RALPH CLEAR
Zwischen zwei Imperien S. F.-Roman
Der Wachoffizier war erstaunt, als das vorbeifliegende Schiff ohne den...
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RALPH CLEAR
Zwischen zwei Imperien S. F.-Roman
Der Wachoffizier war erstaunt, als das vorbeifliegende Schiff ohne den typischen Leuchteffekt des Antriebs am Heck blieb. Er funkte es an. Ohne Erfolg, selbst nach dem dritten Versuch antwortete es nicht. Als er den Kapitän in die Zentrale bat, gab dieser den Befehl, das Schiff anzufliegen. Das Prisenkommando fand das Außenschott offen und mit tieferem Eindringen alle Funktionen auf Null. Nur ein Notaggregat hatte wohl erst bei ihrem Eintritt die Tätigkeit aufgenommen. Die gesamte Positronik war gelöscht, doch alle Raumanzüge und sonstige Ausrüstungen waren vorhanden, auch waren alle Kabinen aufgeräumt. Keinerlei Anhaltspunkte ließen irgend-welche Schlüsse zu. Sofort benachrichtigte der Kapitän den Raumsicherheitsdienst. Damit übernahm schon bald diese Einheit das Schiff und brachte es nach Terra ein. Schon mehrere Schiffe waren unter ähnlichen Umständen aufgefunden worden. Auf dem Zentralhafen übernahm ein Spezialteam ausgesuchter Wissenschaftler das Schiff. Eine neu entwickelte Methode zur Untersuchung gelöschter Positroniken sollte angewandt werden und Aufschluß über viele ungeklärte, gleichartige Vorfälle geben. Nach vier Wochen liegt der Bericht des Spezialteams der Admiralität vor. "System Sirius" ist das wichtigste Ergebnis. Ein schon bereitstehendes, neues Schiff rast gleich darauf in den Raum und geht in Transition nach Sirius. Das wäre die Ausgangsbasis des vorliegenden Romans. Für Liebhaber guter S. F.-Romane einige angenehme Stunden zur Entspannung! Ralph Clear
Zwischen zwei Imperien S.F.-Roman
scanned by Kantiran 04/2006
B E W I N - V E R L A G / B . W I N T E R B A C H K . G . Menden (Sauerland) 1966 Verlags-Nr. 970 Alle Rechte vorbehalten Copyright by Bewin-Verlag: B. Winterbach K.G., Menden Gesamtherstellung: Gebr. Platzmann, Iserlohn Printed in Germany 1966
Leutnant Evers stand kurz vorm Einschlafen. Leutnant Evens stand meistens kurz vorm Einschlafen, wenn er Flugwache hatte. Was sollte auch schon Großes passieren? Die Kontrollen des kleinen Frachtraumers arbeiteten automatisch, und irgendwelche Felsbrocken, die dem Raumschiff eventuell im Wege lagen, würden von dem Schutzschirm zur Seite gefegt und verpulvert werden. Wenn etwas anderes im Wege lag, zum Beispiel ein fremdes Raumschiff, so würde der Frachter automatisch ein Ausweichmanöver einleiten. Es war also alles in bester Ordnung. So glaubte jedenfalls Leutnant Evers. Er lehnte mit halbgeschlossenen Augenlidern behaglich in seinem Sessel, und dachte daran, daß in ungefähr fünf Stunden sein kurzer Urlaub von einer Woche begann. Ob sein Freund nicht zufällig auch Urlaub hatte? Na ja, sie würden sich bestimmt schon in der ersten Stunde nach der Landung treffen. Und dann würde es erst einmal anständig rund gehen. Sie hatten sich bestimmt vieles zu erzählen, und daß das nicht bei trockener Wetterlage geschah, da würde er, Sam Evers, schon für sorgen. In diesem Augenblick leuchteten einige Kontrollen auf dem Schalttisch auf und rissen den Leutnant aus seinen Gedanken. Ein fremdes Raumschiff kreuzte die Bahn des Frachtschiffes, dessen Auto-Pilot schon den Kurs geändert hatte. Ein bißchen neugierig drehte Evers an den Knöpfen der Außenbildschirme. Langsam erschien ein silberner Punkt auf der im dunklen Ultraviolett erstrahlenden Bildröhre, und wurde schnell größer. Als man meinen konnte, das fremde Raumschiff sei nur noch ein paar Meter von dem eigenen entfernt, betätigte der Leutnant den Sucher. Langsam glitt die Außenwand des fremden Raumers auf dem Bildschirm entlang und näherte sich dem Heck. Jeden Augenblick mußte der bläuliche Strahlenkranz der Düsen lauf dem Bildschirm erscheinen, und Leutnant Evers schaltete vorsorglich die Zusatzblenden vor den Bildschirm, denn es war nicht ratsam, die Augen der blendenden Helligkeit auszusetzen. Doch nichts geschah. Die Düsenöffnungen des Raumers lagen in tiefem Schwarz, und auch die Partikelgleichrichtungsfelder, die sonst in strahlendem Weiß erleuchteten, waren nicht aufgebaut. Leutnant Evers wischte sich einmal mit der Hand über die Augen. So etwas gab es doch gar nicht, daß die Magnetfelder nicht aufgebaut waren. Selbst beim Leerlauf der Triebwerke blieben diese immer in Betrieb. Gespenstisch trieb das fremde Raumschiff, das das Kennzeichen X-I besaß, im unendlichen Weltraum und entfernte sich langsam von dem Frachter. Der Leutnant griff zum Mikrophon, kontrollierte die Sendefrequenz, und rief das unbekannte Schiff über Funk an. „Achtung, hier Frachtraumschiff B-36. Ich rufe Raumschiff X-I. Raumschiff X-I bitte melden!" Leutnant Evers schaltete auf Empfang, doch nur das auf- und abschwellende Rauschen scholl aus dem Lautsprecher. Zum zweiten und zum dritten Mal schickte Evers den Funkspruch ab, doch das fremde Raumschiff meldete sich nicht. Der Leutnant beschloß, diesen Vorfall dem Kapitän zu melden und drückte auf die
Taste der Bordsprechanlage. ,,Achtung, Kapitän bitte zum Kommandoraum kommen. Es ist dringend." Evers beobachtete weiter das geheimnisvolle Schiff, das schon aus dem Ortungsbereich des Frachters zu schwinden drohte. Da wurde er von der Stimme des Kaptiäns herumgerissen. „Was ist los, Evers? Warum schreien sie denn so nach mir?" Mit knappen Worten erstattet der Leutnant Bericht und deutet dann auf den Bildschirm, auf dem das silberne Pünktchen langsam verblaßte. Kurz entschlossen befahl der Kapitän, das Raumschiff anzufliegen, und übernahm selbst die Steuerung. Nach einigen Minuten lag der Frachter neben dem unbekannten Raumer, der still dahintrieb. In der Luftschleuse des Frachters warteten vier Männer darauf, daß sich die Bordwand vor ihnen öffnen wurde und sie dann zu dem anderen Schiff hinüberschweben könnten. Dann war es soweit. Lautlos schoben sich die beiden Wandhälften auseinander und gaben den Blick in das unendliche Universum frei, in dem sich die Männer in diesem Augenblick wie verloren vorkamen, trotzdem sie diesen Anblick schon unzählige Male erlebt haben. Entschlossen stieß sich der erste der Männer aus der Luftschleuse und segelte langsam über einen Abgrund von unfaßbarer Tiefe zu dem anderen Raumschiff hinüber. Es gab einen leisen Ruck, als seine Magnetschuhe auf der glatten Stahlwandung auftrafen. Neben ihm prallten kurz nacheinander seine Kameraden auf, und dann suchten sie zu viert nach der Luftschleuse. Schritt für Schritt tasteten sie sich auf der glatten Hülle vorwärts, um zur Mitte des Schiffes zu gelangen. „Ist das nicht komisch?" fragte einer der Männer leise. ,,Ganz gleich, wie wir auf diesem verdammte n Schiff stehen, immer haben wir die Wand unter uns und den Himmel über uns." „Zerbrich dir darüber nur nicht dein schlaues Köpfchen. Es haben sich wegen diesem Gedanken schon andere darüber aufgeregt." „Ruhe da! Wir müssen jeden Augenblick zu der Schleuse kommen. Hier ist schon der Markierungspunkt." Und dann stockte den Männern fast der Atem. Mit ungläubigen Augen starrten sie auf das schwarze Loch, das sich vor ihren Füßen befand. — Die offene Luftschleuse — Leutnant Evers hörte über Funk in dem Frachter das überraschte Keuchen der Männer und fragte nach: ,,Hallo, Meiners, was ist denn los? Habt ihr was gefunden?" „Jawohl, Sir. Wir stehen gerade vor der offenen Luftschleuse." „Offen??" „Jawohl, Sir. Wir steigen jetzt ein und lassen die Schleuse schließen. Der Mechanismus ist in Ordnung. Haben Sie irgendwelche Befehle, Sir?" „Hier spricht der Kapitän. Dringen Sie vorsichtig weiter vor und unterrichten Sie mich, wenn Sie irgend etwas Außengewöhnliches entdecken." ,,Jawohl,Sir." Mit hellem Zischen strömte atembare Luft in die Schleusenkammer, und dann surrte das innere Schleusenschott zur Seite und gab den Zentralgang frei. Alles lag in tiefem
Dunkel. Nicht das kleinste Lämpchen brannte. Die vier Männer öffneten die Helme ihrer Raumanzüge und zogen die leichten Thermostrahler aus den Futteralen. Sie schalteten ihre starken Taschenlampen an und folgten dem Zentralgang langsam zur Bugspitze, in der die Schaltzentrale liegen mußte. Mit leisem Summen glitten die Sicherheitsschotts vor ihnen auf und gaben den Weg zur Kommandozentrale frei. Doch auch hier herrschte nur tiefe Dunkelheit und eine Todesstille, die nur durch das regelmäßige Ticken des Bordchronometers unterbrochen wurde. Mit nervöser Bewegung schaltete Meiners den Sprechfunk ein. „Wir befinden uns jetzt in der Zentrale, Sir. Alle Kontrollen sind stillgelegt. Wir haben unsere Handscheinwerfer eingeschaltet, da die Bordbeleuchtung nicht funktioniert." „Etwas Verdächtiges zu sehen?" ,,Nein, Sir. Ist nichts zu sehen, was nicht hierhin gehört. Aber wir durchsuchen jetzt die anderen Kabinen und Räume. Ende!" ,,In Ordnung! Lassen Sie die Funkverbindung bestehen. Ende!" Die Thermostrahler schußbereit in den Händen durchsuchte der kleine Trupp Raum für Raum, doch das ganze Raumschiff war wie ein leeres Grab. Nach fünfstündiger, ergebnisloser Suche verließen die Männer das Raumschiff, verschlossen das Schleusenschott mit einer elektronischen Sperre, und kehrten an Bord des Frachters zurück. Dann setzte das Schiff die unterbrochene Fahrt fort und landete wenig später auf dem Raumflughafen von Terramos, der Hauptstadt Terras. Sie saßen bequem in weichen Sesseln, und der eine hörte dem anderen bei seiner Erzählung zu. Ab und zu nippte der General der Raunabwehr lässig an seinem Kognac und stellte einige Fragen. „Sie meinen also, Kapitän Aukers, daß die Besatzung des Raumschiffes das Schiff nicht freiwillig verlassen hat?" ,,Jawohl,Herr General." ,,Woraus schließen Sie das? Ich dachte, Ihre Leute hätten keinerlei Anzeichen entdeckt, an denen man sehen könnte, daß irgendein Kampf stattgefunden hätte." ,,Das habe ich auch nicht behauptet. Aber man kann doch wohl keine anderen Schlüsse daraus ziehen, wenn die Weltraumanzüge noch vollständig an Bord waren. Ebenso fehlte keines der beiden Raumboote." „Sehen Sie, gerade an diesem Punkt beginnt die ganze Angelegenheit undurchsichtig zu werden, und deshalb habe ich auch schon zwei Patrouillenboote zu dem Raumer geschickt, die die Sache noch einmal auf das genaueste überprüfen sollen. Vielleicht werden wir dann etwas mehr erfahren als wir bis jetzt wissen. Das soll natürlich keine Geringschätzigkeit ihren Leuten gegenüber sein",beschwichtigte der General, als Kapitän Aukers seine Männer verteidigen wollte. ,,Ich wollte nur damit sagen, daß wir mit den entsprechenden Spezialgeräten größere Chancen haben, leicht übersehbare Spuren zu finden. Sie und Ihre Männer haben uns einen sehr großen Dienst erwiesen, indem Sie uns von dem Schiffswrack unterrichteten." Er streifte seine Uhr mit einem auffälligen Blick, und Kapitän Aukers, der das stumme
Zeichen verstand, erhob sich aus einem Sessel. ,,Dürfte ich mich dann jetzt verabschieden? Meine Leute sind noch auf dem Schiff und warten darauf, Urlaub zu bekommen." „Selbstverständlich können Sie jetzt gehen." Lächelnd reichte der General dem Kapitän die Hand und geleitete ihn zur Tür. ,,Und haben Sie nochmals vielen Dank." Nachdenklich ging er danach wieder zu seinem Sessel zurück und ließ sich schwerfällig darin nieder. Die Sache sah ganz nach einem wichtigen Fall für die Raumabwehr aus. Denn das war ja nicht das erste Raumschiff, das so aufgefunden wurde. Und nie hatte man bis jetzt irgendwelche Spuren finden können, aus denen etwas zu schließen wäre. I n diesem Augenblick summte das Visiphon und ein Leutnant Murdock bat eintreten zu dürfen. „Nun Leutnant?" Murdock salutierte zackig und machte dann Meldung. „Sir, ich bin der Kommandant der C-32, die an der Untersuchung des unbekannten Raumschiffes beteiligt war, und . . . „Und?? Haben Sie diesmal etwas gefunden?" unterbrach der General den Leutnant und beugte sich gespannt nach vorne. „Nein, Sir. Wir haben das ganze Schiff auf das genaueste untersucht und dabei nur festgestellt, daß das Raumschiff seit etwa zwei Monaten antriebslos im Raum treibt." ,,Was ist mit der Speicherelektronik? Da muß doch der Kurs der X-I vollständig eingetragen sein. Haben Sie den wenigstens verfolgen können?" „Tut mir leid, Sir. Die Speicherelektronik war vollkommen gelöscht. Aber wir haben sie trotzdem ausgebaut und mitgenommen. Vielleicht können die Wissenschaftler hier unten noch irgend etwas herausbekommen." ,,Ist gut, Leutnant. Sie können dann gehen. Ich erwarte Ihr schriftliches Protokoll dann morgen früh." Der Leutnant salutierte und verließ den Raum, während der General schon eine Visiophonverbindung mit der wissenschaftlichen Abteilung für Elektro- und Magnetfeldtechnik herstellte. Auf dem Bildschirm erschien das Gesicht Professor Mantlers, einer Koriphäe der Magnetfeldtechnik. Sofort kam der General auf den Kernpunkt seines Anrufes zu sprechen. ,,Herr Professor, haben Sie schon etwas aus den Speicherbänken herauslesen können, oder war es sinnlos, die Elektronik hierher bringen zu lassen?" ,,Ich glaube doch, daß wir dieses Mal ein bißchen weiterkommen. Die Speicherbänke waren zwar gelöscht, aber nicht so, daß man nicht mit größter Anstrengung etwas daraus entnehmen könnte. Ich schätze, daß Sie in ungefähr einer Woche eine vollständige Kopie der Speicherdaten haben werden." ,,Geht es nicht ein bißchen früher?" ,,Auf keinen Fall. Meine Männer tuen jetzt schon mehr, als überhaupt erlaubt ist. Die eine Woche ist eine Mindestfrist, und danach sind meine Männer urlaubsreif.
„Schon gut, Professor. Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten. Auf Wiedersehen." 21. Juni des Jahres 2439, eine Woche nach der Entdeckung des Raumschiffwracks. In dem Zimmer des Generals saßen zwei Männer und besprachen eine wichtige Angelegenheit. Der eine von ihnen war der General, der andere war Kapitän Anderson, ein hochgewachsener, schlanker Schwede, dessen sympathisches Auftreten schon beim bloßen Ansehen Vertrauen einflößte. Jetzt saß er mit zwanglos übereinandergeschlagenen Beinen vor dem General und lauschte dessen Worten. ,,Wenn Sie gleich gehen, werden Sie die genauen Daten und Unterlagen erhalten. Ich habe schon mal hineingesehen, und was ich da so gesehen habe, scheint es ein sehr schwieriger Auftrag zu werden. Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß Sie diesen Auftrag ablehnen können. Falls Sie aber annehmen, so werden Sie alle Unterlagen, die wir bis jetzt besitzen, und das ist nicht gerade viel, heute abend erhalten. Wenn Sie dann noch irgendwelche Fragen haben, wenden Sie sich nur an mich. - Nehmen Sie an?" ,,Jawohl, Sir. Ich werde den Auftrag annehmen. Hmm, welches Schiff werde ich bekommen?" ,,Sie werden die Jaguar erhalten, das neueste und modernste Schiff, das bis jetzt gebaut worden ist. Nähere technische Einzelheiten werden Sie von dem Ingenieur erfahren." ,,Und die Mannschaft?" ,,Die Mannschaft besteht aus kampferprobten und erfahrenen Männern, deren Namen Ihnen auf einer Liste übergeben werden." ,,Im Augenblick wüßte ich dann keine weiteren Fragen mehr." Die beiden Männer erhoben sich und verabschiedeten sich mit Handschlag. Als Kapitän Anderson durch das Vorzimmer des Generals ging, bekam e r von einem Roboter, der aussah wie ein echter Mensch, einen großen, versiegelten Briefumschlag ausgehändigt. Anderson steckte den Brief ein und verließ dann mit schnellen Schritten das Gebäude der Terranischen Raumabwehr. Draußen winkte er einem Robottaxi zu, das ihn drei Minuten später vor seiner Wohnung absetzte. Die Atomlampe verbreitete ein angenehmes, goldgelbes Licht. Wolf Anderson saß behaglich in einem Sessel unter der Lampe, trank ab und zu etwas von einer rubinroten Flüssigkeit und studierte die Papiere, die ihm der Roboter überreicht hatte. Auf einem Zettel machte er sich ein paar Notizen und schüttelte dabei manchmal mit dem Kopf, wenn er etwas las, was ihm nicht besonders gefiel. Speziell die Mannschaftszusammenstellung mißfiel ihm. Sicher, im großen und ganzen waren es gute Männer, die schon eine gewisse Erfahrung im Weltraum hatten. Aber einige wenige der dreißig Besatzungsmitglieder waren auch dabei, die besser nicht zusammengekommen wären. Aber vielleicht sah e r auch zu schwarz, und es war gar nicht so schlimm. Anderson beschloß, erst einmal abzuwarten. Nach der Mannschaftsliste nahm Anderson sich die Gutachten der Wissenschaftler vor und breitete die beigefügten großen Sternkarten aus. Plötzlich stutzte der Kapitän und las eine Stelle noch einmal.
Da stand doch tatsächlich: ,Nach mühevoller und genauester Arbeit kommen wir zu dem Ergebnis, daß der Überfall auf die X-I in der Nähe der Sonne Rigel stattgefunden hat, genauer gesagt in der Nähe der Kreisbahn des dreiundzwanzigsten Planeten. Über den .. .' Kapitän Anderson halte einige astronomische Bücher, und las darin alles über den Stern Rigel. Es schien nur sehr wenig über diesen jetzt so geheimnisvollen Stern bekannt zu sein. Die Entfernung betrug 550 Lichtjahre. Rigel besaß die Leuchtklasse Ia und gehörte dem Spektraltyp B8 an. Er besaß fünfundzwanzig Planeten, über die aber nichts Genaues bekannt war. Als letztes waren noch die Koordinaten angegeben. Reaktaszension = 8,97 und die Deklination = 8,19. Mehr war über diesen großen Stern aus dem Sternbild des Orion noch nicht bekannt, und Anderson klappte die Bücher wieder zu. Allmählich kam auch e r zu dem Resultat, daß dieser Auftrag nicht gerade zu einem Spaziergang zu zählen war. Doch Schwierigkeiten waren schließlich dazu da, um überwunden zu werden. Anderson beschloß, den Rest der Papiere während des Anfluges zum Rigel weiter zu studieren, und räumte die Sachen weg. Früh am nächsten Morgen stand er schon auf dem Raumflüghafen und inspizierte die ,Jaguart. Mit einem Durchmesser von siebzig Metern und einer Mittelachse von fünfzehn Metern war sie die mächtigste Raumscheibe, die jemals auf der Erde gebaut wurde. Bestückt war sie mit zwölf Laserstrahlkanonen, vier Torpedorohren für lichtschnelle Magnetraketen, zwei Elektrogeschützen und drei Saugfeldprojektoren, die eine unheimlich große Kapazität besaßen. Die Schutzschirme gegen feindliche Angriffe konnten dreifach gestaffelt werden und besaßen außerdem noch automatisch arbeitende Energieverdichter, die auch die Wirkung eines feindlichen Punktfeuers zunichte machen. Kurzum, die Jaguar war eine unangreifbare, verderbenbringende Festung, und sie ließ das Herz eines jeden Raumfahrers bis zum Halse schlagen. Besitzerstolz ergriff Kapitän Anderson, als er an einer der sechs hydraulischen Teleskopstützen stand und zusah, wie sich die Laderäume des Diskus mit schier unerschöpflichen Mengen von Lebensmitteln füllten. Eine Woche noch würde es dauern, bis die Jaguar klar zum Start war. Ebenso lange würde es auch dauern, bis Anderson das Schiff und die Mannschaft völlig kennen würde. Langsam schlenderte Anderson unter die Luftschleuse des Raumschiffes und ließ sich von einem schwachen Saugfeld hineintragen. Das Innere des Schiffes strahlte noch den Hauch des Neuen, noch nie Benutzten aus. Glatt und fugenlos waren die Gänge mit Spritzplastik verkleidet, und alle zwei Meter waren unsichtbar eingebaute, grelle Lampen, die den Gängen ein schattenloses Licht verliehen. In fast jeder Ecke befand sich eine Gegensprechanlage, die die Verständigung an Bord erleichterte. Leise zischend glitten Sicherheitsschotts vor Anderson auf und schlossen sich mit einem dumpfen ,Pflock´. Dann kam Anderson zu dem Mittelpunkt und damit
gleichzeitig zum Herz des Schiffes, der Kommandozentrale. Der Raum war kreisrund angelegt, und die Wände waren bespickt mit Instrumenten, Bildschirmen, Schalthebeln und Kontrollampen, so daß sich ein Laie niemals darin hätte zurechtfinden können. Doch noch ruhten alle diese Kontrollen, und nur die Lämpchen für die offenstehenden Laderaumschotts brannten in einem dunklen Rot. Von der Zentrale aus ließ sich der Kapitän durch einen Antigravlift zum Maschinenraum hinuntertragen. Auch hier ruhten noch die mächtigen Atommeiler und andere, energieerzeugende Maschinen. Noch waren die gigantischen Röhren nicht von blauen, flammenden Energieströmen erfüllt. Als Anderson zu den Bedienungspulten des Maschinenraumes kam, traf er auf Leutnant John Winson, den leitenden Ingenieur der Jaguar. Die beiden Männer schüttelten sich kräftig die Hände, und beiden war der Stolz und die Freude anzusehen, auf diesem Schiff ihren Dienst verrichten zu dürfen. ,,Nun, Leutnant? Wie gefällt Ihnen unser neues Schiff?" „Sehr gut, Sir. Ich mache mich gerade auch mit den Maschinen und Schaltanlagen hier vertraut. Ich muß ehrlich sagen, so eine schwierige Aufgabe habe ich bis jetzt noch nicht ehabt." „Glauben Sie denn, daß Sie ihr gerecht werden?" ,,Das will ich meinen. Sonst hätte man mich auf mein Gesuch hi n wahl kaum angenommen." „Dahaben Sie recht. Nun ja, ich glaube, auf dieser Fahrt wird von uns allen wohl verdammt viel verlangt werden. — Tja, ich werde jetzt noch ein bißchen weiter sehen. Auf Wiedersehen, Leutnant Winson." „Auf Wiedersehen, Sir." Der Leutnant salutierte zackig und sah mit gemischten Gefühlen hinter Kapitän Anderson her, der gerade hinter einem Maschinenblock verschwand. So schlimm, wie von einigen Kameraden behauptet wurde, schien der Alte ja gar nicht zu sein. Na, man würde ja sehen. . . Er wandte sich wieder dem schwierigen Volkmann Aggregat zu und überprüfte einige Schaltungen. Währenddessen hatte Anderson den Maschinensaal verlassen und strebte wieder dem Ausgang zu. Den Rest des Schiffes würde er morgen oder irgendwann inspizieren, wenn er gerade Zeit hatte. Jetzt hatte er im Augenblick noch andere Sachen zu erledigen. ,,Aaachtung!" Zwei Reihen von je fünfzehn Mann standen vor der Luftschleuse der Jaguar und ließen einen Gang zwischen sich frei, durch den Kapitän Anderson schritt und dann das Raumschiff betrat. Sofort ging er durch bis zur Zentrale, während die Besatzung hinter ihm das Raumschiff betrat. Kaum betrat der Kapitän die Zentrale, als sich auch schon ein Offizier vor ihm aufbaute, militärisch salutierte und Meldung machte. ,,Sir, die Jaguar ist startbereit. Die Besatzung ist vollständig an Bord und hat bereits die
Stationen eingenommen. Die Triebwerke sind auf Vorwärmung geschaltet und haben bereits 80% der Maximalleistung erreicht. Haben Sie irgendwelche Befehle, Sir?" ,,Nein, machen Sie nur weiter, Leutnant. Den Start werde ich persönlich übernehmen." Der Offizier salutierte, lief an seinen Platz zurück und scheuchte seine Männer herum, die jede seiner Anordnungen blitzschnell befolgten. Kapitän Anderson nahm in dem Pilotensessel vor dem größten Bildschirm Platz und las dann seine Instrumente ab. Die Triebwerke hatten inzwischen 95% erreicht, und er zog den Stufenhebel der Düsenfocusöffnungen zurück, als ein grünes Kontrolllämpchen anzeigte, daß das äußere Schleusenschott geschlossen war. Dann schaltete er auf Schub. Unter dem Diskus entstand ein grellroter, energetischer Orkan und peitschte den Bodenbelag, der unter diesen gigantischen Kräften erglühte. Langsam lösten sich die Teleskopstützen von dem Boden, und dann strebte die Jaguar in den Himmel, wo sie nach wenigen Sekunden verschwunden war. Schon eine halbe Stunde später hatte die Jaguar die einfache Lichtgeschwindigkeit erreicht. Pausenlos liefen die elektronischen Rechengehirne des Raumschiffes, um die Transitionsdaten zum Rigel zusammenzustellen. Genau fünfundvierzig Minuten nach dem Start auf Terramos ging die Jaguar in die Transition. Während der Durchquerung des Hyperraumes, die ungefähr fünfzig Stunden in Anspruch nahm, wurde der normale Borddienst fortgesetzt. Mit kompliziertesten Geräten war es möglich gemacht worden, auch während eines Sprunges durch die fünfte Dimension das Einsteinuniversum zu beobachten, und so saßen die Flugwachen ununterbrochen vor den Apparaten und Instrumenten. Schon kurz nach der Entmaterialisierung kam es zu einem kleinen Zwischenfall. Kapitän Anderson übergab die Schiffsführung seinem Ersten Offizier und verließ die Zentrale. Völlig unerwartet kontrollierte er die einzelnen Wachposten. E r wollte jetzt schon damit anfangen, die Spreu unter seinen Männern von dem Weizen zu trennen, denn wer wußte, ob es fünf Minuten später nicht vielleicht schon zu spät war. Kapitän Anderson betrat den Raum des dritten Wachpostens, der dieses Mal an den radartechnischen Ortungsgeräten saß, und somit eine ziemlich große Verantwortung trug. Leise zischend rollte das Schott vor Anderson auf, und gleich darauf stand auch der Kapitän schon selbst im Ortungsraum. Er glaubte, seinen Augen nicht trauen zu können, als er sah, daß der Sessel vor den Geräten leer war. Dem Kapitän schwoll die Halsader. Wenn es etwas gab, das er am meisten haßte, dann war es Pflichtvernachlässigung im Dienst. Anderson beherrschte sich jedoch und nahm in dem Sessel Platz. Etwa fünf Minuten später rollte das Schott abermals auf, und der Wachposten trat ein, fröhlich vor sich hinpfeifend. Als ob er vor eine Mauer gelaufen wäre, blieb e r plötzlich stehen. Das Pfeifen verstummte, und das Gesicht des Kadetten nahm eine weißliche Färbung an, als der Kapitän sich gemächlich aus dem Sessel erhob und auf ihn zukam. „Wersind Sie?" „KadettRalstont, Sir." „Was ist Ihre Aufgabe?"
„Die radartechnischen Ortungsgeräte zu überwachen, Sir." „Wie lange haben Sie Ihren Platz verlassen?" „Et. . . etwa fünf Minuten, Sir." „Vielleicht überlegen Sie sich's besser noch einmal? Ich bin seit über fünf Minuten hier. Sie stehen ab sofort unter strengem Arrest. Melden Sie sich bei Leutnant Reiners." „Jawohl, Sir." „Abtreten!" Der Kadett salutierte und verließ den Raum. Kapitän Anderson ging zur nächsten Sprechanlage und ließ die Wachstation neu besetzen. Als er von seinem Kontrollgang zurückkehrte, wußte er, daß er einen unversöhnlichen Feind hatte, doch er kümmerte sich nicht weiter darum. Die Hauptsache für ihn war die Disziplin an Bord des Raumschiffes, wo jeder auf den anderen angewiesen war. Vor zwei Minuten hatte die Jaguar im Einsteinuniversum rematerialisiert, und die Ortungs- und Meßgeräte liefen auf den höchsten Leistungen. Alle Stationen, besonders die Waffenleitzentrale, waren in voller Gefechtsbereitschaft. Nervös starrten die Männer auf die Bildschirme, auf denen der Glutball von Rigel gleißte. Noch drei Lichtstunden war der Diskus von dem Sonnensystem entfernt, und doch registrierten die empfindlichen Instrumente schon das Gravitationsfeld des Riesensternes. Verkrampft hockten die Männer vor den Kontrollen in ihren Sesseln und warteten mit ausdruckslosen Gesichern auf das Kommende. Seit der Rematerialisierung hatte sich ein beklemmendes Gefühl in das terranische Raumschiff eingeschlichen, ein Gefühl, als ob jeden Augenblick etwas Unheimliches passieren müßte. Wie eine Bronzestatue saß Kapitän Anderson in seinem Pilotensessel und steuerte den Diskus mit einfacher Lichtgeschwindigkeit dem fremden, unbekannten Sonnensystem entgegen. Schon seit langem lag der dreifache Schutzschirm über dem Raumschiff, und das Summen der Schirmprojektoraggregate hing einschläfernd in der Zentrale. Plötzlich meldete sich die Ortungsstation. ,,Achtung, in einer Minute passieren wir die Kreisbahn des fünfundzwanzigsten Planeten. Planet selbst ist nicht sichtbar, da er in Opposition zu uns steht. Die genauen Daten über diesen Planeten sind bekannt. Ende." Anderson legte einen Hebel um, und gleich darauf begann die Steuerautomatik zu arbeiten. Der Kapitän hatte auf Robotsteuerung umgeschaltet, und die Automatik begann, den Angleichungskurs zu dem dreiundzwanzigsten Planeten auszurechnen. Der Diskus flog einen sanften Bogen und verringerte mit leichtem Gegenschub die hohe Geschwindigkeit. Rigel wanderte seitlich aus, dafür tauchte nach längerer Zeit ein kleiner, dunkelroter Ball auf. — Der dreiundzwanzigste Planet. Ein Planet voller Geheimnisse und Gefahren für das terranische Raurnschiff und dessen Besatzung. Automatisch begannen die Korrekturtriebwerke zu arbeiten, als der Steuerrobot auf eine ZweiStunden-Kreisbahn einschwenkte. In der Kommandozentrale arbeiteten ununterbrochen die elektronischen Geräte zum Erfassen aller wichtigen Daten des Planeten. Bis auf das Ticken und Summen der
Geräte war in der Zentrale nichts anderes zu hören. Mit vor Erregung fiebernden Nerven saßen die Männer vor den optischen Suchgeräten und drehten nervös an den Knöpfen der Scharfeinstellungen, um sich ja nichts entgehen zu lassen, was für das Raumschiff wichtig war oder ihm gefährlich werden konnte. Und doch geschah etwas, was keinem der so wachsamen Männer auffiel. Der Kadett, der die Hohlraum- und Energietastgeräte zu überwacher hatte, bemerkte nicht das ganz kleine, winzige Ausschlagen eines Zeigers des Energietasters Dreimal zuckte der Zeiger kurz hintereinander vor, um danach wieder auf die alten Werte zurückzufallen. Diese Beobachtung, die unter der Besatzung die höchste Alarmstufe zur Folge gehabt hätte, war übersehen worden. Ruhig griff Kapitän Anderson zum Visiphonschalter und stellte die Verbindung mit der Radarleitstelle her. Auf dem Bildschirm erschien das Gesicht eines Kadetten, der sofort Haltung annahm, als er den Kapitän erkannte. Doch dieser winkte ab. ,.Noch nichts geortet, Raven?" ,.Nein, Sir. Einfache und überlichtschnelle Metallortung bis jetzt negativ verlaufen. Infrarottastung ebenfalls." ..Ist gut, Raven. Beobachten Sie weiter so genau Sie können. Unter Umständen kann davon unser Leben abhängen." Anderson unterbrach die Verbindung und ging zu den überdimensional großen Panoramaschirmen hinüber, auf denen der Weltraum so klar und deut -lich zu sehen war, wie es durch eine einfache Scheibe nicht besser gehen würde. Nach d e r zweiten Umrundung des Planeten fiel die fertige, dreidimensionale Landkarte aus dem Ausgabeschlitz des Kartographen, bereits mit einem genauen Koordinatennetz versehen. Mit verschiedenen Farben waren die Bodenschätze und Hohlräume darauf eingezeichnet. Kurz danach stellten auch die elektronischen Feinmeßgeräte ihre Arbeit ein, und auf kleinen Plastikkärtchen waren die ganzen Resultate aufgezeichnet, die die Geräte während der zwei Umkreisungen durch Messungen herausgefunden hatten. Noch immer war nichts passiert, und die Stille in den Räumen des Raumschiffes wirkte schon seit langem nervenaufreibend auf die Besatzung. Wie lange sollte denn das verflixte Warten noch dauern. Wollte der Kapitän denn ewig hier auf der Kreisbahn parken? Im stillen verwünschten die Männer ihren Kommandanten, der die Ruhe selbst zu sein schien. Die ganze Zeit stand er nur vor den Bildschirmen und schien sich jedes Lichtpünktchen darauf unaus-löschbar einzuprägen. Endlich drehte er sich um und gab das erlösende Zeichen. Die Jaguar verließ ihre Parkbahn und stieß mit aufbrüllenden Triebwerken in die obersten Luftschichten des kleinen Planeten vor. Vor dem hochgespannten Schutzschirm stand eine feurige Lohe von ionisierten Luftrnolekülen, die hinter dem Diskus wieder donnernd in das entstandene Vakuum stürzten. Einem Feuerball gleich stürzte das Raumschiff auf die Planetenoberfläche hinab. Mit schweißnassen Gesichtern hingen die Männer vor den Ortungsgeräten, um endlich etwas zu entdecken, das der unerträglichen Spannung ein Ende bereiten würde. Jetzt mußte doch etwas passieren. Gerade jetzt, wo man noch fast im Weltraum war.
Das Wrack, das kurz vor Terra aufgefunden worden war, war doch auch im Weltraum gewesen, als es angegriffen worden war. So hatten es wenigstens die Experten behauptet. Und da es so war, mußte doch jetzt endlich etwas passieren. Doch es geschah immer noch nichts. Alle Geräte blieben stumm. In fünfzehntausend Metern Höhe fing Kapitän Anderson den Sturz der Jaguar auf, und ließ den Diskus dann mit geringer Geschwindigkeit auf dieser Höhe über die Erdoberfläche gleiten. Auf den Panoramaschirmen war das dunkle Blau eines Meeres zu sehen, das in der Ferne mit dem Horizont zu verschmelzen schien. Keine Wolken verdeckten die Sicht, und die Strahlen der Riesensonne Rigel brachen sich glitzernd in den Wellen des Wassers. Der Kapitän erhöhte etwas die Geschwindigkeit des Diskus, und kurze Zeit später kam ein Sandstrand in Sicht, auf dem die Wellen des Meeres weitläufig ausrollten. Der etwa hundert Meter breite Strand wurde dann von einer grünen Fläche abgelöst, die entweder aus Gras oder aber aus nur kniehohen Büschen bestehen mußte. Der Grünstreifen zog sich an dem Fuß eines Gebirges entlang, von dem die Geräte eine Durchschnittshöhe von ungefähr fünftausend Metern angaben. Alles in allem wirkte dieses Bild sehr beruhigend auf die aufgepeitschten Nerven der Männer, und Anderson beschloß, nahe der Meeresküste zu landen. Langsam ließ er die Jaguar abfallen, und schon bald waren durch die Außenmikrophone Schreie und Rufe von Vögeln zu vernehmen, die sich neugierig das ihnen unbekannte und deshalb nicht gefährliche Ding betrachteten. Weich setzten die Teleskopstützen des Diskus auf dem Erdboden auf, federten noch einmal kurz, und kamen dann endgültig zur Ruhe. Leise singend liefen die Energieversorgungsmeiler der Linearbeschleuniger aus, und die Kontrollgeräte der überschweren Reaktoren sanken auf die Nullstellungen zurück. Bis auf einen kleinen Hilfsgenerator, der die nötige Energie für die Beleuchtung, Fernsehschirme und einige andere kleinere Geräte erzeugte, waren sämtliche Kraftwerke stillgelegt. Noch einmal kontrollierte der Chef-Ingenieur die Kontrollanlagen, die alle auf der Null-Marke standen, verließ dann den Maschinensaal und strebte auf den zentralen Antigravlift zu, der ihn zur Messe brinqen sollte, in der der Kapitän eine Mannschaftsversammlung angeordnet hatte. Als einer der letzten betrat er den Raum und suchte sich einen Platz, von dem er den Kapitän gut während dessen Rede beobachten konnte. Pünktlich betrat der Kommandant die Messe und ging langsam nach vorne. Mit kühlen Augen sah er über die versammelten Männer hinweg und begann dann zu sprechen. „Meine Herren, die erste Etappe unseres Auftrages hätten wir erfolgreich hinter uns gebracht. Doch ich brauche wohl nicht besonders zu erwähnen, daß auf diesem Planeten erst der eigentliche Teil unserer Aufgabe beginnt, die bestimmt nicht mit einem Sonntagnachmittagsausflug zu vergleichen ist. Von jetzt an bleiben alle Wachstationen und der Waffenleitstand ständig mit Doppelposten besetzt. Ausflüge in die Umgebung von mehr als fünfhundert Metern dürfen nur mit meiner Erlaubnis durchgeführt werden. Wer gegen diese Order verstößt.
sich weiter vom Schiff entfernt und durch eine Suchaktion das Leben seiner Kameraden aufs Spiel setzt, wird schwer bestraft werden. "Nun", Kapitän Anderson räusperte sich kurz, nun kommen wir zu einem anderen Teil unserer heutigen Besprechung. Wir werden mit zwei Fluggleitern ständig eine Patrouille fliegen und uns dabei mit unserer näheren und weiteren Umgebung vertraut machen. Die ersten zwei Streifflüge werden ab morgen beginnen. Bis dahin haben Sie dienstfrei und können auch von Bord gehen. Denken Sie jedoch daran: Nicht weiter als fünfhundert Meter. Die Freiwachen werden jetzt sofort ihre Posten einnehmen und in drei Stunden abgelöst werden. Das wäre es dann für heute. Hat noch jemand von Ihnen eine Frage?" Niemand meldete sich und Kapitän Anderson trat mit einem kurzen Lächeln zurück. „Ich danke Ihnen, meine Herren." Er wandte sich um und verließ die Messe, die sich schnell leerte. Durch einen entsprechenden Befehl entließ er Kadett Ralstont aus dem Arrest und begab sich dann in seine Kabine. „Na, dann wollen wir mal." Der Gefreite Peschen setzte sich bequem in dem Schalensessel zurecht, übersah gewissenhaft die Kontrollen des kleinen Fluggleiters und drehte sich nach seinen Kameraden um, die sich hinter ihm in die Sessel zwängten. Kadett Randers saß rechts hinter dem Pilotensessel und hatte die Aufgabe des Beobachters und des Funkers übernommen, während Kadett Winter links hinter dem Piloten saß und die Waffenschaltungen und elektronischen Tastgeräte unter sich hatte. Leise schnurrend lief das Aggregat für die Klimaanlage, die in dem Schiffsinneren einen Ausgleich schafften gegen die sengenden Strahlen von Rigel, die die große Glaskuppel, unter der die Männer saßen, erbarmungslos durchstießen. Mit ein paar Schaltungen ließ der Gefreite das Kosmotron warmlaufen und überwachte dann den Energiezufluß zum Linearbeschleuniger, dessen Ende die Düsenöffnung bildete, durch die die hoch beschleunigte Partikelstrahlung ins Freie trat. Als die Antriebsmaschinen warmgelaufen waren, schaltete Peschen das Antigravfeld und den Andruckabsorber ein. Leicht stieg das Schiff etwa vierzig Meter in die Höhe, und wurde dann mit einem plötzlichen Ruck nach vorne gerissen, als der Pilot die Reaktionsmasse in das Kosmotron einstrahlen ließ. Mit geringer Geschwindigkeit glitt das Fahrzeug an der Küste entlang, und bog dann in das Landesinnere ab. Der hellgelbe Sandstrand verlor sich in der Ferne, und unter dem Gleiter wurden riesige Wälder sichtbar, die schon fast an Urwälder grenzten. Manchmal schlugen die Meßnadeln der Metall-und Hohlraumtaster aus, wenn der Gleiter gerade einmal zufällig über Erzlager oder Höhlen flog. Doch nichts deutete in dieser so friedlich erscheinenden Welt auf einen grausamen und heimtückischen, unbekannten Feind. Schon bald wich die übergroße Aufmerksamkeit und Spannung von den Besatzungsmitgliedern und machte einem routinemäßigen Dienst Platz. Alle zehn Minuten gab der Gleiter einen Funkspruch an die Jaguar ab, der besagte, daß noch nichts Außergewöhnliches zu sehen oder geschehen wäre. Die Besatzung des Gleiters saß ruhig vor ihren Geräten und beobachtete die Umgebung.
Doch das Schicksal wollte es, daß niemand der Männer bemerkte, wie wieder einmal die Leuchtzeiger der Energietaster ausschlugen. Zwar war es dieses Mal nur einmal, aber dafür stärker als das erste Mal. Ahnungslos setzten die Männer weiter die Funksprüche ab, daß alles in Ordnung wäre, und wußten nicht, daß sie um ein Haar die ersten Opfer in diesem Kampf auf Leben und Tod geworden wären. Vier Stunden später drehte der Gleiter bei und kehrte zur Jaguar zurück, wo eine andere Besatzung das Boot übernahm und den Patrouillenflug fortsetzte, dieses Mal jedoch in eine andere Richtung. Drei Tage lang wurden jetzt schon die Patrouillenflüge durchgeführt, und noch immer war kein auch nur in etwa zufriedenstellendes Ergebnis vor-liandcn. Das wache Mißtrauen der Terraner begann ganz allmählich und unmerklich einzuschlafen, als sich überhaupt nichts zeigte, was irgend etwas Abwechslung gebracht hätte. Die Männer, die dienstfrei hatten, waren vielfach zum Meer hinuntergegangen um zu schwimmen, nachdem man festgestellt hatte, daß es Süßwasser war und keinerlei für den menschlichen Organismus schädliche Stoffe enthielt. Große Tiere waren zwar in der Ferne gesichtet worden, aber das auch nur sehr selten. Außerdem war das Wasser am Strand ja sowieso viel zu flach. Einige Optimisten unter den Männern verglichen diesen Flug über lächerliche fünfhundertfünfzig Lichtjahre hinweg bereits als einen willkommenen Wochenendausflug, und es hätte nicht viel daran gefehlt, dann wären auch die pessimistischsten Pessimisten unter der Besatzung der gleichen Meinung gewesen. Diese Ferienstimmung hielt genau bis zum Nachmittag des vierten Tages an. Wieder einmal waren die beiden Gleiter von ihrer Erkundungsfahrt zurückgekehrt und neben der Jaguar gelandet, um die Besatzungen zu wechseln. Fünf Minuten später starteten die beiden Maschinen bereits wieder und nahmen diesmal Kurs auf das Bergmassiv, da man die Niederungen bereits auswendig zu kennen meinte. Dreimal kamen die bereits bekannten und schon fast erwarteten Meldungen der Fluggleiter, daß alles in bester Ordnung wäre. Kapitän Anderson hielt sich zufällig im Funkraum auf, als ein außerplanmäßiger Funkspruch einlief. Die Stimme klang leise aus dem Verstärker, da befohlen worden war, mit möglichst geringer Energie zu senden, damit der eventuelle Gegner nicht zufällig darauf aufmerksam gemacht würde. ,,Achtung! Achtung! Hier Gleiter zwei. Gleiter zwei ruft Jaguar. Jaguar bitte melden." 'Schon bei den ersten Worten griff der Kapitän zu dem Mikrofon. Die Stimme kam ihm merkwürdig gepreßt vor, ungefähr so, als wenn ein Mensch irgendwelche Angst vor jemandem oder etwas hätte. Anderson schaltete auf Sendeleistung und begann dann zu sprechen. ,,Achtung, hier Jaguar. Kommandant spricht. Was ist los?" „Hier Kadett Jefferson, Sir. Wir schweben im Augenblick über einem Platz, der. .. aaaah. . . Den zuletzt hastigen Worten folgte ein unterdrücktes Stöhnen. Ein lautes Donnern und Bersten folgte noch, dann schwieg der Verstärker. ,,Hallo, Jefferson! Was ist los? Melden Sie sich doch! Jefferson! Sie sollen sich
melden!" Doch niemand meldete sich auf die Funkrufe des Kapitäns. Anderson hieb auf die Taste für Alarmstufe III. Durchdringend erscholl das Heulen der Sirenen durch die Gänge des Schiffes. Durch die Außenlautsprecher hörten auch die badenden Terraner das schrille Pfeifen. Mit heftigen Stößen schwammen sie dem Strand zu, ergriffen hastig ihre Kleidungsstücke und hetzten im Spurt auf die geöffnete Luftschleuse des Diskus zu. Noch in der Badehose liefen sie in ihre Kabinen, und vier Minuten später war auf den Gängen das Trampeln vieler Stiefelsohlen zu hören. Wie der Blitz eilten die Terraner auf ihre Stationen, und fünf Minuten nach dem Alarm war die Jaguar klar zum Gefecht. Der Kommandant saß vor dem Funkgerät und rief Fluggleiter I. Kein Zeichen von Unruhe war an ihm zu bemerken, als er nicht sofort Antwort bekam. „Achtung, hier Jaguar. Jaguar ruft Gleiter I. Höchste Gefahr." Dreimal hintereinander wurde der Funkspruch ausgesendet, bis er endlich bestätigt wurde. „Achtung, hier Gleiter I, Leutnant Hastings. Funkspruch verstanden. Wir fliegen auf dem kürzesten Weg die Jaguar an. Ende." Der Kapitän sah auf die Uhr und versuchte sich auszurechnen, wann der Gleiter eintreffen könnte. Während dieser Zeit ließ e r schon alles für das Einschleusemanöver vorbereiten. Unruhig und wie von geheimer Angst erfüllt starrten die Männer auf die Bildschirme. Kamen die denn immer noch nicht? Soweit waren sie doch g ar nicht weg gewesen. Ihnen war doch nicht etwa auch etwas passiert? Qualvoll langsam verstrichen die Sekunden und wurden zu Minuten, die ihnen wie Stunden vorkamen. Endlich, ein unterdrücktes Aufstöhnen. Auf dem Radarschirm war ein kleines Pünktchen aufgetaucht, das schnell auf das Zentrum der Radarspinne zustrebte. Kurz danach wurde der Gleiter auch auf den Panoramaschirmen sichtbar. Mit rasender Geschwindigkeit zog er so knapp über den Baumwipfeln dahin, daß die Männer jeden Augenblick meinten, er müßte eine Schneise durch den Wald fliegen. Ein kurzes Aufleuchten stand plötzlich vor dem Bug des Gleiters, als der Pilot Gegenschub gab und in wenigen Augenblicken die Fahrt aufhob. Sekunden später war der Gleiter in dem Schleusenhangar der Jaguar verschwunden. Mit dumpfem Zischen schlugen die schweren Schotts zusammen, und dann war nur noch das urweltliche Aufbrüllen der mächtigen Triebwerke der Jaguar im Inneren des Schiffes zu hören, als das Raumschiff im Alarmstart in den Äther gerissen wurde. Nach ungefähr vier Tagen Ruhe war die Jaguar plötzlich wieder sehr lebendig geworden. In der Kommandozentrale liefen ununterbrochen die elektronischen Feinspürgeräte, die die Absturzstelle des Fluggleiters ausfindig machen sollten. Der Kommandant saß in seinem Konturensessel vor den Kontrollen und steuerte die Jaguar mit Manuellsteuerung. „Schon was gefunden, Leutnant?" Anderson sah zu seinem Nebenmann, der verzweifelt an den Knöpfen des Metalltasters herumdrehte. „Noch nichts auszumachen, Sir. Aber ich versuche es jetzt mal mit dem Radiotaster, denn wenn der Gleiter abgeschossen worden ist, müßte eine ganze Menge der
Strahlmasse frei geworden sein." ,,Versuchen Sie es, Leutnant. Stuart, haben Sie schon etwas erreicht?" ,,Sofort, Sir. Einen Augenblick, Sir. Die Peilausrechnungen sind bereits in der Endauswertung, Sir." Der junge Kadett überschlug sich fast, als er so direkt von seinem Kommandanten angesprochen wurde. Mit kleinen Lachfältchen in den Augenwinkeln sah Anderson zu, wie der Kadett das kleine Pla-stikkärtchen aus dem Schlitz des E-Gehirnes riß und damit zum Kapitän stürzte. ,,Hier, Sir", stotterte er und gab es dem Kommandanten, der einen kurzen Blick darauf warf und ihn dann in die Steuerelektronik schob. Kurz darauf begannen die Triebwerke der Jaguar wieder zu arbeiten, und langsam tauchte der Diskus wieder in die unteren Luftschichten. „Hier, Sir, hier ist die Absturzstelle!" Der Leutnant, der den Radiotaster bediente, deutete triumphierend auf den kleinen Fluoreszenzschirm, auf dem ein heller, rötlicher Punkt aufglimmte. ,,Ist gut, Leutnant. Dann haben wir ja jetzt die genaue Stelle durch zwei Peilungen ermittelt." Anderson drückte auf die Taste der Rundsprechanlage. ,,Achtung, an die Besatzung. Der Kommandant spricht. Doppelposten ab jetzt höchste Alarmbereitschaft. Genaue Beobachtung der Tast- und Meßgeräte. Verlustmeldungen bei eventuellem Angriff sofort an die Zentrale. Ende." Wie ein glühender Meteor raste die Jaguar der Erdoberfläche zu. Fauchend wurden die Luftmassen vor den aufgebauten Feldschirmen zur Seite gefegt. Widerlich kreischte das Material der Jaguar, als der Kapitän mit voller Kraft aus dem Sturzflug in den Horizontalflug überging. Sekunden später stand der Diskus über den Trümmern des Gleiters, die die Sonnenstrahlen von Rigel hell reflektierten. Mit einem verwunderten und überraschten Blick starrte Kadett Lehmann auf die Energietaster, die voll ausschlugen. Mit knappen Worten verständigte er den Kapitän, der daraufhin seinen Schlachtplan änderte. Schnell stellte er die Verbindung zur Funkstation her. „Achtung, mit voller Sendeleistung und Richtstrahler folgenden Funkspruch zur angepeilten unterplanetaren Station absetzen: „Schlachtkreuzer des terranischen Raumsicherheitsdienstes ruft unbekannte Station. Versuchen Sie keinerlei Widerstand und öffnen Sie Ihre Einstiegschleusen, andernfalls wird die Station angegriffen und schonungslos vernichtet. Ende." Zehnmal hintereinander wiederholte der Funker den Spruch auf allen bekannten Frequenzen, einschließlich der Mikro-, Ultra- und Supultrawelle. Anschließend trat eine erwartungsvolle Stille ein, die nur von dem Summen der Geräte unterbrochen wurde. Noch immer schwebte die Jaguar in tausend Meter Höhe über der unterplanetaren,
fremden Station, die ohne die empfindlichen Instrumente niemals ausfindig gemacht worden wäre. Scharf beobachtend standen je zwei Männer vor einem Panoramaschirm und achteten scharf auf den Erdboden, der unter dem Laubdach der Bäume kaum zu sehen war. Plötzlich schwankte die Spitze eines Baumes etwas, brach dann mittendurch, und dann schoß auf einmal ein schenkeldicker, grellweiß leuchtender Finger auf die Jaguar zu, prallte auf den äußersten Schutzschirm, durchschlug diesen und wurde dann von dem zweiten Schirm in schrägem Winkel in den Himmel geleitet. Kaskaden feuriger, purer Energie flossen über den Schutzschirm und wurden dann von den Kraftzentralen des Diskus aufgesogen. Nur kurz zitterte das mächtige Raumschiff unter dem Aufprall, und dann gab der Kapitän Feuererlaubnis an den Waffenleitstand. Schon vorher waren die Ziele an die Richtschützen bekanntgegeben und aufgenommen worden. Leutnant Wilston drückte kurz auf die Auslöseknöpfe der vier Magnetraketen. Rauchend und einen feurigen Schweif hinter sich herziehend verschwand das Projektil fauchend in der Tiefe. Schon tauchten die Spitzen der pfeilförmigen M-Raketen in den Blätterwald ein. Nur noch wenige Sekundenbruchteile konnte es dauern, dann mußten vier furchtbare Atomexplosionen stattfinden. Sorgfältig schalteten die Männer vor den Panorarnaschirrnen die Zusatzblenden drüber, um von der grellen Helligkeit der Explosionen nicht geblendet zu werden. Doch was war das? Statt der erwarteten Explosionen tauchten die vier Raks wieder aus dem Wald auf und heulten in den Himmel. Zwei Sekunden später wurde der Diskus von der Druckwelle vier gigantischer Atomexplosionen wie ein Spielball hin und her geschleudert. Hell dröhnte das Winseln der Kreiselstabilisatoren, die das Raumschiff wieder in die Horizontale brachten. „Verdammt, so einfach scheint das doch nicht zu gehen, wie ich dachte", murmelte Anderson und zog die Jaguar etwas höher. Erst jetzt bemerkten die Beobachter an den Panoramaschirmen den schwachen, kaum sichtbaren bläulichen Schleier, der wie eine zweite Haut schützend über der Erdoberfläche lag. Ein junger Kadett drehte sich um und machte dem Kommandanten Meldung. ,,Sir, die haben da unten einen Energieschirm aufgebaut. Deshalb kommen wir da nicht durch." ,,Ach nein. Was Sie nicht sagen", staunte der Kommandant, und die anderen Männer begannen leicht zu grinsen. „Doch, Sir", stotterte der Kadett. „Erst wenn man ganz genau hinsieht, kann man ihn erkennen." Der Kommandant besah sich den Mann, dessen Kopf unter seinen Blicken allmählich die Färbung einer überreifen Tomate annahm, die jeden Augenblick zu platzen drohte. Abrupt wandte er sich dann um und nahm das Mikrofon in die Hand. Er drückte auf einen kleinen Knopf und stellte die Verbindung zur Waffen-leitzentrale her. ,,Achtung, in genau zehn Sekunden zwei Sekunden langer Feuerstoß aus fünf Lasergeschützen. Koordinieren Sie die Strahler auf gemeinsames Punktfeuer. Ende."
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Der Kapitän schaltete um auf die Energiezentrale. ,,Achtung, bei Strahlschuß in sieben Sekunden sofort Messungen anlaufen lassen, in welchem Winkel und mit welcher Intensität die Energie abgeleitet wird. Anschließend ausrechnen, ob der Feldschirm von unserer gesamten Feuerkraft durchschlagen und zum Zusammenbruch gebracht werden kann. Die Auswertungen bitte sofort in die Zentrale durchgeben. Ende." Zwei Sekunden nach den letzten Worten des Kommandanten ruckte die Jaguar etwas, als fünf ihrer Lasergeschütze auf einmal ihre todbringenden Energien ausspien. Mit Lichtgeschwindigkeit rasten die glühenden Strahlschußbahnen dem Boden zu und prallten dann auf das schwach bläulich schimmernde Schutzfeld der feindlichen Station. Kurz bevor sie jedoch dort auftrafen, vereinigten sie sich zu einem turmdicken Strahl, der eine furchtbare Wirkung besaßt. In schrägem Winkel wurde jedoch die Energie abgelenkt und verschwand im Himmel. Nach zwei Sekunden Dauer wurde der Energiezufluß zu den Strahlgeschützen unterbrochen. Gespannt blickten die Männer in der Kommandozentrale auf die Sichtschirme, auf denen der bläuliche Schleier des Schutzschirmes eine etwas orangene Färbung an dem Punkt angenommen hatte, an dem die Energie der Jaguar aufgetroffen war. Wieder umzuckten plötzlich die grellweißen Enengiefinger der Bodenstation den Diskus, doch alle Energie wurde von den mächtigen Akkumulatoren des Raumschiffes absorbiert und anschließend auf die eigene Kraftversorgung geschaltet. Kurz nach diesem Beschuß meldete sich die Energiezentrale. „Achtung, die Auswertungen besagen folgendes: Die Energie wurde in einem Winkel von . . ." Der Kommandant winkte kurz ab. „Nur das Wichtigste will ich wissen. Können wir den Feldschirm durchbrechen oder können wir es nicht? Alles andere ist nebensächlich und interessiert mich im Augenblick herzlich wenig." Der Mann in der Energiezentrale schwieg einen Augenblick beleidigt und fuhr dann fort. ,,Wenndie gesamte Feuerkraft der Jaguar eingesetzt wird, bricht der Schutzschirm mit fünfundneunzigprozentiger Sicherheit zusammen. Ebenfalls wird dann aber auch die fremde Station vollkommen vernichtet werden. Ende." Der Kommandant strich sich nachdenklich über das Kinn. Daß er, wenn er wollte oder mußte, der feindlichen Station überlegen war, beruhigte ihn ungemein. Was ihm aber überhaupt nicht gefiel, war, daß er damit die gesamte Station zerstören mußte, und das lag ganz und gar nicht in seiner Absicht. Jetzt hatte man endlich mal eine Spur von dem unbekannten, geheimnisvollen Feind, und da wollte er, Kapitän Wolf Anderson, nicht der sein, der sie sofort wieder durch eigene Schuld verlor, nachdem man solange danach gesucht hatte. Überhaupt seltsam, daß sich die unterirdische Station so erfolgreich gegen alle möglichen Anpeilungen sichern konnte. Nein, mit den Lasergeschützen durfte er auf keinen Fall den Energieschirm zum Zusammenbruch bringen. Aber waren denn nicht auch noch andere Waffen als die Lasergeschütze und Magnetraketen an Bond? Zum Beispiel Elektrogeschütze oder. . .
Die Augen des Kapitäns blitzten triumphierend auf. Die drei Energiesaugfeldprojektoren waren ja auch noch da. Sicher, damit mußte es gehen. Unbedingt! Schon hatte der Kommandant die Sprechverbindiung zum Waffenleitstand wiederhergestellt. ,,Leutnantu, befahl er dem leitenden Offizier, ,,lassen Sie sofort die drei Saugfeldprojektoren anlaufen und gleichrichten. Ziel ist der Energieschirm der feindlichen Station. In dreißig Sekunden erwarte ich Ihre Vollzugsmeldung. Ende." Der Kommandant sah nicht, wie der Leutnant fluchend herumfuhr und seine Männer anschnauzte, die Generatoren für die Saugfeldprojektoren anlaufen zu lassen. War denn der Kommandant verrückt geworden? In dreißig Sekunden sollten die Projektorfelder einsatzbereit und überdies hinaus auch noch gleichgerichtet sein? Wie stellte der sich das denn vor? Leutnant Winston kam ins Schwitzen, während seine Männer wie die Wilden an den Kontrolltafeln herumschalteten. Mit leisem Brummen liefen die Hochleistungsgeneratoren an. Winselnd fielen die Umformer und Speicherbänke in den sich steigernden Lärm ein. Unruhig glitten die Leuchtzeiger über die Phosphorziffern der Kontrolluhren, und fünfundzwanzig Sekunden nach dem Befehl konnte der Leutnant aufatmend die Vollzugsmeldung an die Kommandozentrale durchgeben. „Sir? Hier Leutnant Winston, Waffenleitstand. Säugfeldprojektoren einsatzbereit, Projektorfelder gleichgerichtet. Umformer und Speicherbänke laufen mit achtundneunzig Prozent. Ende." „Das haben Sie und Ihre Männer ausgezeichnet gemacht, Leutnant. Halten Sie sich bereit zum Einsatz der Projektoren. Ende." Mit vor Freude rotem Kopf drehte sich der Leutnant um und teilte seinen Männern mit, was der Kommandant gerade gesagt hatte. Mit neuem Eifer kontrollierten die Männer noch einmal die Einstellungen der Geräte. Ja, nicht umsonst hatte der Kommandant Wolf Anderson in der Weltraum-Akademie seine volle Stundenzahl in der psychologischen Fakultät belegt. Er wußte, wie man die Menschen behandeln mußte, damit sie bereit waren, ihr Letztes herzugeben. Kurz nach der Klarrneldung der Projektoren gab der Kommandant Feuererlaubnis. Drei orangene Leuchtspiralen schraubten sich plötzlich von der Jaguar hinab und bohrten sich in das fremde Schutzfeld. Lange Zeit geschah indessen nichts. Nur an den Instrumenten und Kontrollen innerhalb der Schiffszentrale konnte die Wirkung der Spiralfelder abgelesen werden. Die Speicherbänke und Akkumulatoren waren schon halb von der fremden Energie aufgeladen, und stetig kletterten die Zeiger auf die Voll-Marke zu. Als diese erreicht war, schalteten sich automatisch die Reservespeicherbänke ein und nahmen die immer noch abgesaugte Energie auf. Noch immer zeigte sich an dem Feldschirm der feindlichen Station keinerlei sehenswerte Wirkung. Ruhig lag das Gelände unter der Jaguar, nur ab und zu zischte aus dem Baumgewirr ein Strahlschuß und funkte krachend in die mächtigen Schutzschirme des Diskus, der sich nur einmal kurz zu schütteln schien. Es schien die einzige Waffe zu sein, die man dort unten hatte. Na ja, den Terranern kannte es nur recht sein. Mit einem kurzen Blick überzeugte sich
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der Kommandant davon, daß auch die Reservespeicherbänke bis zum Platzten aufgeladen waren. Dann schaltete er die sich im Leerlauf befindenden Umformer ein, und jetzt zeigte der terrani-sche Schlachtkreuzer erst einmal, was in ihm steckte. Die Feldwirkung der Saugprojektoren, die bis jetzt mit halber Kraft erzeugt worden war, wurde auf Höchstleistung gebracht. Die gigantischen Energiemengen, die über die Spiralfelder aus dem Schirm gesogen wurden, wurden statt in die Speicherbänke in die Umformer geleitet. Von dort wurden sie durch mächtige Antennen in den freien Himmel abgestrahlt und verzischten wirkungslos. Schon zehn Minuten später zeigte sich auf den Bildschirmen der Erfolg. Die Stellen, an denen die Saugfelder den Feldschirm durchstießen, begannen in einem intensiven, dunklen Blau zu erstrahlen, während an anderen Stellen der Erdboden immer deutlicher hervortrat. Die Kraftwerke der unterirdischen Station schienen den Energiebedarf, die ihr Feldschirm in den letzten zehn Minuten zur Erhaltung brauchte, nicht mehr aufbringen zu können. Ein fürchterlicher Feuerorkan überschüttete plötzlich die Jaguar, als von der Bodenstation ein verzweifelter Großangriff geführt wurde. Die Panoramaschirme erstrahlten in einem grellen Weiß, als die Energie in die Feldschirme des Raumschiffes krachte. Mächtige Entladungen, die innerhalb der Schirme stattfanden, versetzten die Zelle der Jaguar in dröhnende Schwingungen. Die Umformerbänke winselten bis zur Maximalleistung hinauf und wurden für kurze Zeit überbelastet, da die Speicherbänke keine Energie mehr aufnehmen konnten. Schon meldete sich die Sicherheitsautomatik und kündigte einen bevorstehenden Zusammenbruch an, wenn die Geräte und Maschinen weiter solchen Überbelastungen ausgesetzt seien. Mit zusammengepreßten Lippen griff der Kommandant zu dem Hauptschalter des Alarmstarts, um aus dem Bereich des Abwehrfeuers zu entkommen. Da brach der Feuerzauber mit einem donnernden Aufzucken des Feldschirmes der Bodenstation zusammen. Gleichzeitig mit dem Zusammenbruch des Schirmes schwiegen auch die Abwehrgeschütze der Station. Mit leisem Heulen verstummten die Generatoren in dem Maschinensaal der Jaguar und liefen mit einem unregelmäßigen Stottern aus. Es sah ganz danach aus, als wenn dort unten in der Kraftzentrale die Hauptsicherung durchgeschlagen wäre. Im Sturzflug steuerte der Kommandant die Jaguar dem Erdboden zu. Auf einmal meldete sich der Funkraum. ,,Sir, hier die Amplitude auf dem Fluoreszenzschirm aufgetaucht. Es sieht ganz danach aus, als wenn die Bodenstation gerade einen Hilferuf abstrahlen würde. Der Funkruf ist scheinbar gerafft und auf Hyperbasis. Inhalt ist mit unseren Geräten nicht zu entziffern, Sir. Alles vollkommen fremdartige Impulse und Symbole. Gerade verlöscht die Kurve mit einem letzten Aufflackern, Sir. Jetzt hat der Sender seine Tätigkeit eingestellt. Ende." „Stellen Sie Richtung und Leistung fest und versuchen Sie, den ungefähren Bestimmungsort zu ermitteln. Ende."
Anderson schaltete ab und drehte sich wieder seinen Flugkontrollen zu. Während der Kommandant mit dem Funker sprach, hatte der Ko-Pilot die Steuerung übernommen und ließ gerade die Teleskopstützen ausfahren. Sekunden später setzte der Diskus zum zweiten Mal auf dem dreiundzwanzigsten Planeten des Sonnensystems Rigel zur Landung an, diesmal jedoch dort, wo noch vor wenigen Minuten der bläuliche Energieschirm den Boden überspannt hatte. Nachdem die Teleskopstützen den Boden berührt hatten, schaltete der Kommandant die Bordsprechanlage ein. ,,Achtung, Kommandant spricht. Bis auf diejenigen, die im Augenblick die Ortungsgeräte zu überwachen haben, melden sich alle Männer in der Zentralschleusenkammer. Ende." Tief unten im Schiff liefen die letzten Reaktoren aus, als der Kapitän durch einige Schaltungen die meisten Geräte und Maschinen, die im Augenblick nicht gebraucht wurden, stillegte. Zehn Minuten später öffnete sich das äußere Schleusenschott der Jaguar, und zwanzig Männer, mit leichten Kampfanzügen und schweren Strahlwaffen bewaffnet, ließen sich von einem Antigrav-feld auf dem Erdboden absetzen. Mit überempfindlichen tragbaren Metallspürgeräten wurde eine Luftschleuse der unterirdischen Station angepeilt, und der Trupp setzte sich in die Richtung in Bewegung, mit Kapitän Wolf Anderson an der Spitze. Das äußere Schleusenschott des Einstiegturmes war natürlich verschlossen, doch eine kurze Salve aus den schweren Thermostrahlern genügte, das unbekannte Metall zu verflüssigen. Die Strahler fest in den nervigen Fäusten haltend drangen die Terraner über die noch nachglühenden Metallreste in die Tiefe vor. Xorgh schnaufte genußvoll und kugelte sich gemächlich auf die andere Seite, wobei er vor Vergnügen seine an die fünfzehn Zentimeter langen Ohren vor und zurück spielen ließ. Ach, was hatte er doch für ein Glück, daß e r von dem großen Rat von Tafor auf diesen einsamen Außenposten versetzt worden war. Mengrht, wie der Planet in seiner Landessprache hieß, war ein Paradies für jeden Tarforianer, und deshalb kamen nur ganz wenige Auserwählte in den Genuß, diese Welt einmal besuchen zu dürfen. Noch genau konnte er sich erinnern, wie seine Kameraden ihm neidvoll nachgeblickt hatten, als er ihnen mitteilte, daß er, Framack, nach Mengrht versetzt wurde. Wie sie ihm nachgeblickt hatten. . . Framack sonnte sich jetzt noch in diesem Gefühl. Ja, und dann, nach drei Zeiteinheiten, war er in einem Raumschiff hier auf diesem Planeten gelandet. Auf diesem Paradies. Die feuchte, stickige Luft war ein Labsal für seine Lungen. Der nahe Urwald, in dem es von Lebewesen nur so wimmelte, war ein ertragreiches Jagdgebiet für jemanden, dessen älteste Ahnen noch als Echsen nahe an den Flußufern herumkrauchen, um sich das nötige Fressen zu fangen. Framacks zierlicher Körper lag kurz vor dem kleinen, eiförmigen Bauwerk im feuchten Sand und kugelte sich manchmal voller Wonne hin und her. Ab und zu gab es ein schleifendes Geräusch, wenn seine Schuppen mit kleinen Steinchen,
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die sich im Sand befanden, in Berührung kamen. Ein scharfer zirpender Ton ließ Framack plötzlich aufschrecken. Erwartungsvoll waren seine Ohren auf das kleine Baumwerk gerichtet, in dem es leise summte. Gelenkig erhob er sich auf seine etwa fünfzig Zentimeter langen Beine und lief zu dem Eingang des überdimensionierten Eies, dessen Inneres einer kleinen Schaltzentrale glich. Der ganze Raum, es gab nur einen Raum in dem kleinen Bauwerk, bestand aus Schalt- und Kontrollanlagen, die zwar fremdartig wirkten, aber als solche zu erkennen waren. Ein kleines, sesselartiges Gebilde stand vor dem Schalttisch, auf dem verschiedenartige Lämpchen glühten. Leise lief irgendwo ein Generator und speiste die Stromversorgung der kleinen Station. Das Summen des Generators wurde von einem rythmischen Tack... tack... tack... untermalt, das gerade aufhörte, als Framack den Schaltraum betrat und langsam zu dem Gerät hinüberschlich, das gerade seine Arbeit eingestellt hatte. Aus einem schmalen Schlitz ringelte sich ein weißer Streifen aus undefinierbarem Material, in d e m kleine Symbolgruppen eingestanzt waren. Ruhig nahm die Echse den Streifen aus dem Gerät und spannte ihn in ein anderes ein. Ein kleiner Bildschirm flammte auf, und aus den unbekannten Zeichen und Symbolen entstand plötzlich der Klartext in der tarforianischen Sprache. Meistenteils konnte man keiner der Echsen irgendeine Gemütsverfassung äußerlich ansehen, doch dieses Mal schien Framack leicht aus der Fassung geraten zu sein, nachdem er die Mitteilung gelesen hatte. Da war doch batsächlich eine Außenstation des Tarforianischen Reiches überfallen und besiegt worden. Im letzten Augenblick noch hatte die Großfunkanlage den Hilferuf über Hyperfunk absetzen können. ,,Donnerwetter, dachte Framack in seiner Sprache, „was mußte das für ein Feind sein, der gleich im ersten Anlauf die mit am besten des Sternenreiches ausgerüstete Vorpostenstation einnahm." Mit einem Sprung war die Echse an der gegenüberliegenden Schaltwand und drehte hastig an einigen Schaltern und Knöpfen herum. Als ein kleines Lämpchen aufglühte, atmete Framack erleichtert auf. Die Hypergroßfunkanlage war einsatzbereit, und die mächtigen Antennen waren bereits gleichgerichtet auf einen bestimmten Punkt, der irgendwo unter tausend anderen Punkten stand, auf die Hauptwelt Tarfor. Kurze Zeit später erschien auf dem kleinen Bildschirm, vor dem Framack saß, das Gesicht seines Vorgesetzten, der den ihm Untergebenen kühl betrachtete. „Was hast du zu funken, Framack? Ist es war Wichtiges, dann ist es gut, daß du es meldest. Ist es etwas Unwichtiges, bist du deines Postens enthoben." „Ob es wichtig ist, mußt du bestimmen, Fragh. Unsere bestauugerüstetste Außenstalion im Hakelna System hat einen Hilferuf abgesetzt, den ich dir jetzt durchgeben werde." Framack las die Meldung ab, die das Gerät entschlüsselt hatte, und sah dann
ausdruckslos seinen Vorgesetzten an, von dessen Worten es abhing, ob er diesen Posten behalten durfte oder nicht. War die Meldung wichtig gewesen, dann.. „Es ist gut , Framack." Der Bildschirm vor Framack erstrahlte in einem milchigen Grau, und er selbst prustete erfreut auf. Da hatte er ja Glück gehabt. Schnell trottete er wieder nach draußen zu seinem Lieblingsplätzchen und machte es sich dort bequem. Während Framack wohlig vor sich hinbrummelte, dachte er nicht im entferntesten daran, daß er mit der Weitergabe der Funkmeldung den Grundstein zu einem interstellaren Krieg gelegt hatte. Der Gang, der vor den Männern lag, erstrahlte in einem diffusen, dunkelgrünem Licht, das direkt aus den Wänden zu kommen schien. Langsam folgten die Terraner dem Gang, der in einem sanften Gefälle tief in die Erde hinabführte. Nirgends waren Türen oder andere Öffnungen zu sehen, denen die Männer hätten folgen kö n ne n. Etwa zehn Minuten lang führte der Weg fast schnurgerade aus, dann kam eine weiche Kurve, in der die Wände ein helles, bläuliches Licht reflektierten. Wenige Sekunden, nachdem die Männer um die Kurve gebogen waren, hob Kapitän Anderson mit einem Ruck die Hand, und blitzschnell blieben die zwanzig Terraner stehen, die entsicherten Strahlgewehre mit den drohenden Spiral-Focus-Öffnungen nach vorne gerichtet. Vor den Terranern breitete sich ein überdimensional großer Saal aus, dessen Rückwände weit in der Ferne mit dem Licht verschwammen. Genau im Zentrum der doamartig gewölbten Decke hing ein unerträglich hell gleißender Ball, dessen Durchmesser der Kapitän auf cirka zwei Meter schätzte. Funkelnd wurde das Licht der Atomsonne von dem Fußboden reflektiert. Das Metall, aus dem der Bodenbelag bestand, war den Terranern unbekannt. In den Wänden waren etwa vierzig Türöffnungen zu erkennen, zwischen denen jedes Mal ein Zwischenraum von mindestens zwanzig Metern bestand. Bunte Lichtsignale flackerten in unregelmäßigen Intervallen über den Gangöffnungen auf und verlöschten sofort wieder. Ein leises Summen lag über dem gigantischen Saal, ein Zeichen dafür, daß noch Maschinen liefen und anzeigten, daß diese Station noch von fremden Intelligenzen besetzt war. Doch so sehr sich die Terraner auch anstrengten, sie konnten nichts entdecken, was ihnen im Augenblick gefährlich werden konnte. Nach kurzem Zögern trat der Kapitän aus dem Gang, ritzte mit seinem Messer, das übrigens zu jeder terranischen Kampfausrüstung gehörte, eine kleine Markierung in die Wand, um später den richtigen Ausgang wiederzufinden. Nachdem e r seine Männer in einem Kreis um sich versammelt hatte, gab er mit halblauter Stimme seine Anweisungen. „Wir werden von jetzt an in vier Gruppen zu je vier Mann weiter vordringen. Ich bitte mir aus, daß mit so großer Vorsicht gehandelt wird, wie es eben geht. Nur in äußerster Notwehr darf von den Thermostrahlern Gebrauch gemacht werden. In allen anderen Fällen, soweit wie möglich, mit den E-Schockern
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verteidigen. Auf keinen Fall irgendwelche Instrumente oder Apparate oder Schalter betätigen, von denen man nicht genau ihre Funktion und ihren Zweck erkannt hat. Alle Männer lassen ab jetzt ihre Funksprechgeräte mit höchster Sendeenergie laufen. Machen Sie sich Markierungen, damit Sie später wieder zurückfinden. In zwei Stunden finden sich alle Gruppen wieder hier in diesem Saal ein. Denken Sie vor allen Dingen daran, pünktlich zu sein. Ich möchte nicht mit langen, unnötigen Suchaktionen wertvolle Zeit verlieren, von der wir sowieso im Moment nur so wenig zur Verfügung haben. Erinnern Sie sich daran, meine Herren, daß diese Station noch einen Notnuf abstrahlen konnte, der mit höchster Sicherheit aufgefangen worden ist. Wir wissen nicht, wann der bis jetzt unbekannte Gegner über diesem Planeten hier auftaucht. Zu diesem Zeitpunkt ziehe ich es auf jeden Fall vor, im freien Raum zu sein. So, ich glaube, damit wäre es alles für jetzt. Hat noch jemand von Ihnen irgendeine Frage?" Keiner der Männer meldete sich, und Kapitän Anderson begann, die vier Gruppen einzuordnen und die Führer zu bestimmen. Der Zufall wollte es, daß Kadett Ralstont in die Gruppe des Kapitäns kam. Kapitän Anderson ahnte in diesem Augenblick noch nicht, daß Kadett Ralstont die ihm, wie er es nannte, angetane Schmach noch immer nicht verwunden hatte und verzweifelt darüber nachdachte, wie er seinem Kommandanten irgendwie eins auswischen konnte. Als der Kapitän das Zeichen gab, setzten sich die vier kleinen Trupps in Bewegung, und schon bald danach verloren sie sich aus den Augen. Anderson bog in die Mündung eines schwach belichteten Ganges ein, und wartete dann einen Augenblick, bis sich die Augen der Männer an das Halbdunkel gewöhnt hatten. Die dicken Kreppsohlen unter den Schuhen der Raumfahrerkombinationen machen die Schritte fast unhörbar. Ab und zu ertönte ein leises 'Klack', wenn sich die schweren Thermostrahler der Männer einmal berührten. Schnurgeradeaus führte der Gang, der aus einer den Terranern unbekannten Spritzplastik bestand. Nach etwa hundert Metern kam die erste Abzweigung, eine halbrunde Öffnung, deren Radius knapp zwei Meter betrug. Auf den Wink des Kapitäns versammelten sich die Männer um ihn. „So, meine Herren. Wir können wählen. Entweder biegen wir jetzt rechts ab oder wir marschieren geradeaus weiter. Sehen Sie sich die Gänge aber vorher genau an und sagen Sie mir dann, wohin wir gehen sollen." Die Männer betrachteten sich haargenau die Wände, und nach ein paar Sekunden waren sie sich einig, nach rechts abzubiegen. Der Kapitän nickte zustimmend.
„Dahin wollte ich auch. Wie sind Sie darauf gekommen?" „Das ist ganz einfach, Sir. In dem Türrahmen, wenn ich so sagen darf, befindet sich eine komplette Analage zur Errichtung eines energetischen Schirmfeldes. Daher, daß dieser Zugang noch einmal besonders abgesichert ist, kann man schließen, daß dieser Gang zu einem wichtigen Sektor dieser Station führt." „Richtig! Wir wenden uns also nach rechts wenden. Reiners, geben Sie den anderen Gruppen über Funk Bescheid, auf solche Torbögen zu achten. Aber nehmen Sie minimale Sendeleistung dazu." Eine Minute später setzte sich der kleine Trupp wieder in Bewegung. War vorher schon das Licht auf dem Gang düster zu nennen, so wurde es jetzt noch dunkler. Gerade noch hell genug für die Ter-raner, ohne Helmlampe vorwärtszukommen. Doch schon nach der ersten Biegung erstrahlte der Gang wieder in einem weißlichen Licht, dessen Quelle den Männern unsichtbar war. Mißtrauisch sicherten sie sich immer wieder nach allen Seiten ab. Bis jetzt hatte sich der geheimnisvolle Feind noch immer nicht gezeigt. Wollte e r sich etwa feige zurückziehen? Die ihm so kostbare Stellung so völlig ohne Kampf aufgeben? Kapitän Anderson fühlte ein seltsames Prickeln über dem Rücken. Er konnte das nicht so einfach glauben. Er ließ die Strahler noch einmal kontrollieren und dann entsichern. „Gefeuert wird aber erst auf meinen ausdrücklichen Befehl", befahl Anderson. ,,Wer dem zuwiderhandelt und dadurch das Leben seiner Kameraden auf das Spiel setzt, kommt vor das Bordgericht. Alles klar?" Die Männer nickten stumm. Keiner sah in den Augen Kadett Ralstonts das mordgierige Funkeln, mit dem e r den Kapitän ansah. Mit gleichmütigen Schritten folgte er den anderen. Minuten später verstärkte sich plötzlich das leise Vibrieren, das den Gang bis jetzt kaum merklich erfüllt hatte, zu einem starken Zittern. Ein schwaches Rumoren war zu hören, und nach d e r nächsten Kurve wurde die Helligkeit noch intensiver. Das Rumoren wuchs urplötzlich zu einem donnernden Grollen an. Ebenso plötzlich blieben auch die Terraner stehen. Ihren Augen bot sich e in phantastisches Bild. Vor ihnen begann ein riesiger Saal, dessen Ende sie nur ahnen konnten. Riesige, mammutartige Maschinen und Apparate standen willkürlich verteilt in dem Taum und bildeten für die Terraner ein scheinbar hoffnungsloses Durcheinander. Manche sahen sinnverwirrend und gefahrvoll aus in ihrer fremdartigen, fast schon unwirklich zu nenndem Bauart. Gigantische Metallblöcke wurden von runden Kuppeln gekrönt, von denen einige in einem diffusen Licht erstrahlten, andere wiederum nur das auf sie auftreffende Licht reflektierten und ihm einen metallisch blauen Farbton gaben, der seltsam kühl auf die Terraner wirkte. Unzählige, spiralförmige Türmchen waren überall verteilt. Manchmal zuckten grelle Blitze auf, oder kurzes trockenes Zischen und Knallen war zu hören, wenn
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überschüssige Energie einen Ausweg suchte. Schon nach kurzer Zeit fiel den Terranern auf, daß die arbeitenden Maschinen nur alle auf der rechten viele der mächtigen Meiler, für diese schienen sie die Männer zu halten, halb zerissen oder zusammengebrochen waren. Kleine silberne Pünktchen flitzten um die mächtigen Maschinen und schienen dort irgend etwas zu verrichten. Flüsternd unterhielten sich die Terraner über Funk, da das normale Sprechen wegen des Lärms der arbeitenden Maschinen nicht möglich war. „Ich schätze, das hier ist die Haupt-Energieversorgungsstation. Die ganzen Maschinen auf der rechten Seite werden wohl nur dazu da gewesen sein, genug Saft für den Schutzschirm und die Energiestrahler bereitzustellen. Dann sind sie durch die Generatoren der Jaguar überansprucht worden, konnten nicht mehr genügend Energie liefern und haben anschließend den Geist aufgegeben." „Und die silbernen Pünktchen werden wohl die Service-Roboter sein, die versuchen, etwas zu retten, wo es überhaupt nichts mehr zu retten gibt. Ich glaube..." Ein schabendes, rasselndes Geräusch wurde plötzlich hinter den Terranern im Gang laut. Erschreckt schalteten die Männer die Empfindlichkeit ihrer Außenmikrofone höher. Das schleifende, schlürfende Rasseln wurde lauter und klang immer bedrohlicher. Jeden Augenblick mußte etwas oder jemand um die letzte Biegung kommen, und dann waren die Terraner entdeckt. Verzweifelt suchten die Männer nach einem Ausweg aus dieser ungünstigen Lage. Immer nervöser werdend hatte sich Kapitän Anderson die ganze Zeit über gewünscht, den geheimnisvollen Gegner zu Gesicht zu bekommen. Und die ganze Zeit über hatte er auch versucht, den Schlupfwinkel herauszufinden, in dem er sich aufhielt. Doch es war vergebens gewesen. Und nun begann dieser unbekannte Gegner zuzuschlagen. Jetzt, wo sich die Terraner in der für sie am ungünstigsten Position befanden. Blitzschnell entschloß Anderson sich, weiter in den Maschinensaal hineinzulaufen, und hinter den Meilern und Generatoren Schutz zu suchen. Schutz gegen einen bisher noch unsichtbaren Feind. „Achtung, Männer! Deckung suchen hinter den Maschinen. Versucht, euch nach Möglichkeit auch euren Rücken freizuhalten. Vorwärts!" Die fünf Terraner spurteten los und erreichten nach wenigen Sekunden die, wenigstem im Augenblick, schützenden Maschinen. Blitzschnell waren sie verschwunden und lagen in mehr oder weniger guten Deckungen, die Mündungen ihrer Strahlgewehre auf den Gang gerichtet, aus dem sie gerade herausgelaufen waren. Das rasselnde Geräusch klang jetzt ganz nahe. Und dann verdunkelte sich plötzlich der Gang. Ein unwirkliches Licht lag über dem großen Raum. In der Mitte des Saales stand ein Gebilde, dem man nur mit sehr gutem Willen die Bezeichnung ,Tisch´
zubilligen konnte. Um dieses Gebilde waren in gleichmäßigen Abständen elf Vertiefungen angeordnet, die alle elf besetzt waren. Besetzt mit elf Echsen, die zusammen den ,Großen Rat von Tafor bildeten. Vor der größten Vertiefung stand eine Echse, demütig den kantigen Kopf auf den Boden gesenkt, während der zackige Schwanz ab und zu unruhig auf den Boden schlug. Der Oberste des ,Großen Rates' sah zuerst kühl auf die Gestalt zu seinen Füßen, und anschließend mißbilligend auf den sich nervös hin und her windenden Schwanz. Sofort brach das Zucken ab. „Nun Fragh? Was hast du zu melden? Es wäre schlecht für dich, wenn du wegen nichtigen Dingen gekommen wärest. Sprich! Was ist los?" Glitzernd brach sich das Licht in den starken Reptillienaugen, als die Echse scheinbar uninteressiert auf die Worte Fraghs hörte. ,,Hoher Gebieter! Gerade bekam ich über eine Relaisstation die Meldung, daß unser Außenposten im Hakelna System angegriffen und mit größter Wahrscheinlichkeit zerstört worden ist." „Und?" Die Gestalt Fraghs schien bei diesem einen Wort zu erstarren. „Ich dachte, daß dies wichtig genug wäre, dem 'Großen Rat' darüber Meldung zu erstatten." Der Gebieter stieß ein tiefes, undefinierbares Brummen aus und machte dann eine knappe Handbewegung. Mit ungläubigen Augen hatte Fragh den obersten Gebieter seines Volkes beobachtet. Blitzschnell erhob er sich aus seiner demütigen Stellung und verschwand, so schnell es ging, aus dem großen Saal. Während Fragh durch das große Portal eilte, und dabei ein Gefühl hatte, als sei ihm zum zweiten Male das Leben geschenkt worden, berieten die Mitglieder des 'Großen Rates' über die neue Situation. Sie waren gar nicht mehr so ruhig, wie sie Fragh vorgetäuscht hatten. „Gebieter!" Erregt schlug eine der Echsen mit dem Schwanz. „Es ist das erste Mal, daß sich jemand gegen das Taforianische Imperium 'aufzulehnen wagt. Nicht genug damit. Dieser Jemand, den wir noch nicht einmal näher kennen, greift bei ersten Aufmucken eine unserer größten trägt dann auch schon bei den Sieg davon." Der Gebieter hob seinen Arm einige Zentimeter, und sofort schwieg die Echse. „Es war sicher nur ein Zufall, daß dieser Angriff auf unsere Station erfolgreich gewesen war für den Feind. Diese Station war schließlich eine der besten, die wir überhaupt besitzen. Es war bestimmt nur ein unglücklicher Zufall gewesen. Natürlich wird die Besatzung sofern sie sich noch am Leben befindet, bestraft wenden." Was der Gebieter nicht wußte, war, daß die Besatzung des Taforianischen Forts beim Anflug der Jaguar mit einem Raumschiff den Planeten verlassen hatte,
und danach spurlos in der Weite des Universums verschwunden war. Sie waren einige der wenigen Echsen gewesen, die nicht mit der jetzigen Regierungsform einverstanden gewesen waren. Und da sie allein zuwenig gewesen waren, um eine erfolgreiche Revolution zu unternehmen, zogen sie es vor, sang- und klanglos im unendlichen All unterzutauchen. Bevor sie jedoch die Station verlassen hatten, programmierten sie noch das große Robotgehirn auf den bevorstehenden Angriff des fremden Raumschiffes. Und das schien ein ziemlich harter Brocken für die Terraner zu werden. Der große Gebieter sprach weiter: „Wir werden natürlich den Feind in der Station angreifen und vernichten. Ihr laßt sofort die entsprechenden Befehle hinausgehen." Drei Terrastunden später startete eine riesige Armada von langgestreckten, walzenförmigen Raumschiffen von Tafor und nahm Kurs auf das Sonnensystem Hakelna. Eine Stunde danach gab es eine riesige Erschütterung im vierdimensionalen Raum-Zeit-Kontinuum, als die fünfhundert Kriegsraumer in den Hyperraum eintauchten und mit vielfacher Lichtgeschwindigkeit auf ihr fernes Ziel zujagten. Es war wie ein Alptraum, was sich da jetzt langsam und mit leise klirrenden Raupenketten aus dem Gang hervorschob. Eine bestimmte Größe konnte man auf den ensten Blick nicht angeben, und eine bestimmte Form erst recht nicht. Es sah wirklich so aus, als hätte ein Baby einen Metallbaukasten geschenkt bekommen und damit angefangen, wahllos die einzelnen Stäbe und Metallplatten ineinanderzubauen. Genau so sah dieser Apparat aus, der jetzt vollständig den Gang verlassen hatte. Mit einer Höhe von zwei Metern und einer Breite von cirka ein Meier achtzig hatte es den Gang, durch den die Terraner gekommen waren, fast vollständig ausgefüllt. Auf glatten, manchmal-dicht abgeschrägten Platten erhoben sich kleine Türmchen, einige mit einem Durchmesser von etwa fünfzig Zentimeter, andere wiederum nur bleistiftdick. Kleine, metallene Stäbchen rotierten in schneller Bewegung, und manchmal glühte es kurz auf an den Köpfchen dieser Antennen. Nur ganz langsam verlöschte das hellblaue oder violette Leuchten wieder, um kurz darauf wiederum aufzuflammen. Mit leichtem Schrecken stellte Anderson fest, daß es immer nur dann aufglühte, wenn eine dieser Antennen zufällig, oder auch gesteuert, in eine Richtung wies, in der einer der Terraner in Deckung lag. — Der Alptraum von Roboter stellte die Positionen fest, in der sich die Terraner verschanzt hatten. — Kapitän Anderson konnte nicht anders. Irgendwie bewunderte er die Intelligenzen, die solche Roboter bauen konnte. Sicher, auf Terra gab es auch solche Roboter. Vielleicht sogar welche, die noch höher entwickelt waren als diese. Aber trotzdem. Es schien ein verdammt harter Brocken zu werden, der Kampf gegen die Feinde von Terra. Jetzt setzte sich langsam dieses asymmetrische Etwas, dessen Form die meisten
irdischen Wissenschaftler bis an den Rand der Verzweiflung getrieben hätte, in Bewegung. Genau auf die Deckung eines Terraners zu. Plötzlich schienen die Konturen des Roboters leicht zu verschwimmen, um dann in einem bläulichen Farbton erneut zu erscheinen. Der Robot hatte seinen Schutzschirm hochgespannt. .,Eigentümlich u , dachte Anderson, ,,so ein Schutzschirm braucht doch Unmengen von Energie. Ob der die wohl alle von einer Batterie abzapft?" Ein unbestimmbares Gefühl sagte Anderson, daß irgendwo noch eine Energiestation existieren müßte, die die energiefressenden Maschinen mit Strom versorgte. Denn woher kam auch die Beleuchtung der Gänge, durch die die Terraner gekommen waren? Diese Station mußten sie unbedingt finden. Finden und, wenn es zu machen war, vernichten. Sonst waren sie verloren. Auf der kleinen Mattscheibe des Zielfernrohres zeichneten sich di e Konturen der Kampfmaschine fast überdeutlich ab. Jede Einzelheit war zu sehen. Auch konisch zulaufende Metallrohre, deren nadelfeine Öffnungen an der Spitze kaum zu sehen waren. Fast nicht! Kadett Ralstont sah sie überdeutlich. Ein unbestimmtes Gefühl beschlich ihn, als es in den Öffnungen weißlich-blau zu flirren begann. Er hatte doch nicht etwa Angst? Lächerlich! E r hatte noch nie Angst gehabt. Das komische Gefühl kam von der Spannung, unter der seine Nerven litten. Natürlich, nur so war es. Während Kadett Ralstont sich selbst zu beruhigen suchte und froh war, einen Grund für seine Unruhe gefunden zu haben, war der Roboter bis auf eine Entfernung von dreißig Meter an ihn herangekommen. Nervös nestelte er an seinem Strahler herum und legte ihn mit leicht zitternden Händen wieder neu zurecht, so daß das ins Zielfernrohr eingespiegelte Fadenkreuz genau auf die Maschine zielte. Mitten in das Zentrum. Langsam krümmte sich sein Zeigefinger um den Abuugsbügel, nachdem e r vorher die Sicherung umgelegt und die Focusöff-nung auf den Maximalwert eingestellt hatte. In diesem Augenblick erklang eine leise Stimme in seinem Helmsprechfunkgerät. ,,Achtung, hier spricht der Kapitän. Auf wessen Deckung bewegt sich der Robot zu?" „Hier Kadett Ralstont, Sir." „Wie weit ist er noch von Ihnen entfernt?" ,,Knapp fünfundzwanzig Meter, Sir. Was soll ich machen?" ,,Sich zuerst einmal nicht selbst verrückt machen, Ralstont. Lassen Sie den Robot noch bis auf zwanzig Meter herankommen. Dann sagen Sie mir, wenn es soweit ist. Ich weiß nämlich nur ungefähr, wo Sie liegen. Wenn es also soweit ist, werden wir zugleich auf meinen Befehl hin das Feuer eröffnen. Alles klar? Verlieren Sie also ja nicht die Nerven und fangen vorher an zu schießen. Sonst könnte es schlimm für Sie werden. Ende." Es war nicht ganz klar, was Anderson mit seiner letzten Bemerkung gemeint
hatte. Aber es war für Ralstont sowieso gleich. Er hörte schon seit langem die Worte des Kapitäns nur als ein entferntes Gemurmel, ohne dessen Sinn innerlich zu verstehen. Wie hypnotisiert starrte er auf die kleine Mattscheibe, auf der sich die Konturen des Roboters abzeichneten. Dann krümmte er entschlosen den Zeigefinger ganz durch. Kurz ruckte die schwere Waffe an, als der Energiestrahl fauchend und eine Spur feuriger, ionisierte r Luftmoleküle hinter sich lassend, den spiralförmigen Lauf verließ und als blendender Energiefinger haangenau auf den feindlichen Robot zuraste. Der Schuß traf den Kampfroboter voll ins Zentrum. Genau auf eine Metaliplatte, auf der eine langsam rotierende Antenne saß. Mit einem abrupten Ruck blieb die Maschine stehen, und dem schrillen Kreischen der Raupenketten folgte eine beinahe nervenaufreibende Stille. Wie verrückt taumelte Kadett Ralstont aus seiner Deckung hervor. „Ich habe ihn erledigt, den Roboter. Mit einem einzigen Schuß habe ich ihn erwischt. Mit einem einzigen Schuß! Ich. . ." ,,In die Deckung, Sie Idiot! Sie haben mir meinen ganzen Plan vermasselt, Sie Heini! In die Deckung zurück!" Die letzten Worte schrie Kapitän Anderson mit vollster Lautstärke, und die dröhnende Stimme in seinem Helmsprechfunkgerät riß Kadett Ralstont aus seinem Siegestaumel jäh in die rauhe Wirklichkeit zurück. Mit einem Riesensprung setzte er über eine kleine Maschine hinweg und rannte auf ein großes Aggregat zu, das ihm sehr guten Schutz bieten mußte. Doch es war schon zu spät. Nur kurz glühte eine der Spitzen an den konisch zulaufenden Rohren des Roboters auf, und Sekundenbruchteile später wälzte Kadett Ralstont sich laut schreiend auf dem Boden herum. Der Kapitän zog den Abzugsbügel seines Strahlers durch. „Feuer, Männer. Konzentriert die Schüsse auf Punktfeuer. Nach zehn Sekunden auf Focuswert neun herunterschalten und auf Dauerfeuer umschalten. Ende!" Brüllend und fauchend spien die Waffen der Terraner ihren tödlichen Segen dem Roboter entgegen. Immer wieder wurde er von dem konzentrierten Punktfeuer herumgerissen, Meter für Meter zurückgestoßen. Keiner der Schüsse schien jedoch seinen Schutzschirm zu durchdringen. Der Roboter feuerte jetzt aus allen Rohren. Seine Schüsse lagen haarscharf genau. Trotzdem er jedoch durch das starke Gegenfeuer der Terraner dauernd gestört wurde, waren seine Schüsse viel wirkungsvoller. Gerade zischte ein rötlich fluoreszierender Energiestrahl ein paar Zentimeter an Kapitän Anderson vorbei und fuhr in ein großes, schon halb zerstörtes Maschinenaggregat. Gestank von zerschmolzener Metallplastik drang trotz der guten Außenluftfilter in die Helme der Männer, die schon nach wenigen Minuten auf Eigenversorgung schalteten und mit gierigen Atemzügen den mit
reinem Sauerstoff angereicherten Luftstrom einsogen. In großen Fladen tropfte flüssiges Metall auf den Boden, zerschmolz den Belag und bildete beim Erhalten gläserne, eisenharte Stellen. Irgendwo war das schmerzvolle Stöhnen eines Terraners zu vernehmen. Trotz des Chaos verlor Anderson nicht die Nerven. Kurz drückte er auf die Sprechtaste. ,,Achtung, wer hat da gerade gerufen? Melden Sie sich, wenn Sie können!" ,,Ich, Sir! Leutnant Wilson. Ich habe einen Schuß hoch in die linke Schulter bekommen." „Schlimm?" ,,Glatter Durchschuß, Sir. Es brennt höllisch. Aber ich kann auch noch mit einer Hand schießen." „In Ordnung. Achtung, an alle. In fünf Sekunden hole ich Ralstont. Gebt mir Feuerschutz. Versucht die Position des Roboters dauernd zu verändern, so daß nicht genügend Zeit für ihn bleibt, genaues Ziel zu fassen. Achtung, Zeit läuft." Während die erste Sekunde verstrich, meinte Anderson plötzlich ein ganz leises, kaum hörbares Quietschen hinter seinem Rücken zu vernehmen. Als e r sich umdrehte, sah er in ungefähr hundert Metern Entfernung zehn weitere Roboter aufmarschieren. Nachdem er das gesehen und innerlich verdaut hatte, wurde er plötzlich unendlich ruhig. Zu ruhig. Aber die Ruhe war nur äußerlich vorhanden. Seine Gedanken jagten fieberhaft. Er wußte, wenn nicht ein Wunder geschah, waren sie verloren. Und auf Wunder zu hoffen, das hatte Kapitän Anderson schon seit seiner frühesten Jugend verlernt. Er glaubte nicht an Wunder. Und da er nicht daran glaubte, versuchte er, sich die augenblickliche Situation so nüchtern und logisch vorzustellen, wie sie etwa ein Außenstehender sah, der überhaupt nichts mit der Sache zu tun hatte. Es war nicht leicht, bei dem lebensnahen Dröhnen und Zischen der Strahler. Doch Anderson schaffte es trotzdem, und er kam zu dem Schluß, daß die Chancen für seine Männer und ihn gerade neunundneunzig zu eins stünden. Es war bezeichnend für Anderson, daß er auch in dieser Lage noch zuerst an seine Männer dachte, und dann erst an sich. Wie zufällig streifte sein Blick das Leuchtzifferblatt seiner Uhr. Fast ohne es zu begreifen, sah er zu, wie der Sekundenzeiger von der zweiten auf die dritte Sekunde überwechselte. Was ein Mensch in so einer kurzen Zeit alles denken und überlegen kann, dachte er gefühllos. Noch einmal sah er sich nach den zehn Robotern um, die auf ungefähr achtzig Meter herangekommen waren. Dann schätzte er noch einmal die Entfernung zu dem Punkt ab, an dem der Körper Ral-stonts lag. Kurz nach dem Treffer hatte er sich nicht mehr bewegt, aber der Kapitän wußte, daß der Kadett noch lebte. Zehn Meter hatte er zu laufen. Vielleicht auch noch ein, zwei Meter mehr. Kunstlicht täuschte ungemein. Als die fünfte Sekunde angebrochen war, setzte das Dauerfeuer seiner Männer ein. Auch sie hatten die zehn Roboter hinter dem Rücken des Kapitans gesehen,
und auch sie wußten, daß es mit größter Wahrscheinlichkeit ihr letzter Kampf war. Ihr allerletzter Kampf! Aber ehe ein Terraner nicht vollkommen tot war, gab er nicht auf. Und so schossen die Männer, was die Waffen hergaben. Kapitän Anderson spurtete los. Mit einem mächtigen Sprung flankte er über den breiten Sockel, der ihm bis jetzt als sehr gute und sichere Deckung gedient hatte. Geduckt und Haken schlagend spurtete er über die breite Fläche zu Ralstont hinüber. Hinter ihm brach krachend und berstend seine frühere Deckung unter den Strahlschüssen der Roboter zusammen. Hastig lud er sich den schweren Körper des Mannes auf die Schultern und rannte mit ihm zu einem mächtigen, noch arbeitenden Meiler hinüber, als wenn er nicht einhundertundsiebzig Pfund sondern ein Baby zu tragen hätte. Sechs Sekunden hatte die ganze Rettungsaktion gedauert, bis Kapitän Anderson keuchend seine schwere Last hinter der Schutzverkleidung des Reaktors niederlegte. Wie ein Wunder kam es ihm vor, daß er sich nicht einmal einen Streifschuß eingefangen hatte. Kurz untersuchte er die Wunde des jungen Mannes, der einen Streifschuß an der Hüfte bekommen hatte und jetzt stöhnend die Augen aufschlug, und genau in die des Kapitäns starrte. „Sir, mein Bein. Es muß direkt abgeschossen worden sein. Aaaah, wie das brennt! Diese Schmerzen machen mich noch wahnsinnig. Ich . . ." Das Stöhnen des Kadetten ging in ein wimmerndes Schluchzen über. Er hatte sich noch nicht einmal für seine Lebensrettung, die Anderson unter eigener Gefahr unternommen hatte, bedankt. Er schien es wohl für eine Selbstverständlichkeit zu halten. „Ist das die einzige Verletzung a n Ihrer Hüfte? Überdies, Kadett Ralstont, Ihr Bein ist noch dran. Außerdem hatten Sie sich das wohl selbst zuzuschreiben!" Das Schluchzen des Mannes erstarb, und langsam richtete er sich auf. „Wahrhaftig..., das.. . das Bein ist tatsächlich noch dran. Aber meine Hüfte . . .!" Wieder begann Ralstont leise vor sich hinzuwimmern. Mit kalt glitzernden Augen, in denen Spott und Verachtung zu lesen war, betrachtete sich Kapitän Anderson das traurige Bündel Mensch, das vor seinen Füßen auf dem Boden kauerte. „Sie Waschlappen!" Ralstont zuckte bei dem Wort zusammen, doch Anderson sah es schon nicht mehr. Er stand bereits wieder an der einen Ecke des Reaktors und feuerte ununterbrochen in die angreifende Phalanx der elf Roboter. Mit einem dumpfen Knall explodierte plötzlich einer der Roboter und brach mitten auseinander. Eine schmale Rauchfahne kräuselte sich aus den vielen Öffnungen hervor. Dann zuckte es grellblau auf. „Genau so, als wenn jemand Magnesium abbrennen würde, ging es Anderson durch den Kopf. Anscheinend war die auftreffende Enengie ein bißchen zu hoch für ihn gewesen. Ohne sich um ihren zerstörten Kameraden weiter zu kümmern, setzten die
übrigen zehn Roboter ihren Angriff fort. Immer näher kamen sie auf die Deckungen der Terraner zu. Die Männer konnten sich a n den Fingern abzählen, wann es soweit war, daß die Roboter einfach in ihre kleinen Festungen hineinsteigen konnten. Und das war dann das Ende. Fernak-Mengrht stand vor dem großen Bilds chirmund sah mit einem starren Blick in das milchige, dunkle Grau, in dem der Bildschirm erstrahlte. Das Kommandoschiff der fünfhundert Kriegsraumer befand sich seit fünf Stunden Terrazeit im Hyperraum, wo es die unendliche Entfernung von vielen Lichtjahren in kürzester Zeit überbrückte. Der Kommandant sah alle Geräte, die irgend etwas außerhalb des Schiffes zu überwachen hatten, sei es der Materietaster oder die vielfältigen Ortungsgeräte, auf der Nullstellung stehen. Das Kommandoschiff und die fünfhundert anderen Schlachtschiffe des Taforianischen Imperiums flogen blind. Die Taforianische Technik war in diesem Punkt noch nicht so weit wie die terranische. Mit dem Eintauchen in den Hyperraum war die Besatzung der Raumschiffe abgelöst. Abgelöst von einem Steuerrobot, der nach den vorher programmierten Daten und Werten die Kurse bestimmte und gleichzeitig lenkte. Wehe, wenn die Symbole auf den Steuerstreifen, die der Kommandant kurz nach dem Start in die Steuerautomatik schieben mußte, nicht haargenau stimmten. Es war schon mehr als einmal vorgekommen, daß ein Symbolzeichen um ein tausendste1 Millimeter an den falschen Platz gerückt ist, und dann konnte es leicht, sehr leicht passieren, daß das Raumschiff nicht an dem vorher berechneten Platz aus dem Hyperraum auftauchte, sondern vielleicht mitten im Zentrum einer Riesensonne oder eines Zwergplaneten, dessen Gravitationskraft schon allein genügte, jedes Schiff, und sei es auch noch so stabil, zu zerdrücken. Und dann war es natürlich aus mit dem Schiff und der Besatzung. In Bruchteilen von Sekunden brach jeder Schutzschirm zusammen, und dann war das Raumschiff, das kurz vorher noch so gigantisch und drohend aussah, den mächtigen Naturgewalten schutzlos preisgegeben. Man konnte die Zeitspanne überhaupt nicht messen, die die glühenden Gasmassen der Sonne brauchten, um Materie in Energie umzuwandeln. So schnell ging das. Sicher, auf Tafor versuchte man, geeignete und gute Sicherheitsmaßnahmen gegen eine eventuelle Fehltransition zu treffen, und man hatte Automatiken gebaut, die in unvorstellbar kurzer Zeit entscheiden sollten, ob das Schiff und die Besatzung nach der Rematerialisierung in Gefahr war oder nicht. Entschied sich die Transitionsautomatik für Gefahr, dann wurde das Raumschiff ohne vorherige Programmierung in eine zweite Nottransition gerissen und entging dann der furchtbaren Gefahr. Mit der Zeit wurden immer bessere, immer größere Automatiken gebaut, und allmählich entwickelte sich
die taforrianische Technik in Sicherheitsvorkehrungen zu einer Perfektion, die ihresgleichen suchte in der Galaxis. ,,Sicher, so weit, so gut", dachte Fernak-Mengrht, „nur kann man sich fast an den Fingern abzählen, wann das Schiff auf diese Art aus einer Sonne befreit wurde. Meistenteils traten in den entscheidenden Augenblicken andere Störungen auf, die die Sicherheitsautornatik lahmlegten. Denn welche elektronische Maschine arbeitet, wenn das Stromversorgungsaggregat oder eine der Speicherund Verteilerbänke ausfällt. Dann war es trotz der so perfektioniert arbeitenden Sicherheitsautomatik zu Ende. Kurz und gut, der Kommandant des Führungsschiffes liebte diese Art Flüge gar nicht, aber er konnte sie eben nicht umgehen. Noch nicht einmal Verbindung mit seinen Schiffen konnte er während des Ryperfluges aufnehmen. Alles war den guten Rechengehirnen auf Tafor und manchmal auch dem Zufall Überlassen, ob die Raumschiffe der Taforianer auch dort auftauchten, wo sie wirklich hin gewollt hatten. Fernak-Mengrht stand immer noch vor den grauen Bildschirmen und sah mit kalt funkelnden Reptilienaugen auf den Zeitmesser. Äußerlich war ihm nicht die kleinste Gemütsbewegung anzumerken, und innerlich war Fernak-Mengrht genauso wie äußerlich, vollkommen gefühlskalt. Noch zwei Zeiteinheiten, dann war es soweit. Dann verließ der Pulk von fünfhundert Schlachtkreuzern den Hyperraum und tauchte wieder ins Eins teinuniversum ein. Und dann würden die Schlachtschiffe mit voller Beschleunigung auf ihr nicht mehr fernes Ziel zurasen, dem dreiundzwanzigsten Planeten des Sonnensystems Hakelna entgegen. Und dort würden sie dann die Feinde vernichten, die es gewagt hattmen, einen Außenposten des Taforianischen Imperiums anzugreifen. Denn wo käme man auch schließlich hin, wenn jeder gegen seinen Herrn ungestraft aufmucken konnte? Nein, die Fremden würden erbamungslos vernichtet werden. Erst, nachdem es zum dritten Mal gesummt hatte, bemerkte Kapitän Anderson das Zeichen. Hastig griff er seinen Strahler, zog sich von seinem jetzigen Standort etwas weiter in seine Deckung zurück und drückte auf die Empfangstaste seines Funkgerätes. „Hier Kommandant! Was ist los?" „Hier Leutnant Menkar, Sir. Die vier Trupps sind seit ungefähr einer halben Stunde wieder an dem verabredeten Treffpunkt zusammengekommen. Sie haben die vereinbarte Zeit um zwanzig Minuten überschritten, Sir. Haben Sie irgendwelche Schwierigkeiten?" ,,HörenSie genau zu, Leutnant Menkar. Ich.. . ,,Entschuldigung, Sir. Der Empfang ist so schlecht. Dauernd ist so ein Krachen und Zischen zu hören. Ich kann Sie kaum verstehen, Sir." „Passen Sie auf, Leutnant. Meine Männer und ich sind hier in eine Falle gegangen und verteidigen uns hier seit zwei Stunden gegen angreifende
Roboter Nur noch Kadett Ralstont und ich sind am Leben. Ralstont ist angeschossen und kann nicht mehr kämpfen. Sie, Leutnant Menkar, übernehmen ab sofort das Oberkommando über die Jaguar. Setzen Sie sich mit Ihren Leuten umgehend ab und verschwinden Sie auf dem schnellsten Wege nach Terra, wenn Ihnen noch Zeit genug bleiben sollte. Denken Sie daran, daß feindliche Schiffe Station aufgefangen haben. Verschwinden Sie also so schnell wie möglich. Das ist Ihre einzige Chance." ,,Und Sie, Sir?" ,,Sie sollen verschwinden, Leutnant. Bestätigen Sie meinen Befahl." Kapitän Anderson lauschte vergeblich auf die Antwort. In seinen Ohrmuscheln war nicht der kleinste Mucks zu vernehmen. Mit einem resignierenden Griff schaltete er den Funkapparat aus und konzentrierte sich wieder auf die Verteidigung gegen die Robots. Lang ausgestreckt lag er hinter einem Maschinenblock. Immer wieder ruckte seine Waffe zischend auf, wenn er den Abzugsbügel durchzog. Sechs der elf Roboter hatten die Terraner bis jetzt vernichten können. Doch da waren es auch noch fünf Männer. Und jetzt waren Kadett Ralstont und er alleine. Anderson wußte, daß dieser Kampf für ihn verloren war. Er wußte es, seit e r die zehn Roboter hinter seinem Rücken hatte auftauchen sehen. Seit diesem Zeitpunkt war es nur noch die eine Verzweiflung gewesen, die den fünf Terranern fast unmenschliche Kräfte verliehen hatte. Und dann kam es so, wie es kommen mußte. Trotz des heldenhaften Widerstandes waren die Roboter die ganze Zeit auf dem Vormarsch gewesen. Schritt um Schritt, Meter um Meter mußten die Terraner zurückweichen. Und jetzt waren nur noch zwei Terraner übrig, die sich mit schon erlahmenden Kräften gegen die fünf Roboter zu verteidigen hatten. Das heißt, es war Kapitän Anderson, der sich als einziger in diesem mörderischen Inferno noch aktiv an dem Geschehen beteiligte. Ein grimmiges, triumphierendes Lächeln umspielte die Lippen des Kapitäns, als einer der fünf Roboter in einem hellblauen, schmerzhaft aufzuckenden Feuerschein explodierte. „Nur noch vier", dachte er. Aber auch das war noch viel zuviel für ihn. Ja, wenn seine anderen drei Männer noch bei ilim gewesen wären. . . Dann wäre das zwar nicht gerade ein Kinderspiel geworden, aber dann hätten wenigstens noch einige Aussichten auf den Sieg bestanden. Aber so . . . Kapitän Anderson robbte langsam zurück, richtete sich hinter der schützenden Deckung eines haushohen Meilers auf und rannte zu Ralstont zurück, der mit geschlossenen Augen an der Verkleidung einer Maschine lehnte. .,Los jetzt, Ralstont! Wir müssen uns wieder einmal zurückziehen. Aber dieses Mal müssen wir unbedingt versuchen, aus der Halle herauszukommen. Vorwärts, Mann! Stehen S i e auf, verdammt noch einmal. Machen Sie schon, Sie Tropf von einem Mann. Wie kann man sich nur so gehen lassen? Während
Ihre Kameraden verzweifelt u m ihr Leben kämpfen, scheint Sie das gar nicht zu berühren. Sie sitzen hier untätig herum, lecken Ihre lächerliche Schramme und spielen den Hilfsbedürftigen." Zum ersten Mal in diesem Kampf hatte Anderson die Nerven verloren, als er sah, wie Ralstont sich langsam und unter vielem Ächzen und Stöhnen erhob. Anderson bemerkte nicht den hinterhältigen, abtaxierenden Blick des Kadetten. Hastig griff er dem schweren Mann mit der rechten Hand unter dessen Schulter, während die linke schußbereit die schwere Strahlwaffe hielt. Hinter sich hörte Anderson das leise Knirschen und Quietschen, das den Angriff der Roboter ankündigte. Einzelne Enengiestrahlen zischten wirkungslos an den beiden Terranern vorüber und ließen einige Maschinenverkleidungen hinter ihnen zum Verdampfen bringen. „Los, legen Sie Ihren Arm um meinen Nacken und stellen Sie sich nicht so dämlich an. Sonst können wir jetzt schon aufgeben und uns abschießen lassen." So schnell es ging setzten sich die beiden Männer nach hinten ab, hinter sich das widerliche, metallische Schleifen der sie verfolgenden vier Roboter. Es schien für Anderson eine kleine Ewigkeit zu vergehen, bis sie das Ende des gigantischen Maschinensaales erreicht hatten und die leise summenden und vibrierenden Maschinen hinter sich gelassen hatten. Schwer stützte sich der Kadett auf ihn, und Anderson fühlte langsam seine Schultern lahm werden. Mühsam stolperten sie an den Saalwänden entlang. Der Kapitän hatte schon fast alle Hoffnung auf einen Seitengang aufgegeben, als er plötzlich die matterleuchtete Gangöffnung erblickte. Schnell verschwanden die beiden Terraner in dem Gang und tasteten sich langsam weiter vor, bis sie ungefähr zwanzig Meter hinter dem Eingang einen scharfen Knick erreichten. Hinter diesem Knick bezog Anderson neue Stellung und schob den Lauf seines Strahlers um die Ecke, während Ralstont sich unter vielem Stöhnen und Ächzen auf dem Boden niederließ. Das rasselnde Geräusch der Roboter war seit ein paar Minuten verstummt. Irrsinnige Gedanken schossen Kapitän Anderson durch den Kopf. Sollten die Roboter etwa die Verfolgung aufgegeben haben? Aber warum dann? Sie hatten doch überhaupt keinen Grund dazu. Aber ihm konnte es nur recht sein. Eine Verschnaufpause tat ihm sicherlich gut nach den vergangenen Stunden, in denen er dem Tod mehr als einmal gerade noch im letzten Augenblick von der Schippe gesprungen war. Aufatmend lehnte sich Kapitän Anderson mit dem Rücken gegen die Wand und schloß die Augen. Noch immer vernahmen seine Ohren nicht das metallene Quietschen und Rasseln von näher kommenden Robotern. Sie schienen wohl die Fahrte verloren zu haben. Oder sie wußten, daß diese Beute ihnen sicher war. Elektrisiert zuckte Anderson zusammen und war einen Augenblick wie gelahmt von dem Gedanken, der ihm gerade gekommen war. Dieser Gang war eine Falle!
Erschreckend deutlich stand es vor seinen Augen. Dieser Gang war eine Falle. Und er war wie ein kleines Kind genau hineingetappt. Hier war also die Endstation für ihn. Doch Anderson konnte es nicht glauben, wollte es nicht glauben. Hastig riß er Ralstont hoch, der laut anfing zu fluchen, und rannte mit unmenschlicher Anstrengung zu der Mündung des Ganges zurück. Noch zehn Meter waren sie etwa davon entfernt, und Kapitän Anderson atmete erleichtert auf, als seine Hoffnung jäh zunichte gemacht wurde. Knallend und zischend sprang plötzlich eine weißleuchtende Flamme von der Decke herab und verschwand im Boden. Sekundenbruchteile später fiel sie zusammen, kam wieder und stabilisierte sich dann. Leise knisterte die heiß gewordene Metallplastik und begann i n einem dunklen Rot zu erstrahlen. Einer Warnung gleich zog sich dieser rote Streifen quer über den Gang, in dem die beiden Terraner gefangen saßen. "Aus", dachte Anderson. „Gegen so einen Energieschirm ist mein Strahler machtlos." Resignierend ließ er den erhobenen Strahler sinken und ließ sich wieder auf dem Boden nieder. Apathisch sah e r vor sich hin und konnte nur noch an eines denken. „Jetzt ist es endgültig vorbei. Wäre ich bloß eine Minute früher auf den Gedanken gekommen. Dann hätten wir bestimmt hier heraus gekonnt. Wir hätten uns dann weiter durchgeschlagen. Dann hätten . . hätten . . . hätten . . .! Sie hatten es nicht, und so war der Kampf jetzt endgültig für die Roboter entschieden. Kapitän Anderson fühlte sich plötzlich merkwürdig erleichtert. Jetzt, wo die Entscheidung gefallen war, ließ plötzlich die Anspannung seiner Nerven nach und sie beruhigten sich in kurzer Zeit. Die Augen des Kapitäns schlossen sich, und e r fiel in einen leichten, unruhigen Schlaf, aus dem er fast jede Minute kurz erwachte. Währenddessen saß Kadett Ralstont ihm dumpf brütend gegenüber und dachte verzweifelt darüber nach, wie e r an den Strahler des Kapitäns gelangen konnte. Aber bis jetzt sah er noch nicht den Zipfel einer guten Idee, solange sich der Kapitän immer noch so unruhig hin und her warf. Noch immer befanden sich die fünfhundert Taforianischen Schlachtschiffe im Hyperraum. Fernak-Mengrht, der Kommandant des Führungsschiffes, hatte seinen Platz vor dem großen Außenbildschirm verlassen und sich vor den Schiffskontrollen niedergelassen. Etwas nachlässig überblickt er die Kontrolluhren und Zeiger, und starrt dann auf die unruhig aufzuckenden Lichtsignale. Von den Kontrollen geht sein Blick weiter und bleibt dann auf dem Zeitmesser hängen. Noch eineinhalb Zeiteinheiten. Dann würden die fünfhundert Schlachtschiffe den Hyperraum verlassen und in das vierdimensionale Raum-Zeit-Kontinuum eintauchen.
Man konnte nicht behaupten, daß Fernak-Mengrht in irgendeiner Weise aufgeregt war. Er hatte schon ganz andere Sachen erledigt, als solche lächerlichen Gegner zu vertreiben. Wie war das doch gleich damals bei dem Tamptar-System gewesen. Dort hatte er allein mit einhundertfünfzig Schiffen, von denen die meisten schon schwer angeschossen waren, gegen einen übermächtigen Gegner gekämpft, der mehr als fünfhundert Schiffe aufzuweisen hatte. Und er hatte gesiegt. Zwar W-aren am Ende der Schlacht von den einhundertfünfzig Schiffen nur mehr zehn Schiffe nach Tafor zurückgekehrt, aber das hatte den Sieg Fernak-Mengrhts in keiner Weise geschmälert. Im Gegenteil. Daran konnte man ja erst erkennen, wie heiß es damals bei der Schlacht zugegangen war. Für Fernak-Mengrht bedeutete der Befehl, das Sonnensystem Hakelna anzufliegen und den in die Station eingedrungenen Feind entweder zu vernichten oder aber, wenn das nicht möglich war, in die Flucht zu schlagen, nicht viel mehr als gewöhnliche Routinearbeit. Ein willkommenes Manöver für seine Truppen. Es war ja direkt lächerlich gewesen von dem großen Rat von Tafor, daß man ihm, dem mit Erfolgen gesegneten Kommandanten und Strategen, gleich fünfhundert Schlachtschiffe mitgegeben hatte, um diesen Feind zu vernichten. Es war schon fast als Hohn zu bezeichnen, daß man ihm so viele Schiffe mitgegeben hatte, daß er es gleich mit zwei der ihm bekannten Kolonialplaneten aufnehmen konnte. Kurz und gut, Kommandant Fernak-Mengrht war sehr siegessicher. Im stillen buchte er sich bereits einen weiteren Pluspunkt in seinen Verdienstakten,und so flog er dann auch in verhältnismäßig leutseliger Stimmung dem Sonnensystem Hakelna entgegen. Diese leutselige Stimmung äußerte sich darin, daß es dieses Mal ein Untergebener wagen konnte, ihn ohne vorherige Aufforderung anzusprechen. Sonst wurde dieses Vergehen immer mit schweren Strafen geahndet, doch heute sah der Kommandant einmal großzügig darüber hinweg. Im Augenblick saß e r immer noch bewegungslos vor dem Schaltbrett seines überschweren Schiffes, und konnte nichts anderes tun als die Instrumente abzulesen. Denn steuern tat immer noch die Schiffsautomatik. Wieder fiel der Blick des Kommandanten auf den Zeitmesser. Noch eine viertel Zeiteinheit. Mit harter Stimme befahl Fernak-Mengrht seiner Besatzung, die Vorbereitungen für das Eintauch-Manöver zu treffen. Ein starker, zweifacher Schutzschirm hüllte das Flaggschiff ein und machte es für alle Gegner, die dem Taforianischen Imperium bis jetzt bekannt waren, unangreifbar. Wenige Augenblicke später ertönte ein lautes, kurz unter der Ultraschallgrenze liegendes Zirpen im Schiff, und dann begannen die Bildschirme des Schlachtraumers übergangslos in einem intensiven, dunklen Blau zu erstrahlen. Unzählige kleine Lichtpünktchen bildeten manchmal einen hauchdünnen, kaum sichtbaren
milchigen Schein über der Scheibe. Mitten auf dem Bildschirm gleißte eine Sonne. Kurz nach dem Eintauchmanöver in den vierdimensionalen Raum liefen schon die Peil- und Standortortungsgeräte an. Auf dem Metallortungsgerät tauchten fast auf den Sekundenbruchteil genau vierhundertachtundneunzig kleine, silberne Pünktchen auf, und nacheinander liefen die Klarmeldungen der einzelnen Schiffe ein, die alle von der Bordelektronik des Flaggschiffes aufgefangen und ausgewertet wurden, da ein organischer Körper gar nicht in der Lage gewesen wäre, die einzelnen Meldungen aufzufangen und sinngemäß einzuordnen. Nur von einem Schiff fehlte vollkommen jeder Kontakt. Ohne Kommentar überging Fernak-Mengrht diese Meldung und ließ das Raumschiff einfach auf die Verlustliste setzen. Daß dabei dreihundert seiner Artgenossen höchstwahrscheinlich den Tod gefunden hatten, interessierte ihn überhaupt nicht. Nachdem feststand, daß die gesamte Flotte ihre Position am Rande des Hakelna-Systems eingenommen hatte, nahmen die Schiffe, die sich bis jetzt im freien Fall befunden hatten, Fahrt auf. Auf den Zielbildschirmen funlkelte der dreiundzwanzigste Planet, den Fernak-Mengrht bald zu erreichen hoffte. Als Kapitän Anderson wieder aus einem unruhigen Schlummer aufwachte, fühlte er sich zerschlagener als zuvor. Doch er hatte eine Idee. Eine Idee, die ihnen unter Umständen das Leben retten sollte. Anderson sah auf seinen Chronometer. Zwanzig Minuten etwa waren vergangen, seit sich der Energieschirm vor der Gangmündung aufgebaut hatte. Ungefähr areiviertel Stunde also, nach der vorher vereinbarten Treffpunktzeit. Hoffentlich hatte der Leutnant Menkar seinen Befehl verstanden und sich a u s dieser Station abgesetzt. Sonst wäre die gesamte Besatzung der Jaguar verloren. Wenn Ralstont und er nur aus der Station herauskämen, so wäre damit schon viel gewonnen. Immerhin konnten sie sich in den tiefen, undurchdringlichen Dschungel auf der Planetenoberfläche zurückziehen und für einige Zeit dort verbergen, denn die eisernen Rationen, die jedem Raumanzug beilagen, reichten für genau zwei Wochen und wenn man sie rationierte, auch drei oder höchstens vier Wochen. Nach dieser Zeitspanne aber war dann endgültig Schluß. Aber bis dahin würde bestimmt ein terranischer Raumer die beiden Männer aufnehmen, denn es bestand ja eine gewisse Chance trotz allem für sie, zu überleben. Kapitän Anderson hatte also eine Idee, wie sie aus dieser Falle entrinnen konnten. Und er setzte diese Idee auch unverzüglich in die Tat um. Ohne ein überflüssiges Wort zu verlieren, stand er auf, griff nach seinem Strahler und ging langsam auf die Energiesperre zu. Zehn Meter davor blieb er stehen, richtete die Mündung des Strahlers einige Zentimeter vor dem Energieschirm auf die Decke und zog den Bügel durch.
Der haarfeine Strahl aus purer Energie zischte aus dem Lauf und verschwand in der Decke. Sekundenbruchteile später tropften riesige Fladen zerschmolzener Metallplastik auf den Boden und erstarrten dort zu bizarren Formen. Immer weiter fraß sich der Thermostrahl vor, und schon hatte der Kapitän etwa zwanzig Zentimeter tief eine Rinne vor der Energiebarriere entlang gezogen. Plötzlich glühte ein rotes Warnlämpchen im Inneren seines Klarsichthelmes auf. Die Außenthermometer zeigten eine Temperatur von einhundertundzehn Grad, und das war entschieden zu viel für den ausgelaugten Körper des Kapitäns. Leicht von der Hitze benommen, die trotz der guten Isolation durch den Anzug drang, torkelte er hinter die Biegung des Ganges zurück, hinter der die Luft schon wieder erheblich kühler war. Atemlos von der Anstrengung setzte er sich wieder hin. ,,Sagen Sie mal, Kadett Ralstont, was ist Ihnen eigentlich lieber? Hier weiter den Schwerverwundeten und Hilfsbedürftigen spielen, oder aber mitzuhelfen, aus dieser Hölle hier wieder herauszukommen? Reißen 'Sie sich doch einmal zusammen. Ich kann nämlich momentan nicht mehr. Hier, Ralstont, nehmen Sie den Strahler und versuchen Sie, die Rinne in der Decke weiter zu vertiefen. Wir müssen einfach den Belag so weit wegschmelzen, daß die Schirmfeldprojektoren freiliegen, die wir dann mit unserem Strahler vernichten können. Reißen Sie sich zusammen und machen Sie es, solange es geht. Es ist unsere einzige und letzte Chance. Hier!" Kapitän Anderson reichte Kadett Ralstont, der sich merkwürdig flink erhoben hatte, die schwere Waffe hin. Mit zögernden Schritten kam Ralstont auf den Kapitän zu, der noch immer völlig ermattet auf dem Fußboden saß. Dann war es soweit. Mit einem festen Griff umspannte die Hand des Kadetten den Schaft der Waffe und riß sie Anderson aus der Hand. Er wich einige Schritte an die gegenüberliegende Wand zurück und legte mit einem diabolischen, triumphierenden Lächeln die Sicherung um. Es klickte leise, als die rote Warnlampe aufleuchtete, die anzeigte, daß die Waffe jetzt schußbereit war. Im Vorgefühl seiner gelungenen Rache richtete Ralstont die Spiralmündung auf den Körper des Kapitäns. ,,Was meinen Sie wohl, Kapitän Wolf Anderson, wie lange ich auf diesen Augenblick gewartet habe? Und jetzt ist er endlich da, dieser Augenblick. Sie selbst haben mir die Möglichkeit in die Hand gegeben, Sie endlich zu vernichten." Kapitän Anderson verstand nicht recht, was Ralstont von ihm wollte. Was er hingegen ganz genau sah, war die rötlich fluoreszierende Mündung seiner eigenen Waffe, die im Augenblick genau auf seiner, Magen zielte. „Was wollen Sie eigentlich von mir, Ralstont? Was faseln Sie da von einer langen Wartezeit auf diesen Augenblick? Geben Sie mir sofort den Strahler zurück! Andernfalls könnte ich das als Bedrohung und Meuterei auffassen und Sie danach bestrafen lassen. Haben Sie nicht gehört? Sie sollen mir den Strahler wiedergeben. Sofort! Das ist
ein Befehl, Kadett Ralstont!" Ralstont brach in ein unmotiviertes, schon beinahe irre zu nennendes Lachen aus. ,,Sie wollen mir etwas befehlen? Sie haben überhaupt nichts mehr zu sagen oder zu befehlen. Wissen Sie, was ich mit Ihnen vorhabe? Ja? Wissen Sie das? Ich werde Sie ganz einfach umlegen. Mit Ihrem eigenen Strahler. Verstehen Sie? Ich bringe Sie um !" ,,Sie sind ein Dummkopf, Ralstont. Ganz einfach verrückt. Ich weiß zwar nicht genau, weshalb Sie mich umlegen wollen, aber ich weiß ganz genau, daß Sie sich dann die letzte Chance herauszukommen selbst verbauen." ,,Wieder hinauskommen?" Die Augen des Kadetten irrten unstet umher. Anderson sah, daß Ralstont ganz offensichtlich furchtbare Angst hatte. Angst davor, alleine ganz elendig hier umzukommen. Und langsam formte sich ein Plan im Kopf des Kapitäns, erst vage, dann aber immer festere Formen annehmend. Ralstont sprach weiter. „Pah, hier ist unsere Endstation. Hier ist endgültig Feierabend. Ich komme hier doch nie mehr raus. Aber bevor ich krepiere, erschieße ich Sie. Sie wissen nicht, warum ich Sie so hasse? Ganz einfach, ich vergesse eben nicht so schnell, wenn man mir einmal etwas angetan hat. Oder haben Sie schon vergessen, daß Sie mich an Bord in Arrest stecken ließen? Haben Sie vergessen, daß Sie mich ein paar c m h al vor versammelter Mannschaft Idiot und Schlappschwanz genannt haben? Aber das ist noch nicht alles, zum Beispiel . . . " ,,Sie vergessen nur, Kadett Ralstont, daß ich wohl jedesmal guten Grund dazu gehabt hatte. Und daß ich Ihnen vor gut einer Stunde erst das Leben gerettet habe." .,Das ist mir völlig gleichgültig." Kapitän Anderson sah, wie sich der Zeigefinger Ralstonts langsam, ganz langsam um den Abzug krümmte. Jetzt schien er bereits den Druckpunkt erreicht zu haben. Noch ein Millimeter, und der Energiestrahl zuckte aus der Mündung. ,,Kadett Ralstont, wenn Sie jetzt auf mich schießen, begehen Sie wirklich die größte Dummheit Ihres Lebens. Die allergrößte und vielleicht auch die letzte Dummheit Ihres Lebens. Sie wollen ganz einfach hier hinaus, nicht wahr? Und das will ich auch. Und Sie glauben auch nicht, daß nur wi r beide es schaffen können. Wenn Sie mich also jetzt umlegen, rauben Sie sich selbst die letzte Chance zum Überleben. Nun? Sehen Sie das ein? Sie werden nicht abdrücken. Sie sind viel zu feige dazu, einen Menschen von vorne zu erschießen. Ich habe mir in den wenigen Stunden, die wir bis jetzt praktisch zusammen waren, eine ziemlich genaue Meinung über Sie gebildet, Ralstont. Und den Rest habe ich Ihrem Lebenslauf und Ihrer Personalakte entnommen. Soweit ich mich erinnern kann, waren Sie niemals einer der Tapfersten, und ich weiß jetzt noch nicht, wieso man gerade Sie dazu
ausgewählt hat, an dieser Expedition teilzunehmen. Sie sind der einzige unter meinen Männern, der einen so niederträchtigen, hinterhältigen und feigen Charakter hat, Kadett Ralstont. Und eben weil Sie so feige sind, werden Sie nie auf mich schießen, sondern jede Möglichkeit wahrnehmen, wieder nach draußen zu kommen. Und die letzte Möglichkeit für Sie bin ich. Trotzdem Sie mich hassen, wollen Sie weiterleben. Also, geben Sie mir meinen Strahler zurück, denn Sie werden sich doch nicht trauen abzudrükken." Kapitän Andersons Gesicht glänzte vor Schweiß, während er sich mit aller Kraft zusammenriß, um Ralstont abzulenken. Doch es schien ihm nicht zu gelingen. Zufällig sah Anderson in diesem Moment auf die Skala seines Außenthermometers, und seine Augen weiteten sich ungläubig, als er feststellte, daß die Temperatur in ein paar Sekunden von hundert Grad Celsius auf etwa dreißig Grad absank. Was hatte das nur zu bedeuten? Kapitän Anderson grübelte darüber nach und bemerkte gleichzeitig, wie sich der zitternde Zeigelinger Ralstonts abermals um den Abzugsbügel legte. „Kapitän Anderson, Sie haben eine gute Menschenkenntnis. Ja, ich habe Angst. Wahnsinnige Angst vor dem Sterben. Ich bin fünfundzwanzig Jahre alt. Wissen Sie, was das heißt? Ich habe noch fast das ganze Leben vor mir. Und ich will es genießen! Ich will leben, leben und nochmals leben. Aber ich weiß auch, daß Ihr Vorschlag zum Entkommen aus dieser Hölle allein ein letzter Verzweiflungsvorschlag ist. Sie denken ja selbst nicht daran, hier noch einmal herauszukommen." Er hob den Strahler noch ein bißchen an, und dann zischten plötzlich die Energiebahnen zweier Strahlschüsse durch den schmalen Gang. Kapitän Anderson spürte einen harten Einschlag hoch oben in seiner linken Schulter, und dann wurde es ihm schwarz vor den Augen, und er sank zusammen. Er sah nicht mehr, wie sich das Gesicht Ralstonts kalkweiß verfärbte. Ein ersticktes Stöhnen brach über seine halbgeöffneten Lippen, er taumelte einige unsichere Schritte vorwärts und klappte dann wie ein Taschenmesser im Zeitlupentempo zusammen. Als er auf dem Boden aufschlug, war er bereits tot. Der Strahlschuß Leutnant Menkars hatte ihn genau in das Herz getroffen. Mit schnellen Schritten kamen zehn Terraner hinter der Biegung hervorgestürzt, und dann beugte sich der erste auch schon über den leblosen Körper des Kapitäns und hob ihn vom Boden auf, während zwei andere Terraner die Leiche des Kadetten trugen, und dann zogen sich die zehn Männer in schnellem Lauf durch eine unregelmäßig geformte Öffnung, deren Ränder noch immer von den Strahlschüssen der Terraner nachglühten, zurück. Im Laufschritt rannten die Männer durch lange, matterleuchtete Gänge, kamen an großen Verteilerstellen vorbei und hasteten immer näher dem Ausgang zu, den sie zehn Minuten nach der Rettung des Kapitäns erreichten. Mit höchster Eile liefen sie auf die geöffnete Hauptschleuse der Jaguar zu und
ließen sich von dem Antigravlift in das Schiff hineinziehen. Als sich mit einem schmatzenden, saugenden Laut das schwere Schleusenschott hinter den zwölf Terranern schloß, kam Anderson wieder zu sich und schlug blinzelnd die Augen auf. „Was. . . was ist las? Wo bin ich?" „Sie sind in der Jaguar, Sir. Wir haben Sie dort unten herausgeholt. Wir konnten jedoch leider nicht verhindern, daß Ralstont auf Sie schoß. Aber.. ." „Ralstont hat auf mich ,geschossen? Ach ja, jetzt erinnere ich mich wieder. Und Sie haben mich mit Ihren Männern da unten rausgeholt? Was ist mit Ralstont?" ,,Ralstont ist tot, Sir. Ich habe ihn erschossen, fast im gleichen Augenblick, als er den Strahler auf Sie abdrückte." ,,Ralstont tot? Hmmm.. . Ich danke Ihnen und Ihren Männern, Leutnant Menkar. Sie haben mir das Leben gerettet. Aber hatte ich Ihnen eigentlich nicht lange vorher gesagt, daß Sie sich mit der Jaguar absetzen sollten?" Leutnant Menkar grinste breit. „Sir, daran kann ich mich gar nicht mehr erinnern. Ich glaube, der Empfang war so furchtbar schlecht, dort unten. Ich habe von dem, was Sie mir sagten, bestimmt die Hälfte nicht gehört." „Wie haben Sie mich eigentlich gefunden?" ,,Sir, Sie und Kadett Ralstont unterhielten sich über Funk miteinander. Zufällig hat einer meiner Männer Ihre Frequenz erwischt, und wir konnten Sie danach anpeilen. Es war zwar nicht ganz leicht, in dem Labyrinth sich zurechtzufinden, aber schließlich haben wir es dann doch geschafft. Aber wir waren leider immer noch um Sekunden zu spät dran, sonst wäre Ralstont bestimmt nicht mehr zum Schuß gekommen." Mit einem langen, dankbaren Blick sah Kapitän Anderson auf die zehn Männer, die vor ihm standen. „Bitte, stützen Sie mich ein wenig und begleiten Sie mich zur Zentrale." ,,Aber . Sir? Sie Sind ja verwundet! Sie müssen zuerst ins Lazarett. Die Jaguar starten kann ich doch auch." ,,Bitte, Leutnant Menkar! Verstehen Sie mich nicht falsch. Aber ich möchte gerne noch das Schiff in den Hyperraum bringen, bevor ich in das Lazarett gehe. Ich rechne nämlich mit unvorhergesehenen Schwierigkeiten. Helfen Sie mir bitte, ja? Oder muß ich alleine gehen?" Harte Männerfäuste griffen unter die Arme des Kapitäns und führten ihn über den Zentralgang auf die Kommandobrücke, wo er sich aufatmend in seinem Konturensessel niederließ. Sein gesamter Körper war schweißgebadet, und vor seinen Augen kreisten riesige, nebelhafte Feuerräder, die aber schnell wieder verschwanden. Mit der alten, unveränderten Stimme gab er seine Anordnungen. „Achtung, Triebwerke von Vorwärmung auf Leistungsabgabe schalten. Linearbeschleuniger auf Maximalfeldstärke bringen. Zusatzgeneratoren für
Schutzschirmstabilisierung anlaufen lassen und sofort auf Maximalleistung schalten. Ende!" Nach und nach liefen die Klarmeldungen der einzelnen Stationen ein, und immer mehr Kontrollämpchen blinkten auf den großen Schalttafeln auf. Zeiger schnellten aus Nullstellungen über Zahlenskalen, und Relais schnappten mit lautem ,Klack´ ein. Leise begann die Bordelektronik zu summen und zeigte dann Grünwert. Die Jaguar war startbereit. Mit schnellen und genauen Blicken übersah Anderson die Kontrollen. In diesem Augenblick summte das Visiphon. Anderson stellte die Verbindung her. ,,Ja? Was ist?" ,,Hier Ortungszentrale, Sir. Die Raumtaster zeigen eine starke Erschütterung des vierdimensionalen Raumgefüges, Sir. Ich habe die Auswertungen gleich in die Positronik gegeben. Das Ergebnis besagt, daß ungefähr fünfhundert Raumschiffe aus dem Hyperraum aufgetaucht sind. Voraussichtlicher Kurs: dreiundzwanzigster Planet des Rigel-Systems. Augenblickliche Entfernung: dreißig Lichtminuten. Geschwindigkeit fünfundneunzig Prozent Licht. Steigert sich aber langsam auf achtundneunzig Prozent. Geschwindigkeit bleibt jetzt konstant, Sir. Ende." „In Ordnung! Ende!" Noch während Kapitän Anderson die Meldung bestätigt, haut seine Faust auf den Stufenhebel der Focusöffnungen der Triebwerke. Unbewegt ist sein Gesicht, doch im Inneren ist er sehr beunruhigt. Nie hatte e r mit so einer Armada von ganzen fünfhundert Schlachtschiffen gerechnet. Aber scheinbar war diese Station dem Feind so wichtig. Schade nur, daß man noch immer nicht wußte, wie denn nun eigentlich der Feind aussah. Gigantischen Urgewalten gleich brüllten die so stark strapazierten Triebwerke der Jaguar auf. Heulend und fauchend verließen die lichtschnellen Photonen die elektromagnetischen Gleichrichtungsfelder und verliehen dem Diskus eine Startgeschwindigkeit von zweihundertundfünfzig Kilometern pro Sekundenquadrat. Etwa zwanzig Minuten später würde die Jaguar die einfache Lichtgeschwindigkeit erreicht haben und anschließend sofort in die Transition gehen. Die E-Gehirne arbeiteten mit höchster Intensität an der Ausrechnung der Transitionskoordinaten, doch würden immer noch fünfzehn Minuten vergehen bis die endgültige Endauswertung vorlag. Als die Triebwerke aufbrüllten, schaltete Anderson die Automatik ein. Dann lehnte er sich schwer atmend in seinen Konturensessel zurück. Flammende Sterne zerplatzten vor seinen Augen, und er hatte ein Gefühl, als fiele er in einen tiefen, grundlosen Abgrund. Der Strahlschuß schien ihn ganz schön erwischt zu haben. Noch zwanzig, nein, nur noch neunzehn Minuten mußte er durchhalten, dann war es überstanden. Kapitän Anderson riß sich mit aller ihm zur Verfügung
stehenden Energie zusammen. Er durfte jetzt auf keinen Fall schlappmachen. Plötzlich schrillten die Alarmklingeln durchdringend durch alle Räume des Diskus. Die Warnortungsgeräte hatten die Schiffe entdeckt und in lichtschneller Rechnung herausgefunden, daß die Jaguar Kollisionskurs flog. Mitten in den Pulk der fünfhundert feindlichen Schiffe, die jetzt trichterförmig ausscherten und in breiter, tiefgestaffelter Phalanx der Jaguar entgegenrasten. Grell leuchteten die Impulswellen ihrer Antriebe, als die Taforraumer ihre Geschwindigkeit verringerten. Wie in einem riesigen Spinnennetz, in dessen Mitte die Spinne auf ihre Beute wartet, so flog die Jaguar ihren Gegnern genau entgegen. Unwillig drückte Anderson den Knopf für die automatische Warnanlage tief in die Fassung. Das aufreizende Geheul der Warnsirenen verstummte. Mittlerweile war der Abstand zwischen de n feindlichen Schiffen auf zwanzig Lichtminuten zusammengeschrumpft. Und noch immer benötigte die Jaguar achtzehn Minuten, um die zulässige Transitionsgeschwindigkeit zu erreichen. Die Fahrtmesser pendelten auf 75 000 km/sek. Sie wanderten für Kapitän Anderson viel zu langsam weiter. Die Terraner saßen an den Ortungsgeräten und Waffenschaltungen und schienen die Apparate mit ihren Blicken zu sezieren. Wie hypnotisiert starrten sie auf die Fluoreszenzschirme und auf die leuchtenden Zahlenskalen, an denen sie laufend die einzelnen Entfernungen und die dazugehörigen Werte ablesen konnten. Anderson pragrammierte in der Bordpositronik blitzschnell einige für ihn sehr wichtige Fragen. Fünf Minuten später hielt er bereits die Auswertungen auf einem kleinen Plastikkärtchen aufgedruckt in den Händen. Hart kniffen sich seine Lippen zusammen, als er sah, daß die Jaguar nicht vor dem zu erwarteten Zusammenstoß den Hyperraum erreichen konnte. Eine Kursänderung durfte er auch nicht mehr vornehmen, sonst waren die Transitionsdaten, die bereits errechnet waren, hinfällig. Und das hätte wiederum eine neue Verzögerung in seinem Zeitplan ergeben. Immer schneller jagte der Diskus auf den riesigen Trichter zu. Die fünfhundert Raurner bremsten jetzt anscheinend mit vollen Werten, denn zuckende Strahlbündel umspielten die Bugspitzen der Schiffe, und die Energiestrahlen waren als 'helle Lichtreflexe auf den Orterschirmen der Jaguar zu sehen. Die Fahrtanzeiger standen mittlerweile auf 150 000 km/sek. — Noch zehn Minuten — Ein feines Singen von hundertprozentig belasteten Triebwerken und Aggregaten lag über der Stille der Zentrale. Mit einem entschlossenen Ruck verschob Anderson den Stufenhebel einen Wert weiter nach vorne, und das Singen verwandelte sich urplötzlich in ein dröhnendes, jaulendes Pfeifen. Kurz nach der Fahrterhöhung summte das Visiphon, und auf der Mattscheibe war das Gesicht des leitenden Maschineningenieurs zu sehen. Er schien in das Mikrophon hineinzuschreien, aber Kapitän Anderson konnte nur ein etwas lauteres Murmeln verstehen, gerade
laut genug, um den Sinn zu begreifen, denn ein gewaltiger Lärm erfüllte plötzlich die Zentrale. ,,Sir, die Triebwerkaggregate und Energiebänke sind um dreißig Prozent überbelastet und brechen bestimmt bald zusammen." „Wie lange noch?" „Höchstens noch zehn Minuten, Sir. Anschließend sind die Aggregate aber überholungsreif." ,,In Ordnung. Sorgen Sie dafür, daß mir bloß kein einziges Aggregat ausfällt. Ende." Der Lärm erstarb, als der Kapitän die Verbindung zum Maschinenraum löschte. — Die Fahrtmesser zeigten 210 000 km/sek. — Die Entfernung hatte sich inzwischen bis auf zwei Lichtminuten verringert. Nachdem Anderson den Stufenhebel weiter bewegt hatte, erfüllte ein leises Dröhnen das Raumschiff. Die Aggregate der Triebwerke begannen zuerst leicht, dann immer schwerer zu vibrieren. Die Notstromaggregate fingen an, mit dem knapp unter der Ultraschallgrenze liegenden Pfeifen und Jaulen die Gehöre der Terraner zu strapazieren, die in dem Maschinenleitstand Dienst taten. Als auch diese Aggregate nicht mehr genügend Energie für die alles verschlingenden Triebwerke aufbrachten, fielen heulend die Speicherbänke ein und gingen in ein helles Winseln über. Jetzt sah es so aus, als ob es die beste Idee des Kapitäns war, die fremde Energie des Schutzschirmes nicht sofort in den freien Raum abzustrahlen, sondern damit erst einmal die eigenen Speicherbänke aufzufüllen. An Energie konnte es der Jaguar nicht fehlen, aber würde die Zeit, die der Jaguar so knapp bemessen war, ausreichen, diese Energie noch vollständig auszunützen? Man sah kein äußeres Zeichen einer beginnenden Nervosität auf Andersons schweißbedecktem Gesicht. Mit starren Augen beobachtete er die Instrumente und Bildschirme und las die Werte ab, die die elektronischen Feinmeßgeräte anzeigten. Mit der Ortungszentrale stand er in Direktverbindung. Die Entfernung zu den Feindschiffen verringerte sich schnell, und Kapitän Anderson konnte sich bereits im Kopf ausrechnen, daß es die Jaguar nicht mehr schaffen würde, ohne Zusammenstoß den rettenden Hyperraum zu erreichen. Die Fahrtmesser zeigten zweihundertachtundzwanzigtausend Kilometer pro Sekunde, und die feindlichen Schiffe waren noch eine Lichtminute von der Jaguar entfernt. Die ersten gegnerischen Schiffe befanden sich bereits hinter dem Diskus, während die letzten Raumer in weiter Phalanx mitten im Raum ihre Wartepositionen eingenommen hatten. Die Jaguar hatte jetzt eine Beschleunigung von rund dreihundert Kilometern pro Sekundenquadrat erreicht, u nd das Schiff näherte sich jetzt fast lichtschnell den fremden Raumern, deren Geschütze sicherlich schon das Ziel aufgenommen hatten und feuerbereit waren. Abstand noch eine halbe Lichtminute!
Noch einmal überprüfte Kapitän Anderson die Kontrollen der dreifach gestaffelten superstarken Schutzschirme, die noch nie so stark waren wie im Augenblick. Die Kontrollen zeigten Grünwert, und die Meßnadeln zitterten um die Maximalwerte. Das Dröhnen der Schiffszelle verstärkte sich. Leise klirrten irgendwelche Glasstücke. Ein Schreibstift rollte die schräge Platte einer Kontrolltafel hinunter, und das metallische Klirren, das man sonst fast überhört hätte, erschreckte die Terraner, die regungslos und mit fiebernden Augen an den Beobachtungsgeräten hingen. Seit kurzer Zeit war zu den dröhnenden und winselnden Maschinen noch das dumpfe Wummern der Reaktoren hinzugekommen, die die Energie für die Waffen des Diskus zu liefern hatten. Die Kontrollen der einzelnen, verschiedenartigen Waffenkuppeln glühten in einem beruhigenden Grün. Die automatischen Zieleinrichtungen hatten inzwischen den Vorhaltewinkel bis auf die zehnte Dezimalstelle hinter dem Komma ausgerechnet und sich schon lange auf ihre Ziele eingespielt. Mit leisem, kaum hörbarem Schnurren liefen die Mündungsklappen in die Verkleidung zurück, und langsam schoben sich die Mündungen der Waffen hervor. In den konischen Öffnungen der Laserstrahler fluoreszierte es tiefrot, aber noch war der Impuls zum Feuern nicht gekommen. Mit steinernen Gesichtern saßen die Männer vor den Zielgeräten der Waffen, verstellten die Geschütze mit minimalen, kaum erkennbaren Werten, und überprüften noch einmal die errechneten Daten. Abstand der gegnerischen Schiffe zur Jaguar noch zehn Lichtsekunden. Noch neun Sekunden, dann würde der Diskus sich mitten im Zentrum des atomaren Feuers befinden, das die Taforianer auf sie eröffnen würden. Dreihunderttausend Kilometer war die ideale Entfernung bei Raumkämpfen. Genügend große Treffsicherheit und auch wiederum zu schnell, um ein Ausweichmanöver zu fliegen. Zwei Minuten lang wird die Jaguar diese gigantischen, entfesselten Kräfte auszuhalten haben, ehe es Anderson wagen durfte, die vierdimensionale Raumzeitebene zu verlassen. Zwei Minuten — einhundertzwanzig Sekunden lang! Mit zusammengebissenen Zähnen saß der Kapitän in seinem Konturensessel. Seine Schulter brannte fürchterlich. Noch einhundertfünfundzwanzig Sekunden, konnte er sich erlauben, den Pilotensessel zu verlassen. Von einigen der Schiffe blitzte es blauweiß auf, und dann sahen die Terraner eine Sekunde lang die Strahlbahnen auf die Zentren der Bildschirme zurasen. Und dann krachte es ganz gewaltig in den Schutzschirmen der Jaguar. Wild heulten die Andruckabsorber auf. Der äußerste Feldschirm erglühte in einem satten Rot, das sich schnell wieder verflüchtigte. Kapitän Anderson gab Feuererlaubnis. Der Diskus schien zu einer fliegenden Atombombe zu werden. Überall zuckte es in den verschiedensten Farben auf,
jagten lichtschnelle Strahlen zu den fremden Raumschiffen hinüber und zuckten und schlugen mit voller Wucht in deren Schirme. Drei kleine Atomsonnen glühten auf, wo vorher noch die Schiffe ihre Bahn zogen. Schnell breiteten sich die leuchtenden Gase aus, und Minuten später würde man nur noch mit feinsten elektronischen Spürgeräten feststellen können, daß dort vor kurzer Zeit ein spontaner atomarer Zerfallsprozeß abgelaufen war. Diese drei ersten Verluste schienen den Gegner zu reizen. Ein unaufhörliches Dauerfeuer prasselte in die Schutzschirme. Mächtige energetische Entladungen zuckten über die Bildschirme, und der Diskus wirde wild hin und her geworfen. Nur mühsam konnten die Kreiselstabilisatoren die heftige Pendelbewegung auffangen und die Schiffslage wieder gleichrichten. Mit einem donnernden Knall brach der äußerste Schutzschirm der Jaguar zusammen. Noch immer dauerte das Feuer des Gegners an, und der zweite Feldschirm stand kurz vor dem Zusammenbruch, als die Jaguar zwei weitere Abschüsse erzielte. Der zweite Abwehrschirm brach, noch einmal flackernd aufzuckend, zusammen, und einige Männer verloren die Nerven. „Die Jaguar explodiert! Ich weiß es ganz genau!" heulte einer der Kadetten laut los. „Und wer hat die Schuld? Menkar hat es in Schuld. Weil er meinte, wir hätten genügend Zeit, den Käpt'n aus dem verdammten Bau zu holen. Menkar, du Mörder, bevor wir in die Luft gehen, werde ich dich eigenhändig noch erwürgen!" Der rasende Kadett sprang auf den Leutnant zu, und seine sehnigen Hände umspannten den Hals des Leutnants, der ihn in etwas gebeugter Stellung erwartet hatte. Ehe der Kadett begriff, was mit ihm geschah, hatte Menkar ihn schon mit einem trockenen Handkantenschlag zu Boden geschickt. Keuchend und verzweifelt nach Luft schnappend bemühte sich der junge Mann wieder auf die Beine zu kommen, aber er schaffte es noch nicht. Der Energievorhang stand noch immer in schmerzender Helligkeit auf den Bildschirmen. Fünf neue Atomsonnen registrierten die Geräte der Jaguar. Fünf weitere Gegner weniger. Doch was macht das schon aus bei fünfhundert Schiffen! Auch der dritte Schutzschirm begann instabil zu werden. Leuchtende Risse zogen sich über den Feldschirm, und an manchen Stellen begann er in einem hellen Rot zu erstrahlen. Ein gefährliches Rot. Wie ein flammendes Symbol des kommenden Todes. Der Lärm der Aggregate steigerte sich noch weiter. Ein unbeschreiblicher Krach herrschte in der Zelle der Jaguar. Wie eine riesige Glocke schwang der Schiffskörper. Mit verzerrten Gesichtern, aus denen die unbeschreibliche Angst sprach, kauerten die Männer hinter den Geräten. Schreiend drückten sie auf die
Feuerknöpfe, und sie schrien noch mehr, wenn auf den Bildschirmen der Ball einer neuen Sonne aufflammte. Doch sie merkten nicht einmal mehr, daß sie sich benahmen wie Raubtiere auf Nahrungssuche. Sie hatten jede Kontrolle über ihre Menschlichkeit verloren. Ziel nehmen und auf die Knöpfe drücken. Anschließend die Meldung eines erneuten Abschusses. Ziel nehmen und auf die Knöpfe drücken. An nichts anderes konnten die Männer mehr denken. Zitternd bewegten sich die Zeiger über Skalen, knackten Relais, die automatisch gesteuert wurden. In hellem Rot flackerten die Warnlampen. Der Zusammenbruch des innersten und letzten Schutzschirmes stand dicht bevor. Noch mehr Taforianische Kampfschiffe eröffneten das Feuer auf die Jaguar, deren letzter Schirm unter dem gigantischen Ansturm von mächtigsten Kräften zusammenbrechen mußte. Kapitän Anderson sah die feurige Kaskade auf sich zurasen. Immer näher. Noch Bruchteile von Sekunden, dann würde die Jaguar zu einer Gaswolke verdampfen. Ein Wunder nur, daß sie solange ausgehalten hatten. Nun, er, Kapitän Anderson, hatte getan, was er konnte. Es war nicht seine Schuld, wenn die Jaguar die Schlacht verlor. Es wünde ein ruhmreiches Ende werden. Die Energiewand raste weiter auf die Jaguar zu, und dann war sie heran. Im gleichen Augenblick, als die Strahlen den Schutzschirm berührten und weißrot aufglühen ließen, verschwammen die Konturen des Diskus. Die Jaguar wurde unsichtbar. Im gleichen Augenblick, als die Energie auf die Feindschirme traf und die Warnanlage heulend durch das Schiff gellte, wurden die Bildschirme plötzlich schwarz-grau. Noch immer starrte Anderson fassungslos auf die Schirme, bis er endlich begriff, daß die Automatik das Schiff in den rettenden Hyperraum gerissen hatte und die Flucht aus dem Chaos geglückt war. Langsam ließ das Schwingen der Schiffszelle nach und wummernd und stotternd liefen drei mittelschwere Reaktoren aus, die bisher die Waffen und Schutzschirme mit Energie versorgt hatten. Von jetzt auf gleich erstarb der unbändige Lärm, und die Männer begannen langsam zu begreifen, daß der Tod noch einmal haarscharf an ihnen vorübergegangen war. Doch sie waren zu erschöpft, um sich darüber freuen zu können. Stumm sahen sie sich an. Mit leisem Aufseufzen brach Kapitän Anderson über den Kontrollen zusammen und wurde von kräftigen Händen vorsichtig ins Lazarett getragen. Ermattet schlug Anderson die Augen auf. Im Anfang wußte er überhaupt nicht, wo er sich befand. Der kleine, rechteckige, mit dunklen Farben ausgestattete Raum wirkte beruhigend auf seine Nerven. Er lehnte sich wohlig aufseufzend zurück und fühlte, wie sich die Pneumomatratze seinen für ihn günstigsten und bequemsten Körperformen anpaßte. Etwa dreißig Zentimeter vor ihm in Augenhöhe sah er ein kleines
Plastikkästchen, aus dessen Deckel einige Schaltknöpfe herausragten. Ein winziges Lämpchen blinzelte in beruhigendem Grün. Und plötzlich fiel es Kapitän Anderson wie Schuppen von den Augen. E r war im Bordlazarett! Und mit der Erinnerung kamen auch wieder die Gedanken an die letzten, schrecklichen Ereignisse. Die Jaguar schien es also doch geschafft zu haben, in den Hyperraum zu entkommen. Er konnte sich nicht mehr an die letzte Minute vor der Entmaterialisierung erinnern. Wie in einem dumpfen, undurchdringlichen Nebel eingebettet, lagen die Minuten nur verschwommen und schemenhaft vor ihm. Er hatte überhaupt nicht richtig wahrgenommen, wann die Schlacht für die Jaguar vorbei war. Er wußte nur noch etwas von einer feurigen, ungeheueren Energiewand, die mit Lichtgeschwindigkeit auf sein Schiff zujagte. Und dann wurde es dunkel um ihn und er hatte anscheinend das Bewußtsein vollkommen verloren. Erst jetzt fühlte sich Anderson richtig wohl, nachdem er die Gewißheit hatte, daß keinem seiner Männer bei dieser Aktion etwas zugestoßen war. Keinem seiner Männer?? Jäh dachte er daran, weshalb er im Lazarett lag. Hastig griff e r zu seiner linken Schulter und richtete sich etwas auf. Irgendwo ertönte ein angenehmes, leises Summen. Anderson störte sich nicht daran. Er betrachtete seine Schulter, die von einem straffen Bioplast-Verband vollständig eingehüllt war. Er sah nichts von d er häßlichen faustgroßen Brandwunde, die Kadett Ralstont ihm vor einer Stunde beigebracht hatte. Vor einer Stunde erst? Anderson sah auf die Uhr. Nein, knapp drei Stunden war es her, seit ihn seine Männer aus der tödlichen Falle befreit hatten. Jählings fielen Kapitän Anderson auch fünf weitere Männer ein, die ihr Leben für ihren Heimatplaneten Terra geopfert hatten. Doch Anderson wischte diese Gedanken gewaltsam beiseite. Ungefähr drei Stunden also war es her, daß die Jaguar im Alarmstart den Planeten verlassen hatte. Demnach mußten dann knapp zwei Stunden vergangen sein, bis die Jaguar in den Hyperraum geglitten war. Demnach lag e r dann seit cirka zwei Stunden hier im Lazarett. Als Kapitän Anderson bei dieser Überlegung angekommen war, öffnete sich leise die Tür, und der Bordarzt Robert Holman betrat das Zimmer. Prüfend glitten seine scharfen Augen über die Gestalt des Kapitäns. „Nun, Sir? Wie geht es Ihnen? Was macht Ihre Schulter?" Mit sicherer Bewegung entblößte Holman die linke Schulter des Kapitäns und überprüfte gewissenhaft den festsitzenden Verband. ,,Oh, danke, Dok. Es geht schon wieder. Bloß, fühle mich im Augenblick noch so verdammt schwach." ,,Das glaube ich Ihnen aufs Wort. Sie haben einen nicht ganz unbeträchtlichen Blutverlust erlitten. Aber Sie konnten ja wohl auch auf keinen Fall vorher zu
mir kommen, nicht wahr?" Ein leichter Vorwurf lag in der Stimme des Arztes, und Anderson nahm es ohne zu widersprechen hin. „Haben Sie Schmerzen?" ,,Nein, es tut überhaupt nicht mehr weh. Hmm, wo sind eigentlich meine Kleider?" „Entschuldigen Sie bitte, Sir, aber was wollen Sie mit Ihren Kleidern? Sie wollen doch nicht etwa schon wieder aufstehen?" „Doch, Doktor, genau das will ich! Wo sind also meine Sachen?" ,,Sir, es tut mir leid, aber als Arzt muß ich entschieden dagegen protestieren, daß sie aufstehen. Denken Sie doch an Ihren Zustand! Im Moment mögen Sie sich ja wohl schon wieder stark genug fühlen, aber das täuscht. Sie würden noch nicht einmal bis zur Tür kommen. Bitte, machen Sie jetzt einmal Ihren rechten Arm frei." Die Stimme des Doktors klang energisch, und der Protest Andersons erstarb, als Holman eine Hochdruckspritze aus der Tasche seines weißen Kittels zog. Widerstandslos streifte e r seinen Ärmel zurück. Nur kurz zischte e s auf, und Sekunden später packte der Arzt die Spritze bereits wieder weg. „Was war das überhaupt, Doktor?" ,,Was?" Doktor Holman stellte sich dumm. „Ach, stellen Sie sich doch nicht dümmer an als Sie sind! Wofür oder wogegen die Spritze war, will ich wissen!" Die Stimme des Kapitäns klang merkwürdig langsam und schleppend. „Ach, die Injektion? Wofür die war?" Der Arzt sah unauffällig auf seine Uhr. ,,Die Injektion war ein Schlafmittel, das Sie für runde zehn Stündchen ins Land der Träume versenken wird. Ganz einfach, nicht wahr?" Das Gesicht des Arztes verzog sich zu einem leichten, siegreichen Grinsen, während er genau in die zornigen Augen des Kommandanten (blickte. „Sie . . . Sie verdammter . . hinterlisti .. Immer schwerer wurde seine Zunge, und zuletzt konnte er nur noch einige lallende Laute vor sich hinstammeln. Und dann dauerte es nur noch kurze Zeit, bis sich die Brust des Kommandanten in tiefen regelmäßigen Atemzügen hob und senkte. Leise verließ der Arzt das Zimmer, zufrieden vor sich hinmurmelnd. Als der Kommandant zum zweiten Mal aufwachte, fühlte er sich so frisch und gesund, wie er sich lange vorher nicht mehr gefühlt hatte. Der Schlaf und die Medizin hatten wahre Wunder gewirkt. Anderson drückte auf den grünen Knopf neben seinem Bett, und Sekunden später stand, als hätte er schon vor der Tür gewartet, Doktor Holman lächelnd im Türrahmen. Auf seinen Armen trug er ein kleines, zusammengefaltetes Bündel frischer Kleidungsstücke, die e r vor Anderson auf das Bett legte. ,,So, Sir! Hier sind Ihre Kleidungsstücke. Ich hoffe, Sie sind mir nicht mehr ganz so böse wie vor zehn Stunden."
„Ahem.. . Vergessen wir das, Doktor. Es war nicht so gemeint. Sie müssen ja schließlich a m besten wissen, was einem Patienten gut tut und was nicht. Vielen Dank, daß Sie mir meine Kleider gleich mitgebracht haben." Mit einem Satz schwang Anderson sich aus dem Bett und begann sich anzuziehen. Seine Schulter war inzwischen schon von dem Bioplast-Verband befreit worden, und als Anderson sich die Stelle besehen wollte, an der der Thermostrahl in seinen Körper gedrungen war, sah er nur noch einen kleinen, leicht geröteten Punkt, der kaum noch auffiel. Lächelnd meinte Holman: ,,Ja, Sir, Gott sei Dank haben wir heute solche Heilmittel. Puuuh, wenn ich fünfhundert Jahre zurückdenke. . . Ich möchte da nicht krank gewesen sein." Anderson nickte grinsend und schloß den letzten Magnetverschluß seiner Uniformjacke. „Sie haben recht, Doktor. Ich bin froh, daß ich heute lebe. Jetzt macht das Kranksein ja direkt Spaß." Die beiden Männer verließen den Raum, und während der Arzt sein Labor betrat, ging der Kommandant weiter den Gang hinunter, betrat den Zentralantigravlift und ließ sich von dem Saugfeld in die Höhe tragen. Durch den Zentralgang hinunter ging er zur Kommandobrücke. Zischend glitt das Schott vor ihm zurück, und Anderson betrat die Zentrale. Die diensttuenden Männer fuhren herum, und als sie ihren Kommandanten erkannten, flogen die Hände an die Mützenränder. Leutnant Menkar erhob sich lächelnd aus seinem Konturensessel und salutierte. Ein erfreutes Lächeln umspielte seine Lippen, und Andenson erwiderte es. Dann nahm er selbst in dem Pilotensessel Platz. „Etwas Besonderes vorgefallen, Leutnant?" „Jawohl, Sir. Transition läuft seit elf Stunden und fünfzehn Minuten, Sir. Hypertriebwerke arbeiten zwar regelmäßig, aber Konverter drei ist ausgefallen. Der Schaden kann mit Bordmitteln nicht behoben werden. Ebenfalls ist es ziemlich wahrscheinlich, daß der vierdimensionale Antrieb auch etwas mit abbekommen hat. Noch ist kein Defekt festzustellen, da wir die normalen Triebwerke im Hyperraum ja nicht ausprobieren können. Äußerlich konnte noch nichts festgestellt werden, doch sind die Techniker noch immer bei der Inspektion. Der abschließende Bericht liegt noch nicht vor." „Was ist das?? Konverter drei ausgefallen und Nichtfunktionieren der Normaltriebwerke ebenfalls wahrscheinlich? Wie kommt denn das? Wann ist denn das geschehen?" Andersons Antlitz war ein einziges, riesiges Fragezeichen. ,,Sir, noch während der Entmaterialisierung muß der letzte Schirm zusammengebrochen sein, und die Restenergie muß durchgeschlagen sein. Die Geräte haben an der Backbordseite einige kleinere Lecks angezeigt, die sich aber sofort wieder automatisch schließen konnten, ohne daß ein dekompressiver Druckverlust stattgefunden hatte. Verlängert man
die Strahlbahnen, die die Lecks gerissen haben, so liegt der Konzentrationspunkt genau im Zentrum von Konverter drei und zwei Reaktoren des Normaltriebwerks. Da der Konverter beschädigt ist, wird angenommen, daß auch die zwei anderen Reaktoren etwas mitbekommen haben. Das ist bis jetzt alles." „Aha", murmelte Anderson leise vor sich hin. ,,So ist das also. Da haben wir also doch noch etwas aufgefangen, bevor wir uns dort verabschiedet haben." Anderson wendet sich um. Laut sagt er: ,,Danke, Leutnant Menkar. Eeh . . . wie lange saßen Sie eigentlich vor den Steuerkontrollen?" „Seit dem Eintauchmanöver, Sir." ,.Hm, ja, Sie können dann jetzt gehen. Legen Sie sich ein paar Stunden aufs Ohr, damit Sie bald wieder fit sind. Vielleicht brauche ich in Kürze jeden Mann." Leutnant Menkar salutierte knapp und verschwand dann aus der Zentrale. Kapitän Anderson übernahm die Schiffskontrollen, regulierte einige Hebel und Schalter und beobachtete dann die Panoramaschirme, die das naturgetreue Abbild des vierdimensionalen Raumes zeigten. Er konnte im Augenblick nichts weiter unternehmen. Kapitän Anderson hätte brennend gern herausgefunden, ob die Normaltriebwerke in Ordnung waren, und er spielte mit dem Gedanken, die laufende Transition für kurze Zeit zu unterbrechen. Zwar mußten dann die neuen Transitionsdaten errechnet werden, aber das war ja nicht weiter schlimm. Was Anderson von der Rematerialisierung abhielt, war der defekte Konverter des Hyperantriebes. Er hatte keine Garantie, daß die Jaguar mit solchen Triebwerken anschließend wieder in die Transition gehen konnte. Kapitän Anderson unterließ die Unterbrechung der Transition und blieb im Hyperraum Dauernd spukten die Gedanken an die Triebwerke im Kopf des Kommandanten herum. Hoffentlich waren sie in Ordnung. Sonst gab es wieder eine weitere Verzögerung, und die würde Terra jetzt am wenigsten gebrauchen können. Doch Anderson zerstreute seine Bedenken. Es würde schon alles glatt gehen. Hatten sie bis jetzt Glück gehabt, so würden sie auch noch das letzte Stückchen Glück haben. Wenn alles gut ging, würde die Jaguar in cirka vierzig Stunden den Raumhafen von Terramos erreicht haben. Wenn alles gut ging! Als das machtvolle Donnern erstarb und eine ganze Reihe roter Kontrolllampen aufblinkten, da wußte Kapitän Anderson, daß nicht alles glatt ging. Kaum erstarben die Hypertriebwerke, da wurde auf den D-Bildschirmen schon der vierdimensionale Raum sichtbar. Die Jaguar war aus dem Hyperraum geglitten, weil die Hypertriebwerke kurz vor Beendigung der
überlichtschnellen Fahrt doch noch ausgefallen waren. Genau vor der Haustür des Sonnensystems Sol. Nur ganze fünf Lichtjahre von Terra entfernt. Anderson wußte, daß auch der längste Fluch nichts half, und so war sein Gesicht unbewegt, als er sich herumdrehte. Klickend wurden Energieleitungen von automatisch arbeitenden Relais unterbrochen, und die noch zwei intakten Hyperkonverter liefen leise summend aus. Mit knapper Lichtgeschwindigkeit bewegte sich die Jaguar im Einstein-Universum. Doch was machten lächerliche dreihunderttausend Sekundenkilometer bei diesen kosmischen Entfernungen aus. Sie war ein Nichts! Und deshalb lag die Jaguar auch fünf Lichtjahre von Terra entfernt, für die sie sonst eine knappe halbe Stunde gebraucht hätte, zum Warten verurteilt fest. Anderson ließ sich mit der Funkstation verbinden. „Ja,Sir?" ,,Stellen Sie eine Hyperfunkverbindung zu Terra her. Verlangen Sie General Skanden. Geben Sie Dringlichkeitsstufe eins. Beeilen Sie sich, bitte!" Anderson stoppte mit den höchst zulässigen Werten mit den Normaltriebwerken, die wider allem Erwarten unbeschädigt geblieben waren, die hohe Geschwindigkeit der Jaguar bis zum absoluten Stillstand. Anschließend ließ er die Peilungen zur genauen Standortbestimmung durchführen. Noch während die Taststrahlen mit Überlichtgeschwindigkeit den Weltraum durchjagten, und die Rechengehirne die Daten zur Endauswertung zusammenstellten und anschließend noch einmal überprüften, meldete sich bereits die Funkstation. „Sir? Die Verbindung mit Terramos ist hergestellt und bereits zu General Skanden weitergeleitet worden." „In Ordnung. Schalten Sie durch!" Auf dem großen Bildschirm vor Anderson erschien das Gesicht des Generals, der fünf Lichtjahre von der Jaguar entfernt wiederum genau in das Antlitz des Kapitäns schaute. Ein warmes Lächeln umspielte die Lippen des Generals, und als Anderson vorschriftsmäßig salutieren wollte, winkte er kurz ab. „Schon gut, Kapitän Anderson. Wir sind hier unter uns. Haben Sie Ihren Auftrag ausführen können? Hatten Sie Schwierigkeiten? Wir haben seit immerhin gut zwei Wochen nichts mehr von der Jaguar gehört. Und das macht langsam aber sicher nervös, zumal von diesem Auftrag auch noch soviel abhing!" ,,Ich kann es mir denken, Sir. Aber ich hatte ja strikte Order auf keinen Fall, außer einem Notfall, der jetzt eingetreten ist, Terra über Hyperfunk anzurufen." „Ja, ja, ich weiß! Aber was ist? Haben Sie irgend etwas für uns Wichtiges gefunden?" ,,Das kann man wohl sagen, Sir! Wir haben einen gegnerischen Stützpunkt auf dem dreiundzwanzigsten Planeten gefunden. Auf die Forderung zur Übergabe hat die Station das Feuer eröffnet. Darauf haben wir den Schutzschirm der
unterirdischen Station zum Zusammenbruch gebracht und sind in die Station eingedrungen. Kurz vor dem Zusammenbruch des Schirmes konnte diese jedoch noch einen Hyperimpuls abstrahlen. Nach dem Betreten der Station ist meine Gruppe von Robotern angegriffen und vollständig aufgerieben worden. Leutnant Menkar hat mich unter Einsatz seines Lebens als letzten Überlebenden dieses Trupps herausgeholt. Anschließend mußten wir auf dem schnellsten Wege die Station verlassen, da ein Pulk von fünfhundert feindlichen Schlachtraumern im Rigelsystem materialisierte und die Station unterstützte. Zur Vernichtung der Station blieb uns keine Zeit mehr." Das Gesicht des Generals hatte einen immer überraschteren Ausdruck angenommen. Mehrmals setzte er zum Sprechen an, aber immer wieder beherrschte er sich und lauschte mit wachsendem Interesse dem Bericht des Kapitäns. Als dieser endete, stellte er seine Fragen. „Haben Sie irgendwelche Schlüsse von den Robotern auf die Gestalt ihrer Erbauer schließen können? Haben Sie für uns wichtige Unterlagen über die unbekannten Fremden bekommen können? Woher sprechen Sie denn überhaupt im Augenblick?" „Im Augenblick befindet sich die Jaguar fünf Lichtjahre von Terra entfernt, Sir. Die genauen Positionsbestimmungen laufen noch. Wegen Triebwerkschaden bei den Hyperkonvertern ist die Fortsetzung des Hyperfluges nicht mehr möglich. Ich bitte deshalb um ein Ersatzschiff, das die Jaguar mit Mannschaft übernehmen kann. Es ist höchste Eile geboten, Sir. Schlüsse von den Robotern auf ihre Erbauer zu ziehen war unmöglich. Ich habe jedoch Aufnahmen dieser Roboter, die noch ausgewertet werden müssen. Unterlagen über die Heimatwelt der Fremden konnte ich ebensowenig finden. Aber wir haben die Amplitude des Hyperimpulses aufgezeichnet und in der Bordpositronik verankert, Sir. Ebenso haben wir die ungefähre Sendeleistung ermitteln können. Daraus kann man ja dann ungefähr die Position der Empfangsstation bestimmen." „Na, das ist ja schon allerhand. Ich vermute, daß der Hyperkonverter der Jaguar bei einer Raumschlacht beschädigt worden ist?" „Jawohl, Sir!" „Es ist gut, Kommandant Anderson. Das Ersatzschaff wird in cirka zwei Stunden bei Ihnen eintreffen. Geben Sie vorher noch Ihre genauen Raumkoordinaten durch. Fertigen Sie bitte bis zum Eintreffen des Schiffes einen schriftlichen Bericht a n. Nach de r Landung melden Sie sich bitte sofort bei mir. Ende!" Das Gesicht des Generals verblaßte auf dem Bildschirm und die Scheibe wurde grau. Auch Anderson schaltete ab. ,,Leutnant Nelson, übernehmen Sie das Schiff und geben Sie sofort die Positionsdaten nach Terra durch, wenn die Endauswertungen erfolgt sind. Wenn der Ersatzraumer eintrifft, benachrichtigen Sie mich bitte. Ich bin in
meiner Kabine. Bis dahin möchte ich aber nicht gestört werden." Während der Leutnant die Kontrollen übernahm, verließ der Kommandant die Zentrale und begab sich in seine Kabine, um das schriftliche Protokoll anzufertigen. Als die Heckflossen der XB-9 den Bodenbelag des Raumhafens von Terramos berührten, waren seit dem Hilferuf des Kapitäns fast fünf Stunden vergangen. Fünf Stunden, die für das weitere Geschehen von großer Bedeutung sein konnten. Nachdem das donnernde Grollen der Triebwerke verstummt und der hellglühende Boden unter der Rakete wieder erkaltet war, öffnete sich die kleine Einmannschleuse im unteren Drittel der Rakete. Mit leisem Schnurren lief eine kleine Metallleiter aus, auf der ein Fahrkorb entlanglaufen konnte. Anderson bestieg den Fahrkorb, und während er in schneller Fahrt die achtzig Meter hinunterfuhr, raste ein kleiner, silberner Punkt auf die Rakete zu, und ein paar Sekunden später drehte ein tropfenförmiger Wagen mit heulenden Reifen vor dem Ende der Leiter ein. Anderson verließ den Fahrkorb und ging auf den Wagen zu, dessen Tür automatisch vor ihm aufschwang. Am Steuer saß ein menschlich aussehender Roboter, der nur a n seinen rötlich glühenden Augenlinsen zu erkennen war. Wortlos stieg Anderson in den Wagen, de r sich mit leise summenden Turbinen in Bewegung setzte. Schnell kamen die Randgebäude des Raumhafens näher, und dann hielt der Wagen vor dem großen Komplex der Raumsicherheitsbehörde. Anderson ergriff seine Mappe mit dem Bericht und ließ sich von den Rolltreppen das breite Portal hinauftragen. Ungehindert ließ der Wachroboter ihn am Eingang nach der Durchschreitung der unsichtbaren Kontrollen passieren, und eine Minute später stand er vor dem Vorzimmer des Generals Skanden. Höflich erhob sich der Roboter, als Kapitän Anderson eintrat. ,,Kapitän und Kommandant der Jaguar", meldete sich Anderson knapp, doch der Roboter wußte schon Bescheid. ,,Sie werden bereits erwartet, Sir. Bitte treten Sie ein." Der Roboter drückte auf einen Knopf, und lautlos schwang die dickgepolsterte und gut geschützte Tür nach innen auf. Kapitän Anderson trat hindurch und sah den General hinter dem mächtigen Schreibtisch sitzen, der eher einem kleinen Schaltpult glich. Kapitän Anderson salutierte, und der General dankte einem kurzen Lächeln. Dann erhob er sich hinter seinem Tisch und kam auf Anderson zu. Kräftig schüttelten sich die beiden Männer die Hände und nahmen dann in den zwei gleichen Sesseln Platz, in denen sie sich vor drei Wochen schon gegenüber saßen. „Nun, Kapitän Anderson, Sie scheinen ja so einiges erlebt zu haben in den letzten zwei Wochen. Bitte, erzählen Sie mir noch einmal in aller Ruhe die Geschichte. Von Anfang an bis jetzt." ,,Aber.. .
„Ja, ja, ich weiß schon. Sie haben bereits alles schriftlich niedergelegt. Aber erzählen Sie es mir trotzdem noch einmal persönlich, bitte. Vielleicht fällt Ihnen dabei auch noch etwas ein, das Sie in Ihrem Bericht vergessen hatten." Der Kommandant schüttete zwei kleine Gläser voll mit einer grünlich schimmernden Flüssigkeit, und die beiden Männer nippten einmal kurz daran. Dann begann Kapitän Anderson zu erzählen. . und dann konnten wir uns noch im letzten Augenblick in den Hyperraum zurückziehen. Nach knapp zwei Tagen fiel dann der eine angeschossene Hyperkonverter aus, und die Jaguar rematerialisierte. Anschließend habe ich dann Verbindung mit Terramos aufgenommen, da keine Abhörgefahr bestand, weil die Entfernung zu klein war. Das ist alles, Sir." ,,Sie wurden verwundet, Kapitän Anderson?" „Wo.. . woher wissen Sie das, Sir?" „Ich mache mir Vorwürfe, daß ich Ralstont Ihrem Kommando unterstellt hatte. Ich wußte, daß er einen nicht ganz einwandfreien Charakter besaß, aber er hatte schon eine gewisse Raumerfahrung. Und deswegen dachte ich, daß es doch nicht ganz so schlimm geworden wäre. Aber ich habe mich getäuscht. Beinahe hätte Ralstont Sie erschossen, und es wäre meine Schuld gewesen." ,,Sir, ich bin in der Station während des Kampfes mit den Robotern angeschossen worden, und nicht von Kadett Ralstont. Ich möchte Sie bitten, das i n dem Protokoll stehen zu lassen. Ralstont hatte Familie, Sir. Es braucht keiner zu wissen, was dort oben wirklich geschah." „Das ist sehr anständig von Ihnen, Kapitän Anderson, aber ich glaube kaum, daß das zu machen sein wird. Denn schließlich haben es einige Ihrer Manner gesehen, wie er auf Sie angelegt hatte und dann abdrückte." „Meine Männer werden darüber den Mund halten. Sie haben es mir versprochen." „Dann ist ja doch alles in bester Ordnung. Ich werde also Ihren Wunsch respektieren und gelten lassen, daß Sie in einem Gefecht angeschossen worden sind." Der General sah zur Uhr. ,,Kapitän Anderson, ich bedauere es sehr, aber wir müssen jetzt leider unsere Unterredung abbrechen. Eeeh, Sie werden vielleicht böse sein, daß Sie keinen Kurzurlaub bekommen haben, aber unsere augenblickliche Lage gestattet uns nicht, viel Zeit zu verbrauchen. Aber Sie sind ja nicht verheiratet, da macht das ja wohl nicht so sehr viel bei Ihnen aus. Kommen Sie dann morgen früh um neun Uhr wieder her. Ich hätte einen neuen Auftrag für Sie. Was das für ein Auftrag ist, und ob Sie ihn annehmen werden, können wir ja dann alles morgen früh besprechen." Die beiden Männer erhoben sich, salutierten kurz, und dann stand Kapitän Anderson schon im Vorzimmer. Höflich erhob sich der Roboter hinter seinem Tisch und öffnete dem Kapitän die Tür. In Gedanken versunken und ohne auf den Weg zu achten trat Anderson
hindurch und wandte sich dann nach rechts. Und dann stieß er plötzlich an irgendeinen Gegenstand, und Sekunden später schepperte es laut, als Glas auf dem Fußboden zerbrach. Erschrocken fuhr Kapitän Anderson auf und blickte genau in die dunkelblauen, zornlodernden Augen einer jungen Dame, die einen blütenweißen Laborantenkittel trug. „Können Sie nicht aufpassen, Sie?? Kommen da heraus ohne zu gucken ob ingend jemand kommt, und rennen mir dann genau in den Weg. Nicht genug damit, Sie zerbrechen mir auch noch obendrein meinen Elektrolysekolben. Was meinen Sie wohl, wie lange ich gebraucht habe, um das Ding hierher zu schaffen?" Völlig verdattert betrachtete Anderson das zornige Fräulein, das ihn von oben bis unten anblitzte. Und dann erschien ein leichtes Grinsen auf seinen Lippen. Donnerwetter, das war ja ein temperamentvolles Mädchen. Und recht attraktiv sah sie aus, trotz des Kittels, der alles von ihrer Figur verdeckte. Ihre schwarzen Haare hingen ihr etwas in die Stirn, die leicht glänzte. Mit einer herrischen Bewegung warf sie den Kopf herum, und die Haare lagen wieder schön geordnet. Ihre vollen, roten Lippen waren leicht geöffnet, und darunter blitzten zwei Reihen tadelloser, weißer Zähne. Und als Kapitän Anderson mit seiner Betrachtung und Musterung so weit fortgeschritten war, schmeckteer plötzlich erneut zusammen. Ihre Stimme, die eben noch so hitzig geklungen hatte, klirrte jetzt vor Kälte. „Haben Sie mich jetzt genau genug betrachtet oder soll ich mich ein wenig umdrehen, damit Sie mich auch noch von der Seite abtaxieren können. Hoffentlich ist Ihre Musterung zu Ihrer Zufriedenheit ausgefallen?" Kapitän Anderson fühlte, daß er einen roten Kopf bekam. Verdammt, dachte er, ich bin doch kein Schuljunge mehr, der rot wird, wenn e r von einem Mädchen angesprochen wird. Er verbeugte sich knapp. „Entschuldigen Sie bitte, mein Fräulein, es war nicht absichtlich geschehen. Ich . . . " ,,Erstens bin ich nicht Ihr Fräulein, und zweitens wird durch Ihre Entschuldigung mein Elektrolysekolben auch nicht wieder heil." Kapitän Anderson begann wieder zu grinsen. Das Mädel gefiel ihm. Verdammt, die hatte ja ganz schön Haare auf den Zähnen. ,,Ich werde Sie also in Zukunft nicht mehr mein Fräulein nennen, und dann werde ich Ihnen außerdem noch einen neuen Elektrolysekolben besorgen lassen. Sie müssen mir nur sagen, woher und wohin ich ihn bringen soll." ,,Ich glaube nicht, daß wir uns in Zukunft noch einmal begegnen werden. Und um den Kolben brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Den hole ich mir am besten selbst. Guten Tag!" Abrupt wandte sie sich um und lief den Gang zurück, den sie vorher mühevoll heraufgekommen war. Kapitän Anderson starrte ihr nach und bewunderte sie, bis sie um eine Ecke verschwand.
Schade, das Mädchen würde er wohl kaum wiedersehen. Wirklich schade! Kapitän Anderson riß sich zusammen. Kurz drückte er auf einen Knopf, und ein paar Sekunden später erschien ein Roboter, der die Scherben von dem Fußboden entfernte. Ein kleines Liedchen pfeifend marschierte Anderson dann ebenfalls in die Richtung, in der das Mädchen vor kurzem verschwunden war. Unablässig kreisten seine Gedanken darum, wie er es wohl anstellen konnte, das Mädchen wiederzusehen. Sie schien ihn nicht sonderlich leiden zu mögen. Kapitän Anderson wußte nicht, daß auf ihn eine Überraschung wartete, wie er sie sich nie erträumt hätte. „Ich muß schon sagen, Kapitän Anderson, Sie sind pünktlich. Bitte, nehmen Sie doch Platz." Mit diesen Worten empfing der General am anderen Tag den Kapitän. „Sie wissen, daß ich mit Ihnen über einen neuen Auftrag reden wollte. Über einen Auftrag, der weitaus gefährlicher sein wird als der erste, der uns unter Umständen aber auch weitaus nützlicher sein kann. Ich sage im voraus, daß Sie diesen Auftrag ablehnen können, und daß kein Mensch Ihnen deshalb Vorwürfe machen wird. Es handelt sich darum, den Hauptplaneten des Feindes aufzuspüren. Sie wissen, daß das Terranische Imperium sich im Augenblick im Kriegszustand mit dem Gegner befindet. Und es scheint bestimmt nicht leicht für Terra zu werden, den Sieg in diesen Schlachten zu erringen. Im Rigelsektor kämpfen bis jetzt tausend terranische Schlachtschiffe der Mittelklasse gegen dreitausend feindliche Schlachtschiffe. Bis jetzt konnten wir uns mit diesen paar Schiffen sehr gut behaupten, doch allmählich werden wir immer mehr von anderen Brennpunkten im Terranischen Imperium abziehen müssen, und was das bedeutet, das wissen Sie auch. Unsere Verluste hielten sich bis jetzt in ganz erträglichen Grenzen. Unsere Schutzschirme und unsere Waffen sind denen der Feinde haushoch überlegen, aber diesen Nachteil gleichen diese wieder durch ihre hohe Zahl von Schiffseinheiten aus. Sie scheinen enorme Reserven davon zu besitzen. Ich muß sagen, das ist bisher der erste Gegner, der dem Imperium Sorgen bereiten konnte. Und deshalb wollen wir nicht den für uns schwächenden Raumkampf fortsetzen, sondern versuchen, das Übel an der Wurzel zu packen. Und da dachte ich mir, daß Sie vielleicht den Auftrag übernehmen könnten. Immerhin haben Sie schon einmal gegen den unbekannten Feind persönlich gekämpft und höchstwahrscheinlich auch schon nützliche Erfahrungen gesammelt. Es wäre mir deshalb ganz angenehm, wenn Sie einwilligen würden. Aber selbstverständlich zwingt Sie keiner dazu. Entscheiden Sie sich aber bitte schnell, denn wir wollen so wenig Zeit wile möglich verlieren." Der General lehnte sich etwas in seinen Sessel zurück und betrachtete mit ruhigen Augen den Kapitän, dessen Entscheidung schon lange vorher feststand.
,,Sir, ich werde den Auftrag annehmen. Aber ich bitte Sire, mir vorher noch einige für mich wichtige Fragen zu beantworten." „Nur zu, Kapitän Anderson! Fragen Sie so viel Sie wollen, und ich werde versuchen, Ihnen so genau wie möglich zu antworten. Ich hatte mir schon gedacht, daß Sie den Auftrag annehmen würden." ,,Sir, was für ein Schiff werde ich bekommen? Die Jaguar liegt ja wohl noch für einige Zeit auf der Werft." „Da haben Sie recht, Anderson. Sie werden die Tiger erhalten, ein Schwesterschiff der Jaguar. Bei der Tiger sind noch einige Verbesserungen eingebaut worden, wie zum Beispiel die Schutzschirme, die jetzt in Viererschaltung gestaffelt werden können. Ebenso sind die schwersten Laserstrahler eingebaut worden, die man überhaupt auf Terra kennt. Die Tiger ist also so gut wie unverwundbar." „Hmm, und wie steht es mit der Besatzung?" ,,Sie werden die alte Besatzung wieder an Bord haben. Dazu kommen dann aber noch Dr. HellersSen, Astrobiologie und Medizin, Dr. Schauert, Expertin in der Chemie, Leutnant Frank und Leutnant Tulan, beides Spezialisten der Hyperfunktechnik." „Habe ich recht gehört, Sir? Eine Frau ist auch an Bord eines Schlachtschiffes? Das hat es doch bis jetzt noch nie gegeben. An Bord eines Expeditions Schiffes, das ja, aber auf einem Schlachtschiff?" Anderson schüttelte den Kopf. „Einmal ist es immer das erste Mal. Außerdem sind es zwei Frauen. Dr. Hellersen ist ebenfalls eine Frau. Sie haben sich beide freiwillig gemeldet, und da ihr Können wirklich überragend ist, habe ich keinerlei Einwände dagegen gehabt, sie zurückzuweisen. Außerdem braucht man ja auch nicht gleich immer mit dem Schlimmsten zu rechnen, nicht wahr?" ,,Da haben Sie recht, Sir! Haben Sie irgendwelche Instruktionen, wie ich meinen Auftrag durchzuführen habe?" ,,Nein, Kapitän Anderson, Instruktionen habe ich nicht, wohl aber einen Vorschlag. Begeben Sie sich am besten zuerst ins Rigelsystem, nehmen Sie dort die Warteposition ein und zeichnen Sie die Hyperfunksprüche, die unsere Gegner an ihre Heimatwelt abgeben. Zeichnen Sie diese aber aus verschiedenen Richtungen auf, dann werden Sie ein genaueres Peilergebnis bekommen. Das ist, so weit ich sehen kann, die einzige sichere Chance, die Position des Planeten zu bestimmen. Haben Sie diese Position, müssen Sie dann selbst sehen, wie Sie weiterkommen. Darüber kann ich Ihnen nichts mehr sagen. Sie haben alle Vollmachten, die es überhaupt geben kann. Weitere Instruktionen oder Unterlagen kann ich Ihnen nicht mitgeben, so leid es mir tut. Nur eines noch, bringen Sie die Tiger auf keinen Fall in Gefahr. Flüchten Sie lieber vorher und versuchen Sie dann später noch einmal weiterzukommen. Wir haben Zeit genug." ,,InOrdnung, Sir! Wann sollen wir starten?"
,,Sie werden morgen früh um Punkt sieben Uhr von Terramos starten. Sie haben sich ja bereits an den Schiffstyp und an die Besatzung gewöhnt, und deswegen sehe ich keinen Grund, warum der Starttermin verzögert werden sollte. Eeeh, halt, noch etwas, Hyperfunk nur in äußerster Notlage, nicht wahr? Wenn der Feind erst die Position von Terra kennt, dann müssen wir uns auf allerhand gefaßt machen. Hyperfunksprüche aus dem System Rigel werden selbstverständlich nur über eine Relaisstation an Terra weitergeleitet. Ach, ehe ich es vergesse, teilen Sie mir mit, wenn Sie die Position des Planeten gefunden halben und Ihre Warteposition im Rigel verlassen. So, ich glaube, das wäre soweit alles Wichtige, was in dem Plan zu beachten war. Haben Sie noch irgendeine Frage, Anderson?" „Nein, Sir!" Die beiden Männer erhoben sich und schüttelten sich die Hände. „Also dann, Kapitän Anderson, Hals- und Beinbruch in Ihrem Unternehmen. Kommen Sie heil wieder zurück, denn das zählt ja wohl von allem am meisten." „Jawohl, Sir." Aufrecht verließ Anderson den Raum des Generals und schritt durch das Vorzimmer. Höflich hielt der Roboter die Tür auf, doch bevor Anderson hindurchtrat, vergewisserte er sich erst einmal, ob der Gang auch frei war. Langsam schlenderte er dann den langer, Gang hinunter. Ungefähr zwanzig Minuten später stand er bereits auf dem Raumflughafen und besah sich das neue Schiff, das gerade erst fabrikneu aus der Werft entlassen worden war. Die Tiger war wirklich ein prachtvolles Schiff. Außen noch schnittiger, noch ausgefeilter in der Form, innen noch stärker in den unermeßlichen Kraftreserven, die in den mächtigen Reaktoren und Konvertern darauf warteten, frei zu werden. Die Tier war unbesiegbar, das fühlte Kapitän Anderson. Trotz dieses Gefühles Aber warnte ihn etwa davor, sich allzusehr auf die Technik und die Perfektion der kompliziertesten Maschinen zu verlassen. Aber er wischte das dumpfe, unbehagliche Gefüihl zur Seite. Es würde schon schief gehen! Als Kapitän Anderson sich vom Antigravlift in das Schiff tragen ließ, wurde er oben schon von Leutnant Menkar erwartet, der stramm vor ihm salutierte. „Schon gut, Leutnant. Na, was sagen Sie zu unserer neuen Jaguar II alias Tiger? Ist es nicht prachtvoll?" „Jawohl, Sir. Ausgezeichnet! Ein einmaliges Schiff. Eine fliegende, unbesiegbare Festung, Sir!" Während des Gespräches schlenderten die beiden Männer gemächlich den Zentralgang hinunter. Ab und zu sah Leutnant Menkar den Kapitän so seltsam von der Seite an, daß es diesem schon bald auffiel. Er merkte, daß der Leutnant irgend etwas auf dem Herzen hatte, sich aber nicht getraute zu fragen. „Na, Leutnant? Haben Sie irgendwelche Fragen, die ich Ihnen beantworten kann? Oder ist sonst etwas unklar?" ,,Nein, nein, Sir, ist alles klar. Nur. . Sir, man erzählt sich hier im Schiff, daß
dieses Mal auch Frauen an Bord kommen werden. Stimmt das?" Verdutzt blieb Anderson stehen. ,,Woher wissen Sie das denn, Leutnant?" „Ich weiß es nicht genau, Sir. Auf einmal war das Gerücht da, und keiner wußte, wer es zuerst aufgebracht hatte. Stimmt das denn etwa?" „Jawohl, Leutnant Menkar, es stimmt. Zwei Frauen werden auf dieser Fahrt mit dabei sein. Die Astrobiologin und Medizinerin Dr. Hellersen und die Chemikerin Dr. Schauert." Nachdem Kapitän Anderson das unglaubliche Gerücht bestätigt hatte, blieb Menkar fassungslos stehen. ,,Das stimmt also tatsächlich?? Zwei Frauen an Bord eines Schlachtschiffes, das sich auf Feindfahrt befindet? Na, das kann ja heiter werden!" Kapitän Anderson schwieg. Auch e r machte sich Gedanken darüber. Fast alle seiner Männer waren unverheiratet, und diese beiden Frauen auch, so viel e r wußte. Und wenn die Männer dann ein paar Monate hintereinander im Weltraum blieben, von jeder Zivilisation und von jedem Vergnügen abgeschnitten, na, das konnte ja schön werden. Aber vielleicht waren diese beiden Frauen auch gar nicht mehr so jung und obendrein noch so potthäßlich wie die Nacht. Dann wäre ja alles nur noch halb so schlimm. Nun ja, man würde ja mor-gcn sehen. Mit diesem Gedanken beruhigte sich Anderson vorerst einmal. Man würde ja morgen sehen. Aber war es dann nicht schon viel zu spät, um noch irgendwelche Änderungen zu treffen? Anderson schob ärgerlich die Gedanken beiseite. Es kam sowieso alles, wie es kommen mußte. Er konnte nichts mehr daran ändern. Vielleicht sah er auch zu schwarz. Es war genauso wie beim erstenmal. Kapitän Anderson schritt durch die Gasse seiner Männer, ließ sich von dem Antigravlift hinauftragen und ging gleich weiter durch bis zur Kommandozentrale. Seine Männer folgten ihm und begeben sich sofort auf ihre Startpositionen. Ein leises Summen erklang, als die Vorwärmung der Reaktoren eingeschaltet wurden. Langsam verstärkte sich das Summen, und das leichte, kaum spürbare Vibrieren der Bordwände nahm zu. Zeiger bewegten sich gemächlich über Kontrollskalen, und die Panoramaschirme begannen immer intensiver zu strahlen. Bunte Kontrollampen leuchteten nacheinander auf und die Klarmeldungen der einzelnen Stationen liefen ein. Die Triebwerkreaktoren hatten fünfzig Prozent ihrer Leistung erreicht, als Kapitän Anderson an das Mikrophon der Bordsprechanlage trat. „Achtung, Kommandant spricht. Alle Besatzungsmitglieder an Bord? Ich bitte um Überprüfung." Von den Männern fehlte keiner, doch von den beiden Frauen fehlte jede Meldung. Kapitän Anderson ließ das Schleusenschott wieder auffahren und baute das Antigravfeld erneut auf.
,,Warten wir also, bis es den beiden Damen beliebt, ihre Audienz an Bord zu geben", dachte Anderson. Das fängt ja schon gut an. Es war jetzt genau sechs Uhr und fünfzig Minuten. Es wurde sechs Uhr einundfünfzig, sechs Uhr zweiundfünfzig. Um sechs Uhr fünfundfünfzig erschienen plötzlich zwei kleine Pünktchen auf den Außenbildschirmen, die sich schnell der Tiger näherten. Zwei Minuten später zeigten die Instrumente an, daß der Antigravlift benutzt wurde, und wiederum eine Minute danach summte das Visiphon. Die beiden Frauen meldeten sich a n Bord. Kapitän Anderson ließ die Schleuse zufahren und überprüfte erst noch gewissenhaft die Kontrollen, bevor er sich zu dem Visiphon hinüberbeugte. Als das Bild sich stabilisiert hatte, glaubte Anderson, einen kleinen Schlaganfall zu erleben. Doch der jungen Frau an der Gegenseite schien es ebenso zu ergehen. Sie erkannten sich in der ersten Sekunde, und mit innerer Befriedigung stellte Anderson fest, daß sie dieses Mal knallrot wurde. Gemächlich lehnte er sich in seinen Konturensessel zurück. „Wie war das? Was meinten sie, mein äääh, meine gnädige Frau?" Mit Genugtuung sah Anderson, daß sie noch mehr errötete. Doch ihrer Stimme war nichts anzumerken, als sie ihre Meldung wiederholte. „Dr. Schauert und Dr. Hellersen melden sich an Bord." „Meine Hochachtung, meine Damen, Sie sind ja sehr pünktlich. Darf ich mal bescheiden anfragen, warum Sie nicht eher an Bord erschienen? Hatten Sie zufällig Ihren Elektrolysekolben vergessen?" Anderson sah noch, wie sie sich auf die Lippen biß. Dann hatte er keine Zeit mehr. Er wurde von den Startvorbereitungen vollständig in Anspruch genommen. Mit dumpfem Grollen liefen die Triebwerke an und die Photonen peitschten auf den Boden. Schwerelos erhob sich die Tiger etwa zehn Meter und nahm dann Fahrt auf. Es war genau sieben Uhr. Kapitän Anderson beschleunigte mit sehr geringen Werten, denn er wollte nicht schuld daran sein, daß nach dem Start ein kleiner Orkan über den Raumhafen fegen und kleinere Schiffe in Gefahr bringen würde. Langsam wurde der silberne Punkt kleiner, bis er schließlich ganz im dunkelblauen Firmament untertauchte. Nur auf den Orterschirmen der Flughafenüberwachung war der Diskus zu sehen, der jetzt, wo e r sich bereits im freien Raum befand, immer mehr beschleunigte. Zwei Stunden später verschwand die Tiger wie weggewischt von den Bildschirmen. Der Diskus war in den Hyperraum geglitten, aus dem er erst nach gut zwei Tagen wieder nahe beim Sonnensystem des Rigel rematerialisieren würde.
Knapp drei Lichtstunden von dem flammenden Riesenstern entfernt rematerialisierte die Tiger. Kaum war sie in das Einsteinuniversum eingetaucht, als auch schon die Alarmsirenen durch das Schiff heulten. Auf den Bildschirmen war ein unaufhörliches Aufblitzen von Strahlschüssen. Grellblaue und orangene Energiebahnen zuckten durch den violetten Weltenraum und trafen auf Schutzschirme von Raumschiffen, die sich unter der gewaltigen Belastung verfärbten. Einige wurden abgeleitet und jagten wirkungslas immer tiefer ins Weltall um sich dort zu verlieren, während sich andere Strahlbahnen erbarmungslos durch die Schutzschirme hindurchfraßen, auf die Raumschiffhüllen auftrafen und diese zum Schmelzen brachten. Erschreckend lautlos entstanden Miniaturatomsonnen, wurden zu durchsichtigen Gaswolken, die sich schnell abkühlten und verflüchtigten. Einige Raumschiffwracks, denen manchmal entweder das Heck oder aber der gesamte Bug abgeschmolzen worden waren, trieben hilflos im Raum umher und wurden langsam aber sicher von der Gnavitation Rigels eingefangen, aus de r sie sich ohne fremde Hilfe nie mehr würden befreien können. Schon waren einige Wracks in die brodelnden Gluten der Korona eingetaucht, kamen noch einmal hervor, um dann endgültig von den glühenden Gasplasmamassen verschlungen zu werden. Und die Besatzungen konnten nicht das geringste gegen diesen schrecklichen Tod unternehmen. Ein Raumkampf war mit das fürchterlichste, was Kapitän Anderson sich denken konnte. Angewidert wandte er sich von den Panoramaschirmen ab. Mußte denn ewig Krieg sein? Mußten denn immer die Intelligenzen versuchen, sich gegenseitig zu vernichten, sobald sie aufeinandertrafen? Das Weltall war doch so unendlich groß. Es war für jeden übergenug Platz da. Anderson überzeugte sich, daß die Tiger weit abseits des Geschehens stand und von niemandem im Augenblick belästigt wurde. Schnell drückte e r auf einen Knopf und das heulende Geräusch der Warnsirenen verstummte. Automatisch waren bei dem Eintauchmanöver bereits die Positionsbestimmungen angelaufen, und mit metallener Stimme meldete die Bordelektronik, daß die Tiger mit einer Genauigkeit von 99,89% an dem errechneten Punkt stand. Anderson war mit diesem Ergebnis sehr zufrieden, und gab den Befehl, auf Abhörstation zu gehen. Unaufhörlich kreisten die großen, tellerartigen Schirmantennen zum Empfang von Hyperfunkwellen, und ununterbrochen spielten die Positroniken Werte aus, die in den Speicherbänken registriert und aufgezeichnet wurden. Erst später wurden die feindlichen Funksprüche und die Anpeilergebnisse dechiffriert und ausgewertet und anschließend in die große Bordpositronik gegeben, die dann aus diesen Daten die Position des feindlichen Hauptplaneten bestimmen sollte. Nach jedes Mal einer Stunde beschleunigte die Tiger bis auf
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Lichtgeschwindigkeit und führte eine Kurztransition von ein paar Lichtminuten durch, um den Differenzwinkel der Hyperfunkkurven Z U erhalten und somit der Positronik wichtige Zusatzdaten zu liefern. Leise summend liefen die Speicherwalzen, die jeden der unzählig vielen Funksprüche aufzeichneten. Da den terranischen Schiffen jeglicher Funk mit überlichtschnellen Wellen verboten war, war es ein leichtes, nur die feindlichen Funksprüche zu empfangen. Quälend langsam verging die Zeit, die die Positronik zur Auswertung brauchte. Ungeduldig sahen die Männer auf die übergroßen Panoramaschirme und kontrollierten gleichzeitig ihre empfindlichen Geräte. Doch nichts geschah, was die Tiger zu einem Alarm hätte veranlassen können. Sie stand so isoliert von der eigentlichen Schlacht, daß sie überhaupt nicht weiter auffiel. Zudem befand sich der Diskus noch i n freiem Fall, und somit verschwand auch die Gefahr der so gefährlichen Triebwerkortung. Die Tiger war fast unheimlich still. Ein krasser Gegensatz zu dem Geschehen, das sich in zwei Lichtstunden Entfernung abspielte. Die Männer, die im Augenblick dienstfrei hatten, standen größtenteils vor den Panoramaschirmen und sahen mit gelindem Entsetzen auf die so mörderisch tobende Raumschlacht. Jedesmal, wenn der Glutball einer neuen Sonne aufflackerte, ballten sie in sinnlosem Zorn die Fäuste und die Augen zogen sich zu schmalen Schlitzen zusammen. Plötzlich schlugen die Raumstrukturtaster an, und fast im gleichen Augenblick rematerialisierten Unmengen von Feindschiffen im Rigelsystem, und jagten mit knapp Lichtgeschwindigkeit auf das Chaos zu, das sich vor ihren Bugspitzen abspielte. Die Grabschätzung der Strukturtaster gab eine ungefähre Zahl von eintausendfünfhundert Schiffen an. Mühsam beherrschten sich die Terraner und sahen auf die schlanken, zigarrenförmigen Schiffe, die soeben das erste Bremsmanöver einleiteten. Ein paar Minuten später hatte sich der Pulk auseinandergezogen und griff in langgestreckter Phalanx ein kleines Geschwader terranischer Schlachtschiffe an, die auf keinen Fall eine Chance dagegen hatten. Mit höchsten Werten beschleunigten sie und suchten ihre Rettung in der Flucht. Doch es war schon zu spät. Trotz der mörderischen Gegenwehr dieser verhältnismäßig kleinen Schiffe setzten die Angreifer unbeirrt ihre einmal eingeschlagene Bahn fort. Dauernd blitzte es zwischen ihren Reihen auf, wenn sich einige ihrer Schiffe in Atome auflösten, nachdem einer der terranischen Strahlschüsse den Schiffsleib zu gut getroffen hatte. Doch die Gegner achteten nicht darauf. Und Sekunden später sahen die Männer auf den Bildschirmen eine Feuerwand, die vor den feindlichen Schiffen entlanglief und sich mit Lichtgeschwindigkeit auf die wenigen terranischen
Schiffe zuraste. Die Männer wandten sich stumm ab. Kapitän Anderson ging mit unbewegtem Gesicht zur Bordpositronik hinüber. Er drückte eine Taste hinab, und der Roboter begann mit seiner ausdruckslosen Stimme zu sprechen. „Endauswertungen voraussichtlich in einer Stunde bereit. Zwischenergebnisse liegen noch vor. Ende!" Noch eine Stunde! Kapitän Anderson ließ sich in seinem Sessel nieder und starrte mit merkwürdig blicklosen Augen vor sich hin. Die unruhig flackernden Bildschirme schien e r überhaupt nicht zu bemerken. Erneut rumorte es in den Strukturtastern. Die Terraner sahen sich schreckensbleich an. Kamen etwa noch mehr feindliche Schiffe? Dann war diese Runde für Terra verloren. Dann konnte nur noch eilige Flucht vor der vollkommenen Vernichtung retten. Doch dann atmeten sie erleichtert auf. Auf den Bildschirmen waren die typischen Diskusformen terranischer Raumschlachtschiffe zu sehen. Raumschlachtschiffe der Superklasse! Kaum waren sie aus der Transition rematerialisiert, als sie sich auch schon in voller Fahrt zum Angriff formierten. Und sie hielten eine furchtbare Ernte unter den Gegnern. Eine Sonne nach de r anderen flammte auf. In wenigen Sekunden war etwa ein Viertel der gesamten feindlichen Armada restlos vernichtet. Den Terranern schauderte es, als sie sahen, wie sich der Feind trotz der riesigen Verluste fast maschinenhaft wieder neu zum Angriff sammelte und formierte. Die Fremden schienen überhaupt keinen Selbsterhaltungstrieb zu besitzen. Ein fürchterlicher Gegner, so eine Rasse! Ein grünes Leuchtsignal flammte auf und zeigte damit, daß die Positronik die ihr gestellte Aufgabe gelöst hatte und daß die Endauswertungen vorlagen. Schnell zog Anderson den langen Plastikstreifen, der mit sinnverwirrenden Symbolen versehen war, aus der Positronik und spannte ihn in die Steuerautomatik ein. Dann griff er zum Mikrophon. „Achtung, Kommandant spricht! Ab jetzt alle Männer auf Gefechtsstation, Alarmstufe drei! Achtung, Funkraum! Setzen Sie folgenden Spruch ab: Bordzeit fünfzehn Uhr fünfzehn. Position des feindlichen Planeten bekannt. Start aus dem Rigelsystem fünfzehn Uhr zwanzig! Ende! Setzen Sie den Spruch als Rafferimpuls nach Kode drei ab. Keine Empfangsbestätigung abwarten! Ende!" Tief unten im Schiff liefen die Hochleistungsreaktoren an und die Tiger nahm Fahrt auf. Immer schneller entfernte sie sich aus dem Sonnensystem, in dem noch immer mit unverminderter Stärke die mörderische Raumschlacht tobte. Leicht schwenkte die Tiger zu einer automatisch gesteuerten Kursänderung ein und beschleunigte dann mit den höchsten zulässigen Werten. Das machtvolle, tiefe Brummen der Maschinen gab den Terranern wieder neuen Mut und neue Zuversicht.
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Schnell kletterten die Zeiger wieder höher, und schon begann die Steuerautomatik mit dem Countdown vor Beginn der Transition, die die Tiger dieses Mal über runde dreihundert Lichtjahre hinwegbringen würde. Zwanzig Sekunden später verblaßten die Umrisse der Tiger und vemchwanden dann ganz. Der Diskus war entmaterialisiert und bewegte sich bereits mit vielfacher Lichtgeschwindigkeit im Hyperraum. Noch immer beschleunigten die mächtigen Konverter den Flug des Schiffes. Auf den Bildschirmen leuchtete in unbeschreiblicher Pracht ein blaugrüner Planet, dessen Atmosphäre ein milchiger, undurchsichtiger Schleier war. Wortlos sahen die Terraner auf das erhabene Bild, das sich ihren Augen darbot. Langsam, kaum merklich schien sich der Planet unter der Tiger hinwegzudrehen. Kapitän Anderson mußte sich gewaltsam von diesem großartigen Anblick losreißen. ,,Achtung, Kontrollen zur Positionsbestimmung, Energie- und Strukturtaster mit der Bordpositronik koppeln. Datenbestimmungen des Planeten anlaufen lassen und Auswertungen sofort a n die Zentrale weitergeben. Achtung, Waffenleitzentrale: volle Gefechtsbereitschaft Alarmstufe drei. Ende!" Während Anderson die Steuerautomatik ausrastete und auf Manuellsteuerung umschaltete, ließ e r gleichzeitig den Kurs und die Geschwindigkeit zu einer Vier-Stunden-Kreisbahn berechnen, und während die Korrekturtriebwerke noch auf die Kreisbahn einschwenkten, liefen die ersten Peilergebnisse über die Beschaffenheit des Planeten ein. Entfernung zur Sonne rund einundvierzig Millionen Kilometer, die siderische Umlaufzeit betrug knapp dreihundertundzwanzig Tage, und in zweiundzwanzig Stunden führte der Planet eine Umdrehung um sich selbst durch. Durchmesser des Planeten elftausendachthundert Kilometer. Die Schwerkraft des Planeten betrug 0,9 g. Die Atmosphäre bestand zu 75% aus Stickstoff, zu fast 24% aus Sauerstoff und der kleine Rest war noch aus verschiedenen Edelgasen zusammengesetzt, die aber keinerlei schädliche Wirkungen auf den menschlichen Onganismus hatten. Alles in allem: Ein paradiesischer Planet für die Begriffe der Terraner. Eine halbe Stunde, nachdem die Tiger in die Parkbahn gegangen war, waren schon fast alle Daten über dieses bisher unbekannte und daher auch wenig beachtete Sonnensystem bekannt. Die Sonne, die der des Systems Sol fast auf das Haar glich, wunde von vier Planeten auf fast kreisrunden Bahnen umlaufen. Von den vier Planeten schieden von vornherein zwei Planeten für die Landung aus. Der eine war zu weit von der Sonne entfernt, der andere stand wiederum zu nahe. Der dritte Planet schied ebenfalls für die Terraner aus, da nach genauesten Messungen festgestellt worden war, daß dieser eine absolut tödliche Methangasatmosphäre besaß. Es blieb also nur der Planet übrig, der langsam rotierend vor der Tiger im Weltraum schwebte. Es war für die Terraner ein beruhigendes Bild, das sich ihren Augen bot, doch Kapitän Anderson ließ sich davon nicht täuschen.
Bis jetzt waren noch immer keine Strukturerschütterungen angemessen worden, und auch die überlichtschnell arbeitenden Radarorter hatten noch keinen Alarm gegeben. Kapitän Anderson glaubte nicht mehr daran, daß dieser Planet eine Hauptwelt des Gegners war. Denn diese wäre bestimmt durch Raumforts geschützt worden. Die dreidimensionalen Landkarten waren zwar noch nicht fertig, aber ein unbestimmtes Gefühl sagte Anderson, daß die Tiger hier umsonst warten würde. Denn auf welchem Zentralplaneten eines Sternenreiches herrschte kein Raumfahrbetrieb? Auf Terra starteten und landeten in jeder Minute weit über einhundert Handelsraumer, die aus allen Teilen der Galaxis kamen, und Anderson sah nicht ein, warum es hier hätte anders sein sollen. Irgend etwas stimmte hier nicht. Mißtrauisch geworden rief er die Hyperfunkstation an. „Hier Kommandant. Sagen Sie, sind Sie ganz sicher, daß dieses hier der Planet ist, auf den die Hyperimpulse abgestrahlt worden sind? Können Sie sich nicht vielleicht um ein, zwei Dezimalstellen geirrt haben? Haben Sie die Rechnungen noch einmal überprüft? Ich kann mir nämlich gar nicht vorstellen, daß dieses hier der gesuchte Planet sein sollte." ,,Sir, die Peilrechnungen stimmen bis auf die zehnte Dezimalstelle. Dieses muß der Planet sein! Außerdem empfangen wir dauernd Hyperimpulse aus dem System Rigel, und es gibt keinen meßbaren Winkel mehr, in dem die Impulse auftreffen, Sir. Die stärkste Bündelung der Richtstrahlen liegt auf diesem Planeten. Es ist die gesuchte Welt!" ,,So?... na dann. Danke!" Kapitän Anderson dachte nach. Und plötzlich fand er den Grund, weshalb ihm dieser Planet so komisch und unbewohnt erschien. Und als das Infrarot-Peilgerät die fertige, dreidimensionale Landkarte ausstieß, die schon gleich mit einem exakten Koordinatennetz versehen war, da wurde der vage Verdacht des Kapitäns bestätigt. Der Planet war unbewohnt. Riesige, dunkelgrüne Dschungelflächen zogen sich in einem breiten Streifen, der bis auf wenige Breitengrade an die beiden Polgegenden reichte, den gesamten Äquator entlang. Riesengroße Meere, die an manchen Stellin eine Tiefe bis zu elftausend Metern besaßen, unterbrachen den grünen, alles verschlingenden Teppich. Wilde, zerklüftete Gebirgszüge erstreckten sich fast in einer Reihe von Pol zu Pol, und die Höhenmessungen der höchsten Gipfel gaben runde zehntausend Meter an. Von der Fauna war bis jetzt noch nichts bekannt, doch das würde sich schon schnell ändern. Jäh dachte Anderson daran, daß sie ja auch Frauen mit an Bord hatten. Und was für Frauen! Das heißt, er persönlich hatte bis jetzt ja nur eine kennengelernt,
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aber diese hatte ihm schon gerade gereicht. Aber, wenn man es genau betrachtete dann war sie ja doch gar nicht so schlimm. Schließlich hatte ja er wirklich schuld an ihrem Malheur gehabt. Aber deswegen brauchte sie sich ja nicht gleich so schnippisch anzustellen. Na, er würde sie schon zu einer passenden Gelegenheit drankriegen. Anderson beschloß zu landen, und mit geringen Kurskorrekturen verließ die Tiger ihre Bahn und befand sich schon nach wenigen Minuten in der Suprasphäre. Die Höhenmesser zeigten dreihundertundfünfzig Kilometer. Noch immer war nichts Verdächtiges von d en feinen Spürgeräten entdeckt worden, und trotzdem mußte es etwas geben, das für den Gegner äußerst wichtig war. Die höchstempfindlichen Radartaster schlugen nicht um den geringsten Teilstrich aus. Siedendheiß fiel es Anderson ein, daß sie ja auch auf dem dreiundzwanzigsten Planeten des Rigel vergeblich mit den Radartastern operiert hatten. Die Taststrahlen wurden einfach von einem Schutzschirm unbekannter Art fast vollständig absorbiert, ehe die Reflektionsimpulse in die schnell kreisenden Schirmantennen zurückkehren konnten. Blitzschnell schaltete Anderson die Energieorter und die Hohlraumtaster auf Maximalleistung und koppelte die Anlagen mit dem Alarmsystem. Währenddessen war die Tiger weiter abgefallen und befand sich im Augenblick in fünfzig Kilometer Höhe. Die Außenbildschirme erstrahlten in einem saftigen, dunklen Grün, über dem eine milchige Dunstglocke von Wasserdampf lag. Am Horizont tauchte das dunkelblaue Wasser eines großen Stromes auf, dem die Tiger aufwärts folgte. Helle, blitzende Sonnenreflexe gingen von dem schnellfließendem Gewässer auf, und dann überflog die Tiger einen etwa hundert Meter hohen Wasserfall, von dem die gigantischen Wassermassen mit donnerndem Grollen hinunterstürzten. Schäumend spritzte der Gischt von den Felsen des Flußbettes zurück und der Vorhang kleinster, fast unsichtbarer Wassertröpfchen bildete in dem einfallenden Sonnenlicht einen leuchtenden farbigen Regenbogen. Der Diskus befand sich jetzt in der konstanten Höhe von einhundert Metern, eine Höhe, die bei den bis zu achtzig Meter hohen Bäumen des Urwaldes eine vorzügliche Deckung gegen die Radarortung bot. Kreischende, schrille Schreie gellten hinter der undurchdringlichen grünen Wand auf und wurden von dem mordgierigen Brüllen eines Riesen-Bron-tosaurus noch übertroffen, der in ungelenken Sprüngen den schmalen Uferstreifen entlanghastete und ein kleines Ttier verfolgte, das wie der Wind vor ihm davonjagte. Gespannt beobachteten die Männner, wie das Ungeheuer noch ein paar Sprünge vollführte und das Tier dann eingeholt hatte, das jetzt wieselflink einen Haken schlug. Die Terraner meinten das knallende Geräusch zu hören, als die dolchartigen Zähne das Tier verfehlten und ohne Beute zuschnappten. Ein großer Beng Sand und Steine flogen auf, ais der Brontosaurus abrupt stoppte und sich zum nächsten Angriff gegen seine Beute herumwarf. Doch das
kleine, unscheinbare Tier war schon lange in dem filzartigen Unterholz des Dschungels verschwunden. Der große Räuber hatte dieses Mal Pech gehabt. Unschlüssig blieb er auf der Stelle stehen, um dann schließlich zwischen den armdicken Lianen unterzutauchen. Noch lange Zeit vernahmen die Terraner das Krachen und Bersten, als sich der Koloß durch den Urwald arbeitete, doch bald verstummte auch das in der Ferne. Mit leisem Summen glitt das Zentralschott auf, und die schlanke Gestalt Dr. Hellersens erschien in der Öffnung. Mit leichten Schritten durchquerte sie die Zentrale und stellte sich neben den Kapitän, der noch immer auf den Bildschirm starrte. Schnell drehte er sich herum, als er merkte, daß er nicht mehr alleine dort stand. ,,Oh, Doktor Hellersen? Tut mir leid, aber gerade haben Sie etwas verpaßt." ,,So?" „Ja! Und zwar die Jagd eines Brontosauriers nach einem unbekannten kleineren Tier. Schade für Sie, daß Sie es nicht gesehen haben." ,,Ja, da scheine ich ja wirklich Pech gehabt zu haben. Schade! Aber vielleicht bietet sich noch eine solche Gelegenheit, wenn ich dabei bin." Als Kapitän Anderson sah, daß es ihr ehrlich leid tat, meinte er leichthin: ,,Wenn Sie sich noch fünf Minuten gedulden können, können Sie sich die Jagd nachher im Projektionsraum ansehen. Ich habe die ganze Angelegenheit gefilmt." "Ja? Das ist aber nett. Solange kann ich mich bestimmt noch gedulden. Werden wir eigentlich auf diesem Planeten landen?" ,,Ich schätze ja. Warum fragen Sie?" ,,Weil ich dann schon meine Geräte für eine kleine Exkursion fertigmachen werde." „Hmm, sagen Sie, Dr. Hellersen, Sie waren noch nie an Bord eines Schlachtschiffes?" ,,Jawohl, das stimmt. Ich fliege zum ersten Mal in einem Raumschiff." „Das dachte ich mir." „Warum?" ,,Ach, es ist schon gut." Gemächlich ging Anderson einige Schritte zu einem kleinen Gerät hinüber, auf dem ein grünes Lämpchen aufgeleuchtet war. Mit leisem ,Klack 1 fiel eine winzig kleine Filmspule, die einen Durchmesser von fünf Zentimetern besaß, in den Auffangkorb. Kapitän Anderson nahm sie heraus und reichte sie Dr. Hellersen. ,,Hier, Fräulein Doktor. Hier ist der Film. Wenn Si e ihn sich angesehen haben, sind Sie bitte so gut, ihn danach zu archivieren und Filmnummer und Filminhalt darauf zu schreiben." ,,Vielen Dank, Sir." Mit einer leichten Bewegung ergriff Dr. Hellersen die Filmspule, steckte sie in ihre Uniformtasche und verließ die Zentrale. Sie schien die vielen Blicke nicht zu bemerken, die ihr nachgeworfen wurden. Oder sah sie sie wirklich nicht?
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Plötzlich drang das nervenzermürbende Heulen der Warnsirenen durch das Schiff. Sekunden später hatte Anderson bereits das Schiff gestoppt, und schon lagen die Peilergebnisse in Klarschrift von den Energietastern vor. Hastig zog Anderson das schmale Plastikkärtchen aus dem Schlitz, warf einen kurzen Blick darauf und schob es dann sofort in den Kartographen. Eine Mattscheibe leuchtete auf, auf der ein Ausschnitt der vor kurzem aufgenommenen Landkarte zu sehen war. Am Fuße eines Berges, der mit achttausend Metern angegeben war, flackerte ein rotes Warnlämpchen. Dort also mußte die Gefahrenquelle zu suchen sein, die den Terranern unter Umständen sehr gefährlich werden konnte. Ein leises Summen klang auf, als die Steuerautomatik die Anflugdaten ausrechnete und übernahm. Doch noch immer schwebte die Tiger regungslos auf der Stelle, denn noch hatte Anderson nicht den Startimpuls gegeben. „Meine Herren", wandte er sich an die Männer, die mit ihm ihren Dienst in der Zentrale verrichteten. „Wir müssen uns jetzt darüber klar werden, wie wir vorgehen wollen. Ich rechne zwar nicht damit, daß dort ebenso ein unterirdisches Fort eingebaut ist wie im Rigelsystem, aber seien wir nicht zu optimistisch. Auf jeden Fall steht dort ein sehr leistungsfähiger Hyperfunksender. Wenn es einem der Fremden gelingen sollte, einen Hyperspruch abzusetzen, können wir getrost hier einpacken. Denn dann haben wir es in spätestens zwei, drei Stunden mit einem freundlichen Besuch zu tun. Und den können wir im Augenblick überhaupt nicht gebrauchen. Was wir im Gegenteil brauchen, ist Zeit. Viel Zeit, um die Richtdaten des fremden und uns unbekannten Hypersenders zu ermitteln. Denn ich nehme an, daß dieser Planet ebenso als Relaisstation dient wie bei Terra der Mond." Kapitän Anderson sah die betroffenen Gesichter seiner Männer. „Ja, meine Herren, es sind auch noch andere auf diese glorreiche Idee gekommen. Das Schlimmste, was einem im Krieg passieren kann, ist, daß man seinen Gegner unterschätzt. Also, meine Herren, strengen Sie mal ein bißchen ihre Denkapparate an. Es dürfte doch nicht so schwer fallen, einen geeigneten Plan zur Überwindung dieser Station zu entwerfen." „Sir, wir könnten versuchen, die Station mit einer Breitseite aus den Lasergeschützen zu vernichten, ohne daß es der Besatzung gelingt, einen Spruch abzusetzen." „Sehr schön. Und dann? Dadurch hätten wir überhaupt nichts anderes gewonnen als daß die gegnerischen Schiffe genauso früh auftauchen, wenn sich die Station überhaupt nicht mehr meldet, als hätte sie nur einen Hilferuf abgestrahlt. Vielleicht wären sie dann sogar noch ein bißchen schneller da. Mit diesem Vorschlag ist es also nichts. Außerdem, selbst wenn der Gegner nicht so schnell anrücken würde, woher sollen wir dann die Richtdaten entnehmen? Ich mochte gerne andere Vorschläge hören. Hat denn keiner der Herren eine
Idee, wie man diese simple Station dort einnehmen könnte?" „Ja, vielleicht könnte man mit den Saugfeldern die Energie aus den Reaktoren absaugen? Dann können sie keinen Hilferuf mehr abstrahlen." „Richtig, sie können dann nichts mehr abstrahlen. Und das Ende vom Lied ist, man wird nachsehen kommen. Damit ist also auch nichts." Kapitän Anderson schaute umher. Doch keiner der Männer konnte mit einem Vorschlag aufwarten, der durchzuführen wäre. Hätte er nach Vorschlägen gefragt, wie man dem Feind Energie entziehen könnte, dann wären schon Dutzende nützliche Antworten gekommen. Aber so? Wann kam es denn mal vor, daß dem Feind die Energie gelassen wurde? Die Energie, die i n den Kriegen eine so entscheidende Rolle spielte. Die Männer sahen, wenigstens im Augenblick, keinen Ausweg. Doch plötzlich verzog Leutnant Menkar triumphierend das Gesicht. „Sir, wie wäre es, wenn wir einen der kleinen Gravogleiter mit Spritzplastik verkleiden würden, die die Radarstrahlen zum größten Teil absorbiert? Große Geschwindigkeiten braucht das Zeug ja nicht auszuhalten, folglich kann es auch keine Reibungshitze geben, die das Plastikmaterial abschmelzen würde. Mit dem Gleiter könnte man dann mit schwächster Leistung bis nahe an die Station heranfliegen und den Rest dann zu Fuß anrücklegen. Was danach kommt, das weiß ich wirklich nicht." ,,Ihr Plan ist sehr gut, Leutnant, nur hat er ein winzig kleines Loch. Der Antigravantrieb des Gleiters hat ein ganz schönes Streufeld, das mit einiger Aufmerksamkeit der Feinde sehr gut angemessen werden kann. Aber wir werden es trotzdem so machen. Selbst auf das Risiko hin, geortet zu werden. Wir werden es ja dann wohl hoffentlich früh genug merken und uns absetzen können. Aber wir müssen es versuchen. Mir fällt auch kein anderer Weg ein, der ein Risiko hundertprozentig ausschließen würde. Und Ihr Risiko ist noch das kleinste." Kapitän Anderson trat an die Bordsprechanlage. ,,Achtung, Hangarwache, auf dem schnellsten Wege einen Gravogleiter mit Spritzplastik umgeben und startbereit machen. Ende! So, meine Herren, jetzt fehlen mir noch zwei Freiwillige, die mich begleiten werden." Anderson sah auf seine Leute, die ohne zu zögern in einer geschlossenen Front hervortraten. „Aber, meine Herren, ich kann Sie doch nicht alle mitnehmen." Kapitän Anderson suchte sich zwei Männer heraus. ,,Sie werden hier an Bord noch genug zu tun bekommen", meinte er zu den anderen Männern, die sich stumm abwandten. ,,Warten Sie nur ab." Anschließend verließ der Kapitän mit den beiden Freiwilligen die Zentrale und ging zum Hangar hinunter, in dem schon ein Gleiter startbereit vor dem Schleusentor auf der antimagnetischen Katapultschiene lag.
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Das sonst so gänzende Metall war bei diesem Gleiter von einer stumpfen, grau glänzenden Plastikmasse umgeben, die bereits knochenhart geworden war. Es klickte leise, als die durchsichtige Kanzel hinter den drei Terranern in die Magnethalterungen schnappte. Leise summend lief der kleine Hochleistungsreaktor an, und eine ganze Reihe Kontrollen glühten auf dem schmalen aber übersichtlichen Schaltbrett auf. Anderson griff zum Mikrophon des einfachen Funkapparates, dessen Wellen nur lichtschnell waren. „Achtung, hier C-I. C-I ruft Tiger. Tiger bitte kommen." Sofort bekam Anderson Antwort. „Hier Tiger. C-I bitte melden!" „Hier C-I. Verständigungsprobe und Überprüfung des Funkgerätes." „Verständigung ist klar, Sir. Die Frequenzen sind koordiniert." „Dann ist ja alles in Ordnung. Lassen Sie das Schleusenmanöver anlaufen. Koppeln Sie die beiden Schotts durch. Achtung, von jetzt an vorläufige Funkstille, bis ich sie selbst unterbreche. Ende!" Vor dem Bug des Gleiters bewegte sich die Wand, und dann fiel ein heller Sonnenstrahl, der sich schnell verbreiterte, in den kaum beleuchteten Hangar. Da die Atmosphäre dieses Planeten nicht schädlich war, konnten beide Schleusentore auf einmal betätigt wenden, und somit wurde dann viel Zeit eingespart bei dem sonst so langwierigen Ausschleusen eines Gleiters. Als die Öffnung breit genug war, bekam der Gleiter einen kaum merklichen Stoß, der von den anlaufenden Andruckabsorbern sofort neutralisiert wurde. Und dann schwebte der Gleiter aus der offenen Luke der Tiger heraus, beschleunigte mit geringen Werten und verschwand langsam in einer flachen Kurve knapp über die Baumwipfel der Urwaldriesen hinweg. Auf den Radarspinnen der Tiger war kein einziges Echo registriert. Die C-I war fabelhaft gegen eventuelle Metallortungsstrahlen geschützt. Nur auf den Energietastern war ein verwaschener Reflex zu erkennen, der aber nicht zu lokalisieren war. Mit etwas Glück mußte es den drei Terranern gelingen, in die Nähe dieser geheimnisvollen Station des Feindes zu gelangen und sie anschließend in Besitz zu nehmen. Ein grünes Meer von Baumwipfeln wogte nur knapp zehn Meter unter dem Gleiter. Ein lauer Wind wehte, und die zarten Spitzen jüngerer Bäume bewegten sich leicht hin und her. Unzählige Tierstimmen hallten wie in einem gigantischen Dom wider, und meistens war der Gravogleiter von einer flatternden Wolke Vögel umgeben, die das unbekannte Ding äußerst mißtrauisch beäugten. Die Terraner, die nur durch die dünne, durchsichtige Kuppel von der Außenwelt getrennt waren, dachten nur noch ganz entfernt an ihren unter Umständen lebensgefährlichen Auftrag. Interessiert beobachteten sie die ihnen unbekannten Vögel, und ununterbrochen surrten die Filmkameras, die die Töne, die die Außenbordmikrophone auffingen, gleich mit auf den Film kopierten.
Kapitän Anderson war sehr zufrieden. Besser konnte der Anflug der C-I überhaupt nicht klappen. Die Vögel würden das geringe Streufeld, das die auf Minimalleistung laufenden Triebwerke verursachten, noch weiter verdecken. Hoffentlich blieben die Tierchen noch recht lange da. Auf dem Bildschirm der Steuerautomatik bewegte sich ein grüner Pfeil auf den roten Punkt zu, der die Station des Gegners markierte. Es würde wohl nicht mehr lange dauern, dann würden die Terraner nach einem geeigneten Landeplatz für ihre C-I suchen müssen. Kein leichtes Unternehmen in diesen Breitengraden. Zwar war die C-I mit einem Durchmesser von fünf Metern recht klein, aber auch eine solche Lichtung hatten bis jetzt die Terraner noch nicht ausfindig machen können. Radarorter durften nicht benutzt werden, und so waren sie gezwungen, die ganze Zeit nur einfach auf Sicht zu fliegen. Und was die Sicht betraf: So weit die Männer sehen konnten, gab es keine einzige Stelle, die in etwa den Vorstellungen eines Landeplatzes entsprach. Mißmutig zogen die Männer die überschweren Thermostrahler aus den Halterungen und überprüften noch einmal die Batterien, deren Lademarken alle auf voll standen. Immer weiter bewegte sich der grüne Pfeil auf der Mattscheibe zu dem kleinen Punkt hin, und Kapitän Anderson wollte gerade die Fahrt der C-I noch weiter verringern, als es plötzlich auf den Außenbildschirmen blaßblau aufblitzte. Erfreut bemerkte Anderson, daß das schmale Gewässer, dessen Verlauf sich jetzt deutlich abzuzeichnen begann, aus der Richtung der feindlichen Station kam. Leicht zog er die C-I etwas nach Steuerbord und befand sich nach wenigen Minuten über dem träge dahinfließenden Wasser. Schnell sank die Flughöhe des Gleiters bis auf zehn Meter. Dann folgte er den vielen Windungen des kleinen Flusses und näherte sich immer mehr der feindlichen Stellung. Als die Entfernungsmesser noch knapp eintausend Meter anzeigten, fuhr Anderson die Landestützen aus und setzte auf dem schmalen Uferstreifen auf, der ein idealerer Landeplatz war als er sich zuerst gedacht hatte. Das leise Summen der Aggregate erstarb, und eine friedliche Stille breitete sich i n der kleinen Zelle aus. Die drei Männer nahmen abermals die Strahler hervor, und mit einem trockenen Schmatzen löste sich die Kanzel aus der Verankerung und sprang zurück. Während die beiden Männer mit einem elastischen Sprung aus der C-I setzten, zog Kapitän Anderson den kleinen Kodesender hervor, kontrollierte die Frequenz und steckte sich das kleine, kaum feuerzeuggroße Kästchen in die Tasche. Dann verließ auch er die C-.I Automatisch fiel die Kanzel wieder zurück, und dann verschwammen die Konturen des Gleiters ein wenig, als sich der auf thermischer Basis arbeitende Schutzschirm aufbaute, der nur von dem Kodesignal zum Erlöschen gebracht werden konnte, dessen Sender Kapitän Anderson besaß. „So, ich glaube, daß wir jetzt gehen können. Haben Sie Ihre
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Armbandfunkgeräte kontrolliert?" „Jawohl, Sir!" ,,Na, denn mal los. Und passen Sie auf, daß nicht aus Versehen so ein Brontorsaurier Gelüste nach uns bekommt. Sehen Sie sich ja vor!" Die drei Männer schlugen einen leichtfüßigen Trab an, der ihnen bei der geringen Schwerkraft und der guten Luft des Planeten auch auf die Dauer nicht schwerfallen würde. Kaum zeichneten sich die Fußspuren in dem immer wieder nachrieselnden Ufersand ab. Jäh blieb Anderson stehen, als er kurz vor sich ein verdächtiges Scharren hörte, und gleich darauf auch schon d e r Sand vor seinen Füßen senkrecht in die Höhe spritzte. Ein etwa armlanger und fingerdicker Wurm schoß heraus und verfehlte den Fuß des Kapitäns, den dieser in blitzschneller Reaktion zurückgezogen hatte, nur um wenige Zentimeter. Schaudernd sah er den Stachel, der nadeldünn war und ungefähr drei Zentimeter weit aus einer Öffnung an der Spitze des Wurmes hervorsah. Gerade noch rechtzeitig genug sah Anderson aus den Augenwinkeln heraus, wie einer seiner beiden Begleiter seine Waffe anhob, um diesen Alptraum von einem Tier zu zerstrahlen. ,,Sind Sie verrückt, Randers? Wollen Sie uns mit aller Gewalt verraten? Was meinen Sie wohl, was das für ein prächtiges Echo auf den Energieortern gibt?" „Entschuldigen Sie bitte, Sir,aber ich . . . „Schon gut, Randers. Ich weiß, daß Sie mir nur helfen wollten. Aber wir dürfen auf keinen Fall unsere Strahler gebrauchen. Denn dann hätten wir auch gleich mit dem Gleiter bis vor die Haustür fliegen können. Wir müssen eben aufpassen, daß wir nicht auf solche schäbigen Scherze hereinfallen." „Jawohl, Sir." Scharf den Grund und Boden beobachtend, den sie betraten, bewegte sich der kleine Trupp in etwas langsamerem Tempo als vorher weiter flußaufwärts. Die kleine Waldlichtung lag in tiefster, friedlichster Stille in dem feuchten stickigen Sonnenglast. Bunte Vögel schwirrten von einem Waldrand zum anderen hinüber und irgendwo quiekte leise ein kleines Tier. Mit leisem, eintönigem, einschläferndem Plätschern und Murmeln floß ein schmaler Wildbach quer über die Lichtung und teilte sie fast genau in zwei Hälften. Das erste, was die drei Terraner sahen, war ein etwa drei Meter hohes, überdimensional großes Hühnerei, dessen gelbe Außenwand die Energie der Sonnenstrahlen direkt aufzusaugen schien. Eine niedrige, türähnliche Öffnung lag in einem undurchdringlichen Halbdunkel, und ein leises Summen ertönte aus dem Ei, dessen Spitze ein etwa zehn Meter hoher, silberner Stab zierte, an dessen Spitze ein rotgoldener Metallball befestigt war. Ein halbrunder, metallener Parabolspiegel bedeckte gut fünfzig Prozent der Kugel, und Anderson wußte sofort, daß dieses eine Antenne zur drahtlosen Energieübertragung war. Aber ihm gefiel überhaupt nicht, daß er noch nichts
von der mächtigen, von allen Intelligenzen, denen der Hyperfunk bekannt war, so charakteristisch geformten Hyperfunkantenne sah. Sollte es etwa zwei Stationen geben? Zwei Stationen, die völlig unabhängig voneinander arbeiteten? Das wäre freilich eine fatale Sache, mit der er überhaupt nicht gerechnet hatte. Aber er glaubte nicht so fest daran. Denn dann hätten die empfindlichen Geräte und Instrumente der Tiger die zweite Energiequelle bestimmt auch ausfindig gemacht. Nein, es mußte die gesuchte Station sein, die eine so wichtige Schlüsselstellung in diesem interstellaren Krieg inne hatte. Die drei Terraner lagen hinter einer dicht bewachsenen Pflanze, deren fleischige Blätter ihnen den besten Schutz gegen eine eventuelle optische Ortung bot. Stück für Stück suchten die Männer die Lichtung mit ihren Infrarotgläsern ab, und es dauerte nicht lange, bis sie merkten, daß die Station vor ihnen wohl mit hoher Wahrscheinlichkeit unbesetzt war. Doch darauf ließ auch schon vorher die halb geöffnete Tür schließen. Kapitän Anderson robbte langsam zurück und gab auch seinen Männern einen Wink. „Ich glaube, es dürfte eigentlich nicht besonders schwer sein, die Besatzung daran zu hindern, einen Hilferuf abzustrahlen oder etwa die Einrichtung dieser Funkstation selbst zu vernichten. Nach diesem Bau zu schließen, können es höchstens zwei oder drei der Feinde sein, die Platz genug darin haben Liliputaner sind es auch nicht, denn sonst hätten sie ja nicht einen so großen Eingang nötig. Also, ich habe mir folgendes gedacht: Wir werden, jeder für sich, den Bau von drei Seiten einschließen. Bis auf cirka dreißig Meter, schätze ich, können wir dort herankommen. Ich persönlich werde genau auf den Eingang zu halten und anschließend über Funk mitteilen, ob der Bau leer ist oder nicht. Ist e r leer, werde ich weitere, spezielle Anweisungen geben. Im schlimmsten Falle können wir zu dritt den Bau solange verteidigen, bis die Tiger zu unserer Unterstützung eintrifft. Übrigens, stellen Sie Ihre Waffen auf Lähmungsstrahl um. Ich möchte jetzt endlich mal einen unserer geheimnisvollen Gegner zu Gesicht bekommen. Verhindern Sie jedoch mit allen Mitteln, ich betone nochmals, mit allen Mitteln, daß diese Station zerstört wird. So, ich schätze, es kann losgehen. Uhrenvergleich bitte!" Bis auf wenige Sekunden stimmten alle drei Uhren der Männer überein. ,,Sie setzen sich jetzt a b und nehmen auf dem sichersten Wege Ihre Plätze ein. In dreißig Minuten geht es los." Fast lautlos bewegten sich die beiden Kadetten in entgegengesetzten Richtungen zwischen den hohen Farnwedeln hindurch, und nur ein leichtes Schwanken der Spitzen verriet noch ihren augenblicklichen Standort. Kapitän Anderson war alleine. Ruhig lag er noch immer in der allen Stellung und beobachtete mit seinem starken Glas das geheimnisvolle Gebäude, in dem
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sich bis jetzt noch nichts gerührt hatte. Nur manchmal klickte es metallen darin auf und summte es. Ab und zu wurde das dunkle Innere von roten oder grünen Signallämpchen matt erleuchtet. Noch fünfzehn Minuten. Anderson unterdrückte das Verlangen, sich eine Zigarette anzuzünden. Er durfte sich auf keinen Fall verraten. Denn dann konnten sie wieder von vorne anfangen. Nur würde es dann aber noch erheblich schwieriger werden. Anderson zog sich noch etwas mehr in den Schatten zurück, den ihm seine Deckung so reichlich spendete. Es war wirklich verdammt heiß. Wenn es wenigstens dabei noch trocken gewesen wäre. Kapitän Anderson kam sich vor wie in einem Treibhaus. Die Klimaanlage in seiner leichten Raumfahrerkombination durfte er nicht einschalten, sonst hätte die Gefahr einer Anpeilung bestanden. Als Anderson abermals auf die Uhr sah, fehlten noch genau sechzig Sekunden an der ausgemachten Frist. Noch einmal beobachtete er den eiförmigen Bau und dessen Umgebung, dann verließ er seine Stellung. Die Marke an seinem Strahler stand auf der Lähmungsleistung und zeigte Rotwert. Gute zwanzig Meter weit konnte er in gebückter Stellung durch das meterhohe Gras- und Farnwaldgeflecht laufen, doch dann, ungefähr dreißig Meter vor dem Bauwerk, begann eine fast freie Strecke, die er nur kriechend überqueren konnte. Anderson ließ sich fallen und robbte dann vorsichtig weiter. Nach jeden paar Metern blieb er still liegen und horchte herum. Doch außer dem Plätschern des kleinen Baches und dem Schreien und Kreischen war nichts zu vernehmen. Vorsichtig robbte er weiter durch das feuchte, saftig grüne Gras. Immer näher kam er dem schwarzen Loch des Einganges. Irgendwo hinter ihm ertönte ein leises Rauschen und Knacken. Blitzschnell warf sich Anderson herum und richtete seinen Strahler auf die Stelle, an der er das vendächtige Geräusch gehört hatte. Doch es geschah weiter nichts. Kein lichtschneller Strahlschuß jagte durch das für das Auge undurchdringliche Gewirr von Blättern und Halmen. Anderson setzte seinen Weg fort. Eis war wohl nur irgendein kleineres Tier gewesen. Und dann berührten seine Finger kühles, glattes Metall. Er hatte die unterste Stufe des Gebäudes erreicht. Mit einem mächtigen Satz schnellte er hinauf, über die vier Stufen hinweg, die er vorher wegen des hohen Grases nicht gesehen hatte, und kugelte sich dann mit einer eleganten Rolle i n das Halbdunkel der Station. Sofort warf er sich zur Seite und blieb dann reglos liegen, nur ganz flach atmend. Schon in den ersten Sekunden wußte er, daß die Station unbesetzt war. Geschmeidig richtete e r sich wieder auf und zag sich die Infrarotbrille über. Im ersten Augenblick meinte er, sich in den unsagbar fremden Geräten und Instrumenten nie zurechtfinden zu können. Doch nach und nach erkannte er immer mehr die Funktionen einiger Geräte, und konnte von diesen dann wieder
Verbindungen knüpfen zu anderen Maschinen, Hebeln und Kontrollen. Nachdem Anderson sich umgesehen und genügend orientiert hatte in dieser fremdartigen Umgebung, schaltete er sein Funksprechgerät ein. ,,Achtung, Randers, Raven, auf kürzestem Wege und mit bester Deckung zur Station kommen. Ende! Achtung, Kommandant ruft Tiger. Tiger bitte kommen!'' Kapitän Anderson ging auf Empfang, und Sekunden später knackte es auch schon im Lautsprecher. ,,Achtung, hier Tiger, Leutnant Menkar. Kommandant bitte melden!" „Hier Kommandant! Passen Sie auf, Leutnant! Sie kennen unsere ungefähre Flugroute mit der C-I. Fliegen Sie den Fluß, der nahe an der Station vorüberführt, etwa bis auf tausend Meter Entfernung zur Station hinauf. Die C-I steht gut sichtbar am Ufer. Übernehmen Sie auf dem schnellsten Wege den Gravogleiter und gehen Sie dann auf vorläufige Warteposition. Der Kodewert für den Gleiter ist 0999765. Beeilen Sie sich. Ende!" „Verstanden, Sir! Start in zwei Minuten. Ende!" Kurz nachdem die Funkverbindung unterbrochen worden war, ,erreichten auch die beiden Kadetten die Station. Als sie vorschriftsmäßig Meldung machen wollten, winkte Anderson ab. ,,Lassen Sie das. Passen Sie jetzt mal auf. Die Station ist in unserer Hand, und wir haben somit den wichtigsten Teil unserer Aufgabe erfüllt. Aber wir wollen ja auch noch wissen, wer das denn nun eigentlich ist, gegen den wir jetzt schon seit gut einer Woche kämpfen. Wie diejenigen aussehen, wie sie reagieren und so weiter. Und um das alles herausfinden zu können, müssen wir eben ein solches Individuum bekommen. Unsere einzige Chance liegt darin, die Besatzung dieser Station gefangenzunehmen. Wir werden uns also bis zur Rückkehr ruhig verhalten und empfangen sie dann. Alles, was zur Entdeckung von uns führt, wie zum Beispiel rauchen oder sprechen, ist bis dahin verboten. Bitte, richten Sie sich danach!" Als der Fremde so plötzlich vor ihm stand, prallte er jäh zurück und blieb wie erstarrt stehen. Blitzschnell drehte er sich um, um sein Heil in der Flucht zu suchen, doch es war schon zu spät. Auch der Eingang war von einem dieser widerlich aussehenden Geschöpfe besetzt. Gehetzt blickte er sich um. Doch es gab keinen Ausweg mehr für ihn. Ein Jammer, daß er an diesem Tage auf der Jagd gewesen war und dazu nur seinen langen, unhandlichen Strahler mitgenommen hatte, den er über dem Rücken trug und der somit unerreichbar für ihn geworden war. Ja, wenn er seinen kleinen Strahler mitgenommen hätte, dann. . . Aber so? Er blieb ruhig stehen und starrte mit ausdruckslosen Augen, die vollkommen gefühlskalt waren, in die dunkelrot fluoreszierenden Mündungen von zwei seltsam geformten Waffen, die wuchtig und respekteinflößend aussahen. Dann wanderte sein Blick weiter aufwärts, vorüber an einem breiten Körper, an dem
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die Schulter noch breiter war als an der Hüfte. Darauf saß ein dünner Hals, an dem der Kopf des Wesens saß. Einfach widerlich, diese beiden übergroßen Gehörorgane, die aus dem Kopf weit herausragten, diese schwarz glänzenden Haare, und überhaupt, er war der festen Überzeugung, noch nie etwas so Häßliches gesehen zu haben. Und jetzt begann dieses Wesen auch noch zu sprechen. Eine tiefe, sonore Stimme erklang in dem Raum, als Kapitän Anderson anfing zu sprechen. Er verstand nicht, was d er Fremde sprach, aber es war ihm auch völlig gleichgültig. Unablässig kreisten seine Gedanken darum, einen geeigneten Ausweg zu finden, aus dieser mißlichen Lage zu entkommen. Fand er keinen Ausweg, dann mußte er sich selbst töten. So stand es in den Gesetzen, und e r rnußte sie unbedingt befolgen. Denn keiner seiner Rasse durfte jemals einem Feind lebendig in die Hände fallen, denn das wäre der schlimmste Verrat gewesen, den es in dem taforianischen Imperium gegeben hätte. Und er war kein Verräter! Kapitän Anderson beobachtete den Fremden so scharf, daß man meinen konnte, er würde ihn bereits bei lebendigem Leibe sezieren. Anziehend sah er ja gerade auch nicht aus mit seinem langen, vorne spitz zulaufenden Echsenkopf, aus dem ihn zwei eiskalte Augen von unbestimmbarer Farbe gefühllos betrachteten. Die Schuppen lagen dachiörmig übereinander und wirkten mit ihrer braungrünen Farbe noch abstoßender. Kapitän Anderson gab sich einen Ruck. Man durfte nie einen Unbekannten nach seiner äußerlichen Erscheinung beurteilen. Denn dann tippte man fast immer weit daneben. Anderson bemerkte plötzlich das seltsame Funkeln, das in den Augen der Echse aufglomm. Abrupt hob er seinen Strahler an. Gerade noch zur rechten Zeit. Ein schriller Schrei stand plötzlich im Raum, als sich de r Fremde nach vorne warf und einen langen, spitzen Gegenstand ergriff, der auf einem der vielen Schaltpulte lag. Blitzschnell riß er das spitze Ding hoch und wollte es sich in die Brust bohren, als er von dem Lähmstrahl des Kapitäns getroffen wurde. Er wurde steif wie ein Brett und fiel, in der gleichen Stellung bleibend, zu Boden, wo e r reglos und mit weit geöffneten Augen liegenblieb. Anderson beugte sich kurz über ihn. „Ich schätze, das reicht für zwei Stunden. Wir können jetzt die Tiger anrufen, denn das wird ja wohl der einzige Gegner sein, der in dieser Relaisstation Dienst hatte. Sonst wären nämlich bestimmt noch andere hiergeblieben, auch wenn die ganze Anlage voll automatisch läuft. Äääh, bewacht unseren Gefangenen gut. Wir wissen nämlich nocht nicht, wie lange die Schockwirkung bei dem Fremden andauert. Er kann unter Umständen einen völlig anderen Organismus haben, so daß ihm diese geringe Energiemenge des Lähmstrahles überhaupt nichts anzuhaben vermag. Ich möchte nicht, daß uns ein so wertvoller Gefangener durch eigene Unbedachtsamkeit entflieht."
Kapitän Anderson schaltete sein Sprechfunkgerät ein. ,,Achtung, Kommandant ruft Tiger. Tiger bitte kommen." ,,Hier Tiger, Leutnant Menkar. Kommandant bitte melden." ,,HabenSie schon die C-I übernommen?" „Jawohl, Sir. Der Gravogleiter ist bereits an Bord eingeschleust. Die Tiger befindet sich auf Warteposition." „Auf dem schnellsten Wege die Station anfliegen. Freier Anflug! Ende." Anderson trat aus dem Dunkel des Raumes hinaus. Die Sonne stand schon sehr tief über dem Horizont, und es würde nicht lange dauern, bis die elfstündige Nacht anbrechen würde. Heute abend würde man kaum noch etwas außerhalb des Schiffes unternehmen können. Wenn man auch hellstrahlende Lampen besaß, deren Helligkeit die Augen blendete, so reichten sie doch nicht aus, die unendlich feinen Zahleneinstellungen zur Anpeilung des Zentralplaneten zu entziffern. Als ein pfeifendes Rauschen am Himmel ertönte, sah Kapitän Anderson nach oben, wo sich die Tiger noch i n den letzten Sonnenstrahlen der untergehenden Sonne spiegelte. Die Photonen standen wie spielerisch bläulich fluoreszierend an den Mündungen der Düsenkränze, als der Diskus zur Landung ansetzte. Wenig später federten die hydraulischen Teleskopstützen zum letztenmal, und dann öffnete sich die untere zentrale Polschleuse. Eine breite Lichtbahn fiel in das Halbdunkel, und dann flimmerte es leicht, als das Antigravfeld unter der Schleuse errichtet wurde. Minuten später schwebte Leutnant Menkar zu Boden und kam mit schnellen Schritten auf Kapitän Anderson zu. „Sir, Leutnant Menkar zur Stelle." „Ja, Leutnant, ich glaube, wir haben bis jetzt schon weit über sechzig Prozent unseres Auftrages erfüllt. Ich schätze, der Rest ist morgen in ein paar Stunden von unseren Hyperfunkspezialisten erledigt. Anschließend werden wir einen knappen Überprüfungsflug der Koordinaten durchführen, und dann auf dem schnellsten Wege nach Terra zurückkehren. Ich. .." „Und was machen wir beide während der Stunden morgen früh?" Überrascht drehten sich die beiden Männer um und sahen dicht hinter sich Dr. Hellersen und Dr. Schauert, die unbemerkt herangekommen waren. „Sie??? Was wollen Sie denn während dieser Stunden machen?" ,,Wir möchten gerne eine kleine Exkursion durchführen, um die Flora und die Fauna ein wenig näher kennenzulernen und die Katalogdaten vervollständigen." „Sie beide wollen alleine gehen?" ,,Jawohl, wenn Sie nichts dagegen haben!" Das letzte klang wieder reichlich herausfordernd, und Anderson amüsierte sich innerlich. Unbewegt entgegnete er: „Sie haben doch wohl selbst nicht damit gerechnet, daß ich unter diesen
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Voraussetzungen meine Zustimmung gebe?" „Ich müßte also mindestens drei von meinen Männern zur Begleitung mitschicken, und das alles, wo ich noch nicht einmal genau weiß, ob wir nicht jede Hand morgen früh gebrauchen können. Aber ich bin trotzdem damit einverstanden, wenn Sie mir versprechen, daß Sie zu einer vorher ausgemachten Zeit pünktlich wieder zurück sird. Haben wir uns verstanden?" Dr. Hellersen meinte kühl: „Ich glaube, es bleibt uns gar nichts anderes übrig. Aber ich frage mich nur, warum Sie das so extra betonen? Waren wir denn bis jetzt schon einmal unpünktlich?" Kapitän Anderson räusperte sich kurz. ,,Habe ich das denn gesagt?" Fast lautlos arbeiteten die Ladekräne, die einige umfangreiche Apparate aus dem Hangar holten und auf dem Boden absetzten, wo ein Gravogleiter bereitstand, um sie weiter zur Station zu befördern. Mindestens zehn Terraner waren damit beschäftigt, vorsichtig die Verkleidungen der fremden und unbekannten Apparate zu lösen, provisorische Schaltpläne aufzuzeichnen und so weiter. Die beiden Hyperfunkexperten standen dabei und wachten mit Argusaugen darüber, daß alles richtig gemacht wurde. Heftig winkte Tulan dem Führer des Gleiters zu. „Lassen Sie nur den Energiemeter hier. Den Rest können Sie ruhig wieder zurückfahren. Oder halt, lassen Sie alles auf dem Gleiter, denn damit kommen wir ja wohl auch dorthin. Hier, stellen Sie ihn hierhin. Vorsichtig, das Ding ist so kompliziert, daß es schon kaputt geht, wenn man es nur einmal falsch ansieht. Ja , so ist es gut." Dir beiden Spezialisten ließen sich die bisher aufgezeichneten Schaltpläne geben und scheuchten dann die übrigen Männer von einer großen Schalttafel, deren Inneres offen vor ihnen lag. "Ich schätze, Kollege Frank, wir müssen zwei Testversuche durchführen. Beim ersten schalten wir den Energiemeter vor den Hyperwellenmodulator, beim zweiten Mal hinter den Modulator. Anschließend haben wir ja dann auch den Widerstand des Modulators. Den Frequenzsucher können wir nach dem Modulator in Reihe schalten. Ich glaube, das ist das einzige. Aber mehr brauchen wir ja auch nicht zu wissen. Hier, wollen Sie mal bitte eben festhalten?" Während Frank das fingerdicke Kabel festhielt, klemmte Tulan das andere Kabel an einer Leitung fest. Plötzlich zischte ein heller, blendender Blitz aus und sah dann auf den Zeiger des Energiemeters. „Donnerwetter, die haben ja ganz anständig Saft hier. Genau so viel wie wir in der Tiger. Hätte ich nicht gedacht. Hmmm, wo liegt eigentlich die Kraftstation?" „Hier drunter. Zirka dreißig Meter tief. Den Zugang haben wir bis jetzt noch nicht gefunden."
„Ja, woher wissen wir es dann?" „Von den Hohlraumtastern. Aber, wir wollen jetzt den nächsten Test durchführen. Wir haben nämlich nicht besonders viel Zeit." Als bei dem zweiten Test die Zeiger genauso weit ausschlugen wie beim ersten Mal, glaubten die beiden Terraner, ihren Augen nicht trauen zu können. „Das kann doch überhaupt nicht sein, daß der Hypermodulator vollkommen widerstandslos arbeitet. Test noch einmal von vorne!" Als auch beim dritten Test die Kontrollen die gleichen Werte anzeigten, glaubten sie es doch. „Schade, daß wir den Modulator nicht ausbauen können. Unsere sind nämlich ein ganz schönes Stück schlechter. Vielleicht können wir aber auf dem Rückweg noch einmal hier vorbei kommen. So, ich glaube, wir sind hier unten jetzt fertig. Die Daten sind gespeichert, die Auswertung kann die Bordpositronik übernehmen. Kommen Sie, Kollege, beenden wir unsere Arbeit." Die beiden Männer gingen nach draußen und schlossen geblendet die Augen, als sie von den gleißenden Sonnenstrahlen empfangen wurden. „Was ist denn das? Eben war es doch noch dunkel?" Verwundert sahen die Männer auf ihre Uhren und stellten fest, daß sie bereits seit fünf Stunden ohne Unterbrechung gearbeitet hatten. ,,Ich glaube, wir können jetzt ruhig einmal eine kurze Pause einlegen. Den Hyperrichtstrahl zu bestimmen, dürfte gleich nicht mehr besonders schwerfallen." Die beiden Männer ließen sich auf dem Gleiter nieder, auf dem noch die übrigen Geräte standen, und begannen zu frühstücken. ,,So, ich meine, das ist jetzt weit genug. Wir müssen jetzt wieder zum Schiff zurück, meine Damen." ,,Was heißt hier ,wieder zum Schiff zurück'? Wir sind ja jetzt gerade erst losgegangen. Wir gehen noch ein bißchen weiter." „Ich dachte, Sie hätten unserem Käpt'n versprochen, pünktlich in sechs Stunden wieder zurück zu sein. Außerdem liegt das gerade erst losgegangen' schon seit dreieinhalb Stunden zurück. Ich habe Ihnen sowieso schon eine Stunde dazu gegeben, und dadurch werden wir mit Sicherheit zu spät beim Schiff sein, und damit hätte ich dann meinen Auftrag nicht zufriedenstellend erledigt. Aber das dürfte Ihnen ja wohl auch gleichgültig sein. Also, es bleibt dabei, wir kehren augenblicklich um. Ich schätze, Sie haben auf diesem kleinen Streifzug auch so schon Unmengen an für Sie interessantem Material gesammelt, nicht wahr?" ,,Noch eine halbe Stunde, Leutnant, ja?" Dr. Hellersen verlegte sich aufs Bitten und sah den Leutnant lächelnd an. Doch auch davon ließ er sich nicht einweichen und bestand darauf, augenblicklich umzukehren. Das Lächeln Dr. Hellersens fror ein, und ihre Augen begannen streitlustig zu funkeln.
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,,Ich bestehe darauf, noch weiterzugehen, Leutnant Tronden." ,,Das können Sie auch, Doktor. Aber es ändert trotzdem nichts an meinem Entschluß, daß wir zurückmarschieren. Bitte, machen Sie mir keine Schwierigkeiten. Wenn wir wieder zurück sind, können Sie sich ja beim Kommandanten beschweren. Aber jetzt gehen wir. Bleiben Sie bitte in unserer Mitte." Zornig mußte sich Dr. Hellersen fügen, als sich der kleine Trupp wieder auf den Rückweg machte. Vorbei an gefährlichen, kaum sichtbaren Sümpfen, aus denen manchmal mit leisem Blubbern tellergroße Gasblasen aufstiegen. Hunderte von Metern entlang durch knöcheltiefes Wasser, dessen Grund man vor Schlamm nicht sehen konnte. Nur gedämpft brach das Sonnenlicht durch die haushohen Farnwedel. Ein fast unerträgliches Kreischen, Krächzen und Brüllen drang durch den unermeßlichen Urwald. Manchmal knackte es irgendwo im Unterholz, doch wenn der kleine Trupp dann anhielt, war nicht das geringste mehr zu hören. Dichte Nebelbänke lagen über einigen Stellen, an denen besonders viel Wasser war. Die sieben Terraner fühlten sich trotz des Lärms, den die Tiere verursachten, wie in einer riesigen Grabkammer. Die Luft war drückend schwül und roch nach Moder und Tod und unterstrich noch das häßliche, beklemmende Gefühl. Als der kleine Trupp von sieben Terranern wieder auf dem Landeplatz der Tiger eintraf, wurden gerade die letzten Instrumente und Maschinen von dem Gravogleiter abgeladen und in den Ladehangar verstaut. Kapitän Anderson stand dabei und sah mit unbewegtem Gesicht Leutnant Tronden entgegen, der sich vor ihm aufbaute und salutierte. ,,Sir, Exkursionstrupp Leutnant Tronden meldet sich zurück." ,,Leutnant, hatte ich nicht gesagt, Sie sollten in sechs Stunden wieder zurück sein? Mittlerweile sind es siebeneinhalb Stunden seit Ihrem Aufbruch geworden. Was haben Sie zu Ihrer Entschuldigung zu sagen, Leutnant?" ,.Nichts, Sir. Es war meine Schuld. Ich bin . . ." ,,Warum lügen Sie, Leutnant Tronden? Sagen Sie dem Kommandanten doch die Wahrheit. Sagen Sie ihm, daß nur ich alleine Schuld an der Verspätung trage. Sie brauchen meinetwegen nicht zu lügen, Leutnant! Trotzdem aber danke ich Ihnen vielmals." Dr. Hellersen war zu den beiden Männern getreten und blickte Kapitän Anderson mit unsteten Augen an. Der Kommandant wandte sich von Leutnant Tronden ab. „Sie also haben die Schuld an Leutnant Trondens Verpsätung?" „Jawohl. Ich sagte es bereits." Anderscon verschlug es fast die Sprache. ,,Dr. Hellersen, ich weiß, daß Sie zum ersten Mal auf einem Raumschiff sind Und dazu noch auf einem Schlachtschiff des Solaren Imperiums! Und jetzt hören Sie mir einmal genau zu! Wenn Sie meinen, Sie könnten mit Ihren Extratouren auf der Tiger durchkommen, dann haben Sie sich aber
verdammt tief geschnitten. So etwas gibt es nicht auf meinem Schiff! Wenn Sie auch eine Frau sind, so zählt das hier überhaupt nichts, wo jeder auf den anderen angewiesen ist. Das eine sage ich Ihnen, dieses war Ihr letztes Vergehen gegen das Bordgesetz. Ich werde mir noch sehr reichlich überlegen, ob ich es Ihnen ein zweites Mal gestatten werde, von Bord zu gehen. Ich habe nämlich absolut keine Lust, wegen Ihnen meine Männer und die Tiger auf das Spiel zu setzen! Haben wir uns verstanden, Dr. Hellersen?" Der Kommandant musterte die junge Dame, die mit hochrotem Kopf vor ihm stand. Abrupt drehte sie sich herum und hatte schon den ersten Schritt gemacht, als sie von der eiskalten Stimme des Kapitäns noch einmal zurückgehalten wurde. ,,Dr. Hellersen! An Bord eines Raumschiffes besteht noch immer die Regel, die Worte des Kommandanten zu bestätigen!" Stocksteif blieb Dr. Hellersen stehen, dann drehte sie sich herum. Ihre Lippen waren zu schmalen Strichen zusammengepreßt, und es schien ihr unendliche Mühe zu bereiten, sich die Worte abzuringen: „Ich habe Ihre Worte verstanden, Kommandant!" Mit funkelnden Augen sah Dr. Hellersen auf die fünf Terraner, die ihre Schlappe miterlebt hatten, und lief davon. Minuten später ließ sie sich von dem Antigrav in das Schiff tragen und war aus den Augen der Männer verschwunden. Kapitän Anderson drehte sich herum und beobachtete weiter das Verladen des letzten, komplizierten Apparates, der ohne zu schaukeln an den Magnettrossen des Ladekranes hing. Gleichmäßig wurde er in die Höhe gezogen und veeschwand dann in dem dunkel gähnenden Maul der Tiger. Leise singend liefen auch die Triebwerke des Gravoleiters an, und dann verschwand auch e r in dem Beiboothangar. Mit sattem Schmatzen schlossen sich die Schotts. Noch einmal ging Anderson zu der kleinen, eiförmigen Relaisstation zurück, die noch immer voll automatisch ihren Dienst versah. Der große, graue Bildschirm, der fast ein Viertel des ganzen Raumes einnahm, war seit der Landung der Tiger noch nicht in Tätigkeit getreten. Kapitän Anderson vermutete, daß es eine Direkt-Sichtsprechverbindung zu der Hauptwelt des Gegners war. Sorgfältig überprüfte Anderson, ob auch kein verräterisches terranisches Instrument liegengeblieben war. Doch es war alles in Ordnung. Gemächlich verließ er die winzige Schaltstation und näherte sich dem Antigravfeld der Tiger. Hinter ihm verstummte das metallische Klicken und Summen der Station. Nachdem Anderson das Schiff betreten hatte, strebte er sofort der Kommandozentrale zu. Die Besatzungsmitglieder waren vollzählig an Bord und Anderson ließ die Haupt-Mannschaftsschleuse zufahren, so daß der Diskus
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jetzt wieder vollkommen startbereit mitten auf der kleinen Lichtung stand. Schon begannen sich die Schatten der Bäume wieder zu verlängern, und immer schneller brach die Dunkelheit über dem Planeten herein. Wie glühende Katzenaugen strahlten die erleuchteten Bullauge der Tiger in die Finsternis. In der Zentrale, wo das große Positronengehirn stand, war Hochbetrieb. Ununterbrochen arbeitete der Roboter schon seit über vier Stunden an Ideen Auswertungsergebnissen der gesammelten Daten. Mit unvorstellbar schwierigen Rechenvorgängen versuchte das E-Gehirn die Position des gesuchten Planeten zu ermitteln. Wie beutegierige Raubtiere stürzten sich die Hyperfunktechniker und Kybernetiker auf die Zwischenauswertungen, die das Gehirn laufend in kleinen Plastikplättchen eingestanzt, ausspie. Meterlange Metallfolien ringelten sich auf dem Fußboden, und auch die Kontrollen der kleineren Rechenautomaten leuchteten intensiv auf. Schon zweimal hatte die Positronik Rotzeichen gegeben. Die ihr gestellten Aufgaben waren unlösbar gewesen. Es dauerte Stunden, bis die Männer eine neue Symbolkarte angefertigt hatten, auf denen die Fragestellung berichtigt worden war und nach der der Roboter arbeiten konnte. Doch unerschöpflich schien der Arbeitswille der Terraner zu sein, und nach und nach zeichneten sich auch schon die ersten Erfolge ab. Einige wichtige Rechenauswertungen lagen bereits komplett vor ihnen und erleichterten erheblich die Arbeit. Der Kommandant war schon seit ein paar Stunden in seiner Kabine verschwunden, und auch Leutnant Menkar war nirgendwo in der Zentrale zu sehen. Nur die Orterstationen waren voll besetzt, doch es blieb alles ruhig. Endlich, gegen fünf Uhr morgens, stellte die Positronik ihre Arbeit ein. Das Summen und Vibrieren dieser mächtigen Maschine, die das Herz eines jeden Raumers war, verstummte nach zwölfstündiger, ununterbrochener Arbeit. Aus den Ausgabeschlitzen kamen noch zwei Plastikkarten, die die letzten, endgültigen Daten enthielten. Übermüdet aber triumphierend nahmen die Männer sie aus dem Auffangkorb und steckten sie in den Schllitz des Symboltranslators. Zehn Minuten später stellten auch diese Maschinen ihre Arbeit ein, und in dem Auffangkorb lag fix und fertig der Steuerstreifen mit dem vollständigen Programm des Hyperfluges. Die Position des unbekannten und so wichtigen Planeten war gesucht und nach mühseliger Arbeit auch gefunden worden. Für die Terraner bedeutete dieser Sieg ein großer Lichtblick für die weitere Zukunft, die sich noch vor kurzem in so schwarzem Licht gezeigt hatte. Befriedigt und erschöpft verließen auch diese Männer gegen sechs Uhr früh die Zentrale und begaben sich in ihre Kabinen.
Die Triebwerke liefen bereits auf Vorwärmung, und die Besatzung hatte schon lange die Stationen eingenommen. Soeben liefen die letzten Klarmeldungen ein. Noch einmal blickte Anderson auf die Panoramaschirme, auf denen das dunkle, saftige Grün des Urwaldes leuchtete. Es war wirklich eine paradiesische Welt, die die Terraner entdeckt hatten. Anderson mußte sich mit Gewalt davon abwenden und an den bevorstehenden Start denken. Das Kosmotron lief bereits auf Leistung, und auch die elektromagnetischen Linearfelder standen schon mit voller Stärke. Dem Start der Tiger stand nichts mehr im Wege. Entschlossen drückte der Kommandant den großen Fahrt-Stufenhebel um einen Teilstrich nach unten. Fast geräuschlos hob der Diskus ab, und mit metallischem Schleifgeräusch schoben sich die hydraulischen Teleskopstützen ineinander. Die Tiger begann zu steigen. Immer weiter bewegten sich die Kontrollzeiger auf den Höhenskalen entlang. Anderson beschleunigte nur mit den geringsten Werten, solange noch die Konturen der Planetenoberfläche scharf und deutlich auf den Bildschirmen zu sehen waren. Immer höher und schneller stieg der Diskus. Schon färbte sich das helle Elau des Himmels in ein dunkles Violett, das Minuten später dem Schwarz des Weltraumes wich. Einzelne Luftfetzen zogen an der Tiger vorbei und ließen den leichten Schutzschirm matt aufleuchten. Dann waren auch diese letzten Reste der Atmosphäre unter der Tiger verschwunden, und der freie Weltraum nahm das Schiff auf. Kurz arbeiteten die Korrekturtriebwerke und drückten den Diskus in einen weit geschwungenen Bogen. Anderson spannte den Steuerstreifen in die Automatik und drückte den Stufenhebel auf Maximalleistung. Beruhigend klang das tiefe Brummen der Andruckabsorberreaktoren durch die Zentrale. Als die Automatik Grünwert gab, blockierte Anderson die Manuell-Steuerung. Vorläufig würde er nichts mehr mit dem Flug und der Steuerung zu tun haben. Die ganze Arbeit hatte ihm die Automatik abgenommen, die jetzt auf einen imaginären Punkt im Weltenraum zustrebte. Der Planet, von dem die Tiger vor gut dreißig Minuten gestartet war, stand nur noch als apfelgroßer Punkt auf den Schirmen. Anderson befand sich in einem Gewissenskonflikt. Eigentlich hätte er sofort den direkten Kurs nach Terra einschlagen sollen, doch er hatte sich entschieden, erst einmal persönlich die Auswertungen des Positronengehirnes zu überprüfen. Er hatte das neu errechnete Steuerband in die Automatik gespannt und harrte jetzt der Dinge, die da kamen. Das schwierigste Problem für ihn war, daß er runde sechs Tage verlor bei dieser Flugroute, und in dem interstellaren Krieg war das unter Umständen die Entscheidung zum Sieg oder zur Niederlage. Aber besser sechs Tage verloren
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als später ein paar Monate. Kapitän Anderson dachte an den ersten Gefangenen, den es wohl in diesem Krieg gab. Im Augenblick wurde er unter Narkase gehalten und war in einer ausbruchssicheren Kabine untergebracht. An Bord hatte man nicht die Zeit und auch nicht die Mittel, ein tiefgehendes, psychologisches Verhör durchzuführen. Na, auf Terra würde man die Echse schon ganz schön auseinandernehmen. Nicht, daß etwa so eine Prozedur schmerzlich für den Betreffenden verlief. Nein, man hatte im Laufe der Zeit Mittelchen entwickelt, die demjenigen, der sie einmal intus hatte, mit größter Garantie und ohne die geringsten Schmerzen die geheimnisvollsten Geheimnisse entlockten. Hoffentlich funktionierten sie auch bei diesem offensichtlich artfremden Organismus. Na, wenn nicht, dann würde man auf Terra eben experimentieren müssen, um die passenden Präparate zu bekommen. Dann. .. Jäh wurde der Kommandant aus seinen Gedanken gerissen. Mit metallener Stimme klang das Countdown der Steuerautomatik auf. . . . 5 . . . 4 . . . 3 . . . 2 . . . 0. Übergangslos verblaßten die Sterne des vierdimensionalen Raumes, um Sekunden später wieder auf den Außenbildschirmen zu erscheinen, als die Hypernegativortung eingeschaltet wurde. Das Transitionsmanöver war geglückt, und immer mehr beschleunigte die Tiger in der überlichtschnellen Fahrt. Ein seltsames Singen hallte durch die Zentrale, als der Steuerroboter das Steuerband mit den Symbolen in immer schneller werdender Geschwindigkeit abtastete. Als die Tiger rematerialisierte, tobte ein Höllenlärm durch das Schiff. Mißtönig schrillten die Klingeln des Gefechtsalarms durch den Diskus, und ununterbrochen rumorte es in den Strukturtastern. Die überlichtschnellen Radarstrahlen jagten durch den Raum, wurden von metallenen Gegenständen reflektiert und zauberten unzählig viele Echos auf die Radarspinne. Die Grobschätzung ergab im Augenblick etwa fünftausend Raumschiffe, die sich alle in dem Sektor des Tafor-Sonnensystems bewegten. Knapp unter der einfachen Lichtgeschwindigkeit liegend raste der terranische Raumer mitten durch das Herz des Feindes. Die Bordkameras liefen schnurrend und hielten den grandiosen Anblick fest. Unaufhörlich kreisten die mächtigen Hyperfunkantennen, und der Funker versuchte verzweifelt, die eng beieinanderliegenden Frequenzen untereinander zu trennen. Leise surrend liefen die Tonbänder zum Aufzeichnen der fremden Funkzeichen. Der Kommandant wußte, daß das so verzweifelt gesuchte Sonnensystem des Feindes vor ihnen lag. Und damit hatte sich die Situation von Terra in diesem großen, interstellaren Krieg entscheidend gebessert. Damit hatte Terra schon fast den endgültigen Sieg in diesem mörderischen Krieg davongetragen. Schon Sekunden später meldete sich die Ortungszentrale. „Achtung, Tiger von sechs Seiten aus im Zentrum eines Peilstrahles. Die Zahl hat sich jetzt auf zehn erhöht, jetzt auf dreißig, siebzig! Sir, es werden von Sekunde zu Sekunde mehr. Die Tiger ist einwandfrei angepeilt worden!
Achtung, Kurswechsel von einhundertundvierzig Schiffen, Wert 0. Schiffe befinden sich zur Zeit in einer Beschleunigungsphase." ,,Entfernung?" ,,Zwanzig Lichtminuten, Sir. Verringert sich schnell. Geschwindigkeit der Schiffe im Augenblick zweihmdertundsechzigtausend Kilometer pro Sekunde." Der Kommandant unterbrach die Verbindung und betrachtete die Panoramaschirme, auf denen sich unzählig viele, silbern blitzende Pünktchen von dem Schwarz des Weltraumes abhoben. Lohende Impulsstrahlen schwebten wie blutig-rote Finger, flammenden Fackeln gleich, im Weltall. Kurz überschlug Anderson noch einmal die Meldung. Die Tiger konnte also noch gute zehn Minuten lang ungestört in diesem System bleiben, ehe die gegnerischen Raumer die günstigste Schußposition erreichten. Außendem flog d er Diskus nur mit knapp Unterlicht und konnte somit jede Skunde in die Transition gehen. Gerade wollte Anderson sich gemütlich in seinem Konturensessel niederlassen, als es geschah. Die Strukturtaster schlugen bis zum Anschlag aus. Von jetzt an waren gleich drei riesige, matt glänzende Walzen auf dem Billdschirm zu sehen, die, aus der Transition kommend, in voller Fahrt auf die Tiger zujagten. Rasend schnell verringerte sich der Abstand zwischen den feindlichen Schiffen und dem Diskus, und dann eröffneten die drei Schiffsgiganten auch schon das Feuer. Als die gigantischen Energiemengen auf die Schutzschirme des Diskus trafen, begann das Schiff dröhnend zu schwingen. Hell leuchteten einige Kontrollen auf, als der erste und der zweite Schutzschirm schon bei dem ersten Angriff zusammenbrachen. Hell winselten die Konverter auf, als sie so plötzlich im Leerlauf liefen. Noch ehe sich die Schirme erneut stabilisiert hatten, schlug der Kommandant auf die Transitionstaste, und die Tiger verschwand aus dem Einsteinuniversum. Wo sie noch vor wenigen Sekunden gestanden hatte, trafen sich die nächsten Strahlschüsse der Superschlachtschiffe und entwickelten die Energie, die einer kleinen Sonne gleich waren. Die Tiger war gerade noch im letzten Augenblick ihrem verderbenbringenden Schicksal entgangen, und raste jetzt mit vielfacher Lichtgeschwindigkeit durch den Hyperraum, mit Direktkurs auf Terra, wo sie eine Woche später auf dem Raumhafen von Terramos landete. Die Raumschlacht tobte in vollem Gange. In tiefgestaffelter Phalanx griffen die terranischen Schlachtschiffe immer wieder an, vernichteten viele der Gegner, und wurden von deren restlichen Raumschiffen wieder zurückgeschlagen. Die Terraner wunderten sich, wo immer wieder die vielen Schiffe der Taforianer herkamen. Es war tatsächlich wie ein Riese, dem man einen Kopf abschlug und dem dann immer wieder zwei neue Köpfe nachwuchsen. Der Todesmut der Echsen war zu bewundern, doch langsam wurde er ihnen unheimlich. Obwohl sie ganz genau wußten, daß die Schutzschirme ihrer
Raumschiffe viel zu schwach für die gegnerischen Schlachtraumer waren, griffen sie dennoch immer wieder an. Und immer wieder gelang es ihnen, Raumschiffe entweder restlos zu zerstören oder aber nur zum Wrack zu schießen. Aber auch damit hatten sie dann mit einem Gegner weniger zu rechnen. Einige Terraner waren nur damit beschäftigt, Schiffbrüchige wieder einzusammeln, wobei sie vom Gegner fast niemals gehindert wurden. Einige Raumschiffkommandanten glaubten ihren Augen nicht zu trauen, als sie auf den Bildschirmen sahen, wie kleinere Terraschiffe sich plötzlich in ein Nichts auflösten. Und dann sahen sie erst die Schiffgiganten der Taforianer, deren Superschlachtschiffe, wovon nur zwei genügten, um einem terranischen Superschlachtschiff ernste Sorgen zu bereiten. Bisher waren immer mindestens fünf Schiffe dazu notwendig gewesen. Und überall dort, wo es am schlechtesten für sie stand, erschienen die Schiffe und entschieden die Situation in den meisten Fällen zu ihren Gunsten. Doch auch das nützte ihnen nichts. Dazu hatten sie einen viel zu mächtigen Gegner. Sie waren nur wie ein Tropfen Wasser auf einen heißen Stein. Seit zwei Tagen schon befanden sich die Terraner auf dem Vormarsch, und mittlerweile waren sie bis auf eine Lichtstunde Entfernung zu Tafor herangekommen. Immer mehr Schiffe rematerialisierten aus dem Hyperraum und unterstützten sie. Es machte sich bezahlt, daß Terra, im Gegensatz zu Tafor, seine Kolonialwelten immer anständig behandelt hatte. Nun halfen sie Terra und schickten ihre Schlachtflotten zur Unterstützung. Der Blockadering um Tafor schützte diesen Planeten nicht mehr, nachdem e r schon an einer Stelle völlig durchbrochen worden war und die ersten terranischen Raumschiffe schon das Landemanöver einleiteten. Wütend schlug ihnen das Boden-Abwehrfeuer entgegen und riß noch einmal Lücken bei den Terranern. Doch es war umsonst. Unaufhaltsam strömten immer mehr Schiffe durch die einmal gerissene Lücke, und dann setzten auch schon die ersten Superschlachtschiffe auf dem Erdboden auf. Unverrückbar standen sie da unter ihren mächtigen Schutzschirmen, und schienen das verzweifelte Bemühen der Taforianer überhaupt nicht zu bemerken. Seitdem die Heckflossen den Boden berührt hatten, gaben die Schiffe keinen einzigen Strahlschuß mehr ab. Langsam aber sicher ließ der Widerstand der Echsen nach. Immer mehr terranische Schiffe landeten auf dem Planeten und standen wie drohende Zeigefinger auf ihren Landeplätzen, eingehüllt in die undurchdringlichen Schutzschirme. Die Kommandanten der Schiffe saßen zum großen Teil ruhig in ihren Sesseln und betrachteten die Bildschirme oder aber sie standen in Verbindung mit den Funkstationen und Ortungsabteilungen und ließen sich über die letzten Geschehnisse im Weltraum unterrichten. Nur noch vereinzelt fanden dort Feuergefechte statt. Allzu ehrgeizige Kommandanten unter den Echsen versuchten immer wieder, Raumschiffe unter
ihrem Kommando zu sammeln, um damit erneut gegen den verhaßten Feind vorzudringen, trotzdem sie genau wußten, und auch eingesehen haben mußten, daß die Schlacht für das taforianische Imperium endgültig vorbei war. Die elf Mitglieder des großen Rates von Tafor saßen um den großen Tisch. Zaghaft meldete sich eine der Echsen, und ungehalten sah der Gebieter auf. ,,Was willst du, Fragh?" ,,Gebieter, du wirst mich zwar bestrafen, aber ich seihe keinen anderen Ausweg als die Kapitulation für Tafor. Dabei müssen wir versuchen, so viel wie möglich für uns herauszuschlagen. Das ist de r einzige Ausweg, bei dem höchstwahrscheinlich noch etwas zu retten ist, das sonst auf jeden Fall für a n s verloren ist." Die Haut des Gebieters ging in ein dunkles Violett über bei den Worten der Echse. ,,Wie kannst du es wagen, mir von einer Kapitulation zu reden? Mir, der ich bisher alle Schlachten restlos gewonnen habe? Immer war ich es, vor dem andere Völker kapitulieren mußten, und jetzt soll ich mich ergeben und um Gnade winseln? Bist d u wahnsinnig geworden, d u Verräter? Ich lasse dich auf der Stelle töten!" Der Gebieter wollte schon auf einen Knopf drücken, als er noch einmal von dem drohenden Gemurmel der anderen Echsen davon abgehalten wurde. ,,Gebieter, wenn du Fragh tötest, wird es eine Revolution gaben, denn das gesamte Volk denkt genauso wie Fragh, und wir denken auch so! Gebieter, unsere gesamte Raumflotte ist bis auf den letzten Rest vernichtet, kampfunfähig oder zerstreut worden. Mit den Boden-Abwehrstationen, die zwar stärker sind als Raumschiffe, können wir die Landeplätze dieser Invasoren nicht erreichen. Unsere anderen Geschütze und Waffen sind viel zu schwach fur die mächtigen Schiffe dieser Fremden. Sie können noch nicht einmal das Schutzfeld leicht zum Aufglühen bringen! Unsere Kolonialwelten wallen uns auch nicht unterstützen, sondern kommen mit irgendwelchen nicht stichhaltigen Entschuldigungen, andere sogar mit unverhüllten Drohungen, sich sofort mit dem Feind zu verbünden, wenn Tafor es noch einmal wagen sollte, ihre Welten zu belästigen. Darüber hinaus sind unsere Verluste an Material und Besatzungen so unermeßlich groß, daß es alleine schon dashalb unmöglich wäre, alle Stationen mit Gefechtsstärke zu besetzen." ,,Du vergißt nur die fünftausend Schiffe, die im Hakelna-System kämpfen! Wir wenden sie auf dem schnellsten Wege zurückrufen und damit den Feind vollkommen vernichten!" ,,Mit fünftausend Schiffen gegen siebentausend überlegene Schiffe des Gegners? Außerdem, seit ein paar Zeiteinheiten ist jeglicher Kontakt mit den Schiffen im Hakelna-System verlorengegangen. Ebenso arbeitet die Relaisstation im Fantan-System seit einigen Zeiteinheiten nur noch vollautomatisch. Die Besatzung dieser Station hat sich nicht mehr gemeldet.
Daraus wiederum kann man schließen, daß der Gegner diese Station ausfindig gemacht hat, die Besatzung übewältigt hat und anschließend aus den Hyperrichtstrahlstellungen die Position von Tafor errechnet hat. Nur deswegen kann man sich auch erklären, wieso der Feind so haargenau in unserem Sonnensystem aus der Transition rematerialisiert ist. Außerdem noch hatten wir vor zehn Zeiteinheiten etwa schon einmal ein unbekanntes Schiff i n unserem System registriert. Bevor wir es jedoch näher untersuchen konnten, ging es bereits wieder in die Transition. Das war das erste Vorpostenschiff des Gegners gewesen, das die Lage wohl erst einmal sondieren wollte. Um unser erwachtes Mißtrauen anschließend wieder einzuschläfern, geschah danach lange Zeit nichts. Aber das gehört ja auch jetzt nicht hierher. Gebieter, ich spreche im Namen der elf Mitglieder des großen Rates, wenn ich sage, Tafor muß kapitulieren um zu retten, was noch zu retten ist. Überdies glaube ich daran, daß unser Feind auf unsere Kapitulation wartet, denn warum ist er auf Tafor gelandet, wenn e r bis jetzt noch nichts zerstört hat?" Der Gebieter hatte sich beruhigt. Es hatte ihn schwer getroffen, als er von dem Verlust der fünftausend Raumschiffe im Hakelna-System gehört hatte. Diese Schiffe waren seine letzte Hoffnung gewesen. Doch wenn die Lage so für Tafor stand, dann mußte auch er den vernünftigsten Entschluß fassen, den es in seiner Situation überhaupt gab: Ta-for mußte sich ergeben! Er fühlte sich wie ein Verräter, als er die entsprechenden Befehle herausgab, doch er wußte, er konnte nicht anders handeln. Auf einmal knackte es kurz im Lautsprecher, und dann ertönte eine helle, hohe Stimme, die in einer fremden Sprache etwas sagte. Schnell schaltete der Funker den Simultantranslator ein, und dann konnten die Männer in der Zentrale plötzlich alles ganz genau verstehen. ".. . mich verstehen könnt, dann könnt ihr mir auch antworten. Könnt ihr mich verstehen?" Rasch winkte der Kommandant des Flaggschiffes dem Funker zu, ergriff das Mikrophon und schaltete auf Sendung. „Achtung, wir können euch verstehen! Was wollt ihr?" Eine kleine Weile herrschte Schweigen, und dann hallte plötzlich wieder die fremde Stimme durch die Bordlautsprecher. ,,Es ist sehr gut, daß ihr uns versteht. Es erleichtert die Angelegenheit. Hier spricht der Gebieter des taforianischen Imperiums. Wir bitten euch um einen sofortigen Waffenstillstand und fragen euch, ob ihr bereit seid, eine Kapitulation anzunehmen und unter welchen Bedingungen das sein wird? Antwortet bitte sofort." „Wir sind bereit, einen sofortigen Waffenstillstand einzugehen, wenn eure restlichen Raumschiffe umgehend aufhören, unsere Schiffe zu belästigen und auf Tafor landen. Weiter sind wir bereit, die Kapitulation anzunehmen. Von wo spricht der Gebieter? Wie groß ist die Entfernung zu meinem Flaggschiff?"
„Wo steht dein Flaggschiff? Beschreibe mir di e Landschaft." Der Kommandant blickte hilfesuchend auf die Panoramaschirme und erzählte, was er darauf sah. Schon nach den ersten Sätzen drang die fremde Stimme wieder durch die Zentrale. „Es ist schon gut! Ich weiß, wo du dich befindest. Ich werde in einer zehntel Zeiteinheit bei deinem Schiff sein." ,,Es ist gut! Ich werde dich erwarten." Die Funkverbindung erlosch, und der Kommandant trat an die Bordsprechanlage. Er nannte einige Namen, verließ danach die Zentrale und begab sich in seine Kabine. Zehn Minuten später betrat er bereits wieder den Kommandoraum, dieses Mal jedoch in seiner hellen Galauniform. Fast zu gleicher Zeit waren auch die Männer fertig, deren Namen der Kommandant soeben aufgerufen hatte. Fünf Minuten später registrierten die Ortungsgeräte einen kleinen, flach gebauten Gegenstand, der eine gewisse Ähnlichkeit mit den terranischen Gravogleitern aufwies, und kurz danach tauchte auch schon die Flugmaschine auf den Panoramaschirmen auf. Leicht ging sie etwa fünfzig Meter vor dem äußersten Schutzschirm zu Boden, und dann öffnete sich die Tür und drei Gestalten sprangen heraus. Gemessenen Schrittes näherten sie sich dem Raumschiff, dessen Schutzschirm aufflackernd zusammenfiel. Eine kleine Schleuse öffnete sich, und der Kommandant verließ mit seiner Begleitung das Schiff und ging den Taforianern entgegen. In der Mitte trafen sich die beiden Feinde, musterten sich ausgiebig und begannen dann über die Kapitulationsbedingungen zu verhandeln. Zwei Stunden terranischer Zeitrechnung dauerte die Verhandlung an, dann gingen die beiden Gruppen wieder auseinander. Während sich das Schleusenschott hinter dem Kommandanten schloß, startete der kleine Fluggleiter und verschwand hinter der nächsten Bodenerhebung. Der Gebieter war, soweit es bei den Echsen so etwas gab, in sehr guter Laune. Nie hatte er erwartet, daß ihm seine Bezwinger und erbittertsten Feinde so weit entgegenkommen würden. E r hätte das niemals getan. War man stärker als der andere, so besaß man auch das Recht, den anderen f ü r sich arbeiten zu lassen. Nach diesem Prinzip hatte er stets gehandelt. Die Echse wurde plötzlich sehr nachdenklich. Der Vertrag war ausgezeichnet. Tafor hatte versprechen müssen, keine größeren Kriege ohne die Zustimmung Terras zu beginnen, und weiterhin hatte sich Tafor dafür verpflichten müssen, einen Handelsvertrag mit Terra und dessen Kolonialplaneten einzugehen. Im übrigen aber würde sich Terra nicht um das taforianische Imperium kümmern, und das Imperium als solches konnte bestehen bleiben. Es war viel mehr, als sich der Gebieter jemals hätte träumen lassen. Der Kommandant betrat die Zentrale und ging auf das Bordvisiphon zu. ,,Achtung, Funkstation, Startbefehl an alle terranischen Einheiten. Start in zehn Minuten Bordzeit. Ende!"
Zehn Minuten später erzitterte der Boden Tafors unter den gigantischen Kräften, die die startenden Raumschiffe erzeugten. Eine Stunde nach dem Verlassen der Atmosphäre gingen sämtliche Schiffe in den Hyperflug über, Kuns auf den Heimatplaneten Terra.
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