Wolfgang Bittner
Wo die Berge namenlos sind
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Bären, Gold und Vagabunden! Zwei A...
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Wolfgang Bittner
Wo die Berge namenlos sind
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Bären, Gold und Vagabunden! Zwei Aussteiger auf Zeit erleben in der kanadischen Wildnis die Schönheit und Unberührtheit der Natur. Aber trotz der Abgeschiedenheit werden sie in einen Kriminalfall verwickelt. Die Royal Canadian Mounted Police ist auf der Jagd nach einem Trapper, der gegen das Gesetz verstoßen hat … ISBN 3-570-03285-X 1. Auflage 1989 C. Bertelsmann Verlag GmbH Umschlaggestaltung: Pieter Kunstreich
Dieses E-Book ist nicht zum Verkauf bestimmt!!!
Das Buch
Zwei Aussteiger auf Zeit, der Deutsche Stefan und der Schotte David, begegnen sich unter kuriosen Umständen mitten in der Wildnis des kanadischen Nordens. Sie beschließen, zusammen den Big Salmon-River hinab bis zum Yukon zu fahren. Wochenlang abseits der Zivilisation erleben sie die Natur nicht nur von ihrer freundlichen Seite. David, der mit dem Gedanken spielt, für immer als Trapper hier zu bleiben, wird bald klar, daß grüner Wald und frische Luft zum Leben nicht ausreichen. Ein spannendes Abenteuer bahnt sich an, als sie aufgrund einer Personenverwechslung in die Fahndung der Royal Canadian Mounted Police nach einem Trapper geraten, der wegen eines angeblichen Mordes gesucht wird. Die beiden können die Situation meistern. Abends am Lagerfeuer erzählt David die Geschichte vom »Mad Trapper of Rat River«, einem verrückten Einsiedler, der im Winter 1931/32 einen Polizeibeamten erschoß. Es begann eine beispiellose Menschenjagd, die sich über Wochen hinzog. Die Parallelen zu diesem historischen Fall werden immer deutlicher. Eines Tages fehlen die Lebensmittel, ein Kanu und ein Zelt. Der gesuchte Trapper scheint in der Nähe zu sein.
Der Autor
Wolfgang Bittner wurde 1941 in Gleiwitz geboren, wuchs in Ostfriesland auf und lebt heute in Köln. Studium der Rechtswissenschaft, Soziologie und Philosophie; 1972 Promotion, 1973 2. juristisches Staatsexamen. Er hat mehr als 20 Bücher für Kinder, Jugendliche und Erwachsene verfaßt und erhielt mehrere Literaturpreise.
Inhalt
Begegnung in der Wildnis..............................6 Das Lager am See......................................... 14 Unverhoffter Besuch ................................... 24 Sammler und Jäger ...................................... 30 Goldsuche .................................................... 39 Eine alte Geschichte .................................... 46 Katastrophenstimmung .............................. 61 Royal Canadian Mounted Police................ 67 In Not........................................................... 76 David berichtet ............................................ 85 Aufbruch ...................................................... 92 Indianer ....................................................... 98 Eine Spur ................................................... 108 Auf dem Fluß ............................................. 114 Touristen .................................................... 120 Ein Streit .................................................... 131 Diebstahl ................................................... 136 Pech gehabt ............................................... 142 Unerwartete Hilfe ...................................... 149 Es klärt sich auf ......................................... 155
Begegnung in der Wildnis
Hinter einer Biegung des Flusses öffnete sich die sonnenbeschienene Fläche eines kleinen Sees. Di mung begann schwächer zu werden, und das Kanu den dunklen Schatten des Hochwaldes, der den sc Wasserlauf zu beiden Seiten begleitet und stellenwe nahe überdacht hatte. Der Mann, der das Fahrzeug j einigen kräftigen Paddelschlägen am schilfbesta Ufer entlangsteuerte, schien noch jünger zu sein, vi Mitte Zwanzig. Eine genauere Feststellung seines wurde allerdings durch den wuchernden Vollbart ers der sein von der Sonne gebräuntes Gesicht zur verbarg. Das dunkelblonde Haar fiel ihm bis auf die tern herab. Er trug ein grünkariertes Flanellhemd und Jeans, a tel ein Jagdmesser; die Füße steckten in derben halb Schnürstiefeln. Seine ganze Erscheinung wie auch schickte Handhabung des Paddels deuteten darauf h er sich in dieser Wildnis zu Hause fühlte. Vorn im B gen ein gutgefüllter Proviantbeutel und ein große sack, an dem ein Gewehr lehnte. Anorak, Beil, Bra und eine zusammenschiebbare Angelrute vervollstä die Ausrüstung. Die Sonne stand bereits tief über den auch jetzt noch schneebedeckten Gipfeln der Pelly Mountai jenseits des Wassers und der sich anschließenden b ten Höhen den Horizont begrenzten. Kein Laut war ren, außer dem Plätschern des Paddels. Die Landsc wie unbelebt unter dem hohen blassen Himmel, de immer ahnen ließ, wie kalt und unwirtlich es mon in diesen nördlichen Breiten gewesen war. Aber d denbüsche hatten schon lange ausgeblüht; das frisch der Fichten, Pappeln, Birken, Erlen, die hier und da vorschimmernden Loganberries und auch die ange 6
Wärme waren unmißverständliche Anzeichen dafür, d die Natur bereits vor Wochen aus ihrer eisigen Erstarru erwacht war. Der einsame Reisende ließ seine Augen über den schweifen, um nach einem Lagerplatz Ausschau zu halt Als er vor sich in der Nähe des Schilfgürtels einige En schwimmen sah, brummte er zufrieden vor sich hin u trieb das Kanu vorsichtig darauf zu. Dann legte er das P del behutsam beiseite, griff nach dem Gewehr und en cherte es. Langsam hob er die Waffe an die Schulter, w rend das Boot geräuschlos vorwärtsglitt. Da drangen plötzlich vom nahen Ufer laut und deutl ein paar quäkende Töne herüber, die nach und nach in e lebhafte, in solcher Umgebung exotisch anmutende Me die übergingen. Kein Zweifel: Dort wurde auf einem Dud sack gespielt, und zwar mit erstaunlicher Virtuosität. V blüfft erhob sich der Jäger in seinem schwankenden G fährt, um über das Schilf hinwegzuschauen und ohne die unmittelbarer Nähe auffliegenden Enten weiter zu bea ten. Doch das Weidengebüsch am Ufer bildete eine u durchdringliche grüne Wand, so daß der Urheber des un warteten Konzerts nach wie vor verborgen blieb. Der so abrupt aus seiner Bahn geworfene Zuhörer set sich erst einmal wieder hin und schien gerade zu überleg auf welche Weise er sich dem unsichtbaren Musikanten besten bemerkbar machen sollte, als er vor sich eine Lü im Schilf bemerkte, die von einem in den See mündend Bach gebahnt wurde. Rasch lenkte er sein Kanu hinein, beschwingten Weise entgegen, die ohne Unterbrechung immer geringerer Entfernung aus dem Wald heraustön Schon nach wenigen Metern trat das Gebüsch an der re ten Seite des Bachs zurück, ein Kanu wurde sichtbar, e grasbewachsene Lichtung tat sich auf, in deren Mitte Lagerfeuer brannte. Dahinter bewegte sich leichtfüßig t zelnd eine seltsame Gestalt hin und her und auf und ab, wild dudelnde Musikinstrument unter dem Arm kräftig arbeitend und die Pfeife blasend. 7
Der Mann, der da spielte, war hochgewachsen, vo tiger Statur. Er trug khakifarbenes Drillichzeug und mistiefel, an seinem Gürtel waren mehrere kleine täschchen und ein Messer befestigt. Daß er fast wie kleideter Bär wirkte, war in der Hauptsache auf struppigen riesenhaften Bart sowie die wild abst Haarmähne zurückzuführen, die beide rostbraun Sonne leuchteten. Aber auch die aufgekrempelten und das auf der Brust offenstehende Hemd gaben de auf eine ähnliche Haarpracht frei. Auf den Steinen, von denen das Feuer umgebe standen Kaffeekanne, Kochtopf und Bratpfanne; im verstreut lagen verschiedene zum Kochen erford Utensilien; an den unteren Ästen einer vereinzelt Lichtung aufragenden Pappel hingen neben einigen lets, die noch ganz frisch zu sein schienen, ein Sch eine Isoliermatte, ein Paar Schuhe, ein Seesack un Plastikbeutel; am Stamm des Baumes lehnten ein gew Rucksack und eine Schrotflinte; daneben war ein Z gebaut; im Hintergrund spannte sich eine Leine, Unterwäsche, Socken und ein Handtuch trocknete alles erfaßte der Kanufahrer mit wenigen Blicken, w er sein Boot am flachen Ufer auflaufen ließ und auss Es gab ein knirschendes Geräusch. In demselb ment drehte sich der Dudelsackspieler um. Seinem ment entfuhr noch ein letzter mißtönig pfeifende Verdutzt hielt er in seinem rhythmischen Gehüpfe in rief dem Fremden mit dröhnender Stimme entgege ist ja eine Überraschung! Ich war der Meinung, hi und breit der einzige Zweibeiner zu sein!« Der Ankömmling befestigte sein Kanu an einem und erwiderte lachend: »Das dachte ich auch, bis m anregenden Klänge um die Ohren flogen und in d chen fuhren. Wenn Sie gestatten, leiste ich Ihnen ein Gesellschaft.« Er trat ans Feuer, reichte dem ande Hand und stellte sich vor: »Mein Name ist Stefan B Sie können mich auch Steve nennen, das spricht 8
Englischen leichter.« »Ich heiße David«, erwiderte der Musikant und muste seinen Besucher sehr aufmerksam. Er legte das Musik strument beiseite, lud den Fremden mit einer Handbew gung ein, am Feuer Platz zu nehmen, und ließ sich eb falls nieder. »Eine wunderschöne Stelle, hier am See, find Sie nicht auch? Es gibt ziemlich viele Fische: Hechte, Gr linge, Dolly Varden, Seeforellen. Ich kampiere schon s einer Woche auf dieser Lichtung und kann mich gar ni losreißen. Heute habe ich zwei große Hechte gefange Nachdem er geprüft hatte, ob der Brotfladen in der Br pfanne inzwischen gut durchgebacken war, legte er ihn einen flachen Stein neben dem Feuer. Dann goß er aus ner Feldflasche etwas Wasser in den Topf, in dem Reis ko te, holte zwei Fischstücke und warf sie in die heiße Pfann »Dem Namen nach sind Sie deutscher Herkunft«, verm tete er. »Sie haben es erraten«, bestätigte der Mann namens S ve. »Ich bin Deutscher, habe aber bis vor einem Monat Vancouver gelebt. Da wohnen 1,6 Millionen Mensch und hier beträgt die statistische Bevölkerungsdichte ein Einwohner auf 65 Quadratkilometer. Ich muß gesteh daß ich mich hier im Moment wohler fühle. Jetzt bin auf dem Wege nach Whitehorse.« »Ein ziemlich großer Umweg«, grinste der Goliath, paradoxerweise David hieß, während er etwas Kaffeem in die Kanne schüttete, in der das Wasser gerade zu brod anfing. Steve zuckte mit den Schultern. »Es kommt nicht dar an. Mir ist das Stadtleben in letzter Zeit auf die Nerven gangen, deswegen habe ich einen Freund in der Gegend v ROSS River besucht. Und als ich dort war, entschloß mich, mit dem Kanu weiterzufahren. Zuerst will ich den Salmon und Yukon hinunter bis Carmacks, wo ich hoffe lich mein Kanu einigermaßen gut verkaufen kann. Da beabsichtige ich über den Klondike Highway weiter trampen – mal sehen, ob ich einen Lift bekomme. Um d 9
se Jahreszeit dürfte das wohl kein Problem sein.« »Da haben wir bis Carmacks denselben Weg«, stel Hüne fest, und es hatte den Anschein, als sei ihm Umstand nicht unsympathisch. »Aber jetzt wollen mal essen, es gibt Hechtfilet, Reis, Bannock und Mögen Sie? Langen Sie zu, zieren Sie sich nicht, es is da. Allerdings müssen Sie Ihr eigenes Geschirr und benutzen, auf Besuch bin ich nämlich nicht eingestel Während Steve zum Kanu ging, um Teller, Becher und Löffel zu holen, schnitt sein Gastgeber das B Dann legte er jedem ein Stück gebratenen Fisch auf d ler, tat eine gehörige Portion Reis dazu, daß der Te überquoll, und goß Kaffee ein. Außerdem gab er zw tere Filets in die Pfanne. »Ein richtiges Trapperessen« er sich und holte noch ein Glas Marmelade. »Die zum Nachtisch, schmeckt köstlich auf dem frischen B Sie aßen mit Heißhunger und schwiegen eine We Sonne war inzwischen hinter den fernen Berge schwunden, aber ihr rötlicher Schein lag noch üb Wipfeln der Bäume. In dieser Jahreszeit würde e nachts nicht mehr richtig dunkel werden, und je me sich dem 21. Juni näherte, dem Tag der Sonnenwen to heller blieb es. Der Wald war in ein merkwürdig v Dämmerlicht getaucht, als befinde man sich in eine tasiewelt. Aus der Ferne tönte der klagende Ruf eines chers über den See. »Es ist reichlich spät geworden«, sagte David, mit Backen kauend. »Ich war nachmittags mehrere S zum Fischen auf dem See. Als ich merkte, daß der kommt, mußte ich fast drei Meilen zurückpaddeln; ist zwar schmal, aber erheblich länger, als man von h sieht.« Sein Gegenüber leckte sich zufrieden die Finger goß Kaffee nach. »Schön schwarz«, bemerkte er a nend. »Der Fisch schmeckt ebenfalls vorzüglich un der Reis. Ich habe lange nicht mehr so gut und vor a bequem gespeist.« Sie widmeten sich erneut ihrer M 10
bis weder im Topf noch in der Pfanne etwas übrigblieb. »Ich komme ursprünglich aus Schottland und bin fünf Jahren in dieses herrliche Land eingewandert«, set David das Gespräch fort, als die Teller geleert waren. » vor kurzem habe ich in Toronto gewohnt, wo ich verhe tet war. Das heißt: Geheiratet habe ich damals nur, dam ich die kanadische Staatsangehörigkeit erhielt. Es war so sagen eine Scheinheirat und ein großer Fehler obendre hat mir ziemlich viel Ärger eingebracht. Vor drei Monat als ich die Nase endgültig voll hatte, habe ich mich aus d Staub gemacht. Anschließend war ich einige Wochen Watson Lake, da bin ich langsam wieder zu mir gekomm Wenn ich jetzt darüber nachdenke, wird mir erst richtig wußt, daß die letzten fünf Jahre die schlimmsten mei ganzen Lebens gewesen sind – und ich habe schon viel lebt, das können Sie mir glauben.« Er schlürfte seinen h ßen Kaffee und hielt den Blick ins Feuer gerichtet. »S sam«, setzte er noch hinzu, »der zeitliche und auch räumliche Abstand, dieses Vierteljahr und diese 4000 5000 – Kilometer – Distanz, lassen alles auf einmal v unbedeutender, geradezu belanglos erscheinen.« Steve bestrich sich ein Stück von dem Bannock m Marmelade und lehnte sich zurück. »Ich war in Vancou an der Universität«, sagte er behaglich kauend, »und ha mich entschlossen, das Studium zu unterbrechen. Jetzt b ich hier, das gefällt mir. Vielleicht gehe ich vor Anbruch Winters wieder zurück. Wer weiß, ich muß mal sehen.« »Sie sind aber nicht das erste Mal im Busch«, meinte andere, seinen Gast ins Auge fassend. »Jedenfalls mach Sie nicht den Eindruck eines Greenhorns.« »Nein, ich kenne mich aus. Sie offenbar auch, wie m sieht.« David schürte das Feuer und legte einige Stücke H nach, denn es wurde langsam empfindlich kühl. »Ja, war schon oft im Norden«, erwiderte er, »das letzte mal sechs Jahren. Diese Gegend läßt mich nicht los – am lie ten würde ich bleiben. Aber das muß gut überlegt sein. V 11
irgend etwas muß man schließlich leben, und allein Jagd und dem Fallenstellen dürfte man seinen Un heutzutage kaum noch bestreiten können. Jedenfal ich nicht nach Toronto zurück, das steht fest. Stel sich vor: Ich habe dort mindestens drei Jahre nich Dudelsack gespielt, sagt das nicht alles?« Er stand auf, verstaute sein Musikinstrument vo und gewissenhaft in einem Lederbeutel, um es v nächtlichen Feuchtigkeit zu schützen, setzte sich an ßend wieder an das wärmende Feuer und kramte e bakspfeife hervor, die er umständlich zu stopfen beg »Wie sind Sie denn gerade hierher, an diesen ab nen See gekommen?« fragte Steve, der inzwisch Bachufer das Geschirr abgewaschen hatte. »Ich habe mich mit dem Kanu von einem Lastwa rer am Quiet Lake absetzen lassen, wo die Straße vo sons Crossing nach ROSS River vorbeigeht. Das war v Wochen. Ich will an den Yukon und dann weiter b Dawson City.« »Und was treibt Sie dorthin?« »Vor allem die Strömung«, gab der andere ku bündig zur Antwort. »Waren Sie schon einmal in D City?« »Noch nie. Der Ort muß sehr schön sein.« »Schön ist nicht der richtige Ausdruck. Altertüml hiesige Verhältnisse, zum Teil verfallen. Ein histo Platz, legendenumwoben und pittoresk. Sie wisse leicht, daß die Stadt zur Zeit des großen Goldrausche 40.000 Bewohner zählte, das war um die Jahrhundert Es gab binnen kurzem alle Annehmlichkeiten, V gungsmöglichkeiten und auch Laster der Zivilisati man sich denken kann, und das mitten in der Wild gab feine Hotels, teure Bars, eine Telegrafenstation, e amt, Banken, Fachärzte, Juweliere, Wahrsager, eine Bü Delikatessenläden, sogar ein Spielkasino. Und die waren wahrhaft gesalzen, die Menschen lebten jahrel im Fieber, im Goldfieber. Die Raddampfer schafften 12
Sommermonaten alles heran, was das Herz begehrte; nat lich nur für den, der bezahlen konnte. Viele sind um kommen, aber manche sind über Nacht reich geword Denn es wurde Gold im Werte von Millionen gefund allein im Jahre 1900 soll die Gesamtausbeute etwa 22 Mi onen Dollar betragen haben. Das Paris des Nordens, sa man damals. Inzwischen ist das alles Geschichte, heute alles ganz anders. Sie müssen sich den Ort bei Gelegenh einmal ansehen.« Er klopfte seine Pfeife aus und stand au Auch Steve erhob sich. »Haben Sie etwas dagegen, we ich mein Zelt aufbaue und über Nacht bleibe?« fragte er. »Überhaupt nicht«, erwiderte David. »Ich habe seit dre Wochen keinen Menschen mehr gesehen und bin fr daß ich mich unterhalten kann. Das Buschleben ist ja ga schön, aber wenn man längere Zeit allein ist, wird es ein nig.« Er löschte das Feuer und schaffte etwas Ordnung, w rend Steve zum Kanu ging, um sein Gepäck zu holen.
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Das Lager am See
Beim Erwachen sah er durch das Moskitonetz vor Zelteingang das frische Grün der Lichtung vor sich. O sein Zelt noch im Schatten lag, wurde es bereits sehr denn die Sonne stand schon hoch über den Bäumen schlüpfte er aus dem Schlafsack, zog Hose und He und trat vor das Zelt, wo er sofort von einer Wol Moskitos umgeben war. Das war die unangenehm dieses sonst so erfreulichen Landstrichs. Neben der Asche des Lagerfeuers hüpfte ein Grey um und hielt Ausschau nach etwaigen Überresten d ten Mahlzeit. Ein zweiter saß auf dem Rand des Koch dessen Deckel er heruntergestoßen hatte; doch der T leer, und der Vogel ließ beleidigt sein typisches Ge ertönen, das ihm den Spitznamen »Whisky-Jack« bracht hat. Auf dem ganzen Lagerplatz fand sich ka Krümel für das Federvolk. Auch der Proviant war si den Säcken verstaut, die unerreichbar für hungrige und womöglich herbeigelockte Bären an den Äst Pappel hingen. Der rotblonde Hüne namens David schien noch schlafen, denn sein Zelt war verschlossen und zeigte lei Anzeichen von Leben. Steve warf seinen Schlafsa Lüften über einen Busch. Er ging ans Bachufer, wus putzte seine Zähne und kämmte sich. Das kalte Was ihn schnell munter werden, es weckte die Lebensgei steckte David seinen wirren Haarschopf aus dem Z gang – er sah aus, wie der Rübezahl aus dem Mär und rief einen Morgengruß herüber. Als nächstes re sich ausgiebig, daß die Gelenke knackten. Kurz darauf kam er herbei, um sich den Kamm au hen. »Meiner ist mir in einen Fluß gefallen«, erklärte konnte ihn nicht wiederfinden. So ist das in der W wenn man nicht aufpaßt.« Verzweifelt versuchte e 14
nung in seine struppige Mähne zu bringen, was ihm m einiger Anstrengung sogar leidlich gelang. »Eigentlich könnten wir uns duzen«, sagte er unvermit und blickte Steve fragend an. Der nickte: »Ich wollte gera dasselbe vorschlagen.« Sie reichten sich die Hand. Da watete der Rübezahl, nur mit seiner Unterhose bekleid durch den Bach und verschwand zwischen den Büschen Seeufer, um ein Bad zu nehmen, wie er bekannt gab. fenbar machten ihm die Moskitos nicht viel aus, oder drangen nicht durch seinen »Pelz«, der mehr oder weni den ganzen Körper bedeckte. Steve schüttelte sich bei dem Gedanken an das eis Wasser, das allerdings im See an flacheren Stellen etw wärmer war als im Bach. Gegen die Mückenplage hal ihm ein paar Tropfen Insektenöl, mit denen er Gesicht, N cken und Hände einrieb. Er ließ den Proviant herunter, h te trockene Zweige und Fichtenzapfen aus dem Wa schlug mit dem Beil einige abgestorbene Äste ab, die er z kleinerte, und machte Feuer. In einem Topf rührte er etw Mehl, Zucker und Backpulver mit Wasser zu einem Teig dem er noch eine Handvoll rasch gesammelter Beeren h zufügte. Als David mit gerötetem Gesicht und klappernden Z nen zurückkam, waren die ersten Pfannkuchen bereits tig, und der Kaffee dampfte in den Bechern. Sie ließen sich schmecken. »Gestern habe ich versucht, Seeforellen zu fangen«, richtete David. »Es hat aber keine angebissen, obwohl mehrere Stunden geangelt habe. Dabei schmecken mir S forellen am besten von allen Fischen, die es hier gibt.« Steve nickte. »Mir auch. Sie stehen bei dieser warm Witterung sehr tief, ich schätze, etwa 30 bis 40 Meter.« »Das hätte ich nicht gedacht«, staunte David. »Wol wir es heute noch mal versuchen? Oder hast du es eilig?« »Nein, ich habe Zeit. Dieser Platz eignet sich wirklich zum Lagern. Er liegt in der Nähe des Ufers, öffnet sich zu Hochwald, ein Bach führt vorbei; wenn wir ein paar Büsc 15
abschlagen, kann man ein Stück des Sees überblick bis zu den Bergen schauen. Außerdem gibt es Beeren ter, Fische und Enten, wahrscheinlich auch Fichten und sogar Kaninchen, denn der Boden ist sandig. W man mehr? Meinetwegen können wir noch ein pa bleiben.« »Um dann gemeinsam weiterzufahren?« »Ich hätte nichts dagegen einzuwenden. Zu zweit Risiko geringer, und wir könnten es gemütlicher Allerdings möchte ich noch im Juni in Whitehorse se »Bist du dort verabredet?« »Nicht direkt. Ich kenne da jemanden, der Ba nehmer ist. Bei ihm kann ich vielleicht drei oder vier te arbeiten, um etwas Geld zu verdienen. Ich bin zw nicht abgebrannt, aber es könnte auch nicht schade ne Kasse wieder aufzufüllen.« Gleich nach dem Frühstück fuhren sie mit einem nus auf den See hinaus. Als sie weit genug vom U fernt waren, zog Steve die Angel aus, nahm seinen g Blinker und befestigte ein massives Bleigewicht Schnur. Er ließ die Rolle ablaufen, bis das Gewic Grund berührte, holte einige Meter wieder ein und die Rolle auf Zug. David paddelte vorn weiter, so Kanu in Fahrt blieb. Der Blinker wurde in einer Ti etwa 40 Metern hinterhergeschleppt. »Ich bin gespannt, ob wir Glück haben«, meinte »Bisher habe ich vor allem Graylinge und Hechte ge an der Bachmündung auch zwei Dolly Varden, ab eine einzige Seeforelle, die mir noch dazu im letzt ment entwischte.« »Dann müßte dir der Appetit auf Fisch eigentlich schen vergangen sein«, lachte Steve. »Wie wär's de Abwechslung mal mit Enten- oder Kaninchenbraten? »Nicht schlecht«, meinte sein Vordermann. »W dafür sorgst, lasse ich es mir gern gefallen. Mit mei higkeiten als Jäger ist es leider nicht weit her.« Sie waren fast eine Stunde unterwegs, als der er 16
kam. Die Angelrute bog sich auf einmal durch, als habe s der Haken irgendwo auf dem Grund verfangen, die Ro fing an zu knarren. Von den Bewegungen eines Fisches w zunächst nichts zu spüren. Dennoch schlug Steve an u begann zu drillen. Der Widerstand war sehr stark, doch m einiger Mühe ließ sich die Schnur mehr und mehr einhol bis nach einer Weile der Körper eines größeren Fisches Wasser sichtbar wurde. Fast senkrecht und die helle Unt seite zeigend, tauchte er aus der Tiefe auf: eine prächt Seeforelle. Als sie in die Nähe des Bootes kam, versuchte zu flüchten, und Steve mußte ihr Schnur geben. Er l nach, solange der Druck andauerte, und begann die Le sofort wieder einzuholen, als sie schlaff zu werden droh Dieser Vorgang wiederholte sich mehrere Male. Dann we selte die Forelle von einer Seite des Bootes auf die ande aber Steve ging mit der Rute mit und hielt die Leine spannt. Nach einigen Minuten schwamm der Fisch schli lich ermüdet an der Oberfläche, wo er sich auf die Seite l te. Der Haken saß gut, das konnte man erkennen. Vorsi tig holte Steve seinen Fang am Vorfach ins Kanu, noch vor der Lebenswille der Forelle erneut erwachte. »Ein scher wäre jetzt hilfreich«, brummte er dabei. »Zur Not g es aber auch so.« »Sie wiegt mindestens zwölf Pfund«, freute sich Dav die Beute bewundernd. »Allein hätte ich die niemals rausbekommen. Hechte scheinen weniger zu kämpfen Seeforellen. – Ob ich es auch einmal versuche?« »Warum nicht. Sie streifen meistens zu mehreren – in genannten Schulen – herum; es müßten also an dieser S le noch mehr zu fangen sein.« Er tötete den Fisch durch nen Schlag auf den Kopf, löste ihn vom Haken und g David die Angel. Kurz darauf fingen sie tatsächlich e zweite, etwa achtpfündige Forelle. »Das reicht«, sagte Steve, »damit haben wir für heute u morgen ausgesorgt.« Sie fuhren zu einer kleinen mit Fichten bestandenen sel in der Nähe, wo sie sich ein wenig die Beine vertre 17
wollten. Der Waldboden war übersät mit Loganberri David schlug vor, einen Vorrat zu sammeln, um dara ter Marmelade zu kochen. Er zog einen Plastikbeu der Tasche, den sie innerhalb kurzer Zeit gefüllt denn die Beeren wuchsen dicht an dicht. Schon nac halben Stunde stiegen sie wieder ins Kanu und m sich auf den Rückweg. Der See lag spiegelglatt vor ihnen, nur zum Te schaubar, da er sich in mehreren Krümmungen du langgestrecktes flaches Tal wand und nach verschi Seiten hin ausweitete. Gleichmäßig zogen sie ihre jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. D schlugen sie den direkten Weg ein und kamen in U über flachere Stellen, wo im klaren Wasser der mit P bewachsene Seeboden erkennbar wurde, dazw manchmal Fische, einmal sogar eine Bisamratte, d rasch und gewandt entfernte. Auch einige Enten un cher waren auf dem Wasser zu sehen, hoch in der Lu te ein Weißkopfadler. Am hügeligen Ufer standen Fichten, auch einige Pappeln und Lärchen. Es war sehr warm geworden, so daß sie bald ins zen kamen. »Man müßte sich einfach hier am Seeu Blockhaus bauen und bleiben«, sagte David auf einm hörte auf zu paddeln. »Holz ist genug da, man kön den Winter Fische räuchern und im Herbst einen El ein Karibu schießen, um sich mit Fleisch zu versorg Natur liefert fast alles, was man braucht. – Hast d Lust mitzumachen?« »So einfach geht das wohl nicht«, erwiderte Stev ich gehört habe, brauchst du eine Genehmigung, w ein Blockhaus bauen willst. Sogar in dieser abge Gegend. Die Forstbehörde soll solche Genehmigung äußerst selten erteilen und ungenehmigte Gebäude abreißen lassen. Du brauchst ja für nahezu alles heu eine Genehmigung und bekommst Schwierigkeiten du die Bestimmungen nicht einhältst. Die finden d ihren Hubschraubern selbst im tiefsten Busch.« 18
»Wir könnten einen Goldclaim abstecken und anmeld Dann dürften wir darauf eine Hütte bauen, ich habe m genau darüber informiert. Vielleicht fänden wir sogar Go es wurde in dieser Region früher viel danach gesucht und manchen Stellen auch einiges gefunden. Außerdem kön ten wir uns eine Lizenz zum Fallenstellen holen. Ein b chen Geld habe ich auch noch, so daß wir uns die nöt Ausrüstung anschaffen und mit Lebensmitteln eindeck könnten. Was meinst du, hört sich das nicht gut an?« »Ein richtiger Plan«, lachte Steve und ließ das Kanu t ben, »fast schon ein Lebensentwurf. Vor drei Jahren ha ich diese Überlegungen schon einmal angestellt. Ich w seinerzeit allein unterwegs und beabsichtigte, in der Wi nis zu bleiben. Aber dann habe ich ziemlich schnell fest stellt, daß mir die Menschen fehlten und daß die Zivilis on trotz aller Auswüchse und unangenehmen Aspekte auch ihre positiven Seiten hat. Frische Luft und grüner W reichen eben nicht aus; mir wenigstens nicht. Was mach wir denn hier? Wir hacken Holz, angeln Fische, gehen die Jagd, kochen Essen, paddeln mit dem Kanu heru streifen durch den Busch. Was hat das mit Kultur zu tu Eine Blinddarmentzündung, ein Beinbruch oder eine Bl vergiftung sind lebensgefährlich. Im Grunde ist das Rückfall in die Steinzeit! Du führst ein Außenseiterdase Und wenn du dich nicht mit ausreichenden Grundn rungsmitteln, Kleidung, Munition, Medikamenten, We zeugen, Angelzubehör und so weiter ausgerüstet hast, kön test du auf die Dauer sowieso nicht überleben. Der Kont zur Zivilisation ist unentbehrlich.« »Du hast schon recht«, brummte David. »Dieser See etwas sehr abgelegen. Für ein paar Wochen oder Monate es hier wunderschön, für immer wäre es wahrscheinl nicht das richtige. – Aber reizen würde es mich doch. glaube, ich sollte es einmal versuchen. – Jedenfalls bin meine Magenbeschwerden los, die mich in letzter Zeit Toronto geplagt haben; das ist schon ein großer Gewinn.« Als sie um die Spitze einer Halbinsel bogen, schwam 19
vor ihnen ein Biber im Wasser, der sie neugierig b und sogar noch näher herankam. Erst als sie auf ihn ten, tauchte er kurz vor dem Boot mit lautem Klatsch ter und kam nach längerer Zeit weit entfernt wied Vorschein. »Sie sind sehr zutraulich«, sagte David hat neulich einer beim Angeln gestört. Er umkreist fast eine Stunde lang und verzog sich erst, nachdem Holzstücken nach ihm warf.«
Am späten Nachmittag erreichten sie ihren Lagerpla der Hunger machte sich bemerkbar. Während Da Bachufer die Fische ausnahm und filierte, zündete St Feuer an. Er stellte Kaffeewasser auf, füllte die Be einen Topf, gab Zucker dazu und kochte Marmelade Brot war noch vorhanden, das sie zum Fisch essen ko Als Gemüse gab es gedünstete Wegerichblätter, di sehr schmackhaft mit Speck und Zwiebeln zube »Man muß sich seine Freiheit jeden Tag aufs neue ten«, meinte er grinsend, als sie endlich vor ihren g Tellern saßen. »Fische fangen, Beeren und Kräuter sam kilometerweit paddeln, kochen. Aber bei diesem her Wetter ist es wirklich einfach, hier zu leben. Man mit niemandem tauschen.« Nachdem sie Kaffee getrunken hatten, ließen sie d er ausgehen und blieben noch eine Weile schweige zen. Ein leichter Wind, der die Mücken vertrieb, weh Wasser herüber, und sie genossen unbehelligt die nende Kühle des Abends, müde und zufrieden. E Enten flogen dicht über sie hinweg auf den See hinau den der klagende Ruf der Eistaucher schallte, fast lautes, ein bißchen trauriges Lachen. David wollte aufstehen, um seinen Dudelsack zu holen, da rasch deutlich vernehmbar hinter Steves Zelt am Rande d tung. »Vielleicht ein Stachelschwein«, meinte er, »ich lieber mal nach. Sie sind ganz wild auf Salz und hab sogar schon einmal ein Paddel zernagt; wahrscheinl 20
te der Schweiß daran ihren Appetit angeregt.« Er lief hinüber, doch es war nichts zu sehen. Allerdi schienen sich die Zweige eines wenige Meter entfern Weidenbusches ein wenig zu bewegen. Vorsichtig schlich näher und überlegte gerade, ob er nicht lieber zurückgeh und sein Gewehr holen sollte, als sich das Gebüsch te und er urplötzlich einem Bären gegenüberstand. Es war ausgewachsener Schwarzbär, groß wie ein Kalb, der ih schnüffelnd entgegenkam, kaum drei Meter entfernt. St zuckte zusammen und meinte zu spüren, wie sich se Haare sträubten. Obwohl er schon mehrfach Bären beg net war, stand er wie angewurzelt. In demselben Mom hob der Bär den Kopf, sah den Menschen vor sich – u zuckte ebenfalls zusammen. Der Schreck durchfuhr ihn stark, daß er sich fast auf die Hinterhand setzte. Dieser V gang dauerte aber nur einen Augenblick. Dann hatte s das massige Tier mit einer Behendigkeit, die man ihm ni zugetraut hätte, schon umgewandt, als habe man es bei nem Einbruch auf frischer Tat ertappt, und war in den B schen verschwunden. Jetzt erst erwachte Steve aus seiner Erstarrung und David zu: »Ein Bär! Er ist in den Wald gelaufen!« Sekund später stand David schnaufend neben ihm, seine Flinte der Hand, die er blitzschnell mehrmals repetierte, daß Patronen ins Gras flogen. »Warum hast du das gemach fragte Steve verblüfft. »Das Repetieren? Im Magazin steckten sechs Patron drei Schrotpatronen und dahinter drei Flintenlaufgeschos sogenannte Slags oder auch Brenneke. Da ich einen Bä nicht mit Schrot schießen kann, mußte ich also zuerst Schrotpatronen auswerfen.« Er sammelte sie ein. »Ach so«, sagte Steve, dem bereits wieder ein Grinsen lang. »Ich dachte gerade, du hättest dich ebenso ersch cken wie ich und kämst mit deinem Gewehr nicht zurech »Daß ich damit umgehen und schießen kann«, entgeg te David beleidigt, »das hätte ich dir bewiesen.« Da der verschwunden war, gingen sie zurück zum Lagerplatz, u 21
David fügte noch hinzu, jetzt ebenfalls grinsend: » erforderlich gewesen wäre. Ob ich getroffen hätte, is lich eine andere Frage.« Sie setzten sich und machten es sich erneut b »Was war es denn«, wollte David wissen, »etwa ein ly?« »Nein, ein Schwarzbär. Aber ganz schön groß.« »Na ja, die sind nicht so gefährlich. Obwohl ma bei ihnen niemals weiß, woran man ist. Im verga Jahr habe ich in der Zeitung gelesen, daß auf dem Highway ein Mann von einem Schwarzbären ang und zerfleischt worden ist. Er war doch tatsächlich m Fahrrad unterwegs – so eine Art Globetrotter -, und muß ihn wohl für einen besonders schmackhaften gehalten haben, der vor ihm Reißaus nehmen wollte ernähren sich Bären hauptsächlich vegetarisch, a scheinen auch Fleisch nicht abzulehnen und sehr u chenbar zu sein, besonders wenn sie hungrig sind od angegriffen fühlen. – Hast du schon einmal Bären gegessen?« »Mehrmals und mit Appetit. Man muß es nur gut braten, weil die Viecher Trichinen haben können. Ein forscher, habe ich einmal gelesen, soll daran gestorb nachdem er das halbrohe Fleisch eines Eisbären v hatte. – Stachelschweine kann man übrigens auch es schmecken sogar recht gut, so ähnlich wie Hase. All können sie meines Wissens ebenfalls trichinös sei muß also aufpassen. Ich habe das Fleisch beim ers nur gegessen, weil ich fast am Verhungern war. Die I aßen es früher viel, zumal dieses Wild in Nordameri verbreitet ist; aber sie haben ja auch Raben oder Bi ten gegessen. – Heute kaufen sie, wie alle anderen, permarkt ein. Am liebsten im Liquor-Store: Schnap Bier. Es ist schon ein Trauerspiel mit ihnen.« Steve hatte, sein Gewehr neben sich ins Gras gele David sah es sich an. »Ein Schrotlauf und darunter gellauf für Kleinkaliber«, stellte er überrascht fest. 22
»Eine Büchsflinte«, erklärte Steve. »Ich finde sie praktis weil ich Kleinwild wie Kaninchen, Enten und Hühner f nur mit Kleinkaliber schieße. Das ist am billigsten; auß dem nehmen die Patronen nur wenig Platz weg, sie wieg nicht viel und zerstören nicht so viel Fleisch. Bis 50 Me kann ich aber auch mit Schrot und auf größeres Wild m Flintenlauf kugeln schießen.« Er betrachtete Davids Gewe eine alte, arg strapazierte Schrotflinte mit Repetierpum und Rohrmagazin unter dem Lauf. David zeigte ihm d Mechanismus. »Ich benutze lieber Schrot«, sagte er, »dam treffe ich wenigstens. Und wenn hinter dem nächsten Bu ein Bär hervorkommt und mich angreifen will, kann ich m Slags schießen. Die reißen Löcher so groß wie ein Tenn ball. Ich habe die Flinte für 80 Dollar alt gekauft und m sagen, daß mir solche Geräte immer etwas unheimlich w ren und wohl auch bleiben werden. Obwohl ich mich mit vertraut gemacht habe und mittlerweile einigermaß damit umzugehen weiß.« Sie lagen im Gras und unterhielten sich noch lange w ter, bis die nächtliche Kälte sie schließlich in ihre Schlaf cke trieb.
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Unverhoffter Besuch
Der Vormittag war bereits fortgeschritten. Sie hatten ihr Frühstück beendet, als in der Luft ein Vibrieren a ein fernes Summen, das langsam lauter wurde und Dröhnen überging: das Motorengeräusch eines Flu Es war ein Hubschrauber, der jetzt über dem See s wurde, mehr und mehr an Höhe verlor und knatter Lagerplatz überflog. Sie winkten, und die Maschin noch weiter herunter. »Sie scheinen hier landen zu wollen«, sagte »wahrscheinlich haben sie den Rauch unseres Lage gesehen. Wenn mich nicht alles täuscht, ist es die Ro nadian Mounted Police. Die Königlich Kanadische B Polizei.« »Tatsächlich!« rief Steve. »Polizisten! Was wol denn hier?« »Hast du eigentlich einen Waffenschein und L zum Angeln und Jagen!« brüllte David gegen den lauter werdenden Lärm an. »Hab' ich! Aber ich kann mir nicht vorstellen, deswegen kommen!« Der Hubschrauber zog eine enge Kurve und g Bachufer allmählich herunter. Steve schüttete rasch Wasser auf das Feuer, weil von dem Luftzug die Fun sprühen begannen. Die Rotorblätter drehten sich n paarmal, dann öffnete sich die Tür, und einer der Insassen kletterte heraus, während der andere am knüppel sitzenblieb. »Merkwürdig«, brummte David, »jedesmal, wenn lizisten sehe, habe ich ein schlechtes Gewissen, überhaupt kein Grund dazu besteht.« »Manchmal benehmen sie sich auch dementspre sagte Steve. »Es ist wie bei den Bären: Man weiß nie man mit ihnen ist.« 24
Der Polizeibeamte, ein hochgewachsener, breitschul ger Mann in den Vierzigern, kam auf sie zu und grü kurz. Er trug lediglich Uniformhose und Hemd sowie derstiefel, am Koppel eine Pistolentasche, deren Klap geöffnet war. Sein Blick wanderte herum, registrierte beiden Zelte, die Ausrüstungsgegenstände, die am Stam der Pappel lehnenden Gewehre. »So früh am Morgen schon so hoher Besuch!« begrü ihn David. »Was hat Sie denn in diese abgelegene Gege verschlagen?« »Wir befinden uns auf einem Patrouillenflug und sah hier Rauch aufsteigen.« »Kommen Sie«, lud David ihn ein, »der Kaffee ist no heiß, und etwas Bannock ist auch noch da. Rufen Sie Ih Kollegen, leisten Sie uns ein bißchen Gesellschaft.« »Schönen Dank«, erwiderte der Beamte mit unbewegt Gesicht. »Wir kommen gern auf Ihr freundliches Angeb zurück. Zunächst möchte ich aber Ihre Ausweispapiere hen.« David, der gerade im Begriff war, einige noch qualmen Holzstücke zusammenzuschieben, hielt überrascht in und kratzte sich mürrisch am Kopf. »Nun ja«, sagte er p ternd, »wenn Sie zuerst Ihren Amtsgeschäften nachgeh müssen…« Er drehte sich um und ging auf sein Zelt zu. »Wohin wollen Sie!« rief ihm der Beamte hinterher; se Stimme klang scharf. »Haben Sie nicht verstanden!« Do der dickfellige Schotte kümmerte sich überhaupt nicht d um, sondern stapfte unbekümmert weiter. Da zog der Polizist plötzlich seine Pistole. Er sprang nige Schritte beiseite, und hinter dem Hubschrauber schien im selben Moment der zweite Beamte mit ein Gewehr in der Hand, das er an die Schulter zog. Verdutzt blieb David stehen und blickte von einem zu anderen. »Was soll denn das?« fragte er ärgerlich und wenig hilflos. »Ich wollte doch nur meine Ausweispapi aus dem Zelt holen. Spielen wir hier Räuber und Gendar oder was ist los?« 25
»Das werden Sie zeitig genug erfahren«, fuhr ihn amte an, dessen Pistolenmündung auf seine Brust »Also, wo haben Sie die Papiere?« »Dort im Zelt unter meiner Isoliermatte.« Während ihn sein Kollege mit dem Gewehr abs schlüpfte der Beamte ins Zelt, aus dem er kurz dar einer kleinen Ledertasche in der Hand wieder herv »Jetzt zu Ihnen«, sprach er Steve an, der sich bis dahi vom Fleck gerührt und die Szene eher wie einen Kr film mitverfolgt hatte. Steve löste seinen Brustbeut Hals, nahm seinen Reisepaß heraus und reichte ih Polizisten, der sich sorgfältig aus der Schußbahn d wehrs heraushielt, indessen er die Ledertasche durch sich den darin befindlichen Ausweis und danach au ves Reisepaß genauestens ansah. Seine Pistole steck bereit im Hosenbund. »Sie kommen also aus Toronto?« wandte er sich zu, der die Frage bestätigte. »Seit wann halten Sie si im Norden auf?« »Seit ungefähr drei Monaten. Falls Sie daran Zwe ben, schauen Sie sich die Arbeitsbescheinigung ehemaligen Firma an, die sich unter den Papieren Hand befindet.« »Und was machen Sie hier?« »Ich reise. Das wird doch hoffentlich noch erlau Ich komme von Watson Lake und habe vor, den B mon und Yukon hinunter nach Dawson City zu fah ich einige Leute kenne.« Der Beamte blätterte, las und machte sich einig zen. »Alles klar«, sagte er nach einer Weile, »ich mu bei Ihnen entschuldigen.« Er steckte seine Pistole in ter, winkte seinem Kollegen und gab die Ausweisunt zurück. »Sie müssen das verstehen«, erklärte er, jet freundlich und etwas verlegen, »wir sind auf der Such einem Mörder. Aber lassen Sie uns erstmal den vers nen Kaffee trinken, dabei unterhält es sich besser.« Der andere Polizist hatte sein Gewehr inzwische 26
Hubschrauber zurückgebracht und kam mit zwei Blecht sen heran und mit Zigaretten. Sie setzten sich, steckten s eine Zigarette an, und Steve schenkte Kaffee ein. »Vor einigen Wochen«, begann der Beamte zu bericht »wurde in der Nähe von Atiin im nördlichen Britis Kolumbien ein Trapper umgebracht. Der Täter war off sichtlich der nächste Nachbar, ebenfalls ein Trapper, nach der Tat geflüchtet ist. Die Fallenstrecken der beid grenzten aneinander, und es hatte schon mehrfach Aus nandersetzungen deswegen gegeben, die zum Schluß s ernsthaft geworden waren. So soll zum Beispiel der Erm dete auf seinen Nachbarn geschossen haben, weil der ih angeblich Pelztiere aus den Fallen entwendet hatte. Jed falls wurde das in Atiin erzählt. Daraufhin muß wohl Täter eines Tages zum Blockhaus des anderen geschlich sein, ihm aufgelauert und ihn erschossen haben. – K darauf landeten zwei Beamte von uns, die sich auf ein Ermittlungsflug befanden, dort mit ihrem Hubschrau und wurden aus der Hütte heraus beschossen; sie konn sich jedoch ohne Verletzungen in Sicherheit bringen. W der Mord im einzelnen durchgeführt wurde und was schließend weiter geschah, ließ sich bedauerlicherwe nicht mehr rekonstruieren. Denn als eine Truppe unse Leute am nächsten Tag dort erschien, war die Hütte ab brannt, und man fand nur noch die verkohlte Leiche Opfers. Wir gehen jedoch davon aus, daß der Täter die Brand gelegt hat, um die Spuren zu verwischen. Nun s sämtliche Polizeistationen im nördlichen Kanada auf Suche nach dem Mörder, der vor zwei Wochen bei Joh sons Crossing gesehen worden ist. Wir nehmen an, daß sich entweder über das Mackenzie-Gebirge in die Nordwe Territorien absetzen will oder über die Pelly-Berge in Ri tung Alaska unterwegs ist. So weit der Sachverhalt.« »Sehr interessant«, schnaufte David, der aufmerksam gehört und bisher noch keinen einzigen Schluck von nem Kaffee getrunken hatte. »Ich verstehe allerdings imm noch nicht Ihr merkwürdiges Vorgehen hier in unser 27
Camp und hoffe doch sehr, daß Sie uns dafür eine g te Erklärung geben können. Meines Wissens leben Norden einige Tausend Menschen, darunter auch ei ßere Anzahl von Männern, die wie Trapper ausseh werden doch hoffentlich nicht jedem von ihnen b Ausweiskontrolle Ihre Pistole vor die Nase halten sollten sich die Sitten inzwischen tatsächlich so g gend geändert haben?« »Ich kann Ihre Verärgerung verstehen«, sagte der B dem anzumerken war, daß ihm die ganze Angelegen nachhinein peinlich war. »Deswegen will ich Ihne eine Beschreibung des Gesuchten geben: Er ist 42 Ja ungefähr 1,90 Meter groß, von kräftiger Statur und blondes Haar.« »Aha!« rief David und begann zu schlucken. »Sie d doch nicht etwa, ich sei der Gesuchte!« »Das dachte ich tatsächlich. Und ich möchte Sie gen nochmals um Entschuldigung bitten. Normal gehen wir nicht gleich so grob vor; aber der Mann ist lich und hat schon auf zwei unserer Leute geschossen »Ja, wenn das so ist«, seufzte David, »dann muß i Entschuldigung wohl annehmen.« Und er fügte noch »Da kann ja noch einiges auf mich zukommen, w Ihren Mörder nicht bald fangen.« Er nippte bedrü seinem Kaffee. »Das glaube ich nicht. Wir werden Ihre Personali eine genaue Personenbeschreibung an unsere Zen Whitehorse durchgeben, und die Suchtrupps werden in Kenntnis gesetzt, daß Sie sich zur Zeit in diesem aufhalten.« »Ihnen wären solche Unannehmlichkeiten geblieben«, schaltete sich der andere Beamte ein, »w sich bei unserer Dienststelle in Watson Lake abge hätten, wie es eigentlich üblich ist, wenn man für Zeit allein in die Wildnis geht.« »Ist das Vorschrift?« fragte David kurz angebunden »Nein, nur eine Empfehlung im Interesse der Tour 28
»Ich bin kein Tourist«, entgegnete David mißmutig. »War nicht so gemeint«, lenkte der andere Beamte und erhob sich. »Übrigens hatten wir vergessen, uns vor stellen: Mein Name ist Harrison, Sergeant, und das Konstabler Joung. Wir müssen weiter und möchten uns v abschieden. Können wir vielleicht noch etwas für Sie tu Ich meine, sollen wir einen Brief mitnehmen oder e Nachricht übermitteln…« Da verzog sich Davids Gesicht zum erstenmal wieder einem breiten Grinsen. »Sie könnten mir einen Kamm lassen«, sagte er, »falls Sie einen entbehren können.« Minuten später begannen sich die Rotorblätter zu d hen, die Polizeimaschine hob ab und entfernte sich in schem Flug über den See. »Ganz nette Burschen«, freute sich David, der den neu Kamm gleich an seinem verfilzten Bart ausprobierte. »Wir brauchten nicht einmal unsere Waffenscheine u Lizenzen vorzuzeigen«, warf Steve amüsiert ein. »Ja, du hast recht!« rief David, und es war nicht ganz cher, ob er es ironisch meinte. »Und sieh mal: Sogar Packung Zigaretten haben sie uns geschenkt! Wirklich sy pathisch, diese Beamten von der RCMP.«
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Sammler und Jäger
Über rundgeschliffene Steine, Felsbrocken, Sandbän Geröllhalden ging es ständig leicht bergauf. Der Bac sie seit dem frühen Morgen vom Lager aus gefolgt führte um diese Jahreszeit schon kein Hochwasser m daß sich sein breit ausgewaschenes Bett als Weg be ließ. Wo er sich zwischen vom Wasser geglätteten verengte und vertiefte oder von dem Astgewirr umge Bäume gesperrt wurde, mußten sie jedoch in den ausweichen und sich ihren Pfad durch Gebüsch, tro Gestrüpp und um querliegende Baumriesen herum b Aufmerksam hielten sie Ausschau nach Wild, doch einigen Bachstelzen, Meisen und Finken war kein L sen zu erblicken. Als sie an eine Stelle kamen, wo ein kleines Neben ser über die felsige Böschung herabstürzte und eine bildete, beschlossen sie zu rasten. »Ein ausgezeichneter Platz zum Goldsuchen«, David. Er zog seine Gerätschaften, eine Blechpfann und Klappspaten, aus dem Rucksack und außerd großes Stück Bannock, von dem er die Hälfte abbrach hatte sich inzwischen auf einem Stein niedergelass nahm einen tiefen Schluck aus der Feldflasche, die e mit den Worten weitergab: »Ein saftiger Braten w lieber.« »Es ist wahr«, erwiderte David kauend, »alles G dieser Welt nützt nichts, wenn der Magen knurrt. Wir ein paar Fischfilets trocknen sollen. – Aber könnten die Arbeit nicht teilen? Wie wäre es, wenn ich mich Gold kümmerte und du für den Braten sorgen würde »Einverstanden«, griff Steve den Vorschlag auf. »D dich ja sicherlich mehrere Stunden hier vergnügen so daß mir Zeit genug bleibt, ein wenig die Umgeb erkunden und nach Verpflegung Ausschau zu halt 30
mir aber noch einen Rest Kaffee in der Flasche; du kan besser Wasser trinken, wenn du so großen Durst hast.« nahm sein Stück Brot, warf sich das Gewehr über die Sch ter und kletterte die steile Uferböschung hinauf in d Wald. Nachdem es noch einige Male geknackt und ge schelt hatte, wurde es still hinter ihm. David begutachtete einige der umherliegenden Kie und ließ den Sand, der sich hier und da zwischen den S nen abgelagert hatte, durch die Finger rinnen. »Ni schlecht«, murmelte er vor sich hin, »vielleicht haben Glück. Quarz und schwarzer Sand deuten jedenfalls dar hin, daß Gold vorhanden sein könnte.« Rasch beendete sein bescheidenes Mahl, nahm das Arbeitsgerät und bega neben einem Felsen in der Nähe des Wasserfalls den san gen Boden aufzugraben. Bei seinen gewaltigen Körperkr ten dauerte es auch nicht lange, bis er ein tiefes Loch aus hoben hatte, aus dem er die schweren Felsbrocken, auf er immer wieder stieß, mit unermüdlichem Eifer hera wuchtete. Dabei sprach, schimpfte und lachte er gelege lich vor sich hin, wie es die Art von Menschen ist, die häu allein sind. Hätte ihm jemand unbemerkt zugeschaut, w er vielleicht zu der Vermutung gelangt, hier einen Verrü ten vor sich zu haben. Doch ein durchgehender felsiger Untergrund war imm noch nicht erreicht, als in der Grube bereits langsam Wasser zu steigen begann, das von allen Seiten her nach ckerte. Alles Fluchen half nichts, David stand nach kur Zeit bis an die Knie im Wasser. Da füllte er mit dem Spa schnell noch etwas Sand und Geröll von ganz unten in s ne Blechpfanne, schleppte sie zum Bach und begann m kreisenden und schüttelnden Bewegungen das womögl vorhandene Gold herauszuspülen. Er fand auch tatsächl einige »Farben«, wie ein echter Goldsucher gesagt hab würde, die sich zum Schluß auf dem Boden der Pfanne gesetzt hatten. Aber das, was da kaum größer als ein Stau korn drei-, viermal gelblich in dem dunklen Sand schi merte, war überhaupt nicht der Rede wert. Immerhin, 31
war ein Zeichen dafür, daß es an diesem Bach oder seiner oberen Zuläufe Gold gab. Aller Wahrschein nach und den physikalischen Gesetzen entsprechen es sich bei einem spezifischen Gewicht von 19,3 in tersten Geröllschicht über dem Felsboden abgelage nigstens ein Teil davon. Nachdenklich blieb er am Ufer stehen und sah d Sonnenlicht funkelnden Wasserfall zu, der aus eine von etwa acht bis zehn Metern in eine fast runde, vo ser ausgespülte Vertiefung stürzte. Sein ganzes Tracht jetzt nach Gold. Wie konnte er an das begehrte Me rankommen? Es war da, es mußte da sein! Es brauc noch gefördert zu werden. Je länger er der Bewegu Wassers zusah, desto deutlicher bildete sich in seine die Vorstellung heraus, daß in dieser natürlichen Wa die das Wasser mit großer Wucht hineinfiel und w sich mit der Strömung des Hauptbaches in einem k den Strudel vereinigte, Gold zu finden sein mußte. in vielleicht zwei Meter Tiefe, auf dem nackten Felsbo Er hatte eine Idee, die sich immer mehr verfestigte sich der Wasserfall irgendwie abstellen und die Str des Hauptbaches auf die andere Seite seines an diese verhältnismäßig breiten Bettes verlegen ließe, wäre e lich, die Vertiefung zu untersuchen. Er wußte auch wie er dabei vorzugehen hatte, und zögerte keinen blick mit der Ausführung seines Plans. Als erstes er er die Uferböschung, schritt den oberen Wasserlauf fand bald darauf eine für seine Zwecke geeignete Ste fort begann er, wie ein Berserker wütend, eine Spe Baumästen und Felsblöcken zu errichten. Und es keine Stunde, da hatte das Wasser einen neuen Weg den; es traf nun 50 Meter weiter unten auf den Hau Bei der Rückkehr zu seinem Ausgangspunkt stellte befriedigt fest, daß es einen Wasserfall nicht mehr ga Jetzt ging er daran, in der Mitte des Bachbette Damm aus Steinen und Baumstämmen zu bauen, Strömung an seiner Goldmine vorbeizuleiten. Diese 32
dauerte schon etwas länger, und sie brachte ihn mächtig Schwitzen. Er mußte riesige Felsbrocken beiseite heb und mehrere angeschwemmte Bäume aus dem Wege sch fen, was nur unter Einsatz aller ihm zur Verfügung steh den Kräfte gelang. Manchmal stand er bis zum Bauch dem kalten Wasser oder fiel sogar der Länge nach hine Doch er schaute weder rechts noch links, sondern arbeit ununterbrochen und wie in Trance, nur von der einen V stellung besessen: Gold. Schließlich war auch diese Arbeit geschafft, und es g noch, mit dem behelfsmäßigen Werkzeug eine Rinne frei legen, die das strömende Wasser – war es erst einmal um leitet – von allein vertiefen würde. Als David auch dam fertig war, verlängerte er zum Schluß bachaufwärts sein Damm bis zum Ufer und lenkte so das strömende Was in den vorbereiteten Kanal. Das Vorhaben gelang, wie geplant war. Nach ungefähr fünf Stunden schwerster körperlicher A strengungen richtete sich David zum erstenmal wieder und verschnaufte – aber nicht lange. Denn kaum hatte gesehen, daß aus der Vertiefung, in die sich vorher der W serfall ergossen hatte, ein stehendes Gewässer geword war, da begann er sich bereits hastig zu entkleiden. U ohne weiter zu überlegen oder zu zögern, griff er nach Waschpfanne und stieg in das kalte Wasser, das ihm bis den Hals heranreichte. Vor Kälte zitternd, tauchte er imm wieder unter, füllte die Pfanne mit dem Geröll, das er e auf dem Grund zusammenschob, und leerte sie am Ra des Gewässers.
Währenddessen hatte sich Steve mit einiger Mühe durch Unterholz einen Abhang emporgearbeitet. Jeder Schritt k tete Anstrengung in dieser Wildnis, fast jede Bewegung v ursachte Geräusche. Er mußte sich ein günstigeres Jagd vier suchen, das war ihm klar. Hier war der Wald zu u übersichtlich, das Unterholz zu dicht. Zwar dämpfte tiefe Moos seine Schritte, aber die Kleidung schabte an d 33
Büschen, trockene Zweige brachen ab, unter den knackten die im Moos verborgenen Äste. Das Wild – es überhaupt vorhanden war – hörte ihn schon von und ging ihm aus dem Weg oder verhielt sich ru suchte nach einem Wildwechsel oder nach Kaninc den, fand jedoch keine Spur von Tieren. Als sei de ausgestorben. Da er kein Gepäck zu tragen brauchte, kam er do hältnismäßig rasch voran und erreichte bald den des Höhenzuges, der den Bachlauf begleitete. Die begannen etwas lichter zu stehen, das Dickicht war n verfilzt, das Vorwärtskommen wurde leichter. Er set zum Verschnaufen auf den Stamm einer umgestürzt che und aß erst mal sein Brot. Dann ging er wieder ohne jedoch einen Blick auf die tief erliegende Lan werfen zu können; dafür wuchsen die Bäume zu ho Abhang war auch nicht sehr steil und schien in eine gelegene Ebene überzugehen. Er fand einen Wildw dem er eine Weile folgte, bis er vor sich zwisch Baumwipfeln einen Berg erblickte, der den Höhen um einiges überragte. Darauf hielt er zu. Manchma die schon älteren Spuren von Karibus und Elchen, h da auch deren Losung. Da flatterten vor seinen Füßen mehrere Fichten auf – er war fast auf sie getreten – und setzten sich in die dürren Zweige eines abgestorbenen Baumes. I legte er an, schoß das erste Huhn mit Kleinkaliber, lu und schoß auch das zweite. Als die übrigen Hühner gen, holte er mit Schrot noch ein drittes aus der Lu frieden sammelte er seine Beute ein, band sie an den zusammen und warf sie sich über die Schulter. Auf dem Rückweg, der ihn schräg den Hang hi führte, stand er unversehens vor einer Schlucht, dere der mehrere Meter steil abfielen. Er kletterte die Fels unter und wanderte eine Zeitlang auf dem Grun Schlucht weiter, bis er eine geeignete Stelle für den A fand. Auf der anderen Seite angelangt, setzte er sein 34
durch den Hochwald fort, umging ein Dickicht – und sta erneut vor einer Schlucht. Wie war das möglich? Sollte sich verlaufen haben? Er orientierte sich nach der Son und schlug dann die Richtung ein, in der er den Bachl vermutete. Doch nach ungefähr einem Kilometer verlor s der Felseinschnitt, dem er gefolgt war, an einem klein sumpfigen Gewässer, das ringsum von bewaldeten Höh umgeben war. Er hatte tatsächlich die Orientierung ver ren. Steve setzte sich auf einen Stein und überlegte. Aus Erfahrung wußte er, wie gefährlich es war, sich in Wildnis zu verlaufen. Es hatte Leute gegeben, die waren gelang umhergeirrt und schließlich zusammengebroch wahnsinnig geworden oder verhungert. Ein derarti Schicksal stand ihm zwar nicht bevor, dazu kannte er s im Busch gut genug aus. Wenn auch keine Landkarte u weder Zelt noch Decke, so hatte er doch Gewehr, Muniti Messer und Feuerzeug bei sich. Aber ein mulmiges Gefü beschlich ihn doch. Diese Wälder waren unermeßlich w es ging von einem Bach zum nächsten, ein Hügel sah w der andere aus, ein Tal folgte dem anderen. Schließlich h te er sogar seine Jacke, seinen Regenponcho und das B zurückgelassen, und außerdem wartete David auf ihn. W che Blamage, wenn er zugeben mußte, daß er sich ver hatte! Das alles ging ihm durch den Kopf, während er an d Sumpf saß, umgeben von einer Wolke von Mücken. Glü licherweise steckte das Fläschchen mit dem Insekt schutzmittel in seiner Brusttasche, so daß er in der L war, sich gegen die unerträglichen Quälgeister einzureih die einen Menschen in der Wildnis zur Verzweiflung br gen können. Um ihn herum blühten die Hagebutten, A leen, der Silberwurz und Eisenhut; die Blaubeer- und P selbeersträucher hatten sogar schon Früchte angesetzt, freilich noch ganz klein und grün waren. Plötzlich knackte und krachte es ganz in der Nähe Gehölz. Zwei Schnepfen, die er nicht wahrgenommen ha flogen auf und schwirrten im Zickzackkurs davon. St 35
nahm rasch sein Gewehr zur Hand, das er vorsicht mit einem Brennekegeschoß lud. Die Weidenbüsc Birkenschößlinge am Rande der Lichtung bewegt heftig, etwas Dunkelbraunes wurde sichtbar, dann mächtiger Elchbulle wie eine vorzeitliche Erscheinu die Lichtung heraus, witterte kurz, schritt langsam Morast hinein und auf die kleine Wasserfläche zu gemächlich die Wasserpflanzen abzuweiden begann den Bauch stand das hochbeinige Tier im Wasser; d waren der merkwürdig kurze Stummelschwanz, d nickhöcker, die kleinen Augen und die überhängen senwulst zu sehen. Zuweilen tauchte der Kopf mit d ladenden Schaufeln tief in das Wasser ein, wenn de vom Grunde des Weihers ein Maul voll Pflanzen her te, an denen er eine Weile bedächtig kaute, sich plat wieder einige Schritte vorwärtsbewegend. Steve verhielt sich ruhig und schaute dem Tier ein lang zu. Schließlich zog er sich unbemerkt zurück, d war zu einem Entschluß gekommen. Am besten, so sich, ging er denselben Weg zurück, den er gekomm Natürlich gefiel ihm das nicht; aber diese Lösung e ihm als die sicherste, dabei war nichts falsch zu m Gegen den Hunger, der ihn immer mehr plagte, pflü unterwegs ab und zu eine Handvoll Beeren, von d genug gab. Sie stillten zugleich seinen Durst. So gela nach gut zwei Stunden wieder auf den Höhenrücken die Hühner geschossen hatte. Inzwischen war schon der Nachmittag angebroc mußte etwa vier Uhr sein. Der Himmel begann sich wölken. Nachdem tagelang die Sonne geschienen ha es ausgerechnet jetzt nach Regen aus. Sollte er wirkl ne eigenen Spuren mit allen Umwegen zurückver Wenn es anfinge zu regnen, würde er damit o Schwierigkeiten haben. Doch was hatte er falsch ge warum hatte er sich verirrt? Als er zwischen den Bäum nicht weit entfernt den Berggipfel aufragen sah, d schon vorher aufgefallen war, machte er sich ku 36
schlossen und fast wütend an den Aufstieg. Er wollte s Überblick verschaffen. Nach abermals einer Stunde hatte er es geschafft. K chend, schweißüberströmt stand er oben und blickte in Runde. Der Berg mochte nicht mehr als 1500 Meter ho sein, die Vegetation reichte bis weit hinauf. Seine Kup war abgeflacht, von Felsstücken übersät, und dahinter hoben sich noch mehrere weit höhere Berge. Aber er währte eine herrliche Aussicht bis hin zu dem See, an d sich ihr Ausgangslager befand. Wie ein langes silbernes T lett lag die Wasserfläche weit hinten in dem tieferen Wa land, über dem noch die Sonne stand, während sich Himmel über den Bergen bereits bezogen hatte. Aufatme ließ sich Steve zwischen den Steinen nieder. Allein sch mit diesem Anblick schien ihm seine Anstrengung aus chend belohnt. Seine Kräfte kehrten allmählich zurück. Einen Mom lang spielte er mit dem Gedanken, ein Lagerfeuer anzuzü den und sich an dieser Stelle eines der Fichtenhühner braten, um noch etwas länger bleiben zu können und ßerdem seinen nagenden Hunger zu stillen. Doch da dachte er wieder an seinen Gefährten, und der eigentlic Grund seines Aufstiegs fiel ihm ein. Er versuchte sich orientieren. Bald hatte er die Hügelkette entdeckt, die den Bach gleitete, den sie entlang gewandert waren. Er war sich d sen sicher, obwohl es mehrere solcher Bäche und Höh züge gab. Streckenweise wurde der Bachlauf sogar sichtb und dort, am Fuße einer Anhöhe, verschwand er zwisch den Felsen, wo sie sich an dem Wasserfall getrennt hatt Steve bemerkte, daß der Höhenrücken, dem er später folgt war, einen weiten Bogen beschrieb. Das war es, hatte er übersehen! Im Grunde brauchte er nur hinab klettern und weiter geradeaus einen langgestreckten Abha hinunterzugehen, um an den Oberlauf ihres Baches zu langen. Von dort aus waren es dann lediglich noch ein p hundert Meter bis zum Wasserfall. Er prägte sich des 37
Lage genau ein und machte sich auf den Weg. Kurz darauf fing es an in Strömen zu regnen. Im er naß bis auf die Haut. Ihm war klar, daß sie ihr La Seeufer heute nicht mehr erreichen konnten.
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Goldsuche
Als Steve erschöpft und mit schlechtem Gewissen weg seiner langen Abwesenheit die Stelle erreichte, an der David verlassen hatte, glaubte er seinen Augen nicht trauen. Den Wasserfall gab es nicht mehr, und der Ba hatte sein Bett verändert. David kam gerade aus dem Was ans Ufer gewatet, um eine Blechpfanne voller Steine eine Geröllhalde zu kippen, die er dort bereits angehä hatte. Seine Kleidung lag neben dem Rucksack. Er zitte am ganzen Körper, seine Lippen waren blau angelaufen, seinem kalkweißen Gesicht glänzten die Augen wie im F ber. Er bewegte sich unbeholfen und schien seine Um bung kaum wahrzunehmen. »Hallo!« rief Steve. »Was treibst du denn da in dem k ten Wasser, noch dazu bei diesem Regen!« David blickte kurz auf und watete schon wieder zur M des Gewässers zurück. »Noch eine Pfanne«, keuchte »dann komme ich raus.« Lautlos verschwand er unter W ser und tauchte erst nach etwa einer Minute wieder auf. Steve blickte sich um und staunte über den Damm in Mitte des Bachbettes. Da sah er, daß David ans Ufer wank Schnell sprang er hin, um ihn zu stützen. »Sag mal, s wann steckst du denn da drin?« fragte er ahnungsvoll. »Seit ungefähr einer halben Stunde«, erwiderte David m stockender Stimme. »Mann!« brüllte er ihn an, »du willst dir wohl den T holen!« Hastig suchte er die Kleidungsstücke zusamm die David zitternd mit zeitlupenhaften Bewegungen anz fortwährend dabei mit den Zähnen klappernd. Währenddessen raffte Steve unter einer dichten Fichte paar trockene Zweige und Zapfen zusammen. Außerd schlug er mit dem Beil einige abgestorbene Äste ab. Ein eigneter Lagerplatz fiel ihm ein, der etwas weiter bacha wärts lag. Dort war er an einer Aushöhlung in der felsig 39
Böschung vorbeigekommen. Diese Nische blieb au Regen trocken, davor schichtete er sein Brennmater Dann holte er David, der nach wie vor einen apath Eindruck machte. »Du hast eine Unterkühlung«, sagte er, »damit i zu spaßen. Du brauchst unbedingt Wärme. Also l dort auf die Jacken, den Rucksack kannst du als Kop benutzen.« Bald loderte ein großes Feuer auf, das d gerplatz binnen kurzer Zeit erwärmte, ja fast zu eine ofen werden ließ. Steve errichtete noch aus Ästen stell, auf dem die durchnäßte Kleidung trocknen Allmählich, und nachdem er den restlichen Kaffee ken hatte, begann David sich zu erholen. Jetzt galt e den bohrenden Hunger zu stillen. Als das Feuer he gebrannt war, steckten sie zu beiden Seiten Astga den Sand und spießten die abgezogenen und aus menen Fichtenhühner auf einen langen Weidenas der Glut wurde das Fleisch schnell gar. Da lediglich ein Tagesausflug geplant gewesen w ten sie weiter keine Lebensmittel mitgenommen und einen Topf noch Kaffee bei sich. Sie mußten Wasser t von dem unterhalb ihres Lagerplatzes genügend vorb Allerdings zauberte David aus einer seiner Gürteltasch Filmdose voll Salz hervor, so daß sie die Hühner damit konnten. Das Essen hob ihre Stimmung. Draußen regnete mer noch, aber sie saßen trocken und warm. Von etwas erhöht liegenden Platz aus überschauten sie Teil des Bachbettes bis zur nächsten Biegung und a Stück des gegenüberliegenden Hanges, der in Regen eingehüllt war. Bei solchem Wetter wirkte die Wild gastlich, geradezu feindlich. Wer sich nicht aus konnte zweifellos depressiv werden. »So eine Unterkühlung ist gefährlich«, sagte »Wenn das Gehirn längere Zeit zu wenig durchblut kann es zu ernsthaften Schädigungen kommen.« Ab vid war schon wieder obenauf, sein kräftiger Körper 40
die Strapazen folgenlos überstanden zu haben. Er bericht von seiner Goldmine und den Erwartungen, die er da knüpfte; er redete ununterbrochen davon. Gold bedeut Wohlstand, Geld. Was konnte man damit nicht alles anf gen! Sich ein großes Haus bauen, ein Motorboot kauf ein Flugzeug. Man konnte leben, wo man wollte und w man wollte. Man war unabhängig, frei. David schwärm als befände sich das Geld bereits auf seinem Konto, als ha er soeben in der Lotterie das große Los gezogen. »Natürl teilen wir«, erklärte er, »schließlich haben wir die Stelle meinsam entdeckt.« Steve hörte ihm eine Weile zu, bis er seine Bedenk nicht mehr zurückhalten mochte: »Erstens weißt du no gar nicht, ob hier Gold in nennenswerter Menge zu find ist. Und zweitens ist es sehr fraglich, ob sich gegebenenf ein Abbau an dieser Stelle lohnen würde.« David wischte diese Einwände beiseite: »Daß Gold v handen ist, steht fest. Außerdem habe ich mehrere Zent Geröll aus dem Wasser heraufgeholt, und ich habe deutl gespürt, daß ich dort unten auf dem blanken Felsen war. müßte mit dem Teufel zugehen, wenn sich zwischen d Kies und den Steinen nicht eine ganze Anzahl schöner g ber Nuggets befinden. Um was wollen wir wetten?« A liebsten wäre er sofort wieder losgezogen, um das Ger auszuwaschen. Doch seine körperliche Verfassung und Regen hielten ihn zurück. »Du willst also morgen noch bleiben und weiterarb ten?« fragte Steve. »Selbstverständlich. Ein paar Tage werden wir wohl nötigen, um fürs erste genug zusammenzubekommen.« »Wir werden sehen«, erwiderte Steve kurz angebund Er wollte sich im Augenblick auf keine Diskussion einl sen. Das hatte Zeit. Nachdem er genügend halbwegs t ckenes Holz zusammengetragen hatte, bereitete er sich dem Sand an der Felswand ein Lager, deckte sich mit sei Jacke und dem Regenponcho zu und war bald darauf ein schlafen. Da begab sich auch David zur Ruhe. 41
Sie unterhielten das Feuer die ganze Nacht über. es heruntergebrannt war, wurde es empfindlich ka wer frierend erwachte, legte jeweils etwas Holz n halfen sie sich über die Runden.
Morgens hatte der Regen aufgehört. Die Sonne kam es versprach warm zu werden. Wie Rauch lag die Fe keit über den Hängen, es duftete nach Fichtennade Kamille, in den Zweigen der Bäume zwitscherten die Die Natur zeigte sich wieder von ihrer besten Seite. Leider bestand das Frühstück nur aus einem Schlu tem Wasser und einem Stückchen Schokolade, das Notreserve im Rucksack fand und das sie redlich Damit kamen sie nicht weit. Aber David konnte es o kaum erwarten, wieder zu seiner Mine zurückzukeh sie sonst nichts Eßbares mehr hatten, schlug er vo möge versuchen, etwas zu schießen. Gleich dara schwand er, um weiterzuarbeiten, worauf Steve sein schulterte und bachaufwärts ging. Er nahm sich vor, tens gegen Mittag zurückzukehren. Dann würden sen, was bei Davids Goldsuche herausgekommen w konnten – sollte die Ausbeute nicht wider Erwarte sein – noch bis zum Abend ihr Camp am Seeufer err Was den Goldfund betraf, war Steve mehr als sk Denn er kannte die Bedingungen und Umstände der rung recht gut und wußte, mit wieviel harter Arbeit bunden war, dem Boden ein paar Unzen Gold abzu nen. Zwar gab es außergewöhnliche Glücksfälle; abe kaum davon auszugehen, daß in diesem Gebiet noch stellen lagen, wo man die Nuggets nur einzusa brauchte, noch dazu an einem leicht zugänglichen Das ganze Yukon-Territorium war schon seit Jahrz von Prospektoren systematisch abgesucht worden; ren per Flugzeug bis in die entlegensten Winkel vorg gen, hatten Luftaufnahmen gemacht, die geolo Formationen erforscht, Gesteinsproben entnomme und da war es auch zu einem Abbau gekommen. A 42
seits kam Steve nicht umhin, Davids fanatische Hartnäck keit zu bewundern. Dessen Vermutung, unterhalb des W serfalls könne sich Gold abgelagert haben, erschien ih nicht ganz abwegig. Insofern hatte er sich entschlossen, zuwarten und seinen Gefährten erst einmal gewähren lassen. Der Bach schlängelte sich in vielen Windungen aus d Gebirge heraus. Fische gab es in dem Wasser nicht, da war es viel zu flach. Streckenweise versickerte es auch Boden und floß unterirdisch weiter; an manchen Stell die von der Sonne nicht erreicht wurden, lag noch Eis. anderen Stellen wurde der Untergrund sumpfig, der Ba lauf verzweigte sich oder uferte aus, und in einem klein Tal befand sich sogar ein Biberdamm, der das Wasser einem Teich anstaute, einem Lebensbereich für sich. G schäftig schwammen seine Bewohner zwischen ihrer Ästen im Wasser errichteten Burg und dem Ufer hin u her. Sie transportierten Rindenstücke, Zweige oder gan Äste. An der Uferböschung lagen mehrere von ihnen gef te Bäume. Als die Biber den Menschen wahrnahmen, v schwanden sie mit laut klatschenden Geräuschen un Wasser. Steve fand in dem weichen Boden neben zahlreichen deren Wildspuren auch die Abdrücke von Bärentatzen u die Trittsiegel von Wölfen. Die Furcht vor den Raubtie hatte er schon lange verloren. Er fühlte sich wohl in Wildnis, sie war ihm vertraut, er war gern allein unterwe Man konnte sich bewegen, wie man es für richtig hi brauchte sich von niemandem Vorschriften machen zu l sen. Natürlich mußte man aufpassen, vorsichtig sein, a das mußte man in der Großstadt ebenso. Die Raubtiere chen dem Menschen aus, das wußte er. Sie hörten oder w terten ihn schon auf große Entfernung und vermieden e Begegnung. Im Sommer Wölfe zu Gesicht zu bekomm war ein Kunststück. Und auch im Winter kam man sel auf Schußweite an sie heran. Sie verzogen sich, sobald eine Gefahr vermuteten, waren scheu und kamen zume 43
nur nachts aus ihren Verstecken heraus. Was über di re in den Abenteuerbüchern stand, entsprach zumei der Wahrheit, sondern diente mehr dem Nervenkit Leser. Man konnte sie allerdings in Fallen fangen, w die Luchse, Vielfraße, Füchse, Marder, Nerze oder Diese Pelztiere gab es nach wie vor in großer Anzahl nördlichen Gebieten, wie ihre Spuren bewiesen, wen man sie nur selten sah. Auch eine Begegnung mit wilden, blutrünstigen nern war nicht zu befürchten. Solche Indianer gab e sie waren niemals so gewesen, wie sie in den meis men und Romanen vorgeführt wurden. An ihrer Eins anderen Menschen, der Gesellschaft und der Natur über hätten sich viele Weiße ein Beispiel nehmen k Jetzt lebten sie in Siedlungen am Rande oder in de der Ortschaften, wo ihnen die Regierung primitive häuser in den Wald gesetzt hatte. Sie gingen ihrer nach, soweit sie welche fanden,- zumeist aber friste ein kümmerliches Dasein von der Sozialhilfe, viele nen waren Alkoholiker. Steve hatte sie gesehen, sie b zuletzt die Kaska in der Nähe von Watson Lake un River. Die wenigsten hatten eine Perspektive, ein ziel, eine Chance in dieser Zivilisationsgesellschaft, sie nicht hineinpaßten, an deren Rand sie dahinvege Nur vereinzelt gab es neue, hoffnungsvolle Ansätz hatte ihnen nicht nur ihr Land genommen, man h nen ihre Lebensgrundlage entzogen, ihre sozialen u turellen Wurzeln abgeschnitten, so daß sie mors hohl wurden wie abgestorbene Bäume. Eine Tragöd der kaum jemand Notiz nahm. Leise, beobachtend, drang Steve weiter vor. Ab un er eine Handvoll Beeren, um seinen knurrenden Mage zu besänftigen. Aber der Körper brauchte Kalorien, er te Eiweiß. Die Wildnis war voll davon, überall Spur Wild. Er mußte unbedingt etwas schießen, damit sie bekamen, denn mit pflanzlicher Kost konnte man in Regionen nicht überleben, jedenfalls nicht lange. Al 44
Bestrebungen konzentrierten sich mehr und mehr auf eine vitale Bedürfnis: zu essen. Als der Bach von einem Wildwechsel gekreuzt wurde, dem Hasenspuren zu finden waren, legte er sich auf Uferböschung ins Gras und wartete, das Gewehr griffbe neben sich. Eine der wichtigsten Eigenschaften eines gu Jägers war Geduld.
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Eine alte Geschichte
David hatte seinen Geröllhaufen nahezu abgetragen beinig hockte er am Wasser, schüttelte die Pfanne h her, ließ sie kreisen, prüfte mit spitzen Fingern ihren Als er Steve mit einem erlegten Hasen über der Schu kommen sah, stürzte er gleich auf ihn zu. Das Wild sierte ihn weniger; mit leuchtenden Augen zeigte er e Goldstücke, die er aus seinem Taschentuch ausw Vorsichtig schüttete er sie Steve auf den Handteller. M waren sehr klein, aber zwei hatten immerhin die Gr nes Daumennagels. Daß es sich tatsächlich um Go delte, was da unscheinbar und lehmig gelb zum Vo gekommen war, merkte man allein schon am Gewic vid war erregt, er schwitzte. Nur seine Finger waren v Kälte des Wassers gekrümmt, die Haut aufgequollen. »Das sind Nuggets!« rief er, »ich hatte recht mit Vermutung!« Steifbeinig tanzte er herum, lachte w Irrer und schwenkte sein Taschentuch. Der Goldraus te ihn endgültig gepackt, er schien nicht mehr nor sein. »Wir haben es geschafft!« brüllte er. »Gold, Gold! Am liebsten würde ich es auffressen!« »Ich habe einen Hasen geschossen«, sagte Steve, auf die Erde zurückzuholen. Doch David spürte o keinen Hunger, obwohl er den ganzen Tag ohne Un chung geschuftet hatte. Behutsam knotete er seinen wieder ein und ließ ihn in der Hosentasche verschw »Nur noch ein, zwei Pfannen!« rief er. »Dann habe i ausgewaschen, was draußen lag. Brat schon mal den ich komme gleich nach.« Es war sehr schwül geworden, und die Mücken zunehmend lästiger. Steve prüfte den Himmel, kon doch keine Anzeichen für einen erneuten Wetterw feststellen. Er hängte den Hasen an den Hinterläufe nen Baum, zog ihn ab und nahm ihn aus. Ansch 46
sammelte er Feuerholz. So war das also mit diesem vert felten Metall, dachte er, das um die Jahrhundertwende T sende angelockt und viele von ihnen ins Verderben gestü hatte. Jetzt konnte er sich gut vorstellen, wie es damals den Camps zugegangen war. In Britisch-Kolumbien, im Y kon-Territorium und in den Nordwest-Territorien wa über Nacht mitten in der Wildnis ganze Städte aus dem B den gewachsen, die ebenso schnell wieder aufgegeben w den waren, sobald die Ergiebigkeit der Minen nachließ o die Nachricht von neuen, noch größeren Goldfunden Runde machte. Die Goldsucher hatten oft jahrelang in dü tigsten Verhältnissen gelebt, sich abgearbeitet und ihre G sundheit ruiniert. Für jedes Pfund Mehl, für jede Flasc Whisky, für jede Arztbehandlung hatten sie teuer bezah müssen, und am Ende waren die wenigsten von ihnen wirklichem Wohlstand gekommen. Steve vermochte Davids Begeisterung nicht zu teilen, sah dessen Erfolg etwas nüchterner. Was in zwei Tagen harter Arbeit an Nuggets zutage gefördert worden war, e sprach zwar dem Wert von einigen hundert Dollar; aber w sollte man ohne den Einsatz von Maschinen an weite Gold in zwei Meter Tiefe herankommen? Noch dazu in nem Bachbett, das sich nicht verlegen ließ und wo je Loch sofort voll Wasser lief. Wahrscheinlich unterschät David diese Schwierigkeiten, und mit Sicherheit überschä te er den Wert des Goldes, das er gefunden hatte. Über Verpflegung machte er sich schon gar keine Gedank mehr. Sie mußten zurück zu ihrem Lager, und zwar so bald w möglich. Wenn sie den See noch vor Einbruch der Na erreichen wollten, mußten sie sich beeilen, denn der Rü weg würde ungefähr vier Stunden in Anspruch nehm Allerdings war es sehr fraglich, ob sich David zu einem A bruch bewegen lassen würde. Nachdem er die Nuggets funden hatte, wirkte er unzurechnungsfähig. Steve dac darüber nach, was er tun konnte. Den Gedanken, seine chen zu nehmen und seiner Wege zu gehen, schob er ra 47
wieder beiseite. Vielleicht, so überlegte er, sollten s noch einen Tag länger bleiben, bis sich David von de losigkeit einer Weiterarbeit überzeugt haben wür heute hatten sie genug zu essen, morgen würde man sehen. Der Hasenbraten war gerade fertig, als David kam. Sein Haar klebte naß am Kopf, und er schlott Erschöpfung und Kälte. »Warst du etwa wieder im W fragte Steve mehr erschrocken als wütend. David »Nur ganz kurz. Ich wollte sowieso baden.« Tro Schwüle setzte er sich nahe ans Feuer. »Du bist w nig«, sagte Steve. »Wenn du nicht Vernunft annimm du noch krank.« Sie aßen, bis sie satt waren. Steve hatte an einer St von der Sonne besonders erwärmt wurde, etwas Was se gefunden und außerdem Beeren gesucht, die Nachtisch gab. Mit Reis, Kartoffeln oder Brot wäre da perfekt gewesen. Aber daran durfte man nicht den Kaffee oder sogar Kuchen schon gar nicht. Der näch cker müßte wenigstens 100 Kilometer entfernt sein, ü te Steve gerade, da sagte David seufzend, als könne danken lesen: »Jetzt eine schöne Tasse Kaffee und ei Sahnetorte…« Er unterbrach sich und lauschte. »Ein Flugzeug«, sagte Steve. »Kein Zweifel. Wahr lich suchen sie immer noch den geflüchteten Trapp seinen Nachbarn umgebracht hat. Sie scheinen sich m anzustrengen.« »Weil er auf Beamte der RCMP geschossen hat. D sie besonders empfindlich. Ich bin gespannt, ob sie bend fangen.« »Nach dem, was wir neulich mit ihnen erlebt ha das sehr fraglich. Sie sind ziemlich schnell mit der W der Hand.« Das Flugzeuggeräusch kam nicht näher, sondern te allmählich in der Ferne. David stopfte sich nach Zeit wieder einmal eine Pfeife. Seine erneute Tauch hatte ihn anscheinend etwas ernüchtert. »Der Nor 48
groß«, meinte er, »und neulich hatten sie noch nicht einm seine Spur gefunden.« Er nahm einen Ast aus dem Fe und hielt die Glut an den Tabak. »Wer weiß, wie sich Schießerei dort im Busch bei Atiin wirklich abgespielt hat »Sie wirken auf mich immer wie Schäferhunde«, sa Steve. »Hast du einmal die Fotos von früher gesehen, zu Beispiel im Museum in Whitehorse?« David nickte. »Du hast recht. Solche Gesichter verg man nicht. – Das erinnert mich an eine andere Geschich die sich Anfang der dreißiger Jahre in den Nordwe Territorien zugetragen hat. Damals ging es ebenfalls u einen Mann, der vor der RCMP auf der Flucht war; man ihn den ›Mad Trapper‹ genannt. Vielleicht hast du dav gehört.« »Ist er nicht von der Polizei mitten im Winter mehr Wochen lang durch den kanadischen Norden gejagt w den?« »Richtig. Sie haben eine regelrechte Menschenjagd ver staltet. Vor einigen Jahren las ich ein Buch darüber, und m fällt ein, daß ich sehr zwiespältige Gefühle dabei hatte.« »Erzähl mal, das interessiert mich.« Und David begann zu erzählen.
Es war im Sommer des Jahres 1931, als ein Mann auf ein Floß aus drei zusammengebundenen Baumstämmen d Peel River herunterkam und in Fort McPherson an La ging. Er nannte sich Albert Johnson, war etwa 40 Jahre von mittlerer Größe, hatte braunes, schütteres Haar u blaue Augen. Da in der Ortschaft nur wenige Einwoh lebten und sich die Polizei schon immer für alle Fremd besonders interessierte, wurde er in seinem Camp von nem Konstabler namens Millen aus Arctic Red River auf sucht und nach seinem Woher und Wohin gefragt. Der amte erhielt von dem schweigsamen Fremden lediglich Auskunft, daß er aus den kanadischen Prärien komme u seine Ausrüstung erneuern wolle, die er unterwegs in d Stromschnellen verloren habe. Er beabsichtige, ins R 49
River-Gebiet zu gehen, etwa 50 Kilometer nordwestl Fort McPherson. Weiteren Fragen wich er beharrlich wünsche in Ruhe gelassen zu werden, gab er zu ver Das gefiel dem Konstabler nicht, aber da gegen J nichts vorlag, verabschiedete er sich schließlich. Er Johnson noch, ohne behördliche Genehmigung Fa stellen, und wies ihn darauf hin, daß er sich gegeben eine Lizenz aus dem 80 Kilometer entfernten Arc River oder dem 110 Kilometer entfernten Aklavik zu gen habe. Anschließend zog Millen im Ort Erkundi ein und erfuhr, daß der Fremde, trotz seiner dürftig rüstung, mit Geld offenbar gut versorgt war. Er hatte Handelsposten der Hudson's Bay Company mit V eingedeckt und im Northern Traders Store ein Gew wie einen Karton Munition gekauft. Was seine persö Angelegenheiten betraf, hatte allerdings niemand e Erfahrung bringen können. Eine Woche später erwarb Johnson von einem sässigen Indianer ein großes Kanu. Er belud es mi Habe und paddelte flußabwärts und weiter etwa 2 meter den Rat River hinauf. Dort baute er sich auf Hügel oberhalb des Flusses ein Blockhaus im dama chen Stil: Er hob die Erde auf einer Fläche von d vier Metern ungefähr einen Meter tief aus und er darüber Wände aus zusammengefügten Baumstä Das Dach bedeckte er mit Erde, die Lücken in den den wurden mit Moos und Schlamm abgedichtet. ner Seite brachte er ein kleines Fenster und die T Zum Heizen und Kochen benutzte er einen l Blechofen. Albert Johnson richtete sich in der W häuslich ein, so gut es ging. Nun könnte man annehmen, die Geschichte hätt ihr Bewenden gehabt. Es hatte eine harmlose Kabbe schen einem übereifrigen Polizisten und einem Eigen gegeben; jetzt ging der eine in Arctic Red River Dienstgeschäften nach, und der andere steckte üb Kilometer entfernt mitten im Busch. Doch im De 50
desselben Jahres fand Johnson neben seiner Fallenstre einige fremde Fallen, die er kurzerhand fortnahm und die Bäume hängte. Als das die Loucheux-Indianer entde ten, denen die Fallen gehörten, beschwerten sie sich bei Royal Canadian Mounted Police in Arctic Red River. U obwohl es sehr kalt war, schickte der dienstälteste Beam Konstabler Millen, noch am zweiten Weihnachtstag zw Polizisten mit dem Hundeschlitten auf den Weg zum River. Sie hatten den Auftrag, wegen der Beschwerde zu mitteln und zu prüfen, ob Johnson im Besitz einer Trapp lizenz war. Die Patrouille benötigte zweieinhalb Tage, um die 1 Kilometer bei Minustemperaturen von durchschnittlich Grad Celsius zurückzulegen. Am Vormittag des dritten ges klopften die Beamten also an die Tür von Johnso Blockhaus. Doch sie erhielten keine Antwort, obwohl dem Schornstein Rauch aufstieg und auch ein Paar Schn schuhe neben der Tür anzeigten, daß der Besitzer zu Ha sein mußte. Sie rüttelten weiter an der Tür, riefen, daß von der Polizei seien, und verlangten Einlaß. Vergebli Johnson nahm ihre Anwesenheit nicht zur Kenntnis. tauchte nur einmal kurz am Fenster auf, ließ jedoch sof wieder den Vorhang fallen. Dieses Verhalten brachte die beiden Polizisten dermaß auf, daß sie 130 Kilometer bis zu ihrem Hauptquartier Aklavik fuhren, um Bericht zu erstatten. Dort kam man dem Schluß, daß Johnson nicht nur gegen sämtliche A standsregeln verstoßen habe, sondern darüber hinaus fenbar in dem Irrtum befangen sei, unabhängig von al Menschen und jeder Autorität leben zu können. Das wo man nicht dulden, selbst wenn der Trapper durch sein langen Aufenthalt in der Wildnis gemütskrank oder wirr Kopf, »bushed«, sein sollte. Die Patrouille wurde um zw Beamte verstärkt und mit einer Durchsuchungsvollma zurückgeschickt. Zusätzlich zu ihren Pistolen führten Beamten jetzt Gewehre bei sich. Damit nahm das Verhä nis seinen Lauf. Die vier Polizisten erreichten Johnso 51
Blockhaus am Silvestermorgen des Jahres 1931. Wie wiesen ein Rauchfaden und die Schneeschuhe neb Tür die Anwesenheit des Trappers. Und wieder rütt Beamter an der Tür und begehrte Einlaß. Die Antw diesmal eine Gewehrkugel, die das Türholz durch und ihm in die Brust fuhr. Sofort eröffneten seine d legen, die neben ihrem Hundeschlitten auf dem zu nen Fluß gewartet hatten, das Feuer. Dem verletzten ten gelang es, sich in Sicherheit zu bringen. Er wurde züglich nach Aklavik ins Hospital gebracht. Die Kug sein Herz nur um wenige Zentimeter verfehlt. Jetzt entschloß sich der Leiter des RCMP-Hauptqu ein Inspektor namens Eames, die Sache selber in di zu nehmen. Man war mittlerweile zu der Ansicht g daß der Trapper am Rat River nicht lediglich – wie m erst angenommen hatte – unter einem Hüttenkol sondern gemeingefährlich sei und einen unversöh Haß gegen die Polizei hegen müsse. Nachdem er ei amten der RCMP schwer verletzt hatte, mußte er ge genommen und der Justiz übergeben werden. Eame daher ein Aufgebot zusammen, das aus drei weiteren ten sowie drei einheimischen Trappern bestand. Schlittenhunden und ausreichendem Proviant ve brach man schon drei Tage später auf, um Johnson haften, obwohl die Temperatur auf minus 40 Grad gesunken war. Außerdem wurden der Polizeiposten tic Red River und die Handelsniederlassung der H Bay Company in Fort McPherson per Funk verstän daß unterwegs noch Konstabler Millen und ein ort ger indianischer Führer dazustießen. Zur Ausrüstung Expedition gehörten unter anderem 20 Pfund Dynam Als die neun Männer Johnsons Blockhaus nach d gen bei schneidender Kälte erreichten, bemerkten dem aufsteigenden Rauch, daß es nach wie vor b war. Sie umstellten das Gebäude, und Eames forde Trapper auf, herauszukommen und sich zu ergeben Johnson gab wieder keine Antwort; statt dessen eröf 52
das Feuer, als das Aufgebot gegen ihn vorrückte. Er ha inzwischen Schießscharten in die Wände gesägt und ver digte sich mit einer Repetierbüchse, einer abgesäg Schrotflinte und einem Kleinkalibergewehr, dessen Lauf ebenfalls gekürzt hatte. Da die Hütte nicht groß war, kon er schnell von einer Wand zur anderen wechseln, nach al Richtungen bestand freies Schußfeld. Es gelang ihm tatsä lich, den ersten Angriff des Aufgebots abzuweisen. Inspektor Eames sah sich gezwungen, seine Leute rückzuziehen und in sicherer Entfernung unterhalb Uferböschung zu kampieren. Bei Anbruch der Dunkelh wurden Feuer angezündet und Wachen aufgestellt. K darauf nahm man das Blockhaus erneut unter Beschuß u versuchte es außerdem in die Luft zu sprengen. Diese Be gerung dauerte insgesamt 15 Stunden, aber es gelang led lich, mit geworfenen Dynamitstangen ein Loch in das Da zu sprengen und die Tür zu zerstören. Johnsons Blockh glich einer Festung, er war gut mit Munition versorgt u schoß immer noch mit seinen drei Gewehren zurück, oh sich die geringste Blöße zu geben. Da riß eine weitere sta Dynamitladung die Wände ein. Sofort versuchten die A greifer, die zusammengestürzte Blockhütte zu stürm doch sie wurden erneut von einem Kugelhagel empfang und mußten sich rasch wieder in Sicherheit bringen. Un diesen Umständen, und da der Proviant ausging, entschl man sich – nach 15stündiger Belagerung – nach Akla zurückzukehren. Das erste Kapitel einer Geschichte, die den folgenden Wochen die kanadische Öffentlichkeit wegte, ging zu Ende. Das zweite Kapitel sollte bald folg Albert Johnson hatte die Explosion unverletzt überstand obwohl sein Blockhaus völlig zerstört war. Bei der Ro Canadian Mounted Police stellte man Überlegungen wie es weitergehen sollte. Die Presse griff den Fall auf u berichtete auf ganzen Zeitungsseiten über den »Mad Tr per of Rat River«, der sich einem Aufgebot der RCMP ent gen hatte. Man mußte seiner habhaft werden – leben oder tot -, das war selbstverständlich. In den meisten M 53
dien wurde die Vermutung geäußert, Johnson sei Einsamkeit der Wildnis verrückt geworden; in ander dien bewunderte man unterschwellig seinen Mut un Standhaftigkeit. Eine Sensationsstory witternd, ver einige Reporter die Herkunft des Trappers zu erfo Wer war Albert Johnson? Woher kam er? Was hatte den Norden geführt, und wie war es zu diesem Du der Polizei gekommen, zu dieser von Haß geprägt lehnung gegen die staatliche Autorität? Man fand keinerlei Anhaltspunkte, Johnsons Vergangenheit b dunkeln. Währenddessen traf man in Aklavik erneute Vo tungen zu einer Verhaftung des »verrückten Trappe reits nach zwei Ruhetagen brach Konstabler Mil sammen mit einem Kollegen auf, um das Blockh Rat River zu beobachten. Die Männer gerieten am z Tag in einen Schneesturm, konnten sich jedoch in Schutz bis an die Trapperhütte heranarbeiten und geslicht die Zerstörungen in Augenschein nehmen. die Explosion war die vordere Wand eingedrückt w und danach das Dach mit seiner schweren Erdbe tung in sich zusammengestürzt. Eine genauere U chung der Trümmer ergab keinerlei Aufschluß ü Herkunft des Trappers. Man fand weder Briefe, no kumente, noch sonstige Papiere. Er mußte seine sung schon vor Tagen verlassen haben, und der B hatte alle Spuren verweht. Als die beiden Beamten ren Nachforschungen auf eine Loucheux-Sippe s schickten sie einen der Indianer mit Nachrichte Aklavik. Dann versuchten sie in der Umgebung au zu machen, welche Richtung der Flüchtende eingesc hatte. Im Hauptquartier bereitete man unterdessen eine Expedition vor, die in Zusammenarbeit mit der Arm vorragend ausgerüstet wurde; zum Beispiel setzt erstmals im Rahmen einer Polizeiaktion transp Sprechfunkgeräte ein. Die Truppe verließ Aklavik M 54
nuar und errichtete in der Nähe der zerstörten Trapperhü ein Basislager. Von dort aus begab man sich auf Spuren che. Auch eine Gruppe von Loucheux-Indianern wurde diesem Zweck herangezogen, nach einigen Tagen jedo wieder entlassen, da es Versorgungsprobleme gab. A sämtliche Spuren waren von dem Blizzard zugedeckt w den, und selbst nach 14 Tagen intensivster Nachforschu gen hatte man immer noch kein Ergebnis. Millen und s Kollege kamen ebenfalls erfolglos zurück. Albert Johns schien sich in Luft aufgelöst zu haben. Die Lebensmittel für den Suchtrupp gingen zur Nei Inspektor Eames beauftragte daher Millen und vier weit Männer, die Suchaktion fortzusetzen, übergab ihnen Sprechfunkgerät und kehrte zurück nach Aklavik. Dort st te er die Versorgung der verringerten Truppe mit Provi sicher und beriet den Fall mit höhergeordneten Diensts len. Konstabler Millen ließ einen der Männer im Basisla zurück und begab sich erneut auf die Suche in der Um bung des Rat River oberhalb der verlassenen Trapperhü Dort fanden sich schließlich die schwachen Abdrücke v Schneeschuhen. Da Johnson, wie die meisten Trapper Norden, seine Schneeschuhe selber hergestellt hatte, w die Fährte unverkennbare Merkmale auf, die man sich e prägte. Unter extremen Schwierigkeiten folgten die v Männer dieser Spur in dem zerklüfteten Gelände bis in Ausläufer des Richardson-Gebirges, das die Grenze z schen den Nordwest-Territorien und dem Yuko Territorium bildet. Dort verloren sie die Fährte. Da erreichte sie am folgenden Tag ein Indianer, der v zwei Gewehrschüssen in der Nähe des Bear River berichte Sogleich machte sich der Suchtrupp auf den Weg dorth aber unterwegs begann es zu schneien, so daß sämtlic Bemühungen zunächst erfolglos blieben. Die Männer üb nachteten in ihren Zelten und folgten am nächsten Morg einem Bachlauf, wo sie Johnsons Spur wiederfanden, nach mehreren Kilometern in ein Dickicht hinein-, a 55
nicht hinausführte. Die Truppe umstellte das Gehölz. Bei dem sich an ßenden Feuergefecht sah es so aus, als sei Johnson getroffen worden. Dennoch wartete man bei eisige zwei Stunden lang, da ein Trick nicht auszuschließ Dann erst rückte man vor. Und plötzlich stande Millen und Johnson auf ungefähr 25 Meter von An zu Angesicht gegenüber. Millen faßte seinen Gegn ins Auge und feuerte zwei Schüsse auf ihn ab, die v Schüssen erwidert wurden – einer davon tra Konstabler tödlich. Jetzt eröffneten die übrigen Mi des Aufgebots ein minutenlanges Dauerfeuer in d strüpp hinein. Doch Johnson wurde nicht getroff konnte sich nach Anbruch der Dunkelheit absetz Leiche Millens wurde von einem der Männer auf dem deschlitten abtransportiert, die zwei übrigen blieben Fährte. Der Tod des RCMP-Konstablers Millen machte Sch len. Sogar in amerikanischen und europäischen Ze erschienen Berichte über diese mörderische Mensch im kanadischen Norden, die sich nun schon mehr al Monat lang hinzog. Immer noch folgten zwei Mi des Aufgebots, zu denen bald darauf noch zwei Männer stießen, Johnsons Spuren. Aufgrund der w den Bedeutung des Falles entschloß sich Inspektor nach Rücksprache mit seinen Vorgesetzten in Edm und Ottawa, ein drittes noch größeres Aufgebot menzustellen. Der »verrückte Trapper« erwies sich als ein Phän als ein ungewöhnlich tatkräftiger, willensstarker Ma selbst unter ungünstigsten Witterungsbedingungen a der menschenfeindlichen Wildnis am Polarkreis zu ben vermochte. Seine enorme Ausdauer, seine Kal keit und Findigkeit verblüfften alle, die mit diesem faßt waren. Die Beamten gaben sich keinen Illusione über seine Gefährlichkeit hin. Entschieden trat Eam seberichten entgegen, wonach Johnson verrückt sein 56
Er hatte den Gesetzlosen als einen außerordentlich sch sinnigen, zähen Gegner erkannt, zu dessen Festsetzung außergewöhnlicher Mittel bedurfte. Erneute Komplikationen traten jedoch durch sich v schlechternde Witterungsbedingungen ein, und bei der g ßen Kälte – das Thermometer sank bis auf 45 Grad un Null – wurde auch die Verständigung per Sprechfunk schwert, da mehrfach die Batterien einfroren. Dennoch v ließ Eames Anfang Februar 1932, Aklavik mit acht M nern, zu denen später noch mehrere Trapper stießen. D Bevölkerung fühlte sich beunruhigt und nahm – im Run funk und von den Behörden dazu aufgerufen – an der Ja teil. Die Lösung hieß allgemein: »Get the Mad Trapper!« Unterwegs erfuhr Eames über Funk, daß sich ein v Edmonton angefordertes Flugzeug bereits auf dem Weg den Norden befand; auch das war neu in der Geschichte RCMP. An der Stelle, wo Konstabler Millen den Tod gefu den hatte, versammelte sich in der tiefverschneiten Tun schließlich eine Schar von 17 Männern, die sich alle in Wildnis des hohen Nordens auskannten. Bald darauf e deckte einer der Suchtrupps, die das unübersichtliche G lände systematisch durchkämmten, die Abdrücke Schneeschuhe des geflüchteten Trappers in dem schma Bett eines Baches. Doch die Fährte verlor sich wieder in eisigen Tundra. Am folgenden Tag wurde erneut eine Sp ausfindig gemacht, parallel zur ersten. Johnson schien m seinen Verfolgern Versteck zu spielen und das Gebiet no nicht verlassen zu wollen. Zwei Suchtrupps, die einen T später unterschiedlichen Fährten folgten, standen sich einmal gegenüber; sie stellten fest, daß der Verfolgte rü wärts gegangen war oder seine Schneeschuhe streckenwe verkehrtherum getragen hatte. Andere Spuren gingen w derum im Kreis. Man kam nicht an den Gesuchten heran In der Zwischenzeit hatte das angeforderte Flugzeug Suchgebiet erreicht, gesteuert von dem ehemaligen Capt der Luftwaffe Wop May, einem erfahrenen Buschpilot Am liebsten hätte der frühere Jagdflieger sein Flugzeug m 57
einem Maschinengewehr und Bomben ausgerüste ihm wurde die Genehmigung dazu verweigert. Er fl eine schwarzorangefarbene Bellanca und betracht Suchaktion offenbar mehr als ein sportliches Abenteu Als erstes versorgte May die Truppe mit Lebensm Dann machte er zusammen mit einem ortskundigen ter an den folgenden drei Tagen aus der Luft mehrer ten des »verrückten Trappers« aus, doch sie liefen im oder verloren sich alle wieder im Eis der Tundra. Ein ter Blizzard unterbrach die Suchaktion, die sich mehr ausweitete. Denn auch aus Old Crow im Territorium war inzwischen eine Mannschaft der RC die Richardson-Berge aufgebrochen. Das Interesse der Medien und des Publikums na je länger die Jagt dauerte und je dramatischer sie sich tete. Trotz mangelhafter Information berichteten Ru und Presse vom Pazifik bis zum Atlantik fast tägli über. Auf den Titelseiten der Zeitungen erschien so Foto, das angeblich Albert Johnson vom Rat River Aber der Mann, der da mit einer Pelzmütze auf dem abgebildet war, stellte sich als ein Albert Johns Princeton in Britisch-Kolumbien heraus, so daß der dementiert werden mußte. In den Redaktionen und Behörden eingehende Hinweise, die zur Identifizieru gejagten Trappers führen sollten, erwiesen sich aus los als falsch. Der Einsatz des Flugzeuges hatte keine greifbaren nisse gebracht. Obwohl man hier und da immer wie seine Fährte stieß, blieb der Gesuchte unauffindbar. te Februar ein Indianer vom Bell River jenseits des R son-Gebirges die Nachricht brachte, daß man dort Abdrücke fremder Schneeschuhe gefunden habe, un in der Nähe des Handelspostens La Pierre Hous Wahrscheinlichkeit nach sei der »Mad Trapper« dort gekommen. Das erschien Eames unvorstellbar, da m nige Tage zuvor noch frische Spuren in der Gegend d rier River diesseits der Berge entdeckt hatte. Er r 58
nach. Sollte Johnson tatsächlich in der Lage gewesen se in weniger als drei Tagen und teilweise während eines benden Blizzards 145 Kilometer zurückzulegen, noch da über einen Gebirgspaß, der als im Winter unbegehbar gal Eames überwand seine Skepsis, zumal er an Über schungen gewöhnt war und seinem Gegner mittlerwe auch Unglaubliches zutraute. Er schickte mehrere Leute m dem Hundeschlitten über das Gebirge und flog am folg den Tag mit dem Flugzeug an den Bell River. Und tatsä lich entdeckte man dort die Spuren des Trappers, verlor allerdings sofort wieder unter den Hufabdrücken Tausen von Karibus, die vom Bell River zum Eagle River gezog waren. Jetzt wußte man genau, welche Richtung der G suchte eingeschlagen hatte, aber das Flugzeug konnte weg dichten Nebels nicht mehr weiterfliegen. Daher stellte mes eine Truppe von zehn Männern zusammen, mit der unverzüglich die Verfolgung aufnahm. Proviant und A rüstung führte man auf zwei Hundeschlitten mit. Allen an der Hetze Beteiligten war unerklärlich, wie verfolgte Trapper es geschafft hatte, sich bisher am Leben erhalten. Das grenzte an ein Wunder, zumal einige Ja zuvor vier erfahrene Beamte der RCMP etwas weiter südl auf einer Winterpatrouille von Fort McPherson nach Da son City elend verhungert und erfroren waren. Dieser Ma schien übermenschliche Kraftreserven zu haben; die Ind ner hielten ihn mittlerweile schon für einen Geist. Johnson konnte weder ein wärmendes Feuer anzünd noch Wild erlegen, da ihn Rauch oder der Knall ei Schusses verraten hätten. Die Lebensmittel mußten ih schon lange ausgegangen sein. Offenbar aß er das Flei von Eichhörnchen, die er in Schlingen fing; und gelege lich hatte er sich auf kleinem Feuer in einer Blechd schnell etwas Wasser heiß gemacht, um vielleicht einen R von Tee aufzubrühen, wenn er in Schneehöhlen unterh der Uferböschungen kampierte. Den Spuren war ferner entnehmen, daß er von Zeit zu Zeit auf Bäume kletterte, u Ausschau zu halten. 59
Man kam ihm jetzt immer näher, man wußte z genau, wo er war. Menschen und Hunde gaben ihr Als am folgenden Tag der Nebel aufriß, gelang es de gebot schließlich nach wochenlanger Verfolgun Johnson auf dem Eis des vielfach gewundenen Eagle zu stellen und einzukreisen. Nachdem er einen der ger, der mehrfach auf ihn schoß, schwer verwunde verschanzte er sich – selber verwundet – hinter Rucksack in der Mitte des zugefrorenen Flusses. Die fache Aufforderung, sich zu ergeben, ignorierte er, zusätzlich noch das Flugzeug erschien. Da gingen m Mitglieder des Aufgebots auf der Uferböschung in S und als Johnson immer noch weiterschoß, eröffne von ihren erhöhten Standorten das Feuer auf ihn. N zwei Monaten, Mitte Februar 1932, war die Jagd vorb In eine Plane eingewickelt, wurde der von 17 Kug fetzte Leichnam nach Aklavik geflogen. Die Herku Trappers konnte niemals ermittelt werden; auch rabdrücke, die nach Ottawa und Washington gesan den, ergaben keinen Aufschluß. Unter seiner Habe fa ein Geldbetrag von etwa 2500 Dollar. Albert Johnso de auf dem Gemeindefriedhof in Aklavik beerdigt. So endete die Geschichte des »Mad Trapper of Rat aus der sich vieles lernen läßt. Eine unglückliche Ve fung unglückseliger Umstände, fehlerhafter Hand und bedauernswerter Ereignisse.
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Katastrophenstimmung
Über dem Gebirge waren Wolken aufgezogen, der Himm verdunkelte sich zusehends, es sah nach einem Gewit aus. »Laß uns lieber noch etwas Holz holen«, schlug Da vor. Sie schleppten eine abgestorbene Fichte aus dem Wa zerkleinerten sie und stapelten einen Vorrat an der ein Seite der Felswand auf. Eine plötzliche Sturmbö fegte durch das schmale T Staub lag in der Luft, und der Rauch des Lagerfeuers drän in die Felsnische herein. Über den Wipfeln der Bäume bl te es, von fern rollte der Donner heran. Ein erneuter Win stoß ließ die Bäume am gegenüberliegenden Hang ächz Dann fielen die ersten großen Tropfen; wie Hagelkör sahen sie aus, trommelten immer schneller auf die E und bildeten bald einen Vorhang, hinter dem Blitz auf B zuckte und der Donner fast ununterbrochen krachte. U ten, im Bach, begann es zu rauschen und zu schäumen. Sie saßen mit dem Rücken zur Felswand und blickten das fast erloschene, zischende Feuer, das sich zum Teil no unter dem überhängenden Felsen befand. Steve legte H nach, bis es hell aufloderte. »Wir müssen spätestens morg zum See zurückkehren«, brach er das Schweigen, »es fe uns hier an allem.« »Ist das dein Ernst?« fuhr David auf. Er war auf einm hellwach und wie verwandelt. »Glaubst du etwa, ich laß m so eine Gelegenheit entgehen! Einen Platz wie diesen fin man nicht ein zweitesmal!« Steve merkte, wie der Ärger in ihm hochstieg, aber zwang sich zur Ruhe. »Gold gibt es hier fast überall«, er derte er so sachlich wie möglich. »Aber meistens lohnt s der Abbau nicht. Ich bin der Meinung, daß er sich auch h nicht lohnt.« »Und was ist das!« rief David, der sein Taschentuch h auszerrte. »Ist das etwa kein Gold! Ist das etwa nichts!« 61
»Ich schätze, es wird ungefähr 1000 Dollar bring ist ein guter Stundenlohn für deine Plackerei, nich und nicht weniger.« David war sprachlos, und Steve fügte schnell hinz habe überhaupt keinen Grund, dich von der Go abzubringen, ich könnte auch ohne dich weiterfahre du kannst mir glauben, daß ich nicht das erste M Gold zu tun habe. Du kommst hier ohne Greifbagge cebox, Rohrleitungen und Pumpen nicht weiter; du m wenigstens zwei bis drei Leute einstellen. Eine derar vestition würde sich jedoch an dieser Stelle nicht l weil man alle Maschinen und Materialien einfliegen müßte. Abgesehen davon hattest du wirklich außerg liches Glück, als du auf dieses Wasserloch gestoßen dem sich Gold angesammelt hatte. Ich gehe davon a es im Durchschnitt erheblich weniger konzentrie kommt und daß du tonnenweise Gestein auswasche test, um auch nur eine einzige Unze Gold zu finden du zur Zeit 400 bis 500 Dollar bekommst. Was n wenn man sich Illusionen hingibt und diese Ta nicht wahrhaben will.« David saß da und starrte in den Regen hinaus. » sagte er endlich, »schließen wir einen Komprom bleiben morgen noch den ganzen Tag – ich wasch während du für Nahrung sorgst -, und übermorgen wir zurück.« »Willst du denn wirklich deine Gesundheit weg paar Dollar aufs Spiel setzen? Du kannst unmöglich kalten Wasser weiterarbeiten.« »Wenn man nur will, ist einem so gut wie nichts u lich.« »Das ist ein Spruch, eine Redensart, die hier ni trifft.« »Ich habe dir einen Kompromiß vorgeschlagen. W es damit?« Steve schwieg eine Weile, bevor er antwortete: »Ich es mir überlegen.« Dann legte er sich schlafen, und 62
folgte nach kurzer Zeit seinem Beispiel. Immer noch regn es in Strömen, obwohl das Gewitter weitergezogen war. der Felsnische staute sich die Wärme, und sie hatten d Boden mit Fichtenzweigen gepolstert, so daß sie verh nismäßig bequem schlafen konnten, solange das Feuer u terhalten wurde. Ab und zu verzischte das am Eingang h abtropfende Wasser in der Glut. Es regnete die ganze Nac Am nächsten Morgen hatten sich ihre Probleme von all gelöst: Der Bach war durch das nächtliche Unwetter derm ßen angeschwollen und reißend geworden, daß er Dav Damm zerstört hatte. Das Wasserloch war verschwund die Strömung hatte es vollkommen zugeschwemmt u außerdem die Waschpfanne und den Spaten mitgeriss David blieb nichts anderes übrig, als seine Goldsuche a zugeben. Das sah er schließlich auch ein, nachdem er ein Zeit fluchend am Bach auf und ab gelaufen war. Zum Frühstück gab es nichts außer einem Schluck W ser. Also packten sie ihre wenigen Habseligkeiten zusa men und machten sich auf den Rückweg. Der Himmel bl nach wie vor bedeckt, aber das konnte ihnen nur recht se da sie einen mehrstündigen Fußmarsch vor sich hatt Diesmal mußten sie sich ihren Pfad mühsam durch d Wald bahnen, weil das Wasser immer noch sehr ho stand. Es fand sich bald ein Wildwechsel entlang des W serlaufs, dem sie folgen konnten. So sanken sie nicht jedem Schritt in das tiefe Moos ein und kamen trotz vielen Umwege zuerst gut voran. Wo der Weg durch sum figes Gelände führte, wichen sie auf den Hang aus, und sich der Pfad in einem Dickicht verlor, sprangen sie Bachbett von einem Stein zum anderen. David war schon nach einer Stunde völlig außer Ate Schwerfällig, mehrmals stolpernd, suchte er sich sein Weg über die Steine und hatte schon lange nasse Füße. M merkte ihm die ungeheuren Anstrengungen der letzten T deutlich an. Nach einiger Zeit konnte er nicht mehr Sch halten und blieb zurück. »Ich weiß nicht, was mit mir ist!« rief er. »Mir ist, als hätte ich Pudding in den Beinen! 63
»Kein Wunder«, erwiderte Steve und blieb stehe kannst froh sein, daß du nicht krank geworden bist.« Da rutschte David auf einer glatten Steinplatte au riet ins Schwanken und stürzte der Länge nach zw zwei Felsblöcken ins Wasser. Stöhnend erhob er si der, betastete den Knöchel seines rechten Beines und ans Ufer, wo er sich ins Moos setzte. Als er Schu Strumpf auszog, war am Fußgelenk eine Schwellung hen, die rasch dicker wurde. »Ein Bluterguß«, stellte Steve fest, nachdem er de chel untersucht hatte. »Glücklicherweise scheint gebrochen zu sein. Wir müssen das Gelenk bandagie »Das hat mir gerade noch gefehlt«, seufzte Dav seinen Fuß zum Kühlen ins Wasser hielt. Er zog sein aus, trennte mit dem Messer den unteren Saum a Steve wickelte den Streifen fest um Ferse und Knöch über streifte David den Socken; der Schuh paßt mehr. Vorsichtig erhob er sich, humpelte ein paar im Kreis herum und setzte sich mit schmerzverzerrt sicht wieder hin. »Ich kann zwar auftreten«, sagte e es tut sehr weh.« »Wir werden eine Weile warten müssen«, meinte »Es sei denn«, fügte er grinsend hinzu, »du beharrst nem Grundsatz, daß einem so gut wie nichts unmög wenn man nur will.« »Ja, ja«, brummte David, »mach du dich nur übe lustig, verdient habe ich es.« Er wirkte auf einma miert. Sein Gesicht war bleich, die Augen lagen tief Höhlen. Mißmutig starrte er vor sich hin, umgeb einer Wolke von Moskitos. Steve warf ihm das Fläs mit dem Insektenschutzmittel zu und sagte, um ihn muntern: »Es sind ja nur noch drei Stunden bis zum wir haben also Zeit genug.« »Mir hängt der Magen bis in die Kniekehlen«, er David. »Wenn ich nicht bald etwas zwischen die Zä komme, kann ich weder mit noch ohne Bluterguß gehen.« 64
»Gut«, sagte Steve und nahm sein Gewehr. »Ich will hen, was sich machen läßt.« David rieb sich Gesicht, Nacken und Hände mit M ckenöl ein. Dann schnitt er einen kräftigen Weidenschö ling ab, den er zu einer Krücke zurechtschnitzte, indem sowohl in Achselhöhe wie auch als Griff jeweils eine Ast bel stehenließ, worauf er seinen Körper abstützen konn Die folgenden Gehversuche erwiesen sich jedoch imm noch als recht schmerzhaft und umständlich. Beinahe w er gestürzt, weil sich der Stock im Moos verfing. Am Hang knallte ein Kleinkaliberschuß, kurz darauf zweiter. »Na also«, brummte David vor sich hin, »da hab wir ja schon einen Braten oder zwei.« Er sammelte H und entfachte ein Feuer. Nach einer Viertelstunde erschien Steve zwischen d Bäumen, das Gewehr auf dem Rücken, in jeder Hand Eichhörnchen. »Ich habe nichts anderes finden könne rief er und begann seiner Beute das Fell abzuziehen. David fielen fast die Augen aus dem Kopf. »Pfui Teufe schimpfte er verärgert. »Sag bloß, du willst das Viehze essen?« »Uns wird nichts anderes übrig bleiben«, erwiderte Ste »Uns? Allein schon der Gedanke ekelt mich an!« »Wir sind seit drei Tagen nicht mehr richtig satt gew den, und unsere letzte Mahlzeit liegt zwanzig Stunden rück. Mir ist schon ganz schwindlig vor Hunger.« David schüttelte sich. »Davon esse ich keinen Bisse erklärte er mit Bestimmtheit und wandte sich ab. Er hu pelte einige Schritte am Ufer entlang, suchte sich einen quemen Platz und schnitzte mit knurrendem Magen an s ner Krücke herum. Aber als ihm nach einer Weile der Duft von gebraten Fleisch in die Nase stieg, wurde er zusehends unruhiger u warf verstohlene Blicke zum Feuer hinüber. Der sich ih bietende Anblick zweier gegrillter Braten, die wie kle Kaninchen aussahen, brach den letzten Widerstand. schmeckt wirklich gut«, ermunterte ihn Steve, der sich 65
reits bedient hatte. »Wenn der ›Mad Trapper‹ Eichhö fleisch essen konnte, warum sollten wir es nicht könn »Eigentlich hast du recht«, sagte David. Er langte z te den Geschmack, schluckte. »Nicht schlecht«, murm und aß mit Heißhunger. »Leider ist nicht viel dran«, er, hastig kauend. Nach wenigen Minuten waren v beiden Braten nur noch ein paar säuberlich abgenag chen übrig. Regenwolken zogen auf. »Wie steht es mit dir? Steve. »Es ist schon Nachmittag. Falls wir unser Cam noch vor Einbruch der Dämmerung erreichen wolle sen wir weiter.« »Dann laß uns gehen«, erwiderte David. Er steckte rechten Schuh in den Rucksack, den Steve auf den nahm, und sie wanderten weiter, David ächzend an Krücke. Doch schon nach hundert Metern setzte stöhnend auf den Boden. »Es geht nicht«, stieß er zw zusammengebissenen Zähnen hervor, »ich halte durch.« Steve blickte sich um. Rasch befestigte er die anein geknüpften Regenponchos als Zeltdach zwischen zusammenstehenden Bäumen. Darunter legte er ein Schicht Fichtenzweige aus. Dann sammelte er tro Holz, das er im Hintergrund des behelfsmäßigen Ze häufte. Als er fertig war, begann es zu regnen. Denno er zurück in den Wald, wo er eine Stelle mit Erdbeer deckt hatte. Womöglich fanden sich auch noch ande ren oder ein paar Pilze.
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Royal Canadian Mounted Police
Alles war so, wie sie es verlassen hatten. Aufatmend sah sie, daß ihre Proviantsäcke noch unberührt im Baum h gen. Auch die Zelte standen noch, und am Bachufer lag wohlbehalten ihre beiden Kanus. David hinkte an sei Krücke auf die Lichtung, warf sich ins Gras und stöhn »Ich bin fix und fertig.« Der Socken an seinem rechten F bestand nur noch aus einigen Fetzen. Sie hatten für die w nigen Kilometer zu ihrem Lagerplatz mehr als sechs Stu den gebraucht. Jetzt ging es bereits auf Mittag zu. Steve ließ als erstes den Proviant herunter. Er packte nen Beutel Trockeneintopf aus sowie Schokolade, die gierig verschlangen. Anschließend machte er Feuer. Er set Kaffeewasser und den Eintopf auf. Aber es dauerte ihn viel zu lange, bis ihre Mahlzeit fertig war; sie aßen z schendurch noch jeder einen großen Teller voll Haferf cken. »Sich aus der Natur zu versorgen«, sagte Steve, »ist nicht so einfach und lange nicht so romantisch, wie m denkt, wenn man satt und trocken in der Zivilisation sitz David nickte: »Du hast recht. Ich habe früher immer glaubt, daß ich mich tagelang von Beeren ernähren kön und daß es einfach sein müßte, ausreichend Wild zu e gen.« »Neulich hätte ich einen Elch schießen können«, sa Steve, »das war am ersten Tag unserer Unternehmung. A da wußte ich noch nicht, daß wir derart in Bedrängnis ge ten würden. Außerdem haben Elche noch Schonzeit, u das meiste Fleisch wäre uns sowieso verdorben.« »Ob Schonzeit oder nicht«, brummte David. »Für ein s tiges Elchsteak hätte ich in den letzten Tagen gern ein p hundert Dollar bezahlt.« Sie aßen sich das erste Mal seit Tagen wieder richtig s danach fühlten sie sich wohler. David klagte allerdings ü Rückenschmerzen und rutschte unruhig hin und her. » 67
muß mich überhoben haben«, meinte er, »das ist m nie passiert. Na ja, ich werde es überstehen.« Er hu ans Wasser, wo er die Bandage abwickelte und sein angeschwollenen Knöchel kühlte, der sich bläulich v hatte. Steve legte sich ins Zelt, um ein wenig auszu Spätestens in drei, vier Tagen müßten wir weiter überlegte er noch, da war er schon eingeschlafen. Er schlief sehr unruhig und träumte, er sei wi Deutschland. Bett, Schrank, Schreibtisch, Stuhl, Wand ein Waschbecken, die Dachschrägen. Das w Studentenbude in München. Als er aus dem Fenster erkannte er in der klaren Föhnluft weit entfernt zw den Dächern der Vorstadthäuser die gezackte Silhou Alpen, die Gipfel waren noch schneebedeckt. Neben lehnte sein gepackter Rucksack, denn er wollte ve offenbar nach Kanada. Der Zug nach Frankfurt, wo fliegen mußte, ging erst in einigen Stunden, er hatt Zeit. Mühelos gelang es ihm, sich den schweren Ru aufzuschnallen, in dem sich alles befand, was er br Ein Satz ging ihm im Kopf herum: »Der Mensch is anderes, als wozu er sich macht.« Der Satz kam imm der. Er dachte darüber nach, während er mit seinem sack die Treppe hinabstieg. Neben der Haustür sta goldgelber Forsythienstrauch, und auf dem Rasen b die Krokusse. Von der Schnellstraße brandete der Ve lärm heran wie eine Woge. Auf einmal befand er sich am Brunnen vor der U tät, dann im Treppenhaus mit der hohen Kuppel; die breite Treppe hinauf. Flugblätter regneten in den hof herab, und er griff nach einem. Es war voller männchen. Da hörte er laute Rufe und Befehle, unte die Ausgangstüren dumpf ins Schloß. Rasch lief e Gang entlang, öffnete die Tür zum nächsten Hörsa trat ein. Die Vorlesung hatte bereits begonnen. Er zwängte eine der Sitzreihen, die wie im Zirkus oder in einem on nach vorn hin abfielen. Dort stand am Pult, d 68
beleuchtet war, der Vortragende, ein aus den Medien kannter Politiker, der eindringlich in das Mikroph sprach. Er redete und redete, aber keiner hörte zu. A schliefen, ein paar hundert Studenten in diesem riesig abgedunkelten Saal, in den kein Tageslicht hereinkam. E gespenstische Szene – wie in einem Traum. Plötzlich erinnerte er sich, daß er verreisen wollte u zum Zug mußte. Er eilte die Ludwigstraße entlang, vor an der Feldherrnhalle, zum Bahnhof. Eine Fahrka brauchte er noch, es blieb nicht mehr viel Zeit. In Bahnhofshalle drängte er sich durch die vielen Mensch reihte sich in die Schlange vor dem Fahrkartenschalter und kaufte schließlich eine Kurzstreckenfahrkarte. Als er außer Atem und erhitzt auf den Bahnsteig ka stand dort ein abfahrbereiter Fernzug. Eine uniformie Reisebegleiterin lief ihm entgegen, sie rief: »Wo bleiben denn? Ich habe auf Sie gewartet!« Er fand sie sehr attrak nur die blaue Uniform störte ihn ein bißchen. Sie hielt d sich gerade in Bewegung setzenden Zug durch einen P auf der Trillerpfeife wieder an und wies auf die offene T »Nun steigen Sie schon ein«, sagte sie. In diesem Mom fiel ihm ein, daß er eine falsche Fahrkarte hatte. Er mü noch schnell die richtige Fahrkarte lösen, rief er und wan sich um. »Beeilen Sie sich«, sagte sie, »wir warten.« Er hetzte zurück in die Bahnhofshalle. Vor den Schalt standen lange Menschenschlangen. Sollte er sich anstell Es überlief ihn siedendheiß, denn eine neue Frage tauc auf: Wo war sein Rucksack? Er hatte es vergessen. Ein Bah polizist kam heran und sagte mit wichtiger Miene: »V dem Bahnhof ist das Abstellen von Fahrrädern verbot Wissen Sie das nicht?« Er nickte und mußte zehn Mark St fe bezahlen. Hastig gab er dem Beamten das Geld. »Sie kommen eine Quittung!« hörte er ihn noch rufen, als wegging. Was wird denn jetzt aus meinem Fahrrad? dac er. Die Komplikationen nahmen kein Ende, das ersch ihm unbegreiflich. Kurzentschlossen rannte er zurück zum Zug, der imm 69
noch wartete. Jetzt habe ich weder meinen Rucksac eine Fahrkarte, dachte er, als er auf die Reisebeglei der blauen Uniform zulief. Sie sagte etwas, öffne Mund und formte Laute. Doch er konnte sie nicht hen, denn in der Luft war ein Rauschen und Dröhn immer lauter wurde. Er wachte davon auf und muß erst darauf besinnen, daß er in Kanada in der Wildn Die Geräusche eines näherkommenden Flugzeuges ihn geweckt. Durch das Moskitonetz hindurch sah am Bachufer der Polizeihubschrauber landete. Rasch den Reißverschluß auf und ging hinüber. Aus den B an der Bachmündung kam David mit seiner Ang mehreren Graylingen herbeigehumpelt. Das Mot räusch verstummte, Harrison und Joung stiegen aus. »Wir haben Ihnen eine Kleinigkeit mitgebracht Harrison, nachdem sie sich begrüßt hatten. Joung einen Karton ab, in dem sich Obst, Kartoffeln, frisch Wurst, Käse sowie eine Flasche Whisky und ein Pä Tabak befanden. »Ist das für uns?« fragte David erstaunt. Harrison nickte. »Als Wiedergutmachung für un hes Benehmen beim ersten Besuch.« »Das wäre doch nicht nötig gewesen«, sagte Davi gen. »Aber herzlichen Dank dafür. Alles Sachen, die nicht gibt.« Er humpelte zum Feuerplatz, um Kaffe aufzustellen, und lud die Beamten ein, sich zu setzen »Haben Sie sich verletzt?« fragte Harrison, auf bandagierten Fuß deutend. »Nichts Ernstes, nur ein Bluterguß.« »Soll ich mir die Verletzung mal ansehen?« fragte »Ich kenne mich da ein bißchen aus.« »Es ist nicht der Rede wert«, winkte David ab. »W ten Sie davon, wenn wir uns ein paar Graylinge brat habe sie gerade gefangen, und sie sind schon ausgeno und geschuppt – in einer Viertelstunde wären sie fert »Wir nehmen die Einladung gern an«, erwiderte son, »sind schon seit heute morgen unterwegs.« 70
Joung, der zum Hubschrauber gegangen war, kam m einer elastischen Binde und Salbe zurück, die er David m den Worten aushändigte: »Vielleicht können Sie das für ren Fuß brauchen, die Salbe beschleunigt den Heilungsp zeß.« David bedankte sich vielmals und studierte die schreibung. Joung holte noch Geschirr und Besteck. Das Wasser begann zu kochen. Steve schüttete Kaf hinein, zog die Kanne vom Feuer und gab mit einem Lö etwas kaltes Wasser hinzu, damit sich der Kaffee absetz Dann füllte er die Becher. »Immer noch auf der Suche na diesem Trapper?« erkundigte er sich. Harrison räusperte sich. »Ja, wir sind bisher kein Schritt weitergekommen, im Gegenteil. Unser Chef nämlich die Vermutung geäußert, daß wir womöglich d falschen Mann suchen, daß eventuell der Besitzer der ab brannten Blockhütte seinen Nachbarn ermordet und schließend das Feuer gelegt haben könnte, um seine Spu zu verwischen. Da die genauen Untersuchungsergebni des Gerichtsmediziners noch nicht vorliegen, können bislang nicht mit Bestimmtheit sagen, wer tatsächlich u gekommen ist.« »Eine außerordentlich interessante Wendung des Falle sagte David, der seine Pfeife angezündet und aufmerks zugehört hatte, während Steve die Fische briet. »Die Leiche war völlig verkohlt«, fuhr der Sergeant fo »es dürfte nicht einfach sein, ihre Identität festzustell zumal sie jetzt exhumiert werden mußte.« Er wandte s David zu. »Sie würden uns insofern sehr weiterhelfen u die Fahndung erleichtern, wenn Sie uns möglichst gen berichten könnten, bis wann Sie sich in Watson Lake a gehalten haben und wann Sie durch Johnsons Crossing kommen sind. Inzwischen haben wir übrigens auch Watson Lake mehrere Hinweise erhalten, die sich jedo auf Sie zu beziehen scheinen.« David kratzte sich am Kopf. »Das ist ja schrecklic seufzte er. »Da denkt man, der Zivilisation entkommen sein, und kaum ist irgendwo ein Mord passiert, wird m 71
aufgestöbert und mir nichts dir nichts hineingezogen »Ich begreife Ihren Unmut«, sagte Harrison besch gend. »Haben Sie aber bitte auch Verständnis daf uns an einer baldigen Aufklärung des Falles liegt. A antworten Sie mir bitte zuerst die Frage, bis wann Watson Lake waren.« David zog ein Notizbuch aus seiner Brusttasche, b darin und rechnete nach. »Ich bin vor genau fünf W dort abgefahren«, erklärte er. »Gut«, sagte Harrison, »sehr gut. Und wie lange wa in Johnsons Crossing?« »Nur einen halben Tag. Ich habe im Restaurant a ka-Highway etwas gegessen und dann einen Lastwa rer gefunden, der mich mitnehmen konnte. Er fuhr nal-Road nach ROSS River und hat mich mit meinem unterwegs am Quiet Lake abgesetzt.« »Dann muß es doch Brian Fräser gewesen sein, d gesehen hat!« rief Joung. »Fräser ist nämlich der Trapper, der Ihnen ähnlich erläuterte Harrison. »Er wurde von einem Angler am Lake, etwa zehn Kilometer südlich von Johnsons C gesehen. Das war allerdings erst vor knapp drei W Er breitete eine Landkarte aus und zeigte auf ein zeichnete Stelle. David schüttelte den Kopf. »Dort bin ich nie ge vor drei Wochen schon gar nicht. Ich bin vor fünf W nach Norden gefahren. Seit dieser Zeit habe ich auß Lastwagenfahrer und den hier Anwesenden keinen schen mehr gesehen.« Die beiden Beamten blickten sich an. »Ich wuß sagte Joung, »er konnte es nicht gewesen sein.« »Jetzt haben wir Gewißheit«, sagte Harrison. »Wir Fräser bald finden, er hat keine Chance. Wir habe jeden bekommen, den wir haben wollten.«
Nachdem der Polizeihubschrauber abgehoben hatte ten David und Steve zum Feuer zurück, um noch ei 72
cher Kaffee zu trinken. Steve deutete auf den Karton mit d Geschenken: »Eine noble Geste. Die beiden sind mir m lerweile richtig sympathisch geworden.« »Mir auch«, stimmte David zu. »Obwohl ich jedesmal bißchen Magendrücken bekomme, wenn ich sie sehe kann mir nicht helfen. Hast du gehört, was Harrison z Schluß gesagt hat?« »Wir haben noch jeden bekommen, den wir haben wo ten.« »Genau das meine ich. Sie erscheinen mir manchmal so tel und kehren ständig ihre Machtbefugnisse heraus. Wie d ser Konstabler Millen, den der ›Mad Trapper‹ dann umgel hat. Ein typischer Polizist, den seine Aufgeblasenheit das ben gekostet hat.« »Millen war doch ein akkurater Beamter«, entgegn Steve. »Vielleicht ein bißchen zu sehr auf seine Polizist ehre bedacht, aber ansonsten korrekt.« »Das ist es ja! Er war zu korrekt, er war überakkurat.« »Warum? Er sollte Fremde überprüfen, das war sein A trag. Du weißt, daß die Beamten der RCMP damals ein schweren Stand hatten und daß mit dem Goldrausch Klondike und in Alaska auch viele Gauner, Strauchdie und Halsabschneider in den Norden gekommen waren.« »Aber Johnson fühlte sich ausgefragt, beschnüffelt, so hätte er nicht so abweisend reagiert.« »Vielleicht hatte er eine dunkle Vergangenheit. Wer ka das wissen?« David schüttelte heftig den Kopf und stocherte im Feu »Ach was!« rief er polternd. »Es lag nichts gegen ihn vor, ist später offiziell bestätigt worden. Er wollte ganz einfa seine Ruhe haben, sonst wäre er doch nicht allein in Wildnis gegangen. Er wollte für sich allein ganz von vo anfangen.« »Diese Möglichkeit wurde Johnson gelassen«, erwide Steve hartnäckig. »Nein, das finde ich nicht. Millen rückte ihm noch e mal auf den Pelz: Er schickte, noch dazu am zweiten We 73
nachtstag, zwei seiner Polizisten hinter ihm her.« »Auch das war aus seiner Sicht in Ordnung. Den son besaß weder eine Trapperlizenz, die vorgesc war, noch durfte er die Fallen der Loucheux-Indiane weiteres entfernen. Er hätte sich zumindest mit den nern verständigen müssen.« »In diesem letzten Punkt bin ich deiner Meinun David zu. »Aber deswegen brauchte Millen nicht gle Kanonen auf Spatzen zu schießen. Und die beiden ten brauchten sich nicht gleich aufzuregen und zu ten, weil der Trapper sie nicht zum Kaffee einlud seiner Hütte herumschnüffeln ließ. Das ist es ja: Sie formal im Recht – jedenfalls beim zweiten Mal, als nen Durchsuchungsbefehl mitbrachten -, aber men gesehen haben sie versagt. Man hätte Johnson m können, er solle sich im Frühjahr, bei besserem Wett Lizenz holen und er möge sich mit den Indianern ü Verlauf der Fallenstrecken gefälligst einigen. Und de anern hätte man gleichfalls sagen können, sie soll mit Johnson absprechen. Die Wildnis ist groß, d Platz genug gewesen.« »So hätte es sein sollen«, bestätigte Steve. »Denno te der Trapper – selbst wenn er sich schikaniert füh mals auf den Polizeibeamten schießen dürfen, der an Tür rüttelte.« »Vielleicht hat er Johnson beleidigt, vielleicht w die Tür aufbrechen!« »Jetzt fängst du an zu spekulieren!« rief Steve. »Fe nur, daß der Trapper nicht geantwortet hat, wede ersten noch beim zweiten Mal. Ich meine, er hätte klären müssen und auf keinen Fall schießen dürfen.« »Du hast recht«, lenkte David ein. »An dieser St sich Johnson ganz eindeutig ins Unrecht gesetzt. – che hat eben zwei Seiten.« Steve nickte. »Das denke ich auch, und das ze noch deutlicher bei den weiteren Reaktionen auf Seiten. Sowohl die Polizisten als auch Johnson ging 74
Leichen, um ›ihr‹ Recht durchzusetzen. Es gab keine V ständigung mehr, man sprach nicht mehr miteinander, m begann zu schießen.« »Hm«, brummte David, »gar nicht so einfach, in dies Fall festzustellen, wer schuld hatte.« Er begann seinen schwollenen Knöchel mit der Salbe einzureihen, die i Joung dagelassen hatte.
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In Not
Mitten in der Nacht wachte Steve auf. Er hörte S dann ein Ächzen, und war sofort hellwach. Mi schnellen Bewegung zog er den Reißverschluß des sacks auf, sein zweiter Griff galt dem Gewehr, das ihm lag. Er entsicherte es und spähte vorsichtig nac ßen in die Dämmerung. Da erblickte er David, d Feuerplatz wankte. »Was ist mit dir!« rief er ersch Die wildesten Geschichten kamen ihm in den Sinn schlüpfte er aus dem Zelt, blickte sich vorsichtshalb allen Seiten um und lief hinüber. »Ist etwas passiert? er besorgt. Davids Gesicht war kreideweiß, auf seiner Stirn s Schweißtropfen. »Ich habe schreckliche Schmerzen cken«, stöhnte er. »Ich glaube, es sind die Nieren.« U einem Anflug von Sarkasmus fügte er, auf das Gewe tend, hinzu: »Am besten, du erschießt mich, ich h nicht mehr aus.« Er sei von den Schmerzen aufgewac te er, und habe nicht mehr weiter schlafen können dann immer schlimmer geworden und noch Fieb Schüttelfrost dazugekommen. Er wolle sich Tee aufb um seinen Durst zu löschen. Seine Zähne schlugen ander, er schwankte und setzte sich auf die Erde. Steve legte rasch das Gewehr weg und brachte Isoliermatte und seinen Schlafsack aus dem Zelt. wieder hinein«, sagte er, »du mußt dich warm halten scheinlich hast du dir eine Nierenentzündung geh half ihm, zündete das Feuer an und stellte Wasser au »Du hast doch neulich Kamille getrocknet«, stieß ächzend hervor. Er lag auf der Seite und krümmte s Schmerzen, die offenbar noch zunahmen. »Ich brühe sie dir auf«, erwiderte Steve und üb wie er seinem Gefährten helfen könnte. Die Sch mußten sehr stark sein. Denn David, der sich bish 76
neswegs wehleidig gezeigt hatte, schüttelte und wand s und rang verzweifelt nach Luft, jeder Atemzug schien ih Qualen zu bereiten. Nach einer genaueren Untersuchu kamen sie zu dem Ergebnis, daß es sich tatsächlich um e Nierenentzündung handelte, dafür sprachen jedenf sämtliche Symptome. »Allein mit Tee und Wärme kommen wir nicht weite erklärte Steve schließlich, »du brauchst Antibiotika.« »Woher sollen wir die bekommen?« fragte David du die zusammengebissenen Zähne. »Ich habe eine Packung Penicillin in meiner Notapot ke. Am besten, du nimmst sofort eine Tablette.« »Ich mache alles, was du willst«, keuchte David. »We es nur bald besser wird.« Nachdem der Tee fertig war und David das Antibiotiku eingenommen hatte, holte Steve einige runde Steine v Bach, die er in die Glut legte. Anschließend knüpfte er i Regenponchos zusammen und spannte sie mit Hilfe Wäscheleine zwischen zwei Ästen der Pappel als Schutzda auf. Darunter schleppte er David samt Isoliermatte u Schlafsack. Danach wickelte er die heiß gewordenen Ste in Handtücher ein, die er in den Schlafsack steckte. »Du mußt sie an die Nieren legen«, sagte er bekümm »das hilft bestimmt.« Aber es dauerte noch mehr als eine Stunde, bis sich D vids Zustand langsam zu bessern begann. Er hörte auf zittern und sich zu krümmen, sein Atem wurde gleichmä ger. Er lag jetzt auf dem Rücken und murmelte manchm unverständliche Sätze vor sich hin. Nach einer Weile – Sonne war bereits hinter den Bäumen zu sehen – schlief sogar ein. Steve holte seinen Schlafsack und legte sich ben ihn, um ebenfalls noch ein paar Stunden zu schlaf Gegen acht Uhr morgens wachte er auf, weil David phan sierte. Er rüttelte ihn, bis er die Augen aufschlug, und g ihm eine weitere Tablette mit etwas Tee. David machte zw einen apathischen Eindruck, aber seine Schmerzen hat nachgelassen. Er fühle sich viel besser als in der Nacht, sa 77
er. Dann schlief er wieder ein. Das Medikament sch anzuschlagen, das war beruhigend. Steve sammelte Holz, stellte Kaffeewasser auf und sich am Bach. Zum Frühstück hatte er Brot, Wurst un alles Geschenke der beiden Polizeibeamten. Von de mochte er nichts nehmen, es sollte für David bleibe auch die übrigen, in der Wildnis so kostbaren Delik wollten ihm allein nicht recht schmecken. Er füh nicht in Stimmung zu schwelgen, er vermochte di lichkeiten nicht zu genießen. Sie bedeuteten ihm obwohl er sich noch am Vortag darauf gefreut hatte mehr mechanisch und ohne Appetit. Während des Frühstücks beobachtete er seinen k Gefährten, der ihm inzwischen so vertraut war, als s schon seit Jähren befreundet. Hoffentlich erholte bald wieder. Vielleicht würden sie dann in einer weiterfahren können. Er zog seinen Taschenkalender und sah nach dem Datum, es war der 20. Juni. B macks brauchten sie – wenn alles glatt ging – eine Woche; also würde er Whitehorse erst im Juli err Nun gut, es ließ sich nicht ändern. Auf keinen Fall er David jetzt allein lassen. Er beschloß, ihm eine brühe zu kochen und nahm sein Gewehr, um auf En zu gehen. Der helle Schein der Sonne lag gleißend über d und biß in die Augen. An der Bachmündung stande linge im klaren Wasser gegen die Strömung, regung Beute wartend. Weiter hinten, in der Nähe des Schilf gründelten ein paar Enten. Er paddelte langsam dar doch die Enten flogen auf, zogen dicht über dem Sch Runde und ließen sich ein paar hundert Meter entfe ter einer Insel aus Schachtelhalmen nieder. Vorsichti er ihnen. Im Schutz der Pflanzen fuhr er heran, durch die Halme hindurch, die ihn verbargen. Er le in das Kanu und glitt die letzten Meter behutsam we er die Enten vor sich hatte. Eine schoß er mit Klein zwei weitere mit einem einzigen Schrotschuß. Sie g 78
zu einer der kleineren Arten, an denen nicht viel Flei war. Aber für zwei Personen versprachen sie eine reichlic Mahlzeit. Er trieb das Kanu rasch voran, um den Krank nicht zu lange allein zu lassen. Unterweg beobachtete er, wie ein Falke herabstieß u am nahen Ufer eine Bisamratte schlug. Das todwunde T bäumte sich unter den Fängen des Raubvogels noch einm auf, bis es mit einigen Schnabelhieben hingestreckt wur Fressen und gefressen werden, dachte er. Ein Gesetz Wildnis, in der es keine Moral gibt. Nur Leben und Ver hen. Die Moral bleibt den Menschen vorbehalten, die s über ihr Tiersein erhoben haben. Aber wie gehen sie dam um! Ihr Bewußtsein macht sie fähig zu allem. Zu allem n nicht zu ewiger körperlicher Existenz. Als er ins Lager zurückkehrte, war David wach und bli te ihm entgegen. »Wie geht es dir?« fragte er ihn so un fangen wie möglich. »Schon viel besser«, antwortete David mit matter Sti me, »die Schmerzen sind fast weg. Aber ich komme ni hoch, es geht einfach nicht.« Sein Gesicht war zum Ersch cken bleich und eingefallen, seine Augen glänzten imm noch fiebrig. »Nun mach bloß keine Dummheiten«, schimpfte »Wenn du bald wieder gesund werden willst, brauchst einige Tage völlige Ruhe. Jede Anstrengung ist Gift für di also richte dich danach.« Er begann die Enten abzuzieh und auszunehmen. Noch während er damit beschäftigt w strichen drei, vier Raben vom See her über die Lichtung u ließen sich in den Fichten nieder. »Ich hoffe, sie kommen nicht meinetwegen«, seufzte D vid. »Drei tote Enten sind der Grund«, lachte Steve und w die Innereien ins Gebüsch, wo schon die Greyjays dar warteten. Blitzschnell holten sie sich jeder einen Happ dann mußten sie den Raben das Feld überlassen. »Dabei wollten wir morgen aufbrechen«, sagte David. »Daraus wird nun leider nichts. Aber das ist nicht t 79
gisch, ich habe keine Verpflichtungen.« »Du könntest mir das Penicillin dalassen und alle terfahren. Ich habe dir schon genug Unannehmlic gemacht.« »Ach was«, entgegnete Steve, »in einigen Tagen wieder auf den Beinen. In der Zwischenzeit werde paar Fische angeln und trocknen, damit wir genüge viant haben. Dann brauchen wir uns unterwegs nic zuhalten und können Anfang Juli in Carmacks se zündete Feuer an und brühte Tee auf, den er dem K brachte. Anschließend schnitt er etwas von dem fleisch in einen Topf und kochte Brühe, die er spät mit Nudeln und Kräutern anreichern wollte. »Ich habe überhaupt keinen Hunger«, schnaufte aus seinem Schlafsack. »Stell dich nicht so an«, sagte Steve. »Du bekom nen Becher Brühe. Sonst bist du in einigen Tagen nu ein Gerippe, das ich ins Hospital paddeln kann schluckst du erstmal eine weitere Tablette; du mu Woche lang jeden Tag drei davon einnehmen, so ste der Beschreibung.« David trank die Brühe tatsächlich, er aß hinterhe noch etwas Obst. Im Laufe des Nachmittags begann besser zu gehen. Gegen Abend kam wieder Farbe Gesicht, die Augen verloren ihren fiebrigen Glan Schlimmste schien überstanden zu sein. Nachts sc ruhig durch. Am folgenden Morgen aß er schon wi was Obst und Haferflocken, mittags ein gebratenes bein. Steve hatte einen Holzvorrat aufgestapelt, Bee sammelt und Marmelade gekocht. Nach dem Mitt fuhr er auf den See, um zu angeln. Als er fort war, ve David einige Schritte hin und her zu laufen. Aber ih de so schwindlig, daß er sich gleich wieder hinlegen Jetzt erst, nachdem er sich auf dem Wege der Besser fand, kam ihm richtig zu Bewußtsein, daß er schwe gewesen war und noch einmal Glück gehabt hatte. 80
Warum Glück? Er fühlte sich kraftlos und ausgebrannt. D Leben erschien ihm auf einmal sinnlos, es war leer, unwi tig, ein belangloses Kommen und Gehen, vielleicht nur Traum in einem Traum. Doch er wußte aus Erfahrung, daß diese trübsinnig Gedanken nur einer Stimmung entsprangen, die vorüb gehen würde, sobald sich der Körper wieder gekräftigt ha Er dachte an die zurückliegenden Jahre in Toronto na seiner Einwanderung. Eine gespenstische Zeit, so kam ihm vor, ein Alptraum. Obwohl er in einem Exportunt nehmen eine befriedigende Arbeit gefunden hatte, mit sich gutes Geld verdienen ließ. Dennoch war es immer v zu wenig gewesen, zu wenig für Jane. Noch in Schottland, hatte er von den Einwanderungs hörden den Bescheid erhalten, er müsse warten, wa scheinlich mehrere Jahre. Das war ihm unerträglich gew sen, nachdem er sich zur Auswanderung bereits entschl sen hatte; er wollte weg, raus aus der Enge der alten Welt der alles – so war es ihm vorgekommen – erstarrte. Die eintönige, triste Leben, diese farblosen Menschen, di ganze ekelhafte Politik paßten ihm nicht mehr. Seine Elt waren tot, die Geschwister verheiratet, nichts hielt ihn. nada war für ihn ein Land der Zukunft, das er liebte u mehrfach bereist hatte, vor allem den Norden. Dort wo er neu anfangen, so bald wie möglich. Deswegen war er auf den Gedanken verfallen zu he ten, um dadurch die kanadische Staatsangehörigkeit zu werben – das hatten andere vor ihm auch schon getan, w er wußte. Man ließ sich hinterher wieder scheiden, und les war erledigt. Ganz einfach, ein sachlicher Vorgang Erlangung bestimmter Papiere. Also heiratete er Jane, die er nicht kannte. Sie nah 10.000 Dollar dafür und war ihm von Bekannten vermit worden, die sie auch nicht weiter kannten. Jane hatte Serviererin gearbeitet, und er war auf dem Papier ihr drit Ehemann. Was kümmerte es ihn. Er traf sich mit ihr w rend eines Urlaubs, sie besprachen alles und schlossen 81
Ehe. Ausgerechnet in Toronto, einer Dreimillionenst er notgedrungen eine Wohnung nahm und sich suchte. Es sollte nur eine Übergangslösung sein, Scheidung, denn er wollte weiter in den kanadische den. Damit fingen die Probleme an. Selbstverständlic er nicht mit Jane zusammen, aber sie trafen sich me zur Besprechung ihrer Scheidung. Sie war arbeitslos den oder hatte keine Lust zu arbeiten, sie hatte au kein Geld mehr. Dagegen besaß er eine gutbezahlte eine geräumige Wohnung, Auto, Bekannte und F Jane kam ihn ab und zu besuchen, sie sah sich um, verlangte – entgegen ihren Vereinbarungen – meh nochmals 10.000 Dollar. Was sollte er machen? Er zahlte nach einigem H Her, um allem Ärger aus dem Wege zu gehen. Er li von ihr erpressen. Jane war nicht häßlich, ein bißc aufgeputzt für seinen Geschmack, ansonsten jedo durchaus angenehme Erscheinung. Er schien ihr auc unsympathisch zu sein, das merkte er. Aber als sie k der Scheidung erneut Geld von ihm forderte, weig sich. Daraufhin kam die Scheidung nicht zustand Jane drohte ihm mit einer Anzeige. Sie war Abzahlu pflichtungen eingegangen, außerdem war ihr die Wo gekündigt worden, weil sie mit der Miete im Rü blieb. Sie befinde sich in einer Zwangslage, erklärte möge Verständnis dafür haben, zahlen müsse er s Denn schließlich seien sie formell miteinander verh und als ihr Ehemann habe er für ihre Schulden aufz men. Da beging er den zweiten großen Fehler. Sie aus ihrer Wohnung ausziehen – und er nahm sie b auf. Warum nicht, hatte er gedacht. Wenn schon Scheidung, dann wenigstens eine Ehe. Also began zusammenzuleben. Und dieses Martyrium dauerte f lange Jahre. Jane hatte viel Zeit, sie langweilte sich. Er flog nach Europa und nach Hawaii, das gefiel ihr. Ein g 82
Auto mußte angeschafft werden, die Wohnung wurde n eingerichtet. Das kostete Geld. Bald reichte der Verdie nicht mehr aus, und auch seine Ersparnisse gingen zu En Denn Jane gab jeden Monat große Summen für extravag te Kleidung, Kosmetikartikel und Restaurantbesuche aus; spielte Squash, ging jede Woche zum Friseur, ließ sich m sieren. Es war zum Verzweifeln. Schließlich mochte abends nicht mehr nach Hause gehen, er nahm sich Zimmer. Doch das nützte nichts. Sie ließ ihn nicht e kommen, und über seine Arbeitsstelle konnte sie ihn jed zeit erreichen. Er war ihr nicht gewachsen, er begann trinken. Außerdem tat er endlich das, was er schon lan hätte tun sollen: Er nahm sich in einem lichten Augenbl einen fähigen Anwalt, der die Scheidung betrieb. Das g noch mehr Probleme. Jeden Abend saß er in einer Kne oder Bar und betrank sich. Eine furchtbare Zeit. Als er da zurückdachte, schüttelte es ihn. Jetzt hatte er schon s Monaten keinen Alkohol mehr angerührt. Und auch Whiskyflasche in dem Karton, den die Polizisten mit bracht hatten, interessierte ihn nicht sonderlich. David richtete sich auf. Er zog seinen Rucksack als R ckenstütze heran und aß einen Apfel. Die ihn umgeben Natur strömte eine große Ruhe aus, die sich auf ihn üb trug. Ein Buch wäre nicht schlecht, dachte er. Ihm fiel e daß sich ganz unten im Rucksack noch ein Roman befa den er hervorholte: »Lockruf des Goldes« von Jack Lond Er suchte die Stelle, an der er vor Wochen zu lesen auf hört hatte, noch in der Zivilisation. Elam Harnish al Burning Daylight, dieser pantherhafte, unbekümme Glücksritter, hatte in einer Nacht in Circle City 40.000 D lar verspielt und sich am folgenden Morgen mit dem Hu deschlitten auf den tausend Meilen weiten Weg nach D am Pazifik gemacht, um die Post zu holen. Nach einig Blättern fand David die Einkerbung seines Fingernagels Buch. Bald hatten ihn die spannende Handlung und kräftige, ausdrucksvolle Sprache des Autors erneut in ih Bann gezogen, so daß er alles um sich herum vergaß. Er 83
wie Burning Daylight Gold findet und wie er sich zu rücksichtslosen Geschäftemacher entwickelt… Bis ein Geräusch am Rande der Lichtung – viellei es auch ein Geruch oder ein seltsames Gefühl, d überkam, oder einfach Müdigkeit – seine Konzen beeinträchtigte. Als er hochblickte, glaubte er seinen nicht zu trauen: Vom Waldrand her näherte sich e Die Nase auf dem Boden, kam er schnüffelnd an d schene Feuer heran, untersuchte den Kochtopf, de dings leer war, und machte sich über die Bratpfan Darin befand sich noch eine Entenkeule, die im N schwunden war. Auch das Fett leckte er sorgfältig aus, dann fraß Beutel mit den Haferflocken samt dem Papier. David und wagte sich nicht zu rühren, der Schreck saß ihm Gliedern. Hoffentlich bemerkt er mich nicht, dac Aber ihm wurde in demselben Moment klar, da Hoffnung vergeblich war. Jetzt hatte der Bär den Karton entdeckt, in dem sic Obst, Kartoffeln und der Whisky befanden. Er stec nen Kopf hinein, und David hörte ihn schmatzen. D er wenigstens nicht mehr hungrig, dachte er, und s Bären an der Whiskyflasche herumknabbern. Glas ihm jedoch nicht zuzusagen, er brummte ärgerlich. nigen Schlägen seiner Tatzen zerfetzte er den Kart blickte sich nach weiterer Nahrung um. Die Stelle, Steve die Enten ausgenommen hatte, interessierte ih sen Geruch verfolgte er weiter bis in die Büsche. D David leise zu seinem Zelt hinüber. Hastig griff er n nem Gewehr und drehte sich um. Der Bär trottete wieder auf die Feuerstelle zu.
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David berichtet
Aus der Richtung des Camps hallte ein Schuß über den S Steve erschrak. Er blickte angestrengt hinüber, konnte doch nichts Außergewöhnliches entdecken, zumal die E fernung mehr als einen Kilometer betrug. Eilig zog er Schnur ein und warf die Angel ins Boot. Womöglich w etwas passiert. Besser, er schaute nach. Mit kräftigen Padd schlägen trieb er das Kanu der Bachmündung entgegen. mußte David sein, der geschossen hatte, vielleicht auf Kaninchen oder ein Fichtenhuhn. Andererseits war es u wahrscheinlich, daß er auf Jagd ging. In dem flachen Wasser zwischen der Insel aus Schach halmen und dem Ufer stand eine Elchkuh mit ihrem Ka Aber er nahm sich nicht die Zeit, die Tiere zu beobacht die sich von dem rasch vorbeiziehenden Kanu überhau nicht stören ließen. Noch ein paar Paddelschläge, und Bach lag vor ihm. Schweißüberströmt lenkte er das B hinein. Auf der Lichtung herrschte vollkommene Stille. David saß, die Flinte im Arm, auf seinem Lager unter Plane. Und vor ihm lag ausgestreckt ein großer Bär. »U Himmels willen!« rief Steve. »Bist du okay?« »Alles klar!« lautete die Antwort. »Er wollte mich versp sen, da hab' ich ihm eine Kugel verpaßt!« Vorsichtig ging Steve an den Bären heran, das Gew schußbereit. »Er ist mausetot«, sagte David, »ich habe ihn mir sch angesehen.« »Ein guter Schuß«, lobte Steve, immer noch staunend. In Davids Stimme schwang Stolz und zugleich Verleg heit mit: »Mir blieb nichts anderes übrig, und auf so ku Entfernung war er nicht zu verfehlen.« »Ein ganz schöner Brocken. Offenbar ist es derselbe B der uns schon einmal besucht hat.« »Er kam direkt auf mich zu, da hab' ich die Nerven ver 85
ren«, seufzte David. »Vielleicht hätte ich gar nicht zu ßen brauchen.« »Ach was!« rief Steve. »Wir können Fleisch gut chen, nachdem wir hier noch für einige Tage festsitze »Es wird uns bei dieser Witterung schnell verderbe »Nein, das wird es nicht. Ich baue nämlich nach Räucherhaus.« Er zog sein Jagdmesser und machte s an, dem Bären das Fell abzuziehen und das Fleisch teilen. Wie aus dem Nichts heraus waren auf einmal die Raben da; aus den Kronen der Bäume äugten si und warteten auf ihren Anteil. Die Arbeit dauerte bis zum Abend. Anschließend Steve das Fleisch wieder in das Bärenfell ein und bes es mit Steinen, damit die Raben und Greyjays nicht kamen. »So«, sagte er aufatmend, »jetzt wollen wir erst sen.« Er reinigte sich am Bach und bereitete einen de te zu, die er gefangen hatte. David half ihm dabei, er noch sehr schwach war. Aber sein Appetit war wieder fast normal, er nahm eine gehörige Portion. Auch Steve hatte Hunger. »Morgen gibt es zu Mi rensteak«, sagte er kauend. »Ich bin gespannt, wie es schmeckt«, meinte Dav gutes Stück Fleisch ist für mich immer noch etwas Be res. Meine ehemalige Frau, Jane, hat das nie vers Aber sie hat auch niemals richtig Hunger gelitten. W ich bin in der Zeit nach dem Krieg aufgewachsen, a rungsmittel knapp waren. Wir haben zwar auf dem gelebt, inmitten eines Überflusses an Nahrung, abe sen hatten wir nicht viel. Mein Vater war Landarbe verdiente so wenig, daß ich das halbe Jahr barfuß mußte. Wenn das Schwein geschlachtet wurde, d mühsam durchgefüttert hatten, war das ein festliche nis: Man durfte einmal im Jahr soviel essen, wie ma te. Wir haben uns jedesmal die Bäuche vollgeschlag wir kaum noch gehen konnten.« »Wie bei den Naturvölkern nach einer erfolg 86
Jagd«, lachte Steve. »Ja, das ist vergleichbar. Man bildete sich zwar imm ein, ihnen die europäische Kultur bringen zu müssen. D bei lebten große Teile der europäischen Bevölkeru jahrhundertelang viel primitiver als die sogenannten Prim tiven in anderen Erdteilen, die kolonisiert wurden. Letz Endes ging es lediglich darum, sich andere Völker dienst zu machen, ihnen das Land, ihre Naturerzeugnisse und B denschätze abzunehmen.« »Die Indianer sind ein gutes Beispiel dafür. Sie hatten les, was sie brauchten, bevor die Weißen kamen.« »Die unersättlichen Weißen mit ihren schwimmend Häusern, den Donnerwagen und Feuerrohren. Wer s nicht unterwerfen wollte, wurde umgebracht. Man hat In aner gejagt wie Hasen, auch die Frauen und Kinder getö ihnen mit Pocken infizierte Decken geschenkt, ihnen Al hol gegeben. Man hat die Büffel zu Hunderttausenden abgeschos und verfaulen lassen, so daß die Indianer betteln komm mußten, weil es ihnen an Fleisch zum Essen und an Fel für ihre Zelte und Kleidung fehlte. Und dann hat man do wo vorher Büffel weideten, Rinder gezüchtet, die natürl jemandem gehörten, der Geld dafür verlangen konnte. D entsprach so dem Wesen der Weißen und entspricht ih immer noch. Die Büffel waren wild, sie gehörten dem, Hunger hatte; Rinder waren dagegen Eigentum, die kon man verkaufen.« »Auf der anderen Seite darf man nicht vergessen«, w Steve ein, »daß viele der in Europa Verfolgten und Unt drückten in Amerika eine neue Heimat fanden. Daß hier Menschenrechte proklamiert und Bürgerfreiheiten ein führt wurden, von denen man in Europa nur träumte.« »Dennoch bleibt die Besiedlung Amerikas durch Weißen ein einziges unermeßlich großes Verbrechen, e Aneinanderreihung von Betrug, Erpressung, Unterdrücku Raub und Mord. Aber natürlich ging es in Europa nicht w sentlich humaner zu, wenn auch geordneter. Wer sich ni 87
schikanieren ließ, wurde gejagt, eingekerkert und hin tet, wer Brot stahl, wurde kurzerhand aufgehängt. Ic mich erinnern, daß in unserem Dorf ein Mann Wilddieberei hart bestraft wurde, weil er Kaninc Schlingen gefangen hatte. Allerdings blieb dabe wähnt, daß die Familie dieses Mannes hungerte. D nicht im vergangenen Jahrhundert, sondern in den ger Jahren. Er mußte ins Gefängnis, und seine Famil de ihrem Schicksal überlassen. Eine der Töchter traf ter in Glasgow wieder, wo sie auf den Strich ging; ei Söhne wurde wegen Einbruchdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Weißt du, was die Leute da ten? Das läge bei denen im Blut. Nun frage ich dich gehörten denn diese Kaninchen, die gefangen wurd die es zu Hunderten gab?« »Dem Landbesitzer wahrscheinlich.« »Richtig. Aber er hatte genug zu essen und betr Jagd lediglich zum Zeitvertreib. Ich habe in den Feri nach der Schule für ein paar Pennies auf seinen Feld arbeitet, meine Eltern haben sich für ihn totgeracker noch ging es seinen Kühen und Schweinen besser Denn die Kühe sollten Milch geben, und die Schwein te er schlachten oder verkaufen. Deswegen mußte d gepflegt werden. Dagegen waren wir nur zum Arbe gebrauchen, wir zählten nicht. Meine Eltern haben rigens immer als gottgegeben hingenommen, währe merkwürdigerweise schon als Jugendlichem klar wur diese Verhältnisse unanständig und inhuman ware leicht lag das daran, daß ich viel gelesen habe. Und auch so ein Kapitel für sich, denn Lesen galt als eine se Beschäftigung, als Faulheit. Wenn ich mit einem gesehen wurde, hieß es sofort: ›Hast du nichts Bess tun!‹ Wer las, vertrödelte angeblich seine Zeit. Oft h deswegen von meinem Vater, der sehr streng war, bekommen. Es gab sogar eine Redewendung, die b nend ist ›Der hat wohl zu viele Romane gelesen.‹ D man, wenn jemand eine Bemerkung machte, die n 88
das allgemeine Weltbild paßte. Aber ich ließ mich, all schon aus Trotz, nicht davon abbringen. Hauptsächlich ich Schund, und nur selten bekam ich gute Literatur in Hände, ich meine Bücher, die einen Menschen veränd können. Ob Schund oder Literatur: Ich begann über vie nachzudenken, woran ich sonst keinen Gedanken verw det hätte. Die Bücher halfen mir weiter.« Er schwieg e Weile, ganz in Gedanken, und stopfte sich dann seine P fe. »Du siehst«, sagte er grinsend, »es geht mir schon wie viel besser.« »Hast du dann nach deiner Entlassung aus der Sch ebenfalls in der Landwirtschaft gearbeitet?« fragte Steve. »Nur kurze Zeit, obwohl die Verhältnisse in den fünfzi Jahren langsam besser wurden. Mit 18 Jahren bin ich gehauen. Ich habe eines Tages, als mein Vater fort w meine Sachen gepackt, mich von meiner Mutter ver schiedet und bin nach Glasgow gegangen. Dort habe mich einige Monate mit Gelegenheitsarbeiten durch schlagen, bis ich auf einem Schiff anheuern konnte. D hing übrigens ebenfalls mehr oder weniger mit meiner L türe zusammen. Zum Beispiel hatte ich die ›Hornblow Romane von Cecil S. Forester verschlungen, in denen Lebensweg eines Mannes vom Schiffskadetten zum Kont admiral beschrieben wurde. Diese Mischung aus Pirat mentalität und Edelmut paßte damals recht gut in m Weltbild. Denn ich wollte es ebenfalls vom Schiffsjung zum Kapitän bringen, sozusagen vom Tellerwäscher zu Millionär.« »Du bist zur See gefahren?« fragte Steve neugierig u schenkte sich einen Becher Kaffee ein. »Ja, drei Jahre lang. Ich war in London, Hamburg, N York, San Francisco, Valparaiso, Sydney, Kalkutta und w diese Häfen alle heißen, in denen eine Kneipe wie die an re aussieht, eine Bar der anderen gleicht. Es war lange ni so romantisch, wie ich es mir vorgestellt hatte. Desweg habe ich dann noch ein College besucht und mich schließend als Exportkaufmann ausbilden lassen. Es 89
lange gedauert, bis ich aus dem Dreck raus war. U kannst mir glauben, daß es gar nicht einfach ist, sein zu finden, wenn einem niemand auf die Sprünge hi spielsweise verfolgte ich lange Zeit das Ziel, möglich zu werden. Neulich, mein Verhalten beim Goldsuch war ein typischer Rückfall. Wenn ich jetzt daran den ich mich benommen habe, schäme ich mich. Denn lich habe ich überhaupt nicht mehr das Bedürfnis, när zu sein. Natürlich möchte ich menschenwürdig und dazu braucht man auch Geld, das ist klar. Aber G sich hat für mich keine große Bedeutung. Es macht w nicht glücklich, das habe ich im Laufe der Zeit g Und richtig reich werden, vor allem reich bleiben man – wenn man es genau betrachtet – nur auf Kos derer Menschen.« David machte nun doch einen müden Eindruc lange Sitzen hatte ihn erschöpft, und er legte sich hin. »Ich fange am besten gleich mit dem Bau des R hauses an«, meinte Steve, nachdem er seinen Kaffee trunken hatte. »Je eher, desto besser«, brummte David. »Entsch daß ich dir nicht helfe, aber ich fühle mich schon wie ein Greis. Vielleicht hätte ich nicht so viel ess nicht rauchen sollen.« »Ruhe dich nur aus«, sagte Steve. »Du bist imme krank, vergiß das nicht.« Er ging in den Wald und Fichtenstämme. Als er genug beisammen hatte, beg am Rande der Lichtung über einer Bodenvertiefun zwei Meter hohen Kasten zu errichten, indem er die der Stämme mit dem Beil einkerbte und wie beim hausbau miteinander verzahnte. Dazu benötigte er einzigen Nagel. An einer Seite blieb unten eine Ö frei, die zugestellt werden konnte. Das Dach besta Zweigen und Rindenstücken. Anschließend schnitt er das Bärenfleisch – bis Lendenstücke, die er beiseite legte – in Streifen und 90
es an starken Weidenästen im oberen Teil der Räuch kammer auf. Damit es nicht verbrannte, verkeilte er z schen dem Feuerloch und dem zu räuchernden Fleisch e Steinplatte, an der vorbei der Rauch nach oben zieh konnte. Mitternacht war lange vorbei, als er endlich fe war und das Feuer zu qualmen begann. Während der Na stand er zweimal auf, um Holz nachzulegen.
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Aufbruch
Die Zelte waren abgebrochen, das Lagerfeuer war g Sie luden ihre Rucksäcke und das in den Proviant verstaute Bärenfleisch in die Kanus. Die Strömung ches trug sie hinaus; bereits nach kurzer Zeit hatten Halbinsel umrundet und fuhren mit weit ausho Paddelschlägen auf das Ende des Sees zu, das sie na Stunden erreichten. Die von hohen Fichten gesäumt traten zusammen, der Sog des Flusses wurde spürbar Vor ihnen lag der Big Salmon River, ein Wasserw seit Jahrhunderten schon die Indianer und später d tierjäger und Goldsucher benutzt hatten. Der Kart war der Fluß bis zu seiner Einmündung in den Yuko Schwierigkeiten befahrbar. Aber sie wußten beide au rung, daß man sich nie hundertprozentig auf die verlassen konnte. Manche Flüsse veränderten bei Ho ser ihr Bett, es entstanden Hindernisse aus angesch ten Bäumen und Treibsand, Stromschnellen taucht die auf keiner Landkarte verzeichnet waren, Biberd Verengungen durch Erdrutsche, wo man kurz zuvo gemächlich dahin gleiten konnte. Man mußte auf d sein, ständig den Wasserlauf vor sich beobachten Inseln oder Sandbänke kamen, galt es die günstigst einzuschlagen, damit man nicht umkehren oder seichten Wasser aussteigen mußte. Zuerst konnten sie noch nebeneinander fahren. glasklaren Wasser, das nur einen halben Meter ti standen an manchen Stellen Hunderte von Grayling Ufer war hügelig und dicht bewaldet. Weit voraus nen manchmal zwischen den Bäumen die zerkl immer noch von Schneeresten bedeckten Spitzen d Mountains. Die Sonne stand um diese Tageszeit gün die Reisenden, nämlich im Südosten, also überwieg Rücken oder seitlich. Das Paddeln fiel leicht und 92
Spaß, obwohl es warm geworden war. Aber die vom Was aufsteigende Kühle wirkte belebend und vertrieb die Mos tos. »Ein Glück, daß wir genügend Räucherfleisch habe sagte David. »Nachdem uns der Bär sämtliche Haferflock und auch die Kartoffeln weg gefressen hat, besitzen kaum noch Grundnahrungsmittel. Ein Bärenmagen sche erstaunlich strapazierfähig zu sein. Wer hätte gedacht, d so ein Viech derartige Mengen auf einmal verschling kann, sogar einschließlich des Packpapiers. Den Räuber verspeisen, ist allerdings eine sehr altertümliche Rache aber sein Fleisch schmeckt mir.« »Ich hatte nicht damit gerechnet, daß wir uns so lan aufhalten würden«, erwiderte Steve. »Mein Lebensmittelv rat war nur auf zwei bis drei Wochen berechnet; eigentl wollte ich schon lange in Carmacks sein.« »Tut mir leid«, brummte David.»Nur gut, daß du Anti otika bei dir hattest. Ich möchte nicht wissen, was sonst mir geworden wäre.« »Ein Beutel Mehl ist noch da«, sagte Steve, »etwas R Öl, eine Handvoll Bohnen und die Beerenmarmelade. L der ist der Kaffee ausgegangen – heute morgen haben den letzten getrunken.« »Er war auch danach«, lachte David. »Wir können in d nächsten Tagen ebensogut Tee trinken, nachdem du so v Kamille getrocknet hast.« Steve verzog sein Gesicht. »Ohne Kaffee oder schwarz Tee zum Frühstück fehlt mir etwas.« »Stell dich nicht so an«, feixte David. »Im Busch d man nicht wählerisch sein, man muß sich den Umständ anpassen. Feinschmecker wie du können hier leicht v hungern oder verdursten.« »Du hast gut reden«, schimpfte Steve, »du magst Kam lentee.« Er zog sein Paddel kräftig durch und verkantete ein wenig, so daß ein Schwall Wasser über das nachfolg de Boot spritzte. David revanchierte sich auf der Stelle. »Das erfrischt he 93
lich!« rief er prustend und holte rasch wieder auf warte doch! Oder willst du an einem Tag nach Car Vielleicht treffen wir jemanden, der uns mit Kaffee fen kann. Ich habe gehört, daß hier ab und zu To unterwegs sind.« Steve schüttelte sich das Wasser aus dem Haar. »D te mich wundern«, antwortete er. »Obwohl die Ro Spaziergang zu sein scheint.« Die Kanus wurden von der Strömung mitgenomm daß sie ohne große Mühe vorankamen. David hatte den letzten Tagen am See wieder völlig erholt. Er w Dinge und unternehmungslustig wie zuvor. Manchm monstrierte er seine Gewandtheit mit dem Paddel, unternahm Abstecher ans Ufer, ohne jedoch die Wei dadurch zu beeinträchtigen. Einmal sahen sie vor si Herde Karibus den Fluß überqueren, und sie wartet Weile, um die Tiere – insgesamt zählten sie 14 Stüc unnötig zu erschrecken. Auch ein Stachelschwein un Luchs konnten sie beobachten, denn die Boote gli geräuschlos heran, daß die Tiere sie gar nicht bemerk Mittags rasteten sie am Ufer, um sich ein wenig di zu vertreten. Das Sitzen ermüdete auf die Dauer, u fortwährende Paddeln ging auf die Schulter- und Ar keln, obwohl sie beide stundenlange Kanufahrten g waren. »Bisher ist es noch richtig gemütlich«, meinte Stev dem Weg von ROSS River mußte ich drei Tage lan flußaufwärts fahren, und zweimal hatte ich das Boo rere Kilometer über Land zu tragen. Wenn mir Freunde die Route nicht genau beschrieben hätten, w verzweifelt.« »Ich kenne das«, erwiderte David. »Vor sechs Jah ich wochenlang in den Nordwest-Territorien in der des Nahanni-Nationalparks unterwegs. Es war ma die reine Schinderei, aber in dieser Zeit habe ich erst mit dem Kanu umgehen gelernt. Damals war ich no rist, jetzt fühle ich mich schon heimisch.« 94
Sie aßen mitgenommene Bannocks mit Marmelade u tranken Wasser dazu. Anschließend packte David sein Dudelsack aus. Während er zum Erschrecken der Vögel u Eichhörnchen alte schottische Tänze spielte, sah sich St im Wald um. Die ersten Blaubeeren waren reif geword an manchen Stellen gab es schon Pilze. Er nahm sich v demnächst sammeln zu gehen. Nach einer Stunde fuhren sie weiter. Die den Fluß beg tenden Höhen wurden steiler, der Big Salmon River wa sich in zahlreichen Krümmungen und Schleifen hindur das Wasser wurde unruhiger. »Der Karte nach müßten b Stromschnellen kommen«, sagte Steve gerade, da sahen hinter einer Biegung Schaumkämme auftauchen. Das R schen des Wassers wurde lauter, die Strömung stärker. » sind sie schon!« rief David. »Wollen wir gleich hindu oder vorher lieber nachschauen?« »Nachschauen!« gab Steve zurück, und sie hielten ra auf das Ufer zu. Der Platz, an dem sie landeten, schien ö von Booten angelaufen zu werden, denn es lagen angeko te Holzstücke und verrostete Konservendosen herum. V Hang aus übersahen sie eine längere Strecke bis zur näc ten Biegung des Flusses, der mit erheblichem Gefälle sein Weg an mehreren Felsen vorbei nahm. Verschiedentl schäumte und wirbelte es, daß einem angst und bange w den konnte. »Wir sollten die Kanus lieber herumtragen«, sagte St bei diesem Anblick. »Das meine ich auch«, erwiderte David. »Dort drüb führt ein Pfad über den Hügel, das ist bestimmt die Por ge.« Sie zogen die Boote an Land, nahmen als erstes ihr G päck und stapften los, einer hinter dem anderen wie Packesel. Da sie einen Teil des geräucherten Bärenfleisc in den Rucksäcken verstaut hatten, wogen diese etwa Kilo; an den Seiten steckten die Angeln, Zeltstangen u Beile, hinten hingen Wasserflaschen, Pfannen und Tö sowie die festgeschnallten Paddel. Außerdem hatten 95
noch in einer Hand ihre Gewehre und in der ande Proviantbeutel mit dem übrigen Fleisch zu tragen. A wollten die Strecke nicht dreimal gehen. So kam es, schon nach 200 Metern die erste Rast einlegen m Doch der Pfad war ausgetreten und nicht allzu stei einer halben Stunde kamen sie wieder am Fluß an, nen weiten Bogen beschrieb, den sie auf dem Landw gekürzt hatten. Sie hängten ihr Gepäck vorsichtsha einen Baum und gingen denselben Weg zurück, um die Boote zu holen. Als sie nach einer weiteren Stu neut das Ufer erreichten, keuchten beide um die We legten sich erst mal ins Gras, um sich auszuruhen. »Hoffentlich wiederholt sich das nicht all z schnaufte Steve. »Sonst wäre ich dafür, lieber auf de ser zu bleiben und das Risiko in Kauf zu nehmen Plackerei ist mir zu anstrengend und zu zeitraube schaute auf der Flußkarte nach. »Hier sind noch m Stromschnellen eingezeichnet, angeblich alle befahrb »Gut«, nickte David, »fahren wir durch – schließli wir keine Anfänger. Außerdem tut mein Knöchel weh.« Sie beschlossen, gleich dort, wo sie waren, ihr Nac aufzuschlagen. Bald standen die Zelte, und das Feuer te. David übernahm ohne viele Worte die Zubereitu Abendessens, das in der Hauptsache aus einer riesig tion Bärenfleisch bestand. »Dann brauchen wir nä nicht mehr soviel zu schleppen«, meinte er grinse schnitt das Fleisch in Würfel. Mit dem Reis ging er d sehr sparsam um, denn viel war in dem Beutel nich geblieben. Währenddessen sammelte Steve ein paar und Pilze, die er dazugab. Schon nach einer halben war der Eintopf fertig. Sie langten beide kräftig zu un ten ihren Bärenhunger. Am nächsten Morgen aßen s Frühstück die aufgewärmten Reste vom Vorabend verstauten sie ihr Gepäck in wasserdichten Plastik die an den Querholmen festgebunden wurden. Als terfuhren, stiegen die Ufer zu beiden Seiten steil em 96
die oberen Sandstreifen unterhalb der Humusschicht hat die Uferschwalben ihre runden Nistlöcher gebaut. Die Strömung war immer noch sehr stark. Im Fluß lag Felsbrocken, manche befanden sich knapp unter der W seroberfläche und waren nur an der Wellenbewegung kennbar, so daß man ständig Obacht geben mußte. Ern drang ein Rauschen an ihr Ohr, auf das sie rasch zutrieb Die Strömung wurde so reißend, daß zum Überlegen ke Zeit mehr blieb. Vor den Hindernissen, an denen sich Wasser sprühend brach, konnten sie oft gerade noch in le ter Sekunde ausweichen oder die Bahn wechseln. Es wirb te und brodelte um sie herum, Gischt wehte ihnen ins G sicht. Die Kanus vibrierten, bockten, schaukelten, Was klatschte gegen die Bordwände, schlug manchmal here Aber sie kamen hindurch, ohne Schaden zu nehmen na fünf Minuten war das Schlimmste überstanden. An ei Krümmung des Flusses hielt sich David, der voranfuhr, der Innenseite hart am Ufer. Vor ihnen lag eine Schluc durch die das Wasser mit großer Geschwindigkeit h durchschoß. Minutenlang ging es an senkrecht aufragend glatten Felswänden vorbei, dann weitete sich die Wasser che, der Fluß lag wieder ruhig vor ihnen, die Strömung l allmählich nach. »Das hätten wir geschafft!« rief David. »Es hat sogar Spaß gemacht!« gab Steve zur Antwort. Sie lachten sich befreit zu und ließen die Kanus neb einander treiben.
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Indianer
Die Pelly Mountains standen im hellen Licht der N tagssonne. Unaufhaltsam nahm der Fluß, der sich mehrere Zuläufe verbreitert hatte, seinen Weg zwisch felsigen Höhenzügen nach Nordwesten, um schließ einem weiten Bogen, als wolle er Anlauf holen, Salmon Range zuerst südwärts und später westw durchbrechen. Doch so weit war es noch nicht. Gem zogen die beiden Kanus nebeneinander dahin; für sassen bestand Gelegenheit, die Kräfte zu schonen dem Wasser flimmerte die Luft, denn es war sehr h worden. Erst gegen Abend merkten sie, daß sich di tung allmählich änderte. Die Sonne stand jetzt sch geraume Zeit seitlich zur Rechten. Da hörten sie wärts das Tuckern eines Motorbootes. Hinter einer B bekamen sie es zu Gesicht: Vor ihnen kontrollierte ein in Ufernähe ausgelegtes Netz – das heißt, er schie beabsichtigen. Beim Näherkommen sahen sie, daß Fahrzeug ein alter Mann saß, ein Indianer. Die Schw des Netzes bewegten sich heftig, ein Zeichen dafür, einen guten Fang zu erwarten hatte. Aber er hielt se im tieferen Wasser, denn am Ufer trottete ein riesige ly auf und ab, der sich weder durch das Motoreng noch durch Zurufe von seinem Platz vertreiben lie Zeit zu Zeit machte er Anstalten, sich in das Wasser zen, wandte sich jedoch im letzten Moment immer um. Die energiegeladenen Bewegungen des Tieres u jähe Wechsel vom plump wirkenden Trott zur blitz len Angriffsgebärde waren beeindruckend, zugleich tigend. Der Indianer wendete sein Boot und blick Ankömmlingen entgegen. »Hallo!« begrüßte ihn David. »Unerwünschter B such?« Auch Steve grüßte hinüber und richtete da gegen die Strömung. Der Indianer erwiderte den Gr 98
unbewegter Miene. »Ein Weibchen«, sagte er und faßte beiden Weißen scharf ins Auge, »vielleicht hat es Junge der Nähe.« Er trug ein kariertes Baumwollhemd und Jea Sein Haar war grau, das von Sonne und Kälte gegerbte G sicht voller Falten. Obwohl er schon in den Sechzigern s mußte, wirkte seine hagere, sehnige Gestalt immer no kräftig. Inzwischen war der Grizzly mühelos die Uferböschu hinauf gesprungen. Sie sahen ihn unruhig zwischen d Büschen herumlaufen und zu ihnen herüberäugen. »Er muß aus den Pellies kommen«, sagte der Indian »ich habe ihn noch nie gesehen.« Mit einer Handbewegu forderte er die beiden Männer auf, beizulegen und frag »Mag mir einer von euch sein Gewehr leihen?« David reichte ihm seine Flinte mit den Worten: »Zue sind drei Schrotpatronen geladen, dann kommen Slag Der Alte entsicherte die Waffe. »Ich will ihn nur ersch cken«, erklärte er und schoß eine Schrotladung in das G büsch direkt oberhalb des Bären. Krachend brach sich Schuß an den Hängen, es prasselte und regnete Blätter. U fast noch im Knall war das gewaltige Tier mit einem Satz Wald verschwunden. Sie hörten es mit der Geschwindigk eines galoppierenden Pferdes durch das Unterholz brech und den Hang hinaufstürmen. Oben tauchte es wie dunkler Schatten noch mehrere Male kurz zwischen d Bäumen auf, dann geriet es außer Sicht. »Sie kommen jetzt gern an den Fluß, um zu fische sagte der Indianer und gab das Gewehr zurück. Ohne s weiter um die Weißen zu kümmern, begann er sein N einzuholen, in dem sich mehrere große Lachse gefang hatten. Er löste die Fische aus den Maschen, tötete sie m einem Schlag auf den Kopf und warf sie ins Boot. Ein mochten gut und gern 30 Pfund wiegen. Die beiden paddelten ans Ufer und sahen zu. »Zur A wechslung einmal Lachs, das wäre nicht schlecht«, mei David, dem das Wasser im Mund zusammenlief. »Ich ha lange keinen mehr gegessen. Was hältst du davon, wenn 99
etwas von unserem Fleisch gegen ein oder zwei Lach tauschen?« »Mir ist es recht, wir haben genug davon.« »Eigentlich könnten wir gleich hier lagern«, schlug vor und schaute sich nach einem geeigneten Platz um Steve wiegte besorgt seinen Kopf. »Mit einem schreckten Bären im Rücken? Das wäre mir zu ungem Laß uns lieber noch etwas weiterfahren und für die eine Insel suchen. So ein Grizzly hat ein riesiges Rev er mit Leichtigkeit an einem Tag durchstreifen kann.« Der Indianer hatte sein Netz wieder ausgelegt un auf sie zu. Trotz seines Alters sprang er leichtfüßig a einen Lachs in der Hand, den er David gab. »S schwer zu angeln«, bemerkte er eher beiläufig. »Ich übrigens James.« David und Steve stellten sich ebenfalls vor. »Wir nach Carmacks«, sagte Steve, während David zu Kanu ging, um Fleisch auszupacken. »Ich weiß«, erwiderte der Indianer, »ihr habt eini weiter oben gezeltet.« »Hat sich das etwa schon herumgesprochen?« »Die RCMP hat es mir erzählt. Auch, daß sie eine per namens Fräser suchen. Gestern bin ich aus Ca zurückgekommen, wo ich einkaufen war.« David kam mit einigen Kilo Fleisch, das er dem überreichte, der es beifällig betrachtete. »Hast du gehört?« fragte Steve, »der Mokassin-Te hat uns bereits gemeldet.« »Ja«, grinste David, »es ist erstaunlich.« Und zu d dianer gewendet, fuhr er fort: »Wir haben neulich Schwarzbären geschossen und ziemlich viel vo Fleisch geräuchert. Leider sind uns die übrigen Leben ausgegangen, vor allem der Kaffee. Sonst hätten wi kochen können und …« »Kommt mit zu meinem Haus«, unterbrach ihn d aner und ging auf sein Boot zu. »Meine Frau kan aushelfen.« Er nahm die Kanus in Schlepp, die beide 100
ßen stiegen zu ihm. Dann ging es in schneller Fahrt f ßaufwärts. David betrachtete aufmerksam die Ufer. »H du vorhin etwas von einer menschlichen Behausung merkt?« fragte er, gegen den Lärm anbrüllend. Steve sch telte den Kopf. Das Motorengeräusch war so laut, daß sie sich nicht u terhalten konnten. Nach einer Weile steuerte der India auf das linke Ufer zu und bog in einen kleinen Wasserl ein, den er 100 Meter hinauffuhr, vorbei an einigen San bänken und umgestürzten Bäumen. Da sahen sie oberh des Ufers ein von hohen Fichten umgebenes Blockhaus, dessen Schornstein Rauch aufstieg. Die Balken waren v wittert, auf dem Dach wuchs Gras. Mehrere Hunde sch gen an und kamen die Böschung herabgelaufen; in der T erschien eine weißhaarige Indianerin, die Hände vo Teig. Der Alte wies die Hunde mit einem strengen Bef zurück. Er nahm das Räucherfleisch und stieg, gefolgt v den Besuchern, zum Haus hinauf. »Sue, meine Frau«, stellte er vor; »das sind David u Steve. Sie haben mir geholfen, einen Grizzly vom Netz vertreiben.« Sue nickte ihnen freundlich zu. »Kommt ins Haus, backe gerade Kuchen. James hat gestern aus Carmacks Äp mitgebracht.« Sie ging vor in den dämmrigen Raum, wo dem Tisch eine Schüssel mit Kuchenteig stand. »Neh doch Platz«, lud sie die beiden ein. Es war heiß, denn Ofen brannte Feuer. Die Einrichtung bestand aus drei Stü len, einer Bank, Anrichte mit Waschbecken und ein Schrank. Neben dem Ofen war in einer großen Kiste Feu holz aufgeschichtet, an den Wänden befanden sich Reg mit allerlei Vorräten und Gegenständen des täglich Gebrauchs. Hinter der Tür hingen eine Winchesterbüc und ein Kleinkalibergewehr. Ein weiterer Raum, der du einen Vorhang abgetrennt werden konnte, schloß sich darin standen zwei Betten. Sue fettete ein Kuchenblech ein, verteilte den Teig dar und begann mit einer unglaublichen Fingerfertigkeit Äp 101
zu schälen. »James kommt gleich«, sagte sie, »er bri noch die Fische in den Rauch.« Sie legte Apfelscheib den Kuchenteig, schob das Blech in die Backröhre un te Kaffeewasser sowie einen Topf mit Kartoffeln a dem Garten neben dem Haus holte sie mehrere Köpf Dann mischte sie in einer Schüssel Salz mit etwas b Zucker. »Das ist zum Räuchern«, erklärte sie. »Ma nehmen wir auch Ahornsirup.« »Vielleicht kann ich James helfen«, sagte Steve. E die Schüssel und ging hinunter zum Bach. Sofort s die Hunde um ihn herum, drei wolfsartige Huskies und zwei tolpatschige Welpen. James war auf einem am Ufer stehenden Tisch die gefangenen auszunehmen und zu filieren. »Ich hatte schon bis z Hunde«, sagte er. »Im Winter ziehen sie meinen Sc Aber sie brauchen viel Futter, deswegen habe ich gangenen Jahr einige verkauft.« Er zeigte auf einen p gen hellgrauen Rüden: »Das ist mein Führer, den h jetzt seit acht Jahren.« In der Nähe trockneten auf großen Holzgestell zahlreiche Lachse als Hundefu den Winter. James schliff sein Messer nach. Er trennte einem sche den Kopf ab, schnitt ihn auf und warf die Ab einen Topf. »Das ist für die Hunde. Wir kochen e können sie Würmer bekommen.« Mit wenigen w Schnitten löste er die beiden Filets ab, so daß ledig Mittelgräte übrig blieb. Ohne viel Worte nahm sic Steve einen Fisch vor. Nach einer Viertelstunde waren sie fertig. Ein Filet te James zum Haus, die übrigen rieben sie mit d schung aus Salz und braunem Zucker ein und tru zum Räucherhaus hinüber, das abseits im Wald e war: ein Kasten auf Pfählen, in den durch ein dre langes Ofenrohr Rauch geleitet wurde. Es qualmte be Der Ofen bestand aus einer alten Benzintonne, in ne Klappe eingesetzt war. »Wir räuchern schon seit gestern«, sagte James. » 102
die Lachse ziehen, muß man die Zeit nutzen. Einen T davon verkaufen wir nach Carmacks.« Er öffnete die T legte die Filets hinein und nahm ein bereits angeräucher Stück heraus, von dem er probierte. »Es geht«, brummte und nahm das Stück mit. »Wenn der Lachs gut werden s braucht er wenigstens zweieinhalb Tage bei möglichst k tem Rauch; deswegen das lange Ofenrohr.« An das Blockhaus lehnte sich hinten ein Schuppen neben dem Feuerholz gestapelt war. In einem Gatter scha ten mehrere Hühner. Daneben stand das Vorratshaus vier Meter hohen Pfählen. Die Huskywelpen spielten m einer großen getigerten Katze, die ihnen Backpfeifen v paßte und sich schließlich auf das Schuppendach flüchtet Inzwischen war der Kaffee fertig. Sie aßen jeder ein Stü Räucherlachs dazu. Dann gab es Kartoffeln, Salat und bratenes Filet, anschließend Pudding. »Herrlich«, schwär te David, der tüchtig zugelangt hatte, »ihr lebt wie im Pa dies.« »Du könntest den restlichen Pudding aufessen«, forde ihn Sue auf, und David ließ sich nicht lange bitten. »Im Sommer ist es hier schön«, bestätigte Jam »Manchmal kommen die Kinder oder Freunde vom Yuk zu Besuch. Aber im Winter fühlen wir uns sehr einsam, allem Sue. Denn von Oktober bis in den Januar bin ich f täglich unterwegs, um meine Fallen zu kontrollieren. habe eine Strecke am Fluß entlang und eine auf die Be zu.« »Lohnt es sich?« fragte David. »Ich kann nicht klagen, die Pelze werden in letzter Z wieder besser bezahlt. Es gibt hier Luchs, Wolf, Vielfr Fuchs, Marder, Nerz, Biber, Otter, Bisamratte. Man ka davon leben, wenn man im Sommer Fische fängt und Jagd geht.« »Und wenn man keine großen Ansprüche stellt«, fü Sue hinzu. David blickte Steve vielsagend an. »Es geht also doc stellte er triumphierend fest. 103
Steve zuckte mit den Achseln. »Sicher. Du kann mal versuchen. Entsprechend deinem Grundsatz, nem so gut wie nichts unmöglich ist, wenn man nur hält dich niemand davon ab, dir die erforderlichen zen zu besorgen und – falls du sie bekommst – Wildnis zu ziehen.« »Man muß sich darauf verstehen«, sagte Sue. »Da hier draußen ist hart. Wer ganz allein ist, kann im leicht einen Hüttenkoller bekommen. Wir haben Monate Schnee, und die Sonne bleibt wochenlang dem Horizont. Vor zwei Jahren hat sich in den Pelly tains ein Trapper das Leben genommen, weil er d samkeit nicht mehr ertragen konnte. Und in den Mountains hat sich einer beim Holzhacken so schw letzt, daß er starb.« »Es ist nicht ungefährlich«, bestätigte James. »M Trapper hat sich schon in seiner eigenen Falle ge Außerdem kann man Pech haben: Im vergangenen war ich drei Wochen lang hinter einem Vielfraß h meine Fallen geplündert hat. Er lief die Strecke täg und holte sich die gefangenen Tiere. Wenn ich kam nur noch ein paar Fellreste übrig. Ein schlaues Tier Vielfraß. Den gespannten Fallen ging er aus dem W kenne er sich damit aus; die Köder interessierten ih haupt nicht. Ich mußte mich mehrmals bei 30 Gra auf die Lauer legen, bis ich ihn endlich kriegte.« »Soll der Pelztierfang nicht eingeschränkt werden? Steve. »In Vancouver habe ich einen langen Zeitung darüber gelesen, der war ziemlich kritisch. Viele Leu unter auch Parlamentsabgeordnete, regen sich auf, Tiere gequält werden.« James winkte ab. »Mein Vater und auch mein Gr und dessen Vater haben schon getrappt. Wie sol sonst Geld verdienen? Das Trappen und Jagen ist Tradition, wir sind darauf angewiesen. Und wir ach Tiere und Pflanzen, mit denen wir leben. Sie erhalt Wer in der Natur lebt und die Augen offenhält, d 104
vieles, was den Menschen in der Zivilisation verlorengeg gen ist. Wir sind alle ein Teil des Ganzen, und es ist ke Handlung ohne Wirkung. – Natürlich leiden die Tiere, gefangen werden. Aber die Menschen leiden auch. Sch euch an, wie die Indianer heutzutage in den Siedlung dahin vegetieren. Die meisten sind arbeitslos, sie wis nichts anzufangen und trinken den ganzen Tag Alkohol. fristen ein armseliges Dasein in der Gesellschaft der W ßen.« »Wir sehen das an unseren eigenen Kindern«, warf S ein. »Zwei Töchter und ein Sohn wohnen in Whiteho einer in Carmacks, einer in Dawson. Wir möchten nicht m ihnen tauschen. Aber sie wollen hier nicht leben, weil ihnen zu einsam ist.« »Ich habe mehrere Jahre in einer Mine bei Faro gearb tet«, erzählte James. »Damals gab es noch genügend Stell Zweimal hatte ich schwere Quetschungen, einmal das B gebrochen. Ich habe gut verdient, aber alles war auch s teuer, und das ganze Leben bestand nur noch aus Arb sechs Tage die Woche. Ich mußte arbeiten wie ein Skla Wozu? Wir sind vor zwölf Jahren weggegangen.« »Eine schwere Zeit«, seufzte Sue. »Es waren nur wen Indianer dort, und die meisten haben getrunken. Die K der wurden uns weggenommen, sobald sie sechs Jahre waren; sie kamen in eine Missionsschule, wo sie wie G fangene gehalten wurden. Sie mußten Englisch sprech englische Lieder lernen, englisch beten. Wer sich in sei Stammessprache unterhielt, wurde bestraft. Es war furc bar, denn wir lieben unsere Kinder, und die Kinder häng an uns. Aber alle Familien wurden auseinandergerissen Jetzt haben wir uns vorgenommen hierzubleiben. Hier si wir wenigstens unabhängig, keiner macht uns Vorsch ten.« James und David stopften sich eine Pfeife, Sue holte d Kuchen aus dem Backofen. Dann begann sie das Gesch abzuwaschen, und Steve half ihr dabei. Anschließend w den die Hunde gefüttert, die Hühner, die Katze. James g 105
den Räucherofen nachlegen, David holte Brennholz Als alle wieder zusammen waren, sagte er: »Wir wol jetzt verabschieden und einen Lagerplatz suchen.« »Das kommt gar nicht in Frage«, widersprach Su bleibt natürlich über Nacht! Erstens müssen wir no Kuchen probieren, und zweitens sieht es nach Rege Sie machte noch einmal Kaffee und schnitt gewaltige Apfelkuchen auf, der köstlich duftete. James nickte bekräftigend. »Wir haben Platz gen könnt hier schlafen.« Sie setzten sich wieder an den aßen und tranken. Der Himmel hatte sich tatsächl wölkt, Sue schien mit ihrer Voraussage recht zu beko »Wie steht es eigentlich mit der Jagd?« wollte Dav sen. »Sehr gut. Bisher haben wir jeden Herbst ohne rigkeiten einen Elch oder ein Karibu schießen kön daß wir Fleisch genug hatten.« James schwieg eine bevor er bekümmert hinzufügte: »Wer weiß, ob bleibt. In den letzten Jahren treffe ich im Septemb Oktober oft weiße Jäger hier in der Gegend, meisten Leute aus den großen Städten im Süden oder aus d und Europa. Sie schießen Bären oder Elche oder K manche auch Bighornschafe oder Bergziegen. Dafür sie an die Regierung und an den Outfitter, der sie au und einfliegt, viele Dollars bezahlen. Außerdem br sie einen Jagdbegleiter, den sie ebenfalls bezahlen m Auf Bären sind sie ganz versessen.« »Einige kommen auch mit Motorbooten den Fl aufgefahren«, warf Sue ein. »Sie kampieren hier in de und schießen wie verrückt in der Gegend herum.« »Ich bin schon mehrmals gefragt worden, ob ich s führen kann«, erzählte James weiter. »Mir ist viel Gel angeboten worden. Aber ich hasse diese Art der Ja nehmen sie nur die Trophäen mit; das meiste Fleisch im Busch liegen, weil der Transport zu viel Aufwand Was ist das für eine Jagd? frage ich euch. Darüber sich die Leute in den Städten aufregen, nicht über d 106
lenstellen. Wenn wir jagen, tun wir es, um zu essen zu ben. Aus den Fellen machen wir Kleidung für den Win die Pelze verkaufen wir nur, um für das Geld wieder bensmittel, Benzin und Geräte einkaufen zu können. Trapper, der seine Sache versteht, wird niemals zu vi Pelztiere fangen, selbst wenn er dazu in der Lage wäre. will ja im nächsten Jahr erneut Fallen stellen. Außerd reguliert sich der Tierbestand von allein, wenn man ni Raubbau treibt. Fange ich zum Beispiel in einem Win viele Füchse und Marder, gibt es im nächsten Jahr m Kaninchen und Fichtenhühner, so daß die übrigen Füc und Marder mehr Nahrung haben und sich wieder stär vermehren.« »Leider geht es manchen Trappern heute auch nur no ums Geld«, seufzte Sue. »Geld, überall geht es ums Geld. würden die Menschen damit glücklicher.«
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Eine Spur
»Als ich neulich an Bernies Blockhaus vorbeifuhr«, b te James beim Frühstück, »kam Rauch aus dem Scho und am Ufer lagen zwei fremde Kanus. In Carmack ich dann, daß Bernie in Whitehorse ist; deswegen h auf dem Rückweg an und schaute nach. Eine Fenster war eingeschlagen, und die Tür stand offen. Im H ich vier Touristen, zwei junge Männer und zwei jung en. Sie sagten, sie hätten sich in einer Notlage bef weil ihnen die Lebensmittel ausgegangen waren und Tage lang regnete.« »Wer ist Bernie?« wollte David wissen. »Unser nächster Nachbar. Sein Blockhaus steht u 25 Meilen flußabwärts am rechten Ufer. Ihr werde hen, wenn ihr weiterfahrt.« »Das gibt bestimmt Ärger, wenn er zurückkommt Sue. »Glaub' ich auch«, nickte James. Erklärend fügte hinzu: »Er ist nämlich ziemlich eigen mit seinen und er haßt die Touristen wie die Pest. Sein Haus is zweimal aufgebrochen worden. Fast jedes Jahr kom mand vorbei, der keine Lebensmittel mehr hat ode Die Leute meinen immer gleich, sie müßten sterben sie mal drei Tage hungern oder naßgeregnet sind kann man von dort in zwei Tagen nach Carmacks p wenn man fleißig ist. Sie rüsten sich nicht gut gen manche verlieren ihr Gepäck in den Stromschnellen. »Und was hast du gemacht?« fragte Steve. »Ihnen gesagt, sie sollen 100 Dollar für die verbra Lebensmittel und die Fensterscheibe dalassen.« Er den Teller beiseite, wischte sich mit dem Handrück Mund ab und ging hinunter ans Wasser. Auch Dav Steve standen auf, um ihre Rucksäcke zu packen. Su einen Karton auf den Tisch, in dem sich ein Stück R 108
lachs, Eier und ein Marmeladenglas mit Kaffee befand »Hier ist noch etwas Proviant«, sagte sie, »vergeßt ihn nic Sonst müßt ihr womöglich bei Bernie anhalten, und könnte im Augenblick etwas gereizt sein.« David zog einen Geldschein aus seiner Brieftasche u wollte ihn auf den Tisch legen. Aber Sue rief entrüstet: »D kommt gar nicht in Frage! Steck das Geld wieder ein, so beleidigst du uns.« James kam herein. »Heute nacht ist eine Fichte über d Bach gestürzt«, teilte er mit, »ich komme mit dem B nicht vorbei.« Er holte eine Motorsäge, füllte aus dem Ufer stehenden Faß Benzin auf und ging bachabwärts. D vid und Steve folgten ihm. Sie sahen, daß die Fahrrinne v einer riesigen Fichte versperrt wurde. »So etwas Dumme ärgerte sich James. »Ich wollte eigentlich mein Netz kontr lieren. Bis ich den Baum zersägt habe, vergehen Stunden. »Du könntest mit Steve im Kanu fahren«, schlug Da vor. »In der Zwischenzeit räume ich alles beiseite.« In diesem Moment hörten sie das Brummen eines Fl zeuges näherkommen, das offenbar dem Fluß folgte. mußte sehr niedrig fliegen, denn sie konnten es nicht ü den Baumwipfeln sehen, als es kaum 100 Meter entfe vorbeidonnerte. »Wahrscheinlich suchen sie immer no diesen Trapper, der seinen Nachbarn umgebracht ha meinte James. »Hoffentlich kriegen sie ihn bald«, brummte David sich hin, »man ist ja seines Lebens nicht mehr sicher.« »Deswegen lassen wir zur Zeit die Hunde frei heruml fen«, sagte James. »Sie liegen sonst an der Kette.« »So meine ich es nicht«, entgegnete David. »Daß der K jemanden überfällt, glaube ich nicht. Aber ich soll ihm äh lich sehen und habe Angst, daß ich von einem seiner Jä ganz aus Versehen umgelegt werde.« Er half noch mit, Kanu an dem Hindernis vorbeizutragen; dann warf er Motorsäge an und machte sich an die Arbeit, während beiden anderen zum Fluß paddelten, dessen Wasser za reiche durch das Unwetter der letzten Nacht entwurze 109
Bäume mit sich führte. »Jetzt haben wir ein Gewehr sen«, bemerkte James und hielt mit dem Paddel Doch sie waren schon eine Strecke gefahren, so daß lohnte, umzukehren. Mit der Strömung hatten sie das Netz nach kurzer reicht. Ein guter Fang wartete auf sie, und der Griz sich diesmal nicht blicken. Bald lagen 18 Lachse im jeder wenigstens 15 Pfund schwer. Nachdem das Ne der ausgelegt war, ging es zurück, diesmal flußau Obwohl sie die Kehrwasser am linken Ufer ausnutz men sie mit dem tiefliegenden Boot nur langsam vor Da wurde die Aufmerksamkeit des Indianers au Gegenstand unter den überhängenden Zweigen am Ufer gelenkt. Als sie heranfuhren, sahen sie ein Floß Baumstämmen dort liegen. »Merkwürdig«, wunde der Indianer, »wer benutzt denn hier ein Floß?« Er s Land, um sich Aufschluß zu verschaffen. Den Blick Boden geheftet, schritt er das Ufer ab, doch ohne »Der Regen hat sämtliche Spuren ausgelöscht«, sagte kletterte die Böschung hinauf in den Wald. Nach ze nuten hörte Steve ihn rufen. James hatte zwischen den Bäumen eine verlassene stelle gefunden, die er gerade untersuchte. »Hier einzelner Mann biwakiert«, behauptete er, »der wahr lich sehr spät heute nacht Zuflucht vor dem Unwe sucht hat.« »Woraus schließt du das?« wollte Steve wissen. »Etwas weiter drüben wäre der Boden nicht so a sig gewesen, das ließ sich offenbar nicht überblic muß also in der Dämmerung, kurz vor dem Unwe Land gegangen sein. Und aufgebrochen ist er frü vor zwei Stunden – da müssen wir auf dem Weg zu unten vorbeigekommen sein. Hier, wo der Bode kommen trocken ist und die Fichtenzweige liegen, eine Plane als Schutzdach aufgespannt.« »Wie kannst du so genau feststellen, wann er au chen ist?« 110
James deutete auf die Feuerstelle. »Die Erde unter Asche ist noch warm. Außerdem kann man es an den Gr halmen und dem Moos sehen.« Er folgte einer kaum kennbaren Fährte, die durch den Wald auf die nahen Be zu führte. Unvermittelt hielt er jedoch wieder an. »Wirkl merkwürdig«, murmelte er, »ich werde daraus nicht klug. »Warum interessiert es dich so sehr?« fragte Steve. »U was wundert dich daran?« Der Alte überlegte einen Moment, bevor er antworte »Jemand kommt mitten in der Nacht hier an, kampiert nige Stunden am Ufer, läßt dann sein Floß zurück und g zu Fuß weiter in die Big Salmon Range. Kannst du mir klären, was das zu bedeuten hat?« Steve schüttelte den Kopf. »Ich will es dir sagen. Er muß ursprünglich beabsich haben, den Fluß hinunterzufahren, und zwar nachts. Da ist er vom Unwetter überrascht worden und hat sich he morgen aus irgendeinem Grund entschlossen, zu Fuß ü die Berge zu gehen. Womöglich spielte dabei sogar Flugzeug eine Rolle, das wir vorhin gehört haben.« »Du denkst an diesen Fräser, den sie suchen?« »Ja, er könnte es gewesen sein. Wahrscheinlich wollte weiter den Yukon hinunter nach Alaska; und er fuhr nach damit ihn niemand entdeckte. Mit dem Floß wäre er al dings zu unbeweglich auf dem Fluß, denn er könnte Ufer nicht schnell genug erreichen, wenn ein Flugze kommt.« »Ein sehr vager Verdacht«, meinte Steve. »Wir haben k nerlei konkrete Anhaltspunkte dafür, daß er es tatsächl war. Ebensogut könnte jemand wie ich oder David vorb gekommen sein. Du weißt, wir waren ursprünglich au allein unterwegs.« »Du hast recht«, gab James zu. »Wir könnten ihm folg aber er hat gut zwei Stunden Vorsprungen, und wir s nicht einmal bewaffnet. – Also laß uns lieber die Lac zum Haus bringen.« Am Ufer angekommen, hörten sie ein Geräusch 111
Wald, und Steve blieb stehen. Doch James zog ih zum Kanu. »Steigen wir lieber ein«, flüsterte er, »es der Grizzly sein.« Sie griffen zu den Paddeln und still sitzen, bereit sofort abzustoßen. Da sahen sie nu ge Meter entfernt einen Elchbullen ans Ufer treten dem er sich umgeschaut hatte, ging er in das Wasser durchschwamm mit Leichtigkeit den Fluß und versc am anderen Ufer wieder im Wald. »Gutes Fleisch Winter«, bemerkte der Indianer. Dann fuhren sie wei Unterwegs erzählte der Alte, wie man früher Lach indem man im Fluß Sperren aus Weidengeflecht err Er konnte sich noch gut an die Zeit erinnern, als ma Motorboote hatte und die Flüsse und Seen mit selbs ten Rindenkanus befuhr. Elche wurden mit Pfeil und erlegt oder in tiefen, mit zugespitzten Holzpfählen v nen Fallgruben gefangen. Das Tier wurde nahezu v dig verwertet: Aus den Knochen stellte man Pfeil und Angelhaken her, die Sehnen wurden zum Näh Gehirn zum Gerben, Zähne und Haare zur Verzieru wendet; aus Hufen und zerstoßenen Knochen koch Leim, aus den Schaufeln schnitzte man Gerätschaft den Mägen wurde eine sehr schmackhafte Suppe g Die Indianer lebten in Sippen über die ganze Regi streut und trafen sich nur gelegentlich, um Feste zu gemeinsam zu fischen und zu jagen oder Versamm abzuhalten. Straßen gab es im Norden überhaupt n existierten »Trails«, unbefestigte Wege, und im Wint den die zugefrorenen Flüsse benutzt. So kamen sie zurück zum Blockhaus. David hatte schen die Fahrrinne freigelegt und war dabei, den ze Baumstamm zu Brennholz zu verarbeiten. »Bess bleibt noch bis morgen«, meinte Sue. »Das Mittage gleich fertig, es gibt Gemüsesuppe mit getrocknetem bufleisch, und für heute abend habe ich frisches Bro cken.« Nachmittags begann David wieder Holz zu hacke rend Sue in der näheren Umgebung die Früchte des 112
sammelte und hinterher im Garten arbeitete. James u Steve bereiteten die Lachse zum Räuchern vor und kontr lierten später noch einmal das Netz, diesmal mit dem M torboot. Die Arbeit riß den ganzen Tag nicht ab. Aber wurde nicht als eine Belastung oder gar Plage empfund Jeder tat etwas, ohne dazu aufgefordert zu sein, ohne s gezwungen zu fühlen. Dann gab es erneut ein üppiges Mahl, »wie bei ei Bauernhochzeit«, sagte David. Der Wald lieferte Pilze u Blaubeeren, der Garten Kohlrabi, Radieschen, Mohr Zwiebeln, Salat. Es gab gebackene Kartoffeln, Eier, frisc Brot, Rauchfleisch, marinierten Fisch. Und alle hatten sch wieder Hunger, so daß sich die Mahlzeit über eine Stun hinzog. Anschließend wurden Tisch und Stühle vor die Tür get gen, wo man in der Abendkühle zusammensaß und erzä te. Die Sonne war schon hinter den Bergen verschwund als David noch seinen Dudelsack auspackte. Er spielte zu Vergnügen seiner Zuhörer bis in die Nacht hinein, von Z zu Zeit begleitet von dem langgezogenen wolfsmäßig Geheul der Hunde, die sich der Abendgesellschaft an schlossen hatten.
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Auf dem Fluß
Reich beschenkt hatten sie am späten Vormittag A genommen. Der Fluß wand sich in zahlreichen Sc durch die Big Salmon Range, und die Fahrt verlief un lich, zumal es nachmittags zu regnen anfing. Ständi ten sie Hindernissen ausweichen, die oft erst im Moment sichtbar wurden, da der Regen die Wasse peitschte. Unter den Kunststoffponchos staute s Wärme, aber Hände, Arme und Füße wurden klamm es war kalt geworden. Von den auch jetzt im Hochsommer noch schneeb ten Gipfeln, die bis zu 2500 Metern anstiegen, we eisiger Wind herüber, der die Kanus seitlich erfaß zusätzliche Schwierigkeiten bereitete. Eine Unter war unter diesen Umständen nicht möglich. So fuhren sie mehrere Stunden, bis sie vor sich ein Fläche mit Treibholz bemerkten: Baumstämme, zu noch mit Ästen und Wurzeln, die den Fluß fast voll bedeckten. Nur auf der linken Seite war ein schmal serweg frei geblieben, in den die Strömung mit gro schwindigkeit hineindrängte. James hatte zwar beh man könne den Fluß bis zu seiner Einmündung in d kon problemlos befahren, doch mit dem Motorbo das anders aus als mit dem Kanu. Wollten sie sich nicht unnötig in Gefahr bringen ten sie an Land gehen, um sich die Strecke anzusc Vom Ufer aus erkannten sie, daß sich das Hindernis re hundert Meter weit hinzog. »Ich glaube, wir müssen treideln«, sagte Steve, u vid stimmte ihm zu. Sie schnitten eine lange Fichte zurecht, nahmen vorsichtshalber ihre Gewehre ü Schulter und befestigten ein Seil am Heck eines der das andere zogen sie an Land. Dann ließ David d Kanu am Seil in die Strömung gleiten, während S 114
mit der Stange vom Ufer fernhielt. Auf diese Weise schle ten sie beide Boote durch die Enge, die an manchen Stel nur zwei bis drei Meter offenstand, vorbei an Felsbrock und entwurzelten Baumriesen. Nach zwei Stunden hat sie es endlich geschafft, aber beide waren völlig durchn und erschöpft. Dennoch fuhren sie gleich weiter, denn waren noch nicht einmal an Bernies Trapperhütte vorb gekommen, die sich nach James' Worten nicht überseh ließ. Schon nach einer halben Stunde kam das Blockhaus einem Hügel am rechten Ufer in Sicht, hoch über dem W ser; aus dem Schornstein stieg Rauch auf. Der Fluß schrieb hier einen Bogen und bildete eine kleine Bucht, der ein Motorboot lag. »Er ist zu Hause«, bemerkte David. »Was hältst du dav wenn wir ihm berichten, was James neulich festgest hat?« »Ich weiß nicht recht«, erwiderte Steve. »James sagte, sei ein Eigenbrötler und auf Touristen nicht gut zu sp chen.« »Ach was!« lachte David. »Sind wir etwa Touristen? L uns kurz anlegen und ihm Bescheid geben. Er wird uns cherlich dankbar sein.« Sie hielten auf das Ufer zu und hörten einen Hund schlagen. Unmittelbar darauf öffnete sich die Tür Blockhauses, ein untersetzter dunkelbärtiger Mann k heraus und blieb am oberen Rand der Böschung steh David wollte ihm gerade einen Gruß zurufen, da brac der Bärtige sein Gewehr in Anschlag und brüllte ihnen e gegen, daß es über den Fluß schallte: »Verdammtes Tou tenpack! Macht, daß ihr weiterkommt, sonst schieße euch ein Loch ins Fell!« Verblüfft starrte David hinauf und fand im ersten M ment keine Worte. »Gibt es das wirklich, oder träume ic stieß er schließlich hervor. »Am liebsten möchte ich ho gehen und diesem dämlichen Maulwurf Manieren beibr gen.« Aber Steve hatte bereits sein Kanu gewendet. »Ein u 115
angenehmer Zeitgenosse!« rief er über die Schulter »Ich habe es geahnt! Komm, laß uns weiterfahre Strömung trug sie rasch wieder auf den Fluß hina blickten sich nicht mehr um und hörten nur noch, Mann hinter ihnen den bellenden Hund mit eine schen Befehl zur Ruhe brachte. Schweigend paddelten sie eine Weile nebeneinan Die nasse Kleidung klebte am Körper, es war kalt hatten Hunger. Steve wickelte etwas von dem geräu Lachs aus, schnitt zwei Stücke ab und reichte sein fährten eines davon hinüber. Sie aßen, während die weitertrieben, nur von einem gelegentlichen Padde in der Richtung gehalten. Manchmal flogen Enten au sie drückten sich mit ihren Küken ans Ufer, bis di schen vorbei waren. »Du wolltest doch Ende Juni in Whitehorse sein David, »und heute haben wir schon den 4. Juli.« »Ja«, seufzte Steve, »ich werde mich um mehr a Woche verspäten. Gut, daß ich mich nicht festgelegt »Wenn wir uns etwas anstrengen und nachts durch würden, könnten wir in zwei Tagen in Carmacks sein »Ach nein«, erwiderte Steve, »warum sollen wir u hetzen. Auf ein paar Tage mehr oder weniger kommt auch nicht mehr an. Wäre das Wetter besser, hätte i tig Lust, noch zwei oder drei Tage irgendwo zu bleib Lebensmitteln sind wir ja wieder ausreichend versorg Sie bemerkten, daß sich der Fluß vor ihnen teilte Anschein nach umfloß er eine langgestreckte In mußten sich rasch für einen der beiden Arme entsc »Laß uns rechts bleiben«, meinte David, »beide scheinen gleich gut zu sein.« Doch nach zehn Minu ßen sie fest, weil mehrere Baumstämme das enger ge ne Fahrwasser versperrten. Sie mußten portieren od kehren. Inzwischen hatte es aufgehört zu regnen, und a Fluß bildeten sich Nebelbänke. Es war sehr spät gew Kurzentschlossen gingen sie auf der Insel an Land, 116
ihre Zelte auf und wechselten erst einmal die Kleidung. D verhangene Himmel verstärkte die nächtliche Dämmeru der Nebel nahm noch zu. Während Steve die Proviantbeu aus den Kanus holte, brachte David nach einigen vergeb chen Versuchen endlich ein Feuer zustande. Doch das H war naß und qualmte. Dennoch bedeutete es Wärme u Geborgenheit inmitten der Wildnis, die hinter dem Neb dunst ein gespenstisches Leben zu führen schien. Die Ger sche aus der Natur klangen gedämpft und unheimlich: Knacken im Unterholz, das Plätschern des Flusses, der fe Ruf eines Eistauchers wie das irre Lachen einer verloren Seele. »Wenigstens hält der Qualm die Moskitos ab«, sagte D vid mit tränenden Augen. Er stellte Kaffeewasser und ein Topf Bärenfleisch mit Bohnen auf. Steve rammte neb dem Feuer Äste in die Erde, auf denen die nassen K dungsstücke zum Trocknen aufgehängt wurden. Sie brau ten sich nicht abzusprechen, jeder wußte, was er zu tun h te. Dann sahen sie müde und hungrig in die Flammen, mit der Zeit heller zu lodern begannen und die Feuchtigk vertrieben. Sie mußten warten, bis die Bohnen gar wa eine harte Geduldsprobe. »Das Dasein konzentriert sich wieder einmal auf Wär und Essen«, brach David das Schweigen. »Trotzdem gef es mir im Busch, und ich finde es bedauerlich, daß wir u schon so bald trennen müssen. Meinetwegen könnte uns Fahrt noch ein paar Monate weitergehen.« »Ich kann den ›Maulwurf‹ verstehen«, sagte Steve wie einem langen Gedankengang heraus. »Er hat sich hier in Wildnis vergraben, um seine Ruhe zu haben, und da kommt alle naselang jemand vorbei, der etwas von ihm w und ihm die Zeit oder sogar seine Lebensmittel stiehlt.« »Na ja«, antwortete David verdrossen, »deswegen brau te er uns nicht gleich zu beschimpfen und noch dazu m dem Gewehr zu bedrohen. Wenn ich nur daran denke, är re ich mich schon wieder.« »Ich weiß nicht, wie du reagieren würdest«, sagte Ste 117
»wenn jemand in deine Wohnung einbräche und si ausholte, was er gerade benötigt.« »Da hast du auch wieder recht«, brummte Davi besten, wir vergessen den Vorfall, zumal wir diesem sowieso nie wieder begegnen werden.« Sie aßen, bis sie gesättigt waren, und tranken an ßend Kaffee. »Was machen eigentlich deine Nieren und der Kn fragte Steve. »Ist alles wieder in Ordnung?« »Die Nieren spüre ich nicht mehr«, antwortete »Aber mein Knöchel schmerzt noch etwas, wenn sehr beanspruche.« Er starrte in das Feuer, schlür heißen Kaffee und fügte nach einer längeren Paus hinzu: »Die Krankheit hatte auch ihr Gutes. Ich hab erstenmal in meinem Leben begriffen, wie anfällig u gänglich mein Körper ist. Bisher lebte ich in dem B sein – oder nennen wir es lieber einen Wahn -, mich überhaupt nichts umwerfen, mein Körper sei unv lich. Ich bin vorher noch nie ernsthaft krank gewesen du wissen, deswegen diese Überheblichkeit, die m das Leben gekostet hätte. Ich dachte, Gesundheit se Ewiges, etwas Selbstverständliches, nur manchmal nig beeinträchtigt von Müdigkeit, Kopfschmerzen, sionen oder einer Grippe. Aber dann kamen diese u lichen Schmerzen, ich lag plötzlich flach und konn kaum noch bewegen; ein hilfloser Zellenkloß kurz Auflösung. Diese Einsicht ist schrecklich und zuglei sam. Sie läßt mir die Gegenwart unendlich wertvo scheinen als die Vergangenheit oder die Zukunft.« »Gegenwart?« fragte Steve. »Was ist das? Eine s Grenze zwischen Vergangenheit und Zukunft. Was ic gesagt habe, ist schon wieder Vergangenheit, und w gleich sagen werde, ist jetzt noch Zukunft.« »Ich meine zum Beispiel unseren Aufenthalt Wildnis, unsere Kanufahrt.« »Das meiste ist schon wieder Vergangenheit, ein Augenblick gehört der Gegenwart und ein bißchen 118
noch in die Zukunft hinein«, erwiderte Steve. »Ich glau es kommt darauf an, die Vergangenheit zu analysieren u daraus Schlüsse für die Zukunft zu ziehen, nach denen s handeln läßt. Das halte ich für typisch menschlich, dadu unterscheiden wir uns von allem, was uns umgibt. Und mich kann sich nur daraus ein Sinn ergeben, auch so etw wie Wohlbefinden.« Er stand auf, schaffte noch etwas O nung auf dem Lagerplatz und ging zu seinem Zelt hinübe »Und unser heutiges Gespräch!« rief ihm David hint her. »Vergangenheit!« rief er zurück und kroch in sein Schlafsack. »Das ist mir zu kompliziert«, brummte David vor s hin. »Mir reicht es, daß ich mich wohl fühle.« Er blieb no ein wenig am Feuer sitzen und schaute den züngelnd Flammen zu.
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Touristen
Der Nebel löste sich allmählich auf, während Dav Steve noch ihre Kanus und das Gepäck quer über d zur anderen Seite des Flusses trugen. Hier hatten sie freie Fahrt. Die Berge traten zurück, und vor ihnen der Vormittagssonne ein weites bewaldetes Tal, das nordwestlicher Richtung bis zu einer blauen Gebirgs ette erstreckte. Gegen Mittag passierten sie die str wärts gerichtete Einmündung eines von Süden komm wasserreichen Flusses; der Karte nach war es der So Salmon River. Er bildete einen gefährlichen Strudel, entlang des rechten Ufers auszuweichen galt. Sie ließ von der Strömung weiter treiben, schnitten von eine cherten Lachshälfte dicke, köstlich duftende Scheib unter und aßen dazu den Rest des mitgenommenen »Ich habe ständig Hunger«, stellte David mit vollem de fest. »Seit ich wieder im Busch bin, esse ich w Schwerarbeiter.« »Das geht mir ebenso«, bestätigte Steve. »Zu komme ich den ganzen Vormittag mit einem Knä oder etwas Haferflocken mit Milch aus.« »Milch!« schwärmte David und leckte sich die Fin »oder Schlagsahne! In Carmacks esse ich erst mal ein Sahnetorte.« Riesige Fichten säumten die flachen Ufer, zuweile Lärchen, Pappeln und Erlen. Im Schatten schnapp Graylinge an der Wasseroberfläche nach Mücken, un in der Luft kreiste ein Bussard, der die Kanus eine begleitete. Zur Rechten blieb jetzt weit im Nordos Massiv der Big Salmon Range zurück, zur Linken la weniger schroffen Erhebungen der Semenof Hills. D verlief zügig und zugleich beschaulich. Da war plötzlich ein Vibrieren in der Luft, das r ein helles Brummen überging. »Ein Flugzeug!« rie 120
und wenig später sahen sie es das Tal heraufkommen. zog über den Kanus eine Schleife und überflog sie erneut niedriger Höhe, wobei der Pilot mit den Flügeln wackelte David schwenkte sein Paddel. »Schon wieder uns Freunde und Helfer, immer noch auf der Suche nach rem«Mad Trapper»! Ebensogut könnten sie eine Steckna im Heuhaufen suchen!« »Vielleicht sollten wir ihnen von unserer Beobachtu berichten«, meinte Steve. »Wenn das Floß, das James u ich gefunden haben, tatsächlich Fräser gehörte, hätte RCMP endlich eine Spur.« »Du kannst ja eine Flaschenpost abschicken«, lachte D vid. Dennoch schien er zu überlegen. »Wir sollten uns ber aus der Angelegenheit heraushalten«, sagte er nach ei Weile, »sie geht uns nichts an. – Was meinst du?« »Wahrscheinlich hast du recht«, erwiderte Steve. »S mit der Polizei einzulassen, bringt meistens Unanneh lichkeiten. Es gibt eine alte Volks Weisheit: Spitzbuben u Polizisten soll man meiden.« Nachmittags erreichten sie einen weiteren Zufluß, von rechts aus der Big Salmon Range kam. Als sie eine h be Stunde später am linken Ufer zwischen lichtem W eine blumenübersäte Grasfläche entdeckten, rief Steve geistert: »Schau dir diese herrliche Landschaft an! Am lie ten würde ich heute hierbleiben!« »Dem steht nichts im Wege«, stimmte David zu. »W könnten uns ein wenig ausruhen und später zum Abend sen Pilze sammeln. Außerdem müßte ich mal wieder w schen: nämlich ein paar Kleidungsstücke und mich selb Das gleiche würde ich übrigens auch dir empfehlen, du so test dich einmal sehen.« Wie recht er hatte, fiel Steve e jetzt auf. Ihre Hosen und Hemden waren schlammbespr und voller Flecken. In zivilisierter Umgebung hätte man in diesem Aufzug sicherlich für Landstreicher gehalten. legten an, zogen ihre Kanus auf den Sand und bauten Zelte auf. Kurz darauf standen sie schon am Ufer, um ihre K 121
dung zu waschen. Anschließend wurde gebadet; a Wasser war scheußlich kalt, so daß sie schnell wie Land wateten. Auf einmal schallten Stimmen üb Fluß. Zwei Kanus kamen mit der Strömung herab, u Insassen schienen soeben die beiden Zelte entdeckt ben, denn es gab ein großes Palaver. Langsam nähert die Kanus, jeweils besetzt mit zwei Personen. Daß um zwei Männer und zwei Frauen handelte, war zunächst nur an den Stimmen zu erkennen. Denn a gen bunte Plastikschirmmützen und einheitliche F bekleidung. Sie mochten etwa 20 Jahre alt sein. »Touristen«, brummte David und zog sich an sammelte ein paar Steine für den Feuerplatz. Nachdem die vier mit großem Hallo an Land ge waren und sich vorgestellt hatten, wurde ein Lagerfe gezündet, Wasser aufgestellt und erzählt. Steve ha Kaffeekochen übernommen, David drehte sich nach Zeit wieder eine Zigarette. Er ließ Tabak und Blättch rumgehen, die anderen bedienten sich. Sie waren sch zwei Wochen auf dem Fluß unterwegs: Andrew, Peter und Glenda, alle aus Edmonton. Ihr Auto sta Quiet Lake, und sie wollten nach Carmacks, von wo Frauen zurücktrampen sollten, um das Auto zu hol finden leichter eine Mitfahrgelegenheit«, grinste Pete »Leider ist der Urlaub der Mädchen bald zu Ende Andrew, der den Wortführer spielte. »Peter und ich noch Zeit genug, weil unser nächstes Semester Herbst beginnt. Wir studieren beide Betriebswirtsc der Universität in Edmonton.« Er sah die Gewehre un te, ob er mal damit schießen dürfe. Sowohl David a Steve erwiderten, sie hätten kaum noch Munition. de«, bedauerte Peter, »sonst könnten wir ein Wettsc veranstalten.« Er stand auf, um sich die Waffen anzu »Vorsicht!« rief ihm David zu. »Sie sind geladen,« Pe mit Steves Büchsflinte zurück. »Ein tolles Gewehr«, s bewundernd fest. »Es hat einen Schrot- und einen lauf.« Andrew nahm es ihm aus der Hand, um es eb 122
zu betrachten. »Ein Hasenbraten wäre nicht schlecht«, m dete sich Glenda zu Wort, »der Fisch hängt mir bald zu Hals heraus.« Woher sie denn von der Route auf dem Big Salmon Ri wußten, fragte David. Davon hätten sie durch Zufall Restaurant in Johnsons Crossing erfahren, berichtete An rew, der die Büchsflinte neben sich ins Gras legte. sprünglich sei geplant gewesen, von Whitehorse aus d Yukon hinunter zu fahren, und dafür hätten sie sich au von einem Reisebüro Informationsmaterial besorgt. A die Fahrt auf dem Big Salmon sei ihnen dann doch ab teuerlicher erschienen. Sie hätten alle vier einmal richtig die Wildnis gewollt. »Abenteuerurlaub«, warf Peter ein, »so leben wie frü die Trapper oder Voyageurs, die den Norden erschlos haben.« »Im vergangenen Winter sahen wir einen Film«, erklä Glenda, »der spielte im Yukon-Territorium und hat uns u heimlich gefallen. Da haben wir uns entschlossen, eine nufahrt zu unternehmen.« Sie machte eine ausholen Handbewegung. »Ist die Landschaft nicht wunderschön?« »Wunderschön«, bestätigte David trocken. »Allerdings gab es einige Schwierigkeiten«, bemerkte phie. »Unsere Zelte haben dummerweise keinen Bod und sie sind nicht ganz wasserdicht, so daß uns das Reg wetter zu schaffen machte. Ein weiteres Problem ist das K chen, weil sich keiner von uns so richtig darauf verste Und bei Regen bekamen wir kein Feuer zustande, wir si einmal beinahe erfroren.« »Außerdem hatten wir zu wenig Proviant mitgeno men«, ergänzte Glenda. »Wer konnte auch wissen, daß soviel essen würden.« Andrew schien dieses Thema nicht zu behagen, denn begann unvermittelt von gewaltigen Hechten und Do Varden zu erzählen, die sie gefangen hatten. David und S ve hörten eine Zeitlang zu, rauchten noch eine Zigare und tranken Kaffee. Dann erhob sich Steve, nahm sein G 123
wehr und murmelte, er müsse sich etwas Bewegu schaffen. Ob er auf Jagd gehen wolle, fragten Andr Peter, die sich offenbar anzuschließen beabsichtigten Steve verabschiedete sich mit den Worten: »Wenn rückkomme, werdet ihr sicherlich schon weiterg sein – also auf Wiedersehen und gute Fahrt.« Er grüß und schritt dem Wald zu, ohne sich umzublicken. Im ten der Bäume atmete er auf. Merkwürdige Leute, da Man hat sich nichts zu sagen, plappert belanglose Sä sich hin. Die vier gingen ihm auf die Nerven, ohne sich im klaren darüber war, woran das im einzelnen Der Boden stieg leicht an und war mit dicken fed Moospolstern bedeckt, die das Vorwärtskommen er ten. Pfade gab es nicht. Umgefallene Fichten vers den Weg, Gestrüpp, Dickicht und sumpfige Tümpel nen sich hier und da Elchfährten fanden. Auf kleine tungen wuchsen kniehohe Blaubeerbüsche voll von ten. Er entdeckte sogar einige Sträucher mit wilden nisbeeren, die gerade reif wurden. Er pflückte ei Handvoll in den Mund und stapfte weiter durch das holz, bis er auf einen Wildwechsel stieß, dem er folg schen den Bäumen kam ein von Dornenranken ü cherter Hügel mit sandigen Abbruchstellen in Sich war das Moos von schmalen Kaninchenpfaden durch Vor sich nahm er eine Bewegung wahr und bemerk der Tiere, die blitzschnell im Gestrüpp verschwande ehe er das Gewehr von der Schulter genommen hat eine halbe Stunde wartete er vergeblich, eingehüllt Wolke von Mücken. Sie wurden so lästig, daß er s Insektenschutzmittel einreiben mußte. Obwohl er s verhielt, sah er nur einige Singvögel und ein Eichhö das keckernd von Baum zu Baum hüpfte. Vorsichtig, der Sonne orientierend, schlich er mit schußbereit wehr weiter. Auf dem Rückweg fand er in der Näh Sumpfes so viele Birkenpilze, daß er im Nu einen beutel gefüllt hatte. Als Steve zum Lager zurückkehrte, staunte er. A 124
waren zwei weitere Zelte aufgebaut worden. Glenda u Sophie hatten sich am Feuerplatz häuslich eingerichtet, beiden Männer standen in einiger Entfernung mit ih Angeln am Fluß und David hackte Holz. Ein idyllisch Bild, fand Steve, und er spürte zugleich Ärger in sich a steigen. Diese Leute behagten ihm immer weniger, mochte sich nicht mit ihnen abgeben, sie waren ihm aufdringlich, zu kindisch. Auf seine Frage, warum die G sellschaft nicht weitergezogen sei, zuckte David mit d Schultern. »Sie wollten noch bis morgen bleiben«, antw tete er. »Was sollte ich tun? Schließlich konnte ich nicht fortjagen.« Steve setzte sich ans Ufer, um die Pilze zu säubern u kleinzuschneiden. Nach einer Weile gesellte sich Sophie ihm. Die Plastikschirmmütze hatte sie abgelegt und s umgezogen; sie trug jetzt enganliegende Jeans zu einem Shirt mit der Aufschrift: »University of Edmonton«. Oh viele Worte zog sie ihr Messer und begann ihm zu helf Sie war sehr geschickt, fiel ihm auf. Und er bemerkte e jetzt, daß sie attraktiv war. Unauffällig beobachtete er flinken Bewegungen ihrer Hände, ihr ebenmäßiges Gesi unter dem hellblonden Haar, das sie mittellang trug. A dem von der Sonne geröteten Nasenrücken und auf d Wangen befanden sich ein paar Sommersprossen, die l gen Wimpern waren gesenkt. Er wurde in seinen Betrachtungen unterbrochen, de Sophie fragte, was er nach seiner Ankunft in Carmacks v habe. Das wisse er noch nicht genau, gab er ausweiche zur Antwort. Vielleicht werde er sein Kanu verkaufen u nach Whitehorse trampen, vielleicht aber auch zusamm mit David den Yukon hinunter nach Dawson City fahren »Falls du nach Whitehorse gehst, hätten wir denselb Weg«, meinte sie und fuhr nach einer längeren Pause fo »Ich beabsichtige übrigens, mich von der Gruppe zu tr nen. Von Whitehorse aus will ich mit dem Greyhound-B nach Edmonton zurückfahren.« Er blickte sie erstaunt Sie errötete etwas und fügte erklärend hinzu: »Es gab unt 125
wegs große Spannungen, besonders zwischen mir un rew. Ich kenne ihn erst seit einem halben Jahr, und w ten uns vor dieser Reise immer nur für einige Stun den Abenden und Wochenenden getroffen. Richtig k gelernt habe ich ihn eigentlich erst jetzt, in den ve nen drei Wochen.« Steve nickte. »Während so einer Fahrt ist einer a anderen angewiesen, das kann sehr aufschlußreich bleibt so gut wie nichts verborgen. Und der wahre C ter eines Menschen zeigt sich vor allem in Notsituat Er stand auf, um einen Kochtopf zu holen. Aber Sop »Nimm unseren, der ist größer!« Gut, dachte er, war len wir nicht zusammen essen, es ist genug da. Zuers te er jedoch den unglaublich verschmutzten Topf m Sand und Wasser gründlich reinigen. Dann holte e Stücke geräuchertes Bärenfleisch, das er in schmale zu schneiden begann. Es war in den letzten Tagen h worden und trocken wie Leder. »Ich sitze sonst immer im Büro«, begann Soph neuem. »Insofern war diese Fahrt – trotz allem – fü ein unvergeßliches Erlebnis. Das Auto haben wir vo rews Vater bekommen; er ist ein bekannter Archite hat Geld wie Heu. Und die Kanus haben uns Peter zur Verfügung gestellt. Glenda und ich brauchten le die Hälfte für das Benzin, die Lebensmittel und e Ausrüstungsgegenstände zu bezahlen – das war eine lige Gelegenheit. Natürlich habe ich auch vorher sch zeltet, aber noch nie in der Wildnis.« »Ist das nicht gefährlich, wenn sich niemand rich kennt?« fragte Steve. »Sicher«, erwiderte sie, »wenn ich es mir nach überlege, sind wir ein großes Risiko eingegangen und zwei- oder dreimal mehr Glück als Verstand gehab dings waren Andrew und Peter vor einem Jahr mehre mit dem Kanu auf dem Saskatchewan in der Nähe v monton unterwegs. Sie sind also nicht ganz unerfahr »Die Gegend dort ist viel dichter besiedelt«, sagt 126
»Man bekommt leichter Hilfe, wenn etwas schiefgeht.« ging zum Lagerfeuer, legte Holz nach und briet das Flei in der Bratpfanne an. Sophie brachte den Topf mit Pilzen »Das riecht gut!« meldete sich Glenda, die vor dem Z saß und eine Hose flickte. »Was kocht ihr denn?« »Bärenfleisch mit Pilzen«, antwortete Steve. »Bärenfleisch!« schrie Glenda entsetzt. »Was ist denn los?« fragte Andrew, der gefolgt von Pe herankam. »Stellt euch vor: Sie kochen Bärenfleisch!« rief Glen und schüttelte sich. »Wollte ich schon immer mal probieren«, freute sich ter. Er zeigte ihr einen Grayling, den er gefangen ha »Wenn du willst, kannst du dir den Fisch braten.« »Fisch, jeden Tag Fisch«, seufzte sie. »Na ja, ehe ich v hungere«. »Nimm ein paar Pilze dazu«, schlug Sophie vor. A Glenda lehnte ab: »Womöglich sind sie giftig.« »Ich gebe die Hoffnung nicht auf, daß ihr doch noch ne Gräte im Hals steckenbleibt«, knurrte Andrew und set sich. »Wärst du nur in den Stromschnellen ertrunken«, fauc ihn Glenda an. Nachdem Peter den Grayling ausgenomm und geschuppt hatte, briet sie ihn sich, während die an ren mit großem Behagen das Pilzgericht aßen. Nach der Mahlzeit holte Sophie eine Flasche Whisky dem Zelt und schenkte allen einen Becher voll ein. »In zw Tagen sind wir wieder in der Zivilisation!« rief Andr »Trinken wir auf einen glücklichen Ausgang unserer ab teuerlichen Flußfahrt!« »Was war denn so abenteuerlich daran?«fragte David u nahm einen gewaltigen Schluck. »Alles«, behauptete Peter begeistert. »Wir sind zweim gekentert, einmal fast erfroren, und unsere Lebensmi haben wir schon vor zehn Tagen in den Stromschnel verloren. Ein toller Spaß, sage ich euch! Unsere Leute Hause werden staunen.« 127
»Ich fand es gar nicht lustig«, bemerkte Glenda. »D meine erste und letzte Kanufahrt, das schwöre ich eu »Wie kommt es, daß ihr so lange unterwegs wart?« Steve wissen. »Wir haben uns einige Tage nicht vom Fleck g erwiderte Andrew, »als es andauernd geregnet hat. den vergangenen Tagen sind wir einen Nebenfluß h fahren, der von Graylingen nur so wimmelte. Da ha kampiert, um zu angeln.« »Ohne etwas zu fangen«, warf Glenda schnippisch »Nun hör aber auf!« fuhr Peter sie an. »Wir hab merhin vier Graylinge und einen Dolly Varden he holt.« Sophie schien der Streit aufzuregen, denn sie rutsc ruhig hin und her. »Was haltet ihr davon, wenn sammen mit David und Steve weiterfahren?« fra »Wäre das nicht toll?« »Ein guter Vorschlag«, meinte Peter, und auch di ren nickten zustimmend. »Wie sieht es aus?« wand Peter an die beiden. »Habt ihr Lust dazu?« »Mal sehen«, erwiderte David mit einem kurzen blick auf seinen Gefährten. »Es sind ja nur noch zw Tage bis Carmacks.« Die Becher waren ausgetrunken, und die Flasc leer. Da sprang David plötzlich auf, lief zu seinem Z kam kurz darauf mit einer vollen Whiskyflasche zurü er über dem Kopf schwenkte. »Die hätten wir fast sen!« trompetete er. »Die Becher her, jetzt wird gefei sich die Bäume biegen!« Er stürzte den Schnaps hi als wäre es Wasser, und holte dann seinen Dudelsa zum Tanz aufzuspielen. Es dauerte gar nicht lange, fand sich die ganze Gesellschaft in Bewegung. Auch Steve tanzte, zuerst mit Glenda und ansch ein paarmal mit Sophie. Es machte ihm großen Sp ihr, bis er merkte, daß Andrew, der schon etwas an ken war, sie scharf beobachtete. David spielte gerad sehr schnellen Tanz nach einer Schlagermelodie, die 128
großer Meisterschaft den Möglichkeiten seines Instrume entsprechend abwandelte. Die Melodie fuhr in die Bei wurde immer noch schneller und brach zum Schluß m einem langgezogenen Heulton ab, der weit über den Fl schallte und als Echo zurückkehrte. Alle klatschten beg tert, so daß David gleich ein neues Stück zu spielen bega Dabei hüpfte er wie ein betrunkener Grizzlybär im Kre herum und amüsierte sich köstlich. Als er danach eine Pause einlegte, um sich einen krä gen Schluck zu genehmigen, trat Steve zu ihm und flüste »Willst du wirklich zusammen mit denen nach Carma fahren?« David blickte ihn aus geröteten Augen grinsend an u schüttelte seinen kantigen Schädel, von dem die Haare w feurige Antennen abstanden. »Wie kommst du darau raunte er zurück. »Ich dachte bloß, du würdest viellei Gefallen daran finden.« »Hör zu«, flüsterte Steve. »Wir können entweder morg ganz früh aufbrechen, wenn die vier noch schlafen, oder bleiben einen Tag länger hier.« »Okay«, nickte David kichernd. »Bleiben wir noch ein Tag länger.« Steve holte einen Armvoll Holz, brachte das Feuer wie in Gang und goß sich neuen Whisky ein. Er versuchte O nung in seine Gedanken zu bringen, was ihm jedoch ni gelang. Sophie tanzte mit Andrew, der leise auf sie e sprach, doch sie antwortete ihm nicht. Steve trank, obw er merkte, daß er schon berauscht war. Eine Weile scha er den anderen noch beim Tanzen zu, dann schüttete er d restlichen Whisky hinunter, ging in sein Zelt und legte s hin. Der Alkohol hatte ihn so müde gemacht, daß er tr der lauten Musik sofort einschlief. Mitten in der Na wachte er auf und meinte, einen heftigen Wortwechsel hört zu haben. Als er kurz darauf leise Schritte vernah schaute er durch das Moskitonetz nach draußen und sah der Dämmerung eine Gestalt auf das Flußufer zugehen. war Sophie. Sie setzte sich auf einen Stein und blickte 129
das Wasser hinaus. Ihm schien es so, als ob sie Wahrscheinlich hat sie Streit mit Andrew gehabt, da und war im ersten Moment versucht, zu ihr zu gehe einfach neben sie zu setzen. Er mußte sich eingesteh sie ihm gut gefiel. Aber er konnte in seinem alkoh belten Gehirn keinen klaren Gedanken fassen. Eine Z starrte er noch zu ihr hinüber, ohne sich zu be Schließlich legte er sich wieder hin, um weiterzusc Misch dich nicht ein, sagte er sich, sie müssen selber wie sie zurechtkommen. Der Streit beschäftigte ihn w
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Ein Streit
Andauernd gab es Streit. Er saß zu Hause in seinem Zimm am Tisch, hatte die Tür angelehnt und lauschte. Er hö deutlich, wie seine Mutter im Wohnzimmer sagte: »Du b ein Lump.« Und sein Vater antwortete ebenso deutli »Blödes Miststück.« Es klatschte, dann schlug die Woh zimmertür zu. Schritte auf dem Flur, die Wohnzimmer wurde wieder aufgerissen. »Ja, geh nur!« hörte er seine M ter schreien, »geh nur zu diesem Weibsbild, das dir d Kopf verdreht! Aber eins sage ich dir: Morgen reiche ich Scheidung ein!« Jetzt krachte die Flurtür. Er saß da und kaute an seinem Bleistift. Die Gleichu wollte nicht aufgehen. Wie ging es nun weiter? Wenn sich scheiden ließen, würde er vielleicht gar kein Abitur m chen. Wozu dann noch jeden Tag diese Paukerei? Er sch das Schulheft beiseite und zog sich die Schuhe an. Ihm auf, daß seine Hände schweißnaß waren. Da hörte er Türklingel und ging öffnen. Karl kam herein. »Was mac du denn für ein Gesicht?« fragte er besorgt. »Ist dir eine L über die Leber gelaufen?« Sie gingen ins Zimmer. »Meine Eltern wollen sich sch den lassen«, erwiderte er tonlos, nachdem Karl die Tür h ter sich geschlossen hatte. »Na und?« fragte Karl. »Sie sind erwachsene Mensch und müssen wissen, was sie tun.« Sein Gesicht nahm einmal einen merkwürdig rätselhaften Ausdruck an, es v änderte sich. »Was meinst du, was ich schon alles in m nem Leben mitgemacht habe«, sagte er mit beinahe heite Miene. Jetzt war es David, der sprach, Karl war David. » mußt dich auf deine eigenen Füßen stellen«, fuhr er fo »ewig kannst du sowieso nicht am Schürzenzipfel häng Einmal muß jeder selbständig werden, der eine früher u der andere später.« In der Küche lief sehr laut das Radio, es dröhnte du 131
die ganze Wohnung. David öffnete die Tür, rief »Ru und Steve erwachte davon. Er hörte Schlagermusik, rade etwas leiser gedreht wurde. Als er aus dem Zelt sah er David nur mit einer Unterhose bekleidet üb Lagerplatz zum Flußufer gehen. »Ich kann diesen K früh am Morgen nicht vertragen!« rief er Glenda zu, einem Teller in der Hand am Feuer saß, neben sich Kassettenrecorder. Auf der anderen Seite saßen Andr Peter, Sophie hielt eine Bratpfanne in der Hand. »Es ist bereits zehn Uhr!« rief Andrew zurück. »W kein Frühstück?« »Was gibt es denn?« fragte David. »Kaffee, gebratene Eier, frisches Brot und geräu Lachs!« Steve ging ebenfalls ans Wasser, um sich zu wasch die Zähne zu putzen. Als er mit David zurückkam, ihre Proviantbeutel neben dem Feuer liegen und st vid an: »Schau mal! Hast du ihnen unseren Provi Verfügung gestellt?« »Keineswegs«, erwiderte David. »Allerdings hab noch genug, und sie scheinen ziemlich am Ende zu s »Eine Frechheit bleibt es dennoch«, sagte Steve, u vid nickte. Als erstes stellte er den Kassettenrecord immer noch lief, einfach ab. Sophie hatte Kaffee gekocht und versucht, Bann backen. Der Kaffee war gut, aber die Bannocks sah wie Pappe, denn sie hatte das Backpulver vergessen von habt ihr eigentlich die ganze Zeit gelebt, wenn e Lebensmittel schon vor zehn Tagen weggeschwo sind?« fragte David, nachdem er im Schneidersitz P nommmen und sich den Teller gefüllt hatte. »Ach, das war gar nicht so schwer«, erwiderte A unbekümmert. »Man muß nur clever genug sein.« »Hinter den Stromschnellen haben wir ein Netz en berichtete Peter, »aus dem haben wir uns zwei Lachse Und dann sind wir einen Tag später auf ein Blockhau ßen – das müßt ihr auch gesehen haben, es lag auf ein 132
gel am rechten Ufer. Da waren wir drei Tage lang, als es dauernd geregnet hat. Es gab Lebensmittel genug, so daß uns neu eindecken konnten.« »Ihr habt also vom Stehlen und Einbrechen geleb grinste David. Andrew fuhr auf und wurde puterrot im Gesicht. »U sinn!« rief er. »Willst du uns beleidigen? Die Lachse gehö dem, der sie aus dem Wasser holt.« »Wenn sie nicht bereits in einem Netz hängen«, ste David fest, ruhig vor sich hin kauend. »Als wir in das Blockhaus einstiegen, befanden wir uns einer Notlage«, sagte Peter. »Genau«, bestätigte Glenda, »wir waren kurz zuvor dem Treibholz gekentert und froren entsetzlich. Außerd regnete es, und wir hatten seit Stunden nichts mehr geg sen.« »Notlage?« David rümpfte die Nase. »Man kann sich derzeit ein paar Graylinge fangen und ein Feuer anzünd Im übrigen käme man innerhalb von drei, vier Tagen na Carmacks.« »Du hast gut reden«, sagte Andrew wütend. »Lauf e mal zwei Tage lang in nassen Sachen herum, dann wirst merken, was das bedeutet. Sogar unsere Schlafsäcke wa naß geworden.« »Der Eskimo hat dasselbe gesagt wie David«, wandte phie ein. »Vielleicht hätten wir doch lieber zelten sollen.« »Was für ein Eskimo?« wollte David wissen. »Da kam so ein Opa mit seinem Motorboot vorbei«, richtete Peter, »der hatte ein Gesicht wie eine alte Kartoffe »Das Blockhaus hat ihm nicht einmal gehört«, w Glenda ein. »Der hat verlangt«, fuhr Peter fort, »daß wir für unse Aufenthalt in der Hütte bezahlen.« »Und?« fragte Steve. »Habt ihr es getan?« »20 Dollar haben wir für die Lebensmittel dagelasse sagte Sophie. »Ich fand es viel zu wenig, aber 20 Dollar si für uns eine Menge Geld.« 133
»Ich denke, ihr solltet 100 Dollar geben?« sagte Da Andrew blickte ihn verblüfft an: »Woher weißt du »Weil wir diesen ›Opa‹ kennen«, gab Steve zur A »Es war übrigens sein Netz, aus dem ihr die Lachse len habt. Und das Blockhaus, in das ihr eingebroche gehört seinem Nachbarn.« »Verdammt!« schrie Andrew wütend. »Ihr wollt un verstehen, ihr redet nur dummes Zeug! Was bildet i eigentlich ein?« »Mein Sohn«, sagte David ruhig und in gesetzten W »ich möchte dir raten, dich nicht im Ton zu vergreif sind hier nämlich in der Wildnis, und da zählen bi weder Abitur noch Studium und erst recht kein w bender Vater, sondern hauptsächlich die Körperkraft »Von Typen wie euch lasse ich mir nicht drohe Andrew. »Wer seid ihr denn, eh? Nichtstuer und An Er stand auf und wollte fortgehen. Aber auch Dav aufgesprungen. Er nahm ihn kurzerhand beim Krag Hosenboden, trug ihn zum Ufer, obwohl er zappe brüllte, und warf ihn wie einen Sack ins Wasser. An ßend setzte er sich wieder hin, als sei nichts gescheh frühstückte in Ruhe weiter. Außer Steve waren die anderen ebenfalls aufgesp Jetzt umringten sie Andrew, der fluchend aus dem kam und schrie, er wolle bei der Polizei in Carmacks ge erstatten. Nachdem er sich etwas beruhigt hatte, die vier zu ihren Zelten und begannen sie abzubaue hätten wir also geschafft«, schmunzelte David, »sie ab.« »Ich habe gestern schon so etwas geahnt«, sagte »Deswegen wäre es mir auch lieber gewesen, sie hätt gleich davongemacht.« »Ach was«, grinste David, »der Besuch war doch allem ganz amüsant. Vielleicht war er ja für den ein anderen auch lehrreich.« Sophie kam ans Feuer, um das Geschirr und Best Gruppe einzusammeln. Sie druckste herum, als fi 134
nicht die passenden Worte; schließlich stotterte sie: »Ich w von vornherein gegen diese Klauereien. Und wenn es na mir gegangen wäre, hätten wir auch 100 Dollar in d Blockhaus zurückgelassen. Aber ich konnte mich gegen anderen nicht durchsetzen.« Steve sah, daß sie Tränen in den Augen hatte. »Tut m leid«, erwiderte er, »daß es so ausgegangen ist.« Sie w schon einige Schritte weggegangen und kam noch einm zurück, gab ihnen zum Abschied die Hand und sag »Schade, daß wir uns nicht unter besseren Umständen k nengelernt haben.« »Ja«, murmelte David, »man muß sich seine Freunde aussuchen.« Doch das hörte sie schon nicht mehr. Die Kanus stießen ab, wurden allmählich kleiner u verschwanden hinter der nächsten Biegung. »Hast du Lu mit mir auf Kaninchenjagd zu gehen?« fragte Steve, als ihr Frühstück beendet hatten. »Ich habe ein gutes Rev entdeckt, wo es von ihnen wimmelt. Außerdem könn wir ein paar Beeren sammeln und Marmelade kochen.« »Schön«, freute sich David. »Machen wir uns einen mütlichen Tag als Jäger und Sammler.«
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Diebstahl
Am folgenden Tag hatten sie mittags die Einmündu North Big Salmon River passiert und einige Stunden ihr Lager am rechten Ufer aufgeschlagen. Gegen Abe ren sie durch den Hochwald bis zu den Ausläufern Salmon Range gestreift, um Fichtenhühner zu schieß Jagdglück ließ sich jedoch nicht erzwingen. Obwoh dehnte Moosflächen unter den Baumriesen ideale plätze für Federwild boten, dauerte es fast zwei Stund sie endlich auf ein Volk Hühner stießen und zum kamen. Vier der Vögel blieben auf der Strecke, und ten zufrieden den Rückweg an. Bald sahen sie ihr Lag schen den Bäumen auftauchen, aber dort erwartete böse Überraschung: Davids Zelt fehlte. Zuerst dachten sie, ein Bär könne es eventuell schleppt haben. Doch dann merkten sie, daß auch ei Proviantbeutel verschwunden war. Und kurz dara Steve erschrocken: »Mein Kanu ist weg!« Es gab Zweifel mehr, sie waren bestohlen worden. Bei einer Bestandsaufnahme stellten sie fest, daß der Dieb fas liche Lebensmittel fortgenommen hatte. Lediglich e Stücke Bärenfleisch waren ihnen geblieben. »Er h durchsucht«, schimpfte David. »Gut, daß ich mein G der Hosentasche bei mir trage, sonst wäre es futsch.« »Meinen Regenponcho hat er auch mitgenomm gerte sich Steve. »Ich möchte wissen, wer so etwas ma »Hol ihn der Geier!« schnaufte David. »Wenn i Kerl erwische, geht es ihm schlecht. Komm, laß un dein Zelt abbauen und hinterherfahren.« Steve dachte nach. »Merkwürdig, daß der Dieb Kanu und Fleisch zurückgelassen hat. Er muß doch rechnen, daß wir ihn verfolgen.« »Vielleicht hat er uns beobachtet und einen ausr den Vorsprung. Oder er zieht das Kanu irgendwo 136
Busch und wartet, bis wir vorbeigefahren sind. Womögl waren es auch zwei Diebe.« Steve betrachtete die Fußspuren im Uferschlamm u schüttelte den Kopf. »Es scheint nur einer gewesen zu se Hier sind deutlich Abdrücke einer Profilsohle zu erkenn die keinem von uns gehören.« »Könnte es sein, daß uns die vier Abenteuertouristen nen Streich gespielt haben?« fragte David. »Dieser Andr trägt doch auch Schuhe mit Profilsohlen.« »Eigentlich traue ich es ihnen nicht zu«, erwiderte Ste »Obwohl es nicht ganz auszuschließen ist.« »Also los!« rief David. »Packen wir zusammen und f ren wir hinterher!« »Flußaufwärts oder abwärts?« fragte Steve. »Ich mei flußabwärts«, antwortete David, holte sein Paddel, das einer Astgabel hing und löste das an den Spanten des B tes festgebundene Reservepaddel. Steve rechnete nach: »Wir waren ungefähr drei Stund auf Jagd, folglich könnte er zwei Stunden Vorsprung ben. Wir sind zwar zu zweit, dafür liegt aber unser Ka tiefer im Wasser. Wir können ihn demnach, selbst we wir uns anstrengen und die Nacht hindurch fahren – w er ebenfalls tun wird -, frühestens morgen im Laufe Tages einholen; falls er sich weder versteckt hält noch f ßaufwärts gefahren ist.« Er schlug die Landkarte auf u verfolgte die Route bis Carmacks mit dem Finger. »H mündet der Big Salmon River in den Yukon«, murmelte »Und von dort ist es noch eine ganze Tagesreise bis C macks.« David blickte ihm über die Schulter und rief plötzl aufgeregt: »Schau mal, der Fluß beschreibt an dieser Ste wo wir zelten, eine Schleife!« »Du hast recht«, überlegte Steve. »Sollte sein Vorspru nur kurz sein, könnten wir ihm vielleicht noch zu Fuß d Weg abschneiden.« »Versuchen wir es«, sagte David grimmig. Sie hängten geschossenen Hühner in einen Baum, griffen ihre Gewe 137
und machten sich auf. Im Dauerlauf ging es mitten den Wald. Sie sprangen über querliegende Bäume, b durch Dickichte und durchwateten einen Bach. stürmten sie keuchend einen Hügel empor. Steve, de laufen war, blieb schwer atmend stehen, bis ihn Dav geholt hatte. Vor ihnen glänzte zwischen den Bäum Wasser des Flusses, der an dieser Stelle breit und ru hinströmte. Als sie das von Erlenschößlingen gesäumte Ufer ten, sahen sie plötzlich das Kanu, Steves Kanu. Es g unverhofft in ihren Blickwinkel, daß sie im ersten blick wie erstarrt dastanden. Die Entfernung betrug tens 100 Meter. Der in dem Kanu sitzende rotblond paddelte mit kraftvollen, weitausholenden Beweg Und jeder Paddelschlag vergrößerte den Abstand, d hatte die Uferstelle, an der seine beiden Verfolge kommen waren, soeben in der Mitte des Flusses pass Steve reagierte als erster. Er riß sein Gewehr an die ter, gab einen Schrotschuß in die Luft ab und brüll den Fluß: »Halt! Kommen Sie sofort ans Ufer!« Do Fremde drehte nur kurz den Kopf herüber und verd seine Anstrengungen. »Das ist Fräser«, keuchte Dav kannst ihn gerade noch mit der Kugel erreichen. sprang zu einem Baum, legte an und sah über da hinweg den breiten Rücken des Trappers, das rotsc Muster seines Flanellhemdes. Der Gewehrlauf zitte wenig, Steve atmete tief durch, und sein Finger tast zum Druckpunkt vor. Jetzt mußt du abdrücken, s sich, sonst ist es vorbei, in wenigen Sekunden ist e Reichweite. Aber er konnte nicht schießen, er ver den Abzugshebel nicht durchzuziehen. Das Gewehr im Anschlag, blieb er regungslos un Moment noch den Atem anhaltend stehen, währe das Kanu immer weiter entfernte, bis es schließlich nächsten Biegung außer Sicht geriet. Da erst setzte St Gewehr wieder ab. »Es ging nicht«, schnaufte er, »ich te einfach nicht abdrücken.« David nickte nur. 138
Sie setzten sich auf den Stamm eines umgestürzten B mes, um sich von den Anstrengungen der Hetzjagd zu erh len. »Was nun?« fragte David nach einer Weile. »Er ist u entwischt.« »Ja«, antwortete Steve, »ich habe ihn entwischen lassen »Es ist besser so«, sagte David. »Als ich dich zum Sch ßen anstachelte, hatte ich schon im nächsten Augenbl ein furchtbar schlechtes Gewissen. Schließlich lassen s ein paar Ausrüstungsgegenstände nicht gegen ein M schenleben aufrechnen. Hoffentlich schießt er nicht, dac ich, aber meine Zunge war wie gelähmt, ich brachte kein Ton heraus.« Nach einer längeren Pause fuhr er fort: »Mir wirklich ein Stein vom Herzen gefallen, als du nicht schossen hast. Obwohl uns niemand einen Vorwurf macht hätte. Im Gegenteil, wir wären wahrscheinlich no gelobt worden.« »Ich brachte es nicht über mich«, seufzte Steve. »Ärgerl ist nur, daß wir jetzt endgültig unsere Sachen los sind.« »Warum?« fragte David. »Laß uns zurückgehen und h terherfahren. Vielleicht holen wir ihn doch noch ein, s Vorsprung ist kleiner als wir dachten.« Unterwegs berieten sie sich. »Daß es Fräser war«, mei Steve, »das ist so gut wie sicher. Wir müssen daher sehr v sichtig sein, immerhin hat er bereits einen Mann ersch sen.« »Wenn man die Polizei braucht, ist sie nicht zur Stel erwiderte David. »Offenbar hat sie die Suche aufgegeb denn wir haben schon lange kein Flugzeug mehr gesehen »Fräser wird die Nacht hindurch fahren, um den Yuk zu erreichen, und sich dann tagsüber versteckt halten.« »Das wäre eine Chance für uns. Wir müssen ausrechn wie weit er kommen kann und morgen systematisch Flußufer absuchen. Vielleicht sehen wir auch ein Flugze oder einen Hubschrauber und können uns bemerkbar m chen. Wüßte die RCMP, wo sich Fräser ungefähr aufh würde sie ihn sicherlich bald finden.« »Also war es doch sein Floß, das James und ich gefund 139
haben«, überlegte Steve. »Ich frage mich nur, warum hier auftaucht.« »Wahrscheinlich hat er den großen Bogen abge vermutete David, »den der Big Salmon River nach S ten macht.« Wieder am Fluß angekommen, breiteten sie ern Landkarte aus. »Du hast recht«, sagte Steve. »Wenn m James' Blockhaus direkt nach Nordwesten über di geht, kommt man etwa hier heraus, wo wir kampier brachen rasch das Zelt ab, luden ihr Gepäck ein un ben das Kanu ins Wasser, um ihre nächtliche Verfo fahrt anzutreten. »Jetzt hat er zweieinhalb Stunde sprung«, stellte David fest, »das ist nicht wenig.« Er p darauflos, als gelte es sein Leben. Zuerst kamen sie gut voran. Doch schon eine Stun ter, als die nächtliche Dämmerung hereinbrach, wu Strömung reißender. Felsbrocken und Kiesbänke ta auf, festgeschwemmte Bäume bildeten unvorherge Hindernisse. Um Mitternacht wurde es so dunkel, kaum 50 Meter weit sehen konnten; die Fahrt wurde gefährlicher. »Es hilft alles nichts«, sagte David schl und man merkte ihm seinen Ärger an, »wir müssen Verfolgung unterbrechen, bis es wieder hell wird. pflichtete ihm bei, und sie steuerten eine Sandbank genügend trockenes Holz herumlag, zündeten sie ei an, um die mitgenommenen Fichtenhühner zu brat vid fluchte vor sich hin, weil weder Kaffee vorhand noch Mehl zum Backen von Bannocks. »Alles in all sich Fräser verhältnismäßig anständig verhalten«, Steve. »Er hätte dein Kanu mit einem einzigen B leckschlagen können.« Erst gegen drei Uhr begann es im Osten allmählic zu werden. In ihre Schlafsäcke gehüllt, hatten sie am gesessen und abwechselnd ein wenig geschlafen. Jet den die im Wasser verstreuten zahlreichen Steine d erkennbar, die Ufer traten aus der Dämmerung hervo Nachdem das Gepäck und auch die Gewehre ge 140
haft in den Plastiksäcken verstaut und festgezurrt war fuhren die beiden weiter. Der Fluß führte ändernd durch eine wildzerklüft Landschaft, vorbei an steilen Felswänden, von denen kle Gewässer rieselten; immer noch war das Gefälle erhebli die Strömung reißend. Die Fahrt verlangte volle Aufme samkeit, da hinter jeder Biegung unvorhergesehene H dernisse auftauchen konnten. Und nicht selten gelang erst im letzten Moment, das vorwärtsschießende Kanu z schen Steinen hindurch- oder an Baumstämmen vorbei lenken. Als kurz darauf die Sonne am Himmel stand, man in dem glasklaren Wasser deutlich bis auf den Gru Hunderte von Lachsen kamen ihnen entgegen, doch achteten nicht darauf. Gleichmäßig zogen sie die Pad durch das Wasser, Stunde um Stunde, bis ihre Hemd schweißnaß waren.
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Pech gehabt
Um acht Uhr morgens befanden sich David und St noch wenige Kilometer oberhalb der Einmündung Salmon River in den Yukon. Mangelnder Schlaf u übermäßigen Anstrengungen der letzten Stunden ha ermattet, und inzwischen war auch ihre heimlich nung geschwunden, Fräser womöglich doch noch v Yukon einzuholen. Ihre Rücken- und Armm schmerzten, die Beine waren fast gefühllos, die me chanischen Paddelbewegungen eine Tortur. Kein mehr, keine Begeisterung, nur noch das dringende nis, sich auszuruhen, hinzulegen, zu schlafen, wen für kurze Zeit. Sie beschlossen gerade, demnächst eine Rast einz da sahen sie vor sich erneut Schaumkämme auf dem ser, denen ihr Kanu mit großer Schnelligkeit entgeg erte. Der Fluß beschrieb eine enge Kurve, wie schon an diesem Morgen; aber diesmal hatte sich direkt d ein riesiger Fichtenstamm quer vor mehreren Fels keilt, zwischen denen das Wasser hindurchschoß. Zw es rechts und links ebenfalls Durchfahrten, doch die strömung führte das Kanu mit reißender Kraft a Baumstamm zu, der dicht über dem Wasserspiegel s te. Ein Ausweichmanöver begann, für das lediglich den zur Verfügung standen. Verzweifelt bemühten s vid und Steve, ihr Fahrzeug seitlich zu versetzen, d dernis war ihnen jedoch schon zu nahe – sie hatten Moment zu spät reagiert. Das Kanu legte sich schräg voll von der Strömung erfaßt und unmittelbar darau den Stamm gedrückt, wo es augenblicklich umschlug Prustend tauchten die beiden wenige Meter vone entfernt wieder auf. Das Wasser war eiskalt, ein plö Schock. Dennoch galt ihr erster Gedanke dem Kan sie wurden an weiteren Felsen vorbeigewirbelt, hatt 142
he, sich überhaupt an der Oberfläche zu halten, vor all den Kopf zu schützen. Als das Wasser etwas ruhiger wur war das Kanu fort. Sie schwammen auf das Ufer zu, u jetzt erst, als sie zwischen den Steinen an Land klettert sahen sie ihr Boot schon weit entfernt kieloben den Fl hinuntertreiben. »Verdammter Mist«, fluchte David, Was spuckend, »nun sind wir auch noch das zweite Kanu los.« »Und dazu unsere gesamte Ausrüstung einschließlich Gewehre«, keuchte Steve. Das Flußbett wurde flacher und verbreiterte sich, h und da ragten Felsen aus dem Wasser auf. Eine schwac Hoffnung bestand noch, das Boot könne angespült werd Also sprangen sie am Ufer entlang über die Steine, sie lie weiter über Kiesbänke, kletterten durch angeschwemm Bäume und wichen bei tieferem Wasser und morastig Stellen in das Ufergebüsch aus. Eine Art euphorisc Stimmung bemächtigte sich ihrer, sie wollten nicht auf ben. Und hinter einer Biegung, als sie schon eine Stun unterwegs waren, sahen sie tatsächlich ihr Kanu, das z schen zwei Felsbrocken festhing. Es befand sich gut 30 M ter vom Ufer entfernt in einer reißenden Außenströmu allem Anschein nach war es beschädigt. »Wir müssen es auf jeden Fall bergen«, schnaufte Dav »schon der Ausrüstung wegen.« »Aber wie?« fragte Steve. »Wir haben kein Seil. So würde ich mich festbinden und hinüberschwimmen.« »Es muß auch so gehen«, erwiderte David. Er lief 1 Meter zurück, zog sich aus, sprang ohne viel zu überleg ins Wasser und kraulte in den Strom hinein, der ihn ra in Richtung auf das festsitzende Boot fortführte. Kurz dar hatte er es erreicht. Mit einem gewaltigen Ruck riß er es l Wenige Minuten später trieb er mit dem vollgeschlagen Boot weiter unten wieder an Land. Hastig nahm Steve Kleidungsstücke und lief hinterher. Als erstes untersuchten sie den Bootskörper. Der Kun stoff war am Bug gesplittert und wies ein faustgroßes Lo auf. »Das läßt sich kleben«, sagte David, »aber dummerw 143
se habe ich kein Flickzeug.« Als nächstes wurde die in Augenschein genommen, und es stellte sich hera kein einziges Stück fehlte; allein die Paddel waren schwommen. Auf der Landkarte hatten sie gesehen, daß am menfluß von Big Salmon und Yukon eine verlasse schaft lag. Bis dorthin konnte es nicht mehr weit s nahmen also das Kanu samt dem Gepäck auf die Sc und stapften los. Einen Pfad gab es nicht, so daß oberhalb des Flusses ihren Weg durch den Wald mußten, eine entsetzliche Schinderei. Keuchend unt Last erreichten sie schon nach einer halben Stund mit Gras und kniehohem Buschwerk bewachsenen P der rechten Uferbank. Vor ihnen lagen etwa fünf ve Häuser und Hütten. Direkt dahinter sahen sie d konstrom, an dessen jenseitigem Ufer sich majestätis ragende blau schimmernde Berge erhoben. Leise P tönten plötzlich, und mehrere Murmeltiere verschw blitzschnell in ihren Erdlöchern. »Big Salmon Station«, schnaufte David. »Der Ort ne Blüte während des großen Goldrausches erlebt, al tausende den Yukon hinunter ins Klondike-Gebiet Obwohl er seit Jahrzehnten verlassen ist, legen doc gentlich Boote an; freilich keine Raddampfer mehr, früher mit Feuerholz versorgt wurden, sondern klei torboote oder Kanus.« Sie schleppten ihre schwere einem der am Ufer gelegenen Häuser, das noch ha intakt aussah. Ihre Kleidung war inzwischen am Kö trocknet. Todmüde streiften sie die Schuhe ab, warf in den Schatten und waren kurz darauf fest eingeschl Gegen Mittag erwachten sie von Mücken zerstoch mit vor Hunger knurrenden Mägen. Vom Strom h das helle Summen eines Motorbootes, das jedoch vorbeigefahren war, als sie aufsprangen. »So ein schimpfte David. Bekümmert blickte er dem Boot na eine weiße Gischtwelle hinter sich herzog und rasch wurde, bis es stromabwärts an der nächsten Biegu 144
schwand. »Ach, laß doch«, sagte Steve. »Wir brauchen keine Hi wir kommen auch allein zurecht. Notfalls bauen wir Floß und lassen uns bis Carmacks treiben.« »Und was essen wir heute?« fragte David brummig. »Bärenfleisch, was sonst. Zünde schon mal das Feuer hier liegt noch etwas Holz. Ich besorge inzwischen meh Das Beil in der Hand, lief er in den Wald und kam na kurzer Zeit mit einem Armvoll trockener Äste zurück. A schließend holte er Wasser von der Mündung des Big S mon, dessen klare Fluten sich etwa 100 Meter weiter m dem dunkleren Wasser des Yukon mischten. Auf d Rückweg bemerkte er flußaufwärts zwischen den Bäum auf einer sandigen Erhebung die Grabstellen eines al Indianerfriedhofs, kleine Bretterhütten und schmale, v verwitterten Lattenzäunen eingefaßte Erdhügel, die w Kinderbetten inmitten der wuchernden Vegetation lagen ging durch den Wald zurück, um noch ein paar Kräuter u Pilze zum Essen zu sammeln. Als er zum Lager zurückkehrte, brannte auf einer e kürzlich benutzten Kochstelle zwischen den Häusern ber ein Feuer. David kam aus einem der Gebäude, an dem Schild mit der kaum noch lesbaren Aufschrift »Big Salm Trading Post« hing. »Dach und Fußboden sind noch Ordnung«, sagte er. »Wir können darin übernachten.« Sie schnitten Bärenfleisch in den Topf, stellten es sammen mit dem Gemüse auf und setzten sich. Schweige schauten sie auf den Strom hinaus, der an dieser Stelle 200 Meter breit sein mochte und in seinem tief eingegra nen Bett gewaltige Wassermassen nach Norden wälz »Jetzt ist uns Fräser endgültig entkommen«, sagte Da nach einer Weile. »Wir sollten so bald wie möglich die RCMP benachri tigen«, antwortete Steve. »Ich nehme an, er fährt den Yuk hinunter nach Alaska.« David nickte. »Falls wir ein weiteres Boot oder ein Fl zeug sehen, winken wir am besten mit unseren Hand 145
chern.« Er breitete seinen naß gewordenen Taba Trocknen aus. »Fräser müßte heute morgen den Yukon erreicht h überlegte Steve. »Das bedeutet, daß er sich irgendwo abwärts versteckt hält, da er es nicht wagen wird, t zu fahren. Was hältst du davon, wenn wir nachher d auf zwei oder drei Kilometern nach Spuren absuchen »Gut«, erwiderte David, »dann laß uns jetzt esse Fleisch hat genug gekocht.« Er konnte es kaum er sich den Teller zu füllen, so sehr peinigte ihn der Hu Sie hatten gerade mit der Mahlzeit begonnen, als plötzlich auf den Strom wies und sagte: »Dort kom Boot.« Sie liefen ans Ufer und sahen ein mit zwei Pe besetztes Kanu langsam näherkommen. Steve legt Hände trichterförmig an den Mund rief hinüber: Kommt an Land!« Doch die beiden Kanufahrer w lediglich zurück und hielten ihr Fahrzeug weiter Strömung. Erst als David brüllte: »Eine Nachricht Polizei in Carmacks!« näherte sich das Boot. Zwe Männer saßen darin. »Könnt ihr eine Nachricht an die RCMP in Ca übermitteln?« fragte Steve. »Sicher«, antwortete einer der beiden. »Was denn?« »Steigt einen Moment aus«, erwiderte Steve. »Ich s es lieber auf.« Er riß ein Blatt aus seinem Notizbu brachte einige Zeilen zu Papier, in denen er die Beg mit Fräser und den weiteren Verlauf der Verfolgun derte. Außerdem äußerte er seine Vermutung, Fräse mittlerweile den Yukon erreicht und sich stromabw wandt. Die beiden Fremden kamen die Uferböschung und Steve händigte ihnen den Brief aus. »Wie wär's nem Teller Suppe?« fragte er. Die beiden stimmte kurzer Beratung zu. Sie trugen dunkelblaue Sweate und Gummistiefel. Urs und Michael, stellten sie si und auch Steve und David nannten ihre Namen. W 146
des Essens berichtete Steve von Fräser und dem unfreiwi gen Bad im Big Salmon. »Jetzt sitzen wir hier auf dem t ckenen«, schloß er seine Ausführungen. »Unser Boot ist schädigt, und wir haben kaum noch Lebensmittel.« Urs und Michael waren Schweizer, die im Laufe Sommers den Yukon bis ans Beringmeer hinunterfah wollten. Ihre ersten Erfahrungen hatten sie bereits Wildwasserstrecken in den Alpen gesammelt. Jetzt besta ihr Ehrgeiz offenbar darin, möglichst schnell voranzuko men. Leider besaßen sie kein Flickzeug – oder wollten nicht hergeben -; aber sie erklärten sich bereit, etwas Me Reis, Zucker und Kaffee gegen ein paar Pfund Bärenflei einzutauschen, von dem sie sehr angetan waren. Sie erzählten, daß auf dem Lake Laberge vor wenigen gen zwei Amerikaner mit dem Kanu gekentert und ertru ken waren. »Wir haben selber erlebt, wie gefährlich der sein kann«, sagte Urs. »Als wir auf ihm waren, kam ga plötzlich Wind auf, und die Wellen schlugen innerhalb w niger Minuten mehr als einen Meter hoch. Glücklicherwe hatten wir uns in der Nähe des Ufers gehalten, so daß mit dem Schrecken davonkamen.« »Wären wir in der Mitte gewesen, hätte es uns wa scheinlich erwischt«, meinte Michael. »Das Wasser war kalt, daß man schwimmend nicht mehr ans Land geko men wäre.« Da die beiden erst kurze Zeit unterwegs waren, brach sie allerlei Neuigkeiten mit. Die mysteriöse Aids-Krankh griff weiter um sich, und man hatte immer noch kein A wehrmittel dagegen gefunden. Nach dem Reaktorunglü in Tschernobyl war in großen Teilen Europas und Asi eine erhöhte Radioaktivität registriert worden; es gab dra sche Beschränkungen für die Verwertung landwirtschaf cher Produkte; im nördlichen Skandinavien hatten die L pen ihre Existenzgrundlage verloren, weil die Rentierherd verseucht worden waren. In der Bundesrepublik Deuts land war ein Industriemanager von Terroristen ermor worden; zwei ehemalige Minister standen unter Ankl 147
wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe. In Sr herrschte Bürgerkrieg, in der afrikanischen Sahelzo ben Hunderttausende an Hunger, in Europa wurde senweise verseuchte Lebensmittel vernichtet… Un che, beängstigende Nachrichten, Botschaften wie au anderen Welt. Nach dem Essen fuhren die beiden Schweizer glei ter. Um Carmacks am nächsten Tag vor Geschäftssch erreichen, mußten sie bis zum Abend noch einige Ki zurücklegen.
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Unerwartete Hilfe
»Ich wüßte, wie wir das Boot reparieren können«, sagte S ve. »Die Indianer haben früher Kanus aus Fellen oder B kenrinde hergestellt, die sie mit Baumharz zusammenkl ten. Wir könnten etwas Harz kochen und einen Flick über das Leck setzen.« »Ein guter Gedanke«, stimmte David zu. »Außerd müssen wir uns zwei neue Paddel schnitzen.« Er horc auf, und auch Steve vernahm die merkwürdigen Ger sche, die anscheinend vom Big Salmon River herüb drangen: ein mehrfach anschwellendes, abrupt wie verstummendes Dröhnen und Knattern. »Das ist ein defekter Motor«, stellte David fest. Sie traten ans Ufer und sahen ein Motorboot langs näherkommen, das von einem untersetzten dunkelbärtig Mann gesteuert wurde. Der Außenbordmotor ratterte u spuckte, als wolle er jeden Moment auseinanderfliegen. und zu ließ der Mann die Maschine aufheulen, damit nicht völlig ausging. »Ist das nicht dieser Bernie, der uns sein Gewehr vor Nase gehalten hat?« fragte Steve. »Er ist es«, sagte David, »und er will an Land kommen. Das vollbeladene Boot legte mit tuckerndem Motor u ten am Ufer an, und der Bärtige rief hinauf: »Versteht ei von euch etwas von Motoren?« »Guten Tag, Mister«, antwortete David. »Vielleicht ka ich Ihnen behilflich sein.« Sie gingen hinunter, und der Bärtige wurde auf einm sehr verlegen. »Himmeldonnerwetter!« krächzte er. »S ihr etwa die beiden Voyageurs namens David und Steve, kürzlich bei meinen Nachbarn zu Besuch waren?« »Genau die sind wir«, bestätigte David. »Das ist mir aber verdammt peinlich! James und Sue ben von euch berichtet, ich bin Bernie.« Er reichte ihnen 149
Hand. »Tut mir wirklich leid«, fügte er noch hinzu, » be euch neulich für…« »Schauen wir uns die Maschine mal an«, unterbr David. »Wo ist das Werkzeug?« Während sich die beiden an die Reparatur des bordmotors begaben, ging Steve wieder hinüber z gerplatz, der von einer Schar Greyjays besetzt gehalt de. Wie Strandräuber hockten sie auf dem Kochto Rucksäcken, Proviant, Schuhen und Kanu, sogar Bratpfanne. Nachdem Steve sie fortgescheucht ha gann er etwas Ordnung zu schaffen. Er wusch das G ab, holte Fichtenreiser aus dem Wald und fegte dam verschmutzten Fußboden der Handelsniederlassung schaffte er die Ausrüstung hinein, die Schlafsäcke hä zum Auslüften über einen Balken. Er besorgte w Holz, schürte das Feuer, stellte die Kaffeekanne a Reparatur des Motors dauerte länger als erwartet. »Wie lange braucht ihr noch?« rief er hinunter. »Mindestens zwei Stunden«, antwortete David, » ben alles auseinandergenommen!« Also nutzte Steve die Zeit, um Blaubeeren zu sam Marmelade zu kochen und Bannocks zu backen. Au Abfallhaufen neben den Häusern fand er ein altes S glas, das er auskochte, bevor er die Marmelade hinei Aber sobald er sich setzte, fielen ihm die Augen zu; sich am liebsten hingelegt und geschlafen. Die Anstr gen der Verfolgungsfahrt machten sich erst jetzt rich merkbar. Als David und Bernie endlich fertig waren, gab es und frische Bannocks mit Blaubeermarmelade. Bern zu, ohne sich lange bitten zu lassen. »Diese Touristen gehaust wie die Vandalen«, erklärte er. »Ich hab Blockhaus kaum wiedererkannt: Alles war durchei und ein großer Teil der Lebensmittel fehlte. Einmal hen von der eingeschlagenen Fensterscheibe.« »Wir haben die vier unterwegs getroffen«, sagte »Sie wollten weiter nach Carmacks.« 150
»Was! Wann war das?« »Vor drei Tagen. Sie könnten heute gerade in Carma ankommen.« »Dann erwische ich sie eventuell doch noch«, freute s Bernie. »Die werden etwas erleben! Stellt euch vor, sie ben mir 20 Dollar zurückgelassen, aber allein die beid Flaschen Whisky, die sie mitgehen ließen, kosteten sch 36 Dollar. Sie haben sogar meine Gewehre benutzt und m meiner Munition Schießübungen auf eine Fichte neb dem Haus gemacht. Ich hatte sie extra stehenlassen, u mittags Schatten zu haben. Jetzt ist der Stamm völlig dur löchert, und ich werde den Baum fällen müssen, damit mir nicht beim nächsten Sturm aufs Dach fällt.« »Es sind seltsame Leute«, sagte David. »Noch zieml jung und unerfahren. Ich hatte den Eindruck, daß ihn nicht ganz klar war, was sie da getan haben.« »Egal«, entgegnete Bernie. »Wer einbricht und stieh muß dafür geradestehen. Wo kommen wir sonst hin Habt ihr übrigens von dem geflohenen Trapper aus der G gend von Atiin gehört?« Jetzt berichtete Steve zum zweitenmal an diesem Tag v der Begegnung mit Fräser. Als er zu Ende war, schütte Bernie wütend den Kopf. »Es ist unglaublich!« schimpfte und zählte an den Fingern ab: »Kanu, Zelt, Regenponc Proviant, Paddel.« Die Entrüstung rötete sein Gesic »Wenn ich diesen Fräser sehe«, rief er, »schieße ich ihm e Kugel durch den Kopf! Und am liebsten würde ich das g che mit diesen vier Touristen tun!« »Damit sollte man nicht spaßen«, sagte Steve ernst, u David stimmte ihm zu: »Man könnte leicht den Falsch erwischen; außerdem bin ich gegen diese Art von Selbstj tiz.« »Ihr habt schon recht«, meinte Bernie, immer noch s erregt, »ich bin in dieser Hinsicht vielleicht zu un herrscht. Aber das Blockhaus, an dem ihr vorbeigekomm seid, ist meine erste richtige Heimat; ich habe es vor ze Jahren selber gebaut. Vorher war ich nirgendwo wirklich 151
Hause. Und wenn Leute kommen, die das in Frage sehe ich rot.« Er begann, während sie dort auf der U am Zusammenfluß von Yukon und Big Salmon am saßen, seinen Lebensweg zu erzählen, der vieles be greifen ließ. Bernie – eigentlich hieß er Bernhard – war 45 Ja und während des Zweiten Weltkriegs in Ostdeuts geboren worden. Die Nachkriegszeit hatte die Famil menschenunwürdigen Bedingungen in einem Barack in der Nähe von München zugebracht. Der Vater beitslos, die Mutter krank nach einer Fehlgeburt, kaum zu essen und zu heizen. »Wir waren Flüchtlin zählte Bernie, »wir hatten nichts als unser Leben und unter den Einheimischen als sogenanntes Rucksackg wir waren ein Dreck für sie.« Aber Amerika! Das w Traum vom gelobten Land, in dem Milch und Hon sen. Von dort kamen Corned beef, Schokolade, strümpfe, Coca-Cola. Viele wollten damals ausw Hunderttausende, Bernies Familie schaffte es sogar die Umstände waren allerdings ein Kapitel für sich. Industrielle, Farmer und Plantagenbesitzer aus d einigten Staaten reisten an. Ein amerikanischer Kon anstaltete mit den Bewerbern auf einem Schloß be chen regelrechte Sklavenmärkte. Die Männer wurd ihre körperliche Eignung untersucht, sie mußten m blößtem Oberkörper antreten. Wofür sollten sie g sein? Natürlich zur Arbeit, zu schwerer körperlicher für möglichst wenig Geld. Ihre Muskeln wurden b Fragen nach der politischen Gesinnung waren zu bea ten. Wer ausgewählt wurde, durfte sich glücklich sch das Paradies wartete auf ihn. Voller Hoffnung fuhren sie über den Ozean, wie nen schon Millionen seit mehr als drei Jahrhundert Ablauf war auch noch Mitte des 20. Jahrhunderts d che: ein überfülltes Auswandererschiff, die Freihei des New Yorker Hafens, Quarantänelager, Forma Heimweh, Fremdheit. Den reichen Onkel aus Amer 152
es nicht, und wer nicht einmal die Landessprache verste hat es besonders schwer. Im übrigen steckt der Reichtu einer Nation in den Taschen weniger, und er beruht auf Ausnutzung der anderen – so einfach ist das. Die Reise endete auf einer Farm in der Nähe des Mis sippi in einem wellblechgedeckten Holzhaus. Neben wohnten Schwarze und Puertoricaner. Der Stundenlo betrug ein paar Cent, der Weg zum nächsten Dorf und Schule dauerte zwei Stunden. Aber satt zu essen, Arbeit, Dach über dem Kopf, keine zerstörten Städte und Dör wohlgenährte Menschen. »Kurz und gut«, grinste Bern »das Paradies, das wir uns freilich ein wenig anders vor stellt hatten.« Einige Jahre später, als der Kontrakt auslief, entschlos sich die Eltern zu einem Wohnungswechsel. Die auf se Personen angewachsene Familie zog nach Saint Louis, der Vater Arbeit in einer Großschlächterei bekam. Die beit war schwer, und sie zermürbte ihn. »Er hat sich tot arbeitet«, sagte Bernie, »und er ließ fünf hungrige Mäu und eine unversorgte, schwermütige Frau zurück. Ich w damals 14 Jahre alt und fing an, die Familie zu ernähr Sonntags gab es bei uns eine Dose Hundefutter, das war billigste Fleisch.« Doch immer noch dieser Traum, dieses blödsinnigste ler blödsinnigen Hirngespinste: vom Tellerwäscher zu Millionär. »Da ich nichts gelernt hatte«, erzählte Bernie w ter, »bekam ich nur schlecht bezahlte Aushilfsstellen. dem Stadtteil, in dem wir lebten, bei der Arbeit und hint her in den Kneipen herrschte das Gesetz des Dschung Brutalität, Heimtücke, Gewissenlosigkeit. Nachdem me Geschwister versorgt waren und meine Mutter gestorb war, ging ich in den sechziger Jahren über die Grenze na Kanada, und zwar gleich in den Norden. Inzwischen besi ich die kanadische Staatsangehörigkeit und – das wichtig von allem – ich bin mein eigener Herr.« Sie erzählten noch lange, dort vor den verlassenen b fälligen Häusern und unter dem verwitterten Schild: » 153
Salmon Trading Post.« Am späten Nachmittag fuhr dann weiter nach Carmacks, wo er im Laufe des anzukommen gedachte. Er machte David und Ste Vorschlag, bei seiner Rückfahrt am folgenden Tag M zum Flicken des Kanus sowie zwei Paddel mitzub Außerdem wollte er noch am selben Abend, gleic seiner Ankunft in Carmacks, die Polizei von Fräsers chen am Yukon verständigen. Bevor er weiterfuhr, sc er den beiden eine geräucherte Lachshälfte, denn se dung bestand sowohl aus geräuchertem als auch fr Lachs. »Also, dann bis morgen nachmittag!« verabschie sich und winkte den beiden Zurückgebliebenen v Flußmitte aus noch einmal zu.
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Es klärt sich auf
Die Vermutung, Fräser könne sich in der Nähe verste halten, bestätigte sich nicht. Er mußte den Yukon w doch schon weiter hinuntergefahren sein, vielleicht ka pierte er auch auf einer Insel. Nachdem sie am Ufer ke Spur von dem Gesuchten fanden, kehrten David und St ungefähr zwei Kilometer unterhalb von Big Salmon Stat um. Der Weg zurück durch das Unterholz war mühsam, daß sie ihr Lager erst am späten Abend wieder erreicht Sie aßen nur etwas Bannock mit geräuchertem Lachs, da breiteten sie auf den Dielenbrettern des alten Handelsp tens ihre Isoliermatten aus. Todmüde krochen sie in Schlafsäcke, diesmal mit einem Dach über dem Kopf. Steve hatte gerade die Augen geschlossen, als ein G räusch seine Aufmerksamkeit erregte. Draußen war es zw noch dämmrig, aber die kleinen Fensteröffnungen ließ nur wenig Licht in den Raum, der völlig leer stand; De und Wände lagen bereits im Dunkeln. Jetzt erst wurde St bewußt, daß er sich in einem von seinen Bewohnern verl senen Geisterort befand. Er gähnte und flüsterte David »Es spukt. Hörst du es?« Doch David schlief bereits d Schlaf der Gerechten. Wieder ertönte ein Geräusch, so als kratze jemand an Wand. Steve schlüpfte aus dem Schlafsack, nahm vorsich halber sein Gewehr und guckte zur Tür hinaus – nichts Auffälliges war zu sehen. Er schlich einmal um das H herum, aber alles war ruhig. Kein Wind, kein Lebewes die verfallenen Nachbarhäuser starrten unbewegt aus lee Fensterhöhlen herüber. Erst als er ins Haus zurückgi zuckte Steve plötzlich zusammen und sprang blitzschn zur Seite. Da war etwas ganz nahe an seinem Kopf vorbei flogen. Krachend fiel die Tür gegen die Außenwand, und Da fuhr erschrocken auf. »Was ist denn los?« brummte 155
schlaftrunken. »Ich weiß nicht«, antwortete Steve. »Eben hatte Eindruck, im Gesicht von einer kalten Hand gestre den zu sein.« »Du spinnst«, schimpfte David. »Fang mir bloß ni Gespenstergeschichten an!« »Vielleicht war es ein Vogel«, meinte Steve betreten »Oder ein fliegender Fisch auf seinem Abend gang«, brummte David und drehte sich auf die ander um weiterzuschlafen. Da kratzte es deutlich vernehmbar schon wieder Wand. Steve bemerkte im Halbdunkel eine Bewegun als er rasch nähertrat, erblickte er ein handtelle spinnenartiges Tier, das an einem Balken entlangkro ne Vogelspinne, durchfuhr es ihn. Zugleich sagte daß es so weit im Norden keine tropischen Giftspin ben könne. »David!« rief er. »Wach auf! Hier sind welche merkwürdigen Tiere, die wie Vogelspinnen hen.« Jetzt raffte sich David auf. Besorgt kam er heran Schuh abwehrbereit in der Hand. Und als Steve sein zeug anzündete, sahen sie tatsächlich ein dunkles Tier mit einem zähnebewehrten Maul an der Wand. war keine Spinne, sondern eine Fledermaus, die sic sam an einem Balken entlangbewegte, wobei sie ihre Beine als auch die Krallen an den Flughäuten be »Du hast recht«, sagte David, »die Viecher sehen f große Spinnen aus, wenn sie am Holz entlangkr Aber sie tun uns nichts, sie sind vollkommen harm kroch in seinen Schlafsack zurück, und auch Steve le wieder hin und war bald darauf fest eingeschlafe einmal wachte er nachts auf, weil er von riesig gelspinnen mit tückischen kleinen Menschenges träumte, die ihn ansprangen. Er zog den Reißve ganz hoch und verschwand mit dem Kopf im Schlaf seinem Unterbewußtsein beschäftigte ihn die An könne ausgesaugt werden. Am nächsten Morgen erw 156
sie spät. David nahm als erstes ein ausgiebiges Bad, denn hatte festgestellt, daß die Wassertemperatur im Yukon u einige Grade höher lag als im Big Salmon. Er ließ sich Z und Steve bereitete inzwischen schon das Frühstück v Die gegenüberliegenden bewaldeten Berggiganten waren helles Sonnenlicht getaucht und wirkten zum Greifen na Zwei Weißkopfadler zogen über dem grünen Strom i Kreise, ein Trupp lärmender Enten strich in schnellem F am Ufer entlang zum Mündungsgebiet des Big Salmon. A dem Platz um die Häuser herum tummelten sich die M meltiere, die Anwesenheit der Menschen einfach igno rend. Sie genossen den aromatisch duftenden Kaffee, dazu noch warmen Bannocks mit Blaubeermarmelade. Dageg kitzelte der Räucherlachs schon nicht mehr so sehr d Gaumen; denn jede Delikatesse verliert ihren Reiz, sob sie zum Grundnahrungsmittel wird. »Wenn Bernie zurückkommt«, brach David das m gendliche Schweigen, »flicken wir als erstes das Kanu. Da können wir morgen früh weiterfahren und sind abends Carmacks.« Steve stimmte ihm zu. »Hoffentlich hat er gestern no die RCMP erreicht«, meinte er. »Ich denke, sie werden a daransetzen, Fräser zu verhaften.« »Ja. Nachdem er so lange untergetaucht war, stehen unter Zugzwang. Bernie hat erzählt, daß man in der Pre schon seit langem ungehalten ist. Man will Erfolge seh Und angeblich ist die Bevölkerung beunruhigt.« »Bist du beunruhigt?« fragte Steve grinsend. »Weniger beunruhigt, als vielmehr betroffen. Denno täte es mir leid, wenn sie Fräser umlegen würden.« »Was nicht ganz auszuschließen ist«, sagte Steve, u David nickte. Das Frühstück zog sich fast bis zum Mittag hin. Sie h ten ihr umgedrehtes Kanu als Tisch und zugleich als R ckenlehne genommen und genossen von ihrem Uferpl aus den Überblick. Der Strom zog vorbei, wie er seit Ja 157
tausenden schon vorbeigezogen war. Im Sommer b von leichten Booten, im Winter als gefrorene Stra den Schlitten benutzt. Die Verhältnisse hatten sic großen und ganzen – kaum verändert: früher waren denkanus und Hundeschlitten, heute Kunststoff- od tallboote und Motorschlitten. Nur die menschlich bensbedingungen hatten sich grundlegend geände der Kondensstreifen eines Düsenflugzeugs bewies, d am blauen Himmel seine Spur hinterließ. Jeder ist je überall erreichbar, hieß das. Sich entziehen zu wo eine Illusion. Sie warteten, ruhten sich aus, brachten ihre Aus in Ordnung. Steve angelte zwischendurch ein paar G ge am Ufer des Big Salmon, wo sie zu Dutzenden gu bar im klaren Wasser standen. Erst am späten Nach war endlich ein fernes Brummen zu vernehmen. kommt!« rief David, und sie liefen ans Ufer. Ab merkten sie, daß sich aus Richtung Carmacks ein schrauber näherte. Er flog zielgerichtet auf sie zu, gin tiefer und landete wenig später auf dem freien Platz Hausruinen. Auf den Kufen war ein Kanu festgebu Steves Kanu. Sergeant Harrison und Konstabler sprangen aus der Maschine. »Wir haben ihn heute nacht verhaftet!« war das er Harrison von sich gab. Er ließ sich neben dem Lag einfach fallen, streckte die Beine aus und bat um ei cher Kaffee. Joung folgte seinem Beispiel. Die beide zisten machten einen erschöpften, wenn auch zufri Eindruck. Sie berichteten. Fräser war also gefaßt worden. Nachdem Ber Nachricht vom Auftauchen des Gesuchten überbrach war sofort eine großangelegte Aktion eingeleitet w Man hatte mit Leuchtraketen ausgerüstete Beamte Brücke postiert, die bei Carmacks über den Yukon Und in den frühen Morgenstunden, noch währe nächtlichen Dämmerung, war ein Kanu mit einem nen Mann gesichtet worden. Als die Posten ihre Sign 158
ben, waren mehrere Motorboote hinausgefahren und h ten Fräser eingekreist, so daß ihm keine Chance zur Flu blieb. Er hatte sich ergeben und war gleich verhört word Seine Vernehmung hatte den ganzen Vormittag gedau denn sie förderte überraschende Neuigkeiten zutage. »Die Sache mit Fräser und seinem getöteten Nachb verhielt sich ganz anders, als wir ursprünglich annahme erzählte Harrison. »Daran ist wieder einmal zu sehen, w leicht man sich täuschen kann. Fräser hat nämlich – wie völlig überzeugend darlegen konnte – in Notwehr geh delt. Und zwar wollte er seinen Nachbarn aufsuchen, u sich mit ihm endlich einmal auszusprechen. Als er no einen Kilometer von der Trapperhütte entfernt war, sah auf einmal, wie ein Hubschrauber der RCMP aufstieg u sich entfernte. Das erschien ihm nicht weiter verdäch denn die vorhergegangenen Schüsse hatte er nicht gehö Vor der Hütte angekommen, rief er seinem Nachbarn zu wolle mit ihm sprechen. Daraufhin wurde er ohne vorh ge Warnung aus dem Fenster heraus beschossen, kon sich jedoch noch hinter einem Baumstamm in Sicherh bringen. Aber dort saß er in der Falle, denn bei jeder Bew gung wurde erneut auf ihn geschossen; er konnte weder noch zurück. Schließlich erwiderte er, in die Enge getrieb das Feuer, und dabei erhielt sein Nachbar die tödliche V letzung. Eine andere Kugel muß die Benzinlampe zur E zündung gebracht haben, jedenfalls soll die Hütte binn Sekunden in Flammen gestanden haben. Fräser ist da Hals über Kopf geflüchtet, weil er dachte, man werde ih einen Mord anlasten.« David und Steve hatten wie gebannt zugehört. »Und w geht es nun weiter?« fragte David gespannt. »Ihr Zelt, Kanu, Paddel und den Regenponcho haben gleich mitgebracht«, antwortete Joung. »Fräsers Aussagen sind schlüssig«, fuhr Harrison fo »Wir finden keinerlei Widersprüche und gehen davon a daß alles genauso gewesen ist, wie er berichtet hat. Nat lich konnten wir ihn noch nicht freilassen – darüber w 159
ein Gericht zu entscheiden haben -; aber wir sind se ständlich nicht daran interessiert, ihm Steine in den legen. Um es kurz zu machen: Bestraft werden kö lediglich wegen Diebstahls Ihrer Sachen. Fräser sch nen als Bezahlung für die verbrauchten Lebensmit als Entschädigung für Ihre Unannehmlichkeiten ein trag von 500 Dollar. Hier sind sie!« Er zog ein paa scheine aus seiner Brusttasche und reichte sie David. »Fräser bittet Sie, von einer Anzeige abzusehen« Joung hinzu. »Okay«, erwiderten David und Steve nach kurzer gung wie aus einem Munde. Sie blickten sich lache und David meinte: »Er hat uns zwar in Schwierigke bracht, aber wir haben nichts gegen ihn.« »Nachdem er den Schaden bezahlt hat, wollen besten alles vergessen«, stimmte Steve zu. »Gut«, freute sich Harrison, »kommen wir zu ein sentlich erfreulicheren Thema!« Er zog ein weiteres Bündel Geldscheine aus seiner anderen Brusttasch hatten – was Sie nicht wissen können – eine Belo von 5000 Dollar für Hinweise ausgesetzt, die zur Erg Fräsers führen sollten. Obwohl sich die Angelegenh anders entwickelt hat, als wir annahmen, steht Ihnen Geld zu; denn die entscheidenden Hinweise, die u Fräsers Spur brachten, kamen von Ihnen.« Harrison sich auf und sprach jetzt sehr feierlich: »Gentlemen, be jedem von Ihnen einen Betrag von 2500 Dollar zahlen.« Eher beiläufig fügte er noch hinzu: »Wir d Bargeld ist Ihnen bestimmt lieber als ein Scheck.« H zählte das Geld ab und händigte es David und St den wohlgesetzten Worten aus: »Wir haben Ihnen f Mithilfe sehr zu danken.« Harrison und Joung tranken ihren Kaffee aus, e sich und drückten den beiden zum Abschied die »Hier habe ich noch Flickzeug, das mir Bernie mitg hat«, wandte sich Joung an David und Steve. »Er w Carmacks auf Sie warten.« 160
Die beiden Polizisten lösten das Kanu von den Ku und stiegen in den Hubschrauber. »Vielleicht sehen wir u morgen abend!« rief Harrison noch, bevor er die T schloß. Dann hob die Maschine ab. David und Steve standen da und wußten nicht, was sagen sollten. Erst nach einer ganzen Weile, als das Fl zeuggeräusch allmählich verstummte, räusperte sich Da ein wenig verlegen und brummte: »Wer hätte gedacht, d wir zu Hilfspolizisten der RCMP aufsteigen.« Steve betrachtete die vielen Geldscheine in seiner Ha und meinte: »Was hältst du übrigens davon, wenn wir sammen den Yukon hinunter nach Dawson City fahren?«
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