis, dass ein klassisches deutsches Unternehmen sein Verhalten ändern kann und beste japanische Ansätze mit deutscher Methodik kombiniert“. Mit größtem Erfolg. Nach fünf Jahren entsteht ein neuer Mythos Porsches: Produktivität, geringe Bestände, Kundennähe, Managementkultur. Bald werden täglich in zwei Schichten 158 Wagen (911er und Boxter) hergestellt, 1992 waren es knapp 90. Neues Management und Personalwesen schafften es, „ein neues Denken in einen Körper zu implantieren, der am Krückstock ging“. Damals war jeder Einzelkämpfer.
354
Personalwesen
Beiderseitiges Vertrauen, klare Führungsgrundsätze und eindeutige Ziele schaffen eine Atmosphäre, die Leistungsbereitschaft fördert, gleichzeitig aber auch hilft, Ängste abzubauen.
2.6
Aufgaben des Personalwesens
Heute arbeiten alle im Team. Heute wird miteinander gesprochen. Krankenstand, Konflikte, Zweifel, Ärger, Niederlagen, nichts bleibt unentdeckt. Auf fünfteiligen Infotafeln, Monitoren und Diskussionsecken wird verglichen, gelobt, angeklagt, angespornt. Heute ist jeder wieder stolz, Porsche-Mitarbeiter zu sein. Und dafür lohnt es sich ranzuklotzen. In Anlehnung an capital, Hamburger Abendblatt, Die Welt, Auto Bild
Im vorangegangenen Abschnitt „Anforderungen“ wird geschildert, wie sich das Personalwesen im Gesamtunternehmen neu ausrichtet und geänderte Funktionen wahrnimmt. Das wird auch in der erweiterten Aufgabenstellung deutlich. Heute übernehmen Personalabteilungen vielfach Aufgaben, die nicht alle eingehend beschrieben werden können und die von Unternehmen zu Unternehmen auch unterschiedlich ausgeprägt sind. Die Kurzübersicht – ohne Anspruch auf absolute Vollständigkeit – ist lediglich als Grobauswahl dieser Funktionen und Aufgaben anzusehen. Folgende Aufgaben sind stichwortartig aufzulisten: •
Personalforschung, Arbeitsmarktanalyse, Personalmarketing
•
Personalwerbung, Personalplanung und -bedarfsdeckung
•
Erstellung und Überwachung der Personalführungsgrundsätze
•
Gestaltung der Mitarbeiterinformation und -kommunikation
•
Gestaltung der tariflichen Regelungen
•
Erstellung der Richtlinien für personelle Einzelmaßnahmen
Abb. 11:
Aufgabenfelder der Personalwirtschaft nach Bröckermann
2.
• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •
Das Personalwesen und seine Funktion
Entwicklung eines effektiven Qualitätsmanagements im Personalwesen Einführung neuer Arbeitsformen, wie Gruppen- und Projektarbeit Rationalisierungen im Personalwesen Effiziente Verwaltungsorganisation Verbesserungs- und Vorschlagswesen Einstellungen – Personaleinsatz Umsetzungen – Entlassungen Überwachung der Abwesenheit Steuerung der Fluktuation Abwicklung der Lohn- und Gehaltszahlung Anwendung der gesetzlichen und tariflichen Vorschriften Ausbildung des Nachwuchses Weiterbildung und Förderung der Mitarbeiter individuelle Personalentwicklungsschritte Verwaltung der sozialen Einrichtungen Gewährung von Sozialleistungen Aufrechterhaltung der Arbeitssicherheit Unterhaltung eines effizienten Gesundheitsschutzes Lösung von individuellen und kollektiven Personalkonflikten Bearbeitung von Rechtsstreitigkeiten einschließlich Einigungsstelle Abwicklung der Personalverwaltung.
Die „Personalorganisation“ muss den Ablauf im eigenen Bereich so organisieren, dass die gesetzten Ziele mit größtmöglicher Effektivität erreicht werden. Sie berät aber auch mit der Arbeitswirtschaft andere Bereiche, wie dort die Arbeit organisiert werden kann. Arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse auszuwerten und umzusetzen gehört ebenfalls zu den Aufgaben der Arbeitswirtschaft, als Teil des Personalwesens. Zur Steuerung der Arbeit werden Grundsätze, Richtlinien und Betriebsvereinbarungen benötigt. Bei den wichtigsten grundsätzlichen Regelungen handelt es sich um:
355
Aufgabe 8.
Bitte betrachten Sie die Abbildung 11. Wie Sie erkennen werden, sind die Aufgabenfelder vielfältig miteinander verknüpft. Wählen Sie zwei Aufgabenfelder aus, und erläutern Sie, mit welchen anderen Feldern diese verbunden sind! Versuchen Sie hierfür auch eine Begründung abzugeben!
Zusätzliche Informationen zu Regelungen Überall im Leben trifft man auf Regelungen, die in Form von Vorschriften, Vereinbarungen, Gesetzen, Satzungen. Absprachen etc. in Erscheinung treten. Sie sind dazu da, das Miteinander der Menschen erträglicher und effizienter zu gestalten. Was wäre der Straßenverkehr ohne Regelungen? Es gäbe ein „wildes Durcheinander“. Jeder würde sich Vorfahrt verschaffen wollen, um das gesteckte Ziel schnell zu erreichen. Wie sollte eine Konferenz wohl zügig und ergebnisorientiert ablaufen, sprächen alle Teilnehmer durcheinander. So gibt es im ersten Fall Verkehrsregeln und im zweiten Fall eine Tagesordnung. Eine Tagesordnung wird für eine kurze Zeit aufgestellt, dagegen sind Verkehrsregeln langfristig. Ebenso wie hier gibt es in Unternehmen kurzfristige und langfristige Regelungen. Betriebsvereinbarungen z. B. haben meist eine lange Zeit Geltung, Arbeitszeitregelungen dagegen sind kurz- oder mittelfristiger Natur. Langfristige Regelungen bringen viele Vorteile mit sich. •
Sie dienen der Stabilität, weil ständige Änderungen Unruhe der Betroffenen mit sich bringen, immer wieder neue Einarbeitung und Orientierung verlangen und bei ungenügenden Informationen untereinander Nachfragen nach sich ziehen.
•
Sie schaffen Transparenz, und mit ihr verbunden ist eine bessere Koordination der Arbeiten (Arbeitsaufgaben, Arbeitsgänge u. a.).
•
Sie ziehen bei den Betroffenen ein zuverlässiges, weil vorhersehbares Arbeitsverhalten nach sich und erhöhen zusätzlich die Effizienz aller Beteiligten.
356
Personalwesen
•
allgemeine Personalrichtlinien
•
Pläne für die Personalorganisation
•
Arbeitsplatzbeschreibungen
•
Stellenbeschreibungen
•
Stellen- und Besetzungspläne
•
Arbeitsordnungen
•
Betriebsvereinbarungen
•
Lohn- und Gehaltsregelungen
•
allgemeine und Führungsanweisungen
•
Beurteilungsgrundsätze
•
Richtlinien für die Aus- und Fortbildung
•
Grundsätze für die Arbeit des Sozialwesens
•
Informationswesen.
2.7
•
besondere
Die Organisation des Personalwesens
Die Organisation des Personalwesens ist auf die Gesamtstrategie, die Ziele und die Schwerpunkte des Unternehmens auszurichten. Die flexible Organisation soll sicherstellen, dass die Personalreferenten und Mitarbeiter kundenorientiert arbeiten und Veränderungsprozesse rechtzeitig und umfassend in Gang gesetzt werden können. Gleichzeitig sind alle arbeitsrechtlich relevanten Funktionen ordnungsgemäß und einwandfrei abzuwickeln. Im abgebildeten Organigramm eines Konzernunternehmens (vgl. Abb. 13) werden alle Personalaktivitäten auf vier Säulen gebündelt. Die gesamte Personalarbeit im Sinne der Betreuungsfunktion erfolgt in der Personalarbeit und in der Abteilung Ausland und Beteiligungen. Die Trennung zwischen außertariflich bezahlten Mitarbeitern und „Tarifmitarbeitern“ entfällt. Die direkte Zuordnung der Personalreferenten zu den Geschäftsbereichen und zentralen Abteilungen ermöglicht die intensive Betreuung aller dort tätigen Mitarbeiter.
Sie sind beim Ausscheiden bzw. beim Wechsel eines Arbeitnehmers am Arbeitsplatz für einen Nachfolger hilfreich, weil Aufgaben und Abläufe festliegen. Damit garantieren sie Kontinuität.
Langfristige, feste Regelungen bedeuten aber nicht nur Positives. Betriebsvereinbarungen, die Bonuszahlungen an Arbeitnehmer für immer festlegen, können den Ruin eines Betriebes bedeuten, wenn jahrelang keine Gewinne erzielt werden. Arbeitszeitordnungen, die unumstößlich sind, gehen an der gesellschaftlichen und technischen Entwicklung vorbei. Durch langfristige Regelungen wird ein Unternehmen unelastisch. Seine höchste Elastizität erwirbt es mit einmaligen Regelungen. Diese haben nur den Nachteil, dass es zu ständigen Veränderungen kommt, und das kann weder dem Einzelnen noch der Gemeinschaft und dem Produktionsprozess gut tun. Daher müssen Betriebe sowohl über das eine als auch das andere verfügen. Beim Brainstorming z. B. gibt es keine Regelung, wer zuerst redet. Eine Konferenz, die so beginnt, schöpft dadurch die Kreativität ihrer Teilnehmer aus. Danach aber müssen gewisse Konferenzrichtlinien eingehalten werden bzw. darf von diesen nicht allzu sehr abgewichen werden. Mit dem Wort „allzu sehr“ ist ausgesagt, dass es Regelungen geben muss, die einen gewissen Freiraum lassen. Im besagten Beispiel handelt es sich um langfristige Regelungen mit nicht ganz festgelegten Grenzen.
Aufgabe 9.
a)
Finden Sie Beispiele für langfristige und einmalige Regelungen! Denken Sie hierbei auch an die Familie!
b) Im Kapitel Geschäftsführung (Führungsaufbau und Weisungssystem) finden Sie eine Satzung und eine Geschäftsordnung für den Vorstand. Kennzeichnen Sie den Unterschied beider Regelungen! c)
Warum werden auch für Konferenzen Regelungen erarbeitet und durchgesetzt?
2.
Das Personalwesen und seine Funktion
Auch die Eingliederung des vorher selbstständigen Personalwesens der Hauptverwaltung in das einheitliche Personalwesen soll die Kundennähe und Effizienz erhöhen. Die Abteilung „Entwicklung und Förderung von Mitarbeitern“ hilft verstärkt dabei, Entwicklungsprozesse voranzutreiben und Mitarbeitergruppen bei dieser Arbeit zu stärken. Die Installierung und Betreuung des Qualitätsprozesses wird ebenfalls aktiv unterstützt. Die Personalwirtschaft und Organisation achtet dagegen auf eine effektive Personalarbeit, führt zum Beispiel Studien im Rahmen der Arbeitswirtschaft durch, fördert das betriebliche Vorschlagswesen und betreut die Mitarbeiter bei der Arbeit mit flexiblen PCs und neuester Verwaltungstechnik. Nicht fehlen darf das betriebliche Berichtswesen im Personalbereich, das letztlich auch das neueste Zahlenwerk für den Vorstand, zum Beispiel für den Wirtschaftsausschuss und den Betriebsrat, liefert.
357
Beispiel: Offene Regelungen Die DMW AG hat in ihrer Broschüre zu Mitarbeitergesprächen Folgendes über Ziele formuliert: Vereinbarung von Zielen Die Ziele aus unserem Unternehmensleitbild seien hier genannt: •
Gewinne erwirtschaften, um die DMW AG zu erhalten und Wachstum zu finanzieren
•
Der „Kunde als König“
•
Die Erhaltung alter und die Erschließung neuer Märkte
•
Sicherung einer lebenswerten Umwelt
•
Erhalt und Neugewinnung von qualifizierten Mitarbeitern
•
Weitere Umsetzung einer kooperativen und teamorientierten Führung
Mit der Zielvereinbarung wird die Grundlage für eine effektive Aufgabenerfüllung gelegt ... Vorgesetzte und Mitarbeiter sprechen konkrete Teilziele und sich daraus ergebende Arbeitsaufgaben ab. Verantwortlich dafür sind Vorgesetzte und Mitarbeiter gemeinsam. Abb. 12:
Abb. 13:
Organigramm Personal- und Bildungswesen
Die Unternehmensziele – Auszug
358
Personalwesen
3. Die menschliche Arbeit als Produktionsfaktor Ein Unternehmen ist nicht nur ein technisches oder betriebswirtschaftliches Gebilde, sondern wird ausschließlich von Menschen planvoll in Gang gehalten. In allen Unternehmen steht daher der Mensch im Mittelpunkt der Leistungserstellung. Hinter dem Produktionsfaktor „menschliche Arbeit“ stehen die Mitarbeiter, welche im Unternehmen ihre Bedürfnisse decken möchten. Sie möchten entsprechend ihren Kenntnissen und Fähigkeiten eingesetzt werden und für sich und für die Familie ein ausreichendes Einkommen erzielen. Darüber hinaus wollen sie sich jedoch in der Arbeit selbst verwirklichen, was bedeutet, dass man das, was man gelernt hat und kann, umgesetzt wissen will, und ihr Kommunikationsbedürfnis mit den Menschen im Unternehmen befriedigen. Die drei Gruppen Kapitalgeber, Unternehmer und Arbeitnehmer müssen im gewinnorientierten Unternehmen eng zusammenwirken, um viele unterschiedliche Einzelziele zu erreichen. Das Ergebnis der Zusammenarbeit ist die gemeinsam erreichte Leistung. Zieht man von ihr die Vorleistungen ab, sofern erfolgreich gewirtschaftet wurde, so bleibt ein Mehrwert, die Wertschöpfung, zurück. Das gemeinsame Ziel aller drei Gruppen ist es, die Wertschöpfung zu maximieren. Der Veränderungsprozess der Unternehmen in den letzten Jahren bestand oftmals schwerpunktmäßig darin, sehr kritisch die Wertschöpfungskette im Arbeitsprozess zu untersuchen und möglichst die Schritte auszumerzen, die keinen Beitrag zur Wertschöpfung leisten.
Abb. 14:
Arbeitsleistung und Wertschöpfung (in Anlehnung an Harlander u.a.) – vereinfacht
3.
Die menschliche Arbeit als Produktionsfaktor
Auf diese Art und Weise kann jede Gruppe ihre Bedürfnisse besser decken, ganz gleich, zu welchem Teil sie daran beteiligt ist. Dieses Denken führte in den Unternehmen zu einer kritischen Distanz zu einzelnen Tätigkeiten, aber auch zu Entlassungen, so z.B. wenn Arbeitnehmer unzuverlässig arbeiten, aber auch, wenn Leitungskräfte falsche Entscheidungen treffen (vergl. 2006 AirbusIndustrie, in der Vergangenheit Siemens mit BenQ – 2006 und DaimlerChrysler mit Mitsubishi, siehe auch Seite 68). Ohne Wertschöpfung kann jedoch kein gewinnorientiertes Unternehmen auf Dauer existieren. So entspricht der zentralen Bedeutung des Menschen auch die Stellung des Personalwesens. Es muss sich mit allen Fragen auseinander setzen, die mit dem Einsatz von Menschen zusammenhängen, um das Ziel, Gewinne zu machen, zu erreichen.
3.1
Personal im Industriebetrieb
Das im Industriebetrieb beschäftigte Personal wird nach Angestellten, Arbeitern, den zur Berufsausbildung Beschäftigten und arbeitnehmerähnlichen Mitarbeitern unterschieden. Darüber hinaus gehören im Einzelunternehmen sowie in Personengesellschaften die mitarbeitenden Eigentümer und deren mitarbeitende Familienangehörige ebenfalls zum Personal.
359
Zur Wertschöpfung: Die Wertschöpfung ist der Wertezuwachs, den ein Unternehmen erwirtschaftet hat. Dabei sind die Vorleistungen (auch als Zulieferungen bezeichnet, z. B. die eingekauften Werkstoffe, die fremden Dienstleistungen) unberücksichtigt zu lassen, weil sie als Wertschöpfung bereits von anderen Unternehmen und Personen erbracht worden sind. Nun beschränkt sich die Wertschöpfungsrechnung nicht allein auf die erstellten und veräußerten Leistungen, sondern erfasst alle Erträge, und dazu zählen auch die Erzeugnisse, die noch nicht veräußert, aber in der Periode hergestellt sind, Erzeugnisse, die selbst noch am Stichtag der Wertschöpfungsermittlung in der Prozesskette stecken, und Eigenleistungen, also Produkte, die das Unternehmen für sich selbst erstellt hat (z. B. eigene Fahrzeuge, die als Geschäftswagen benutzt werden). Die Wertschöpfung resultiert aus dem Zusammenwirken der Elementarfaktoren Werkstoffe, Betriebsmittel und Arbeitsleistungen. Die Umsetzung der Ziele unter Einhaltung humaner Prinzipien wird ständig durch Institutionen (z. B. Aufsichtsrat und Betriebsrat, durch besondere Organe wie dem Controlling u. a.) kontrolliert. Dass der Einsatz an Elementarfaktoren Risiken in sich birgt, sei am Rande erwähnt. Im Ernstfall verliert der Unternehmer seinen Betrieb, die Eigentümer ihr eingesetztes Kapital, die Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz. Alle Faktoren sollen - wie im Sachtext dargestellt - derartig zusammengeführt werden, dass eine hohe Produktivität erzielt wird (siehe hierzu Kapitel 1: Zielsetzungen).
Aufgabe 10. a)
Sie finden im Vorspann der Sachausführungen (siehe Seite 145) die Gewinn- und Verlustrechnung der DMW AG. Errechnen Sie hiernach die Wertschöpfung des Unternehmens!
b) Überlegen Sie, ob es nicht sinnvoller ist, die Wertschöpfung nur auf die Zwecksetzung des Industriebetriebes zu konzentrieren (Herstellung und Verkauf von Erzeugnissen), und schlagen Sie hierzu den Lösungsweg vor!
360
Personalwesen
Abb. 15:
Zusammensetzung des für einen Betrieb nötigen Personals im Industriebetrieb
3.1.1 Begriff des Arbeitnehmers Als Arbeitnehmer werden im Arbeitsrecht die Personen bezeichnet, die einem anderen (Arbeitgeber) haupt- oder nebenberuflich aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages für eine gewisse Dauer zur Arbeitsleistung verpflichtet sind.
Ergänzung zu Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
•
auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages
Eine nur einmalig geschuldete Dienstleistung begründet im Allgemeinen kein Arbeitsverhältnis. Ferner setzt das Arbeitsverhältnis im Regelfall die Zahlung eines Entgelts voraus.
•
gegen Entgelt als Gegenleistungen
•
durch einen anderen, dem Arbeitgeber,
Die Arbeitnehmer lassen sich aufgliedern in: •
gewerbliche Arbeitnehmer, arbeitsrechtlich maßgebend ist vor allem die Gewerbeordnung
•
kaufmännische Arbeitnehmer (hier sind im Handelsgesetzbuch wichtige Bestimmungen enthalten)
•
sonstige Arbeitnehmer, zum Beispiel Hausangestellte (maßgeblich ist das Bürgerliche Gesetzbuch)
Bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern handelt es sich um Personen, die
beschäftigt sind und zu diesem •
in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen, das sie verpflichtet, eine Tätigkeit für ihn auszuüben.
Eine solche Position haben Angestellte ebenso wie Arbeiterinnen und Arbeiter inne. Letztere genießen nach mehreren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gleichbehandlung, sodass ihre verbale Unterscheidung keine Bedeutung mehr hat, nur immer noch aus Tradition gebraucht wird.
3.
Die menschliche Arbeit als Produktionsfaktor
3.1.2 Arbeiter
361
Auszug aus dem BetrVG
Arbeiter sind Mitarbeiter, die überwiegend körperliche Arbeit leisten. Sie sind in der Landesversicherungsanstalt (LVA) rentenversichert.
1)
Je nach dem Ausbildungsstand unterscheidet man ungelernte Arbeiter (Hilfsarbeiter), angelernte Arbeiter (für Spezialfunktionen) und gelernte Arbeiter (Facharbeiter).
Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten.
2)
Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht 1 in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist; 2 die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben; 3 Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karikativer oder religiöser Art bestimmt ist; 4 Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden; 5 der Ehegatte, Verwandte, Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.
3)
Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder Betrieb 1 zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder 2 Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder
§5
3.1.3 Angestellte Angestellte sind Mitarbeiter, die überwiegend geistige Arbeit leisten. Sie sind in der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte rentenversichert. Je nach ihrer überwiegenden Arbeitsaufgabe unterscheidet man kaufmännische und technische Angestellte. 3.1.3.1
Leitende Angestellte
Leitende Angestellte sind Mitarbeiter, die unternehmens- oder betriebsleitende Aufgaben, also Arbeitgeberfunktionen, in einer Schlüsselstellung ausüben. Sie leiten im Wesentlichen selbstständig und verantwortlich den Betrieb, einen bedeutenden Betriebsteil oder einen größeren Aufgabenbereich. Zu ihnen gehören Vorstände, Hauptabteilungsleiter, Abteilungsleiter sowie das JuniorManagement. Außerdem sind Arbeitnehmer zu erwähnen, die rechtlich herausgehobene Stellungen bekleiden wie Prokuristen und Bevollmächtigte. Aber auch die Mitarbeiter, die aufgrund eigener Entschlusskraft hoch qualifizierte Stabsarbeit führender, prüfender, entwerfender, forschender oder werbender Art leisten und damit wegen der Bedeutung für das Unternehmen von dem persönlichen Vertrauen des Unternehmens getragen sind, werden als „Leitende Angestellte“ behandelt.
362
3.1.3.2
Personalwesen
Außertarifliche Angestellte (AT-Angestellte)
3
Hierunter werden solche Angestellte – meist in leitender Stellung – verstanden, die entweder nach dem Willen der Tarifvertragsparteien aus dem Geltungsbereich eines Tarifvertrages herausgenommen sind, oder denen die Arbeitsvertragsparteien diesen besonderen Status vertraglich anerkennen. 3.1.3.3
Tarifliche Angestellte
Für die tariflichen Angestellten ist arbeitsrechtlich der jeweilige Tarifvertrag gültig. 4)
3.1.4 Mitarbeiter Die Abgrenzung zwischen den Angestellten und Arbeitern ist in der heutigen Zeit kaum sinnvoll. So sind alle Arbeitnehmer im Unternehmen „Mitarbeiter“, die Aufteilung in Angestellte und Arbeiter entfällt. Im Tarifvertrag der chemischen Industrie wird dieser Begriff einheitlich verwendet. Konsequenterweise gibt es auch keinen Lohn- und Gehaltstarifvertrag, sondern einen Entgelttarifvertrag mit der Einordnung der Aufgaben in die entsprechende Tarifgruppe.
3.1.5 Zur Berufsausbildung Beschäftigte Auszubildende im engeren Sinne gehören nicht zu den Arbeitnehmern, da sie vorwiegend zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt werden. Auf sie findet das Berufsbildungsgesetz, ergänzend dazu die Regelungen des Arbeitsverhältnisses, Anwendung. Der Arbeitgeber (Ausbildender) schließt mit ihnen einen Berufsausbildungsvertrag, der als Ziel den Abschluss in einem klar umrissenen Beruf gemäß Ausbildungsordnung hat.
regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere auf Grund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer 1 aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet ist oder 2 einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder 3 ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder, 4 falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.
Abb. 16:
Definition einiger Arbeitnehmer nach dem Betriebsverfassungsgesetz
3.
Die menschliche Arbeit als Produktionsfaktor
Umschüler sind Mitarbeiter, die mit dem Ziel beschäftigt werden, diese zu einer anderen beruflichen Tätigkeit zu befähigen oder ihre berufliche Beweglichkeit zu sichern bzw. zu verbessern. Volontäre erhalten nur eine punktuelle betriebliche Ausbildung auf einem Fachgebiet. Praktikanten wird eine zeitlich befristete und inhaltlich klar umrissene betriebliche Ausbildung geboten. Diese steht allerdings im Zusammenhang mit einer schulischen oder akademischen Ausbildung.
3.1.6 Arbeitnehmerähnliche Mitarbeiter Zu den arbeitnehmerähnlichen Mitarbeitern eines Betriebes gehören u. a. Heimarbeiter, Leihpersonal und freie Mitarbeiter. Heimarbeiter ist, wer in selbstgewählter Arbeitsstätte allein oder mit Familienangehörigen Arbeiten für Auftraggeber ausführt.
Abb. 17:
363
Aufgabe 11. a)
Könnten Sie sich vorstellen, warum der Gesetzgeber versucht hat, den Begriff des „leitenden Angestellten“ so genau festzulegen?
b) Auf Seite 362 ist Ihnen der Begriff „Mitarbeiter“ begegnet. Er ist an die Stelle der Begriffe Angestellte und Arbeiter getreten. Versuchen Sie die Sichtweise herauszufinden, die sich hinter dem Begriff Mitarbeiter und den Begriffen Angestellte und Arbeiter verbirgt! Ergänzung zu der besonderen Stellung der Arbeitnehmer In rechtlicher Hinsicht werden Mitarbeiter eines Unternehmens - also AN - den Arbeitgebern gegenübergestellt. Die Beziehungen zwischen beiden sind nicht nur individuell geartet. Da wird oft der Betriebsrat eingeschaltet - und er ist ein Organ aller Arbeitnehmer, nimmt daher Einzel- und Kollektivinteressen (Abb. 17) wahr. Schließlich werden auch Verbände, auf Arbeitgeberseite der Arbeitgeberverband und auf der Arbeitnehmerseite die Gewerkschaften, eingespannt. Die Abb. 17 soll den Zusammenhang noch einmal darstellen und den Begriff des Arbeitnehmers herausstellen.
Die unterschiedlichsten Beziehungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern untereinander (in Anlehnung an Henze)
364
Personalwesen
Zum Leihpersonal gehören Mitarbeiter, die ein Arbeitgeber von einem anderen Arbeitgeber „ausleiht“. Freie Mitarbeiter sind Personen, die Arbeit für den Industriebetrieb, zum Beispiel als Lehrer in der Aus- und Fortbildung oder als Berater, leisten, ohne Arbeitnehmer zu sein.
Aufgaben 12. Bitte sehen Sie sich die Abb. 17 genau an! Versuchen Sie bitte die Beziehungen noch einmal mit eigenen Worten zu erläutern!
4. Personalplanung und der Mitarbeiterbedarf Die Personalplanung plant nicht nur den quantitativen Personalbedarf (wie viel Mitarbeiter werden benötigt), sondern auch den qualitativen Personalbedarf (welche Anforderungen müssen die einzelnen Mitarbeiter erfüllen). Dieses Instrument der Personalarbeit bildet einen wichtigen Bestandteil der vorausschauenden Unternehmenspolitik, denn •
qualifizierte Arbeitskräfte sind bei den strukturellen Veränderungen sehr wichtig
•
ein gesicherter Personalbestand hilft, Störungen im Betriebsablauf zu vermeiden
•
die Personalkosten zwingen dazu, so rationell wie möglich zu wirtschaften
•
die planmäßige Entwicklung der Mitarbeiter durch systematische Fördermaßnahmen hilft, den qualitativen Personalbedarf zu decken.
4.1
Bestimmung des quantitativen Personalbedarfs
Die Mitarbeiter-Zahl orientiert sich am vorhandenen Arbeitsvolumen, an der strategischen Ausrichtung, der Ertragssituation und der geschäftlichen Gesamtentwicklung des Industrieunternehmens.
Ergänzende Informationen Personalplanung
zur
„Die Personalplanung umfasst alle Maßnahmen der Anregungs-, der Such- und Entscheidungsphase des personalwirtschaftlichen Entscheidungsprozesses.“ (Henze.) Sie geht inzwischen über eine kurzfristige Bedarfsermittlung und Einstellungsvorbereitung – operative Personalplanung – hinaus, kann zugleich mittelfristig – taktische Personalplanung – orientiert oder als strategische Persona lplanung installiert sein. Daher lässt sie sich auch auf drei Ebenen ausweisen, auf denen die strategischen Felder abgezeichnet sind. Die strategische Personalplanung gibt keine exakten Vorgaben für einen konkreten Arbeitsplatz ab, weil sie nur globale Rahmen und Richtlinien auf Grund zukünftiger betrieblicher und außenwirtschaftlicher Entwicklungen aufstellen kann. Langfristigkeit bedeutet für einen Betrieb fünf Jahre, für einen anderen zehn Jahre oder mehr. Die taktische Personalplanung ist bereits konkreter. Sie muss sich eng an die Zielvorgaben der strategischen Personalplanung anlehnen, gibt aber bereits Einzelheiten für die Personalpolitik vor. Die operative Personalplanung ist eine kurzfristige, ablauforientierte Planung. Sie erfasst Einzelmaßnahmen, die der Zielerreichung dienen. Damit werden die in der Abb. 18 dargestellten Aufgabenfelder konkret umgesetzt. Operative Personalpläne sind demnach stark differenziert.
4.
Personalplanung und der Mitarbeiterbedarf
Abb. 18:
365
Strategische Felder mit drei strategischen Ebenen der Personalplanung
In der operativen Personalplanung muss oft rasch gehandelt werden. Zurückgehende Marktanteile, Umsatzeinbrüche etc. zwingen zu schnellem Handeln. Zuerst sind umfassende Absatz-, Kosten-, Gewinn- und Wertschöpfungsanalysen nötig, um die betriebliche Gesamtsituation zu beurteilen. Sowohl in betrieblichen Krisenzeiten (Einschränkungen, Kapazitätsstilllegung oder Kurzarbeit etc.) als auch in Zeiten der Expansion sind personalwirtschaftliche Maßnahmen unumgänglich. Sie nur kurzfristig zu bewältigen, ist gefährlich, weil sich die Märkte durch größere Konkurrenz, durch bessere Produkte, durch technischen Fortschritt, Kundenverhalten und Kundenwünsche verändern können. Daher ist eine rechtzeitige Planung das Gebot jeder Unternehmung. Und sie schließt die Personalplanung mit ein. Ja, ihre strategische und taktische Ebene ist daher oft Teil der gesamten Unternehmensstrategie (Abb. 21). In Abb. 18 ist von einem Personalinformationsmanagement die Rede. Das besagt, dass Personalplanung nicht ohne Informationen funktionieren kann. Informationen von der Marktseite, von der Umsatzseite, von der Produktion, von der Organisation etc.
Aufgabe 13. a)
Welche Probleme treten für eine strategische Personalplanung auf?
b) Versuchen Sie herauszufinden (vielleicht finden Sie zwei Beispiele), warum eine langfristige Personalplanung nötig ist! In Bad Cannstatt werden neue Wege beschritten. So konnte mit dem Betriebsrat eine weitgehend flexibilisierte Arbeitszeit vereinbart werden: Neben dem Drei-Schicht-Betrieb an fünf Wochentagen ist eine 16. Schicht für das Wochenende vorgesehen. Während sie etwa in Rastatt für den Samstag festgelegt ist, kann sie in Bad Cannstatt irgendwann zwischen Samstag und Sonntag genommen werden. Hinzu kommen eine mögliche 17. Schicht zur Maschinenwartung, die variierende Schichtlänge zwischen sieben und neun Stunden und ein saisonaler Schichtausgleich. Im Konzern gelten die Vereinbarungen für alle Standorte – schließlich ermöglichten sie erst den Standort Bad Cannstatt in Konkurrenzstudien zu Frankreich und Tschechien.
Abb. 19:
Flexible Arbeitszeiten als Kompromiss (bei DaimlerBenz), ausgehandelt zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber Quelle: Wirtschaftswoche
366
Personalwesen
Es muss auch klar sein, ob es sich beim Neubedarf um Arbeitsspitzen handelt, die durch befristete Arbeitsverhältnisse abgefangen werden können, oder um einen langfristigen durchgehenden Bedarf an unbefristet einzustellenden Mitarbeitern. Zur Ermittlung des Personalbedarfs für eine zukünftige Periode wird in der betrieblichen Praxis das auf Seite 367 dargestellte Schema angewandt.
Abb. 20:
Ergänzendes zum Personalbedarf Die Einflussfaktoren, die auf den Personalbedarf wirken, lassen sich nach quantitativen, zeitlichen und qualitativen Merkmalen systematisieren. Hier seien die quantitativen und zeitlichen in den Blickpunkt gerückt. Zu den quantitativen rechnet man z. B.: • die Konjunktur. Befindet sich die Wirtschaft im Aufschwung, dann muss die vollständige Kapazität der Betriebe vielleicht ausgenutzt beziehungsweise ausgedehnt werden. Folge ist ein höherer Personalbedarf. • die Arbeitsdauer. Wird die betriebliche Arbeitszeit auf Grund neuer Tarifverträge oder auf Grund von betriebsinternen Absprachen heruntergefahren, erhöht sich automatisch der Personalbedarf. • den Arbeitsplatzwechsel der Mitarbeiter. Eine hohe Fluktuation der Mitarbeiter bewirkt einen sich ständig verändernden Bedarf. Solche Fluktuation kann auf unzureichende Arbeitsbedingungen ebenso zurückgeführt werden wie auf ein schlechtes Betriebsklima. Zu den zeitlichen gehören: • der Altersaufbau, der sicher auch eng mit den qualitativen Einflussmerkmalen einhergeht. Mit ihm ist der Ruhestand verknüpft.
Grafische Darstellung der Personalbedarfsplanung, vereinfacht
Personalplanung
Abb. 21: Stellung der Personalbedarfsplanung bei der DMW AG in Hannover Quelle: IK, Zeitschrift für Industriekaufleute
4.
Personalplanung und der Mitarbeiterbedarf
Zusammenfassung Die quantitative Personalbedarfsplanung geht von der Frage aus, wie viele Mitarbeiter auf Grund der vorgegebenen Sachaufgaben zu welchem Zeitpunkt benötigt werden. Sie kann aber nicht von der qualitativen Bedarfsplanung losgelöst ermittelt werden.
4.2
367
Beispiel: Quantitative Bedarfsrechnung Gegenwärtiger Personalbestand (IST) -
Abgänge durch Pensionierungen, Kündigungen durch Arbeitnehmer, Entlassungen, Beförderungen, Versetzungen, Todesfälle, Invalidität, Einberufung zur Bundeswehr oder zum Zivildienst, Umschulung etc.
+
Zugänge durch bereits feststehende Neueintritte, Übernahme aus dem Ausbildungs- in das unbefristete Arbeitsverhältnis, Versetzungen, Rückkehr von der Bundeswehr und vom Zivildienst, Rückkehr von längerfristigen Fortbildungsmaßnahmen
=
zu erwartender Personalbestand (im Planungszeitpunkt)
+
zu planende Neueinstellungen (Ersatzund Zusatzbedarf/Nachholbedarf)
=
Geplanter Personalbedarf (Soll) (im Planungszeitraum)
Qualitative Aspekte des Personalbedarfs
„Die Mitarbeiter sind das wichtigste Kapital des Unternehmens!“ Wenn diese oft zitierte Aussage bei der qualitativen Personalplanung des Industrieunternehmens als Richtschnur gilt, dann muss diesem Aspekt ein hohes Gewicht beigemessen werden. Die Aufgaben einer qualitativen Bedarfsermittlung konzentrieren sich auf zwei Kerninhalte: •
Erfassung der Arbeitsanforderungen und
•
Bestimmung der Ist-Qualifikation der Mitarbeiter.
Die Arbeitsanforderungen stellen die Leistungsvoraussetzungen dar, die von einem Arbeitnehmer zur Bewältigung der Tätigkeiten an einer Arbeitsstelle erbracht werden müssen. Sind diese Arbeitsanforderungen festgelegt, dann muss geprüft werden, ob jemand im Betrieb die Eignung für diese Stelle mitbringt, d.h., ob er die Arbeitsanforderungen mit seinen Fähigkeiten und seinem Können erfüllen kann. Oder es muss nach einer geeigneten Person auf dem Arbeitsmarkt gesucht werden. Da meistens die Stellen genau beschrieben sind, also die Arbeitsanforderungen für sie festliegen, bedient man sich zur Bedarfsermittlung dem nebenstehenden Schema (rechte Spalte oben).
Aufgabe 14. a)
Die grafische Darstellung der Personalbedarfplanung (vgl. Abb. 20) weicht etwas von der Aufstellung oben ab. Suchen Sie bitte nach Gründen!
b) Sie haben von quantitativen Einflussfaktoren gehört, siehe S. 392f. Nun stellen Sie bitte qualitative Einflussfaktoren, die auf den Personalbedarf wirken, heraus, und begründen Sie Ihre Überlegungen! c)
Bei der Ermittlung des Personalbedarfs ist eine Personalbestandsanalyse vorzunehmen. Was würden Sie darunter verstehen?
368
Personalwesen
Stellenbeschreibung Reparaturschlosser, Bereich „Produktion", Kenn-Nr. 21137 Die erforderlichen Fachkenntnisse sind eine dreijährige Handwerkslehre und eine zwei- bis fünfjährige Berufserfahrung. Bei der Durchführung von Reparaturen an den Produktions- und Ausrüstungsmaschinen wird eine mittlere Geschicklichkeit verlangt. Die geistige Beanspruchung ist sehr hoch, da häufige Denktätigkeit erforderlich ist. Die Arbeiten sind z.T. nur mit Hilfe eigener Überlegungen durchführbar (z.B. Lesen von Zeichnungen). Die körperliche Beanspruchung ist hoch, weil Arbeiten mit anstrengender Körperhaltung anfallen. So sind z.B. schwere Werkstücke zu handhaben, Treppen und Leitern zu begehen und Arbeiten mit statischer Belastung durchzuführen. Die Verantwortung für die Betriebsmittel ist durchschnittlich, da die Möglichkeit der Verursachung von Schäden gering ist. Jedoch besteht bei fehlerhafter Durchführung der Reparaturarbeiten die Gefahr zur Schädigung der Gesundheit anderer. Der Reparaturschlosser hat einen sehr großen Einfluss auf den Arbeitsablauf, da eine schnelle Durchführung von Reparaturen Stillstände und Ausschuss vermeidet. Die Tätigkeit des Reparaturschlossers unterliegt verschiedenen negativen Umwelteinflüssen. In der Regel arbeitet er zwar nicht unter extremen Temperaturverhältnissen. Jedoch sind die Arbeiten abwechselnd in geschlossenen Räumen und im Freien durchzuführen, so dass die Erkältungsgefahr groß ist. Hinzu kommt die Blendung beim Schweißen. Die Verschmutzung durch Öle, Fette und Rost ist hoch. Außerdem sind erhebliche Belästigungen durch Lärm und Erschütterungen bei Arbeiten an den Maschinen und in der Werkstatt gegeben. Abb. 22:
Beispiel einer Arbeitsplatzbeschreibung der DMW AG
Anforderungsarten
Können
Verantwortung
Vorwiegend nicht muskelmäßige Fähigkeit
Kenntnisse
Abb. 23:
Vorwiegend muskelmäßige Fähigkeit
Geschicklichkeit
Arbeitsbedingungen
Belastung
Vorwiegend nicht muskelmäßige Fähigkeit
Verantwortung
geistige Belastung
Vorwiegend muskelmäßige Fähigkeit
Umgebungseinflüsse
muskelmäßige Belastung
Beispiel von Anforderungen, die an einen Arbeitsplatz gestellt werden
Umgebungseinflüsse
4.
Personalplanung und der Mitarbeiterbedarf
Stellenbeschreibungen haben ein sehr unterschiedliches Aussehen. Die in Abb. 22 dargestellte Arbeitsplatzbeschreibung ist nur verbaler Natur. Meist stehen hierfür Formulare zur Verfügung. Sie enthalten neben der Stellenbezeichnung eine Kurzbeschreibung des Aufgabengebietes (Ziel der Stelle), die Stellenbezeichnung des direkten Vorgesetzten, die Anzahl der direkt unterstellten Mitarbeiter, Stellenvertretungen, besondere Vollmachten und eine Beschreibung der Tätigkeiten, die der Stelleninhaber selbstständig durchführt. Arbeitsanforderungen lassen sich aus Stellenbeschreibungen und Anforderungskatalogen zusammenstellen. Neben den schon in Abb. 23 ausgewiesenen Anforderungsmerkmalen werden oft extra allgemeine Anforderungen (Geschlecht, Alter), Arbeitsverhalten (Konzentration, Problembewusstsein, Verhandlungsgeschick z.B.), Sozialverhalten (Anpassungsvermögen, Hilfsbereitschaft, Kommunikationsbereitschaft u.a.) und Führungsqualifikationen (Delegation, Informationsbereitschaft, Motivationsfähigkeit u.v.m.) genannt. Bei der Einrichtung neuer Stellen müssen die Aufgaben dieser Stellen bekannt sein, damit die Anforderungsmerkmale festgelegt werden können. Für die operative Planung werden Bedarfsmeldungen der Abteilungen bzw. der Hauptbereiche aufgestellt. Sie sind zunächst quantitativ orientiert, jedoch enthalten sie auch Hinweise auf die notwendigen Eigenschaften und Fähigkeiten, die mit der Besetzung verbunden sind.
369 Qualitätsanforderungen, die an das Verhalten der Mitarbeiter gestellt werden, sind besonders wichtig. Dabei wird die „fachliche Kompetenz" als selbstverständlich vorausgesetzt. Was der Kunde in steigendem Maße erwartet, sind Freundlichkeit, Höflichkeit, Verständnis für seine individuelle Situation verbunden mit der Fähigkeit, zuzuhören und auf Kundenwünsche einzugehen. Mitarbeiterverhalten als Qualitätsmerkmal Erwartet wird, dass der Mitarbeiter für den Kunden „da ist", Zeit für ihn hat, sich während des Kundenkontaktes ausschließlich ihm widmet, dass sein „Geschäft" nicht gestört wird, zum Beispiel durch Kollegenfragen, Telefongespräche oder andere Kunden, die „nur schnell etwas erledigen wollen". Dass auch das äußere Erscheinungsbild des Mitarbeiters zu den Qualitätsanforderungen zählt, es auf die Art und Weise der Gesprächsführung ankommt – Kunden wollen weder „kurz" noch „von oben herab" abgefertigt, sondern „bedient" werden – sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
Abb. 24:
Zur Qualität der Mitarbeiter in Ausstellungs- und Verkaufsräumen der DMW AG Quelle: Gablers Magazin
Aufgabe 15. a)
b) Der qualitative Personalbedarf ist weit schwerer zu planen als der quantitative. Welche Gründe lassen sich hierfür anführen? c)
Zusammenfassung Die Personalbedarfsplanung wird sowohl quantitativ als auch qualitativ vorgenommen. Je größer der Planungszeitraum ist, desto schwieriger wird sie. Erst eine exakte Aufgabenanalyse einer Stelle lässt die an sie gestellten Anforderungen ermitteln. Anforderungsmerkmale und Eignung müssen bei Besetzung einer Stelle aufeinander abgestimmt werden.
Besorgen Sie sich von Ihrer Unternehmung eine Arbeitsplatzbeschreibung, und vergleichen Sie diese mit der Abb. 22. Welche Unterschiede stellen Sie fest?
Bei der DMW AG wird die Kundenorientierung groß geschrieben. Besonders die Mitarbeiter in den Ausstellungs- und Verkaufsräumen sind entsprechend geschult. Welche Gründe sprechen hierfür? Können Sie sich vorstellen, dass ein ähnliches Denken und Verhalten von den in der Produktion Beschäftigten erwartet wird? Wenn ja, warum ist es so? Erläutern Sie auch, wenn Sie zu einem anderen Ergebnis gekommen sind!
370
4.3
Personalwesen
Personalplanung und Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat
Die Probleme der Personalplanung, insbesondere die des zukünftigen Personalbedarfs, hat der Gesetzgeber für so wesentlich erachtet, dass er im Betriebsverfassungsgesetz dazu entsprechende Vorschriften erlassen hat. So ist der Betriebsrat von der Personalplanung zu unterrichten, und er hat die Leitung hierbei zu beachten (siehe Abb. 25). Die Unterrichtung hat anhand von Unterlagen zu erfolgen; dem Betriebsrat sind also z.B. Stellenpläne, Pläne über die Aus- und Weiterbildung auszuhändigen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, mit dem Betriebsrat über Art und Umfang der sich aus der Personalplanung ergebenden Maßnahmen und über die Vermeidung von Härten für die Arbeitnehmer zu beraten. Die letzte Entscheidung über die zu treffenden Maßnahmen liegt beim Arbeitgeber. So weit im Betrieb noch keine Personalplanung vorhanden ist, kann der Betriebsrat dem Arbeitgeber Vorschläge für ihre Einführung und Durchführung machen; er kann sie jedoch nicht erzwingen.
§ 92 BetrVG – Personalplanung (1) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Personalplanung, insbesondere über den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf sowie über die sich daraus ergebenden personellen Maßnahmen und Maßnahmen der Berufsbildung, anhand von Unterlagen rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. (2) Der Betriebsrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für die Einführung einer Personalplanung und ihre Durchführung machen.
Abb. 25:
Auszug aus dem Betriebsverfassungsgesetz
Die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit (vergl. Abb. 8, S. 378) zeigt Wirkung: Immer mehr Bürger erkennen die Notwendigkeit durchgreifender Reformen. Bei einer Befragung „Wozu ich selbst bereit bin, meinen Job zu sichern“ antworteten: entsprechend Auftragslage deutlich weniger bzw. mehr zu arbeiten 72 %, Mehrarbeit ohne Lohnausgleich akzeptieren 70 %, auf Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und Schichtzulagen verzichten 58 %, Lohnkürzungen in Kauf nehmen 53 %.
Abb. 26:
Womit Unternehmen planen/rechnen können Quelle: Impulse 10/2003
5. Die Möglichkeiten der Personalbeschaffung Die Aufgabe der Personalbeschaffung ist es, das im Rahmen der Personalbedarfsplanung ermittelte erforderliche Personal in quantitativer und qualitativer Hinsicht rechtzeitig zur Verfügung zu stellen. Grundsätzlich kann eine neu geschaffene oder vakante Stelle über •
den Innenmarkt, d.h. durch bereits im Unternehmen tätige Mitarbeiter, oder
•
den Außenmarkt, d.h. durch die Anwerbung neuer Mitarbeiter von außen,
besetzt werden.
Beispiel: Personalbeschaffung bei der DMW AG Die DMW AG hat dem Sporty eine Schwester geschenkt und ihr den Namen "Joy" gegeben. Sie ist ein stattliches kleines Cabriolet -ein Sportflitzer wie ihr Bruder. Dieser hat ein mehrlagiges Kunststoffdach, das sich mit wenigen Handgriffen öffnen und nahezu vollständig hinter den Rücksitzen verstauen lässt. Schon jetzt erfüllt der offene Wagen die CrashNormen für Front- und Seitenaufprall. Zur Herstellung ist ein Werk nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen gebaut worden, das dem der Opelwerke in Eisenach gleichkommt.
370
4.3
Personalwesen
Personalplanung und Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat
Die Probleme der Personalplanung, insbesondere die des zukünftigen Personalbedarfs, hat der Gesetzgeber für so wesentlich erachtet, dass er im Betriebsverfassungsgesetz dazu entsprechende Vorschriften erlassen hat. So ist der Betriebsrat von der Personalplanung zu unterrichten, und er hat die Leitung hierbei zu beachten (siehe Abb. 25). Die Unterrichtung hat anhand von Unterlagen zu erfolgen; dem Betriebsrat sind also z.B. Stellenpläne, Pläne über die Aus- und Weiterbildung auszuhändigen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, mit dem Betriebsrat über Art und Umfang der sich aus der Personalplanung ergebenden Maßnahmen und über die Vermeidung von Härten für die Arbeitnehmer zu beraten. Die letzte Entscheidung über die zu treffenden Maßnahmen liegt beim Arbeitgeber. So weit im Betrieb noch keine Personalplanung vorhanden ist, kann der Betriebsrat dem Arbeitgeber Vorschläge für ihre Einführung und Durchführung machen; er kann sie jedoch nicht erzwingen.
§ 92 BetrVG – Personalplanung (1) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Personalplanung, insbesondere über den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf sowie über die sich daraus ergebenden personellen Maßnahmen und Maßnahmen der Berufsbildung, anhand von Unterlagen rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. (2) Der Betriebsrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für die Einführung einer Personalplanung und ihre Durchführung machen.
Abb. 25:
Auszug aus dem Betriebsverfassungsgesetz
Die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit (vergl. Abb. 8, S. 378) zeigt Wirkung: Immer mehr Bürger erkennen die Notwendigkeit durchgreifender Reformen. Bei einer Befragung „Wozu ich selbst bereit bin, meinen Job zu sichern“ antworteten: entsprechend Auftragslage deutlich weniger bzw. mehr zu arbeiten 72 %, Mehrarbeit ohne Lohnausgleich akzeptieren 70 %, auf Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und Schichtzulagen verzichten 58 %, Lohnkürzungen in Kauf nehmen 53 %.
Abb. 26:
Womit Unternehmen planen/rechnen können Quelle: Impulse 10/2003
5. Die Möglichkeiten der Personalbeschaffung Die Aufgabe der Personalbeschaffung ist es, das im Rahmen der Personalbedarfsplanung ermittelte erforderliche Personal in quantitativer und qualitativer Hinsicht rechtzeitig zur Verfügung zu stellen. Grundsätzlich kann eine neu geschaffene oder vakante Stelle über •
den Innenmarkt, d.h. durch bereits im Unternehmen tätige Mitarbeiter, oder
•
den Außenmarkt, d.h. durch die Anwerbung neuer Mitarbeiter von außen,
besetzt werden.
Beispiel: Personalbeschaffung bei der DMW AG Die DMW AG hat dem Sporty eine Schwester geschenkt und ihr den Namen "Joy" gegeben. Sie ist ein stattliches kleines Cabriolet -ein Sportflitzer wie ihr Bruder. Dieser hat ein mehrlagiges Kunststoffdach, das sich mit wenigen Handgriffen öffnen und nahezu vollständig hinter den Rücksitzen verstauen lässt. Schon jetzt erfüllt der offene Wagen die CrashNormen für Front- und Seitenaufprall. Zur Herstellung ist ein Werk nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen gebaut worden, das dem der Opelwerke in Eisenach gleichkommt.
5.
5.1
Die Möglichkeiten der Personalbeschaffung
Die innerbetrieblichen Möglichkeiten der Personalbeschaffung
Bevor zumeist aufwändige und teuere Anwerbungen neuer Mitarbeiter von außerhalb des Unternehmens erfolgen, sollten zunächst die innerbetrieblichen Möglichkeiten der Personalbeschaffung genutzt werden.
5.1.1 Übernahme aus dem Ausbildungsverhältnis Falls der Betrieb eine entsprechende qualifizierte Ausbildung von Nachwuchskräften betreibt, ist bereits sehr früh bekannt, welche Auszubildenden wann eine Übernahme in das unbefristete Arbeitsverhältnis anstreben.
5.1.2 Versetzungen Bei frei werdenden Stellen sind zuerst die Mitarbeiter zu berücksichtigen, die noch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis haben, deren Arbeitsaufgaben jedoch zukünftig wegfallen werden oder die von der Bundeswehr, vom Zivildienst, vom Erziehungsurlaub zurückkommen (siehe § 95,3 BetrVG).
371
Die Herstellungsmenge wird anfänglich noch gering sein. Die Konkurrenz geht von 100 Wagen pro Woche aus. Sowohl für die Verwaltung als auch für die Technik werden qualifizierte Mitarbeiter gesucht, um dem Anspruch nach Vollendung in dieser Klasse gerecht zu werden. Die operative Bedarfsplanung geht von einer Belegschaft von 500 aus, die taktische von 800 in zwei Jahren.
Aufgabe 16. a)
Wieso geht die operative Planung von 500, die taktische von 800 Arbeitskräften aus?
b) Warum könnten die hohe Qualität, die relativ günstigen Preise und die erreichten Crash-Normen den Wagen zu einem Renner machen? c)
Die DMW AG hat sich im Laufe der letzten Jahre um die Ausbildung verdient gemacht. Begründen Sie, warum die Übernahme von eigenen ausgebildeten Jugendlichen sehr zu befürworten ist!
Beispiel Arbeitsvermittlung
5.1.3 Interne Stellenausschreibung
Eine Boombranche ist die Zeitarbeit nicht. Das Hartz-Konzept – Personalserviceagenturen – hat nicht überzeugend gegriffen. Der Anteil aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten verharrte 2005 bei circa l %.
Nach § 93 Betriebsverfassungsgesetz kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber verlangen, dass offene Arbeitsplätze allgemein oder für bestimmte Arten von Tätigkeiten vor ihrer Besetzung innerhalb des Betriebes ausgeschrieben werden. Damit sollen die Mitarbeiter die Möglichkeit erhalten, intern aufzusteigen oder interessantere Aufgaben zu erhalten bzw. auch den Vorgesetzten zu wechseln.
Und doch gibt es Unternehmen, die Zeitarbeitsanbieter gern in Kauf nehmen, um kurzfristig Arbeitskräfte anzuheuern. Zeitarbeitsfirmen, die eine konsequente Qualitätsgarantie verfolgen, in dem sie qualifizierte Fach- und Führungskräfte, anheuern, haben gut zu tun. Die DMW bedienen sich eines solchen Instituts, weil es gleichzeitig on-siteservice anbietet.
372
Personalwesen
Die Ausschreibung erfolgt durch entsprechenden Aushang am schwarzen Brett, meist in gegliederter Form, unter Angabe der gewünschten Qualifikation und der Entgeltgruppe.
5.2
Externe Personalwerbung
Bei der externen Personalbeschaffung ergeben sich verschiedene Möglichkeiten.
5.2.1 Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit Auf Grund des Arbeitsförderungsgesetzes besitzt die Bundesagentur für Arbeit Nürnberg mit den nachgeordneten Arbeitsagenturen das Recht der Arbeitsvermittlung (bei Bedarf unter „Bundesagentur für Arbeit“ im Internet rechechieren.
5.2.2 Inserate in den Tageszeitungen oder Fachzeitschriften Mitarbeiter mit Spezialkenntnissen, die nicht verfügbar sind und nicht ohne weiteres über die Agentur für Arbeit vermittelt werden, oder besonders qualifizierte Fachkräfte werden meist über Stellenanzeigen in regionalen oder überregionalen Tageszeitungen, in sehr speziellen Fällen auch über Fachzeitschriften gesucht. Dadurch werden nicht nur Arbeitslose angesprochen, sondern auch Fachkräfte in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, die sich durch einen Wechsel besondere Vorteile, wie einen günstigeren Arbeitsplatz-Standort, ein besseres Einkommen oder verstärkte Weiterbildungsmöglichkeiten, versprechen.
Betriebsvereinbarung über innerbetriebliche Stellenausschreibung PRÄAMBEL Firmenleitung und Betriebsrat haben im Interesse der Firma und der Belegschaft die folgende Betriebsvereinbarung abgeschlossen und bekundet, alle Entscheidungen über die Besetzung von Stellen zum Wohle des Unternehmens abgewogen und kompromissbereit zu treffen. Beide geben der innerbetrieblichen Stellenausschreibung Vorrang vor einer öffentlichen Stellenausschreibung und werden sich auch bei Meinungsverschiedenheiten um eine einvernehmliche Klärung bemühen. 1. Grundsätzliches Die Firma wird vor der Besetzung von freien Stellen, mit Ausnahme der Stellen leitender Angestellter, mit dem Betriebsrat vereinbaren, ob und wie diese Stellen innerbetrieblich ausgeschrieben werden sollen. Das gilt für eine Wiederbesetzung von Stellen ebenso wie für eine Besetzung neu geschaffener Positionen. 2. Ziel Die innerbetriebliche Ausschreibung dient dem Zweck, jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter ihren und seinen Fähigkeiten und Neigungen entsprechend einzusetzen und ihr und ihm bei der Vergabe der Stellen Aufstiegsmöglichkeiten zu bieten. 4. Inhalt der Stellenausschreibung Die Ausschreibung muss insbesondere die Stellenbeschreibung und die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen, vor allem die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten enthalten. 5. Auswahl Die Auswahl des Bewerbers richtet sich nach seinem fachlichen Können und seiner persönlichen Eignung. Jedem abgelehnten Bewerber sind die Gründe mitzuteilen, die zur Ablehnung geführt haben.
Abb. 27:
Auszug aus einer Betriebsvereinbarung über innerbetriebliche Stellenausschreibung
5.
Die Möglichkeiten der Personalbeschaffung
373
5.2.3 Zeitarbeitsunternehmen In bestimmten Fällen ist die Zusammenarbeit mit Zeitarbeitsunternehmen, die Arbeitskräfte meist für einen bestimmten Zeitraum verleihen, sehr sinnvoll. So können Zeitarbeitskräfte für Arbeitsspitzen oder bei besonderen Anlässen eingesetzt werden, ohne ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu begründen. Der Vorteil liegt in der schnellen Verfügbarkeit, aber auch in der klaren Beendigung des zeitlich befristeten Vertrages.
5.2.4 Personalberatungsunternehmen Personalberatungsunternehmen übernehmen den Auftrag, geeignete Bewerber – meist für die Führungsebene – zu suchen. Sie schreiben – vielfach ohne Nennung des Auftraggebers – die Stelle aus, führen die ersten Kontaktgespräche, treffen eine Vorauswahl und präsentieren dann dem Kunden die nach ihrer Meinung geeigneten Bewerber. Personalberatungsunternehmen verfügen über Fachkräfte, z.B. Psychologen, Arbeitswissenschaftler, Betriebswirte, Volkswirte u.a. und schätzen, je nach Bedarf, Qualifikation und Charaktermerkmale eines Stellungssuchenden ein, bewerten diese, vergleichen sie mit anderen Bewerbern und präsentieren die Ausgewählten ihrem Auftraggeber. Die Entscheidung, wen man einstellt, trifft die Leitung des Stellenanbieters. Natürlich geht es hierbei nur um hochdotierte Posten, denn für die Allgemeinheit sind solche Auswahlverfahren meist überflüssig, da deren Fähigkeiten und Fertigkeiten im Normalbereich liegen, viel zu kostspielig. Der Vorteil solcher externen Beratungsunternehmen ist zweifellos deren Know How, und ihre Objektivität, die sie dem Bewerber gegenüber haben.
Abb. 28:
Gesucht wird ... Originalanzeige einer Reparaturwerkstätte für Automobile der DMW und VW AG
Aufgabe 17. In vielen Fällen ist eine außerbetriebliche Personalwerbung unumgänglich. Das neue Werk der DMW in Niedersachsen zur Produktion des offenen Joy wird wohl von einer solchen Maßnahme ausgehen. a)
Warum wird das so sein? Begründen Sie Ihre Überlegungen!
b) Welche Medien stehen für eine Personalwerbung zur Verfügung, und welcher Medien würden Sie sich bedienen? c)
Wann werden Unternehmen sonst grundsätzlich auf den Arbeitsmarkt gehen, um neue Kräfte anzuwerben?
d) Es gibt viele Personalberatungsunternehmen, die eine Anwerbung von Arbeitskräften für eine suchende Firma übernehmen. Warum werden diese oft und gern eingeschaltet?
374
5.3
Personalwesen
Die Eignungsanalyse
Nur wenn es gelingt, die frei werdenden Positionen mit einem geeigneten Bewerber oder einer geeigneten Bewerberin zu besetzen, können die dort zu erledigenden Aufgaben auch optimal ohne größere Reibungsverluste erledigt werden. Wenn hier gravierende Fehler passieren, ist niemandem geholfen. Daher ist eine Personalauslese darauf auszurichten, mit Hilfe von Auswahlverfahren die Anlagen, Fertigkeiten und Kenntnisse, aber auch Fach-, Sozial- und Methodenkompetenz eines Bewerbers für eine vakante Position festzustellen. Es gilt dabei, nicht den relativ besten, sondern den am geeignetsten erscheinenden Bewerber auszuwählen. Dabei muss nach •
Methoden der Auslese für betriebsinterne Bewerber bzw.
•
Methoden der Auslese für betriebsexterne Bewerber unterschieden werden.
Bei betriebsinternen Bewerbern liegen bereits regelmäßige Personalbeurteilungen vor, und es ist auch meist bekannt, auf welchen Positionen sich der Mitarbeiter in welcher Form bewährt hat. Stärken und Schwächen sind gut einschätzbar. Sein Persönlichkeitsprofil und sein Leistungspotenzial lassen sich schnell mit den Stellenanforderungen vergleichen. Voraussetzung hierfür ist allerdings auch, dass das Unternehmen bereits über Personalakten verfügt und dass regelmäßig Eintragungen und Ergänzungen gemacht worden sind. Da das sehr aufwendig ist – müssen doch die Sachbearbeiter die Vorgesetzten daran erinnern, dass ein Bericht über den Mitarbeiter fällig ist – verzichten Klein- und Mittelbetriebe oft auf solche Akteneintragungen.
Abb. 29:
Originalanzeige der DMW AG
Aufgabe 18. Vergleichen Sie bitte beide Stellenanzeigen (Abb. 28 und 29)! a)
Welche Unterschiede stellen Sie fest?
b) Bitte blättern Sie die Wochenendpresse durch und suchen Sie nach Anzeigen von Personalberatungsfirmen. Welche Namen fallen Ihnen auf? Vergleichen Sie auch die Stellen, die ausgeschrieben werden.
5.
Die Möglichkeiten der Personalbeschaffung
375
Anders sieht es bei der Einstellung von externen Bewerbern aus. Hier müssen die Bewerbungsunterlagen, die Vorstellungsgespräche, Einstellungstests bzw. Ergebnisse aus Assessment Centern sorgfältig ausgewertet, gewichtet und mit dem Anforderungsprofil abgeglichen werden. Es ist ungleich schwieriger, ein klares Bild über den Bewerber und seine Eignung zu erhalten und die Fach-, Sozial- und Methodenkompetenz eindeutig zu bestimmen. Bei der Auswahl sind jedoch zwei grundsätzliche Aussagen wichtig: •
Der Auswählende muss die Anforderungen des zu besetzenden Arbeitsplatzes gut kennen und auch die zukünftigen Entwicklungen einschätzen können. Er muss daraus die fachlichen und persönlichen Anforderungen an den neuen Stelleninhaber ableiten.
Abb. 31:
Abb. 30:
Auseinanderklaffen von Profilen
Zur Personalauswahl (U. Stopp, Betriebliche Personalwirtschaft, expert Verlag, S. 60, Taylorix Fachverlag)
376
Personalwesen
Er muss aber auch die Erwartungen der Arbeitsgruppe an den neuen Mitarbeiter oder die neue Mitarbeiterin kritisch aufnehmen und berücksichtigen, um nicht von vornherein eine Konfliktsituation aufzubauen, weil die Menschen, die eng zusammenarbeiten sollen, sich bereits beim Start der gemeinsamen Arbeit innerlich ablehnen. •
Die Bewerberauslese sollte auch unter dem Gesichtspunkt des Verhältnisses zu den Anforderungen, die die Position stellt, erfolgen. Nicht immer ist der beste Bewerber der geeignetste. Durchschnittliche Anforderungen benötigen auch nur durchschnittlich befähigte Mitarbeiter, die aber mit Engagement und Motivation, mit Geduld und Ausdauer die Aufgaben erledigen (vgl. auch Abb. 30).
Qualifikationen des Bewerbers, die deutlich über den Anforderungen liegen, ziehen Unzufriedenheit und Frust nach sich. In solchen Fällen kündigen die gerade eingestellten Mitarbeiter entweder innerlich oder äußerlich. In beiden Fällen zahlt das Unternehmen die Zeche, denn im zweiten Fall muss die Stelle neu ausgeschrieben werden, im ersten Fall werden Frust und Unzufriedenheit die Arbeitsleistung beeinträchtigen.
Zusammenfassung Die Personalbeschaffung stützt sich auf zwei Säulen: •
Sie kann innerbetrieblich erfolgen oder/ und
•
außerbetrieblich in Gang gesetzt werden.
Die innerbetriebliche Suche nach geeigneten Kräften wird durch das Betriebsverfassungsgesetz untermauert. Oft gibt es hierüber Betriebsvereinbarungen. Die Auswahl eines Bewerbers hängt von vielen Einzelfaktoren ab. Anforderungen und Eignungen müssen weit gehend übereinstimmen.
Aufgaben 19. Welche der folgenden Anforderungen würden Sie an Ihren Chef stellen? Nennen Sie die nach Ihrer Meinung fünf wichtigsten Merkmale! - Kostenbewusstsein - Machtbewusstsein - Durchsetzungskraft - Fachkönnen - Sachkompetenz - Freundlichkeit - Pünktlichkeit - Ehrlichkeit - Flexibilität
- Kreativität - Koordinationsfähigkeit - Sensibilität - Auftreten - Selbstbewusstsein - Äußerliche Erscheinung - Hilfsbereitschaft
20. Sehen Sie sich bitte im ersten Kapitel unter dem Abschnitt 4.5 die Anforderungen an, die an Führungskräfte gestellt werden! Prüfen Sie, ob sie mit Ihren Ergebnissen (Aufgabe 19) übereinstimmen. Beispiel: Anforderungen an Mitarbeiter der DMW AG - Pressenotiz Zu der DMW AG gehören Unternehmen der Zuliefererindustrie. Dazu zählt auch ein Textilhersteller für die Autositze. Etwa ein Drittel der Beschäftigten arbeitet in flexibler Teilzeit mit unterschiedlichen Zeitkontingenten. Lage und Verteilung der Arbeitszeit werden den individuellen Bedürfnissen angepasst. Anlass für die Schaffung von Teilzeitarbeitsplätzen war die notwendige Ausdehnung der Betriebs- und Maschinenzeiten, um eine bessere Auslassung der betrieblichen Kapazitäten zu erzielen und damit wettbewerbsfähiger gegenüber internationalen Konkurrenten zu werden. Die Lösung wurde erleichtert, weil – bei einem hohen Anteil von Mitarbeiterinnen – verstärkt Teilzeit nachgefragt wird, damit Beruf und Familie besser vereinbart werden können. Erfahrungen und „Know-how“ bleiben so dem Betrieb erhalten. Es gibt nun weniger Fehlzeiten, und – nicht zuletzt – die Produktivität ist gestiegen.
Aufgabe 21. a)
Was versteht man unter flexibler Teilzeitarbeit im Gegensatz zur starren Teilzeitarbeit?
b) Welche Anforderungen werden an Mitarbeiter gestellt, die das Angebot des Unternehmens annehmen, flexibel Teilzeit zu arbeiten?
6.
Die Einstellung von Mitarbeitern
377
6. Die Einstellung von Mitarbeitern Die nachfolgenden Abschnitte und ihre Ergänzungen befassen sich mit der Bewerbung, der Vorauswahl, dem Vorstellungsgespräch, dem Assessment Center, dem Einstellungsgespräch, der Mitwirkung des Betriebsrates bei Einstellungen und dem Arbeitsvertrag.
Aufgabe 22. Bei der DMW AG führte eine externe Stellenausschreibung zu 12 Bewerbern und zu 2 Bewerberinnen. Bei den beiden Bewerberinnen war jeweils das Foto nicht beigefügt. Würden Sie diese Bewerbungen unberücksichtigt lassen?
Sachbearbeiter/in im Einkauf, Betreuung des Achseneinkaufs und der Bremssysteme Stellennummer E 88 A Abteilung Beschaffung Abitur, abgeschlossene Ausbildung als Industriekaufmann/-frau, gleichwertige QualiSchul-/ fikation Berufsbildung Industriefachwirt/in, Seminare über Einkauf und Organisation Weiterbildung Methoden des Einkaufs, Grundzüge des Vertragsrechts, Marktkenntnisse und KenntFachwissen nisse aus der Marktforschung, Materialkenntnisse nach der Ausbildung zum/zur Industriekaufmann/-frau und Industriefachwirt/in minBerufserfahrung destens zwei Jahre praktische Berufserfahrung im Einkauf geistige Anforde- analytisches und vernetztes Denken, Koordinationsfähigkeit, Kreativität, Ausdrucksweise, technische Begabung rungen Selbständigkeit, Problembewusstsein, Durchsetzungsvermögen, EntscheidungsverVerhalten mögen, Verhandlungsgeschick, Freundlichkeit Stelle
Abb. 32:
6.1
Das Anforderungsprofil eines Einkäufers bei der DMW AG
Die Bewerbung
Qualität der Anforderungen analytisches Denken
Der zuständige Personalreferent bzw. die Personalreferentin erhält von der Fachabteilung die entsprechende ausführliche Stellenbeschreibung und das Anforderungsprofil (Abb. 32 und 33) für die neue Stelleninhaberin bzw. den neuen Stelleninhaber. Daneben werden die Vergütung, das Einstellungsdatum und spezielle Wünsche des Vorgesetzten aufgelistet. Weiterhin liegen die veröffentlichten Stellenanzeigen vor. Anhand dieser Unterlagen ist ein „Bild“ des idealen Bewerbers möglich, nach dem die Bewerbungsunterlagen ausgewertet werden.
+++ ++
Kreativität
Ausdruck
+++
techn. Begabung
+++
Selbstständigkeit
++
Verhandlungsgeschick
+++ ++
Entscheidungsvermögen Durchsetzungsvermögen
+++
Freundlichkeit
+
Problembewusstsein
+
Abb. 33:
Qualität der geistigen Anforderungen und des Verhaltens
378
Personalwesen
Der Arbeitgeber gibt in der Zeitungsanzeige meist den Umfang der Bewerbungsunterlagen vor (Kurzbewerbung, vollständige Unterlagen, mit oder ohne Handschriftenprobe etc.).
6.1.1 Der Lebenslauf Der Lebenslauf soll dem Leser die Entwicklung des Bewerbers vollständig und gleichzeitig informativ stichwortartig vor Augen führen. Die tabellarische Form hat sich als sehr zweckmäßig erwiesen. Wenn er nicht ausdrücklich handschriftlich verlangt wird, kann er auch per PC erstellt werden. Er sollte allerdings lückenlos sein. Die Daten müssen mit den beigefügten Kopien der Zeugnisse, Urkunden etc. übereinstimmen und sollten auch in der zeitlichen Abfolge des Lebenslaufes sortiert sein. Folgende Gliederungspunkte bieten sich an: • • • • • • • • • • • • • •
Name Adresse/Telefon Geburtstag Geburtsort Familienstand Namen und Alter der Kinder Eltern (nur bei Jugendlichen) Schulausbildung Wehr- und Zivildienst Studium Berufsausbildung Berufstätigkeit (Zeiten, Arbeitgeber, Aufgaben) Fremdsprachen Hobbys
Ergänzung zur Einstellung Zum Umfang der Bewerbungsunterlagen gehören •
Anschreiben in Briefform
•
Foto in Passbildformat (Rückseite mit Name u. Anschrift)
•
Lebenslauf, tabellarische Form, mit Unterschrift
•
Zeugnisse in fotokopierter Form (beglaubigte Form nur auf besonderen Wunsch)
•
Handschriftprobe (nur auf besonderen Wunsch)
Das Anschreiben Das Anschreiben ist in Briefform zu gestalten. Es soll dazu dienen, in komprimierter Form darzustellen, warum ein Arbeitsplatzwechsel notwendig (z. B. Ausbildungsabschluss), wieso eine Weiterbeschäftigung nicht möglich oder nicht gewollt ist, welche beruflichen Zielvorstellungen mit dieser Bewerbung verbunden sind und warum gerade das ausgeschriebene Unternehmen diese erfüllen könnte. Das Foto Neben dem Passbildformat sollte das Foto auch eine akzeptable Qualität aufweisen und nicht aus einem Automaten stammen. Auf der Rückseite sind der Name und die Anschrift zu verzeichnen.
Aufgabe 23. Im Vorstellungsgespräch achten Personalreferenten ganz besonders auf Sprache, Mimik und Gestik.
6.1.2 Zeugnisse und Urkunden
a)
Die Bewerbung sollte saubere Kopien von Zeugnissen, Bescheinigungen von Fortbildungsmaßnahmen oder Urkunden enthalten. Keineswegs jedoch Originale. Nur auf ausdrücklichen Wunsch des Arbeitgebers sind beglaubigte Kopien einzureichen.
b) Überlegen Sie, warum Erscheinungsbild und Verhalten eines Bewerbers oder einer Bewerberin dazu beitragen, ein besseres Bild über deren Persönlichkeit zu bekommen!
Klären Sie die Begriffe Mimik und Gestik!
6.
Die Einstellung von Mitarbeitern
379
PETER FREYMANN Bergstraße 27 60314 Frankfurt/M Deutsche Motoren Werke AG z.Hd. von Herrn Dr. Franz Oster Personalleitung Lister Damm 58-67 30163 Hannover
Bewerbung als Einkäufer Sehr geehrter Herr Dr. Oster, an der in der Frankfurter Rundschau vom 26. April dieses Jahres ausgeschriebenen Tätigkeit als Sachbearbeiter im Einkauf bin ich sehr interessiert. Bitte gestatten Sie mir, mich kurz vorzustellen: Ich bin 32 Jahre alt und verheiratet. Nach der Berufsausbildung zum Industriekaufmann (Vidal – Hamburg) und zum Betriebswirt W AH (Wirtschaftsakademie in Hamburg) war ich bis 2003 in meiner Ausbildungsfirma und danach vier Jahre bis zum Konkurs meines letzten Arbeitgebers, der Baumbach Fahrzeugbau GmbH, in Hannover tätig. Während dieser Zeit absolvierte ich die zusätzliche Ausbildung zum Industrie-Fachwirt mit den Schwerpunkten „Einkauf" und „Organisation" an der Handelskammer Hannover und schloss diesen Bildungsgang 1995 erfolgreich ab. Bei meinem früheren Arbeitgeber war ich in den letzten beiden Jahren Gruppenleiter des Einkaufs und für den Einkauf von Brems- und Elektrosystemen zuständig. In diese Zeit fiel auch die Umstellung unserer Beschaffungsorganisation auf Datenfernübertragung DFÜ und auf JIT-Anlieferung mit unserem Lieferanten. Ich war Vorgesetzter von vier Vollzeitarbeitskräften. Da ich die Ausbildereignungsprüfung gemacht habe, wurden uns regelmäßig Auszubildende zugewiesen. Mein erworbenes Wissen und die gewonnenen Erfahrungen möchte ich jetzt in eine neue Aufgabe einbringen. Über ein persönliches Gespräch würde ich mich sehr freuen. Mit freundlichem Gruß
Abb. 34:
Beispiel einer Bewerbung Arbeitsbescheinigung
Herr Peter Freymann, geb. am 2. Mai 1965 in Frankfurt am Main, war in der Zeit vom 2. Mai 1983 bis zum 31. Juli 1983 als Aushilfskraft in der Ablage beschäftigt. Frankfurt, den 31. Juli 1983 Geschäftsführer Rainer Schmölland GmbH & Co. KG Hafenstraße 59 60327 Frankfurt Abb. 35:
Beispiel einer Arbeitsbescheinigung
Zum Vorstellungsgespräch Im Vorstellungsgespräch möchte man sich einen persönlichen Eindruck über den Bewerber verschaffen. Das Auftreten, das Erscheinungsbild, Sprache, Gestik und Mimik geben wichtige, indirekte Auskünfte über die Persönlichkeit. Die Bedeutung der Sozialkompetenz nimmt in vielen Berufen ständig an Bedeutung zu, sodass ein fundierter Eindruck sehr wichtig ist. Gleichzeitig ist es möglich, Fragen, die sich aus der schriftlichen Bewerbung ergeben, abschließend zu klären. Der Bewerber kann weitere Einzelheiten zur Aufgabe, zu den Anforderungen, zu den Mitarbeitern und zum Vorgesetzten erfahren und auch Antworten auf seine Fragen erhalten.
380
Personalwesen
6.1.3 Das Einstellungsgespräch
Beispiel:
Das Einstellungsgespräch steht am Ende der Bewerberauswahl, vertieft den persönlichen Eindruck des für die Einstellung vorgesehenen Kandidaten oder der Kandidatin, gibt aber auch die Möglichkeit, wichtige vertragliche Fragen zu besprechen. So sind eindeutige Aussagen der Personalreferenten zu allen Fragen notwendig, die den Lohn bzw. das Gehalt betreffen. Wichtige Sonderzahlungen, z.B. Umzugskosten, Übernahme von Verbindlichkeiten an den alten Arbeitgeber, sind klar abzustimmen, genauso wie der Arbeitsbeginn (Tag/Uhrzeit) und die Dauer der Probezeit. Der Vorgesetzte dagegen ist gut beraten, wenn er mit dem oder der „Neuen“ auch über mittelfristige berufliche Ziele und über Erwartungen im Rahmen der Personalentwicklung und Fortbildung bzw. Förderung spricht, um zu sehen, ob hier eine realistische, gemeinsame Basis gefunden werden kann.
Einstellungsschreiben der DMW AG Sehr geehrter Herr Freymann, wir freuen uns über Ihre Zusage zu unserem mündlich erläuterten Arbeitsvertrag und bestätigen Ihre Einstellung als Sachbearbeiter im Einkauf zum 1. Juli des Jahres unter folgenden Bedingungen: Sie verpflichten sich, •
nach besten Kräften die Ihnen übertragenen Aufgaben selbstständig und nach Weisungen Ihrer Vorgesetzten auszuführen
•
auf Wunsch des Unternehmens auch andere Ihrer Vorbildung entsprechende Tätigkeiten zu übernehmen
•
alle Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse geheim zu halten. Diese Verpflichtung bleibt auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Kraft, so weit es sich um besonders schutzwürdige Angelegenheiten handelt
Zeugnis Herr Peter Freymann, geboren am 2. Mai 1965 in Frankfurt am Main, war in unserem Haus seit 2. Mai 1993 tätig. Zunächst bekleidete er die Stelle als Einkäufer für Bremssysteme, übernahm nach Einarbeitung auch den Einkauf der gesamten Autoelektrik und wurde am 1. April 2004 von uns zum Gruppenleiter befördert. Zu seinen Aufgabengebieten gehörten im Einzelnen •
die Marktforschung und -analyse für „seine Erzeugnisse“
•
die Lieferantenauswahl
•
die Einkaufsabwicklung
•
die Reklamation sowie
•
die selbstständige Bedarfsplanung zusammen mit der Fertigung.
Als Gruppenleiter war er Vorgesetzter von vier Sachbearbeitern. Herr Freymann zeichnete sich durch ein hohes Maß an Selbstständigkeit aus. Er verstand es, seine Mitarbeiter zu motivieren und den Abteilungssektor zu höchster Effizienz zu führen. Sein Führungsstil war kooperativ und fordernd. Er galt als Vorbild im Arbeitsverhalten und Auftreten. Bei der Einführung der Datenfernübertragung und dem JIT-Prinzip hat er sich durch Kreativität und Engagement große Verdienste erworben. Er hat stets zu unserer vollsten Zufriedenheit gearbeitet. Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute. * Adresse, Anrede und Firmenunterschrift sind hier im Beispiel nicht aufgeführt. Abb. 36:
Qualifiziertes Arbeitszeugnis
6.
Die Einstellung von Mitarbeitern
Eignungsprofil
381
•
alle Unterlagen, die mit Ihrer dienstlichen Tätigkeit zusammenhängen, sorgfältig aufzubewahren und auf Wunsch des Vorgesetzten jederzeit zur Verfügung zu stellen
•
geschäftliche oder gewerbliche Nebentätigkeiten jeder Art nur mit Zustimmung des Vorgesetzten auszuüben.
Stelle: Einkaufssachbearbeiter Bewerber: Peter Freymann Eignung Bewertungs- Anforderungen praxis Abitur, Ausbildung als Industriekaufmann Industriefachwirt, WeiterAusbildereigbildung nungsprüfung 2 Jahre Praxis im BerufsEinkauf erfahrung Fachwissen Kenntnisse im Einkaufsablauf, Kenntnisse in der Marktforschung, Kenntnisse in der Organisation, Bedarfsplanung • analytisches geistige Denken Anforderung en • Kreativität Bildung
Verhalten
Abitur, Ausbildung als Industriekaufmann Industriefachwirt, Ausbildereignungsprüfung 4 Jahre Praxis im Einkauf Einkaufsanbahnung , Einkaufsablauf, Vertragsverhandlun gen
->
->
• Ausdruck • technische Begabung • Selbständigkeit • Entscheidungsvermögen
-> ->
• Problembewusstsein
->
-> ->
• Verhandlungs- -> geschick • Freundlichkeit
-*
+++* Zeugnisse, Anschreiben +++* Zeugnisse +++* +++* Anschreiben +++* Zeugnisse Zeugnisse, Referenzen +++* Anschreiben, Zeugnisse +++* Anschreiben, Zeugnisse ++*
* Gespräch
Abb. 37:
Eignungsprofil
Anmerkungen: Die Spalten Anforderungen und Eignungen enthalten anfänglich dieselben Begriffe. Die Erklärung hierzu lautet, dass es sich in diesem Fall nicht um Eigenschaften des Bewerbers handelt, sondern darum, wie und wo er sie erworben hat. Die Unterschiede setzen bei den Fähigkeiten und Fertigkeiten ein (Fachwissen).
Wir zahlen Ihnen gemäß der tariflichen Vereinbarungen monatlich 4600,- EUR brutto. Die Ersten sechs Monate Ihrer Tätigkeit betrachten wir als Probezeit. Während dieser Probezeit kann jeder Vertragspartner mit einer Frist von vier Wochen kündigen. Das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf des Monats, in dem Sie das 65. Lebensjahr vollenden. Falsche Angaben bei der Einstellung, speziell im Personalfragebogen, berechtigen uns zur fristlosen Kündigung. Für das Arbeitsverhältnis gelten die Arbeitsordnung in der jeweiligen Fassung und die gesetzlichen und tariflichen Vorschriften. Die gültige Fassung unserer Arbeitsordnung fügen wir bei. Sie erklären sich ausdrücklich damit einverstanden, dass wir die Sie betreffenden Daten speichern, übermitteln, verändern, sperren, löschen, wie das für eine leistungsfähige Personalarbeit erforderlich ist. Bitte unterschreiben Sie bei Einverständnis die Zweitschrift dieses Schreibens, und senden Sie diese an uns bis Ende nächster Woche zurück. Falls sich noch Rückfragen ergeben, bitten wir um Ihren Anruf. Wir hoffen auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und freuen uns auf Ihren Start im Juli des Jahres. Mit freundlichen Grüßen
382
Personalwesen
6.1.4 Ärztliche Untersuchung Vor der Zusendung des Vertragsangebots steht in vielen Fällen noch eine ärztliche Untersuchung. Bei Jugendlichen ist eine Untersuchung nach § 32 Jugendarbeitsschutzgesetz durchzuführen. Erst nach der Bestätigung des Werksarztes, dass die gesundheitliche Eignung für den vorgesehenen Arbeitsplatz vorliegt, wird das Vertragsangebot zugeschickt.
6.2
Der Arbeitsvertrag
Nachdem sich der Arbeitgeber (Personalleiter, Personalreferent) und der Bewerber mündlich über die Einstellung geeinigt haben und auch die Detailfragen abgeklärt sind, wird der Arbeitsvertrag geschlossen. Zunächst erhält der Bewerber eine schriftliche Einstellungsbestätigung. In der Regel werden weiterhin zwei unterschriebene Arbeitsverträge zugesandt; nach der Unterschrift durch den Bewerber wird ein Exemplar zurückerbeten. Ein Exemplar verbleibt beim Bewerber.
Ergänzendes zum Arbeitsvertrag Der Arbeitsvertrag ist ein Dienstvertrag, der seine Grundlage in den §§ 611 bis 630 des Bürgerlichen Gesetzbuches hat. Der § 611 des BGB, mit dem die Bestimmungen über den Dienstvertrag beginnen, lautet: "Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet." Gegenstand des Dienstvertrages können Dienste jeder Art sein. Der Arbeitsvertrag kommt durch die Einigung der Vertragsparteien zustande. Wenn der Arbeitgeber einem Arbeitgeberverband und der Arbeitnehmer einer Gewerkschaft angehören, sind die abgeschlossenen Tarifverträge zu beachten. Keine der vereinbarten Arbeitsbedingungen darf den Arbeitnehmer schlechter stellen als es im Tarifvertrag geregelt ist. Was soll ein Arbeitsvertrag enthalten? Folgende Punkte sollten inhaltlich geregelt werden: • Beginn des Arbeitsverhältnisses • Probezeit • Kündigungsfristen • Tätigkeiten und Aufgabengebiet • Arbeitszeit • Arbeitsentgelt • Urlaub • Altersversorgung
Aufgabe 6.2.1 Der Vertragsrahmen Von einem Arbeitsvertrag spricht man, wenn sich jemand (Arbeitnehmer) verpflichtet, in dem Betrieb eines anderen (Arbeitgeber) bestimmte Dienste zu leisten, hierfür in dessen Betrieb eingegliedert sowie den Weisungen des Arbeitgebers unterworfen sein wird und für seine Dienste eine Vergütung erhalten wird. Die rechtlichen Beziehungen – Rechte und Pflichten –, die durch den Abschluss eines Arbeitsvertrages zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer entstehen, fasst man unter dem Begriff „Arbeitsverhältnis“ zusammen.
24. a)
Beurteilen Sie das Anschreiben des Sachbearbeiters! Entwerfen Sie ein vergleichbares Anschrieben, das sie nach Ihrer Ausbildung an ein Unternehmen einer anderen Branche schicken (Ausbildung im Industrieunternehmen, Bewerbung bei einem Exporteur)!
b) Es sei unterstellt, dass Sie zur Vorstellung eingeladen werden. Gleich zu Anfang werden Sie gefragt, ob es Ihnen lieber ist, nur einem Gesprächspartner, dem Personalchef, gegenüberzusitzen, oder ob Sie es vorziehen, mit mehreren ins Gespräch zu kommen. Wie würden Sie sich entscheiden? Begründen Sie Ihre Aussage!
6.
Die Einstellung von Mitarbeitern
Abb. 38:
Die praktische Anwendung des § 99 BetrVG
383
384
Personalwesen
6.2.2 Die Mitbestimmung des Betriebsrates bei Einstellungen Der Betriebsrat hat von der Vorlage der Bewerbungsunterlagen über die Beurteilungsgrundsätze bis zur Zustimmung zur Einstellung Mitbestimmungsrechte. Der Bewerber ist daher vor der Kündigung seines bisherigen Arbeitsvertrages gut beraten, wenn er sich vergewissert, ob der Betriebsrat der Neueinstellung zugestimmt hat. Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn •
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag verstoßen würde
•
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 Betriebsverfassungsgesetz (Auswahlrichtlinien) verstoßen würde
•
die beschäftigten Arbeitnehmer eventuell durch die Einstellung gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen Gründen gerechtfertigt ist
•
der betroffene Arbeitnehmer durch die geplante Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründe gerechtfertigt ist
•
eine erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist (innerbetriebliche Stellenausschreibung)
•
die begründete Besorgnis besteht, dass der Bewerber den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung stören würde.
Beispiel: Auszug aus dem Arbeitsvertrag zwischen der DMW AG und P. Freymann Präambel Zwischen der Deutsche Motoren Werke AG Hannover und Herrn Peter Freymann, Frankfurt am Main* wird folgender Arbeitsvertrag geschlossen: §1 Dienststellung und Aufgabenbereich • Die Firma überträgt Herrn P. Freymann mit Wirkung vom 1. Juli die Funktion eines Sachbearbeiters des Einkaufs für Bremssysteme und Achsen, die nach Ablauf einer Einarbeitungszeit von sechs Monaten alle Vollmachten enthält, die sich auf den Einkauf der oben genannten Teile beziehen, jedoch ist die Beschränkung der Einkaufssumme jeder Bestellung auf 100 000,– Euro limitiert. Lieferantenauswahl und Aufkündigung von Lieferantenverhältnissen sind nur in Absprache mit der Leitung gestattet. Alle mit dem Einkauf verbundenen Tätigkeiten eines normalen Geschäftsganges sind selbstständig zu erledigen, außergewöhnliche Vorgänge sind mit den Vorgesetzten abzusprechen. Regressansprüche nach eingehender Prüfung sind bis zu einem Wert von 2 000,– Euro ohne Einschaltung der Rechtsabteilung zu erfüllen. Herr Freymann arbeitet eng mit der Warenprüfung, Rechnungskontrolle und -abwicklung zusammen. • Wegen seiner besonderen Kenntnisse und Erfahrungen ist Herr P. Freymann berechtigt, mit Lieferanten Vorgespräche über die Einführung neuer Einkaufssysteme in Absprache mit der Fertigung und Fertigungsplanung zu führen. In diesen Fällen ist Herr P. Freymann dem Leiter der Beschaffung direkt unterstellt. • Die DMW AG behält sich vor, Herrn P. Freymann innerhalb des Unternehmens bei unveränderten Bezügen auch eine andere, seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit zu übertragen. Eine Versetzung an einen anderen Ort kann nur im Einvernehmen mit ihm erfolgen. Näheres ist der Stellenbeschreibung, die dem Vertrag beigefügt ist, zu entnehmen. * Adresse nicht aufgeführt.
6.
Die Einstellung von Mitarbeitern
385 §6 Altersversorgung Die Firma gewährt Herrn P. Freymann nach Erreichung des Rentenalters oder bei vorzeitiger Berufsunfähigkeit nach mindestens 10-jähriger Tätigkeit in ihrem Dienst eine Altersversorgung nach den Grundsätzen der betriebsinternen Ruhegehaltsordnung. § 13 Zeugnisausstellung Vom Zeitpunkt der Kündigung an hat Herr P. Freymann einen Anspruch auf Ausstellung eines Zeugnisses, das sich auf Führung und Leistung zu erstrecken hat. § 14 Der einschlägige Tarifvertrag ist Bestandteil dieses Arbeitsvertrages. Darüber hinaus gelten für das Arbeitsverhältnis von Herrn P. Freymann die Vorschriften der Betriebsordnung sowie der sonstigen Betriebsvereinbarungen der Firma ergänzend, so weit ihre Anwendung nicht nach Inhalt oder persönlichem Geltungsbereich entfällt.
Rechtsvorschriften
Abb. 39:
Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag
Bei der Formulierung von Arbeitsverträgen müssen viele Rechtsvorschriften beachtet werden, die bis in das europäische Recht reichen (siehe Abb. 40). Dabei können sich Vertragsschließende nicht jeweils „das Beste“ aus den Einzelvorschriften herauspicken, sondern haben die Normenhierarchie zu beachten.
Aufgabe
Abb. 40:
Normenhierarchie
25. Informieren Sie sich im Einzelnen über die Rechte und Pflichten als Arbeitnehmer! Gegebenenfalls entnehmen Sie diese aus Ihrem Arbeits- bzw. Ausbildungsvertrag. Sie finden einiges z.B. im BGB und HGB. Prüfen Sie, welche Regelungen in ihnen enthalten sind! Schlagen Sie auch das Tarifvertragsgesetz auf! Worin bestehen die Unterschiede der Vorschriften?
386
Personalwesen
7. Personaleinsatz 7.1
Begriff, Inhalt und Abgrenzung
Unter Personaleinsatz ist die Zuordnung der im Betrieb verfügbaren Arbeitskräfte auf Arbeitsplätze zu verstehen. Die Sichtweise kann •
quantitativ
•
qualitativ
•
zeitlich und
•
örtlich
sein. Sie ist quantitativ, wenn es um die Anzahl geht, die beschäftigt wird, und qualitativ, wenn es um die Besetzung der Arbeitsplätze geht. Können die Anforderungen, die die Arbeitsaufgaben mit sich bringen, von der vorhandenen Arbeitskraft mit ihrer Vorbildung, ihren Kenntnissen und Erfahrungen sowie mit ihren Fertigkeiten und Fähigkeiten erfüllt werden? Ist sie qualitativ überdimensioniert, d.h., vermag sie mehr zu leisten als von ihr abverlangt wird? Ist die Arbeitskraft unterdimensioniert, lässt das Ergebnis der Arbeit zu wünschen übrig, weil sie überbelastet ist. Die Sichtweise ist zeitlich, wenn es schlechthin um die Arbeitszeit geht – von herausragender Bedeutung bei Schichtarbeit, bei flexibler Arbeitszeit und bei Teilung der Arbeitsaufgaben einer Stelle auf zwei Arbeitnehmer z.B. Sie ist örtlich, wenn das „Wo“ der Arbeit im Vordergrund steht.
Abb. 41:
Arbeitsfelder des Personaleinsatzes unter zwei herausragenden Veränderungsprozessen
Arbeitszeiten Jahresarbeitszeit eines Arbeitnehmers in Stunden
Die Trennung dieser vier Merkmale ist nur der Verdeutlichung wegen vollzogen, denn sie gehören beim Personaleinsatz selbstverständlich zusammen. So lautet auch die Definition:
Abb. 42:
Internationale Arbeitszeiten 2004
7.
Personaleinsatz
Es geht immer darum, dass das Personal in der erforderlichen Anzahl mit der erforderlichen Qualifikation zu dem für die Erstellung der betrieblichen Leistung notwendigen Zeitpunkt und an dem jeweiligen Einsatzort verfügbar ist (Bröckermann) und eine Arbeitsleistung erbringt, die auf das Ziel gerichtet ist. Die Personalverwaltung galt früher als der Kern der Arbeit der Personalabteilung. Sie hatte die Belegschaft von der Einstellung bis hin zum Ausscheiden zu „verwalten“, d.h. zu erfassen, zu betreuen, zu begleiten und zu kontrollieren. Letzteres hört sich diskriminierend an, ist es aber nicht. Denn die Kontrolle ist auch im Interesse des Einzelnen nötig, z.B. bei Krankschreibung, bei Auseinandersetzungen, bei Eintragungen etc. Heute umfasst die Personalverwaltung die Planung und Organisation des Personaleinsatzes, seine Durchführung und seine Überwachung, woraus deutlich wird, dass Personaleinsatz und -verwaltung nicht losgelöst voneinander zu sehen sind. Dabei sind überall personalrechtliche Regelungen aus dem Arbeits- und Sozialrecht, aus dem Tarifrecht und den Betriebsvereinbarungen sowie aus dem Betriebsverfassungsrecht zu beachten und vor allen Dingen umzusetzen. Personalverwaltung, aber auch Personaleinsatz setzen daher erhebliche Kenntnisse aus dem Rechtswesen voraus. Die folgende Definition der Personalverwaltung und deren Aufgaben im Einzelnen kennzeichnen den Unterschied zum Personaleinsatz. Auch in der Personalverwaltung spielt, wie im modernen Betriebsprozess, der Mensch eine große Rolle. Ihn nur zu verwalten, hieße, ihn allein als Objekt zu sehen. Daher haben größere Unternehmen zum Beispiel Personalberatungsstellen eingerichtet, damit der Arbeitnehmer mit seinen betrieblichen Sorgen Hilfe erfahren kann.
387
Beispiel zum örtlichen Personaleinsatz: Markantes Beispiel hierfür sind „Springer“, die einen ständigen Arbeitsplatzwechsel in Kauf nehmen, wenn irgendwo im Hause Arbeitsausfälle (Krankheit) gemeldet werden. Ergänzendes zum Personaleinsatz -- das Personalmanagement Die Personalverwaltung hat nur wenig mit Personalmanagement zu tun. Die Verwaltung ist eine „Funktion“, die Personalverwaltung eine Funktion des Personalwesens. Das Personalmanagement ist mehr und von der Grundlage her etwas anderes. Es ist das Leitungsorgan des Personalwesens, und als solches übt es u. a. die Aufsicht über die Personalverwaltung aus. Letztere ist eher statisch zu sehen, ersteres ist eine dynamische Kraft – wenn das Management so geführt wird, wie es der Begriff vermuten lässt und die gegenwärtigen Herausforderungen erzwingen. Das Personalmanagement gestaltet das Unternehmen von seiner personellen Ausstattung und steuert die Belegschaft von ihrem Verhalten her. Von ihm gehen Ideen aus, werden Impulse gesetzt und Leitlinien allgemeiner und verhaltensorientierter Natur formuliert und vorgelebt. Das Personalmanagement wirkt wie kein anderer Betriebssektor in die gesamte Wertschöpfungskette des Unternehmens. Dies ist auch der Grund, warum es in der Regel im Vorstand angesiedelt ist bzw. im Vorstand vertreten wird. Die Rolle des Personalmanagements definiert sich aus der Gesamtstrategie des Unternehmens. Ihr kommt eine klare Lenkungs- und Steuerungsfunktion zu, die eine erhebliche Weiterentwicklung der bisherigen Dienstleisterrolle beinhaltet. Die in der Gegenwart diskutierten Ansätze über neue Dimensionen in der Mitarbeiterführung ((Übertragung von Verantwortung, Einführung von Teamarbeit, Betrachtung der eigenen Abteilung als Lieferant und Kunde für andere Abteilungen, Bildung von Qualitätszirkeln, lernende Organisation) sind ohne ein dynamisches Personalmanagement undenkbar.
388
Personalwesen
Die Aufgaben der Personalverwaltung lassen sich allgemein aus den Verwaltungsaufgaben ableiten. Zu ihnen gehören Planung, Organisation, Durchführung und Überwachung. Konkretisiert am Personal heißt das, dass die Personalverwaltung den Einsatz des Personals (natürlich in Zusammenarbeit mit anderen Stellen) plant, seine Organisation festlegt und diese auch umsetzt (z.B. Besetzung vakanter Stellen, Einrichtung einer neuen Stelle durch Teilung) und schließlich den gesamten Personaleinsatz auf der Grundlage der Akten und Informationen überwacht. Im Einzelnen gehören dazu: •
Erledigung aller Formalitäten von der Einstellung bis zum Ausscheiden (Entlassungen, Pensionierungen, Tod)
•
Einrichtung und Führen von Personalakten (und damit Verwaltung der Bewerbungsunterlagen, der Zeugnisse, Belege über Beförderungen, Abmahnungen, Firmenkredite etc.)
•
Durchführung der Lohn- und Gehaltsabrechnungen (und damit auch die Abführung von gesetzlichen Abzügen und Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung)
•
Verwaltung der Urlaubslisten und Kontrolle über berechtigte Urlaubszeiten
•
Aufstellung von Personalstatistiken zur Dokumentation und Information für verschiedene Institutionen im eigenen Haus, für Ämter und Kammern.
Hinzugefügt sei hier, dass die Verwaltung durch ihre Tätigkeiten und Maßnahmen einen reibungslosen Ablauf des Unternehmensprozesses gewährleistet und für die Zukunft absichert (Ziele der Personalverwaltung). Da sie zugleich in Zusammenarbeit mit anderen Betriebssektoren, z.B. der Organisationsabteilung, neue und humanere Arbeitsformen einführt, die zur Vereinfachung der Arbeiten führen und die die Motivation fördern, trägt sie wesentlich dazu bei, den Betriebsablauf kostengünstig zu gestalten.
So ist eben auch das Personalmanagement besonders im Personaleinsatz (Veränderungen) tätig. BMW begann als erster Autohersteller mit Jobrotation, BMW begann als erster mit flexiblen Arbeitszeiten. Schon 1988 überredeten die BMW-Manager die IG Metall zur Samstagsarbeit im neuen Werk Regensburg. 1992, als sich die PS-Branche noch am Autoboom berauschte, fuhr BMW den Mitarbeiterstand bereits vorsichtig zurück. „Wir haben ständig optimiert“, sagt Eberhard v. Kuenheim, „und deshalb mussten wir auch keine Kulturrevolution mit Pauken und Trompeten veranstalten.“ Eine „Kultur ständigen Wandels“ beobachtet Hans-Jörg Hafner von der Münchner Unternehmensberatung Gemini Consulting, und darum ist rigides Personalmanagement nicht gefragt. Bis heute hat der Vorstand noch keine mit dem Betriebsrat geschlossene Vereinbarung gekündigt. Die „wohl größte Verantwortungsbreite je Mitarbeiter in der deutschen Industrie“ reklamiert Vorstandschef Pischetsrieder für sein Unternehmen. Entscheidungen an der Basis, möglichst hohe Verantwortung je Mitarbeiter und Team – das gehört schon seit Jahren zum Führungsstil. Abb. 43: Ständiger Wandel als Prinzip Quelle: manager magazin
Aufgabe 26. a)
Sehen Sie sich Abb. 41 genau an! Auf der linken Seite des Schaubildes sind die Aufgaben des Personaleinsatzes aufgelistet. Prüfen Sie, ob vielleicht ein Aufgabengebiet ausgespart ist! Dazu fragen Sie in Ihrem Unternehmen nach!
b) Überlegen Sie, welche Einzelfolgen es hat, wenn eine Arbeitskraft mit ihren Aufgaben ständig überfordert ist!
7.
7.2
Personaleinsatz
Personaleinsatz bei Veränderungen von innen am Beispiel der Flexibilisierung der Arbeitszeit
Die Flexibilisierung der Arbeitszeit heißt, die Betriebszeiten von den individuellen Arbeitszeiten zu entkoppeln. Die Flexibilisierung kann • sich auf das Volumen der Arbeitszeit (chronometrische Arbeitszeitvariation) beziehen (Teilzeitarbeit) • die Verteilung eines bestimmten Arbeitszeitvolumens (chronologische Arbeitszeitvariation) meinen (Mehrschichtensystem) • beides, Volumen und Verteilung, zum Inhalt haben. Ein Unternehmen, das die Flexibilisierung der Arbeitszeit in der in der rechten Spalte dargestellten Form als Teilzeitarbeit mit Zeitkontingenten einzuführen gedenkt, muss vor diesem endgültigen Schritt Überlegungen anstellen, die den Personaleinsatz in seiner Gesamtheit berühren. An ein paar Fragen sei der Komplex angerissen: •
Für welche Abteilungen und Aufgaben kommt eine flexible Arbeitszeitgestaltung bei gleichzeitigem Einsatz von Vollund Teilzeitkräften in Frage?
•
Wie können die Teilzeitkräfte menschlich in die bestehende Organisation eingebunden werden (humane Integration).
389
Ergänzung zur Flexibilisierung der Arbeitszeit Die meisten Arbeitnehmer genießen heute eine Art Teilflexibilisierung, da sie an der Gleitzeit partizipieren, die meistens eine wöchentliche Gesamtarbeitszeit einzuhalten fordert, feste Kernzeiten vorgibt, um die variabel mit der Arbeit begonnen wird und um die die Arbeitszeit ebenso variabel endet. In den meisten Firmen, die dieses Arbeitszeitmodell fahren, können Überstunden durch halbe oder ganze Gleittage im Monat (oft auf jeweils einen Tag begrenzt) abgegolten werden. Wenn mit dieser Regelung noch nicht eine bessere Auslastung der Kapazität erfolgt, so ist mit ihr jedoch verbunden, dass die Arbeitsplätze zum Beispiel in Abteilungen mit Kundenkontakten, der Intensität der Anrufe zufolge, rechtzeitig und vollständig besetzt werden. Und das ist meist nicht um 9 Uhr morgens, sondern oft erst um 10 Uhr, wie die Erfahrung es gelehrt hat. Hat sich ein Unternehmen entschlossen, Teilzeitarbeit mit Zeitkontingenten einzuführen, die weit gehend, individuell geplant, abzuarbeiten sind, so folgt die Leitung der Erkenntnis, dass sich bei einer größeren Anzahl von Menschen durch ihre sehr unterschiedlichen Wünsche die Arbeitszeiten so ergänzen, dass weder Leerlaufzeiten auftreten noch „personelle Überkapazitäten“ herrschen werden. Andernfalls sind gewisse Vorgaben nötig. Dieses Modell bietet sich in Unternehmen an, in denen bei einem hohen Anteil von Mitarbeiterinnen verstärkt Teilzeitarbeit nachgefragt wird, damit Beruf und Familie besser in Einklang zu bringen sind. Die betrieblichen Auswirkungen sind unübersehbar: Ausdehnung der Betriebs- und Maschinenzeiten, z. B. bei drei Schichten, und damit eine bessere Auslastung der Kapazität (Verringerung der fixen Kosten pro Einheit), sodass ein Unternehmen konkurrenzfähiger werden kann. Vollzieht sich die Umgestaltung der Arbeitszeiten nur mit eigenen Mitarbeitern, dann lassen sich natürlich schwerlich mehr Schichten fahren, dennoch kann die Ausbringung (höhere Produktivität) steigen, wenn vornehmlich Menschen hierfür verantwortlich sind. Denn eine zwei Mal vierstündige Arbeitszeit wird effektiver genutzt.
390
Personalwesen
•
Wie können die Teilzeitkräfte mit den Vollzeitkräften kombiniert werden (sachliche Integration)?
•
Welche Auswirkungen hat ein täglicher Wechsel am Arbeitsplatz auf Arbeitsleistungen und auf das Umfeld?
•
Lassen sich Gesamtaufgaben so teilen, dass die Tätigkeiten der Teilzeitkräfte nacheinander zu erledigen sind?
•
Welche Kenntnisse und Erfahrungen muss eine Teilzeitkraft haben, damit sie die geteilten, nacheinander folgenden Aufgaben auch bewältigt?
•
Müssen zusätzliche Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt werden, um mehreren Teilzeitkräften für eine Gesamtaufgabe auch eine individuelle Ausstattung zu gewähren?
Mit diesen Fragen sind die wesentlichen Aufgaben des Personaleinsatzes berührt, nämlich Aufgabengestaltung, Arbeitsplanung und Arbeitsplatzgestaltung. Sie müssen in gleicher Weise, jedoch anders gewichtet, in Betrieben gelöst werden, was besagt, dass die Ausbringung erhöht werden kann. Das ist natürlich nur sinnvoll, wenn mehr verkauft werden kann. Veränderungen mit derartigen Personalauswirkungen erfordern daher eine globale und vernetzte Denkweise.
Zusammenfassung Jeder Personaleinsatz muss sich mit den verschiedensten Veränderungen auseinander setzen. Heute geht es vornehmlich um neue Arbeitsformen (Teamarbeit) und flexiblere Arbeitszeiten. Beides führt zu einer höheren Produktivität. Was besagt, dass die Anstrengung erhöht werden kann. Das ist natürlich nur sinnvoll, wenn mehr verkauft werden kann.
Die höhere Produktivität ist nicht nur auf die neuen äußerlichen Bedingungen zurückzuführen (objektive Bedingungen menschlicher Arbeitsleistungen), wenn sie auch wesentlich zur Erhöhung des Ausstoßes und der Verbesserung der Wirtschaftlichkeit beitragen. Auch die subjektiven Bedingungen menschlicher Arbeitsleistungen beeinflussen die Personalleistung, wobei es sich einerseits um Fähigkeiten und Fertigkeiten handelt, die Arbeitskräfte mitbringen, und um ihre Erfahrungen, die sie einbringen, andererseits um den Leistungswillen (siehe Abb. 44). Er wird gesteigert, wenn Menschen zeitlich und vielleicht auch sachlich so und dann arbeiten dürfen, wenn sie es wünschen. Das macht arbeitszufriedener. Arbeitszufriedenheit senkt Arbeitsausfälle (Fehlzeiten). Und es macht freier, was wiederum dem Menschen gut tut. Auf diese Weise wird allen geholfen und durch günstige Kosten möglicherweise der Arbeitsplatz gesichert.
Aufgabe 27. a)
Wieso gehen viele Veränderungen in einem Unternehmen, die auch den Personalsektor betreffen, von innen aus?
b) Wieso bestimmen auch objektive Bedingungen menschliche Arbeitsleistungen? „Mehr Flexibilität und Kundenorientierung ist kaum noch denkbar ohne eine gleichzeitige Flexibilisierung und Differenzierung der Arbeit. Beispiele auch weniger bekannter Unternehmen zeigen, dass eine intelligente Arbeitszeitgestaltung nicht nur die Wirtschaftlichkeit verbessert. Richtig eingesetzt, kann dieses Instrument auch Arbeitsplätze sichern und den Zeitwohlstand der Beschäftigten erhöhen“, meint das Rationalisierungskuratorium der Deutschen Wirtschaft. Abb. 44: Pressebericht Quelle: Wirtschaftswoche
7.
7.3
Personaleinsatz
391
Einzelaufgaben beim Personaleinsatz
7.3.1 Personalleistungen und Arbeitsplatz Die Leistungen, die Arbeitnehmer in Ausübung ihrer betrieblichen Tätigkeit abliefern müssen, stellen ein bestimmtes Ergebnis oder einen bestimmten Erfolg ihrer Handlungen dar. Weil es sich um eine wirtschaftliche Perspektive handelt, von der hier ausgegangen wird, kann man auch von wirtschaftlichen Leistungen reden. Da sie sich auf die Arbeit beziehen, werden sie als Arbeitsleistungen bezeichnet, ihr Ergebnis heißt auch Arbeitsergebnis.
Zwei Hauptmerkmale sind herauszustellen: •
die Sachleistung als qualitatives oder quantitatives Arbeitsergebnis und
•
das Arbeitsverhalten bei der Arbeitsausführung.
Die wirtschaftliche Leistung ist immer das Ergebnis einer Kombination von Menschen und Betriebsmitteln und in der Produktion zusätzlich von Werkstoffen. So ist das, was der Mensch schafft, auch von diesen Faktoren abhängig. Je ausgereifter die Technik der Betriebsmittel ist, und je einfacher sie gehandhabt werden können, desto größer wird in der Regel die Arbeitsleistung sein. Auch ist mit einer rationellen Gestaltung des Arbeitsablaufes und einer rationellen Organisation am Arbeitsplatz die Arbeit eher geschafft, weil Fehlzeiten vermieden werden. Auf die leistungsfördernde flexible Arbeitszeit ist ebenso schon hingewiesen worden wie auf den Einfluss, den Werkstoffe auf die Arbeitsleistung ausüben.
Der Leistungswille ist emotional motiviert, wenn Betriebsklima und Zugehörigkeit zum Unternehmen die Personalleistung wesentlich mitbestimmen. Er ist zweckrational, wenn die Leistungen vornehmlich der materiellen Vorteile wegen hervorgebracht werden, und traditional, wenn Personalleistungen durch Lebensgewohnheiten begründet sind. Abb. 45:
Bedingungen (ausgewählt*) der Personalleistungen
392
Neben den objektiven Bedingungen sind es die subjektiven, die die Arbeitsleistungen mit ihren Ergebnissen beeinflussen. Sie sind individueller, nicht beeinflussbarer Art, so weit es sich um Konstitution, Lebensalter und Geschlecht handelt. Auch sind bestimmte, angeborene Eigenschaften – z.B. fehlendes Denkvermögen, Auffassungsgabe – schwerlich zu verändern (Begabungen). Versteht man unter Fähigkeiten eines Menschen die Summe der zur Erbringung einer Leistung notwendigen Bedingungen, dann gehören zu diesen sowohl die Begabungen als auch die durch Lernprozesse erworbenen bzw. geschulten Fähigkeiten im engeren Sinne, z.B. fähig zu sein, eine Arbeit anzupacken und systematisch abzuarbeiten, fähig zu sein, im Kreis mit anderen (Team) zu diskutieren etc. Schließlich geht es auch um Fertigkeiten, also um durch Übung erworbenes Können, z.B. lesen, schreiben, montieren, malen können. Arbeitnehmer warten immer dann mit guten Arbeitsleistungen auf, wenn die objektiven und subjektiven Bedingungen zueinander passen und wenn die Anforderungen, die an sie gestellt werden, ihren Möglichkeiten entsprechen. Daher werden Stellenbeschreibungen (siehe Abb. 22 dieses Kapitels sowie im ersten Kapitel unter Aufbauorganisation) sowie Anforderungsprofile einer bestimmten Stelle oder eines Aufgabenkomplexes entwickelt (siehe u.a. Abb. 23, 32 sowie 37), um Mensch und Arbeit in Einklang zu bringen. Dennoch treten immer wieder Probleme am Arbeitsplatz auf, weil die Vorgesetzten den Arbeitnehmer über- oder unterschätzen oder die Anforderungen nur unpräzise formuliert sind. Außerdem entstehen Diskrepanzen, wenn kurzfristig Neuerungen installiert werden.
Personalwesen
Ergänzendes zu Arbeitsleistungen Warum auch das Arbeitsverhalten bei der Betrachtung von wirtschaftlichen Leistungen eine Rolle spielt, ist schnell einzusehen. Wenn ein Einkäufer an einem Tag viele Angebote bearbeitet und schließlich mit einem Lieferanten zu einem Abschluss mit guten Konditionen kommt und dies schriftlich bestätigt, dann lässt sich sein Arbeitsergebnis quantitativ und qualitativ einstufen. Hinterlässt er aber am selben Abend ein Büro, in dem das benutzte Material chaotisch herumliegt, die Angebote seit Wochen im Ablagekorb gestapelt werden und Belege nicht abgeheftet worden sind, dann wird seine Erkrankung zu katastrophalen Auswirkungen führen. Seine Vertretung nämlich muss sich durch den Wust von durcheinanderliegenden Unterlagen quälen. Hierdurch könnte Zeit verloren gehen, oder es könnten Angebote übersehen werden. Kosten und indirekte Verluste sind die Folge! Beispiel: Aus dem Arbeitsprozess der DMW AG zur Motivation von Mitarbeitern Die DMW AG hat bei Einrichtung ihres Werkes in Emden dem Bedürfnisspektrum ihrer Arbeitnehmer – so weit das möglich war – Rechnung getragen. Die Einführung vieler Teams im Produktionsprozess und die Übertragung der Verantwortung der Arbeitsleistungen jeweils auf die Gruppe bei gleichzeitiger Prämienzahlung für eine fehlerloser Leistungsabgabe haben zur Leistungsmotivation beigetragen. Weitere Leistungsanreize sollen aus der mit dem Betriebsrat vereinbarten Erfolgsbeteiligung kommen.
7.
Personaleinsatz
393
Auf Seite 391 (Abb. 45) ist unter den subjektiven Bedingungen auch der Leistungswille genannt. Es nützt nämlich nichts, wenn ein Mitarbeiter mit noch so vielen Fähigkeiten aufwartet, sein Arbeitsumfeld optimal ausgestattet ist, er allerdings zur Arbeit keine Lust hat. Das „Keine-Lust-Haben“ was lange Zeit die Haltung vieler junger Menschen, was im Slang durch den Begriff „keinen Bock haben“ zum Ausdruck kommt. Heute, bei zunehmender Konkurrenz, tritt dieses Phänomen zurück. Dann muss er hierzu motiviert werden. Die Arbeitsleistung der Mitarbeiter kann demnach durch Akzeptanz vieler ihrer Bedürfnisse und durch Maßnahmen, die diesen Rechnung tragen, verbessert werden. Dazu gehört auch ein Führungsverhalten, das auf den Einzelnen eingeht (siehe Kapitel 1 unter Geschäftsführung) und ihm die Anerkennung zollt, die die Arbeitskraft verdient hat (Personalmanagement). Dennoch muss auch hierzu festgestellt werden, dass der Betrieb als Leistungsgemeinschaft auf wirtschaftliche Ziele aus ist und dass es sich von daher von vornherein verbietet, allen Bedürfnissen der Mitarbeiter Rechnung zu tragen bzw. nachzugehen und nachzugeben. Wie überall sind Kompromisse zu suchen.
Zusammenfassung Die Personalleitung ist von objektiven und subjektiven Faktoren abhängig. So weit sie beeinflussbar sind, können gezielte Strategien die Effizienz der Mitarbeiter erhöhen. Die beste Voraussetzung hierzu ist, die Mitarbeiter als das wichtigste „Kapital“ (human capital) anzusehen. Diese so gehandhabte Unternehmensphilosophie ist in vielen Unternehmen feststellbar.
Abb. 46:
Motive und Maßnahmen zur Leistungssteigerung
Aufgabe 28. Finden Sie heraus, warum eine soziale Anerkennung im Unternehmen leistungsmotivierend wirkt! Erklären Sie, warum vieles im Betrieb zur Demotivation bei der Arbeit führt! Beispiel: Mehrverantwortung bei der DMW AG Auch bei der DMW AG sind Arbeitsformen übernommen, die dem Teamgedanken Rechnung tragen und der Einzelgruppe mehr Verantwortung aufbürden. Hiermit wird vielfach das Abteilungsdenken aufgegeben zu Gunsten eines prozessorientierten Arbeitens. Die Gesamtaufgabe wird als „Paket“ definiert und dann an eine Gruppe zur Erledigung delegiert. Jeder kann jede Aufgabe erledigen, die Gruppe organisiert, disponiert, verwaltet und kontrolliert Arbeit und Qualität. Damit ist eine Stellenbeschreibung für jeden Mitarbeiter nicht mehr notwendig.
394
Personalwesen
7.3.2 Konflikte und Konfliktlösungen
Beispiel:
Überall, wo Menschen miteinander in Beziehung treten und kommunizieren, geraten sie aneinander. Es kommt zu Spannungen, die entweder offen zutage treten (Zusammenstöße) oder unterschwellig wirken. In beiden Fällen handelt es sich um Konflikte.
Wiebke Mohrmann gehört dem Unternehmen seit seiner Gründung an und hat von Anfang an dieselbe Position: erste Empfangsdame am Informationsschalter im Foyer. Mit ihrer Mitarbeiterin Karin Wolkewitz teilt sie sich die anfallenden Arbeiten, die beide neben ihrer eigentlichen Aufgabe, die Gäste zu begrüßen und zu den betreffenden Gesprächspartnern des Hauses zu schleusen, zu erfüllen haben.
Konflikte im Unternehmen stören meistens Arbeit und Arbeitsablauf, weil sie bei den Betroffenen ein Verhalten bewirken, das ihre Tätigkeit beeinflusst: So arbeiten sie möglicherweise langsamer, unaufmerksamer und weniger kooperativ. Im Übrigen kosten sie Zeit. Ihre Ursachen können ebenso auf Nichtigkeiten zurückgeführt werden wie auf berechtigte Forderungen, auf besondere Umstände ebenso wie auf Verhaltensweisen der Mitarbeiter, auf Unterlassungen ebenso wie auf Überhäufungen (z.B., wenn der Vorgesetzte ständig lobt). Bisani fasst die Konfliktursachen so zusammen: •
Sie ergeben sich aus den Neigungen, Werthaltungen, Einstellungen und inneren Normen der handelnden Individuen.
•
Sie kommen zustande im Zusammenwirken verschiedener Personen aufgrund von Unterschieden der Persönlichkeitsstrukturen, der hierarchischen Stellung und der individuellen Ansprüche.
•
Sie sind zurückzuführen auf den vorgegebenen institutionellen Rahmen (Aufbau, hierarchische Gliederung, Kommunikationskanäle, Verantwortungsbereiche).
•
Sie beruhen auf der technischen Entwicklung, die oft sozial-ökonomische Konsequenzen mit sich bringt (Einführung von Computern, Vereinsamung am Arbeitsplatz).
Konflikt bei der DMW AG in Emden
Den Urlaub stimmen beide Damen regelmäßig ab. Auch kommen sie in Abstimmung mit den Vorgesetzten zeitversetzt und abwechselnd mal früher, mal später. Seit Wochen aber herrscht unter den beiden Unfrieden. Karin Wolkewitz will wieder – wie im letzten Jahr – im Juli in Urlaub fahren, weil ihr gegenwärtiger Lebenspartner zwei schulpflichtige Kinder in die Partnerschaft eingebracht hat und eine andere Urlaubszeit als die Ferienzeiten in den Schulen für eine Erholungsreise nicht in Frage kommt. Wiebke Mohrmann dagegen macht regelmäßig alle zwei Jahre mit ihrer alten Mutter zusammen im Juli eine Kur auf Norderney und bestellt schon beim Abschied die Zimmer für das nächste Eintreffen. Dieses Mal wäre sie wieder mit dem Julitermin dran gewesen. Im Übrigen ist das die einzige Reise, die die alte Dame noch machen kann und eben nur dorthin, wo ihr die Umgebung vertraut und die Führung des Hauses bekannt sind.
Aufgabe 29. a)
Wie würden Sie den Fall oben lösen?
b) Welche Beispiele fallen Ihnen zu den einzelnen Ursachen links ein? c)
Klassifizieren Sie bitte diese Konfliktart.
7.
•
Personaleinsatz
Sie resultieren aus dem Arbeitsplatz und dem Umfeld des Arbeitenden selbst, z.B. durch unzureichende Umsetzung von Sicherheitsvorschriften.
Konflikte lassen sich auch nach anderen Gesichtspunkten einteilen, so zum Beispiel nach individuellen und sozialen Ursachen. Persönliche (individuelle) Konflikte haben ihre Ursache in der Besonderheit der Person. So löst „der mürrische, der leicht erregbare, der unfreundliche, der arrogante, der egoistische, der ungepflegte Mitarbeiter“ bei anderen Abneigung, Antipathie, Hass und Streit aus. Diese Konflikte sind primär Gegenstand der Psychologie. Ihre Beeinflussung von Unternehmensseite ist meist auf Personaleinstellung bzw. -entlassung und auf die Stellenbesetzung beschränkt (Witthoff). Lassen sich dagegen Konflikte „aus der Struktur sozialer Einheiten ableiten“, sind sie also „überindividuell“, dann spricht man von sozialen Konflikten. Sie beruhen auf dem Zusammenwirken mehrerer Personen und offenbaren sich als Organisationskonflikte innerhalb des Unternehmens (Intraorganisationskonflikte) und als Gruppenkonflikte, wenn Mitarbeiter eines Teams miteinander in Streit geraten oder Kolleginnen und Kollegen mit Entscheidungen ihres Vorgesetzten nicht einverstanden sind (Intragruppenkonflikt). Ein Intergruppenkonflikt liegt vor, wenn Gruppen und Abteilungen aneinander geraten. Viele soziale Konflikte basieren auf den Rollen, die der Einzelne in der Gesellschaft, in der Familie und im Unternehmen einnimmt. Die Soziologie benutzt das Wort „Rolle“ zur Erklärung eines sozialen Verhaltens und hat herausgefunden, dass sich Menschen in einer bestimmten Rolle sehen oder aber in sie hineingedrängt werden.
395
Beispiele zu Einzelkonflikten: Zum besseren Verständnis hier einige Beispiele von konkreten Konflikten: Arzt, Patient, Krankenkasse Das vom Patienten gewünschte Rezept für ein bestimmtes Medikament wird vom Arzt abgelehnt, weil die Bezahlung nicht von der Krankenkasse übernommen wird (sozialer Konflikt). Regisseur, Schauspieler Der Regisseur schreibt seinem Akteur vor, den „Faust“ mit Kraft und Wortgewalt zu spielen, der Schauspieler dagegen sieht Faust als eine introvertierte, auch in Wortwahl und Tonhöhe zurückhaltende Menschengestalt (Intrarollenkonflikt). Geschäftsleitung, Meister, Arbeitnehmer Die Geschäftsleitung verlangt vom Meister, dass ein bestimmter Auftrag noch heute fertig gestellt wird, und das bedeutet, dass länger gearbeitet werden muss, der Arbeitnehmer erwartet vom Meister, dass dieser auf seine persönlichen Belange (pünktlicher Feierabend) Rücksicht nimmt (Intrarollenkonflikt). Familie, Vorsitzender des Sportvereins, aktiver Sportler Der Familienvater ist stellvertretender Vorsitzender des Sportvereins und zugleich Mitglied der Fußballmannschaft. Am Samstagnachmittag soll die Feier zum 18. Geburtstag seines Sohnes stattfinden. Zur selben Zeit findet eine Vorstandssitzung (zu der der Stellvertreter des Vorsitzenden erscheinen muss, weil dieser erkrankt ist) statt und ist das Punktspiel seiner Mannschaft vom Verband angesetzt. Zwangsläufig kommt es hier zu Konflikten.
Wie Psychologen Konflikte sehen Bisher waren Konflikte nicht gern gesehen, schreiben die Psychologen Anne und Bernhard Eul Gombert im IK. Mittlerweile hat hier allerdings ein Umdenkungsprozess begonnen. Sie begründen das mit den Umbrüchen der letzten dreißig Jahre.
396
Personalwesen beinflusster Sektor Entstehungsbereich
EntIndividuum soziales stehungsZusambereich menwirken Individuum persönliche AnpasVorurteile, sungsproble Rivalität, me, soziale Feindschaft, Vorurteile, Abneigung von der Norm abweichendes Verhalten Spannungen Spannungen soziales zwischen Zusammen- zwischen Verhaltens- verschiedewirken anforderun- nen Interesgen und sengruppen Rollen
institutioneller Rahmen
Konflikte bei Nonnen und Werthaltung, Betriebszwänge, Autoritätsprobleme
Kommunikationsprobleme, Kommunikationsschwierigkeiten
institututioneller Rahmen Anpassungsprobleme an vorgegebene Ordnungen und Werthaltungen
Spannungen zwischen Einzel- und Gruppenzielen sowie Betriebszielen und Verhaltensnormen Kompetenzstreitigkeiten
Abb. 47:
Formen von Mehrpersonen-, Gruppen oder Organisationskonflikten (in Anlehnung an: Fürstenberg, F.: Grundlagen der Betriebssoziologie, Köln/Opladen) Konfliktlösungen hängen von der Konfliktstärke und der Situation ab, in der sie aufgetreten sind. Rein sachliche Konflikte (z.B. wenn es um den Einsatz von eigenen Mitarbeitern oder von fremden Anbietern bei Renovierung eines Lagerraumes geht) regulieren sich durch Diskussion beinahe von selbst, wenn bei den Konfliktparteien bei zwei konkurrierenden Maßnahmen Klarheit über deren Wirtschaftlichkeit gewonnen wird. Oft wird bei sachlichen Konflikten auch die Entscheidung der Vorgesetzten gesucht, wenn es zu keiner Einigung unter den „Streithähnen“ kommt.
Zum einen waren die volks- und betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie das gesellschaftliche Selbstverständnis gravierenden Wandlungsprozessen unterworfen, zum anderen haben sich gerade auch unter dem Einfluss der gesellschaftlichen Werteverschiebungen Sichtweisen und Bewertungen des Phänomens Konflikt ergeben, die vor einer Generation noch undenkbar waren (siehe auch Kapitel 1, Abb. 90). •
Gleichrangige Mitarbeiter diskutieren in Stäben, Arbeitsgruppen oder Teams häufig als Spezialisten Problemlösungen, stimmen Planung ab etc.
•
Verantwortung und Entscheidungsbefugnisse werden so weit wie möglich und sinnvoll auch auf niedrige Hierarchieebenen delegiert.
•
Der Führungsstil hat sich von einer BefehlsGehorsams-Philosophie zu dialog- und argumentationsorientierten Leistungsphilosophien hin entwickelt, die mit flacheren Hierarchien auskommen.“*
Konflikte sind seltener geworden und können leichter abgebaut werden, wenn sie nicht persönlicher Natur sind. Im Übrigen gehen junge Menschen mit Konflikten besser um, denn sie bieten oftmals ein Eignungsprofil an, das einem modernen Anforderungsprofil entspricht, dessen Schwerpunkte auf Flexibilität, Kreativität, Initiative, Kommunikationsfähigkeit und Verantwortungsbereitschaft ausgerichtet sind.
Abb. 48: *Pressebericht Quelle: IK, Zeitschrift für Industriekaufleute
Aufgabe 30. a)
Zur Managementstrategie gehört es, sachliche Konflikte unter den Mitarbeitern zu fördern. Geben Sie ein Beispiel für einen sachlichen Konflikt, und begründen Sie, warum diese Konfliktart Teil einer positiven Konfliktstrategie der Unternehmensleitung ist!
b) Suchen Sie sich ein Feld der Matrix (Abb. 47) heraus, und erläutern Sie die hier dargestellten Konflikte!
7.
Personaleinsatz
397
Für eine positive Konfliktlösung müssen alle am Konflikt Beteiligten gewonnen werden. Das setzt voraus, dass allen Konfliktparteien ein positives Ergebnis in Aussicht gestellt wird. Oft hilft ein so genannter Konfliktmanager, ein innerbetrieblicher Schiedsrichter, der als Vertreter eines Konfliktmanagements zur Objektivität verpflichtet ist und in keinem Fall im Konflikt einbezogen sein darf. Der Gesetzgeber hat in § 76 des BetrVG Bestimmungen über eine Einigungsstelle festgeschrieben. Sie soll Meinungsverschiedenheiten zwischen AG und Betriebsrat ausräumen. „Damit existiert eines der wenigen Beispiele eines vorrangig auf Schlichtung ausgelegten Konfliktlösungsmechanismusses, der formell gesetzlich normiert ist“, schreibt M. Domsch in Gablers Magazin, und der innerbetrieblich wirksam wird. Allerdings wird die Einigungsstelle selten Einzelkonflikte der Mitarbeiter aufgreifen. Hierzu ist dann der Betriebsrat da. Ein Konflikt aus dem Sport Beim Versuch, mit neuen Spielern die Qualität im Kader zu verbessern und zu verbreitern, kam nach der Verpflichtung de Jongs Neid auf. So forderte Thimothee Atouba mehr Geld, nachdem das angebliche 2,5 Mio Euro-Gehalt von de Jong öffentlich gemacht wurde. Dass der gebürtige Amsterdamer nach seinem Wechsel von Ajax sofort die Position auf der „Sechs“ im defensiven Mittelfeld übernehmen durfte und diese zu Saisonbeginn noch mal erfolgreich medial einklagte, registrierten Mitspieler wie Raphael Wicky nicht mit Wohlwollen.
Abb. 49 a:
Konflikt in der FussballBundesliga (Hamburger Abendblatt vom 16. 10.06)
Abb. 49 b:
Konfliktlösungsstrategien in Anlehnung an Bisani
Aufgabe 30 b) Wie würden Sie den Konflikt in der Fussball-Bundesliga bezeichnen? Ist ein vergleichbarer Konflikt in Betrieben vorstellbar? Bitte um Begründung.
398
Personalwesen
7.3.3 Weitere Aufgaben beim Personaleinsatz Anhand der bisherigen Aussagen, der Beispiele und Abbildungen sind Umfang, Bedeutung und wesentliche Teile des Personaleinsatzes skizziert worden. Die Veränderungsprozesse – von außen und innen in Gang gesetzt – erfassen den Betrieb in der Regel global. Das setzt auch bei denjenigen, die für diesen Sektor tätig sind, voraus, dass sie ebenso denken können (siehe auch Personalentwicklung). Neue Arbeitsmethoden ziehen eine andere Arbeitsgestaltung nach sich. Meist heißt das, dass Aufgaben neu definiert werden, was mit weiteren Stellen verbunden sein kann bzw. was sie möglicherweise anders ausrichtet. Sollen Aufgaben z.B. zentralisiert oder dezentralisiert und horizontal und vertikal gegliedert werden (siehe 1. Kapitel Aufbauorganisation unter Organisationsformen sowie Abb. 113 und 114), sollen Arbeitnehmer immer wiederkehrende Arbeiten verrichten oder Aufgabenbündel erledigen? Letzteres führt zu den bekannten Organisationsformen wie job rotation und job enlargement. Davon sind dann viele Menschen, Stellen und Abteilungen betroffen. Beim Personaleinsatz können aber ebenso Entscheidungen notwendig werden, die tatsächlich nur einen Arbeitsplatz bzw. ein Büro, vielleicht auch eine Abteilung betreffen. So muss immer wieder über die Arbeitsplatzgestaltung nachgedacht werden, deren Einzelkomponenten oft unvereinbar miteinander sind, so, wenn sicherheitsbedingte Faktoren eine technologische Arbeitsplatzgestaltung einschränken. Generell geht es bei der Ausstattung des Arbeitsplatzes um zwei wesentliche Ziele: •
Arbeitnehmer müssen sich am Arbeitsplatz wohl fühlen, an dem sie täglich bis zu acht Stunden verbringen.
Aufgabe 31. a)
Erläutern Sie die Begriffe „job enlargement“, „job rotation“ und „job enrichment“!
b) Welche Voraussetzungen müssen Arbeitnehmer mitbringen, wenn sie im Rahmen eines „job rotation“ eingesetzt werden? Fragen zur ergonomischen Arbeitsplatzgestaltung Die Leistungsfähigkeit eines Arbeitnehmers und Höhe und Qualität seiner Arbeitsleistung hängen in besonderem Maße von den Bedingungen des Arbeitsplatzes ab. Kann man den Arbeitsplatz an die Maße des menschlichen Körpers (anthrometrische Anpassung) anpassen (Arm- und Fußstützen, individuell angepasste Griffformen)? Kann man Arbeitsmethode und Arbeitsbedingungen an den menschlichen Organismus (Lärm, Temperatur u.a.) angleichen (physiologische Angleichung)? Außerdem beeinflusst die psychologische, informationstechnische und sicherheitsbedingte Anpassung die menschliche Arbeitsleistung.
Aufgabe 32. a)
Finden Sie heraus, was unter der psychologischen, der informationstechnischen und der sicherheitsbedingten Anpassung zu verstehen ist!
b) Welche Folgen hat eine mangelnde informationstechnische Anpassung? c)
Prüfen Sie Ihre Unternehmung , ob Räume und Möbel ergonomisch ausgerichtet sind.
d) Nennen Sie weitere Beispiele. Bitte beschreiben Sie diese.
7.
•
Personaleinsatz
Arbeitsplatz (mit seinen technischen und sonstigen Mitteln) und Umfeld müssen eine hohe Arbeitslastung zulassen.
Abschließend sei auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz hingewiesen. Arbeitsschutz und Unfallverhütung sind inzwischen so bedeutende Bestandteile des Personaleinsatzes geworden, dass sie aus – selbst kleinsten – Unternehmen nicht mehr wegzudenken sind. Auch wenn es bei ihnen keine Betriebsärzte gibt und keine besonders hierfür abgestellten Beauftragten, so hat sich jeder Unternehmer und Manager mit den Fragen des Gesundheitsschutzes und der Arbeitssicherheit zu beschäftigen. Arbeits- und Gesundheitsschutz (Arbeitssicherheitsorganisation) werden durch •
gesetzliche Vorschriften
•
das Interesse der im Unternehmen arbeitenden Menschen (Leitung, Belegschaft – vertreten durch den Betriebsrat) unddes Unternehmens und durch die Art
•
seine Größe bestimmt. Träger der Sicherheitsorganisation sind Betriebs- bzw. Werksärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit. Beide arbeiten mit dem Betriebsrat eng zusammen.
Zusammenfassung Mit dem Personaleinsatz sind Aufgaben verschiedenster Art und Qualität verbunden. Grundlegende technische und organisatorische Veränderungen erfassen den Betrieb meist global und wirken sich auf viele Mitarbeiter aus. Es gibt aber auch genügend begrenzte Lösungen, die einen Arbeitsplatz angehen oder einen Aufgabenträger (der neue Computer, das neue Gestühl, erweiterte Verantwortung etc.)
399
Der Arbeitsunfall – Begriff „Er ist ein im ursächlichen Zusammenhang mit der Arbeit stehendes, unerwartet und plötzlich eintretendes Ereignis, das zu Körperschäden bzw. Verletzungen durch Gegenstände, die von außen auf den Körper einwirken, führt, Sachschäden zur Folge hat oder den normalen Betriebsablauf stört bzw. unterbricht und durch raum-zeitliches Zusammentreffen sicherheitswidriger Zustände oder Umstände und/oder sicherheitswidrige Verhalten verursacht wird.“ (Burkardt.) Ergänzendes zum Personaleinsatz und Betriebsverfassungsgesetz Das Betriebsverfassungsgesetz enthält sehr viele Vorschriften, die den Personaleinsatz betreffen. So obliegt dem Arbeitgeber nach § 81 BetrVG die Pflicht, den „Arbeitnehmer über dessen Aufgaben und Verantwortung sowie über die Art seiner Tätigkeit und ihre Einordnung in den Betriebsablauf des Betriebes zu unterrichten. Er hat den Arbeitnehmer vor Beginn der Beschäftigung über die Unfall- und Gesundheitsgefahren, denen dieser bei der Beschäftigung ausgesetzt ist, sowie über die Maßnahmen und Einrichtungen zur Abwendung dieser Gefahren zu belehren.“ Ebenso hat der Gesetzgeber in den §§ 82, 83, 90, 91 und 106 BetrVG Vorschriften fixiert, die sich auf den Arbeitsablauf, auf die Arbeitsumgebung und auf Veränderungen beziehen, wenn eine andere Organisation die hergebrachte umwälzt und eine Umstellung des Arbeitnehmers erforderlich macht. In diesem Fall ist allerdings vorausgesetzt, dass ein Wirtschaftsausschuss institutionalisiert ist, und das ist nur in größeren Unternehmen mit mehr als einhundert Arbeitnehmern der Fall. Fest steht, dass ein Arbeitnehmer dem Unternehmen bei Veränderungen seines Arbeitsplatzes, seines Arbeitsumfeldes und seiner Aufgaben nicht schutzlos ausgeliefert ist.
400
Personalwesen
8. Die Personalbetreuung an zwei Beispielen 8.1
Allgemeines
Der Begriff Personalbetreuung ist so vielschichtig und wird so unterschiedlich in Praxis und Theorie benutzt, dass von einer Definition Abstand genommen werden muss. Zu ihr werden im Allgemeinen Personalführung, Personalverwaltung, Personalentwicklung und Personalbeurteilung und betriebliches Gesundheitswesen gezählt. Fragen aus der Führung sind im ersten Kapitel (Geschäftsführung) geklärt und können auf die Personalführung übertragen werden. Auch die Personalverwaltung ist in diesem Kapitel bereits explizit angesprochen worden, lässt sich aber auch aus anderen Funktionen, wie zum Beispiel der Materialwirtschaft und Produktionswirtschaft, ableiten. Im Übrigen ergeben sich Verwaltungsfragen ebenso bei der Finanzierung und der Organisation.
Zusätzliche Information zum Begriff Personalentwicklung Die Personalentwicklung umfasst alle bildungs- und stellenbezogenen Maßnahmen (Ausbildung, Weiterbildung, Umschulung, Verwendungsplanung und -steuerung, Aufstiegsplanung und -steuerung, Stellvertretungsregelungen etc.), die zur Qualifizierung der Mitarbeiter und Führungskräfte dienen und sich stützen auf Informationen über Personen (Eignungs- und Fähigkeitsprofile, Leistungen, Potenziale etc.), Organisationseinheiten (Anforderungsprofile) und relevante Märkte (Bildungs- und Arbeitsmärkte u.a.). Die Personalentwicklung versteht sich einerseits mitarbeiterorientiert (die persönlichen Zielvorstellungen berücksichtigend) und andererseits unternehmensorientiert …“
Aufgabe 33. a)
8.2
Personalentwicklung
Personalentwicklung stellt die Summe der Maßnahmen dar, die der individuellen beruflichen Entwicklung der Mitarbeiter unter Beachtung ihrer persönlichen Interessen und Fähigkeiten und der betrieblichen Ziele zukunftsorientiert dienen. Ein Unternehmen ist kein Gebilde, das in seinem Aufbau und in seinen Prozessen auf Dauer festgelegt ist. Es unterliegt sowohl inner- und außerbetrieblichen Einflüssen, die das Unternehmen als Ganzes verändern. Aus dieser Perspektive, aber auch aus der gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen lässt sich die Notwendigkeit einer betrieblichen Personalentwicklung begründen.
Welche Aufgaben hat die Personalführung zu erfüllen?
b) Inwiefern hat auch die Personalverwaltung Betreuungsfunktion? Zu den Zielen der Personalentwicklung Die Personalentwicklung vermag durch ihren Einsatz die unterschiedlichen Interessenlagen der Beteiligten, also die der Unternehmung und die der Mitarbeiter, in Einklang zu bringen. Die Unternehmensleitung will vorrangig den Bestand an Fach- und Führungskräften sichern und Nachwuchskräfte aus den eigenen Reihen heranbilden, sodass eine größere Unabhängigkeit vom Arbeitsmarkt gegeben ist, die Mitarbeiter möchten einerseits die Ansprüche, die der Arbeitsplatz an sie stellt, besser erfüllen, andererseits eine Grundlage für ihren persönlichen Aufstieg aufbauen, oder sie möchten sich einfach nur vervollkommnen und bisher ungenutzte persönliche Fähigkeiten entdecken, die sie möglicherweise zu anspruchsvolleren Aufgaben bzw. zur größeren Selbstverwirklichung führen. Die Gesellschaft erwartet von der betrieblichen Bildung, dass sie das staatliche Bildungswesen unterstützt, spezielle Bildungsinhalte vermittelt, die der Gesetzgeber nicht erfüllen kann, und generell humane Ressourcen aufdeckt und vergrößert
8.
Die Personalbetreuung an zwei Beispielen
401
Drei Gründe seien genannt:
Aufgabe
•
Die Personalentwicklung sorgt für die Anpassung der Qualifikationen der Mitarbeiter an die sich verändernden Anforderungen (oft auf technische und organisatorische Neuerungen zurückzuführen).
34. Nennen Sie weitere Gründe, die eine Personalentwicklung erforderlich machen!
•
Generell wird heute gesagt, dass Menschen ein Leben lang lernen und dass deshalb Betriebe eine lernende Organisation sein müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Trägt ein Unternehmen dieser Maxime Rechnung, dann trägt die Personalentwicklung zur Sicherung des Unternehmens und der Arbeitsplätze in der Zukunft bei.
•
Ein gutes betriebliches Bildungswesen mit seinen vielseitigen Möglichkeiten zur Fortbildung wirkt motivationsfördernd und leistungsstimulierend.
Zur Personalentwicklung gehören – wie auch zu allen Organisationsangelegenheiten und wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen – drei Phasen: •
die Planungsphase
•
die Realisationsphase
•
die Kontrollphase.
Die Planungsphase setzt Informationen über die Ziele der Unternehmung, über die Ziele ihrer Mitglieder, über Anforderungsprofile, über Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie über das Leistungsvermögen der Belegschaft voraus. Meist liegen Beurteilungen der Mitarbeiter vor. Oft existieren Protokolle und andere Niederschriften über die Arbeit der im Unternehmen vorhandenen Qualitätszirkel, die auf die Eignung der Mitarbeiter schließen lassen. Zusammen mit Laufbahnvorgaben und Bedarfen in Einzelfunktionen und Abteilungen lassen sich im Rahmen der beruflichen Fortbildung* die in Frage kommenden Instrumente (Realisation) festlegen.
* In der Bildung werden Fort- und Weiterbildung
nicht synonym verwendet.
Abb. 50: Pressebericht Quelle: iwd Beispiele von Bildungsangeboten der DMW AG Offene Seminare Hierbei handelt es sich um die im firmeninternen Leistungsangebot ausgedruckten Veranstaltungen. Die Teilnahme richtet sich im Wesentlichen nach Inhalten, Zielgruppen und Funktionsebenen. Charakteristisch an offenen Seminaren sind relativ homogene Teilnehmergruppen aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen. Die Umsetzung der Lerninhalte am Arbeitsplatz wird bei der DMW AG sehr stark vom jeweiligen Vorgesetzten unterstützt. Funktionsspezifische Maßnahmen Die DMW AG hat Programme entwickelt, die sich an eine definierte Zielgruppe wenden. Die Absicht ist dabei, die Zielgruppe durch eine Reihe von aufeinander abgestimmten Maßnahmen innerhalb eines Zeitraumes von 2–3 Jahren für eine spezifische Aufgabe zu qualifizieren. Es werden Gruppen gebildet, die für die Gesamtdauer der Maßnahme weitgehend zusammenbleiben. Das bietet die Möglichkeit, innerhalb der Seminare Arbeitsgruppen zu bilden (Transfergruppen), die zwischen den einzelnen Maßnahmen zum Zwecke der Vertiefung, des Austausches von Erfahrungen etc. zusammenkommen.
402
Personalwesen
Prozessbegleitende Maßnahmen Aufgrund der fortwährenden Veränderungen, Ausrichtungen auf dem Markt und Optimierungen der Strukturen finden bei der DMW AG ständig strategische Prozesse statt. Dies gilt für Aktivitäten besonders bei Umorganisationen, Restrukturierungsmaßnahmen, der Einführung neuer Verfahren, der Installation neuer Arbeitsformen. Die Bildungsprogramme sind als flankierende Maßnahmen zu verstehen. Sie werden z. B. als Seminare und besonders gern als Workshops geführt.
Aufgabe 35. a)
Sehen Sie sich in Ihrem Unternehmen die Personalentwicklung an, und stellen Sie deren Ziele heraus!
b) Was verstehen Sie unter so genannten Coachings und Workshops?
Zur betrieblichen Ausbildungsplanung Abb. 51:
Arten der betrieblichen Bildung
Das Bildungsangebot der Unternehmen, aber auch das von externen Instituten und Anbietern ist so vielseitig, dass den individuellen und betrieblichen Erfordernissen beinahe überall Rechnung getragen werden kann. Eine Zentralstellung der betrieblichen Bildung nimmt die Ausbildung junger Menschen ein. Die betriebliche Ausbildung soll junge Menschen zu einer möglichst breit ausgelegten fachlichen Qualifikation und zur Selbstständigkeit und Eigenverantwortung am Arbeitsplatz führen und zusammen mit der schulischen Bildung (beide zusammen als duale Berufsbildung verstanden) einerseits die erstrebte Berufsqualifikation (z. B. Industriekaufmann) erwerben lassen, andererseits fähig machen, auch bei Firmenwechsel einen anderen Arbeitsplatz mit anderen Aufgaben erfolgreich auszufüllen. Das setzt den Erwerb von Schlüsselqualifikationen voraus.
Für jeden Ausbildungsberuf ist eine staatliche Verordnung erlassen worden, nach der ausgebildet werden muss. Derartige Verordnungen sind das entscheidende Ordnungsmittel der Ausbildung. Sie enthalten Festlegungen und Vorschriften über staatliche Anerkennung des Ausbildungsberufes •
Ausbildungsdauer
•
Ausbildungsberufsbild
•
Ausbildungsrahmenplan
•
Ausbildungsplan
•
Berichtsheft
•
Zwischenprüfung, Abschlussprüfung
•
Übergangsregelungen.
Im Ausbildungsrahmenlehrplan sind u. a. in chronologischer Reihenfolge die zu vermittelnden Kenntnisse und Fertigkeiten aufgelistet.
8.
8.3
Die Personalbetreuung an zwei Beispielen
Die Mitarbeiterbeurteilung
403
Ergänzungen zum Begriff Persönlichkeitsbeurteilung
8.3.1 Begriff und Dimension Mitarbeiterbeurteilungen in Unternehmen stellen Einschätzungen der Leistungen und der Verhaltensweisen der Arbeitnehmer dar. Sie sind Bewertungen der Mitarbeiter, die sowohl in verbaler Form als auch in Ziffern aufgestellt werden. Mitarbeiterbeurteilungen bilden die Grundlage für eine personalwirtschaftliche Strategie. Sie sind das Führungsinstrument der Leitung über die Belegschaft. Mit ihnen werden viele Ziele verfolgt, von denen einige genannt seien. Sie dienen •
der Führung zur richtigen, gerechteren und besseren Nutzung der Mitarbeiterpotenziale
•
als Basis für eine leistungsbezogene Lohn- und Gehaltsfindung
•
dem gezielten Personaleinsatz, einschließlich der internen Personalbeschaffung bzw. der Beendigung von Arbeitsverhältnissen
•
der sinn- und planvollen Personalentwicklung
•
der Kontrolle aller personalpolitischen Entscheidungen.
Ihre Dimensionen haben eine Tragweite, die ihnen zu einer Zentralstellung im Personalwesen verhalfen. Und sie haben Auswirkungen, die in alle Funktionen des Unternehmens hineinwirken, wenn auf ihrer Grundlage Personalentscheidungen getroffen werden. Statt „Mitarbeiterbeurteilung“ wird oft das Wort Personalbeurteilung gewählt. Dieses schließt die Beurteilung der Bewerber ein.
Bei der Persönlichkeitsbeurteilung steht die Beurteilung charakterlicher Eigenschaften des Mitarbeiters im Vordergrund. Es wird davon ausgegangen, dass wesentliche Charaktermerkmale die Arbeitsleistung bestimmen. Sind diese einmal erkannt und beurteilt worden, können die zukünftige Arbeitsleistung und das zukünftige Arbeitsverhalten prognostiziert werden. Leistungsbeurteilung Die Leistungsbeurteilung vergleicht ein beobachtbares und beschreibbares Arbeitsergebnis mit einem Soll. Je nach Höhe des festgelegten Solls ist das Ist dann Indikator der geschafften Leistung. Die Leistungsbeurteilung ist immer eine Ergebnisbeurteilung. Werden Normalleistungen – im Polaritätsprofil als „0“ ausgewiesen – als Basis des Solls bestimmt, dann entspricht jedes Mehr, das ein Mitarbeiter schafft, einem Entfernen von der Durchschnittsleistung hin zu Höchstleistungen (im Profil dann als + 3 oder + 6 erscheinend). Voraussetzung allerdings ist, dass die Leistungen messbar sind, und das ist bei Qualitätsfragen, mit denen Arbeitsleistungen in der Regel verbunden sind, außerordentlich schwierig. Potenzialbeurteilung Die Potenzialbeurteilung ist eine Eignungsund Befähigungsbeurteilung und schließt meist die so genannte Entwicklungsbeurteilung ein. Letztere soll feststellen, inwieweit die Qualifikation des Mitarbeiters mit den Anforderungen am Arbeitsplatz übereinstimmt. Eine höhere Qualifikation offenbart das Potenzial für Stellen mit höheren Anforderungen.
404
Personalwesen
Abb. 52:
Beispiel einer Mitarbeiterbeurteilung
Aufgabe 36. a)
Welche zehn Beurteilungsmerkmale würden Sie für die Einschätzung einer Führungskraft nennen? Welche von diesen sind Ihrer Meinung nach am wichtigsten?
b) Deuten Sie die folgenden Texte aus einer Beurteilung:
Abb. 53:
Dimensionen einer Mitarbeiterbeurteilung nach Harlander u. a.
8.3.2 Hauptmerkmale einer Beurteilung bei Mitarbeitern in der Verwaltung Die meisten Unternehmen haben eigene Beurteilungsvorstellungen entwickelt, lehnen sich aber oft an bekannte Schemata an, in denen nach •
Fachkönnen
•
geistigen Fähigkeiten
•
Zusammenarbeit (bei Bedarf)
•
Führungsqualitäten
unterschieden wird.
„ … bemühte sich stets, den Anforderungen gerecht zu werden“ „ … das Verhalten im Kollegenkreis war tadellos“ „ … verstand es, die Aufgaben mit vollem Erfolg zu delegieren“ „ … wir wünschen für die Zukunft alles Gute, vor allen Dingen Gesundheit“ Beispiel: Beurteilungszeiten bei der DMW AG Die DMW AG unterhält ein umfassendes und übersichtliches Beurteilungssystem. Regelmäßige Beurteilungen werden für alle Mitarbeiter jedes Jahr abgegeben, anlassbedingte zu entsprechenden Zeiten, also bei Umsetzung, bei Kündigung oder bei Übertragung neuer Aufgaben.
8.
Die Personalbetreuung an zwei Beispielen
405
Beispiel Sachbearbeiter im Einkauf der DMW AG
Abb. 54:
Beurteilungsmerkmale für die Zusammenarbeit
8.3.3 Verfahren zur Leistungsbeurteilung Als einfachste Form der Leistungsbeurteilung gilt die freie Beschreibung des Leistungsverhaltens und der Leistungsergebnisse der Mitarbeiter. Vorschriften gibt es nicht. Dem Vorteil einer individuellen Einschätzung steht der Nachteil einer fehlenden Vergleichbarkeit gegenüber. Stellt die Beurteilung gleichzeitig eine verbale Beschreibung des Verhaltens dar, hat derjenige, der sie zur Grundlage von Entscheidungen machen möchte, Auslegungsschwierigkeiten, denn er weiß nicht genau, was sich der Beurteiler bei dieser oder jener Ausdrucksweise gedacht hat. So genannte „strukturierte“ oder „gebundene“ Verfahren zur Mitarbeiterbeurteilung gehen von dem Grundsatz der Vergleichbarkeit aus. Vorgegebene Merkmale sind in Rangreihen geordnet und erlauben jeweils eine Punktzahl einzutragen, die bei Addition zu einer Gesamtsumme führt (siehe Abb. 52).
Die Leistungsbeurteilung des Sachbearbeiters (Abb. 52) weist insgesamt einen Punktestand von 115 aus. Nur „Insider“ wissen, wie hoch die zu erreichende Punktzahl je Beurteilungsmerkmal ist. Es ist hier davon auszugehen, dass alle drei Beurteilungsräume dieselbe Höchstpunktzahl erreichen lassen. Sie beträgt 54. Da alle Merkmale gleich gewichtet sind, aber eine unterschiedliche Punktzahl ausmachen, verfügt der Beurteilte über gewisse Stärken (Einsatzbereitschaft) und Schwächen. Die Gesamtpunktzahl von 115 erreichten von insgesamt 162 erreichbaren Punkten lässt den Schluss einer befriedigenden „Note“ zu, weil circa zwei Drittel des Solls erreicht worden sind. Die Objektivität von Beurteilungen Die gesamte menschliche Wahrnehmung von Personen ist möglichen Täuschungen ausgesetzt. So wie ein Mensch mit einem versandfertigen Brief in seiner Tasche auf seinem Weg mehr Briefkästen wahrnimmt als üblicherweise, so wird auch Verhalten, das wir von anderen erwarten, leichter wahrgenommen. Voreinstellungen zu einer Person wirken sich dadurch wie eine „self-fulfilling prophecy" aus. Tendenziell werden deshalb beispielsweise Fehler bei „guten“ Mitarbeitern leichter übersehen als bei leistungsschwächeren. Aber auch Vermutungen über das Zusammenwirken verschiedener Größen beeinflussen die Wahrnehmung. So werden Brillenträger gelegentlich von Versuchspersonen im Durchschnitt als intelligenter eingeschätzt als Normalsichtige. Auch nonverbale Signale wie Mimik oder Körperhaltung bestimmen weitgehend unbewusst die Wahrnehmung anderer Personen, ohne dass daraus tatsächlich objektive Unterschiede im Verhalten abzuleiten wären.
Abb. 55:
Ein Personalchef plaudert aus dem Nähkästchen
Aufgabe 37. Es gibt auch Einwände gegen jede Leistungsbeurteilung. Können Sie einige Einwände erläutern?
406
Personalwesen
Aufgaben 38. a) Sehen Sie sich die Beurteilungsmerkmale für den Arbeitseinsatz an! Würden Sie alle gleich gewichten? Können Sie Vorschläge zur Gewichtung unterbreiten? b) Beurteilen Sie diese Mitarbeiterin: Frau Lisbeth König beherrscht ihr Arbeitsgebiet entsprechend den Anforderungen. Sie erledigte ihre Aufgaben mit Umsicht und Engagement. Ihre gesellige Art ist in Mitarbeiterkreisen sehr geschätzt. Darüber hinaus wusste sie sich auch gut zu verkaufen. Im Laufe der Jahre hat sie ihre Kenntnisse weiterentwickelt. Abb. 56:
Leistungsbeurteilung
Das Verfahren wird Einstufenverfahren genannt. Es ist ein analytischer Weg, der beschritten wird. Mit der Eintragung wird sichergestellt, dass alle Mitarbeiter nach gleichen Merkmalen und gleichen Maßstäben eingeschätzt werden. Es ist unbrauchbar, wenn einzelne Arbeitsplätze eine andere Gewichtung der Rangstufen erfordern, so, wenn im Vordergrund der Arbeit nicht die Menge, sondern die Qualität steht. Daher hat es sich als praktikabel erwiesen, im ersten Schritt die Merkmale nach Punkten einzuordnen und sie im zweiten Schritt im Verhältnis zu den anderen zu gewichten. Dabei kann auf jeden nicht vergleichbaren Arbeitsplatz, der vorher analysiert sein muss, eine individuelle Gewichtung erfolgen. Hierbei wird vom Mehrstufenverfahren gesprochen. „Das Gewicht“, schreibt Bröckermann, „eines Merkmals ergibt sich daraus, in welchem Umfang es Leistung und Verhalten der Beschäftigten beeinflusst. Wissenschaftlich begründbare Regeln gibt es (allerdings) nicht.“
Zu den Beurteilungszuständigkeiten Eine Beurteilung wird meist durch den direkten Vorgesetzten vorgenommen. Er als Beurteiler kennt am besten den Zweck der Beurteilung und meist auch Leistungsvermögen und Leistungsergebnis seiner Mitarbeiter. In manchen Fällen werden als Beurteiler Fachleute eingesetzt, die nicht dem Unternehmen angehören (externe Beurteiler), manchmal sind es Kollegen, die ein Urteil über Mitarbeiter abgeben (Kollegenbeurteilung), oft muss sich der zu Beurteilende selbst beurteilen, einer Selbstauskunft unterziehen, von z.B. Banken bei Kreditanträgen praktiziert. Allen Möglichkeiten haften Schwächen an, auf die z.T. hingewiesen wurde. Es sei aber dennoch hervorgehoben, dass die Beurteilung durch einen Vorgesetzten – selbst wenn der Beurteilte zu den Aussagen Stellung nehmen kann außerordentlich fragwürdig ist, wenn man sie a) nicht quantifizieren kann oder b) wenn der Beurteiler voreingenommen ist. Letzteres ist häufig der Fall.
9.
Das Arbeitsentgelt
407
9. Das Arbeitsentgelt 9.1
Der Elementarfaktor Arbeit
Der Mensch ist Mittelpunkt der Wirtschaft. Von ihm geht fast alles aus. Er ist der Impulsgeber für Neues, er sucht nach bisher nicht bekannten Rohstoffen, er erfindet bessere Maschinen, entwickelt schnellere Verfahren, steuert die Natur mit Eingriffen in die Pflanzen- und Tierwelt und macht durch die modernen Medien von sich reden. Er ist in den Betrieben das Kapital (Humankapital), das sie voranbringen kann, zu größeren Umsätzen führt und ihnen mehr Geltung verschafft. Dass sich allerdings sein Einsatz verändert hat, steht außer Frage. Wie eh und je beziehen Arbeitnehmer für die geleistete Arbeit ein Entgelt. Dieses ist ihr Einkommen (aus der Arbeitsleistung). Es ist der Preis für den Elementarfaktor Mensch, so wie die Zinsen der Preis für das Kapital und die Pacht der Gegenwert für die Inanspruchnahme von Boden sind. Trennte man früher noch Lohn und Gehalt, und Lohn erhielten gewerbliche Arbeitnehmer, das Gehalt gab es für kaufmännisch-verwaltende Tätigkeiten, so wird dieser Unterschied heute nicht mehr gemacht (die Begriffe Lohn und Gehalt sind daher synonym zu verwenden). Das Arbeitnehmereinkommen aus der Arbeitsleistung bildet die Grundlage für die Bedarfsdeckung der Haushalte. Je nach Anzahl der Haushaltsmitglieder, nach den dringenden Bedürfnissen, die zufrieden gestellt werden müssen, und den Wünschen, die darüber hinaus vorhanden sind, bestimmt die Höhe des Arbeitsentgelts das im Haushalt Machbare. Zweifellos geht der Ehrgeiz der Arbeitnehmer dahin, zukünftig einen höheren Lohn als in der Vergangenheit zu beziehen. Dagegen haben Arbeitgeber ein Interesse daran, die gegenwärtige Lohnhöhe einzufrieren, wenn nicht zu verringern.
Abb. 57 a:
Die Besonderheit des Arbeitsentgelts
Aufgabe 39. a)
Wie werden die Einkommen der folgenden Personenkreise üblicherweise genannt? Rechtsanwälte, Ärzte, Schauspieler, Versicherungsmakler, Aktionäre, Rentner und Vertreter
b) Finden Sie heraus, was sich hinter dem Begriff „Unternehmerlohn“ verbirgt! Ergänzende Informationen zu den Personalkosten Die Personalkosten eines Unternehmens setzen sich aus folgenden Einzelpositionen zusammen: • Löhne/Gehälter • Provisionen für Vertreter • tarifliche Sozialkosten • freiwillige Sozialkosten • gesetzliche Sozialkosten.
Beruf/Westdeutschland Busfahrer Informatiker Koch Verkäuferin Zahntechniker
Abb. 57 b:
Einkommen Stunde mtl. brutto brutto 2.081 EUR 12,65 EUR 3.598 EUR 21,87 EUR 1.329 EUR 8,08 EUR 1.416 EUR 8,60 EUR 1.906 EUR 11,58 EUR
Bruttoeinkommen verschiedener Berufsgruppen (Quelle: Bild 2006)
408
Personalwesen
Denn Löhne stellen für sie Kosten dar, und Kosten belasten den Preis. Je höher die Stückkosten, desto höher meist auch der Preis, der vom Käufer gefordert werden muss.
Noch komplizierter werden die Differenzierungen bei gesetzlichen, tariflichen und freiwilligen Sozialkosten (auch als Sozialleistungen bezeichnet): Zu den gesetzlichen Sozialkosten zählen:
9.2
Bestimmungsfaktoren der Lohnhöhe
Der individuelle Lohn ist vom gesamtwirtschaftlichen Lohnniveau, d.h. von der in einer Volkswirtschaft gezahlten durchschnittlichen Lohnhöhe, abhängig. Die das Lohnniveau bewegenden Größen stammen vornehmlich aus der Volkswirtschaft. Es sind Preisniveauveränderungen einerseits und das Wirtschaftswachstum andererseits. Außerdem ist für das aktuelle Lohnniveau und für die Lohnhöhe des einzelnen Arbeitnehmers auch die jeweilige Arbeitsmarktlage von Bedeutung. In Zeiten der Vollbeschäftigung lassen sich Lohnerhöhungen leichter durchsetzen als in Zeiten einer Unterbeschäftigung. Bei einer hohen Arbeitslosigkeit fallen daher Lohnerhöhungen nur spärlich aus, wenn sie überhaupt zustande kommen. Mangelberufe erzwingen höhere Löhne, weil Arbeitgeber für sie mehr zahlen als die Tarife es vorsehen, nur, um solche qualifizierten Mitarbeiter für sich zu gewinnen. Neben diesen gesamtwirtschaftlichen Größen wird die Lohnhöhe auch von sogenannten individuellen Faktoren des einzelnen Mitarbeiters beeinflusst. So kommt es darauf an, welche Arbeitsanforderungen bei der Bewältigung der Aufgaben an einem Arbeitsplatz gestellt werden, welche Arbeitsleistungen und wie viele zu erbringen sind, und schließlich spielen auch soziale Faktoren eine Rolle, so zum Beispiel der Familienstand, Dauer der Betriebszugehörigkeit u.a.
• • • • • • • •
Rentenversicherung Krankenversicherung Arbeitslosenversicherung Berufsgenossenschaftsprämien Konkursausfallgeld Mutterschaftsgeld Zuschüsse zur freiwilligen Krankenversicherung Ausgleichsabgaben für Schwerbehinderte
Den tariflichen Sozialkosten gehören an: • • • •
tarifliches Urlaubsgeld tarifliche Jahresleistungen (Treueprämien) Kontoführungsgebühr vermögenswirksame Leistungen.
Die freiwilligen Sozialkosten umfassen: • • • • • • • • •
Jubiläumsgelder Essensgeldzuschüsse Prämien für Vorschläge (Vorschlagswesen) Fahrtkostenzuschläge Betriebsausflüge Beihilfen bei Tod, Geburten, Hochzeiten Weiterbildung Pensionsrückstellungen betriebliche Zahlungen für Lebensversicherungen.
Als Personalzusatzkosten lassen sich alle Aufwendungen definieren, die zwar mit dem Personal zusammenhängen, nicht aber mit der tatsächlich geleisteten Arbeit direkt in Verbindung zu bringen sind. Man unterscheidet hier die gesetzlichen Personalzusatzkosten sowie tarifliche und betriebliche (siehe Abb. 59). Die gesetzlichen Personalzusatzkosten stimmen mit den gesetzlichen Sozialkosten überein.
9.
Das Arbeitsentgelt
409
Aufgabe
Abb. 58:
9.3
Einflussfaktoren auf den Lohn
Arbeitsrechtliche Grundlagen
40. Für die geleistete Arbeit wird nicht nur ein Bruttolohn gezahlt, sondern es addieren sich für den Betrieb zusätzlich sogenannte Lohnnebenkosten oder Personalzusatzkosten hinzu, wie die Grafik unten aufzeigt. Der größte Posten bei den Nebenkosten sind die gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung, also die Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung. Sie summieren sich auf 26,80 EUR (West) und 27,60 EUR (Ost) je 100 EUR Direktentgelt. Die Bundesregierung bemüht sich darum, die Arbeitslosenversicherung zu verringern. Welche Folgen hätte eine Verringerung der gegenwärtigen Arbeitslosenversicherungsquote von 6,5 % auf 4,2 % des Bruttolohns für Arbeitgeber und Arbeitnehmer? Beispiel:
9.3.1 Aus dem Privatrecht
Personalkosten der DMW AG
Der Gesetzgeber hat schon sehr früh die gesetzlichen Grundlagen für die Entlohnung gelegt. Sowohl das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) als auch das Handelsgesetzbuch (HGB) enthalten Vorschriften, die aus dem vergangenen Jahrhundert (1896/l897) stammen. So wird nach dem BGB § 611 derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung dieser Dienste und der andere Teil zur Zahlung für diese Dienste verpflichtet. Diese sehr allgemeine Formulierung wird im HGB in § 64 für Handlungsgehilfen, also kaufmännische Angestellte, präzisiert, indem es heißt: „Die Zahlung des dem Handlungsgehilfen zukommenden Gehalts hat am Schluss jedes Monats zu erfolgen. Eine Vereinbarung, nach der die Zahlung des Gehalts später erfolgen soll, ist nichtig.“
Die Personalkosten der DMW AG betrugen im Jahre 2005 circa 560 Mio. Euro. Bei einem Umsatz von ungefähr 900 Mio. Euro macht das über 60 % aus. Das war zu viel. DaimlerBenz ebenso wie BMW arbeiten mit 20–25 % Personalkosten vom Umsatz. Inzwischen ist die DMW AG auch bei einem Prozentsatz von 27 angelangt. Das war mit erheblichen Anstrengungen verbunden.
Abb. 59
Personalzusatzkosten
410
Personalwesen
9.3.2 Tarifrechtliche Regelungen
Beispiel:
Kollektives Arbeitsrecht
Entgeltregelungen der Chemie-Industrie Hessen
Die Entwicklung von Gewerkschaften und der Abschluss von Tarifverträgen unterstrichen in der Vergangenheit und unterstreichen auch noch heute die einzelvertraglichen Abmachungen und die gesetzlichen Bestimmungen. Tarifverträge Der Tarifvertrag ist ein schriftlicher Vertrag zwischen den Tarifparteien (Sozialpartnern), in dem Vorschriften über den Inhalt von Arbeitsverträgen, insbesondere Entlohnung und Arbeitsbedingungen, verbindlich geregelt sind. Er stellt damit für die meisten Arbeitnehmer die rechtlichen Grundlagen für das Arbeitsverhältnis dar. Manteltarifverträge Sie enthalten Bestimmungen über wöchentliche Arbeitszeit, Pausen, Urlaubsdauer, vermögenswirksame Leistungen, Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Mehrarbeit, die berufliche Weiterbildung etc. In den Manteltarifverträgen sind Vorschriften zusammengefasst, die im Allgemeinen längere Zeit gleich bleiben; diese Verträge haben deshalb längere Laufzeiten (meist mehrere Jahre) oder gelten unbefristet, jedoch mit vereinbarten Kündigungsfristen. Lohn- und Gehaltstarifverträge Sie enthalten die Einzelheiten über Lohn- und Gehaltstarife und über die Tarifgruppen. Sie werden in regelmäßigen Abständen den veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen angeglichen. Daher haben sie relativ kurze Laufzeiten (12 bis 18 Monate). Auch für die Auszubildenden gibt es Tarife über die Ausbildungsvergütung, die je nach Ausbildungsstufe und -jahr gestaffelt sind.
Die Chemische Industrie vereinbarte in ihrem Tarifvertrag insgesamt 13 Entgeltgruppen. Bei den Gruppen eins bis acht erfolgt keine Aufsplittung nach gewerblichen oder kaufmännischen Mitarbeitern beziehungsweise nach Tätigkeitsjahren. Dagegen wird bei den Entgeltgruppen neun bis 13 in kaufmännische, technische und Meistertätigkeiten unterschieden. Je nach Berufsjahren ist dann die Unterteilung in Anfangssatz, Satz nach zwei beziehungsweise nach vier beziehungsweise nach sechs Tätigkeitsjahren in der Gruppe vorgesehen. Zur tarifmäßigen Vergütung kann noch eine leistungsabhängige, individuelle Zulage gewährt werden. Das Bruttoentgelt setzt sich daher aus dem Entgelt gemäß Tarifvertrag und der leistungsabhängigen Zulage zusammen. Aus einem Arbeitsvertrag § 5 Entgelt 1. Unter Eingruppierung in die tarifliche Gehaltsgruppe … auf der Grundlage des derzeitig gültigen Tarifgehalts von … erhält Frau/Herr … folgendes Arbeitsentgelt: Tarifgehalt Gruppe K/T … EUR Tarifl. Leistungszulage EUR übertarifl. freiw. Zulage EUR EUR Gesamtgehalt EUR ================= Übertarifliche Gehaltsbestandteile werden freiwillig, jederzeit nach freiem Ermessen widerruflich und längstens für die Laufdauer des jeweiligen Gehaltsabkommens gewährt. Die Firma … behält sich vor, die übertarifliche Zulage jederzeit neu festzusetzen, und zwar rückwirkend, wenn und so weit eine Tariflohnerhöhung rückwirkend in Kraft tritt. 2. Durch die übertarifliche Zulage nach § 5 Nr. 1 werden … Überstunden abgegolten.
9.
Das Arbeitsentgelt
411
9.3.3 Betriebsvereinbarung
Fragen zum gerechten Lohn
Auch Betriebsvereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat gelten als Rechtsgrundlage für eine Entgeltpolitik, jedoch ist ihr Spielraum relativ eng. So finden sich in ihnen meistens nur Hinweise auf die Anwendung bestimmter Lohnformen, Regelungen über die Auszahlungswege und den Einsatz von Beurteilungsverfahren.
Ist es berechtigt, dass zwei Arbeitnehmer mit den gleichen Tätigkeiten, die sie an unterschiedlichen Orten leisten, voneinander abweichenden Lohn (durch Ortszuschläge) erhalten?
9.4
Die Arbeitsbewertung
9.4.1 Grundlagen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, vielfach vertreten durch Gewerkschaft, Betriebsrat, Arbeitsdirektor und sich selbst, geht es bei der Besoldung immer darum, eine gerechte Entlohnung zu finden, deren wichtigste Größe die Leistung sein dürfte, die die Arbeitskraft erbringt. Trotz gleicher oder angenäherter Ansichten über die Bestimmungsfaktoren eines gerechten Lohnes, die sich, wie schon ausgeführt, aus den Anforderungen zusammensetzen, die an eine Arbeitskraft gestellt werden, aus den Leistungen, die sie erbringt, aus den besonderen Arbeitsbedingungen und aus den sozialen Verhältnissen werden neben den gesamtwirtschaftlichen weitere Gesichtspunkte genannt, die für einen gerechten Lohn von großer Bedeutung sind. Dazu zählen z.B. die Branchen, die geografische Lage, die Betriebsgröße, die Stärke der Tarifpartner, Regierungsmaßnahmen u.a. Welchen Stellenwert sie im Rahmen der Lohnbestimmung einnehmen, sei hier nicht untersucht, jedoch sei darauf hingewiesen, um die Tragweite „eines gerechten Lohnes“ herauszustellen. In die Fragen der Lohngerechtigkeit werden auch solche der Mitbeteiligung der Arbeitnehmer am Betriebsergebnis oder am Unternehmensergebnis einbezogen (siehe auch Abschnitt 9.6).
Ist es gerechtfertigt, dass die Ecklöhne einer Branche (z.B. Metall) höher als die einer anderen (z.B. Bau) sind? Kann man gutheißen, dass der Gesetzgeber Lohnzuschüsse in strukturschwachen Gegenden bezahlt? Berechtigt die Betriebszugehörigkeit bei Arbeitnehmern mit vergleichbarer Tätigkeit zu einem Lohnaufschlag?
Aufgabe 41. a)
Machen Sie sich in Ihrem Betrieb kundig, ob bei gleichen Tätigkeiten Männer und Frauen gleich bezahlt werden!
b) Lassen Sie sich erklären, wie der Unterschied begründet wird.
Abb. 60:
Voraussetzungen zur Lohngerechtigkeit
412
Personalwesen
9.4.2 Verfahren zur Arbeitsbewertung
Beschreibung von Lohngruppen – Beispiele*
Die Lohnhöhe des einzelnen Mitarbeiters wird in Industriebetrieben maßgeblich durch die Anforderungen des Arbeitsplatzes bestimmt.
Arbeiten, deren Ausführung ein Können voraussetzt, das erreicht wird durch eine entsprechende ordnungsgemäße Berufslehre (Facharbeiten).
Die Arbeitsplatzbewertung hat die Aufgabe, die Arbeitsplätze hinsichtlich unterschiedlicher Leistungsanforderungen zu untersuchen und zu bewerten.
Arbeiten, deren Ausführung Fertigkeiten und Kenntnisse erfordert, die Facharbeiten gleichzusetzen sind.
9.4.2.1
Arbeiten höchstwertiger Art, die hervorragendes Können mit zusätzlich theoretischen Kenntnissen, selbstständige Arbeitsausführung und Dispositionsbefugnis im Rahmen des gegebenen Arbeitsauftrages bei besonders hoher Verantwortung erfordern.
Die summarische Arbeitsplatzbewertung
Eine summarische Arbeitsplatzbewertung betrachtet die Arbeitsaufgabe als Ganzes. Sie zerlegt sie nicht in einzelne Anforderungen. Beim summarischen Rangfolgeverfahren werden sämtliche im Betrieb vorkommenden Tätigkeiten katalogisiert. Danach werden sie durch direkten Vergleich der Schwierigkeit nach in eine Rangfolge gebracht. Die schwierigste steht obenan, die leichteste am Ende der Rangfolge. Die Anforderungen werden hierbei nicht gewichtet. Da im summarischen Rangfolgeverfahren die Leistungsanforderungen in einem globalen, nicht differenzierten Bewertungsvorgang ermittelt werden, ist die Gefahr eines Fehlurteils groß. Außerdem sagt die Rangfolge der Arbeitsplätze nichts über die Höhe der Lohnabstufungen aus. Das Lohngruppenverfahren geht einen anderen Weg. Bei ihm werden zunächst Lohngruppen definiert und erläutert. Die Erläuterungen enthalten Hinweise über Ausbildung und Erfahrung, die ein Mitarbeiter einer Lohngruppe haben muss. Außerdem wird der Katalog durch Richtbeispiele ergänzt, durch die eine Vielzahl der in der betreffenden Branche vorkommenden Tätigkeiten beschrieben wird.
Gruppe 7
Gruppe 10
*
Auszug aus dem Lohnrahmenabkommen verschiedener Industriezweige von NRW
Aufgabe 42. Formulieren Sie mit eigenen Worten, warum es außerordentlich schwierig ist, den Wert einer getanen Arbeit einzuschätzen und ihr danach einen „Lohn“ zuzuweisen!
Zu den Anforderungsarten Es gibt viele Anforderungsarten, die an eine Arbeitskraft gestellt werden. Das Genfer Schema hat sich insgesamt als besonders praktikabel erwiesen. Können
Belastung
geistige Anforderungen
X
X
körperliche Anforderungen
X
X
Verantwortung
X
Arbeitsbedingungen
X
9.
Das Arbeitsentgelt
Sind im Betrieb die einzelnen Stellen nach ihren Tätigkeiten erfasst, lassen sie durch einen Vergleich mit den beschriebenen Lohngruppen eine Zuordnung zu ihnen zu. 9.4.2.2
Die analytische Arbeitsplatzbewertung
Die analytische Arbeitsplatzbewertung zerlegt die Arbeit in einzelne Anforderungsarten, bewertet diese getrennt voneinander, gewichtet die bewerteten Anforderungsarten und errechnet durch Addition aller Einzelwerte den Gesamtarbeitswert. Die analytische Arbeitsplatzbewertung kennt zwei Verfahren, nämlich das
413
Das Können stellt den höchsten Grad einer Tätigkeit dar. Unberücksichtigt bleiben Dauer und Häufigkeit des Einsatzes. So muss ein Sachbearbeiter in der Organisation Arbeitsplätze analysieren können. Wie lange er dazu benötigt, um einen Arbeitsplatz zu durchleuchten, und wie viele Arbeitsplätze von ihm beurteilt werden, steht hier außer Frage. Die Belastung dagegen bezieht die Dauer einer Beanspruchung und die Häufigkeit mit ein. Da Verantwortung und Arbeitsbedingungen unabhängig vom Können in Anspruch genommen werden, gelangt man zu sechs Hauptanforderungsarten.
•
analytische Rangreihenverfahren und
Beispiel:
•
das analytische Stufenwertzahlverfahren.
Bewertung körperlicher Anforderungen
Das analytische Stufenverfahren geht nicht von Rangreihen, sondern von Anforderungsstufen mit unterschiedlichen Wertziffern aus. Die Wertziffern werden mit einem Stundenfaktor, z.B. 1,0, multipliziert. Durch Addition der Punktwerte ergibt sich eine Gesamtpunktzahl, die die Grundlage für die Einordnung in eine bestimmte Lohngruppe ist.
Wertzahl x Std.faktor = Punktwert
Anforderungsstufen
Beim Rangreihenverfahren wird eine Rangreihe der Anforderungen, z.B. von 1 bis 100, festgelegt. Die Rangreihe wird im Betrieb durch den Vergleich aller vorkommenden Tätigkeiten des Unternehmens ermittelt. Erfordert die Tätigkeit z.B. höchste körperliche Beanspruchung, bekommt sie den Wert 100, bei nur geringer Beanspruchung erhält sie den Wert 10. Auf diese Weise werden unterschiedliche Beanspruchungsdifferenzen in die Bewertung einbezogen. Die unterschiedliche Bedeutung der einzelnen Anforderungsarten ist durch eine Gewichtungsziffer zu berücksichtigen.
Stundenfaktor 1,0
1,1
1,4
1. ohne Handfertigkeit, keine besonderen Anforderungen
1,20
1,32
1,68
2. normale Handfertigkeit, kurze Übung
3,60
3,96
5,04
3. Handfertigkeit bei mehreren Operationen
6,00
6,60
8,40
4. große Handfertigkeit, präzises Arbeiten
8,40
9,24
11,76
5. Handfertigkeit, langjährige Übung, völlige Körperbeherrschung
10,80
11,88
15,12
Die Stundenfaktoren 1,2; 1,3; 1,5 sind ausgelassen.
414
9.5
Personalwesen
Entlohnungsformen
Durch die Berücksichtigung der Anforderungsschwierigkeiten am Arbeitsplatz ist die Zuordnung zu einer Lohngruppe geregelt. Damit ist ein hoher Grad an Anforderungsgerechtigkeit erreicht. Nun geht es darum, dem Prinzip der Leistungsgerechtigkeit nachzukommen. Sie kann mit der Wahl der richtigen Lohnform erreicht werden.
Das vorliegende Beispiel enthält 5 Anforderungsstufen. Die Wertdifferenz beträgt von Stufe zu Stufe 2,4. Da die Belastung zeitlich kurz oder auch dauerhaft sein kann, werden die Wertziffern mit einem Stundenfaktor multipliziert. Erfordert die Tätigkeit nur eine kurze Belastungszeit, dann ist der Stundenfaktor 1,0 die Grundlage weiterer Berechnungen. Alle Wertziffern entsprechen dieser Rubrik, d.h., die in der Spalte 2 ausgewiesenen Zahlen sind mit der Wertziffer identisch. Bei dauerhafter Belastung ist der Stundenfaktor 1,5. Bei fast dauernder Belastung 1,4. Dementsprechend sind die Mittelwerte gebildet. In der Übersicht sind nur drei verschiedene Stundenfaktoren berücksichtigt, in Wirklichkeit sind es insgesamt sechs. So ist z.B. die Tätigkeit „Gewindedrehen“ in die Anforderungsstufe 4 einzuordnen. Beansprucht das Gewindedrehen an dem zu bewertenden Arbeitsplatz 80 % der gesamten Tätigkeit, so ist die Wertziffer 8,4 mit dem Stundensatz von 1,4 malzunehmen. Der Rest der Tätigkeit entfällt auf normale Handfertigkeit, Wertzahl 3,6. Wird der Gewindedreher während dieser Zeit etwas mehr als normal belastet, dann wird der Stundenfaktor nicht 1,0, sondern möglicherweise 1,1 sein. Die Rechnung sieht nun so aus: Tätigkeit
Anforderungsstufe
Wertziffer
Stundenfaktor
Punktwert
Gewinde drehen
4
8,4
1,4
11,76
Arbeit vorbereiten
2
3,6
1,1
3,96
Punktzahlen
Abb. 61:
Lohnformen
Der Zeitlohn ist ein Arbeitsentgelt, das sich nach der Dauer der geleisteten Arbeitszeit bemisst. Es wird trotzdem in der Regel keine reine Anwesenheitsprämie gezahlt, vielmehr wird, ohne es ausdrücklich zu sagen, arbeitsvertraglich die Normalleistung vereinbart und erwartet.
15,72 Zu diesen Punkten werden die Punktezahlen der anderen Anforderungen addiert. Die gesamte Punktzahl aller Anforderungen führt zum Lohnsatz.
Aufgabe 43. Welche Kritik lässt sich zu diesem Verfahren anbringen?
9.
Das Arbeitsentgelt
Der Leistungslohn richtet sich nach der erbrachten Arbeitsleistung. Eine leistungsabhängige Entlohnungsform setzt voraus, dass •
der Mitarbeiter die Mengenleistungen verändern kann
•
die Güte der Arbeitsleistungen nicht beeinträchtigt werden darf
•
die Tätigkeitsart exakt bestimmt und die Durchführung klar festgelegt sein muss
•
der Mitarbeiter durch die höhere Leistung nicht gesundheitsmäßig oder durch höhere Unfallgefahren gefährdet werden darf.
Beim Akkordlohn wird der Mitarbeiter für die geleistete Arbeitsmenge entlohnt, und zwar dient das Mengenergebnis der Arbeit als Berechnungsgrundlage für die Lohnhöhe. Der Akkord weist einen unmittelbaren Leistungsbezug auf, wobei ein proportionaler Zusammenhang zwischen erbrachter Mengenleistung und Lohn besteht. Beim Stückakkord wird für jedes Arbeitsstück ein bestimmter Geldbetrag vorgegeben. Der Stückakkord wird auch Stückgeldakkord genannt. Der Stückzeitakkord beschreitet einen anderen Weg. Bei ihm bestimmt zwar auch die Leistungsmenge die Lohnhöhe, jedoch wird für jede Leistungseinheit eine Vorgabezeit vergütet, ein so genannter Zeitakkordsatz. Multipliziert man die Gesamtleistung mit dem Zeitakkordsatz (= Vorgabezeit), erhält man die Gesamtvergütungszeit. Danach muss man diese mit einem Geldsatz pro Minute (Minutenfaktor) malnehmen und gelangt danach zum Bruttoarbeitslohn. Vorgabezeiten werden durch Arbeitszeitstudien ermittelt. Mit einer Stoppuhr werden die unterschiedlichen Zeiten einer bestimmten Tätigkeit bei verschiedenen Arbeitskräften gemessen.
415
Hinweise zur Normalleistung nach REFA Unter REFA-Normalleistung bei gewerblichen Mitarbeitern wird eine Bewegungsausführung verstanden, die dem Beobachter hinsichtlich der Einzelbewegungen, der Bewegungsfolge und ihrer Koordinierung besonders harmonisch, natürlich und ausgeglichen erscheint. Sie kann erfahrungsgemäß von jedem im erforderlichen Maße geeigneten, geübten und voll eingearbeiteten Arbeiter auf die Dauer und im Mittel der Schichtzeit erbracht werden, sofern er die für die persönlichen Bedürfnisse und gegebenenfalls auch für die Erholung vorgegebenen Zeiten einhält und die freie Entfaltung seiner Fähigkeiten nicht behindert wird.
Aufgabe 44. a)
Bei welchen Arbeiten sollte ein Zeitlohn angewandt werden?
b) Nennen Sie Vor- und Nachteile dieser Lohnform! c)
Der Zeitlohn mit Zulagen hat sich nicht recht bewährt. Woran liegt das?
Beispiel: Stückakkord Leistungsmenge = 2 000 Stück Akkordsatz
= 1,00 Euro je Leistungseinheit
Monatslohn
= 2 000 x 1,00 = 2000 Euro
Bei der Berechnung des Akkordsatzes je Leistungseinheit ist zunächst von einem garantierten Mindestlohn auszugehen. Dieser ist in Tarifverträgen festgeschrieben. Ihm wird ein bestimmter Prozentsatz zugeschlagen (Akkordzuschlag).
416
Da die tatsächlich erbrachte Leistung (Ist) der einzelnen Arbeitskräfte unterschiedlich ist, muss der Zeitnehmer gleichzeitig den Leistungsgrad der Arbeitskräfte schätzen, also beurteilen, ob die Testperson eine sehr schwache, schwache, ausreichende, befriedigende oder gute Leistung bzw. sehr gute Leistung erbringt. Entsprechend wird der Leistungsgrad eingestuft und mit der Istleistung multipliziert. Aus der Summe aller erbrachten Leistungen unter Berücksichtigung ihrer Leistungsgrade kommt man so zur Normalleistung pro Stunde. Der Gruppenakkord wird überall dort angewandt, wo die Arbeitsleistung von einem Team erbracht wird. Auf der Grundlage der Gruppenleistung wird zunächst ein Gruppenlohn, entweder nach dem Stückgeldakkord oder dem Stückzeitakkord, berechnet, der dann nach einem Schlüssel für die einzelnen Mitglieder der Gruppe verteilt wird. Der Prämienlohn ist auch ein Leistungslohn. Während der Akkordlohn nur angewandt werden kann, wenn die Leistungen in Mengeneinheiten gemessen werden können, werden beim Prämienlohn neben Mengenleistungen auch Geschwindigkeits- und Qualitätsleistungen einbezogen. Grundsätzlich ist die Prämie ein prozentualer Aufschlag zum Grundlohn. Der überwiegende Teil des Lohnes besteht aus einem festen Grundlohn (Fixum). Eine Prämie wird nur für die Mehrleistung gezahlt. Die Vorteile einer Prämie liegen auf der Hand. Prämien verringern die Fluktuation, wirken sich auf die Qualität der Arbeit aus und motivieren Arbeitnehmer, noch sorgsamer bei ihrem Einsatz zu sein. Das Problem allerdings ist und bleibt der Verteilungsschlüssel. Prämien werden oft auch im Einzelhandel vereinbart, z.B. in Kaufhäusern. Dabei werden Prämien für außergewöhnliche Umsätze gewährt.
Personalwesen
garantierter Mindestlohn
9,00 EUR
+ Akkordzuschlag 25 %
2,25 EUR
Akkordstundenlohn
11,25 EUR
: Normalleistung je A.stunde
11,25 Stk.
Akkordsatz je Leist.einheit /D
1,00
Der Akkordstundenlohn wird durch eine mit Hilfe von Zeitstudien ermittelte Normalleistung geteilt. Als Quotient erhält man den Akkordsatz je Leistungseinheit. Beispiel: Gruppenakkord bei der DMW AG Die DMW AG hat in ihrem modernsten Werk in den neuen Ländern den Gruppenakkordlohn eingeführt. Jede Gruppe konnte entscheiden, wie der gesamte Gruppenlohn auf die Gruppenmitglieder umgeschlagen werden soll. Dabei hat sich der größte Teil der Teams dafür ausgesprochen, eine gleichmäßige Bezahlung aller Mitglieder vorzusehen, zumal in den Gruppen an wechselnden Arbeitsplätzen gearbeitet wird (job rotation). Jedoch ist man übereingekommen, Altersunterschiede bei der Verteilung zu berücksichten.
Aufgabe 45. a)
Es wird behauptet, dass Gruppenakkord das Zusammengehörigkeitsgefühl der Gruppenmitglieder fördert. Können Sie diese Meinung teilen?
b) Halten Sie die Lösung der Gruppenakkordvergütung bei der DMW AG für sinnvoll? Ergänzung zu Prämienlohn Prämien werden z. B. • für hohe Ausbringungsmengen • für geringen Materialabfall • für sparsamen Energieverbrauch • für termingerechte Fertigung • für geringe Fehlzeiten • für geringe Ausschussquoten und • für hohe Qualität gezahlt.
9.
9.6
Das Arbeitsentgelt
417
Die Mitbeteiligung der Arbeitnehmer
Die betriebliche Leistung ist das Ergebnis des Zusammenwirkens der Elementarfaktoren, also auch aller Menschen, die in der Prozesskette eingebunden sind. Jeder Faktor verursacht Kosten, und sie werden – wenn der Markt dies hergibt – über den Preis vergütet. Das Kapital hat Anspruch auf Zinsen, der Unternehmer auf Unternehmerlohn, der Arbeitnehmer auf Entgelt für seine Arbeitsleistungen, für den Boden ist eine Pacht zu zahlen etc. Sind alle Faktoren aus der Prozesskette entgolten bzw. ersetzt worden, und verbleibt dem Unternehmen dann noch ein Restbetrag (Umsatz abzüglich aller Kosten sowie der Zinsen für das eingesetzte Eigenkapital), dann taucht die Frage auf, wem dieser zusteht. Die Ansichten hierüber gehen auseinander. Viele Unternehmen haben das Problem gelöst, indem sie die Mitarbeiter am Ergebnis des Unternehmens beteiligen. Dabei werden grundsätzlich Erfolgs- und Kapitalbeteiligung unterschieden, wobei eine Erfolgsbeteiligung zu einer Kapitalbeteiligung führen kann. Die Erfolgsbeteiligung hat zu vielen Spielarten der Mitbeteiligung geführt. Im Mittelpunkt steht meistens der Gewinn, und da dieser sowohl aus der Zwecksetzung gespeist wird (vereinfacht Umsätze abzüglich der für die Umsätze aufgewandten Kosten = Leistungsgewinn) als auch aus Geschäften, die nichts oder nur wenig mit dem Zweck zu tun haben, wird meistens der Leistungsgewinn als Grundlage für eine Mitbeteiligung gewählt. Die Mitbeteiligung der Arbeitnehmer am Erfolg des Unternehmens wirft zwar viele Fragen auf, so, wer zu beteiligen ist, so, wie hoch die Gesamtbeteiligung sein soll und was der Einzelne bekommt, so, in welcher Form die Beteiligung stattfinden soll, grundsätzlich aber ist sie ein Beitrag zur Lohngerechtigkeit.
Abb. 62:
Arten der Erfolgsbeteiligung
Aufgabe 46. Verfolgen Sie Presseberichte über Erfolgsbeteiligung, Kapitalbeteiligungen und Investivlöhne! Versuchen Sie hierüber auch anderweitig Material zu bekommen, und stellen Sie die Inhalte dieser Beteiligungsarten mit Vor- und Nachteilen dar! Beispiel: Mitbeteiligung bei der DMW AG Die DMW AG hat ihre Mitarbeiter schon von Beginn ihrer Existenz an am Ergebnis beteiligt. Bisher wurden Ergebnisanteile nach Veröffentlichung der Geschäftsberichte, spätestens zum 30. Juni eines jeden Jahres, ausgezahlt. Daneben gibt es Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Treueprämien für langjährige Mitarbeiter. In diesem Jahr hat der Vorstand einen neuen Beteiligungsvorstoß unternommen. Er hat gefordert, fünfzig Prozent der Gewinnbeteiligung, die durch eine Betriebsvereinbarung abgesichert ist, für Investitionen einbehalten zu wollen und die Mitarbeiter mit ihren Beträgen zu stillen Gesellschaftern zu machen.
Aufgabe 47. Wägen Sie Vor- und Nachteile für das Unternehmen und die Mitarbeiter ab!
418
9.7
Personalwesen
Die Lohnzahlung
Die Zahlung des Lohnes erfolgt in der Regel monatlich. Er wird nachträglich gezahlt. Der Auszahlungsbetrag oder der Nettolohn ist weit geringer als das vereinbarte Entgelt, der Bruttolohn. Zur Ermittlung und Abrechnung stehen dem Personalbüro •
Lohnsteuerkarte
•
Anmeldebestätigung der Krankenkasse und
•
die Jahreslohnsteuer-Abzugstabelle
zur Verfügung. Das Bruttogehalt ist Basis für die Berechnung der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. In diesen vier Fällen zahlt der Arbeitgeber noch Mal den gleichen Beitrag wie der Arbeitnehmer. Die Krankenkasse ist der Empfänger dieser Zahlung und überweist sie an den Träger weiter. Die Abzüge teilen sich in zwei Abrechnungskreise. Die Lohnsteuer bildet zusätzlich die Grundlage für die Abrechnung des Solidaritätszuschlages und der Kirchensteuer. Empfänger dieses Geldes ist das zuständige Finanzamt. Die Abrechnung mit dem PC oder einer Datenverarbeitungsanlage bringt wesentliche Rationalisierungsmöglichkeiten. Über einmal vergebene Personalnummern (Schlüsselnummern) werden alle Einzeldaten dem Mitarbeiter automatisch zugeordnet. Außerdem werden die Lohn-, Kirchensteuern und Sozialversicherungsbeiträge vom System automatisch errechnet, in den Programmen sind die Steuern und Sozialversicherungsformeln gespeichert, sodass die gewünschten Einzeldaten leicht errechnet werden können. Ein besonders wichtiger Vorteil besteht darin, dass die ermittelten Abrechnungsdaten automatisch ausgedruckt werden können und jede Lohnund Gehaltsabrechnung mit einer Banküberweisung abgeschlossen werden kann.
Die Lohnsteuer Das Bruttoentgelt, ergänzt um die Zuschläge, wie zum Beispiel die Leistungszulage, und vermindert um die in der Lohnsteuerkarte eingetragenen Freibeträge, bildet die Grundlage für die Ermittlung der Lohnsteuer. Sie kann in der Jahreslohnsteuer-Abzugstabelle bei Berücksichtigung der Steuerklasse unter dem zu versteuernden Bruttoentgelt abgelesen werden. Der Solidaritätszuschlag Um die Kosten der deutschen Einheit zu finanzieren, wurde der Solidaritätszuschlag eingeführt. Seit 1. Januar 1995 kassiert der Staat 7,5 Prozent der Einkommensteuer zusätzlich – allerdings gibt es „Milderungsgründe“. Befreit bleiben Steuerzahler, die sich in der Nullzone bewegen. Ende 2004 läuft der Solidaritätspakt mit den ostdeutschen Ländern ab. 2005 beginnt der Solidarpakt II. Die Kirchensteuer Mit der evangelischen beziehungsweise katholischen Kirche ist vertraglich rechtlich geregelt, dass sie neun Prozent von der Lohnsteuer als Kirchensteuer erhält. Die Kirchensteuer wird direkt an das Finanzamt abgeführt und dann mit den Kirchen abgerechnet. Die Krankenversicherung Die Anmeldebestätigung der Krankenkasse zeigt, dass der Mitarbeiter krankenversichert ist. Bisher wurden Arbeiterinnen und Arbeiter bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse als Pflichtkrankenkasse versichert. Dies wurde abgeschafft. Seit 1996 kann jeder Beschäftigte oder Auszubildende, der in das Berufsleben eintritt oder seinen Arbeitgeber wechselt, sofort Mitglied einer Ersatzkasse werden. Die Art der Abrechnungen oder einbehaltenen Prämien werden neu geregelt. Die gegenwärtige Diskussion ist noch nicht abgeschlossen.
9.
Das Arbeitsentgelt
419
Mit Hilfe von einem Sammelbeleg erhält die Hausbank des Unternehmens die Anweisung zur Überweisung auf das Bankkonto des Mitarbeiters. Gehaltsschema für eine Halbtagskraft (Westdeutschland) – Kaufmännische Angestellte – Steuerklasse 1, keinen Kinderfreibetrag, evangelisches Glaubensbekenntnis: 1.
Bruttoentgelt
1102,00 EUR
abzüglich: 2.
Lohnsteuer, Steuerklasse 1 gemäß Abzugstabelle
3.
116,66 EUR
Solidaritätszuschlag 5,5 % von der Lohnsteuer
4.
6,41 EUR
Kirchensteuer 9 % von der Lohnsteuer
5.
10,49 EUR
Die Rentenversicherung
3,25 % vom Bruttoentgelt* 35,81 EUR
Die Arbeitslosenversicherung
Nettoentgelt
Im Falle der Arbeitslosigkeit tritt unter bestimmten Voraussetzungen (vergl. Hartz IV + Arbeitslosengeld II) die Arbeitslosenversicherung ein. Hierzu ist ein monatlicher Beitrag von 6,5 Prozent des Bruttoentgelts abzuführen, wiederum mit einer 50-prozentigen Beteiligung des Arbeitgebers.
Pflegeversicherung 9,36 EUR
Rentenversicherung 9,8 % vom Bruttoentgelt
8.
Daneben ist es ohne Bedeutung, ob der Krankenversicherungsschutz bei einer gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung besteht.
Arbeitslosenversicherung
84,85 EUR
0,85 % vom Bruttoentgelt 7.
Ein langer und dorniger Weg war es, den das Pflegeversicherungsgesetz (exakt: Gesetz zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit – PflegeVG) benötigte, um in seiner verabschiedeten Fassung die parlamentarischen Hürden zu nehmen. Sie ist jetzt die „Fünfte Säule“ der gesetzlichen Sozialversicherung. Versicherungs- und beitragsrechtlich gilt der Grundsatz: „Pflegeversicherung folgt der Krankenversicherung“. Alle Personen, die krankenversichert sind, unterliegen der Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung. Der vom Arbeitgeber zu zahlende Anteil beträgt 0,85 %.
Die Rentenversicherung bietet dem Arbeitnehmer im Falle des Ausscheidens aus dem Arbeitsleben nach Erreichung der Altersgrenze eine monatliche Rentenzahlung. Er kann so seinen Lebensunterhalt nach einem erfüllten Arbeitsleben bestreiten. Der vom Arbeitnehmer zu zahlende Anteil beträgt heute (2003) 19,5 % vom Bruttoentgelt. Der Arbeitgeber zahlt hiervon 50 %.
Krankenversicherung 7,7 %* vom Bruttoentgelt
6.
Die Pflegeversicherung
107,99 EUR
731,13 EUR
* Schätzung, Durchschnitt vor 2003 Abb. 63:
Gehalt und Abzüge
420
Personalwesen
Von einem Brutto-Arbeitsentgelt von insgesamt 1102,00 EUR verbleiben dem Arbeitnehmer nur 731,13 EUR (Nettoentgelt), und das entspricht einem Satz von circa 66 %. Der Rest geht für Steuern und Sozialabgaben weg. Nun wissen wir, dass jedes Unternehmen für seine Bediensteten i.d.R. denselben Betrag für die Sozialkosten (Renten, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung) aufbringen muss, sodass seine Personalkosten um eben diese Beträge ansteigen. In unserem Fall beläuft sich die Gesamtbelastung der so ermittelten Personalkosten auf circa 1352 EUR Daneben sind alle Arbeitgeber gezwungen, Unfall-Versicherungsbeiträge für die Belegschaft an die Berufsgenossenschaften zu entrichten. Auch diese lassen sich als Teil der Personalkosten bezeichnen. Weitere sind der Abb. 59 zu entnehmen. Dem Arbeitnehmer wird bei Berechnung der Steuern bescheinigt, dass er der Steuerklasse 1 angehört. Die Steuerklasse 1 gilt für ledige und geschiedene Arbeitnehmer sowie für verheiratete Arbeitnehmer, deren Ehegatten im Ausland wohnen oder die von ihrem Ehegatten dauernd getrennt leben.
Abb. 65:
Aufgaben 48. Besorgen Sie sich Unterlagen über die Steuerklassen 2, 4 und 6! Versuchen Sie auch herauszufinden, was unter Freibeträgen auf der Lohnsteuerkarte zu verstehen ist! 49 Welche Wirkung haben die steigenden Sozialkosten auf die Betriebe? In Deutschland wird viel schwarz gearbeitet. Der Anteil des Gesamtwertes der Schwarzarbeit am Bruttoinlandsprodukt nimmt stetig zu. Sektor Baugewerbe und Handwerk Gewerbe und Industrie (Kfz, Maschinen) Dienstleistung Hotels, Gaststätten Unterhaltungs- und Vergnügungsbranche Sonstige Dienstleistungen (Nachhilfe, Friseur, Putzen, Babysitten) Gesamt
2003 in % 38
in Mrd. EUR 140,6
17
62,9
17 13
62,9 48,1
15
55,5
100
370,0
Schwarzarbeit: In Südeuropa ist Schwarzarbeit am stärksten verbreitet. Deutschland liegt im Mittelfeld.
9.
Das Arbeitsentgelt
Abb. 66:
421
Historische Originallohnabrechnung der DMW AG mit persönlichen Abzügen
Aufgabe 50. a)
Abb. 67:
Die Altersentwicklung. Die Deutschen werden immer älter. 2030 wird bereits jeder dritte Bundesbürger über 60 Jahre alt sein. Die Zahl der Jungen nimmt hingegen rapide ab.
Die Schwarzarbeit macht allen Ländern schwer zu schaffen. Überlegen Sie, warum der Gesetzgeber immer wieder nach neuen Möglichkeiten sucht, um sie einzudämmen.
b) Welche Bedeutung messen Sie der Altersentwicklung der deutschen Bevölkerung für die Sozialversicherung bei? c)
Gegenwärtig wird über den Mindestlohn diskutiert. Besorgen Sie sich hierzu Material und diskutieren Sie hierüber.
422
Personalwesen
10. Personalfreisetzung 10.1 Anlässe Ein Arbeitnehmer scheidet aus dem Unternehmen aus, wenn x
das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen gelöst wird
x
die im Arbeitsvertrag (Zeitvertrag) vereinbarte Beschäftigungsdauer abgelaufen ist
x
der Arbeitnehmer in den Ruhestand tritt oder
x
entweder der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigt.
10.2 Kündigung im gegenseitigen Einvernehmen Arbeitgeber und Arbeitnehmer können das Arbeitsverhältnis in beiderseitigem Einvernehmen lösen und zu einem vereinbarten Zeitpunkt beenden. Die Form wird dann gewählt, wenn beide Parteien z.B. bei unüberbrückbaren Streitigkeiten die Auflösung wünschen. Mit dem Eingehen eines solchen Auflösungsvertrages in beiderseitigem Einvernehmen verzichtet der Arbeitnehmer in der Regel auf den Kündigungsschutz. Den Aufhebungsvertrag kann der Arbeitnehmer nur anfechten, wenn er durch arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung zustande gekommen ist.
10.3 Auflösung durch Zeitablauf oder durch Zweckerreichung
Tabakkonzern streicht 2600 Stellen Winston-Salem - Der zweitgrößte USZigarettenhersteller R.J. Reynolds Tobacco streicht 40 Prozent der Stellen. Die 2600 Arbeitsplätze sollen bei der Zigarettentochter R.J. Reynolds Tobacco Company und der Konzernholding wegfallen, teilte das Unternehmen mit. R.J. Reynolds will bis Ende 2005 unter anderem wegen des sinkenden US-Absatzes 901 Millionen Euro sparen. Die Mehrzahl der Stellen soll im vierten Quartal 2003 und im ersten Quartal 2004 wegfallen. Reynolds will sich auf seine wichtigen Spitzenmarken Camel, Winston, Salem und Doral konzentrieren, (dpa) Abb. 68: Pressebericht – Entlassungen Zum Begriff Personalfreisetzung Unter Personalfreisetzung ist die Auflösung des gegenseitigen „Arbeitsvertrages“ zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu verstehen. Mit ihr endet das Arbeitsverhältnis. Eine Personalfreisetzung liegt auch vor, wenn es zu Massenentlassungen kommt. Kostenkiller Arbeitskosten in EUR/Std.
UnternehmensgewinnSteuersätze in Prozent
Deutschland (West)
28,5
39
Deutschland (Ost)
16,5
39
Polen
5,4
19
Ungarn
4,7
18
Tschechien
4,2
24
Slowakei
3,3
19
Rumänien 1,7 25 Quelle: CAR Seit Jahren investieren deutsche Autohersteller im Osten, um die hohen Personalkosten zu senken.
Abb. 69: Immer dann, wenn der Umfang der Tätigkeit terminlich begrenzt ist, z.B. bei Aushilfskräften für Messetätigkeiten, werden Arbeitsverhältnisse zeitlich begrenzt vereinbart.
Standortkiller Nr. 1
10.
Personalfreisetzung
10.4 Kündigung des Arbeitsverhältnisses Da die Arbeitsverträge meist unbefristet abgeschlossen werden, ist die Kündigung die häufigste Art der Auflösung. Sie kann vom Arbeitnehmer oder vom Arbeitgeber ausgehen und zielt auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hin.
10.4.1 Kündigung des Arbeitnehmers „Die Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung (zum Beispiel des Arbeitnehmers), das Arbeitsverhältnis von einem bestimmten Termin/Zeitpunkt an nicht mehr fortsetzen zu wollen.“ In dieser Definition sind die drei entscheidenden Elemente enthalten, die zu beachten sind: a)
es handelt sich um eine einseitige Willenserklärung
b) sie ist empfangsbedürftig c)
sie gilt zu einem bestimmten Zeitpunkt.
10.4.2 Kündigung durch den Arbeitgeber Die Kündigung des Arbeitgebers unterliegt aus sozialen Gründen gewissen gesetzlichen Einschränkungen. Wir unterscheiden die ordentliche und außerordentliche Kündigung, je nachdem, ob es sich um die regelmäßige, im Gesetz oder Vertrag vorgesehene Beendigung des Arbeitsvertrags handelt, oder um die vorzeitige Beendigung, die nur aus besonderem Grund zulässig ist. Ein Arbeitsverhältnis kann schon vor Arbeitsantritt im Wege der außerordentlichen (fristlosen) oder ordentlichen Kündigung von den Parteien des Arbeitsvertrages gekündigt werden. Dies kann passieren, wenn eine der Parteien nicht mehr an der Aufrechterhaltung des Vertrages interessiert ist.
423
Einseitige Willenserklärung Ist nicht ausdrücklich die Schriftform vorgeschrieben, kann auch die Willenserklärung mündlich abgegeben werden. Dabei sollte sich der Arbeitnehmer bei Auseinandersetzungen oder Ärger zurückhalten und keine unbedachten Äußerungen machen, denn bei einer mündlichen Auseinandersetzung genügt jede Erklärung, die eindeutig erkennen lässt, dass man kündigen will. Empfangsbedürftige Willenserklärung Die Kündigung durch den Arbeitnehmer bedarf keiner Annahmeerklärung des Arbeitgebers. Aber sie muss dem Arbeitgeber zum Kündigungstermin zugegangen sein. Das heißt, sie muss in den Machtbereich des Arbeitgebers gelangt sein, dass dieser sich unter normalen Umständen von ihrem Inhalt Kenntnis verschaffen konnte und die Kenntnisnahme von ihm nach den Gepflogenheiten des Verkehrs erwartet wird. Zeitpunkt Hier ist § 622 BGB – Kündigungsfrist bei Arbeitsverhältnissen – zu berücksichtigen. Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmer) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.
Aufgabe 51. a)
Welche Gründe können für die Massenentlassungen bei Reynolds wohl angeführt werden?
b) Zur Sicherung der Arbeitsplätze in Deutschland hat Mercedes mit dem Betriebsrat Lohneinschnitte vereinbart (2004). Diskutieren Sie hierüber. c)
Zum Erhalt von Arbeitsplätzen stehen Kündigungszeiten zur Diskussion. Orientieren Sie sich hierüber.
424
Personalwesen
Die ordentliche Kündigung kommt nur bei Arbeitsverhältnissen in Betracht, die auf unbestimmte Zeit eingegangen sind.
10.5 Kündigungszeiten Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen 1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats
2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats
3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats
4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats
5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats
6.
fünfzehn Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats
7.
zwanzig Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.
Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahres des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt. Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Wochen, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. In allen Betrieben, in denen ein Betriebsrat besteht, ist er vor jeder Kündigung des Arbeitgebers zu hören. Eine ohne die Anhörung vom Arbeitgeber vorgenommene Kündigung ist unwirksam (§ 102 Betriebsverfassungsgesetz). Dabei ist es gleichgültig, ob es sich um eine ordentliche oder um eine außerordentliche (fristlose) Kündigung oder um eine Änderungskündigung handelt. Auch vor einer Kündigung in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses ist der Betriebsrat einzuschalten.
Abb. 70:
Kündigungstypen nach Bröckermann
10.
Personalfreisetzung
425
Der Betriebsrat kann entweder Bedenken zur ordentlichen Kündigung äußern oder Widerspruch einlegen. Der Arbeitgeber kann trotz dessen Bedenken oder Widerspruchs rechtswirksam eine ordentliche Kündigung aussprechen. Der Widerspruch ist dem Betriebsrat bei einer außerordentlichen Kündigung versagt, ihm bleibt aber das Recht offen, dem Arbeitgeber seine Bedenken gegen diese Kündigungsart mitzuteilen.
Gründe zum Widerspruch nach § 102 BetrVG
Bei der Auswahl unter mehreren Arbeitnehmern, bei denen wegen der dringenden betrieblichen Gründe eine Entlassung möglich gewesen wäre, hat der Arbeitgeber soziale Gründe zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 3 Kündigungsschutzgesetz). Berücksichtigt er diese nicht oder nicht ausreichend, ist die Kündigung trotz dringender betrieblicher Gründe sozial ungerechtfertigt. Auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zur sozialen Auswahl geführt haben (§ 1 Abs. 3 Kündigungsschutzgesetz). Auf diese Weise soll der Arbeitnehmer in die Lage versetzt werden, die Aussicht für eine Kündigungsschutzklage besser einschätzen zu können.
•
Der Arbeitgeber hat bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gründe nicht ausreichend berücksichtigt.
•
Die Kündigung verstößt gegen Richtlinien, die über die personelle Auswahl bei Kündigungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbart sind.
•
Der zu kündigende Arbeitnehmer kann an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden.
•
Die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers ist nach zumutbaren Umschulungsmaßnahmen und Fortbildungsmaßnahmen möglich.
•
Eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen ist möglich, und der Arbeitnehmer hat sein Einverständnis hierzu erklärt.
Aufgabe 52. a)
Finden Sie heraus, welche Gründe zu einer fristlosen Kündigung eines Arbeitnehmers führen können!
b) Welche Gründe könnte es für einen Widerspruch bei sozial ungerechtfertigter Kündigung geben?
Zusammenfassung Die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses (Personalfreisetzung) geschieht aus vielerlei Gründen. Aus der Sicht der Arbeitgeber können es betriebliche Gründe sein (Stilllegung), personenbedingte (Unfähigkeit des Mitarbeiters) und verhaltensbedingte (unentschuldigtes Fehlen). Meist werden ordentliche, also fristgemäße, Kündigungen ausgesprochen. Dabei genießen bestimmte Personen einen besonderen Kündigungsschutz. Bei allen Kündigungen von Arbeitnehmern sind die Vorschriften des BetrVG zu beachten, so weit ein Betriebsrat vorhanden ist.
c)
Erkundigen Sie sich im Unternehmen, wer besonderen Kündigungsschutz besitzt!
Auszug aus dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) § 1 (1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. (2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegen …, bedingt ist.
426
Personalwesen
10.6 Massenentlassungen Massenentlassungen gelten bei in ihrer Existenz gefährdeten Unternehmen als äußerstes Mittel zur Erhaltung eines Teiles des Betriebes.
Abb. 71:
Aufgabe 53. Welche Gründe könnten Mitarbeiter bewegen, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen?
Personalabbau nach Albert
Massenentlassungen liegen vor, wenn
Ein anderer Weg
•
bei 21 bis 59 Mitarbeitern mehr als 5
•
bei 60 bis 499 Mitarbeitern 10 % oder mehr als 25
•
bei 500 und mehr Mitarbeitern mindestens 30
Die Arbeitnehmer in Deutschland denken immer stärker und immer erfolgreicher unternehmerisch mit. Ihre Verbesserungsvorschläge sparen Kosten in Milliardenhöhe. Das Hamburger Werk von DaimlerChrysler hat einen Verbesserungsvorschlag von Mitarbeitern mit 87.000 EUR prämiert. Die Beschäftigten hatten eine Umorganisation der Lenksäulenproduktion angeregt. Durch eine veränderte Maschinenanordnung und eine Teilautomatisierung ließen sich die Takte zweier unterschiedlicher Montagestationen synchronisieren, wodurch jährliche Einsparungen in sechsstelliger Höhe erzielt werden.
Mitarbeiter innerhalb von 30 Kalendertagen entlassen werden sollen. Massenentlassungen sind bei der Arbeitsagentur anzumelden, die durch eine einmonatige Sperrfrist die Wirkung von Entlassungen verzögern kann. Dabei ist zu prüfen, ob •
eine Weiterbeschäftigung möglich ist
•
Kündigungsschutz besteht
•
es eine soziale Rechtfertigung zur Kündigung gibt.
Offensichtlich geht die Mitarbeiter-Kreativität mit der Schaffung von Arbeitsplätzen einher. Wie das DIfBw feststellt, haben Firmen, in denen ein Mitarbeiter im Schnitt zwei Vorschläge im Jahr einreicht, entweder stabile Beschäftigungszahlen, oder sie schaffen sogar neue, zusätzliche Arbeitsplätze.
Abb. 72:
Mitarbeiter-Ideen bringen Millarden
11.
Hinweis zum Betriebsverfassungsgesetz
427
11. Hinweis zum Betriebsverfassungsgesetz „In allen Betrieben privatrechtlicher Rechtsträger mit in der Regel mindestens fünf ständigen und für die Wahl des Betriebsrates wahlberechtigten Arbeitnehmern (von denen drei wählbar sind) sind Betriebsräte zu wählen.“ (§ 1 Betriebsverfassungsgesetz.) Erfasst werden alle Betriebe in der Bundesrepublik Deutschland, und zwar ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit und den rechtlichen Sitz des Arbeitgebers, also auch inländische Betriebe von Unternehmen, die ihren Sitz im Ausland haben. Entfaltet die Belegschaft oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft keine Initiative zur Wahl eines Betriebsrates, so kommt er auch nicht zustande. In sehr vielen kleinen und mittleren Betrieben gibt es aus diesen Gründen auch keinen Betriebsrat. Für das Betriebsverfassungsgesetz ist grundsätzlich der einzelne Betrieb maßgeblich, nicht das Unternehmen. Insofern ist eine Unterscheidung nach dem Zweck der Tätigkeit notwendig.
Zusätzliche Informationen – Geschichtliches Das Betriebsverfassungsgesetz vom 11. Oktober 1952 führte eine bundeseinheitliche Betriebsverfassung in Anknüpfung an das Betriebsrätegesetz von 1920 ein. Tragende Gesichtspunkte waren: die Pflicht zur Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, die betriebliche Friedenspflicht (Arbeitskampfverbot zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber), der Betriebsrat als Vertreter aller Arbeitnehmer des Betriebes, die Betonung der Tarifautonomie. Zwanzig Jahre später tritt das heute geltende Betriebsverfassungsgesetz in Kraft. Es regelt die Betriebsverfassung für die Privatwirtschaft. Bei ihm handelt es sich um das Gesetz vom 15.1.1972, das auf Grund des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom 23.7.2001 in einer Neufassung vom 25.9.2001 bekannt gemacht wurde. Es behält die bewährten Grundsätze des Gesetzes von 1952 bei, schafft aber im Verhältnis zum bisherigen Recht vor allem •
einen stärkeren Einfluss des Betriebsrates durch Ausbau und Verstärkung der Mitbestimmungsrechte
•
Mit dem Betrieb verfolgt der Unternehmer allein oder zusammen mit seinen Mitarbeitern einen bestimmten arbeitstechnischen Zweck, Produktion von Waren oder Dienstleistungen.
•
•
eine Vermehrung der Initiativ-, Kontroll- und Teilnahmerechte der Gewerkschaften in der Betriebsverfassung, die aber auch weiterhin unterstützender Natur sind, also keine Entscheidungsbefugnisse in betrieblichen Angelegenheiten geben
Mit dem Unternehmen verfolgt der Unternehmer ein über den arbeitstechnischen Zweck hinausgehendes Interesse, z.B. Gewinne zu erwirtschaften.
•
eigene Rechte des einzelnen Arbeitnehmers
•
einen größeren Schutz des Engagements der Arbeitnehmer in tarifpolitischen, sozialpolitischen und wirtschaftlichen Fragen und
•
eine Erleichterung der Arbeit der Betriebsräte u.a. durch vermehrte Freistellungen und größere soziale Absicherungen.
Die Zuständigkeit des Betriebsrates beschränkt sich daher auf den Betrieb. Darüber hinausgehend sind aber auch übergreifende Gremien in der Betriebsverfassung verankert, wie der Gesamtbetriebsrat, die Gesamtjugendvertretung und der Wirtschaftsausschuss bzw. der Konzernbetriebsrat bei Konzernunternehmen.
Aufgabe 54. Besorgen Sie sich ein Betriebsverfassungsgesetz, und studieren Sie darin! Stellen Sie Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte heraus!
428
Personalwesen
Mitwirkung und Mitbestimmung des Betriebsrates nach dem BetrVG (ausgewählt) Allgemeine Aufgaben des Betriebsrates (§ 80) • • • •
Dafür Sorge tragen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden; Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen, beim Arbeitgeber beantragen; Anregungen von Arbeitnehmern und der Jugendvertretung entgegennehmen und, falls sie berechtigt erscheinen, durch Verhandlungen mit dem Arbeitgeber auf eine Erledigung hinwirken; Eingliederung oder Beschäftigung schutzbedürftiger Gruppen fördern: Schwerbeschädigte, ältere Arbeitnehmer, ausländische Arbeitnehmer.
Allgemeine Aufgaben der Jugend- und Auszubildendenvertretung (§ 60–73) • • •
Maßnahmen, die dem jugendlichen Arbeitnehmer dienen, vor allem in der Berufsbildung, beim Betriebsrat beantragen; die Durchführung von zugunsten jugendlicher Arbeitnehmer erlassener Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, tarifvertraglicher Regelungen, Betriebsvereinbarungen überwachen; Anregungen jugendlicher Arbeitnehmer, vor allem in Fragen der Berufsausbildung, entgegennehmen und über den Betriebsrat durchsetzen.
Soziale Angelegenheiten (§ 87–91) Initiativrecht bei: • Ordnung der Betriebe und Verhalten der Arbeitnehmer • Arbeitszeit (Verteilung, Beginn, Ende, Verkürzungen und Verlängerungen, Pausen) • Arbeitsentgelt (Zeit, Ort und Art der Auszahlung) • Urlaub (Grundsätze, Pläne) • Leistungskontrolle, technische Einrichtungen zur Überwachung der Arbeitnehmer • Arbeits- und Gesundheitsschutz (Unfallverhütung) • Sozialeinrichtungen (Form, Ausgestaltung und Verwaltung von z.B. Werkskantine, Werkswohnungen, Betriebspensionskasse, Betriebskindergärten); • betriebliche Lohngestaltung (Entlohnungsgrundsätze und -methoden).
Personelle Angelegenheiten (§92–105) Unterrichtungsanspruch (Zustimmungs- und Verweigerungsrecht) bei: • der innerbetrieblichen Ausschreibung von Arbeitsplätzen • Personalfragebögen • Auswahlrichtlinien (z.B. für Einstellungen und Entlassungen) • Durchführung von Bildungsmaßnahmen (personelle Auswahl) • Einstellungen, Ein- und Umgruppierungen, Versetzungen • Einordnung des Arbeitnehmers in das tarifliche Entgeltschema • Kündigung von Betriebsrat, Jugend- und Ausbildungsvertretung.
Wirtschaftliche Angelegenheiten (§106–113) Unterrichtungsanspruch bei: Änderung von Arbeitsplatz, -ablauf und -umgebung nach arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen Bildung eines Wirtschaftsausschusses bei mehr als 100 Arbeitnehmern: • wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens • Produktions- und Absatzlage, Produktions- und Investitionsprogramm • Rationalisierungsvorhaben • Arbeitsmethoden (Einführung neuer Arbeitsmethoden) • die Einschränkung, Stilllegung oder Verlegung von Betrieben oder Betriebsteilen • Zusammenschluss von Unternehmen • Änderung Betriebsorganisation oder Betriebszweck • sonstige Vorgänge und Vorhaben, die die Interessen der Arbeitnehmer im Unternehmen wesentlich berühren.
Kapitel 6
Produktionswirtschaft von Kai Michaelsen
1.
Überblick
431
1. Überblick „Produktion“ ist ein von Menschen gelenkter Entstehungsprozess von Produkten. Diese Produkte können materielle, greifbare Güter, aber auch immaterielle Dinge wie Energie oder Dienstleistungen aller Art sein. In dem Produktionsprozess werden Produktionsfaktoren eingesetzt, die sich in Elementarfaktoren und dispositive Faktoren unterteilen lassen. Als elementar werden die in dem Produktionsprozess untergehenden Faktoren wie Arbeitskräfte, Betriebsmittel und Werkstoffe bezeichnet. Die Führung repräsentiert den originären dispositiven Faktor Arbeit. Als dispositive Faktoren allgemein wird in einem Produktionsprozess die Gesamtheit der organisatorischen Notwendigkeiten bezeichnet. Um einen Produktionsprozess erfolgreich durchzuführen, müssen die Tätigkeiten geplant und aufeinander abgestimmt werden. Darüber hinaus müssen der Einkauf der Faktoren und der Verkauf der Produkte zeitgerecht und Gewinn bringend durchgeführt werden. Die Aufgabe eines Industriebetriebes kann grundsätzlich darin gesehen werden, Güter oder Dienstleistungen zu produzieren und auf dem Absatzmarkt zu veräußern. Hieraus ergibt sich die fundamentale Aufgabe für die Produktionsabteilungen eines Unternehmens: die Herstellung absetzbarer Güter. Die erste sehr allgemeine Beschreibung lässt sich konkretisieren, wenn in der lang- und mittelfristigen Produktionsplanung festgelegt wurde, welche Arten von Produkten hergestellt werden sollen.
Abb. 1:
Produktionsprozess als Faktorkombination
Zusatzinformationen Der Leser wird durch das Kapitel – wie im Überblick geschrieben – geführt. Dabei werden in fast allen Abschnitten weitere Fragen berührt. So wird zum Beispiel auf die Forschung und Entwicklung eingegangen, auf Organisationsformen der Fertigung mit ihren Besonderheiten, Layoutplanung im Rahmen der innerbetrieblichen Logistik, auf Kostengrößen, auf Zwischenläger, auf optimale Losgrößen, auf die Durchlaufzeit, auf PPSSysteme und schließlich auf Fragen der Kontrolle. Dabei allerdings taucht auch immer die Frage auf, wie weit und wie tief in einer Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre das Thema „Produktionswirtschaft“ behandelt werden kann. Die Inhalte dieses Kapitels sind auf das Wesentliche beschränkt worden. Ausdehnung und Vertiefung des Themas bleiben einer „Industriebetriebslehre“ vorbehalten.
432
Produktionswirtschaft
Aus diesen Entscheidungen über das Produktionsprogramm ergibt sich die Festlegung auf bestimmte Produktionsarten und die hierfür geeignete Organisationsform. Die verschiedenen Produktionsarten und Organisationsformen stellen Merkmale unterschiedlicher Produktionsarten dar. Aus diesen Merkmalen ergeben sich Anforderungen für die Festlegung innerbetrieblicher Standorte von Maschinen, Lagern, Büros und Transporteinrichtungen. Aus der Festlegung dieser Merkmale ergeben sich unterschiedliche Rahmenbedingungen für die kurzfristige Produktionsplanung. Diese Entscheidungen haben Einfluss auf die Wahl der geeigneten Produktionssteuerung, die einen technisch störungsfreien Ablauf der Produktionsprozesse innerhalb der vorgegebenen Zeit gewährleisten soll. Durch die Produktionskontrolle, die diesen Produktionsdurchlauf begleitet, soll sichergestellt werden, dass die anfangs geplanten Werte, insbesondere die Qualität und der wirtschaftliche Erfolg, eingehalten werden.
„Die Europäische Union hatte gefordert, dass die Emissionsgrenzwerte für Pkw-Dieselmotoren innerhalb von 10 Jahren für Stickoxide um rund 90 Prozent und für die Partikel um rund 60 Prozent gesenkt werden. Außerdem sollten die Geräuschemissionen für Personenwagen und Nutzfahrzeuge bis zum Jahre 2000 stufenweise reduziert werden. Die angestrebte Verminderung des Schallpegels um 10 Dezibel bedeutet eine Halbierung der subjektiven Geräuschwahrnehmung. Um diese vielfältigen Forderungen zu erfüllen, spielt die Einspritzanlage eine entscheidende Rolle. Sie muss den Kraftstoff bei jedem Arbeitstakt mit größter Präzision zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Menge und mit optimalem Druck einspritzen. Will man neben niedrigem Verbrauch zugleich geringe Ruß-Emissionen und ein hohes Drehmoment erreichen, sind Einspritzdrücke zwischen 1 000 und 2 000 bar notwendig. Rund 900 Mitarbeiter forschen bei Bosch auf dem Gebiet der Dieseleinspritzausrüstung und passen die Systeme an die unterschiedlichsten Motoren und Anforderungen der Automobilhersteller an.“ Mit einem Einspritzsystemanteil von 30 % auf dem Weltmarkt ist Bosch der führende Hersteller in der Einspritztechnik. Um den Stand zu halten, sind ständige Neuerungen anzubieten. Diese müssen entwickelt, konstruiert und praktisch umgesetzt werden. Planung, Steuerung und Kontrolle sind täglich aufgerufen, dem Rechnung zu tragen.
Abb. 2:
Wenn Gesetzgeber für Produkte neue Vorgaben erlassen oder Verbände und Organisationen neue Richtlinien fordern Quelle: Welt am Sonntag
2. Langfristige und mittelfristige Produktionsplanung
Abb. 3:
Zusammenhänge zwischen Produktions-, Absatz- und Investitionsplan
2.
Langfristige und mittelfristige Produktionsplanung
433
Im Rahmen der Produktionsprogrammplanung muss das Unternehmen festlegen, •
welche Produkte
•
in welchen Mengen
•
mit welcher Betriebsmittelart
•
mit welchen Kapazitäten
•
zu welchen Zeitpunkten
gefertigt werden sollen. Diese Fragestellungen haben in den verschiedenen Phasen der Produktionsplanung (lang-, mittel- und kurzfristig) unterschiedliche Schwerpunkte. Welche Produkte in welchen Mengen produzieren? Die langfristige Produktionsprogrammplanung ist eng mit der Absatzprogrammplanung verknüpft. In der Absatzprogrammplanung legt das Unternehmen grundsätzlich fest, auf welchen Produktfeldern es anbieten will und welche Produktgruppen (Programmbreite) hier platziert werden sollen (siehe Abschnitt 2.1). Zusätzlich werden durch Marktbeobachtung und Marktforschung die möglichen Absatzmengen abgeschätzt. Diese Ergebnisse werden als Eckdaten von der Produktionsplanung übernommen. Dennoch sind diese Planungen nicht identisch! Auf der Produktionsseite werden zusätzlich selbsterstellte Anlagen und Werkzeuge hergestellt, die nicht abgesetzt werden sollen. Auf der Absatzseite werden neben den eigenen Erzeugnissen Waren angeboten, die von anderen Herstellern bezogen wurden (Handelswaren). Mit welchen Betriebsmitteln produzieren? Die Festlegung, mit welcher Art von Betriebsmitteln die Produktion durchgeführt werden kann, wird im Wesentlichen durch die Art der Produkte vorgegeben.
Abb. 4:
Zusammenhänge zwischen Produktions- und Absatzprogramm
Beispiel: Die Situation bei der DMW AG Die für den Absatz gefertigten Produkte machen den größten Teil des Produktionsprogramms aus. Es sind die verschiedenen Typen des „DMW Single“, des „DMW Shopper“ und des „DMW Sporty“. Darüber hinaus werden bei DMW jedoch auch Vorrichtungen, Werkzeuge für bestimmte Bearbeitungsschritte am Fließband und spezielle innerbetriebliche Transporteinrichtungen in den werkseigenen Werkstätten hergestellt. Begründet wird dieses Vorgehen in erster Linie durch Geheimhaltungsaspekte. Bei der Herstellung bestimmter Formen und Vorrichtungen, gerade für Karosserieteile, könnten durch mögliche „undichte Stellen“ bei einem Fremdhersteller Informationen frühzeitig an die Öffentlichkeit oder direkt an Konkurrenten gelangen. Neben den selbsterstellten Anlagen auf der Seite des Produktionsprogramms bezieht die DMW AG auch Handelswaren zur Abrundung des Absatzprogramms. Besonders viele Typen bezieht DMW im Bereich „Anhänger“.
434
Produktionswirtschaft
Die mengenmäßige Ausstattung mit Betriebsmitteln wird hingegen von der Entscheidung über die Tiefe (siehe Abb. 5) des Produktionsprogramms (Eigenfertigung oder Fremdbezug) und die finanziellen Möglichkeiten des Unternehmens, die sich aus dem Investitionsplan ergeben, beeinflusst. Diese Fragestellung wird auch als Kapazitätsplanung bezeichnet. Während in der lang- und mittelfristigen Planung die Kapazität variabel ist und die optimale Ausstattung festgelegt werden soll, wird die Kapazität in der kurzfristigen Planung als gegeben und unveränderbar angesehen. In der kurzfristigen Produktionsplanung werden die einzelnen Produktionsschritte auf die gegebenen Betriebsmittel verteilt. Zu welchen Zeitpunkten produzieren?
Während alle Pkw-Typen von DMW auf Wunsch mit einer Anhängerkupplung ausgestattet werden, lohnt sich für die DMW AG auf Grund der verhältnismäßig geringen Stückzahlen keine eigene Anhängerproduktion. Dennoch möchte das Unternehmen seinen Kunden aus Imagegründen ein geschlossenes Produktprogramm anbieten, da der größte Konkurrent dies auch tut. Zusatzinformation zum Produktionsprogramm Die DMW AG hält ein relativ enges Produktionsprogramm mit drei Pkw-Typen. Da inzwischen durch die Besinnung auf Kernbereiche viele Teile fremdbezogen (Fremdfertigung) werden, hat sich auch die Produktionstiefe verringert.
Die Frage nach den Zeitpunkten der Produktion wird zum einen von der Nachfragesituation (stetiger oder schwankender Absatz), zum anderen von der Anzahl der im Unternehmen vorliegenden Kapazitätsengpässe bestimmt. Unter Berücksichtigung dieser Punkte wird festgelegt, in welchen Zeitabschnitten (z. B. Monaten) auf welchen Betriebsmitteln welche Mengen produziert werden.
2.1
Bestimmung von Produktfeldern und Produktgruppen
Ein Produktfeld ist die Gesamtheit der Erzeugnisse, die sich gedanklich auf ein allgemeineres Grundprodukt zurückführen lassen. Die zum gleichen Produktfeld gehörenden Erzeugnisse stellen Erscheinungsformen des gleich Grundprodukts dar.
Abb. 5:
Arten eines Produktionsprogramms
Aufgabe 1.
Welche Gefahren könnten für einen PkwHersteller auftreten, wenn er viele Teile seiner Typen von fremden Herstellern fertigen lässt?
2.
Langfristige und mittelfristige Produktionsplanung
435
Die Wahl der Produktfelder wird in Marktwirtschaften fast ausschließlich von wirtschaftlichen Gründen bestimmt. Dabei spielt der Gewinn die größte Rolle. Die zu einer Produktgruppe (oder Produktlinie) gehörenden Erzeugnisse bzw. Erzeugnisvarianten gehören in der Regel dem gleichen Produktfeld an. Sie stellen eine Auswahl aus der Gesamtheit der das Produktfeld ausmachenden Erzeugnisse dar. Bei einigen Unternehmen werden einzelne Produkte traditionell hergestellt. Ihre Namen stehen für die frühere Entwicklung der Produkte an sich (Daimler-Benz). Selbst diese Unternehmen können es sich nicht erlauben, langfristig diese Traditionen aufrechtzuerhalten, wenn diese Produkte keine Gewinne erwirtschaften. Ausschlaggebend sind also die Ertragsaussichten, die das Unternehmen auf dem Produktfeld erkennt. Diese werden von drei wesentlichen Punkten beeinflusst: •
Der Nachfragesituation auf dem Markt des Produktfeldes. Je größer das Marktwachstum ist, desto größer sind die Erfolgsaussichten.
•
Der Kostensituation des Unternehmens. Je günstiger das Unternehmen produzieren kann, desto höher sind die Erfolgsaussichten.
•
Der Konkurrenzsituation auf dem Markt des Produktfeldes. Je weniger Konkurrenten auf dem Markt anbieten, desto höhere Absatzpreise sind durchsetzbar, desto höhere Deckungsbeiträge können erzielt werden (siehe auch Abschnitt 2.2).
Die Entscheidung, auf einem Produktfeld tätig zu werden, wird jedoch übergeordnet von der Kapitalkraft des Unternehmens beeinflusst. So ist es einem Unternehmen unmöglich, selbst auf einem Erfolg versprechenden Produktfeld der Stahlerzeugung oder des Automobilbaus, ohne die notwendige Kapitalausstattung tätig zu werden.
Die DMW AG ist auf dem Produktfeld „Personenkraftwagen“ tätig. Dieses Produktfeld teilt sich in vier Produktgruppen: „Limousinen“, „Mittelklasse-“, „Klein-“ und „Sportwagen“. DMW hat in allen Gruppen eigene Produkte – mit Ausnahme der Gruppe „Limousinen“ – platziert. Grund für das Auslassen dieser Gruppe ist die besondere Konkurrenzsituation in diesem Segment. Neben den drei führenden inländischen Anbietern drängen seit einigen Jahren zwei asiatische und ein amerikanischer Anbieter durch aggressive Preispolitik in dieses Marktsegment. DMW produzierte zu diesem Zeitpunkt sehr kostenintensiv und musste sich daher im letzten Jahr aus dieser Gruppe zurückziehen. DMW hat nach diesem Schritt seine Kraft auf die verbleibenden Produktgruppen konzentriert. In dem neuen Werk in Halle werden vorrangig der „Sporty“ und der „Single“ auf dem modernsten Stand der Fertigungstechnik produziert. Die hohe Qualität dieser Fahrzeuge hat bereits zu Marktanteilsgewinnen in diesen Segmenten geführt. Darüber hinaus versucht DMW durch die Entwicklung des Elektro-DMW eine neue Produktgruppe zu erschließen und dort einziger Anbieter zu sein. Auch wird an einem kleinen offenen Roadster (Joy) gearbeitet.
Abb. 6:
Produktfeld mit Produktgruppen
436
Produktionswirtschaft
Neben diesen Chancen bestehen für ein Unternehmen aber auch Risiken bei der Wahl des Produktfeldes. •
Beschaffungsrisiko Werden Produktionsfaktoren (z. B. Rohstoffe) benötigt, deren Beschaffung problematisch ist oder wird?
•
Produktionsrisiko Kann die benötigte Produktqualität technisch realisiert werden? Können die geplanten Produktionskosten eingehalten werden?
•
Investitionsrisiko Sind die kalkulierten Investitionskosten (Abschreibungen, Kapitalkosten) ausreichend?
•
Absatzrisiko Sind die geplanten Absatzmengen und Absatzpreise realisierbar? Trifft die hierfür zugrunde gelegte Konkurrenzsituation zu?
2.2
Zu den Risiken eines Produktfeldes Risiken sind Verlustgefahren, die mit jeder wirtschaftlichen Tätigkeit auftreten. Sie treffen jeden Betrieb, können aber durch eine gezielte Risikopolitik vermindert, vielleicht sogar vermieden, manchmal auch durch Versicherungen abgedeckt werden. Der Entscheidung für eine Produktlinie haftet demnach auch eine Menge von Risiken an. Das beginnt beim Beschaffungsrisiko. Das kann sich auf die Menschen beziehen, die eingestellt werden sollen, auf die Betriebsmittel und auf die Werkstoffe. Gerade sie geben oft zu Besorgnis Anlass, insbesondere dann, wenn ein Land über fast keine Rohstoffquellen verfügt, wie etwa Deutschland. Hierbei ist z.B. an Erdöl zu denken. Wie lange steht es zur Verfügung? Wie werden sich die Preise entwickeln? Wann und wie drehen Öllieferanten den Hahn zu bzw. vermindern ihre Ausbringung? Auch das Produktionsrisiko ist nicht zu unterschätzen. Zum einen offenbart es sich in der Frage, ob der Hersteller überhaupt in der Lage ist, mit seinen Anlagen und seinen anderen Voraussetzungen die benötigte Produktqualität zu liefern. Zum anderen, wie weit Menschen und Maschinen im Prozess selbst Fehler machen oder übersehen, was schon des Öfteren zu Rückrufaktionen in der Autobranche geführt hat. Vom Absatzrisiko ganz zu schweigen. Der Kunde bestimmt, was gekauft wird. Und sein Verhalten ist selten voraussehbar.
Forschung und Entwicklung
Die Begriffe „Forschung und Entwicklung“ eindeutig zu definieren, scheitert an dem breiten Spektrum der darunter gefassten Aktivitäten und endet zwangsläufig in einer zu ungenauen Allgemeinformulierung oder in einer reinen Aufzählung. Wie soll man schon die Ausprägungen Weltraumforschung und Crash-Tests unter einen definitorischen „Hut“ bekommen? Um die Zusammenhänge genauer beschreiben zu können, ist daher zunächst eine grundsätzliche Unterteilung der F&E-Aktivitäten notwendig. Die klassische Abgrenzung bezieht sich dabei auf die unterschiedlichen Ziele der verschiedenen F&E-Tätigkeiten. Hiernach kann in Grundlagenforschung, angewandte Forschung und Entwicklung unterschieden werden.
Keine Erfolgsgarantie In den siebziger Jahren existierten auf dem stark wachsenden Videorecorder-Markt zwei technisch verschiedene Systeme „VHS“ und „Video 2000“. Obwohl sich Fachleute einig waren, dass „Video 2000“ das technisch bessere Produkt ist, gelang es nicht, eine ausreichende Marktdurchdringung zu erreichen. Das VHS-System war zuerst auf dem Markt und hatte bereits einen zu großen Marktvorsprung. Eine technisch hervorragende Innovation scheiterte am Markt. Im Laufe der letzten Jahre des letzten Jahrhunderts verschwanden deutsche Produkte vom Markt. Sie waren nicht mehr konkurrenzfähig. Forschung und Entwicklung fehlten (Fernseher, DVD-Spieler, Kameras und seit 2004 Handys).
2.
Langfristige und mittelfristige Produktionsplanung
437
2.2.1 Der lange Weg zum erfolgreichen Produkt Zwischen einer Idee und ihrer Umsetzung in einen neuartigen Gegenstand oder ein neuartiges Verfahren, das von der Allgemeinheit akzeptiert wird, liegt ein langer Prozess. Dabei muss zwischen der Invention, die einen tatsächlich neuen Gegenstand oder eine neue Idee bezeichnet, und der Innovation unterschieden werden. Für Innovation wurde bisher keine allgemein gültige Definition gefunden, da der Begriff für Neuerungen auf zu unterschiedlichen Betrachtungsfeldern (Technik, Sozialwissenschaft, Wirtschaft, Gesellschaft) verwendet werden kann. Die betriebswirtschaftliche Bedeutung der Innovation kann anhand des Entwicklungsprozesses von der Idee bis zur Marktverbreitung und -akzeptanz (Diffusion) eines neuen Produktes beschrieben werden (siehe Abb. 7). Die Innovation kann dabei durch einen „technology-push“ oder durch einen „marketpull“ ausgelöst werden. Unterscheidungskriterium ist dabei die Richtung, aus der die Idee zur Auslösung der Innovation kommt. Bei einem „technology-push“ wird die Innovation durch den F&E-Bereich des Unternehmens ausgelöst. Der Anbieter muss dabei für das neue Produkt oder Verfahren den Markt erst schaffen (Bedürfnisse bei den Konsumenten wecken). Anders ist dies bei einem „market-pull“, bei dem die Innovation durch bereits auf dem Markt vorhandene, aber nicht befriedigte Bedürfnisse ausgelöst wird. Es ist offensichtlich, dass eine von der Nachfrage ausgelöste Neuerung weniger Probleme bis zur Marktverbreitung mit sich bringt als eine von der Angebotsseite präsentierte Neuerung. Abb. 7:
Der Innovationsprozess von der Idee bis zur Diffusion in Anlehnung an: Corsten, Hans: Produktionswirtschaft, Einführung in das industrielle Produktionsmanagement
438
Produktionswirtschaft
Diese am Ende des Prozesses stehende Marktverbreitung und Marktakzeptanz wird Diffusion genannt. Das Erreichen dieses Stadiums ist für den wirtschaftlichen Erfolg des Innovationsprozesses von entscheidender Bedeutung und ist auch bei hoher Qualität und Genialität der ursprünglichen Idee nicht selbstverständlich.
2.2.2 Abgrenzung von F&E-Tätigkeiten a) Grundlagenforschung Grundlagenforschung umfasst alle wissenschaftlichen Aktivitäten, die die Gewinnung neuer Erkenntnisse zum Ziel haben, ohne dass diese auf eine spezielle Anwendungsmöglichkeit gerichtet ist. b) Angewandte Forschung Die Suche nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen wird bei der angewandten Forschung vor dem Hintergrund einer späteren praktischen Anwendung und wirtschaftlichen Nutzung betrieben. c) Entwicklung Die Entwicklungsphase setzt den Abschluss der Gewinnung neuer Erkenntnisse voraus und umfasst nur noch technische und wirtschaftliche Anwendungserfordernisse.
„Wann ich eigentlich das erste Auto gesehen habe, das weiß ich nicht, denn ich bin nicht in Stuttgart aufgewachsen. Aber ich weiß noch, wann ich in das erste Auto gestiegen bin, wenn man das Fahrzeug Auto heißen konnte. Das war im Frühjahr 1903 … Warum erzähle ich das? Weil diese Erinnerung, indem sie fast ein halbes Jahrhundert umfasst, einen Begriff gibt von dem Tempo der Dinge, in die wir durch diesen Motor gestellt worden sind. Damals war das noch ein Kuriosum …“ Gottfried Daimler, der Mann der Werkbesessenheit, der fortgesetzten Selbstprüfung, für den die beste Arbeitsleistung ein Stück Ehrsamkeit darstellte, hatte von Anbeginn seiner Arbeit ein Gefühl dafür, und zwar nicht, weil er sich in spekulativem Prophezeien und Planen ergangen hätte, sondern weil er sich in einem sehr zähen Ringen um die Vollkommenheit der Aufgabe mühte, der er sich verschrieben hatte. Was war das für eine Aufgabe? Einen Motor herzustellen von geringem Gewicht, geringem Umfang, mit möglichst hoher Umlaufzahl … „Er hat gewiss auch andere Dinge zu betreiben gehabt. Er ist dann 1870 nach Deutz gerufen worden, wo dieser Versuch, dieses Bemühen Lenoirs, einen Motor, der von Gas betrieben wird, zu schaffen, durch Otto und Langen weiterentwickelt war. Es war für ihn eine Lehrzeit, aber es war für ihn auch der Durchstoß zum eigenen Willen. Der hieß so viel: von dem Gas, das irgendeine Gasanstalt liefert, frei zu werden und nun den Motor zu entwickeln, der von dem aus Petroleum-Derivat ,Benzin‘ zu gewinnendem Gas sich treiben lässt … Dann kommen die ersten Versuche.
Forschungsausgaben in % des Bruttoinlandsproduktes BIP. Ausgewählt 2002 Schweden
3,9
Finnland
3,7
Japan
3,0
USA
2,8
Die Stuttgarter sehen auf einmal ein Fahrrad, bei dem man gar nicht strampeln muss, und eine Kutsche, die fährt, ohne dass ein Gaul davorgespannt ist. Das ist das Neue. Bei Lenoir und auch bei Leuten in Deutz war der Motor standortgebunden, hier aber war das Prinzip gefunden des vom Standort freien, die Kraft im Kleinen Raum spendenden Motors.“1
Schweiz
2,7
Abb. 8 b):
Deutschland
2,5
Frankreich
2,2
Abb. 8 a):
Einige neue Ideen
Forschungsausgaben 1
Th. Heuss, Deutsche Gestalten, Tübingen 1951, S. 209 ff.
3.
Merkmale unterschiedlicher Produktionen
439
3. Merkmale unterschiedlicher Produktionen 3.1
Arten der Produktion
„Herstellung“, „Fertigung“ oder „Erzeugung“ – für Produktion scheint es umgangssprachlich und oft auch in wirtschaftswissenschaftlicher Literatur keine eindeutige Begriffsfestlegung zu geben. Und doch – jeder weiß, wovon die Rede ist. Anders ist dies bei der Beschreibung der verschiedenen Erscheinungsformen dieses Begriffes „Produktion“. Für die Kennzeichnung der Eigenschaften einer speziellen Produktion müssen eindeutige Begriffe verwendet werden, um Missverständnisse zu vermeiden. (Auf den folgenden drei Seiten musste das Prinzip der Trennung von Sachinformation (links) und Ergänzungen (rechts) fallen gelassen werden, weil die Produktionsarten gegenübergestellt werden sollten.)
Abb. 9:
Arten der Produktion
Aufgaben 2.
Die unten aufgeführte Abb. 9 enthält viele Begriffe, die bereits in anderen Kapitel erläutert wurden. Was verstehen Sie unter •
Investitionsgütern
•
Konsumgütern
•
Massenfertigung?
3.
a)
Ihnen ist auch die Fließfertigung bekannt. Wo würden Sie diese hier gegebenenfalls einordnen?
3.
b) Automation gilt als modernste Form der Fertigungsverfahren. Erklären Sie zunächst den Begriff, und prüfen Sie danach, wie Sie mit der Fließfertigung zusammenhängt!
440
Produktionswirtschaft
3.1.1 Stellung im volkswirtschaftlichen Güterverkehr Rohstoff- oder Urproduktion
Beispiel:
Bei der Rohstoff- oder Urproduktion bezieht das Industrieunternehmen die Rohstoffe nicht vom Beschaffungsmarkt, sondern versucht, natürliche Abbau- und Lagerstätten dieser Stoffe zu finden und diese auszubeuten. Bei direkt konsumfähigen Produkten existieren sehr viele Nachfrager, bei Produkten, die veredelt werden müssen, gibt es zumeist nur wenige Nachfrager.
Kunsthandwerk
Beispiele:
Beispiel:
Ölförderung, Mineralerz-, Kohleabbau
Spezial-Maschinenbau
Investitionsgüterproduktion
Automatisierte Produktion
Die Investitionsgüterproduktion liegt immer dann vor, wenn die Abnehmer im Wesentlichen Unternehmen oder öffentliche Auftraggeber sind. Der Absatzmarkt zeichnet sich durch eine überschaubare Anzahl von Nachfragern aus.
Als Weiterentwicklung der mechanisierten Produktion werden bei Automation Fertigungsabläufe von Maschinen durchgeführt und von Menschen nur noch gesteuert und überwacht. Die Bearbeitungsabläufe müssen streng gleichförmig sein, um die Maschinen aufeinander abstimmen zu können.
Beispiel: Maschinenbau Konsumgüterproduktion Herstellung aller Güter, die zum überwiegenden Teil direkt (Einzelhandel) oder indirekt (Großhandel) vom privaten Endverbraucher erworben werden. Der Absatzmarkt besteht aus einer sehr großen Anzahl von anonymen Nachfragern. Beispiele: Unterhaltungselektronik, Nahrungsmittel
3.1.2 Einsatz technischer Hilfsmittel Handwerkliche Produktion Während vor Beginn der Ausweitung der Industrialisierung im 19. Jahrhundert der größte Teil der Produktion handwerklich vollzogen wurde, liegt diese in einer modernen Wirtschaft nur noch bei individuellen oder künstlerischen Produkten vor.
Mechanisierte Produktion Bei der mechanisierten Produktion werden Arbeitsabläufe durch Maschinenunterstützung von Menschen ausgeführt. Um diese Maschinen ausreichend nutzen zu können, setzt diese Produktionsform eine gewisse Gleichförmigkeit der Bearbeitungsvorgänge voraus.
Beispiel: DMW AG
3.1.3 Anzahl gleicher Produktionseinheiten Einzelfertigung Hierbei erfolgt die Produktion in nur einer Produkteinheit. Zwar ist eine spätere Wiederholung der Herstellung möglich, der gesamte Produktionsapparat muss jedoch neu umgerüstet und eingerichtet werden. Beispiele: Anlagenbau, Bauindustrie. (Auch in der Schiffsindustrie wird von Einzelfertigung geredet, wenn von einem Typ nur ein Schiff gebaut wird, was inzwischen wegen der Kosten kaum möglich ist.)
3.
Merkmale unterschiedlicher Produktionen
441
Serienfertigung
Mehrproduktproduktion
Ein Betrieb betreibt Serienfertigung, wenn die unterschiedlichen Produktarten in größeren, aber begrenzten Stückzahlen hergestellt werden. Nach der Anzahl der hintereinander gefertigten Einheiten wird in Klein- und Großserienproduktion unterschieden. Der genaue Grenzwert ist dabei branchenabhängig.
Bei der Mehrproduktproduktion werden verschiedene Erzeugnisse nebeneinander hergestellt. Als ökonomischer Vorteil gilt das verminderte Risiko gleichzeitiger Nachfrageschwankungen auf verschiedenen Absatzmärkten. In diesem Fall spricht man von horizontaler Diversifikation. Zudem kann eine Mehrproduktproduktion auch aus technischen Gründen unumgänglich sein. Dies ist bei der Kuppelproduktion der Fall, bei der nebeneinander völlig unterschiedliche Erzeugnisse aus einem Produktionsprozess entstehen.
Beispiele: Textil- und Möbelindustrie Massenfertigung Massenfertigung liegt vor, wenn Erzeugnisse in unbegrenztem Umfang, d. h. ohne vorher geplante Beschränkungen, produziert werden. Beispiel: DMW AG
3.1.4 Anzahl verschiedener Produkte Einproduktproduktion Das Unternehmen stellt ausschließlich ein Produkt ohne wesentliche Variationen her. Diese Produktionsform tritt in der Praxis sehr selten in Erscheinung, da das Betriebsrisiko durch unvorhergesehene Absatzschwankungen sehr groß ist. Beispiele: Wasser- und Energieerzeugung Einproduktartproduktion (Sortenproduktion) Sortenprodukte sind Varianten eines Grundproduktes. Es werden also wie bei der Einproduktproduktion artgleiche Erzeugnisse hergestellt, die jedoch in wesentlichen Eigenschaften voneinander abweichen. Das Absatzrisiko mindert sich, aber kann durch die Abhängigkeit von dem zugrunde liegenden Basisprodukt nicht vollständig vermieden werden. Beispiele: Stahl- und Walzwerke
Beispiel: Diversifikation ist bei allen größeren Industrieunternehmen festzustellen, Kuppelproduktion liegt bei der Raffinierung von Erdöl vor. Es entsteht neben dem Hauptprodukt Benzin das Nebenprodukt Paraffin, welches als Rohstoff für die Kerzenherstellung verwendet wird.
3.1.5 Grad der Produktionstiefe Die Produktionstiefe beschreibt den Grad der Vollständigkeit, mit der ein Unternehmen die für das Endprodukt notwendigen Einzelteile selbst fertigt. Bei einer hohen Produktionstiefe wird auch von vertikaler Diversifikation gesprochen. Je höher der Grad der Produktionstiefe eines Unternehmens ist, desto größer sind der Grad der Wertschöpfung aus dem Endprodukt und die Unabhängigkeit von Beschaffungsmärkten. Dementgegen erfordert eine hohe Produktionstiefe größere Investitionen und eine gute innerbetriebliche Organisation.
Aufgaben 4.
a)
Nennen Sie deutsche Firmen für Energieversorgung.
b) Fallen Ihnen Namen deutscher Firmen ein, die Stahl produzieren?
442
3.1.6 Anzahl gleichzeitig gefertigter Einheiten Losweise Produktion Teilmengen der einzelnen Produktarten werden ohne Unterbrechung durch andere Produktarten in einem Durchlauf produziert. Beispiel: DMW AG
Produktionswirtschaft
Zusatzinformation zur Einzelfertigung Die Einzelfertigung ist eine typische Auftragsfertigung. Anders als bei einem Produkt aus der Massenfertigung kann der Auftraggeber Sonderwünsche einbringen, die der Hersteller bei der Konstruktion und Planung einbeziehen kann. So wickelt sich ein Geschäft zwischen dem Auftraggeber und dem Hersteller immer sehr individuell ab:
Partie- oder Chargen-Produktion Partie- und Chargen-Produktionen sind Sonderformen der Produktion in Losen. Eine Partie ist eine in sich einheitliche Rohstoffmenge, die sich von jeder anderen Partie in ihren Eigenschaften geringfügig unterscheidet. Beispiele: Tee, Tabak, Kaffee, Wolle aus unterschiedlichen Anbaugebieten. Eine Charge ist die Produktmenge, die während eines nicht exakt wiederholbaren Produktionsprozesses hergestellt wird. Die leicht unterschiedlichen Produktionsbedingungen führen zu geringfügigen Unterschieden zwischen den Chargen. Beispiele: Brotproduktion, Färbeprozesse
Abb. 10a):
Arbeitsablauf in der Einzelfertigung
Meistens wird der Hersteller nur eine ganz bestimmte Erzeugnisart erstellen können, weil seine Produktion auf dieses Produkt ausgerichtet ist. Für die Einzelfertigung sind folgende Kennzeichen typisch:
Kontinuierliche (produkteinheitsfreie) Produktion
•
geringer Kapitaleinsatz
•
Verwendung von Mehrzweckmaschinen
Hierbei handelt es sich meistens um Produktionsprozesse, bei denen aus ablauftechnischen Gründen keine Unterbrechung möglich ist.
•
Belastung durch hohe Arbeitskosten
•
begrenzte Arbeitszerlegung.
Beispiel:
Diese Kennzeichen sind aber nicht zwangsläufig gegeben. In der Schiffsindustrie z. B. benötigt man Anlagen von hohem Wert. Auch haben Baugeschäfte viele Maschinen im Einsatz. Man denke nur an die fahrenden Betonmischmaschinen.
Raffinerieproduktion
3.
Merkmale unterschiedlicher Produktionen
443
Zusammenfassung und Ergänzung
Beispiel:
In der folgenden Abbildung 10 b) sind Produktionsarten in einer Grafik dargestellt, wobei die Unterscheidung nach technologischen Verfahren hinzugefügt und einige Produktionsarten weggelassen worden sind.
Mehrproduktproduktion Die DMW AG ist durch das Produktfeld „Personenkraftwagen“ der Konsumgüterproduktion zuzuordnen. Die Pkws werden zum überwiegenden Teil von privaten Endverbrauchern gekauft. Als Automobilhersteller hat die DMW AG die automatisierte Produktion schlechthin. In handwerklicher Produktion könnten die großen Stückzahlen der abgesetzten Automobile nur mit einem erheblich höheren Zeitaufwand und damit höheren Kosten produziert werden. Da die DMW AG bei Aufnahme der Produktion keine Beschränkung der Stückzahlen plant, ist die Produktion auf Massenfertigung ausgerichtet. Aufgrund der Modellvielfalt handelt es sich um eine Mehrproduktproduktion. Mit der angewandten Fließfertigung geht der hohe Anteil des Fremdbezugs einher. Die Automobiltypen werden in Losen produziert.
Aufgaben 4.
a)
Ordnen Sie Ihnen bekannte Unternehmen in die vorgestellten Unterscheidungskriterien ein! Begründen Sie dabei Ihre Einordnung kurz!
b) Nennen Sie Beispiele von Partien! c)
Warum ist die Einzelfertigung so teuer?
d) Bitte vergleichen Sie Abb. 9 und 10 b). Stellen Sie Unterschiede heraus! Versuchen Sie sich auch kundig zu machen über die technischen Verfahren! 5. Abb. 10 b):
Unterscheidungen im Fertigungsprozess nach herkömmlicher Art
Der Bestand an Robotern nimmt in deutschen Industrieunternehmen zu. Wie wird sich dieser technische Fortschritt auf die Erzeugnisse auswirken?
444
3.2
Produktionswirtschaft
Organisationsformen
Organisationstyp Anordnung der Potentialfaktoren Beschreibung der Besonderheiten
Werkstattfertigung Gruppenfertigung Verrichtungsorientiert Objektorientiert
Fließfertigung Objektorientiert
Räumliche Zusammenfassung gleich artiger Funktionen und Arbeitsverrichtungen (z.B. Dreherei, Bohrerei Fräserei)
Typischer Anwendungsbereich
Werkzeugmaschinenbau
Räumliche Zusammenfassung verschiedener Betriebsmittel zu Funktionsgruppen Möglichkeit der Anwendung neuer Formen der Arbeitsstrukturierung, z.B. teilautonome Gruppen wie bei Werkstatt- und Fließfertigung
Vorteile
• hohe Flexibilität • geringe Umstellzeiten und -kosten • relativ geringe Kapitalbindung • größere Handlungsu. Entscheidungsspielräume der Arbeitskräfte
Gegenüber der reinen Werkstattfertigung • höhere Übersichtlichkeit der Fertigung, geringere Transportzeiten Gegenüber der reinen Fließfertigung • höhere Flexibilität
Nachteile
• schwierige Fertigungsplanung und -steuerung • hohe Transportkosten • Zwischenlagerbildung • lange Durchlaufzeiten • ungleichmäßige Kapazitätsauslastung
Zurückstellen von Sonderwünschen
Anordnung der Betriebsmittel und Arbeitsplätze nach der Arbeitsgangfolge. Kontinuierlicher Fertigungsfluss wird durch zeitliche Abstimmung der Arbeitstakte erreicht Konsumgüterindustrie, Bauwirtschaft, GroßKraftfahrzeugindustrie anlagenbau, Projektabwicklungen • geringe AnfordeBewertung ist nicht rung an die Fertimöglich, da es eine gungssteuerung Alternative zu dieser • niedrige Transport- Organisationsform kosten nicht gibt. • niedrige Durchlauf- Die besonderen Probzeiten lembereiche der • Vorteile durch Baustellenfertigung Arbeitsteilung und sind dabei: Spezialisierung • Planung der Baustelleneinrichtung • hoher Kapitalbedarf für die Fertigungs- • Realisierung der Transportkette anlagen • Planung der techno• reagiert empfindlogischen Abläufe lich auf Störungen des Ablaufs • starre Produktion • geringe Handlungsu. Entscheidungsspielräume der Arbeitskräfte
Abb. 11:
Baustellenfertigung Sonderform für unbewegliche Objekte Betriebsmittel und Arbeitskräfte werden zum Objekt transportiert (ortsfestes Arbeitsobjekt und standortvariable Betriebsmittel)
Organisationsformen der Fertigung
Nach dem Gesichtspunkt der Zusammenfassung von Maschinen und Arbeitsplätzen zu fertigungstechnischen Einheiten und deren räumlicher Anordnung lassen sich als allgemeine Organisationstypen der Fertigung die Werkstattfertigung, die Fließfertigung, die Gruppenfertigung und die Baustellenfertigung unterscheiden.
Ergänzung zu Organisationsformen Organisationsformen werden in der Praxis auch Organisationstypen oder Produktion genannt. Auch die Reihenfertigung gehört hierzu, nur gilt sie als Vorstufe der Fließfertigung, obwohl keine Fließbänder (im arbeitstechnischen Sinne) eingesetzt werden.
3.
Merkmale unterschiedlicher Produktionen
Wesentlich für die Unterscheidung und die Einordnung der Fertigungsverfahren sind das Objekt- und Verrichtungsprinzip: Objektprinzip: Sind die Betriebsmittel und Arbeitsplätze in der Reihenfolge der auszuführenden Arbeitsschritte angeordnet, ist die Fertigung nach dem Objektprinzip organisiert. An jeder Bearbeitungsstufe wird eine andere Verrichtung am gleichen Objekt vorgenommen. Da die Verrichtungen, also gleiche Bearbeitungsschritte, voneinander nach Notwendigkeit des Gesamtablaufes getrennt sind, spricht man auch von Verrichtungsdezentralisation oder Objektzentralisation. Muss beispielsweise an einem Werkstück nach jedem Arbeitsschritt ein Nachbearbeiten durch einen Schleifautomaten erfolgen, würde bei dieser Organisationsform nach jeder Bearbeitungsstufe ein Schleifautomat eingerichtet werden, um die langen Transportwege in eine zentrale Schleiferei zu umgehen.
Abb. 12:
Reihenfertigung
445
Erscheinungsformen dieser Organisationsart sind die Reihenfertigung und, in ihrer konsequentesten Anwendung, die Fließfertigung. Verrichtungsprinzip: Sind die Betriebsmittel und Arbeitsplätze nach der Gleichartigkeit der Tätigkeiten in Werkstätten zusammengefasst, ist die Fertigung nach dem Verrichtungsprinzip organisiert. Verschiedene Verrichtungen werden an verschiedenen Orten durchgeführt. Da die gleichartigen Verrichtungen, ohne Rücksicht auf die Abfolge aller an einem Werkstück (Objekt) durchzuführenden Arbeitsschritte, örtlich zusammengefasst sind, spricht man auch von Verrichtungszentralisation oder Objektdezentralisation. Muss beispielsweise an einem Werkstück nach jedem Arbeitsschritt ein Nachbearbeiten durch einen Schleifautomaten erfolgen, würde bei dieser Organisationsform das Werkstück nach jeder Bearbeitungsstufe wiederum in die zentrale Schleiferei transportiert werden
446
Erscheinungsformen dieser Organisationsart sind in der konsequentesten Form die Werkstattfertigung und in abgeschwächter Form die Gruppenfertigung. Bei der Gruppenfertigung werden innerhalb bestimmter fertigungstechnischer Einheiten, den so genannten Funktionsgruppen, die Maschinen und Arbeitsplätze in der Reihenfolge der Arbeitsgänge angeordnet.
Produktionswirtschaft
Aufgaben 6.
Wenn Arbeitsplätze und Maschinen, die zur Fertigung eines Erzeugnisses notwendig sind, zu Gruppen zusammengefasst werden, spricht man von der Gruppenfertigung. Wieso kann diese Organisationsform besonders motivationsfördernd sein?
7.
Man unterscheidet die Fließfertigung und die Fließbandfertigung. Unterscheiden Sie beide Begriffe!
8.
Bei der Baustellenfertigung wird das Ergebnis bzw. der Arbeitsgegenstand wegen seiner Standortgebundenheit auf einer Baustelle gefertigt. Wann wird dieses Verfahren typischerweise eingesetzt?
3.2.1 Besonderheiten der Werkstattfertigung Aufbauend auf der in der Übersicht beschriebenen Besonderheit der Werkstattfertigung, nämlich der räumlichen Zusammenfassung gleichartiger Funktionen und Arbeitsverrichtungen, werden nun die entstehenden Probleme vertieft dargestellt und Lösungsansätze entwickelt. Das Hauptproblem bei der Werkstattfertigung ist das Fehlen eines einmaligen optimalen Ablaufes, wie beispielsweise bei der Fließfertigung (siehe Abschnitt 3.2.2). Die Fertigungssituation ändert sich laufend. Um sich dennoch einer möglichst guten Lösung nähern zu können, wird das Problem der Festlegung von Produktionsabläufen bei der Werkstattfertigung zunächst in einzelne Abschnitte unterteilt und isoliert betrachtet (siehe Abb. 14). Leider führt diese getrennte Betrachtung nur zu optimalen Lösungen für den betrachteten Bereich. Versucht man, eine Teillösung auf den gesamten Bereich anzuwenden, werden Zielkonflikte deutlich. Hierzu einige Beispiele:
Abb. 13:
Beispiel einer Werkstattfertigung
3.
1.
Merkmale unterschiedlicher Produktionen
447
Positiver Effekt: Je niedriger die Bestände an Aufträgen, die in den Werkstätten zur Bearbeitung vorliegen, sind, desto niedriger ist das im Umlaufvermögen gebundene Kapital, und desto kürzer sind die Durchlaufzeiten (siehe Abschnitt 6.2) der einzelnen Aufträge. Negativer Effekt: Je weniger Aufträge vor einer Werkstatt lagern, desto schwerer ist die optimale Auslastung der Maschinen, woraus sich eine Verminderung der Gesamtleistung des Produktionsapparates ergeben könnte. Ergebnis:
2.
+
Durchlaufzeiten verkürzt
–
Kapitalbindung vermindert
–
Maschinenauslastung gefährdet
–
Gesamtleistung gefährdet
Abb. 14:
Simultane Planungsschritte bei der Werkstattfertigung
Abb. 15:
Die Werkstattfertigung in ihrer typischen Ausformung (Jaeger) mit langen Durchlaufzeiten (Doppelwege u. a.)
Positiver Effekt: Je kleiner die Losgröße gewählt wird, desto einfacher ist die optimale Auslastung der Maschine, da kleinere Produktionseinheiten besser in Produktionsfreiräume eingeplant werden können. Negativer Effekt: Je kleiner die Losgröße, desto größer die Losanzahl (siehe Abschnitt 5.). Hieraus folgen höhere Transportkosten durch mehr Transportvorgänge und eine Erhöhung der Durchlaufzeit des Auftrags (aus mehreren Losen), da erst nach Fertigstellung des letzten Loses der Auftrag ausgeliefert werden kann. Ergebnis: +
hohe Maschinenauslastung
+
hohe Gesamtleistung
–
hohe Transport- und Rüstkosten
–
lange Auftrags-Durchlaufzeit
448
Produktionswirtschaft
Unternehmensbereich
Vorteile der Werkstattfertigung
Nachteile der Werkstattfertigung
Produktionsplanung
- Langfristige Produktionsplanung birgt durch hohe Flexibilität des Produktionsapparates ein geringeres Risiko
- Kurzfristige Programmplanung (Losgrößenplanung) wegen Problem der Maschinenbelegung sehr komplex
Produktionsdurchführung Produktionssteuerung
- Sehr flexibel bei Umstellungen im Produktionsprozess - Störungen an einer Maschine können umgangen werden und beeinflussen den kurzfristigen Gesamtablauf nicht
- Lange Durchlaufzeiten - Lange innerbetriebliche Wartezeiten - Festlegung der optimalen Bearbeitungsreihenfolge muss permanent erfolgen - Kapazitätsengpässe können entstehen und müssen berücksichtigt werden - Hohe Flexibilität gegenüber kundenin- Hohe Fertigungskosten, daher zumeist konjunkdividuellen Produktanpassungen turell bedingte Absatzschwankungen (Investiti- Sehr flexibel gegenüber Nachfrageändeonsgüter) rungen - Vorkalkulation schwierig, daher Gefahr des - Flexibel bei kurzfristigen Sonderaufträgen „Verkalkulierens“ durch zu hohe Ist-Kosten
Absatz
- Vergleichsweise geringe Kapitalbindung - Hohe Kapitalbindung im Umlaufvermögen im Anlagevermögen - Geringe Fluktuation - Hohe Personalkosten durch hohen - Geringer Krankenstand Facharbeiteranteil - Hohe Arbeitsmotivation - Flexibel einsetzbares Personal - Flexibilität bei Lieferverzug durch - Lagerhaltung und Sicherheitsbestände nötig -> Lagerhaltung Kosten der Kapitalbindung - Schlechte Verhandlungsposition, da geringere Abnahmemengen
Finanzierung Personal
Lager Einkauf
Abb. 16: 3.
Zusammenfassung: Vor- und Nachteile der Werkstattfertigung
Positiver Effekt:
Aufgaben
Je mehr sich die Reihenfolge der Bearbeitung im Rahmen der technischen Möglichkeiten nach der Lage der Werkstätten zueinander richtet, desto kürzer sind die Transportwege und Transportkosten.
9.
Negativer Effekt: Je weniger die Auslastung einzelner Werkstätten betrachtet wird, desto eher kann es zu Leerzeiten oder zu Engpässen (Auftragsstau vor einzelnen Werkstätten) kommen. Ergebnis: +
Bearbeitungsreihenfolge optimal
+
Transportwege und -kosten geringer
–
Auslastung zu hoch oder zu niedrig
–
Gesamtleistung evtl. gefährdet
Erklären Sie die Besonderheiten der Organisationsform „Werkstattfertigung“! Gehen Sie dabei auf die Begriffe „Objektprinzip“ und „Verrichtungsprinzip“ ein!
10. Überlegen Sie, welche Gründe für ein Unternehmen bestehen könnten, die Produktion, die bislang eine Werkstattfertigung war, mit einer anderen Organisationsform neu zu gestalten! 11. Nennen Sie die charakteristischen Probleme bei der Produktionsplanung einer Werkstattfertigung! Erläutern Sie, warum die Lösung dieser Probleme so schwierig ist! Gehen Sie dabei auf die unterschiedlichen Zielgrößen der Problembereiche ein!
3.
Merkmale unterschiedlicher Produktionen
449
Als Ergebnis kann festgestellt werden, dass aufgrund der zu großen Komplexität der Zusammenhänge die Planung zunächst für einzelne Zielgrößen getrennt vorgenommen werden muss, die Ergebnisse anschließend jedoch aufeinander abgestimmt werden müssen, um sich an eine insgesamt gute Lösung anzunähern.
12. Stellen Sie anhand eines Ihnen bekannten Unternehmens (z. B. Ausbildungsbetrieb) dar, warum das Unternehmen mit Werkstattfertigung produziert bzw. warum diese Organisationsform nicht gewählt wurde!
Dies ist umso schwerer, da es sich bei der Werkstattfertigung meistens um ein dynamisches, also kurzfristig wechselndes Auftragsprogramm handelt. Eine gestern gefundene gute Lösung kann morgen schon unbrauchbar sein.
14. Warum ist die Werkstattfertigung typisch für kleine Handwerksbetriebe?
13. Was versteht man unter einer Werkstatt im handwerklichen Sinn?
15. Was spricht aus absatzpolitischer Hinsicht für die Werkstattfertigung?
Diese Planungsschwierigkeit wird auch das „Dilemma der Ablaufplanung“ genannt.
3.2.2 Besonderheiten der Fließfertigung Der Grundgedanke der Fließfertigung basiert auf der Zerlegung der zur Fertigung eines Produktes notwendigen Arbeiten in viele kleine Bewegungsabläufe und der anschließenden Zusammenfassung gleichartiger Arbeitsschritte. Diese von Frederick Winslow Taylor Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte Vorgehensweise (Taylorismus) ermöglichte eine erhebliche Erhöhung der Produktivität von Arbeitsprozessen und damit eine Ausweitung der Industrieproduktion insgesamt. 3.2.2.1
Taylorismus Zerlegung der Arbeit in einzelne Funktionen mit kleinen Arbeitsinhalten, wodurch: •
unnötige Abläufe erkenn- und vermeidbar werden
•
die einzelnen Abläufe durch Routine schneller vollzogen werden
•
die Produktivität durch Erhöhung des Outputs (Menge) bei gleichem Input (Zeit) steigt.
Das Gesetz der Massenproduktion
Das Gesetz der Massenfertigung ist die Grundlage dafür, dass sich die hohen Investitionen in den „Fließband-Branchen“, die oft Milliardenbeträge umfassen, lohnen.
Die Fließbandfertigung führt aufgrund sinkender variabler Stückkosten (durch geringere Bearbeitungszeit) und degressiver fixer Stückkosten (durch Verteilung der Fixkosten) bei steigenden Ausbringungsmengen zu sinkenden Kosten (k) pro Stück.
450
Produktionswirtschaft
Dieses Gesetz formuliert den Zusammenhang von Fixkosten und Kapazitätsauslastung und weist nach, dass die Stückkosten bei gleich bleibenden Fixkosten und variablen Kosten mit zunehmender Menge sinken. Diesen Zusammenhang verdeutlicht Abbildung 17. Wenn aber die Kosten pro Stück mit steigender Ausbringungsmenge sinken, kann das vorrangige Ziel nur sein, so viel wie möglich zu produzieren. Dieses Ziel muss jedoch mit gleich bleibenden Betriebsmitteln (gleiche Fixkosten) erreicht werden. Die Betriebsmittel müssen also besser ausgelastet werden. Diese bessere Auslastung soll bei der Fließfertigung durch zwei Ansätze erreicht werden: •
bessere räumliche Anordnung der Betriebsmittel Ziel: Einsparung von Transportzeit
•
bessere zeitliche Arbeitsschritten
Abstimmung
von
Abb. 17:
Fixkostendegression durch Massenfertigung
Abb. 18:
Vorbereitung der Herstellung durch Produktionsplanung mit AV als Leitstelle
Ziel: Einsparung von Wartezeit. 3.2.2.2
Erscheinungsformen der Fließfertigung
3.2.2.2.1 Organisierte Fließfertigung Die zeitliche Abstimmung der Arbeitsschritte erfolgt durch Zerlegung des Produktionsprozesses in Arbeitsschritte (meist in der AV, siehe Abb. 18), die innerhalb eines Arbeitstaktes ausgeführt werden können (Fließfertigung im „klassischen“ Sinne). Beispiele: Automobilindustrie, Massenelektronik (siehe Abschnitt 3.2.2.3) 3.2.2.2.2 Naturbedingte Fließfertigung Die zeitliche Abstimmung der Arbeitsschritte wird durch die Technologie des Produktionsoder Gewinnungsprozesses bestimmt. Beispiele: Zuckerproduktion, beitung
Roheisenbear-
3.
a)
Merkmale unterschiedlicher Produktionen
Der Arbeitsplatz ist feststehend, das Produkt wird durch das Fließband an diesen Arbeitsplatz befördert. Während der Bearbeitung verweilt das Produkt am Platz und wird während einer Zeitphase bearbeitet.
b) Das Fließband befördert das Produkt mit gleich bleibender Geschwindigkeit an Arbeitszonen vorbei, in denen das Produkt während der Bewegung bearbeitet wird. 3.2.2.3
Arbeitszerlegung
Die Abteilung „Arbeitsvorbereitung“ führt eine systematische Zerlegung des gesamten Vorgangs mittels Arbeitsablauf- und Arbeitszeitstudien in Ablaufabschnitte durch. Nach diesen Arbeitsstudien ist der gesamte Vorgang in Arbeitsgänge (1. Ebene), Arbeitsstufen (2. Ebene) bis hin zu einzelnen Arbeitsgriffen (3. Ebene) unterteilt. 3.2.2.4
Abstimmung von Kapazität und Reihenfolge
Aufgabe der Bandabstimmung ist es, einen kontinuierlichen, von Unterbrechungen freien Materialfluss durch die einzelnen Arbeitsstationen eines Fließbandes zu erzielen. Diese Austaktung gliedert sich in drei Problembereiche, die simultan gelöst werden müssen: 1.
Abstimmung von Produktionsmenge
Bedarfs-
und
Zunächst muss der Bedarf, also die benötigte Ausbringungsmenge, so genau wie möglich abgeschätzt werden. Anhand dieser Menge kann die Grobplanung für den Kapazitätsbedarf erfolgen. Die Feinplanung, also die genaue Bestimmung des notwendigen Personalumfanges und der Anzahl der Maschinen, wird zusätzlich von der Geschwindigkeit des Fließbandes, der so genannten Taktzeit, bestimmt.
451
Fallstudie zur Fließbandplanung bei der DMW AG: Ausgangssituation: Auf mehreren Fertigungsstraßen der DMW AG werden Motorenblöcke im Rohbau und zugelieferte Motoren-Bestandteile zu einem einbaufertigen Motor zusammengesetzt. Die Gesamtkapazität dieser Fertigungsstraßen beträgt 4800 Minuten pro Schicht. Der Bedarf an kompletten Motoren, die unmittelbar nach der Montage in die Fertigmontage eingehen, beträgt 96 Stück pro Schicht. Der Ablauf der Planung für die Einrichtung dieses Teilabschnitts „Zusammenbau Motoren“ im Rahmen des gesamten Fließbandes verläuft dabei wie folgt: 1. Schritt: Zerlegung des Arbeitsablaufs In der Arbeitsvorbereitung wird der Arbeitsablauf „Zusammenbau Motor“ in die Einzelverrichtungen aufgelöst. Weiterhin wird in Zusammenarbeit mit der Montageleitung ermittelt, welche Bearbeitungsreihenfolgen dieser Einzelverrichtungen möglich sind und welche Reihenfolgen aus technischen Gründen ausscheiden. Ergebnis der Zerlegung: siehe Abb. S. 480 oben 2. Schritt: Bestimmung einer realisierbaren Taktzeit Für das Beispiel ergibt sich bei einer SchichtKapazität von 4800 ZE und einem Bedarf von 96 Stück pro Schicht eine Taktzeit von: 4800 ZE / Schicht = 5 Minuten 960 Stück / Schicht
Umgekehrt kann anhand dieses Zusammenhanges auch die benötigte Kapazität bei vorgegebener Bedarfsmenge und vorgegebener Taktzeit (z. B. maximal mögliche Bearbeitungsgeschwindigkeit) ermittelt werden.
452
Produktionswirtschaft
Taktzeit (nach REFA) Die Taktzeit ist die Zeit, die innerhalb eines Fließbandes zur Fertigstellung einer Produkteinheit benötigt wird. Sie ergibt sich aus dem Quotienten von Kapazität und Bedarfsmenge. Taktzeit =
2.
Kapazität ( Zeiteinhei ten pro Schicht ) Bedarf (Mengeneinh eiten pro Schicht )
Verteilung der Arbeitsschritte auf die Stationen Im Rahmen der ermittelten Taktzeit werden anschließend ähnliche Bearbeitungsschritte zusammengefasst. Dabei müssen die technischen Variationsmöglichkeiten berücksichtigt werden. In der Fallstudie zeigen sich Grenzen dieser Möglichkeiten. Der Ventilkopf kann z. B. erst auf den Motorenblock montiert werden, wenn die Ventildichtung eingelegt wurde. Weiterhin kann der Zahnriemen erst eingebaut und gespannt werden, wenn die benötigte Spannrolle bereits eingebaut wurde. Die Festlegung der Arbeitsschritte innerhalb der Arbeitsstationen erfolgt also simultan mit Punkt 3.
3.
Abstimmung der Reihenfolge der Arbeitsstationen Hierbei werden die räumliche Anordnung der Betriebsmittel (Fabrik-Layout; siehe Abschnitt 4.) und der Bedarf an innerbetrieblichen Transportsystemen (Fließband im engeren Sinne) geplant. In dieser Feinabstimmung werden Unterschiede der Bearbeitungszeiten von aufeinander folgenden Arbeitsstationen durch die Berücksichtigung von Leerzeiten oder Zwischenlagern geglättet. Zu bedenken ist immer, dass Leerzeiten und Zwischenläger Kosten verursachen und einer guten Wirtschaftlichkeit entgegengesetzt sind. Soweit wie möglich gilt daher das Prinzip, Zwischenläger zu vermeiden, denn sie verursachen Personalkosten und Kapitalbindungskosten.
Ergebnis der Zerlegung Arbeitsschritt
benötigte Zeit
A
Zylinderkopfdichtung einlegen
1,00
B
Zylinderkopf auf Motorblock
4,00
C
Ventildeckeldichtung einlegen und Ventildeckel montieren
1,50
D
Zündkerzen montieren
2,50
E
Wasserpumpe vormontieren
4,00
F
Einspritzleitungen vormontieren
3,50
G
Einspritzpumpe vormontieren
1,00
H
Montage von Einspritzanlage und Wasserpumpe an Motorblock
2,00
I
Zahnriemenspannrolle montieren
3,00
J
Ölwanne und Ölfilter montieren
7,00
K
Zahnriemen einlegen und spannen
2,50
L
Ölfilter und Luftfilter montieren
4,50
Gesamtzeit
36,50
Aus diesem Planungsschritt kann jedoch auch ein nichtrealisierbares Ergebnis resultieren. Ist die Kapazität für den gewünschten Output (Bedarf) nicht ausreichend, so wird die Taktzeit im Extremfall so kurz, dass sie technisch nicht mehr realisierbar ist. In diesem Fall muss über eine Kapazitätsausweitung oder eine kleinere Ausstoßmenge entschieden werden. In dem dargestellten Beispiel wird vereinfachend davon ausgegangen, dass die Taktzeit von 5 Minuten technisch realisierbar ist. 3. Schritt:
Austaktung der Bearbeitungsstationen
Problematisch erscheint auf den ersten Blick der Bearbeitungsschritt J. Er umfasst nach der Arbeitszerlegung 7 Minuten und muss innerhalb eines Taktes von 5 Minuten durchgeführt werden. Dies ist offensichtlich unmöglich. Man entschließt sich daher, das Band an dieser Stelle in zwei gleichartige Stationen zu teilen. Jede dieser Stationen wird dann abwechselnd jeden zweiten Takt bedient.
3.
Merkmale unterschiedlicher Produktionen
Die benötigten Zeiten der anderen Bearbeitungsschritte sind dagegen alle kleiner als die Taktzeit und können somit problemlos durchgeführt werden. Da jedoch erhebliche Abstimmungsverluste entstehen würden, wenn jeder dieser Schritte in einem Takt durchgeführt werden würde, wird darüber hinaus versucht, Bearbeitungsschritte, die nacheinander durchgeführt werden können und in der Summe der Zeiten innerhalb des Taktes liegen, zusammenzufassen. Abschließend wird überprüft, ob durch die Parallelanordnung von Arbeitsstationen die Gesamtzahl der Takte, die für die Durchführung des gesamten Vorgangs (Zusammenbau Motor) benötigt werden, verringert werden kann. Auch hierbei müssen die technischen Möglichkeiten berücksichtigt werden.
453
Damit stehen für die Bearbeitung an diesen Stationen zwei Takte, also 10 Minuten, zur Verfügung. Ergebnis der Austaktung: Station
I.
Arbeitsschritte
A, B
Bearbeitungszeit
Takt zeit
Abstimmungszeit
1+4=5
5
0
II.
C, D
1,5 + 2,5 = 4
5
1
III.
E
4
5
1
IV.
F, G
3,5 + 1 = 4,5
5
0,5
V.
H, I
2+3=5
5
0
VI.
J, K
7 + 2,5 = 9,5
5+ 5
0,5
VII.
L
4,5
5
0,5
Aufgabe 16. Definieren Sie den Begriff „Fließfertigung“ umfassend!
Abb. 19:
Fallstudie Fließbandplanung: grafische Darstellung der Ergebnisse
454
Produktionswirtschaft
Unternehmensbereich
Vorteile der Fließfertigung
Nachteile der Fließfertigung
Produktionsplanung
- Kurzfristige Programmplanung (Losgrößenplanung) entfällt
- Sehr genaue langfristige Planung der Zusammensetzung des Produktionsprogrammes nötig
Produktionsdurchführung Produktionssteuerung
- Kurze Durchlaufzeiten der Produkte - Minimale Wartezeiten - Nach Anlaufphase durch Überschaubarkeit des Ablaufes leicht steuerbar
- Sehr unflexibel bei Umstellungen im Produktionsprozess - Störungen haben unmittelbare Auswirkung auf den Gesamtablauf
Absatz
- Durch niedrige Kosten hohe Flexibilität in der Preispolitik (niedrige Preisuntergrenze) - Gute Planbarkeit von Lieferterminen (hohe Liefertreue) - Geringe Kapitalbindung im Umlaufvermögen - Niedrigere Personalkosten durch geringeren Facharbeiter-Anteil
- Sehr geringe Flexibilität gegenüber qualitätsmäßigen Nachfrageänderungen (Mode, technischer Fortschritt) - Nachfrage-Rückgänge können existenzbedrohend sein - Hohe Kapitalbindung im Anlagevermögen
Finanzierung Personal
Lager Einkauf
Abb. 20:
- Lagerfreie Beschaffung möglich (Just-in- time)
Hohe Fluktuation Hoher Krankenstand Geringe Arbeitsmotivation Hohe Störanfälligkeit bei Lieferverzug
- Sehr gute Preisverhandlungsposition, da hohe Abnahmemengen
Vor- und Nachteile der Fließfertigung
4. Innerbetriebliche Standortplanung Der Begriff Layout bedeutet „räumliche Anordnung“. Die Layoutplanung umfasst die Ermittlung, Bewertung und Auswahl alternativer räumlicher Anordnungsmöglichkeiten von Produktionsfaktoren innerhalb eines Betriebes. Diese Planung bezieht sich zum Beispiel auf: •
Maschinen (Maschinenlayoutplanung)
•
Büros (Gebäudelayoutplanung)
•
Lagerplätze (Lagerplanung).
Die Ausgangssituation bei der Layoutplanung wird von folgenden vier wesentlichen Faktoren bestimmt:
Innerbetriebliche Standorte müssen exakt festgelegt werden. Das macht die Layoutplanung. Es erscheint wie selbstverständlich, dass innerhalb eines Betriebes die einzelnen Fertigungsabteilungen räumlich annähernd nach dem Weg der Erzeugnisse durch die Produktion angeordnet sind, die Büroräume einer Abteilung möglichst nah beieinander liegen oder das Rohstofflager im Erdgeschoss eines Werksgebäudes mit Anschluss an eine Lkw-Rampe liegt. Erst in Situationen, in denen der Material- oder Informationsfluss durch räumliche Einflüsse behindert oder unterbrochen ist, wird deutlich, dass die Festlegung der Standorte einzelner Abteilungen nicht willkürlich, sondern das Ergebnis einer umfangreichen Planung ist. Diese Bestimmung der innerbetrieblichen Standorte wird Layoutplanung genannt.
4.
1.
2.
Innerbetriebliche Standortplanung
Begrenzte Fläche
Beispiel:
Ausgangspunkt der meisten Planungen in der Betriebswirtschaft ist ein Engpass. In der Layoutplanung ist dies fast immer eine begrenzte Raumfläche, die für die betrieblichen Notwendigkeiten möglichst optimal ausgenutzt werden soll.
Layoutplanung
Menge von Objekten Die allgemeine Formulierung „Objekte“ bezieht sich auf alle für die betrieblichen Abläufe wesentlichen:
3.
•
Arbeitsplätze
•
Maschinen
•
Werkstätten
•
Abteilungen.
Beziehungen zwischen den Objekten Hierbei müssen die Zusammenhänge der unter 2. definierten Objekte ermittelt werden, um Prioritäten in der späteren Zuordnung festlegen zu können. Diese Zusammenhänge ergeben sich z. B. aus:
4.
455
•
Güterflüssen
•
Formularbewegungen
•
Kommunikationsbeziehungen.
Ein Unternehmen möchte den Materialfluss in der Produktion effektiver gestalten. Die Ausgangssituation ist in Abbildung 22 a) dargestellt. Zielsetzung der Umstrukturierung ist vor allem die Verkürzung des Materialflusses und die Verkürzung der Transportwege zwischen den Maschinen und dem Werkzeuglager bei Umrüstvorgängen. Prinzipiell kann die Innenaufteilung der Halle beliebig verändert werden. Auf die tragende Wand zwischen den Lagerräumen und dem Produktionsbereich kann jedoch aus statischen Gründen nicht verzichtet werden. Darüber hinaus muss die Lackierstraße an dem jetzigen Platz bleiben, da dort Lüftungs- und Entsorgungseinrichtungen fest installiert sind. Abb. 21 zeigt Ihnen, wie die Lagerorte bestimmt werden können.
Bedingungen und Restriktionen für Anordnung Durch bestimmte bauliche oder technische Notwendigkeiten können sich für bestimmte Objekte Fixpunkte innerhalb des zur Verfügung stehenden Raumes ergeben, die in die Planung einbezogen werden müssen. Beispielsweise müssen Öfen einen Anschluss an vorhandene Schornsteine haben oder sind bestimmte Maschinen mit einem Fundament verbunden, sodass eine Bewegung zu aufwändig sein würde. Weiterhin ist denkbar, dass bestimmte Maschinen nur in einer bestimmten Ausrichtung zueinander stehen müssen und daher nicht beliebig platzierbar sind.
Abb. 21:
Bestimmung des Lagerortes nach Joschke
Erläuterung: In diesem Fall sind Ein- und Ausgang an einem Punkt. Leichte Ware kann nach hinten transportiert werden, sie kann ein großes Volumen haben, schwere Ware ist am Eingang zu lagern, sie sollte möglichst schwer sein.
456
Produktionswirtschaft
Abb. 22 a):
4.1
Beispielsituation vor Layoutverbesserung
Abb. 22 b):
Beispielsituation nach Layoutverbesserung
Kurzdarstellung eines Verfahrens der Layoutplanung
Alle computergestützten Planungsprogramme setzen voraus, dass der zur Verfügung stehende Raum, die einzuplanenden Objekte und die Beziehungen der Objekte zueinander so genau wie möglich ermittelt und beschrieben werden können. Je umfangreicher die Datenbasis ist, desto besser ist die ermittelte Lösung.
4.1.1 Das Verbesserungsverfahren Nach Festlegung des Raumes, der Objekte und der Beziehungen zueinander wird die Ausgangssituation mittels einer speziellen Software dargestellt. Dieser Ausgangssituation wird durch Bewertung einzelner Merkmale eine Wertesumme zugewiesen (Zielgröße). Ausgehend von diesem Plan werden nun Objekte getauscht und der neue Plan wiederum nach gleichem Schema bewertet. Ist der neue Wert höher, so wurde eine erste Verbesserung erzielt. Ist er niedriger, so wird der Tausch rückgängig gemacht.
Verbesserungseffekte durch Layoutänderungen 1.
Der Materialfluss konnte insgesamt verkürzt werden, da die Entfernung zwischen den Maschinen und dem Rohstofflager als Materialsender einerseits sowie den Maschinen und der Galvanik als Materialempfänger andererseits verkürzt werden konnte.
2.
Die Transportwege zwischen Maschinen und Werkzeuglager sind erheblich kürzer.
3.
Durch die Schaffung eines durchgehenden Lagers mit zwei Bereichen kann das Lager besser ausgenutzt werden.
4.
Die Ausklammerung des Werkzeuglagers und seine Zuordnung zu den Maschinen S1 u.s.f. erleichtert den Zugriff und führt zur Verbesserung der Durchlaufzeit.
4.
Innerbetriebliche Standortplanung
Diese Prozedur läuft so lange, bis durch keinen Tausch eine Erhöhung des Wertes entsteht. Das Verfahren, nach dem diese Planungssoftware abläuft, wird CRAFT (computerized relative layout planning) genannt. Die Vorgehensweise verdeutlicht den erheblichen Aufwand, der sich bei der Planung ergibt. Es stellt sich daher die Frage, ob sich Layoutplanung eigentlich lohnt. Für die Beantwortung müssen die Auswirkungen der Layoutplanung auf die Kosten betrachtet werden.
457 Ergänzungen zum innerbetrieblichen Standort Wie umfassend die innerbetriebliche Standortplanung sein kann, lässt sich an den folgenden Fragestellungen festmachen. •
Um was für einen Betrieb handelt es sich?
•
Wie groß ist er, bzw. wie groß ist das gesamte Werksgelände, bzw. welche Größe ist überhaupt geplant?
•
Welches Fertigungsverfahren soll zur Anwendung kommen?
•
Welche Verträge sind mit den Lieferanten abgeschlossen oder sollen zum Abschluss kommen?
Aufgabe 4.2
Kostenverminderung durch Layoutplanung
17. a)
b) Gesetzt den Fall, dass die LayoutFein-Planung sogar die Lagerungsplätze (z. B. abgeteilte Lagerräume) für die Werkstoffe festlegt. Welche Werkstoffmerkmale könnten diese bestimmen?
Da die Layoutplanung betriebsinterne Abläufe verbessern soll, ist die Kostenverminderung vorrangiges Ziel. Hierbei ist zwischen zwei Arten der Kostenverminderung zu unterscheiden:
4.2.1 Sinkende Fixkosten pro Stück Ergeben sich durch die Layoutveränderungen geringere Leerzeiten bei den vorhandenen Anlagen, so kann in gleicher Zeit mehr produziert werden. Dadurch sinken die Fixkosten pro Stück (Gesetz der Massenproduktion).
4.2.2 Sinkende variable Stückkosten Durch Verkürzung des Materialflusses sinkt die Zeit für innerbetriebliche Transporte, in denen die Werkstücke zwischen zwei Fertigungsstufen befördert werden. Die Kosten für diese Transportzeit vermindern sich analog. Diesen Verbesserungen stehen jedoch auch negative Effekte gegenüber. Layoutplanung verursacht Kosten, die in zwei Bereiche unterteilt werden können.
Wieso könnten sich langfristige Verträge mit Lieferanten auf die Layoutplanung auswirken?
Grundsätze für die Wahl innerbetrieblicher Standorte Die Wahl des innerbetrieblichen Standorts hängt weit gehend vom Wirtschaftlichkeitsdenken ab. Es ist in diesem Fall langfristig orientiert. Die Wissenschaft hat Grundsätze hierzu entwickelt, die für eine Reihe von Unternehmen anwendbar sind. Einige seien in Anlehnung an Mellerowicz genannt: • • • • • •
Prinzip der kurzen Transportwege Prinzip der zentralen Anordnung verkehrsreicher Abteilungen Prinzip der Prozessfolge Prinzip der Kontrolle Prinzip der Geschlossenheit zusammengehöriger Betriebsteile Prinzip der Isolierung von Gefahrenquellen.
Was besagt das Prinzip der Kontrolle? Grundsätzlich erlaubt ein übersichtlich gestaltetes Gebäude eine leichtere Kontrolle. Bei ständig zu überwachenden Betriebsteilen müssen Kontrollstellen unmittelbar in deren Nähe sein, sodass bei der Überwachung nicht dauernd zu lange Wege zurückgelegt werden und zu viele Arbeitsminuten verloren gehen.
Aufgabe 18. Versuchen Sie die einzelnen Prinzipien zu erläutern!
458
Produktionswirtschaft
4.2.3 Fixkosten der Layoutplanung Da für die Ermittlung des optimalen Layouts in Unternehmen die Beziehungen zwischen sehr vielen Objekten berücksichtigt werden müssen, ist eine EDV-Unterstützung bei der Planung unumgänglich. Die Ausgaben für Hardund Software sind Fixkosten der Planung.
4.2.4 Variable Kosten der Layoutplanung Darüber hinaus fallen bei der Umsetzung der einzelnen Alternativen weitere Kosten an, wie beispielsweise: Produktion:
Kosten für die räumliche Umstellung von Maschinen, Kosten für Produktionsausfall während der Umstellung Finanzierung: Finanzierungskosten neuer Maschinen Personal: Kosten für Einweisung in neue Transportsysteme, Abfindungskosten bei Personalabbau durch Entlassungen Gebäude: Kosten für Neuaufteilung von Räumen
Abb. 23:
Entscheidungsablauf des CRAFT-Verfahrens
5. Kurzfristige Produktionsplanung Die kurzfristige Produktionsplanung baut auf den Ergebnissen der lang- und mittelfristigen Produktionsplanung (siehe Abschnitt 2.) auf. Die dort gefällten Entscheidungen: •
welche Produkte
•
in welchen Gesamtmengen
•
mit welchen Betriebsmitteln
gefertigt werden sollen, ergeben eine konkrete Anzahl von verschiedenen Produkten (Produktionspalette) und eine Ausstattung mit Betriebsmitteln (Maschinenpark). Diese sind kurzfristig nicht veränderbar.
Beispiel: DMW AG Die Produktionsplanung der DMW AG wird in den Monaten Mai und Juni vor eine schwere Aufgabe gestellt. Durch einen großen Zusatzauftrag aus Fernost werden die geschätzten Absatzzahlen des II. Quartals für das Modell „Shopper“ erheblich übersteigen. Diese für das Unternehmen sehr positive Entwicklung führt jedoch dazu, dass im Monat Mai auf dem vorhandenen Maschinenpark erheblich mehr Pkws produziert werden müssen, da auch die geplante Nachfrage nach den anderen Modellen erfüllt wird.
458
Produktionswirtschaft
4.2.3 Fixkosten der Layoutplanung Da für die Ermittlung des optimalen Layouts in Unternehmen die Beziehungen zwischen sehr vielen Objekten berücksichtigt werden müssen, ist eine EDV-Unterstützung bei der Planung unumgänglich. Die Ausgaben für Hardund Software sind Fixkosten der Planung.
4.2.4 Variable Kosten der Layoutplanung Darüber hinaus fallen bei der Umsetzung der einzelnen Alternativen weitere Kosten an, wie beispielsweise: Produktion:
Kosten für die räumliche Umstellung von Maschinen, Kosten für Produktionsausfall während der Umstellung Finanzierung: Finanzierungskosten neuer Maschinen Personal: Kosten für Einweisung in neue Transportsysteme, Abfindungskosten bei Personalabbau durch Entlassungen Gebäude: Kosten für Neuaufteilung von Räumen
Abb. 23:
Entscheidungsablauf des CRAFT-Verfahrens
5. Kurzfristige Produktionsplanung Die kurzfristige Produktionsplanung baut auf den Ergebnissen der lang- und mittelfristigen Produktionsplanung (siehe Abschnitt 2.) auf. Die dort gefällten Entscheidungen: •
welche Produkte
•
in welchen Gesamtmengen
•
mit welchen Betriebsmitteln
gefertigt werden sollen, ergeben eine konkrete Anzahl von verschiedenen Produkten (Produktionspalette) und eine Ausstattung mit Betriebsmitteln (Maschinenpark). Diese sind kurzfristig nicht veränderbar.
Beispiel: DMW AG Die Produktionsplanung der DMW AG wird in den Monaten Mai und Juni vor eine schwere Aufgabe gestellt. Durch einen großen Zusatzauftrag aus Fernost werden die geschätzten Absatzzahlen des II. Quartals für das Modell „Shopper“ erheblich übersteigen. Diese für das Unternehmen sehr positive Entwicklung führt jedoch dazu, dass im Monat Mai auf dem vorhandenen Maschinenpark erheblich mehr Pkws produziert werden müssen, da auch die geplante Nachfrage nach den anderen Modellen erfüllt wird.
5.
Kurzfristige Produktionsplanung
Die kurzfristige Produktionsplanung hat nun die Aufgabe, hierauf aufbauend für einen kürzeren Zeitraum, z.B. eine Woche oder einen Tag, festzulegen, mit welchen dieser Produkte die einzelnen Maschinen belegt werden sollen. Diese Einteilung soll natürlich (im Sinne des Unternehmensziels Gewinnmaximierung) möglichst niedrige Kosten verursachen. Für die Planung sind drei Fragestellungen wichtig: •
Wie hoch ist der Bedarf in dem Zeitraum? Diese Informationen müssen auf Basis vorliegender Bestellungen oder geplanter Absatzzahlen von der Absatzwirtschaft bereitgestellt werden.
•
Welche Kostenauswirkung haben unterschiedliche Maschinenbelegungen? Hier fließen die Ergebnisse des Rechnungswesens und der Kosten- und Leistungsrechnung in die Produktion ein. Auf die Ermittlung der Kosten im Produktionsbereich wird im Abschnitt 7. eingegangen.
•
Wie viel Fertigungszeit benötigt eine Maschine für ein bestimmtes Produkt? Diese Fragestellung wird im Rahmen von Arbeitszeitstudien der Personalwirtschaft bearbeitet.
Liegen diese Daten aus den anderen Bereichen vor, kann die kurzfristige Produktionsplanung beginnen. (Auf die kurzfristige Planung ist bereits in der Organisation hingewiesen worden, auch auf ihr Wesen und ihre Besonderheit.)
459
Der Praktikant A. Zubi, der für drei Monate die Abläufe in der Produktionsplanung kennen lernen soll, fragt, warum nicht einfach zusätzliche Maschinen gekauft werden, umso die Kapazität zu erhöhen. Der Leiter der Produktionsplanung, Herr Kai Neahnung, erwidert auf diesen Vorschlag: „Damit die Investition in eine zusätzliche Fertigungsstraße rentabel ist, muss die langfristige Auslastung gewährleistet sein. Ansonsten werden kurzfristig zusätzliche Deckungsbeiträge gewonnen, aber langfristig bei nicht ausreichender Auslastung der Maschinen erheblich höhere Kosten anfallen. Darüber hinaus benötigt die Installation einer neuen Fertigungsstraße mindestens drei Monate. Wenn wir diesen Zusatzauftrag erfüllen wollen, müssen wir die Teilaufgaben auf die vorhandenen Anlagen so verteilen, dass die Anlagen besser ausgelastet sind und somit in der gleichen Zeit mehr produzieren können. Können wir dies nicht schaffen, so müssen wir die Verkaufsabteilung informieren, damit dort über eine Lieferterminverlängerung oder über Teillieferungen nachverhandelt wird.“ Und der Praktikant ergänzte: „Das verstehe ich gut. Hinzu kommt wohl, dass eine zusätzliche Fertigungsstraße eine Erweiterung der Fertigungshalle nach sich ziehen würde. Wo sollte diese aber gebaut werden?“ Wie auch hier deutlich wird, geht es wiederum um Kosten, allerdings auch um Investitionen. Letzteren haftet „eine Art Makel“ an. Sie müssen immer langfristig geplant werden.
460
5.1
Produktionswirtschaft
Mengenmäßige Planung
Nachdem in den Absatzplänen der Monatsbedarf für die verschiedenen Produkte ermittelt wurde, stellt sich in der Produktionsplanung die Frage, in welchen Losgrößen diese Bedarfszahlen gefertigt werden sollen. Je nach Fertigungsverfahren und Organisation kann der Bedarf in bestimmte Produktionsmengen – man nennt sie Lose – geteilt werden. Alle Teillose lassen sich zum „Gesamtlos“ aufaddieren.
Beispiel: Nehmen wir an, wir haben einen Monatsbedarf nach speziellen Autositzen von 300 Stück, also pro Tag (bei 30 Arbeitstagen) 10 Stück. Produzieren wir am ersten Tag bereits den gesamten Monatsbedarf, so haben wir einen durchschnittlichen Lagerbestand von 150 Stück (1. Tag 300 St., 2. Tag 290 St. usw. … 30. Tag 10 St.).
In den Extremfällen kann dabei der Fertigungsprozess erst nach Fertigstellung des Gesamtbedarfs (nur ein Los) oder nach jedem Einzelteil (Losgröße 1) beendet werden. Durch die Entscheidung über die Losgröße wird die Höhe der Rüst- und Lagerkosten beeinflusst. Es ist offensichtlich, dass ein höherer Lagerbestand auch höhere Kosten verursacht (größere Fläche, schwierigere Verwaltung, höheres im Lager gebundenes Kapital). Daher wird man mit Blick auf die Lagerkosten versuchen, die Losgröße möglichst klein zu wählen.
Abb. 24:
Entwicklung des durchschnittlichen Lagerbestandes bei unterschiedlichen Losgrößen
Abb. 25:
Zusammenhang zwischen Rüstkosten, Lagerkosten und Gesamtkostenminimum
Wird am ersten Tag bereits der gesamte Monatsbedarf produziert, so müssen die benötigten Maschinen nur einmal auf diese Produktion umgerüstet und eingerichtet werden (Wechsel einer Form, Probelauf). Die hierdurch entstehenden Kosten (Lohn für das Einrichtungspersonal, Materialkosten für Probeläufe) fallen nur einmal an. Wird an jedem Tag nur ein Stück produziert und werden am Rest des Tages andere Produkte auf diesen Maschinen hergestellt, fallen diese Rüstkosten täglich an. Daher wird man mit Blick auf die Rüstkosten versuchen, die Losgröße möglichst groß zu wählen. Dies ist offensichtlich ein Zielkonflikt zwischen der Minimierung der Lager- und der Rüstkosten. Beide Kostenarten können nicht gleichzeitig niedrig gehalten werden. Doch dies ist ja auch nicht das Ziel.
5.
Kurzfristige Produktionsplanung
Losgröße 1 10 50 60 100 300
Anzahl der Lose (Bedarf ÷ Losgröße)
300 30 6 5 3 1
461
Summe der Rüstkosten
durchschn. Lagerbestand
(Anzahl Lose x Rüstkosten)
(Losgröße ÷ 2)
180.000 18.000 3.600 3.000 1.800 600
0,5 5,0 25,0 30,0 50,0 150,0
Ziel muss es sein, die Gesamtkosten, also die Summe aus Rüst- und Lagerkosten, möglichst gering zu halten. Zu dem Beispiel mit den Autositzen können weitere Angaben gemacht werden: Neben dem Monatsbedarf von 300 Stück entstehen Rüstkosten von 600 EUR pro Umrüstvorgang, die Herstellkosten pro Stück betragen 500 EUR, und der Lagerkostensatz beträgt 20 %. Für alternative Losgrößen ergeben sich demnach oben stehende Gesamtkosten. Es ergeben sich mit steigender Losgröße zunächst sinkende Gesamtkosten, die allerdings ab der optimalen Losgröße bei weiterer Erhöhung der Losgröße wieder steigen. In dem Beispiel ergibt sich 60 Stück als kostenminimale Losgröße.
Lagerkosten
Gesamtkosten
(durchschnittlicher Lagerbestand x Herstellkosten x Kostensatz)
(Rüstkosten ÷ Lagerkosten)
0,5 x 500 x 20% = 50 5 x 500 x 20% = 500 25 x 500 x 20% = 2.500 30 x 500 x 20% = 3.000 50 x 500 x 20% = 5.000 150 x 500 x 20% = 15.000
180.500 18.500 6.100 min 6.000 6.800 15.600
Lagerkostenverlauf: Je größer die Losgröße gewählt wird, desto größer wird der Lagerbestand, da nicht die gesamte Losmenge verbraucht wird. Je höher der Lagerbestand, desto höher die Lagerkosten. Rüstkostenverlauf: Je größer die Losgröße, desto weniger Lose werden bei konstantem Bedarf aufgelegt, desto weniger Umrüstungen der Maschinen sind notwendig. Weniger Umrüstungen ergeben geringere Rüstkosten.
In der Praxis werden diese Losgrößen für alternative Bedarfsmengen und Maschinen notiert und brauchen nicht vor jeder Planung neu berechnet zu werden. Für die erstmalige Planung eignet sich die nebenstehende „Andler-Formel“, mit der die optimale Losgröße näherungsweise ermittelt werden kann. Vergleicht man die Aufgabenstellung mit der Ermittlung der optimalen Bestellmenge in der Materialwirtschaft (siehe 2.3.1.2, Seite 296 f.), so ergeben sich die dargestellten Parallelen.
Abb. 26:
Näherungsformel für die optimale Losgröße
462
Produktionswirtschaft
Aufgabe zur optimalen Losgröße:
Lösung zur Aufgabe „optimale Losgröße“
Der Leiter der Produktionsplanung des DMWWerkes, Herr Kai Neahnung, möchte die optimale Losgröße für die Fertigung von Stoßstangen für das Modell „Sporty“ für den Monat Oktober planen.
Daten:
Aus dem Planungsbericht der Verkaufsabteilung geht hervor, dass Bestellungen über insgesamt 2000 „Sporty“ vorliegen, die im Oktober fertig gestellt werden sollen. 200 Stoßstangen liegen noch auf Lager und sollen verbraucht werden, da für die Wintermonate mit geringerer Nachfrage gerechnet wird. Die Umrüstkosten betragen 1000 EUR pro Umrüstung, die variablen Kosten für die Oktober-Bestellungen betragen 1200000 EUR. Für die Ermittlung des Lagerkostensatzes bezieht sich Herr Neahnung auf Angaben der Kostenrechnung. Danach waren in den letzten Monaten unfertige Erzeugnisse mit einem Wert von durchschnittlich 100000 EUR in Zwischenlagern der Produktion gebunden. Im gleichen Zeitraum entstanden Lagerkosten im Bereich der Produktion von monatlich 14000 EUR. Da dieser Wert keine kalkulatorische Verzinsung des gebundenen Kapitals beinhaltet, sollen zusätzlich 1% pro Monat berücksichtigt werden.
Vorliegende Bestellungen: Lagerbestand: Bedarf für Oktober (B):
Stk. Stk. Stk.
2.000 200 1.800
Umrüstkosen (Kf): Variable Kosten für Oktober-Bestellungen: Anzahl Bestellungen: variable Stückkosten (kv):
EUR
1.000
Lagerkosten pro Monat: Gebundenes Kapital: Lagerkostensatz (vorläufig): Zuschlag für Zinsen: Lagerkostensatz (endgültig):
EUR EUR
Formel: xopt =
EUR 1.200.000 Stk. 2.000 EUR/St. 600 14.000 100.000
% %
14 1
%
15
200 × 1800 × 100 = 200 600 × 15
Ergebnis: Es müssen im Monat Oktober 1800 Stoßstangen in 9 Losen zu je 200 Stück gefertigt werden.
Wie viel Lose sollen auf der Maschine im Oktober aufgelegt werden, und wie groß ist die kostenminimale Losgröße?
Zusammenfassung Die mengenmäßige Planung hat dafür zu sorgen, dass die Herstellung zu den günstigsten Produktionskosten geschieht. Dabei spielen die Bedarfe (wie viel insgesamt hergestellt werden soll) eine ebenso wichtige Rolle wie die Kapazitäten der Anlagen und Menschen. Lässt der Prozess die Teilung eines Gesamtbedarfs (der durch die Produktion mit den Elementarfaktoren in einer bestimmten Zeit auch zufrieden gestellt werden kann) oder eines Gesamtloses in Teillose zu, so sind Lagerkosten und Rüstkosten zu verfolgen. Beide haben bei Verkleinerung der Losmengen einen entgegengesetzten Verlauf. Unter der Annahme, dass die Lagerkosten eine lineare Gerade bilden (Zinskosten und Lagerkosten addieren sich zu proportionalen Lagerkosten) und die Rüstkosten (vornehmlich Aggregatkosten) einen fallenden Kurvenverlauf ergeben, führt der Schnittpunkt beider zur optimalen Losgröße. Sie ist diejenige Menge, bei der die Gesamtkosten (aus Lager- und Rüstkosten) ein Minimum bilden. An diesem Punkt erreicht der Betrieb die günstigsten so ermittelten Gesamtkosten. (Dass die Selbstkosten weitere Kosten enthalten, bedarf kaum der Erwähnung. Natürlich sind in ihnen die verbrauchten Werkstoffe ebenso enthalten wie alle Kosten der übrigen Funktionen.)
5.
Kurzfristige Produktionsplanung
Es ist also nötig, bei der Entscheidung über die optimale Losgröße die Auswirkungen auf alle Kostenarten zu betrachten und nicht nur ein Ziel zu verfolgen. Die optimale Losgröße kann dabei durch Berechnung der Kosten für verschiedene Losgrößen oder durch eine Näherungsformel ermittelt werden. Bei mehrstufigen Produktionsabläufen, wie beispielsweise dem Automobilbau der DMW AG, müssen diese Losgrößen gegebenenfalls für viele verschiedene Maschinen und Bearbeitungsschritte berechnet werden. Im Normalfall werden die Losgrößen verschiedener Maschinen voneinander abweichen. Hierdurch entstehen weitere Probleme: •
Es muss eine Anpassung der Losgrößen zwischen zwei im Produktionsablauf unmittelbar hintereinander liegenden Stufen vorgenommen werden, oder
•
es müssen Zwischenlager zwischen den Bearbeitungsstufen eingerichtet werden.
Zwischenlager sind das Ergebnis ungenügender Austaktung der Produktionsabläufe. Sie sind besonders typisch in der Werkstattfertigung, weil die Arbeiten an den Werkstücken (in den Werkstätten) verschiedene Zeiten benötigen. Die Anpassung der Losgrößen im Rahmen der Fließfertigung wurde bereits im Abschnitt 3.2.2 behandelt – die Austaktung des Bandes. Die Losgröße ist letztendlich 1, nach jedem Bearbeitungsschritt wird das Teil unmittelbar weitergegeben. Während bei der Fließfertigung somit die Lagerkosten fast gleich Null sind und Rüstkosten aufgrund der hohen Maschinenausstattung auch entfallen, müssen die Ablaufprobleme bei der Werkstattfertigung durch das Anlegen von Zwischenlagern gelöst werden. Dazu der nebenstehende Praxisfall:
463
Aufgabe 19: Warum können Lagerkosten auch einen Kurvenverlauf nehmen? Beispiel: Entstehung von Zwischenlagern bei der DMW AG Im Karosseriebau der DMW AG werden auf einer großen Hydraulikpresse aus vorgeschnittenen Stahlblechen Motorhauben gepresst. Die gepressten Motorhauben werden anschließend entgratet und dann lackiert. Die Bearbeitungszeiten sind dabei je nach Modelltyp und je nach Lackierung unterschiedlich: Nachfolgend wird die Fertigung der Motorhauben für den „Sporty“ (Modell 1) und den „Shopper“ (Modell 2) betrachtet: •
Für beide Modelle wird für das Entgraten auf Stufe A 1 Minute pro Stück benötigt. Für das anschließende Lackieren werden für das Modell 1 0,5 Minuten und für das Modell 2 (Sonderlackierung) 1,5 Minuten benötigt.
•
Planungszeitraum: 1 Schicht = 8 Stunden = 480 Minuten.
•
Am Ende einer Schicht sollen jeweils 300 Stück gefertigt sein und in die nächste Abteilung weitergegeben werden.
Für beide Stufen wurden von der Produktionssteuerung die optimalen, also kostenminimalen Produktionsgeschwindigkeiten ermittelt. Da diese Geschwindigkeiten jedoch voneinander abweichen, müssen zusätzlich Zwischenlager berücksichtigt werden: Je nach aufgelegtem Modell müssen dabei zwei unterschiedliche Arten von Zwischenlagern berücksichtigt werden.
464
Produktionswirtschaft
1.
Aufstaulager bei Modell 2
•
Bearbeitung an Stufe A ist kürzer als an der Stufe B.
•
Beide Stufen beginnen gleichzeitig.
•
Da Stufe A schneller durchlaufen wird, baut sich ein Zwischenlagerbestand auf (während auf Stufe A 300 Stück bearbeitet wurden = 300 Minuten, wurden auf Stufe B erst 200 Stück weiterbearbeitet).
•
Stufe A ist zuerst mit dem Auftrag fertig und kann, während auf Stufe B noch bearbeitet wird, bereits andere Aufträge bearbeiten.
•
Stufe B entnimmt nach Produktionsschluss auf Stufe A von Zwischenlager.
2.
Zerreißlager bei Modell 1
•
Bearbeitung an Stufe A ist länger als an der Stufe B.
•
Würden Stufe A und B gleichzeitig beginnen, so müsste auf der Stufe B nach jedem Vorgang gewartet werden, da Stufe B schneller ist. Daher wird zunächst nur von der Stufe A produziert und ein Zwischenlagerbestand aufgebaut.
•
Auf Stufe B können in dieser Zeit andere Aufträge bearbeitet werden.
•
Ist der Zwischenlagerbestand ausreichend groß, beginnt Stufe B mit der schnelleren Weiterbearbeitung und baut so den Zwischenlagerbestand ab, während Stufe A weiter produziert.
•
Beide Stufen beenden die Bearbeitung gleichzeitig.
5.2
Abb. 27:
Lagerbestandsentwicklung bei Aufstau- und Zerreißlager
Zeitliche Planung
Die im Abschnitt 5.1 dargestellten Planungsabläufe gehen von einem Bedarf aus, der sich innerhalb des Planungszeitraums konstant verteilt.
Bei der Planung der zeitlichen Verteilung der Produktion wird entschieden, ob sich die Höhe der Produktionsmenge zu jedem Zeitpunkt an den Absatzmengen ausrichten (synchrone Produktion) oder eine unabhängige Mengenplanung (emanzipierte Produktion) erfolgen soll.
5.
Kurzfristige Produktionsplanung
Diese Unterstellung ist jedoch in den meisten Fällen, vor allem bei längeren Zeiträumen (ein Monat, ein Jahr), unrealistisch. Die Absatzkurve, also der Verlauf der absetzbaren Mengen im Zeitablauf, unterliegt in den meisten Branchen gewissen Schwankungen. Diese Schwankungen können zwar durch den Einsatz absatzpolitischer Instrumente (siehe Kapitel „Marketing“) etwas vermindert werden, ein konstanter Bedarf entsteht dadurch aber nicht. Innerhalb der Produktionsplanung muss die Frage gestellt werden, inwieweit sich die Produktionskurve, also die Produktionsmengen in Abhängigkeit vom Zeitablauf, dieser Absatzkurve anpassen oder unabhängig von ihr verlaufen soll.
465
Die Situation bei der DMW AG Langjährige Verkaufsstatistiken haben gezeigt, dass sich die jährlichen Absatzzahlen für die DMW-Modelle relativ konstant über die einzelnen Monate verteilen. Einzige Ausnahme bildet die Cabrio-Version des Sporty, dessen Absatz in den Frühjahrsmonaten stark ansteigt und im Spätherbst rapide absinkt. Die DMW AG will nun untersuchen, ob es sinnvoller ist, eine über das Jahr konstante Produktion dieses Modells durchzuführen oder die Ausbringungsmengen nach den geplanten monatlichen Absatzzahlen auszurichten.
Dabei hat das Unternehmen folgende Möglichkeiten: •
Emanzipierte Produktion Die Produktionskurve verläuft ungebunden (= emanzipiert) zur Absatzkurve auf einem konstanten Niveau. In Zeiten mit geringem Absatz wird ein Lagerbestand aufgebaut, der in der Hauptsaison mit Absatzmengen höher als der laufenden Produktion abgebaut wird.
•
Stufenweise emanzipierte Produktion Die Produktion ist innerhalb von Intervallen konstant, die Mengen der Intervalle werden aber dem Absatztrend angepasst.
•
•
Synchrone Produktion
Abb. 28:
Die Ausbringungsmengen der Produktion werden genau den Absatzzahlen angepasst. Produktions- und Absatzkurve verlaufen gleich.
Aufgabe
Weitere Möglichkeiten sind denkbar, aber ökonomisch nicht sinnvoll. So könnte monatlich die Mindestabsatzmenge produziert werden und Aufträge, die darüber hinausgehen, könnten abgelehnt werden.
20. a)
Mögliche Produktionsalternativen bei saisonalen Absatzschwankungen
Es wird oft mit dem durchschnittlichen Lagerbestand gerechnet. Suchen Sie eine Konstellation, in welcher der durchschnittliche Lagerbestand völlig falsche Ergebnisse liefert.
466
Produktionswirtschaft
Dies würde zu einer idealen Auslastung auf geringem Niveau führen, jedoch erhebliche Image-Einbußen durch die mangelhafte Lieferbereitschaft oder sehr lange Lieferzeiten mit sich bringen. Wichtige Einflussgröße bei der Entscheidung über die Ausrichtung der Produktionsmengen an den Absatzmengen sind die so genannten Niveauänderungskosten. Unter diesem Begriff werden alle Kosten zusammengefasst, die im Zusammenhang mit der Veränderung der Ausbringungsmenge der Produktion entstehen, wie z.B.: •
Kosten für die Stilllegung von Maschinen
•
Kosten für die Inbetriebnahme von Produktionsanlagen (Aufheizen von Stahlkochern)
•
Kosten für die Erhöhung der Produktionsgeschwindigkeit (Neuabstimmung von Fließprozessen)
•
Kosten für die Verminderung von Produktionsgeschwindigkeit (ebenfalls Neuabstimmung).
Vor- und Nachteile der emanzipierten und der synchronen Produktion:
Lagerkosten
Leerkosten
Niveauänderungskosten
emanzipierte Produktion Hohe Lagerkosten, da in Zeiten schlechten Absatzes auf Lager produziert wird Geringe Leerkosten, da die Produktionsanlagen gleichmäßig ausgelastet sind
Sehr niedrig, da theoretisch keine Änderung des Produktionsniveaus notwendig
synchrone Produktion Minimale Lagerkosten, da Produktionsmenge direkt absetzbar ist Hohe Leerkosten, da Maschinen in Zeiten schlechten Absatzes teilweise stillstehen Sehr hoch, da ein permanentes Angleichen des Produktionsniveaus an das Absatzniveau
Aufgaben 20. b) Erläutern Sie den Zusammenhang zwischen Anzahl der aufgelegten Lose, dem durchschnittlichen Lagerbestand und den Kapitalbindungskosten! 21. Worin besteht bei der Festlegung der Losgröße ein Zielkonflikt? Stellen Sie Ihre Begründung grafisch dar! 22. Beschreiben Sie die Näherungsformel für die optimale Losgröße. Stellen Sie die Parallelen zwischen Produktions- und Materialwirtschaft dar! 23. Wodurch können in der Produktionswirtschaft Zwischenlager entstehen? Beschreiben Sie die Ihnen bekannten Arten von Zwischenlagern! 24. Bei der Festlegung des Produktionsprogramms eines Industriebetriebes stehen sich produktionswirtschaftliche und absatzwirtschaftliche Ziele gegenüber. a)
Erläutern Sie die dabei entstehenden Zielkonflikte!
b) Welche weiteren Überlegungen beeinflussen die Entscheidung über die Zusammensetzung des Produktionsprogramms? 25. Erläutern Sie die Vor- und Nachteile der emanzipierten und der synchronen Produktion! Zur Kapazitätsausnutzung Viele Saisonbetriebe leiden unter einer nicht ausgelasteten Kapazität. So werden z. B. Fahrräder vornehmlich in der frostfreien Zeit benötigt. Und so haben Autoreparaturwerkstätten gerade in Ferienzeiten kaum Beschäftigung, weil ein Großteil der Familien mit dem Auto unterwegs ist. Die Autoreparaturwerkstätten lassen sich allerdings etwas einfallen. Ist nämlich der Reparaturwerkstatt eine Lackiererei angeschlossen, ist sie in der Lage, auch andere Gegenstände zu lackieren, z. B. Möbel. Dann lässt sich wenigstens die Kapazität der Lackiererei auslasten. Nicht in Anspruch genommene Kapazitäten sind zu teuer, weil das Kapital „brach“ liegt und trotzdem Kosten verursacht.
6.
Produktionssteuerung
467
6. Produktionssteuerung 6.1
Grundlagen
In der kurzfristigen Produktionsplanung wurden optimale Losgrößen für einzelne Fertigungsvorgänge ermittelt. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass diese Losgrößen oftmals nicht realisierbar sind, wenn zwei aufeinander folgende Produktionsstufen unterschiedlich große Lose fertigen. Es ergab sich die Notwendigkeit von Zwischenlagern. In der Produktionssteuerung wird diese Betrachtung auf den gesamten Produktionsapparat eines Unternehmens ausgeweitet. Es werden nicht zwei aufeinander folgende Stufen eines gleichen Produktes betrachtet, sondern es gilt: •
für den vorliegenden Auftragsbestand
•
die notwendigen Einzelschritte
•
auf den gegebenen Maschinenbestand
so zu verteilen, dass dabei •
die Termineinhaltung der Aufträge gewährleistet ist
•
die Auslastung der Maschinen und anderen Betriebsmittel nicht zu hoch und nicht zu niedrig ist
•
und möglichst niedrige Bestände in den Zwischenlagern vorliegen.
Es ist offensichtlich, dass alle Ziele gleichzeitig offenbar nicht erfüllbar sind, es treten Zielkonflikte in der Produktion in Form von Zeit- und Kapazitätsengpässen auf. Die Produktionssteuerung hat die Aufgabe, diese Engpässe zu vermeiden und dennoch die Anforderungen so weit wie möglich zu erfüllen. Die dabei auftretenden Schwierigkeiten werden deutlich, wenn man sich den Auftragsdurchlauf durch Werkstätten am Bild eines Wasserflusses vorstellt.
Abb. 29:
Anforderungen und Zielkonflikte in der Produktionssteuerung
Zum Begriff „Aufgabe der Fertigungssteuerung ist es, den Fertigungsprozess unmittelbar vorzubereiten, ihn zu lenken und zu überwachen.“ Nolden, Industriebetriebslehre, S. 182 „Die Produktionssteuerung gibt die unmittelbar anstehenden Arbeiten vor und überwacht laufend oder in kurzer Folge Rückmeldungen aus dem Betrieb.“ Industrielle Produktion, Handbücher für Führungskräfte, S. 735
468
Produktionswirtschaft
•
Je mehr Wasser in das Becken vor einer Leitung fließt, oder je weniger Wasser aus der betreffenden Leitung abfließt, desto höher steigt der Wasserstand in dem Becken. Die Höhe des Wasserstandes stellt die Belastung der Werkstatt dar.
•
Steigt diese Belastung immer weiter an, muss es zum Überlaufen des Beckens kommen. Im Produktionsablauf liegt dies z.B. vor, wenn die Zwischenlager vor einer Werkstatt vollständig belegt sind.
Die Produktionssteuerung sorgt dafür, dass vor jeder Werkstatt (Leitung) ausreichend Aufträge zur Bearbeitung vorliegen (Wasservorrat), andererseits durch zu viele Aufträge keine unnötigen Wartezeiten oder Überlastungen entstehen (Überlauf der Becken) und die Aufträge insgesamt schnell auslieferbar sind (Abfluss). Die Zu- und Ableitungen werden somit aufeinander abgestimmt. Freigabe von A ufträgen Input (geöffneter Wasserhahn)
A uftrags-W arteschlange (gefülltes Becken)
Bei vielen verschiedenen zusammenwirkenden Bearbeitungsstufen zeigen sich weitere Zusammenhänge: •
6.2
Ist das Becken vor einer Leitung leer, kann dies zu einer Entleerung nachfolgender Becken führen und im Extremfall den Abfluss insgesamt zum Stillstand bringen. Kann die Vormontage keine Baugruppen montieren, kann es in der Endmontage nach Verbrauch der Pufferlagermengen ebenfalls zum Produktionsstillstand kommen.
Output Abb. 30:
Durchfluss durch die Produktion
Die Durchlaufzeit als zentrale Größe
In der Theorie und Praxis wurden verschiedene Steuerungsmöglichkeiten entwickelt. Zentrale Größe vieler dieser Alternativen ist die Durchlaufzeit. Ihre Bestandteile verdeutlicht die Abbildung 31. Betrachtet man den Fertigungsablauf in den Werkstätten B und C, können folgende Zeiten unterschieden werden: 1.
W erkstatt (Abfluß)
Nachliegezeit Die Werkstücke liegen nach der Bearbeitung in Werkstatt B. Diese Liegezeit kann prozessbedingt (Kühl- oder Trockenphasen) oder ablaufbedingt (Warten auf Transportmittel oder Bedarfsmeldung von Folgestufe) sein.
Ergänzendes zur Durchlaufzeit: Zu unterscheiden sind zwei Arten der Durchlaufzeit: Die Arbeitsvorgangs-Durchlaufzeit ist die Zeit vom Ende eines Bearbeitungsvorganges bis zum Ende des folgenden Bearbeitungsvorganges. Umfangreicher ist die Auftrags-Durchlaufzeit als der Zeitraum, in dem alle notwendigen Werkstätten der Bearbeitung eines Auftrags durchlaufen werden.
6.
2.
Produktionssteuerung
469
Transportzeit Zeit der Beförderung zwischen den Werkstätten.
3.
Vorliegezeit Zeitraum, in dem die Werkstücke an der Folgestation vorliegen, jedoch noch nicht bearbeitet werden können. Die Vorliegezeit kann durch Stillstand an der Station (Wartung) oder durch hohe Belastung entstehen.
4.
Rüstzeit Liegezeit der Werkstücke infolge von Umrüstungen an der Bearbeitungsstufe. Die Rüstzeit zu Beginn einer Bearbeitung kann auch der Vorliegezeit zugerechnet werden.
5.
Bearbeitungszeit Die Zeit, in der die eigentliche Bearbeitung der Werkstücke an der Arbeitsstation erfolgt.
Die Ermittlung der Zeiten kann bei der Transport-, der Rüst- und der Bearbeitungszeit über geeignete REFA-Studien (siehe „Personalwirtschaft“) relativ genau durchgeführt werden. Die Vor- und Nachliegezeit hingegen sind nicht eindeutig messbar, da sie von der Auslastung der jeweiligen Arbeitsstation abhängen. Dabei gilt: Je höher die Belastung der Stufe, desto länger sind die Vor- und Nachliegezeiten. Untersuchungen haben gezeigt, dass aber gerade diese Liegezeiten für die Beschleunigung der Fertigstellung von Aufträgen von erheblicher Bedeutung sind. Danach sind bis zu 85% der AuftragsDurchlaufzeit auf Liegezeiten zurückzuführen, und auf die Rüst- und Bearbeitungszeit entfallen nur ca. 10%.
Abb. 31:
Bestandteile der Durchlaufzeit
Als Ford Anfang der Neunzigerjahre die japanische mit der europäischen Autoindustrie vergleichen ließ, wurde überraschend bestätigt, was bereits unter der Hand gehandelt wurde: In Europa war die Durchlaufzeit zu lang. In der unten stehenden Tabelle ist sie als ein Merkmal (Fertigungszeit) ausgewiesen. Grund waren nicht nur Transport- und Arbeitszeiten, sondern auch Rüstzeiten durch die ständig wechselnden, zu bearbeitenden Typen. Kennzahl
Europäer
Japaner
Verhältnis
3:1 bis
8:1
Linie:Stab
8:1
Abwesenheitsquote -
5% bis 20%
1%
Fertigungszeit pro Teil
5 bis 27 Tage
1 Tag
Lieferpünktlichkeit
80% bis 100%
besser als 99%
4% bis 20%
1%
40 bis 700
weniger als 100
Qualitätskosten (als % der Gesamtkosten) Eigene Zulieferer
470
Produktionswirtschaft
Beispiel: Ermittlung der Durchlaufzeit Analog zu Abbildung 31 müssen die Aufträge vier Werkstätten A, B, C, D und eine Endmontage E durchlaufen. Die Transportzeit zwischen diesen Stufen beträgt jeweils 7 Minuten. Am Anfang des Fertigungsprozesses liegen alle Aufträge und Materialien direkt vor der Werkstatt A. Die Arbeitsvorbereitung hat folgende Zeiten ermittelt: Nachliegezeit Vorliegezeit Rüstzeit Bearbeitungszeit
A 5 0 15 7
B 3 7 11 6
C 13 17 5 10
D 8 12 12 9
E 0 0 0 25
Lösungstabelle: 1. Nachliegezeit der Vorstufe 2. Transportzeit 3. Vorliegezeit 4. Zwischensumme A (=Übergangszeit) 5. Rüstzeit 6. Bearbeitungszeit 7. Zwischensumme B (=Auftragszeit) 8. Gesamtsumme A+B (=Vorgangs-DLZ)
A B C D E 0 5 3 13 8 0 7 7 7 7 0 7 17 12 0 0 19 27 32 15 15 11 5 12 0 7 6 10 9 25 22 17 15 21 25 22 36 42 53 40
193
Nebenstehend ist die Durchlaufzeit des Auftrags dargestellt.
6.3
Einfache Steuerungskonzepte
Die einfachste Form der Produktionssteuerung wird mit Hilfe von Prioritätsregeln durchgeführt. Dabei werden nach bestimmten Reihenfolgekriterien die Auftragsfolgen in den einzelnen Werkstätten festgelegt. Bei Auftreten einer Warteschlange („gefülltes Becken“ siehe Abb. 30, Abschnitt 6.1) kann mit diesen Regeln entschieden werden, welcher Auftrag zuerst abgearbeitet wird. Als Ansatzpunkte für diese Regeln können dabei verschiedene Merkmale gewählt werden, zum Beispiel: •
der Liefertermin der Aufträge (Zielgröße: Pünktlichkeit der Lieferung)
•
die Länge der Bearbeitungszeit der Aufträge (Zielgröße: gleichmäßige Maschinenauslastung)
•
der Wert der Aufträge (Zielgröße: Kapitalbindung im Umlaufvermögen).
Die beste oder gar richtige Regel ist dabei nicht generell bestimmbar, sondern hängt von den vorrangigen Zielen des Unternehmens ab.
Beispiel: Fallstudie Produktionssteuerung durch Prioritätsregeln bei einem Zulieferer der DMW AG Die DMW AG bezieht einen Großteil der Lenkräder für ihre Modelle bei der Schmidt GmbH. Obwohl die DMW AG mit der Qualität der Lieferungen stets zufrieden war und die langjährige Zusammenarbeit nie Probleme bereitete, ist es durch Produktionsumstellungen bei der Schmidt GmbH vermehrt zu verspäteten Lieferungen gekommen. Diese verspäteten Lieferungen haben bei der DMW AG nun erstmals zu Produktionsschwierigkeiten geführt, Pkws mussten nachträglich nachgerüstet werden. Die DMW AG steht vor der Wahl, einen neuen Lieferanten zu suchen und dabei mögliche Anlaufschwierigkeiten und -kosten in Kauf nehmen zu müssen oder der Schmidt GmbH bei ihren Problemen in der Produktionssteuerung zu helfen.
6.
Produktionssteuerung
6.3.1 Liefertermin-Regel Beschreibung: Bei der Liefertermin-Regel wird bei Vorliegen von zwei oder mehreren Aufträgen vor einer Bearbeitungsstufe grundsätzlich der Auftrag zuerst gefertigt, der den frühesten Liefertermin hat. Mögliche Vorteile: Sehr gute Termineinhaltung, was in manchen Branchen sehr wichtig ist, um Folgeaufträge zu bekommen und keine Konventionalstrafen zahlen zu müssen (Beispiel: Schiffbau, Spezialmaschinenbau).
471
Nach einer Besichtigung der Produktionsabläufe bei der Schmidt GmbH stellt der Leiter der DMW Produktionsplanung, Herr Kai Neahnung, fest, dass die Zuteilung der verschiedenen Produktionsaufträge auf die Produktionsanlagen nicht ausreichend koordiniert wird. Er glaubt, dieses Problem mit Hilfe einfacher Prioritätsregeln lösen zu können, und verdeutlicht die Auswirkungen verschiedener Regeln anhand der vorliegenden Produktionssituation: 1.
Alle Aufträge müssen drei Fertigungsstufen nacheinander durchlaufen und benötigen je nach Lenkradtyp und Stückzahl unterschiedliche Bearbeitungszeiten auf den Fertigungsstufen.
2.
Transportzeit zwischen den Fertigungsstufen besteht praktisch nicht, da durch die Produktionsumstellung ein optimales Fabrik-Layout erreicht wurde.
3.
Für die vorliegenden vier Aufträge liegen folgende Daten der Arbeitsvorbereitung vor:
Mögliche Nachteile: Die Verkaufsabteilungen dürfen nicht dazu übergehen, dem Kunden immer kurzfristige Liefertermine zuzusagen, da sonst alle Aufträge eilig sind und die Prioritätsregel nicht mehr anwendbar ist.
6.3.2 Kürzeste-OperationszeitRegel
Aufträge
Beschreibung: Bei der Kürzeste-Operationszeit-Regel wird bei Vorliegen mehrerer Aufträge vor einer Bearbeitungsstufe immer der Auftrag zuerst bearbeitet, der die entsprechende Stufe am schnellsten durchläuft, rechts
A
B
C
D
Bearbeitungszeit in Stunden Stufe 1
6
4
2
5
Stufe 2
2
14
4
5
Mögliche Vorteile:
Stufe 3
1
10
8
3
Schneller „Durchfluss“ von kleinen Aufträgen durch den gesamten Produktionsapparat und vergleichsweise gleichmäßige Auslastung der einzelnen Bearbeitungsstufen.
Liefertermine in Stunden nach Produktionsbeginn auf Stufe 1
37
29
36
15
2.000
700
1.500
1.200
Mögliche Nachteile: Aufträge, die längere Bearbeitungszeiten benötigen, sind zumeist größere Aufträge, in denen auch mehr Kapital gebunden ist als in kleinen Aufträgen. Haben diese Großaufträge eine geringe Durchlauf-Priorität, steigt die Kapitalbindung im Umlaufvermögen, und damit steigen die Finanzierungskosten.
Wert der Aufträge in EUR
472
6.3.3 Wert-Regel Beschreibung: Bei der Wert-Regel wird bei Vorliegen mehrerer Aufträge vor einer Bearbeitungsstufe immer der Auftrag zuerst bearbeitet, der bis zu der Stufe den höchsten Wert hat. Mögliche Vorteile: Durch die schnelle Bearbeitung von Aufträgen mit hohem Materialwert können das im Umlaufvermögen gebundene Kapital und somit die Finanzierungskosten gesenkt werden. Mögliche Nachteile: Durch die ausschließliche Betrachtung des Auftragswertes kann es zu Verzögerungen bei der Einhaltung von zugesagten Lieferterminen kleinerer Aufträge kommen. Es zeigt sich an diesen drei Regeln und deren Beurteilung, dass keine Regel nur Vorteile, sondern jede Regel auch Nachteile hat. Es ist daher wichtig, die Regeln nur als generelles Entscheidungskriterium zu betrachten und dabei gegenüber unvorhergesehenen Möglichkeiten (Sonder- oder Eilaufträge) weiterhin flexibel zu sein.
Produktionswirtschaft
Anhand dieser Aufträge demonstriert Herr Neahnung die unterschiedlichen Ergebnisse bei der Anwendung unterschiedlicher Prioritätsregeln. Zur Darstellung dieser Ergebnisse benutzt er so genannte „Gantt-Diagramme“, die die Belegung der einzelnen Fertigungsstufen im Zeitablauf darstellen (siehe Abb. 32). Gantt-Diagramm: In dem nach dem Ökonom H. L. Gantt benannten „Gantt-Diagramm“ wird die Belegung einzelner Maschinen oder Fertigungsstufen durch Aufträge in Form eines Balkendiagramms abgebildet. Auf diese Weise kann geplant werden, welcher Auftrag zu welcher Zeit auf welcher Maschine bearbeitet wird und zu welchen Zeiten einzelne Maschinen nicht ausgelastet sind (Leerzeiten oder Zwischenbrachzeiten). Leerzeiten oder Zwischenbrachzeiten: Als Leer- oder Zwischenbrachzeiten bezeichnet man die Zeiträume, in denen Kapazitäten nicht ausgelastet sind. Obwohl in vielen Planungsansätzen versucht wird, diese Leerzeiten zu minimieren, also die Kapazitätsauslastung zu maximieren, werden in anderen Branchen gezielt Überkapazitäten aufgebaut, um flexibel gegenüber neuen Aufträgen zu sein.
6.
Produktionssteuerung
Abb. 32:
473
Grafische Darstellung der Ergebnisse in Gantt-Diagrammen
Auswertung der Ergebnisse
Aufgaben
1.
26. Erklären Sie den Begriff „Produktionssteuerung“, und stellen Sie den Zielkonflikt innerhalb der Produktionssteuerung dar!
2.
Es ist offensichtlich, dass sich bei Anwendung verschiedener Prioritätsregeln verschiedene Bearbeitungsfolgen ergeben. Die Wahl der „richtigen“ Regel hängt nun von der betreffenden Zielgröße Termineinhaltung, Leerzeiten oder Kapitalbindung ab. Betrachtet man die Zielgröße „Minimierung der Leerzeiten“, so ergibt sich die Kürzeste-Operationszeit-Regel als die beste Regel. Bei dieser Regel sind die Leerzeitenflächen (schwarz) am geringsten.
27. „Die Senkung der Durchlaufzeiten kann einen größeren Kostensenkungseffekt ergeben als die Investition in schnellere Maschinen.“ a)
Definieren Sie den Begriff „Durchlaufzeit“, und erklären Sie die Bestandteile der Durchlaufzeit!
b) Gehen Sie kritisch auf die obige Aussage ein!
474
3.
4.
Produktionswirtschaft
Betrachtet man die Zielgröße „Liefertermineinhaltung“ (siehe Tabelle A, Seite 502), so verwundert zunächst, dass die Liefertermin-Regel die scheinbar schlechtesten Ergebnisse liefert. Dies täuscht aber: Obwohl die Liefertermine bei drei Aufträgen abweichen, liegen bei den anderen Regeln bei einzelnen Aufträgen wesentlich höhere Abweichungen vor. Die Liefertermin-Regel erscheint also günstig, kombiniert mit einer Kapazitätsausweitung. Betrachtet man die Zielgröße „Kapitalbindung“, so ergibt sich eindeutig die WertRegel als geeignet. Nimmt man als Maß für die Kapitalbindung das Produkt aus der Gesamtzeit eines Auftrags in der Produktion und dem Auftragswert (siehe Tabelle B), so ergibt sich eine rund 50 % niedrigere Kapitalbindung als bei der LieferterminRegel und eine immerhin um ca. 30 % niedrigere Kapitalbindung als bei der Kürzeste-Operationszeit-Regel. Die um 50 % niedrigere Kapitalbindung wirkt sich erheblich auf die Kapitalbindungskosten aus. Ob die Kosteneinsparung die Zwischenbrachzeiten aufwiegt, kann nur betriebsindividuell entschieden werden.
28. Mit Prioritätsregeln in der Produktionssteuerung werden Reihenfolgen bei der Bearbeitung von Aufträgen festgelegt. In Warteschlangensituationen ordnen Prioritätsregeln den Einzelnen bei der Produktionsgroßplanung zu berücksichtigenden Aufträgen unterschiedliche Prioritäten zur Belegung von Engpasskapazitäten zu und ermöglichen somit eine Ordnung der Aufträge nach ihrer jeweiligen Bedeutung. a)
Nennen Sie die Ihnen bekannten Prioritätsregeln, und erklären Sie deren Zielgrößen!
b) Erklären Sie mögliche Vor- und Nachteile dieser Regeln für ein Unternehmen! b) Definieren Sie den Begriff „Engpasskapazität“! 29. Was versteht man unter „Leer- oder Zwischenbrachzeiten“? 30. Von welchen Kriterien hängt die Wahl der „richtigen“ Prioritätsregel ab? 31. Inwiefern hilft das Gantt-Diagramm, Leerzeiten und Zwischenbrachzeiten zu vermeiden?
Tabelle A: Auswertung der Liefertermin-Einhaltung Auftrag A B C D Summe
Termin Soll 37 29 36 15
LT-Regel Ist Abw. 43 -6 34 -5 42 -6 13 2 -15
Positive Abweichung bedeutet Fertigstellung vor Liefertermin
KOZ-Regel Ist Abw. 31 6 30 -1 14 22 34 -19 8
Wert-Regel Ist Abw. 9 28 42 -13 20 16 23 -8 23
Negative Abweichung bedeutet Fertigstellung nach Liefertermin
Tabelle B: Auswertung der Kapitalbindung Auftrag
Wert
A B C D Summe
2.000 700 1.500 1.200
LT-Regel Zeit Zeit x Wert 43 - 11 = 32 64.000 34 - 5 = 29 20.300 42 - 9 = 33 49.500 13 - 0 = 13 15.600 149.400
KOZ-Regel Zeit Zeit x Wert 31 - 11 = 20 40.000 30 - 2 = 28 19.600 14 - 0 = 14 21.000 34 - 6 = 28 33.600 114.200
Die Zeit der Bindung ergibt sich durch den Fertigstellungstermin abzüglich Produktionsanfangszeitpunkt
Wert-Regel Zeit Zeit x Wert 9-0=9 18.000 42 - 13 = 29 20.300 20 - 6 = 14 21.000 23 - 8 = 15 18.000 77.300
6.
6.4
Produktionssteuerung
475
Spezielle Steuerungskonzepte
6.4.1 Die Grundidee von PPS-Systemen Bei den vorgestellten drei Regeln wird jedoch auch deutlich, dass die Produktionssteuerung oftmals nicht nur einer, sondern vielen Anforderungen gerecht werden muss. Außerdem muss nicht nur ein einziger Arbeitsplatz, sondern es müssen alle vorhandenen Werkstätten in der Planung berücksichtigt werden. Aus diesem Grund wurde vor allem in den siebziger Jahren mit der Entwicklung EDVgestützter Steuerungsverfahren begonnen, die den Produktionsablauf für mehrere Werkstätten gleichzeitig planen sollen. •
Bei der Programmplanung werden die zu fertigenden Erzeugnisse sowie die groben Ecktermine festgelegt.
•
In der hierauf aufbauenden Mengenplanung und Durchlaufterminierung werden die Losgrößen der zu fertigenden Endund Zwischenprodukte festgelegt. Hierbei werden Kapazitätsgrenzen der Werkstätten zunächst vernachlässigt. Es wird also unterstellt, dass der Betrieb beliebig viele Maschinen zur Verfügung hat. Auf diese Weise können geplante Durchlaufzeiten für die Aufträge errechnet werden.
•
Auf der Basis dieser Durchlaufzeiten wird die Kapazitätsbelastungsrechnung für jede Werkstatt durchgeführt, um festzustellen, an welchen Stellen für die Fertigung des vorliegenden Auftragsbestandes die Engpässe vorliegen.
•
Der sich anschließende Kapazitätsabgleich soll zu einem Ausgleich von Kapazitätsangebot und -nachfrage in diesen Engpässen führen und damit diese Überbelastungen zu jedem Zeitpunkt innerhalb des Planungszeitraumes (z.B. eine Woche) vermeiden. Dies kann z.B. durch Verschiebung von Aufträgen und Arbeitsschritten oder durch Überstundenvereinbarungen in einzelnen Werkstätten erreicht werden.
Abb. 33:
Der Aufbau von PPS-Systemen
Produktionsplanungs- und -steuerungsSysteme PPS sind rechnergestützte Programme, die die betriebliche Produktionsplanung und -steuerung und die damit verbundene Verwaltung von Verkaufs-, Einkaufs-, Lager- und Produktionsdaten ermöglichen. Der Produktionsablauf wird durch PPSSysteme unter mengenmäßigen und zeitlichen Gesichtspunkten sowie unter Beachtung der verfügbaren Kapazitäten geplant, ausgelöst und bis zum Ende überwacht.
476
Produktionswirtschaft
•
Abschließend werden die vorliegenden Ergebnisse auf der dispositiven Ebene umgesetzt. Im Personaleinteilungsplan werden die Aufträge unter Berücksichtigung möglicher Personalausfälle durch Krankheit oder Urlaub an die Mitarbeiter verteilt.
•
Der Maschinenbelegungsplan ordnet jeder Arbeitsstation das notwendige Bedienungspersonal und somit die betreffenden Aufträge zu.
Die Planungszeiträume der einzelnen Stufen sind verschieden. Bei der Programmplanung erfolgt zumeist eine grobe Jahres- oder Monatsbetrachtung, während auf der unteren Steuerungsebene eine feinere Planung bis in die einzelnen Arbeitsschichten und -stunden durchgeführt werden kann. Für die Genauigkeit des Ablaufes sind die geplanten Durchlaufzeiten nach Kapazitätsabgleich entscheidend. Das Fehlen einer Rückkopplung zwischen den Planungsstufen von unten nach oben unterstellt dabei, dass die tatsächlichen Werte den geplanten Werten entsprechen. Diese Unterstellung ist nicht immer realistisch. Durch kurzfristige Personal- und Maschinenausfälle auf den unteren Planungsebenen können neue Engpässe entstehen und einen erneuten Kapazitätsabgleich erforderlich machen. Zudem können kurzfristige Eil- und Sonderaufträge nicht so elegant „dazwischengeschoben“ werden wie bei der Steuerung mit Prioritätsregeln, da hierdurch die gesamte Planung zusammenbrechen kann. Abweichungen von den ursprünglichen Plandaten sind nur schwer möglich. Dies erfordert gutes Mitdenken und eine große Termin-Disziplin in allen Abteilungen.
Abb. 34:
Teufelskreis der Durchlaufzeitenerhöhung
Erläuterungen zum Teufelskreis Wird der Fehler begangen, eine größere Sicherheit bezüglich der Einhaltung des Liefertermins durch verfrühte Freigabe von Fertigungsaufträgen erreichen zu wollen, kann der entgegengesetzte Effekt entstehen: •
Die vorzeitige Freigabe erhöht die Werkstattbestände, also die in den Warteschlangen vor den Werkstätten befindlichen Auftragsbestände.
•
Diese Veränderung hat die Erhöhung der Auftrags-Durchlaufzeiten (siehe Abb. 31) zur Folge.
•
Der „Teufelskreis“ schließt sich, da aufgrund der Verlängerung der Durchlaufzeiten weitere Aufträge früher als geplant freigegeben werden, um die scheinbare Termingefährdung zu vermeiden.
Diese gegenseitige Erhöhung von Durchlaufzeiten und Beständen nennt man das „Durchlaufzeit-Syndrom“.
6.
Produktionssteuerung
477
6.4.2 „Computer Aided …“Techniken
Übersicht und Techniken:
Im Konstruktions- und Entwicklungsbereich kann diese Zusammenarbeit nur verbessert werden, wenn eine Variation oder Anpassung von Planungsunterlagen von bestehenden Produkten beschleunigt wird. Dies wurde durch die in den siebziger Jahren wesentlich verbesserten und mit einer größeren Speicherfähigkeit ausgestatteten EDV-Systeme möglich. Durch sie konnten Planungsabteilungen Produktentwürfe am Bildschirm erstellen, abschließend die Daten sichern und jederzeit wieder abrufen.
1.
Mit der Möglichkeit, anschließend die Daten schnell neuen Wünschen anpassen zu können, entstand das Computer Aided Design (computergestützte Produktentwicklung – kurz: CAD). Aufbauend auf der Idee und dem großen Erfolg von CAD wurden auch für die anderen technischen Bereiche CA-Verfahren entwickelt. Für jedes Verfahren wurden die entsprechenden Produktdaten erfasst, und sie waren somit jederzeit abruf- und veränderbar. Gemeinsam deckten diese CA-Techniken bald den gesamten technischen Bereich, den ein Produkt vom Entwurf bis zur Qualitätskontrolle durchläuft, unter dem „historischen“ Begriff CAD/CAM ab.
6.4.3 Die Krone der Produktionssteuerung: CIM – Computer Integrated Manufacturing Es liegt nun nahe, diese beiden Konzepte zusammenzufassen und somit eine vom Entwurf über den Verkauf und die Materialwirtschaft bis zur Produktion und Qualitätsprüfung abgestimmte Fabrikation zu entwerfen. Diese modernste Form von computergestützten Steuerungsprogrammen wird daher Computer Integrated Manufacturing oder kurz CIM genannt.
Bedeutung
der
CA-
Produktentwurf CAD Computer Aided Design
2.
Konstruktion CAE Computer Aided Engineering
3.
Arbeitsplanung, Arbeitsvorbereitung CAP Computer Aided Planning
4.
Fertigungsüberwachung und -steuerung CAM Computer Aided Manufacturing
5.
Qualitätsplanung, -prüfung, -sicherung CAQ Computer Aided Quality Assurance
Aufgaben 32. Stellen Sie das Ablaufschema eines PPSSystems dar! Welche Fragestellungen stehen in den einzelnen Phasen in Vordergrund? 33. Was bedeutet „CA-Techniken“? Welche CA-Techniken kennen Sie? Erläutern Sie deren Bedeutung, und erklären Sie, warum der Einsatz von CA-Techniken von vielen Unternehmen angestrebt wird!
Beim Computer Integrated Manufacturing (CIM) werden alle produktionsbezogenen Tätigkeiten der Unternehmensbereiche koordiniert und abgestimmt. Dabei erfolgt eine Verknüpfung der Ansätze von: a)
Produktionsplanung und -steuerung (PPS) (kaufmännische Abteilungen und Produktion)
b) CA-Techniken (technische Abteilungen und Produktion)
478
Produktionswirtschaft
Abb. 35:
Das Zusammenwirken aller produktionsbezogenen Unternehmensbereiche im CIM-Konzept Quelle: Ausschuss für wirtschaftliche Fertigung e.V. (AWF): Integrierter EDV-Einsatz in der Produktion, Eschborn 1985
7. Produktionskontrolle Ziel aller marktwirtschaftlich arbeitenden Unternehmen ist die Erzielung von Gewinnen. Um zu gewährleisten, dass dieses Unternehmensziel erreicht wird, müssen parallel zu den in den vorangegangenen Kapiteln dargestellten Produktionsabläufen Kontrollen der Produktionsergebnisse durchgeführt werden.
Ergänzendes zu den Kontrollen Diese Kontrollen beziehen sich sowohl auf ökonomische Kriterien im engeren Sinne (Rationalität der Produktion) als auch auf Kriterien, die sich indirekt auf die Gewinnsituation des Unternehmens auswirken (Qualitätskontrolle zur Sicherstellung der Kundenzufriedenheit).
478
Produktionswirtschaft
Abb. 35:
Das Zusammenwirken aller produktionsbezogenen Unternehmensbereiche im CIM-Konzept Quelle: Ausschuss für wirtschaftliche Fertigung e.V. (AWF): Integrierter EDV-Einsatz in der Produktion, Eschborn 1985
7. Produktionskontrolle Ziel aller marktwirtschaftlich arbeitenden Unternehmen ist die Erzielung von Gewinnen. Um zu gewährleisten, dass dieses Unternehmensziel erreicht wird, müssen parallel zu den in den vorangegangenen Kapiteln dargestellten Produktionsabläufen Kontrollen der Produktionsergebnisse durchgeführt werden.
Ergänzendes zu den Kontrollen Diese Kontrollen beziehen sich sowohl auf ökonomische Kriterien im engeren Sinne (Rationalität der Produktion) als auch auf Kriterien, die sich indirekt auf die Gewinnsituation des Unternehmens auswirken (Qualitätskontrolle zur Sicherstellung der Kundenzufriedenheit).
7.
7.1
Produktionskontrolle
479
Kontrolle nach ökonomischen Kriterien
Aus der Volkswirtschaft ergibt sich als Maßstab wirtschaftlichen Handelns das „ökonomische Prinzip“, welches sich unterscheiden lässt in: •
das Maximalprinzip, wonach mit gegebenen Mitteln ein höchstmöglicher Nutzen erzielt werden soll, und
•
das Minimalprinzip, nach dem ein gegebenes Ziel mit geringstmöglichem Mitteleinsatz erreicht werden soll.
Diese Prinzipien und ihre Erfolgsrelationen gelten auch für die betrieblichen Prozesse. Die Erfolgsrelationen können bei Produktionsabläufen über die allgemeine volkswirtschaftliche Definition hinaus konkreter gefasst werden.
7.1.1 Wirtschaftlichkeit
Abb. 36:
Allgemeine Definition: Für eine bestimmte Handlung ermittelte Beziehung zwischen dem Handlungsergebnis und dem dafür erforderlichen Mitteleinsatz. Betriebswirtschaftliche Auslegung: Für die Bewertung betrieblicher Prozesse ist es üblich, das Ergebnis und den Einsatz in Geldeinheiten darzustellen. Demnach ergibt sich die Wirtschaftlichkeit als Quotient aus den aufgewandten Kosten und den hergestellten Produkten einer Periode (Leistungen), betrieblichen Erträgen und betrieblichen Aufwendungen. Da beide Größen in Geldeinheiten bewertet werden, ist der Wirtschaftlichkeitsquotient dimensionslos (wichtig für die Vergleichbarkeit von Werten). Vergl. auch Seiten 31 ff.
Das ökonomische Prinzip und seine Erfolgsrelationen
Erfolgsbegriffe und deren Zusammenhänge: Sollen Vorgänge nach dem ökonomischen Prinzip gemessen und bewertet werden, so müssen die unterschiedlichen Erfolgsfaktoren in Beziehung zueinander gesetzt werden. •
Subtrahiert man Erfolgsgrößen, so erhält man eine absolute Erfolgszahl.
•
Dividiert man Erfolgsgrößen, so erhält man eine Erfolgsrelation.
•
Multipliziert man eine Erfolgsrelation mit 100, so erhält man eine Prozentzahl.
Diese Zusammenhänge sind wichtig für die Vergleichbarkeit und Bewertung von Erfolgsgrößen.
480
Produktionswirtschaft
Interpretation von Veränderungen:
Beispielsituation verbal:
Die Kennzahl fällt, wenn die gleichen Leistungen mit geringeren Kosten oder mehr Leistung mit gleichen Kosten erreicht wurden. Es ist offensichtlich, dass diese Entwicklungen für ein Unternehmen positiv zu bewerten sind. Umgekehrt sinkt diese Kennzahl, wenn die gleichen Leistungen mit höheren Kosten oder geringere Leistungen mit den gleichen Kosten erreicht werden. (vergl. SS. 31 ff)
Ein Zulieferer der DMW AG sieht sich schwierigen Zeiten gegenüber. Zwar erwirtschaftete das Unternehmen in 2004 einen Gewinn von 400 TEUR, es ist jedoch offensichtlich, dass einige Fertigungsabläufe unwirtschaftlich ablaufen. Dies ist bedingt durch das starke Wachstum des Unternehmens in den letzten fünf Jahren. Die Organisation der Abläufe kann den veränderten Bedingungen nicht gerecht werden.
Fazit: Je höher die Wirtschaftlichkeit ist, desto günstiger ist dies für das Unternehmen.
7.1.2 Rentabilität Allgemeine Definition: Verhältnis einer Erfolgsgröße zu eingesetztem Kapital einer Rechnungsperiode.
Das Unternehmen beschließt, die renommierte Unternehmensberatung McGrinsey & Co. mit der Umstrukturierung ihrer Fertigung zu beauftragen. Am Jahresende 2004, nach Abschluss dieser Umstrukturierung, sieht sich das Unternehmen folgenden Ergebnissen gegenüber: Ausgewählte Bilanz und GuV-Daten
Betriebswirtschaftliche Auslegung:
2005
2004
TEUR
TEUR
10000
10000
2100
2000
820
800
Personalkosten
520
500
Betriebsrentabilität
Beratungskosten
100
0
Umsatzrentabilität.
sonstige Kosten
310
300
Je nach Festlegung der Erfolgsgröße und Abgrenzung des eingesetzten Kapitals ergeben sich verschiedene Rentabilitätsbegriffe, wie beispielsweise (vergl. SS. 23 ff):
eingesetztes Kapital
•
Gesamtkapitalrentabilität
Materialkosten
•
Eigenkapitalrentabilität
• •
Umsatzerlöse
Interpretation von Veränderungen:
Kosten
1750
1600
Wesentlich für die Vergleichbarkeit von Rentabilitätswerten (zwischen verschiedenen Rechnungsperioden oder verschiedenen Unternehmen) ist die gleiche Ermittlungsweise von Erfolgs- und Kapitalgröße.
Betriebsergebnis
+350
+400
produzierte Stückzahlen
4100
4000
geleistete Arbeitsstunden
14000
14000
Die Kennzahl steigt, wenn ein höherer Erfolg bei gleich bleibendem Kapitaleinsatz oder der gleiche Erfolg bei vermindertem Kapitaleinsatz erzielt wurde. Umgekehrt sinkt die Kennzahl, wenn ein geringerer Erfolg bei gleichem Kapitaleinsatz oder ein gleich bleibender Erfolg bei erhöhtem Kapitaleinsatz erzielt wurde.
Die sonstigen Kosten enthalten Kapitalkosten (Abschreibungen u.a., kalkulatorische Zinsen) und Kosten der menschlichen Gesellschaft (Steuern u,a,)
7.
Produktionskontrolle
Fazit: Je höher die Rentabilität ist, desto günstiger ist dies für das Unternehmen.
7.1.3 Produktivität Allgemeine Definition: Beziehung zwischen Ertrag und Faktoreinsatzmengen (Output) und Faktoreinsatzmengen (Input) (vergl. SS 34 ff). Betriebswirtschaftliche Auslegung: Da die Gesamtproduktivität eines Unternehmens aufgrund der Nicht-Addierbarkeit verschiedener Faktoreinsatzmengen (unterschiedliche Maßeinheiten) nicht ermittelt werden kann, werden Teilproduktivitäten errechnet. Vielfach verwendete Teilproduktivitäten sind dabei: •
Materialproduktivität
•
Arbeitsproduktivität
•
Kapitalproduktivität.
Interpretation von Veränderungen: Steigt die Kennzahl, so wurde der betreffende Faktor (Material, Arbeit, Kapital) effektiver genutzt. Dies liegt vor, wenn mit dem gleichen Materialeinsatz mehr Güter oder die gleiche Menge von Gütern mit weniger Materialeinsatz gefertigt wurden. Kann ein Textilunternehmen beispielsweise durch Optimierung des Zuschnitts mehr Hemden aus einem Ballen Stoff produzieren, steigt die Materialproduktivität. Umgekehrt sinkt die Produktivität, wenn mit gleichem Materialeinsatz weniger Güter oder mit höherem Materialeinsatz die gleiche Menge an Gütern gefertigt wurde.
481
Ermittlung und Beurteilung von Veränderungen Wirtschaftlichkeit Die Wirtschaftlichkeit als Quotient aus Leistung und Kosten steigt von 0,80 (= 1600 TEUR/2000 EUR) auf 0,83 (= 1750 TEUR/2100 TEUR). Dies ist zunächst negativ zu beurteilen. Betrachtet man jedoch die Zusammensetzung der Kosten, so fällt der Posten Beratungskosten mit 100 TEUR auf. Dieser Betrag wurde für die Umstrukturierung aufgewendet. Bereinigt man die Kostensumme um diesen Betrag, so verbessert sich die Wirtschaftlichkeit auf 0,79 (= 1650 TEUR/2100 TEUR). Es muss also im Folgejahr beobachtet werden, ob die positiven Effekte von Dauer sind.
Rentabilität Die Rentabilität als Prozentsatz des Jahresergebnisses vom eingesetzten Kapital hat sich von 4 % (= 40OTEUR x 100/10OOO TEUR) auf 3,5 % (= 350 TEUR x 100/10000 TEUR) verschlechtert. Auch hier ergibt sich jedoch nach Bereinigung der Kosten um die Beratungsaufwendungen eine Verbesserung auf 4,5 %.
Kapitalproduktivität Der Quotient aus den Umsatzerlösen als Produktionsergebnis und dem eingesetzten Kapital hat sich von 2 % (= 2000 TEUR/10000 TEUR) auf 2,1 % (= 2100 TEUR/10000 TEUR) verbessert.
Arbeitsproduktivität Die Arbeitsproduktivität als Quotient aus produzierter Stückzahl und eingesetzten Arbeitsstunden hat sich von 0,28 Stk./Std. auf 0,29 Stk./Std. verbessert. Aussagekräftiger ist hierbei der Kehrwert des Bruches. Während 2003 3,4 Stunden pro Stück (= 14000 Std./4000 Stk.) benötigt wurden, konnte in 2004 ein Stück schon nach 3,33 Stunden (= 14000 Std./4100 Stk.) fertig gestellt werden.
Fazit: Fazit: Je höher die Produktivität einzelner Faktoren (Material, Arbeit, Kapital) ist, desto günstiger ist dies für das Unternehmen.
Insgesamt kann die Umstrukturierung als erfolgreich beurteilt werden. Die Aufwendungen für Beratung haben den gewünschten Effekt erzielt.
482
7.2
Produktionswirtschaft
Kostenerfassung und Kostenverläufe
Abb. 37:
Schematischer Aufbau einer Betriebsdatenerfassung
Nachdem im Abschnitt 7.1 mögliche ökonomische Kontrollkriterien für den Produktionsprozess aus dem ökonomischen Prinzip abgeleitet wurden, stellen sich die Fragen: •
Wie erfolgt die Erfassung der Erfolgsgrößen?
•
Wie kann eine Bewertung der Erfolgsrelationen erfolgen?
7.2.1 Betriebsdatenerfassung (BDE) Unter Betriebsdatenerfassung, in der Praxis oft kurz „BDE“ genannt, versteht man die EDV-gestützte Erfassung von Daten des betrieblichen Produktionsprozesses zur Kontrolle der Produktionsplanung und -steuerung.
Gebräuchliche Abkürzungen in der Kostentheorie: x:
Ausbringungsmenge, Beschäftigung
K: Gesamtkosten k:
Durchschnittskosten, also die Kosten pro Stück. Man errechnet sie, indem man die Gesamtkosten (K) durch die Ausbringungsmenge (x) teilt.
K’: Grenzkosten, also der absolute Kostenzuwachs durch die Produktion der jeweils letzten Mengeneinheit. Mathematisch gesehen die Steigung der Gesamtkostenkurve.
7.
Produktionskontrolle
483
Wichtige Betriebsdaten sind beispielsweise: •
Maschinendaten (Belegungszeiten, Störungen, Umrüstungen, Werkzeugstatus)
•
Fertigungsauftragsdaten (Anfang und Ende von Arbeitsschritten, Mengen- und Qualitätsabweichungen)
•
Lagerdaten (Zugänge, Reservierungen, Abgänge)
•
Kosten sind der bewertete betriebliche Güterverbrauch, der direkt mit der Leistungserstellung zusammenhängt. Man unterscheidet nach der Abhängigkeit von der Beschäftigung fixe Kosten (unabhängig von der Leistungserstellung) und variable Kosten. Nach der Zurechenbarkeit auf die einzelnen Leistungen unterscheidet man weiterhin Einzelkosten und Gemeinkosten.
Personaldaten (Anwesenheit, nungsdaten).
Akkord-
und
Entloh-
Da die Art der Betriebsdatenerfassung sehr von den individuellen Verhältnissen in einem Betrieb abhängt, werden zur Durchführung meistens Standard-Softwarepakete installiert und den betrieblichen Besonderheiten angepasst. Es besteht dabei eine enge Verknüpfung mit PPS- oder CIM-Systemen (vgl. Abschnitt 6.4). Über diese wichtigen betriebswirtschaftlichen Daten hinaus erlangt man aber durch Verknüpfung mit dem Rechnungswesen auch die für die Kontrolle von Produktionsabläufen unerlässlichen Informationen über die Kosten.
7.2.2 Kostenverläufe
Kosteninformationen In allen Wirtschaftseinheiten werden Stoffe, Kräfte und Rechte zur Herstellung von Gütern oder Leistungen verbraucht. Aber erst wenn diese Verbräuche die in Abb. 38 ausgewiesenen Merkmale erfüllen, handelt es sich um Kosten. Von Kosten wird auch geredet, wenn es sich um Nutzentgang handelt. Das ist dadurch der Fall, dass dem Unternehmen Kapital zur Verfügung gestellt wird, welches die Grundlage für seine Existenz bildet. Hätte man dieses der Bank überlassen, dann wäre zwar kein Betrieb gegründet worden, aber man hätte Zinsen erhalten. Auf diese wird durch die Gründung verzichtet, d. h., dem Unternehmen gehen Zinsen verloren. Das nennt man Nutzentgang. Kosten werden sehr unterschiedlich eingeteilt. Aus der Perspektive der Arten lassen sich unterscheiden: Personalkosten, Stoffkosten, Kapitalkosten, Fremdleistungskosten und Kosten der menschlichen Gesellschaft (Steuern, Gebühren, Abgaben). Nach der Art der Zurechenbarkeit auf die Produkte untergliedert man Einzel- und Gemeinkosten.
Man kann grundsätzlich folgende sechs Möglichkeiten des Gesamtkostenverlaufs in Abhängigkeit von der Ausbringung (z. B. Menge) unterscheiden. Die Gesamtkosten nach 1. bis 4. bezeichnet man als variable Kosten, da sie im Gegensatz zu den fixen Kosten in Abhängigkeit von der Beschäftigung variieren. Die intervallfixen Kosten nehmen zwischen diesen beiden klassischen Kostenverläufen eine Sonderstellung ein.
Abb. 38:
Kostenkennzeichen
484
1.
Produktionswirtschaft
Proportionaler Verlauf der K
Jede relative (in %) Beschäftigungsänderung führt zur gleichen relativen Änderung der Kostenhöhe. Eine Halbierung (minus 50%) der Ausbringung hat demnach eine Halbierung der Gesamtkosten zur Folge. Beispiel: (Akkordlohn) x
K
k
K’
1
15
15
15
2
30
15
15
3
45
15
15
2.
In Abhängigkeit von der Ausnutzung der Kapazität (Beschäftigung) lassen sich Kosten in variable und fixe Kosten gliedern. Fixe Kosten sind von der Höhe der Ausbringung unabhängig. Nun kann man außerdem die Kosten danach einteilen, ob sie als Ausgaben auftreten oder nicht. Alle Unterscheidungsmerkmale führen bei einer Analyse im Einzelnen zu unterschiedlichen Inhalten und Aussagen. Hier sollen nun die variablen und fixen Kosten ins Blickfeld gerückt werden.
•
Proportionaler Verlauf
Unterproportionaler Verlauf der K
Eine relative Beschäftigungsänderung führt zu einer geringeren relativen Kostenänderung. Eine Erhöhung der Ausbringung um 10% hat beispielsweise eine Erhöhung der Kosten um nur 8% zur Folge. Beispiel: (Material mit gestaffeltem Rabatt) x
K
k
K’
1
15
15
15
2
28
14
13
3
39
13
11
Abb. 39 a) Sich proportional entwickelnde Gesamtkosten wirken auf die Durchschnittskosten konstant (mittleres Bild). •
Unterproportionaler Verlauf
Abb. 39 b) 3.
Überproportionaler Verlauf der K
Eine relative Beschäftigungsänderung führt zu einer höheren relativen Kostenänderung. Eine Erhöhung der Ausbringung um 10% hat beispielsweise eine Erhöhung der Kosten um 12% zur Folge.
Sich unterproportional entwickelnde Gesamtkosten wirken auf die Durchschnittskosten (schwach) degressiv. •
Überproportionaler Verlauf
Beispiel: (Energie bei erhöhter Belastung) x
K
k
K’
1
15
15
15
2
32
16
17
3
51
17
19
Abb. 39 c) Sich überproportional entwickelnde Gesamtkosten wirken auf die Durchschnittskosten progressiv.
7.
4.
Produktionskontrolle
485
•
Fixer Verlauf der K
Fixe Kosten
Jede relative Beschäftigungsänderung führt zu einer relativen (und absoluten) Kostenänderung von Null. Die Kosten sind demnach ausbringungsunabhängig konstant. Beispiel: (Abschreibungen auf Gebäude) x
K
k
K’
1
15
15
15
2
15
7,5
0
3
15
3,75
0
5.
Intervallfixer Verlauf
Innerhalb bestimmter Beschäftigungsintervalle verlaufen die Kosten fix, beim Überschreiten der Intervallgrenzen steigen die Kosten jedoch sprunghaft auf ein anderes (zumeist höheres) Niveau. Beispiel: (Abschreibungen auf Maschinen) x
K
k
K’
1
15
15
15
2
15
7,5
0
3
30
10
15
4
30
7,5
0
Abb. 39 d) Bei zunehmender Ausbringung bleiben die fixen Kosten gleich. Sie wirken auf die Durchschnittskosten (stark) degressiv.
Aufgaben 34. Stellen Sie das Beispiel der intervallfixen Kosten grafisch dar! 35. Versuchen Sie herauszufinden, wie die Grenzkosten ermittelt wurden, und welche Bedeutung diese haben könnten! Überlegen Sie bitte, wie es zu intervallfixen Kosten kommen kann!
Allen Betrieben ist gemein, dass bei ihnen variable und fixe Kosten anfallen. Je nach Art des Unternehmens sind ihre Anteile an den Gesamtkosten unterschiedlich groß. Auch differieren die Höhen der proportionalen, unter- und überproportionalen Kosten. Die Addition aller Kosten bei jeder Beschäftigungsmenge führt zu Gesamtkosten, die als Kurve erscheinen. Dividiert man die Gesamtkosten zu jeder Beschäftigungsmenge (Ausbringung) durch entsprechenden Output, ergeben sich die Stückkosten bei jeder Produktionsmenge. Abb. 40:
Die Stückkostenkurve
486
7.3
Produktionswirtschaft
Kontrolle der Qualität
7.3.1 Zum Begriff Qualität
Der Qualitätsbegriff nach DIN 55350
Qualität (lateinisch: qualitas, -atis) bedeutet so viel wie Beschaffenheit, Eigenschaft, Güte oder Wert. Dabei hat der Qualitätsbegriff
Gesamtheit von Eigenschaften und Merkmalen eines Produktes oder einer Tätigkeit, die sich auf deren Eignung zur Erfüllung gegebener Erfordernisse bezieht.
•
eine gefühlsmäßige, emotionale Komponente und
•
eine sachliche, rationale Komponente.
Die Erfordernisse ergeben sich aus dem Verwendungszweck des Produktes oder dem Ziel der Tätigkeit.
Die emotionale Komponente hat mit der individuellen Einschätzung von Sorgfalt, Zuverlässigkeit und Gründlichkeit zu tun und bildet Vertrauen. Die Kontrolle innerhalb eines Produktionsapparates hat die rationale Komponente der Qualität zum Gegenstand (vergl. S. 19). Nachfolgend werden zunächst Methoden der Qualitätssicherung dargestellt. Die auf diese Weise aufgedeckten Fehler werden anschließend in ihrer Bedeutung bewertet und Möglichkeiten der Fehlervermeidung ermittelt. Abschließend erfolgt eine kritische Beurteilung der Qualitätssicherung in Form eines Kosten-Nutzen-Vergleichs.
7.3.2 Methoden der Qualitätssicherung Bevor eine Methode zur Qualitätssicherung gewählt wird, muss entschieden werden, wann mangelhafte Qualität vorliegt und wie entscheidend Qualitätsabweichungen für den späteren Verkaufserfolg sind.
Abb. 41:
Diese Entscheidungen werden von der späteren Produktverwendung bestimmt (siehe Beispielfall).
Eine Werkzeugfabrik führt unter anderem Bohrer in ihrem Programm. Die Rohlinge für die Bohrer werden alle aus dem gleichen Material hergestellt. Nach diesem ersten Bearbeitungsschritt werden die Bohrer für unterschiedliche Verwendungen gehärtet. Dieser Härteprozess ist umso aufwändiger, je härter die Legierung am Ende sein soll. Es werden drei Endprodukte unterschieden:
Sind diese Entscheidungen im Zusammenwirken von Absatzwirtschaft und Technik getroffen worden, so können folgende Verfahren unterschieden werden:
Beispiel für eine Kontrollkarte
Beispiel: Festlegung von Qualität und Toleranzen
7.
•
Produktionskontrolle
Totalkontrolle
Hierbei werden ausnahmslos alle gefertigten Produkte kontrolliert. Diese Vorgehensweise ist bei sehr wertvollen Produkten (hochwertige Uhren) oder bei Produkten notwendig, bei denen jeder Fehler ein „kritischer Fehler“ (siehe unten) ist (medizinische Instrumente). Totalkontrollen sind bei Serien- und Massenfertigung ausgeschlossen. Sie sind zu zeitaufwändig und kostenintensiv. •
Partialkontrolle
„Partial“ bedeutet „teilweise“ und unterstellt hier, dass nicht jedes Teil, sondern nur eine Stichprobe kontrolliert wird. Durch die Partialkontrolle mit Hilfe statistischer Verfahren wird versucht, entweder Aussagen über den Zustand eines Produktionsprozesses zu machen (Produktionskontrolle) oder den Ausschussanteil einer gefertigten Serie, Partie oder Charge (Abnahmeprüfung) zu treffen. Letztere findet auch im Bereich der Wareneingangskontrolle im Bereich Materialwirtschaft Anwendung. •
Kontrollkarte
Bei diesem für die Massenfertigung geeigneten Verfahren werden in regelmäßigen Zeitabständen Stichproben entnommen und die entsprechenden Messwerte notiert. Bei Abweichungen außerhalb bestimmter Toleranzgrenzen werden Eingriffe in den Produktionsprozess veranlasst. Die mit Hilfe dieser Verfahren aufgedeckten Fehler können unterschiedliche Gründe und unterschiedliche Folgen haben. Bevor daher Anpassungen oder Änderungen im Produktionsablauf vorgenommen werden, müssen die Fehler bewertet werden.
487
•
Bohrer für Holz
•
Bohrer für Stein
•
Bohrer für Metall.
Dabei hat das Unternehmen zwei Zielgruppen, zum einen Heimwerker und zum anderen Industriebetriebe. Die Qualitätssicherung legt Toleranzen der Härtegrade und den Durchmesser der einzelnen Bohrertypen und -größen fest. Dabei wird sowohl bezüglich der Verwendung als auch bezüglich der Zielgruppen unterschieden. Es werden folgende Toleranzen festgelegt: Zielgruppe/ Bohrerart
Heimwerker Holzbohrer Steinbohrer Metallbohrer Industrie: Holzbohrer Steinbohrer Metallbohrer
SollWert Durchmesser (mm)
Toleranzen Durchmesser (mm)
SollWert Härtegrad (HBS)
Toleranzen Härtegrad (%)
1-15 16-30 1-15 16-30 1-15 16-30
±0,05 ±0,05 ±0,05 ±0,05 ±0,05 ±0,05
200 200 300 200 500 500
±2 ±2 ±2 ±2 ±2 ±2
1-15 16-30 1-15 16-30 1-15 16-30
±0,001 ±0,001 ±0,001 ±0,001 ±0,001 ±0,001
200 200 350 350 600 350
±0,5 ±0,5 ±0,5 ±0,5 ±0,5 ±0,5
Es zeigt sich, dass die Soll-Werte je nach Verwendung unterschiedlich sind. Darüber hinaus ist es sinnvoll, die Toleranzen von der Zielgruppe abhängig zu machen. So ist die Genauigkeit des Durchmessers für Werkstätten in der industriellen Fertigung viel wichtiger als beim Heimwerkergebrauch. Ein Werkstück, welches für die Zielgruppe „Industrie“ außerhalb der Toleranzen liegt, kann demnach unter Umständen noch in der Zielgruppe „Heimwerker“ verkauft werden.
488
Produktionswirtschaft
7.3.3 Fehlerbewertung
Amis vorn
Im Qualitätssicherungswesen werden in vielen Fällen festgestellte Fehler klassifiziert und die notwendigen Konsequenzen je nach Fehlerklasse festgelegt.
2,3 Millionen Astra bestellt Opel in die Werkstatt. Gigantisch, aber nicht der größte Rückruf der Autogeschichte. Den leistete sich wohl Opels Mutterkonzern General Motors Mitte der siebziger Jahre. Bei 6,7 Millionen Chevy war der Motor zu schwach aufgehängt. Folge: In Kurven kippte er zur Seite und setzte die Bremsen matt. Zusätzlich verbog er das Gasgestänge und löste Vollgas aus. Betroffene konnten sich nur durch „Zündung aus“ retten.
Mögliche Klassifizierungen sind dabei: Klassifizierung nach Auswirkung der Fehler: •
Kritische Fehler Voraussichtliche Gefährdung von Menschenleben, Konsequenz ist eine unbedingte Fehlerbeseitigung, da die Folgekosten (Schadenersatzforderungen) für das Unternehmen existenzbedrohend sein können. Beispiel: Rückrufaktionen bei Feststellung von Bremsdefekten an Pkws
•
Noch schlimmer kam es, als die „Big Three“ (GM, Ford, Chrysler) allein 1978 rund elf Millionen Autos zurückrufen mussten – währenddessen aber nur 9,2 Millionen neue herstellten. Abb. 42: Die größten Rückrufe
Hauptfehler Starke Verminderung der Brauchbarkeit, aber keine Gefährdung von Menschenleben. Auch hier wird eine unbedingte Fehlerbeseitigung durchgeführt, da das Auftreten von Hauptfehlern bei Kunden zumeist einen erheblichen Image-Verlust des Herstellers mit sich bringt. Beispiel: Aufruf an Kunden von Pkws fehlerhafter Serien zu kostenloser Umrüstung fehlerhafter Teile in Vertragswerkstätten.
•
Nebenfehler Verhältnismäßig geringe Verminderung der Brauchbarkeit. Hier müssen Kosten und Nutzen von Rückrufaktionen genau abgewogen werden. Eine vollständige Rückrufaktion ist zumeist zu teuer. Hier kann über ausgeweitete Garantieleistungen bei fehlerhaften Teilen auf Kulanzbasis ein möglicher Image-Verlust vermieden werden.
Abb. 43:
Aufbau der Qualitätssicherung
7.
Produktionskontrolle
489
7.3.4 Kosten und Nutzen der Qualitätssicherung 7.3.4.1
Kosten der Qualitätssicherung
a) Fehlerverhütungskosten Aus der Bezeichnung lässt sich unmittelbar ableiten, dass es sich um Aufwendungen handelt, die für die Vermeidung von Fehlern in der Produktion aufgebracht werden. Diese können zum Beispiel Schulungen des Personals und Kontrolleinrichtungen zwischen zwei Arbeitsstationen sein. Prinzipiell gilt: Es ist besser, einen Fehler von vornherein zu vermeiden als ihn im Nachhinein zu verbessern.
Abb. 44:
Ermittlung der optimalen Qualitätskontrolle
b) Prüf- und Beurteilungskosten Hierunter werden alle Kosten zusammengefasst, die im Zusammenhang mit der Überprüfung von Teilen, Bauelementen, Materialien und Prozessen entstehen. c)
Fehlerfolgekosten Hierunter fallen alle Aufwendungen, die aus aufgetretenen Fehlern resultieren. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen internen und externen Kosten. Interne Fehlerfolgekosten entstehen vor Ablieferung an die Kunden (Ausschusskosten, Nacharbeiten, Reparaturen). Externe Fehlerfolgekosten entstehen durch qualitative Abweichungen am Produkt nach der Auslieferung an die Kunden (Garantieleistungen, Retouren).
Der Verlauf der Gesamtkosten der Qualitätskontrolle kann in Abhängigkeit von der Fehlerquote betrachtet werden. Ausgehend von einer Fehlerquote in einem Produktionsapparat ohne Kontrolle wird die Quote zunächst durch steigenden Einsatz von Qualitätskontrollen absinken. Die Quote wird aber nicht linear sinken, da bei Annäherung an die Fehlerquote 0 % die Kosten der Kontrollen stark anwachsen.
Beispiel: Situation der DMW AG Der Leiter der DMW-Qualitätssicherung erhält die jährliche Auswertung der aufgelaufenen Kosten in seiner Abteilung vom zentralen Controlling und will auf Basis dieser Zahlen die Schwerpunkte und das Budget für die einzelnen Sparten der Qualitätssicherung aufstellen. Seine Analyse ergibt folgende markante Bereiche: a)
Der Bereich „Motoren + Getriebe“ weist erheblich mehr Fehler auf.
b) Die „Lackiererei“ weist wesentlich weniger Fehler auf, da technische Probleme mit den Lackierautomaten aus dem letzten Jahr behoben wurden. c)
Der Bereich „Dichtungsmontage“ weist ebenfalls wesentlich mehr Fehler auf, die aber bekannterweise aus mangelhaften Lieferqualitäten resultieren.
Der Leiter der Qualitätssicherung beschließt eine Umschichtung des Budgets vom Bereich „Lackiererei“ zum Bereich „Motoren + Getriebe“.
490
Produktionswirtschaft
Karosseriebau Elektronik Motoren + Getriebe Vormontage Lackiererei Dichtungsmontage Endmontage
Betriebsjahr Kosten aufgetreteEUR ne Fehler 20.000 33 35.000 40 60.000 75 15.000 30 70.000 15 8.000 72 80.000 25
Vorjahr Kosten aufgetreteEUR ne Fehler 18.000 28 32.000 46 55.000 14 12.000 32 65.000 102 7.000 13 76.000 30
Veränderung Kosten aufgetreteEUR ne Fehler 2.000 5 3.000 -6 5.000 61 3.000 -2 5.000 -87 1.000 59 4.000 -5
QS gesamt
288.000
265.000
23.000
Bereich der Qualitätssicherung
Abb. 45: 7.3.4.2 •
Jahresauswertung für den Bereich Qualitätssicherung Nutzen und Notwendigkeit der Qualitätssicherung
Instrument im Kampf um Marktanteile Durch zunehmende Transparenz der Märkte und Kritikfähigkeit der Kunden werden nur noch über die Qualität nachhaltige Marktanteilsgewinne erzielbar sein. Preiskampagnen haben dagegen immer kurzfristigere Wirkungen.
•
Ökologischer Aspekt Qualitativ hochwertige, langlebige Produkte landen nicht so schnell auf dem Müll, die Konsumenten nehmen Abschied von der „Wegwerfgesellschaft“ der sechziger und siebziger Jahre.
•
Produkthaftung Durch die Einführung der Produkthaftung bei schadenstiftenden Waren wurde der Gewährleistungsanspruch gemäß BGB durch eine Sicherheitskomponente erweitert.
•
Normen und Standards Die zunehmende Aufklärung durch Wareninstitute lässt die Verbraucher vermehrt auf Qualitäts- und Gütezeichen beim Kauf achten. Im technischen Bereich gilt dabei das TÜV- und das VDEZeichen als besonders lukrativ, aber eben auch anspruchsvoll.
Ergänzendes zur Qualitätssicherung Qualitätssicherung erfordert eine Qualitätsstrategie. Fehlervermeidung statt Fehlerentdeckung und beseitigung gehört seit langem zu den Grundprinzipien eines Qualitätsmanagements. Eine der wesentlichen Maßnahmen hierzu ist die Kooperation zwischen Hersteller und Lieferant. Letzterer liefert nach den meist durch Daten übermittelten Vorgaben der Produzenten unter Abgabe einer Qualitätsgarantie. Wieso ist der Ruf nach Qualität immer deutlicher vernehmbar? Eine Antwort gibt die veränderte und sich verändernde Gesellschaft in fast allen Ländern der Erde. • In den Industrienationen ist der Kunde König geworden. Er lässt sich nicht mehr mit minderwertiger Ware abspeisen. Unternehmen, die das versuchen, haben einen schweren Stand. • Die Konkurrenz greift überall ein. Die Welt ist dank der Informationskanäle und dank der schnellen Raumüberbrückung enger geworden. Fast überall kann fast alles hergestellt und von überall kann fast alles nach überall geliefert werden. Statt deutsche oder europäische Artikel werden z.B. asiatische gekauft, und die sind meist noch billiger zu haben. • Kosten- und Rationalisierungsdruck erfassen jedes Unternehmen. Die Qualitätssicherung kann Kostenpotenziale vernichten, wenn es ihr gelingt, Fehler von vornherein zu vermeiden. • Die Verkürzung der Forschungs- und Entwicklungszeiten lässt nur noch wenig Platz für groß angelegte Rückrufaktionen. • Die Auflagen der Parlamente an die Umwelt fordern immer nach neuen Verbesserungen. Eine Qualitätsgarantie muss • systematisch • lückenlos • präventiv • teamorientiert ausgerichtet sein, wenn sie Erfolg haben will.
Kapitel 7
Marketing von Tim Döring
1.
Grundlagen des Marketing
493
1. Grundlagen des Marketing
Abb. 1:
1.1
Wie Marketing funktioniert
Definition
Obwohl das Marketing in deutschen Unternehmen eine noch recht junge Einrichtung darstellt, gibt es bereits so viele Definitionen dafür, dass die gesamte Auflistung Seiten füllen würde. Deswegen nur eine kurze Auswahl. Unter Marketing versteht man alle Tätigkeiten, die darauf abzielen, Bedürfnisse und Wünsche zu wecken. Marketing bedeutet, alles das zu tun, um Produkte/Dienstleistungen auf dem Markt anzubieten, die der Verbraucher attraktiv findet. Marketing ist vor allem eins: eine Denkweise. Das verdeutlicht die Aussage „Marketing ist die Führung vom Markt her“. Das heißt, dass der Anbieter alles tun muss – vorausgesetzt er will erfolgreich sein –, damit sich der potenzielle Käufer gerade für seine Leistung entscheidet. Welcher Wege, Mittel und Instrumentarien sich der Anbieter bedienen kann, ist Inhalt dieses Kapitels.
Beispiel: Das Marketing der DMW AG Die Deutsche Motoren Werke (DMW) AG ist ein mittelständisches, deutsches Unternehmen, das aufgrund seiner frühen, konsequenten Marketingorientierung gut im Konzert der großen und finanzkräftigen Automobilhersteller mitspielt. Gerade die Bereitschaft, neue, unkonventionelle Wege zu gehen, sich eng und flexibel am Markt zu orientieren und die Kundenwünsche schnell aufzuspüren, sowie die hohen Ausgaben für Forschung und Entwicklung sind als wesentliche Gründe für den Erfolg in einer schwierigen Wettbewerbssituation zu nennen. Mitte der siebziger Jahre starteten die Deutschen Motoren Werke (DMW) in ihrem Stammhaus in Hannover. Der damalige Besitzer, ein erfahrener Ingenieur, der zuvor für einen großen Konkurrenten gearbeitet hatte, machte sich selbstständig und baute mit einem Team von anfangs zwanzig Mitarbeitern ein eigenes Modell. Die Fertigungsmethoden waren primitiv, die Kapitaldecke dünn. Aber der Enthusiasmus des qualifizierten Personals und die hohe Nachfrage ließen das Unternehmen schnell wachsen.
494
1.2
Marketing
Die Entstehung des Marketing
Die Wirtschaften der westlichen Industriegesellschaften waren von Mitte des 19. Jahrhunderts bis nach dem zweiten Weltkrieg von einem produktionsorientierten Verkäufermarkt gekennzeichnet. Alles, was produziert wurde, konnte i.d.R. auch abgesetzt werden, teilweise kam es zu Zuteilungen. So fand der Ford Edsel, das erste Auto, das über das Fließband in hohen Stückzahlen gefertigt wurde und daher mit einem attraktiven Preis angeboten werden konnte, einen reißenden Absatz. Dass der Käufer nicht zwischen Farben, Motorisierung und Extras wählen konnte, tat dem Erfolg keinen Abbruch. In dem Maße, wie sich der allgemeine Wohlstand Mitte der fünfziger Jahre mehrte und in Deutschland das so genannte „Wirtschaftswunder“ einleitete, die Industrie ihre Kapazitäten erweiterte, wandelten sich die Märkte von Verkäufermärkten zu Käufermärkten. Bis Ende der sechziger Jahre hieß die Devise daher: nicht nur absetzen, sondern auch mit verfeinerten Vertriebssystemen zum Käufer bringen. Seit den siebziger Jahren ist das Angebot im Allgemeinen höher als die Nachfrage, die Märkte sind gesättigt, der Verbraucher wählt die ihm sympathischste Leistung zwischen mehreren Alternativen aus. Im Sinne einer kundenorientierten, ganzheitlichen Unternehmensstrategie vor dem Hintergrund einer Überflussgesellschaft war das die Geburtsstunde des Marketing. Der Absatz der eigenen Produkte/Dienstleistungen hat damit produktionstechnische und logistische Problemstellungen in den Hintergrund gedrängt und ist zum zentralen Ausgangspunkt wirtschaftlichen Handelns geworden.
Mitte der achtziger Jahre wurden die Deutschen Motorenwerke in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Endlich konnte im großen Rahmen investiert werden, die Arbeitsabläufe wurden verfeinert und produktiver gestaltet, das Vertriebsnetz wurde national ausgebaut, und die ersten größeren Werbemaßnahmen starteten. Heute umfasst das Sortiment drei Modelle, vom Verbraucher liebevoll „Kisten für den Hausgebrauch“ genannt. In dem neu errichteten Werk Halle soll demnächst ein weiteres Modell (Funny – ein Geländewagen) vom Fließband rollen. Außerdem wird an einem kleinen offenen Roadster „herumgebastelt“. Die F&E-Abteilung (Forschung & Entwicklung) widmet sich bereits dem nächsten Projekt: einem Elektroauto, das in wenigen Jahren auf den Markt kommen soll. Das Marketing prüft, ob der Markt „reif“ dafür ist.
Abb. 2:
Die Umsatzentwicklung der DMW AG
1.
1.3
Grundlagen des Marketing
495
Heutige Rolle und Aufgaben
Eigentlich spielt Marketing eine opportunistische Rolle, indem es dem Kunden das gibt, was er zu seiner Bedürfnisbefriedigung haben möchte. Aber ist das Marktgeschehen so transparent, dass man vom gläsernen Verbraucher sprechen kann? Wohl kaum! Deshalb hat das Marketing vor allem folgende Aufgaben: •
die Suche, das Finden oder Erfinden von Problemen, deren Bewusstmachung und das Anbieten von Lösungen
•
das Bemühen um Schaffung von Präferenzen und Erringung von Wettbewerbsvorteilen
•
die Planung, Koordination und Kontrolle auf den Markt ausgerichteter Aktivitäten
•
das systematische, marktorientierte Handeln mit Hilfe modernster Techniken zu zielbewusster Marktgestaltung unter Berücksichtigung bestimmter Vorgaben wie Umweltschutz, rechtliche Restriktionen etc.
Kundenwünsche aktiv aufspüren, sie in begehrte Leistungen/Lösungen umsetzen und diese optimal dem Markt anbieten – das ist erfolgreiches Marketing! Wie sich das Marketing bis heute in seiner Rolle in den Unternehmen verändert hat, zeigen die folgenden Bilder: 1. Phase: Marketing als gleichberechtigte Funktion Marketing
Produktion
Finanzierung
Personal
Ihre Ausführungen kann ich nur bestätigen, nach meinen Erfahrungen sind die Deutschen so wenig kundenorientiert wie das sonst nirgendwo auf der Welt der Fall ist. Letztes Frühjahr wollte ich ein recht teures Cabrio für meine Frau kaufen, rechtzeitig zur Sommersaison. Es sollte eine Geburtstagsüberraschung werden. Ich hatte eine ganz bestimmte Marke und ein bestimmtes Fabrikat im Auge. Dazu muss ich in aller Bescheidenheit sagen, dass ich mehrfacher Millionär bin. Ich kann es mir also glücklicherweise leisten, ein Auto spontan, ohne lange Kreditgenehmigungen, zu erwerben. Voranschicken möchte ich auch, dass ich gerne nach getaner Arbeit im Gammellook herumlaufe, weil ich es einfach bequemer finde. Ich also los zu dem nächsten Autohändler der betreffenden Marke. Mit dem Sporty meines Sohnes, übrigens eine Klasse-Kiste, solide verarbeitet und sicher. In Sweat-Shirt und Jeans fuhr ich nun auf den Hof des Autohändlers. Ich ging in den Verkaufsraum und sagte „Guten Tag“. Der Verkäufer an seinem Schreibtisch blickte nur kurz auf, musterte mich mit mürrischem Gesicht, murmelte etwas Unverständliches und widmete sich wieder seinen Papieren. Nachdem ich so zwei Minuten vor seinem Schreibtisch wartete, sagte ich dann bewusst kleinlaut, dass ich mich für ein Auto interessiere und ich gerne mal eine Probefahrt machen wolle. Er guckte mich nur ungläubig an und fragte daraufhin: „Haben Sie denn Ihren Pass und Führerschein mit?“ Nachdem ich verneinte, sagte er leicht erheitert: „Dann tut es mir schrecklich Leid; Probefahrten gestatten wir nur gegen Vorlage von Pass und Führerschein. Kommen Sie doch einfach morgen noch Mal vorbei.“ „Vielen Dank für die Information“, sagte ich grinsend und verließ das ehrenwerte Autohaus. Ich war mir sicher, dass ich hier nie einen Wagen kaufen würde. Abb. 3:
Kundenorientierung – Leserbrief
496
Marketing
2. Phase: Marketing wird wichtiger Marketing
Produktion
Finanzierung
Personal
Die Gründe für die dargestellte Rollenänderung des Marketing lassen sich anhand von einigen Erscheinungen ableiten: • gesättigte Märkte
3. Phase: Zentrale Rolle des Marketing Produktion
Zusätzliche Informationen zur Marketingrolle
Personal
• veränderte Kaufgewohnheiten • kleinere Märkte durch spezielle Kundenwünsche
Marketing
• langsameres Wirtschaftswachstum, Stagnation oder Rückgang
Finanzierung
• durch Zusammenwachsen der internationalen Märkte stärkere Konkurrenz aus dem Ausland
4. Phase: Der Verbraucher tritt in den Vordergrund Marketing
Produktion Verbraucher
Finanzierung
• vermehrte Anstrengungen der Mitbewerber • rückläufiger Absatz und Umsatz • steigende Kosten
Aufgaben Personal
1.
5. Phase: Marketing gibt die Kundenwünsche weiter
Nennen Sie Ihre Vermutungen! 2.
Verbraucher Marketing Produktion
Personal Finanzierung
Warum hat die DMW AG ihren Umsatz so steigern können? In der Automobilbranche haben sich seit den siebziger Jahren der vorigen Jahrhunderts starke Konzentrationsprozesse abgespielt. Warum sind die kleineren Mitbewerber aufgekauft worden, oder warum sind sie vom Markt verschwunden?
2. Marketingplanung Ein Unternehmen sichert sich sein Fortbestehen und schafft Arbeitsplätze, indem es Absätze, Umsätze und daraus resultierend Gewinne erwirtschaftet. Besonders erfolgreich agieren die Firmen, die einen Unternehmenszweck (Mission, Philosophie) erfüllen, der von motivierten Mitarbeitern voll mitgetragen und verwirklicht wird. Auf dieser Grundlage kann die Marketingplanung in Angriff genommen werden. Die Beantwortung der folgenden drei Fragen führt durch dieses Procedere:
Beispiel: Die Marketingplanung der DMW AG Hier ein aktueller Auszug aus dem neuesten Marketingplan der DMW AG, der alle 12 Monate für die kurzfristigen Belange erscheint und alle fünf Jahre für die mittel- und langfristigen Ziele, Strategien und Aktivitäten erstellt wird:
496
Marketing
2. Phase: Marketing wird wichtiger Marketing
Produktion
Finanzierung
Personal
Die Gründe für die dargestellte Rollenänderung des Marketing lassen sich anhand von einigen Erscheinungen ableiten: • gesättigte Märkte
3. Phase: Zentrale Rolle des Marketing Produktion
Zusätzliche Informationen zur Marketingrolle
Personal
• veränderte Kaufgewohnheiten • kleinere Märkte durch spezielle Kundenwünsche
Marketing
• langsameres Wirtschaftswachstum, Stagnation oder Rückgang
Finanzierung
• durch Zusammenwachsen der internationalen Märkte stärkere Konkurrenz aus dem Ausland
4. Phase: Der Verbraucher tritt in den Vordergrund Marketing
Produktion Verbraucher
Finanzierung
• vermehrte Anstrengungen der Mitbewerber • rückläufiger Absatz und Umsatz • steigende Kosten
Aufgaben Personal
1.
5. Phase: Marketing gibt die Kundenwünsche weiter
Nennen Sie Ihre Vermutungen! 2.
Verbraucher Marketing Produktion
Personal Finanzierung
Warum hat die DMW AG ihren Umsatz so steigern können? In der Automobilbranche haben sich seit den siebziger Jahren der vorigen Jahrhunderts starke Konzentrationsprozesse abgespielt. Warum sind die kleineren Mitbewerber aufgekauft worden, oder warum sind sie vom Markt verschwunden?
2. Marketingplanung Ein Unternehmen sichert sich sein Fortbestehen und schafft Arbeitsplätze, indem es Absätze, Umsätze und daraus resultierend Gewinne erwirtschaftet. Besonders erfolgreich agieren die Firmen, die einen Unternehmenszweck (Mission, Philosophie) erfüllen, der von motivierten Mitarbeitern voll mitgetragen und verwirklicht wird. Auf dieser Grundlage kann die Marketingplanung in Angriff genommen werden. Die Beantwortung der folgenden drei Fragen führt durch dieses Procedere:
Beispiel: Die Marketingplanung der DMW AG Hier ein aktueller Auszug aus dem neuesten Marketingplan der DMW AG, der alle 12 Monate für die kurzfristigen Belange erscheint und alle fünf Jahre für die mittel- und langfristigen Ziele, Strategien und Aktivitäten erstellt wird:
2.
Marketingplanung
497
Abb. 4: Die Marketingplanung 1.
Wo stehen wir?
2.
Wo wollen wir hin?
3.
Wie kommen wir dort hin?
4.
Mit welchen Mitteln erreichen wir das?
2.1
Analyse Ziel Strategie Maßnahmen
Die Analyse
Die Lageanalyse ist eine zeitpunktbezogene Betrachtung, bei der alle relevanten Informationen im Hinblick auf den Markt, die Verwender, die Mitbewerber, das Produkt/die Leistungen, die Absatzkanäle, die Umwelt und eigene Ressourcen (Arbeitskräfte, Kapital, Rohstoffe) untersucht werden. Darüber hinaus ist die Interpretation des eigenen Leistungsumfanges nach Vor- und Nachteilen sowie nach Chancen und Risiken von Bedeutung (SWOT-Analyse). Komplettiert wird dieser Abschnitt durch die Prognosen. Damit wird das Risiko zukünftiger Entscheidungen eingegrenzt, aber nicht ausgeschlossen, denn jeder Prognose haften Ungereimtheiten an, z.B. wenn Konsumenten aus irgend welchen Gründen (Veröffentlichungen über Gesundheit und Gesundheitsschäden) plötzlich ein Produkt ablehnen. Das gilt ganz besonders für Lebensmittel, bei denen verdorbenes, aber weiterverarbeitetes Fleisch verkauft wurde (Ekelfleisch).
1.
Der Markt
Das Marktvolumen steigt jährlich um ca. 5%, der Trend geht in Richtung Sicherheit, Wirtschaftlichkeit, Umwelt und Qualität. Die Käuferwünsche werden immer differenzierter (Stadtautos, Jeeps, Luxuslimousinen, Cabrios …) 2.
Die Produkte
Die eigenen Leistungen können sich im Umfeld behaupten. Als Gründe sind die bisherige Nischenpolitik, die Recyclingfähigkeit, der niedrige Anschaffungspreis bei guter, innovativer Qualität (Kurvamatik-System, laufruhig), das Sicherheitspaket und das zielgruppengerechte, lebendige und frische Design zu nennen. 3.
Die Verwender
Aufgrund schmalerer Einkommen und der nachlassenden Faszination bisher etablierter Automarken gewinnt das funktionale Auto an Bedeutung. Andererseits kristallisiert sich immer stärker das Segment derjenigen heraus, bei denen der Fahrspaß im Vordergrund steht. 4.
Absatzmittler
Der Vertrieb ist in Gewinnzentren organisiert. Jedes Produkt bildet eine eigene Sparte mit eigener Umsatzverantwortung. Auch die Werbung wird so abgewickelt, was einerseits zu höheren Kosten führt, andererseits eine höhere Effizienz durch die Eigenkonkurrenz mit sich bringt.
498
2.2
Marketing
Die Marketingziele
Marketingziele sind Unterziele der Unternehmensziele. Unternehmensziele gelten als oberste Ziele. Diese können z.B. Wachstum, Rentabilität, Umweltschutz oder Gewinne betreffen. Alle weiteren Unterziele, die sich aus der Beschaffung, dem Vertrieb, dem Marketing, der Produktion, dem Personal und der Finanzierung ergeben, haben sich daran zu orientieren und sind davon abzuleiten. Marketingziele wiederum sind richtungsweisend für die einzelnen Ziele in diesem Sektor (etwa Produktgruppen und Marken, Märkte, Abnehmergruppen, Preise, Kommunikation, Distribution). Egal, um welches Ziel es sich handelt, drei Komponenten sollten dabei stets erfüllt bzw. genannt sein: •
Zeitdimension (in welchem Zeitraum/zu welchem Zeitpunkt sollen die Ziele erreicht werden?)
•
Inhalte wie Marktanteile, Absatz, Umsatz, Gewinn, Marktsegmente, Image, Risikoabsicherung
•
Quantität, d.h. eindeutige Angaben durch Werte, Mengen, Prozente oder Anteile.
2.3
Strategien
Nachdem feststeht, was erreicht werden soll, geht es nun darum, mit einer geeigneten Marketingstrategie den richtigen Weg dafür zu ebnen. Im ersten Schritt werden zunächst alternative Einzelstrategien entwickelt, um dann die optimale Gesamtstrategie zu verwirklichen. Im Einzelnen ist zu klären: •
Was soll angeboten werden? (ProduktMix)
•
Zu welchen Preisen und Konditionen soll es angeboten werden? (KontrahierungsMix)
5.
Mitbewerber
Der Wettbewerb wird alleine dadurch härter, dass sich Hersteller von Luxusautos, sei es durch eigene Entwicklungen oder Zukäufe, immer stärker in Segmenten etablieren, die die DMW AG bislang nahezu alleine bedient hat. Gleichzeitig werden aggressive Werbe-, Service- und Konditionenmaßnahmen in einem Markt durchgeführt, der vom Verdrängungswettbewerb gekennzeichnet ist. Die Umweltprognose der DMW AG für die nächsten fünf Jahre lautet: 1.
Kraftstoff wird durchschnittlich pro Jahr 10% teurer, das bedeutet einen noch stärkeren Trend zum benzinsparenden Auto bei weiterer Entwicklung alternativer Energien.
2.
Die Bevölkerung in den Städten nimmt zu, sodass die Straßen noch stärker frequentiert werden, d.h., kleine, sichere Autos werden weiter an Bedeutung gewinnen.
3.
Der Gesetzgeber schreibt vor, Autos innerhalb der nächsten 5 Jahre voll recyclingfähig zu gestalten. Selbstständige Verwertbetriebe werden eng mit den Automobilherstellern zusammenarbeiten, dementsprechend sind die Materialien und Stoffe auszuwählen.
Die Marketingziele für die nächsten fünf Jahre bei der DMW AG lauten: •
Marktanteile der neuen Modelle bei 5% im Segment der Geländewagen/ Funcars/ Roadster bei gleichzeitigem Halten der übrigen Marktanteile
•
Sympathiesteigerung der ganzen Gruppe von 60 auf 65%
•
Ausbau des Images als umweltfreundlichster Automobilhersteller in Deutschland
2.
Marketingplanung
•
Welche Absatzwege sollen dafür genutzt werden? (Distributions-Mix)
•
Wie soll der potenzielle Käufer über die Ware informiert werden? (Kommunikations-Mix)
Die besten Einzelstrategien werden zu einer Kombination, dem Marketing-Mix, zusammengeführt. Dieser Mix muss in sich stimmig und harmonisch sein. So wäre es beispielsweise nicht absatzfördernd, ein qualitativ schwaches Produkt mit einem extrem hohen Preis anzubieten.
2.4
Die Maßnahmen
Bei der Durchführung handelt es sich um eine operative Tätigkeit, es ist quasi die Umsetzung der Strategie. Maßnahmen müssen geplant sein! So ist vorab zu klären, •
um welche Einsatzzeiträume es sich, mit Start und Endpunkt, handelt
•
wo die Maßnahme zum Tragen kommt
•
welche Kosten entstehen (der entsprechende Etat ist vorher zu verabschieden).
2.5
Die Kontrolle
Während und nach der Durchführung der Maßnahmen ist eine permanente Kontrolle notwendig. Nur so können Aktionen, die am Ziel vorbeilaufen, korrigiert werden und in die richtigen Bahnen gelenkt werden.
499
•
Einführung des Elektroautos als erster etablierter Anbieter und Marktführerschaft vor den Spezialherstellern
•
internationaler Absatz: 60000 Einheiten = +10 %.
Nach der Zielfestlegung entwickelt die Strategiekommission, bestehend aus leitenden Angestellten des Marketing und des Vertriebs, alternative Strategien, um schließlich die wohl beste Alternative auszuwählen. Auch hier ein Auszug aus dem Ergebnispapier: „Vorwiegend soll der Stamm-Markt Deutschland bearbeitet werden. Im deutschsprachigen Raum Österreich und Schweiz werden Händlernetze aufgebaut, in Osteuropa (Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn) werden wir mit einem Mitbewerber kooperieren, indem vorhandene Vertriebswege gemeinschaftlich genutzt werden. Die DMW-Produkte sprechen verschiedene Käufergruppen an: Der Einsteiger, der ein sparsames Auto mit einem günstigen Anschaffungspreis wünscht, wählt den „Single“. Die Hausfrau, die einen Zweitwagen für Einkäufe nutzt, bedient sich des „Shoppers“. Der „Sporty“ ist für die Fahrer mit geringeren Ansprüchen konzipiert, für die der Spaß am Fahren in einem Cabrio vorrangig ist. Eine gewisse Eigenkonkurrenz erfährt dieses Modell durch das neue Geländeauto/Funcar, das in Halle gebaut werden wird. Trotzdem ist es unerlässlich, auch in diesem Segment Flagge zu zeigen. Komplettiert wird das Leistungsangebot durch das Elektroauto, das sich in Zukunft an die besonders umweltorientierten Verbraucher wendet.
Abb. 5:
2.6
Das Ergebnispapier der Strategiekommission der DMW AG
Die Bewertung
Abschließend ist die Bewertung der Aktivität obligatorisch. Das hat den Vorteil, die Resultate unter der Maßgabe von Zielen und Strategien beurteilen zu können. Auf diese Weise gewinnt das Unternehmen darüber Sicherheit, ob die Aktion erfolgreich war und wie sie ggfs. zu einem späteren Zeitpunkt verbessert wieder eingesetzt werden kann.
Aufgabe 3.
a)
Warum dürfte es schwierig sein, diese Marketingziele auch umzusetzen?
b) Welche absatzwirtschaftlichen Schwierigkeiten könnte die Einführung eines Geländewagens mit sich bringen?
500
Abb. 6:
Marketing
Das System der Marketingziele
Die vollständige Marketingplanung von der Analyse über die Zielfestlegung, die Auswahl der geeigneten Strategie, die Durchführung und Kontrolle bis zur Bewertung ist unerlässlich für ein erfolgreiches Agieren am Markt!
Aufgaben 4.
Wie im ersten Kapitel dargestellt, gilt als oberstes Ziel in der Regel, maximalen Gewinn zu erzielen, also eine hohe Rentabilität zu erwirtschaften. Mit diesem Ziel muss das Marketing seine eigenen Ziele formulieren, ohne die hohe Rentabilität in Frage zu stellen. Es wird analysiert, wie sie auf die Objektbereiche abgestellt werden können. Erst danach lassen sich die Instrumente festlegen, die genau den Zielen entsprechen, die im Objektsektor genannt sind.
Ein Oberziel der DMW AG in ihrem 5Jahresplan lautet: „Verwirklichung und Ausbau aller möglichen Umweltschutzmaßnahmen und Umsetzung aller Empfehlungen vom Staat, auch wenn sie nicht gesetzlich verankert sind“. Ein Marketingziel lautet: „Umsatzwachstum auf allen Märkten, bei allen Abnehmergruppen und mit allen Produkten um jeweils 10 %“. Widersprechen sich diese Ziele nicht?
5.
a)
Gleich, um welche Ziele es sich handelt, wie sollten sie immer formuliert sein?
b) Prüfen Sie kritisch, wie Sie das hier genannte Ziel unter den von Ihnen gefundenen Feststellungen beurteilen: Das Produkt soll möglichst alle erreichen.
3.
Die Neuproduktentwicklung
501
3. Die Neuproduktentwicklung 3.1
Gründe für neue oder verbesserte Produkte
Kein Unternehmen kann darauf verzichten, sich den ständig wechselnden Marktverhältnissen anzupassen und offensiv verbesserte Lösungen anzubieten. Die Gründe, warum neue Produkte/Dienstleistungen vom Markt gefordert werden, sind zahlreich: •
technischer Fortschritt
•
Geschmacks- und Modeänderungen
•
gesättigte Märkte durch veraltete Angebote
•
höhere Mobilität lässt die Welt zusammenwachsen; dadurch werden ausländische Leistungen/Konzepte im Inland angeboten und nachgefragt
•
Werbung weckt neue Wünsche
•
sinkende Handelsbarrieren erleichtern den Warenfluss.
Grundsätzlich bestehen zwei Möglichkeiten, neue Produkte in das Sortiment aufzunehmen: •
Akquisition; hierbei werden ganze Unternehmen oder einzelne Produkte, Patente oder Lizenzen gekauft. Vorteil ist der Wegfall hoher Forschungs- und Entwicklungskosten. Außerdem muss bei einem schon bekannten Produkt weniger Geld für Werbemaßnahmen ausgegeben werden.
•
In Eigenregie entwickelte Produkte stellen Innovationen dar. Sie entstehen oft in eigenen Labors. Vielfach werden Dritte (z. B. Forschungszentren) mit der Entwicklung beauftragt. Hierbei werden meistens Kosten eingespart, weil sich Forschungszentren nur mit neuen Ideen beschäftigen (Kerngeschäft). Diese sind aber für einen Hersteller nur Randaufgaben.
Beispiel: Die Neuproduktentwicklung bei der DMW AG Aufgrund sich permanent ändernder Marktverhältnisse auf dem deutschen Automobilmarkt ist auch die DMW AG gezwungen, durch moderne und konkurrenzfähige Angebote zu überzeugen. Der technische Fortschritt, gerade im Bereich der Sicherheitstechnik (ABS, Airbags auch in Kleinwagen serienmäßig, Gurtstraffer und Seitenaufprallschutz), geht rapide voran. Zwischen 1990 und 1994 war nach den Entwicklungen vor 30 (Knautschzone) und 20 Jahren (Sicherheitsgurte) ein Meilenstein in der Entwicklung. Wirtschaftlichkeit als Produktvorteil wird gerade in rezessiven Perioden zu einem wichtigen Verkaufsargument. Gleichzeitig wird die Angebotsvielfalt immer breiter. Mittlerweile bietet fast jeder Anbieter die ganze Palette an Autos an: Kleinwagen, Mittelklasse, Oberklasse, Limousinen, Cabrios, Jeeps, Lieferwagen, Kombis und neue Mischformen. Die Wünsche der Verbraucher werden immer spezieller. Vor allem asiatische Hersteller waren in der Vergangenheit den Kundenwünschen näher auf der Spur und boten kreative Lösungen zu marktgerechten Preisen an. Das bedeutet, dass diese Mitbewerber von außen in den lukrativen, deutschen Markt drangen und so für eine Verschärfung des Verdrängungswettbewerbs sorgten.
502
3.2
Marketing
Risiken und Probleme bei der Neuproduktentwicklung
In vielen Bereichen haben sich Verkäufermärkte in Käufermärkte gewandelt. Daraus ergeben sich für den Hersteller bei der Neuproduktentwicklung mehrere Hürden: •
gesättigte Märkte, d. h. hoher Anteil von Ersatzkäufen
•
Marktabsatzchancen werden kleiner aufgrund spezieller Kundenwünsche
•
rechtliche Restriktionen des Gesetzgebers erschweren freie Entfaltungsmöglichkeiten
•
hohe Entwicklungskosten bedeuten ein hohes unternehmerisches Risiko.
Allerdings ist die Industrie in diesem harten Wettbewerbsumfeld gezwungen, sich einen Vorsprung vor der Konkurrenz zu erarbeiten. Folge sind immer kürzer werdende Produktlebenszyklen (siehe Abschnitt 7), nicht selten mit zweifelhaftem Produktvorteil und Pseudonutzen. Ebenso schnell verschwinden diese Marken und Produkte wieder. Nur was der Verbraucher tatsächlich wünscht, kann sich im Markt zu etablieren.
3.3
Der Ablauf einer Neuproduktentwicklung
Die Neuproduktentwicklung läuft in verschiedenen Schritten ab:
3.3.1 Die Ideensammlung Ideen können entweder intern (aus den Abteilungen F&E, Patente, Verpackung, Vertrieb, Produktion, betriebliches Vorschlagswesen) oder extern (Konsumenten, Handel, Mitbewerber, Werbeagenturen, Erfinder, Fachzeitschriften, Forschungsinstitute) gesammelt werden.
Die DMW AG reagierte darauf: Ein neues Modell, ein bequemes, allradangetriebenes Geländeauto und Freizeitmobil mit der Leistung eines Kompaktautos, „Funny“ genannt, befindet sich in der Marktvorbereitungsphase und soll in einem halben Jahr serienmäßig vom Band des neuen Werkes in Halle rollen. Auch wird, wie schon erwähnt, am Roadster „Joy“ herumexperimentiert. Für das geplante Elektroauto ist die Konzeptphase abgeschlossen. Die Entwicklung ist von der F&EAbteilung (vergl. S. 549) zum Ende geführt worden, jetzt startet die Testphase eines Prototypen. Während die Entwickler glauben, mit dem „Funny“ eine Marknische entdeckt zu haben, stellt das Elektroauto nach dem heutigen Stand der Dinge eine noch nie da gewesene Marktneuheit aufgrund eines speziellen, Kosten sparenden und extrem kurzen Aufladeverfahrens dar (weitere Informationen sind nicht möglich – Betriebsgeheimnis!).
Abb. 7:
Schritte bei der Neuproduktentwicklung
In mehreren Gremien und Arbeitsgruppen, bei denen interne Abteilungen und externe Berater sowie die Strategiekommission der DMW AG vertreten waren, wurden neben der Idee des Geländeautos mehrere andere Ideen „geboren“. Fünf bis zwölf Teilnehmer ließen ihren Assoziationen freien Lauf. Bei diesem so genannten „Brainstorming“ wurden, um eine genügende Ausbeute zu erlangen, folgende Spielregeln aufgestellt:
3.
Die Neuproduktentwicklung
503
Die Ideen können entweder intuitiv oder systematisch (durch bestimmte Techniken wie Brainstorming, Brainwriting, SciencefictionSzenarien, Basic Synactics) gefunden werden.
•
der Fantasie keine Grenzen setzen, sei sie noch so absurd
•
keine Kritik an den Ideen, da sich das hemmend auswirken könnte
3.3.2 Die Ideenauswahl
•
Quantität vor Qualität, um ein breites Spektrum zu erzielen
Bei der Vielfalt der Ideen gibt es bessere und schlechtere, einfache, nützliche und technisch schwer realisierbare. Aber wie die erfolgversprechendsten herausfiltern?
•
die Kombination von Ideen ist erwünscht, d.h., Vorschläge können zur Schaffung neuer Ideen weiterentwickelt und verknüpft werden.
Mit Hilfe eines Bewertungsschemas werden die besten Ideen systematisch herausgezogen. So werden von 100 Produktideen ca. 98 eliminiert, zwei werden i.d.R. weiterverfolgt. Diese hohe Ausschussquote ist schon dadurch begründet, dass alle weiteren Schritte einen hohen Investitionsbedarf erfordern und Personal aus nahezu allen Abteilungen früher oder später binden.
Danach wurde jede einzelne Idee wie in der unten aufgeführten Aufstellung bewertet und die besten Lösungen herausgestellt. Mit dieser Methode erlangte das Ideenteam zwar keine Sicherheit, dass der Geländewagen tatsächlich die beste Idee ist, aber durch die Systematik wurde das Risiko einer Fehlentscheidung bereits zu diesem Zeitpunkt eingeschränkt.
3.3.3 Das Konzept Für zwei Ideen werden Konzepte geschrieben. Sie beinhalten die Produktideen und beleuchten intensiv
Kriterien
Gewichtung
Geländeauto
Roadster
Pickup
1,5 x
5 = 75
3 = 4,5
3 = 4,5
•
den Verwendungszweck, den Vorteil und Nutzen für den Verbraucher
passt gut ins Sortiment
•
die angestrebte Zielgruppe
Marktvolumen
2x
4=8
1=2
2=4
•
die Qualität, Größe, Gestaltung und Form, die Ausführung sowie die technischen Eigenschaften des Produktes.
Alleinstellung im Markt
1x
3=3
5=5
5=5
technisch realisierbar
1x
5=54= 4
1=1
hohe Gewinne
Weiterhin sind feste Bestandteile fundierte Angaben zum •
Gesamtmarkt und Teilsegmenten -
die Mitbewerber, ihre Sortimente und Aktivitäten das zu erwartende Absatz- und Umsatzpotenzial, Kosten, Gewinne und Deckungsbeiträge mit einer Vollund Teilkostenrechnung nach kurz-, mittel- und langfristigen Aspekten unter Einbeziehung der Höhe der Investitionen und der Kapitalrückflusszeit (wann wird der Break-evenpoint erreicht?).
1,5 x
4=6
1 = 1,5
2=3
Distributionskanäle vorhanden
1x
5=5
4=4
1=1
von Konkurrenz schlecht nachvollziehbar
0,5 x
1 = 0,5
1 = 0,5
2=1
Kapazität/Anlagen vorhanden
0,5 x
4=2
3 = 1,5
1 = 0,5
Material beschaffbar
0,5 x
4=2
4=2
3 = 1,5
Vorfinanzierung
0,5 x
4=2
4=2
3 = 1,5
41
27
26
5 = sehr gut 4 = gut
3 = ausreichend 2 = mangelhaft
1=schlecht
Abb. 8: Bewertungsmatrix der DMW AG
504
Marketing
Nachdem das Konzept auf Herz und Nieren geprüft ist, z.B. durch Gruppendiskussionen mit Verbrauchern, Befragungen oder erhärteten sekundärstatistischen Materialien über Verbrauchergewohnheiten, Einstellungen und Wünsche der potenziellen Verwender, und nachdem das Konzept durch die jeweiligen Entscheider bewilligt ist, beginnt die Produktentwicklungsphase.
Schließlich wurde das Konzeptpapier verfasst. Letztendlich kam die DMW AG zu dem Ergebnis, diese Produktentwicklung weiter voranzutreiben, denn: •
Ein wirtschaftlich gesunder Rahmen wurde vorgestellt, der bei dem prognostizierten Absatzvolumen in den ersten fünf Jahren hohe Zuwächse und Gewinne bei einer moderaten Kostenstruktur versprach.
3.3.4 Die Produktentwicklungsphase
•
Eine optimistisch erwartete Nachfrage wurde durch die allgemeinen konjunkturellen Bedingungen des Marktes begründet und konnte von dem Vorstand in seiner Funktion als Genehmigungsgremium nachvollzogen werden.
•
Der wirtschaftliche Erfolg wurde vor allem durch das attraktive Produktkonzept für gerechtfertigt erklärt: Systemanstatt Komponentenzulieferer und der von ihnen übernommene Einbau der Teile, z.B. der gesamten Elektrizität, garantieren höchste Qualität bei wachsender Flexibilität und gleichzeitiger Reduzierung des Fixkostenblocks. Neben den typischen, beim Verbraucher durchgesetzten Vorteilen der DMW AG ließen besonders zwei Schaubilder erkennen, dass mit dem „Funny“ eine Marktlücke entdeckt wurde, die ausgefüllt werden sollte: das preiswerte Geländeauto, speziell für junge Leute, das Fahrspaß und kompakte Leistung für unter 15 000 EUR bietet.
Von dem Produkt, dem in der Konzeptphase eine reelle Marktchance zugetraut wird, wird ein Prototyp gebaut. Generell sollten folgende Voraussetzungen beachtet werden: •
ansprechbar, merkbar und attraktiv
•
differenziert zu Mitbewerbermarken
•
(international) schutzfähig
•
zum Kauf anregend
•
suggeriert gewünschte Produkteigenschaften und lässt Vorteile erkennen.
3.3.5 Die Testphase Stellt sich heraus, dass das entwickelte Produkt bis zu diesem Entwicklungsschritt als marktreif anzusehen ist, folgt mit der Testphase die nächste Bewährungsprobe. Das neue Produkt wird jetzt in eigenen Laboratorien getestet und einem ausgewählten Kreis von Verbrauchern vorgeführt, um Sicherheit zu erlangen, dass sich das Testobjekt im später tatsächlichen Markt auch bewähren kann. So zeigen Produkttests die positiven und negativen mechanischen Eigenschaften, die Zuverlässigkeit, die Gebrauchsgüte und die „Kinderkrankheiten“. Dass größte Sorgsamkeit auf die Auswahl der Verbraucher gelegt werden muss, versteht sich von selbst.
Somit würde ein Vorsprung vor der Konkurrenz herausgearbeitet werden, die zeitweise Alleinstellung bis zum ersten Nachahmer wäre gesichert.
Aufgabe 6.
Machen Sie sich darüber Gedanken, warum die Gewichtungsfaktoren so unterschiedlich sind! Beispiel: Vorfinanzierung 0,5 und Marktvolumen 2. Können Sie hierfür und für weitere Merkmale Erklärungen abgeben?
3.
Die Neuproduktentwicklung
505
Markttests geben Aufschluss über die Akzeptanz in Bezug auf Qualität, Preis, Namen, Design und Verpackung, je nachdem, welche Kriterien beim Verbraucher abgefragt werden. Bei Bedarf werden verschiedene Alternativen getestet, der Sieger macht das Rennen.
3.3.6 Die Marktvorbereitungsphase Nachdem auch die vorangegangene Phase erfolgreich abgeschlossen wurde, ist die Entscheidung zur Einführung gefallen. Nun ist der Zeitpunkt gekommen, um weitere Aktionen einzuleiten. Das Marketing als marktvorbereitende Abteilung stellt dem Verkauf als marktausführendem Organ alle notwendigen Mittel und Materialien zur Verfügung, um die bevorstehende Einführung zu einem Erfolg zu machen. So müssen die Absatzmittler überzeugt werden, das neue Produkt in ihr Sortiment aufzunehmen, die Verbraucher werden durch eine einführende Werbekampagne informiert.
Abb. 9:
Positionierungen Geländewagen
Abb. 10:
Marktsegmente/Leistungen
3.3.7 Die Einführungsphase Das neue Produkt kommt auf den Markt. Gerade in der Anfangsphase ist eine ständige und sensible Kontrolle ratsam. Nur so können etwa realitätsferne Preise, marktfremde Rabatte, nicht wirksame Handels- und Verbraucheransprachen und eine falsche Mengenplanung erkannt und korrigiert werden. Das ist einfacher gesagt als getan, denn oft genug gehen Werbe-Kampagnen an den möglichen Käufern vorbei. Man braucht nur einen Blick in die gegenwärtigen Zeitschriften zu werfen, um zu sehen, wie sich Hersteller darum bemühen, neue Produkte auf den Märkten zu etablieren. Da ist zum Beispiel die Schokolade Sensations von Cote d'Or, die seit Monaten in fast allen Illustrierten (2006) werben. Das Neue daran ist, dass Schokolade verkauft werden soll, die 86 % Kakaobestandteile hat, während die Konkurrenz mit 85% aufwartet.
Aufgaben 7.
Bilden Sie Gruppen von 3–5 Personen zum Brainstorming: „Welche Innovationen im Automobilbereich wären denkbar?“. Gehen Sie ganz frei an die Aufgabe heran, und richten Sie sich in jedem Falle nach den oben aufgeführten Vorgaben! Ausgefallene Ideen sind willkommen! Nach 10 Minuten beenden Sie das Brainstorming und stellen den anderen Gruppen Ihre Ideen vor. Vergewissern Sie sich, möglichst „verrückt“ zu denken!
506
Die Neueinführung eines Produktes birgt hohe Risiken in sich und ist kapitalaufwändig. Allerdings ist sie i.d.R. lebensnotwendig, um dem Unternehmen seinen Platz in einer nicht stillstehenden Wirtschaft zu sichern!
Marketing
8.
Stellen Sie sich vor, Sie wollen sich ein Auto zulegen. Wählen Sie für sich wichtige Kriterien aus, und bewerten Sie sie nach Ihrem eigenen Geschmack. Wählen Sie dabei nur Modelle/Marken, die für Sie grundsätzlich in Frage kommen. Bewerten Sie die einzelnen Fabrikate anhand Ihres eigenen Punktesystems, und multiplizieren sie mit Ihren Gewichtungsfaktoren. Jetzt addieren Sie die einzelnen Punkte der jeweiligen Modelle. Zu welchem Ergebnis kommen Sie? Ist Ihr Favorit ein anderer, als Sie ursprünglich glaubten?
9.
Bilden Sie die Gruppen Finanzierung, F&E, Marketing und Produktion, und diskutieren Sie im Hinblick auf die Kriterien Absatz, Kosten, Kundenzufriedenheit und Investitionen, ob der „Funny“ eingeführt werden soll!
Wankelmotor in schönstem Kleid Von Karlheinz Feege NSU begann nach dem Krieg mit der Produktion von Motorrädern. Für technische Novitäten war die damalige Geschäftsführung immer aufgeschlossen, und so war es kein Wunder, dass man mit dem Erfinder des Rotationskolbenmotors, Felix Wankel, Kontakt aufnahm. Im Februar 1957 lief bereits der erste nach dem Wankelsystem gebaute Motor auf dem Prüfstand. Rund sieben Jahre später kam der Wankel-Spider auf den Markt. Im September 1967 wurde auf der IAA in Frankfurt die erste Kreiskolben-Limousine von NSU RO 80 vorgestellt. Sie erregte Aufsehen durch die moderne Technik des Zweischeiben-Wankelmotors und die zeit- und schnörkellose Eleganz der keilförmig gestylten Karosserie. Es war ein mutiger Versuch der Technischen Abteilung und des Designers Claus Luthe. Als eine der schönsten Limousinen der Nachkriegszeit wurde der RO 80 zum „Auto des Jahres 1967“ gewählt. Im Oktober 1967 ging er in die Serie. Ganz so glücklich waren die Käufer der Jahrgänge 1967 und 1968 nicht. Sie mussten viel Geduld aufbringen, weil der Motor sich störanfällig zeigte und die Werkstätten teilweise noch unerfahren mit dem Wankelmotor waren. Der letzte Wagen, der vom Band lief, wurde dem Deutschen Museum in München zur Verfügung gestellt. Er ist ein Edelstein in der AutomobilEntwicklung. Heute soll es noch etwa 1 600 davon geben. Der RO 80 hatte vorn Einzelradaufhängung, Querlenker, Federbeine mit Schraubenfedern und einen Stabilisator. Die Federbeine waren oben und unten drehbar gelagert. Hinten gab es ebenfalls eine Einzelradaufhängung. Alle vier Räder waren mit Scheibenbremsen versehen. Der große Kofferraum hatte eine Durchlademöglichkeit.
Abb. 11:
Aus der jüngeren Geschichte – eine Weltneuheit (Henk (2004): Wankelmotor wieder bei Mazda aktuell Quelle: Hamburger Abendblatt
Als der erste serienreife VW in Bonn vorgestellt wurde, der Biodiesel statt Benzin oder Diesel schluckt, verschlug es den meisten den Atem. Denn der umweltfreundliche Kraftstoff (Rapsölmethylester – RME) „wächst“ auf den Feldern. Jedermann kann mit dem Wagen seine „Ökobilanz“ verbessern. „Die Kombination von Biodieseltauglichkeit und innovativer Motortechnik lässt Kraftstoffverbrauch, Lärm- und Abgasemissionen in zweistelligen Raten sinken.“ Und das alles bei einem moderaten Aufpreis. Volkswagen hat zehn Jahre Forschung investiert, um ein bewährtes Modell aus seiner Produktpalette für den Ökoeinsatz fit zu machen. Was herausgekommen ist, kann sich sehen lassen. Auch mit Mixgetränken (Biodiesel und Diesel) ist der Wagen zufrieden. Fehlen nur noch genügend Tankstellen. Eine Frage der Zeit. Abb. 12: Aus der vergangenen Gegenwart – Biodiesel (vergl. S. 539)
4.
Marktforschung
507
4. Marktforschung 4.1
Definition und Aufgaben
Marktforschung ist die systematische Ermittlung von Daten und Fakten zur besseren Kenntnis des Marktes als Treffpunkt von Angebot und Nachfrage. Die Marktforschung hat nicht nur die Aufgabe der Analyse, auch Prognosen zukünftiger Entwicklungen des Marktes und der Mitbewerber sowie die Kontrolle der Marketingmaßnahmen gehören dazu. Die Marktforschung dient letztlich dazu, Sicherheit zu erlangen und damit die Chancen eigener Aktivitäten zu erhöhen sowie die Risiken zu begrenzen. Sie unterstützt die Entscheidungsfindung und ermöglicht ein marktnahes Handeln. Die Marktforschung liefert Informationen über eigene Aktionen, über Märkte und Absatzwege, die Bedürfnisstrukturen der Verwender, die Mitbewerber und die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
4.2
Beispiel: Marktforschung bei der DMW AG Schon früh begriff die DMW AG, dass die Kenntnis über den Markt und das Wissen um die Kundenwünsche wichtige Informationen darstellen, um erfolgreich in der Automobilbranche bestehen zu können. Aus diesem Grunde verfügt die DMW AG über eine Marktforschungsabteilung. Das bietet den Vorteil, dass die Mitarbeiter intensiv mit den jeweiligen Problemen vertraut sind und spezielle Kenntnisse der Branche aufweisen. Bestimmte Erkenntnisse werden nicht nach außen getragen, das Risiko der Indiskretion bleibt minimal. Bei ausgewählten Untersuchungen wird allerdings auf betriebsfremde Marktforschungsunternehmen zurückgegriffen, um der möglichen „Betriebsblindheit“ Vorschub zu leisten, auch Spezialisten für bestimmte Problemstellungen zu Rate zu ziehen und die Untersuchung objektiv zu gestalten.
Arten und Formen
Wir unterscheiden zwischen Primär- und Sekundärforschung, zwischen Marktanalyse und Marktbeobachtung und zwischen ökoskopischer und demoskopischer Marktforschung.
4.2.1 Primär- und Sekundärforschung Primärforschung, auch direkte Marktforschung oder „field research“ genannt, sind die Untersuchungen, die für einen bestimmten Anlass zum ersten Mal durchgeführt werden.
Abb. 13:
Marktforschung bei der DMW AG
508
Sekundärforschung, auch als indirekte Marktforschung oder „desk research“ bezeichnet, bezieht sich auf bereits existierende Daten, die für diesen speziellen Zweck bewertet und aufbereitet werden. Während die Primärforschung i.d.R. teuer ist, dafür aber „härtere“, also das Problem exakt untersuchende, genauere und aufschlussreichere Informationen liefert, besteht die Gefahr bei der Sekundärforschung, dass die Daten veraltet sind und nur unspezifische Antworten liefern. Dafür sind sie aber preiswerter.
4.2.2 Marktanalyse und Marktbeobachtung Unter der Marktanalyse versteht man die zeitpunktbezogene Erforschung der Marktstruktur, die Marktbeobachtung befasst sich mit laufenden Veränderungen, ist also ablaufbezogen.
Marketing
Innerhalb der Neuproduktentwicklung wurden zunächst mehrere mögliche Produkte auf ihre Akzeptanz innerhalb des DMW AGSortimentes geprüft. Man fand heraus, dass ein hohes Käuferpotenzial für einen komfortablen Geländewagen unter 15 000,– EUR vorhanden ist, und klärte mit Hilfe einer qualitativen Imageanalyse, welche Motive, Einstellungen und Bedürfnisse diese speziellen Verwender haben und wie entsprechend das Angebot aussehen muss. Das gab Rückschlüsse darüber, mit welcher Werbeansprache das zukünftige Modell kommuniziert werden muss, um den Geschmack der Zielgruppe zu treffen. Potenzielles Käufer-Profil: Bei einer Befragung von 2000 Personen stellte sich heraus, dass die Kernzielgruppe bestimmte Eigenschaften vereint. Entsprechend wird die Ansprache der potenziellen Käufer in der Werbung ausgerichtet.
4.2.3 Ökoskopische und demoskopische Marktforschung Die ökoskopische Marktforschung widmet sich objektiven Tatbeständen. Umsätze, Absätze, Preise, Marktvolumina und -potenziale werden hierbei ermittelt. Die demoskopische Marktforschung erforscht die Marktteilnehmer hinsichtlich ihrer Motive, Einstellungen, Meinungen, Wahrnehmungen, Reaktionen und Bedürfnisse, durchleuchtet also subjektive Tatbestände.
Abb. 14:
Ergebnisse einer Befragung potenzieller Käufer
4.
Marktforschung
Produkt-, Packungs-, Konzept-, Handhabungs-, Preis- und Werbetests können entweder vor der Einführung eines neuen Produktes (Pre-test) oder danach (Post-test) durchgeführt werden. Das hängt sowohl von Problemstellungen, Erfahrungen, Kosten als auch dem verfügbaren Zeitrahmen ab. Generell empfiehlt sich eher der Vorabtest, um von vornherein Chancen und Risiken sowie Vorund Nachteile zu erkennen und eventuelle Kosten für Angleichungen an den Markt zu minimieren.
4.3
Methoden der Marktforschung
In der Primärforschung werden sowohl quantitative als auch qualitative Untersuchungen erhoben. Die Befragung, die Beobachtung, das Experiment und das Panel sind die gebräuchlichsten Methoden.
509
Die DMW AG greift auf das ganze Instrumentarium der Marktforschung zurück. Neben der Primärforschung werden permanente Anstrengungen unternommen, um nicht nur zeitpunktbezogene Marktanalysen der Gegenwart oder ablaufbezogene Marktbeobachtungen, die in die Vergangenheit hereinreichen, durchzuführen, sondern es wird mit Hilfe von Szenariotechniken auch die Zukunft der Automobilbranche intensiv beleuchtet. Alternative Energiesysteme, das Verhältnis der Bürger zum Kraftfahrzeug, konkurrierende Transportmöglichkeiten auf der Schiene, zu Wasser oder in der Luft, technisch saubere und umweltverträgliche Antriebsalternativen, Stau-Umgehungs- und Navigationssysteme, um nur einige Beispiele zu nennen. Es werden Konzepte erarbeitet und Lösungsmöglichkeiten schubladenreif parat gehalten. Diese Prognosen und Interpretationen dienen ebenfalls dazu, die zukünftige Entscheidungsfindung zu objektivieren und zu präzisieren, damit unliebsame Überraschungen, ausgehend von Markt und Mitbewerbern, ausbleiben.
4.3.1 Die Befragung Die Befragung ist die am meisten angewandte Methode. Damit lassen sich Informationen über Meinungen und Einstellungen und über das bisherige und künftige Konsumverhalten abfragen. Sie kann schriftlich, mündlich oder telefonisch erfolgen. Entweder handelt es sich um ein strukturiertes Interview, bei dem die sorgsam ausgewählten Fragen in einer festen Reihenfolge gestellt werden, oder um ein unstrukturiertes Interview, bei dem der Interviewer die freie Wahl bei dem Ablauf und der Art der Fragestellungen hat. Somit können u.U. wichtige Zusatzinformationen gewonnen werden. Das setzt allerdings einen gut ausgebildeten und erfahrenen Befrager voraus.
Marktforschung Marktanalyse Erforschung der Marktstruktur – zeitpunktbezogen - Bedarfsuntersuchung - Kaufkraft - Grad der Versorgung - Einstellung zum Erzeugnis - geschmackliches Empfinden - Kaufgewohnheiten - Wettbewerbssituation - Werbewirkungsuntersuchungen - Distributionsuntersuchungen
Abb. 15:
Marktbeobachtung Erfassung laufender Veränderungen der Marktfaktoren – ablaufbezogen - Mode- und Geschmacksänderungen - Saisonschwankungen - Auftauchen neuer Produkte - technischer Fortschritt - Einkommensänderungen - Konjunkturschwankungen - Konkurrenzverhalten
Die DMW AG greift auf das ganze Instrumentarium der Marktforschung zurück
510
4.3.2 Die Beobachtung Die Beobachtung kann entweder offen oder verdeckt erfolgen und liefert dann oftmals ein unverfälschtes Bild des Konsumentenverhaltens. Je unbeobachteter sich die Personen geben, desto aufschlussreicher sind i.d.R. die Ergebnisse. Allerdings gibt sie keinen Aufschluss über Kaufmotive, Einstellungen und Bewusstseinslage der beobachteten Person. Mit Hilfe von Beobachtungspersonen kann festgestellt werden, wie hoch der Besucheransturm in einem Geschäft ist, wie sich Leute beim Einkaufen verhalten, wie sie auf Werbemaßnahmen, wie Schaufensterdekorationen, Sonderstände und Sonderangebote, reagieren.
4.3.3 Das Experiment Dort, wo der Beobachter nicht in das künstliche Geschehen eingreift, setzt das Experiment künstliche Stimuli ein. So können verschiedene Testmärkte mit diversen Preisen, Verpackungen, Werbemitteln oder unterschiedlichen Produkten ausgestattet werden, um die verschiedenen Wirkungen und Reaktionen von Konsumenten (und ggfs. auch von Mitbewerbern) zu prüfen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Testmärkte nahezu vergleichbar sind, ansonsten liegen nicht brauchbare Resultate vor.
4.3.4 Das Panel Handelt es sich bei Befragungen um Einfachinterviews, sind Panels dauernde, immer wiederkehrende Befragungen mit einem bestimmten Kreis. Konsumentenpanels schaffen Klarheit über das Einkaufsverhalten der Verbraucher: Marktanteile, Menge und Wert, Markentreue, Markenwechsel, die Einkaufsstätten, die Einkaufsintensität, die beliebtesten Größen und Sorten sowie der durchschnittliche Preis werden so transparent.
Marketing
Bei einer dieser Untersuchungen stellte sich heraus, dass das Elektroauto in den Köpfen der Verbraucher im Allgemeinen ein gutes Image hat, die Kenntnisse darüber sind aber wenig ausgeprägt, Vor- und Nachteile können nur diffus wieder gegeben werden. Die Befragung darüber signalisierte, dass eine aktive Kaufbereitschaft erst dann vorhanden ist, wenn der Preis akzeptabel ist und sich dieser Wagentyp serienmäßig etabliert hat bei gleichzeitiger Marktreife, ohne dass auf die derzeitigen Standards der Bequemlichkeit verzichtet werden muss. Primärerhebung
Sekundärerhebung
Befragung - schriftlich - mündlich - telefonisch
Extern - Zeitschriften, Zeitungen - Handelspresse - Testberichte - Marktforschungsberichte - Patentschriften - Publikationen von Verbänden - Firmenveröffentlichungen - Nachschlagewerke
Beobachtung - beobachten - überprüfen - aufzeichnen Experiment - Feld - Labor Panel - Haushaltspanel - Handelspanel - Werbepanel
Abb. 16a:
Intern - Kostenrechnung - Statistiken - Berichte der Außendienstler
Methoden zur Informationsgewinnung
Die Primärerhebungen laufen, egal ob eigen oder fremd durchgeführt, immer standardisiert ab. Die DMW AG hat dafür ein Formular entwickelt, mit dessen Hilfe der jeweilige Stand, der Zeitrahmen sowie die anfallenden Kosten auf einen Blick eingesehen werden können. Nach der Genehmigung folgen die Datensammlung („Feldarbeit“), die Aufbereitung und Analyse der Daten, die Berichterstattung und schließlich die Diskussion, welche Schlussfolgerungen mit welchen Maßnahmen gezogen werden sollen.
4.
Marktforschung
Handelspanels sorgen für die Berichterstattung über Lagerbestände, Marktanteile, Display-Anteile (sog. Zweitplatzierungen/ Sonderaufsteller an der Theke, Kasse oder mitten im Laden), Geschäftstypen, Preise, Umschlagsgeschwindigkeit der Artikel etc. Mitarbeiter der Marktforschungsunternehmen besuchen die Geschäfte in einem festen Rhythmus und führen die Zählungen durch. Mit Hilfe von Werbepanels wird die Wirksamkeit von Aktionen, Werbemitteln und Werbeträgern festgestellt.
4.4
Vollerhebung und Teilerhebung
Je nach Größe der Zielgruppe wird eine Volloder Teilerhebung durchgeführt. Die Vollerhebung empfiehlt sich immer dann, wenn lediglich die wenigen überhaupt vorhandenen Informanten zu befragen sind, wie z.B. in Teilbereichen der Investitionsgüterindustrie. In der Konsumgüterindustrie wird normalerweise für den „anonymen Markt“ produziert, die Grundgesamtheit der Verbraucher ist groß und heterogen. Deshalb wird hier mit repräsentativen Teilerhebungen (Stichprobe) gearbeitet. Diese Stichprobe muss ein möglichst getreues Abbild der Grundgesamtheit darstellen. Das Quotaverfahren ist eine Auswahl mit genauen Vorgaben, das Random-Verfahren verlässt sich auf den Zufall, ist damit in der Vorbereitung preiswerter und ggfs. auch schneller, aber eventuell auch ungenauer bei der Suche und Auswahl geeigneter Testpersonen. Konsumentenpanels, auch Haushaltspanel genannt, haben inzwischen einen hohen Bekanntheitsgrad erworben. Wichtig ist, dass Haushalte mit diesem ernsthaft umgehen und keine Scheineintragungen vornehmen.
511
Thema ______________________________ Datum ______________________________ Projektleiter __________________________ 1. Analyse des Problems ______________ 2. Entwurf des Marktforschungsplans____ 3. Ziel der Marktforschung ____________ 4. Bestimmung des Erhebungsverfahrens Befragung schriftlich Beobachtungmündlich Experiment telefonisch 5. Wer soll die Informationen liefern? (Bestimmung der Personen) 6. Wie hoch ist die Stichprobe? 7. Wie werden die Informationen beschafft? Quota-Verfahren Random-Verfahren 8. In welcher Zeit erhalten wir die Informationen? Vorbereitung _____________________ Feldarbeit________________________ Auswertung ______________________ Präsentation der Ergebnisse _________ Wie teuer ist die Studie? ____________ 10. Genehmigung Name_______________________________ Datum _____________________________ Abb. 16 b:
Formular für Primärforschung
Zu den neuen Dieselmodellen bietet VW ein Technik-Paket als Sonderausstattung an, das die Motorelektronik auf den alternativen Kraftstoff abstimmt. Ein Bestandteil ist ein entwickelter Kraftstoffsensor. Dieser erkennt anhand des Sauerstoffgehalts die Spritzusammensetzung im Tank und justiert bei hohem Biodieselanteil das Einspritzverhalten nach. Dies ist notwendig, weil auf Grund des hohen Anteils an Stickoxiden, die bei der Verbrennung von Biodiesel entstehen, moderne Dieselmotoren sonst die von der künftigen Abgasnorm EU 4 geforderten Emissionsgrenzwerte nicht einhalten würden. Abb. 17:
Dieselmotor und Biodiesel (vergl. S. 534) Hamburger Abendblatt, 24.09.2003
512
Marktforschung, d.h. die Beschaffung und Auswertung von Informationen über den Markt, die Konkurrenten, die eigenen Leistungen und die Verbraucher, ist ein essentieller Bestandteil des Marketing. Marktforschung dient dazu, den Markt kennen zu lernen, ihn zu beurteilen und das Risiko von Fehlentscheidungen einzugrenzen. Eine Garantie, sich vollkommen richtig entschieden zu haben, liefert die Marktforschung allerdings nicht. Immer wieder sind ManagementEntscheidungen zu treffen, bei denen auch die genaueste Marktforschung nicht grundlegend weiterhelfen kann, bzw. wo „aus dem Bauch“ entschieden werden muss, also Gefühlentscheidungen gefragt sind.
Marketing
Aufgabe 10. Sie interessieren sich für den neuen Geländewagen „Funny“. Welche Merkmale muss er aus Ihrer Sicht erfüllen, wenn Sie ihn in Ihre Kaufentscheidung einfließen lassen wollen? Würde Ihnen zum Kauf eines Geländewagens diese Anzeige genügen (bitte begründen)? Der FunCruiser ist mehr für den Fahrspaß konzipiert als fürs Gelände: Kraftvolle 128 PS (94 kW) und 16 Ventile machen auch die längste Strecke zum kurzweiligen Vergnügen. Wie konsequent er dabei dem Lustprinzip folgt, beweist sein permanenter Allradantrieb in jeder Kurve. Nur bei der Sicherheit macht er ernst – Doppelairbag und ABS fahren immer mit. Also auf zur Probefahrt beim Toyota Händler. Und ab nach München. Abb. 18:
Ein Konkurrent stellt sich vor
5. Segmentierung In den frühen Verkäufermärkten, wo die Verbraucher froh waren, die begehrte Ware überhaupt zu bekommen, konnten die Anbieter eine reine Massenmarktstrategie, das bedeutete hohe Mengen bei niedrigen Kosten pro Stück, durchsetzen. Mit dem Wandel zum Käufermarkt, also in wettbewerbsintensive Wohlstandsmärkte, wurden die Wünsche und Bedürfnisse immer spezieller. Die Hersteller sind gezwungen, ihr Angebot der Nachfragestruktur des Marktes anzupassen, also den Markt zu „segmentieren“. Die Marktsegmentierung ist die Aufteilung eines Marktes in klar abgegrenzte Untergruppen von Kunden, von denen jede als Zielmarkt angesehen wird und mit einem speziellen Marketing-Mix bearbeitet wird.
Beispiel: So segmentiert die DMW AG In der Dekade zwischen 1950–1959 wurde für den Massenmarkt produziert. Die damaligen Erwerber eines Autos waren froh und stolz, einen eigenen fahrenden „Untersatz“ zu besitzen und konnten sich in der damaligen Nachkriegszeit der Bewunderung von Fußgängern und Fahrradfahrern sicher sein. Heute bedient sich die DMW AG eines konzentrierten Marketing. Bestimmte Marktnischen (vgl. Abb. 21) wurden schon früh besetzt, sind aber in den vergangenen Jahren mehr und mehr auch von den großen und ausländischen Mitbewerbern angesteuert worden. Die Folge ist ein immer härter ausgetragener Verdrängungswettbewerb.
512
Marktforschung, d.h. die Beschaffung und Auswertung von Informationen über den Markt, die Konkurrenten, die eigenen Leistungen und die Verbraucher, ist ein essentieller Bestandteil des Marketing. Marktforschung dient dazu, den Markt kennen zu lernen, ihn zu beurteilen und das Risiko von Fehlentscheidungen einzugrenzen. Eine Garantie, sich vollkommen richtig entschieden zu haben, liefert die Marktforschung allerdings nicht. Immer wieder sind ManagementEntscheidungen zu treffen, bei denen auch die genaueste Marktforschung nicht grundlegend weiterhelfen kann, bzw. wo „aus dem Bauch“ entschieden werden muss, also Gefühlentscheidungen gefragt sind.
Marketing
Aufgabe 10. Sie interessieren sich für den neuen Geländewagen „Funny“. Welche Merkmale muss er aus Ihrer Sicht erfüllen, wenn Sie ihn in Ihre Kaufentscheidung einfließen lassen wollen? Würde Ihnen zum Kauf eines Geländewagens diese Anzeige genügen (bitte begründen)? Der FunCruiser ist mehr für den Fahrspaß konzipiert als fürs Gelände: Kraftvolle 128 PS (94 kW) und 16 Ventile machen auch die längste Strecke zum kurzweiligen Vergnügen. Wie konsequent er dabei dem Lustprinzip folgt, beweist sein permanenter Allradantrieb in jeder Kurve. Nur bei der Sicherheit macht er ernst – Doppelairbag und ABS fahren immer mit. Also auf zur Probefahrt beim Toyota Händler. Und ab nach München. Abb. 18:
Ein Konkurrent stellt sich vor
5. Segmentierung In den frühen Verkäufermärkten, wo die Verbraucher froh waren, die begehrte Ware überhaupt zu bekommen, konnten die Anbieter eine reine Massenmarktstrategie, das bedeutete hohe Mengen bei niedrigen Kosten pro Stück, durchsetzen. Mit dem Wandel zum Käufermarkt, also in wettbewerbsintensive Wohlstandsmärkte, wurden die Wünsche und Bedürfnisse immer spezieller. Die Hersteller sind gezwungen, ihr Angebot der Nachfragestruktur des Marktes anzupassen, also den Markt zu „segmentieren“. Die Marktsegmentierung ist die Aufteilung eines Marktes in klar abgegrenzte Untergruppen von Kunden, von denen jede als Zielmarkt angesehen wird und mit einem speziellen Marketing-Mix bearbeitet wird.
Beispiel: So segmentiert die DMW AG In der Dekade zwischen 1950–1959 wurde für den Massenmarkt produziert. Die damaligen Erwerber eines Autos waren froh und stolz, einen eigenen fahrenden „Untersatz“ zu besitzen und konnten sich in der damaligen Nachkriegszeit der Bewunderung von Fußgängern und Fahrradfahrern sicher sein. Heute bedient sich die DMW AG eines konzentrierten Marketing. Bestimmte Marktnischen (vgl. Abb. 21) wurden schon früh besetzt, sind aber in den vergangenen Jahren mehr und mehr auch von den großen und ausländischen Mitbewerbern angesteuert worden. Die Folge ist ein immer härter ausgetragener Verdrängungswettbewerb.
5.
5.1
Segmentierung
Die Vor- und Nachteile der Marktsegmentierung
Vorteile: • • •
Berücksichtigung verschiedener Kundenbedürfnisse schafft maßgeschneiderte Problemlösungen verbesserte Möglichkeiten, noch nicht besetzte Segmente zu bearbeiten und Marktlücken zu füllen gezieltere, „spitzere“ Ansprache der Verbraucher – Abdeckung aller Verbraucherwünsche und damit Risikostreuung – höhere Preise leichter durchsetzbar – effizientere Aufteilung des Marketingbudgets möglich
Nachteile: • • • • •
5.2
Verzicht auf Massenproduktion und damit höhere Kosten pro Stück sehr spezifisches Marketing-Know-how erforderlich hohe Kosten pro Segment, das u.U. sehr klein sein kann Gefahr der „Übersegmentierung“, d.h. zu starke, nicht mehr lohnende Unterteilung der Märkte speziellere Produkte bedeuten ggfs. geringere Akzeptanz und Lebensdauer
Produkt- und zielgruppenbezogene Marktsegmentierung
Die produktbezogene Marktsegmentierung richtet sich nach den relevanten und unterschiedlichsten Wünschen, wie ein Produkt auszusehen hat, welche Funktionen es erfüllen muss und zu welchen Preisen es zu erwerben ist. Die zielgruppenbezogene Marktsegmentierung ermittelt bestimmte Käufergruppen mit einer ähnlichen oder gleichen Struktur.
513
Zwar verfügt die DMW AG im Kleinwagenbereich über ein hervorragendes Image. Allerdings ist das Unternehmen gezwungen, weitere Marktnischen aufzustöbern und sie, um den Fortbestand langfristig zu sichern, mit intelligenten Lösungen zu besetzen. Mit den drei Modellen „Shopper“, „Single“ und „Sporty“ ist die DMW AG auf das Segment der Kleinwagen fixiert. Einerseits hat es wegen des hohen Verkehrsaufkommens, ständig kleinerer Familiengrößen, hoher Kosten für Anschaffung und Unterhalt (Benzin, Steuern, Versicherung) und des Umweltschutzes an Gewicht gewonnen, andererseits „wird die Luft hier enger“. Aber in die Mittel- und Oberklasse einzusteigen, empfindet das strategische Management der DMW AG aufgrund des mangelnden Know-hows, des hohen Kapitalaufwandes für neue Fertigungsstraßen, der überprüften, nachweislich fehlenden Akzeptanz beim Verwender und starker Konkurrenten als zu gefährlich.
Abb. 19:
Segment der Kleinwagen: (Jahre, startend ab 1988-2005)
Die Konkurrenten der DMW sind unter anderem Europäer wie Smart, VW, Opel, Ford, Fiat, Citroën und Renault sowie Japaner wie Mazda und Toyota, außerdem Südkoreaner. Hinzukommen werden bald indische Kleinwagen.
514
Marketing
Dafür bieten sich drei Wege an. •
demografisch: Alter, Geschlecht, Familienstand, Familiengröße, Haushaltseinkommen, Beruf, Bildungsstand, Ortsgröße, Religion
•
psychografisch: Lebensstil, Persönlichkeitsstruktur, Einstellungen, Erwartungen, Wünsche
•
soziologisch: soziale Schicht, Prestige, Status, kulturelle Einflüsse
5.3
Segmentierungsstrategien
•
Ein undifferenziertes Marketing bedeutet, dass ein Produkt von allen Zielgruppen gekauft werden soll, das ist quasi die Massenmarktstrategie.
•
Das differenzierte Marketing beinhaltet die Idee, dass verschiedene Segmente besetzt werden und jedes mit einem speziellen Marketingkonzept bedient wird.
•
Die Entscheidung für das konzentrierte Marketing hat zur Folge, dass sich das Unternehmen nur einem oder nur wenigen ausgewählten Segmenten widmet. Hier wird die Marktnischenstrategie „gefahren“.
Die folgende Abbildung verdeutlicht, dass die DMW AG sich damit auf bestimmte Zielgruppen festgelegt hat. Somit kommt es innerhalb der Modellpolitik zu Substitutionseffekten (die sog. „Kannibalisierung“). Es werden keine zusätzlichen Käufergruppen gewonnen. Im Gegenteil: Die DMW AG läuft Gefahr, sie sich durch zusätzliche Angebote wie den „Funny“ selbst wegzunehmen. Zusätzlich kann das bedeuten, dass die jetzigen Käufer später, wenn sie mehr Geld in der Tasche und damit auch höhere Ansprüche haben, auf andere Mitbewerber-Fabrikate umsteigen, obgleich in der Automobilbranche – bei adäquater Angebotsvielfalt – die Markentreue verhältnismäßig (im Vergleich zu anderen Branchen) hoch ist. Wie in der Abbildung schon zu sehen ist, konzentriert sich die DMW AG auf junge Zielgruppen, die anderen Segmente bleiben unbesetzt!
Abb. 20:
Marktsegmentierung macht immer dann und dort Sinn, wo eine ausreichend große Teilzielgruppe vorhanden ist, die einen speziellen Kundenwunsch hat. Dann sichert das nicht austauschbare Angebot größere Marktanteile bei der gleichzeitigen Möglichkeit, höhere Preise zu realisieren.
Konzentration auf junge Zielgruppen
Die obige Betrachtungsweise bezieht sich auf die zielgruppenbezogene Segmentierung. Mit der Einführung des Elektroautos verfolgen die Manager der DMW AG auch das Ziel, extrem umweltbewusste Käufergruppen für sich zu gewinnen. Demnach stieße man auf Potenziale, die ihrem Handeln und ihren Einstellungen zuliebe auch ein relativ teures Fahrzeug erwerben würden.
5.
Segmentierung
515
Zurück in die Nische Dank Gore-Tex sprudelten in den achtziger Jahren die Gewinne bei der Schöffel GmbH kräftig. Als dessen Faszination erlahmte, machte sich der schwäbische Mittelständler auf die Suche nach einer neuen Strategie. Vordringlich stand zunächst der Markenauftritt an: Wenn nicht mehr Gore-Tex die Marke zusammenhält, was dann? Sollte sich Schöffel als „modisch“ positionieren, als „sportlich“, sollte man mit einer umfangreichen Farbpalette auftreten oder doch lieber einfacher? „Das ging“, erinnert sich Peter Schöffel, „häufig zwei Schritte vor und drei zurück.“ So marschierte der Bekleidungsproduzent etwa eine Saison in Richtung Mode mit Pelzkapuzen oder Ziernähten und landete gleich einen Flop, der sich mit ein paar Millionen beim Umsatz auswirkte. Die Lösung, ist Schöffel im Nachhinein schlauer, war ganz naheliegend. „Wir mussten uns einfach nur wieder auf unsere Wurzeln besinnen.“ Wenn der Sportbekleidungshersteller, so das Fazit der schwäbischen Strategiepuzzler, traditionsgemäß aus dem Umfeld der klassischen Bergwelt – Wandern, Bergsteigen und Skifahren – kommt, dann sollte das auch die Nische sein, in der sich Schöffel einnistete. Ausflüge in andere Bereiche – Golf und Snowboarden etwa –, wie sie die Konkurrenz Anfang der neunziger Jahre reihenweise tätigte, kamen unter dieser Prämisse für Schöffel auch nicht in Frage: „Lieber ein paar Millionen Mark weniger Umsatz“, so sein Credo, „aber in unseren Feldern konsequent klarstellen, dass wir die Nummer eins sind.“ Eine Positionierung, die auch umso chancenreicher schien, je mehr die Marke über den bis dahin bedienten rein deutschsprachigen Raum hinaus eingeführt werden sollte. Wenn Peter Schöffel den gesamten Bekleidungsbereich überblickt, dann sind „wir ein Sandkorn“. Betrachtet er allerdings die Nischen Outdoor, Trekking oder Bergwelt, dann ist Schöffel in Deutschland, Österreich und der Schweiz „die führende Marke“. Und zwar unabhängig von Gore-Tex. Der Stoff ist mittlerweile nur noch einer unter zahlreichen anderen Materialien, die der Mittelständler verarbeitet. Quelle: TopBusiness
Bistro und Bar mit Betten Dies wird kein Hotel nach der Melodie:,, Ihr Zuhause, wenn Sie nicht zu Hause sind! Das „East“ wird etwas ganz anderes. Stellen Sie sich vor, Sie betreten das Hotel und befinden sich mitten in eine schicken Lounge. Die hat an der rechten Seite eine Bar, durch deren Bögen man in ein riesiges Restaurant schaut mit verdrehten Säulen auf mehreren Ebenen, auf denen sich die Philip Morris Lounge für Raucher und die Smirnoff-Lounge für gepflegte Drinks befinden. Riesige Fenster und Glastüren über zwei Stockwerke geben den Blick frei in einen asiatisch gestalteten Innenhof mit Sitzplätzen für warme Sonnentage und lauschige Nächte. Und das Hotel? Ja, wenn Sie möchten, können Sie auch hier ein schön großes Zimmer mieten mit einzigartigen Möbeln, die der amerikanische Designer Jordan Mozer eigens für dieses Haus entworfen hat. Da steht das Bett frei mitten im Raum, das Kopfteil kippt im rechten Winkel nach hinten weg und wird zum Schreibtisch mit Internetanschluss und Leuchte. Das alles hat warme freundliche Farben und viele freundliche Rundungen und Windungen. Nichts ist eckig oder kantig, gerade Linien werden überall – in Horizontale wie Vertikale – möglichst gemieden, so dass das Haus zu schwingen, ja, vielleicht sogar zu hüpfen scheint. Dadurch fehlt ihm das Nervige fasten jeden Hotels, das durch die stetige Wiederholung von immer demselben, das möglichst noch bemüht, die Unternehmens-Identität ausdrücken soll, den Gast nur langweilt und ermüdet. „Sie können in unserem Hotel auch schlafen, wenn sie wollen“, gibt Betreiber Christoph Strenger die Devise des Hauses aus. (Gisela Reiners in WAMS vom 21.4.2003).
Abb. 21:
Nischenanbieter aus der Vergangenheit und der Gegenwart
516
Marketing
6. Produktpolitik Das Produkt ist die zentrale Leistung, die auf dem Markt angeboten wird. Erst wenn diese Leistung vom Verbraucher honoriert wird, können wirtschaftliche Absatzerfolge erzielt werden. Die übrigen Aktivitäten wie Verteilung (Distributions-Mix) und Kommunikation sind dann nachgeschaltete Elemente. Wird umgekehrt ein Produkt nicht vom Markt akzeptiert, so sind die ansprechendste Werbung und der intelligenteste Vertriebsweg langfristig nicht Erfolg versprechend. Produktpolitik beinhaltet alle Kriterien, die mit dem Produkt selbst, dem Sortiment und dem Service zu tun haben. Das Produkt (Angebot) ist alles das, was einem Markt als Objekt der Aufmerksamkeit, zum Erwerb oder zum Konsum angeboten werden kann. Der Begriff umfasst konkrete Gegenstände, Dienstleistungen, Orte, Organisationen und Ideen. Die Produktpolitik ist Schwerpunkt der Marketingstrategie. Sie wird flankiert von drei weiteren Marketingmaßnahmebündeln, nämlich der Distributions-, der Kommunikationsund der Kontrahierungspolitik. Je nach Produkt und Markt muss ein Unternehmen alle Elemente harmonisch aufeinander abstimmen. Dabei spricht man von Marketing-Mix. Jedes angebotene Produkt soll zur Sicherung des Unternehmens wachsen d.h. es soll Absatz mit hohen Gewinnen erzielen..
6.1
Merkmale eines Produktes
6.1.1 Der Name/die Markierung Eines der Instrumentarien, die langfristig eingesetzt werden, ist der Name bzw. die Markierung. Die größten Verkaufserfolge werden i.d.R. mit Markenartikeln erzielt. Sie weisen folgende Merkmale auf:
Beispiel: Die Produktpolitik der DMW AG „Bei der DMW AG ist die Produktpolitik das „Herzstück“ des Marketing. Als kleiner Anbieter im Konzert der internationalen Autokonzerne ist es für uns besonders wichtig, sich gegenüber den Mitbewerberautos positiv abzugrenzen und eigenständige, technisch ausgereifte Lösungen auf dem Markt anzubieten. Das haben wir in der Vergangenheit mit unseren Modellen „Single“, „Shopper“ und „Sporty“ erreicht. Wir werden das auch mit unserer Neueinführung „Funny“ schaffen, und ich darf Ihnen sagen, dass wir spätestens in zwei Jahren mit einem serienreifen Elektroauto auch dieses Segment ausfüllen werden. Im Übrigen basteln wir am „Joy“, einem offenen, kleinen Roadster.“ So ein Zitat des Vorstandsvorsitzenden und Unternehmenssprechers Dr. Schümann auf der letzten Hauptversammlung zur Zukunft der DMW AG. Zunächst wird ein marktreifes Produkt entwickelt und auf den Markt gebracht. Dann wird die Distribution aufgebaut, und wenn die Ware verfügbar ist, wird dafür Kommunikation betrieben. Distribution und Kommunikation sind i.d.R. vom Produkt abhängig und richten sich danach. Die Automobile der DMW AG sind Markenartikel. Sie haben die gleiche Qualität, die gleichen bzw. ähnlichen Preise, sie sehen gleich aus (im Rahmen der verschiedenen Varianten wie Farben, Türanzahl, Motorisierung, Sonderausstattung etc.), sind – verbunden mit einer gewissen Lieferzeit – permanent verfügbar und aufgrund des hohen Werbeeinsatzes und der Präsenz auf den Straßen weit bekannt.
6.
Produktpolitik
517
•
gleiche Qualität
•
gleiche Aufmachung
•
stetige Verfügbarkeit
•
hoher kommunikativer Einsatz
•
hoher Bekanntheitsgrad
•
relative Preiskonstanz.
Alle DMW-Modelle werden markentechnisch nach dem Integrationsprinzip vermarktet: So heißt das Einstiegsmodell „DMW Single“, diese Verbindung betont einerseits den Namen des Herstellers, der sich durchgesetzt hat, andererseits bekommt das Modell eine eigene „Handschrift“ zur besseren Unterscheidung und eigenen Markierung.
Hat der Hersteller erreicht, dass seine Marke über einen hohen Sympathiewert verfügt, ergeben sich mehrere Vorteile. Der Markenartikel schafft Sicherheit, er bietet eine Leitfunktion und Orientierungshilfe, der Verbraucher kann sich damit identifizieren. Die Marke unterscheidet sich von Wettbewerberprodukten, ggfs. kann sie einen besonderen, einzigartigen Produktvorteil bieten und besticht durch ein unverwechselbares Image. Das führt zur Markentreue bzw. zur Markenbindung, und der preispolitische Spielraum wird durch den Präferenzausbau größer. Allerdings ist dieser Zustand nur mit einer konsequenten Markenpolitik, einem hohen Aufwand kommunikativer Maßnahmen, mit einer zielgruppengerechten Ansprache und meistens mit hohem Zeitaufwand zu erzielen. Drei alternative bieten sich an:
Markennamenstrategien
Als Monomarke gibt es ein Produkt unter einem Namen (Isolationsprinzip). Verschiedene Einzelmarken innerhalb eines Sortiments weisen folgende Charakteristika auf: •
gesundes Konkurrenzdenken innerhalb des Programms
•
Abwanderung untreuer Kunden wird durch andere Produkte des Hauses eher aufgefangen (Risikostreuung)
•
Politik im Sinne individueller Bedürfnisbefriedigung (Segmentierung)
•
mehr Platz beim Absatzmittler
Unterscheidungen bei Produkten Grundnutzen
– Zusatznutzen
Gebrauchsgut
– Verbrauchsgut
Investitionsgut
– Produktionsgut
Massengut
– Individualgut
problemloses Gut
– erklärungsbedürftiges Gut
„high interest product“ – „low interest product“ anonyme Ware
– markierte Ware – Markenartikel
Gerade die Modelle „Funny“ und „Sporty“ bieten über den Grundnutzen hinaus, nämlich, dass Personen von einem Punkt zum anderen befördert werden, in der angesprochenen Zielgruppe kräftigen Zusatznutzen. Besonders bei jungen Leuten stehen Sportflitzer/Cabrios und Funcars/Geländewagen hoch im Kurs, vermitteln sie doch erhebliche psychologische Zusatznutzen: Abgrenzung zu den Führern „normaler“ Autos, Zugehörigkeit zu einer speziellen Gruppe, Demonstration von Jugendlichkeit und das Gefühl von Freiheit und Abenteuer. Die Verpackung im weiteren Sinne, das Design oder Aussehen, ist ein Mittel, um sich von der Konkurrenz abzuheben und sein Angebot marktfähig zu gestalten. Spielt beim Automobil die Verpackung im engeren Sinne keine Rolle, so sind die Eigenschaften wie Sicherheit, Komfort, Umweltverträglichkeit, Qualität und Wirtschaftlichkeit von entscheidender Bedeutung und im starken Maße ausschlaggebend für Erfolg oder Misserfolg.
518
Marketing
•
Gefahr der Substitution, also des Austausches
•
Gefahr zu kleiner Teilmärkte
•
höhere Kommunikationskosten.
Nach dem Identitätsprinzip arbeitet die Sortimentsmarke, auch Dachmarke oder „Umbrella“ (Regenschirm) genannt. Sie erfüllt den Vorteil, dass bei einem guten Image zusätzliche Produkte unter gleichem Namen einen sog. „Image-Transfer“ genießen, also mit Vorschusslorbeeren angenommen werden. Das wiederum bedeutet geringere Kommunikationskosten. Aber als Massenmarktprodukt ist die Positionierung einer Dachmarke i.d.R. weniger „spitz“, d.h., sie erfüllt nicht unbedingt die speziellen Bedürfnisse einer bestimmten Zielgruppe. Bei einer Sortimentsmarke besteht zudem die Gefahr, dass, wenn ein relativ artfremdes Produkt in die Linie aufgenommen wird, die Verwässerung des Images bzw. der sog. „Markenkern“ (das, wofür die Marke beim Verbraucher steht) voranschreitet bzw. diffus und undeutlich wird. Als dritte Möglichkeit bietet sich das Integrationsprinzip an. Das ist eine Kombination beider vorne genannter Prinzipien. Damit wird versucht, sowohl Altbewährtes der Dachmarke zu nutzen als auch Neues, Besonderes, Unterscheidbares einfließen zu lassen.
6.1.2 Die Qualität/Eigenschaften Je nach Produkt können das verschiedene Merkmale sein, wie Zusammenstellung, Geschmack, Geruch, Gewicht, Abmessungen, Inhalt, Konsistenz, Haltbarkeit, Sicherheit, Handhabung, Lebensdauer, technische Möglichkeiten, Aussehen und Verbrauch. Gleichzeitig mit den Eigenschaften ist eine Art Qualitätsgarantie verbunden. So muss ein Duft zum Beispiel haltbar sein und darf sich nicht nach einem Gebrauch verflüchtigen.
Die Produkteigenschaften, die bei der Entwicklung eines Elektroautos für die F&EAbteilung zu beachten sind, werden nun näher aus einem internen Anforderungsprofil beleuchtet: 1.
2.
3.
4. 5.
Gemäß der Firmenphilosophie müssen mindestens 90% eines Modells recyclingfähig sein. Ein schwieriges Unterfangen gerade bei Elektroautos, da der Antrieb durch schwere, leistungsstarke Batterien erfolgt, für die noch kein befriedigendes Entsorgungskonzept gefunden wurde. Die Reichweite, d.h. die Strecke, die mit einer „Füllung“ gefahren werden kann, schwankt zurzeit zwischen 80–100 km. Zwar können für den außerstädtischen Verkehr Batterien eingebaut werden, die die Reichweite verdoppeln, aber auch um ein Vielfaches schwerer sind (siehe 1.) Die Sicherheitsstandards müssen auch für ein Auto eingehalten werden, das nur knapp über 2,50 m lang ist und somit über geringe Knautschzonen verfügt. Das Elektroauto soll ausreichende Leistungen aufweisen (PS, Spurtstärke). Der Schadstoffausstoß muss deutlich geringer ausfallen als bei Benzin- oder Dieselfahrzeugen. Erst wenn alle drei umweltbelastenden Abgase: Kohlendioxid, Schwefeldioxid und Stickoxide einzeln gesehen mindestens 50% weniger ausstoßen, kann das neue Modell als marktreif angesehen werden.
Wenn alle diese fünf hier grob skizzierten Anforderungen erfüllt sind, geht das DMWElektroauto in Serie. Die bereits eingeführte „Lean Production“ (schlanke Produktion) ist hierbei Chance und Risiko zugleich: Ein Systemanbieter sorgt für die gesamte Elektrik. Das verringert zwar die Fixkosten für die eigene Firma ganz erheblich, und die Forschungsarbeiten werden von absoluten Fachkräften erbracht, aber die Abhängigkeit ist groß, will der Durchbruch nicht rechtzeitig gelingen, und die Technologie kann auch anderen Herstellern relativ leicht zugänglich gemacht werden.
6.
Produktpolitik
Neben dem rein funktionalen Grundnutzen (Autos dienen dem Transport von A nach B) gibt es auch den eher emotionalen Zusatznutzen. Dieser kann sowohl ästhetische Bedürfnisse (wie Design, Formen und Farben) als auch Bedürfnisse der Selbstverwirklichung sowie der sozialen Integration und Anerkennung befriedigen.
6.1.3 Die Verpackung Die Verpackung soll folgende Voraussetzungen erfüllen: •
das Produkt beim Transport schützen
•
umweltfreundlich sein
•
displaystark, also sich verkaufsfördernd präsentieren
•
stapelfähig sein
•
unverwechselbar sein
•
einfach zu handhaben und zu dosieren sein
•
verkaufs- und lagerfähig sein bei einer günstigen Kostenstruktur.
6.2
Der Service
Je nach Branche und Erklärungsnotwendigkeit des Produktes bedienen sich Unternehmen des Services (Kundendienst). Service beinhaltet die besonderen Dienstleistungen kaufmännischer oder technischer Art, die vor, während oder nach dem Kauf angeboten werden. Somit wird potenziellen Käufern eine zusätzliche Hilfe angeboten, und die Beziehung zu bestehenden Kunden wird intensiviert. Kundendienst bietet dem Anbieter die Chance, sich von Wettbewerbern positiv zu unterscheiden, Kunden zu binden und weitere Informationen über eigene Produkte von den Benutzern einzuholen, um weitere Optimierungen voranzutreiben.
519
Einige Anmerkungen zum Service der DMW AG: Gerade hat man den Standard der Mitbewerber erreicht. Das war jahrelang ein Schwachpunkt. Erst jetzt, mit dem Einstieg einer durchsetzungs- und führungsstarken „ManagerKapazität“ auf diesem Feld, die von einem französischen Mitbewerber mit viel Geld vor zwei Jahren abgeworben worden war, hat die DMW AG den Aderlass seiner Leitung aus dem Weg geräumt. Unter Leitung dieser anerkannten Spitzenkraft wurde eine Arbeitsgruppe installiert. Sie analysierte das Problem, entwickelte Konzepte und hat es geschafft, zumindest den Standard der Konkurrenz zu erreichen. Das bringt zwar im Moment keinen Wettbewerbsvorteil, nur gestiegene Kosten. Aber immerhin verspricht sich die DMW AG davon, Imagedefizite in diesem Bereich langsam, aber sicher auszuräumen, um mit eigenen mittelfristigen innovativen Konzepten selbst in eine Vorreiterrolle zu schlüpfen (wie z.B. LangzeitReparatur-Garantie, Mobilitätsgarantie, 30Tage-Umtausch-Garantie, Garantie gegen Durchrosten). Früher wurden Ersatzteile nicht innerhalb eines Tages aus Zentrallägern in die einzelnen Werkstätten befördert, die Vertragswerkstätten zeigten sich oftmals bei Streitfällen wenig kulant gegenüber den Kunden. Reparaturen erwiesen sich als wesentlich teurer, wurden schlampig ausgeführt und dauerten verhältnismäßig lange. „Schnee von gestern“, aber beim Kunden deshalb noch lange nicht ausgeräumt. Hier gilt es, mit einer konsequenten und offensiven Servicepolitik das Vertrauen langfristig zurückzugewinnen. Die DMW werden ihre Kunden anschreiben, Displays zur Verfügung stellen, Broschüren verteilen und gegebenenfalls Telefonnetz und Computerservice einschalten.
520
Marketing
Kundendienst wird i. A. dann einen Beitrag zum Unternehmenserfolg beisteuern, wenn die Leistung von den Nutzern so eingestuft wird: •
qualitativ hochwertig
•
schnell
•
unkompliziert
•
reell im Preis (falls nicht gratis)
•
genau
•
mit zuvorkommendem und kompetentem Personal.
Bei bestimmten Produkten ist der Service von so immenser Bedeutung, dass er den Ausschlag für die Kaufentscheidung geben kann. Die Produktpolitik steht im Zentrum des Marketing-Mix und ist i.d.R. ausschlaggebend für Erfolg oder Misserfolg.
Aufgaben 11. Gehen Sie die Unterscheidungen (siehe „Unterscheidungen bei Produkten“) bei den Produkten der DMW AG durch! Welche Formen von Gütern bietet das Unternehmen an? 12. Welche Auswirkungen hat die Einführung eines Elektroautos, das mindestens 50% weniger Schadstoffe auswirft, auf Ökonomie und Ökologie, und wie stehen diese beiden Komponenten zueinander? 13. Was bedeutet die Verbesserung des Services im Hinblick auf Kundenzufriedenheit, Leistung, Kosten, Image, Wirtschaftlichkeit, Umsatz und Gewinn? Stellen Sie die Beziehungen in einer Skizze dar!
Aus der nahen Vergangenheit – wie ein Japaner den Deutschen Beine machte (1994) und diese inzwischen (1997) erheblich im Service aufholten: „Der Wohlstand hat Meister Deutschland fett gemacht. Und faul. Dienst am Kunden? Findet nicht mehr statt. Der Kunde ist König? Bei euch ist der Kunde mittlerweile Kaiser. Was ihr vergesst? Der Kunde ist Gott. Denn er allein entscheidet über Tod und Leben eines Unternehmens.“ Minoru Tominaga, Unternehmensberater aus Tokio, schimpft mit den deutschen AutoManagern wie mit uneinsichtigen Abc-Schützen. „Wir sind alle in einem Boot“, sagen die Manager gern zu ihren Mitarbeitern. Aber rudern sollen immer nur die anderen. Von Teamwork keine Spur. Mercedes-Fahrer Tominaga kann sich besonders über deutsche Autowerkstätten aufregen. Schlampigkeiten, wie unlängst im BMW-Werkstatt-Test (von Auto Bild) überraschen ihn nicht. Die Hälfte mangelhaft, nur einmal gut: „Die Deutschen arbeiten ohne Lust und Liebe.“ Und sehen den Kunden oft als Feind an. Tominaga: „Wenn ich meinen Wagen zur Inspektion gebe und um ein Taxi bitte, dann zeigt man mir die Telefonzelle an der nächsten Ecke.“ In Japan undenkbar. Service sowohl durch Hersteller als auch durch Verkäufer und Werkstättenpersonal ist durch nichts zu ersetzen. Aber es geht auch anders: Mängel am 2 Jahre alten Mercedes 200 D von L.T. Nach nur 40 000 Kilometern auf der Uhr rollten die Fondsicherheitsgurte schlecht auf, und ein Bremssattel war gebrochen. „Als ich die Rechnung über 700,– DM bekam, war ich sehr erstaunt. Ich verstehe nicht, dass für die Sicherheit eines Autos dermaßen wichtige Teile bereits nach 2 Jahren defekt sind“, schreibt der Betroffene an Auto Bild. Auto Bild informierte Mercedes. Das Werk übernahm die Materialkosten von 386,57 DM. Ein faires Verhalten. Abb. 22:
Servicemanagement/Kundenbezogenheit, zwei Beiträge aus Auto Bild (aus der Vergangenheit – DM-Zeit)
7.
Der Produktlebenszyklus
521
7. Der Produktlebenszyklus Der Produktlebenszyklus stellt den Versuch dar, die unterschiedlichen Phasen eines Produktes aufzuzeigen, um daraus entsprechende und angemessene Marketing-Konzepte und Aktivitäten zu entwickeln und anzuwenden. Der klassische Produktlebenszyklus besteht aus den fünf Phasen der Einführung, des Wachstums, der Reife, der Sättigung und des Rückgangs. Nicht alle Produkte zeichnen sich durch diesen typischen Verlauf aus. Manche haben sofort ein rasches Wachstum, aber auch eine extrem kurze Rückgangsphase. Andere wiederum besitzen das Merkmal eines immer wiederkehrenden Lebenszyklus, hervorgerufen durch Sonderanstrengungen. Den Anfang und das Ende eines jeden Stadiums festzustellen, ist sehr schwierig. Zeigt der Umsatz/Absatz eine deutliche Änderung, wird der Beginn einer neuen Ära angenommen.
7.1
Die Einführungsphase
Das Produkt erscheint auf dem Markt und ist noch wenig bekannt. Der Umsatz ist klein, wohingegen die Werbe- und Vertriebskosten hoch sind, entsprechend wird noch kein Gewinn erwirtschaftet. Gleichzeitig sind die Kosten pro Stück relativ hoch, ggfs. werden „Kinderkrankheiten“ noch ausgemerzt.
7.2
Beispiel: Der Produktlebenszyklus – Hilfsmittel zur Beurteilung der DMW-Autos Die DMW AG nutzt den Produktlebenszyklus auf dreierlei Weise: •
Es können optimale Marketingstrategien entwickelt werden und die dazugehörigen Maßnahmen durchgeführt werden.
•
Gleichzeitig ist er ein Kontroll- bzw. Vergleichsinstrument, mit dem festgestellt wird, wie sich das Produkt im Vergleich zu ähnlichen Angeboten, etwa dem Vorgängermodell, entwickelt.
•
Außerdem dient er zu Prognosezwecken. Gelingt es, auf zukünftige Phasen/ Stadien und ihre Dauer zu schließen, können dementsprechend die Werbebudgets festgelegt werden. So ist es normalerweise unsinnig, in ein Produkt werblich zu investieren, das kurz vor der Marktherausnahme steht.
Das Marktgeschehen, genauer das Wachstum und das Verhältnis zu den Mitbewerbern, wird bei dem Produktlebenszyklus nicht beleuchtet.
Die Wachstumsphase
Gelingt es dem Unternehmen, die Marktwiderstände der Einführungsphase zu durchbrechen, beginnt die Wachstumsphase. Früh gewonnene, zufriedene Kunden tätigen Wiederkäufe, Probierkäufer kommen hinzu, sodass das Produkt ein breites Publikum erreicht. Durch die boomartig ansteigende Menge setzt die Degression der Stückkosten ein, die Gewinnschwelle (Break-even-point) wird erreicht. Die ersten Mitbewerber erscheinen auf dem Markt, was zu Preisreduzierungen führt. Der Werbeaufwand ist weiterhin hoch, sinkt aber gemessen am absoluten Umsatz.
Abb. 23:
Beispiel für einen klassischen Produktlebenszyklus
522
Marketing
7.3
Die Reifephase/ Sättigungsphase
Diese Phasen sind zunächst gekennzeichnet durch eine absolute Marktausdehnung bei gleichzeitigem Absinken der Umsatzzuwachsraten und durch den Rückgang der Umsatzrentabilität. Zwar kaufen noch einige Spätaufnehmer das Produkt, andere aber kaufen bei den Mitbewerbern oder gar nicht mehr. Der Umsatz stagniert, der Preiskampf wird härter, verkaufsfördernde Maßnahmen werden verstärkt eingesetzt. Dies führt zu insgesamt höheren Kosten bei geringeren Umsätzen, was auch die Gewinne schrumpfen lässt. Gerade hier ist der Übergang zur Sättigungsphase fließend. Spätestens jetzt muss das bestehende Produkt verbessert oder ein neues eingeführt werden. Das setzt voraus, dass das Unternehmen trotz der bisher guten Marktlage rechtzeitig mit der Entwicklung neuer Produkte beginnt oder das alte Produkt zu verbessern trachtet. Auch das ist nur mit Forschungs- und Entwicklungsausgaben verbunden. Wer hat in diesem Zusammenhang nicht die Handysparte von Siemens (2006) im Blick und wer denkt nicht an so berühmte und jetzt vergessene Unternehmen wie Voigtländer und Grundig?
7.4
Die Rückgangsphase
Absatz und Umsatz gehen weiter zurück, die ersten Konkurrenten ziehen sich auf Grund der niedrigen Gewinne zurück. Bevor das eigene Produkt eliminiert, also vom Markt genommen wird, sollten folgende Fragen geklärt sein: •
Trägt das Produkt zur Attraktivität des übrigen Sortimentes/des Unternehmens bei?
Durch Produktvariationen, optimierte Werbung, Ausbau des Händlernetzes, eine optimale Preisreduzierung (dann, wenn Nachahmer in den Markt eintraten) und das Ansprechen besonderer Zielgruppen durch zeitlich limitierte Sondermodelle konnte gerade der „Shopper“, der mittlerweile in der dritten Generation auf dem Markt erscheint, eine sehr positive Entwicklung nehmen, sodass sich der Produktlebenszyklus zurzeit folgendermaßen darstellt:
Abb. 24:
Umsatzentwicklung des Shoppers
1975 erschien das erste Modell in einer Standardversion. In der Zwischenzeit wurde das Auto ständig weiterentwickelt, bevor zehn Jahre später der „Shopper“ ein gänzlich neues Aussehen und eine nochmals verbesserte Technik erhielt. Das Auto wurde zudem auch als geräumige Stufenheck- und als normale Limousine angeboten. Wiederum eine Dekade später wurde das Design erneut dem neuesten Stand der Geschmacksempfindungen angeglichen und das Standard-Paket (Airbag für den Fahrer, Gurtstraffer, Wegfahrsperre serienmäßig) ausgedehnt.
7.
Der Produktlebenszyklus
•
Bestehen Komplementärbeziehungen zu anderen Produkten des Sortiments?
•
Ist der derzeitige Umsatzeinbruch nur vorübergehend?
•
Trägt das Produkt zur Verlustminimierung bei, indem es hilft, fixe Kosten zu decken und Kapazitäten auszulasten?
Bleibt das Produkt im Markt, ist unter den drei verschiedenen Vorgehensweisen zu wählen: •
Fortsetzungsstrategie: Alles bleibt beim Alten, möglicherweise wird das Design geändert (Preis, Absatzförderungsausgaben, Absatzwege, Segmente)
•
Konzentrationsstrategie: Konzentration auf die größten Absatzwege und Marktsegmente
•
Ausmelkungsstrategie: Reduzierung der Absatzförderungsausgaben und dadurch kurz- bis mittelfristig Gewinnerhöhung, dann aber schnelles „Sterben“ des Produktes.
Der Produktlebenszyklus ist ein wichtiger Analyse-Bestandteil im Marketing. Seine Aussagekraft ist dennoch begrenzt.
Abb. 25:
Der Stand des Produkts im Lebenszyklus hat zahlreiche Auswirkungen
523
Die DMW AG hat mit diesen ständigen Anpassungen und Verbesserungen erzielt, dass, von kurzen Rückgangsphasen am Ende der siebziger und achtziger Jahre abgesehen, der „Shopper“ nach wie vor ein begehrtes Produkt geblieben ist, wenngleich vom Ursprung nur noch der Name übrig geblieben ist. Doch die DMW AG verkauft nicht nur Automobile, sondern bietet rund um das Auto Ersatzteile und Zubehör an. Das Unternehmen kann sich die Eliminierung eines Großteils dieser Artikel nicht erlauben (obwohl 60% davon positive Deckungsbeiträge erwirtschaften), da sie zur Attraktivität des Autos beitragen (z.B. Radio, Fußmatten, spezielle Schaltknüppel, Spoiler, Dachgepäckträger), als typische Komplementärgüter gelten, d.h., ohne die ständige und jahrelange Präsenz dieser Waren würde ein Auto, ohne die Möglichkeit Ersatzteile nachzukaufen, in kürzester Zeit an Wert verlieren und unattraktiver werden. Die Erfolgsstory eines Autokonzerns 2004 Der Münchner Automobilkonzern BMW setzte seine Rekordfahrt ungebremst fort. Das zweite Quartal 2004 war mit seinen Höchstwerten bei Absatz, Umsatz und Ergebnis das beste in der Firmengeschichte. Damit wird der Autobauer mit seinen Marken BMW, Mini, Rolls-Royce die Rekorde 2002 übertreffen. Damals wurde ein Umsatz von 42,4 Mrd EUR und ein Nettogewinn von mehr als zwei Mrd EUR erzielt. Die Modelloffensive begann im Januar mit dem Geländewagen X3 und im März mit dem 6er Coupe sowie mit dem 6er Cabrio. Im Mai ging dann der neue Touring an den Start. Im weiteren Jahresverlauf folgt der M5. Auch bei der Marke Mini gab es unter anderem mit dem Mini One Cabrio und dem Mini Cooper Cabrio Neuerungen.(DW Aug.2004) Abb. 26:
Sortimentspolitik
524
Marketing
8. Die Sortimentspolitik Im Rahmen des Produkt-Mixes gehört die Gestaltung des Sortiments zu den schwierigsten und weitreichendsten Entscheidungen eines Unternehmens.
Aufgabe
Üblicherweise lässt sich die Sortimentsgestaltung in drei Kategorien unterteilen.
14. Stellen Sie eine Matrix auf, in der Sie die Faktoren Umsatz, Gewinn, Kundenstruktur, Anzahl der Konkurrenten, Strategien, Absatzförderungsausgaben (für die Kommunikation), Produktausführungen, Preis und Distribution in den vier Phasen Einführung, Wachstum, Reife/Sättigung und Rückgang näher beschreiben!
8.1
Beispiel:
Bei der Sortimentsgestaltung handelt es sich um die optimale Zusammensetzung der Artikel/Produkte/Marken/Dienstleistungen.
Die Breite, die Tiefe und die Geschlossenheit des Sortiments
•
Sortimentsbreite: Anzahl der verschiedenen Produktlinien
•
Sortimentstiefe: Anzahl der in den einzelnen Produktlinien enthaltenen Artikel
•
Sortimentsgeschlossenheit: Ähnlichkeit der Produktlinien bezüglich des Endverbraucherzweckes, der zu ihrer Herstellung notwendigen Vorraussetzungen, des Absatzweges oder anderer Komponenten
Abb. 27:
Marktanteile in den jeweiligen Segmenten in Prozent
Um sich ein optimales Sortiment zu schaffen, bedarf es verschiedener strategischer Entscheidungen, die wie folgt ausfallen können:
Die Sortimentspolitik der DMW AG Die DMW AG bietet mit den Modellen „Single“, „Shopper“, „Sporty“ und dem „Funny“, der als Gelände- und Funcar kurz vor der Einführung steht, vier Modelle an. Damit ist das Programm (Sortiment) recht geschlossen, denn es handelt sich nur um Automobile, aber es ist nicht sehr breit und mit den relativ wenigen angebotenen Variationen (Motorisierung, Farben, Türanzahl, Sonderausstattungen) durchschnittlich, aber nicht übermäßig tief.
Abb. 28:
Sortimentsanteile der DMW AG vor Einführung des „Funny“
8.
Die Sortimentspolitik
8.2
Variation, Differenzierung, Diversifikation und Eliminierung
8.2.1 Produktvariation Das bestehende Produkt wird aufgrund technischer Verbesserungen oder Modeerscheinungen geändert. Ziel ist das Aufrechterhalten oder Wiederankurbeln des Absatzes. Mittel: •
Änderung funktionaler oder physischer Eigenschaften
•
Zusatz besonderer Leistungen, wie z.B. Garantien
•
Schaffung neuer Symbolbedeutung (Umfunktionieren des Images).
Das Risiko besteht darin, dass ein Teil der Stammkundschaft die Maßnahmen nicht würdigt und verloren geht.
8.2.2 Produktdifferenzierung Weitere Ausführungen kommen zu den bestehenden Produkten/Dienstleistungen hinzu. Ziel ist das Ansprechen verschiedener Käufergruppen, die Bedienung neuer Segmente und die Risikominimierung gegenüber dem direkten Wettbewerb. Der Vorteil liegt darin, dass der Gesamtumsatz gesteigert wird bei Erhaltung des Käuferpotenzials. Allerdings bedeutet diese Ausweitung höhere Fertigungsund Vertriebskosten bei gleichzeitiger Substitution, also Eigenkonkurrenz. Beispiele, unabhängig von der Kraftfahrzeugindustrie, sind z.B. die Zigarettenfabrik, die ihr Sortiment um Mentholzigaretten erweitert, oder der Feuerzeughersteller, der sein Programm um ein elektronisches Feuerzeug ausdehnt.
525
Längst werden nicht alle Segmente (z.B. Mittel- und Oberklasse) abgedeckt. Dieses enge Sortiment bedeutet einerseits, dass sich die DMW AG auf ihre eigenen Stärken konzentriert, andererseits besteht das Risiko, sich selbst einzuengen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, werden permanent bestehende Produkte geändert und technisch verbessert. Auch die Produktdifferenzierung wird bei der DMW AG groß geschrieben. Als Beispiel mag der „Shopper“ gelten, der auch mit Stufenheck und als Limousine angeboten wird. Das geplante Elektroauto, der Geländewagen sowie der Roadster sind weitere Produktdifferenzierungen bzw. können aufgrund des neuen Antriebs auch als Diversifikation bezeichnet werden. Diese Themen und einige Andeutungen zur Produktdifferenzierung stehen in einem Zeitungsartikel, der die zukünftigen Planungen der DMW AG näher beleuchtet: siehe folgendes Beispiel. Beispiel: Die DMW AG mit neuer Modellpalette Auf der gestern gestarteten IAA, der internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt am Main, gab das Vorstandsmitglied der DMW AG, Herr Dr. Schümann, einige grundlegende Neuerungen in der Sortimentspolitik bekannt. Der „Single“ wird überarbeitet und im nächsten Frühjahr mit neuem Look und verbesserter Technik auf dem Markt angeboten. Der „Shopper“ wird auch als Fünftürer und mit höherer PS-Zahl verlängert und als Großraumlimousine angeboten. Beim „Sporty“ werden die Sicherheitsstandards (BeifahrerAirbag serienmäßig) und die Umweltschutzbestimmungen (nach US-Norm) nochmal angehoben und liegen somit, lt. Konzernaussage, weit über den Anforderungen des Gesetzgebers und stellen sich damit wesentlich ausgeprägter als beim Wettbewerb dar.
526
8.2.3 Produktdiversifikation Aufnahme von neuen Produkten für neue Märkte. Ziele sind die Risikostreuung, der Gang in Wachstumsmärkte, der Ausgleich saisonaler Schwankungen, die Auslastung von Überkapazitäten, die Umgehung rechtlicher Restriktionen und gesetzlicher Vorlagen sowie das Ausweichen des Wettbewerbs aus gesättigten Märkten. Die Kehrseite der Medaille: Sie bedeutet gleichzeitig eine Maximierung des Risikos, denn bei hohem Finanzbedarf begibt man sich auf meist unbekanntes Terrain, wo das Know-how fehlt.
8.2.4 Produkteliminierung Die Produkteliminierung ist das Ausscheiden von Produkten oder ganzen Sortimenten. Als Ziele sind zu nennen: die Optimierung des Sortimentes und die Bereinigung um Produkte mit niedrigem Absatz/Umsatz, zu hohen Kosten und geringen Gewinnen/ Deckungsbeiträgen. Auch können die Produkte technisch veraltert sein. Das Risiko besteht darin, Artikel zu eliminieren, die zwar nicht lohnend sind, aber die u.U. wichtige „Umsatzbringer ziehen“ bzw. davon abhängig sind (Komplementärgüter, wie z.B. Ersatzteile). Je innovativer die Strategie ist (Differenzierung, Diversifikation), desto mehr kann das Unternehmen damit gewinnen, aber auch verlieren. Einerseits wird das Risiko minimiert und verteilt, andererseits nimmt der Entscheider aber auch ein höheres Risiko in Kauf. Denn, je weiter man sich von seinem Stammgeschäft entfernt, desto geringer die Erfahrung und desto höher die Ungewissheit, wie die Leistung auf dem Markt Gefallen findet und ob sie in eine Kaufentscheidung mündet.
Marketing
Weiterhin sagte Dr. Schümann, dass mit einem neuen Modell, dem „Funny“, ein Geländewagen/Funcar für unter 15 000,– EUR, zu rechnen sei, außerdem mit dem Joy, einem offenen kleinen Roadster. In wenigen Wochen wird das Auto in den Verkaufsräumen stehen. Unbestätigt blieben bisher Gerüchte, nach denen demnächst auch Omnibusse und Wohnwagen von der DMW AG angeboten würden. Auf die Frage, ob die DMW AG die Nähmaschinenfirma Axon, die überall im Osten Niederlassungen unterhält, kaufen würde, gab der Vorstandsvorsitzende keinen Kommentar ab und lächelte nur weise. Erst vor einem Jahr hatte die DMW AG Pech mit einer Übernahme. Quasi im letzten Moment kaufte ein japanischer Wettbewerber den Hannoveranern ein renommiertes französisches Zweiradunternehmen (Fahrräder, Motorräder, Mopeds) vor der Nase weg.
Aufgaben 15. Nachdem Sie den Zeitungsartikel gelesen haben, zeigen Sie auf, wie das Sortiment aussieht, träten alle Neuerungen und Gerüchte ein! 16. Wenn Sie eine Sortimentseliminierung machen, was passiert dann i.d.R. mit Absatz, Umsatz, Ertrag, Produktivität, Personalstand, Gewinn, Kosten, Wirtschaftlichkeit und Rentabilität? Setzen Sie die Kennziffern vernetzt in Beziehung! 17. Teilen Sie sich in Gruppen auf! Techniker, Einkäufer, Finanzfachleute, Verkäufer, Marketingfachleute sowie der Betriebsrat diskutieren kontrovers, was passiert, wenn das geplante Elektroauto nun doch nicht weiterentwickelt werden soll.
9.
Entgeltpolitik
527
9. Entgeltpolitik Auch Kontrahierungspolitik genannt, umfasst die Entgeltpolitik die Bereiche Preispolitik und Konditionenpolitik. Sie ist ein relativ flexibles Instrumentarium, das auch kurzfristig leicht zu beeinflussen ist.
9.1
Die Preispolitik
Die Preispolitik deckt zielorientierte Entscheidungen über die Preislage, innerhalb derer das Unternehmen operieren will, und über die Preisfixierung für neue Produkte bzw. über Preisänderungen für die im Leistungsprogramm enthaltenen Güter ab.
9.1.1 Preisabhängigkeiten Der Preis für ein Produkt ist von diversen Einflussfaktoren abhängig: •
Angebotsstruktur
Je weniger Mitbewerber auf dem Markt, desto höher i.d.R. der Preis. Mitbewerber Das Konkurrenzverhalten, ihre Ziele, Strategien, Maßnahmen und Produkte beeinflussen die eigene Preisfindung. •
Käufer
Die Bereitschaft zum Kauf muss vorhanden sein, der Preis muss dem Image entsprechen. •
Staatliche Beschränkungen
•
Produktlebenszyklus
In der Einführungs- und Wachstumsphase können aufgrund der höheren Attraktivität normalerweise höhere Preise als in der Sättigungs- und Rückgangsphase erzielt werden.
18. Bestimmen Sie nach der Diskussion einen Vorstandssprecher! Er soll, egal wie Ihre gemeinsame Entscheidung auch ausfällt, die Meinung des gesamten Gremiums gegenüber dem Lehrer vertreten. Beispiel: Die Entgeltpolitik der DMW AG Als kleiner, nur nationaler Anbieter, ist die DMW AG darauf angewiesen, eine moderate Entgeltpolitik zu betreiben. Einerseits dürfen die Preise und Konditionen nicht zu tief ausfallen, da man auf ausreichende Gewinne und Deckungsbeiträge angewiesen ist, andererseits sollten sie nicht – in Anbetracht des harten Wettbewerbs – so hoch sein, dass die potenziellen Käufer zur Konkurrenz abwandern. Allerdings ist die Markentreue im Automobilsektor ausgeprägt, d.h., die Wahrscheinlichkeit, dass ein Auto vom gleichen Hersteller gekauft wird, ist zwar eher rückläufig, aber noch recht hoch. Dennoch: Selbst Anbieter, die in der Vergangenheit keine ausgeprägte Präferenzstrategie gewählt haben, sind jetzt darauf angewiesen, mit einer konkurrenzfähigen Preispolitik im wachsenden Segment der Kleinwagen aktiv zu werden. Dazu kommen die Hersteller aus dem asiatischen Raum, die eine immer tragendere Rolle spielen. Ihre Vorteile liegen in den ausgereiften Fertigungsmethoden in europäischen Fabriken und bei den billigen Arbeitskräften in den Heimatländern. Dieser relativ niedrige Kostenblock spiegelt sich in den attraktiven Endverbraucherpreisen wider und wird gerade in rezessiven Zeiten für die DMW AG, deren Autos nicht zu den Spitzenreitern zählen, was den Wiederverkaufswert angeht, zu einer echten Herausforderung, auch wenn schwankende Wechselkurse von Zeit zu Zeit ein wenig Trost vermitteln.
528
•
Marketing
Das Produkt selbst
Handelt es sich um eine Innovation, also um eine Marktneuheit, kann der Preis höher ausfallen als bei einem me-too-Produkt.
9.1.2 Die Preisbildung Der „richtige Preis“ entscheidet nicht selten über Erfolg oder Misserfolg einer Neueinführung. Preise werden ermittelt. •
kostenorientiert
Zu den Kosten (variable und Gemeinkosten) wird ein gewünschter Gewinn hinzugerechnet. Das ist zwar einfach, aber nicht praktikabel, da bei geringen Mengen die fixen Kosten auf das geringere Volumen umgerechnet werden. •
Die Entgeltpolitik der DMW AG
mitbewerberorientiert
Preisänderungen der Konkurrenz werden imitiert. Dieses Verhalten ist häufig dann zu beobachten, wenn der Wettbewerb hart ist, oder es handelt sich um homogene, also austauschbare Produkte, bei denen der Verbraucher seine Entscheidung nach dem günstigsten Preis fällt. •
Abb. 29:
nachfrageorientiert
Der Preis wird alleine durch Angebot und Nachfrage geregelt. Gerade bei Neueinführung ist allerdings schwer abzuschätzen, wie viel der Käufer bereit ist zu zahlen. Zur Ermittlung werden im Rahmen der Marktforschung Preistests durchgeführt oder Testmärkte eingerichtet. Damit können Rückschlüsse auf die Akzeptanz von Produkt und Preis gezogen werden.
9.1.3 Preisdifferenzierung Wird ein Artikel mit unterschiedlichen Preisen verkauft, handelt es sich um eine Preisdifferenzierung zur besseren Ausschöpfung des Marktpotenzials.
Zusätzliches zum Markt Wenngleich die Angebote der einzelnen Anbieter nicht immer vollständig vergleichbar sind, z.B. durch voneinander abweichende Ausstattungen, handelt es sich bei Kraftfahrzeugen um einen oligopolistischen Markt (wenige Anbieter, viele Nachfrager). Die Verbraucher haben die Möglichkeit, Leistungen und Preisforderungen zu vergleichen. Gerade in dieser Produktkategorie werden günstige Anschaffungskosten zwar immer wichtiger, aber in einem Markt, in dem sich zahlreiche Premiumanbieter tummeln, ist das nicht alles. So konnte es sich in der Vergangenheit ein Hersteller in Deutschland erlauben, seine Produkte so zu kalkulieren, dass bestimmte technische Neuerungen eingebaut wurden, die Kosten dafür wurden addiert, und gekrönt wurde dies mit einem saftigen Gewinnaufschlag. Und die Besteller freuten sich, wenn das neue Gefährt nach einer Wartezeit von mehreren Monaten plötzlich und unerwartet vor der Tür stand!
9.
•
Entgeltpolitik
Räumliche Preisdifferenzierung bedeutet, dass auf verschiedenen Märkten (lokal, regional, national, international) unterschiedliche Preise gefordert werden.
•
Zeitliche Preisdifferenzierung heißt, dass zu verschiedenen Zeitpunkten voneinander abweichende Preise verlangt werden. Damit wird eine gleichmäßigere Auslastung geschaffen.
•
Personelle Preisdifferenzierung: Verschiedene Kunden erhalten das Produkt zu unterschiedlichen Preisen.
•
Verwendungsbezogene Preisdifferenzierung: Güter, die für verschiedene Zwecke eingesetzt werden, haben voneinander abweichende Preise.
•
Preisdifferenzierung nach Produktvarianten: Leichte Produktdifferenzierungen werden eingebaut, um unterschiedliche Preise zu rechtfertigen. Sonderwünsche werden dadurch berücksichtigt, der Markt differenziert bedient.
•
Preisdifferenzierung nach abgenommener Menge: Die gleiche Ware wird billiger angeboten, je mehr abgenommen wird. Eigentlich zur Rabattpolitik gehörend, kann durch diese Anreizfunktion der absolute Gewinn gesteigert werden.
9.1.4 Preisstrategien Bei Neueinführungen können hauptsächlich zwei Strategien zum Einsatz kommen: 9.1.4.1
Die Abschöpfungsstrategie
Bei der Abschöpfungsstrategie, auch „skimming-policy“ genannt, wird in der Anfangsphase ein relativ hoher Preis gefordert, der im Laufe des Produktlebenszyklus zurückgenommen wird. Die ursprünglich hohe Kaufbereitschaft der Konsumenten wird somit „abgeschöpft“.
529
Beispiel: DMW AG Da das Mitbewerberverhalten kaum oder gar nicht von der DMW AG beeinflusst werden kann, ist das Unternehmen stets darauf angewiesen, durch Rationalisierungen, z.B. schlanke und effektive Produktionsverfahren, die Kosten zu reduzieren. Die Möglichkeiten für Preisdifferenzierungsstrategien sind für die DMW AG als nationaler Anbieter beschränkt. Das Preiskonzept bei dem niedersächsischen Unternehmen ist so gestaltet, dass alle Modelle mit bestimmten Ausstattungen zu einem Fixpreis an die gebundenen Vertriebshändler, wenn von dort eine Bestellung vorliegt, verkauft werden. Die personelle Preisdifferenzierung, also z.B. das Einräumen eines Mengen- oder persönlichen Rabattes, liegt alleine im Ermessen des Absatzmittlers. Da er sich verpflichtet, die Autos zu einem Listenpreis abzunehmen, gehen diese Rabatte alleine zu seinen Lasten, sein Gewinn und seine Spanne sinken. Mit diesem Verfahren verhindert die DMW AG, dass die Produkte dem Preisverfall unterliegen. Unter den Händlern kann dies allerdings zu Preiskämpfen führen. Das ist dann der Fall, wenn ein Absatzmittler dringend auf Umsatz angewiesen ist. Bei den existierenden Modellen kommt einmal in zwölf Monaten ein Sondermodell mit exklusiver Lackierung und spezieller Ausstattung auf den Markt. Der Preis ist höher als bei einer vergleichbaren Standardausführung, aber niedriger, als wenn die zusätzlichen Einbauten separat berechnet würden. Dadurch erfolgt eine Produktdifferenzierung. Durch gezielte Werbung werden bisherige Nichtkäufer angesprochen. Diese Aktionen laufen jeweils zwei Monate. Sie dürfen nur zeitlich begrenzt durchgeführt werden, da das Standardmodell ansonsten an Bedeutung verlöre und die Deckungsbeiträge relativ sinken würden.
530
Marketing
•
innovatives Produkt, das sich nicht vergleichen lässt
•
keine Mitbewerber in der ersten Phase
•
keine oder nur wenige Produktkenntnisse der Verbraucher
•
relativ preisunelastische Nachfrage (siehe 9.1.5)
•
ausreichendes Potenzial von Käufern
•
kein Image des Ausbeutens
•
spätere Preisreduzierungen dürfen dem Image des Produktes nicht schaden.
9.1.4.2
Die Penetrationsstrategie
Auch als „penetration-policy“ bezeichnet, zielt diese Strategie darauf ab, ein hohes Absatzvolumen mit einem niedrigen Preis zu erreichen. Das geschieht vor allem in Feldern, bei denen es keine gravierenden Produktvorteile anderer Mitbewerber gibt, die Produkte sind sich recht ähnlich. Wer diesen Weg einschlägt, sollte folgende Bedingungen erfüllen: •
Die Nachfrage muss relativ unelastisch sein (siehe 9.1.5).
•
Es darf kein Negativ-Image für Produkt und Unternehmen durch niedrigen Preis geben.
•
Es darf kein noch preiswerterer Anbieter auf dem Markt sein.
•
Der Markt muss groß sein, um Absatzmengen und Stückkostendegression zu sichern.
•
Andere Mitbewerberprodukte bieten keine weiteren Vorteile.
•
Langfristig sollte eine ausreichende Finanzdecke vorhanden sein, die wegen des hohen Kapazitätsbedarfs hohe Investitionssummen notwendig macht, bei niedrigen Gewinnen und Deckungsbeiträgen pro Stück.
Später, bei Preissenkungen, werden auch die Endverbraucher erreicht, die den hohen Preis zum Start nicht akzeptierten. Die Strategie empfiehlt sich insbesondere für bisher noch nicht im Markt befindliche (Gebrauchs)güter. Soll dieses Vorgehen erfolgreich sein, so sind einige Voraussetzungen zu erfüllen: Die Modelle der DMW AG sind auf einem guten technischen Stand und bei dem jeweiligen Markteintritt mit richtungsweisenden Innovationen ausgestattet worden. Aber die Mitbewerber haben bei diesen Zusatzleistungen relativ schnell nachziehen können. Die DMW AG führt „proaktive Preissenkungen“ durch. Kommt ein neues Modell eines ernst zu nehmenden Mitbewerbers auf den Markt, so wird, kurz nachdem Preis und Ausstattung bekannt sind, das eigene Auto mit einer Sonderausstattung offensiv beworben. Damit wird der Konkurrenz gleich „Wind aus den Segeln“ genommen, denn gerade im Automobilsektor ist der Start eines Modells oft entscheidend für seinen weiteren Werdegang. Bei dem „Funny“ soll eine reine Penetrationsstrategie zum Tragen kommen, um schnell hohe Marktanteile bei der Zielgruppe der jungen Leute mit individueller Lebensweise zu erzielen.
Abb. 30:
Abschöpfungsstrategie
9.
Entgeltpolitik
9.1.5 Preiselastizität der Nachfrage Die Preiselastizität der Nachfrage sagt aus, wie die Reaktion der Nachfrage auf eine Preisänderung verläuft. Sie gibt an, um wie viel sich eine nachgefragte Menge ändert, wenn sich der Preis ändert. Anders ausgedrückt: Die Preiselastizität der Nachfrage gibt die Reaktionen der Käufer auf Preisänderungen im Hinblick auf die Menge wieder.
531
Kommt das Elektroauto, ist bislang eine extreme Abschöpfungspolitik angedacht. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind sich die Ingenieure sicher, dass kein anderer Hersteller dieses Mobil derart weit entwickelt hat. Eine breit angelegte Marktforschungsstudie hat zudem ergeben, dass es eine große Anzahl von potenziellen Käufern gibt, die der Umwelt zuliebe bereit wären, einen relativ hohen Preis für dieses Vehikel zu akzeptieren. Weiterer Vorteil wäre, dass sich die Entwicklungskosten zügiger amortisierten.
Bei preisabhängigen Produkten geht die Nachfrage bei einer Preiserhöhung stark zurück, bei einer Senkung steigt die Nachfrage stark. Handelt es sich um Produkte, bei denen der Preis eine untergeordnete Rolle spielt, verändert sich die Nachfrage nur leicht nach unten; bei einer Preisanhebung bleibt der Absatz nahezu konstant.
Hoher Preis in der Einführungsphase, der im Laufe des Produktlebenszyklus sukzessive gesenkt wird Vorteile: •
schnelle Amortisation von F&E
•
Realisierung schneller Gewinne/ Deckungsbeiträge
Generell kann gesagt werden:
•
geringe Kapazitäten
Je höher der Preis, desto größer die Elastizität; je niedriger der Preis, desto kleiner die Elastizität. (Man kann sich die Umsatzentwicklung am besten an Produkten der Lebenshaltung klar machen. Fällt der Brotpreis, werden die Menschen trotzdem kaum mehr Brot als vorher verzehren, der Umsatz wird also nicht oder kaum steigen. Fällt dagegen der Sektpreis, so könnte es sein, dass sich sehr viel mehr Konsumenten für dieses Getränk entscheiden.)
•
hohes Image durch Symbolcharakter des Preises
•
keine spätere Preiserhöhung notwendig
•
Abschöpfen der Preis- und Kaufbereitschaft
•
geringeres Floprisiko, weil kleine Mengen
Auszug aus einer geplanten Anzeige, die den niedrigen Kaufpreis des „Funny“ herausstellt:
Abb. 31:
Werbekampagne für den Funny
Abb. 32:
Penetrationsstrategie
532
Marketing
Mit einem relativ niedrigen Preis wird schnell ein hohes Absatzvolumen erreicht. Vorteile: •
schneller Gewinn deckungsbeträgen
•
Kosten sinken bei hoher Ausbringungsmenge
•
potenzielle Konkurrenten werden entmutigt
•
schnelles Erreichen von Marktanteilen
•
Ausnutzung des Niedrigpreissegments
bei
niedrigen
Stück-
Aufgaben 19. Als der Preis für einen Porsche erheblich angezogen hatte, blieb dennoch davon die verkaufte Menge unberührt. Als die Sektsteuer heraufgesetzt wurde, ließen sich keine Absatzreaktionen feststellen. Können Sie das erklären? 20. a)
Bisher nahmen wir an, dass bei sinkendem Preis die Nachfragemenge wächst. In diesem Fall hat die Nachfragekurve einen von links oben nach rechts unten fallenden Verlauf. Wir sprechen von normal elastischer Nachfrage. Normal elastisch ist die Nachfrage deshalb, weil wir annehmen, dass die meisten Güter bei sinkendem Preis mehr und bei steigendem Preis weniger nachgefragt werden.
Als BMW in den USA den Preis seiner Limousinen senkte, fiel auch der Absatz. Wie ist die Reaktion der Kunden zu begründen?
b) Als im Jahr 2006 der Benzinpreis von einem Höchstpreis wieder fiel, haben Konsumenten dennoch kaum mehr getankt. Begründung?
Für einige Güter gilt, dass bei steigendem Preis die Nachfrage zunimmt und umgekehrt bei sinkendem Preis auch die Nachfrage sinkt. Wir sprechen dann von einer anomal elastischen Nachfrage. Die Nachfragekurve steigt von unten links nach oben rechts. Abb. 33:
Die Abhängigkeit von Preis und Menge Quelle: Tiedtke/Witthoff: Industriebetriebslehre, S. 301
Abb. 34:
Die abgesetzte Menge bei unterschiedlichen Preisen
9.
9.2
Entgeltpolitik
533
Die Konditionenpolitik
Als Mittel der indirekten Preispolitik kann die Konditionenpolitik ganz flexibel eingesetzt werden, gerade wenn große Mengen verhandelt werden. Nachfolgend die wichtigsten Bestandteile:
9.2.1 Rabattpolitik •
Funktionsrabatte
•
Mengenrabatte
•
Zeitrabatte
•
Aktionsrabatte
•
Treuerabatte
9.2.2 Absatzkreditpolitik •
Kreditform
•
Kreditlaufzeit
•
Kreditabwicklung
•
Kreditnehmer
Die DMW AG setzt als Mittel zur Absatzförderung eine aktive Konditionenpolitik ein, die allerdings gerade in Zeiten des Abschwungs auch von den Mitbewerbern wahrgenommen wird. Um Kapazitäten zumindest auszulasten und die Kosten für die Lagerhaltung zu begrenzen, unterbieten sich die Händler in Abstimmung mit den Herstellern mit Preisen und Rabatten sowie Finanzierungsmodellen. Der Käufer wird durch niedrige Anzahlungen über eine lange Laufzeit mit niedrigen Raten gelockt. Auch die Leasingkonditionen gestalten sich dann entsprechend dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage recht günstig. Große Taxi- und Fuhrunternehmen (das gilt nicht für die DMW AG, weil das Unternehmen keine adäquaten Modelle anbietet) erhalten Mengen- und Treuerabatte. Bevorzugt behandelt werden von der DMW AG zwei national agierende Mietwagenfirmen, die erstmalig im letzten Jahr zu Sonderkonditionen Großaufträge für den „Sporty“ platziert haben.
9.2.3 Zahlungsbedingungen •
Zahlungsfristen
Aufgabe
•
Zahlungsweise
21. a)
•
Zahlungssicherungen
•
Inzahlungnahme
9.2.4 Lieferbedingungen •
Ort der Lieferübernahme
•
Verpackungs-, Fracht- und Versicherungskosten
•
Mindestmengen
•
Umtausch- und Rückgabemöglichkeiten
•
Konventionalstrafen
Die Elastizität (e) wird ermittelt, indem die relative (prozentuale) Änderung der Nachfrage durch die relative (prozentuale) Änderung des Preises geteilt wird. Was für Elastizitätsverhältnisse liegen vor, wenn •
e größer als 1 ist
•
e kleiner als 1 ist und
•
e gegen 0 strebt?
b) Welchen Zeitraum würden Sie bei der Elastizitätsbetrachtung als noch akzeptabel ansehen, wenn es darum geht, sich auf den Markt einzustellen?
534
Abb. 35:
Marketing
Wie die Preise und Konditionen bestimmt werden, und wovon sie abhängig sind
10. Distributionspolitik Ist die Entgeltpolitik eher kurzfristiger Natur, so müssen die distributionspolitischen Konzepte langfristig angepackt werden, da mit der Wahl der Vertriebssysteme weit reichende Konsequenzen vollzogen werden. Die Distributionspolitik behandelt alle Entscheidungen, die im Zusammenhang mit dem Weg eines Produktes zum Endverkäufer stehen. Sie umfasst sowohl die Wahl der Absatzwege, Absatzformen und Vertriebssysteme als auch die physische Distribution/Logistik.
10.1 Absatzwege Grundsätzlich kann der Hersteller seine Produkte direkt oder indirekt absetzen. Von entscheidender Bedeutung bei der Wahl sind vier Komponenten:
Beispiel: Ausnahmsweise werden Sie an dieser Stelle nicht erfahren, wie die DMW AG ihre distributionspolitischen Probleme gelöst hat. Auf der linken Seite haben sie den theoretischen Teil gelesen – stellen Sie sich nun der folgenden Aufgabe.
Aufgabe 22. Bereiten sie in Gruppen von 3–5 Personen einen umfassenden Vorschlag vor, wie die DMW AG ihre Distributionspolitik in Bezug auf Vertriebssysteme, Absatzwege und Absatzformen gestalten soll! Schauen Sie sich auch an, wie in Deutschland die Automobilindustrie verfährt! Würden Sie etwas anders gestalten? Soll die DMW AG genauso handeln oder bewusst einen anderen Weg einschlagen?
534
Abb. 35:
Marketing
Wie die Preise und Konditionen bestimmt werden, und wovon sie abhängig sind
10. Distributionspolitik Ist die Entgeltpolitik eher kurzfristiger Natur, so müssen die distributionspolitischen Konzepte langfristig angepackt werden, da mit der Wahl der Vertriebssysteme weit reichende Konsequenzen vollzogen werden. Die Distributionspolitik behandelt alle Entscheidungen, die im Zusammenhang mit dem Weg eines Produktes zum Endverkäufer stehen. Sie umfasst sowohl die Wahl der Absatzwege, Absatzformen und Vertriebssysteme als auch die physische Distribution/Logistik.
10.1 Absatzwege Grundsätzlich kann der Hersteller seine Produkte direkt oder indirekt absetzen. Von entscheidender Bedeutung bei der Wahl sind vier Komponenten:
Beispiel: Ausnahmsweise werden Sie an dieser Stelle nicht erfahren, wie die DMW AG ihre distributionspolitischen Probleme gelöst hat. Auf der linken Seite haben sie den theoretischen Teil gelesen – stellen Sie sich nun der folgenden Aufgabe.
Aufgabe 22. Bereiten sie in Gruppen von 3–5 Personen einen umfassenden Vorschlag vor, wie die DMW AG ihre Distributionspolitik in Bezug auf Vertriebssysteme, Absatzwege und Absatzformen gestalten soll! Schauen Sie sich auch an, wie in Deutschland die Automobilindustrie verfährt! Würden Sie etwas anders gestalten? Soll die DMW AG genauso handeln oder bewusst einen anderen Weg einschlagen?
10.
Distributionspolitik
•
die Wirtschaftlichkeit, also das Verhältnis von Kosten zu Leistungen
•
die Kunden und deren Vorlieben, wo, wann und wie sie einkaufen
•
die Marktabdeckung, denn die Ware sollte dort erhältlich sein, wo Nachfrage besteht. Gegenüber Mitbewerbern soll eine starke Position, z.B. eine breite Warenpräsenz, erzielt werden
•
die Kontrolle, der Hersteller möchte in der Regel seine Erzeugnisse bis zum Konsumenten kontrollieren, um seine Strategie voll durchsetzen zu können und beispielsweise das Produkt nicht zu „verramschen“.
535
Diskutieren Sie in Ihrer Gruppe! Nach 20 Minuten kommen Sie zu einer Meinung. Nutzen Sie weitere 10 Minuten, um Ihren Vorschlag zu skizzieren! Ihre anschließende Präsentation des Gruppensprechers sollte 5 Minuten nicht überschreiten. Viel Spaß!
10.1.1 Der direkte Absatz Der direkte Absatz liegt immer dann vor, wenn der Hersteller den Vertrieb bis zum Endverbraucher in eigener Regie durchführt. Der Hersteller übernimmt dann folgende Funktionen selbst: •
Festlegung von Preis- und Lieferbedingungen
•
Werbung, Präsentation, Erklärung und Verkauf
•
Lagerung und Lieferung
•
Serviceleistungen wie Installation, Umtausch, Reparatur, Unterhaltung
•
Kreditierung und Inkasso.
Diese Aufgaben verursachen hohe Kosten, bedeuten aber gleichzeitig eine gute Kontrolle. Neben dem Dienstleistungssektor ist der Direktabsatz stark vertreten bei erklärungsbedürftigen Anlagegütern und qualifizierten Gebrauchsartikeln. Die Ware wird dann i.d.R. ab Fabrik, in der eigenen Filiale, aus dem Katalog oder an der Tür bzw. auf der Party verkauft. Der Verkauf über das Internet verzeichnet bei bestimmten Warengruppen (CDs, Bücher, Reisen) beträchtliche Absatzsteigerungen.
Abb. 36:
Absatzwege
536
Marketing
10.1.2 Der indirekte Absatz Werden Erzeugnisse über den Handel oder rechtlich selbstständige Kaufleute vertrieben, spricht man vom indirekten Absatzweg. Dabei werden eine oder mehrere Zwischenstufen eingesetzt, um die Produkte an den Letztabnehmer zu befördern. Beim Einstufenabsatz wird ein Zwischenglied genutzt, z.B. der Einzelhändler; beim Zweistufenabsatz sind es beispielsweise Groß- und Einzelhändler, die zwischen Hersteller und Konsumenten die Ware weiterleiten. Je mehr Stufen, desto geringer die Kontrolle. Trotzdem werden Zwischenglieder eingesetzt, denn •
fehlt es den Produzenten an Kapital, ein eigenes Vertriebsnetz aufzubauen, ist es leichter, ein existierendes und etabliertes System zu nutzen
•
auch wenn bestehende Mittel vorhanden sind, kann der fremde Vertrieb eine höhere Rentabilität bedeuten
•
sind die Sortimente der Hersteller tief, aber nicht breit, wirken sie für den Konsumenten – trotz der zunehmenden Spezialisierung und Segmentierung – alleine präsentiert oftmals unattraktiv.
Abb. 37:
Schematische Darstellung der Absatzwege mit ein- und zweistufigem indirektem Absatz
Abb. 38:
Absatzwege ohne und mit Absatzmittlern
Die Händler haben auch Erzeugnisse anderer Unternehmen im Sortiment. Das garantiert eine breite, attraktivere Angebotspalette. •
Der Händler hat Erfahrung im Umgang mit Kunden, gute Geschäftskontakte, ein spezielleres Know-how und kennt sich bei der Warenpräsentation aus.
•
Der Händler ist vor Ort, d.h., der Konsument kann die Ware an seinem Wohnort bzw. in seiner Nähe erwerben, ohne eigene Kosten für den Transport und mehr Zeit in Kauf nehmen zu müssen.
•
Auch volkswirtschaftlich bedeutet die Verteilung über Absatzmittler eine Kosten sparende Arbeitsteilung, denn die Kontakte verringern sich, und die Umwelt wird vergleichsweise weniger belastet.
10.
Distributionspolitik
537
10.1.2.1 Der Großhandel
Aufgaben
Der Großhandel fasst das Warenangebot einer oder mehrerer Branchen zusammen. Er verkauft weiter an den Einzelhandel, Gewerbetreibende sowie Großverbraucher (Krankenhäuser, gastronomische Betriebe). Er übernimmt vom Hersteller die Aufgaben der Sortierung, Lagerhaltung, Lieferung und Kreditierung. Durch seine Hilfe kann der Hersteller u.U. seinen Außendienst reduzieren, die Abnahmemengen sind i.d.R. hoch.
23. Im Großhandel unterscheidet man Spezialhandel und Sortimentshandel (vgl. Abb. 36). Versuchen Sie herauszufinden, worin der Unterschied besteht! 24. a)
Wie erklären Sie sich, dass es heute immer noch genügend Spezialgeschäfte gibt, obwohl diese höhere Preise verlangen?
10.1.2.2 Der Einzelhandel Der Einzelhandel beliefert die Privathaushalte. Es gibt mehrere Typen, die sich insbesondere durch Sortimentsbreite und -tiefe, die Preisgestaltung, den Servicegrad und den Standort unterscheiden. Der Einzelhandel begegnet uns in vielen Variationen, mit denen sich der Konsument versorgt. Ob es eigenständige Supermärkte sind oder Filialbetriebe (z.B. solche von Edeka, Lidl, Aldi, Plus, Minimal, Sky usf.) oder Fachgeschäfte, also typische Einzelhandelsgeschäfte, sie tragen zur Vielfalt des Angebots bei. Fest allerdings steht, dass das typische Geschäft um die Ecke, der Tante-EmmaLaden, ausstirbt.
10.2 Vertriebssystem Drei Möglichkeiten stehen dem Hersteller als Alternativen zur Verfügung: •
b) Definieren Sie die beiden Begriffe Fachgeschäft und Gemischtwarenladen! Hersteller
Exklusiv: Bewusste Einschränkung auf einen Händler für ein definiertes Gebiet, bietet sich für sehr hochwertige, imageträchtige Marken an.
•
Selektiv: Mischform zwischen intensivem und exklusivem Vertrieb, ausgewählte Händler/Vertriebssysteme werden beliefert.
Händler
Distribu- - hohe Bestellmention gen - i.d.R. intensive Distribution - Hervorhebung der eigenen Produkte - Hervorhebung des ganzen Sortiments - Schaffung eines hohen Markenimages - Bildung positiver Einstellungen Entgelt - seriöse Preisgestaltung - einheitliche Preise - angemessene Handelsspannen Produkt -
Intensiv: Das Produkt wird sehr breit angeboten, die maximale Marktabdeckung soll erfüllt werden.
•
Wie Sie aus demselben Schaubild entnehmen können, ist der Einzelhandel sehr differenziert.
Kommunikation -
Abb. 39:
- schnelle Lieferung auch kleiner Mengen - gleichmäßige Platzierung - Hervorhebung ausgewählter Marken - Profilierung der eigenen Einkaufsstätte - Erhöhung der Kaufbereitschaft - punktuell aggressive Preise - punktuelle Preisdifferenzierung - hohe Handelsspannen hohes Image von - Sortimentsimage Marke und Produkt - gemäßigte Innovahohe Innovationstionsrate rate - Förderung von Förderung eigener Handelsmarken Marken Erhöhung der - Erhöhung der Produkttreue Händlertreue nationale Bekannt- - lokale/regionale heit Bekanntheit positive Abgren- positive Abgrenzung gegenüber zung gegenüber anderen Marken anderen Händlern
Ziele und Erwartungen von Herstellern und Händlern
538
Marketing
10.3 Die Absatzformen
Aufgaben 25.
Drei Formen gibt es: •
betriebseigene Verkaufsorgane, z.B. Mitglieder der Geschäftsleitung, Keyaccounter, Reisende, Automaten, Geschäfte, Telefonverkauf, schriftliche Bestellung
•
Absatzvermittler wie Handelsvertreter (selbstständige Kaufleute, die im Namen einer Firma Geschäfte unter fremden Namen anbahnen)
•
Kommissionäre (Verkauf im eigenen Namen für fremde Rechnung)
•
Makler, die Verkäufer und Käufer meist fallweise zusammenbringen und bei Abschluss eine Provision erhalten
•
betriebsfremde Verkaufsorgane wie der Groß- und Einzelhandel (siehe 10.1)
10.4 Physische Distribution/Logistik Wie welche Produkte physisch vom Hersteller zum Endverbraucher transportiert werden, und wie sie in welchen Mengen gelagert werden, hängt von diversen Einflussfaktoren ab: •
vom Markt (Art und Größe des Verkaufsgebietes, Kaufgewohnheiten, Struktur des Handels, Systeme der Mitbewerber)
•
vom Unternehmen (Standort, Stellung im Markt, Finanzkraft, Sortimentsstruktur)
•
von den Produkten (Gewicht, Konsistenz, Sperrigkeit, Verderblichkeit, Empfindlichkeit).
Die Entscheidungen innerhalb der Distribution, also Fragen zu geeigneten Vertriebssystemen, Absatzformen und Absatzwegen, sowie die Logistik sind eng miteinander verknüpft und müssen ganzheitlich aufeinander abgestimmt sein. Und das natürlich auch mit den anderen Komponenten des Marketing-Mix.
Abb. 40: a)
Zwei Stellenanzeigen Wer wird hier gesucht? Skizzieren Sie die Positionen!
11.
Kommunikationspolitik
539
b) Ordnen Sie die Personen in die Absatzformen ein! 26. Bitte sehen Sie sich diese Anzeige (links) an!
Abb. 41:
Zunächst wird ein Handelsvertreter gesucht, dann ein Gesundheitsberater. Was halten Sie von diesem Anzeigenteil? Geben Sie Begründungen ab!
Aus einer historischen Anzeige
11. Kommunikationspolitik Das Produkt ist marktreif, die Distributionswege sind gewählt, und es ist erhältlich. Jetzt gilt es, den Verbraucher darüber zu informieren und das Produkt „in einem guten Licht zu präsentieren“. Dafür stehen verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl: Werbung, Verkaufsförderung (VKF), Publicrelations (PR), Sponsoring, Webauftritt oder die Kombination von Möglichkeiten. Wie auch immer, hierbei handelt es sich um den Kommunikationsmix. Die Kommunikationspolitik befasst sich mit der Übermittlung von Informationen an Kunden, Verbraucher und die Umwelt, um Meinungen, Einstellungen, Erwartungen und Verhaltensweisen zu steuern.
Abb. 42:
Kommunikationspolitik
Ergänzendes
11.1 Werbung Werbung ist der Einsatz besonderer Werbemittel mit dem Ziel, das Interesse von Personen bzw. Gruppen für bestimmte Produkte und Dienstleistungen zu wecken und dabei positive Reaktionen auszulösen und zum Kauf der Güter zu veranlassen.
Autos sind faszinierende Produkte, haben weltweit das 20. Jahrhundert geprägt und stellen in der heutigen Zeit zugleich Fluch und Segen dar: Einerseits sorgen sie für die Mobilität des Einzelnen und Wohlstand für die Gesellschaft, andererseits tragen sie erheblich zur Umweltverschmutzung bei. Nach dem zweiten Weltkrieg hat Deutschland ganz besonders von seiner starken Automobilindustrie profitiert. Autos „Made in Germany“ sind nach wie vor ein Gütesiegel für hohe Qualität, etwa jeder siebte Arbeitsplatz ist in irgendeiner Weise von dieser Branche abhängig.
11.
Kommunikationspolitik
539
b) Ordnen Sie die Personen in die Absatzformen ein! 26. Bitte sehen Sie sich diese Anzeige (links) an!
Abb. 41:
Zunächst wird ein Handelsvertreter gesucht, dann ein Gesundheitsberater. Was halten Sie von diesem Anzeigenteil? Geben Sie Begründungen ab!
Aus einer historischen Anzeige
11. Kommunikationspolitik Das Produkt ist marktreif, die Distributionswege sind gewählt, und es ist erhältlich. Jetzt gilt es, den Verbraucher darüber zu informieren und das Produkt „in einem guten Licht zu präsentieren“. Dafür stehen verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl: Werbung, Verkaufsförderung (VKF), Publicrelations (PR), Sponsoring, Webauftritt oder die Kombination von Möglichkeiten. Wie auch immer, hierbei handelt es sich um den Kommunikationsmix. Die Kommunikationspolitik befasst sich mit der Übermittlung von Informationen an Kunden, Verbraucher und die Umwelt, um Meinungen, Einstellungen, Erwartungen und Verhaltensweisen zu steuern.
Abb. 42:
Kommunikationspolitik
Ergänzendes
11.1 Werbung Werbung ist der Einsatz besonderer Werbemittel mit dem Ziel, das Interesse von Personen bzw. Gruppen für bestimmte Produkte und Dienstleistungen zu wecken und dabei positive Reaktionen auszulösen und zum Kauf der Güter zu veranlassen.
Autos sind faszinierende Produkte, haben weltweit das 20. Jahrhundert geprägt und stellen in der heutigen Zeit zugleich Fluch und Segen dar: Einerseits sorgen sie für die Mobilität des Einzelnen und Wohlstand für die Gesellschaft, andererseits tragen sie erheblich zur Umweltverschmutzung bei. Nach dem zweiten Weltkrieg hat Deutschland ganz besonders von seiner starken Automobilindustrie profitiert. Autos „Made in Germany“ sind nach wie vor ein Gütesiegel für hohe Qualität, etwa jeder siebte Arbeitsplatz ist in irgendeiner Weise von dieser Branche abhängig.
540
Werbung soll vor allem informieren (über ein Produkt, über Preisänderungen, verbesserte Leistungen, neues Design etc.), überzeugen (nämlich von den Vorteilen und dem hohen Nutzen) und erinnern (dann, wenn das Produkt i.a. bekannt ist, aber der Verbraucher hin und wieder „einen Anstoß braucht“). Bei den Umworbenen soll letztendlich der Kaufentschluss ausgelöst werden, was auch in der sog. AIDA-Formel zum Ausdruck kommt. Zunächst erlangt der potenzielle Käufer Kenntnis von dem Produkt („attention“), vielleicht interessiert er sich dafür („interest“), er verspürt den Wunsch, es zu erwerben („desire“) und führt den Kauf durch („action“). Absatzwerbung wird vorwiegend als Einzelwerbung betrieben. Werben mehrere Unternehmen für gleichartige Produkte, handelt es sich um Gemeinschaftswerbung. Als dritte Möglichkeit sei die Verbundwerbung genannt, bei der mindestens zwei Unternehmen mit unterschiedlichen Produkten gemeinsam auftreten.
Marketing
Das Image eines Unternehmens und seiner Fabrikate hat einen entscheidenden Anteil am Absatzerfolg. Nur so ist das Engagement etwa der Motoren- und Reifenhersteller in der teuren Formel 1 zu erklären. Vorteile gegenüber den Mitbewerbern erzielt in dieser Branche nur der, der kommunikativ aktiv ist. Im Allgemeinen erinnert man sich an Werbespots der Autoanbieter nicht nur am besten, sondern sie werden auch am positivsten eingestuft. So konnten die befragten Personen in einer repräsentativ angelegten Studie durchschnittlich acht Automarken nennen. In der Regel kommen den Konsumenten nur zwei bis vier Marken pro Branche in den Sinn. Gemäß der hohen Bedeutung und Akzeptanz und des harten Wettbewerbs ist auch die DMW AG gezwungen, sehr hohe Etats sowohl für Werbung, PR, Sponsoring, einen professionellen, aktuellen Webauftritt, Messen, Dialogmarketingaktivitäten VKF bereitzustellen.
11.1.1 Durchführung einer Werbekampagne 11.1.1.1 Ziele Werbeziele sind Teilziele der Unternehmensund Marketingziele und müssen darauf abgestimmt sein. 11.1.1.2 Etat Damit die Werbung einen größtmöglichen Erfolg hat, sollten die knappen Werbegelder, der sog. Etat oder das sog. Budget, so bemessen sein, dass die realistischen Werbeziele auch erreicht werden.
Abb. 43:
Was die Werbung bezweckt
11.
Kommunikationspolitik
11.1.1.3 Die Werbebotschaft Steht der Etat fest, wird die Werbebotschaft, das ist die grundsätzliche Argumentation und Positionierung, erarbeitet. Hier geht es vor allem darum, der gewünschten Zielgruppe Sinn und Zweck des Produktes sowie Nutzen und Vorteile deutlich herauszustellen. Zentrale Botschaften können z.B. abgeleitet werden von: •
dem Produkt (Qualität, Preis, Leistung, Vorteile gegenüber anderen Angeboten)
•
den Botschaftsempfängern (z.B. Männer/Frauen, Kinder/Erwachsene, soziale Gruppen, Einkommensschichten)
•
den Bedürfnissen, die das Produkt befriedigt (Sicherheit, Grundbedürfnisse, soziale Anerkennung)
•
den Botschaften der Konkurrenten (Schaffung neuer, noch nicht verwendeter Botschaften oder die Nachahmung erfolgreicher und bewährter Ansprachen der Konkurrenz (siehe me-too-Produkt).
11.1.1.4 Werbemittel und Werbeträger Bei der Planung ist nicht nur wichtig, was gesagt werden soll (Werbebotschaft), sondern auch, wo geworben wird, also welche Werbemittel und -träger zum Einsatz kommen sollen. Werbeträger sind solche Gegenstände oder Einrichtungen, durch die der Kontakt zwischen dem Werbenden und dem Umworbenen hergestellt wird. Werbemittel sind persönliche oder gegenständliche Ausdrucksformen wie Ton, Text und Bild. Die optimalen Mittel und Träger oder die beste Kombination sollten ausgesucht werden. Kriterien dafür sind:
541
Gerade ist die Kommunikationsstrategie für den „Funny“ von dem Vorstand, erarbeitet von der Marketing- und Werbeabteilung in Zusammenarbeit mit externen Werbe-, Media-, VKF- und PR-Agenturen, genehmigt worden. Hier einige wichtige Auszüge: „Der „Funny“ soll innerhalb eines halben Jahres eine Bekanntheit von 25% in Deutschland erreichen. Nach 12 Monaten soll er den Marktführer in dem Segment überflügeln und sich als moderner, frischer und preiswerter Geländewagen/Funcar „Made in Halle“ etabliert haben. Die DMW AG will ihr Image mit diesem neuen Modell ausbauen: In der jährlich stattfindenden Marktforschungsstudie soll das Unternehmen unter den ersten sechs innovativsten Anbietern genannt sein. Die Kommunikation soll so ausgerichtet sein, dass nicht nur Endverbraucher, sondern auch die Presse, Händler, Verkäufer und die eigenen Mitarbeiter sich voll mit dem „Funny“ identifizieren. Das bedeutet, dass alle Register der Kommunikation, also Werbung, VKF, PR und Sponsoring, gezogen werden. Dabei sind die ersten zwei Monate von entscheidender Bedeutung, denn das „Rundum-Paket“ aller Maßnahmen soll mit mehreren Paukenschlägen das jeweilige Zielpublikum erreichen. Die Einführungskampagne führt zu Kosten in Höhe von 20 Mio. EUR. Die Werbebotschaft lautet: „Der „Funny“ ist das moderne und preiswerte Funcar „Made in Halle“, beste Technik, Komfort, Sicherheit und Umweltschutz zum unschlagbar günstigen Preis.“
Aufgabe 27. Beurteilen Sie die Einführungskampagne!
542
•
Marketing
Das Produkt: Wie groß und homogen ist die Zielgruppe? Wird die Leistung lokal, regional, national oder international angeboten? Mit welchen Werbemitteln lässt sich das Produkt am besten darstellen?
•
Die Mediengewohnheiten der Zielgruppen
•
Die Gestaltung, das Image und die Erscheinungsweise der Werbemittel
•
Die Werbebotschaft
•
Die Kosten: Was kostet die Maßnahme absolut und im Verhältnis zu anderen Werbemitteln unter Berücksichtigung der Ziele?
Abb. 44:
Der Ablauf einer Werbekampagne
11.1.1.5 Die kreative Umsetzung Jetzt kann die Umsetzung erfolgen. Dazu erarbeiten Fachleute aus der eigenen Werbeabteilung oder aus beauftragten, externen Werbeagenturen die Vorschläge, die sich nach Produkt, Zielgruppe, Argumentation, Werbemittel und Werbeträger richten und sich in Stil, Form, Formulierung und Ton unterscheiden. Dieses „wie“ sollte qualitativ so ausfallen, dass sich der potenzielle Käufer dieses Angebot wünscht, es originell und aktuell findet, es sich übersichtlich und verständlich darstellt und es ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit aufweist. 11.1.1.6 Die zeitliche Verteilung Hier unterscheidet man zwischen Mikro- und Makroplanung. Zu den Möglichkeiten der Makroterminplanung: •
Prozyklische Werbung bedeutet, dass die Werbung desto intensiver ist, je stärker der Umsatz/Absatz verläuft. Der Nachteil besteht darin, dass der sinkende Umsatz bei geringerer Werbung noch stärker fällt.
Werbeträger - Fernsehen - Kino - Rundfunk - Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Kalender - Gebäude, Verkehrsmittel, Messen, Banken, Ausstellungen - Sportler, Verwender - Litfaßsäulen, Wände - Tragetaschen
Abb. 45:
Werbemittel - TV-Spot - Kinospots, Dia - Radiospots - Inserate, Anzeigen - Werbegeschenke, Abzeichen - Plakat - Prospekte
Werbemittel und Werbeträger
Zum Start der Einführungskampagne produziert die DMW AG entsprechende Werbemittel. Dabei wird der Schwerpunkt auf Fernsehund Kinowerbung gelegt, deren Ausstrahlung zwar absolut teuer ist, aber ein breites Publikum erreicht und mit optischen und visuellen Eindrücken eine hohe qualitative Wirkung erzielt. Anzeigen in Publikumszeitschriften werden ebenfalls „geschaltet“. Zur Abrundung werden in den ersten acht Wochen eine Vielzahl von Plakatwänden gebucht und Rundfunkspots ausgestrahlt. Das sind Werbeträger bzw. Medien, die für eine schnelle und flächendeckende Bekanntheit sorgen.
11.
•
Kommunikationspolitik
Bei der antizyklischen Werbung nimmt die Werbeintensität bei sinkenden Umsätzen zu und bei steigenden Umsätzen ab. Das hat einen stabilisierenden Charakter, allerdings führen bei schwachen Umsätzen hohe Werbeausgaben zu erheblichen Belastungen.
•
Gemischt prozyklisch und antizyklisch bedeutet extrem hohe Werbeausgaben.
•
Nach dem Nivellierungsprinzip werden die Ausgaben unabhängig von der Umsatzentwicklung bestimmt.
543
Ergänzendes zur Neueinführung Gerade bei einer Neueinführung empfiehlt es sich, am Anfang konzentriert zu werben, weil das neue Produkt mit großer Unterstützung bekannt gemacht werden soll. Streng genommen handelt es sich hierbei um ein antizyklisches Verhalten, da die Ab- und Umsätze in der Einführungsphase noch gering ausfallen und die Kommunikation dazu beitragen soll, sie zu steigern.
Bei der Mikroterminplanung, der Einteilung innerhalb kürzester Zeiteinheiten, kann man unterscheiden zwischen: •
konzentriert, also zeitlich begrenzt und dann intensiv
•
kontinuierlich
•
intermittierend, z.B. kurze intensive Aktionen in unregelmäßigen Abständen
•
Kombination der drei o.g. Möglichkeiten.
11.1.1.7 Die Werbeerfolgskontrolle Mit Hilfe dieser Kontrollen kann das Unternehmen feststellen, ob die Werbeziele erreicht worden sind (Post-test) bzw. ob die Werbung Erfolg verspricht (Pre-test). Die begleitende und nachträgliche Kontrolle kann auch Erfahrungswerte für künftige Werbekampagnen liefern. Als Instrumentarien aus der Marktforschung bieten sich beispielsweise an: Befragungen und Gruppendiskussionen mit potenziellen oder tatsächlichen Verwendern, Testkäufe und Vorführungen oder die direkte Ermittlung des Erfolges anhand der Käufe. Allerdings kann man kaum mit ganz eindeutigen, schlüssigen Beweisen rechnen. Normalerweise muss sich der Werbecontroller mit Mutmaßungen und Schätzungen begnügen, da neben der Werbung auch andere Faktoren Anstoß zum Kaufentschluss geben können (z.B. Preisaktionen der Mitbewerber, Witterungsverhältnisse bei Saisonprodukten wie Softdrinks oder Eiscreme).
Abb. 46:
Die zeitliche Verteilung der Werbung
Pre-test der DMW AG Bei einem derart hohen Etat werden die Gestaltungsentwürfe der betreuenden Werbeagentur bereits durch Pre-tests beim Verbraucher getestet. Schließlich will die DMW AG sicher gehen, dass sie das Werbegeld sinnvoll und effizient anlegt. Und noch eins: Gegenüber den kritischen Händlern sollen die guten Ergebnisse dieser Tests positiv herausgestellt werden und dienen als zusätzliches, internes Verkaufsargument. So führt die DMW AG im gesamten Bundesgebiet sowohl repräsentative Einzelbefragungen als auch Gruppendiskussionen mit Vertretern der potenziellen Zielgruppen – in erster Linie abenteuerlustige Männer im Alter zwischen 20–29 Jahre – durch.
544
11.2 Die Verkaufsförderung Verkaufsförderung umfasst alle zeitlich begrenzten, kurzfristig mengenwirksamen Sonderaktivitäten, die den Verbraucher und/oder Handel direkt oder indirekt aktivieren. Der Vollständigkeit halber können Sonderformen wie Messen, Ausstellungen und Direktwerbung zur Verkaufsförderung hinzugezählt werden. Verkaufsförderung, auch Promotion genannt, soll sowohl den Hineinverkauf vom Hersteller zum Absatzmittler („pull-Effekt“) als auch den Hinausverkauf vom Absatzmittler zum Käufer („push-Effekt“) forcieren. Bei der erstgenannten Handels-VKF werden in erster Linie folgende Ziele verfolgt: Aufund Ausbau der Distribution, attraktive Platzierung (Regal- und Zweitplatzierung), Lagerdruck ausüben, hohe Attraktivität des Artikels demonstrieren. Die Konsumenten-VKF soll vor allem Probierkäufe steigern, Wiederholungskäufe erleichtern und die Kauffrequenz und –bereitschaft erhöhen.
11.3 Publicrelations Publicrelations ist das bewusste und legitime Bemühen um Verständnis sowie um Ausbau und Pflege von Vertrauen in der Öffentlichkeit. PR richtet sich nach außen an die Öffentlichkeit, Kunden und Verbraucher sowie Meinungsbildner (Politiker, Journalisten etc.) und nach innen, z.B. an die eigene Belegschaft.
Marketing
Glücklicherweise hat die Werbeagentur gute Arbeit geleistet. Die Werbebotschaft wird voll verstanden, die Resultate lassen auf eine erfolgreiche Werbekampagne hoffen! Verkaufsförderung Verbraucher
Handel - Gewährung von Rabatten - Gewährung von Distributionshilfen - Zweitplatzierungsvergütungen - Serviceleistungen durch Propagandistinnen - Handelswerbung - Wettbewerbe - Preissausschreiben - Geld-/Sachleistungen
Abb. 47:
preisorientiert - Sonderpreise - Bonus-Packungen - Coupons - Treuerabatte
nicht preisorientiert - Produktproben - sofortige Zugaben - ZweitnutzerVerpackungen - Zugabe nach Treuekäufen - self liquidating offer - Preisausschreiben
Was Verkaufsförderung umfasst
Die o.g. Beispiele bieten sich besonders für Waren des täglichen Bedarfs an – bei Autos sind sie wenig passend. Die DMW AG führt Verkaufsförderungsaktionen im weitesten Sinne durch: So wird der „Funny“ auf der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt, dem Genfer Autosalon und der Pariser Autoshow in einem repräsentativen Rahmen dem Publikum vorgestellt. In Zusammenarbeit mit den DMW-Händlern wurde ein VKF-Paket vor Ort „geschnürt“: Die bisherigen Kunden werden angeschrieben (Direktmarketing) und erhalten eine Einladung zu einem „Fun-Tag“ mit dem „Funny“ in der jeweiligen Verkaufsfiliale. Aber auch persönlich vereinbarte Probefahrten und das Drumherum spielen eine wichtige Rolle, um das neue Modell dem potenziellen Kundenkreis vorzustellen und näher zu bringen.
11.
Kommunikationspolitik
So können Unternehmen, Marken, Produktgruppen oder Produkte im Ansehen gesteigert werden. Als PR-Mittel bieten sich an: Prospekte, Anzeigen, Artikel, Geschäftsberichte, Vorträge, Messen, Ausstellungen, Pressekonferenzen. Jede PR-Aktion sollte folgende Voraussetzungen erfüllen: •
aktuell sein
•
einen Neuigkeitswert mit hohem Informationsgehalt klar und deutlich aufweisen
•
verwertbar und auf das jeweilige Medium abgestimmt sein.
11.4 Sponsoring Unter Sponsoring wird eine Art Schirmherrschaft bzw. Patenschaft verstanden. Um seine eigenen Marketing- und Kommunikationsziele voranzutreiben, werden Personen, Organisationen oder Veranstaltungen im sportlichen, kulturellen oder sozialen Bereich „gesponsert“. Das bedeutet, dass Geld, Sachzuwendungen, Know-how oder Dienstleistungen bereitgestellt werden und dies entsprechend kommunikativ dargestellt wird.
11.5 Persönlicher Verkauf Mündliche, schriftliche oder telefonische Präsentation mit potenziellen Käufern, um einen Verkaufsabschluss zu erzielen. Daneben hat das Verkaufspersonal i.d.R. diese Aufgaben: •
Informationen einholen über Kunden und ihren Bedarf
545
Zwei Monate vor der Auslieferung werden die Redakteure aller bedeutenden Autozeitschriften zu einer „Fun-Party“ eingeladen. Die Journalisten der großen Tageszeitungen führen das gleiche Programm eine Woche vor der Einführung durch. Die Verkaufszeit ist hier durch die tägliche Erscheinungsweise und das einfachere Druckverfahren kürzer. Auf diesen Partys lernen die Presseleute zunächst das umweltschonende Herstellungsverfahren und das Recyclingkonzept in der Fabrikationsstätte Halle kennen und werden dann in einem, in lockerer Atmosphäre geführten, Pressegespräch von dem Vorstandsmitglied Dr. Schümann, dem Technikchef Ingenieur Karl-Heinz Rudolph und dem Designer Carlo Ventura über den „Funny“ informiert. Danach fährt die Gesellschaft zum nahe gelegenen Flugplatz, um von dort in drei gecharterten Flugzeugen nach Südfinnland zu fliegen, wo sich die Journalisten selbst von den Vorzügen des neuen DMW-Autos bei einer Rallye überzeugen können. Nach fünf Stunden Spaß und einem opulenten Buffet geht es zurück in die Heimat – die positive Grundeinstellung ist erreicht, und die DMW AG hofft, dass sich der „Funny“ in seiner Klasse zum „Auto des Jahres“, gewählt von den Journalisten, durchsetzen wird, was als zusätzliches Verkaufsargument gewertet werden darf. Die DMW AG verfügt über einen eigenen kleinen Verkäuferstab in den eigenen Niederlassungen, hat aber auch eine Reihe von regionalen Repräsentanten, die einen engen Kontakt mit den Händlern pflegen. Ausgestattet mit einer vorzüglichen Ausbildung und Schulung, die sich durch Fachkenntnis und Verhandlungsgeschick äußert, nehmen diese Repräsentanten die Belange ihres Arbeitgebers wahr, sind Kontaktpersonen zu den Händlern, versorgen sie optimal mit Verkaufsunterlagen wie Handbücher, Prospekte, technische Zeichnungen, Preislisten, Forschungs- und Laborberichte, Gutachten sowie Argumentationshilfen und bieten auch Fortbildungsseminare für Vorgesetzte, Verkaufspersonal und Mechaniker an.
546
Marketing
•
Verkaufsunterstützung in Form von Beratung, Präsentation etc.
•
ggfs. Auslieferung der Ware, Marktbeobachtung, Reklamationsbearbeitung, Inkasso, Weiterleitung von Kundenwünschen etc.
Die Verbesserung der Leistungsfähigkeit und die Steigerung der Leistungsbereitschaft werden durch VKF-nahe Maßnahmen wie Ausbildung und Schulung, Motivation (Prämien, Provisionen, Wettbewerbe, Auszeichnungen), Firmenwagen, Fortbildung und durch eine optimale Ausstattung mit Verkaufsunterlagen erzielt. Mit zunehmender Konzentration auf die Absatzmittlerseite setzt sich immer mehr der Trend zum Key-account-Konzept durch, d.h., Großkundenbetreuer auf Industrieseite sind die Gesprächspartner von einflussreichen „Schlüsselkunden“. Immer ähnlicher werdende Produkte, die keinen Vorteil gegenüber den Mitbewerbern erkennen lassen, fördern den Stellenwert der Kommunikation. Gerade im Bereich der Werbung sind 1. Qualität, d.h. die positive Abgrenzung gegenüber der Konkurrenz, 2. die Quantität, sprich ausreichend hohe Werbeetats, die den entsprechenden Werbedruck erzeugen, und 3. eine Kontinuität, die die Positionierung begreifbar und langfristig nachvollziehbar gestaltet, von hoher Bedeutung. Kommen zeitgleich mehr kommunikative Maßnahmen zum Einsatz, so sollen sie sich sinnvoll ergänzen und „aus einem Guss sein“, um die Wiedererkennung zu gewährleisten.
Die DMW AG führt erfolgreiche Händlerwettbewerbe durch, bei denen nach einem ausgeklügelten System von absoluten und relativen Steigerungen bei Neuwagenverkäufen Prämien bezahlt werden. Einmal jährlich findet eine sog. Incentive-Reise für die drei besten Händler und ihre gesamten Teams statt. Das Sponsoring sieht dergestalt aus, dass bei bestimmten Funsportarten die deutschen Nationalmannschaften unterstützt werden. So ist auf deren Trikots das Emblem und der Markenname des „Funny“ abgebildet, passend zur Zielgruppe und zum Umfeld.
Aufgaben 28. Wählen Sie kleine, schlagkräftige „Werbeteams“, und gestalten Sie die Werbung für den „Funny“! Entwickeln Sie jeweils einen Fernsehspot und eine Zeitschriftenanzeige, und stellen Sie sie vor! Bedenken Sie, dass Sie die Werbeagentur sind und Sie Ihre Leistungen an Ihren Kunden, die DMW AG, gut verkaufen wollen. 29. Was verspricht sich die DMW AG von ihren diversen Sponsoring-Aktivitäten? Nennen Sie bekannte deutsche Unternehmen, die Sportler beziehungsweise sportliche Veranstaltungen sponsern! 30. Warum setzt sich das Key-accountKonzept immer mehr durch?
12.
Planung und Kontrolle
547
12. Planung und Kontrolle Schon im Zuge der Konzeptphase (siehe Abschnitt 3.3.3) ist es erforderlich, dass nicht nur die kommunikativen Maßnahmen eine Handschrift tragen, sondern dass sich alle Marketing-Mix-Faktoren in einem sinnvollen aufeinander abgestimmten und ergänzenden Rahmen, abgeleitet von den jeweiligen Zielen, bewegen, um eine größtmögliche Gesamteffektivität zu erzielen. Dabei ist zu klären, welches Gewicht die einzelnen Komponenten erfahren sollen, wobei in jeder Branche und jedem Unternehmen unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden. Ein allgemeingültiges Rezept gibt es nicht, dafür ändern sich Märkte, Mitbewerber- und Verbraucherverhalten und Situationen zu schnell. Sowohl die Entwicklung von Produkten, ihre Pflege, der Aufbau der Distribution und die kommunikativen Maßnahmen verschlingen in der Regel hohe Kosten. Immens wichtig ist es deshalb, die eigenen Ziele, Strategien und Maßnahmen permanent in Frage zu stellen und sie zu kontrollieren. Vor der Einführung sind alle notwendigen Planungen durchzuführen (5-Jahres-Pläne, Break-even-Analyse). Absätze, Umsätze, Deckungsbeiträge und Gewinne sind zu prognostizieren. Während und am Ende eines Geschäftsjahres/einer Aktion sind die erforderlichen Kontrollen notwendig, die alle betriebswirtschaftlichen Kennziffern und kaufmännischen Ergebnisse näher beleuchten und allgemeine Effizienzkontrollen im Hinblick auf z.B. Verkaufsstäbe, Werbung, Promotions und Distribution zulassen. Marketing stellt den Kontakt vom Markt zum Unternehmen her. Es ist in erster Linie eine Denkweise. Das gelingt vor allem den Unternehmen, die mit einem optimalen MarketingMix überzeugen.
Beispiel: Planung und Kontrolle bei der DMW AG Einmal jährlich wird ein Marketingplan bei der DMW AG verabschiedet, der sämtliche Ziele, Strategien und Maßnahmen der einzelnen Märkte, Produktgruppen, Marken und Absatzwege aufführt. Gleichzeitig werden die einzelnen verabschiedeten Marketingbudgets genehmigt. Jede einzelne Aktivität wird auf diese Weise bis ins kleinste Detail dargestellt. Eine weitere Auflistung schlüsselt alle Kosten auf, die für das Produkt, Distributions- und Kommunikations-Mix geplant sind. Drohen Überschreitungen des Budgets, greift die Marketing-Controlling-Gruppe (MCG) ein, um die jeweiligen Markenverantwortlichen zur Rede zu stellen. Einmal monatlich finden zudem planmäßige Treffen statt, bei denen das jeweilige Ist präsentiert wird. Hier werden in Abstimmung mit dem Marketingleiter Plankorrekturen vorgenommen und Aktivitäten näher unter die Lupe genommen, ggfs. gestrichen oder reduziert. Dieses System hat sich bewährt und sichert der DMW AG eine laufende und aktuelle Kontrolle. In diesem Zusammenhang zeigt sich, dass Informationen und deren schnelle, genaue Übermittlung und Transparenz mit Hilfe modernster Techniken ein wichtiger Faktor sind, um sich erfolgreich in einem harten Wettbewerb zu behaupten.
Aufgabe 31. Erklären Sie, warum die Planung und Kontrolle aller Marketing-Maßnahmen so immens wichtig für ein Unternehmen sind!
548
Rollenspiel Allgemeine Informationen zum Fall Sie sind Mitarbeiter bei der Milchi AG, die unter anderem Jogurt herstellt. Dieses Produktfeld hat im Unternehmen einen wertmäßigen Anteil von 45 %. Insgesamt werden drei Marken in drei unterschiedlichen Preisgefügen verkauft (hochpreisig, mittelpreisig, niedrigpreisig). Die mittelpreisige Marke heißt „Muttis Bester“ mit sechs Sorten in zwei Größen. Sie bedient das immer noch größte Konsumsegment und ist mit mengenmäßig 24,7 % Marktführer in Deutschland. Seit vier Monaten stagniert der Marktanteil, die eigenen und fremden hochpreisigen Marken verzeichnen leichte Marktzuwächse. Seit einigen Monaten häufen sich auch die Reklamationen über „Muttis Bester“. Des Öfteren muss der Außendienst von den Verbrauchern reklamierte Jogurts beim Handel wieder abholen, weil die Deckel eingerissen sind. Glücklicherweise hat parallel dazu die F&EAbteilung eine neue Generation von Deckeln entwickelt, die sich sehr gut öffnen lassen sowie extrem reiß- und stoßfest sind – und das bei einer sehr dünnen Folie. Jetzt findet ein Meeting der Ressortschefs statt, die sich jeweils vorher von ihren Mitarbeitern über deren Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen zur Überwindung der misslichen Lage für „Muttis Bester“ informieren ließen. Arbeitsgruppe 1 – Produktionssektor Die Produktion ist bisher unentschlossen. Es wurde herausgefunden, dass die Taktzahl sinkt und die Umrüstkosten um 20 % steigen. Gerade diese Probleme hatte man im letzten Jahr in den Griff bekommen. Außerdem müssen in der Umstellungsphase (Probeläufe, Nullserie) Überstunden gefahren werden, die voll auf die eigene Kostenstelle durchschlagen. Auch muss am Wochenende gearbeitet werden. Diese besondere Belastung ist
Marketing
schwerlich mit dem hohen Krankenstand der Produktion in Einklang zu bringen. Ein besonderes Argument des Produktionsleiters schlägt nach Meinung der Gruppe auch zu Buche: Die Investitionsplanung für das nächste Jahr liegt vor und enthält hohe Investitionen für die hochpreisigen Artikel. Wird jetzt in den Deckel investiert, fehlt das Geld für andere Vorhaben. Arbeitsgruppe 2 – Verkauf Die Mitarbeiter des Verkaufs sind zunächst von dem neuen Deckel begeistert und erhoffen sich bei seiner Einführung einen Umsatzschub. Gerade ist den Außendienstlern ein neues Auto in Aussicht gestellt worden, und dann lassen sich die neuen Becher möglicherweise noch besser an den Mann bringen. Der Vertriebschef allerdings ist hier eher skeptisch, weil er hat läuten hören, dass die Wagen erst im nächsten Jahr angeschafft würden. Finanzlöcher nannte er als Begründung. Der Vertriebschef teilte der Gruppe auch mit, dass er gerade den Antrag auf Preissenkung von „Muttis Bester“ beim Marketingchef gefordert hat. Arbeitsgruppe 3 – Einkauf Die Mitarbeiter des Einkaufs sind zusammen mit ihrem Chef gegen einen neuen Deckel. Das Material wird nur von ganz wenigen Herstellern angeboten. Außerdem müssten intensive Tests durchgeführt werden. Der Einkauf ist sowieso personell überfordert und schafft seine Arbeit nur durch unbezahlte Überstunden. Ein spezieller Materialwunsch fordert noch mehr Einsatz.
12.
Planung und Kontrolle
549
Arbeitsgruppe 4 – Finanzen
Arbeitsgruppe 5 – Personal
Die Finanzplanung ist abgeschlossen. Mittel für eine Erneuerung des Fuhrparks haben danach zusammen mit maschinellen Anlagen für hochpreisige Produkte Vorrang. Man wird wegen neuer Investitionen sicher Schwierigkeiten bekommen, nur vorhergeplante Investitionen waren beim Finanzchef bisher durchsetzbar. Sowohl der Finanzchef als auch der Einkaufsdirektor sind gegen ständige Änderungen ihrer Planungen und Arbeiten, auch das wissen die Mitarbeiter und das ganze Haus. Aber deswegen hatte der Vorstand ja auch Mitarbeitergruppen eingesetzt, die aus ihrer Sicht die Dinge beraten sollten.
Bekannt ist der hohe Krankenstand in der Produktion. Außerdem die Demotivation bei den Mitarbeitern, die ständig Überstunden fahren müssen und ständig Neuerungen in der Organisation in Kauf nehmen sollen. Die Stimmung für Neues ist schlecht. Dem Betriebsrat allerdings ist die Einführung eines neuen Deckels gleichgültig. Hauptsache, es werden keine Leute umgesetzt, und die Überstunden werden verringert.
Autos werden auf Diät gesetzt Für die Autohersteller zählt jedes Gramm. Um ihre Modell sparsam oder sportlich zu trimmen, versuchen sie überall, Gewicht einzusparen Ganz hoch im Kurs stehen derzeit KohlefaserVerbundwerkstoffe (CFK). Aus ihnen fertigen Porsche und Mercedes Chassis und Karosserie ihrer beiden Spitzensportler und sparen dabei gegenüber Aluminium ein Drittel des Gewichts ein. Gleichzeitig erhöht das Hightech-Material Steifigkeit und Sicherheit bei einem Crash. Die CFK-Komponenten bestehen aus Tausenden einzelner Karbonfäden, die nur 0,25 mm stark sie. Sie werden verwebt und mit einem Epoxydharz verklebt. Ebenso hoch im Kurs steht bei Experten Keramik. Es wird bei der Konstruktion von Brems-Scheiben eingesetzt. Folge: Längere Lebensdauer und geringerer Spritverbauch. Abb. 48 a:
Die Zukunft hat schon begonnen
Aufgabe 32. Tragen Sie alle Argumente in den Gruppen zusammen! Geben Sie Ihren Chefs nach der Diskussion einen Entscheidungsratschlag, damit sich diese in dem Meeting der Leiter gut behaupten können. Berücksichtigen Sie bei Ihren Überlegungen Aspekte der Wirtschaftlichkeit, Rentabilität, Liquidität, Markenmacht und des Deckungsbeitrags! Name
Börsenwert in Mio EUR
Umsatz 2003 in Mio. EUR
Toyota
103 630,4
72333,8
Nissan
41 226,3
28299,1
Daimler-Chrysler
36 998,5
136437,0
Honda Motor
35001,1
27501,6
BMW
23 225,6
42282,0
General Motors
22 003,1
164151,1
Ford Motor
20 660,8
i 145280,1
Renault
16 355,4
37525,0
Volkswagen
13 808,7
87153,0
Peugeot
10 123,1
54238,0
Porsche
8282,2
5582,0
Hyundai Motor
7563,1
40854,5
Suzuki
7022,2
11682,1
Fiat
5722,3
47271,0
Denway Motors
3509,6
198,3
Tata Motors
3216,8
1976,6
Fuji Heavy Industries
3146,4
7550,4
Mazda Motor
2987,3
12726,5
Mitsubishi Motors
2915,4
15537,9
Kia Motors
2808,1
13635,4
Maruti Udyog
2658,6
1523,5
China Motor
2238,8
1684,5
Yulon Motor
2198,6
1294,5
Tofas Turk Otomobil
2170,8
1083,1
DMW AG
1882,6
1222,0
Abb. 48b:
Die DMW AG in Konkurrenz mit dem Gros der Autobranche
551
Stichwortverzeichnis A ABC-Analyse 321 ff. Ablauf 94 Ablaufdiagramme 109, 111 Ablauforganisation 94, 108 ff., 114, 285 f. Ablaufplan, aufgabenbezogener 110 Abmessungsnormen 57 Abnahmeprüfung 487 Absatz 65, 496 - direkter 535 f. - indirekter 536 f. Absatzformen 538 Absatzkreditpolitik 533 Absatzkurve 465 Absatzmittler 497 f., 536 Absatzplan 291, 432 Absatzpotential 503 Absatzprogrammplanung 433 Absatzrisiko 436 Absatzvermittler 538 Absatzwege 320, 534 ff. Abschöpfungspolitik 531 Abschöpfungsstrategie 529 f. Abschreibungen 13, 52, 54 f., 143, 148, 156, 161 ff., 166 - degressive 164 f. - kalkulatorische 143 - lineare 161, 165, 211 - proportionale 164 - zeitabhängige (lineare) 164 Abschreibungsarten 164 Abschreibungsgegenwerte 162, 172 Abschreibungsgesellschaft 244 f. Absetzung für Abnutzung (AfA) 161 f., 211 - Tabelle 211 - Zeit 212 Abstimmungskollegialität 70 f. Abteilungsgliederung 98, 100 Abwasserabgaben 120 Advertising 93 Änderungskündigung 424 - außerordentliche 424 - ordentliche 424 ärztliche Untersuchung 382 Agio 182, 194 - bei Ausgabe eigener Anteile 150 - bei Wandelschuldverschreibungen 150
Agreement Corner 245 AIDA-Formel 540 Akkordlohn 414 f. Akquisition 501 Aktien 176, 232 f. - Mindestnennbetrag 178, 236 Aktienarten 177 Aktienbuch 233 f. Aktienemissionen 181 Aktiengesellschaft (AG) 69 ff., 149, 173, 176 ff., 181 f., 221 f., 231 f., 247, 251 - Anteile 233 f. - Aufsichtsrat 232, 234 f. - einfache Gründung 232 - Eintragung ins Handelsregister 233 - Geschäftsführung 244 - Gesetz für kleine 234 - Gründung 232 f. - Grundkapital 232 f. - Haftung 244 - Hauptversammlung 234 ff. - Kontrollrechte 244 - Pflicht zur Rechnungslegung 236 - Rechte der Hauptversammlung 236 - Vermögen 244 - Vorstand 232, 234 f. Aktiengesetz (AktG) 71, 178, 181, 232, 234, 240 f. Aktienrecht, Deregulierung 234 Aktionär - Pflichten 233 - Rechte 233 Aktionsrabatte 533 Aktiva 128 f. - Unterbewertung 158 Aktivseite 128 Akzept 187 Akzeptkredit 187 f. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) 255 f., 309 Altersaufbau 366 Andler-Formel 296, 461 Anfechtung 254 Anforderungsarten 368, 412 Anforderungsgerechtigkeit 411 Anforderungsprofil 375, 377, 392 Anfrage 254, 303 Angebot 253, 303 ff.
552
- Inhalt 304 ff. - mündliches 304 - rechtlich bindendes 254 - schriftliches 304 - stillschweigendes 304 Angebotsdatei 310 f. Angebotskartei 310 f. Angebotsvergleich 303 f., 309 f., 312, 318 Angestellte 359 ff. - außertarifliche (AT-Angestellte) 362 - kaufmännische 361 - leitende 361 f. - tarifliche 362 - technische 361 Anlagen 55 Anlagenintensität 12 f. Anlagen-Leasing 211 Anlagenniveau 55 Anlage- und Umlaufvermögen, betriebsnotwendiges 128, 131 Anlagevermögen 55, 128 f., 141, 154 Anleiheemission 192 Anleihen 192 - Besicherung 194 ff. - kommunaler Körperschaften 195 - mündelsichere 195 - Platzierung 196 - Stückelung 193 f. Anlernung 402 Annahme 253 f. Annahmeverzug 275 Anpassungsfortbildung 402 Anschlusskunde 169, 172 Antrag 254 Anzahlung 183, 309 Arbeit - menschliche 343 - Qualität 47 f. Arbeit des Sozialwesens 356 Arbeiter 359 ff. - angelernte 360 f. - gelernte 360 f. - ungelernte 360 f. Arbeitnehmer 17, 358, 360 f. - Mitbeteiligung 417 Arbeitnehmerkündigungen - außerordentliche 424 - ordentliche 424 Arbeitsagentur 372 Arbeitsanforderungen 367 Arbeitsbereicherung 12 Arbeitsbescheinigung 379 Arbeitsbewertung 411 ff.
Stichwortverzeichnis
- analytische 413 - summarische 412 - Verfahren 412 Arbeitsdauer 366 Arbeitseffizienz 349 Arbeitsentgelt 407 ff. Arbeitsergebnis 391 Arbeitserweiterung 12 Arbeitsgriffe 451 Arbeitsgruppen, autonome 48 Arbeitskräfte 5 f., 61 f., 115, 279, 431 Arbeitskräftepotential, Erhaltung 349 Arbeitskraft, menschliche 45 ff. Arbeitsleistungen 3, 10, 16, 35, 127, 358 f., 391 f. - dispositive 358 - menschliche 18 - operative 358 Arbeitslosenversicherung 420 Arbeitslosigkeit, Entwicklung 351 Arbeitsmarkt 279, 400 - sinkende Nachfrage 350 Arbeitsmarktanalyse 354 Arbeitsordnungen 356 Arbeitsorganisation 352 Arbeitsplätze 350 Arbeitsplanung 477 f. Arbeitsanforderungen 369 Arbeitsplatzbeschreibung 356, 368 Arbeitsplatzgestaltung 386, 398 - ergonomische 398 Arbeitsplatzwechsel 366 Arbeitsproduktivität 35, 479, 481 Arbeitsrecht 409 ff. - kollektives 410 Arbeitsschutz 386, 399 Arbeitssicherheit 355 Arbeitsstil 347 Arbeitsstudien 451 Arbeitsstufen 451 Arbeitsstundenproduktivität 35 Arbeitsteilung 7, 11 f., 45 - horizontale 7 - vertikale 7 - volkswirtschaftliche 7 Arbeits- und Sozialwesen 366 Arbeitsunfall 399 Arbeitsverhältnis 382 - Kündigung 423 f. Arbeitsverhalten 369, 391 Arbeitsvertrag 377, 382, 385, 410 - Pflichten 385 - Rechte 385 Arbeitsvorbereitung 477 f.
553 Arbeitsvorgangs-Durchlaufzeit 468 Arbeitswechsel 12 Arbeitszeit, flexible 365, 389 f. Arbeitszeitgestaltung 386 Arbeitszeitordnungen 356 Arbeitszeitvariation - chronologische 389 - chronometrische 389 Arbeitszergliederung 11 Arbeitszerlegung 12, 451 Assessment Center 375, 377 Audit 289 Aufbau 65, 94 Aufbauorganisation 95 ff., 97 f., 108, 114, 284 f., 299 f. Aufgabengestaltung 386 Aufgabengliederung 99 f. - eindimensionale 99 - mehrdimensionale 99 Aufgabengliederungspläne 99 f. Aufgabenverteilung 99 Aufgabenwürfel 100 Aufgeld 182 Aufstaulager 464 Aufstiegsfortbildung 402 Aufstiegsplanung 400 Aufstiegssteuerung 400 Aufträge, Wert 471 Auftragsbestätigung 303, 313 Auftrags-Durchlaufzeit 468 f. Auftragsstruktur 14 Aufwand 161 Aufwendungen 31 - neutrale 26 Ausbildung 349, 356, 366, 400 - Nachwuchs 355 Ausbildungsordnung 362 Ausbildungsplanung, betriebliche 402 Ausbildungsrahmenlehrplan 402 Ausbildungsverhältnis, Übernahme 371 Ausbringung 34 - qualitative 34 - quantitative 34 Ausbringungsmenge 482 Ausfallbürgschaft 201, 209 Ausfuhrzölle 122 Ausgabekurs 179, 182 Ausgaben - einmalige 141 - laufende 141 Ausmelkungsstrategie 523 Ausschüttungsgewinnbeteiligung 417 Außenfinanzierung 132, 140, 148, 150, 156, 173, 183
Außenhandel 535 Austaktung 451, 463 Austausch 518 Auszubildende 360, 362 Automatenkauf 304 Automation 14, 443 Automobilindustrie 341 Avalkredit 183, 189 f. Avalprovision 190 B Balkendiagramm 110 f. Bankakzept 188 Banken 3 f. Bankkonsortien 246 Bankkredit 183 Barvermögen 37 Basic Synactics 503 Baukastenstückliste 292 Baustellenfertigung 444 Bearbeitungszeit 469 f. Bedarfsarten 292 f. Bedarfsauflösung 292 f. Bedarfsermittlung 291 - deterministische 291 - stochastische 291 subjektiv schätzende 291 Bedarfsermittlungsverfahren 291 Bedarfsinformationen 290 Bedarfsmeldung 303 Bedarfsmenge 290 Bedarfsmengenplanung 290 ff. Bedarfsplanung 291, 324 Bedarfsrechnung 290 - deterministische 291 - quantitative 367 Bedarfstermin 290 Bedingungsgerechtigkeit 411 Bedürfnisstrukturen 507 Beendigungskündigung 424 - außerordentliche 424 - ordentliche 424 Befehlssystem 99 Beförderungsrisiko 307 Befragung 509 - mündliche 510 - schriftliche 510 - telefonische 510 Befugnisse 71, 99 Belegflusspläne 110 Belegschaftsaktien 234, 237 Benchmarking 87 f., 91 Beobachtung 509 f.
554
Beratungsfunktion 348 bergrechtliche Gesellschaft 221 Beruf, freier 249 Berufsbildung 402 - duale 402 Berufsausbildungsvertrag 362 Berufsgenossenschaften 420 Beschäftigte 120, 359 - zur Berufsausbildung 359 f. Beschaffung 282, 299 ff. - Ablauf 302 f. - äußere Organisation 300 f. - Aufgaben 299 f. - Beleg- und Informationsfluss 303 - Methoden 299 - Ziele 299 ff. Beschaffungsabschluss 303 Beschaffungsabwicklung 303 Beschaffungsanbahnung 303 Beschaffungslogistik 320 f. Beschaffungs-Losgröße 295 Beschaffungsmarketing (BM) 316 ff. Beschaffungsmarktforschung (BMF) 316 ff. - fallweise 317 f. - kontinuierliche 317 - Objekte 317 Beschaffungsplanung 324 Beschaffungsrisiko 436 Beschaffungswege 320 Besitz 266 Besitzkonstitut 203 f., 266 Besitzsteuern 118, 120, 123 Bestätigungsschreiben, kaufmännisches 251, 313 Bestand, durchschnittlicher 333 Bestandsrechnung 290 Bestandsverzeichnis 206 Bestellbestätigung 313 Bestellhäufigkeit 335 Bestellinformationen 290 Bestellkennzahlen 335 Bestellkosten 54, 297 Bestellmenge 290, 295 ff. - Höchstgrenzen 295 - optimale 296 f. Bestellmengenplanung 293, 295 ff. Bestellmengenrechnung, dynamische 296 Bestellpunkt 298 Bestellpunktverfahren 298 Bestelltermin 290 Bestellüberwachung 313 f. Bestellung 253, 303, 312 f. - mündliche 312 - schriftliche 312
Stichwortverzeichnis
- telegrafische 312 Bestellzeitpunkt 297 f., 334 Bestellrhythmusverfahren 298 Beteiligungen 148, 173 Beteiligungsfinanzierung 173 f., 181 f. Betriebe 3 ff., 6 ff., 9, 67 - abgeleitete 3 f. - Arten 6 ff. - land- und fortwirtschaftliche 4 - ursprüngliche 3 f. - Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher 21 ff.. Betriebsarten 7 Betriebsdatenarten 482 Betriebsdatenauswertung 482 Betriebsdatenerfassung (BDE) 482 f. Betriebsdatenkombination 482 Betriebsdatenkonzentratoren 482 Betriebsdatenleitung 482 Betriebsdatenquellen 482 Betriebsdatenstellen 482 Betriebselemente 16 f., 62 - Kombination 18 Betriebsgeschehen 19 Betriebsmaterialien 53 f. Betriebsmittel 3, 5 f., 10, 16 ff., 35, 49 ff., 51, 61 f., 65, 115, 127, 279, 343, 358, 431, 433 f. Betriebsoptimum 485 Betriebsordnungen 349 Betriebsprozess 3, 45 Betriebsrat 359, 384 - allgemeine Aufgaben 428 - Mitbestimmungsrecht 384 - Mitwirkungsrecht 377, 428 Betriebsrentabilität 480 Betriebsstoffe 279 Betriebsvereinbarungen 349, 355 f., 372, 411 Betriebsverfassungsgesetz 234, 399, 427 f. - von 1952 237 Beurteilungen, Objektivität 405 Beurteilungsgrundsätze 356 Beurteilungsmerkmale 405 Beurteilungszeiten 404 Beurteilungszuständigkeiten 406 Bevorratungsmaßnahmen 326 Bewerbung 377, 379 Bewerbungsunterlagen 378 Bewertung 158, 499 f. Beziehung, kollektive 363 Bezugsaktien 178 Bezugskosten 54 Bezugskurs 196 Bezugsquellennachweis 318
555 Bezugsrecht 179 f., 234 Bezugsverhältnis 179 Biersteuer 118 Bilanz 128 f., 148 - Fremdkapitalpositionen auf der Passivseite 183 - Mittelherkunft und -verwendung 128 Bilanzgewinnbeteiligung 417 Bilanzverlängerung 131 Bildungsmarkt 400 Bildungswesen, betriebliches 401 f. Binnenhandel 535 Blocklager 328 Börse 234 Börsenkurs 194 Börsenumsatzsteuer 118 Bonitätsprüfung 170 Brainstorming 503 Brainwriting 503 Branntweinsteuer 121 Break-even-Analyse 547 Break-even-point 503, 521 Breitengliederung 101 Briefhypothek 206 f. Bringschuld 263 f. Brutto-Arbeitsentgelt 420 Bruttobedarf 293 f. Bruttoertragsbeteiligung 417 Bruttopersonalbestand 366 Brutto-Primärbedarf 293 Brutto-Sekundärbedarf 293 Brutto-Tertiärbedarf 293 Buchhypothek 206 f. Budget 540 Budgetplanung 324 Bürgschaft 190, 200 f., 209 - selbstschuldnerische 201 f., 209 Bürgschaftsvertrag 200, 209 Bundesagentur für Arbeit 372 Bundessteuern 118 Bundes- und Länderanleihen 195 C Carriage and Insurance Paid to (CIP) 308 Carriage Paid to (CPT) 308 Cash-Flow 143 ff., 218 Cash-Flow-Berechnung 144 ff. Cash Management 98 CA-Verfahren 477 Chaoslager 341 Charge 442 Chargenfertigung 8 Chargen-Produktion 442 Client Quality Management 90
Computer Aided Design (CAD) 32, 59 f., 61, 477 Computer Aided Engineering (CAE) 61, 477 Computer Aided Manufacturing (CAM) 32, 61, 477 Computer Aided Planning (CAP) 59, 61, 477 Computer Aided Quality (CAQ) 32, 60 f., 477 Computer Integrated Manufacturing (CIM) 47, 61, 505 f. Computerized relative layout planning (CRAFT) 457 - Entscheidungsablauf des 458 - Verfahren 458 Controller 26 f. Controlling 94, 100 f., 345, 359 - dezentralisiertes 104 - operatives 102 f. - strategisches 102 - zentralisiertes 104 Controllingarten 104 Controllingaufgaben 103 ff. Controllingfunktion 104 Controllingsystem 104 Controllingtechniken 104 Controllingtypen 104 Controllingziel 104 Corporate Advertising (CA) 92 Corporate Behavior (CB) 92 Corporate Communications (CC) 92 f. Corporate Design (CD) 92 Corporate Identity (CI) 65, 91, 93 - Strategie 92 - Teilinstrumente 93 Corporate Sales Promotion (CSP) 92 Cost and Freight (CFR) 265, 308 Cost, Insurance, Freight (CIF) 265, 308 D Dachmarke 518 Darlehensvertrag 252, 312 Daten 56 Datenfernübertragung (DFÜ) 312 Datenflusspläne 109 f. Debitor 170 Deckenkreisförderer 330 f. Deckungsbeitrag 503 Deckungsstock 195 Deckungsstockfähigkeit 195 Delcrederefunktion 169 f. Delcrederegebühr 171 Delivered At Frontier (DAF) 308 Delivered Duty Paid (DDP) 308 Delivered Duty Unpaid (DDU) 308 Delivered Ex Quai Duty Paid (DEQ) 308
556
Delivered Ex Ship (DES) 308 derivativer Teil 431 Design 93, 517 desk research 508 Developping 98 Dezentralisation 102 Dezentralisierung 345, 347 Dienstleistungen 4 f., 8 f., 127, 279 Dienstleistungsbetriebe 6 ff. - sonstige 7 Dienstleistungsgebühr 171 Dienstleistungsnorm 58 Dienstleistungsrolle 348 Dienstvertrag 252, 312 Diffusion 437 f. Dimensionierung 52 DIN 55, 57 DIN-Normen 57 Direktgeschäft 320 Direktionsfunktion 68 Direktorialinstanz 70 Direktorialsystem 70 Direktvertrieb 258 Disagio 194 Diskont 188 Diskontkredit 187 f. Disposition 281 f. - auftragsgesteuerte 291 - plangesteuerte 291 ff., 293 - programmgesteuerte 291 - verbrauchsgesteuerte 291, 294 Dispositionsablauf 290 Dispositionsarten 291 Distribution 281, 537 - physische 538 Distributions-Mix 499, 516 Distributionspolitik 500, 534 ff. Distributionswege 320 f. - direkte 320 - geschlossene 320 - indirekte 320 - Streckengeschäft 320 Dividende 177, 234 Dividendenpolitik 182 Dividendenvorzug 177 Durchlauflager 327 f. Durchlaufterminierung 475, 478 Durchlaufzeiten 431, 468 ff., 470, 476 Durchlaufzeitenerhöhung 476 Durchlaufzeit-Syndrom 476 Durchschnittskosten 482, 484 f.
Stichwortverzeichnis E Ebene - operative 365 - strategische 365 - taktische 365 Effekenlombard 189 Effektivverzinsung 194 Eigenfertigung 319 f., 434 Eigenfinanzierung 132, 149, 156 f., 173, 199 Eigenkapital 16, 24, 28, 128 f., 131, 148 f., 151 f., 154, 156 - variables 149 Eigenkapitalausstattung 153, 234 Eigenkapitalquote 154 Eigenkapitalrentabilität 22 f., 25, 154 f., 480 Eigenleistungen 34, 359 Eigenschaften 518 Eigenservice-Factoring 171 Eigentümer 24, 69 - mitarbeitende 359 Eigentümerfunktion 68 Eigentümergrundschuld 206 Eigentum 266 Eigentumsübereignung 203 Eigentumsvorbehalt 201 f., 209, 265, 267 f. - einfacher 202, 268 - erweiterter 203, 268 - gewöhnlicher 268 - verlängerter 202 f., 268 - weitergeleiteter 203 Eignungsanalyse 374 ff. Eignungsprofil 375, 381 Einfachunterstellung 72 ff. Einführungsphase 502, 505 f., 521, 531 Einfuhrzölle 122 Einigungsstelle 355, 397 Einkauf 281 - Aufbauorganisation 300 ff. - dezentraler 284, 300 - operativer 302 - strategische Aufgaben 316 ff. - von Komponenten und Systemen 342 - zentraler 284, 300 Einkaufsbedingungen 309 Einkaufslogistik 322 Einkaufsorganisation 285 Einkaufswerte 54 Einkommensteuer 120, 123 Einlagen 148, 173 Einlagenfinanzierung 173, 175, 182 Einlagenkapital 149 Einliniensystem 74
557 Einmann-GmbH 70, 237, 239 Einpersonenunternehmen 69 f., 173, 221 ff. Einproduktproduktion 441 Einrichtungen - kaufmännische 250 - soziale 355 Einsatz 34 Einstellungsänderung (Reframing) 88 f. Einstellungsgespräch 377, 380 ff. Einstellung 375 Einstufenabsatz 536 Einstufenverfahren 406 Einwendungsdurchgriff 260 Einzelbeschaffung 287 Einzelfertigung 8, 14, 440, 443 Einzelgüter-Leasing 211 Einzelhandel 535, 537 Einzelkaufmann 223 Einzelkosten 483 Einzelmaßnahmen 354 Einzelunternehmen 149, 174, 182, 359 Einzelwerbung 540 Einzelzession 208 Elastizität, Grundsatz der 114 Elastizitätsprinzip 113 Elementarfaktoren 3, 6, 17 f., 34, 45, 61 f., 115, 431 - Arbeitskräfte 5 f., 61 f., 115, 279, 431 - Betriebsmittel 3, 5 f., 10, 16 ff., 35, 49 ff., 51, 61 f., 65, 115, 127, 279, 343, 358, 433 f. - Informationen 3, 5 f., 10, 16, 18 f., 35, 56 ff., 59, 61 f., 65, 115 - Kombination 17 f. - Werkstoffe 3, 5 f., 10, 16 ff., 35, 53 ff., 61 f., 65, 115, 127, 343, 358 f., 431 Emissionskurs 193 f. Emittent 193 Endverarbeitung 7 enlargement 398 Entgelt 354, 407, 537 Entgeltpolitik 500, 527 ff. Entlassungen 355, 424 Entlohnung, gerechte 411 Entlohnungsformen 414 ff. Entscheidung 67 Entscheidungsaufgaben 99, 103 Entscheidungsbefugnis 71 Entscheidungsphase 302 Entsorgung 281 f. Entwicklung 65, 431, 436 ff. Entwicklungsfunktion 348 Equipment-Leasing 211 Erbschaftsteuer 118, 121 Erfolg, neutraler 23, 26
Erfolgsbegriffe 479 Erfolgsbeteiligung 417 Erfolgsort 263 Erfolgsziele 29 Erfüllungsort 263 f., 306 f. Ergebniszahlen 29 - aus der Zwecksetzung des Unternehmens 26 - aus nicht zweckbezogenen Vorgängen 26 Ergebnisziele 29, 41 Ergiebigkeitsprinzip 112 f. Erneuerung (Renewing) 88 f. Ersatzinvestitionen 52, 161 f. Ersatzteillager 325 Erstziel, betriebliches 21 ff. Erträge 359 - neutrale 26 Ertragsbeteiligung 417 Ertragshoheit 118 Ertragsteuer 120 Erweiterungsinvestitionen 162 Erwerb, gutgläubiger 202 Erzeugnisfluss 322 Erzeugnisse, unfertige 18, 34 Erzeugung 439 Etat 540 f. Experiment 509 f. Ex- und Import-Factoring 171 Ex Works (EXW) 308 F Fabrik 15 Facharbeiter 360 Fachbildung, berufliche 402 - allgemeine 402 - besondere 402 Fachbodenregale 327 Fach- und Spezialgeschäfte 535 Factor 168 f. - Delcrederefunktion 169 f. - Dienstleistungsfunktion 170 f. - Finanzierungsfunktion 169, 171 Factoring 168 - Arten 171 - echtes 170 f. - halboffenes 171 - stilles 171 - unechtes 170 f. Factoring-Gesellschaft 171 f. Fähigkeitsprofil 375, 400 Fälligkeits-Factoring 171 Faktoreinsatzmengen 481 Faktoren - dispositive 343, 431
558
- individuelle 408 - originäre 431 Familienangehörige, mitarbeitende 359 Fayolsches Organisationsprinzip 74 Fehler, kritische 488 Fehlerbewertung 488 Fehlerfolgekosten 489 - externe 489 - interne 489 Fehlerverhütungskosten 489 Fehlmengen 297 Fertigerzeugnisse 17, 34 Fertigung 281, 439 - computerintegrierte 58 - Organisationsformen 431 Fertigungsauftragsdaten 483 Fertigungsinsel 47 f. Fertigungsprozess 443 Fertigungssteuerung 281 f., 467, 477 Fertigungstiefe 319 Fertigungsüberwachung (CAM) 477 f. Fertigwaren, Verteilung 282 Festplatzsystem 332 Feuerschutzsteuer 118 field research 507 Filialgeschäfte 535 Finance-Leasing 211 f. Finanzbereich 131, 281 Finanzdisposition 98 Finanzierung 125 ff., 131, 171, 467 - Aufgaben 132 f. - aus Abschreibungsgegenwerten 161, 171 - aus Rückstellungsgegenwerten 165, 171 - aus Umsatzerlösen 157, 171 f. - durch Forderungsverkauf 168 ff. - durch Vermögensumschichtung 157, 167 f., 171 f. - Formen 148 - interne 157 - laufende 132 f. - Quellen 156 Finanzierungsanlässe 127, 132 Finanzierungsbegriff 127 ff. Finanzierungseffekt 164, 166 f. Finanzierungsentscheidungen 127, 132 ff. Finanzierungs-Leasing 212 ff. - indirektes 213 Finanzierungsqualität 155 f. Finanzierungsregeln 153 f. Finanzierungsstrategie 155 Finanzierungsvorgänge 131 - bilanzwirksame 131 Finanzplanung 133, 140, 143
Stichwortverzeichnis
Finanzsicherung 98 Finanzziele 29 Firma 223, 250 First-in-first-out-Prinzip 327 Fixkauf 312 Fixkosten, sinkende pro Stück 457 Fixkostendegression 450 Flachpaletten 331 Fließfertigung 11, 14, 443 ff., 449 ff., 463 - naturbedingte 450 f. - organisierte 450 Fluktuation 354 f. Förderhilfsmittel 329 Fördermittel 331 Förderzeuge 329 f. - flurfreie 329, 331 - flurgebundene 331 - stetig arbeitende 329 - unstetig arbeitende 329 Forderungsabtretung 208 ff. Forderungsausfallrisiko 169, 172 Formkaufmann 249, 251 Formnichtigkeit 254 Forschung 65, 431, 436 ff. - angewandte 438 Fortbildung 402 Fortschritt, technologischer 350 Fortsetzungsstrategie 523 Frachtkosten 533 Frauen, in der Arbeitswelt 48 f., 79 Frauenbeauftragte 49 Free Alongside Ship (FAS) 264, 308 Free Carrier (FCA) 308 Free on Board (FOB) 264, 308 Freiplatzsystem 332 Freizeichnungsklausel 304 Fremdbezug 319 f., 434 Fremdfinanzierung 132, 149, 183 ff., 199 - kurzfristige 184 f. - langfristige 190 f. - mittelfristige 190 f. Fremdfinanzierungsstrategie 156 Fremdkapital 16, 24, 128 f., 131, 148, 151 f., 156, 173 - kurzfristiges 151, 154 - langfristiges 151, 154 - mittelfristiges 151 Fremdlager 326 Fristenentsprechung, Grundsatz der 154, 156 Führung 64, 71, 76, 431 - äußeres Umfeld 65 f. - horizontale Organisation 69 ff. - horizontale Sicht 76
559 - inneres Umfeld 65 ff. - operative 345 - Organisation 67 ff. - schlanke 72 - vertikale Sicht 76 Führungsanforderungen 77 ff. Führungsanweisungen 356 Führungsaufbau 71 ff. Führungsaufgaben 87 ff., 99 Führungsbegriff 63 f. Führungsebenen 63, 71 f., 98 Führungseigenschaften 81 Führungsentscheidungen 64, 67 Führungsfähigkeiten 81 Führungsgrundsätze 349 Führungshandeln 63, 67 Führungskräfte - Eigenschaften 78 - weibliche 80 Führungskultur 80 ff. Führungsmodelle 84 ff. Führungspositionen 79 Führungsqualifikationen 369 Führungsstil 81 ff., 347 - autoritärer 82 ff. - formeller 83 - kooperativer 83 f., 86 - patriarchalischer 82 Führungsstruktur 71 Führungssystem, Regelkreislauf 95 Führungstechniken 91 Führungsverhalten 80, 86, 393 Funktionsmeistersystem 72, 74 Funktionsprinzip 100 f., 300 ff. Funktionsrabatte 533 Fusion 248 G Gabelhubwagen 329 f. Gabelstapler 329 f. Gantt-Diagramme 472 f. Gattungskauf 262, 271 Gebäudelayoutplanung 454 Gebrauchsgüter 4 f., 517 - produktive 4 f. Gebrauchstauglichkeitsnorm 58 Gebühren 119 Gehälter 407 Geld 20 Geldkapital 127, 131, 148 Geldprozess 20 f., 55 Geldschulden 307 Geldstrom 20
Gemeindesteuer 118 Gemeinkosten 483, 528 Gemeinschaftsteuern 118 Gemeinschaftswerbung 540 Gemischtwarengeschäfte 535 Generalklausel 257 Genossen 242 Genossenschaft 69, 149, 173, 181, 221, 241 f., 245, 251 - Aufsichtsrat 242 - Gründung 242 - Haftung 242 - Nachschusspflicht 242 - Statut 242 - Vorstand 242 Genossenschaftsgesetz 181 Genossenschaftsregister 242 Genussschein 199 Gerichtsstand 306 Gesamtbeschaffungskosten 297 Gesamtbeschaffungsmarkt 279 Gesamtbetriebsrat 427 Gesamterfolg 23 Gesamtgewinn 23, 26 Gesamtjugendvertretung 427 Gesamtkapitalrentabilität 25, 155, 480 Gesamtkosten 460 f., 482, 484 f. Gesamtmarkt 503 f. Gesamtplanung, betriebliche 366 Gesamtproduktivität 481 Gesamtwirtschaft 507 Geschäftsfähigkeit 254 - beschränkte 254 - mangelnde 254 Geschäftsführung 63 ff. Geschäftsguthaben 149 Geschäftsleitung 63 f. Geschäftsordnung 235 Geschäftsqualität 288 Geschäftsunfähigkeit 254 Geschäftsvertretung 63 f. Gesellschaft 223 - nichtrechtsfähige 224 - rechtsfähige 224 - stille 174 - unvollkommene 221, 223 f. - Wertewandel 82 Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) 221, 224, 229 - gemeinschaftliche Vertretung 229 - Gesamthandsvermögen 229 - Geschäftsführung 229, 244 - Haftung 244 - Konsortium 245
560
- Kontrollrechte 244 - Vermögen 244 Gesellschafter 174 - stille 174 Gesellschafterkapital 149 Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Co. KG (GmbH & Co. KG) 113 f., 149, 171, 221, 239, 242 ff. - Geschäftsführung 243 - Haftungsbeschränkung 243 Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) 69 f., 175 f., 181 f., 221, 231, 237 ff., 244, 251 f. - Aufsichtsrat 238 - Geschäftsführung 238, 244 - Gesellschafterversammlung 238 - Haftung 244 - Kontrollrechte 244 - Organe 238 f. - Stammkapital 237 f. - Vermögen 244 Gesellschaftsformen 223 - besondere 241 ff. Gesellschaftsrecht 223 ff. Gesellschaftsteuer 118 Gesellschaftsunternehmen 221 f. Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (GenG) 241 Gesetz der Kostendegression 53 Gesetz der Massendegression 13 Gesetz der Massenproduktion 53, 449 f., 457 Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts 232, 234, 237 Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften (HWiG) 258 f. Gesetz über Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) 246 Gesetz zur Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG) 255 ff. Gestaltungsfunktion 68 Gesundheitsschutz 355, 386, 399 Gesundheitswesen, betriebliches 400 Getränkesteuer 118 Gewährleistungsansprüche, Verjährung 273 Gewährleistungsrechte - Ausschluss 272 - Ausübung 273 f. Gewerbe 249 Gewerbebetriebe 3 f. Gewerbeertragsteuer 120 Gewerbekapitalsteuer 121
Stichwortverzeichnis
Gewerbesteuer 118 Gewerkschaften 410 Gewinn 21 ff., 28, 162, 283, 435, 498 - neutraler 23, 26 - rentabler 22, 28 - thesaurierter 150, 172, 182 Gewinnarten 23 Gewinnberechnung 26 Gewinnbeteiligung 417 Gewinngegenwerte 160 Gewinnhöhe 66 Gewinnrücklagen 129, 149 f. Gewinnschuldverschreibung 199 Gewinnschwelle 521 Gewinn- und Verlustrechnung 143 Gewinnverwendungen 24 Gewinnvortrag 129 Gewinnzuordnungen 23 Gewinnzusammenhänge 27 Gitterboxpaletten 331 Gläubiger 205 Gleichberechtigung 49 Gleichgewicht - betriebliches 42 ff. - finanzielles 38 ff., 134, 140 - finanzwirtschaftliches 39 ff., 133 ff., 156 Gleichordnungskonzern 247 Gleichstellungsstellen 80 Globalisierung 77 Globalzession 208 GmbH-Gesetz 181, 237 f. graphologisches Gutachten 375 Grenzkosten 482, 484 f. Großbetriebe 6, 8 Großhandel 535, 537 Grundbildung, berufliche 402 Grundbuch 210 - Abteilung! 206 - Abteilung II 206 - Abteilung III 206 - Bestandsverzeichnis 206 Grundbuchauszug 206 Grunderwerbsteuer 118 Grundkapital 149, 176, 178, 232 f. - Mindestnennbetrag 178 - Nennbetrag 176 - Nennwert 176 Grundlagenforschung 438 Grundmaterialien 53 Grundnutzen 517 f. Grundpfandrechte 205 f. Grundschuld 205, 207, 210 Grundschulden 191
561 Grundsteuer 118, 120 f. Gruppen 345 Gruppenakkord 416 Gruppenarbeit 47, 82 f., 342, 355 Gruppendiskussion 375 Gruppenfertigung 443 f., 446 Gruppenkonflikte 396 Gütenormen 57 Güter 6, 20 - andere Vermögenswerte 262 - wirtschaftliche 4 f. Güterarten 4 Güterleistungsstrom 20 Güterströme 7 Gurtförderer 330 f. Gut - erklärungsbedürftiges 517 - problemloses 517 H Hängebahnen 330 f. Halbfertigwaren 279 Handarbeit 443 Handel 4 - ambulanter 535 Handelsbetriebe 3, 7 Handelsgesellschaft 221, 223 Handelsgesetzbuch (HGB) 249 Handelspanel 511 Handelsregister 225, 238, 251 - Eintragung 250 - negative Publizität 251 - positive Publizität 251 Handels-Verkaufsförderung 544 Handhabungstest 509 Handwerk 4 Handwerksbetriebe 3, 10 Hauptfehler 488 Hauptschuldner 200 Haushalte 4, 6, 8 f. - öffentliche 4 Haushaltspanel 510 Haustürgeschäfte 258 Hebelwirkung 198 Heimarbeiter 360, 363 Hersteller-Leasing 210 Herstellung 5, 95 f., 439 Herstellungsbetriebe 6, 10 Hierarchien 71 f., 345 - betriebliche 72 - flache 346 - verflachte 345 high interest product 517
Hilfsarbeiter 360 Hilfsstoffe 53, 279 Hochregallager 328 Hochrendite 40 Höchstbestand 335 Holdinggesellschaft 247 f. Holschuld 263 f. Holschulden 306 Hubförderer 330 f. human capital 393 Humanziele 349 Hypothek 191, 205 ff., 210 Hypothekenbrief 206 I Idee 502 f. Ideenauswahl 502 f. Ideensammlung 502 Ideensuche 502 Identitätsprinzip 518 Image-Transfer 518 Immobilien-Leasing 211 Incoterms (International Commercial Terms) 08, 335 f. Individualabrede 256 Individualbeziehung 363 Individualgut 517 Indossament 177, 187, 233 Industrie 4 - deutsche 341 Industriebetriebe 3 f., 10 ff. - Betriebssysteme 15 f. - innerbetrieblicher Kreislauf 16 ff. - Personal 360 industrielle Entwicklung 341 Informationen 3, 5 f., 10, 16, 18 f., 35, 56 ff., 59, 61 f., 65, 115 - externe 287 - interne 287 Informationsaufgaben 103 Informationsbefugnis 71 Informationsbeschaffung - externe 59 - interne 59 Informationsdurchlaufzeit 60 Informationsfluss 286 Informationsfunktion 101 Informationsgewinnung 510 Informationsphase 302 Informationssystem 18 Informationswesen 356, 366 Inhaberaktien 176 f., 233 f. Inhaberpapiere 193
562
Initialphase 302 Inkasso-Zession 170 Innenfinanzierung 132, 140, 148, 150, 156 f. - Formen 157 Innovation 98, 437 Innovationsprozess 437 input 10, 34 Insolvenzen 133 Insolvenzursachen 154 Instandhaltung 281 Instanz 69 Integrationsprinzip 518 Interessengemeinschaft 247 Internationalisierung 341, 345, 347 Intrapreneurship 66 Inventur 333 - permanente 333 Investitionen 128, 131, 467, 503 Investitionsbegriff 128 Investitionsbereich 128, 131 Investitionsfinanzierung 158 Investitionsgüter 4, 279, 517 - produktive 5 Investitionsgüterbeschaffung 302 Investitionsgüter-Leasing 211 Investitionsgüterproduktion 440 Investitionsgüterwerbung 322 Investitionsmittel 145 Investitionsplan 432 Investitionsrisiko 436 Investitionstätigkeit 131 invitatio ad offerendum 254 Inzahlungnahme 533 Isolationsprinzip 517 J Jahresabschluss 236 - Aktiengesellschaft (AG) 236 - Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) 236 - Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) 236 - Lagebericht 236 Jahresüberschuss 129 Jahreszins, effektiver 261 Job enlargement 12, 90 Job enrichment 12, 90 jobrotation 12, 90, 398 Jugend- und Auszubildendenvertretung, allgemeine Aufgaben 428 Junior-Leitung 69 Just-in-time (JIT) 60, 290 Just-in-time-Belieferung 91, 326, 334
Stichwortverzeichnis
Just-in-time-Konzept 321 Just-in-time-Lieferung 342 Just-in-time-Management 91 Just-in-time-Prinzip 31, 54, 336 K Käufermärkte 502 Käuferprofil 508 Kaffeesteuer 121 Kanban 91, 290 Kanban-Konzept 320 f. Kannibalisierung 514 Kannkaufmann 249 f. Kapazität 52, 327 - maximale 51 - optimale 51 f. - technisch-maximale 50, 52 - wirtschaftliche 51 f. Kapazitätsabgleich 475, 478 Kapazitätsausnutzung 466 Kapazitätsbelastungsrechnung 475, 478 Kapazitätsentwicklung 163 Kapazitätserweiterung 162 ff. - durch Abschreibungsgegenwerte 162 Kapazitätsplanung 327, 434 Kapital 129, 279 - bedingtes 198 - betriebsnotwendiges 24, 283 - genehmigtes 178 - gezeichnetes 149 - Überlassungsdauer kurzfristig 183 - Überlassungsdauer langfristig 183 - Überlassungsdauer mittelfristig 183 - Verwendung des freigesetzten 162 Kapitalart 132 Kapitalbedarf 141 - Ermittlung 141 ff. Kapitalbereich 128 Kapitalbeschaffung 132, 140 Kapitalbeteiligung 417 Kapitalbindung 141 f. Kapitalerhöhung 178 f., 199 - bedingte 178 f. - Formen in der AG 179 - genehmigte 179 ff. - ordentliche 178 f. Kapitalfreisetzung 127, 131, 161 f. Kapitalgeber 358 - Rechtsstellung 156 Kapitalgesellschaft 173, 175 ff., 181 f., 221, 223, 231 ff. Kapitalherabsetzung 127, 131
563 Kapitalherkunft 132 Kapitalkonzentration 245 Kapitalmarkt 279 Kapitalmarktzins 194 Kapitalproduktivität 479, 481 Kapitalrückflusszeit 503 Kapitalrücklagen 129, 150 Kapitalstruktur 153 f. Kapital Strukturregel, vertikale 154, 156 Kapitalumschlag 283 Kapitalverwaltung 132, 140 Kapitalverwendung 132, 140 Kartelle 245 ff. - anmeldepflichtige 246 - genehmigungspflichtige 246 - höherer Ordnung 245 - niederer Ordnung 245 Kassationskollegialität 70 Kassenhaltung 20, 39 Kauf - auf Abruf 312 - auf Probe oder Besicht 274 - zur Probe 274 Käufermarkt 494 Kaufgegenstand 262 Kaufmann 249 ff., 251 Kaufmannseigenschaft 249 Kaufoption 212, 214 f. Kauf- und Warenhäuser 535 Kaufvertrag 221, 252, 254, 275, 312 - Inhalt 262 ff. - Leistungsstörungen 269 ff. - Nichterfüllung 269 - Schlechterfüllung 269 Kaufvertragsarten, besondere 274 f. Kaufvertragsparteien, Pflichten 265 f. Kerngeschäft 501 Kettenförderer 330 f. Key-account-Konzept 546 Kirchensteuer 120, 418 Klassifizierungsnormen 57 Kleinbetriebe 6, 8, 344 Kleinstserienherstellung 14 Kleinteilebehälter 331 Körperschaftsteuer 118, 120 Kollegialsystem 70 f. Kombinationsstandort 116 Kommanditaktionäre 240 Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) 173, 221, 240, 251 - Gesellschafterversammlung 240 - Gründung 240 Kommanditgesellschaft (KG) 69 f., 149, 173 f., 182, 221, 223 f., 227 ff.
- Auflösungsgründe 228 - Geschäftsführung 228, 244 - Gesellschaftsvertrag 228 - Gewinnverteilung 228 - Haftung 244 - Kommanditist 228 - Komplementär 228 - Kontrollrechte 244 - Rechtsverhältnisse der Gesellschafter 228 - Restgewinn 228 - Vermögen 244 Kommanditisten 149, 174, 228 Kommissionäre 538 Kommunikation 516, 537 Kommunikationskosten 518 Kommunikationskultur 345 Kommunikations-Mix 499, 539 Kommunikationspolitik 500, 539 ff. Komplementäre 174, 228 Konditionenkartell 246 Konditionenpolitik 528, 533 f. Konflikte - im Unternehmen 394 - individuelle 395 - persönliche 395 - soziale 395 Konfliktlösungsstrategien 397 Konfliktmanagement 397 Konfliktursachen 394 Konjunktur 366 Konkurrenzdenken 517 Konsignationslager 326 Konsortium 245 f., 247 Konstruktion (CAE) 65, 477 f. Konsumentenpanel 510 Konsumenten-Verkaufsförderung 544 Konsumgenossenschaften 535 Konsumgüter 3, 5 Konsumgüterbetriebe 6 f. Konsumgüter-Leasing 211 Konsumgüterproduktion 440 Konsumgüterwerbung 322 Konsumtion 4 f. Kontokorrentkonto 185 Kontokorrentkredit 183, 185 f. Kontokorrentverbindlichkeiten 136 Kontokorrentvorbehalt 268 Kontrahierungs-Mix 498 Kontrahierungspolitik 527 Kontrollaufgaben 99, 103 Kontrolle 64, 67, 94, 431, 499, 547 ff. - nach ökonomischen Kriterien 479 ff. Kontrollfunktion 101 Kontrollkarte 486 f.
564
Kontrollphase 401 Konventionalstrafen 533 Konzentration - diagonale 248 - horizontale 246, 248 Konzentrationsstrategie 523 Konzept 503 f. Konzeptphase 502 Konzepttest 509 Konzern 245, 247 f. - horizontaler 245 - vertikaler 245 Konzernbetriebsrat 427 Konzernunternehmen, multinationales 344 Konzernvorbehalt 268 Koordination 114 Koordinationsprinzip 113 Kosten 26, 31, 483, 503 - ausgabeunwirksame 162 - ausgabewirksame 135, 162 - durchschnittliche 485 - fixe 13, 53, 483 f. - variable 483 f., 528 Kostenerfassung 482 ff. Kostenersparnisbeteiligung 417 Kostengrößen 431 Kostenkennzeichen 483 Kosten-Nutzen-Analyse 479 Kostensenkungspotentiale 56 Kostensenkungsstrategien 54 Kostenverläufe 482 f. - fixe 485 - intervallfixe 485 - proportionale 484 - überproportionale 484 - unterproportionale 484 Kostenverminderung 457 Kraftfahrzeugsteuer 118, 120 Kragarmregale 327 Krankenversicherung 418, 420 Kreditabwicklung 533 Kredite 173, 183, 190, 209, 528 Kreditfinanzierung, Sicherheiten 200 Kreditform 533 Kreditgeber 27 f. Kreditkonsortium 246 Kreditlaufzeit 533 Kreditleihe 188 Kreditlimit 186 Kreditlinie 186 Kreditmittel 187 Kreditnehmer 533 Kreditsicherheiten, dingliche 209
Stichwortverzeichnis
Kreditsicherung, Formen 201 Kredittilgung 145 Kündigung - außerordentliche 423 - des Arbeitgebers 423 - des Arbeitnehmers 423 - des Arbeitsverhältnisses 423 - ordentliche 425 Kündigungsfrist, bei Arbeitsverhältnissen 423 Kündigungsschutz, besonderer 425 Kündigungsschutzgesetz 425 Kündigungstypen 424 Kündigungszeiten 424 Kürzeste-Operationszeit-Regel 471 f., 473 f. Kunde 349 Kundendienst 519 Kundenorientierung 90 f. Kundenwünsche 495 Kurswert 194 L Lageanalyse 497 Lager 286 - Aufgabe 325 - chaotische 332 - geschlossene 327 - halboffene 327 - offene 327 - Umformfunktion 325 f. Lagerbauart 327 Lagerbestand 298 - durchschnittlicher 333 f., 461 Lagerbestandsführung 333 Lagerbestandsplanung 334 f. Lagerdaten 482 f. Lagerdauer 333 - durchschnittliche 333 Lagereinrichtung 327 - bewegliche 329 ff. - feste 327 ff., 328 f. Lagergestaltung 327 ff. Lagerhaltung 281 f., 325 ff. - Aufgaben 332 ff. - chaotische 55 - Kosten 334 Lagerhaltungssystem, chaotisches 332 Lagerhilfsmittel 331 Lagerkennziffern 333 Lagerkontrolle 333 Lagerkosten 54, 297, 460 ff., 466 - proportionale 462 Lagerkostenverlauf 461
565 Lagerordnung 331 f. Lagerplanung 327 ff., 454 Lagerplatzoptimierung 331 f. Lagerstandort, optimaler 327 Lagersteuerung 331 f. LAN 60 f. Landessteuern 118 Lastenausgleichsabgaben 118 Laufbahnsysteme, differenzierte 345 Laufzeit 193 Layout 454 Layoutänderungen 456 f. Layoutplanung 431, 454 - Fixkosten 458 - variable Kosten 458 - Verfahren 456 f. Lean Management 12, 33, 47, 72, 87, 90 f. Lean Production 11 f., 33, 47, 91, 114 Leasing 210 ff. - Arten 211 - direktes 210 f., 216 - indirektes 210 f., 216 Leasingdauer 211 Leasingfinanzierung, Ziele und Risiken 216 Leasinggeber 210 ff. Leasinggesellschaft 210 f., 213 Leasinggut 211 f. Leasingnehmer 210, 212 f. Leasingraten 213 f. Leasingansprüche 213 Leasingumfang 211 Leasingvertrag 210 ff., 214, 252 - mit Kaufoption 215 - mit Verlängerungsoption 215 - ohne Kaufoption 214 Lebensdauer 51 Lebenslauf 378 - tabellarische Form 378 Leerkosten 466 Leerzeiten 472 Leihe 266 Leihpersonal 360, 363 f. Leistungen 6, 20, 400 - erstellte 359 - veräußerte 359 Leistungsbereitschaft 349 Leistungsbeteiligung 417 Leistungsbeurteilung 403 - freie Beschreibung 405 - Verfahren 405 f. Leistungserfolg 23, 26 Leistungsergebnismotive 393 Leistungserstellung 3 ff., 20 Leistungsfaktoren, im Betriebsprozess 45 ff.
Leistungsgerechtigkeit 411 Leistungsgewinn 23, 26, 28 Leistungslohn 414 f. Leistungsmerkmal 483 Leistungsort 263, 306 Leistungsprozess 134 Leistungssteigerung 393 Leistungswille 393 Leistungsziele 29 Leitung 19 - kollegiale 70 - mittlere 69 - oberste 69 Leitungsorgane 25 f. Leitungsorganisation, horizontale 70 Leitungssystem 70 Lenkungsfunktion 348 Leverage-Effekt 25, 154 ff., 199 Lieferanten 27 f. Lieferantenkredite 183 ff., 265, 308 Lieferantenverbindlichkeiten 135 lieferbare Menge 306 Lieferbedingungen 263 f., 307 f., 533 Lieferfähigkeit 306 Liefernorm 58 Liefertermin 306, 470 Liefertermin-Regel 471, 473 Lieferübernahme, Ort 533 Lieferverzug 269 f., 275 - Rechte des Käufers 270 Lieferzeit 263, 306 Linienorganisation 72 f. Liniensystem 73 f. Liquidationsvorzug 177 Liquidität 28, 37, 40 f., 43 f., 132, 134, 136 ff., 140 - 1. Grades 137 - 2. Grades 137 - 3. Grades 137 - dynamische 37 f., 138 ff. - statische 36 ff., 138 Liquiditätsberechnung, dynamische 138 Liquiditätsbetrachtung, statische 137 Liquiditätsbeurteilung, dynamische 140 Liquiditätskennzahlen 29, 41 Liquiditätskennziffern 39, 137, 140 Liquiditätsplanung 137 Liquiditätsrechnungen 138 Liquiditätssicherung 98 Liquiditätsvorsorge 132 Liquiditätsziel, erstes 37 Löhne 407 Logistik 98, 281, 322, 538 - ganzheitliche 341
566
- innerbetriebliche 281, 322, 325 ff., 431 Logistiksysteme 55 Lohmann-Ruchti-Effekt 162 Lohn - Einflussfaktoren 409 - individueller 408 Lohngerechtigkeit 411 Lohngruppen 412 Lohngruppenverfahren 412 Lohnhöhe 412 Lohnkosten 122 Lohnniveau 408 Lohnsteuer 120, 418 Lohnstückkosten 117 Lohn- und Einkommensteuer 118 Lohn- und Gehaltspolitik 349 Lohn- und Gehaltsregelungen 356 Lohn- und Gehaltstarif vertrage 410 Lohn- und Gehaltsabrechnung 355, 418 ff. Lombardkredit 183, 189 Lose 295, 460 Losgrößen 295, 460 f. - Anpassung 463 - kostenminimale 461 f. - optimale 296 f., 335, 431, 461 f. Lotteriesteuer 118 low interest product 517 M Mängelrüge 315 Märkte 500 - Absatzwege 507 Make or Buy-Entscheidungen 319 Makler 538 Makroplanung 542 Management by Conflicts (MbC) 84, 86 Management by Delegation (MbD) 81 f., 91 Management by Exception (MbE) 84 ff., 91 Management by Objectives (MbO) 84, 86, 91 Management by Results (MbR) 84, 86 Management-Development 404 Manager 68, 77 Manteltarifverträge 410 Mantelzession 208 Manufaktur 15 Markenartikel 516 f. Markenkern 518 Markennamenstrategie 517 Marketing 98, 437, 491 ff. - differenziertes 514 - konzentriertes 514 - undifferenziertes 514
Stichwortverzeichnis
Marketingmaßnahmen 499 Marketing-Mix 499, 516, 548 Marketingplanung 496 ff. Marketingrolle 496 Marketingstrategie 498 f. Marketingziele 498 - System 500 market-pull 437 Markierung 516 Markt 497, 507 - Absatzwege 507 - anonymer 511 Marktakzeptanz 438 Marktanalyse 507 ff. Marktbeobachtung 507 ff. Markteinführung 437 Marktforschung 437, 507 ff. - demoskopische 507 f. - direkte 507 - indirekte 508 - Methoden 509 ff. Marktnischenstrategie 514 Marktsegmente 505 Marktsegmentierung 512 - produktgruppenbezogene 513 f. - zielgruppenbezogene 513 f. Marktverbreitung 438 Marktvorbereitungsphase 505 Maschinenbelegungsplan 475 f., 478 Maschinendaten 482 f. Maschinenlayoutplanung 454 Maschinenpark 458 Maschinenproduktivität 35 Maschinenstärkeproduktivität 35 Massenentlassungen 424, 426 Massenfertigung 8, 11, 14, 441, 443 Massengut 517 Massenmarktprodukt 518 Massenmarktstrategie 512 Maßnahmen 499 - liquiditätssteuernde 140 Maßnorm 58 Materialdisposition 290 ff. - Aufgabe 290 Materialentsorgung 324 f. Materialfluss 286 Materialkosten 54 f. Materiallogistik 322 Materialproduktivität 481 Materialverwertung 324 f. Materialwirtschaft 277 ff. - Aufgabe 280 - Bedeutung und Kosten 282 ff.
567 - Daten- und Informationsverarbeitung 287 f. - EDV-Einsatz 287 - integrierte 282, 322 - Organisation 284 ff. - Qualitätssicherung 288 f. - Stellung 284 - Zielkonflikte 337 Matrix 75 Matrixorganisation 72, 75 f. - mit Liniensystem 76 Maximalkapazität 52 Maximalprinzip 31 ff., 479 Mehrfachunterstellung 72, 74 f. Mehrliniensystem 74 Mehrpersonenkonflikte 396 Mehrpersonenunternehmen 173 Mehrproduktproduktion 441 Mehrschichtensystem 389 Mehrstufenverfahren 406 Mehrverantwortung 393 Mehrwertsteuer 121 Meldebestand 298 Mengenkennzahl 35 Mengenplanung 324, 475, 478 Mengenrabatte 533 Mengenrelationen 479 Mengenübersichtsstückliste 292 Menschen 17 f. menschliche Arbeitskräfte 19 me-too-Produkt 528 Miete 266 - kalkulatorische 143 Mietoption 212, 214 f. Mietvertrag 252, 312 Mikroplanung 542 Mikroterminplanung 543 - intermittierende 543 - Kombination 543 - kontinuierliche 543 - konzentrierte 543 Minderkaufmann 249 ff. Mindestbestand 298 Mindestbestellmenge 295 Mindestmengen 533 Mindestnennbetrag 232 Mineralölsteuer 120 f. Minimalprinzip 31, 33 f., 479 Mischbeziehung 363 Mitarbeiter 26 f., 65, 362 - arbeitnehmerähnliche 359 f., 363 - Einstellung 377 ff. - freie 360, 363 f. - Führung 344 - Grundsätze 353 f.
- Interessen 349 - Internationalität 353 - Ist-Qualifikation 367 - Qualität 346 - Selbstbewusstsein 352 Mitarbeiterbedarf 364 ff. Mitarbeiterbeurteilung 403 f. - gebundene Verfahren 405 - strukturierte Verfahren 405 Mitarbeitergespräch 357 Mitarbeiterinformation 354 Mitarbeiterkommunikation 354 Mitarbeiterverhalten 369 Mitbewerber 498, 507 Mittel, liquide 37 Mittelbetriebe 6, 8 Mittelherkunft 128, 148, 156 Mittelverwendung 128 Mittelwertberechnung, gleitende 294 Mittlerfunktion 345, 347 f. Mobilien-Leasing 211 Modulfabriken 336 Monomarke 517 Montanmitbestimmungsgesetz 237 Montanmitbestimmungsrecht von 1976 237 Motive - kompetenzbedingte 393 - materielle 393 - sicherheitsbedingte 393 - soziale 393 Mündelgelder 195 Multimedia 61 N Nachfragekurven, elastische 532 Nachlagerung 18, 20 Nachliegezeit 468 Näherungsformel 461 Name 516 Namensaktien 177, 233 f. - gebundene 234 - vinkulierte 177, 234 Nebenfehler 488 Nebenkennzahlen 44 Negativerklärung 195 Nennbetrag 233 Nettobedarf 293 f. Nettoertragsbeteiligung 417 Netto-Personalbedarf 366 Netto-Primärbedarf 293 Netto-Sekundärbedarf 293 Netto-Tertiärbedarf 293 Netzpläne 110 f.
568
Neueinführung 543 Neuproduktentwicklung 501 ff. Nichtigkeitsgründe 254 Nischenanbieter 515 Niveauänderungskosten 466 Nivellierungsprinzip 543 Nominalzins 194 Normalitätsmerkmal 483 Normalleistung 414 Normalzeit nach REFA 415 Normen, Arten 58 Normung 55 f. Nutzungsdauer, betriebsgewöhnliche 211 O Objektdezentralisation 445 Objektprinzip 100 f., 300 ff., 445 Objektzentralisation 445 Obligationär 193 Obligationen 192, 196 öffentlicher Glauben 206 Öffentlichkeitsarbeit 65, 92 ökonomisches Prinzip 31, 33 f., 479 Öko-Steuer 120 Offene Handelsgesellschaft (oHG) 69, 149, 173 f., 182, 221, 223 ff., 239 - Auflösung 226 f. - Geschäftsführung 244 - Geschäftsführungsbefugnis 225 - Gesellschaftsvertrag 225 - Gewinnverteilung 226 - Haftung 225, 244 - Kontrollrechte 244 - Rechtsverhältnisse der Gesellschafter 225 - Vermögen 244 - Vertretung der Gesellschafter 226 Operate-Leasing 211 f. Option 197 Optionsanleihen 196 f., 200 Optionsrecht 197 f. Optionsscheine 197 f. Organisation 17, 19, 65, 94 ff., 112 - disziplinarische Sicht 99 - innere 301 f. - sachlich-funktionale Sicht 99 Organisationsbegriff 94 f. Organisationsentwicklung 354 Organisationsformen 444 ff. Organisationsgrundsätze 112 ff. Organisationskonflikte 396 Organisationsmanagement 345 f. Organisationsprinzipien 113
Stichwortverzeichnis
Organisationsstrukturen, dezentrale 345 Organisationstypen 444 Organisationswürfel 94 f. Originallohnabrechnung 421 Output 10, 34 P Pachtvertrag 312 Packungstest 509 Palettenregale 327 Panel 509 f. Partialkontrolle 487 Partie 442 Partieleistungen 8 Partie-Produktion 442 Passiva 128 f. - Überbewertung 158 Passivseite 129 Penetrationsstrategie 530 f. Periodengewinn 143 Periodenkapazität 163 Persönlichkeitsbeurteilung 403 Personalabbau 354, 404, 426 Personalarbeit 345 Personalauswahl 375 Personalbedarf 366, 404 - qualitativer 364, 367 ff. - quantitativer 364 Personalbedarfsbestimmung 365 Personalbedarfsdeckung 354 Personalbedarfsplanung 366 - qualitative 367 - quantitative 367, 369 Personalberatungsunternehmen 373 Personalbeschaffung 354, 365, 370 ff., 376, 404 - außerbetriebliche 376 - innerbetriebliche 371 f., 376 Personalbeschaffungsplanung 366 Personalbestandsanalyse 365 Personalbetreuung 354, 400 ff., 404 Personalbeurteilung 354, 400, 403 Personaldaten 483 Personaleinarbeitung 386 Personaleinführung 386 Personaleinsatz 354 f., 365, 386 ff., 399, 404 Personaleinsatzplanung 366 Personaleinstellung 404 Personaleinteilungsplan 475 f., 478 Personalentgelt 404 Personalentwicklung 349, 354, 365, 400, 402, 404 - Ziele 400
569 Personalentwicklungsplanung 366 Personalentwicklungsschritte, individuelle 355 Personalforschung 354 Personalfreisetzung 365, 422 ff. Personalführung 354, 366, 400, 404 Personalführungsgrundsätze 354 Personalfunktion 66 Personalinformationsmanagement 365 Personal-Istbestand 366 Personalkonflikte 355 Personalkosten 404, 407, 409 Personalkostenmanagement 365 Personalkredite 209 Personalleistung - am Arbeitsplatz 391 ff. - objektive Bedingungen 391 - subjektive Bedingungen 391 Personalmanagement 344, 345 f., 354, 366, 387 f. Personalmarketing 354 Personalmaßnahmen - qualitative 349 - quantitative 349 Personalorganisation 355 f. Personalplanung 354, 364 ff., 366, 370, 404 - operative 364 f. - strategische 364 - taktische 364 Personalrichtlinien 356 Personalsicherheiten 200 f. Personalstrukturen 345 - qualitative 346 Personalveränderung 365 Personalverwaltung 355, 366, 387 f., 400 Personalwerbung 354 - externe 372 f. Personalwesen 339 ff. - als Schnittstellen 344 - Anforderungen 345 ff. - Aufgaben 354 ff. - Bedeutung 344 f. - externe Einflüsse 349 ff. - Funktion 343 - industrielles 344 - interne Einflüsse 349 ff. - Organisation 356 f. - Rationalisierung 355 - Stellung 341 - Ziele 348 f. Personalzusatzkosten 408 f. Personen - juristische 231, 252 - natürliche 252 Personengesellschaft 149, 173 f., 221 ff., 359 - Firma 223
Personenunternehmen 182 - Kapitalzuführung 174 Pfand 205 Pfandgeber 205 Pfandgegenstände 205 Pfandnehmer 205 Pfandrechte 205 ff. - an beweglichen Sachen 201, 209 - an unbeweglichen Sachen 201, 210 Pflegeversicherung 420 Plant-Leasing 211 Planung 67, 349, 547 ff. - mengenmäßige 460 ff., 462 - operative 369 - zeitliche 464 ff. Planungsaufgaben 99, 103 Planungsfunktion 101 Planungsnorm 58 Planungsphase 401 Plattenförderer 331 Plattform-Produktion 341 Pluralinstanz 70 f. Post-test 509, 543 Potentialbeurteilung 403 Potentiale 400 Power-and-free-Förderer 329 ff. Prämienlohn 414, 416 Praktikanten 360, 363 Praktikum 402 Preis 305 f., 527 - kostenorientierter 528 - mitbewerberorientierter 528 - nachfrageorientierter 528 Preisabhängigkeiten 527 f. Preisänderungen 528 Preisbildung 528 Preisdifferenzierung 528 f. - nach Produktvarianten 529 - nach abgenommener Menge 529 - personelle 529 - räumliche 529 - verwendungsbezogene 529 - zeitliche 529 Preiselastizität der Nachfrage 531 Preisentwicklungsplanung 324 Preiskartell 246 Preislage 528 Preispolitik 527 f. Preisstrategien 529 ff. Preistest 509, 528 Pre-test 509, 543 Primärbedarf 292 f. Primärerhebung 510 Primärforschung 507 f., 511
570
Primärsektor 8 Primärziele 21 ff., 29 Primatkollegialität 70 Prinzip - der Ergiebigkeit 113 - der Koordination 113 - der Sparsamkeit 113 - der Wirtschaftlichkeit 113 - der Zweckmäßigkeit 113 - des organisatorischen Gleichgewichts 113 f. - logistisches 57 Prioritätsregeln 470, 476 Privatrecht 409 Produktart 534 Produktdifferenzierung 525 Produktdiversifikation 525 f. Produkte 431 ff., 497, 537 - absatzreife 17 Produkteigenschaften 518 Produkteliminierung 526 Produktentwicklung - in einem CIM-System 32 - konventionelle 32 Produktentwicklungsphase 502, 504 Produktentwurf (CAD) 477 f. Produktfelder 433 ff. Produktgruppen 433 ff., 500 Produktion 4 f., 11, 65, 431 ff. - automatisierte 440 - emanzipierte 465 f. - handwerkliche 440 - kontinuierliche 442 - losweise 442 - mechanisierte 440 - produkteinheitsfreie 442 - Rationalität 478 - stufenweise emanzipierte 465 - synchrone 465 f. - Weiterverarbeitung 8 Produktionsapparat, betrieblicher 127 Produktionsarten 432, 439 ff. Produktionsbeteiligung 417 Produktionsbreite 434 Produktionsfaktoren 127, 431 - elementar betriebliche 343 - menschliche Arbeit 358 ff. Produktionsgüter 4 f., 517 Produktionsgüterbetriebe 6 f. Produktionskontrolle 432, 478 ff., 487 Produktionskurve 465 Produktionspalette 458 Produktionsplan 291, 432 Produktionsplanung 60, 475
Stichwortverzeichnis
- kurzfristige 432, 458 ff. - langfristige 431 f. - mittelfristige 431 f. Produktionsplanungs und –Steuerungssysteme (PPS) 60 f., 288, 431, 475, 477, 483 Produktionsprogrammplanung 433, 475, 478 - langfristige 433 Produktionsprozess 431 Produktionsrisiko 436 Produktionsstätten 3 Produktionssteuerung 60, 432, 467, 475 Produktionstiefe 434, 441 Produktionswirtschaft 429 ff. Produktivität 28, 34 ff., 41, 44, 349, 359, 481 Produktivitätsberechnung 35 Produktivitätsbeteiligung 417 Produktivitätskennzahlen 29 Produktlebenszyklen 502, 521 ff., 534 Produktlinie 435 Produktmanagement 75 f. Produktmaterialien 53 Produkt-Mix 498 Produktpolitik 500, 516 ff. Produktqualität 19 Produkttest 509 Produktvariation 522, 525 Profitcenter 12 Prognose 497 Programmbreite 433 Programmplanung 475 f. Projektarbeit 355 Projektmanagement 75 Projektorganisation 75 f. Promotion 544 Prototyp 504 Prozesskette 16 ff. Prüfnorm 58 Prüf- und Beurteilungskosten 489 Public Relations (PR) 93, 539, 544 Pufferfunktion 325 Pufferlager 325 pull-Effekt 544 push-Effekt 544 Q Qualifikationsstrukturen 346 Qualität 288, 486, 490, 518 f. - Qualitätskontrolle 55, 60, 478, 486 ff. - optimale 489 Qualitätsmanagement 48, 355 Qualitätsnorm 40, 58 Qualitätsplanung 477
571 Qualitätsprüfung (CAQ) 477 f. Qualitätssicherung 289, 477, 490 - Kosten 489 - Methoden 486 f. Qualitätsstrategie 490 Qualitätszirkel 48 Quotaverfahren 511 R Rabatte 528 Rabattpolitik 533 f. Rahmenvertrag 312 Random-Verfahren 511 Rangfolgeverfahren, summarisches 412 Rangreihenverfahren, analytisches 413 Rationalisierung 342 Rationalisierungseffekte 55, 171 Rationalität 349 Reaktivierung, beruflich 402 Realisationsaufgaben 99 Realisationsphase 401 Realkredite 183, 191 - dinglich gesicherte 209 Rechnung 316 Rechnungsabgrenzungsposten 129 Rechnungskern 316 Rechnungskopf 316 Rechnungslegung, externe 98 Rechnungsprüfung 303, 315 f. Rechnungsschluss 316 Rechte 131, 262 Rechtsformen, eines Unternehmens 221 ff. Rechtsgeschäfte 252 - einseitige 252 - mehrseitige 252 Rechtsgeschäftslehre 252 ff. Rechtsscheinhaftung 251 Rechtsstreitigkeiten 355 Rechtsverhältnisse 4 f. Rechtsvorschriften 385 Recycling 324 ff., 341 Reederei 221 Re-engineering 12, 87 f., 91, 352 f. Regalförderzeuge (RFZ) 329 f. Regallager 328 - konventionelle 327 f. Rehabilitierung, berufliche 402 Reifephase 522 Reihenfertigung 443 ff. Reinvestition 161 Rendite 25 Rennwettsteuer 118, 121
Rentabilität 22 f., 25, 28 f., 39 ff., 43 f., 349, 479 ff. - auf das betriebsnotwendige Kapital 25 Rentabilitätsberechnung 24 f. Rentenschuld 205, 207 Rentenversicherung 420 Reserven - Auflösung stiller 172 - stille 148, 150, 156, 167 f., 171 Ressortkollegialität 70 Restrukturierung (Restruction) 88 f. Reststoffverwertung 282 Return on Investment (ROI) 283 Revitalisierung (Revitalizing) 88 f. Risikostreuung 517 Rohstoffe 53, 56, 279 Rohstoffgewinnungsbetriebe 6 f. Rohstoffproduktion 440 Rolle 395 Rollenbahnen 330 f. Rückgangsphase 522 f. Rücklagen 148 f., 156 - andere 150, 158 - für eigene Anteile 150, 158 - gesetzliche 150, 158 - offene 150 - satzungsmäßige 150, 158 Rückstellungen 129, 143, 165 f., 172 - Pensions-und sonstige 130 Rüstkosten 460 ff. Rüstkostenverlauf 461 Rüstzeit 469 Rutschen 330 f. S Sachanlagen 16 Sachaufgaben 99 Sachen 262 Sachfunktion 66 Sachgüter 16, 127, 130 f. Sachkapital 127, 130 f., 148 Sachkauf 265 Sachleistung 391 Sachleistungsbetriebe 6 ff. Sachmängelhaftung 271, 274 Sachmangel 271 Sättigungsphase 522 Sale-lease-back 210 Sale-lease-back-Verfahren 167 Scheinkaufmann 249, 251 Schenkungsteuer 121 Schickschuld 263 f., 307 Schlechterfüllung 271
572
Schlepper 329 f. Schlüsselkunden 546 Schlüsselqualifikationen 46, 402 Schuldbuchforderungen 195 Schuldenhaftung 224, 231 Schuldner 205 Schuldschein 192 Schuldscheindarlehen 183, 191 f. Schuldverschreibungen 183, 191 f., 195 Schuldwechsel 136 Science-Fiction-Szenarien 503 Segmentierung 512 ff., 517 Segmentierungsstrategien 514 f. Sektor - tertiärer 7 - volkswirtschaftlicher 9 Sektorengliederung 98 Sekundärbedarf 292 f. Sekundärerhebung 510 - externe 510 - interne 510 Sekundärforschung 507 f. Sekundärsektor 8 f. Sekundärziele 29 - betriebliche 41 Selbständige 68, 80 Selbstfinanzierung 148, 157 ff., 171 - im engeren Sinn 160 f. - offene 157 f., 160, 171 f. - stille 158 f., 171 Selbstkosten 55, 283 Selbstorganschaft 223 Serienfertigung 8, 441, 443 Service 519 f. Servicemanagement 30, 319 Sicherheiten 209 - dingliche 201 Sicherheitsbestand 298 Sicherheitsnorm 58 Sicherheitswesen 366 Sicherung des Wirtschaftspotentials 120 Sicherungsgeber 203 Sicherungshypothek 207 Sicherungsnehmer 203 Sicherungsübereignung 201, 203 f., 209 Sicherungsvertrag 203 f. Signalkennziffern 28, 41 f., 44 Singularinstanz 69 f. skimming-policy 529 f. Skonto 184, 309 Skontozahlung 309 Sofortverwendung, lagerlose 287 Solawechsel 187
Stichwortverzeichnis
Solidaritätszuschlag 120 Sollbeschaffenheit 271 Sonderlager 327 Sortenfertigung 8 Sortenproduktion 441 Sortimenthandel 535 Sortimentsbreite 524 Sortimentsgeschlossenheit 524 Sortimentsgestaltung 524 Sortimentsmarke 518 Sortimentspolitik 524 ff. Sortimentstiefe 524 soziale Angelegenheiten 428 Sozialgerechtigkeit 411 Sozialkosten - freiwillige 407 f. - gesetzliche 407 f. - tarifliche 407 f. Sozialleistungen 355 Sozialpolitik 349 Sozialverhalten 369 Sozialversicherungen, Beitragssätze 420 Sozialwesen 366 Spaltentensoren 110 Sparsamkeitsprinzip 112 Speicherfunktion 325 Spezialarbeiter 360 Spezialhandel 535 Speziallager 327 Spezial-Leasing 215 f. Spezialpaletten 331 Spezifikationskauf 312 Spielbankabgaben 118, 121 Sponsoring 539, 545 Staat 27 f. Stab 73 Stababteilung 19 Stabilitätsprinzip 113 Stablinienorganisation 72 f. Stabliniensystem 73 f., 75 Stammaktien 177, 233 f. Stammeinlage 237 Stammkapital 149, 237 Standard-Factoring 171 Standortanalysen 116 f. Standortbestimmung 348 Standorte 114, 117 - absatzorientierte 116 - arbeitskostenorientierte 116 - bodenpreisorientierte 116 - industrielle 114 ff. - innerbetriebliche 432, 457 - optimale 115
573 - kraftstofforientierte 116 - steuerorientierte 116 - traditionsorientierte 116 - transportkostenorientierte 116 - verkehrsorientierte 116 Standortfaktoren 115 f., 117 Standortkonzentration 116 f. Standortplanung 327 - innerbetriebliche 454 ff. Standortqualitäten 115 f. Standortrisiken 116 Stellenanzeigen 372 Stellenausschreibung - innerbetriebliche 372 - interne 371 f. Stellenbeschreibungen 356, 368 f., 377, 392 Stellen- und Besetzungspläne 356 Stetigförderer 330 f. - flurfreie 330 f. - flurgebundene 330 f. Steuereinnahmeberechtigte 120 Steuereinteilung 119 ff. Steuergerechtigkeit 120 Steuern 119 - direkte 122 f. - indirekte 121 Steuerpolitik 121 Steuerquellen 118, 120 Steuerspirale 119 Steuersystem 118 ff., 123 Steuertransparenz 120 Steuerung 64, 67 Steuerungsaufgaben 103 f. Steuerungsfunktion 101, 348 Steuerungskonzepte 470 ff. - spezielle 475 ff. Steuerungsverfahren, EDV-gestützte 475 Stichprobe 511 Stichtagsinventur 333 stille Gesellschaft 69, 221, 224, 229 f. - Innengesellschaft 230 - Kommanditist 230 - Komplementär 230 Stimmrechtsvorzug 177 Stoffnormen 57 f. Streckengeschäft 320 Strukturmanagement 345 Strukturstückliste 292 Stückakkord 414 Stückgewinn 143 Stückkosten, sinkende variable 457 Stückkostenkurve 485 Stücklisten 292 Stückperiodenausgleich 296
Stückzeitakkord 415 Stufenwertzahlverfahren, analytische 413 Substanzgewinnbeteiligung 417 Substanzsteuer 120 f. Substitution 518 SWOT-Analyse 497 Syndikat 246 Synergieeffekt 66 f. System 70 Systemanbieter 54, 336 T Tabaksteuer 121 Tabelle 211 Taktzeit 451 f. Tante-Emma-Laden 222 Target-Costing 87, 89 ff., 91 Target-Costing Management 91 Tarifverträge 410 Taylorismus 449 Taylorsches Prinzip 45, 74 Teamarbeit 12, 33, 46, 75, 82 f. Teams 345 technology-push 437 Teilamortisations-Leasing 211, 213 Teilerhebung 511 f. Teilkostenrechnung 503 Teilmärkte 518 Teilproduktivität 481 Teilsegmente 503 f. Terminplanung 293, 324 Terminüberwachung 303 Tertiärbedarf 292 f. Tertiärsektor 8 f. Testmärkte 528 Testphase 502, 504 f. Testverfahren 375 Tiefengliederung 101 Tilgungsanleihe 196 Time Based Management 90 f. Totalkapazität 163 Totalkontrolle 487 Total Quality 87 Total Quality Management (TQM) 48, 90 f., 289 Trainee-Programme 402 Transport - externer 281 - innerbetrieblicher 282 - interner 281 Transportkosten 264 f. Transportsysteme, fahrerlose (FTS) 329 f. Transportzeit 469 Treasuring 98
574
Treuerabatte 533 Treu und Glauben, Grundsatz von 316 Trust 247 f. Typisierung 55 U Überbewertung 158 Überdimensionierung 52 Übereignung 266 f. Über-pari-Emission 181, 194 Umlaufvermögen 129, 141, 154 Umsatz 283 Umsatzbeteiligung 417 Umsatzerträge 26 Umsatzpotential 503 Umsatzrentabilität 25, 283, 480 Umsatzsteuer 118, 121, 123 Umschichtungsfinanzierung 168 Umschlagshäufigkeit 333 Umschüler 360, 363 Umschulung 400, 402 Umsetzung, kreative 542 Umstrukturierung 352 Umtausch- und Rückgabemöglichkeiten 533 Umweltmanagement 87, 107 f., 341, 386 - offensives 107 Umweltorientierung 105 Umweltpolitik 106 Umweltschutz 10, 106 - integrierter 106 Umweltschutzmanagement 105 Unstetigförderer 329 f. - flurfreie 330 - flurgebundene 330 Unterbewertung 158 Unterdimensionierung 52 Unternehmen - Ertragskraft 143 - Finanzkraft 143 - Kapitalkraft 435 f. - Konzentration 245 - mittelständisches 344 - Verschuldungsgrad 146 Unternehmensaufbau, umweltorientierter 105 ff. Unternehmensbegriff 67 Unternehmensbesteuerung 122 Unternehmensführung 63 Unternehmensgewinn 23, 26 Unternehmensinsolvenzen 153 Unternehmensinteressen 349 Unternehmenskultur 91 ff., 94 - internationale 346
Stichwortverzeichnis
Unternehmensmoral 65 Unternehmensqualität 288 Unternehmensstrategie 87 Unternehmensziele 344, 498, 500, 542 Unternehmenszusammenschluss 245 ff. - diagonaler 248 - horizontaler 248 - Konzentrationsform 245 Unternehmenszweck 497 Unternehmer 24, 67 ff., 77, 358 Unternehmung 67 - horizontaler Aufbau 71 - Kapitalkraft 435 f. - Leitung 71 - Mitarbeiter-Ebene 71 - mittlere Führungsebene 71 - produktbezogener Aufbau 73 - untere Führungsebene 71 - vertikaler Aufbau 71 Unterordnungskonzern 247 Unter-pari-Emission 194 Urkunden 378 f. Urproduktion 7 ff., 249, 440 V Verbesserungs- und Vorschlagswesen 355 Verbesserungsverfahren 456 f. Verbindlichkeiten 37, 129 - kurzfristige 135 f. - Überbewertung 172 Verbrauch - öffentlicher 8 - privater 8 Verbraucherkreditgesetz (VerbrKrG) 260 ff. Verbraucherschutzvorschriften 255 Verbrauchsgüter 4 f., 517 - produktive 4 f. Verbrauchsteuern 118, 120 f., 123 Verbundwerbung 540 Verein, wirtschaftlicher 241 Vereinigung, nichtrechtsfähige 224 Verfahrensnormen 57 f. Verfügungsbefugnis 71 Vergnügungsteuer 118 verhaltensbedingte Gründe 425 Verkäufermarkt 494, 502, 512 Verkauf - persönlicher 545 - unter Eigentumsvorbehalt 309 - von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 172 Verkaufsförderung (VKF) 93, 539, 544
575 Verkaufsorgane - betriebseigene 538 - betriebsfremde 538 Verkehrsbetriebe 7 Verkehrshypothek 207 Verkehrsteuern 118, 120 f., 123 Verlauf - degressiver 484 - fixer 485 - intervallfixer 485 - progressiver 484 - proportionaler 484 - überproportionaler 484 - unterproportionaler 484 Vermarktungsvorbereitungsphase 502 Vermietung 210 Vermögen, immaterielles 130 Vermögensbestände - geldferne 136 - geldnahe 136 Vermögensstruktur 153 f. Vermögensteile - geldferne 136 - geldnahe 136 Vermögensteuer 118, 121 Vermögenstitel - kurzfristige 128 - langfristige 128 - Unterbewertung 172 Vermögenswerte - betriebliche 131 - immaterielle 131 Verpackung 517, 519 Verpackungskosten 533 Verpackungssteuer 120 Verpflichtungen 37 Verpflichtungsbefugnis 71 Verrichtungsdezentralisation 445 Verrichtungsprinzip 100 f., 445 Verrichtungszentralisation 445 Versetzungen 371 Versicherungen 4 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) 195, 241 Versicherungsbetriebe 3, 7 Versicherungskosten 533 Versicherungsteuer 118 Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG) 241 - Aufsichtsrat 241 - oberste Vertretung 241 - Vorstand 241 Verständigungsnorm 58 Vertrag 252 - Annahme 253
- Antrag 253 - Inhalt 253 - Zustandekommen 253 ff. Vertragsabschlüsse 349 Vertragsarten 312 Vertragspartner, Einigung 253 f. Vertragsrahmen 382 f. Vertreterprovision 407 Vertrieb 281 Vertriebssystem 537 - exklusives 537 - intensives 537 - selektives 537 Verursachungsprinzip 107 Verwaltung 95 - allgemeine 98 Verwaltungsorganisation 355 Verwaltungsrolle 348 Verwender 497 Verwendungsplanung 400 Verwendungssteuerung 400 Verwertung 281 Verzinsung 23 f., 193 f. Verzugsschaden 270 Vollamortisations-Leasing 211, 213 Vollamortisationsvertrag 212 Vollerhebung 511 f. Vollkaufmann 224 f., 249 ff. Vollkostenkalkulation 55 Vollkostenrechnung 503 Volontäre 360, 363 Volontariat 402 Vorauswahl 377 Vorauszahlung 308 Vorlagerung 20 Vorleistungen 359 Vorliegezeit 469 Vorratshaltung 287 Vorschlagswesen 67 Vorschriften, gesetzliche und tarifliche 355 Vorstand, Geschäftsordnung 72 Vorstellungsgespräch 375, 377, 379 Vorsteuer 121 Vorüberlegungsphase 302 Vorzugsaktien 177, 234 W Wachstumsphase 521 f. Wagnisse, kalkulatorische 143 Wandelanleihe 197 Wandelobligation 196, 200 Wandlungspreis 197 Wandlungsverhältnis 197
576
Ware - anonyme 517 - Art und Qualität 304 f. - markierte 517 Warenannahme 332 f. Warenausgangslager 325 Warenauslagerung 333 Warenbereitstellung 286 f. Warenbereitstellungsprinzip 287 Wareneingang 303, 314 f. Wareneingangskontrolle 314 Wareneingangslager 325 Wareneinlagerung 332 f. Warenlombard 189 Warenschulden 306 Warenstrom 9 Waren- und Dienstleistungsmarkt 279 Wechsel 187 - gesetzliche Bestandteile 187 - gezogener 187 - Kreditmittelfunktion 188 - Kreditsicherungsmittel 187 - Zahlungsmittelfunktion 187 Wechseldiskontkredit 187 f. Wechselgesetz 187 Wechselkredit 183, 188 Wechsellombard 189 Wechselsteuer 118 Wegoptimierung 332 Weisungsbefugnis 71 Weisungssystem 71 ff., 99 Weiterbildung 355, 366, 400, 402 - berufliche 401 Weiterbildungssystem 345 Weiterverarbeitung 7, 9 Werbebotschaft 541 Werbeerfolgskontrolle 542 f. Werbeetat 542 Werbekampagne 540 ff., 542 Werbemittel 541 f. Werbepanel 510 f. Werbetest 509 Werbeträger 541 f. Werbeziele 540, 542 Werbung 65, 539 - antizyklische 543 - gemischt antizyklische 543 - gemischt prozyklische 543 - prozyklische 543 - zeitliche Verteilung 543 Werklieferungsvertrag 312 Werkstatt, Belastung 468 Werkstattfertigung 443 f., 446, 448, 463
Stichwortverzeichnis
Werkstoffe 3, 5 f., 10, 16 ff., 35, 53 ff., 61 f., 65, 115, 127, 343, 358 f., 431 Werkstoffkosten 54 f. Werkvertrag 252, 254, 312 Werkzeuglager 325 Wertbildungsprozess 19 f. Wertekreislauf 108 Wertmerkmal 483 Wertpapier-Urkunde 193 Wert-Regel 472 ff. Wertrelationen 479 Wertschöpfung 358 f. Wertschöpfungsbeteiligung 417 Wertschöpfungskette 47 Wertströme 7 Wertverteilungsprozess 20 f. Wettbewerb - globaler 341 - internationaler 349 f. Widerrufsrecht 259, 261 Wiederbeschaffungszeit 298, 335 Willensbildung 63, 66, 94, 104 Willensdurchsetzung 64, 66, 94, 104 Willenserklärung 252 - einseitige 423 - empfangsbedürftige 252, 423 - nicht empfangsbedürftige 252 Willenssicherung 64, 66 Wirtschaft - Wachstum 352 - Wandel 341 Wirtschaften 3 ff. Wirtschaftlichkeit 28, 31 ff., 35, 41, 43 f., 349, 479 f. - Grundsatz der 112 Wirtschaftlichkeitskennzahlen 29, 31 Wirtschaftlichkeitsprinzip 33 f., 114 Wirtschaftsausschuss 427 Wirtschaftsbereiche 8 Wirtschaftsbetriebe 3 f. Wirtschaftsgüter 210 Wirtschaftssektor 9 - primärer 7 - sekundärer 7 - tertiärer 9 Wohlstandsmärkte 512 Z Zahlstellen 195 Zahlung - auf Ziel 309 Zahlungsbedingungen 184, 265, 308 f., 533
577 Zahlungsbereich 128, 131 Zahlungseinstellung 275 Zahlungsfähigkeit 39, 134 Zahlungsfähigkeitsrisiko 39 Zahlungsfristen 308, 533 Zahlungsmittel 37, 136 Zahlungsmoral 133 Zahlungssicherungen 533 Zahlungs- und Lieferungsbedingungen 528 Zahlungsunfähigkeit 133 Zahlungsverkehr 218 ff. Zahlungsverzug 274 Zahlungsweise 533 Zahlungsziel 168, 184 Zedent 208 Zeitakkord 414 Zeitarbeitsunternehmen 373 Zeitdaten 482 Zeitlohn - mit Zulage 414 - reiner 414 Zeitmerkmal 483 Zeitrabatte 533 Zentraleinkauf 302 Zentralisierung 345, 347 Zerreißlager 464 Zession 208 ff. - Abtretung von Forderungen und Rechten 209 - offene 208 - stille 208 Zeugnis 378, 380
Ziele - betriebliche 29 ff. - personale 30 - umweltbezogene 30 Zielkauf 308 Zielkonflikte 349 Zielkosten 90 Zielkostenmanagement 89 ff. Zielsetzungen - betriebliche 43 - wirtschaftliche 349 Zinsen 171 - kalkulatorische 143 Zinskosten 462 Zölle 118 ff., 122 f. Zuckersteuer 118 Zug um Zug 308 f. Zulieferteile 279 Zusatznutzen 517, 519 Zuzahlungen - andere 150 - für Vorzugsrechte 150 Zweckmäßigkeit 112 - Grundsatz der 112 Zweckmäßigkeitsprinzip 114 Zweistufenabsatz 536 Zweitwohnsteuer 120 Zweitziele 29 ff. Zwischenbrachzeiten 472 Zwischenhandel 535 Zwischenlager 325, 431, 463