Christoph Janello Wertschöpfung im digitalisierten Buchmarkt
GABLER RESEARCH Markt- und Unternehmensentwicklung / Mar...
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Christoph Janello Wertschöpfung im digitalisierten Buchmarkt
GABLER RESEARCH Markt- und Unternehmensentwicklung / Markets and Organisations Herausgegeben von Professor Dr. Dres. h. c. Arnold Picot Professor Dr. Professor h. c. Dr. h. c. Ralf Reichwald Professor Dr. Egon Franck Professorin Dr. Kathrin Möslein
Der Wandel von Institutionen, Technologie und Wettbewerb prägt in vielfältiger Weise Entwicklungen im Spannungsfeld von Markt und Unternehmung. Die Schriftenreihe greift diese Fragen auf und stellt neue Erkenntnisse aus Theorie und Praxis sowie anwendungsorientierte Konzepte und Modelle zur Diskussion.
Christoph Janello
Wertschöpfung im digitalisierten Buchmarkt
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Dres. h. c. Arnold Picot
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität München, 2010
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Ute Wrasmann | Sabine Schöller Gabler Verlag st eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2283-0
Geleitwort Medienmärkte sind in besonderer Weise von der Digitalisierung betroffen. Ein sehr traditionsreicher Teil der Medienmärkte sind Buchmärkte. Seit der Erfindung des BuchdruckshabensiesichschrittweiseentwickeltundsindzueinemfestenBestand teildeskulturellenundwirtschaftlichenLebensgeworden.DiedigitaleRevolutionder letzten Jahre hat auch diesen Markt zumindest teilweise erfasst und stark ver unsichert – zum einen in der Weise, dass der Handel mit Büchern, auch mit ge druckten Büchern, immer häufiger online abgewickelt wird; diese Änderung betrifft vor allen Dingen die Struktur des Buchhandels; zum anderen werden Bücher selbst digitalisiert und elektronisch verfügbar gemacht, sei es über klassische Zugangs systeme wie Personal Computer und Notebooks, z. T. auch über mobile Endgeräte wie Smartphones, sei es über spezifische Lesegeräte für elektronische Bücher. Insofernkönntemanmeinen,dassderBuchmarktvoreinerUmwälzungsteht,denn selbst wenn nur ein relativ geringer Anteil des Buchhandels digital verläuft und zu sätzlich auch nur ein relativ geringer Teil des Buchmarktes von gedruckten auf elektronischeVersionenüberwechselt,würdedieserheblicheStrukturveränderungen zurFolgehaben.Daheristessinnvoll,sichmitdenVeränderungendesBuchmarktes vor dem Hintergrund der Digitalisierung zu befassen und zu fragen, welche Perspektiven sich für Verleger, Handel und andere einschlägige Dienstleister unter dem Einfluss der Digitalisierung stellen. Dies ist der Ansatzpunkt der vorliegenden Dissertation. Sie möchte die Veränderungen der Wertschöpfung im Buchmarkt er fassen,dieAkteure,dieGewinnerund/oderVerliererseinkönnen,identifizierenund diePotenzialefürneueGeschäftsmodelleerkennen. Hierzu legt der Verfasser zunächst die theoretischen Grundlagen, indem er in kompakter Form sowohl die grundlegenden Ansätze zur Beschreibung von Wert schöpfungsprozessen, Intermediäre in der Medienbranche, das Konzept eines Ge schäftsmodells sowie medienökonomische Gesetzmäßigkeiten und die Delphi methodik,mitderereinenTeilseinerempirischenErforschungenuntermauert,dar legt.EsfolgteinegelungeneAnalysedesBuchmarkteswieersichjetztdarstellt,die neben einer fundierten Begriffsabgrenzung auch eine Analyse der Marktstrukturen und der regulativen Rahmenbedingungen umfasst. Gestützt auf eine überzeugend durchgeführte DelphiStudie werden anschließend verschiedene differenzierte Er
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Geleitwort
kenntnissezumEinflussderDigitalisierungaufdietraditionelleBranchenstrukturge zeigt und neuartige Geschäftsmodelle skizziert, die sich grob in Herstellung, Handel und Dienstleistung differenzieren lassen und deren praktische Relevanz durch konkrete Beispiele untermauert wird. Sowohl die systematisch theoretischen Über legungenwieauchdieempirischenErgebnisseführenschließlichzuderFormulierung von22Thesen,diedieGegenwartundvorallenDingendieZukunftdesBuchmarktes unterdemEinflussderDigitalisierungaufBasisdergewonnenenErkenntnissekenn zeichnen. Alleine diese Thesen sind von großem Wert für die medienökonomische sowiediemedienpolitischeunddiepraktischeDiskussionaufdiesemGebiet. Es ist zu erwarten, dass diese Arbeit, die sich gleichermaßen an Wissenschaft und Praxiswendet,dasWissenunddieDiskussionumdieZukunftdesBuchmarktes,die sichderzeitjavehemententfaltet,bereichernundqualitativverbessernwird. ArnoldPicot
Vorwort Dass die Digitalisierung eines Tages auch die Buchbranche vor ernste, teilweise existenzielle Herausforderungen stellen würde, war im Jahr 2006, als ich die ersten Schritte zu dieser Dissertation unternahm, noch schwer vorstellbar. Zu stark schien derBuchbegriffandergedrucktenundgebundenenHerstellungsweisezuhängen. Doch gerade die scheinbare DigitalisierungsImmunität, verbunden mit der großen wirtschaftlichenBedeutungdesBuchmarktes,fasziniertemichandiesemForschungs feld. Es galt zu untersuchen, inwieweit die bereits vorliegenden wissenschaftlichen Analysen der Mediendigitalisierung auf den komplexen, differenzierten Buchmarkt übertragen werden können. Die Heterogenität des Buchmarktes wird dabei häufig unterschätzt, dementsprechend stellte sie eine große Herausforderung bei meinen Untersuchungen dar. Zudem musste die Frage beantwortet werden, was ein Buch eigentlichist–wennnichteingebundenerStapelvonPapierseiten. DasinterdisziplinäreForschungsprojektIntermediawareinidealerInkubatorfürdie Frühphase meiner Dissertation. Die damit verbundene Auseinandersetzung mit den VeränderungenderWertschöpfungsstrukturenderMedienbrancheaustheoretischer und praktischer Perspektive erwies sich als ein stabiles Fundament für mein Dis sertationsprojekt. Aus Intermedia ergab sich auch die Delphistudie mit vielen auf schlussreichenExperteneinschätzungenalsempirischesFundamentderArbeit. AuchnachdemEndevonIntermediagabmirdiefortdauerndeTätigkeitalsAssistent amInstitutvonProfessorDr.Dres.h.c.ArnoldPicoteineanregendewissenschaftliche Atmosphäre und den nötigen Freiraum zur Weiterentwicklung und Fertigstellung meiner Dissertation. Hierfür und für die stets aufgeschlossene, konstruktive und oftmals implizit wegweisende Betreuung gebührt meinem Doktorvater Professor ArnoldPicotmeinaufrichtigerDank. BedankenmöchteichmichauchbeiProfessorDr.ThomasHessfürdiewohlwollende Begleitung meines Projekts und für die Übernahme des Korreferats. Für wertvolle Unterstützung insbesondere in der Anfangsphase bedanke ich mich bei meinen IntermediaKollegen Matthias Kempf und Martin Schmid. Wertvolle Hinweise und Anregungen erhielt ich auch von Sophie Ahrens, Jakob Assmann, Marco van Baal,
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Vorwort
Oliver Baumann, Julia Gallenkamp, Nico Grove, Johann Kranz, Rahild Neuburger, KathrinSattlerundvielenanderen–hierfürherzlichenDank. Neben der fachlichen Perspektive ist für die Erstellung einer Dissertation auch die persönliche Unterstützung unabdingbar. Hierfür bedanke ich michinsbesondere bei meiner langjährigen Freundin Christine Buchner, meinen Eltern und bei meinem BruderPhilipp. BetrachtetmandiejüngstenMeldungenundProduktvorstellungen,soscheinenfast ausschließlichmoderne,spezifischewiemultifunktionelleLesegerätefürEBooksdie DigitalisierungdesBuchmarktesvoranzutreiben.Dassdieseeinewichtige,abereben nureineKomponenteuntervielenTransformationsprozessenderDigitalisierungdar stellen, zeigt meine nachstehende Arbeit. Ich bin mir sicher, durch die strukturierte AufarbeitungdeskomplexenThemaswertvolleErkenntnissefürdieBetrachtungaus wissenschaftlicher wie praktischer Perspektive liefern zu können und wünsche den LeserneineangenehmeundaufschlussreicheLektüre. ChristophJanello
Inhaltsverzeichnis Geleitwort..............................................................................................................V Vorwort................................................................................................................VII Inhaltsverzeichnis..................................................................................................IX Abkürzungsverzeichnis.........................................................................................XIII Abbildungsverzeichnis...........................................................................................XV Tabellenverzeichnis.............................................................................................XVII 1 Einleitung............................................................................................................1 1.1 ForschungsbedarfundZielsetzung.....................................................................2 1.2 ForschungsdesignundAufbauderArbeit..........................................................5 2 TheoretischeGrundlagen....................................................................................9 2.1 AnsätzezurBeschreibungvonWertschöpfungsprozessen................................9 2.1.1 DasKonzeptderWertschöpfung.................................................................9 2.1.2 WertschöpfungaufderMikroebene.........................................................12 2.1.3 WertschöpfungaufderMesoebene..........................................................14 2.1.4 DynamikinWertschöpfungssystemen......................................................20 2.2 IntermediäreinderMedienbranche................................................................21 2.2.1 Intermediation...........................................................................................22 2.2.2 DisintermediationundReintermediation..................................................25 2.2.3 IntermediationundDisintermediationinMedienmärkten.......................28 2.3 DasKonzept„Geschäftsmodell“.......................................................................30 2.3.1 Definitionen...............................................................................................30 2.3.2 Dimensionen..............................................................................................32 2.4 MedienökonomischeGesetzmäßigkeiten........................................................35 2.4.1 BesonderheitenvonInformationsgütern..................................................35 2.4.2 KostenundErlösstruktur..........................................................................36
X
Inhaltsverzeichnis 2.4.3 ÖkonomischeNetzwerktheorie.................................................................37 2.5 DieDelphimethodik.........................................................................................40 2.5.1 Studienablauf.............................................................................................41 2.5.2 KlassifikationvonDelphistudien................................................................44 2.5.3 WissenschaftlicheFundierung...................................................................47 2.5.4 VorteileundNachteilederinternetgestütztenUmsetzung.......................49 2.6 ZwischenfazitI..................................................................................................52
3 DerBuchmarkt..................................................................................................53 3.1 Begriffsabgrenzungen......................................................................................53 3.1.1 BuchundEBook........................................................................................53 3.1.2 Buchhandel................................................................................................56 3.2 TraditionelleWertschöpfungsstruktur.............................................................57 3.3 SegmentedasBuchmarktes.............................................................................60 3.4 WirtschaftlicheKennzahlen.............................................................................61 3.4.1 Verlage.......................................................................................................61 3.4.2 Buchhandel................................................................................................63 3.5 WertschöpfungundErlösquellen.....................................................................65 3.6 RegulatorischeEingriffe...................................................................................66 3.7 ZwischenfazitII.................................................................................................69 4 VeränderungendurchDigitalisierung................................................................70 4.1 DigitalisierungderHerstellung.........................................................................70 4.2 DigitalisierungdesProduktes...........................................................................77 4.3 DigitalisierungdesVertriebs............................................................................83 4.4 DigitalisierungderNutzung..............................................................................89 4.5 DifferenzierungnachBranchensegmenten......................................................91 4.6 NutzungsverhaltenundMedienkonkurrenz....................................................93 4.7 ZwischenfazitIII................................................................................................94 5 KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt........................................97 5.1 DasneueWertschöpfungssystem....................................................................97
Inhaltsverzeichnis
XI
5.2 VeränderungenindenErlösstrukturen..........................................................102 5.3 NeueundweiterentwickelteGeschäftsmodelle............................................104 5.3.1 GeschäftsmodelleinderHerstellung.......................................................109 5.3.2 GeschäftsmodelleimHandel...................................................................118 5.3.3 DienstleistungsbasierteGeschäftsmodelle..............................................128 5.3.4 GeschäftsmodelleimVergleich...............................................................131 5.4 IllustrierungderGeschäftsmodelledurchFallstudien....................................135 5.4.1 DieFallstudienmethodik..........................................................................135 5.4.2 OnlinebasierterDirektvertriebvonFachinformationen:Beckonline......138 5.4.3 IndividualisierteInhaltebündelung:Tripwolf...........................................139 5.4.4 EBookVertriebdurchden(Zwischen)Buchhandel:Libri.de..................142 5.4.5 MarktplatzfürEBooks:XinXii.................................................................143 5.4.6 EBooksfürBibliotheken:Ciando............................................................144 5.5 ZwischenfazitIV.............................................................................................146 6 Schlussbetrachtung:ThesenundPerspektiven.................................................148 6.1 DasBuchundseineNutzung..........................................................................148 6.2 DieWertschöpfungsstruktur..........................................................................152 6.3 Geschäftsmodelle...........................................................................................159 6.4 FazitundAusblick...........................................................................................165 Literaturverzeichnis.............................................................................................169 Anhang................................................................................................................195 Stichwortverzeichnis............................................................................................197
Abkürzungsverzeichnis ADEPT AdobeDigitalExperienceProtectionTechnology B2B
BusinesstoBusiness
B2C
BusinesstoConsumer
BoD
BookonDemand
DOI
DigitalObjectIdentifier
DRM
DigitalRightsManagement
DTD
DocumentTypeDefinition
EAN
EuropeanArticleNumber
FTP
FileTransferProtocol
IDR
IntermediationDisintermediationReintermediation
IDPF
InternationalDigitalPublishingForum
ISBN
InternationalStandardBookNumber
ISDN
IntegratedServicesDigitalNetwork
LCD
LiquidCrystalDisplay
OCF
OpeneBookPublicationStructureContainerFormat
OPF
OpenPackagingFormat
OPS
OpenPublicationStructure
PDF
PortableDocumentFormat
PoD
Printondemand
SGML StandardGeneralizedMarkupLanguage VCS
ValueCreatingSystem
XML
ExtensibleMarkupLanguage
XSLFO ExtensibleStylesheetLanguage–FormattingObjects
Abbildungsverzeichnis Abbildung1: IdentifizierterForschungsbedarf...........................................................3 Abbildung2: ForschungsdesignderArbeit.................................................................6 Abbildung3: AufbauderArbeitinschematischerDarstellung...................................8 Abbildung4: BetrachtungsebenenderWertschöpfung...........................................12 Abbildung5: DieWertschöpfungsketteeinesUnternehmensnachPorter(2000)...13 Abbildung6: DieWertschöpfungsketteeinerBrancheundihreDimensionen........15 Abbildung7: ShaperAdapterBeziehungeneinesBusinessWebs............................17 Abbildung8: DarstellungeinesWertschöpfungssystemsnachdemValueNet AnsatzvonParolini..............................................................................19 Abbildung9: ReduktionderTransaktionskostendurchdenBalighRichartzEffekt.23 Abbildung10: DerIDRZyklusnachChircu/Kauffman(1999).....................................27 Abbildung11: ZweiEbenenderWertschöpfungsarchitektur(schematische Darstellung).........................................................................................34 Abbildung12:VorgehenbeiderDurchführungeinerDelphistudie,inAnlehnung anSkulmoski/Hartman/Krahn(2007).................................................42 Abbildung13: ÄnderungstendenzderGruppenmeinungüberdie Befragungsrundenhinweg..................................................................48 Abbildung14: KlassischesWertschöpfungssystemderBuchbranche........................58 Abbildung15: UmsatzanteilederWarengruppenimBuchmarkt2008......................61 Abbildung16: UmsatzanteileimBucheinzelhandelnachVertriebswegenimJahr 2008....................................................................................................63 Abbildung17: WertschöpfungsaktivitätendertraditionellenBuchherstellung.........70 Abbildung18: MöglicheAusprägungenderDisintermediationimVertrieb elektronischerBücher.........................................................................83 Abbildung19: SchematischeDarstellungderFunktionsweisevonMikrokapseln mitelektronischerTinteimQuerschnitt.............................................90
XVI
Abbildungsverzeichnis
Abbildung20: EignungderverschiedenenBuchwarengruppenzurelektronischen Publikation..........................................................................................92 Abbildung21: WertschöpfungssystemdesdigitalisiertenBuchmarktes....................97 Abbildung23: GründefürdieRelevanzderOnlineVolltextsuche(Ergebnisder Delphistudie).......................................................................................99 Abbildung22: FürdieTransaktionsanbahnungambestengeeigneteAkteure (ErgebnisderDelphistudie).................................................................99 Abbildung24: InderDelphistudiefür2017prognostizierteVerteilungdesim BuchmarkterzieltenUmsatzesaufdieverschiedenen Vertriebswege...................................................................................100 Abbildung25: FürdenVertriebvonelektronischenBüchernambestengeeignete Akteure(ErgebnisderDelphistudie).................................................101 Abbildung26: InderDelphistudiefürdasJahr2017prognostizierte ZusammensetzungderErlösefürklassischeundelektronische Bücher...............................................................................................103 Abbildung27: ErstellungsprozesseinerFallstudie....................................................136
Tabellenverzeichnis Tabelle1:
DefinitionendesBegriffsIntermediationbzw.Intermediär................22
Tabelle2:
AufMedienundInformationsgüterzugeschnitteneDefinitionen derIntermediation..............................................................................28
Tabelle3:
DefinitionendesBegriffs„Geschäftsmodell“bzw.„Business Model“................................................................................................31
Tabelle4:
SystematikverschiedenerErlösformen...............................................33
Tabelle5:
KlassifikationvonDelphistudien..........................................................45
Tabelle6:
DefinitionendesBuchbegriffs.............................................................54
Tabelle7:
DefinitionendesBegriffesEBook.......................................................56
Tabelle8:
Die25umsatzstärkstenVerlageimdeutschsprachigenRaumim Jahr2008.............................................................................................62
Tabelle9:
Die25umsatzstärkstenBuchhandlungenimdeutschsprachigen RaumimJahr2008.............................................................................64
Tabelle10:
WichtigeDateiformatefürEBooksimVergleich................................77
Tabelle11:
FunktionsumfangvonBüchernundEBooksimVergleich..................82
Tabelle12:
GerätezurDarstellungvonEBooksimVergleich...............................89
Tabelle13:
BezugsrahmenfürdieBeschreibungvonGeschäftsmodellenim digitalisiertenBuchmarkt..................................................................105
Tabelle14:
AbgeleiteteGeschäftsmodelleundderenFundierungimÜberblick 109
Tabelle15:
CharakteristikadesGeschäftsmodells„ZentralesPoD“....................110
Tabelle16:
CharakteristikadesGeschäftsmodells„DezentralesPoD“................112
Tabelle17:
CharakteristikadesGeschäftsmodells„Individualisierte Buchprojekte“...................................................................................114
Tabelle18:
CharakteristikadesGeschäftsmodells„Offene Publikationsplattform“......................................................................115
Tabelle19:
CharakteristikadesGeschäftsmodells„FollowtheFree“..................117
XVIII
Tabellenverzeichnis
Tabelle20:
CharakteristikadesGeschäftsmodells„EBookVertriebüber geschlossenesSystem“......................................................................119
Tabelle21:
CharakteristikadesGeschäftsmodells„EBookVertriebüber offenesSystem“................................................................................121
Tabelle22:
CharakteristikadesGeschäftsmodells„Verwertunggemeinfreier Werke“..............................................................................................123
Tabelle23:
CharakteristikadesGeschäftsmodells„VermietungvonEBooks“...124
Tabelle24:
CharakteristikadesGeschäftsmodells„Transaktionsanbahnung“....126
Tabelle25:
CharakteristikadesGeschäftsmodells„Marktplatzbetrieb“..............127
Tabelle26:
CharakteristikadesGeschäftsmodells„Verlagsnahe Dienstleistungen“..............................................................................129
Tabelle27:
CharakteristikadesGeschäftsmodells„Formatkonvertierungund Bereithaltung“...................................................................................130
Tabelle28:
IdentifizierteGeschäftsmodelleimVergleich...................................132
1 Einleitung Die Digitalisierung hält die Medienbranche in Atem: Die Musikindustrie leidet seit JahrenunterstarkenUmsatzrückgängendurchdiedezentrale,legalewieauchillegale Verbreitung digitaler Musikprodukte, die erst langsam durch attraktive eigene An geboteabgefangenwird.ÄhnlichesgiltfürdieFilmundFernsehbranche,welcheim Angesicht internetbasierter Konkurrenz Alternativen zum klassischen, auf lineare AusstrahlungundWerbeerlösenbasierendenGeschäftsmodellsucht.AuchZeitungen und Zeitschriften kämpfen gegen die Abwanderung ihrer Leser zu Internetportalen und diensten, welche aus Sicht der Rezipienten qualitativ vergleichbare Inhalte kostenlosbereitstellen. Bis vor Kurzem erschien die seit Erfindung des Buchdrucks und der Etablierung der Buchhandelsstruktur im späten 18. Jahrhundert strukturell nahezu unveränderte BuchbrancheinweitenTeilenimmungegendieseEntwicklungenzusein–dieInhalte eines Buches waren mit seiner gedruckten und gebundenen Herstellungsform un trennbar verbunden. Zudem endeten kommerzielle Digitalisierungsansätze zu Ende desletztenJahrtausendsfürvieleUnternehmenimwirtschaftlichenFiasko.1 Doch nun erfasst die Digitalisierung auch den Buchmarkt. So weisen die Erlöse aus dem Verkauf elektronischer Bücher in den USA nach einer Statistik des Branchen verbandes IDPF ein annähernd exponentielles Wachstum auf, im Jahresvergleich habensichdieEinnahmenimerstenQuartaldesJahres2009mehralsverdoppelt.2 Ein ähnlicher Trend steht auch in Deutschland bevor, zumal das EBook Lesegerät „Kindle“vonAmazonnunauchinEuropaverfügbarist.3Entsprechendprognostiziert der Branchenverband Bitkom: „2 Millionen Deutsche wollen 2009 digitale Bücher kaufen.“4ImGegensatzhierzustagnierendieUmsätzemitgedrucktenBüchern.5 Diese Zahlen zeigen die Verlagerung des klassischen Buchhandelsgeschäfts hin zum „körperlosen Vertrieb“ der elektronischen Bücher über Datennetze, jedoch bewirkt 1
Vgl.Hawkins(2002),S.44;Heinold(2009),S.14ff;Warren(2009),S.83. Vgl.IDPF (2009). Diese Zahlen werden nur aus einer Stichprobe von 1215 Verlagen zu Groß handelspreisenerrechnet,weswegenderenabsoluteWertenichtaussagekräftigerscheinenund somitnichtwiedergegebenwerden. 3 Vgl.Amazon(2009a). 4 Bitkom(2009). 5 Vgl.Hendrickson(2009);BörsenvereindesDeutschenBuchhandels(2008c),S.5. 2
2
1Einleitung
dieDigitalisierungdarüberhinauseineweitausumfassendereVeränderungderWert schöpfungimBuchmarkt. So scannt und indiziert Google seit dem Jahr 2004 systematisch die Bestände renommierter Bibliotheken und stellt diese, ergänzt durch von Verlagen bereit gestellte Buchinhalte, zur kostenlosen Volltextsuche im Internet zur Verfügung.6 Hieraus entsteht ein umfassendes Recherchemedium für Buchinhalte, welches der zeitzurVertriebsplattformausgebautwird.7SpezialisierteOnlineportaleunterstützen AutorenbeiderErstellung,ProduktionundDistributionihrerBuchprojekte,ohneBe teiligung eines klassischen Verlags. Auch aufseiten der Leser übernehmen literatur zentrierte Internetangebote wegweisende Selektions und Empfehlungsfunktionen, die traditionell durch andere, klassische Medien und den Buchhandel durchgeführt worden sind. Schließlich erreichen Lesegeräte mit einer dem Leseempfinden auf Papier ähnelnden Bildschirmtechnologie den Massenmarkt, wodurch auch die Rezeptionssituation als letzte Stufe der Wertschöpfung in ein digitalisiertes Umfeld verlagert wird, entsprechend der Einführung von handlichen MP3Playern auf dem GebietderMusikdistribution.8 Doch welche Auswirkungen haben diese Veränderungen auf die tradierte Wert schöpfungsstruktur im Buchmarkt? Welche Akteure gewinnen, welche verlieren an Bedeutung?UndwelchePotenzialebergendieseEntwicklungenfürneueGeschäfts modelle? DieBeantwortungdieserFragenstehtimMittelpunktdervorliegendenArbeit. 1.1 ForschungsbedarfundZielsetzung DerintendiertewissenschaftlicheBeitragdieserDissertationliegtinderAnwendung bestehender Theorien und Methoden der Betriebswirtschaft auf den Buchmarkt als konkreten Gegenstandsbereich. Die Zielsetzung liegt darin, die durch Digitalisierung und den damit einhergehenden veränderten ökonomischen Gesetzmäßigkeiten an gestoßenen Transformationsprozesse zu prognostizieren und aus diesen Potenziale fürunternehmerischeTätigkeitabzuleiten.
6
Vgl.Google(2008). Vgl.Rich(2009). 8 Vgl.Olavarria(2009),S.15;Rapp(2009),S.23ff. 7
1.1ForschungsbedarfundZielsetzung
3
Dieserscheintangebracht,dasichderBuchmarktaufgrunddertraditionellenEinheit von Buch als Trägermedium und dem damit transportierten Inhalt im Gegensatz zu anderenMedienmärktenerstinderAnfangsphasederDigitalisierungunddendamit verbundenen Transformationsprozessen befindet. Neben der mit der Digitalisierung einhergehenden Trennung von Medium und Inhalt führen auch die einzigartige StrukturdesBuchmarktesunddasspezifischeRezeptionsverhaltenderLeserzuVer änderungen, die sich in Gestalt und Ausmaß von anderen Mediengattungen unter scheidenundsomiteinespezifischeBetrachtungrechtfertigen. Auf Basis der modifizierten Rahmenbedingungen steht den Marktteilnehmern eine Vielzahl an Handlungsoptionen offen, die einer systematischen Analyse zu unter ziehensind. DasindieserArbeitverfolgteForschungsvorhabenlässtsichdurchdieinAbbildung1 dargestellteVerbindungderbetriebswirtschaftlichenWertschöpfungsanalyse,diedie Organisation und Verteilung von wertschöpfenden Aktivitäten innerhalb von Unter nehmenwieauchfirmenübergreifenduntersucht,mitdenSpezifikaderInternetöko nomie und den Besonderheiten des Gegenstandsbereichs Buchmarkt charakteri sieren. Diesem Spannungsfeld ist bislang in der betriebswirtschaftlichen Forschung nur oberflächlich
Internetökonomie
Beachtung
geschenkt
worden. So beschreibt die bestehende Wert schöpfungs analyse
Wertschöpfung im digitalisierten Buchmarkt
Literatur Buchmarkt
einerseits
die
derzeitige
Struktur und Geschäftsmodelle der Buchbranche9,
andere
Arbeiten
thematisieren die Potenziale medien neutraler Datenhaltung, insbesondere Abbildung1:IdentifizierterForschungsbedarf
auf der Grundlage von XML.10 Die Be
sonderheiten der Internetökonomie werden im Wesentlichen auf branchenüber greifendemNiveauherausgearbeitet11oderaufMedienmärkteangewendet,dievon
9
Vgl.etwaGläser(2008),S.208ff;Wirtz(2006),S.215ff;Brandtweiner(2000),S.17f. Vgl.hierzubspw.Benlianetal.(2005);Hartz(2004);Rothfuss/Ried(2003);Rawolle(2002). 11 Vgl.etwaPicot/Reichwald/Wigand(2008);Zerdicketal.(2003);Afuah/Tucci(2003);Scheer/Loos (2002);Zerdicketal.(2001);Shapiro/Varian(1999b). 10
4
1Einleitung
derDigitalisierungfrühersignifikantbetroffenwurden,wieetwadieMusikbranche12. Eine detaillierte Analyse des Buchmarktes mit seinen spezifischen Strukturen und Mediencharakteristikafehltjedochbislang. AuchdieBetrachtungenausderBuchundVerlagswissenschaftverbleibenaufeinem aus wirtschaftswissenschaftlicher Sichtweise oberflächlichen und praxisnahen Niveau, der Schwerpunkt liegt zumeist auf der Vorstellung von konkreten Datei formatenunddezidiertenEBookLesegeräten.13 DasbestehendeDefiziteinerintegrativenBetrachtungsollmitdervorliegendenDis sertation behoben werden. Dem identifizierten Forschungsbedarf entsprechend lautetdiezentraleForschungsfragedieserArbeit: Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf die Wertschöpfung im Buch markt? Diese Fragestellung lässt sich durch drei weitere, spezifischere Forschungsfragen präzisieren: 1. Wie wandeln sich die Wertschöpfungsaktivitäten im Buchmarkt und welche Auswirkungen haben diese Veränderungen auf die Struktur des Wert schöpfungsnetzwerks? 2. WelcheGeschäftsmodelleentstehenodermüssenmodifiziertwerden? 3. BetreffendieVeränderungenalleBranchensegmenteimgleichenUmfang? DabeiadressiertdieersteFragedieWertschöpfungsorganisationaufMesoebene,die Zweite die Wertschöpfung im Unternehmen, also auf Mikroebene. Die dritte Frage trägtderHeterogenitätderBuchbrancheRechnung. Die Zielsetzung der vorliegenden Forschungsarbeit lässt sich zudem in ein Be schreibungsziel,einErklärungszielundeinGestaltungszieldifferenzieren:14
12
Vgl.bspw. Lam/Tan (2001); Zhu/MacQuarrie (2003); Emes (2004); Tuomola (2004); Mol/Wijnberg/Carroll(2005);Bockstedt/Kauffman/Riggins(2006). 13 Vgl.etwa Rapp (2009); RoeslerGraichen/Schild (2008);Titel(2007),S.197ff;Giebenhain/Mundt (2007);Heinold(2001a),S.310ff;Lang(2000),S.14ff. 14 Vgl.Eberhard (1999), S. 17. Eberhard bezeichnet das Beschreibungsziel als phänomenales, das Erklärungsziel als kausales und das Gestaltungsziel als aktionales Erkenntnisinteresse. Eine ähn licheSystematisierungfindetsichauchbeiChmielewicz(1994),S.9.
1.2ForschungsdesignundAufbauderArbeit
5
Das Beschreibungsziel liegt in der umfassenden Darstellung der direkten und in direkten Auswirkungen von Digitalisierung und Vernetzung auf den Buchmarkt. ZudemwirdalsAusgangspunktdietraditionelleBranchenstrukturaufgezeigt. Das Erklärungsziel dieser Arbeit liegt in der Aufdeckung der ökonomischen Mechanismen, welche die Veränderungen bewirken. Dies wird einerseits durch die Anwendung von einschlägigen Theorien und Zusammenhängen der Digitalisierung erreicht, zudem lassen sich aus der Analyse von Studien, Veröffentlichungen und Experteneinschätzungen sowie den betrachteten Fallstudien weitere Mechanismen extrahieren. Darüber hinaus verfolgt die vorliegende Arbeit die Zielsetzung, auf der Basis dieser Zusammenhänge Prognosen für die weitere Entwicklung der Wert schöpfungimBuchmarktzuerstellen. DasGestaltungszielenthälteinetheoretischeundeinepraktischeKomponente.Der theoretischeBeitragliegtdarin,ausderAnwendungbestehenderKonzepteaufeinen konkretenSachverhalteinenBeitragzuderenWeiterentwicklungzuleisten,wieetwa bei der konkreten Operationalisierung der Dimensionen eines Geschäftsmodells. Zudem wird eine Verbindung zwischen ökonomischer und buchwissenschaftlicher TheorieundLiteraturhergestellt.AuchlassensichdieimBuchmarktermitteltenZu sammenhänge auch auf andere Medienmärkte übertragen. Das praktische Ge staltungsziel besteht darin, Impulse für die Anpassung oder Entwicklung von Unter nehmensstrategien und Geschäftsmodellen zu geben, die der zu erwartenden ver ändertenWertschöpfungssituationRechnungtragen. 1.2 ForschungsdesignundAufbauderArbeit Um diese Zielsetzungen zu erreichen, wird ein vierstufiges Forschungsdesign ein gesetzt,dasinAbbildung2schematischdargestelltist. Im ersten Schritt erfolgt auf Grundlage von medien und internetökonomischen Theorien sowie Beschreibungskonzepten eine Bestandsaufnahme von Struktur und FunktionsweisedesBuchmarktesalsGrundlagefürdienachfolgendenAnalysen. Im Zentrum der zweiten Komponente steht die Herausarbeitung der zukünftigen Wertschöpfungsstruktur des Buchmarktes, welche das Resultat der stattfindenden Digitalisierungsvorgänge darstellt. Dies geschieht durch Anwendung etablierter TheoriensowieaufGrundlagederErgebnisseeinerDelphistudiealsPrimärforschung. Die Delphimethodik wurde gewählt, da die Zielsetzung des Forschungsvorhabens in
6
1Einleitung
derPrognoseeineskomplexen,schlechtstrukturiertenSachverhaltsbesteht,welcher durch quantitative Methoden aufgrund der bestehenden Unsicherheit nicht abzu bilden ist. Demgegenüber bündelt die Delphimethodik das Wissen und die Ein schätzungen einschlägiger Experten und Entscheidungsträger durch strukturierte Interaktion zwischen den Teilnehmern, woraus fundierte Prognosen erstellt werden können. TraditionelleWertschöpfungsstruktur MedienökonomischeZusammenhänge
Beschreibungskonzeptefür Wertschöpfungsprozesse
StrukturundFunktionsweisedesBuchmarktes
ZukünftigeWertschöpfungsstruktur Internetökonomie&Digitalisierungvon Informationsprodukten Intermediation,Disintermediation& Reintermediation
Thesen
These1
Delphistudie
These2 Geschäftsmodelle Operationalisierung der GeschäftsmodelldimensionenalsAnalyseraster
These3 ...
RollenimneuenWertschöpfungssystem
Fallstudien
Abbildung2:ForschungsdesignderArbeit
Im dritten Schritt wird die Analyseebene durch die Erarbeitung von idealtypischen Geschäftsmodellen auf die Perspektive eines (potenziellen) Marktteilnehmers ver schoben.HierzuwirdeinBezugsrahmeninderFormeinesmorphologischenKastens erarbeitet, welcher die systematische Beschreibung sowie den Vergleich der Ge schäftsmodelle erlaubt. Anhand von konkreten Fallstudien vielversprechend positionierterUnternehmenwerdendiesegenerischenGeschäftsmodelleillustriert. Im letzten Teil der Arbeit werden die erzielten Erkenntnisse in Thesenform auf bereitet und diskutiert, gefolgt von einer Reflexion des Vorgehens und einem Aus blick.
1.2ForschungsdesignundAufbauderArbeit
7
DermethodologischeAnsatzdervorliegendenArbeitistqualitativ,dasVorgehenent spricht der verfolgten prognostischen Zielsetzung und vereint Elemente des de duktiven und induktiven Erkenntniswegs:15 Zunächst werden deduktiv auf der Basis vontransaktionskostentheoretischerAnalysevonIntermediationsbeziehungensowie digitalisierungsbedingten Verschiebungen in Kosten und Erlösstrukturen Ver änderungen hergeleitet.Diese Erkenntnisse werden induktiv durch Ergebnisse einer Delphistudie sowie Fallstudien zu Geschäftsmodellen überprüft und ergänzt. Auf dieser breiten Wissensbasis kann schließlich eine Prognose bevorstehender Ver änderungenderimBuchmarkterbrachtenWertschöpfungerstelltwerden. ImEinklangmitdembeschriebenenForschungsdesigngliedertsichdieArbeitinsechs Kapitel,dieinAbbildung3wiedergegebensind. So werden nach der Einleitung in Kapitel zwei und drei die inhaltlichen Grundlagen gelegt, zum einen hinsichtlich der relevanten und argumentativ eingesetzten TheorienundzumandereninBezugaufdenBuchmarktalsAnalyseobjekt. In Kombination dieser Betrachtungsfelder werden in Kapitel drei theoriegeleitet digitalisierungsinduzierte Veränderungen im Buchmarkt aufgezeigt, gegliedert nach deren Wirkungen im Herstellungsprozess, auf das Produkt an sich, auf dessen Dis tribution sowie auf dessen Nutzung. Vertieft wird die Analyse durch die Differenzierung nach Branchensegmenten und durch die Diskussion der Bedeutung von Veränderungen im Mediennutzungsverhalten und der zunehmenden Medien konkurrenz.
15
Für Ausführungen zu den Charakteristika des deduktiven und induktiven Vorgehens vgl. etwa Eberhard(1999),S.29ff.
8
1Einleitung
Abbildung3: AufbauderArbeitinschematischerDarstellung
Kapitel fünf behandelt die Auswirkungen der dargestellten Veränderungen auf die Wertschöpfung im Buchmarkt. Hierzu wird zunächst ein Wertschöpfungssystem er arbeitet,welchesdiestrukturellenVeränderungenabzubildenvermag.ImAnschluss werden Veränderungen in den Erlösstrukturen hergeleitet, worauf in der Folge auf der Basis eines hierzu entwickelten Bezugsrahmens idealtypische Geschäftsmodelle insystematischerFormvorgestelltwerden.DiesewerdendurchkonkreteFallstudien illustriert. Das abschließende Kapitel sechs enthält 22 Thesen zur Weiterentwicklung des Buches, der Wertschöpfungsstruktur und zu Geschäftsmodellen im digitalisierten Buchmarkt, in welchen die erzielten Erkenntnisse verdichtet werden. Diese Thesen werdendiskutiertundinBezuggesetzt.ImAnschlusserfolgteinabschließendesFazit mitAusblick,KritikderForschungsmethodeundHinweisenaufweiterenForschungs bedarf.
2 TheoretischeGrundlagen In dieser Arbeit werden Veränderungen in den ökonomischen Wertschöpfungs strukturen der Buchbranche aufgezeigt. Es ist hierzu zunächst notwendig, theoretische Darstellungs und Analysekonzepte einzuführen, welche im späteren VerlaufzurAbleitungundDarstellungvonVeränderungendienen. 2.1 AnsätzezurBeschreibungvonWertschöpfungsprozessen DieErstellungundVerbreitungvonMedienproduktenisteineaufdieErzeugungvon Nutzen beim Rezipienten ausgerichtete Folge arbeitsteiliger Aktivitäten. Deren Ab folge und Komposition wird durch Innovationen und andere veränderte Rahmen bedingungen(bspw.zusammenwachsendeMärkteundIndustrien)zusehendsinfrage gestelltundneukonfiguriert,sowohlaufUnternehmenswieauchBranchenebene.16 Aus diesem Anlass sind die Betrachtung dieser Wertschöpfungsprozesse und deren Modifikationen von wachsender Bedeutung für betriebswirtschaftliche Frage stellungen. Einzelne Wertschöpfungsaktivitäten und deren Interaktion in Wert schöpfungssystemen stellen geeignete Analyseeinheiten dar und finden folglich in dieserArbeitVerwendung. AlsGrundlagewirdzunächstdastheoretischeKonzeptderWertschöpfungerläutert, woraufhin Ansätze zur Darstellung von Wertschöpfungsprozessen auf der Mikro ebene, also innerhalb von Unternehmen, vorgestellt werden. Darauf aufbauend werden Konzepte dargestellt, die Wertschöpfung auf der Mesoebene, also einer Industrie,abbilden.DabeiwirddieEntwicklungderKonzeptionenvonderAbbildung linearerhinzunetzwerkförmigenStrukturennachgezeichnet.ZudemwerdendieAn sätze hinsichtlich ihrer Eignung zur Umsetzung der in dieser Arbeit verfolgten Forschungsziele bewertet. Schließlich werden theoretische Ansätze diskutiert, die VeränderungeninWertschöpfungsstrukturenerklären. 2.1.1 DasKonzeptderWertschöpfung Der Begriff Wertschöpfung wurde zuerst in der volkswirtschaftlichen Gesamt rechnung verwendet, die zur Ermittlung des Nationaleinkommens einer Volkswirt
16
Vgl.Swoboda/Jager/Meierer(2008),S.532ff.
10
2TheoretischeGrundlagen
schaft eingesetzt wird.17 Wertschöpfung entspricht dem Nettoergebnis der Produktionstätigkeit und wird als „Differenz zwischen den Produktionswerten und den Vorleistungen der einzelnen Wirtschaftsbereiche bestimmt“18. Die über alle Sektoren summierten Wertschöpfungen ergeben das Bruttoinlandsprodukt einer Volkswirtschaft.19 DasbetriebswirtschaftlicheVerständnisdesBegriffesWertschöpfungentstammtder Wertschöpfungsrechnung,welchedasErgebnisdeswertschaffendenProzesseseines BetriebesalsWertgrößeinGeldeinheitenundsomitdieEigenleistungdesBetriebes und damit dessen Beitrag zum Volkseinkommen ermittelt.20 Diese entspricht der „SummederRoherträge,verringertumVorleistungen,diezugekauftwerden.“21Die WertschöpfungsrechnungistdemParadigmadesMarketBasedViewinderTradition Porterszuzuordnen22undstellteingrundlegendesErfolgsmaßwirtschaftlicherTätig keitdar.23 Neben dieser entstehungsorientierten Betrachtung der Wertschöpfung weist Gläser (2008) zudem auf die zusätzliche Perspektive der Verteilung der erbrachten Wert schöpfung auf die jeweiligen Anspruchsgruppen wie etwa Kapitalgeber, Mitarbeiter undStaatalsweitereAnwendungdesWertschöpfungskonzepteshin.24 In den oben genannten Begriffsdefinitionen wird lediglich auf den in Unternehmen bzw.WirtschaftsbereichenerzieltenNutzenzuwachsabgestellt.Dieserscheintjedoch, insbesondere vor dem Hintergrund der Einbeziehung der vormals passiven RezipientenindenWertschöpfungsprozessvonMedienunternehmen,alsnichtmehr zeitgemäß,daauchimKundennutzenstrategischeFragestellungendesManagements liegenundauchdiesezurWertschöpfungbeitragenkönnen. Entsprechend schlägt Jost (2005) vor, die insgesamt realisierte Wertschöpfung als „Differenz zwischen dem Konsumentennutzen aus dem Kauf des Produkts und den GesamtkostenfürseineBereitstellung“25zusehen. 17
Vgl.Töpfer(2005),S.492. Arentzen(1997),S.4356. 19 Vgl.Gläser(2008),S.393f. 20 Vgl.Weber(1993),S.4660;Arentzen(1997),S.4356. 21 Häberle(2008),S.1364. 22 Vgl.Swoboda/Jager/Meierer(2008);Porter(1980). 23 Vgl.Delfmann(2007),S.1965. 24 Vgl.Gläser(2008),S.394. 25 Jost(2005),S.191. 18
2.1AnsätzezurBeschreibungvonWertschöpfungsprozessen
11
Der daraus resultierende Bedarf einer differenzierteren Betrachtung des Konsu mentennutzens wurde von verschiedenen Autoren aufgegriffen. So setzt sich der Wert des Konsumentennutzens nach Parolini (1999) aus tangiblen und intangiblen Elementen,
Dienstleistungen
und
ökonomischen
Elementen
zusammen.26
Bowman/Ambrosini (2000) unterscheiden in diesem Zusammenhang zwischen dem usevalue,derdurchdievomKonsumentenwahrgenommeneNützlichkeitbestimmt wird,unddemexchangevalue,derbeimVerkaufdesGutesermitteltwird.27 Brack(2003)entwickelteinealternativeKlassifikationderElementedesindividuellen Bruttonutzens, die sich im Speziellen auf Mediengüter bezieht. Sie betont die Kontextspezifität und Individualität der Nachfragepräferenzen, die den aus einem Mediengut resultierenden Nutzen bestimmen. Der Bruttonutzen einesMediengutes setzt sich aus einem Funktional und einem Wirtschaftlichkeitsnutzen zusammen. ErstererbeziehtsichaufdieLeistungserfüllungundkannineinenPrimärundeinen Sekundärnutzen unterschieden werden. Der Primärnutzen entsteht im Falle der MediengüterausdemInhalt,denderKonsumentrezipierenwill.DerSekundärnutzen resultiert aus Funktionen des Mediengutes, die über die reine Informationsver mittlung hinausgehen und für den Kunden einen Zusatznutzen, etwa in seinem sozialen Umfeld, entstehen lassen. Der Bruttonutzen wird des Weiteren vom Wirtschaftlichkeitsnutzenbestimmt,welcherinsbesondereausdenphysischenEigen schaften des Trägermediums wie Lebensdauer, Wirtschaftlichkeit etc. und der funktionalenGestaltungdesGesamtproduktesresultiert.DerNettonutzenergibtsich fürBrack(2003)ausderDifferenzdessubjektivenBruttonutzensunddembezahlten Preis.28 Wertschöpfungstheoretische Untersuchungen können, wie in Abbildung 4 dar gestellt,aufdreiaufeinanderaufbauendenEbenenanalysiertvorgenommenwerden.
26
Vgl.Parolini(1999),S.119124. Vgl.Bowman/Ambrosini(2000),S.4. 28 Vgl.Brack(2003),S.80ff. 27
12
2TheoretischeGrundlagen
Makroebene: Globale/Nationale Wertschöpfung Mesoebene: Zwischenbetriebliche Wertschöpfung Mikroebene: Innerbetriebliche Wertschöpfung
29
Abbildung4:BetrachtungsebenenderWertschöpfung
Üblicherweise erfolgt die Diskussion von Wertschöpfung entweder auf makroöko nomischerEbeneimHinblickaufdenBeitragvonWirtschaftssektorenzumNational einkommen oder auf Mikroebene als Schaffung eines Nettonutzens durch inner betrieblicheWertschöpfung. Jedoch ist zusätzlich eine dazwischen liegende Mesoebene zu berücksichtigen, welche häufig mit den Begrifflichkeiten „Industrie“ oder „Branche“ umschrieben wird. Solche Ansätze zur Beschreibung und Analyse von Wertschöpfungssystemen sindfürdievorliegendeArbeitvonbesondererRelevanz,daaufdieserAnalyseebene AussagenüberVeränderungeninBranchenstrukturen,hierfürdieBuchbranche,ab geleitet werden können. Darüber hinaus ist bei der später vorgenommenen Be trachtung von Geschäftsmodellen die Mikroebene von Relevanz. Die Makroebene wirdaufgrundihrergeringenAussagekraftfürdenhierbetrachtetenUntersuchungs gegenstandnichtnähererläutert. 2.1.2 WertschöpfungaufderMikroebene Die von Michael Porter (1985) eingeführte, auf der Mikroebene angesiedelte Wert schöpfungskette30siehtdasUnternehmen„alseineAnsammlungvoneinanderunter scheidbarer, aber miteinander verbundener Produktionsfunktionen“.31 Insofern definiert Porter eine Wertschöpfungsaktivität als eine sich innerhalb des Unter 29
InAnlehnunganSchiele(2001),S.54undHofer(2000),S.134. Porter verwendet im Original den Begriff „value chain“, der in der deutschen Übersetzung mit „Wertkette“ wiedergegeben wird. Dieser ist inhaltsgleich mit der heute üblichen Bezeichnung „Wertschöpfungskette“, welcher aus Gründen der Begriffsklarheit in dieser Arbeit verwendet wird. 31 Porter(2000),S.69. 30
2.1AnsätzezurBeschreibungvonWertschöpfungsprozessen
13
nehmens befindende Produktionsfunktion, welche die Umwandlung von Inputs in Outputsbestimmt.
Abbildung5:DieWertschöpfungsketteeinesUnternehmensnachPorter(2000)32
Wie aus Abbildung 5 ersichtlich wird, unterteilt Porter (2000) die Wertschöpfungs aktivitäten eines Unternehmens in primäre Aktivitäten, welche unmittelbar mit der „physischen“ Leistungserstellung und verwertung befasst sind, und unterstützende Aktivitäten,diefürdieprimärenAktivitätenbenötigtwerden.Ersterewerdenunter gliedert in die sequenziell aufeinanderfolgenden Bereiche Eingangslogistik, Operationen,Ausgangslogistik,MarketingundVertriebsowieService.Diesewerden von den Aktivitäten Management der Humanressourcen, Technologieentwicklung undBeschaffungunterstützt,sowohlspezifischfürjedeprimäreAktivitätalsauchin Bezug auf die gesamte Kette. Die unterstützende Funktion der Unternehmensinfra strukturwirktaufdiekompletteWertschöpfungskette.DiegenerierteWertschöpfung kommtausSichtdesUnternehmensinderGewinnspannezumTragen.33 Das Wertschöpfungskettenkonzept nach Porter stellt eine stark vereinfachte Ab bildung der idealtypischen Wertschöpfung im Unternehmen dar, welche unter nehmensspezifisch anzupassen ist. Jedoch wird die industrieökonomische Herkunft deutlich das Schema ist insbesondere auf Unternehmen anwendbar, die auf Basis einerlangfristigverbundenenTechnologiearbeiten,welcheeinesequenziellgeprägte Wertschöpfungslogikbedingt,wieetwainderChemieoderAutomobilbranche,und lässt sich nicht auf intangible Produkte und reziproke Prozesse, wie z.B. in den
32
Porter(2000),S.66;Töpfer(2005),S.494. Vgl.Porter(2000),S.68.
33
14
2TheoretischeGrundlagen
Medien und bei Dienstleistungen, übertragen, da sie nicht derselben linearen Logik unterliegen.34 UmdiedigitalisierungsundvernetzungsbedingtenVeränderungenundPotenzialeim Geschäftsablauf abzubilden, ergänzten Rayport/Sviokla (1995) die physische Wert schöpfungskette um einen parallel verlaufenden virtuellen Wertschöpfungsprozess, der eine unterstützende Funktion für die physischen Wertschöpfungsstufen über nimmt und zudem eigenes Wertschöpfungspotenzial enthält. Allerdings bleibt auch hierdielineareStrukturerhalten.35 Für durch die klassische, lineare Wertschöpfungskette nicht darstellbare Wert schöpfungsprozesseschlagenStabell/Fjeldstad(1998)zweiweitereWertschöpfungs konfigurationen vor, den value shop und das value network36. Dabei besteht die Wertschöpfungslogik bei value shops in ggf. iterativen individuellen Lösungs prozessenvonKundenproblemenundimFalledesvaluenetworksinderVernetzung vonKundenaufderGrundlageeinerVermittlungstechnologie.37 2.1.3 WertschöpfungaufderMesoebene Erweitert man die Sicht über die Grenzen eines Unternehmens hinaus, so gelangt man zur Betrachtung von branchenweiten Wertschöpfungssystemen in der Meso ebene.ImFolgendenwerdenhierzudienendeAnsätzevorgestellt. SchondasobendargestellteKonzeptvonPortersahdieAnalysederEinbindungder unternehmensbezogenen Wertschöpfungskette in ein Wertschöpfungssystem, be stehendausvorundnachgelagertenWertschöpfungskettenderLieferantenundAb nehmer, vor, mit der strategischen Zielsetzung, durch die optimale Einpassung der eigenen Wertschöpfungskette Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Dabei werden auch brancheninterne Konkurrenten auf der gleichen Wertschöpfungsstufe, sowie branchenfremde Wettbewerber, deren Wertschöpfungsaktivitäten Überschnei
34
Vgl.Stabell/Fjeldstad(1998),S.414ff;Afuah/Tucci(2003),S.121;Normann/Ramírez(1998),S.30; Wirtz(2006),S.53. 35 Vgl.Rayport/Sviokla(1995);Scheer/Loos(2002),S.30. 36 DerBegriff„valuenetwork“isthierandersbelegtalsdasüblicheVerständnisimSinnevon„Wert schöpfungsnetzwerk“, weswegen er auch als Netzwerkintermdiär bezeichnet wird. Vgl. Picot/Schmid/Kempf(2007),S.214. 37 Vgl.hierzuimDetailStabell/Fjeldstad(1998),S.414ff.
2.1AnsätzezurBeschreibungvonWertschöpfungsprozessen
15
dungen aufweisen oder Verbundeffekte entstehen lassen, berücksichtigt.38 Diese dreidimensionaleSichtweiseistinnachstehenderAbbildung6dargestellt.
Abbildung6:DieWertschöpfungsketteeinerBrancheundihreDimensionen39
Analog zu den auf die Mikroebene bezogenen Ausführungen lässt sich das Konzept derWertschöpfungskettennuraufBranchenmitsequenziellenProduktionsabläufen anwenden. Dies ist jedoch nicht immer gegeben, insbesondere bei dienstleistungs orientierten und informations und kommunikationsintensiven Tätigkeitenwie etwa inderMedienbranche,inwelchendiezudurchlaufendenWertschöpfungsaktivitäten von Fall zu Fall unterschiedlich ausfallen und auch reziprok durchlaufen werden können. Diesen Defiziten wird in den im Folgenden dargestellten Wertschöpfungssystemen Rechnunggetragen. Einen vergleichsweise alten Ansatz stellt die in Frankreich geprägte Filièreforschung dar: „Eine industrielle Filière besteht aus der Summe der Stufen des Produktions prozesses, der von Rohstoffen bis zur Befriedigung der Endkonsumentennachfrage reicht, gleichgültig ob sich diese Endnachfrage auf ein materielles Gut (…) oder auf 38
Vgl.Porter(2000),S.63ff. InAnlehnunganHagenhoff(2004),S.11;Picot/Schmid/Kempf(2007),S.217.
39
16
2TheoretischeGrundlagen
eine Dienstleistung bezieht“40. Dabei wird der komplette Produktionsprozess eines Produktesdargestellt,woraussichaufgrundverschiedenerZulieferbeziehungeneine netzwerkartige Struktur ergeben kann. Einen besonderen Stellenwert nimmt dabei die Überlegung ein, welchen Einfluss dominante Unternehmungen auf ihre Um gebungausüben.DesWeiterenwirdvoneinerWanderungderDominanzimVerlauf des Produktlebenszyklus von der Erzeugung hin zur Verteilung ausgegangen, wobei aucheineRückwanderungstattfindenkann.41 Auch Bitran/Bassetti/Romano (2003) stellen fest, dass die starre Struktur der Wert schöpfungsketten aktuelle Strukturen nicht mehr abzubilden vermag und sprechen voneinerEvolutionderWertschöpfungsketteninWertschöpfungsnetzwerke.Siede finiereneinWertschöpfungsnetzwerkwiefolgt: “Avaluenetwork[isdefined]asoneinwhichaclusterofactorscollaboratesto deliver thehighestvaluetotheendconsumerandwhereeachactorisresponsibleforthesuc cessorfailureofthenetwork.”42
DieAutorenbetonensomitinsbesonderedieKundenzentrierungdesNetzwerkesund diePotenzialedesInternetsfürdieKollaborationderbeteiligtenUnternehmen.43Zu beachtenistauch,dassindiesem,wieauchindenfolgendenAnsätzen,nichtmehr Wertschöpfungsaktivitäten, sondern Unternehmen mit deren Wertschöpfungs prozessenalseinzelneAnalyseeinheitbetrachtetwerden. Benger (2007) ergänzt in seiner Definition von Wertschöpfungsnetzwerken den Aspekt der fallweisen Konfiguration, welcher der Idee der grenzenlosen Unter nehmungnachPicot/Reichwald/Wigand(2008)entspricht:44 „Wertschöpfungsnetzwerke sind ihrer Struktur nach dezentrale polyzentrische Netz werke,diegekennzeichnetsinddurchkomplexreziprokeBeziehungenaufderGrundlage von Verknüpfungen zwischen autonomen, rechtlich selbstständigen Einheiten oder Akteuren. Sie bilden einen Pool von potentiellen Wertschöpfungspartnern, die fallweise zu Wertschöpfungsprozessen konfiguriert werden. Die Entstehung ist ökonomisch motiviert und auf die nachhaltige Erzielung von ökonomischem Mehrwert ausgerichtet. RückgratderKommunikationundInteraktionbildeteinverteiltesInformationssystem.“45
Besondere Ausprägungen dieser Wertschöpfungsnetzwerke werden als Business Websbezeichnet,dievonZerdicketal.(2001)wiefolgtdefiniertwerden: 40
Schiele(2001),S.57,ÜbersetzungnachStoffaes(1980),S.10. Vgl.Schiele(2001),S.58f. 42 Bitran/Bassetti/Romano(2003),S.1. 43 Vgl.Bitran/Bassetti/Romano(2003),S.1ff. 44 Vgl.Picot/Reichwald/Wigand(2008),S.342ff. 45 Benger(2007),S.96f. 41
2.1AnsätzezurBeschreibungvonWertschöpfungsprozessen
17
„Unter Business Webs werden Gruppen von Unternehmen verstanden, die unabhängig voneinanderwertschöpfendeTeilleistungenerstellenundsichgegenseitigergänzen.Der MarkterfolgdieserUnternehmenistaneinandergekoppelt,daderNachfragererstdurch das im gesamten Wertschöpfungsnetz entstandene Systemprodukt ganzheitliche Problemlösungen erhält, die sich gegenüber Konkurrenzprodukten durchsetzen müssen.“46
Das verbindende Element stellt in den meisten Fällen eine gemeinsam eingesetzte Technologie (Techonology Web), ein Kundensegment (Customer Web) oder ein Marktplatz(MarketWeb)dar.47WieinAbbildung7dargestellt,unterscheidetmanin Business Webs zwischen zwei Rollen, die beteiligte Unternehmen einnehmen können:Shaper,diedenKerneinesBusinessWebsdarstellenundeinodermehrere Kernsubsysteme sowie zentrale Standards und Schnittstellen kontrollieren, sowie Adapter,dieentsprechenddenVorgabendesShaperskomplementäreProdukteoder Dienstleistungen erstellen.48 Darüber hinaus können Adapter hinsichtlich ihrer Bindung an das Business Web unterschieden werden, dies ist in Abbildung 7 durch konzentrischeKreisedargestellt. Registrierte Adapter Adapter (äußererKreis)
Unabhängige Adapter
Adapter (innererKreis) Shaper
49
Abbildung7:ShaperAdapterBeziehungeneinesBusinessWebs
Mit dem Value Web Ansatz von Parolini (1999) existiert ein weiteres Konzept der Darstellung von Wertschöpfungssystemen, welches im Gegensatz zu den oben be schriebenen Modellen Wertschöpfungsaktivitäten von Unternehmensgrenzen 46
Zerdicketal.(2001),S.182. Vgl.Zerdicketal.(2001),S.182;HagelIII(1996),S.6ff.;Franz(2003),S.41ff. 48 Vgl.Franz(2003),S.39f;Picot/Schmid(2006),S.32f. 49 InAnlehnungFranz(2003),S.60. 47
18
2TheoretischeGrundlagen
abstrahiertdarstelltundsomitfürdieimRahmendieserArbeitvorgenommeneAna lyse der Veränderungen von Wertschöpfungskonfigurationen besser geeignet ist. Er wirdimFolgendennäherdargestellt. ParolinidefinierteinWertschöpfungssystemwiefolgt: „•avaluecreatingsystem(VCS)canbedefinedasasetofactivitiescreatingvalueforcus tomers; • theseactivitiesarecarriedoutusingsetsofhuman,tangibleandintangibleresources; • theyarelinkedbyflowsofmaterial,information,financialresourcesandinfluencerela tionships; • VCSsalsoincludeconsumptionactivities,insofarasthevaluethatfinalcustomersenjoyis alsoafunctionofthewaytheyuseandconsumethepotentialvaluereceived; • finalcustomersnotonlyreceiveandconsumethevaluecreated,butcanalsoparticipate invaluecreatingactivities; • activities may be governed by the market, a hierarchy or intermediate forms of co ordination(companynetworks); • various economic players may participate in a VCS (companies, families, public bodies, nonprofitorganizations)bytakingresponsibilityforoneormoreactivities; • aneconomicplayermayparticipateinmorethanoneVCS.”50
Parolini unterscheidet somit zwischen verschiedenen Ausprägungen von Wert schöpfungsaktivitäten (Realisierungs, Unterstützungs Transaktionsmanagement und Konsumaktivitäten) und verbindenden Strömen und bezieht explizit auch den KonsumentenindieDurchführungvonWertschöpfungsaktivitätenein. Dabei sind Realisierungsaktivitäten direkt an der Produktion oder Distribution des (physischen)ProduktesodereinerkonkretenDienstleistungbeteiligt.Unterstützungs aktivitätenverbesserndieEffektivitätundEffizienzvonanderenAktivitäten,ohnean derphysischenProduktioneinzelnerGüterbeteiligtzusein.SieumfassenimMedien kontext alle Prozessschritte bis zur Erstellung der ersten Kopie.51 Zudem existieren Transaktionsmanagementaktivitäten,welcheKaufundVerkaufsaktivitätenzwischen Unternehmen beschreiben, und Konsumaktivitäten der Endkunden. Aktivitätsver bindendeStrömewerdeninGüter,InformationsundEinflussströmesowiemonetäre Ströme unterschieden. Allgemeine Unterstützungsaktivitäten können auch ohne konkretenVerbindungsstromdargestelltwerden.52
50
Parolini(1999),S.62f. Vgl.Parolini(1999),S.162ff. 52 Vgl.Parolini(1999),S.80ff. 51
2.1AnsätzezurBeschreibungvonWertschöpfungsprozessen
19
DerindenobendargestelltenAnsätzenüblicheBezugaufUnternehmenalskleinste Analyseeinheit wird durch eine detailliertere Analyse ersetzt, Unternehmen werden nun als Träger einer oder mehrerer Wertschöpfungsaktivitäten gesehen. Die nach stehendeAbbildung8enthältdievonParolinivorgeschlagenegrafischeDarstellungs form. Darstellungsweisevon Wertschöpfungssystemen
Legende Wertschöpfungsaktivitäten Realisierungsaktivität Unterstützungsaktivität S&P
Konsum
Unter nehmen A
Transaktionsmanagementaktivität Konsumaktivität
Ströme Güterstrom Informationsstrom
S&P
$
Geldstrom Einflussstrom
Konsum
Abbildung8:DarstellungeinesWertschöpfungssystemsnachdemValueNetAnsatzvonParolini53
Das Ziel des Ansatzes liegt in der Identifikation derjenigen Wertschöpfungs konfiguration,welchedieInnovationsfreudigkeitdesSystemssteigertundsomitdie Wertschöpfung maximiert.54 Diese Zusammensetzung wird nach Parolini in einem schrittweisen Vorgehen identifiziert.55 Zunächst werden hierzu die aus Kundensicht notwendigen Wertschöpfungsaktivitäten und ströme des Systems (subjektiv) be stimmt. Daraufhin wird die strukturelle Attraktivität jeder Aktivität ermittelt. Des Weiteren wird die Sichtbarkeit der Aktivität für den Konsumenten, ihre Portal funktion und das Potenzial zur Generierung von anwendungsrelevantem Wissen in dieBeurteilungmiteinbezogen.56DaraufaufbauendwirddiebisherigeKonfiguration des Wertschöpfungssystems, welche sich aus den bestehenden Grenzen der Unter nehmen und ihrenBeziehungen ergibt, mit alternativen Konfigurationen verglichen, umdiejenigeKonfigurationmitdemhöchstenInnovationspotenzialzuermitteln. 53
Vgl.Parolini(1999),S.101ff;Picot/Schmid/Kempf(2007),S.221. Vgl.Parolini(1999),S.213. 55 Vgl.Parolini(1999),S.181. 56 Vgl.Parolini(1999),S.171ff. 54
20
2TheoretischeGrundlagen
AufgrundderumfassendenDarstellungbisaufdieAktivitätsebene,derflexiblenLogik undderexplizitenEinbeziehungdesKundenerscheintdasValueNetKonzeptfürdie Abbildung von Veränderungen im komplexen Wertschöpfungssystem des Buch marktes vergleichsweise am besten geeignet, weswegen auf diese Methodik im weiterenVerlaufderArbeitzurückgegriffenwird. 2.1.4 DynamikinWertschöpfungssystemen EntsprechendderindervorliegendenDissertationverfolgtenIntentionderPrognose vonVeränderungensindauchdynamischeProzesseinWertschöpfungssystemen,die derartige Veränderungen bewirken, von Relevanz. Im Folgenden werden ent sprechendeAnsätzedargestellt. Mol/Wijnberg/Carroll (2005) erweitern zur Analyse der Dynamik den klassischen Wertschöpfungsbegriff um die Perspektive der Abschöpfung der erbrachten Wert schöpfung.57 Die zentrale Annahme besagt, dass die Attraktivität einer bestimmten Wertschöpfungsaktivität durch das Verhältnis aus abgeschöpfter und tatsächlich er zeugterWertschöpfungbestimmtwird.WirdineinerWertschöpfungsaktivität,etwa aufgrund hoher Verhandlungsmacht, mehr Wert abgeschöpft als erzeugt (d.h. das Verhältnisistgrößeralseins),bestehtfürangrenzendeUnternehmeneinAnreizzur vertikalen Integration und für externe Firmen ein Anreiz zum Markteintritt. Dieser Effektwirdalsvaluechainenvybezeichnet.58InKonsequenzkannes,inAbhängigkeit von den bestehenden Verhandlungsmachtverhältnissen, zu Veränderungen in der AbdeckungderWertschöpfungsaktivitätendurchUnternehmenkommen.59 Einen weiteren Ansatzpunkt zur Modellierung von Dynamik in Wertschöpfungs systemen schlagen Pagani/Fine (2008) vor. Sie generieren hierzu am Beispiel der Mobilfunkbranche aus Kausalketten Strukturgleichungsmodelle, auf deren Basis szenariogestütztVeränderungstendenzenableitetwerden.60DadieErkenntnisseauf allgemeinem Niveau bleiben, werden die Veränderungen nur verbal knapp be schrieben, die explizite Darstellung des neuen Wertschöpfungssystems unterbleibt jedoch. 57
In diesem Zusammenhang wird Wertschöpfung als Beitrag zum Nutzen des Endproduktes und Abschöpfung als Differenz zwischen Herstellungskosten und Erlös des (Zwischen)Produktes definiert.Vgl.Bowman/Ambrosini(2000),S.5ff. 58 Vgl.Mol/Wijnberg/Carroll(2005),S.252. 59 Vgl.Mol/Wijnberg/Carroll(2005),S.256. 60 Vgl.Pagani/Fine(2008),S.1103ff.
2.2IntermediäreinderMedienbranche
21
Eine theoretische Basis für Anpassungen der Wertschöpfungsstrukturen an neue Rahmenbedingungen stellen die der Neuen Institutionenökonomik zuzuordnenden Überlegungen von Douglass North zum institutionellen Wandel dar. So entstehen neue Institutionen dann, wenn Veränderungen in den Rahmenbedingungen (etwa Technologien, Kapitalverfügbarkeit, Spezialisierungsvorteile) dazu führen, dass sich hieraus erschließbare Gewinnmöglichkeiten für einen Unternehmer durch neue institutionelle Rahmenbedingungen besser ausschöpfen lassen als unter den be stehenden.61 Zu ähnlichen Schlussfolgerungen gelangen auch Jacobides/Knudsen/Augier (2006), die Dynamik in Wertschöpfungsarchitekturen aus der Perspektive des Innovations managements betrachten. So haben innovierende Unternehmen die Möglichkeit, sonststabileIndustriestrukturenzuverändern,dasiedieRollenderihreInnovation umgebenden Marktteilnehmer sowie deren Verbindungen aktiv gestalten können. Dieses Vorgehen erlaubt es den Innovatoren auch, sich einen großen Anteil an den Innovationsrentenanzueignen.62 Somit lassen sich Weiterentwicklungen in Wertschöpfungssystemen als unter nehmerische Reaktionen auf insbesonderedurch Innovationen veränderteRahmen bedingungenverstehen.UminderLagezusein,dieseChancenzunutzen,müssendie Unternehmen über dynamische Kompetenzen63 verfügen, die „Fähigkeit einer Organisation[…],erfolgskritischeRessourcenclusternichtnuraufzubauenundzuver stetigen,sondernebenauchzurekonfigurieren,umsoderDynamikderUmweltge rechtzuwerden.“64 2.2 IntermediäreinderMedienbranche Für das Verständnis der Struktur von Wertschöpfungssystemen sowie deren Ver änderungsprozesse lassen sich auch durch die Analyse von Intermediären, welche eine Vermittlungsposition zwischen Verkäufer und Käufer einnehmen, wertvolle Er kenntnisseerzielen.HierzuwirdzunächstderBegriffIntermediationdefiniert,bevor die darauf aufbauenden Veränderungsprozesse Disintermediation, Reintermediation und neue Intermediation (New Intermediation) erläutert werden. Im Anschluss 61
Vgl.Emes(2004),S.175ff.;North(1990),S.83ff. Vgl.Jacobides/Knudsen/Augier(2006),S.1202ff. Zum Begriff der dynamischen Kompetenzen (dynamic capabilities) vgl. Teece/Pisano (1994); Teece/Pisano/Shuen(1997). 64 Schreyögg/Kliesch(2006),S.462. 62 63
22
2TheoretischeGrundlagen
werden die Konzepte auf Medienmärkte und die Buchbranche im Speziellen an gewendet. 2.2.1 Intermediation DerUrsprungderwissenschaftlichenBetrachtungvonIntermediationliegtinfrühen Handelstheorien65, die die Bedeutung von Händlern herausstellten, und ist seither fundamentaler Bestandteil der ökonomischen Theorie.66 Dabei wird der Inter mediationsbegriffwieinTabelle1dargestelltdefiniert: Autor
Definition
Rose(1999)
“An intermediary is an independent, profitmaximizing eco nomicagentmediatingbetweentwomarketsidesinpresence ofmarketimperfections. Intermediation is the bridging the incompatibilities between the two (market) sides involved in a transaction by transfor mation of output attributes of the supply market side to ap propriateinputattributesofthedemandmarketside.”67
Circu/Kauffman(2001)
“Intermediation is the process by which a firm, acting as the agent of an individual or another firm (a buyer or a seller), creates value by leveraging its middleman position to foster communicationwithotheragentsinthemarketplacethatwill leadtoexchangetransactions.”68
Picot/Reichwald/Wigand “Thetermintermediaryisgenerallyusedtodenoteanyactor onamarketwhoisneitherasuppliernorabuyer,buteither (2008) facilitatestheoverallfunctioningofthemarketorfirstenables the market to function, receiving a commission or similar compensationforthis.”69
Gläser(2008)
„Die Verlängerung der Wertschöpfungskette wird als Inter mediationbezeichnet.“70
Tabelle1: DefinitionendesBegriffsIntermediationbzw.Intermediär
Ein Intermediär nimmt somit eine Zwischenposition zwischen dem Erzeuger und KäufereinerWareein.DiesernichtzwingendnotwendigeSchritterscheintzunächst mitzusätzlichen(Transaktions)Kostenverbundenzusein.71Tatsächlichistjedochdie 65
Vgl.bspw.Steuart(1767),S.166ff. Vgl.Hess/vonWalter(2006),S.2. 67 Rose(1999),S.51. 68 Circu/Kauffman(2001),S.48. 69 Picot/Reichwald/Wigand(2008),S.308. 70 Gläser(2008),S.407. 71 Vgl.Rose (1999), S. 46. Der Begriff der Transaktionskosten stammt aus der Neuen Institu tionenökonomieundumfasstdieAnbahnungs,Vereinbarungs,Abwicklungs,KontrollundAn 66
2.2IntermediäreinderMedienbranche
23
ReduktiondieserKostendurchIntermediäredieamhäufigstengenannteBegründung fürderenExistenz.72 Die Einschaltung eines Intermediärs erscheint insgesamt dann vorteilhaft, wenn dadurchdieanfallendenTransaktionskostenreduziertwerdenkönnen.Dieswirdbei spielsweise anhand des in der nachstehenden Abbildung dargestellten Baligh RichartzEffekts deutlich, der auf die Kommunikationskosten zwischen Anbieter und Nachfragerabstellt. NotwendigeKontakteohneIntermediär
NotwendigeKontaktemitIntermediär
Anbieter1
Nachfrager1
Anbieter1
Nachfrager1
Anbieter2
Nachfrager2
Anbieter2
Anbieter3
Nachfrager3
Anbieter3
Nachfrager3
mAnbieter
nNachfrager
mAnbieter
nNachfrager
Intermediär
Nachfrager2
Legende Akteur
KontaktalsKostenfaktor
Abbildung9:ReduktionderTransaktionskostendurchdenBalighRichartzEffekt73
So reduziert die Einschaltung eines Intermediärs die Anzahl der mit Kosten ver bundenen Kommunikationsverbindungen zwischen Anbieter und Nachfrager vom Faktor n*m (mit m=Anzahl der Anbieterund n=Anzahl der Nachfrager) auf n+m, da nicht mehr jede Partei mit allen Gegenseiten den Kontakt aufrecht erhalten muss, sondernnurnochmitdemIntermediär.AusSichtdereinzelnenParteireduzierensich die Kommunikationskosten für die Anbieter von N (mit N=Kosten der n Ver bindungen)auf1/N,fürdieNachfragerentsprechendvonMauf1/M.74 Eine weitere Existenzbegründung für Intermediäre wird darin gesehen, dass einem Intermediärgelingenkann,durchdieBündelungderNachfrageSkalenvorteileimEin kaufzuerzielen.75 Diese Kostenersparnisse können vom Intermediär vereinnahmt werden, wodurch jedochAnreizefürdenEintrittweitererIntermediäreentstehen,welchesolangean passungskosten einer wirtschaftlichen Transaktion unter der Annahme unvollkommener Märkte und unvollständiger Verträge. Vgl. Coase (1937); Williamson (1975); Picot (1982), S. 270; Wolf (2003),S.268ff;Picot/Dietl/Franck(2008),S.57. 72 Vgl.Hess/vonWalter(2006),S.3. 73 InAnlehnunganGümbel(1985),S.112;Rose(1999),S.60;vonWalter(2007),S.51. 74 Vgl.Baligh/Richartz(1964),S.670;vonWalter(2007),S.51f. 75 Vgl.Yanelle(1988),S.III.
24
2TheoretischeGrundlagen
halten, bis die Intermediäre wettbewerbsbedingt keine Gewinne mehr erzielen, womit auch die Kosteneinsparungen für Anbieter und Nachfrager konterkariert werden.76SomitsolltenIntermediäreAnbieterundNachfragerandenEinsparungen beteiligen,umihreeigeneExistenzzusichern.77 Entsprechend ihrer im Rahmen der durchgeführten Transaktion übernommenen Rolle unterscheidet man zwischen Intermediären als Merchant und Broker.78 Während ein Merchant tatsächlich Güter erwirbt und veräußert, und somit Risiko trägt, nimmt ein Broker lediglich eine Vermittlungsposition zwischen Anbieter und Nachfragerein.79 DieBetrachtungderIntermediationfandihregrößteAufmerksamkeitimBereichder Finanzmärkte80, wo neben den oben genannten Gründen auch die im Vergleich mit einem Einzelgläubiger überlegene Überwachungsmöglichkeiten des Intermediärs in Bezug auf Informationsasymmetrien zwischen Schuldner und Gläubiger, der Risiko handelsowiedieSenkungderKostenderMarktteilnahmealsweitereGründefürdie ExistenzvonIntermediärengesehenwerden.81 Die Analyse von Intermediationsvorgängen liefert jedoch auch in den Forschungs gebieten ECommerce und Medien wertvolle Erkenntnisse und findet aus diesem Grund zunehmende Anwendung, etwa in Bezug auf das Entstehen neuer Inter mediationsgeschäftsmodellewieOnlineauktionsplattformenoderCommunities.82Zur Verdeutlichung und Unterscheidung der Aktivitäten von Intermediären im E Commerce können diese nach den von ihnen durchgeführten Funktionen charakterisiertwerden:83 AggregationvonInformationenüberVerkäufer,LieferantenundKäufer AggregationvonNachfrageoderAngebot VereinfachungderSuche ReduktionvonInformationsasymmetrien ZusammenführungvonKäuferundVerkäuferfürTransaktionen 76
Vgl.Baligh/Richartz(1964),S.671ff. Vgl.Gümbel(1985),S.113f. 78 Vgl.Hackett(1992),S.299ff. 79 Vgl.Rose(1999),S.67f. 80 Vgl.Yanelle(1988),S.II;Bhattacharya/Thakor(1992),S.7ff. 81 Vgl.Diamond(1984),S.409f;Leland/Pyle(1977),S.382ff;Allen/Santomero(1997),S.1478ff. 82 Vgl.etwaBailey(1998);Circu/Kauffman(2001),S.48ff;Kannan/Chang/Whinston(2001),S.72ff. 83 Die Auflistung der Funktionen folgt Circu/Kauffman (2001), S. 48 und Bailey (1998), S. 33ff. Sie erhebtkeinenAnspruchaufVollständigkeit,verdeutlichtjedochdiewichtigstenFunktionen. 77
2.2IntermediäreinderMedienbranche
25
Preissetzung ÜbernahmeeinerVertrauensposition. Im Kontext des ECommerce stehen darüber hinaus die Prozesse der Dis und Re intermediation im Fokus der Betrachtung, welche im folgenden Abschnitt be schriebenwerden. 2.2.2 DisintermediationundReintermediation BeiderAnalysevonIntermediationsstrukturensind,insbesondereinHinblickaufdie in dieser Arbeit untersuchten Veränderungen in Wertschöpfungsstrukturen, Modi fikationen der Intermediationsverhältnisse von Interesse. Neben der Intermediation durch neue Intermediäre können diese durch Disintermediation oder Reinter mediation geschehen. Dabei bedeutet Disintermediation die Ersetzung oder das ÜberspringeneinesvorhereingesetztenIntermediärs,Reintermediationdieerneute EinschaltungeineszuvordisintermediiertenIntermediärs.84 Aus theoretischer Perspektive wurde zunächst davon ausgegangen, dass die durch die zunehmende Verbreitung von Informations und Kommunikationstechnologien sinkenden Transaktionskosten85 zur Disintermediation im elektronischen Handel führt, da aufgrund der sinkenden Transaktionskosten und dem direkten Kunden zugangdieFunktioneneinesIntermediärsnichtmehrbenötigtwerdenundHersteller ihr Produkte im Extremfall direkt an die Endkunden verkaufen können.86 Diese An nahmewirdalsDisintermediationsthesebezeichnet.87 Sen/King(2003)kommenjedochdurchspieltheoretischeAnalysezuderErkenntnis, dass vollkommene Disintermediation keinen Gleichgewichtsfall darstellt, sondern zumindestMischlösungenexistieren.88
84
Vgl.Amit/Zott(2001),S.495;Chircu/Kauffman(1999),S.110ff;Sen/King(2003),S.155.DerBe griff Reintermediation wird in der Literatur uneinheitlich verwendet: Zum einen in enger Aus legung nur in Bezug auf ehemals disintermediierte Akteure, andererseits offen für alle neuen Intermediäre(vgl.etwaBrandtweiner(2000),S.18).DievorliegendeArbeitfolgtderengenAus legung, neue Akteure mit ähnlichen Funktionen wie ehemalige Intermediäre werden unter dem BegriffIntermediationbzw.NewIntermediationsubsumiert. 85 Vgl.Picot/Reichwald/Wigand(2008),S.58. 86 Vgl.Wigand/Benjamin(1995),S.62;Gellman(1996);Tapscott(1996),S.56;Roche(1996),S.436; Palvia/Vemuri(1999),S.118ff;Scheer/Loos(2002),S.34. 87 Vgl.vonWalter(2007),S.38. 88 Vgl.Sen/King(2003),S.161.
26
2TheoretischeGrundlagen
NebenderDisintermediationkommtesimGegenzugauchzurIntermediationdurch neue Intermediäre (New Intermediation), die neue Intermediationskonstellationen generierenoderzubestehendeninKonkurrenztreten.89SieführenzurTransaktions kostenreduktion auf Anbieterseite, übernehmen an den ECommerce angepasste, neue Dienstleistungen, wie etwa den Betrieb von Verzeichnisdiensten oder neu artigen Marktplätzen, wodurch auf Kundenseite Such, Informations und Ab wicklungskosten reduziert werden.90 Auch die Bündelung von Informationsgütern, derenpersonalisierteZusammenstellungunddieAbwicklungvonZahlungsvorgängen stellen Betätigungsfelder neuer Intermediäre dar.91 Oftmals sind sie in der Lage, durchneueTechnologieneinevorhernichterreichbare,höhereIntermediationsquali tät bereitzustellen. Dies wird etwa am Beispiel der umfassenden Buchvolltextsuche vonGoogledeutlich. Eine weitere Veränderung stellt die Reintermediation dar, hier kehren vormals disintermediierte Akteure in ihre Intermediärsrolle zurück. Hierzu entwickeln sie Kompetenzen,derenFehlenfürdieDisintermediationausschlaggebendwar.92 Der als IDRZyklus (IDR steht für Intermediation, Disintermediation und Reinter mediation) bekannt gewordene und in Abbildung 10 dargestellte Ansatz von Chircu und Kauffman leistet durch die Integration der dargestellten dynamischen Prozesse einenwertvollenBeitragzuderenVerständnisundwirdimFolgendenerläutert.
89
Vgl.Palvia/Vemuri (1999), S. 118ff; Zwass (1996); Vishik/Whinston (1999), S. 157ff. Sarkar/Butler/Steinfield (1995) bezeichnen diese neuen Intermediäre als Cyberintermediaries. Vgl.Sarkar/Butler/Steinfield(1995). 90 Vgl.Sarkar/Butler/Steinfield(1995);Amit/Zott(2001),S.495;Scheer/Loos(2002),S.34. 91 Vgl.Zwass(1996). 92 Vgl.Sen/King(2003),S.155;Chircu/Kauffman(1999),S.110ff.
2.2IntermediäreinderMedienbranche
27
Traditionalmarket Customer
Intermediary
Supplier
Intermediation Customer
Intermediary
Supplier
EConly Intermediary
Disintermediation Customer
Intermediary
Supplier
EConly Intermediary
Reintermediation Customer
ECable Intermediary
Supplier
EConly Intermediary
Key:
Weak link:
Stronglink:
Abbildung10: DerIDRZyklusnachChircu/Kauffman(1999)93
Die Autoren gehen von einem herkömmlichen Intermediationsverhältnis zwischen HerstellerundKäuferaus.DieseswirdinderzweitenPhasedurcheinenneuen,aufE Commerce spezialisierten Intermediär ergänzt, der zunächst aufgrund mangelnder BekanntheitseinerDienstleistungnureinegeringeBedeutunghat(inderAbbildung durcheineschwacheLiniedargestellt).AufgrundseinerdurchdenEinsatzvonITer zieltenKostenvorteilegelingtesdemaufECommercespezialisiertenIntermediärin der dritten Phase, vom traditionellen Intermediär Marktanteile zu übernehmen, wodurch dieser disintermediiert wird. Nach Chircu/Kauffman ist dieser Prozess jedoch nicht von Dauer, da traditionelle Intermediäre die Vorteile des ECommerce erkennenunddiesesAngebotinihrPortfolioaufnehmen,wodurchsieECommerce fähigwerden.DurchdiesenZugkönnensiedurchdenTransferihrerangestammten Kompetenzen und Ressourcen Marktanteile zurückgewinnen, Reintermediation findetstatt.94 ZudiesemKonzeptistkritischanzumerken,dassdieReintermediationalsAbschluss des Zyklus keinesfalls immer gelingt. Insbesondere verfügen die oben dargestellten neuen Intermediäre vielmals über Ressourcen und Kompetenzen, welche die an gestammten Intermediäre nicht ohne Weiteres aufbauen können. Zudem ist die
93
Chircu/Kauffman(1999),S.111. Vgl.Chircu/Kauffman(1999),S.110ff.
94
28
2TheoretischeGrundlagen
Integration des neuen Intermediationsansatzes in die bestehende Wertschöpfungs organisationdes„alten“Intermediärsoftmalsschwierig. 2.2.3 IntermediationundDisintermediationinMedienmärkten Die im vorangegangenen Abschnitt anhand des ECommerce dargestellten Prozesse findenauchinderMedienbranchestatt.95DieswirdimFolgendenunterbesonderer BerücksichtigungderBuchbranchedargestellt. Hierzu ist zunächst zu klären, inwieweit Medienunternehmen als Intermediäre auf gefasst werden können. Zu diesem Zweck sind in Tabelle 2 einige Definitionen zur IntermediationaufMedienundInformationsmärktenwiedergegeben.
Autor
Definition
Rose (1999)
"Aninformationintermediaryisanindependent,profitmaximizingeconomic information processing system performing its activities (information acquisi tion, processing and dissemination) on behalf of other economic agents' in formationneeds.”96
Lang (2001)
Intermediäre […] sind dadurch charakterisiert, dass sie als Koordinatoren zwischen Produzenten und Konsumenten stehen und letztlich den Tausch prozessunterstützen,teilweisesogarselbstorganisieren.[…]Übersetztaufden Mediensektor können jene Unternehmen als Intermediäre bezeichnet werden, die content von Autoren, Künstlern oder anderen content schaffendenUnternehmenzukaufen,Inhaltsomitnichtselbsterzeugen.“97
Seufert (2004)
„Unter Intermediäre werden hier alle Unternehmen verstanden, die in der Wertschöpfungskette zwischen den Inhalteproduzenten und den Rezipienten stehen“98
von Wal „ContentIntermediationistderHandelmitunddieVermittlungvonMedien inhalten(Content)zwischenAngebotundNachfrageaufContentMärktenmit ter dem Ziel der Reduktion von Marktunvollkommenheiten. Die Content (2007) IntermediationistabstrakteFunktionderBedürfnissevonAngebotundNach frage auf diesen Märkten und subsumiert konkret im Sinne einer physischen Überbrückung alle Funktionen, die zwischen den psychisch dominierten ProzessenderContentProduktionundRezeptionerfülltwerden.“99 Tabelle2: AufMedienundInformationsgüterzugeschnitteneDefinitionenderIntermediation
DieaktivitätsorientierteDefinitiondesInformationsintermediärsvonRose(1999)be zieht sich nicht direkt auf die Medienbranche, allerdings lassen sich die meisten 95
Vgl.Gläser(2008),S.406;Wirtz(2006),S.617f;Picard(2006),S.31f. Rose(1999),S.79. Lang(2001),S.72. 98 Seufert(2004),S.66. 99 vonWalter(2007),S.63. 96 97
2.2IntermediäreinderMedienbranche
29
AkteurederMedienbrancheauchalsinformationsverarbeitendeSystemedarstellen, wie es beispielsweise bei Buchverlagen gegeben ist.100 Jedoch schränkt die öko nomische Gewinnerzielungsabsicht die Analyse unangemessen ein, da sie ohne Zweifel relevante Akteure wie etwa die Wikimedia Foundation, die die Online enzyklopädie Wikipedia betreibt, oder Filesharingnetzwerke von der Untersuchung ausschließenwürde. DieDefinitionenvonSeufert(2004),Lang(2001)undvonWalter(2007)stellenalter nativ hierzu auf die Positionierung von Intermediären zwischen Produktion und RezeptioninnerhalbderWertschöpfungsstrukturderMedienbrancheab.Mitdiesem Verständnis werden auch die oben ausgeschlossenenAkteure erfasst, weswegen es fürdievorliegendeArbeitbessergeeigneterscheintundimFolgendenzugrundege legtwird. Die diesem Verständnis entsprechend zwischen Produktion und Rezeption an gesiedeltenTätigkeiteneinesIntermediärslassensichnäherbestimmen.Sowerden die Bereiche der Inhaltebeschaffung, Contentproduktion101, Contentbündelung, Ver vielfältigung und Distribution genannt.102 Hierunter fallen beispielsweise Rechte händler, Printverlage, OnlineSuchdienste, Filmverleiher, Fernseh und Radio programmanbieterundderGroßundEinzelhandel.103Gläser(2008)erwähntzudem „neue Intermediäre“ wie Marktbetreiber (z.B. Onlinedienste) und Inhaltepaketierer (z.B. virtuelle Marktplätze, Suchmaschinen, Portale, Preisvergleichsagenturen). DerenHauptaufgabeliegtinderInformationsaggregation.104 DieÜberlegungenzurIntermediationaufMedienmärktenwurdenauchaufdieBuch branche angewendet.105 So stellen, wie oben gezeigt, in der angestammten Branchenstruktur Buchverlage, Rechtehändler sowie alle Buchhandelsstufen Inter mediäredar.
100
Vgl.Brandtweiner(2000),S.17. Bei enger Auslegung des Intermediationsbegriffes stellt die originäre Contentproduktion keine Intermediationsfunktion dar (vgl. Lang (2001), S. 72). Dennoch wird diese Tätigkeit von einigen Autorengenannt(vgl.etwaSjurts(2004),S.281). 102 Vgl.Sjurts(2004),S.281;Seufert(2004),S.66;Gläser(2008),S.407. 103 Vgl.Lang(2001),S.72;Sjurts(2004),S.281;Seufert(2004),S.66. 104 Vgl.Gläser(2008),S.407. 105 Vgl.etwaGläser(2008),S.410f;Brandtweiner(2000),S.17f. 101
30
2TheoretischeGrundlagen
2.3 DasKonzept„Geschäftsmodell“ InnerhalbeinesWertschöpfungssystemsaufMesoebenestehenverschiedeneUnter nehmenimWettbewerb.UmderenInteraktionbesserverstehenzukönnen,lohntes, diePerspektivedereinzelnenUnternehmung,alsodieMikroebenezubetrachten.In diesem Zusammenhang hat sich in Forschung und Praxis der über die reine Be trachtung der innerbetrieblichen Wertschöpfungsaktivitäten hinausgehende Begriff Geschäftsmodell etabliert, welcher in diesem Abschnitt vorgestellt und diskutiert wird.HierzuwirdzunächsteineReihevongängigenDefinitionenerläutert,bevordie ElementeeinesGeschäftsmodellsnäherspezifiziertwerden. 2.3.1 Definitionen Trotz der hohen Verwendungshäufigkeit des BegriffesGeschäftsmodell besteht kein einheitlichesVerständnishinsichtlichdessenBedeutung.106DienachstehendeTabelle 3zeigtdieBandbreitederexistierendenDefinitionen.
Autor
Definition
Timmers (1998,2000)
„•An architecture for product, service and information flows, including a descriptionofthevariousbusinessactorsandtheirroles;and x a description of the potential benefits for the various business actors; and x adescriptionofthesourcesofrevenue.”107
Amit/Zott (2000)
„Abusinessmodelisthearchitecturalconfigurationofthecomponentsof transactionsdesignedtoexploitbusinessopportunities."108
Mahadevan (2000)
„Abusinessmodelisauniqueblendofthreestreamsthatarecriticaltothe business.Theseincludethevaluestreamforthebusinesspartnersandthe buyers, the revenue stream, and the logistical stream. The value stream identifies the value proposition for the buyers, sellers, and the market makersandportalsinanInternetcontext.Therevenuestreamisaplanfor assuring revenue generation for the business. The logistical stream ad dresses various issues related to the design of the supply chain for the business.”109
Wirtz (2000)
„Durch ein Geschäftsmodell wird in stark vereinfachter und aggregierter Formabgebildet,welcheRessourcenindieUnternehmungfließenundwie diese durch den innerbetrieblichen Leistungserstellungsprozess in ver marktungsfähige Informationen, Produkte und/oder Dienstleistungen
106
Vgl.Timmers(2000),S.32. Timmers(1998),S.4;Timmers(2000),S.32. 108 Amit/Zott(2000),S.13. 109 Mahadevan(2000),S.59. 107
2.3DasKonzept„Geschäftsmodell“
31
transformiertwerden.[…]DiewesentlicheIntention[...]bestehtjedochin der Aggregation wesentlicher, relevanter Aspekte aus den betriebs wirtschaftlichen Teildisziplinen, um hierdurch zu einem einfachen, komprimierten Oberblick der Geschäftsaktivitäten in Modellform zu ge langen.“110
Stähler (2001)
„Ich definiere ein Geschäftsmodell als ein Geschäftskonzept, das in der Praxisschonangewandtwird. 1.EinGeschäftskonzeptenthälteineBeschreibung,welchenNutzenKunden oder andere Partner des Unternehmens aus der Verbindung mit diesem Unternehmen ziehen können. Dieser Teil eines Geschäftsmodells wird ValuePropositiongenannt.[…] 2.EinGeschäftskonzeptistgleichzeitigeineArchitekturderWertschöpfung, d.h., wie der Nutzen für die Kunden generiert wird. Diese Architektur be inhaltet eine Beschreibung der verschiedenen Stufen der Wertschöpfung und der verschiedenen wirtschaftlichen Agenten und ihrer Rollen in der Wertschöpfung.[…] 3. Neben dem Was und dem Wie beschreibt das Geschäftskonzept auch, welche Einnahmen das Unternehmen aus welchen Quellen generiert. […] DieserTeildesGeschäftsmodellsheisstErtragsmodell.”111
Gemünden/ „Ein Geschäftsmodell stellt unter einer simultanen Betrachtung des den Kunden und dem Unternehmen vermittelten Wertes, die Gesamtheit der Schultz dieinterneundexterneLeistungserstellungbeeinflussendenstrategischen (2003) Erfolgsfaktoren von Unternehmen neben ihren dynamischen Wechsel wirkungensystematischdar."112
Pecha (2004)
„Ein Geschäftsmodell bildet den Transformationsprozess von Inputs in vermarktungsfähigeOutputsabundbeinhaltetdemzufolgeallerelevanten Aspekte der Geschäftstätigkeit einer strategischen Geschäftseinheit. Es dient den unternehmensinternen Entscheidungsträgern dabei, neue Optionen/AlternativenfürdieGeschäftstätigkeitzuidentifizierenunddiese zu evaluieren, zu implementieren und zu kontrollieren. Das Geschäfts modellveranschaulichtdarüberhinausdeneigenenMitarbeiternwieauch unternehmensexternen Investoren (gegenwärtige und potentielle), auf welchem Weg die strategische Geschäftseinheit eines Unternehmens die SchaffungökonomischerWerteplant.“113
Tabelle3: DefinitionendesBegriffs„Geschäftsmodell“bzw.„BusinessModel“
TrotzderbestehendenDefinitionsvielfaltlassensicheinigeGemeinsamkeitenidenti fizieren.SonehmendiemeistenDefinitionenaufdieTheoriederWertschöpfungund
110
Wirtz(2000),S.81f. Stähler(2001),S.41f. 112 Gemünden/Schultz(2003),S.175. 113 Pecha(2004),S.15. 111
32
2TheoretischeGrundlagen
dem darin enthaltenen Transformationsprozess von Input in Outputgüter Bezug, teilweiseergänztdurchstrategietheoretischeAspekte.114 DaimspäterenVerlaufdervorliegendenDissertationdasGeschäftsmodellkonzeptals Instrument zu Systematisierung wertschöpfender Aktivitäten eingesetzt wird, ist in diesem Kontext die Operationalisierbarkeit als wichtige Anforderung an die ver wendeteDefinitionzusehen.HierzuerscheintdieDefinitionvonMahadevan(2000), auswelchersichdieimFolgendendargestelltenDimensionenableitenlassen,alsam bestengeeignet,weswegensiedieserArbeitzugrundegelegtwird. 2.3.2 Dimensionen Auf Grundlage der oben vorgestellten Definitionen, insbesondere der von Mahadevan(2000)undStähler(2001),lassensichnachHass(2002)dreiDimensionen eines Geschäftsmodells unterscheiden: Produktarchitektur, Erlösmodell und Wert schöpfungsarchitektur.115 Produktarchitektur Die Produktarchitektur beschreibt, welcher Nutzen durch die Umsetzung des Ge schäftsmodells entsteht, etwa als Produkt oder Dienstleistung. Sie wird auch als ValuePropositionbezeichnet. In der Medienbranche ist hierbei zwischen den Informationsprodukten (produzierte Medieninhalte, etwa das TVProgramm) und der Absatzleistung (das Gut, mit dem sich Erlöse erzielen lassen, etwa die für Werbung erreichte Aufmerksamkeit) zu unterscheiden.BeideAspektesindBestandteilderProduktarchitekturi.w.S.,dieGe staltungdesInformationsprodukteswirdProduktarchitekturi.e.S.genannt.116 Erlösmodell Das Erlösmodell, auch Ertragsmodell genannt, nennt die Quellen, aus denen Ein nahmengeneriertwerdenunddefiniertdieadressiertenAbsatzmärktesowiediever folgtePreispolitik.117 Im Medienkontext wird üblicherweise zwischen direkten Erlösen, die beim Rezipienten erzielt werden, und indirekten Erlösen, die über Werbetreibende oder Institutionenerwirtschaftetwerden,unterschieden.Zudemist,wieinTabelle4dar 114
Vgl.Buttermann(2004),S.112ff. Vgl.Hass(2002),S.94;Stähler(2001),S.41f. 116 Vgl.Hass(2002),S.96ff. 117 Vgl.Hass(2002),S.120ff. 115
2.3DasKonzept„Geschäftsmodell“
33
gestellt, eine Unterscheidung zwischen transaktionsabhängigen und transaktions unabhängigenErlösenmöglich.118 Kriterium
DirekteErlösgenerierung
IndirekteErlösgenerierung
Transaktionsabhängig
Nutzungsgebührenfür Informationsprodukte EinnahmenausdemVertrieb vonKomplementärprodukten
Provisionen DataMining ContentSyndication
Transaktionsunabhängig PeriodischeErlöse
Werbung AusschüttungenvonVer wertungsgesellschaften
Tabelle4: SystematikverschiedenerErlösformen119
Somit lassen sich einerseits Erlöse aus dem Verkauf oder der Vermietung von Informationsprodukten erzielen, jedoch auch aus Produkten, die zum Informations produkt in komplementärer Beziehung stehen – wie etwa Lesegeräte für EBooks. Ebenfalls transaktionsabhängig sind Provisionen, welche für die Vermittlung einer Transaktion an Dritte von diesen ausgeschüttet werden sowie Erlöse aus der Aus wertung von Benutzerprofilen durch Data Mining und aus der Lizenzierung von Inhalten (Content Syndication). Transaktionsunabhängig sind abonnementähnliche periodische Zahlungen für den Zugang zu Inhalten sowie indirekte Erlöse aus WerbungundAusschüttungenvonVerwertungsgesellschaften(bspw.VGWort). Zudem können Erträge nach Erlösquellen unterschieden werden. Hierzu zählen die Produkte selbst, Kundenkontakte als Grundlage für Werbung und Kundendaten für dieAuswertungimDataMining.120 WertschöpfungsarchitekturaufMikroundMesoebene In der Wertschöpfungsarchitektur, der dritten Dimension eines Geschäftsmodells, wirdderProzessderLeistungserstellungdargestellt.Hierbeiistzwischendeninner betrieblich erbrachten Wertschöpfungsaktivitäten (Mikroebene) und deren Position imWertschöpfungssystemderBranche(Mesoebene)zuunterscheiden.
118
Vgl.Zerdicketal.(2001),S.26ff. EigeneDarstellunginAnlehnunganWirtz/Kleineicken(2000),S.627;Hass(2002),S.133f;Zerdick etal.(2001),S.26;Wirtz(2006),S.587. 120 Vgl.Hass(2002),S.120ff. 119
34
2TheoretischeGrundlagen
Abbildung11: ZweiEbenenderWertschöpfungsarchitektur(schematischeDarstellung)
WieinAbbildung11ersichtlich,geschiehtdieBerücksichtigungderWertschöpfungs aktivitäten innerhalb eines Geschäftsmodells auf zwei Ebenen: die Organisation der innerbetrieblichen Leistungserstellung (Mikroebene) und die Einbettung der er brachten Wertschöpfungsaktivität(en) in das Wertschöpfungssystem der Branche (Mesoebene).121DabeistehenbeideEbenenineinemVerhältnisderwechselseitigen Interdependenz.SoistbeispielsweisebeieinerAusweitungderLeistungstiefedurch dieÜbernahmeeinernachgelagertenWertschöpfungsaktivitätdiePositionimWert schöpfungssystem neu zu bestimmen, da die vormals durch andere Akteure er brachteLeistungnichtmehrbenötigtwirdundsomitandereSchnittstellenaufgebaut werdenmüssen. AusderDarstellungdesaufderMikroebeneanzusiedelndenGeschäftsmodellseines Unternehmens lässt sich darüber hinaus eine Vielzahl von strategisch wertvollen Informationen ableiten. So dient es zur Identifikation von Wechselwirkungen und Interdependenzen zwischen den verschiedenen Elementen der Geschäftstätigkeit122 undbietetdieMöglichkeit,AlternativenzurderzeitigenKonfigurationzuentwickeln und zu analysieren sowie die Auswirkungen von Veränderungen auf andere Aktivi täten zu prognostizieren.123 Auch kann auf diese Weise die Konfiguration ermittelt
121
FüreineDarstellungalternativerAnsätzezurBeschreibungvonWertschöpfungsarchitekturenvgl. Kapitel2.1.2(Mikroebene)und2.1.3(Mesoebene)dervorliegendenArbeit. 122 Vgl.Gemünden/Schultz(2003),S.175;Hass(2002),S.95. 123 Vgl.Pecha(2004),S.15.
2.4MedienökonomischeGesetzmäßigkeiten
35
werden, die die beste Passung an die sich ggf. verändernden Rahmenbedingungen aufweist.124 IndervorliegendenArbeitwerdendieseFunktionengenutzt,umImpulsefürunter nehmerischeAktivitätenunddieWeiterentwicklungvonUnternehmensstrategienim digitalisiertenBuchmarktzugeben. 2.4 MedienökonomischeGesetzmäßigkeiten ImfolgendenAbschnittwerdenZusammenhängeundGesetzmäßigkeitenvorgestellt, diefürdieAnalysevonMedienvonspezifischerBedeutungsind.Hierzuwirdzunächst auf Informationsprodukte im Allgemeinen eingegangen, bevor die typische Kosten undErlösstrukturvonMedienunternehmenthematisiertwird. 2.4.1 BesonderheitenvonInformationsgütern Medieninhalte stellen eine Ausprägung von Informationsgütern dar, die Shapiro/ Varianwiefolgtdefinieren:125 „Essentially,anythingthatcanbedigitizedencodedasastreamofbitsisinformation. For our purposes, baseball scores, books, databases, magazines, movies, music, stock quotes,andWebpagesareallinformationgoods.”126
Die nachstehend dargestellten Eigenschaften sind somit auch auf die in der vor liegendenArbeitbehandeltenBuchinhaltealsMedienproduktwirksam. Ein grundlegendes Charakteristikum von Informationsgütern stellt ihre Eigenschaft alsErfahrungsgüterdar,daderWertdesGutesvorabnichtbeurteilbar,sondernerst beidessenKonsumfeststellbarist.127ImGegensatzzuanderenErfahrungsgütern,wie etwa Lebensmitteln, behalten Informationsprodukte auch nach dem erstmaligen Konsum ihren Erfahrungsgutcharakter, was am Beispiel einer Tageszeitung deutlich wird.128 Diesem Problem, welches auch als Informationsparadoxon bezeichnet wird129,begegnenMedienunternehmendurchfreizugänglicheAusschnitte,wieetwa
124
Dies entspricht dem Konzept der Kontingenztheorie, welche in Abschnitt 5.3 für die Ableitung generischerGeschäftsmodelleAnwendungfindet. 125 Vgl.Brandtweiner(2000),S.33;Zerdicketal.(2001),S.149. 126 Shapiro/Varian(1999b),S.3. 127 Vgl.Schumann/Hess(2006),S.36. 128 Vgl.Shapiro/Varian(1999b),S.5. 129 Vgl.Arrow(1962),S.615;Picot/Reichwald/Wigand(2008),S.57.
36
2TheoretischeGrundlagen
Leseproben, und durch Qualitätssignalisierung durch Marken mit hoher Reputation.130 Digitale Informationsgüter weisen außerdem die nachstehenden Eigenschaften auf:131 Nichtabnutzbarkeit Digitale Güter unterliegen keinen Abnutzungserscheinungen und behalten somitihreQualitätfüreinenunbegrenztenZeitraumbei. Transmutabilität DerInhaltvondigitalenInformationsproduktenkanneinfachgeändert,variiert undpersonalisiertwerden. Reproduzierbarkeit DigitaleGüterkönnenzugeringenKostenunbegrenztundohneQualitätsver lustvervielfältigtwerden. Insbesondere aufgrund der unbegrenzten Reproduzierbarkeit ergibt sich ein öko nomisches Anreizproblem, welches als Trittbrettfahren bei öffentlichen Gütern be zeichnetwird.132Diesistgegeben,wennesnichtodernurschwermöglichist,einzel neNutzervomKonsumauszuschließen.IndiesemFalleerreichendieKonsumenten einen höheren individuellen Nutzen, wenn sie das Produkt ohne Bezahlung konsumieren – das gesellschaftliche Gesamtergebnis ist jedoch suboptimal, da die gewünschteLeistungaufgrunddergeringerenErlöseggf.ingeringeremUmfangoder garnichterbrachtwird.133 DiesesProblemistbesondersimBereichderdezentralen,nichtlizenziertenWeiter gabevonMedieninhaltendurchKonsumentenetwaüberdasInternetvonRelevanz und wird vonseiten der Industrie u.a. durch den Einsatz von Digital Rights Management,etwaKopierschutzmechanismen,bekämpft. 2.4.2 KostenundErlösstruktur Medienmärkte sind im Vergleich mit anderen Industrien geprägt durch einige Be sonderheitenhinsichtlichderZusammensetzungderKostenunddererzieltenErlöse. DiesewerdenimFolgendendargestellt. 130
Vgl.Shapiro/Varian(1999b),S.5. Vgl.Choi/Stahl/Whinston(1997),S.70ff;Brandtweiner(2000),S.34f. 132 Vgl.Varian(2001),S.610. 133 Vgl.Varian(2001),S.609ff;Wirtz(2006),S.28. 131
2.4MedienökonomischeGesetzmäßigkeiten
37
InihrerKostenstrukturweisenMedienproduktedeutlicheEconomiesofScaleauf,die Stückkosten sinken stark mit steigender Ausbringungsmenge. Dieser Effekt wird als FirstCopyCostEffectbezeichnet,derdadurchentsteht,dassfürdieerstmaligeHer stellung eines Medienproduktes, beispielsweise eines Buches, hohe Kosten ent stehen, wobei für weitere Kopien nur noch die vergleichsweise geringen Re produktionskosten anfallen. Diese Kosten sinken bei digitaler Distribution nochmals drastischaufeinmarginalesNiveau,sodasssiebeivielenKostenbetrachtungenver nachlässigtwerdenkönnen.134 Auf Erlösseite stellt der mehrfache Absatzmarkt von Medienprodukten die ent scheidende Besonderheit gegenüber anderen Industrien dar. Klassischerweise werdenhierunter derRezipientenmarkt, auf dem direkte Erlösebeim Nutzer erzielt werden,undderWerbemarkt,inwelchemWerbetreibendefürdiebeimRezipienten erzielte Aufmerksamkeit bezahlen, verstanden.135 Sie werden ergänzt durch den MarktfürRechteundLizenzensowieZusatzangeboteundMehrwertdienste.136 2.4.3 ÖkonomischeNetzwerktheorie In der ökonomischen Betrachtung von Gütermärkten wird der Wert eines Gutes üblicherweise aus dessen Knappheit bestimmt: je seltener ein Gut, desto höher dessen Wert. Jedoch ist bei Medien, Informations und Kommunikationsprodukten teilweiseeingegensätzlicherZusammenhangzubeobachten:IhrWertsteigtmitzu nehmenderVerbreitung.137DieserEffektwirdnachstehenderläutert. Güter, deren Nutzen für den Besitzer mit der Anzahl zusätzlicher Nutzer steigt, werden als Netzwerkprodukte bezeichnet.138 Dabei ist es unerheblich, ob ein physisches Netzwerk existiert (wie etwa das Internet) oder das Netzwerk durch Kompatibilitätentsteht(z.B.DateiformatevonEBooks).139 ÖkonomischbetrachtetentstehendurchdenKaufeinesNetzwerkproduktespositive externe Effekte. Diese „umfassen die unkompensierten Nutzenveränderungen, die einWirtschaftssubjektdurchseineHandlungenbeianderenGesellschaftsmitgliedern 134
Vgl. Shapiro/Varian (1999b), S. 20f; Zerdick et al. (2001), S. 165ff; Picard (2002), S. 54ff; Köhler (2005),S.9. 135 Vgl.Wirtz(2006),S.23ff. 136 Vgl.Gläser(2008),S.191. 137 Vgl.Schumann/Hess(2006),S.39. 138 Vgl.Katz/Shapiro(1985),S.424. 139 Vgl.Shapiro/Varian(1999b),S.174.
38
2TheoretischeGrundlagen
auslöst.“140DeswegenwerdenNetzwerkeffekteauchalsNetzwerkexternalitätenbe zeichnet.141 NetzwerkeffektewerdennachdenQuellenihrerExternalitätenunterschieden: Direkte Netzwerkeffekte entstehen durch den zusätzlichen Nutzen für be stehende Nutzer eines Netzeffektgutes, welcher durch dessen weitere Ver breitunggeneriertwird.142 IndirekteNetzwerkeffektebestehenaufgrundderExistenzvonKomplementär gütern,diedenNutzenderbetrachtetenBasisprodukteerhöhen.Diesistetwa bei Lesegeräten für elektronische Bücher der Fall, deren Nutzen mit wachsenderVerfügbarkeitvonEBookssteigt.143 Durch den Nutzenzuwachs, den ein neu hinzukommender Nutzer eines Netzwerk produktes bei allen anderen Anwendern dieses Produktes auslöst, entsteht ein sich selbst verstärkender Prozess, da der gestiegene Nutzen weitere Adoptionsent scheidungen nach sich zieht, die wiederum einen Nutzenanstieg bewirken usw. DiesesPhänomenwirdalsKreislaufderpositivenFeedbacksbezeichnet.144 Eine daraus resultierende Tendenz zu natürlichen Monopolen wird in der Literatur insbesondere für konkurrierende Produkte bzw. Standards beschrieben. Im Diffusionsprozess fällt zu einem relativ frühen Zeitpunkt die Entscheidung, welches Produkt sich am Markt durchsetzt. Dieses wächst durch die positiven Feedbacks, während das unterlegene Angebot durch den entgegengesetzt gerichteten Effekt mehrundmehranBodenverliert.145 HateinAnbietereinemarktbeherrschendeStellungerreicht,kannerdurchdieAus nutzung von insbesondere indirekten Netzwerkeffekten LockinEffekte realisieren und somit seine Vormachtstellung festigen. LockinEffekte basieren auf Wechsel kosten146, die durch Investitionen in bestimmte Technologien und dazu komplementäre Produkte und Fähigkeiten entstehen. Ein Softwaresystem, das auf den spezifischen Bedarf angepasst und mit anderen im Unternehmen verwendeten AnwendungenkompatibelistsowievondenMitarbeiternbeherrschtwird,bildetbei 140
Picot/Dietl/Franck(2008),S.47. Vgl.Zerdicketal.(2001),S.157. 142 Vgl.Schumann/Hess(2006),S.40. 143 Vgl.Katz/Shapiro(1985),S.424;Borowicz/Scherm(2001),S.393. 144 Vgl.Arthur/Arrow(2000),S.1ff;Zerdicketal.(2001),S.159ff. 145 Vgl.Shapiro/Varian(1999b),S.175ff;Arthur/Arrow(2000),S.1;Zerdicketal.(2001),S.160f. 146 ZumBegriffderWechselkostenvgl.Zerdicketal.(2001),S.162. 141
2.4MedienökonomischeGesetzmäßigkeiten
39
spielsweiseeinehoheBarrieregegenübereinemneuenSystem,dessenVorteilediese Wechselkostenüberwiegenmüssen,umeinenUmstiegauszulösen.147 Aus diesen Zusammenhängen wird der Stellenwert von Standards auf dem Gebiet von Informationsprodukten deutlich. Diese haben großen Einfluss auf die Diffusion von Innovationen und bieten den beteiligten Unternehmen Raum für wettbewerbs strategischesVerhalten,etwadurchdieSetzungvonproprietärenStandards.148 Die aus dem oben dargestellten im klassischen Fall doppelten Absatzmarkt ent stehenden Besonderheiten behandelt die auf Netzwerkeffekten basierende Theorie derzweiseitigenMärkte.EinzweiseitigerMarktbestehtdann,„wennzwischenzwei unterschiedlichen Kundengruppen zweiseitige indirekte Netzwerkeffekte vorhanden sind.“149DiesistetwabeiKleinanzeigenmärkteninTageszeitungengegeben,welche denInformationswertderZeitungerhöhenundzugleichmitsteigenderAuflagewert voller werden, da sie eine breitere Leserschaft erreichen. In dieser Situation erfolgt diePreissetzungnichtmehrnachklassischemGewinnmaximierungskalkülaufeinem Markt,sonderninsimultanerOptimierungbeiderMärkte,wasauchzurPreissetzung unterGrenzkostenführenkann.150 Die Komplexität steigt bei zwei und mehrseitigen Märkten noch weiter an, wenn Aktivitäten auf einer Wertschöpfungsstufe zu einer Verringerung des Wertes der Leistung auf einer anderen Marktseite führen – etwa durch die Integration von störenderWerbungoderdurchdenVerkaufvonLizenzen,aufderenBasisdieKunden dasProduktauchüberandereWegeerhaltenkönnen.151 Waren imBuchmarkt traditionell diese Effekte nur ingeringemUmfang vorhanden, etwainFormvondirektenNetzeffektenbeipopulärenTiteln,welcheaufgrunddieser Popularität als wertvoller wahrgenommen werden, so erscheinen Standards auf Software und Hardwareebene und die damit in Verbindung stehenden indirekten NetzwerkeffekteimdigitalisiertenBuchmarktvonentscheidenderBedeutungzusein, da deren Akzeptanz beim Rezipienten eine Grundvoraussetzung für die Verbreitung vonelektronischenBücherndarstellt.AuchgewinnendurchneueErlösmodellemehr 147
Vgl.Shapiro/Varian(1999b),S.184;Zerdicketal.(2001),S.162. Für detaillierte Ausführungen zum Thema Standardisierung vgl. Niggl (1994), S. 54ff; Shapiro/Varian(1999a),S.8ff;Zerdicketal.(2001),S.161;Picot/Fiedler(2002),S.248f;Löwer (2006),S.69ff. 149 Dewenter(2006),S.57.ZumBegriffderNetzwerkeffektevgl.Abschnitt2.4.3. 150 Vgl.Rochet/Tirole(2003);Armstrong(2006),S.668ff;Dewenter(2006);Gläser(2008),S.156. 151 Vgl.Picot/Dietl/Franck(2008),S.207. 148
40
2TheoretischeGrundlagen
facheAbsatzmärkteanBedeutung.DieseZusammenhängewerdenimspäterenVer laufderArbeitwiederaufgegriffen. 2.5 DieDelphimethodik In Kapitel fünf und sechs der vorliegenden Arbeit wird auf Ergebnisse einer vom Autor dieser Arbeit am Institut für Information, Organisation und Management der LudwigMaximiliansUniversität München durchgeführten Delphistudie zurück gegriffen.152Um eine Einordnungder dargestellten Ergebnisse zuermöglichen, wird imFolgendendieeingesetzteMethodikderDelphistudieerläutert. DelphistudienstelleneineMethodedar,Zukunftsprognosenfürschlechtstrukturierte Fragestellungen zu erstellen, die sich modellbasierten statistischen Methoden ent ziehen.153 Sie werden überwiegend den qualitativexplorativen Methoden der Zu kunftsforschung zugerechnet.154 Aus Sicht der Betriebswirtschaftslehre stellen Delphistudien ein Verfahren zur Informationsgewinnung als Grundlage für strukturierte Entscheidungen dar.155 Dabei bedienen sie sich insbesondere der intuitivenEinschätzungenunddesWissensvonExperten.156 Ihre Anwendungsfelder bestehen hauptsächlich in der Vorhersage zukünftiger Ent wicklungen und Ereignisse, in der Strategiebildung sowie bei der Entscheidungs findungunterUngewissheit.157 Die erste Anwendung erfolgte in den 1950er Jahren bei der RAND Corporation im militärischen Kontext des Kalten Krieges, weswegen die erzielten Ergebnisse erst einigeJahrespäterveröffentlichtwurden.158DieDelphimethodikgiltnacheinemAn wendungshöhepunktinden1980erJahrenheuteinvielenDisziplinen,insbesondere in den Wirtschaftswissenschaften, der Medizin, der Pädagogik und der Psychologie als anerkannte Methodik zur Prognose technologischer und sozialer Ent
152
DainderDelphistudieeingegenüberdervorliegendenArbeitbreiteresForschungsgebietunter sucht wurde, wird hier auf eine Gesamtdarstellung der Ergebnisse verzichtet. Siehe hierzu Picot/Janello(2008);Picot/Janello(2009). 153 Vgl.Linstone/Turoff(1975),S.4;Rowe/Wright(1999),S.354;Rowe/Wright(2001),S.135f. 154 Vgl.Steinmüller (1997), S. 30ff. Eine allgemein anerkannte Systematik prospektiver Forschungs methodenexistiertjedochderzeitnicht. 155 Vgl.Häder/Häder(1994),S.9ff;Becker(1974),S.16;Albach(1970),S.12ff. 156 Vgl.Héraud/Munier/Nanopoulos(1997),S.35. 157 Vgl.Rowe/Wright(1996),S.75;Hanafin(2004),S.5f. 158 Vgl.Dalkey/Helmer(1963),S.458;Steinmüller(1997),S.70.
2.5DieDelphimethodik
41
wicklungen.159 Als grundlegende methodische Arbeit gilt die Publikation von Linstone/Turoff(1975),welchedieDelphimethodikwiefolgtdefinieren:160 „Delphimaybecharacterizedasamethodforstructuringagroupcommunicationprocess sothattheprocessiseffectiveinallowingagroupofindividuals,asawhole,todealwith acomplexproblem.”161
AusdervonDalkey/Helmer(1963)vorgelegtenDefinitionwerdendarüberhinausauf praxisnäherem Niveau die Zielsetzung von Delphistudien und deren idealtypische Umsetzungdeutlich: „Itsobjectistoobtainthemostreliableconsensusofagroupofexperts(…)byaseriesof intensivequestionnairesinterspersedwithcontrolledopinionfeedback.”162
TrotzderVielzahlundheterogenenUmsetzungderbisheutedurchgeführtenDelphi studiensindvierKennzeichenklassischerDelphistudienetabliert:163 AnonymitätderExperten IterationderBefragung,wodurchdieExpertenihreEinschätzungimLichtder anderenMeinungenvonRundezuRundeändernkönnen (Kontrolliertes)FeedbacküberdieAntwortenderanderenExperten,wodurch eineVerbesserungdereigenenEinschätzungermöglichtwird StatistischeAggregationderAussagenzurAuswertungundInterpretationder Daten. Zusammenfassend
stellen
Delphistudien
somit
thematisch
fokussierte
Gruppenkommunikationsprozesse dar, in denen der Informationsaustausch anonymisierterfolgt,umunerwünschteInteraktionsundReputationseffektezuver hindern. Für die Aussagequalität ist zudem eine hinreichende Expertise der KommunikationsteilnehmeraufdemjeweiligenGebietnotwendig. 2.5.1 Studienablauf DasVorgehenbeiderDurchführungeinerDelphistudie,wieesauchinderimKontext dieserArbeitdurchgeführtenUntersuchungAnwendungfand,lässtsichindienach stehendausgeführtenundinAbbildung12dargestelltenSchritteunterteilen.164 159
Vgl.Landeta (2006), S. 471; Landeta et al. (2008), S. 34; JungErceg et al. (2007), S. 41; Gupta/Clarke(1996),S.189. 160 Vgl.Zipfinger(2007),S.18;Hanafin(2004),S.5. 161 Linstone/Turoff(1975),S.3. 162 Dalkey/Helmer(1963),S.458. 163 Vgl.Rowe/Wright(1999)S.354;Woudenberg(1991),S.133;Skulmoski/Hartman/Krahn(2007),S. 2f;Martino(1993),S.17.
42
2TheoretischeGrundlagen Entwicklungder Forschungsfrage
Nach der Entwicklung der Forschungsfrage sowie der Selektion der Delphimethodik als Forschungsdesign erfolgt die Auswahl des
Festlegung Forschungsdesign
Expertenkomitees, eine für den Erfolg der UntersuchungkritischeAufgabe.165 DasExpertengremiumsetztsichausFachleuten
Auswahldes Expertenkomitees
fürdiebetrachteteProblemstellungzusammen, wobeidieZusammensetzunginsbesonderevom ZielderUntersuchungabhängtundsomitspezi
Pretest
fisch festgelegt werden muss.166 In der Praxis haben sich die folgenden Quotenmerkmale be
Durchführungund Analysederersten Befragungsrunde
währt: Zuordnung zu relevanten Fachgebieten, Herkunft aus verschiedenen Bereichen (z.B. Hochschulen, Wirtschaft, öffentlicher Dienst),
Entwicklungweiterer Befragungsrunden Bis Abbruchkriterium erreicht
Durchführungund Analyseweiterer Befragungsrunden Abbruchkriterium erreicht
Verfikation, Generalisierungund Dokumentationder Forschungsergebnisse Abbildung12: Vorgehen bei der Durchführung einer Delphistudie, in Anlehnung an Skulmoski/Hartman/ Krahn(2007)
regionale Zuordnung, Grad an Fachkenntnis.167 Darüber hinaus kann eine effektive Beteiligung der Experten nur erwartet werden, wenn die TeilnehmerindieForschungsthematikinvolviert sind, über relevante Informationen verfügen, zur Bearbeitung der Fragebögen motiviert sind unddieaggregiertenExpertenmeinungenihnen einenMehrwertbieten,zudemsiesonstkeinen Zuganghätten.168 Bezüglich der Größe des Expertenpanels gibt es in der Literatur keine einheitlichen Empfeh lungen, da keine Repräsentativität anzustreben
ist, sondern alle relevanten Perspektiven und Denkrichtungen vertreten sein sollten.169 Somit ist die Größe des Panels maßgeblich von der im relevanten 164
Vgl.Skulmoski/Hartman/Krahn (2007), S. 3. Genauere Informationen zum Ablauf der durch geführtenStudiesinddemAnhangdieserArbeitzuentnehmen. 165 Vgl.Keller(2001),S.25;füreineausführlicheDarstellungdesVorgehensbeiderExpertenauswahl vgl.Okoli/Pawlowski(2004),S.20ff. 166 Vgl.Häder(2000),S.2. 167 Vgl.Häder(2002),S.93. 168 Vgl.Delbecq/VanDeVen/Gustafson(1975),S.87f. 169 Vgl.Martino(1993),S.29;Skulmoski/Hartman/Krahn(2007),S.4;Scapolo/Miles(2006),S.688.
2.5DieDelphimethodik
43
Forschungsgebiet bestehenden Heterogenität abhängig. Die Empfehlungen reichen von fünf Experten bei einer homogenen Zusammensetzung170 bis hin zu einer mög lichst großen Anzahl, da hierdurch individuelle Schätzfehler weniger ins Gewicht fallen.171DiemeistenStudiensetzenjedochzwischen15und35Fachleuteein.172In derPraxishängtdieAnzahlderExpertendarüberhinausvonderVerfügbarkeitvon fürdieFragestellunghochqualifiziertenFachleutenab,daderQualitätgegenüberder QuantitätderVorzuggegebenwerdensollte.173 Im nächsten Schritt erfolgt die Entwicklung eines Fragebogenentwurfs, der in der ersten Befragungsrunde in der Regel verhältnismäßig offen und unstrukturiert ge staltetist,sowiedessenÜberprüfung.174ZurFormulierungundGestaltungvonFragen undderenKompositionexistiereneineVielzahlvonHilfestellungenauftheoretischer undempirischerBasis175,jedochisteineVorabÜberprüfungimsogenanntenPretest unerlässlich, um die Operationalisierung der Einzelfragen wie auch das gesamte Studiendesignzutesten.176 Hierzu stehen verschiedene PretestVerfahren zur Verfügung, die sich in ihrer SchwerpunktsetzungbezüglichderErreichungdero.g.Zieleunterscheiden.177Inder Regelfindetein„StandardPretest“Anwendung,welcherdieeinmaligeErhebungdes Fragebogens unter möglichst realistischen Bedingungen vorsieht. Hierbei werden unterpassiverBeobachtungca.20bis50Befragungendurchgeführt,umggf.dieo.g. Defizite zu identifizieren.178 Im Anschluss wird der Fragebogen entsprechend über arbeitet. Im Folgenden wird die erste Befragungsrunde durchgeführt und analysiert. Traditionell geschieht dies durch die Versendung von Papierfragebögen, jedoch kommen vermehrt elektronische Medien zum Einsatz, wie auch in der im Kontext dieser Arbeit durchgeführten Studie. Nach Auswertung des Rücklaufs durch die StudienleitungerhaltendieBefragtenInformationenüberdieErgebnissederersten Runde, welche im Kern zumeist aus dem Median der abgegebenen Einschätzungen (soweitsienumerischerhobenwordensind)bzw.dervorherrschendenMeinung(bei 170
Vgl.Loo(2002),S.765. Vgl.Cuhls/Breiner/Grupp(1996),S.13. 172 Vgl.Gordon(1994),S.6. 173 Vgl.Vorgrimler/Wübben(2003),S.765f. 174 Vgl.Rowe/Wright(1996),S.74. 175 Vgl.beispielsweisePayne(1951);Dillman(1978);Fowler(2002). 176 Vgl.Porst(2000),S.64. 177 FüreineÜbersichtderzurVerfügungstehendenMethodenvgl.Prüfer/Rexroth(1996). 178 Vgl.Prüfer/Rexroth(1996),S.97ff. 171
44
2TheoretischeGrundlagen
nichtquantifiziertenFragestellungen)undBegründungenvondeutlichabweichenden Expertenbestehen.179 IndennächstenSchrittenzeigtsichdieBesonderheitvonDelphistudien:Eswerden weitere Befragungsrunden entwickelt, durchgeführt und analysiert. Die Frage stellungen sind dabei identisch zu der vorhergehenden Runde oder stellen Weiter entwicklungenbzw.Vertiefungendar.180WiebeiderAnzahlderbenötigtenExperten gibtesinderLiteraturauchhinsichtlichderoptimalenAnzahlderIterationenkeine einheitlicheAussage.SogeltenzweibisfünfRundenalsüblich181,wobeiSteinmüller (1997) mehr als zwei Runden als oftmals unnötig einschätzt.182 Insgesamt lässt sich festhalten, dass als Abbruchkriterium traditionell der Konsens unter den Teil nehmern183, ggf. erweitert um die Stabilität der Antworten über die Runden hinweg184, gesehen wird, in jedem Falle jedoch die Beantwortung der Forschungs frage.185ZudemsindauchwirtschaftlicheÜberlegungenhinsichtlichdesVerhältnisses ausdendurcheineneueRundeentstehendenKostenunddemerwartetenErkennt niszuwachszuberücksichtigen.186 Zum Abschluss werden die Ergebnisse konsolidiert,kritisch geprüft (ggf.auch durch ergänzendeempirischeUntersuchungen)undveröffentlicht.187 2.5.2 KlassifikationvonDelphistudien Eine allgemein anerkannte, einheitliche Klassifikation der verschiedenen Aus gestaltungen von Delphistudien existiert derzeit nicht. Dies ist auf die Vielfalt ver folgterZieleundeingesetzterMethodenzurückzuführen,auswelchersichviele,nicht aufeineDimensionzurückführbareKombinationsmöglichkeitenergeben. ZurStrukturierungderinderLiteraturvorgenommenenUnterscheidungenwurdeein mehrdimensionaler Klassifikationsansatz entwickelt, der im Folgenden vorgestellt wird.ErberuhtaufdenbeidenHauptdimensionenZielsetzungundUmsetzungundist inTabelle5inFormeinesmorphologischenKastensdargestellt. 179
Vgl.Rowe/Wright(1996),S.74. Vgl.Loo(2002),S.764. 181 Vgl.Critcher/Gladstone(1998),S.432. 182 Vgl.Steinmüller(1997),S.75;Martino(1993),S.22. 183 Vgl.Häder(2002),S.117ff.FüreinenÜberblicküberverschiedeneVerfahrenzurFeststellungdes Konsensvgl.Dfouni/Croteau(2003),S.8ff. 184 Vgl.Dajani/Sincoff/Talley(1979);Chaffin/Talley(1980);Rowe/Wright(2001),S.130. 185 Vgl.Skulmoski/Hartman/Krahn(2007),S.5. 186 Vgl.Cuhls(1998),S.38f. 187 Vgl.Skulmoski/Hartman/Krahn(2007),S.5. 180
2.5DieDelphimethodik
Ziel setzung
Nach Rauch (1979)
ClassicalDelphi
Vorhersage NachHäder vondiffusen (2002) Sachver halten
PolicyDelphi
Ideen aggregation
Ablauf
EinteilunginBefragungsrunden, Feedbackjeweilsvornächster Runde
Medium
Papier fragebögen
Um setzung
Computer unterstützt: Teleoder OnlineDelphi
45
DecisionDelphi
Ermittlungvon Experten meinungen
Konsens bildung
SofortigesFeedback: RealTimeDelphi
Nurcomputerunterstützt möglich
Tabelle5: KlassifikationvonDelphistudien
Die in der Literatur am häufigsten vorgenommene Klassifikation erfolgt gemäß der IntentionderjeweiligenStudie.HierbeisindzweiTypologienverbreitet: Zum einen die aus dem angelsächsischen Raum stammende Einteilung in Classical Delphi, Policy Delphi und Decision Delphi, welche nach sukzessiver Entwicklung von Rauch (1979) umfassend beschrieben wurde. Als Classical Delphi wird hier die faktenbezogene Suche nach einer Konsensprognose unter unvoreingenommenen Experten gesehen188, während im Policy Delphi ein möglichst breites Spektrum von Alternativen für strategische Fragestellungen ermittelt werden soll.189 Das Decision Delphi, die dritte Ausprägung, dient zur Vorbereitung und Unterstützung der Ent scheidungsfindungdurcheineGruppevonEntscheidungsträgern.190 Die alternative Klassifikation von Häder (2002) unterscheidet zwischen vier Ziel setzungen, die weder deckungsgleich noch überschneidungsfrei mit den oben dar gestelltenTypenausfallen.SodifferenziertHäderzwischenDelphistudienzurVorher sage eines diffusen Sachverhaltes, zur Ideenaggregation, zur Ermittlung und Quali fikation der Ansichten einer Expertengruppe über einen diffusen Sachverhalt und Delphibefragungen zur Konsensbildung unter den Teilnehmern.191 Im Vergleich mit dererstenTypologiebestehteinegewisseÜbereinstimmungzwischendemClassical 188
Vgl.Rauch(1979),S.160f. Vgl.Turoff(1975),S.80. 190 Vgl.Rauch(1979),S.163ff. 191 Vgl.Häder(2002),S.30ff. 189
46
2TheoretischeGrundlagen
DelphiundDelphistudienzurVorhersagevondiffusenSachverhalten(beidezielenauf eine zukunftsgerichtete Konsensprognose ab) sowie zwischen Policy Delphi und Delphistudien zur Ideenaggregation (beide dienen dem Zweck, ein umfassendes Meinungsbildzuermitteln). EineKategorisierunggemäßderverfolgtenZielsetzungalleinewirdjedochderheute existierenden Vielfalt von Delphistudien nicht gerecht. Insbesondere durch die Ver fügbarkeitvonComputersystemenundderenweltweiterVernetzungsindWerkzeuge zurWeiterentwicklungdertraditionellenMethodikentstanden,derenNutzungeine SystematisierungnachweiterenKategoriennotwendigerscheinenlässt. SolassensichDelphistudienzunächstanhandderOrganisationdesKommunikations prozesses mit dem Expertenpanel weiter differenzieren. Dieser kann einerseits, wie im ursprünglichen Delphi vorgesehen, in klar abgegrenzte Befragungsrunden ein geteiltwerdenundsichsoaufeinenlängerenZeitraumbeziehen.Derrückkoppelnde InformationsflussgeschiehthierbeieinMalproRundedurchdieStudienleitung. Eine alternativeMöglichkeit besteht darin,die Unterscheidung in Rundendurch ein computergestütztes Echtzeitsystem, welches die Rückkoppelungsinformation individuell,automatisiertunddynamischberechnet,zuersetzen.BeidiesemalsReal Time Delphi oder Delphi Conference192 bezeichneten Verfahren werden die Teil nehmer aufgefordert, innerhalb eines bestimmten Zeitintervalls mehrmals an der Befragung teilzunehmen und erhalten während der Teilnahme bei numerischen Schätzungen jeweils aktuell berechnete statistische Größen (z.B. Median) über alle bisherigen Teilnehmer hinweg ausgegeben, in deren Kontext sie ihre eigenen Schätzungenabgeben,ggf.begründenundbeliebigoftkorrigierenkönnen.193 Während das Real Time Delphi nur computergestützt durchführbar ist, ist das rundenbasierte Vorgehen sowohl ohne als auch mit computergestützter Daten erhebung möglich. Entsprechend wird die Erhebung mittels Papierfragebögen als Paper and Pencil Delphi und die computergestützte Durchführung allgemein, also sowohl per EMail als auch über interaktive Internetseiten, als TeleDelphi be
192
Vgl.Linstone/Turoff(1975),S.5. Vgl.Gordon/Pease(2006),S.321ff.
193
2.5DieDelphimethodik
47
zeichnet.194 Die Umsetzung als Onlinebefragung (OnlineDelphi) stellt eine spezielle AusprägungdesTeleDelphidar. 2.5.3 WissenschaftlicheFundierung Eine nicht abgeschlossene Diskussion besteht hinsichtlich der wissenschaftlichen Fundierung der Delphimethodik. Diese wird von einigen Seiten bestritten195, jedoch richtetsichdieKritikinweitenTeilenwenigerkonkretgegendieDelphimethodikals gegenalleVerfahren,dieschlechtstrukturierteFragestellungenüberzukünftigeEnt wicklungen untersuchen. Die Kritik ist also eher im Untersuchungsgegenstand be gründet. Zur Fundierung der Delphimethodik werden zunächst die grundlegenden, intuitiv nachvollziehbarenmethodischenHypothesengenannt:196 DerDurchschnittvonmehrerenExpertenschätzungenistvonhöhererQualität alseinzelneSchätzungen. DurchInteraktioninnerhalbderExpertengruppewächstdieQualitätderAus sagen. DieStrukturierungdesInteraktionsprozessesistvorteilhaft,daunerwünschte BeeinflussungenderExpertenuntereinandervermiedenwerden. Diese Thesen lassen sich durch die im Folgenden kurz wiedergegebenen wissen schaftstheoretischenÜberlegungenerhärten: Zunächst erscheint die Argumentation über das „n+1Argument“ plausibel, wonach mit jedem zusätzlich befragten Experten das Wissen des Gremiums und somit auch die Qualität dessen Einschätzung wächst.197 Nach einer Diskussion über den Gehalt dieser Argumentation kommen Saliger/Kunz (1981) nach wahrscheinlichkeits theoretischer Analyse zu dem Ergebnis, dass die durch Delphi gewonnenen Ergeb nissebesseralseinzufälligausgewähltesExpertenurteilsind.198Hiervongehenauch Rowe/Wright/Bolger (1991) aus. Diese schlussfolgern darüber hinaus, dass weniger sachkundige Experten („Swingers“) sich von der aggregierten Gruppenmeinung stärkerbeeinflussenlassenalsihrekenntnisreicherenKollegen(„Holdouts“),wodurch 194
Vgl.Linstone/Turoff (1975), S. 5; Florian (2000), S. 201. Für nähere Ausführungen zu den computergestütztenErhebungsverfahrenseiaufdieKapiteldreiundvierverwiesen. 195 FüreinenÜberblickvgl.Landeta(2006),S.469. 196 Vgl.Woudenberg(1991). 197 Vgl.Dalkey(1969),S.6ff. 198 Vgl.Saliger/Kunz(1981),S.470.
48
2TheoretischeGrundlagen
eineBewegungdesGruppenurteilsinRichtungderrichtigenLösungstattfindet(vgl. Abbildung13).199 Areacontainingtrue answer
Central Central Central Tendencyfor Tendencyfor Tendencyfor ‘Holdouts‘ ‘Swingers‘ Group
Abbildung13: ÄnderungstendenzderGruppenmeinungüberdieBefragungsrundenhinweg200
SomitfindeteineindirekteSelbstselektionderExpertenstatt,indemdieAussagevon höherqualifiziertenExperten,diesichihrerSachesehrsichersind,durchdieBeein flussung anderer Befragungsteilnehmer faktisch höher gewichtet wird. Diese Über legung wird im Wesentlichen durch einen von Blind/Cuhls (2001) durchgeführten HypothesentestaufderBasiseinesrealenDatensatzesbestätigt. Ebenfalls bekräftigen Parente et al. (1984) diese Annahmen. Sie ermitteln in einem empirischen Studiendesign eine Überlegenheit der Gruppenvorhersage über die isolierten Prognosen von 95% der Gruppenmitglieder. Auch zeigen Rowe/Wright/ McColl(2005)empirisch,dassdieExpertenmitdenakkuratestenEinschätzungenihre Meinung am wenigsten ändern, was ebenfalls die These von Rowe/Wright/Bolger (1991)stützt. InderLiteraturwerdenvieleVersuchebeschrieben,dieDelphimethodikperseeiner Evaluation zu unterziehen. So unternahmen etwa Rowe/Wright (1999) eine Meta studie,diedieinDelphistudienerzielteAussagepräzisionmitderandererMethodiken (einmalige Expertenbefragung sowie interagierende Gruppen) vergleicht, wobei ein VorteilderDelphimethodikermitteltwird.201Ono/Wedemeyer(1994)bestätigendie ValiditätderMethodik.AllerdingskommtetwaWoudenberg(1991)zudemErgebnis, dass Delphi keine signifikanten Vorteile gegenüber anderen Verfahren bietet und darüber hinaus bei geringen Vorteilen auch der mit Kosten verbundene hohe Auf wandzuberücksichtigenist.FolglichistkeineinheitlichesErgebniserkennbar. 199
Vgl.Rowe/Wright/Bolger(1991),S.238. InAnlehunganRowe/Wright/Bolger(1991),S.238. 201 Vgl.Rowe/Wright(1999),S.364ff. 200
2.5DieDelphimethodik
49
Im Vergleich zu mathematisch fundierten Prognoseverfahren, wie etwa der Trend extrapolation202,weisenDelphistudiensomiteinevergleichsweiseschwachemetho discheFundierungauf.JedochliegtihrAnwendungsfeldgenauindemBereich,indem solch analytische Verfahren nicht angewendet werden können, da eine hohe Un gewissheit bezüglich der relevanten Einflussfaktoren und den Kausalzusammen hängen herrscht, welche sich streng rationalen Analysemethoden entziehen. AllerdingshabenauchWissenschaftlerundExpertenProbleme,sichvondominanten Paradigma zu lösen, zudem sind unbewusste Wissenslücken (sog. unkonown unkonowns)kaumzuüberwinden.203InsgesamtistdieKritikinsbesondereindervor genommenen Prognose zukünftiger Entwicklungen begründet. Entsprechend vor sichtigsinddieerzieltenErgebnissezuinterpretieren. 2.5.4 VorteileundNachteilederinternetgestütztenUmsetzung Die Erhebung der durchgeführten Delphistudie erfolgte internetbasiert als Online Delphi unter dem Einsatz einer Standardsoftware für Onlinebefragungen. Die damit verbundenenVorteileundNachteilewerdenimFolgendendargestellt. Durch denEinsatz des Internets als Medium für die Delphibefragungen werden ins besonderedieZielederKostenundZeitersparniserreicht.Diesgeschieht,indemder traditionellpostalischeDatenaustauschüberdasInternetabgewickeltwird,wodurch zusätzlich der mit der Gefahr von Übertragungsfehlern behaftete Medienbruch zwischenPapierfragebögenundcomputergestützterAuswertungvermiedenwird.204 Aufgrund der sofortigen Erfassung der Antworten können diese gemäß vorher definierten Regeln bereits während der Beantwortung automatisiert ausgewertet werden. Dies ist insbesondere in drei Anwendungsfeldern von Vorteil: bei der Ver tiefungoffenerAntworteninfolgendenFragen,beibedingtenBegründungenundin derdynamischenBefragtenführung. Bei der Vertiefung offener Fragen ist es etwa möglich, in der ersten, qualitativ orientierten Befragungsrunde die Experten zu bitten, offen Zukunftstrends im KontextderuntersuchtenFragestellungzunennen.DiesekönnenanspätererStelle näherhinterfragt werden, beispielsweise hinsichtlich derenRealisierbarkeitund des Zeithorizonts. 202
ZurTrendexplorationvgl.bspw.Armstrong(2001). Vgl.RootBernstein(2003),S.172f;Kuhn(2006),S.35ff. 204 Vgl.Edwards(2003),S.265. 203
50
2TheoretischeGrundlagen
Mit bedingten Begründungen steht ein Instrument zur Verfügung, welches von Gordon/Pease(2006)fürRealTimeDelphiStudieneingeführtwurde,jedochauchin rundenbasierten OnlineDelphibefragungen eingesetzt werden kann: Die Befragten werden,soferndervonihneneingetrageneSchätzwertaußerhalbeinesbestimmten Intervallsliegt,aufgefordert,ihreSchätzungzubegründen.DieseBegründungwirdim FolgendendenanderenTeilnehmernmitgeteilt,fürdenFall,dassdiesedasjeweilige ArgumentbeiderMeinungsbildungnichtbedachthaben.FürrundenbasierteDelphi studienistdasIntervallindererstenRundedurchdieStudienleitungzubestimmen, indenfolgendenRundenkannderMittelwertdervorangegangenenRundealsAus gangswertfüreinIntervallnachobenunduntengewähltwerden. InderdynamischenBefragtenführungwirdderAblaufderBefragunginAbhängigkeit vonbekanntenEigenschaftendesExpertenoderbereitsgegebenenAntwortenmodi fiziert, es können also Fragen übersprungen oder deren Reihenfolge geändert werden.DiesermöglichtaucheinenochtiefergehendeSpezialisierunginnerhalbdes Expertenpanels und damit die Abdeckung eines breiteren Themenspektrums ohne Verlängerung des Fragebogens:205 So können die Befragten in Form der Selbst selektion Themenbereiche auswählen, über die sie ihrer eigenen Einschätzung nach diehochwertigstenAussagentreffenkönnen.InderimVorfelddieserArbeitdurch geführtenStudiegeschahdiesdurchdieSpezialisierungderabgegebenenPrognosen auf einzelne Branchensegmente,die Zuordnung der Experten erfolgte gemäß deren Selbsteinschätzung. AufGrundlagedersofortigenErfassungderAntwortenistesauchmöglich,denBe fragten durch automatisierte Plausibilitätsprüfungen auf nicht sinnvolle oder fehlendeAntwortenhinzuweisen,dieetwadurchTippfehleroderfalschverstandene Fragestellungen entstanden sein können. Dadurch wird die Zahl nicht verwertbarer Antwortengemindert. DurchdenEinsatzautomatisierterRandomisierungderReihenfolgevonFragenbzw. der einzelnen Beurteilungskriterien kann zudem ein verzerrender Reihenstellungs effekt206eliminiertwerden,derdazuführt,dasseineFragebzw.einKriteriuminAb
205
Vgl.Cuhls/Blind/Grupp(1998),S.6.Dabeiistjedochzuberücksichtigen,dassfürjedeSubgruppe einehinreichendgroßeAnzahlvonExpertennotwendigist,wasbeiderSelektionderBefragtenzu beachtenist. 206 Vgl.Ferber(1952);Stern/Dillman/Smyth(2007),S.127.
2.5DieDelphimethodik
51
hängigkeit von der Position im Fragebogen bzw. in der Frage abweichend be antwortetwird,wodurchergebnisqualitätsminderndeVerzerrungenentstehen. AufdenEinsatzvonElementendesRealTimeDelphiwurdeinderDurchführungder Studieverzichtet,einerseitsaufgrundderprimärqualitativenFokussierung,anderer seits zur Vermeidung unerwünschter BandwagonEffekte207, welche durch die dynamische Ermittlung und Wiedergabe von Mittelwerten von Teilmengen der Antwortenentstehenkönnten. In der Literatur ist jedoch auch eine breite Front der Kritik an Onlinebefragungen festzustellen, in erster Linie die Teilnehmerzusammensetzung betreffend.208 Diese KritikpunktewerdenimFolgendenüberblicksartigdargestellt.
AllenvoranwirddienichtgegebeneRepräsentativitätund–damitverbunden–eine verzerrte oder gar unbekannte Zusammensetzung der Stichprobe kritisiert.209 Diese KritikpunktelaufenjedochbeidenhierbetrachtetenDelphistudieninsLeere,dadie AuswahlderTeilnehmerkeinemRepräsentativitätsanspruchunterliegt,sondernnach fachlichenKriterienerfolgt.
Neben den genannten methodischen Nachteilen besteht zudem ein technischer: WohingegenbeiklassischenBefragungenfürdieBeantwortungdesFragebogensnur einStiftbenötigtwird,soisteinmitdemInternetverbundenesEndgerät,inderRegel ein Personal Computer, für die Beantwortung von Onlinebefragungen erforderlich. NebendenobengenanntenStichprobenverzerrungenkönnenzudemProblemeent stehen,diedurcheineheterogeneAusstattungderBefragtenmitSoftundHardware sowie der zur Verfügung stehenden Internetverbindungsgeschwindigkeit ent stehen.210SokannesetwazuDarstellungsfehlernkommen,dieimExtremfalleinen semantischenUnterschiedverursachen.211DieseFehlermüssendurchvorgeschaltete Tests und dem Einräumen eines alternativen Befragungsmediums für Zielgruppen mitgliederohneInternetzugangausgeschlossenwerden. Als Konsequenz aus den genannten Kosteneinsparungseffekten zeichnet sich seit einigerZeiteinweiteresProblemvonOnlinebefragungenab,dessenAusmaßbislang noch nicht wissenschaftlich untersucht worden ist: Durch die gesunkene finanzielle HürdederDurchführungisteinestarkeZunahmederAnzahlvonOnlinebefragungen 207
ZumBegriffderBandwagonEffektevgl.Leibenstein(1950),S.188ff;Simon(1957),S.79ff. Vgl.Wright(2005). Vgl.Bandilla(1999),S.9;Wölfer/Noll(2002),S.221. 210 Vgl.Schnell/Hill/Esser(2005),S.382;Zhang(2000),S.26. 211 Vgl.Dillman/Bowker(2001),S.169ff. 208 209
52
2TheoretischeGrundlagen
festzustellen, wodurch bei häufig nachgefragten Zielgruppen eine gewisse Teil nahmemüdigkeit entstehen könnte. Hier müssen Gegenmaßnahmen ergriffen werden, etwa die zusätzliche Kontaktierung auf telefonischem oder schriftlichem Wege oder eine verstärkte, glaubwürdige Versicherung des redlichen, das Gemein wohlförderndenwissenschaftlichenInteresses. 2.6 ZwischenfazitI Im vorangegangenen Kapitel wurde die theoretische Basis der vorliegenden Arbeit gebildet. So stellt die Analyse von Wertschöpfungsprozessen ein geeignetes Mittel zurErfassungvondigitalisierungsbedingtenVeränderungeninderLeistungserstellung innerhalbvonUnternehmenwieauchaufBranchenebenedar.Fürdiebranchenweite Analyse erscheint der flexible ValueNetAnsatz von Parolini (1999) am besten ge eignetzusein,weswegenerindenfolgendenKapitelnVerwendungfindet. Im Kontext der Veränderung von Wertschöpfungsstrukturen stellt auch die Unter suchungderRollevonMedienunternehmenalsIntermediäre,dieeineVermittlungs position zwischen Anbieter und Nachfrager übernehmen, eine aussagekräftige theoretische Grundlage dar. Hierbei ist insbesondere die Betrachtung der Hinter gründevonIntermediationsowiederggf.folgendenDisundReintermediationlehr reich. Für die Analyse der Interaktion verschiedener Unternehmen im Wertschöpfungs system sowie deren Strategien ist die Betrachtung der Positionierung der einzelnen Marktteilnehmer aufschlussreich. Hierzu dient das Konzept des Geschäftsmodells, welches Aussagen zur eingesetzten Produktarchitektur, dem verfolgten Erlösmodell sowiederArchitektur,inderdieWertschöpfungerbrachtwird,enthält. Zudemsind imMedienkontextSpezifika hinsichtlich der besonderenCharakteristika von Medienprodukten als Informationsprodukte, deren Kosten und Erlösstruktur sowie im digitalisierungsbedingt zunehmenden Maße Netzwerkeffekte und Fragen der Standardisierung zu berücksichtigen. Diese Zusammenhänge unterscheiden MediengütervongewöhnlichenGebrauchsgütern. Schließlicherfolgte,umdieEinordnungspätereingesetzterErgebnisseeinerDelphi studiezuermöglichen,einekritischeBetrachtungdieserMethodik.
3 DerBuchmarkt Nach Darstellung der relevanten theoretischen Konzepte wird im folgenden Kapitel der Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit erläutert. Hierzu werden zu nächstwichtigeBegrifflichkeitendefiniert,bevordietraditionelleStrukturdesBuch marktesdurchdieDarstellungdesWertschöpfungssystemsvorgestelltwird. 3.1 Begriffsabgrenzungen Als Grundlage für die Betrachtung des Buchmarkteswerdenim Folgenden zunächst wichtigeAusdrückediskutiertunddefiniert. 3.1.1 BuchundEBook IndernachstehendenTabelle6sindeinführendeinigeDefinitionendesBuchbegriffs wiedergegeben,welchealsGrundlagefürdieimAnschlussdurchgeführteErarbeitung einerArbeitsdefinitiondienen.
Autor
Definition
Unesco (1964)
“Abookisanonperiodicalprintedpublicationofatleast49pages,exclu siveofthecoverpages,publishedinthecountryandmadeavailabletothe public”212
Hiller/Füssel "EineineinemUmschlagoderEinbanddurchBindungzusammengefasste, meistgrößereAnzahlvonleeren,beschriebenenoderbedrucktenBlättern (2006) […] von nicht periodischer Erscheinungsweise. […] Der Funktion nach ist das Buch die grafische Materialisierung geistigimmaterieller Inhalte, zum Zwecke ihrer Erhaltung, Überlieferung und Verteilung in der Gesell schaft“213
Sjurts (2006)
„[…] eine nicht periodisch erscheinende Publikation mit einer in sich ge schlossenen Inhaltsdarstellung und mindestens 48 Seiten. Das Buch be steht dabei aus gehefteten, blockartig beschnittenen und eingebundenen LagenvonbedrucktenBogenineinergeordnetenAbfolge.“214
Titel(2006)
Der Begriff Buch fasst ein „im urheberrechtlichen und buchhändlerischen Sinne veröffentlichtes Speichermedium […], Schrift und stehende Bild zeichenenthaltend.“215
Gläser
„Im traditionellen Verständnis ist ein Buch "ein bedruckter Stapel von
212
UNESCO(1964). Hiller/Füssel(2006),S.61. 214 Sjurts(2006),S.30. 215 Titel(2006a),S.79;Titel(2006b),S.119. 213
54
3DerBuchmarkt
(2008); Kerlen (2006)
Papier,dreiseitigoffenundzublättern,miteinemEinband."Traditioneller TrägeristPapier,aufdasdiezuvorgesetztenLetterngedrucktwerden,die DruckbogenineinenBuchblockgefalzt,miteinemEinbandausPappever sehen und als Objekt per Post verschickt werden. Man spricht vom ,,3P Szenario":Papier,Pappe,Post. Im digitalen Szenario ist Buch ein „Langtext, der nicht in direkter Kommunikation, also vorgetragen oder vorgelesen vermittelt wird, sondern mittels eines Trägers." Je nach Träger ist dieser Langtext bei der VervielfältigungjeweilseineranderenÖkonomieunterworfen.“216
Armstrong (2008)
“A book is ‘a substantive amount of content published in some physical form – normally paper sheets bound at one edge – and which is not dis tributedserially’.”217
Tabelle6: DefinitionendesBuchbegriffs
Bei Betrachtung der Definitionen fällt zunächst der traditionelle Bezug auf ein physisches,inderRegelgedrucktesMediumauf,welchesdurchzweiKriterienzuden Zeitschriften abgegrenzt wird: Zum einen wird auf die nichtperiodische Er scheinungsform abgestellt, zum anderen auf die Herstellungsweise als gebundene SammlungvonPapierseiten. Allerdings wird diese Abgrenzung der Digitalisierung nicht gerecht. So würden E Books,dieunterVerwendungvonspeziellenLesegerätenrezipiertwerden,mangels Beschaffenheit aus bedrucktem Papier keine Bücher darstellen – trotz identischem Inhalt,RezeptionsformundWirkung.218 Somit muss eine zeitgemäße Definition von der physischen Erscheinungsform abstrahieren,wieesbeiTitel(2006a)undinderzweitenVariantederDefinitionvon Stähler (2001) bzw. Kerlen (2006) geschieht. Allerdings wird die von Kerlen (2006) vorgenommene strikte Beschränkung auf Langtexte, wenngleich sie ein typisches Merkmal des Inhalts von Büchern darstellt, etwa Bilderbüchern und künstlerischen Bildbänden nicht gerecht, weswegen dieses Kriterium nur relativiert übernommen wird.UmeinebessereAbgrenzungzuZeitschriften,ZeitungenundOnlinemedienwie etwa Blogs zu erreichen, wird die Definition zudem um das übliche, in den DefinitionenvonArmstrong(2008)undSjurts(2006)enthalteneKriteriumderNicht periodizitätergänzt. 216
Gläser(2008),S.125;teilweiseinZitationvonKerlen(2006),S.1f. Armstrong(2008),S.195. SokommtauchKübler(2008)nachDiskussionausliterarischerPerspektivezudemSchluss,dass letztlich der Inhalt der ausschlaggebende Faktor für die Wirkung von Büchern auf den Leser ist undnichtderenphysischeHerstellungsform.Vgl.Kübler(2008),S.25ff.
217 218
3.1Begriffsabgrenzungen
55
SomitwerdenBücherimKontextdieserArbeitwiefolgtdefiniert: Ein Buch ist ein nicht periodisch erscheinendes, thematisch abgeschlossenes und typischerweise als Langtext verfasstes Medienprodukt, das in indirekter KommunikationdurcheinMediumzeitversetztvermitteltwird. Diese breite Definition schließt auch Hörbücher ein, sofern sie sich auf die reine TextwiedergabeohnekünstlerischeInterpretationbeschränken.219 ImRahmendieserArbeitistnebenderDefinitionvonBüchernimAllgemeinenauch die besondere Ausprägung als EBook, also in digitaler Form, von Relevanz. In der nachfolgendenTabelle7sindeinigeDefinitionenüberblicksartigdargestellt.
Autor
Definition
Feather/Sturges (2003)
„The result of integrating classical book structure, or rather the familiar concept of a book, with features that can be provided within an electronic environment is referred to as an electronic book (or ebook), which is intended as an interactive document thatcanbecomposedandreadonacomputer.”220
McKnight/Dearnley An “ebook can be defined as the content of a published book madeavailabletothereaderinelectronicform.”221 (2003) Garrod/Weller (2005)
“Today the term ebook tends to mean actual content i.e. books thatareavailableinelectronicform,andwhichcanbedownloaded fromtheInternetandreadonavarietyofhardwareplatformswith theaidofreadingsoftware.”222
Živkovi(2005)
“An electronic book consists of one or more files of monographic characteravailabletothepubliconlineorinphysicalform(onCD ROM,disketteundthelikephysicalcarriers).Inadditionto textit may include images and sound, links to related online pages and programstochangeandsupplementit.”223
Hiller/Füssel(2006) „EBook, Kurzbezeichnung für Electronic Book, dient sowohl als Bezeichnung für die digitalisierte Form von Inhalten (content) als auchfüreinspeziellesLesegerätimBuchformat.“224
219
Vgl.Kerlen(2006),S.2. Feather/Sturges(2003),S.168. 221 McKnight/Dearnley(2003),S.235. 222 Garrod/Weller(2005). 223 Živkovi(2005),S.61. 224 Hiller/Füssel(2006),S.105. 220
56
3DerBuchmarkt
Sjurts(2006)
„elektronischeFassungeinesBuchs.”225
Duden(2006)
„tragbaresdigitalesLesegerätinBuchformat,indasTexteausdem Internetübernommenwerdenkönnen“226
Armstrong(2008)
“Anebookis:anycontentthatisrecognisably‘booklike’,regard less of size, origin or composition, but excluding journal publica tions,madeavailableelectronicallyforreferenceorreadingonany device(handheldordeskbound)thatincludesascreen.”227
Tabelle7: DefinitionendesBegriffesEBook
Esistfestzustellen,dassderBegriff„EBook“derzeitirreführendsowohlfürdigitale BuchinhaltealsauchfürdezidierteLesegeräteverwendetwird,wobeidieinhaltsbe zogeneInterpretationinsbesondereinletzterZeitüberwiegt.228DieseunklareBegriff lichkeitistfüreinewissenschaftlicheAnalysenichthinnehmbar,weswegenindieser Arbeit der Begriff entsprechend der unten vorgenommenen Definition für digitale Buchinhalte verwendet wird. Die zur Rezeption eingesetzten Endgeräte werden als (dezidierte)EBookLesegerätebezeichnet. Bei den dargestellten Definitionen des Begriffes EBook herrscht ein durchgängiger Bezug auf den Buchbegriff vor. Dieser wird auch in der nachstehenden Arbeits definition beibehalten, indem EBooks passend zur vorgenommenen Definition des BuchbegriffsalsdessenbesondereAusprägungdefiniertwerden: Ein elektronisches Buch (EBook) ist ein nicht periodisch erscheinendes, thematisch abgeschlossenes und typischerweise als Langtext verfasstes Medien produkt,dasinindirekterKommunikationdurcheindigitalesMediumzeitversetzt vermitteltundaufeinemBildschirmwiedergegebenwird. Dabei umfasst der Begriff Bildschirm nicht nur stationäre Monitore, sondern alle DisplaysjeglicherTechnologieimmobilenwiestationärenUmfeld. 3.1.2 Buchhandel Für die wirtschaftlichen Akteure und Strukturen der Buchbranche sind einige spezi fische Termini üblich, welche für das Verständnis wichtig sind und deswegen kurz eingeführtwerden. 225
Sjurts(2006),S.52. Duden(2006). Armstrong(2008),S.199. 228 Vgl.etwa Hiller/Füssel (2006), S. 105; Janzin/Güntner (2006), S. 475; Titel (2006b), S.119; Armstrong(2008),S.195ff. 226 227
3.2TraditionelleWertschöpfungsstruktur
57
Zunächst unterscheidet man zwischen dem Herstellenden und dem Verbreitenden BuchhandelsowiedemZwischenbuchhandel.229DabeistehtderBegriffHerstellender Buchhandel für Verlage, weswegen dieser auch als Verlagsbuchhandel bezeichnet wird.230SomitwerdenVerlageals„derTeildesBuchhandels,derdietechnischeHer stellung der Bücher durch die Druckereien veranlasst“231 definiert.Nach ihren Wirt schaftsprinzipien werden Verlage weiter differenziert: Ein Selbstverlag stellt ein selbstständiges Gewerbe eines Autors dar, ein Kommissionsverlag tritt als reiner Dienstleister ohne Risikoübernahme auf, während der Eigentliche Verlag der gängigenVorstellungeinesverlegerischtätigenWirtschaftsbetriebesentspricht.232 Der Zwischenbuchhandel als Intermediär zwischen Verlagen und Einzelhandel um fasst die als Dienstleister für Verlage tätigen Verlagsauslieferungen, Barsortimenter, welcheaufeigeneRechnungarbeiten,eineschnelleundumfassendeBelieferungdes Bucheinzelhandels garantieren und diesen somit weitgehend von der Lagerhaltung befreien,sowiedenGrossobuchhandel,derdieseAufgabefürkleinereBuchverkaufs stellen und buchhändlerische Nebenbetriebe übernimmt.233 Der weit entwickelte ZwischenbuchhandelstellteineBesonderheitderdeutschenBuchbranchedar,inter nationaldominierteinezweistufigeStruktur.234 ImVerbreitendenBuchhandelsindalleUnternehmenzusammengefasst,welchefertig produzierte Bücher an Endkunden vertreiben. Hierzu zählen neben den klassischen Buchhandlungen, welche als Sortimenter oder Sortimentsbuchhandel bezeichnet werden, der Direktvertrieb von Verlagen, Versand und Bahnhofsbuchhandlungen, Buchgemeinschaften,Warenhäuser,AntiquariateundsonstigeVerkaufsstellen.235 3.2 TraditionelleWertschöpfungsstruktur Die Buchbranche verfügt über eine historisch gewachsene Wertschöpfungsstruktur, welche in diesem Abschnitt als Grundlage für die Analyse ihrer möglichen Ver änderungvorgestelltwird.InderfolgendenAbbildung14isthierzu,derValueNet Darstellungsweise von Parolini (1999) folgend, eine vereinfachte Darstellung des 229
Vgl.Schönstedt(1999),S.43;Heinold/Spiller(2004),S.30. Vgl.Heinold(2009),S.12. 231 Hiller/Füssel(2006),S.342. 232 Vgl.Schönstedt(1999),S.59ff. 233 Vgl.Behmetal.(1992),S.6;Heinold(2001a),S.160f;Heinold(2009),S.161ff;Sjurts(2004),S.65; Janzin/Güntner(2006),S.456;Kerlen(2006),S.246. 234 Vgl.Schönstedt(1999),S.43. 235 Vgl.Heinold(2009),S.174;BörsenvereindesDeutschenBuchhandels(2008c),S.6. 230
58
3DerBuchmarkt
WertschöpfungssystemsderBuchbrancheinklusivederdominantenAkteursgruppen wiedergegeben.
Inhaltekreativ erschaffen
Inhalteentdecken
Vorfinanzieren
Inhalte bewertenund auswählen
Inhalte überarbeiten
Marketing& Branding betreiben
Rechtehandeln& crossmedial vermarkten
Inhalte bündeln
Bücherin Datenbank bereitstellen
Bücher drucken
Autor
Verlag
Bücherverleihen
BücherfürVerleih erwerben
Transaktion anbahnen
Bibliothek
Druckerei
Bücherverfügbar halten& ausliefern
Verlagsauslieferung Transaktion abwickeln
Bücher rezipieren
Leser
Bücherverfügbar halten& liefern
Bücherfür Konsumerwerben
Käufer
Bucheinzelhandel
Barsortiment
236
Abbildung14: KlassischesWertschöpfungssystemderBuchbranche
Die Wertschöpfung beginnt mit der kreativen Erschaffung eines Buchinhaltes durch den Autor. Dies geschieht in der Regel auf dessen Eigeninitiative hin, teilweise werdenAutorenauchvonVerlagenbeauftragt,etwabeiSammelbändenoderReise führern. Die folgenden Wertschöpfungstätigkeitenwerdenderzeit inder Regel von Verlagen ausgeführtoderbeauftragt.HierzuzähltzunächstdieEntdeckungpotenziellerBuch inhalte, die durch Lektoren und die Programmleitung bewertet werden.237 Hierbei ausgewählte Manuskripte werden, zumeist in Interaktion mit dem Autor, über arbeitetundsomitverbessert.ImnächstenSchrittgeschiehtdieBündelungvonggf. mehreren Beiträgen zu einem fertigen Buch. In diesem Schritt geschehen auch die grafische Gestaltung und der Satz des Buches. Dieses wird in digitaler Form vor gehalten.
236
EigeneDarstellungaufGrundlagevonHeinold(2001b),S.196f;Kerlen(2006),S.22;Picot/Janello (2008),S.18;Parolini(1999),S.187.DieBedeutungderverschiedenenDarstellungsformenistin Abbildung8aufSeite17dargestelltundwirddorterläutert. 237 Vgl.Kerlen(2006),S.22und69ff;Hiller/Füssel(2006),S.342.
3.2TraditionelleWertschöpfungsstruktur
59
Begleitend hierzu übernehmen Verlage auch weitere unterstützende Wert schöpfungsaktivitäten. Hierzu zählt die Vorfinanzierung der im Herstellungsprozess anfallenden Kosten und somit eine Risikoübernahme, welche jedoch auch teilweise den Autoren überlassen wird – im Extremfall, etwa bei wissenschaftlichen Publikationen ohne hohe Absatzerwartung, ist sogar vom Verfasser ein Autoren zuschuss zu leisten.238 Daneben betreiben Verlage Marketingmaßnahmen und signalisieren durch ihre Marke die Positionierung und Qualität des Titels.239 Eine weitere Aktivität von Verlagen liegt in der Akquise und dem Verkauf von Rechten, sowohl im Bezug auf Haupt wie Nebenrechte, wie etwa für Filmproduktionen und Übersetzungen. Die folgenden Wertschöpfungsaktivitäten der Vervielfältigung werden in der Regel von (zumindest rechtlich) eigenständigen Druckereien erbracht, teilweise jedoch auch innerhalb von Verlagen. Hierbei ist zunächst die Speicherung des fertigen BuchesindigitalerForminderDruckvorstufezunennen.Diesistteilweisedieeinzige Fassung des endgültigen Buches in digitaler Form, da Endkorrekturen durch den Autortraditionellin den fertigen Druckfahnen erfolgen und eine Übernahme dieser ÄnderungenindieelektronischenVorversionenmithohemAufwandverbundenist. Dies ist für die im weiteren Verlauf der Arbeit vorgenommene Diskussion über elektronische Erscheinungsformen von Relevanz, da eine durchgehend medien neutrale Datenhaltung diesen Medienbruch sowie den Aufwand weiterer Kon vertierungsvorgänge eliminiert. Für die Herstellungskosten wird üblicherweise ein DritteldesLadenpreisesangesetzt.240 Nach Fertigstellung der Bücher erfolgt deren Distribution. Diese geschieht in der Regel über den Zwischenbuchhandel und den Bucheinzelhandel, in Ausnahmefällen auchimDirektvertriebdurchdenVerlagselbst,allerdingsübernimmtdieserdanndie FunktioneinerVersandbuchhandlung.DerSammelbegriffZwischenbuchhandelsteht für die von Verlagen als Broker241 beauftragten Verlagsauslieferungen und die als MerchanttätigenBarsortimenter,welcheeineumfangreicheundkurzfristigeVerfüg barkeitlieferbarerBücherauseinerHandgarantieren.242ImBereichdesBucheinzel handels dominiert, wie in Abbildung 16 auf Seite 63 näher dargestellt, noch immer 238
Vgl.Kerlen(2006),S.105. DiesistvordemKontextdesInformationsparadoxons(vgl.Abschnitt2.4.1)besonderswichtig. Vgl.Kerlen(2006),S.131. 241 ZumBegriffdesBrokerundMerchantimSinnederIntermediärstheorievgl.Abschnitt2.2.1. 242 Vgl.Heinold(2001a),S.160ff;Hiller/Füssel(2006),S.368;Bellmann(2009),S.182. 239 240
60
3DerBuchmarkt
derSortimentsbuchhandelvordemDirektvertriebdurchVerlage,sonstigenVerkaufs stellensowiedemInternetbuchhandel,welcherjedocheindeutlichesWachstumer zielt.243 Der Bucheinzelhandel übernimmt traditionell auch die Transaktionsanbahnung, also dasZusammenbringenvonBuchundBuchkäufer,etwadurchBeratungoderAuswahl desangebotenenSortiments. Neben den Endkunden stellen auch Bibliotheken einen wichtigen Absatzmarkt für Bücher dar, wenngleich sie durch die befristete Weitergabe der Bücher auch eine alternative Zugangsmöglichkeit für Leser eröffnen und somit in Konkurrenz zum Buchhandelstehen. DieletztenSchritteimWertschöpfungssystemderBuchbranchewerdenvonKonsu menten durchgeführt. Es handelt sich um die letztendliche Beschaffung oder Leihe des Buches sowie dessen Rezeption. Die Darstellung deutet die häufige, aber nicht zwingendgegebeneIdentitätvonKäuferundRezipientan. 3.3 SegmentedasBuchmarktes Neben der dargestellten Handelsstruktur lassen sich die im Buchmarkt tätigen AkteuredarüberhinaushinsichtlichihrerthematischenFokussierungunterscheiden. Hierzu wird auf die etablierte Warengruppensystematik des Börsenvereins zurück gegriffen, welche den Buchmarkt in neun Gruppen unterteilt und in Abbildung 15, ergänztdurchihreUmsatzanteileimJahr2008,wiedergegebenist.
243
Vgl.BörsenvereindesDeutschenBuchhandels(2008b).
3.4WirtschaftlicheKennzahlen
61
Sachbuch9,3% SchuleundLernen9,4% Belletristik32,3%
Sozialwissenschaften, Rechtu.Wirtschaft3,0% Mathematik, Naturwissenschaftenu. Technik5,2% Geisteswissenschaften, Kunst,Musik4,7%
Kinder &Jugendbücher 14,6%
Ratgeber15,1% Reisen6,5%
Abbildung15: UmsatzanteilederWarengruppenimBuchmarkt2008244
DieDifferenzierungzwischendiesenBranchensegmentenerscheintnotwendig,dadie digitalisierungsbedingten Veränderungen nicht auf jede Warengruppe im gleichen Umfang wirken. Die Gründe hierfür liegen insbesondere in der Eignung der Inhalte zurDigitalisierungsowieinderprimärenNutzungssituationundRezeptionsweise.245 3.4 WirtschaftlicheKennzahlen Insgesamt erwirtschaftete die Buchbranche in Deutschland im Jahr 2007 einen Um satzvonca.9,5MilliardenEuro246undstelltsomitnachderFernsehbranchedieum satzstärkste Mediengattung dar.247 Vertiefend zur oben dargestellten Wert schöpfungsstruktur werden imFolgendendie wirtschaftlichen Verhältnissevon Ver lagenundBuchhandelalsmaßgeblicheMarktteilnehmernäherbetrachtet. 3.4.1 Verlage ImJahr2006gabesinDeutschland2843Verlage.DieslässtaufdemerstenBlickauf einen wenig konzentrierten Markt schließen, jedoch erwirtschafteten davon 2226 Verlage weniger als eine Million Euro Umsatz und die 29 Verlage mit mehr als 50 MillionenEuroUmsatzerzieltengut62%desGesamtjahresumsatzes2006,mitauf 244
Vgl.BörsenvereindesDeutschenBuchhandels(2009),S.9.DieUmsatzanteilebeziehensichledig lichaufdieUmsätzeimSortimentsbuchhandelundinWarenhäusernundstellensomitnureinen Richtwertdar. 245 Vgl.hierzudieAusführungeninAbschnitt4.5. 246 Vgl.BörsenvereindesDeutschenBuchhandels(2008c),S.5. 247 Vgl.Gläser(2008),S.186.
62
3DerBuchmarkt
grund des anhaltenden Konzentrationsprozesses steigender Tendenz.248 Die KonzentrationwirdauchausderfolgendenTabelle8deutlich,welchedie25umsatz stärkstenVerlageimdeutschsprachigenRaumzeigt.AuchhieristeinstarkesGefälle zuerkennen. Rang Name,Ort
Umsatz(Mio.€)
1
SpringerScience+BusinessMedia,Berlin
569,3
2
KlettGruppe,Stuttgart
434,0
3
CornelsenVerlagsgruppe,Berlin
354,3
4
RandomHouse,München
259,1
5
WestermannVerlagsgruppe,Braunschweig
246,8
6
HaufeGruppe,Freiburg/Breisgau
186,1
7
WekaFirmengruppe,Kissing
176,6
8
MairDuMont,Ostfildern
175,0
8
Weltbild,Augsburg
175,0
8
WoltersKluwerDeutschland,Köln
175,0
11
Thieme,Stuttgart
144,0
12
DeutscherFachverlag,Frankfurt/Main
135,7
13
C.H.Beck,München
135,0
14
RentropVerlagsgruppe,Bonn
134,0
15
VogelMedienGruppe,Würzburg
108,0
16
WileyVCH,Weinheim
96,5
17
BI/Brockhaus,Mannheim
90,0
18
Langenscheidt,München
87,4
19
Rowohlt,Reinbek
78,6
20
S.Fischer,Frankfurt/M
71,1
21
VerlagsgruppeDroemerKnaur,München
68,0
22
Landwirtschaftsverlag,Münster
66,2
23
VGHüthigJehleRehm,Heidelberg
65,0
24
DeutscherÄrzteVerlag,Köln
64,9
25
DAVVerlagsgruppe,Stuttgart
62,2
Tabelle8: Die25umsatzstärkstenVerlageimdeutschsprachigenRaumimJahr2008249
248
Vgl.Schönstedt(1999),S.44;BörsenvereindesDeutschenBuchhandels(2008c),S.28ff. EigeneDarstellungaufGrundlagederDatenvonBuchreport(2009a).
249
3.4WirtschaftlicheKennzahlen
63
DiegroßeAnzahlanKleinverlagenexistierteherausideellenGründenundunterliegt zumeist wirtschaftlichen Problemen, wenn es ihnen nicht gelingt, eine erfolgreiche Nischenstrategieeinzuschlagen.250 3.4.2 Buchhandel Betrachtet man die Aufteilung der im Bucheinzelhandel erzielten Erlöse, so dominiert, wie in Abbildung 16 ersichtlich, noch immer der stationäre Sortiments buchhandel. Es folgen der Direktvertrieb durch Verlage, sonstige Verkaufsstellen (etwaSupermärkteoderTankstellen)sowiederInternetversandbuchhandel,welcher eindeutlichesWachstumerzielt:Nach6,9%MarktanteilimJahr2005,7,6%imJahr 2006 und 8,9% im Jahr 2007 wurden im Jahr 2008 10,7% erreicht, was einem Wachstum von 55% innerhalb von 3 Jahren entspricht.251 Die verbleibenden Ver triebswege Warenhäuser, klassischer Versandbuchhandel, sowie Buchgemein schaftensindvonuntergeordneterBedeutung. Versand Buchgemein buchhandel schaften 3,3% 2,9% Warenhäuser Sonstige 3,0% Verkaufsstellen 9,2%
Internet 10,7%
Sortiments buchhandel 52,6%
Verlagedirekt 18,2%
Abbildung16: UmsatzanteileimBucheinzelhandelnachVertriebswegenimJahr2008252
AuchimSortimentsbuchhandel,demimmernochgrößtenVertriebsweg,schreitetdie Marktkonzentration voran. Dieser Prozess wird aufgrund der Expansion von Buch 250
Vgl.Heinold(2009),S.151f. Vgl.Börsenverein des Deutschen Buchhandels (2007); Börsenverein des Deutschen Buchhandels (2008a); Börsenverein des Deutschen Buchhandels (2008b); Börsenverein des Deutschen Buchhandels(2009),S.6. 252 Vgl.BörsenvereindesDeutschenBuchhandels(2009),S.6. 251
64
3DerBuchmarkt
handelsketten, allen voran Thalia und die DBHGruppe (Hugendubel / Weltbild) als Filialisierungbezeichnet.253 DieKonzentrationwirdauchausderfolgendenTabelle9,inderdie25größtenBuch handelskettenimdeutschsprachigenRaumdargestelltsind,deutlich. Rang Name
Umsatz(Mio.€)
1
ThaliaHoldingGmbH,Hagen
855,0
2
DBH Buch Handels GmbH (Hugendubel, Weltbild, u.a.), 755,0 München
3
MayerscheBuchhandlung,Aachen
160,0
4
SchweitzerFachinformationen,München
158,0
5
LibroHandelsgesellschaftmbH,Guntramsdorf
84,0
6
OrellFüssliBuchhandlungsAG,Zürich
80,0
7
Kaufhof,Köln
78,0
8
LehmannsFachbuchhandlungGmbH,Heidelberg
76,0
9
MorawaBuchundMedien,Wien
47,6
10
Osiander,Tübingen
43,9
11
KarstadtWarenhaus,Essen
40,0
12
Lüthy,Balmer,Stocker,Solothurn
36,9
13
Pustet,Regensburg
36,0
14
Wittwer,Stuttgart
35,1
15
SackMediengruppe,Köln
34,8
16
SternVerlag,Düsseldorf
33,0
17
Athesia,Bozen
32,7
18
Facultas,Wien
30,5
19
ValoraRetailDeutschland,Hamburg
29,6
20
Heymann,Hamburg
28,0
21
Tyrolia,Innsbruck
27,8
22
BuchhandlungDecius,Hannover
27,2
23
Rupprecht,Vohenstrauß
27,0
24
ExLibris,Dietikon
26,0
25
Schmitt&Co,Heidelberg
24,6
Tabelle9: Die25umsatzstärkstenBuchhandlungenimdeutschsprachigenRaumimJahr2008254
253
Vgl.Janzin/Güntner(2006),S.467f. EigeneDarstellungaufGrundlagederDatenvonBuchreport.de(2009a).
254
3.5WertschöpfungundErlösquellen
65
NebendeninderTabelleerfasstenBuchhandelskettenexistierteineVielzahlkleiner Buchhandlungen,welchetrotzdieserKonkurrenzbislangfortbestehenkonnten. 3.5 WertschöpfungundErlösquellen Den Akteuren der Buchbranche stehen traditionell Erlöse durch Wertschöpfungs aktivitätenaufdreirelevantenMärktenoffen:255 aufdemVertriebsmarktdurchProduktionundVerkaufvonBüchern auf dem Anzeigenmarkt durch den Verkauf von Aufmerksamkeit für Werbung aufdemLizenzmarktdurchdenVerkaufvonLizenzenfürProduktionundVer triebdurchDritte. Diese Erlöse werden entsprechend der erbrachten Wertschöpfung bzw. den be stehenden Verhandlungsmachtverhältnissen unter den beteiligten Akteuren auf geteilt. Die konkrete Verteilung ist dabei für jedes Buchprojekt verschieden, wes wegeneineallgemeingültigeÜbersichtnichterstelltwerdenkann.ImFolgendenwird somitaufGrundlagederbestehendenLiteratureinegrobeÜbersichtgegeben. DertraditionelleKalkulationsansatzbestandindersogenanntenDrittelkalkulation,in welcher je ein Drittel des Nettoladenpreises für Verlag (incl. Autorenhonorar), die technischeHerstellungundBuchhandelvorgesehenwar.256DiesesVerhältnishatsich jedoch deutlich in Richtung des Buchhandels sowie den Verlagsgemeinkosten ver schoben.257 So erhalten die Sortimentsbuchhändler je nach Warengruppe einen unterschiedlichen Rabatt gegenüber dem Verkaufspreis, dieser reicht von maximal 25%beiWissenschaftsbüchernüber2535%beiallgemeinerFachliteraturbishinzu knapp 50% bei Publikumsbüchern mit hoher Nachfrage, der von Zwischenbuch händlernzusätzlicherzielteRabattbeträgt1015%.258Heinold(2009)beschreibtden AnteilderbeidenHandelsstufenübereinstimmendmit2050%.259FürdiereineHer stellung werden 1320% des Verkaufspreises genannt, wobei dieser Anteil je nach Herstellungsqualität stark variiert.260 Nach Abzug des Autorenhonorars incl. Lizenz 255
Vgl.Heinold(2009),S.36ff. Vgl.Kerlen(2006),S.131. 257 Vgl.Janzin/Güntner(2006),S.455. 258 Vgl.Bellmann(2009),S.182;Kipphan(2001),S.189;Kerlen(2006),S.141. 259 Vgl.Heinold(2009),S.145. 260 Vgl.Kipphan(2001),S.189;Kerlen(2006),S.132;Alexander(2008),S.9. 256
66
3DerBuchmarkt
kosten von ca. 820% erhält der Verlag zwischen 30 und 50% des Erlöses261. Es ist jedochanzumerken,dassdieRealisierungdieserKalkulationvomtatsächlicherzielten Absatzabhängt,alsoinsbesonderedurchdenFixkostenanteilstarkrisikobehaftetist. 3.6 RegulatorischeEingriffe DerBuchmarktweisteinigeBesonderheitengegenüberanderenMärktenauf,welche aufgrund staatlicher Eingriffe in den freien Markt entstehen. Diese, allen voran die Buchpreisbindung,werdenimFolgendenthematisiert. BücherunterliegeninDeutschlandeinerPreisbindung,welchedenEinzelhandeldazu verpflichtet,dieseProduktegenerellnurzumvomVerlagfestgesetztenEndverkaufs preisabzugeben.262DiesistimGesetzüberdiePreisbindungfürBüchergeregelt,Aus nahmenbestehennurfürimportierteTitel(esseidenn,eshandeltsichumeinenRe import), gekennzeichnete Mängelexemplare, ältere Titel, bei welchen die Preis bindungdurchdenVerlagaufgehobenwurde,fürAutorenexemplare,fürBücherzum EinsatzimUnterrichtundinBibliothekensowiebeiRäumungsverkäufen.263 FürdiePreisbindungwerdeninderRegeldreiklassischeArgumenteangeführt:264 Ermöglichung einer Vielfalt an verlegten Titeln, wodurch Verlage gestärkt und in dieLageversetztwerdensollen,durchQuersubventionierungauchwenigererfolg reicheTitelzuverlegen,umdiekulturelleVielfaltzustärken Erhaltung eines dichten Buchhandelsnetzes, um jedem Bürger den einfachen Zu gangzumKulturgutBuchzusichern;zudemSchutzkleinerBuchhandlungen StärkunginsbesondereunbekannterAutoren,welchedurchdiehöhereTitelvielfalt höhereChancenhaben,verlegtzuwerden. DieserregulatorischeEingriffstehtseitLangeminderKritik,welchedarineineunan gemesseneEinschränkungdesWettbewerbssieht–derPreiswettbewerbimEinzel handel ist ausgeschlossen.265 Dies wird auch an der Tatsache deutlich, dass die Europäische Kommission die bis 2002 bestehende Organisationsform der Preis bindung, die als Sammelrevers bezeichnete freiwillige Vereinbarung zwischen Ver lagenundHändlern,alsKartellundsomitmitdemeuropäischenWettbewerbsrecht 261
Vgl.Kerlen(2006),S.131,140ff;Picard(2002),S.57. Vgl.Sjurts(2006),S.30;Hiller/Füssel(2006),S.343. S.§§2;7GesetzüberdiePreisbindungfürBücher(Buchpreisbindungsgesetz). 264 Vgl.imFolgendenKerlen(2006),S.240ff. 265 Vgl.Henning(1998),S.166f. 262 263
3.6RegulatorischeEingriffe
67
unvereinbar einstufte.266 Seither ist die Buchpreisbindung in Deutschland im Buch preisbindungsgesetz festgeschrieben.267 Eine entsprechende Regelung gilt auch in Österreich, während in der Schweiz die Buchpreisbindung aus wettbewerbsrecht lichen Gründen 2007 abgeschafft wurde.268 Auch im restlichen Europa sind Bücher zumeist preisgebunden, jedoch verzichten bspw. Schweden, Finnland, Groß britannien,IrlandundPolenaufdiesenEingriff.269 Preuß Neudorf (1999) betrachtet die Buchpreisbindung wissenschaftlich, insbes. durch spieltheoretische Analyse. So stellt die Preisbindung einen Mechanismus dar, derBuchhandlungenerlaubt,dasInformationsparadoxondurchdasöffentlicheAus legenderBücheralsöffentlicheGüterzuüberwindenundsomitdieGesamtwohlfahrt zu erhöhen. Durch die Ausschaltung des Preiswettbewerbs kommt es so zu keinen Trittbrettfahrern, die diese Leistung in Anspruch nehmen, die Bücher jedoch beim günstigsten Anbieter erwerben. Des Weiteren kommt er zu dem Ergebnis, dass die alleinige Argumentation über ein durch die Preisbindung künstlich erhöhtes Preis niveauzukurzgreift,daderWegfallderPreisbindungeineDynamikimHandelaus lösen würde, welcher durch ex ante nicht modellierbarer Rückkopplungseffekte die AuflagenundsomitdieKalkulationenderVerlagestarkverändernwürde.Auchfehlt durch die lange Tradition der Preisbindung ein geeigneter Vergleichsmaßstab. InsgesamtsprichtsichderVerfasserwederfürnochgegendiePreisbindungaus,ver weistjedochausdrücklichaufdiedigitalisierungsbedingtenVeränderungenderöko nomischenBedingungen,welchedieBuchpreisbindunginFragestellen.270 Aus den genannten Gründen besteht eine anhaltende Diskussion hinsichtlich der Notwendigkeit der Buchpreisbindung, die nicht immer sachlich geführt wird und oftmals starkvon den Interessen desBuchhandels geprägt ist.Mittelfristigwird mit ihrerAbschaffunggerechnet271,zumaldiemitihrverfolgtenZielenurbedingterreicht werden: So zeigte die Abschaffung in England 1995 zunächst keine negativen Aus 266
Vgl.Janzin/Güntner(2006),S.456f. Vgl.Sjurts(2006),S.30f. 268 Vgl.Boersenblatt.net(2007).AllerdingsisteineWiedereinführungfürdasJahr2010vorgesehen, wobei der grenzüberschreitende Versandbuchhandel ausgenommen ist und importierte Bücher generellmaximal20%teurerseindürfenalsimHerkunftsland.Vgl.Buchreport(2009b),S.1. 269 Vgl.Bernasconi/Hauck/Weise(2009),S.16. 270 Vgl.PreußNeudorf(1999),S.271ff. 271 So sehen die im Rahmen einer vom Verfasser dieser Arbeit durchgeführten Delphistudie be fragten Experten den Wegfall der Buchpreisbindung als viertgrößte Herausforderung für die AkteureimBuchmarkt.Vgl.Picot/Janello(2008),S.11. 267
68
3DerBuchmarkt
wirkungenaufdieZahlderVerlage,BuchhandlungenundNeuerscheinungen.272Auch inderderSchweizhattedieAbschaffungderPreisbindungimJahr2007nebendeut lichen Rabatten bei populären Titeln nur geringe Auswirkungen auf das allgemeine Preisniveau.273 Allerdings war in Frankreich und Schweden nach dem Wegfall der BuchpreisbindungeinRückgangderBuchvielfaltzuverzeichnen,weswegensie1982 wiedereingeführtwurde.274DieserEffektistinzwischenauchinGroßbritannienfest zustellen.275 Die Preisbindung scheint angesichts der zunehmenden Verbreitung von Buch handelsketten auch für die Erhaltung von kleinen Buchhandlungen keine wirksame Maßnahmezusein.ImGegenteilprofitierenFilialistenvonderBuchpreisbindung,da sie unter ihrem Schutz die Expansion vorantreiben und durch steigende Absatz volumina größere Einkaufsrabatte durchsetzen können, woraus ein wirtschaftlicher VorteilgegenüberdenkleinenBuchhandlungenresultiert,derdieweitereExpansion vereinfacht.276 Derzeit ungeklärt ist die Wirksamkeit der Buchpreisbindung für EBooks. Anfänglich vertratauchderBörsenvereindieAuffassung,EBooksseiennichtpreisgebunden: „Nach Auffassung des Börsenvereins sind EBooks keiner Preisbindung zugänglich. Begründet wird dies vornehmlich mit den besonderen tatsächlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen für EBooks. Verwiesen wird insbesondere darauf, dass bei grenz überschreitenden Lieferungen, wie sie beim Vertrieb von Ebooks typisch und gängige Praxissind,keinePreisbindunggilt.“277
Diese Auffassung ist inzwischen, vermutlich aufgrund der sich abzeichnenden wirtschaftlichen Bedeutung elektronischer Bücher, revidiert worden, wie aus einer Stellungnahme des Vorstandes des Börsenvereins deutlich wird. So gelten nach aktueller Auffassung des Börsenvereins „in ihrer Gesamtheit zum Download be stimmteoderaufDatenträgernjeglicherArthandelbareWerke,diegeeignetsind,in ähnlicher Form genutzt zu werden wie gedruckte Werke“278 als preisgebundenes E Book, was u.a. Onlinedatenbanken und vernetze Onlineinhalte ausschließt.279 Hör 272
Vgl.Heinold(2001b),S.72. Vgl.NZZOnline(2008);Heinold(2009),S.64. 274 Vgl.Janzin/Güntner(2006),S.457. 275 Vgl.Heinold(2009),S.64. 276 Vgl.Henning(1998),S.166. 277 BörsenvereindesDeutschenBuchhandels(2008e). 278 BörsenvereindesDeutschenBuchhandels(2008f),S.2. 279 Vgl.BörsenvereindesDeutschenBuchhandels(2008f). 273
3.7ZwischenfazitII
69
bücher und andere Publikationsformen mit multimedialem Charakter unterliegen nichtderBuchpreisbindung.280 In jedem Falle erscheint die Buchpreisbindung als nationales Recht im Zeitalter globaler Vernetzung und der darüber stattfindenden Distribution von EBooks nicht mehr zeitgemäß, zumal EBooks durch den internetbasierten Vertrieb in direkter KonkurrenzzunichtpreisgebundenendigitalenMedienundInformationsprodukten stehen,dieggf.Substitutedarstellenkönnen. DiekulturpolitischeFörderungsabsichtistauchderGrundfüreineweitereBesonder heitimBuchmarkt:WieetwabeiLebensmittelnistnureinermäßigterUmsatzsteuer satzvonderzeit7%zuentrichten.281Hierdurchsoll,demCharakterdesmeritorischen Gutes entsprechend, die Nachfrage gestärkt und somit ein insgesamt höheres Nutzenniveau erreicht werden.282 Jedoch gilt diese Reduktion derzeit nicht für E Books, was vor dem Hintergrund der kulturpolitischen Absicht inkonsequent er scheintundfürdieseeinenWettbewerbsnachteilbedeutet.283 3.7 ZwischenfazitII NachBetrachtungdertheoretischenGrundlageninKapitel2erfolgtedieVorstellung und Abgrenzung des Buchmarkts als praktischer Gegenstandsbereich der vor liegenden Arbeit. Hierzu wurden als grundlegende Begriffsklärung die Begriffe Buch undEBookdefiniertunddieHandelsstrukturdargelegt. DieDarstellungdertraditionellenKonfigurationdesBuchmarktes,ergänztdurcheine differenzierte Schilderung der Branchensegmente und deren Spezifika, dient als GrundlagefürdiefolgendeBetrachtungderstrukturellenVeränderungen. Wichtige Kennzahlen für Umsatz und Konzentration im Buchhandel sowie dir tradi tionelleGenerierungundVerteilungvonErlösenstellendieBasisfürdasVerständnis derwirtschaftlichenBedeutungdesBuchmarktesdar.DieBuchpreisbindungundder reduzierte Mehrwertsteuersatz unterscheiden ihn als regulatorische Eingriffe von anderenMärkten.
280
Vgl.Titel(2007),S.218. Vgl.Kerlen(2006),S.266ff. 282 Vgl.Kiefer(2005),S.139ff;Musgrave(1986),S.341. 283 Vgl.Titel(2007),S.217. 281
4 VeränderungendurchDigitalisierung Nachdem in den vorangegangenen Kapiteln methodische Grundlagen sowie der Buchmarkt in seiner traditionellen Struktur erörtert wurden, stehen nun die digitalisierungsbedingten Veränderungen im Zentrum der Betrachtung. Bereits An fang der 1980er Jahre wurden erste Studien über die Auswirkungen der DigitalisierungaufdieBuchbrancheerstellt.IndiesemKontextwurdeauchdernoch heuteüblicheBegriffdeselektronischenPublizierensgeprägt.SchonzudiesemZeit punkt kamen die Autoren zur Erkenntnis, dass weitreichende Veränderungen im ProduktionsprozesssowieinderDistributionundNutzungbevorstehenkönnten.284 Im Folgenden werden zunächst Veränderungen im Herstellungsprozess dargestellt, die im digitalisierten Produkt, welches in Abschnitt 4.2 behandelt wird, münden. DarauffolgendwerdendieEffektederDigitalisierungaufdenGebietendesVertriebs sowiederNutzungerörtert. 4.1 DigitalisierungderHerstellung Im in Abbildung 17 dargestellten Herstellungsprozess eines Buches hat die Digitalisierung seit einiger Zeit Einzug gehalten. So unterstützen internetbasierte Publikationsplattformen Autoren bereits bei der, ggf. kollaborativen, Erstellung des Manuskripts. Innerhalb von Verlagen ist Textverarbeitungs und Layoutsoftware heutzutagenichtmehrwegzudenken.IndieserEntwicklungistzwischenzweigroßen Entwicklungsstufen der Digitalisierung im Herstellungsprozess, isolierten und integriertenSystemen,zuunterscheiden.
Abbildung17: WertschöpfungsaktivitätendertraditionellenBuchherstellung285
284
Vgl.Riehm(1992),S.265ff. Die Darstellung stellt einen Auszug aus der Abbildung 14 auf Seite 49 skizzierten traditionellen WertschöpfungsarchitekturdesBuchmarktesdar.
285
4.1DigitalisierungderHerstellung
71
In der ersten Stufe der Digitalisierung wurden die einzelnen Verarbeitungsschritte durchEDVEinsatzeffizientergestaltet.DiesbegannmitderEinführungvonTextver arbeitungssystemen sowie davon getrennten Satzsystemen in den Bereichen der Inhalteüberarbeitung und bündelung.286 Durch die Verbreitung des Internets konnten auch die von den Autoren eingehenden und zur Produktion ausgehenden Inhalte digital übertragen werden, etwa durch EMail, direkte ISDN WählverbindungenoderFTP.287 AllerdingsdurchläuftderInhaltmitvoranschreitenderqualitativerVerbesserungund Aufbereitung auch verschiedene Entwicklungsstufen hinsichtlich des eingesetzten Datenformates:SoreichtderAutorseineInhaltebeispielsweiseinFormeinesMicro softWordDokumentsein,welchesimRahmenderÜberarbeitungundBündelungin einseitenlayoutorientiertesFormatwieetwaQuarkXPressüberführtwird.Diefinale DruckversionentstehtinderFormvonPostScriptoderPDFDokumenten.Eininhalt licher Entwicklungsschritt ist also immer an die voranschreitende grafische Auf bereitungimSatz,zumeistunterVerwendungproprietärerDateiformate,gekoppelt. Dieser Zusammenhang kann als „Satzlastigkeit“ der auf ein gedrucktes Endprodukt ausgerichtetenBuchproduktionbezeichnetwerden.288 Durch die Heterogenität der eingesetzten Anwendungssysteme kommt es darüber hinauszuInkompatibilitäten,welcheaufwendigeundmitunterverlustbehafteteKon vertierungenerforderlichmachen.SoistesoftmalsnurmitvielAufwandmöglich,aus denDruckdaten,inwelchenauchdiefinaleKorrekturerfolgte,diefertigenInhaltezur Wiederverwertung zu extrahieren, da nur noch die Formatierung des Textes, nicht aber seine Bedeutung (z.B. Überschrift) automatisiert zu erfassen ist – die ent sprechenden Metadaten fehlen.289 Durch die Einführung einer zentralen medien neutralen Datenhaltung, welche im Folgenden beschrieben wird, können diese MedienbrüchevermiedenundzudemweitereVorteileerreichtwerden.290 Als zentrales Ziel der medienneutralen Datenhaltung ist die Wiederverwertbarkeit derInhalteinverschiedenenMedienohnemanuelleAnpassungzunennen.291Hierzu wird der Inhalt in einer strukturierten Beschreibungssprache, welche den Inhalt ge 286
Vgl.Rothfuss/Ried(2003),S.24. Vgl.Dührkoop(1996),S.21f. 288 Vgl.Hartz(2004),S.15;Rothfuss/Ried(2003),S.29ff. 289 Vgl.Rothfuss/Ried(2003),S.31und58. 290 Vgl.Gläser(2008),S.442. 291 Vgl.Schumann/Tzouvaras(2003),S.234;Heinold(2009),S.100f. 287
72
4VeränderungendurchDigitalisierung
mäß seiner Bedeutung (z.B. Fließtext oderÜberschrift) in einzelne Elemente unter teilt, getrennt von dessen Formatierung abgelegt.292 Die Formatierungsinformation wird in Form von sog. Stylesheets, im Falle der später näher beschriebenen Aus zeichnungssprache Extensible Markup Language (XML) in der Form von DTDs oder Schemas, für jedes Ausgabemedium getrennt angelegt. Auf Grundlage dieser Dar stellungsinformationen wird der Inhalt für die Rezeption aufbereitet – im Idealfall völligautomatisiert.DiesistjedochnichtbeiallenInhaltstypengleichermaßenmög lich: So folgt etwa das Layout von Kunstbüchern ästhetischen und das von Schul bücher didaktischen Ansprüchen, welche sich nicht aus den vorliegenden strukturierten Daten ableiten lassen, weswegen die Integration zusätzlicher Dar stellungsinformationen und die Entwicklung von komplexeren Stylesheets bzw. manuelleEingriffenotwendigsind,wodurchzusätzlicheKostenentstehen.293 Liegen die Inhalte in medienneutraler Form vor, können durch deren Mehrfachver wertungkostengünstigzusätzlicheErlösegeneriertwerden(bspw.durchdieerneute Bündelung zu einer anderen Publikation).294 In Bezug auf Buchinhalte sind hierfür etwaSammelwerke,Sonderausgaben,BeiträgeinZeitschriftenoderZeitungensowie Onlinepublikationen und EBooks zu nennen. In größeren Medienunternehmen be stehen zudem Einsparmöglichkeiten, da verschiedene Redaktionen auf einen ge meinsamen Datenbestand zugreifen können. Auch besteht die Möglichkeit, die InhalteüberVertriebspartnerinFormvonContentSyndicationzuvermarkten.295 Zur Umsetzung der Redaktionsarbeit auf Grundlage von medienneutraler Daten haltung können einerseits Content Management Systeme296 eingesetzt werden, welche zudem umfassende Funktionen hinsichtlich Zugriffssteuerung, Versionierung undSimultanzugriffbeinhalten.Alternativkanneinezentraledateiundverzeichnis strukturorientierte Datenhaltung eingesetzt werden, welche zu geringeren Kosten flexibelandiejeweiligenBedürfnisseangepasstwerdenkann.Allerdingskönnenauf dieser Grundlage nur rudimentär Vorkehrungen zur Konsistenzsicherung bei gleich zeitigemZugriffsowieMechanismenzumZugriffsschutzundValiditätsprüfungenum gesetztwerden.297DieAuswahldeseingesetztenSystemssollteinAbhängigkeitvon 292
Vgl.Benlianetal.(2005),S.213. Vgl.Hartz(2004),S.18ffund41f;Titel(2007),S.202. 294 Vgl.Gläser(2008),S.454. 295 Vgl.Hartz(2004),S.33f. 296 ZumBegriffContentManagementSystem(CMS)vgl.Rothfuss/Ried(2003),S.16f. 297 Vgl.Rawolle(2002),S.70f. 293
4.1DigitalisierungderHerstellung
73
den konkreten Anforderungen des Verlags erfolgen, wobei die datenbankbasierte SpeicherunginContentManagementSystemenfürgrößereVerlageinsgesamtbesser geeigneterscheint.298 AlsgrundlegendesDatenformatzurmedienneutralenSpeicherungsowiezumDaten austauschhatsichindenletztenJahrendiesehrflexibleAuszeichnungsspracheXML bzw. deren Vorgänger Standard Generalized Markup Language (SGML) durch gesetzt.299 XML erlaubt, innerhalb eines vorgegebenen Rahmens, eine flexible Aus gestaltungderverwendetenElementesowiedieEinbindungvonnichttextbasierten Inhalten wie etwa Bildern und stellt eine gute Ausgangsbasis zur Transformation in verschiedeneAusgabeformatedar.300 Auf der Basis von XML wurden eine Reihe von für die Buchproduktion spezifischen Standards entwickelt, welche die in seitenorientierten Publikationen üblicherweise eingesetztenElementeenthaltenundfürdieWerkzeugeundExportroutinenzurVer fügung stehen. Hier sind etwa die Formate XSLFO, Docbook und der später näher beschriebene OPSStandard zu nennen.301 Derzeit besteht jedoch eine Vielfalt individuellerLösungen,einumfassendkompatiblerBranchenstandardistbishernicht zuerkennen.AllerdingserlaubteineaufXMLbasierteDatenhaltungeinevergleichs weiseeinfacheKonvertierunginandereStandards.DadurchistdieAbhängigkeitvom Hersteller des eingesetzten Softwaresystems relativ gering, was als Vorteil zu be wertenist.302 Die medienneutrale Datenhaltung ermöglicht zudem Effizienzsteigerungen im Produktionsprozess, da der aktuellste Versionsstand an zentraler Stelle abgelegt ist undvonallenbeteiligtenAkteurenabgerufenwerdenkann.Außerdemlässtsichauf dessenBasiseinhinreichendesStandardisierungsniveaugewährleisten,wodurchder Prozess besser gesteuert, Routinevorgänge automatisiert und Schnittstellen, etwa zwischen Anwendungsprogrammen, zur Druckerei oder in Katalogsysteme, ein gerichtet werden können. Die Integration von Metadaten, wie etwa Schlagwörter und Informationen zur Rechtesituation, erleichtert die Auffindbarkeit bestehender
298
Vgl.Hartz(2004),S.50ff;Gläser(2008),S.442. Vgl.Heinold(2009),S.100.Schumann/Tzouvaras(2003),S.234;Titel(2007),S.202.Füreineum fassendeDarstellungvonXMLvgl.Rothfuss/Ried(2003). 300 Vgl.Kreulich/Reuter(2001),S.166;Rawolle(2002),S.114. 301 Vgl.Zipper/Rödding(2004),S.17;Hartz(2004),S.28;Felici(2007),S.14. 302 Vgl.Hartz(2004),S.36. 299
74
4VeränderungendurchDigitalisierung
Inhalte und deren Wiederverwertung. Somit entstehen neue Erlös und Einspar potenzialesowiePotenzialezurProzessbeschleunigung.303 Hinsichtlich der Ablauforganisation existieren bei der Einführung einer medien neutralen Datenhaltung im Produktionsprozess zwei Alternativen: Zum einen kann der komplette Prozess ab der erstmaligen Erstellung des Inhalts medienneutral ge staltet werden. Dieses von Hartz (2004) als „strukturiertes Publizieren“ bezeichnete Vorgehen erfordert massive Eingriffe in bestehende Strukturen sowie großen Schulungsaufwand, ermöglicht aber auch die vollständige Realisierung aller Vor teile.304 Zum anderen besteht eine printproduktbasierte Strategie, bei der die traditionellen Prozesse beibehalten werden und erst das fertige Produkt in ein medienneutralesFormatüberführtwird,wodurchzumindestdieweitereVerwertung ermöglicht wird. Allerdings erscheint dieser Lösungsansatz langfristig nicht über zeugend,danichtdasvollePotenzialausgeschöpftwird.305 Insgesamtistfestzustellen,dassdieEinführungeinermedienneutralenDatenhaltung auf der Basis von XML zunächst mit einem hohen einmaligen Investitionsaufwand verbundenist,danebenderbenötigtenSoftundHardwareaucheineAnpassungder AbläufeunddieEntwicklungvonspezifischenStrukturierungsundFormatvorgaben erforderlich ist.Darüber hinausist meistens eine Überführung derAltbestände not wendig. Nach der Einführung können neben den Möglichkeiten der Mehrfachver wendungunddendamitverbundenenErlösendeutlicheEinsparungenbeivariablen Kostenerzieltwerden.AusdiesemGrunderscheintdiemedienneutraleDatenhaltung insbesonderefürgrößereVerlagemitvielengleichartigenProdukten,dieaufGrund lage von wenigen Stylesheets mit überschaubaren grafischen Anforderungen realisiertwerdenkönnen,vorteilhaft.306 AufBasisdieserstrukturiertenInhaltespeicherungistdieErstellungindividualisierter PublikationenalsweitereAnwendungmöglich.307DabeikanndieIndividualisierungin diesem Zusammenhang als die „nutzerindividuelle Anpassung digitaler Medien 303
Vgl.Kreulich/Reuter(2001),S.165;Hartz(2004),S.19fund35;Milliot(2009);Shatzkin(2008b). Vgl.Hartz(2004),S.16. 305 Vgl.Hartz(2004),S.13ffund61;Shatzkin(2008a),S.253. 306 Vgl.Rawolle(2002),S.189;Hartz(2004),S.84ff;Benlianetal.(2005),S.226ff;Shatzkin(2008a),S. 253f. 307 DieBegriffeIndividualisierung,PersonalisierungundCustomizationwerdenvoneinigenAutoren synonymverwendet,vonanderenweiterdifferenziert(vgl.Rauscher(2008),S.25ff.)Dadiesfür dasVerständnisentsprechenderBuchproduktenichterforderlicherscheint,wirdindieserArbeit ausGründeneinerübersichtlicherenDarstellungaufeinedifferenzierteBetrachtungverzichtet. 304
4.1DigitalisierungderHerstellung
75
produkte auf Basis von Kontextinformationen“308 definiert werden. Die hierzu ein gesetztenKontextinformationenwerdenexplizitdurchdenNutzerzurVerfügungge stellt oder automatisiert erhoben.309 Somit können Buchinhalte auf den Nutzer zu geschnitten gebündelt werden, die Herstellung erfolgt aufgrund der Kostenstruktur zumeist als EBook oder im nachstehend vorgestellten Druckverfahren Print on Demand. Die Digitalisierung hat auch die Entwicklung neuer Drucktechnologien ermöglicht. Neben Effizienz und Qualitätssteigerungen in klassischen Druckverfahren wie etwa der digitalen Druckplattenbelichtung im Offsetdruck ermöglicht die elektrofoto grafische Digitaldrucktechnologie die kostengünstige Produktion von Klein und Kleinstauflagen, da die einmaligen Kosten der Druckformerzeugung und Einrichtung entfallen. Dies führt dazu, dass im Gegensatz zu den traditionellen Druckverfahren, die Stückkosten mit steigender Produktionsmenge nicht oder nur geringfügig sinken.310 Die Qualität erreicht dabei annähernd die Qualität von Offsetdruck, auch farbige Kunstbücher sind in guter Qualität herstellbar.311 Hinsichtlich der Produktionskostenerzielt,abhängigvomkonkretenProjekt,derOffsetdruckerstab mehreren hundert bis einigen tausend Exemplaren geringere Stückkosten als der Digitaldruck.312 Die Verfügbarkeit und zunehmende Systemintegration dieser Technologie hat zur EtablierungeinerneuenProduktionsstrategiefürBüchergeführt:ImPrintonDemand Verfahren (PoD) erfolgt die Produktion (und Distribution) eines Buches individuell gemäßderkonkretenEndkundennachfrage.313EntsprechendwerdenaufdieseWeise produzierte Bücher als Books on Demand (BoD) bezeichnet.314 Dabei kommen hoch entwickelteProduktionssystemezumEinsatz,welcheautomatisiertdienotwendigen Druck und Bindevorgänge durchführen, wodurch eine kurzfristige und schnelle Produktionrealisiertwird.315 NebenderkurzenProduktionsdaueristaucheineschnelleDistributionzumKunden notwendig,denninsbesondereimdeutschenMarktwirdeineschnelleLieferungvon 308
Rauscher(2008),S.40. Vgl.Tam/Ying(2006),S.890. 310 Vgl.Schumann/Tzouvaras(2003),S.235;Biesalski(2006),S.244. 311 Vgl.Hübler(2001),S.74;Stevenson(2008),S.283. 312 Vgl.Kipphan(2001),S.586ff,923ffund978;Hübler(2001),S.67ff. 313 Vgl.Bauermees(2004),S.12;Fleming(2005),S.8. 314 Vgl.Bauermees(2004),S.13.BoDisteineeigetrageneMarkederBooksonDemandGmbH. 315 Vgl.Hagenmüller/Künzel(2009),S.262ff. 309
76
4VeränderungendurchDigitalisierung
bestellten Büchern erwartet.316 Dies ist der Grund, warum eine enge Bindung von PoDDruckereien an den (Zwischen) Buchhandel üblich ist. So ist die Books on Demand GmbH, mit über 100.000 lieferbaren Titeln der größte deutsche Anbieter, einTochterunternehmendesZwischenbuchhändlersLibri.317 Die Möglichkeit, einzelne Bücher kostengünstig zu produzieren, erweitert die Charakteristik als Massenmedium in Richtung kleinerer Einheiten – bis hin zur Individualkommunikation. Auch Bücher mit geringer Absatzerwartung können nun ökonomisch tragfähig publiziert werden, da das Auflagenrisiko entfällt.318 Zudem können die Inhalte jederzeit aktualisiert oder gemäß dem Kundenwunsch zu sammengestellt bzw. personalisiert werden.319 Auf dieser Basis entstehen neue Ge schäftsmodelle, die im weiteren Verlauf dieser Arbeit thematisiert und beschrieben werden. DievoranschreitendeMiniaturisierungderProduktionsmaschineninVerbindungmit derVernetzungvongeeignetenInhaltenerlaubtessogar,dieProduktionbisinden Einzelhandel zu verlagern.320 Die derzeit verfügbare Espresso Book Machine 2.0 der Firma OnDemandBooks ermöglicht bspw. die vollautomatische Produktion von Büchern mit 40 bis 830 Seiten, incl. Bindung in einem farbigen Softcoverumschlag und Beschnitt, in wenigen Minuten bei einer Druckgeschwindigkeit von 112 Seiten proMinute.DievariablenKostenwerdenmit0,01USDproSeiteangegeben.321 DieseDrucktechnologievereintdeninhärentenVorteildesstationärenBuchhandels, der sofortigen Buchverfügbarkeit ohne Versanddauer, mit dem des PoD, der un begrenztenVerfügbarkeithinsichtlichSortimentsbreiteundTitelanzahl.Lediglichbei derBandbreiteanmöglichenAusstattungsvariantenhinsichtlichBindungundDruck qualität unterliegt PoD systembedingten Grenzen.322 Dennoch erscheint diese Technologie, auch aufgrund der auf ihrer Grundlage realisierbaren Kosten reduktionen bei Lagerhaltung, Logistik und Verkaufsfläche, zumindest in komplementärerFunktionalsvielversprechend.
316
Vgl.Fleming(2006),S.11. Vgl.Bauermees(2004),S.13;BooksonDemand(2008),S.3. 318 Vgl.Hagenmüller/Künzel(2009),S.264. 319 Vgl.Živkovi(2005),S.104. 320 Vgl.Hagenmüller/Künzel(2009),S.269f. 321 Vgl.Beisser(2008). 322 Vgl.Hübler(2001),S.77;Biesalski(2006),S.256f. 317
4.2DigitalisierungdesProduktes
77
4.2 DigitalisierungdesProduktes Ein digitalisierter Produktionsprozess legt die Grundlage für die Digitalisierung des Endproduktes in Form eines EBooks, welches das gedruckte Buch ergänzt oder er setzt. Im Folgenden wird, auf Grundlage der im Abschnitt 3.1.1 vorgenommenen DefinitiondesEBooks,deraktuelleEntwicklungsstanddargestellt. Im Gegensatz zu gedruckten Büchern stellen Bücher in digitaler Form keine physischenProdukte,sondernelektronischgespeicherteInformationendar,welche, umeineallgemeineLesbarkeitzuermöglichen,gemäßeinemstandardisiertenDatei formatorganisiertsind.FürdieRezeptionistfolglichzusätzlicheinEndgerätzurAn zeigedesInhaltsnotwendig.DiesewerdenspäterinKapitel4.4imRahmenderBe trachtungderdigitalisiertenNutzungssituationsystematisiertdargestellt. Derzeit ist eine Vielfalt an konkurrierenden spezifischen Dateiformaten für die Nutzung von EBooks ohne bestehende Internetverbindung festzustellen.323 Die wichtigstenFormatesindinderfolgendenTabelle10mitihrenwesentlichenEigen schaftendargestellt. Name
Extension Standardisier ungsgremium
Standard Seiten typ charakteristik
Portable Document Format
.pdf
ISO
Offen
Seitenbasierend Möglich
Mobipocket/ Amazon324
Proprietär
FließenderText
Ja
.mobi
Kindle
.azw
Amazon
Proprietär
FließenderText
Ja
eReader
.pdb
eReader
Proprietär
FließenderText
i.d.R.Ja
Open Publication Structure
.epub
International DigitalPublishing Forum(IDPF)
Offen
FließenderText
Möglich
Mobipocket .prc/
DRM
Tabelle10: WichtigeDateiformatefürEBooksimVergleich325
323
So bietet der EBookHändler fictionwise.com in den USA seine EBooks derzeit in zwölf ver schiedenenFormatenanumeinebreiteKompatibilitätzugewährleisten.Vgl.Fictionwise(2009). MobipocketisteinTochterunternehmenvonAmazon.Vgl.Mobipocket(2009). 325 EigeneDarstellungaufbauendaufISO(2005);ISO(2008);Mobipocket(2009);IDPF(2008);Rapp (2009),S.41ff;Felici(2007),S.14ff;RoeslerGraichen(2008b),S.30. 324
78
4VeränderungendurchDigitalisierung
AnstatteinenneuenStandardamMarktetablierenzumüssen,erscheinteszunächst sinnvoll, ein für elektronische Texte im Allgemeinen etabliertes Format auch für elektronischeBücherzuübernehmen. Hierfür kommt das von Adobe entwickelte Portable Document Format (PDF) in Be tracht, das im Bereich elektronischer Dokumente den Status eines DeFakto Standards erreicht hat und für welches über verschiedene Betriebssysteme hinweg kostenlose Anzeigeprogramme existieren.326 Durch die im Jahr 2005 erfolgte An erkennungalsISOStandardzurLangzeitarchivierungundalsplattformübergreifendes AustauschformatfürdigitaleDokumenteimJahr2008wurdediesePositiongefestigt und der Charakter eines offenen Standards festgeschrieben.327 Aufgrund der Nähe zur Postscript Sprache, welche in der Druckvorstufe eingesetzt wird, können PDF Dateien im Herstellungsprozess klassischer Bücher mit geringem Aufwand erzeugt werden. In dieser offenen Standardversion sind auch Verschlüsselungsverfahren als einfacher elektronischer Schutzmechanismus vorgesehen, jedoch stellt dies kein integriertesDigitalRightsManagement(DRM)Systemdar.328 FürdiesenZweckbietetAdobemitderAdobeDigitalExperienceProtectionTechno logy (ADEPT) ein proprietäres DRMSystem an, welches von Adobe als Dienstleister betrieben oder lizenziert wird und neben PDF auch das später vorgestellte OPS Format unterstützt.329 Für den Kunden wird kostenlos das Leseprogramm Adobe DigitalEditionsbereitgestellt,welchesauchdenTransferaufkompatibleLesegeräte ermöglicht.330 So können beispielsweise PDFDateien mit beschränkter Nutzungs dauererstelltwerden,aufderenBasisBibliothekenEBooksmitLeihfristanbieten.331 Allerdings geht durch diese Technologie die umfassende Kompatibilität des PDF Formatsverloren. InsbesondereaufgrundseinereinfachenNutzbarkeithatdasPDFFormatimBereich der EBooks einige Verbreitung erfahren, jedoch erweist sich die exakte Abbildung einerDruckseite,welchedenErfolgdesFormatesbegünstigte,fürtextlastigeEBooks alsNachteil:SokannderHeterogenitätderfürdasLesenvonEBookseingesetzten 326
Vgl.Rapp(2009),S.41f. Vgl.ISO(2005);ISO(2008);Adobe(2008). 328 Vgl.Adobe (2008), S. 55ff. Der Begriff Digital Rights Management wird auf Seite 73 näher be handelt. 329 Vgl.Adobe(2009a);RoeslerGraichen(2008b),S.33. 330 Vgl.Adobe(2009b). 331 DieseTechnologiewirdbeispielsweisevonCiandoeingesetzt.Vgl.Ciando(2009). 327
4.2DigitalisierungdesProduktes
79
Endgeräte hinsichtlich Bildschirmgröße und auflösung nicht Rechnung getragen werden, da die automatische Anpassung von Schriftgröße und Zeilenumbruch nicht möglichist.332 Die Standards, welche einen flexiblen Zeilen und Seitenumbruch erlauben (und somitdiesesDefizitnichtaufweisen)könnenindreiGruppeneingeteiltwerden:be stehende generische Dateiformate, proprietäre Standards sowie offene EBook spezifischeStandards.DiesewerdenimFolgendendargestellt. DaelektronischeBücherimWesentlichenausreinemTextbestehen,könnendieseim einfachsten Fall auch als Textdokumente gespeichert werden, wie dies etwa beim gemeinnützigenProjektGutenbergfürüber27.000gemeinfreieWerkederFallist.333 DashierebenfallseingesetzteHTMLFormaterlaubtdarüberhinausdieFormatierung von Text sowie die Integration von Medienelementen wie etwa Bildern. Allerdings erlaubendieseFormatekeinerleiSchutzvorModifikationoderunrechtmäßigerVer wendung, auch bieten sie keine standardisierte Möglichkeit zur Einbindung von maschinenlesbarenMetadaten,etwafürShopsysteme.SomitsinddieseFormatefür denprofessionellenVerkaufelektronischerBüchernichtgeeignet. DementsprechendhabeneineReihevonHerstellernproprietäreDateiformatefürdie kommerzielleDistributionvonEBookseingeführt.DieseweisendieGemeinsamkeit auf, flexibel umbrechenden Textfluss zu unterstützen und DRMFunktionen zu be inhalten.BekannteVertretersinddasaufdenOpenEbookSpecifications,einemVor gängerdesspätervorgestelltenOPSFormats,basierendeMobipocketFormatsowie dashiermitengverwandteKindleFormatvonAmazon.334AuchSonyhatfürseineE BookLesegeräteeinproprietäresDateiformateingeführt,unterstütztinderaktuellen EndgerätegenerationjedochauchdasOPSFormat.335Einenweiterengeschlossenen StandardstelltdaseReaderFormatdar,welchesinsbesonderefürPDAsundSmart phones(beispielsweisePalmOS,WindowsMobileoderiPhone)eingesetztwird.336 Die Verwendung proprietärer Standards ist aus Endkundensicht als problematisch anzusehen,dasichderNutzerdurchdenErwerbvonEBooksineinemdieserDatei formatefestandiesesbindet,eineKonvertierunginandereFormateistzumeistnicht 332
Vgl.Rapp(2009),S.41f. Vgl.ProjectGutenberg(2009). IDPF(2008);Mobipocket(2009);RoeslerGraichen(2008b),S.30f. 335 Vgl.Teicher(2008),S.19. 336 Vgl.eReader(2009). 333 334
80
4VeränderungendurchDigitalisierung
möglich. Bei Einstellung der jeweiligen Produktlinie werden die Inhalte im Lauf der Zeitwertlos, wie esbereits Nutzer von Lesegeräten der erstenGeneration erfahren mussten.337 Aus Unternehmenssicht führt dieser Umstand zu einer verlangsamten DiffusionvonEBooksundLesegeräten. Die Alternative zu den proprietären Standards stellt ein industrieweiter, offener Standarddar,welchervoneinerbreitenBasisanEndgerätenunterstütztwird.Dieser scheintinderGestaltdesvomUSBranchenverbandInternationalDigitalPublishing Forum entwickelten plattformunabhängigen Standardpaketes OPS, welches in der RegelaufgrundderDateiextensiondervertriebenenDateialsEPUBbezeichnetwird, Realitätzuwerden.338SeineStrukturwirdimFolgendennäherdargestellt. EshandeltsichhierbeiumeineFamilieausdreiinterdependentenStandards,welche im Mai 2008 vorgestellt wurden. Deren Kern stellt die aus XMLDokumenten be stehende Open Publication Structure (OPS) in der Version 2.0 dar, welche als Basis formatdenTextvonBüchernoderBuchteilenenthält.SiedientalsGrundlagefürdie GenerierungverschiedenerAusgabeformateundbeinhaltetdurchdasLesegerätan passbareSchriftfarbenundgrößensowieZeilenbzw.Seitenumbrüche.339 Im zweiten Element,dem OpenPackagingFormat (OPF), werden die Struktur einer OPSPublikation sowie deren Subelemente definiert. Dies umfasst etwa die Navigationsstruktur, Metadaten und verknüpfte Dateien wie bspw. Bilder. Des WeiterenkönnenhierüberdenStandardhinausgehendeDarstellungsinformationen hinterlegtwerden,umeineLesbarkeitüberalleGerätehinwegzugewährleisten.340 Der dritte Teilstandard, das Open eBook Publication Structure Container Format (OCF), stellt lediglich eine Hülle zur Verpackung aller Inhaltsdaten dar und trägt die bekannte Dateiextension .epub.341 Durch einen definierten Aufbau stellt es die Les barkeit durch entsprechende Anzeigesoftware sicher. Darüber hinaus erlaubt es E BookDistributoren, mehrere, ggf. hardwarespezifisch optimierte Dateiformate ein zubinden, solange eine OPSkompatible Version ebenfalls enthalten ist. So wird die
337
Vgl.RoeslerGraichen(2008b),S.34. Vgl.Teicher(2008),S.19;RoeslerGraichen(2008b),S.35. Vgl.Conboy(2009),S.27ff;Felici(2007),S.14f;IDPF(2008). 340 Vgl.Felici(2007),S.15. 341 Vgl.Felici(2007),S.14f. 338 339
4.2DigitalisierungdesProduktes
81
LesbarkeitinderstandardisiertenBasisversionaufallenkompatiblenEndgerätenge währleistet.342 AufgrunddieseroffenenContainerfunktionistesebenfallsmöglich,nebenTextund Bildern auch weitere Medienformate wie Audio oder Video einzubinden.343 Somit wird das EBook um zusätzliche Funktionen, wie etwa die Hörbuchausgabe oder Bonusmaterial(bspw.inFormvonVideos),erweitert. DerOPSStandardenthältansichkeineDRMFunktionen,jedochkönnendiesedurch den Distributor ergänzt werden. Allerdings besteht hierbei die Gefahr der In kompatibilitätvonOCFDateienverschiedenerHändler.344 Wegen seiner Offenheit und der Unterstützung durch einflussreiche Unternehmen erfährtderOPSStandardzunehmendeVerbreitung.345Sounterstütztbeispielsweise Adobe diesen Standard neben PDF in der kostenlosen EBookLesesoftware Digital Editions und bietet eine Exportschnittstelle aus der verbreiteten Layoutsoftware In Designan.346 Da die Existenz eines funktionellen, allgemein unterstützten und verbreiteten Standards als Bedingung für die erfolgreiche Diffusion von Innovationen, ins besondere bei der Existenz von Netzwerkeffekten, gesehen wird,347 ist die Etablierung eines umfassend kompatiblen Standards von großer Notwendigkeit und kannalsVoraussetzungfürdenErfolgvonEBooksangesehenwerden. ImAllgemeinenermöglichenEBooksgegenübertraditionellgedrucktenBücherneine Reihe neuer, multimedialer Möglichkeiten. Sie weisen allerdings aber auch system bedienteSchwächenauf.DiesesindinTabelle11überblicksartigdargestellt,wobei, abstrahierend von derzeitigen formatbedingten Restriktionen, die technische RealisierbarkeitalsMaßstabangesetztwird.
342
Vgl.Felici(2007),S.15. Vgl.Bowers(2009). 344 Vgl.Felici(2007),S.16;Hadro(2008),S.26;Conboy(2009),S.47. 345 Vgl.Bode(2008),S.20. 346 Vgl.Felici(2007),S.16;Teicher(2008),S.19. 347 Vgl.Farrell/Saloner (1985), S. 70ff; Shapiro/Varian (1999b), S. 188ff; Borowicz/Scherm (2001), S. 397ff. 343
82 Kriterium
4VeränderungendurchDigitalisierung KlassischeBücher
Voraussetzungen BesitzdesBuchesundaus reichendesLichtalleinige zurNutzung BedingungenfürNutzung
Darstellungsweise DurchSatzspiegelfestde
EBooks ZusätzlichpassendesEndgerätzurAn zeigeundStromversorgung(Netzbzw. Batterie)notwendig
terminiert
Darstellungsform(z.B.Schriftgröße) anpassbar
Navigation
InderRegellinearesLesen odergezieltesAufschlagen vonSeiten
LinearesLesenoderschnelle,flexible NavigationdurchinterneVerlinkung odergezieltesAufschlagenvonSeiten
Suchfunktion
ÜberIndex,wennvor handen
ZusätzlichelektronischeVolltextsuche
Datenstand
ZeitderDrucklegung
Aktualisierungenoderdynamische IntegrationaktuellerInformationen möglich
Umfangder Nutzungsrechte
DauerhafteLesemöglichkeit ZeitlicheundinhaltlicheAbstufungen (z.B.kapitelweiseBezahlung)durch DRMEinsatzmöglich
Vervielfältigung
Aufwendig,ggf.verlust behaftet
Unbegrenzt,ohneQualitätsverluste(so weitnichtdurchDRMeingeschränkt)
PhysischerPlatz bedarf
EntsprichtdemdesTräger mediumsPapier
Vernachlässigbar(Speichermedium)
Distributionsweg
PhysischesDistributions netz
FesteodermobileDatennetze,alter nativphysischesDistributionsnetz (Datenträger)
Zusatznutzen
Prestigenutzen(eigene Bibliothek),haptischesEr lebnis
VielfältigeMehrwertemöglich,z.B. verschiedeneVersionen,direkteVer linkungzuNachschlagewerken,multi medialeElemente(z.B.Videos,Hör buchversion)u.v.m.
LangfristigeHalt barkeit
Beientsprechender Lagerungundsäurefreier Herstellungsqualitätquasi unbegrenzt
WegenbegrenzterLebensdauerder Speichermedienundwechselnder Standardsproblematisch,ins besonderebeiproprietärenFormaten mitDRMSchutz
Tabelle11: FunktionsumfangvonBüchernundEBooksimVergleich348
BetrachtetmandieGegenüberstellungderbeidenBuchvarianten,soistfestzustellen, dass keine der beiden Alternativen der anderen umfassend überlegen ist. Vielmehr haben beide Buchtypen Vorteile und Nachteile, welche je nach gewünschtem Nutzungsszenariounterschiedlichzugewichtensind. 348
Eigene Darstellung, aufbauend auf Rapp (2009); RoeslerGraichen/Schild (2008); Weissberg (2008),S.258.
4.3DigitalisierungdesVertriebs
83
4.3 DigitalisierungdesVertriebs MitderDigitalisierungwerdenBücherauchvirtualisiert:FürdenVertriebvonEBooks ist kein physisches Medium mehr notwendig, welches der Distribution durch den PräsenzoderVersandhandelbedarf.DiehierausentstehendenneuenMöglichkeiten werdenimFolgendenbehandelt. DurchdenWegfallderphysischenBuchproduktionkönnenvondemfertiggestellten WerkunmittelbardigitaleKopieninbeliebigerAnzahlerstelltwerden,welcheanden Kundenabgesetztwerden.Dieskann,wieinAbbildung18schematischdargestellt,im Extremfall schon durch den Autor erfolgen. Dieser direkte Kontakt wird als voll ständigeDisintermediationbezeichnet.349 (2) (4)
Autor
Verlag
Onlinehandel
Zwischen buchhandel
Präsenzhandel
Käufer/Leser
(5) (3) (1)
Abbildung18: MöglicheAusprägungenderDisintermediationimVertriebelektronischerBücher
BeivollständigerDisintermediation(inAbbildung18mit(1)gekennzeichnet)könnte derPreisauf10%desheutigenEndverkaufspreisessinken,daderzeit90%desVer kaufspreises von den dann überflüssigen Akteuren vereinnahmt werden.350 Ein frühes,wennauchnichtabschließenderfolgreichesBeispielhierfürstelltdasüberdie WebseitealsEBookvertriebeneBuch„ThePlant“vonStephenKingdar.Hierstellte der Autor das Buch kapitelweise zum Download im Internet bereit, verbunden mit der Aufforderung zu freiwilligen Zahlungen in einem bestimmten Umfang. Die Fort setzungdesBucheswurdejedochnachKapitelsechsausgesetzt,nachdemdieLeser spendendenfestgesetztenMindestumfangnichtmehrerreichten.351 NebendiesermaximalenVarianteexistierenweitereAusprägungen.Sokannsichder Autor, statt den Vertrieb selbst zu organisieren, auch einer Onlinehandelsplattform bedienen,welchedieAuftragsabwicklungübernimmt(2).DieseRollekönntenneben 349
FürAusführungenzurDisintermediationvgl.Abschnitt2.2.2. Vgl.Gläser(2008),S.410f;Brandtweiner(2000),S.17f. 351 Vgl.Lang(2001),S.75ff;Stevenson(2008),S.282. 350
84
4VeränderungendurchDigitalisierung
spezialisierten EBookplattfomen und etablierten Onlinebuchhändlern auch Such maschinen mit Buchvolltextangeboten übernehmen. Amazon betreibt in den USA unter dem Namen Digital Text Platform bereits ein entsprechendes Angebot. Hier können Autoren oder Verleger ihre Titel in elektronischer Form in das Kindle Distributionsnetzwerkeinspeisenunderhalten35%derErlöse.352 EineweitereDisintermediationstelltderDirektvertriebdurchVerlage,welcheeigene Onlineshopsbetreiben(3),oderdiedirekteBelieferungdesOnlinebuchhandelsunter Umgehung des Zwischenbuchhandels dar (4). Entsprechend ist auch ein Vordringen des Zwischenbuchhandels zum Endkunden denkbar, wobei dieser in diesem Falle selbstalsOnlinebuchhändlerauftritt(5).353 BetrachtetmandieinAbschnitt3.5dargestelltenetabliertenStrukturenderErlösver teilungzwischendenBuchhandelsstufen,sobestehtfürdieindenebendargestellten Konstellationen beteiligten Akteure ein deutlicher Anreiz, sich auch die traditionell von den jetzt übersprungenen Handelsstufen vereinnahmte Wertschöpfungsspanne anzueignen. Denn der durch die Buchpreisbindung festgesetzte Endverkaufspreis354 verhindert einen Preiswettbewerb zwischen den alternativen Konfigurationen und gewährleistet somit, dass die derzeit erzielte Wertschöpfung auch in effizienteren Konstellationen vollständig angeeignet werden kann und somit größere Gewinn margenerzieltwerdenkönnen.InfolgedessenbestehtinderDigitalisierungdesVer triebes erhebliches Konfliktpotenzial innerhalb der Buchbranche, insbesondere zwischen stationärem Buchhandel und Verlagen, wenn diese EBooks direkt ver treiben, sowie zwischen den Sortimentern und dem Zwischenbuchhandel, sofern dieserindasEndkundengeschäfteinsteigt.355 Neben den dargestellten neuen Distributionsarchitekturen stellt auch der traditionelleVertriebswegüberalleStufeneineMöglichkeitdar,jedochistaufgrund der Kostenvorteile der konkurrierenden Konfigurationen ein harter Wettbewerb zu erwarten.InwieweitderstationäreHandelimVertriebvonEBookseineRollespielt istfraglich,jedochwirdernichtmehrzwingendbenötigt.
352
Vgl.Amazon(2009b). Vgl.Titel(2007),S.220ff;Gläser(2008),S.410f. Die Argumentation beruht darauf, dass auch EBooks der Preisbindung unterliegen. Vgl. hierzu Abschnitt3.6. 355 Vgl.Titel(2007),S.218ff. 353 354
4.3DigitalisierungdesVertriebs
85
Neben Veränderungen in der Distributionsarchitektur sind bei der Betrachtung der DigitalisierungdesVertriebesauchtechnischeVorgängevonRelevanz.Imeinfachsten FalleistesfürdenVertriebvonEBooksausreichend,demKonsumenteneineKopie des fertigen EBooks, etwa als PDF, per Internetdownload zur Verfügung zu stellen. Jedoch hat in diesem Fall der Urheberrechtsinhaber keine Kontrolle mehr über die betroffeneDatei,daderKäuferselbstinderLageist,verlustfreieKopieninbeliebiger Anzahlherzustellenundzuverbreiten,womiterallerdingsinderRegeldasUrheber rechtverletzt. ZurEinschränkungdieserMöglichkeitensteheneineReihetechnischerVerfahrenzur Verfügung, welche zusammenfassend als Digital Rights Management (DRM) be zeichnetwerden.356DiesesindinvielenderderzeitkommerzielleingesetztenDatei formatenfürelektronischeBücherintegralerBestandteil.357FürdieUmsetzungwirk samer DRMMechanismen ist es notwendig, für jeden Käufer eine personalisierte Variante des EBooks zu erstellen. Durch dieses Vorgehen lassen sich verschiedene AusprägungendesDRMSchutzesrealisieren:DiegeringsteSchutzmaßnahmestellen Wasserzeichen dar, welche, ohne die Nutzbarkeit einzuschränken, die eindeutige IdentifikationdesKäufersermöglichen.358DaaufdieserGrundlageimFalleeinerun rechtmäßigenWeiterverbreitungdieBeweisführungerleichtertwird,habenWasser zeichen eine abschreckende Wirkung. Andere, härtere DRMMechanismen beruhen aufVerschlüsselungundgewährennurdemrechtmäßigenKäuferunterNutzungder vorgesehenen Soft und Hardware im definierten Umfang Zugang zum jeweiligen Inhalt. Für die notwendige Personalisierung der Dateien ist ein entsprechender technischer Aufwand notwendig, welcher jedoch in voll automatisierten Prozessen durchgeführtwird.359 AlseindeutigesIdentifizierungsmerkmaleinesBuchprodukteshatsichseitdemJahr 1970 die International Standard Book Number (ISBN) in allen Handelsstufen etabliert.360 Diese in der ursprünglichen Form aus 10 Ziffern bestehende Nummer identifizierteindeutigeineAusgabeeinesBuchesundbeinhaltetdarüberhinausauch InformationenüberdenSprachraumunddenVerlag.ImJahr2007wurdenacheiner 356
Für eine detaillierte Betrachtung von DRM vgl. etwa Bechtold (2002); Fränkl (2005); Picot/Thielmann(2005). 357 Vgl.hierzuTabelle10aufSeite67. 358 ZudigitalenWasserzeichenvgl.etwaPetitcolas(2003). 359 Vgl.Schumann/Tzouvaras(2003),S.240ff. 360 Vgl.Kerlen(2006),S.183.
86
4VeränderungendurchDigitalisierung
Übergangszeitdie13stelligeISBNverpflichtendeingeführt.Diesebietetnebeneiner Kapazitätserhöhung auch die Kompatibilität zu den im Einzelhandel üblichen EAN Codes, welche eine eindeutige Identifikation aller Handelsprodukte mittels Barcode ermöglichen.361 HinsichtlichelektronischerBücheristjedochfestzustellen,dassaufgrundderVielfalt an bestehenden Dateiformaten Bücher nicht mehr über eine ISBN eindeutig identi fiziert werden können, da Verlage eine ISBN pro Buchversion vergeben, die Kon vertierung in weitere Formate aber auch im (Zwischen) Handel stattfindet. Aus diesem Grund können seit April 2008 auch Händler ISBNummern vergeben, sofern nichtbereitsderVerlagfürjedesFormateineISBNdefinierthat.Darüberhinausist zusätzlich die Verwendung des für alle digitalen Produkte offenen Standards DOI (Digital Object Identifier) zu empfehlen, der eine permanente eindeutige Identi fikationundAuffindbarkeitderdigitalenGütergewährleistet.362 Durch die Digitalisierung des Distributionswegs existieren für die Auslieferung der elektronischenBücherkeinesystembedingtenräumlichenGrenzen–überdasInter net ist eine weltweite Lieferung in kürzester Zeit möglich. Ungeachtet rechtlicher Restriktionen, etwa urheberrechtlicher Art bei räumlicher Beschränkung der Lizenz verträge oder Zöllen, entsteht somit ein globaler Wettbewerb, wodurch dessen Intensität steigt. Auch aus der kostenlosen Verfügbarkeit gemeinfreier oder unter offeneLizenzmodelle(z.B.CreativeCommons363)gestellterInhalteerwächstzusätz licheKonkurrenzumdenKunden,daauchdieseInhalteaufdengleichenLesegeräten rezipiertwerdenkönnen. Des Weiteren ermöglicht die digitale Distribution Verbesserungen in der Warenver fügbarkeit,diederklassischeHandelnichtbietenkann:SosindBücherniemalsver griffen und können zu jeder Tageszeit, unabhängig vom Ladenschluss, erworben werden. Auf diese Weise können auch wenig nachgefragte Titel in Summe zu nennenswertenUmsätzenführen.364DurchdenEinsatzvonMobilfunknetzenzurAus lieferung,wieesbeispielsweisebeimLesegerätKindleerfolgt,istzudemderKaufvon EBooks auch unterwegs möglich, soweit eine entsprechende Netzabdeckung be steht. 361
Vgl.ISBNAgenturfürdieBundesrepublikDeutschland(2005),S.5ff. Vgl.Weissberg(2008),S.256ff;Brown/Boulderstone(2008),S.234. 363 Vgl.CreativeCommons(2009). 364 Zudiesemals„LongTail“bezeichnetenPhänomenvgl.Anderson(2007). 362
4.3DigitalisierungdesVertriebs
87
Eine nicht zu vernachlässigende Rolle in der Distribution von EBooks übernehmen insbesondere im Bereich der wissenschaftlichen Literatur die Bibliotheken. Diese kaufenoderlizenzierenEBooksundstellendieseihremNutzerkreiszurVerfügung,in der Regel kostenlos oder gegen eine monatliche Nutzungsgebühr. Dabei ist derzeit neben der allgemeinen Standardvielfalt auch eine Heterogenität hinsichtlich der Lizenzvereinbarungen zwischen Bibliothek und Rechteinhaber festzustellen: Die Bandbreite reicht vom einmaligen Kauf zum Listenpreis ohne Nutzungsein schränkungenüberverschiedeMischformenbishinzurreinenLizenzierungeinesZu gangs zur Datenbank eines externen Anbieters, wobei der Rechtekauf bei gleich zeitigerNutzungdesHostingsundAuslieferungssystemsdesexternenAnbieterssich derzeitdurchzusetzenscheint.365DawissenschaftlicheLiteraturfürelektronischeEr scheinungsformenbesondersgeeignetist366undderenRezipientenzumeistübereine gute Anbindung an Universitäts oder Landesbibliotheken verfügen, ist damit zu rechnen, dass sich der Absatz dieser Werke noch stärker auf die Bibliotheken konzentriert. Ein besonders wichtiges Element der Lizenzverträge für Bibliotheken stellt die Regelung zur erlaubten Nutzungsintensität eines EBooks dar, da diese prinzipiell durchihredigitaleNaturunbegrenztparallelgenutztwerdenkönnen.Somitkönnte derKaufeinesExemplarsfüralleNutzerderBibliothekausreichen,wodurchdiefür VerlagelukrativeAnschaffungmehrererExemplarebeibeliebtenTitelnentfällt.Hier werdenteilweiseDRMSystemeeingesetzt,welchediegleichzeitigeNutzungaufdie Anzahl der erworbenen Lizenzen begrenzen und so die traditionelle Ausleihe imitieren367 – allerdings erscheint dieses Modell nicht mehr zeitgemäß, da die Vor teilederDigitalisierungaktivausgeschlossenwerden. ImBereichderwissenschaftlichenFachzeitschriftenetabliertsichseiteinigenJahren mit Open Access Publishing ein völlig neues Distributionsmodell, welches aufgrund seiner ökonomischen Tragweite im Folgenden kurz dargestellt wird, wenngleich es derzeitimBuchmarktnuringeringemUmfang,etwabeiDissertationen,Anwendung findet. Unter Open Access Publishing versteht man den kostenlosen und technisch barrierefreien Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen.368 Die Artikel werden 365
Vgl.Schallehn(2007).S.73ff;Wein(2007),S.23ff. Vgl.hierzudieAusführungeninAbschnitt4.5. 367 Vgl.Wein(2007),S.28. 368 Vgl.Mannetal.(2009),S.135. 366
88
4VeränderungendurchDigitalisierung
hierbei ausschließlich online publiziert, die hierfür anfallenden Kosten werden zu meistdurchdieAutorenoderForschungseinrichtungengetragen.Diewirtschaftlichen Folgensindimmens,daeszueinerkomplettenDisintermediationder(Zeitschriften) Verlage kommt oder diese nur noch als Betreiber von Archiven fungieren, bei weg fallenden Verkaufserlösen, welche durch die Autorenbeiträge schwer zu kompensierensind. DaZeitschriftennichtGegenstanddervorliegendenArbeitsind,istlediglichdieÜber tragbarkeitdiesesModellsaufdiePublikationvonBüchernvonRelevanz.Diesistzum derzeitigen Zeitpunkt nicht abschließend zu beantworten, jedoch können einige Überlegungen angestellt werden. Zunächst ist festzustellen, dass Autoren innerhalb dieses Vertriebsmodells keine (oder sogar negative) finanzielle Einkünfte erzielen, womitsichdieAttraktivitätaufBereichenichtmonetärerPublikationsmotivationbe schränkt.DiesistbeispezialisiertenwissenschaftlichenPublikationenderFall,welche nur eine enge Zielgruppe adressieren und insbesondere aus der Forschungs motivation und Renommeestreben der Forscher entsteht. Eine vergleichbare Situation liegt bei den aufgrund ihrer kleinen Auflage schwer refinanzierbaren DissertationsundHabilitationsschriftenvor,weswegeneineÜbertragungaufdieses Gebiet bereits stattfindet.369 Für Publikationen mit Gewinnerzielungsabsicht bedarf esandererGeschäftsmodelle,welchebspw.inKapitel5.3vorgestelltwerden. InsgesamtbietetderdigitaleBuchvertriebsomiteineReiheneuerPotenziale,welche zumindestfüreinigeNutzungsszenariosVorteilebringen.DieseneuenMöglichkeiten führenjedochauchzusteigendembrancheninternenWettbewerbmitFolgenaufdie Branchenstruktur, da neue und vormals vorgelagerte Akteure in das Endkunden geschäfteinsteigen,wodurchdiesesausKundensichtunübersichtlicherwird.Jedoch profitieren die Kunden vom gestiegenen Wettbewerb, da die konkurrierenden An bieter dazu gezwungen sind, durch attraktive Angebote auf sich aufmerksam zu machen. Aus der Digitalisierung des Vertriebes entstehen auch neue Wertschöpfungsauf gaben, wie etwa die Formatkonvertierung, die Bereithaltung der EBooks und die Integration von DRMElementen. Diese schaffen Raum für neue Intermediäre mit entsprechendenGeschäftsmodellen.
369
Vgl.Heinold(2009),S.30.
4.4DigitalisierungderNutzung
89
4.4 DigitalisierungderNutzung NachderDistributionelektronischerBuchproduktefolgtderenRezeption,fürdieim UnterschiedzutraditionellenBücherneinEndgerätzurAnzeigebenötigtwird.Hierzu ist eine Vielzahl von Gerätetypen verfügbar, die jedoch unterschiedliche Dar stellungseigenschaften aufweisen. Die nachstehende Tabelle 12 enthält eine über blicksartigeSystematisierung. Nutzungssituation Bauform Displaytechnologie Displaygröße Beispiele Stationär
Groß
CRT/TFT
>15‘‘
PC
Mobil
Tragbar
TFT
1217‘‘
Notebook
Mobil
Kompakt
LCD
<4‘‘
Mobiltelefon, iPod
Mobil
Kompakt
eInk
610‘‘
Kindle,Sony Reader
Tabelle12: GerätezurDarstellungvonEBooksimVergleich370
Durch den Einsatz einer in der Regel kostenlos verfügbaren Software (z.B. MobipocketoderAdobeDigitalEditions)könnenEBooksaufüblichenPCsdargestellt und somit rezipiert werden. Entsprechende Computer sind weit verbreitet, wes wegen dies zunächst die einfachste Darstellungsmethode ist, zumal keine weiteren Anschaffungskostenanfallen. Allerdings entspricht das Lesen am stationären Computer nicht dem gewohnten Nutzerverhalten beim Lesen eines Buches, weswegen hierfür funktional eingesetzte Literatur, wie etwa Fach und Sachbücher, noch am besten geeignet erscheinen. Notebooks als portable Computer sind für eine größere Bandbreite an Nutzungs situationen geeignet, jedoch ist ihre Batterielaufzeit auf wenige Stunden begrenzt, wasnichtzuletztandereingesetztenhintergrundbeleuchtetenBildschirmtechnologie liegt.DasLesenaufderartigenDisplayswirdzudemalsimVergleichmitbedrucktem Papieranstrengenderempfunden.371 Entsprechendes gilt für die Nutzung vorhandener Mobiltelefone, PDAs oder Pocket PCs, welche ebenfalls für die Darstellung elektronischer Bücher eingesetzt werden können. Ein zusätzliches Defizit stellt hierbei die kleine Bildschirmgröße von derzeit maximal vier Zoll in der Diagonalen dar, worauf nur kleine Textpassagen wieder 370
EigeneDarstellungbasierendaufHastings(2008),S.18f;Rapp(2009),S.23ff;Nawotka(2008),S. 127ff;RoeslerGraichen(2008a),S.9ff. 371 VglBoesken(2001),S.141.
90
4VeränderungendurchDigitalisierung
gegebenwerdenkönnen.DennochstellenderartigemobileEndgeräteaufgrundihrer hohen Marktpenetration und der Verfügbarkeit von Inhalten und Software (bspw. eReaderundMobipocket)einbeachtenswertesPotenzialfürdenAbsatzvonEBooks dar, wie auch der Erfolg der EBookLeseapplikation Stanza für das iPhone zeigt, welche innerhalb von 3 Monaten knapp 400 000 mal heruntergeladen wurde.372 Allerdings handelt es sich um eine kostenlose Software, weswegen aus dieser Zahl nichtderwirtschaftlicheErfolgableitbarist. DezidierteEBookLesegerätestellendievierteEndgerätekategoriedar.Hieristnach anfänglichen, wirtschaftlich wenig erfolgreichen Versuchen mit Flüssigkristallbild schirmen(LCD)heutedieEInkTechnologieStandderTechnik.SiewirdinallenLese geräten der aktuellen Generation (z.B. Amazon Kindle, Irex Iliad & Digital Reader, SonyPRS505,PRS700&DailyEdition)eingesetzt.373 ObereElektrodenschicht(transparent) Negativgeladene,schwarzePigmentpartikel TrägermediummitklarerFlüssigkeit Positivgeladene,weißePigmentpartikel UntereElektrodenschicht
+
+
+
Abbildung19: Schematische Darstellung der Funktionsweise von Mikrokapseln mit elektronischer TinteimQuerschnitt374
Wie in Abbildung 19 dargestellt, bestehen EInk Displays im Kern aus gefärbten Pigmentpartikeln, die je nach Farbe positiv (weiß) oder negativ (schwarz) geladen sind, in mit Flüssigkeit gefüllten Mikrokapseln. Durch das gezielte Anlegen einer Spannung an der Ober und Unterseite jeder Kapsel können diese nach oben bzw. untenbewegtwerden,wodurchanderOberseitederKapseleinweißer,schwarzer, oder durch Mischung auch grauer Bildpunkt entsteht. Makroskopisch ergibt sich hierdurchdieDarstellungeinerBuchseite.DieBesonderheitdieserTechnologieliegt darin, dass im Gegensatz zu TFT und LCDDisplays keine Hintergrundbeleuchtung benötigt wird, weswegen die Leseeigenschaften bedrucktem Papier ähneln. Ein weitererVorteilbestehtdarin,dassnurfürdenAufbaueinerneuenSeiteEnergiebe nötigtwird,worauseinelängereAkkulaufzeitresultiert.375
372
Vgl.Greenberg/Abels(2008). Vgl.Rapp(2009),S.23ff. 374 InAnlehnunganEInk(2009)undRoeslerGraichen(2008a),S.13. 375 Vgl.RoeslerGraichen(2008a),S.14. 373
4.5DifferenzierungnachBranchensegmenten
91
AllerdingsweistdieEInkTechnologieauchNachteileauf:SoistderzeitnurdieDar stellung von Schwarz und Weiß sowie durch deren Mischung Grautönen möglich. ZudemistdasDisplayfürdieDarstellungvonBewegtbildzuträge.Jedochistdamitzu rechnen, dass diese Defizite in nächster Zeit überwunden werden. Entsprechende Prototypensowieerste,nichtandenMassenmarktgerichteteModellemitFarbdar stellungexistierenbereits.376 HinsichtlichderUnterstützungderobendargestelltenkonkurrierendenDateiformate sind derzeit zwei Strategien zu erkennen: Während Amazon mit dem eigenen Lese gerät Kindle auf das integrierte Distributionskonzept setzt und deswegen kaum weitere Formate unterstützt, setzten andere Hersteller wie Irex oder Sony auf die UnterstützungmehrererFormate(PDF,Mobipocket,OPSu.a.).377 SeitdemerstenEBookHypezurJahrtausendwende,alsauchdieerstendezidierten LesegerätewegenunausgereifterTechnologiescheiterten,isteinstetigesWachstum im Markt für EBooks erkennbar, welcher jedoch in absoluten Zahlen noch ver gleichsweise gering ausfällt.378 Dieses Wachstum war vor allem durch den Verkauf von Sach und Fachbüchern zur Rezeption auf PCs oder vorhandenen mobilen End gerätengetragenundkönntenun,dadezidierteLesegeräteverfügbarsind,starkan Fahrtaufnehmen–sokönnte,wieStevenson(2008)vermutet,derKindleden„iPod derBücher“darstellenundsomitdenMassenmarkteröffnen.379 AllerdingskönntenauchInnovationenaufdenGebietenderDisplaytechnologie,der Stromversorgung und Benutzerfreundlichkeit von Mobiltelefonen den Erwerb von dezidiertenLesegerätenunnötigmachen. 4.5 DifferenzierungnachBranchensegmenten Betrachtet man die inhaltlich wie produktionstechnisch heterogene Produktpalette desBuchmarktes,soistnichtzuerwarten,dassdieVerlagerunghinzuelektronischen Erscheinungsformen gleichmäßig über alle Branchensegmente hinweg erfolgt. So schätzendieimRahmenderimKontextdieserArbeitdurchgeführtenDelphistudie380 376
Vgl.Talbot(2008),S.15;Lüders(2009). Vgl.RoeslerGraichen(2008b),S.42. 378 Vgl.Rapp(2009),S.18;IDPF(2009). 379 Vgl.Stevenson(2008),S.283. 380 InderimJahr2007imRahmendesdurchdasBMBFgefördertenForschungsprojektesIntermedia abgeschlossenenDelphistudiewurdeninsgesamt126ExpertenausallenrelevantenBereichender BuchbranchezumEinflussdesInternetsaufdieBuchbranchebefragt.FürnähereInformationen 377
92
4VeränderungendurchDigitalisierung
befragtenExperteninsbesonderewissenschaftlicheLiteraturalshierfürgeeignetein, BelletristiksowieKinderundJugendbücheralswenigergeeignet(vgl.Abbildung20). Dies entspricht der Einschätzung von Stevenson (2008), der die größte Bedeutung digitaler Erscheinungsformen in den Bereichen Nachschlagewerke, Wörterbücher, LexikaundwissenschaftlicherFachzeitschriftensieht.381 Die Gründe für diese Entwicklungen können insbesondere in zwei Begebenheiten verortetwerden:ZumeineneignensichdiejeweiligenInhalteunterschiedlichgutfür die elektronische Wiedergabe – so ist beispielsweise ein rein textbasiertes belle tristischesWerkohneQualitätsverlustedigitalisierunddarstellbar,wohingegenBild bändeeinehochwertigeVerarbeitungundQualitätskontrolleimDruckerfordern,die für ein EBook nicht gewährleistet werden kann. Zum anderen eignen sich die vor herrschendenRezeptionsmusterundNutzungssituationenunterschiedlichgutfürdie Substitution des gedruckten Buches durch EBooks. So sind etwa im beruflichen Kontext funktional eingesetzte Nachschlagewerke für die elektronische Umsetzung passenderalsKinderbücher. Naturwissenschaften,Medizin,Informatik,Technik
4,32
Sozialwissenschaften,Recht,Wirtschaft
4,12
SchuleundLernen
3,8
Ratgeber
3,8
Reise
3,33
Sachbuch
3,32
Geisteswissenschaften,Kunst,Musik Belletristik Kinder &Jugendbücher
2,82 2,21 2,07 1 2 3 4 EignungzurPublikationalselektronischesBuch Mittelwerte,Skalavon1(gering)bis5(hoch)
5
Abbildung20: EignungderverschiedenenBuchwarengruppenzurelektronischenPublikation
Hinsichtlich der Interpretation der Umfrageergebnisse ist einschränkend anzu merken,dassdieBefragungvorderEinführungdesAmazonLesegerätsKindlestatt fand, welches von Amazon mit Fokus auf Belletristik entwickelt wurde und zuStrukturundAblaufderUntersuchungvgl.Picot/Janello(2008);Picot/Janello(2009)sowiedie Ausführungen im Anhang. Kapitel 2.5 der vorliegenden Arbeit enthält detaillierte Ausführungen zurDelphiMethodik. 381 Vgl.Stevenson(2008),S.282.
4.6NutzungsverhaltenundMedienkonkurrenz
93
positioniertwird,wodurchderAbsatzundsomitauchdiewahrgenommeneEignung von belletristischen EBooks gesteigert wird. Dieser Zusammenhang illustriert die Interdependenz zwischen EBook als Inhalt und der Verfügbarkeit entsprechender Lesegeräte. 4.6 NutzungsverhaltenundMedienkonkurrenz Die Verbreitung des Internets und der darauf basierenden Mediennutzung in stationären sowie mobilen Situationen bewirkt Veränderungen in den Medien nutzungsgewohnheiten der Rezipienten. In diesem Zusammenhang wird in erster LinieaufdasPrinzipderzeitsouveränenNutzungverwiesen,welchesauf„flexibleund hochindividualisierteZugriffsmöglichkeitenimInternet“382abstelltundinsbesondere vonderjungenZielgruppeerwartetwird.383 ZunächsterscheinenBücherdiesemAnspruchimGegensatzzulinearausgestrahlten Medien wie Radio oder Fernsehen gerecht zu werden, da die Rezeption beliebig unterbrochen und wieder aufgenommen werden kann.384 Jedoch ist auch der erst malige Zugang zu den Inhalten mit einzubeziehen: Während internetbasiert ver breiteteMediendensofortigenZugangviaMausklickerlauben,istfürdieRezeption von gedruckten Büchern zunächst deren physischer Erwerb notwendig, für den der Besuch des Handels mit limitierten Öffnungszeiten oder die Nutzung des Versand handelsmiteinerlogistikbedingtenVerzögerungnotwendigist.Somitkannnichtvon zeitsouveränerNutzunggesprochenwerden.DiesesDefizitweisenEBooksnichtauf, da sie durch automatisierte, internetbasierte Vertriebssysteme zeit und ortsun abhängigvertriebenwerdenkönnen. Folglich entsprechen EBooks den Nutzungsgewohnheiten der jungen Zielgruppe, welche in einer vom Börsenverein im Jahr 2008 veröffentlichten SinusMilieustudie als Moderne Performer bezeichnet wird.385 Diese Gruppe, die 10% der Gesamt bevölkerung ausmacht, zeichnet sich durch Leistungsorientierung, intensives Leben, MultiOptionalität und Multimediabegeisterung aus. Ihre Buchkaufentscheidungen
382
Oehmichen/Schröter(2008),S.394. Vgl.Oehmichen/Schröter(2008),S.394ff. 384 Hier wird auf die traditionelle, lineare Ausstrahlungsform von Radio und Fernsehen Bezug ge nommen,derenzeitsouveräneNutzungaufderBasisentsprechenderEndgeräteoderdesOnline abrufsweistdiesesDefizitnichtauf. 385 Vgl.BörsenvereindesDeutschenBuchhandels(2008d),Seite74f;Damke(2009),S.207f. 383
94
4VeränderungendurchDigitalisierung
stützen sie schon heute auf Bestsellerlisten, Empfehlungen von Freunden sowie anonymenNutzerbewertungenaufOnlineshoppingportalenundinCommunities.386 Entsprechend attestiert auch Mierzejewska (2008) technologie und internetaffinen JugendlichendieVorreiterrolleinderNutzungvonEBooks,wodurchdemErfolgim MassenmarktderWegbereitetwird.387DarüberhinausstelltderenVerhalteneinen PrädiktorfürdaszukünftigeallgemeineMediennutzungsverhaltendar. FürdieWeiterentwicklungvonBuchproduktenistauchdasLeseverhaltenansichvon Relevanz.Hieristfestzustellen,dassunteranderemdieNutzungvonelektronischen Medien, wie etwa dem Internet, Lesegewohnheiten verändert, sodass Texte auch außerhalb dieses Mediums nicht vollständig linear gelesen, sondern nur überfolgen oder mehr oder weniger gezielt auszugsweise rezipiert werden.388 So zeigte eine Studie im Jahr 2008, dass erstmalig besuchte Webseiten mit durchschnittlich 511 Wörternnur12,4Sekunden(Median)betrachtetwerden.389IndieserZeitisteinvoll ständiges Lesen unmöglich. Den Transfer dieses veränderten Nutzungsmusters auf andereMedienzeigtdieTatsache,dassauchdasLesenvonklassischenPrintmedien imInternetmitsinkenderLesedauerundAufmerksamkeiteinhergeht.390 ZudemtretenEBooksauchineinedirektereKonkurrenzzuanderenelektronischen Medien, da durch den notwendigen Einsatz von Endgeräten zur Rezeption die Nutzungssituation der von anderen digitalen Medien nahe kommt, teilweise ge schiehtdieNutzungsogarimidentischen(konvergenten)Endgerät. InsgesamterscheinenBücherdieserKonkurrenzabergutgerüstetentgegenzustehen, was sich an den in den letzten Jahren konstanten Nutzungsanteilen in der jugend lichenZielgruppeablesenlässt:ImVergleichhierzuleidenZeitungen,Zeitschriften,TV undRadiounterjeweilsrückläufigenAnteilenzugunstendesInternets.391 4.7 ZwischenfazitIII DieDigitalisierungzeigtWirkungaufalleWertschöpfungsstufenderBuchbranche. 386
Vgl.Börsenverein des Deutschen Buchhandels (2008d), Seite 74f; Börsenverein des Deutschen Buchhandels(2005),S.56f. 387 Vgl.Mierzejewska(2008),S.110. 388 Vgl.Wirtz(2006),S.220. 389 Vgl.Weinreichetal.(2008),S.19. 390 Vgl.Klinger(2008),S.633. 391 Vgl.Klinger(2008),S.630f.
4.7ZwischenfazitIII
95
Schon im Herstellungsprozess des ersten Originals unterstützen internetgestützte Publikationsplattformen die Autoren bei der kollaborativen Inhaltegenerierung. Bei derWeiterverarbeitunginVerlagenerlaubtdiemedienneutraleDatenhaltungeinen effizienten, medienbruchfreien Veredelungsprozess sowie die einfache Produktion verschiedener Ausgaben eines Werkes (etwa als Soft und Hardcover sowie als E Book)sowiediecrossmedialeVerwertung.MitdemDigitaldruckerweiternsichauch die Möglichkeiten beim Buchdruck: Auch Kleinstauflagen können zu tragfähigen Kostenproduziertwerden,imExtremfalleinzelndirektimHandel. AmEndedesdigitalisiertenHerstellungsprozessesstehtmitdemEBookeindigitales Produkt.DaimGegensatzzugedrucktenBüchernkeinelimitierendeEinheitmitdem Trägermedium mehr besteht, existieren viele Freiheiten hinsichtlich der Gestaltung vonDarstellung,FunktionenundDateiformaten.SoistinsbesonderezwischenLayout konservierenden und flexibel umbrechenden Formaten zu unterscheiden. Die Wahl von offenen oder proprietären Standards bietet zudem Spielraum für verschiedene Marktbearbeitungsstrategien. Auch weisen EBooks gegenüber gedruckten Büchern systembedingteVorundNachteileauf,woraussichanwendungsbezogendievorteil hafteAlternativeermittelnlässt.EinegenerelleVorteilhaftigkeitvonklassischenoder elektronischenBüchernbestehtjedochnicht. Der körperlose Vertrieb von EBooks bringt gegenüber der physischen Logistik ge druckterBüchereineReihevonVereinfachungen,welchesichsowohlaufdieWert schöpfungsstruktur auswirken als auch neue Angebote ermöglichen. So können auf derBasisderinternetgestütztenDistributionvorgelagerteHandelsstufenindirekten Endkundenkontakt treten, wodurch eine Disintermediation bestehender Inter mediäre stattfindet und der vormals von diesen realisierte Teil der Wertschöpfung zusätzlichabgeschöpftwerdenkann.DiesofortigeWarenverfügbarkeitbeiglobalem Absatzmarkt steigert die Attraktivität von EBooks. Allerdings steht der Buchhandel insbesondere im Bereich wissenschaftlicher Literatur im verschärften Wettbewerb mit Bibliotheken und im Rahmen von Open Access kostenlos zugänglichen Publikationen. FürdieNutzungvonEBooksistimGegensatzzugedrucktenBücherneingeeignetes Endgerät zur Anzeige erforderlich. Die hierfür infrage kommenden Geräte (insbes. Computer/Laptops, dezidierte Lesegeräte und Mobiltelefone/PDAs) weisen je nach Nutzungsszenario verschiedene Vor und Nachteile auf. Tendenziell sind dezidierte
96
4VeränderungendurchDigitalisierung
Lesegeräte für die lange, lineare Rezeption von belletristischer Literatur besser ge eignet,ComputerfürdiefunktionaleNutzungvonFachliteratur. Wie die Differenzierung nach Branchensegmenten zeigt, lassen sich nicht alle Literaturgattungen gleich gut digital abbilden, insbesondere aufgrund von hetero genen Nutzungssituationen und Darstellungsanforderungen. So eignen sich bspw. wissenschaftliche Fachbücher vergleichsweise gut zur elektronischen Publikation, KinderundJugendbücherweniger. Der Blick auf die sich verändernden Mediennutzungsgewohnheiten zeigt die KongruenzzwischendenzukünftigenAnforderungenderLeserunddenPotenzialen vonEBooks,aberauchdieverschärfteKonkurrenzmitanderenMediengattungen.
5 KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt AlleindenvorangegangenenKapitelnaufgezeigtenEntwicklungenundTechnologien haben Auswirkungen auf die zukünftige Konfiguration der Wertschöpfung im Buch markt.DerGegenstanddiesesKapitelsliegtinderenPrognoseundDarstellung. 5.1 DasneueWertschöpfungssystem Aufbauend auf der in Kapitel 3.2 dargestellten traditionellen Wertschöpfungsarchi tektur der Buchbranche wird im Folgenden ein Wertschöpfungssystem skizziert, welches die digitalisierungsbedingten Veränderungen berücksichtigt. In der nach stehendenAbbildung21istdiesesWertschöpfungssystemdargestellt. Zukunft
Autor
Inhaltekreativ erschaffen
Inhaltedirekt vertreiben
Inhalte entdecken
Inhalte bewertenund auswählen
Inhalte überarbeiten
Inhalte bündeln
Bücher onDemand herstellen
Vorfinanzieren
Marketing& Branding betreiben
Rechte handeln& crossmedial vermarkten
Bücherin Datenbank bereitstellen
Bücherin Auflage herstellen
Verlag
Käufer/Leser
Druckerei
Bücher rezipieren
Bücher lagern Ebooks distribuieren
Bücher ausliefern
Zwischenbuchhandel
(Internet)Bucheinzelhandel
ZumEBook aufbereiten und bereithalten
EBook transaktion abwickeln
Bücher onDemand herstellen
Buch transaktion abwickeln
Bücher distribuieren
Lesegeräte vertreiben
Lesegeräte herstellen
Soft undHardwarehersteller
Transaktion anbahnen
Internetsuchmaschinen
Bibliotheken
Bücherfür Verleih erwerben/ lizensieren
Bücher verleihen
Abbildung21: WertschöpfungssystemdesdigitalisiertenBuchmarktes392
Bei der Betrachtung der Wertschöpfung des Buchmarkts im Zeitalter der Digitalisierung ist gegenüber der traditionellen Konfiguration zunächst eine höhere 392
EigeneDarstellungunterVerwendungderValueNetMethodiknachParolini(vgl.Parolini(1999), S. 101ff). Die Bedeutung der verschiedenen Darstellungsformen ist in Abbildung 8 auf Seite 17 dargestelltundwirddorterläutert.
98
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt
Komplexitätfestzustellen.Dieslässtsichdaraufzurückführen,dasszusätzlichzuge druckten Büchern auch EBooks distribuiert werden, welchen aufgrund ihrer Eigen schaft als körperlose Informationsgüter zusätzliche Distributionswege offen stehen. DesWeiterenkommtesdurchdieDigitalisierungzumEintrittvonvormalsbranchen fremdenWettbewerbernausderReihederSoftundHardwareherstellersowierein internetbasiertenDienstleisternwieetwaSuchmaschinenbetreibern.Zudemzeichnet sich ab, dass die traditionell lineare Handelsstruktur durch eine netzartige ersetzt wird,inwelcherprojektundkundenspezifischverschiedeneAktivitäten,dievonver schiedenen Akteuren erbracht werden, in einem spezifischen Leistungserstellungs prozessverbundenwerden. Im Folgenden erfahren die einzelnen Aspekte des Wertschöpfungssystems eine detailliertere Betrachtung, wobei insbesondere auf die Ergebnisse der im Kontext dieserArbeitdurchgeführtenDelphistudiezurückgegriffenwird.393 Der Wertschöpfungsprozess beginnt bei der originären Erstellung der Inhalte durch einen oder mehrere Autoren, ggf. in Interaktion mit einem Verlag, der auch die weitere Überarbeitung übernimmt. Dieser Bearbeitungsprozess bleibt, wie auch die ErgebnissederDelphistudiezeigen,weitgehendinderHandderVerlage,ebensowie diedamitverbundenenUnterstützungsaktivitäten.Ergänzendunterstützendezidierte Onlineplattformen bei der Erschaffung der Inhalte, insbesondere bei kollaborativen Projekten mit mehreren Autoren, bei denen ein kontrollierter Simultanzugriff ge währleistetwird. DieDigitalisierungführterstnachderErstellungdesfertigenOriginalszudeutlichen Veränderungen in der Wertschöpfungsstruktur. Zwarist hinsichtlich der Herstellung vonklassischenBüchernimAuflagendruckkeineÄnderungzuerwarten,diesebleibt inderHandvonDruckereienbzw.Verlagen.HinzukommtjedochdieTechnologiedes PrintonDemand,beiderenEinsatzdieLagerhaltungderproduziertenExemplareent fällt,dajedesBuchindividuellaufBestellunghergestelltwird.WieinKapitel4.3be schrieben, kann diese Technologie in zwei Ausprägungen umgesetzt werden, zum einenalsalternativesProduktionsverfahreninderDruckereiundzumanderendirekt im Präsenzbuchhandel, wodurch auch der physische Transport der Bücher zum Käufer entfällt. Zudem ist auch eine komplette Disintermediation möglich, falls der 393
vgl. hierzu die Ausführungen im Anhang sowie Picot/Janello (2008) und Picot/Janello (2009). Kapitel2.5dervorliegendenArbeitenthältdetaillierteAusführungenzurDelphiMethodik.
5.1DasneueWertschöpfungssystem
99
AutorseineInhalteindigitalerFormdirekt(alsoetwaüberdieeigeneWebseite)ver treibt. Transaktionsanbahnung Heute 1.KlassischerBuchhandel 2.InternetBuchhandel 3.Verlage
Im weiteren Verlauf der Wert 2017 1.InternetBuchhandel 2.InternetSuchmaschinen 4.KlassischerBuchhandel
schöpfung übernehmen, wie in Abbildung 22 dargestellt, Inter netunternehmen, allen voran
Abbildung22: Für die Transaktionsanbahnung am besten OnlinebuchhändlerundInternet geeigneteAkteure(ErgebnisderDelphistudie) suchmaschinen,dieFunktionder
Transaktionsanbahnung, also das Zusammenbringen von Käufer und Verkäufer. Der klassischeBuchhandelverliertanRelevanzfürdieTransaktionsanbahnung. Chance,denAbsatzvonBüchern(inbesonderevonder Backlist)zusteigern
67
NeueMöglichkeitenfürdasProduktBuch.Eskönnen beispielsweiseeinzelneAbschnitteverkauftwerden
64
(Urheber)RechtlicheProbleme
56
KonkurrenzfürdenverbreitendenBuchhandel
44
AngstvorMissbrauch/Piraterie
31
NeueBedrohungdurchvormalsbranchenferne Wettbewerber
24
Gefahr,KundenanillegaleAngebotezuverlieren
16 0
10
20
30
40
50
60
70
AnzahlderNennungen
Abbildung23: GründefürdieRelevanzderOnlineVolltextsuche(ErgebnisderDelphistudie)
In diesem Zusammenhang sehen die Experten auch die wichtigste Funktion der OnlineVolltextsuchedurchBuchinhalte:DieChance,durchdieumfassendeAuffind barkeitderInhaltedenAbsatzvonBüchern,insbesonderedenvonwenigverkauften TitelnaufderBacklist394,zusteigern,wirdalswichtigsteBedeutungderVolltextsuche gesehen.DesWeiterenattestierendieBefragtenderVolltextsuche,dieBasisfürneue Vertriebsmodelle (etwa der Verkauf einzelner Abschnitte) darzustellen. Negative Konsequenzen folgen, wie in Abbildung 23 dargestellt, erst auf den folgenden Plätzen.
394
AlsBacklistbezeichnetmanlieferbareTiteleinesVerlages,dienichtmehraktivbeworbenwerden.
100
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt
Die Anbahnung von Transaktionen mündet im digitalisierten Buchmarkt in zwei Transaktionstypen: Zum einen werden Verkäufe von traditionellen, gedruckten Büchernangestoßen,zumanderenwerdenBücherindigitalerFormvertrieben. Beim Vertrieb klassischer Bücher (Transaktionsabwicklung sowie die physische Dis tribution durch den Zwischenbuchhandel wie auch zum Endkunden) ist keine strukturelleÄnderungzuerwarten,wohljedocheineUmverteilungzwischendenver schiedenen Vertriebswegen zum Endkunden: Die Experten prognostizieren bis zum Jahr2017einestarkeVerschiebunginRichtungdesOnlinebuchhandels,der12Pro zentpunkte hinzugewinnt, bei einem Verlust von über 15 Prozentpunkten aufseiten des Sortimentsbuchhandels. Diese Werte beinhalten auch die Umsätze durch elektronische Bücher, welche sich unter anderem auch in dem prognostizierten Zu gewinn des Direktvertriebs durch Verlage niederschlagen. Die weiteren Vertriebs wege bleiben, wie in der nachstehenden Abbildung 24 dargestellt, nach Experten meinungimWesentlichenunverändert. Für2017prognostizierteAufteilungdesUmsatzesimBuchmarkt Sortimentsbuchhandel (2005:54,8%)
39,2%
DirektvertriebdurchVerlage (2005:17,6%)
DifferenzgegenüberWertenvon2005 (absoluteProzentpunkte) 15,6 +2,8%
20,4%
Online Versandbuchhandel (2005:6,9%)
+12,1%
19,0%
sonstigeVerkausstellen (2005:6,9%)
+0,6%
9,5%
Warenhäuser (2005:5,3%)
4,5%
OfflineVersandbuchhandel (2005:4,3%)
4,2%
Buchgemeinschaften 3,0% (2005:3,2%)
+0,2% 0,1 0,2
Abbildung24: In der Delphistudie für 2017 prognostizierte Verteilung des im Buchmarkt erzielten UmsatzesaufdieverschiedenenVertriebswege395
Neben der Umverteilung innerhalb der bestehenden Vertriebswege kommt es auch zumEintrittweitererAkteursgruppenindieAbwicklungvonEBookTransaktionen.
395
FürdieWertevon2005vgl.BörsenvereindesDeutschenBuchhandels(2007).
5.1DasneueWertschöpfungssystem VertriebvonelektronischenBüchern Heute 2017 1.InternetBuchhandel 1.InternetBuchhandel 2.InternetSuchmaschinen 2.InternetSuchmaschinen 3.Verlage 3.Verlage 4.SoftundHardwarehersteller 4.Weblogs
101
So schätzen die Experten den Internetbuchhandel für den Ver trieb von EBooks als am besten geeignet ein, gefolgt von Inter netsuchmaschinen und Verlagen.
Abbildung25: Für den Vertrieb von elektronischen Wegenderhohenprognostischen Büchern am besten geeignete Akteure (Ergebnis der Unsicherheit und Versuchen von Delphistudie)
entsprechenden Unternehmen stellen zudem der Zwischenbuchhandel und die Hersteller von Soft und Hardwareprodukten (wie etwa dezidierte EBook Lesegeräte), die ihre Position durch die Endgeräteherstellung auch für den Vertrieb vonInhaltennutzenkönnten,möglicheweitereAkteureindiesemBereichdar. Für die Abwicklung einer EBookTransaktion ist als Vorbedingung die Aufbereitung undKonvertierungindasjeweiligeAusgabeformat(z.B.einEBookStandard)sowie die Bereithaltung der EBooks notwendig. Beim Einsatz von DRMMaßnahmen kommtderentransaktionsspezifischeIntegrationindasfertigeProdukthinzu.Diese TätigkeitenkannderAkteur,welcherdieTransaktionabwickelt,selbstdurchführen, odererkannalternativeinenDienstleisterbeauftragen. Für die Nutzung von EBooks ist neben dessen Erwerb auch der Besitz eines ent sprechenden Lesegerätes notwendig, weswegen diese in die Betrachtung der Wert schöpfung im Buchmarkt aufgenommen wurden. Die Lesegeräte werden von Hardwareherstellern produziert und in der Regel durch den Online oder Präsenz buchhandel vertrieben.Die mögliche Distributionüber Handelsunternehmen außer halb des Buchmarktes wurde aus Gründen der Übersichtlichkeit bei der Darstellung desWertschöpfungssystemsinAbbildung21vernachlässigt. DesWeiterenistdieRollederBibliothekenbeimVertriebelektronischerBüchervon Interesse, denn geliehene unterscheiden sich kaum von käuflich erworbenen E Books: Qualitativ sind sie identisch, auch die Distribution kann internetgestützt erfolgen.LediglichdieNutzungsdaueristggf.durchDRMbegrenzt.Somitsteigtaus KundensichtdieAttraktivitätdieserQuelle. Am Ende der Wertschöpfung steht der Kunde bzw. der Leser. Dieser ist mit einer wachsenden Auswahl an Quellen für den Erwerb von Literatur konfrontiert. Somit bestimmtletztendlichderKundedieUmsatzundsomitauchdiezukünftigeMacht verteilunginnerhalbderBuchbranche.
102
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt
5.2 VeränderungenindenErlösstrukturen Die Erlöserzielung im herkömmlichen Buchmarkt ist vergleichsweise einfach strukturiert: Haupteinnahmequelle stellt der Verkauf von Büchern zum einheitlich festgesetzten Preis dar – an Verbraucher, Unternehmen bzw. Behörden und Biblio theken. Diese Einnahmen werden durch Erlöse aus dem Rechtehandel für Über setzungen und Adaptionen für andere Medien sowie für MerchandisingArtikel er gänzt.WerbeerlösestelleneineweitereuntergeordneteEinnahmequelledar.396 Auf Grundlage des digitalisierten Produktes ist eine Reihe von neuen, zusätzlichen MethodenderErlösgenerierungmöglich.DiesewerdenimFolgendenerörtert. Das EBook erlaubt im Gegensatz zum physischen Buch Produktdifferenzierung in vielfältigerWeise.SokanneinEBookinverschiedenenVariantenhinsichtlichUmfang (ganzesBuchodereinzelneKapitel),Nutzungsdauer(z.B.„Leihe“für2Wochen)und BandbreitederNutzungsrechte(etwaExportundDruckfunktion)angebotenwerden, wobei für die letzteren Varianten ein DRMSchutz notwendig ist. Eine besondere Form dieser Produktdifferenzierung stellt das Abonnementmodell dar, welches den Zugang zu definierten Inhalten während des bezahlten Zeitraums eröffnet. Dieses Modell ist insbesondere bei aktuellen Fachinformationen, welche in Datenbanken vorgehaltenwerden,verbreitet. Zudem gewinnt der Einsatz von Werbung an Attraktivität, da diese im Kontext elektronischerMedienbereitseineweiteVerbreitungundAkzeptanzaufweistundihr darüber hinaus aufgrund der guten Messbarkeit ihrer Rezeption vergleichsweise hoheErlöseundsomiteingroßesPotenzialattestiertwerden.397DasSponsoringvon Buchprojektenstellteineweitere,hiermitengverwandteMöglichkeitdar. Die Aufteilung der erzielten Erlöse innerhalb des aufgezeigten Spektrums an Erlös quellenistaufgrunddesfrühenEntwicklungsstadiumsnochnichtgenauabzusehen. In Kongruenz mit den in Abbildung 26 wiedergegebenen Einschätzungen der in der Delphistudie befragten Experten erscheinen jedoch die nachfolgend ausgeführten Trendsalswahrscheinlich.
396
Vgl.Kerlen(2006),S.181f;Heinold(2009),S.36ff. Vgl.Paxhia(2008),S.2.
397
5.2VeränderungenindenErlösstrukturen
103
So ist zunächst von einer sinkenden relativen Bedeutung der klassischen Verkaufs erlöse auszugehen. Diese werden ergänzt oder substituiert durch Einnahmen aus demVerkaufeinzelnerBuchteilesowiedurchWerbeerlöse.AuchPauschalpreisbzw. Abonnementmodelle gewinnen an Bedeutung, wie auch Provisionen durch die Ver mittlung weiterer Transaktionen jenseits des jeweiligen Buchproduktes. Freiwillige LeserspendenandenAutorbleibenvernachlässigbar.WieinAbbildung26dargestellt sehen die Experten diese Entwicklungen sowohl für EBooks als auch für klassische Bücher,dortjedochindeutlichgeringeremUmfang. KlassischeBücher
ElektronischeBücher
NormalerVerkaufserlös
69%
NormalerVerkaufserlös
40%
VerkaufinTeilen Werbung&Sponsoring Pauschalpreis oder Abomodelle Provisionen
20%
13% Werbung&Sponsoring
14%
Pauschalpreis oder Abomodelle
14%
9%
8% Provisionen
Leserspendenanden Autor
1%
Leserspendenanden Autor
9% 3%
Abbildung26: In der Delphistudie für das Jahr 2017 prognostizierte Zusammensetzung der Erlöse fürklassischeundelektronischeBücher
Die Ergebnisse der Delphistudie lassen zudem darauf schließen, dass sich die Erlös zusammensetzung für EBooks auch in den einzelnen Branchensegmenten unter scheidet. Zwar lässt die differenzierungsbedingt geringe Fallzahl keine quantitativen Aussagen zu, jedoch erscheint der Verkauf in Teilen für Reiseliteratur und Ratgeber ein überdurchschnittliches Potenzial aufzuweisen. In den Naturwissenschaften und der Kinder und Jugendliteratur behauptet der normale Verkaufserlös seine dominantePosition.WerbungwirdvondenExpertenfürReise,Naturwissenschaften, KinderundJugendbüchersowieSachbücherüberdurchschnittlichstarkgewichtet. Insgesamt existiert im digitalen Szenario keine umfassend dominante Erlösquelle mehr,vielmehristinnerhalbjedesverfolgtenGeschäftsmodellseinpassendesErlös modellzukonstruieren,welchessicheinerodermehrererdergezeigtenErlösquellen bedient.GeschäftsmodellesindGegenstanddesfolgendenAbschnitts.
104
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt
5.3 NeueundweiterentwickelteGeschäftsmodelle Innerhalb des gezeigten Wertschöpfungsnetzwerks besteht eine Vielzahl an Positionierungsmöglichkeiten für einzelne Unternehmen mit spezifischen Geschäfts modellen.DiesesollenimFolgendenabgegrenztundbeschriebenwerden,wozuein morphologischerKastenalsBezugsrahmenAnwendungfindet.DietheoretischeBasis für dieses Vorgehen stellt die Kontingenztheorie dar, welche auf die Beschreibung vonGeschäftsmodellenadaptiertundnachstehendkurzdargestelltwird. DieKontingenztheorie,auchalsKontingenzodersituativerAnsatzbezeichnet,erklärt dieUnterschiedeindenStrukturenverschiedenerUnternehmensituativ.398Dabeisoll die Organisationsstrukturalternative identifiziert werden, welche gemessen an den verfolgten Zielen des Unternehmens am besten zu dessen Situation passt, da die Organisationsstrukturen je nach Situation unterschiedlich effektiv und effizient sind.399 Dieser Ansatz wird im Folgenden auf die Analyse verschiedener Geschäftsmodelle angewendet: Die eingesetzten Kriterien stellen buchmarktspezifische Opera tionalisierungen der in Abschnitt 2.3.2 eingeführten Geschäftsmodelldimensionen dar, deren konkrete Konfiguration Geschäftsmodelle abbildet. Die Kombination der alternativen Ausprägungen der einzelnen Dimensionen zu den dargestellten Ge schäftsmodellen erfolgt, der Idee der Kontingenztheorie entsprechend, auf der GrundlagesituativerRahmenbedingungenundistzumeistankonkreteUmsetzungen angelehnt. Der eingesetzte Bezugsrahmen mit den alternativen Ausprägungen ist in Tabelle13schematischdargestellt.
398
Vgl.Bea/Göbel(1999),S.89ff;WalterBusch(1996),S.225ff;Kieser/Kubicek(1992),S.46. Vgl.Ebers (2004), Sp. 653; Kieser (2006), S. 215; Kieser/Kubicek (1992), S. 60. Über diese Ge meinsamkeiten hinaus stellt jedoch der Kontingenzansatz kein in sich abgeschlossenes theoretischesKonzeptdar.ZudemsinddieineinerVielzahlanheterogenenStudienerzieltenEr kenntnisse nur wenig generalisierbar. Aus diesen Gründen steht der Ansatz unter Kritik, jedoch liegt seine Stärke gerade in seiner konzeptuellen Vielfalt, die adaptierte Partialanalysen ermög licht.Vgl.Ebers(2004),Sp.660ff.
399
5.3NeueundweiterentwickelteGeschäftsmodelle Buchvolltext
Basisprodukt Inhalts zusammenstellung Warengruppe Produkt architektur
Herstellungsform
Belle tristik
Komplementärleistung Individualisiert
Sozialwiss., Rat Geistesw., Kunst, geber Musik Recht,Wirtschaft
ZentralesPoD
DezentralesPoD
Onlinezugriff
Sach buch
Elektronisch
DauerhafterBesitz
OffenerStandard
ProprietärerStandard
Nutzungzeitlich befristet Beschränkungauf bestimmteEndgeräte
105
Nutzungzeitlich unbefristet
KeinDRM
Keine Endgerätebeschränkung
KeinDRM
Erlösquellen
Buchinhalt
Komplementär produkt
Kundenkontakt
Kunden information
DirekteErlöse
Einmalige Transaktion
Periodische Erlöse
Komplementär produkte
Keine
IndirekteErlöse
Wer bung
Positiondes Initiators Zielmarkt Endkundenkontakt
Provisionen Herstellung
PrimäreAktivität Wert schöpfungs architektur
Kinder, Reisen Jugend
Auflagendruck
Standardisierung
Erlös modell
Buchteile
Einheitlich
Zugriff
DigitalRights Management
Verlag
Druck erei
Handel Bucheinzel handel
Unternehmen(B2B) Direkt
Content Syndication
DataMining
ÜberHandel
Keine
Dienstleistung
Zwischen buchhandel
Inter netan bieter
Sonsti ge
Konsumenten(B2C) KeinEndkundenkontakt
Tabelle13: BezugsrahmenfürdieBeschreibungvonGeschäftsmodellenimdigitalisiertenBuchmarkt
Produktarchitektur Die Produktarchitektur stellt die erste Dimension eines Geschäftsmodells dar. Hierunterwirddie„GestaltungderLeistung,dieeinAnbieterdemNachfragergegen über erbringt“400 verstanden.401 Für Informationsprodukte, zu denen Bücher zählen, lässt sich die Produktarchitektur nach Hass (2002) weiter anhand der Subdimen sionenInformationundMediumdarstellen.402DiesebeidenKriterienwurdenfürden nachstehendeingesetztenBezugsrahmenweiterausdifferenziert. So kann zunächst gemäß der eingesetzten Information bzw. deren Umfang eine Unterscheidunggetroffenwerden.IndieseralsBasisproduktbezeichnetenKategorie 400
Hass(2002),S.95. Neben der hier dargestellten Ausgestaltung des Informationsproduktes an sich (Produktarchi tekturi.e.S.)istnachHass(2002)auchdieAbsatzleistungBestandteilderProduktarchitekturi.w. S.(vgl.Abschnitt2.3.2).AusGründenderKomplexitätsreduktionwirddiesejedochnichtexplizit betrachtet, ihre mögliche Bedeutung für die Generierung indirekter Erlöse wird aus deren Schilderungdeutlich. 402 Vgl.Hass(2002),S.98ff. 401
106
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt
wird zwischen dem Volltext eines Buches, was einem klassischen Buch entspricht, Buchteilen, etwa einzelne Kapitel, und einer buchbezogenen Komplementärleistung unterschieden. Des Weiteren können Buchprodukte hinsichtlich ihrer Inhalts zusammenstellungabgegrenztwerden:Diesekanneinerseits,wieimklassischenFalle durchdenVerlag,einheitlicherfolgen,worauseinabgeschlossenesgebündeltesWerk entsteht, oder entsprechend den Präferenzen des Kunden individualisiert. Auf dem Gebiet der inhaltlichen Schwerpunktsetzung kann zudem zwischen den Waren gruppen Belletristik, Kinder und Jugendliteratur, Reiseliteratur, Ratgebern, den Be reichen Geisteswissenschaft, Kunst und Musik und Sozialwissenschaften, Recht und WirtschaftsowieSachbüchernunterschiedenwerden. Auf Basis der eingesetzten Produktionstechnologie erfolgt eine weitere Differenzierung.403EskommtderklassischeAuflagendruck,PrintonDemandunddie Publikation als EBook in Betracht. Hierbei lässt sich die PoDProduktionsweise hin sichtlichdesProduktionsstandortesweiterspezifiziereninzentralesPoD,welchesvon in der Regel eng an Zwischenbuchhändler angebunden Druckereinen durchgeführt wird,unddezentralesPoDimstationären(Buch)Einzelhandel. Die Kategorie Zugriff ermöglicht die Klassifikation hinsichtlich möglicher Nutzungs situationen. So ist im Falle des Onlinezugriffs eine bestehende Internetverbindung erforderlich,währendimFalledesdauerhaftenBesitzesderzugrundeliegendeInhalt beimKunden,etwaimLesegerät,permanentgespeichertwird. Insbesondere bei der Publikation als EBook sind zudem zwei grundlegende Standardisierungsstrategienzuunterscheiden:dieAdoptioneinesoffenenStandards oder der Einsatz eines eigenen, proprietären Standards. Mit der Übernahme eines etabliertenStandardswirdeineKompatibilitätzuanderenEBooksbzw.denhierfür eingesetzten Lesegeräten und Programmen gewährleistet. Im Falle eines proprietärenStandardswirddiesbewusstverhindert,wodurchLockinEffekteerzielt werdenkönnen.MitdemeingesetztenStandardgehtzumeistauchdieEntscheidung fürodergegendenSchutzderInhaltedurcheinDigitalRightsManagementSystem einher. Hier lassen sich als wesentliche Ausprägungen des DRMSchutzes eine zeit liche Nutzungsbeschränkung, welche das Verleihen von EBooks erlaubt, und die LimitierungderNutzbarkeitaufeinodermehrereeinzelneEndgerätealsKopierschutz unterscheiden. 403
DiesentsprichtderKategorie„Medium“nachHass.Vgl.Hass(2002),S.98ff.
5.3NeueundweiterentwickelteGeschäftsmodelle
107
Erlösmodell Wie in Abschnitt 5.2 skizziert, stehen für das Erlösmodell mehrere Erlösquellen zur Verfügung: der Buchinhalt als Informationsprodukt selbst, der hiermit erzielte Kundenkontakt (insbesondere zur Verwertung durch Werbung) sowie die durch die Nutzung entstehenden Informationen über die Kunden zur Auswertung durch Data Mining. Die verschiedenen Erlösformen stellen weitere Kategorien dar, es wird zwischen direkten und indirekten Erlösen unterschieden. Innerhalb der direkten Erlöse ist für dieCharakterisierungdesGeschäftsmodellsrelevant,obdieseauseinmaligenTrans aktionen entstehen, periodisch, also durch gemietete Zugangsberechtigungen oder Abonnements erzielt werden, oder durch den Verkauf komplementärer Produkte. Innerhalb der indirekten Erlöse sind die Einnahmen durch Werbung, also der Monetarisierung der erzielten Aufmerksamkeit, die dominante Erlösquelle. Jedoch stellenauchProvisionen,welcheetwaausKooperationenmitanderenUnternehmen entstehen, der Verkauf von Data MiningAuswertungen und die Lizenzierung von Inhalten(ContentSyndication)weiteremöglicheErlösquellendar. Wertschöpfungsarchitektur Innerhalb der Wertschöpfungsarchitektur, der dritten Dimension eines Geschäfts modells, bestehen vielfältige Positionierungsmöglichkeiten, welche komplexitäts bedingt durch den Bezugsrahmen nur oberflächlich dargestellt werden können, jedoch bereits in Kapitel 5.1 im Rahmen der Darstellung des veränderten Wert schöpfungssystems diskutiert wurden. Zunächst wird als Näherung für die Positionierung des betrachteten Geschäftsmodells im Wertschöpfungssystem zwischen der Herstellung eines Produktes, Handelsaktivitäten und unterstützenden Dienstleistungenunterschieden.DieseUnterteilungwirdauchzurStrukturierungder in den folgenden Abschnitten dargestellten Geschäftsmodelle eingesetzt. Weiterhin erfolgt eine Unterscheidung nach der Herkunft der Unternehmen, welche das jeweiligeGeschäftsmodellinitiieren.DieseDimensionistfürdieAnalysestrategischer Reaktionen der Buchbranchenakteure von Relevanz. Die nächste Kategorie unter scheidet hinsichtlich des avisierten Kundensegmentes zwischen Unternehmen bzw. öffentlichen Auftraggebern und Privatkunden. Abschließend werden die Geschäfts modelle hinsichtlich ihres Endkundenkontaktes charakterisiert. Dieser kann direkt oder über den Zwischenhandel erfolgen, bei einigen Ansätzen ist der Endkunden kontaktauchnichterforderlich.
108
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt
Im Folgenden werden unter Einsatz des Bezugsrahmens abstrahierte Geschäfts modelle im digitalisierten Buchmarkt vorgestellt, unter bewusster Vernachlässigung derhinreichendbekanntentraditionellenGeschäftsmodelle,bspw.vonVerlagenoder Buchhandlungen.DieModellebasieren,wieinTabelle14überblicksartigdargestellt, aufdenindenvorangegangenenAbschnittendargestelltensituativenEntwicklungen undÜberlegungen,undstellensomitunternehmerischeReaktionsmöglichkeitenauf digitalisierungsbedingte Veränderungen dar. Die Auswahl ist beschränkt auf Ge schäftsmodelle, welche auf Bücher gemäß der in Abschnitt 3.1.1 vorgenommenen Definition ausgerichtet sind. Somit wird beispielsweise der Betrieb von literatur zentrierten Onlinecommunities nicht betrachtet, da zwar Buchinhalte Verwendung findenkönnen,dieseaberaufgrunddesinteraktiven,veränderlichenCharakterseiner CommunitykeineinsichabgeschlossenenMedienproduktedarstellen. Die Auswahl der vorgestellten Modelle erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, jedochwirddieIntentionverfolgt,allewesentlichenderzeiterkennbarenAnsätzemit betriebswirtschaftlicher Fundierung in ihrer kontingenztheoretisch begründeten Konfigurationzubeleuchten. AbgeleitetesGeschäftsmodell
ZugrundeliegendeEntwicklung
ZentralesPoD
PrintonDemandTechnologieinderHerstellung(Kap. 4.1)
DezentralesPoDimHandel
DezentralePrintonDemandTechnologieinderHer stellung(Kap.4.1)
IndividualisierteBuchprojekte
Individualisierungstechnologie(Kap.4.1)
OffenePublikationsplattform
DisintermediationvonVerlagendurchAutoren(Kap. 4.3)
FollowtheFree
FirstCopyCostEffect(Kap.2.4.2.)
EBookVertriebüberge schlossenesSystem
Möglichkeitdeskörperlosen,digitalenVertriebs(Kap. 4.3),LockinEffekte(Kap.2.4.3.)
EBookVertriebüberoffenes System
Möglichkeitdeskörperlosen,digitalenVertriebs(Kap. 4.3)
VerwertunggemeinfreierWerke FirstCopyCostEffect(Kap.2.4.2.),zeitlicheBegrenzung desUrheberrechts VermietungvonEBooks
ZeitlicheBeschränkungderNutzbarkeitdurchDRM (Kap.4.2)
Transaktionsanbahnung
BedeutungderTransaktionsanbahnungimneuenWert schöpfungssystem(Kap.5.1)
Marktplatzbetrieb
MöglichkeitderAutoren,VerlagsfunktionenbeiBedarf selbstzubeauftragen(Kap.4.3,5.1)
5.3NeueundweiterentwickelteGeschäftsmodelle
109
VerlagsnaheDienstleistungen
MöglichkeitderAutoren,VerlagsfunktionenbeiBedarf selbstzubeauftragen(Kap.4.3,5.1)
Formatkonvertierungund Bereithaltung
FürdenkörperlosenVertriebnotwendigeDienst leistungen(Kap.4.3)
Tabelle14: AbgeleiteteGeschäftsmodelleundderenFundierungimÜberblick
Wie in Tabelle 14 dargestellt, wurden die Geschäftsmodelle als unternehmerische Reaktionsmöglichkeiten aus den in der vorliegenden Arbeit ermittelten Ver änderungenabgeleitet. DieidentifiziertenGeschäftsmodellewerdennachstehendimDetailbeschrieben,ge gliedertnachderengrundliegendenPositionierungimWertschöpfungssystem. 5.3.1 GeschäftsmodelleinderHerstellung Entsprechend ihrer grundlegenden Wertschöpfungslogik werden zunächst Ge schäftsmodellebeschrieben,dieprimärderHerstellungzuzuordnensind.Imspäteren Verlauf folgen Geschäftsmodelle im Handel und dienstleistungsbasierte Ansätze. Da GeschäftsmodelleKomponentenmehrererBereicheaufweisenkönnen,geschiehtdie ZuordnunggemäßdemjeweiligenSchwerpunkt. ZentralesPoD Vergleichsweise nah an dem tradierten Geschäftsmodell der Druckereien lässt sich die Tätigkeit der Druckereien im Geschäftsmodell des zentralen PoD verorten. Der wesentliche Unterschied besteht in der Auflagengröße und der eingesetzten Druck technologie,sowirdstatttraditionellenDruckverfahren,durchwelcheinhaltsgleiche Bücher in hohen Auflagen kostengünstig hergestellt werden, das Digitaldruckver fahren eingesetzt, welches die Produktion einzelner Bücher zu konkurrenzfähigen Kostenerlaubt. FürdieoptimaleAusgestaltungdesGeschäftsmodellssindjedochnocheinigeweitere Kriterien zu berücksichtigen. So ist zunächst als Grundlage der sofortige Zugriff auf eine große Anzahl entsprechend aufbereiteter EBooks als Druckvorlage notwendig, da das hauptsächlich adressierte Geschäftsfeld in der Produktion von Büchern be steht,derenNachfragefürdieProduktioneinerAuflageimOffsetdruckzugeringist. EntsprechenddemLongTailKonzept404entstehteineausreichendeGesamtnachfrage aus der Summe vieler kleiner Nischenpublikationen. Diese strategische Ausrichtung 404
ZumKonzeptdesLongTailvgl.Anderson(2007).
110
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt
kanndurchdieÜberbrückungvonvergriffenenAuflagenergänztwerden,fürdieeine Neuauflagenochnichtfertiggestelltistodernichtökonomischtragfähigerscheint. DarüberhinausstelltderZeitfaktoreineweiterekritischeKomponentedar,dainder Buchbranche kurze Lieferzeiten üblich sind. Dies umfasst Prozessoptimierung in der Herstellung sowie eine enge Anbindung an die Absatzlogistik, insbesondere an den Zwischenbuchhandel.ImRahmenderProzessoptimierungsindauchdieStückkosten zuminimieren,umkonkurrenzfähigePreiseerzielenzukönnen. Die standardisierten Charakteristika sind der nachstehenden Tabelle 15 zu ent nehmen, wobei die Dunkelgraue Hinterlegung voll zutreffende Eigenschaften markiert,dieHellgraueeingeschränktzutreffende. Buchvolltext
Basisprodukt Inhalts zusammenstellung Warengruppe Produkt architektur
Herstellungsform
Belle tristik
Individualisiert Rat geber
ZentralesPoD
Geistesw., Kunst, Musik
DezentralesPoD
Onlinezugriff
Sach buch
Elektronisch
DauerhafterBesitz ProprietärerStandard
OffenerStandard
Nutzungzeitlich unbefristet
KeinDRM
Keine Endgerätebeschränkung
KeinDRM
Nutzungzeitlich befristet Beschränkungauf bestimmteEndgeräte
Sozialwiss., Recht,Wirtschaft
Erlösquellen
Buchinhalt
Komplementär produkt
Kundenkontakt
Kunden information
DirekteErlöse
Einmalige Transaktion
Periodische Erlöse
Komplementär produkte
Keine
IndirekteErlöse
Wer bung
Positiondes Initiators Zielmarkt Endkundenkontakt
BeispielhafteVertreter: Legende:
Provisionen
Verlag
Druck erei
Content Syndication
DataMining
Herstellung
PrimäreAktivität Wert schöpfungs architektur
Kinder, Reisen Jugend
Auflagendruck
Standardisierung
Erlös modell
Komplementärleistung
Einheitlich
Zugriff
DigitalRights Management
Buchteile
Handel Bucheinzel handel
Dienstleistung
Zwischen buchhandel
Unternehmen(B2B) Direkt
ÜberHandel
Keine
Inter netan bieter
Sonsti ge
Konsumenten(B2C) KeinEndkundenkontakt
BoD(Deutschland),LightningSource(USA)
trifftzu
Tabelle15: CharakteristikadesGeschäftsmodells„ZentralesPoD“
triffteingeschränktzu
5.3NeueundweiterentwickelteGeschäftsmodelle
111
Bei den im zentralen Print on Demand hergestellten Büchern handelt es sich um Buchvolltexte,dienichtindividualisiertwerden.HinsichtlichderadressiertenWaren gruppen ist anzumerken, dass die derzeit als weniger geeignet eingestuften Segmente (Kinder/Jugend, Ratgeber, Geisteswissenschaften/Kunst/Musik und Sach buch)diesenStatusnuraufgrundderderzeitigentechnischenRestriktionenhinsicht lichDruckundVerarbeitungsqualitäterhalten.Charakteristischistinsbesonderedie HerstellungsformalsPrintonDemand,DRMFunktionensindnichtzutreffend,dadas EndproduktingedruckterFormdistribuiertwird. Das Erlösmodell entspricht dem traditioneller Bücher. Als Initiatoren dieses her stellungsorientierten Geschäftsmodells kommen insbesondere Druckereien infrage, die über entsprechende Kompetenzen und Ressourcen verfügen. Der fokussierte ZielmarktistprimärimB2BBereichzusehen,dadieBuchproduktionimAuftragdes Handelsbzw.desVerlagserfolgt.AllerdingsistaucheindirekterEndkundenvertrieb möglich. Prominente Vertreter dieses Geschäftsmodells sind die Books on Demand GmbH in DeutschlandundLightningSourceindenUSA.405 DezentralesPoDimHandel Eine Weiterentwicklung des soeben dargestellten PoDGeschäftsmodells stellt die Verlagerung der Produktion in den stationären Handel dar. Hier erfolgt die Produktion vor Ort auf unmittelbaren Kundenwunsch innerhalb kürzester Zeit. Wie beim zentralen PoD ist auch hierfür eine umfassende Anbindung an aufbereitete elektronischeDruckvorlagennotwendig,jedochentfälltdurchdendirektenKunden kontaktdieAbsatzlogistik.HinsichtlichderCharakterisierungdiesesGeschäftsmodells im Bezugsrahmen ist zu erkennen, dass der Initiator dieses Geschäftsmodells im Gegensatz zum zentralen PoD im Präsenzbuchhandel liegt, welcher hierdurch seine KonkurrenzfähigkeitimdigitalisiertenBuchmarktverbessernkann.
405
Vgl.BooksonDemand(2008);Alexander(2008),S.11.
112
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt Buchvolltext
Basisprodukt Inhalts zusammenstellung Warengruppe Produkt architektur
Herstellungsform
Belle tristik
Individualisiert Sozialwiss., Rat Geistesw., Kunst, geber Musik Recht,Wirtschaft
ZentralesPoD
DezentralesPoD
Onlinezugriff
Elektronisch
DauerhafterBesitz
OffenerStandard
ProprietärerStandard
Nutzungzeitlich befristet Beschränkungauf bestimmteEndgeräte
Sach buch
Nutzungzeitlich unbefristet
KeinDRM
Keine Endgerätebeschränkung
KeinDRM
Erlösquellen
Buchinhalt
Komplementär produkt
Kundenkontakt
Kunden information
DirekteErlöse
Einmalige Transaktion
Periodische Erlöse
Komplementär produkte
Keine
IndirekteErlöse
Wer bung
Positiondes Initiators
Verlag
Druck erei
Content Syndication
DataMining Handel
Bucheinzel handel
Direkt
Endkundenkontakt
ÜberHandel
Keine
Dienstleistung
Zwischen buchhandel
Unternehmen(B2B)
Zielmarkt
BeispielhafteVertreter:
Provisionen Herstellung
PrimäreAktivität Wert schöpfungs architektur
Kinder, Reisen Jugend
Auflagendruck
Standardisierung
Erlös modell
Komplementärleistung
Einheitlich
Zugriff
DigitalRights Management
Buchteile
Inter netan bieter
Sonsti ge
Konsumenten(B2C) KeinEndkundenkontakt
OnDemandBooksalsTechnologieanbieter(EspressoBookMachine)
Tabelle16: CharakteristikadesGeschäftsmodells„DezentralesPoD“
Die produktionsbedingten Einschränkungen hinsichtlich geeigneter Warengruppen bestehen auch hier, aufgrund der miniaturisierten Produktionstechnologie sogar in verschärfter Weise.406 Den primären Absatzmarkt stellen Privatkunden dar, in geringemUmfangauchUnternehmen,etwabeiFachliteratur. AufgrunddeshohenInnovationsgradesdernotwendigenTechnologiebestehenzur zeit nur wenige Testanwendungen in Kooperation mit der Firma On Demand Books als Hersteller der Espresso Book Machine, in Deutschland ist eine Kooperation mit derBoDGmbHalsBetreiberdesGeschäftsmodellsvorOrtangekündigt.407 IndividualisierteBuchprodukte Liegen potenzielle Buchinhalte in Form einer (bestenfalls medienneutralen) Daten bank vor, so können die Inhalte kundenspezifisch neu gebündelt und vertrieben 406
ZudenbestehendenRestriktionenvgl.Abschnitt4.1. Vgl.Beisser(2008);Buchreport.de(2008b);Broos(2009),S.20.
407
5.3NeueundweiterentwickelteGeschäftsmodelle
113
werden. Hierzu ist es notwendig, die Inhalte mit ausreichend Metadaten (z.B. Schlagworten) zu versehen, sodass sie automatisch oder durch den Kunden zu sammengestellt werden können. Die für dieses Geschäftsmodell notwendige Kern kompetenz ist in der Verfügbarkeit geeigneter Inhalte und dem Auswahlprozess zu sehen, denn letztlich muss das individualisierte Endprodukt einen höheren Nutzen aufweisen als ein vergleichbares Massenprodukt. In diesem Zusammenhang stellen automatisierte Empfehlungssysteme wie etwa das Collaborative Filtering für die Inhalteauswahl oder die Integration automatisch aktualisierter Elemente (z.B. WetterberichtimReiseführer)vielversprechendeAnsätzedar.Auchkannggf.durch die Kooperation mit entsprechenden Communities auf nutzergenerierte Inhalte zurückgegriffenwerden. Die fertig gebündelten Bücher werden anschließend als EBook oder im PoD VerfahrenhergestelltandenKundendistribuiert,weswegendieseTechnologiendie Voraussetzung für individualisierungsbasierte Geschäftsmodelle darstellen. Die Aus gestaltung eines möglichen DRMSchutzes ist für die Charakterisierung dieses Ge schäftsmodells nicht entscheidend, weshalb alle Alternativen denkbar sind. Durch den individualisierten Charakter wird der größte Nutzen ohnehin beim adressierten Rezipientenerzielt. Für die Erlösgenerierung kommen einerseits, insbesondere wenn Kosten für die physische Produktion entstehen, direkte Erlöse in Betracht. Bei Auslieferung als E Book und hohem Automatisierungsgrad im Bündelungsprozess ist auch eine Finanzierung aus indirekten Erlösen, etwa durch die Integration von (ggf. ebenfalls personalisierter) Werbung oder durch Provisionen auf der Basis von Kooperationen mitthematischpassendenECommerceWebseiten.DesWeiterenistimRahmender bestehenden Datenschutzbestimmungen die Verwertung der im Rahmen der NutzunganfallendenNutzerdatenmöglich.
114
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt Basisprodukt
Buchvolltext
Inhalts zusammenstellung Warengruppe Produkt Herstellungsform architektur Zugriff
Auflagendruck
Beschränkungauf bestimmteEndgeräte
Zielmarkt
Wer bung
KeinDRM
Keine Endgerätebeschränkung
KeinDRM
Komplementär Kundenkontakt produkt Periodische Erlöse
Komplementär produkte
DataMining Handel
Bucheinzel handel
Unternehmen(B2B) Direkt
Elektronisch
ProprietärerStandard
Herstellung Druck erei
Sach buch
Nutzungzeitlich unbefristet
Provisionen
Verlag
Sozialwiss., Recht, Wirtschaft
DauerhafterBesitz
OffenerStandard
Einmalige Transaktion
Endkundenkontakt
Geistes w., Kunst, Musik
ZentralesPoD DezentralesPoD
Nutzungzeitlich befristet
DirekteErlöse
Positiondes Initiators
Wert schöpfungs architektur
Rat geber
Onlinezugriff
Buchinhalt
PrimäreAktivität
Individualisiert
Belle Kinder, Reisen tristik Jugend
Erlösquellen
IndirekteErlöse
Komplementärleistung
Einheitlich
Standardisierung
DigitalRights Management
Buchteile
ÜberHandel
Kunden information Keine
Content Syndication
Keine
Dienstleistung
Zwischen buchhandel
Inter Sonsti netan ge bieter
Konsumenten(B2C) KeinEndkundenkontakt
BeispielhafteVertreter: Tripwolf.com;SharedBook.com;PrimisOnline Tabelle17: CharakteristikadesGeschäftsmodells„IndividualisierteBuchprojekte“
Da für die Personalisierung der Kontakt mit Endkunden notwendig ist, stellt der KonsumentenmarktdieZielgruppefürdiesesGeschäftsmodelldar.AusdiesemGrund istdieWertschöpfungspositionnichtausschließlichinderHerstellung,sondernauch im Handel zu sehen. Allerdings ist auch dessen Zwischenschaltung möglich. Als InitiatorfürdasbetrachteteGeschäftsmodellkommeninsbesondereVerlageinfrage, dadieseüberdieKernressourcedernotwendigenInhalteverfügen,aberauchInter netanbieter. Als beispielhafte Vertreter dieses Geschäftsmodells können das später näher be schriebene Reiseportal Tripwolf.com, die Plattform zur Erstellung individualisierter
5.3NeueundweiterentwickelteGeschäftsmodelle
115
BücherSharedBookunddieLehrbuchplattformvonMcGrawHillinZusammenarbeit mitPrimisOnlinegenanntwerden.408 OffenePublikationsplattform Das Geschäftsmodell der offenen Publikationsplattform entspricht weniger den tradiertenGrundsätzenderVerlagsbranchealsdemimInternetanzutreffendenGe dankengut der freien Inhalteverfügbarkeit, etwa nach den Creative Commons Lizenzmodellen.409SobestehtdieGeschäftsideedarin,AutoreneinePlattformfürdie ggf. kollaborative Erstellung und Publikation von Buchprojekten zur Verfügung zu stellen, welche zumindest in einer Basisversion online kostenfrei genutzt werden können.DieErlösgenerierungerfolgtindirekt. Buchvolltext
Basisprodukt Inhalts zusammenstellung Warengruppe Produkt architektur
Herstellungsform
Einheitlich Belle tristik
Sozialwiss., Rat Geistesw., Kunst, Recht,Wirtschaft geber Musik
ZentralesPoD
DezentralesPoD
OffenerStandard
ProprietärerStandard Nutzungzeitlich unbefristet
KeinDRM
Keine Endgerätebeschränkung
KeinDRM
Buchinhalt
Komplementär produkt
Kundenkontakt
Kunden information
DirekteErlöse
Einmalige Transaktion
Periodische Erlöse
Komplementär produkte
Keine
Wer bung
Positiondes Initiators Zielmarkt Endkundenkontakt
BeispielhafteVertreter:
Provisionen
DataMining
Herstellung
PrimäreAktivität Verlag
Druck erei
Handel Bucheinzel handel
ÜberHandel
Vgl.Shiratuddin/Hassan/Landoni(2003),S.115ff;Paxhia(2009),S.5. Vgl.CreativeCommons(2009).
Inter netan bieter
Sonsti ge
Konsumenten(B2C) KeinEndkundenkontakt
Webook.com,Flatworldknowledge.com
Keine
Dienstleistung
Zwischen buchhandel
Unternehmen(B2B) Direkt
Content Syndication
Tabelle18: CharakteristikadesGeschäftsmodells„OffenePublikationsplattform“
409
Elektronisch
Erlösquellen
IndirekteErlöse
408
Sach buch
DauerhafterBesitz
Nutzungzeitlich befristet Beschränkungauf bestimmteEndgeräte
Komplementärleistung Individualisiert
Onlinezugriff
Standardisierung
Wert schöpfungs architektur
Kinder, Reisen Jugend
Auflagendruck
Zugriff
DigitalRights Management
Buchteile
116
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt
Wie in Tabelle 18 dargestellt, stellen Buchvolltexte das Basisprodukt dar. Individualisierungsfunktionen sind denkbar aber für das Geschäftsmodell nicht not wendig. Alle Warengruppen sind prinzipiell geeignet, jedoch erscheint ggf. eine Fokussierung des Portals vorteilhaft. Um die Offenheit der in elektronischer Form vorgehaltenenInhaltezugewährleisten,isteinDRMfreierOnlinezugrifferforderlich, was letztlich einem offenen Standard entspricht. Im Rahmen der komplementären Erlösgenerierung ist auch der Vertrieb als EBook oder PoDExemplar zum dauer haften Besitz möglich. Da diese Variante jedoch nicht den Kernbestandteil des Ge schäftsmodellsdarstellt,istsieinderTabellenichtgekennzeichnet.EinDRMEinsatz erscheintaufgrunddesWiderspruchszurGrundideenichtsinnvoll. Die Erlösgenerierung erfolgt in erster Linie indirekt. Hierbei sind Werbung und Provisionen für die Vermittlung thematisch angrenzender Produkte relevante Optionen,ggf.ergänztdurchdieAuswertungvonNutzerdaten.Zudemerscheintder Verkauf von Komplementärprodukten, beispielsweise eine im PoDVerfahren her gestelltegedruckteAusgabedesBuchesoderderDownloadalsaufbereitetesEBook, alsbesondersErfolgversprechend. Als relevanter Zielmarkt sind Endkunden, zu denen ein direkter Kontakt besteht, charakteristisch.DerInitiator entstammtin der Regel,entsprechend der erwähnten grundlegenden Einstellung, eher aus der Reihe der Internetunternehmen. Jedoch kommenauchsonstigeTräger,wieetwaUniversitätenimRahmenderOpenAccess Bewegung,inBetracht. In der Praxis umgesetzt wirddieses Geschäftsmodellbeispielsweise durch die inter aktive Schreib und Bewertungsplattform weebook.com oder das offene Lehrbuch portalFlatworldknowledge.com. FollowtheFree DurchdietechnologischbedingteAnnäherungdesBuchmarktesandieInternetöko nomie sind auch dort etablierte Geschäftsmodelle in den Buchmarkt übertragbar. Hierzu zählt auch der Ansatz des Follow the Free, welcher darin besteht, ein attraktivesSoftwareproduktzurfreienNutzunganzubietenunddiedurchdiekosten lose Abgabe erzielte hohe installierte Basis im nächsten Schritt für den Absatz von höherwertigen Versionen oder Komplementärgütern zu nutzen.410 Im Anwendungs fall des Buchmarkts kommt insbesondere die für die Rezeption von EBooks not 410
Vgl.Zerdicketal.(2001),S.192f.
5.3NeueundweiterentwickelteGeschäftsmodelle
117
wendigeSoftware,etwafürPCsoderhochentwickelteMobiltelefone,alsGrundlage fürdieseStrategieinfrage.Dieseist,wieinTabelle19dargestellt,aufdieWiedergabe gängiger, offener oder proprietärer EBookFormate zugeschnitten, die DRM Funktionenenthaltenkönnenodernicht. Buchvolltext
Basisprodukt Inhalts zusammenstellung Belle tristik
Kinder, Reisen Jugend
Auflagendruck
Herstellungsform
Individualisiert Rat geber
ZentralesPoD
Geistesw., Kunst, Musik
Beschränkungauf bestimmteEndgeräte
Elektronisch
ProprietärerStandard
Nutzungzeitlich befristet
DigitalRights Management
Sach buch
DauerhafterBesitz
OffenerStandard
Standardisierung
Sozialwiss., Recht,Wirtschaft
DezentralesPoD
Onlinezugriff
Zugriff
Nutzungzeitlich unbefristet
KeinDRM
Keine Endgerätebeschränkung
KeinDRM
Erlösquellen
Buchinhalt
Komplementär produkt
Kundenkontakt
Kunden information
DirekteErlöse
Einmalige Transaktion
Periodische Erlöse
Komplementär produkte
Keine
Wer bung
IndirekteErlöse
Positiondes Initiators
Verlag
DataMining
Druck erei
Direkt
Content Syndication
Handel Bucheinzel handel
Unternehmen(B2B)
Zielmarkt Endkundenkontakt
BeispielhafterVertreter:
Provisionen Herstellung
PrimäreAktivität Wert schöpfungs architektur
Komplementärleistung
Einheitlich
Warengruppe Produkt architektur
Buchteile
ÜberHandel
Keine
Dienstleistung
Zwischen buchhandel
Inter netan bieter
Sonsti ge
Konsumenten(B2C) KeinEndkundenkontakt
Stanza
Tabelle19: CharakteristikadesGeschäftsmodells„FollowtheFree“
Die Erlösgenerierung erfolgt, da für das Basisprodukt der Strategie entsprechend keine Lizenzgebühren erhoben werden, in erster Linie indirekt auf der Basis des er zielten Kundenkontaktes als Erlösquelle. Dies geschieht durch den Einsatz von WerbungoderdurchengeKooperationenmitAnbieternkomplementärerProdukte, wieetwaEBooks,worausProvisionenerwirtschaftetwerden.Ggf.kannderVertrieb vonKomplementärgüternauchselbstübernommenwerden,alsProdukteignetsich hierzu neben elektronischen Büchern auch beispielsweise eine Software zur Er zeugungpassenderEBooks.
118
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt
Als Initiatoren dieses primär der Herstellung zuzuordnenden Geschäftsmodells kommen, aufgrund der notwendigen technologischen Kompetenzen, insbesondere Internetanbieter infrage. Die Zielgruppe dieses Geschäftsmodells stellen Endkunden dar,dieauchdirektangesprochenwerden. AlsbeispielhafterVertreterdiesesGeschäftsmodellskanndieinzwischenvonAmazon übernommene Firma Lexcycle identifiziert werden, die die Applikation Stanza ent wickelt und vertreibt, welche das komfortable Lesen von EBooks auf dem IPhone ermöglicht.411 5.3.2 GeschäftsmodelleimHandel Im Folgenden werden Geschäftsmodelle aufgezeigt, deren Schwerpunkt im Handel mitBuchproduktenliegt.HierzuwerdenzunächstzweialternativeAnsätzezurinter netbasierten Distribution von EBooks zur Offlinenutzung vorgestellt, gefolgt von stärkerdurchdasInternetgeprägtenGeschäftsmodellen. EBookVertriebübergeschlossenesSystem Das erste Geschäftsmodell im EBookHandel basiert auf einem geschlossenen System aus einer Vertriebsplattform für EBooks und proprietären EBook Lesegeräten bzw. Anwendungen. Hierdurch kann eine optimale Aufbereitung der E BooksfürdieimSystemintegriertenEndgeräteerfolgen.DieProduktarchitekturent spricht der Überführung konventioneller Bücher in ein DRMgeschütztes EBook: Es handelt sich um einheitliche EBooks im Volltext, welche prinzipiell für alle Waren gruppen geeignet sind. Die derzeitig verfügbaren Endgeräte können allerdings grafisch anspruchsvolle Publikationen (bspw. Abbildungen und Tabellen) nicht optimal darstellen, weswegen ein Schwerpunkt auf stark textlastige EBooks nahe liegt. Die Geschlossenheit des Systems wird durch einen proprietären Standard gewähr leistet.CharakteristischistauchdiedamiteinhergehendeBindungderEBooksanein oder mehrere spezifische Endgeräte in diesem System, auf welchen die Nutzung im RahmenderLebensdauerdesSystemszeitlichunbefristetist. Das Erlösmodell basiert auf den Erlösquellen Buchinhalt in Kombination mit Komplementärprodukten.AusdiesenwerdenauchdiedirektenErlöseausdemVer kauf von einzelnen Buchinhalten bzw. den Komplementärprodukten (bspw. EBook 411
Vgl.Greenberg/Abels(2008);Lexcycle(2009b);Lexcycle(2009a).
5.3NeueundweiterentwickelteGeschäftsmodelle
119
Lesegeräte) erzielt, sofern diese nicht aus strategischen Gründen subventioniert werden. Das Produkt wendet sich an den Konsumentenmarkt, weswegen zunächst (Online) BuchhandlungenalsInitiatorinBetrachtkommen.JedochistdiesesGeschäftsmodell auch für den Zwischenbuchhandel als (Neu)Positionierung im sich verändernden Wertschöpfungssystem oder für Hersteller der Lesegeräte attraktiv. Der Kunden kontaktgeschiehtdirekt,eineEinbindungdesstationärenHandelsistausMarketing gründenallerdingsdenkbar. Buchvolltext
Basisprodukt Inhalts zusammenstellung Warengruppe Produkt architektur
Herstellungsform
Einheitlich Belle tristik
Sozialwiss., Rat Geistesw., Kunst, Recht,Wirtschaft geber Musik
ZentralesPoD
DezentralesPoD
Sach buch
Elektronisch
DauerhafterBesitz
OffenerStandard
ProprietärerStandard
Nutzungzeitlich befristet Beschränkungauf bestimmteEndgeräte
Komplementärleistung Individualisiert
Onlinezugriff
Standardisierung
Nutzungzeitlich unbefristet
KeinDRM
Keine Endgerätebeschränkung
KeinDRM
Erlösquellen
Buchinhalt
Komplementär produkt
Kundenkontakt
Kunden information
DirekteErlöse
Einmalige Transaktion
Periodische Erlöse
Komplementär produkte
Keine
IndirekteErlöse
Wer bung
Positiondes Initiators Zielmarkt Endkundenkontakt
BeispielhafteVertreter:
Provisionen
DataMining
Herstellung
PrimäreAktivität Wert schöpfungs architektur
Kinder, Reisen Jugend
Auflagendruck
Zugriff
DigitalRights Management
Buchteile
Verlag
Druck erei
Handel Bucheinzel handel
Unternehmen(B2B) Direkt
Content Syndication
ÜberHandel
Keine
Dienstleistung
Zwischen buchhandel
Inter netan bieter
Sonsti ge
Konsumenten(B2C) KeinEndkundenkontakt
Amazon(Kindle)
Tabelle20: CharakteristikadesGeschäftsmodells„EBookVertriebübergeschlossenesSystem“
Für die erfolgreiche Umsetzung dieses Geschäftsmodells ist neben einer um fassenden Verfügbarkeit attraktiver Inhalte und einer hohen Benutzerfreundlichkeit des Gesamtsystems insbesondere das schnelle Erzielen eines hohen Marktanteils notwendig. Dadurch kann die LockinSituation ausgenutzt werden, die auf der Grundlage der im geschlossenen System entstehenden indirekten Netzwerkeffekte
120
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt
existiert, da die alleinige Nutzbarkeit der EBooks auf im System befindlichen End gerätenhoheWechselkostenzualternativenSystemenmitsichbringt.412Deswegen sind insbesondere anfangs große Anstrengungen zur Kundenakquise, etwa durch SubventionierungderLesegeräte,erforderlich. Amazon bietet mit dem auf dem Lesegerät Kindle bzw. einer entsprechenden Soft wareapplikationfürMobiltelefoneunddemdamituntrennbarverbundenenEBook DistributionssystemeinpassendesBeispielfürdiesesGeschäftsmodell. EBookVertriebüberoffenesSystem Die Alternative zum eben vorgestellten Vertrieb innerhalb eines geschlossenen SystemsstelltdieDistributionübereinoffenesSystemdar.DerUnterschiedbesteht darin,dassderInitiatordesGeschäftsmodellsnichtüberdieallumfassende,alleinige Kontrolle über das System aus EBookVertriebsplattform und Endgerät bzw. Lese applikationverfügt.DieserfolgtdurchdieAdoptioneinesoffenenEBookStandards, schließt einen DRMSchutz aber nicht aus, sofern dieser durch alle zum jeweiligen StandardkompatiblenEndgeräteunterstütztwird.
412
LockinSituationen entstehen, wenn die mit dem Wechsel einer genutzten Systemarchitektur verbundenenKostendendadurchentstehendenNutzenübersteigen.Vgl.Zerdicketal.(2001),S. 162.
5.3NeueundweiterentwickelteGeschäftsmodelle Basisprodukt
Buchvolltext
Inhalts zusammenstellung Warengruppe Produkt Herstellungsform architektur Zugriff
Auflagendruck
Wert schöpfungs architektur
Zielmarkt
Sach buch
Elektronisch
DauerhafterBesitz ProprietärerStandard
Einmalige Transaktion
Endkundenkontakt
Sozialwiss., Recht, Wirtschaft
ZentralesPoD DezentralesPoD
Beschränkungauf bestimmteEndgeräte
Nutzungzeitlich unbefristet
KeinDRM
Keine Endgerätebeschränkung
KeinDRM
Komplementär Kundenkontakt produkt Periodische Erlöse
Provisionen
Druck erei
Handel Bucheinzel handel
Unternehmen(B2B) Direkt
Komplementär produkte
DataMining
Herstellung Verlag
Geistes w., Kunst, Musik
Onlinezugriff
DirekteErlöse
Positiondes Initiators
Komplementärleistung
OffenerStandard
Buchinhalt
PrimäreAktivität
Rat geber
Nutzungzeitlich befristet
Wer bung
121
Individualisiert
Belle Kinder, Reisen tristik Jugend
Erlösquellen
IndirekteErlöse
Buchteile
Einheitlich
Standardisierung
DigitalRights Management
ÜberHandel
Kunden information Keine
Content Syndication
Keine
Dienstleistung
Zwischen buchhandel
Inter Sonsti netan ge bieter
Konsumenten(B2C) KeinEndkundenkontakt
BeispielhafteVertreter: HerderVerlag,Fictionwise.com,Libri.de Tabelle21: CharakteristikadesGeschäftsmodells„EBookVertriebüberoffenesSystem“
WieinTabelle21zuerkennenist,unterscheidetsichdasGeschäftsmodellnurinder Ausgestaltung der DRMFunktionalitäten vom geschlossenen System: Dieses ist weniger restriktiv, da die Endgerätebeschränkung wegfällt oder durch den offenen StandardeinegrößereAuswahlzurVerfügungsteht. Hinsichtlich der Erlösquellen ergeben sich keine strukturellen Unterschiede. Allerdings besteht durch die Offenheit kein oder ein wesentlich geringerer Lockin Effekt,weswegengeringereInvestitionenindieGewinnungneuerKundennotwendig sind. So können Lesegeräte als komplementäre Produkte deutlicher zur Erlös generierung beitragen. Auch erscheinen Kooperationsstrategien verschiedener Marktteilnehmer, etwa in Form von Business Webs um den eingesetzten Standard
122
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt
(TechonologyWeb)413alsgeeigneteStrategie,dasoindirekteNetzwerkeffekte414zu einer Nutzensteigerung für alle partizipierenden Nutzer und damit auch für die UnternehmenimBusinessWebführen.IndiesemFallmussjedocheinevonallenBe teiligten akzeptierte Verteilung der Einnahmen innerhalb des Business Webs ge fundenwerden. Als Repräsentanten für diesen Ansatz können der EBook Direktvertrieb des Herder Verlags, der USamerikanische Onlinehändler für EBooks Fictionwise.com oder der deutscheOnlinebuchhändlerLibri.degenanntwerden.415 VerwertunggemeinfreierWerke Die freie Nutzbarkeit gemeinfreier Werke, bei welchen gemäß §64 Urheberrechts gesetzdasUrheberrecht70JahrenachdemToddesUrheberserloschenist,ermög licht deren Verwertung ohne Aufwendungen für Lizenzen oder Inhalteerstellung. SomitfallennurgeringeFirstCopyCostsan,wasdieRefinanzierungüberausschließ lichindirekteErlöseerleichtert. Wie in Tabelle 22 dargestellt, eignet sich dieses Geschäftsmodell für alle Waren gruppen und steht sowohl dem Onlinezugriff als auch der Speicherung zum dauer haftenBesitzoffen.EinDRMEinsatzistunnötig. Für die Erlösgenerierung stehen die Erlösquellen Kundenkontakt und Kunden informationzurVerfügung.DiesewerdendurchdieErlösartenWerbung,Provisionen aus Kooperationen mit Partnern, die Komplementärprodukte, wie etwa gedruckte Ausgaben oder Sekundärliteratur vertreiben, sowie ggf. der Monetarisierung von Kundeninformationenrealisiert. Die Positionierung innerhalb der Wertschöpfungsarchitektur ist dem Handel zuzu ordnen.AlsInitiatorendesGeschäftsmodellseignensichInternetanbieteroderauch Verlage, die über entsprechende Inhalte verfügen. Die primäre Zielgruppe stellen Konsumentendar,welchedirektangesprochenwerden. Entsprechende Angebote betreibt die Volltextbibliothek Zeno.org, das traditions reicheProjektGutenbergoderauchGooglemitBookSearchMobile.416
413
FürAusführungenzumKonzeptderBusinessWebsvgl.Abschnitt2.1.3. ZumBegriffderNetzwerkeffektevgl.Abschnitt2.4.3. 415 Vgl.Buchreport.de(2009c). 416 Vgl.ProjectGutenberg(2009);Ratnakaretal.(2009). 414
5.3NeueundweiterentwickelteGeschäftsmodelle Buchvolltext
Basisprodukt Inhalts zusammenstellung Warengruppe Produkt architektur
Herstellungsform
Belle tristik
Kinder, Reisen Jugend
Auflagendruck
Komplementärleistung
Sozialwiss., Rat Geistesw., Kunst, geber Musik Recht,Wirtschaft
ZentralesPoD
Sach buch
Elektronisch
DezentralesPoD
DauerhafterBesitz
OffenerStandard
ProprietärerStandard
Nutzungzeitlich befristet Beschränkungauf bestimmteEndgeräte
123
Individualisiert
Onlinezugriff
Standardisierung
Nutzungzeitlich unbefristet
KeinDRM
Keine Endgerätebeschränkung
KeinDRM
Erlösquellen
Buchinhalt
Komplementär produkt
Kundenkontakt
Kunden information
DirekteErlöse
Einmalige Transaktion
Periodische Erlöse
Komplementär produkte
Keine
IndirekteErlöse
Wer bung
Positiondes Initiators Zielmarkt Endkundenkontakt
BeispielhafteVertreter:
Provisionen
DataMining
Herstellung
PrimäreAktivität Wert schöpfungs architektur
Buchteile
Einheitlich
Zugriff
DigitalRights Management
Verlag
Druck erei
Handel Bucheinzel handel
Unternehmen(B2B) Direkt
Content Syndication
ÜberHandel
Keine
Dienstleistung
Zwischen buchhandel
Inter netan bieter
Sonsti ge
Konsumenten(B2C) KeinEndkundenkontakt
Zeno.org,ProjektGutenberg,GoogleBookSearch(mobile)
Tabelle22: CharakteristikadesGeschäftsmodells„VerwertunggemeinfreierWerke“
VermietungvonEBooks Der Einsatz von DRMSystemen ermöglichtdie zeitliche Einschränkung derNutzbar keitvonEBookszugeringenKosten,daimGegensatzzugedrucktenBüchernkeine physischeRückführungerforderlichist.HieraufberuhtdieVermietungvonEBooks. Wie in der nachstehenden Tabelle 23 ersichtlich, unterscheidet sich dieses Ge schäftsmodellnurgeringfügigvomVertriebvonEBookszurzeitlichunbeschränkten Nutzung. DieUnterschiedeliegennebenderzeitlichenBefristungdarin,dassdieGenerierung von Erlösen neben den naheliegenden Einzeltransaktionen auchperiodischerfolgen kann. Diese Form entspricht dann einem Abonnement, welches eine fest definierte Menge von EBooks oder einen thematisch abgegrenzten Bereich umfasst. Diese Variante,welcheauchalsOnlinezugriffrealisiertwerdenkann,eignetsichbeispiels weisefürdenVertriebaktuellerFachinformationen.
124
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt Buchvolltext
Basisprodukt Inhalts zusammenstellung Warengruppe Produkt architektur
Herstellungsform
Komplementärleistung
Einheitlich Belle tristik
Kinder, Reisen Jugend
Auflagendruck
Individualisiert Rat geber
ZentralesPoD
Geistesw., Kunst, Musik
Sozialwiss., Recht,Wirtschaft
DezentralesPoD
Sach buch
Elektronisch
Zugriff
Onlinezugriff
DauerhafterBesitz
Standardisierung
OffenerStandard
ProprietärerStandard
DigitalRights Management
Nutzungzeitlich befristet Beschränkungauf bestimmteEndgeräte
Nutzungzeitlich unbefristet
KeinDRM
Keine Endgerätebeschränkung
KeinDRM
Erlösquellen
Buchinhalt
Komplementär produkt
Kundenkontakt
Kunden information
DirekteErlöse
Einmalige Transaktion
Periodische Erlöse
Komplementär produkte
Keine
IndirekteErlöse
Wer bung
Positiondes Initiators Zielmarkt Endkundenkontakt
BeispielhafteVertreter:
Provisionen
Verlag
Druck erei
Content Syndication
DataMining
Herstellung
PrimäreAktivität Wert schöpfungs architektur
Buchteile
Handel Bucheinzel handel
Dienstleistung
Zwischen buchhandel
ÜberHandel
Inter netan bieter
Sonsti ge
Konsumenten(B2C)
Unternehmen(B2B) Direkt
Keine
KeinEndkundenkontakt
BibliothekeninZusammenarbeitmitCiando
Tabelle23: CharakteristikadesGeschäftsmodells„VermietungvonEBooks“
Als Initiator dieses Geschäftsmodells kommen einige Akteure in Betracht, da dieses Geschäftsmodell noch kaum besetzt ist. So können einerseits Händler von EBooks dieses Geschäftsmodell als Instrument der Preisdifferenzierung zusätzlich anbieten, aberauchVerlagenstehtdiesezusätzlicheVertriebsformoffen–insbesondereimFall thematischabgegrenzterPakete.ZusätzlichkommenneueAnbieterausdemBereich desInternetssowiediebereitserwähntenBibliothekeninBetracht. FürdieAusrichtungdesGeschäftsmodellserscheinensowohlKonsumenten,wieauch Unternehmen und öffentliche Einrichtungen, insbesondere Bibliotheken, als rele vanteZielgruppen.ImFallederBibliothekenwerdendieEBooksweiterverliehen.417
417
Bibliotheken treten in diesem Falle selbst als Initiator dieses Geschäftsmodelles auf. Für Biblio thekeninderTrägerschaftderöffentlichenHanddienenderenFinanzmittelalszusätzlicheErlös quelle.AlternativzurMietedurchBibliothekenistauchderKaufvonunbefristetenLizenzenzur Ausleihemöglich,waseinenSpezialfalldesEBookVertriebsdarstellt.
5.3NeueundweiterentwickelteGeschäftsmodelle
125
Realisiert wurde dieses Geschäftsmodell beispielsweise in einer Kooperation zwischen der Universitätsbibliothek München mit dem EBook Vertriebsportal Ciando.de,welchesdietechnischeUmsetzungübernimmt.418 Transaktionsanbahnung Als Vorstufe der eigentlichen Transaktion besteht im Wertschöpfungssystem der Buchbranche, wie es in Kapitel 5.1 dargestellt ist, die Funktion der Transaktions anbahnung. Aus dieser lässt sich ein eigenständiges Geschäftsmodell ableiten, welchesimFolgendenerläutertwirdundinTabelle24dargestelltist. Um spätere buchbezogene Transaktionen anzubahnen, werden Metainformationen und Auszüge aus den zugrunde liegenden Büchern eingesetzt. Auf deren Grundlage könnensichpotenzielleKäufereineMeinungbilden,aufwelchereinepositiveoder negative Kaufentscheidung basiert. Diese Informationen stehen für den Nutzer nur währenddesZugriffsaufderSeitezurVerfügung. ErlösewerdenindiesemGeschäftsmodellprimäraufBasisderKundenkontaktedurch Provisionen für die Anbahnung der jeweiligen Transaktionen, welche sich auf ge druckte wie elektronische Bücher beziehen können, generiert. Zusätzlich sind auch Erlöse durch Werbung und durch die Verwertung von Kundendaten auf der Grund lagevonDataMiningmöglich. Entsprechend den Ergebnissen der Delphistudie stellen Internetanbieter wie Such maschinen und der Onlinebuchhandel die primär zu erwartenden Initiatoren dieses Geschäftsmodells dar. Als beispielhafte Betreiber sind Google Book Search, das PendantdesdeutschenBuchhandelsLibrekaoderauchbuchzentrierteCommunities wieetwaLovelybookszunennen.
418
Vgl.Ciando(2009).
126
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt Basisprodukt
Buchvolltext
Inhalts zusammenstellung Warengruppe Produkt Herstellungsform architektur Zugriff
Auflagendruck
Wert schöpfungs architektur
Zielmarkt
Elektronisch
DauerhafterBesitz
Einmalige Transaktion
Endkundenkontakt
Sach buch
ProprietärerStandard
Beschränkungauf bestimmteEndgeräte
Nutzungzeitlich unbefristet
KeinDRM
Keine Endgerätebeschränkung
KeinDRM
Komplementär Kundenkontakt produkt Periodische Erlöse
Provisionen Herstellung
Verlag
Sozialwiss., Recht, Wirtschaft
ZentralesPoD DezentralesPoD
Nutzungzeitlich befristet
Wer bung
Geistes w., Kunst, Musik
Onlinezugriff
DirekteErlöse
Positiondes Initiators
Rat geber
OffenerStandard
Buchinhalt
PrimäreAktivität
Individualisiert
Belle Kinder, Reisen tristik Jugend
Erlösquellen
IndirekteErlöse
Komplementärleistung
Einheitlich
Standardisierung
DigitalRights Management
Buchteile
Druck erei
Komplementär produkte
Handel
ÜberHandel
Keine
Dienstleistung
Zwischen buchhandel
Unternehmen(B2B) Direkt
Keine
Content Syndication
DataMining
Bucheinzel handel
Kunden information
Inter Sonsti netan ge bieter
Konsumenten(B2C) KeinEndkundenkontakt
BeispielhafteVertreter: GoogleBookSearch,Libreka,Lovelybooks Tabelle24: CharakteristikadesGeschäftsmodells„Transaktionsanbahnung“
Marktplatzbetrieb Ein weiteres, dem Buchmarkt in komplementärer Funktion zuzuordnendes Ge schäftsmodell stellt der Betrieb eines spezialisierten OnlineMarktplatzes dar. Im UnterschiedzudenobenskizziertenGeschäftsmodellendesEBookVertriebstrittin dieserKonfigurationderMarktplatzbetreiberselbstnichtalsVerkäuferauf,sondern nurinderRolleeinesVermittlerszwischenbeidenParteien.Dementsprechendbe stehen hinsichtlich der Sortimentsbreite keine Beschränkungen, weswegen neben dem Handel von Büchern und EBooks auch ein Marktplatz für branchenbezogene Dienstleistungen,etwaLektoratodertypografischeGestaltung,vielversprechender scheint.AufdieseWeisewerdenselbstverlegendeAutorenindieLageversetzt,diese Dienstleistungeneinzukaufen,umihrProduktzuverbessern.
5.3NeueundweiterentwickelteGeschäftsmodelle
127
Betrachtet man dieses Geschäftsmodell im standardisierten Bezugsrahmen, so be steht hinsichtlich geeigneter Güter eine große Vielfalt, da sich die Funktion des Initiators auf den Betrieb der Plattform beschränkt und er somit die Produkt gestaltunganderenAkteurenüberlässt.LediglichdasdezentralePoDalsHerstellungs form und die individualisierte Inhaltszusammenstellung erscheinen ungeeignet. Der ZugriffaufdenMarktplatzerfolgtonlineaufderGrundlageeinesoffenenStandards, wasDRMalsnichtnotwendigerscheinenlässt. Basisprodukt
Buchvolltext
Inhalts zusammenstellung Warengruppe Produkt Herstellungsform architektur Zugriff
Auflagendruck
Wert schöpfungs architektur
Endkundenkontakt
Elektronisch
DauerhafterBesitz
Einmalige Transaktion
Zielmarkt
Sach buch
ProprietärerStandard
Beschränkungauf bestimmteEndgeräte
Nutzungzeitlich unbefristet
KeinDRM
Keine Endgerätebeschränkung
KeinDRM
Komplementär Kundenkontakt produkt Periodische Erlöse
Provisionen Herstellung
Verlag
Sozialwiss., Recht, Wirtschaft
ZentralesPoD DezentralesPoD
Nutzungzeitlich befristet
Wer bung
Geistes w., Kunst, Musik
Onlinezugriff
DirekteErlöse
Positiondes Initiators
Rat geber
OffenerStandard
Buchinhalt
PrimäreAktivität
Individualisiert
Belle Kinder, Reisen tristik Jugend
Erlösquellen
IndirekteErlöse
Komplementärleistung
Einheitlich
Standardisierung
DigitalRights Management
Buchteile
Druck erei
Komplementär produkte
DataMining
ÜberHandel
Keine
Dienstleistung
Zwischen buchhandel
Unternehmen(B2B) Direkt
Keine
Content Syndication
Handel Bucheinzel handel
Kunden information
Inter Sonsti netan ge bieter
Konsumenten(B2C) KeinEndkundenkontakt
BeispielhafteVertreter: XinXii.com;Lulu.com Tabelle25: CharakteristikadesGeschäftsmodells„Marktplatzbetrieb“
Die Erlösgenerierung erfolgt durch einmalige, ggf. vom Wert der Transaktion ab hängigeGebühren.EinezusätzlicheWerbefinanzierungistmöglich. SowohlEndkundenalsauchUnternehmenstellen,abhängigvonderobenerwähnten inhaltlichen Fokussierung, mögliche Zielgruppen für dieses Geschäftsmodell dar.
128
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt
Aufgrund der nötigen technologischen Kompetenz sind die Initiatoren dieses Ge schäftsmodellsindenReihenderInternetanbieterzuvermuten. Als Repräsentant dieses Geschäftsmodells können der deutschsprachige Publikationsmarktplatz XinXii.com und das Portal Lulu.com identifiziert werden, welches neben der Produktion von Büchern im Print on Demand Verfahren auch einenMarktplatzfürGüterundDienstleistungenbetreibt. 5.3.3 DienstleistungsbasierteGeschäftsmodelle In der folgenden letzten Kategorie werden Ansätze charakterisiert, welche sich ab gesetztvomdirektenTransaktionsprozessalsunterstützendeDienstleistungverorten lassen. VerlagsnaheDienstleistungen Hierzu sind zunächst Dienstleistungen zu zählen, welche in der klassischen Wert schöpfungskonfiguration überwiegend von Verlagen durchgeführt wurden. Hierzu zählen bspw. das Lektorat, die grafische Gestaltung von Einband und Abbildungen, TypografieoderMarketingaufgaben.DieseDienstleistungenwerden,etwaaufoben charakterisiertenMarktplätzen,AutorenoderauchVerlagenfallweiseangeboten.419 Im Hinblick auf die Produktarchitektur handelt es sich bei dem hier zugrunde liegenden Zwischenprodukt um EBooks, welche einheitlich und im Volltext der Be arbeitung zugeführt werden. Die Dienstleistungen können an allen Warengruppen vorgenommen werden, der Einsatz von DRMSystemen ist auf dieser Produktions stufenichtsinnvoll. Erlöse werden direkt durch Zahlungen des Auftraggebers realisiert. In der Wert schöpfungsarchitektur positioniert sich der Initiator dieses Geschäftsmodells als Dienstleister für dieZielgruppeUnternehmen bzw. als selbst verlegenderAutor.Als InitiatorendiesesGeschäftsmodellskommenfreiberuflichTätige(sonstige)oderVer lage infrage, welche bestehende Kompetenzen auch in dieser Konstellation ver wertenkönnen.AlsBeispielseidieAgenturLetexpublishingservicesgenannt.420 419
AuchvorderDigitalisierungwardieEinbindungvonfreiberuflichenMitarbeiternoderAgenturen für diese Arbeiten üblich. Allerdings hebt das Internet diese Möglichkeiten auf eine neue Dimension,daKontakteohneräumlicheBeschränkungleichthergestelltwerdenkönnenunddie Dienstleistungen nicht nur gegenüber Verlagen sondern auch selbst verlegenden Autoren an gebotenwerdenkönnen. 420 Vgl.letex(2009).
5.3NeueundweiterentwickelteGeschäftsmodelle Buchvolltext
Basisprodukt Inhalts zusammenstellung Warengruppe Produkt architektur
Herstellungsform
Belle tristik
Kinder, Reisen Jugend
Auflagendruck
Komplementärleistung
Sozialwiss., Rat Geistesw., Kunst, Recht,Wirtschaft geber Musik
ZentralesPoD
DezentralesPoD
Sach buch
Elektronisch
DauerhafterBesitz
OffenerStandard
ProprietärerStandard
Nutzungzeitlich befristet Beschränkungauf bestimmteEndgeräte
129
Individualisiert
Onlinezugriff
Standardisierung
Nutzungzeitlich unbefristet
KeinDRM
Keine Endgerätebeschränkung
KeinDRM
Erlösquellen
Buchinhalt
Komplementär produkt
Kundenkontakt
Kunden information
DirekteErlöse
Einmalige Transaktion
Periodische Erlöse
Komplementär produkte
Keine
IndirekteErlöse
Wer bung
Positiondes Initiators Zielmarkt Endkundenkontakt
BeispielhafterVertreter:
Provisionen
DataMining
Herstellung
PrimäreAktivität Wert schöpfungs architektur
Buchteile
Einheitlich
Zugriff
DigitalRights Management
Verlag
Druck erei
Handel Bucheinzel handel
Unternehmen(B2B) Direkt
Content Syndication
ÜberHandel
Keine
Dienstleistung
Zwischen buchhandel
Inter netan bieter
Sonsti ge
Konsumenten(B2C) KeinEndkundenkontakt
Letexpublishingservices
Tabelle26: CharakteristikadesGeschäftsmodells„VerlagsnaheDienstleistungen“
FormatkonvertierungundBereithaltung Die herrschenden ökonomischen Gesetzmäßigkeiten des BalighRichartzEffekts421 sowiederdurchdenhohenEntwicklungsaufwandfürUmwandlungsalgorithmenbe dingtehoheFixkostenanteilbeiderautomatischenKonvertierungvonEBooksinver schiedene Dateiformate422 eröffnen ein Geschäftsmodell für Dienstleister, welche durch die Übernahme dieser Aufgaben für mehrere Auftraggeber Skalenvorteile realisieren können. Neben der reinen Konvertierung ist auch die komplette Ab wicklungdesEBookVertriebsimAuftragdesRechteinhabersmöglich,welchesauch dieBereithaltungderEBooksunddieTransaktionsabwicklungbeinhaltet.
421
FürAusführungenzumBalighRichartzEffektvgl.Abschnitt2.2.1. DieUmwandlunginverschiedeneDateiformateerscheintaufgrundderderzeitigenHeterogenität notwendig,umalleAbsatzkanälebedienenzukönnen.Vgl.hierzuKapitel4.2.
422
130
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt
Buchvolltext
Basisprodukt Inhalts zusammenstellung Warengruppe Produkt architektur
Herstellungsform
Einheitlich Belle tristik
Sozialwiss., Rat Geistesw., Kunst, geber Musik Recht,Wirtschaft
ZentralesPoD
DezentralesPoD
Sach buch
Elektronisch
DauerhafterBesitz
OffenerStandard
ProprietärerStandard
Nutzungzeitlich befristet Beschränkungauf bestimmteEndgeräte
Komplementärleistung Individualisiert
Onlinezugriff
Zugriff
Nutzungzeitlich unbefristet
KeinDRM
Keine Endgerätebeschränkung
KeinDRM
Erlösquellen
Buchinhalt
Komplementär produkt
Kundenkontakt
Kunden information
DirekteErlöse
Einmalige Transaktion
Periodische Erlöse
Komplementär produkte
Keine
IndirekteErlöse
Wer bung
Positiondes Initiators Zielmarkt Endkundenkontakt
BeispielhafterVertreter:
Provisionen
DataMining
Herstellung
PrimäreAktivität Wert schöpfungs architektur
Kinder, Reisen Jugend
Auflagendruck
Standardisierung DigitalRights Management
Buchteile
Verlag
Druck erei
Handel Bucheinzel handel
Unternehmen(B2B) Direkt
Content Syndication
ÜberHandel
Keine
Dienstleistung
Zwischen buchhandel
Inter netan bieter
Sonsti ge
Konsumenten(B2C) KeinEndkundenkontakt
Zentralemedien
Tabelle27: CharakteristikadesGeschäftsmodells„FormatkonvertierungundBereithaltung“
Die Produktarchitektur dieses aus einer Komplementärleistung bestehenden Ge schäftsmodells ist, außer der Beschränkung auf EBooks als Basisprodukt, vom konkreten Fall abhängig und somit nicht allgemein konkretisierbar. Die Erlös generierunggeschiehtaufderBasisdirekterErlösefürdieeinzelnenUmwandlungs vorgängezzgl.periodischerErträgedurchdiekontinuierlicheBereithaltung. Als Initiatoren dieses dienstleistungsbasierten Geschäftsmodells kommen ins besondereITDienstleisterinBetracht,jedocherscheintesaufgrundderstrukturellen Ähnlichkeit zur traditionellen Position auch für den Zwischenbuchhandel attraktiv. Die Positionierung im Wertschöpfungssystem ist klar unternehmensorientiert (B2B), daderDienstleistergegenüberdemKundenauchnichtoffeninErscheinungtritt.Als beispielhafterVertreterfürdiesesGeschäftsmodellkanndieZentraleMedienGmbH genanntwerden.
5.3NeueundweiterentwickelteGeschäftsmodelle
131
5.3.4 GeschäftsmodelleimVergleich Auf Grundlage des standardisierten Bezugsrahmens können die vorgestellten Ge schäftsmodelledirektverglichenwerden.Tabelle28enthältdieseCharakteristika.Im Folgenden werden die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der identifizierten Ge schäftsmodelle hinsichtlich der Analysekriterien des Bezugsrahmens heraus gearbeitet. InBezugaufdasinderProduktarchitektureingesetzteBasisproduktistfestzustellen, dass die meisten Geschäftsmodelle auch im digitalisierten Buchmarkt auf die Ver wertung von Buchinhalten im Volltext setzen. Dem gegenüber kommt dem Einsatz von Buchteilen nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Allerdings stellen komplementäre Leistungen ein im Vergleich mit dem traditionellen Buchmarkt größeres Betätigungsfeld dar, nicht zuletzt aufgrund der digitalisierungsbedingt ge sunkenenTransaktionskosten. AuchhinsichtlichderInhaltezusammenstellungbehältdasBuchseineEigenschaftals füralleNutzereinheitlichesProdukt.DieMöglichkeitderpersonalisiertenHerstellung verbleibt eine Nischenanwendung, welche durch ein darauf spezialisiertes Ge schäftsmodellabgebildetwirdundinwenigenweiterenAnsätzenamRandemöglich erscheint.
Buchvolltext Basisprodukt
x
x
Buchteile
x
x
Zugriff Standardisierung
Erlösquellen
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x
x
x
x
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x x
x x
x x
x x
x x
x x
x x
x x
x x
x x
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y
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Geistesw.,Kunst,Musik
y
y
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Sozialw.,Recht,Wirtschaft Sachbuch
x y
x y
x x
x x
x x
x x
x x
x x
x x
x x
x x
x x
x x
x
x
x
x x
x
Belletristik Kinder,Jugend
x y
x y
Reisen
x
Ratgeber
x
ZentralesPoD
x x
DezentralesPoD Elektronisch Onlinezugriff DauerhafterBesitz OffenerStandard ProprietärerStandard
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x x
x
x y
x
x
x
x
x
x x
x
x
x
x
x
x
x x
x
x
x
x x
x
x
y x
x
y y
x
x
x
y
x
x
y
KeineEndgerätebeschränkung KeinDRM x
x
Buchinhalt
x
x
y x
Kundenkontakt Kundeninformation
x y x
x
x
x x
x
Komplementärprodukt
x
y
x y
x
x
y
x
y y x
x
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x
x
x
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x x
x x
x x
x y x
x x
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x
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x x
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x
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x
x
Provisionen
x
x
x
x
x
x
DataMining ContentSyndication
y y
y
y
y
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x
x
x
y
Verlag Druckerei
x x
x
x
x
x
x
x
x
x y
x
x
x
x
x
Bucheinzelhandel
x
Zwischenbuchhandel Internetanbieter sonstige
Zielmarkt
x
x y
Dienstleistung
Positiondes Initiators
x
x
x
x x
x
Werbung
Herstellung
x
x
PeriodischeErlöse
PrimäreAktivität Handel
Wert schöpfungs architektur
x
x
Nutzungzeitlichunbefristet Endgerätebeschränkung
Komplementärprodukte
IndirekteErlöse
FormatkonvertierungundBereithaltung
x
x
x
EinmaligeTransaktion DirekteErlöse
VerlagsnaheDienstleistungen
x
x
Nutzungzeitlichbefristet DigitalRights Management
Marktplatzbetrieb
Transaktionsanbahnung
VermietungvonEBooks
EBookVertriebüberoffenesSystem
EBookVertriebübergeschlossenesSystem
VerwertunggemeinfreierWerke x
Auflagendruck Herstellungsform
Erlösmodell
x
x
InhaltszusammenEinheitlich stellung Individualisiert
Produkt architektur
x
x
Komplementärleistung
Warengruppe
FollowtheFree
offenePublikationsplattform
individualisierteBuchprojekte
dezentralesPoD
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt
zentralesPoD
132
x
x x
x
x
x
y
x
x
y
x x
x x
x y
x
x
Unternehmen(B2B) Konsumenten(B2C)
x y
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x x
Direkt
y
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
Eindundenkontakt ÜberHandel KeinEndkundenkontakt
Legende:
x
x
x
x
x
x
x x
x
trifftzu
y
triffteingeschränktzu
Tabelle28: IdentifizierteGeschäftsmodelleimVergleich
5.3NeueundweiterentwickelteGeschäftsmodelle
133
ErweitertmandieAnalyseaufdiePassungderModellezudenverschiedeneninhalt lichen Branchensegmenten des Buchmarktes, so zeigen sich keine grundsätzlichen Einschränkungen hinsichtlich dieser Kategorie. Lediglich die PoDbasierten Ansätze weisenderzeitproduktionstechnischeLimitationenauf.DerGrundhierfürliegtinder analytischenAbstraktionimRahmenderCharakterisierungderGeschäftsmodelle.Bei der konkreten Umsetzung eines Geschäftsmodells erscheint in vielen Fällen eine zielgruppenundsomitauchwarengruppenspezifischeFokussierungdesAngebotsals sinnvoll. BetrachtetmandieHerstellungsformderdenbeschriebeneninnovativenGeschäfts modellen zugrunde liegenden Bücher, so ist die Dominanz des EBooks klar festzu stellen. Gedruckte Bücher spielen lediglich in den Print on Demandbasierten An sätzenundindenKomplementärleistungendesMarktplatzbetriebssowiederTrans aktionsanbahnungeineRolle.Jedochistzubetonen,dassdiehieraufgezeigteBand breitederGeschäftsmodellekeineRückschlüsseaufderenwirtschaftlicheBedeutung zulässt und die traditionellen, weiterhin bestehenden Geschäftsmodelle weder auf geführtnochderenwirtschaftlicheBedeutungeingeschätztwurden. Das erhebliche Potenzial der Möglichkeit, neben dem dauerhaften Besitz auch den nur vorübergehenden Onlinezugriff auf Buchinhalte einzusetzen, zeigt die Aus wertung der Kategorie Zugriff. Zwar ist der dauerhafte Besitz noch immer die dominante Umsetzungsform, jedoch zeigt sich das Potenzial des Onlinezugriffs in unterstützenderFunktionaufdemGebietderKomplementärleistungensowiefürdie Transaktionsanbahnung.SomiterhältauchdieseinternetbasierteFunktionEingangin dasWertschöpfungssystemderBuchbranche. Die Auswertung der Geschäftsmodelle hinsichtlich der damit verbundenen Standardisierungsstrategie zeigt, dass offene Standards eine vorherrschende Rolle einnehmen. Allerdings basiert etwa der EBookVertrieb über ein geschlossenes SystemaufderAnwendungeinesproprietärenStandards,istalsoVoraussetzungfür diesesGeschäftsmodell. DigitalRightsManagementistnurfürzweiGeschäftsmodellezwingenderforderlich: für den EBookVertrieb innerhalb eines geschlossenen Systems, bei dem das DRM dieGeschlossenheitdesSystemsgarantiert,undfürdieVermietungvonEBooks,da nur so die „Rückgabe“, also der Ablauf der Nutzungsmöglichkeit, realisiert werden kann. Alle anderen Ansätze sind auch ohne DRMEinsatz umsetzbar, jedoch kann
134
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt
seine Implementierung auch zum beiderseitigen Vorteil erfolgen, etwa wenn hier durch die Integrität des Inhalts gesichert wird oder wenn Urheberrechtsinhaber für geschützte EBooks geringere Lizenzgebühren einfordern, womit auch die Ver braucherpreisesinken. FürdasErlösmodell,welchessichinverschiedeneErlösquellensowiedirekteundin direkte Erlöse untergliedert, ergibt sich ein gemischtes Bild. So beruht die über wiegendeAnzahlderGeschäftsmodellewieimtraditionellenBuchmarktaufderVer wertung der Buchinhalte selbst, in einigen Fällen jedoch auch auf der Monetarisierung des erzielten Kundenkontaktes oder auf dem Verkauf von Komplementärprodukten. Die – durch Datenschutzbestimmungen sehr ein geschränkte – Möglichkeit der Verwertung von Kundeninformationen ist nur von geringer,allenfallsergänzenderBedeutung. Betrachtet man die Erlösformen, so dominieren transaktionsabhängige direkte Er löse, die primär durch die Verwertung von Buchinhalten als Informationsprodukt, aber auch durch den Vertrieb von Komplementärgütern entstehen. Diese werden jedoch zunehmend flankiert durch indirekte Erlöse, innerhalb welcher neben Werbung auch Provisionen eine wichtige Ertragsquelle darstellen. Von vergleichs weisegeringerBedeutungsindEinnahmenausDataMiningundContentSyndication. DirekteperiodischeErlösespielennurbeiAbonnementsimRahmenderVermietung vonEBookssowiebeidauerhaftenDienstleistungeneineRolle.Insgesamtergibtsich somit eine gegenüber dem traditionellen Fall ausgeweitete Menge an potenziellen Erlösquellen,welchespezifischkombiniertwerden. AusdemBlickwinkelderWertschöpfungsarchitekturistfestzustellen,dassneueGe schäftsmodelle sowohl in der Produktion als auch im Handel und im Bereich komplementärer Dienstleistungen entstehen. Bei der Betrachtung der Herkunft des Geschäftsmodellinitiators ergibt sich das Bild einer komplexer werdenden Struktur, da die Geschäftsmodelle für verschiedenste Unternehmen attraktiv erscheinen. Außer für Druckereien, welche ausschließlich PoD als vergleichsweise neues Ge schäftsmodellbetreibenkönnenundsomitamstärkstenmitDigitalisierungsfolgenzu kämpfen haben werden, bieten sich für alle betrachteten Akteure attraktive Optionen. Die Analyse der adressierten Märkte ergibt eine Dominanz des Endkundenmarktes. HierauslässtsichdieTheseableiten,dassimBuchmarktderZukunfteineVielzahlan
5.4IllustrierungderGeschäftsmodelledurchFallstudien
135
Anbietern aus verschiedenen, vormals getrennten Branchen mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen um die Kunden konkurriert. Dabei beruhen die meisten Ge schäftsmodelleauchaufdirektemKundenkontakt–dasWertschöpfungssystemver schiebt sich somit in Richtung des Kunden, wodurch es für diesen zusehends komplexererscheint.TraditionelleGatekeeperwiederPräsenzbuchhandelverlieren ihre marktdominierende Position. Durch den intensivierten Wettbewerb steigt aber auch der Druck auf die konkurrierenden Anbieter, sich durch Innovationen oder andere Maßnahmen abzugeben. Darüber hinaus bildet sich ein B2BMarkt für ver schiedenebranchenspezifischeDienstleistungen. 5.4 IllustrierungderGeschäftsmodelledurchFallstudien Im Folgenden werden die oben erläuterten Geschäftsmodelle anhand von einigen ausgewähltenBeispielenillustriert.AufdiesemWegewirddiepraktischeUmsetzbar keitderabstraktenGeschäftsmodellegezeigt,verbundenmitderGewinnungzusätz licher Erkenntnisse durch konkrete Beispiele. Dies geschieht durch Einsatz der Fall studienmethodik,welchezunächstvorgestelltundverortetwird. 5.4.1 DieFallstudienmethodik Fallstudien zählen zu den primär qualitativen Methoden der empirischen Sozial forschungundverfügenaufgrundihrerOffenheitundFlexibilitätübereinenbreiten Anwendungsraum, der neue und komplexe Phänomene einschließt. Die Methodik erlaubt durch ganzheitliche Betrachtung auch die Identifikation von Kausalitäts mustern und die Validierung von Konstrukten.423 Hierbei ist sie quantitativen Methoden überlegen, deren Stärke in der empirischen Überprüfung des Geltungs bereichsvonneuentheoretischenKonzeptenliegen.424DieGewinnungvonErkennt nissen geschieht anhand der Darstellung und Interpretation einer oder mehrerer konkreterFälleausderPraxis.425 Eine anerkannte Begriffsbestimmung der Fallstudienmethodik stellt die von Yin (2003)vorgeschlageneDefinitiondar,welchenachstehendwiedergegebenist: “Acasestudyisanempiricalinquirythat x investigates a contemporary phenomenon within its realIife Context, especially when
423
Vgl.Borchardt/Göthlich(2007),S.33ff;StickelWolf/Wolf(2006),S.194. Vgl.Blatter(2008). 425 Vgl.Yin(2003),S.39ff. 424
136
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt
x theboundariesbetweenphenomenonandcontextarenotclearlyevident.(…) Thecasestudyinquiry x copeswiththetechnicallydistinctivesituationinwhichtherewillbemanymorevari ablesofinterestthandatapoints,andasoneresult x reliesonmultiplessourcesofevidence,withdataneedingtoconvergeinatriangulat ingfashion,andasanotherresult x benefitsfromthepriordevelopmentoftheoreticalpropositionstoguidedatacollec tionandanalysis.”426
DieEignungderFallstudienmethodikfürdiehiervorgenommeneUntersuchungwird im Vergleich der Charakteristika der Methodik mit den Gegebenheiten der Praxis deutlich.SosindGeschäftsmodellemitAusrichtungaufdendigitalisiertenBuchmarkt derzeiterstimEntstehenbegriffenundsteheninihrerVielfaltinengemZusammen hang mit den jeweiligen spezifischen Rahmenbedingungen und den Strategien der beteiligten Akteure. Quantitative Methoden sind aufgrund der geringen Fallzahl sowieeinerVielzahlanteilsspezifischenVariablennichtanwendbar. PlanungdesForschungsprozesses
Datenerhebung
AuswertungdereinzelnenFälle
KommunikativeValidierung
InterpretationdereinzelnenFälle
FallvergleichendeAnalyseundInterpretation
Bericht
427
Abbildung27: ErstellungsprozesseinerFallstudie
Entsprechend dem in Abbildung 27 dargestellten Vorgehen bei der Erstellung von FallstudienistzunächstderForschungsprozesszuplanen.HierzusindnachYin(2003) fünf wichtige Komponenten des Forschungsdesigns zu bestimmen.428 Diese werden
426
Yin(2003),S.13f. InAnlehnunganBorchardt/Göthlich(2007),S.44. 428 Vgl.Yin(2003),S.21. 427
5.4IllustrierungderGeschäftsmodelledurchFallstudien
137
im Folgenden dargestellt und zugleich auf die dieser Arbeit zugrunde liegenden Fragestellungangewendet. ZunächstsindeineodermehrereFragenzuformulieren,welchedurchdieFallstudien beantwortet werden sollen. Diese lautet für die vorliegende Arbeit wie folgt: Welchen Prinzipien folgen Erfolg versprechende Geschäftsmodelle im digitalisierten BuchmarktundwelcheEigenschaftenweisensieauf? ImnächstenSchrittsindThesenaufzustellen,welchezurBeantwortungdieserFragen führen. Diese Funktion übernehmen hier die abstrakten Geschäftsmodelle aus Ab schnitt5.3. Als weitere Komponente des Studiendesigns sind nach Yin das oder die zugrunde liegenden Untersuchungsobjekt(e) zu definieren. Im konkreten Fall handelt es sich umdiebuchbranchenspezifischenGeschäftsmodellederaufgeführtenUnternehmen. DieVerbindungzwischendenDatenunddenaufgestelltenThesensowieKriterienzur Interpretation der Ergebnisse stellen die letzten beiden Elemente des Forschungs designs dar. Erstere wird bei den folgenden Fallstudien durch die Anwendung der Geschäftsmodelldimensionen nach Hass und Stähler und dem darauf aufbauenden Bezugsrahmensichergestellt.AlsInterpretationskriteriumistzunächstdieKongruenz zu den abstrakten Geschäftsmodellen und den in dieser Arbeit vorgestellten Digitalisierungseffekten zu nennen. Darüber hinaus sind auch weitergehende Er kenntnisse von Relevanz, soweit diese im Gegensatz zu allgemeinen Erwartungen stehenundzumindesteinegewisseGeneralisierbarkeitaufweisen. Nach Abschluss der Planungsphase erfolgt die Datenerhebung. Diese kann mittels verschiedener Methoden erfolgen.429 Für die hier dargestellten Fallstudien wurde eine Inhaltsanalyse von primären und sekundären Internetquellen und Medienbe richtenvorgenommen,ergänztumleitfadengestützteExperteninterviews. Nach Abschluss der Erhebung werden die erhobenen Datenbestände ausgewertet und validiert. Dies bildet die Basis für die Interpretation der Fälle, zunächst isoliert und später fallübergreifend. Wie die in Abbildung 27 durch Pfeile symbolisierten Rückkopplungsschleifen andeuten, lassen sich diese Phasen nur zu Darstellungs zwecken scharf abgrenzen, da sie eine starke Interdependenz aufweisen. Die Er stellungderFallstudienendetmitderErstellungdesBerichts. 429
FüreineDarstellungmöglicherErhebungsmethodenvgl.etwaBorchardt/Göthlich(2007),S.37ff.
138
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt
In den folgenden Abschnitten sind die Berichte zu den im Rahmen dieser Arbeit untersuchtenFallstudienwiedergegeben.Dabeiwird,inKongruenzmitdeninKapitel 5.3 dargestellten generischen Geschäftsmodellen, besonderen Wert auf die Ge schäftsmodelldimensionen Produktarchitektur, Erlösmodell und Wertschöpfungs architekturgelegt. 5.4.2 OnlinebasierterDirektvertriebvonFachinformationen:Beckonline Der traditionsreiche C. H. Beck Verlag430 bietet seit einiger Zeit seine juristischen Fachinformationen in Form einer kostenpflichtigen Onlinedatenbank an. Diese ist dem generischen Geschäftsmodell der Vermietung von EBooks431 zuzuordnen, da NutzungsrechteinderFormvonAbonnementszeitlichbefristeteingeräumtwerden. DieseTransformationvontraditionellingedrucktenBüchernherausgegebenenFach informationenineineonlinebasierteErscheinungsformsollimFolgendennäherbe leuchtetwerden. Produktarchitektur Beck online besteht aus einer umfassenden Sammlung juristischer Fach informationen,welcheberechtigtenNutzernimVolltextzurOnlinenutzungimHTML FormatzurVerfügungstehen.Hierzuzählenu.a.Gesetzestexte,Kommentare,Fach zeitschriften, Rechtsprechungen, aktuelle Meldungen und Arbeitshilfen. Die Kern stückestellenKommentarezudenverschiedenenRechtsgebietendar,welcheauchin gedruckterFormerhältlichsind–diesewerdenjedochzusehendsdurchsog.Online Kommentare ergänzt, welche ausschließlich online verfügbar sind, wodurch eine höhere Aktualisierungsrate ermöglicht wird. Die Inhalte werden in Form von ziel gruppenspezifisch gebündelten Paketen angeboten. Durch die Realisierung als On linedatenbank erhalten die Nutzer jederzeit die aktuellste Version der Inhalte und verfügenzudemüberfortgeschritteneSuchfunktionen. Erlösmodell ErlösegeneriertBeckOnlineinFormvonperiodischenZahlungenfürdieabonnierten Themenmodule.DabeiistfürjedesModuleinGrundpreisdefiniert,welcherdenZu griff durch bis zu drei Benutzer erlaubt. Ausgehend von diesem Grundpreis werden Rabatte für eine höhere Nutzeranzahl sowie für die Kombination verschiedener 430
Der1763gegründeteVerlagC.H.BeckoHGmitSitzinMünchenistmit135Mio€Umsatz(2008) einer der größten deutschen Fachbuchverlage mit den inhaltlichen Schwerpunkten Recht und Wirtschaft.Vgl.Buchreport.de(2009b);VerlagC.H.Beck(2009). 431 FürdieCharakteristikadiesesgenerischenGeschäftsmodellsvgl.Tabelle23aufSeite109.
5.4IllustrierungderGeschäftsmodelledurchFallstudien
139
Module gewährt. Auch ist der Onlinezugriff für die Bezieher entsprechender Druck ausgabenvergünstigt.432 Von deutlich nachrangiger Bedeutung ist auch der ergänzende Einzelabruf von Datenbankelementen,dienichtBestandteildesabonniertenModulssind,möglich.In diesemFallewirdjedesDokumenteinzelninRechnunggestellt.433 Wertschöpfungsarchitektur In der betrachteten Fallstudie tritt der C. H. Beck Verlag als Initiator des Geschäfts modells auf. Er übernimmt im Gegensatz zu seiner traditionellen Rolle als reiner Inhalteproduzent und veredler auch den Endkundenvertrieb seiner Produkte, in diesemFalleangewerblichebzw.freiberuflicheAbnehmer. Interpretation DurchfrühzeitigeInvestitionenindendirektenOnlinevertriebseinerProdukteistes dem C. H. Beck Verlag gelungen, seine starke Position im Bereich der juristischen Fachliteratur trotz Digitalisierung zu verteidigen, unter Disintermediation des Handels. Dieser Schritt erscheint folgerichtig und auf lange Frist lebensnotwendig, da sich juristischeFachliteraturaufgrundihrerhäufigenAktualisierung,demgroßenUmfang und der gezielten funktionalen Nutzung am Arbeitsplatz für die Digitalisierung des VertriebesundderNutzungamPCsehrguteignet.DieFokussierungaufperiodische Erlöse im Abonnement trägt der Notwendigkeit der ständigen Inhaltsaktualisierung Rechnung und bietet Planungssicherheit für beide Transaktionspartner. Insgesamt kann diese Fallstudie somit als Idealtyp für die Distribution aktueller Fach informationen für den Einsatz am stationären Arbeitsplatz gesehen werden – allerdingsisthierfürdieVerfügbarkeiteinerentsprechendenBreiteanInhaltennot wendigeVoraussetzung.Diesekannggf.auchdurchKooperationenmehrererRechte inhabersichergestelltwerden. 5.4.3 IndividualisierteInhaltebündelung:Tripwolf Als weiteres illustratives Beispiel für die Umsetzung eines innovativen Geschäfts modellswirdimFolgendendasReiseinformationsportalTripwolfvorgestellt,welches derKategoriederindividualisiertenBuchprojekte434zuzuordnenist. 432
Vgl.beckonline(2009a). Vgl.beckonline(2009b).
433
140
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt
Die tripwolf GmbH435 stellt eine Neugründung dar, an der auch der renommierte Reiseführerverlag MairDumont beteiligt ist. Aus diesem Grunde stehen Tripwolf die hochwertigen Inhalte der unter den Marken Marco Polo, DuMont und Falk traditionellveröffentlichtenReiseführervonMairDumontzurVerfügung.436 Die zentrale Geschäftsidee besteht darin, die bestehenden Reiseführerinhalte mit durcheineCommunitynutzergeneriertenInhaltenzuindividualisiertenReiseführern zu verbinden. Diese können ausgedruckt oder auf mobilen Endgeräten genutzt werden.DiedetaillierteUmsetzungdieserIdeewirdimFolgendenunterRückgriffauf diebekanntenGeschäftsmodelldimensionendargestellt. Produktarchitektur Tripwolf besteht zunächst aus einer auf Reisen spezialisierten Internetplattform, deren Inhalte Reisezielen zugeordnet sind und hierüber erschlossen werden. Die Inhalte umfassen klassische Reiseführerelemente wie Sehenswürdigkeiten, Restaurants und Unterkünfte, welche aus den Beständen des beteiligten Verlages undBeiträgenvonNutzerndereigenenCommunitystammen.Ergänztwerdendiese InformationendurchdieIntegrationvonInhaltenandererInternetangebote,wiebei spielsweise Wikipedia, den Fotoportalen Flickr und Panoramio sowie Videos von Youtube.DieangeschlosseneCommunityerlaubtnebendemVerfassenundderVer öffentlichung von Inhalten auch die direkte Kommunikation zwischen den Nutzern sowiedieAbbildungvonFreundschaftsbeziehungen.DieNutzerkönnensichauchals Ansprechpartner (Tripgurus) anderer Nutzer für bestimmte Destinationen zur Ver fügungstellen. Das aus dem Blickwinkel der Buchbranche interessanteste Produkt der Webseite stellenindividualisierteReiseführerdar,welchedieNutzeralsEBookimPDFFormat oder in Form einer iPhoneApplikation abrufen können. Dabei kann der Nutzer den InhaltdesReiseführerszumeinendirektüberdieAuswahlvonArtikelnderWebseite beeinflussen,zumanderenwerdendieElementeaufBasisihreraktuellenBewertung durch die Community selektiert sowie Tipps von Nutzern, zu denen im System Freundschaftsbeziehungenbestehen,aufgenommen. 434
FürdieCharakteristikadiesesgenerischenGeschäftsmodellsvgl.Tabelle17aufSeite100. Die 2008 gegründete tripwolf GmbH mit Sitz in Wien wird von den geschäftsführenden Ge sellschaftern Sebastian Heinzel und Alexander Trieb geführt und beschäftigt ca. 10 Mitarbeiter. Zudem sind die MairDumontGruppe, der Inkubator i5invest und Dieter von Holtzbrinck an der Gesellschaftbeteiligt.Vgl.Tripwolf(2008);Tripwolf(2009a). 436 Vgl.Tripwolf(2008);Tripwolf(2009b). 435
5.4IllustrierungderGeschäftsmodelledurchFallstudien
141
Erlösmodell WieimBereichvonkonsumentenorientiertenInternetportalenüblich,geschiehtdie ErlösgenerierungbeiTripwolfindirekt.SoistBannerwerbungeinintegralerBestand teilderSeite.ZusätzlichbestehenKooperationenmitOnlineReisebuchungsportalen, deren Angebote integriert sind. Im Falle einer Buchung werden Erlöse in Form von Provisionenerzielt.437 Wertschöpfungsarchitektur DasAngebotvonTripwolfwendetsichandenEndkundenmarktundumfasstdievolle Leistungstiefe der Buchbranche – von der Inhaltegenerierung durch Mitglieder der CommunityüberderenBündelungbishinzurDistributionalsEBook.Dabeiwerden jedochdieLeistungennurzueinemgeringenTeildurchdasUnternehmenselbster bracht, vielmehr nimmt dieses die Position des Plattformbetreibers ein. Inhalte stammen aus dem Archiv von MairDuMont, von den Mitgliedern der Community oderwerdenausdemBestandandererInternetportaleeingebunden.Somitlässtsich einenetzwerkartigeWertschöpfungsstrukturfeststellen. Interpretation Insgesamt kann auch Tripwolf als positives Beispiel angesehen werden, wie Verlage bestehende Printinhalte in ein internetbasiertes Geschäftsmodell überführen können.DabeiwirddenveränderndenMediennutzungsgewohnheitenRechnungge tragenundgleichzeitigwerdendiePotenzialedesInternetswiebspw.dieIntegration von„fremden“InhaltenundUserGeneratedContentgenutzt. BetrachtetmandieeingesetztenErlösquellen,sostelltdieStrategievonTripwolfden GegenentwurfzudervonBeckonlinedar.EswerdenausschließlichindirekteErlöse generiert. Der Grund für diesen Unterschied ist mehr in der Zielgruppe der Privat kunden zu verorten, welche für Internetinhalte eine vernachlässigbare Zahlungs bereitschaft aufweisen, als im Inhalt, handelt es sich doch in beiden Fällen um an näherndvergleichbarequalitativeFachinformationen.InnerhalbderindirektenErlöse erscheinen insbesondere die Buchungsprovisionen als Ergänzung zum allgegen wärtigenwerbebasiertenAnsatzeinvielversprechenderneuerWegzusein.
437
Vgl.Haddad(2008).
142
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt
5.4.4 EBookVertriebdurchden(Zwischen)Buchhandel:Libri.de Als Vorreiter für den EBookVertrieb in Deutschland positioniert sich derzeit der Zwischenbuchhändler Libri438, vertreten durch sein auf das Onlinegeschäft spezialisiertes Tochterunternehmen libri.de. Dabei wird neben dem Mobipocket DateiformatauchdieoffeneOpenPublicationStructure(Dateiextension.epub)ein gesetzt, weswegen diese Fallstudie dem generischen Geschäftsmodell EBook VertriebüberoffenesSystem439zuzuordnenist. Produktarchitektur Libri.devereintinseinemOnlineshopdenVertriebvongedrucktenBüchern,welche direktversandtoderanbeliebigeBuchhandlungengeliefertwerden,mitdemVerkauf von EBooks. Diese werden nach dem Erwerb mit kundenspezifischem DRMSchutz versehenundstehendiesemimAnschlusszumDownloadzurVerfügung.Libritrittals reiner Händler auf, hat kein Interesse an der Durchsetzung eines proprietären Standards und bietet das Programm aller interessierten Verlage an. Neben den E BookswerdenalsKomplementärgüterauchentsprechendeLesegeräteangeboten. Erlösmodell Einnahmen generiert Libri.de ausschließlich aus direkten, transaktionsspezifischen EinmalzahlungenundbehältsomitdastraditionelleModellderBuchbranchebei. Wertschöpfungsarchitektur Aus wertschöpfungstheoretischer Sicht positioniert sich Libri.de als Intermediär, welcherdenVertriebvonEBooksübernimmt.DabeiverhältsichLibri.dealsAdapter in einem oder mehreren Business Webs, welche durch die eingesetzten EBook StandardsalsTechnologyWebdefiniertwerden.DurchdiesereaktivePositionierung ist es Libri möglich, auf die derzeit schwer abschätzbare Entwicklung flexibel zu reagieren. Auf der Beschaffungsseite bestehen aus der bestehenden Zwischen handelstätigkeit bereits wertvolle Kontakte zu Verlagen als Inhalteproduzenten, welcheindenEBookVertriebeingebrachtwerdenkönnen. Interpretation Libri.de verfolgt hinsichtlich der EBookEinführung die Strategie des Innovators auf dem deutschen Markt, setzt jedoch im Unterschied zum Vorgehen von Amazon im 438
Die 1928 in Hamburg gegründete Libri GmbH ist einer der größten Zwischenbuchhändler in Deutschland. Im Firmenverbund, zu dem auch libri.de und BoD gehören, beschäftigt libri rund 1000MitarbeiterbeieinemjährlichenUmsatzvonca.500Mio€.Vgl.Libri(2009). 439 FürdieCharakteristikadiesesgenerischenGeschäftsmodellsvgl.Tabelle21aufSeite107.
5.4IllustrierungderGeschäftsmodelledurchFallstudien
143
amerikanischen Markt keinen proprietären Standard, sondern adoptiert einen oder mehrere bestehende Standards. Diese Entscheidung wird auch hinterfragt und ggf. korrigiert,wiedieEinführungdesOPSFormats(.epub)imMärz2009zeigt.440 DerAnsatzvonLibristellteineweitgehendanalogeÜbertragungdestradiertenGe schäftsmodellsdesBuchhandelsindiedigitalisierteWeltdar,dasErlösmodellbleibt unverändert.InsofernerscheintfüreineerfolgreicheUmsetzungdieserleichtkopier baren Strategie ein früher Zeitpunkt für den Markteintritt notwendig, um eine aus reichende Marktmacht aufzubauen. Diesen hat Libri gewählt und erscheint in KombinationmitdenbestehendenBeziehungenzuVerlagengutaufgestelltzusein. Jedoch müssen, um das tradierte Geschäftsmodell nicht zu gefährden, die ebenfalls aus dem klassischen Geschäftsmodell bestehenden Beziehungen zu Präsenzbuch handlungen, welche im digitalen Vertrieb nicht mehr benötigt werden, durch ge eigneteVereinbarungengeschütztwerden. 5.4.5 MarktplatzfürEBooks:XinXii Der deutschsprachige Internetmarktplatz XinXii.com441 bietet Autoren die Möglich keit, ihre textbasierten Inhalte in das Titelrepertoire der Plattform einzuspeisen, welches jedem Internetnutzer gegen Bezahlung eines für jedes Inhaltselement fest gesetztenBetragesoffensteht.XinXiipositioniertsichsomitalsVermittlerzwischen Verkäufern und Käufern und ist dem generischen Geschäftsmodell Marktplatz betrieb442zuzuordnen.443 Produktarchitektur Die von XinXii erbrachte Leistung besteht aus einem internetbasierten, auto matisiertenHandelssystemfürtextbasierteMedieninhalteindigitalerForm.Diesbe deutet aus Sicht der Verkäufer die Anbahnung und Abwicklung von Transaktionen inklusiveRechnungsstellungundZahlungsabwicklung.AusSichtderKäuferstellendie Bereithaltung und der Verkauf der derzeit etwa 5000 im Katalog verfügbaren elektronischen Inhalte die ProduktederPlattform dar.444 Die imKatalog angelegten 440
Vgl.Libri(2008);Buchreport.de(2009c). XinXiiisteinAnfang2008gestartetesInternetangebotderGentlemen'sDigestLtd.&Co.KG(Ge schäftsführer:UlrichundAndreaSchober)mitSitzinBerlin.Derzeitwerden5000Titelangeboten. Vgl.XinXii(2009a);XinXii(2009d). 442 FürdieCharakteristikadiesesgenerischenGeschäftsmodellsvgl.Tabelle25aufSeite112. 443 Vgl.hierzuundimFolgendenXinXii(2009e);Buchreport.de(2008c). 444 Vgl.XinXii(2009c). 441
144
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt
TitelinformationenwerdendurchKundenbewertungenunddenjeweiligenVerkaufs rangangereichert,worauseinverkaufsfördernderMehrwertentsteht. Erlösmodell Die Betreibergesellschaft von XinXii erwirtschaftet einmalige, direkte Erlöse, indem sichvonjederTransaktion30%desvomRechteinhaberfestgelegtenNettoverkaufs preises als Provision einbehält, die restlichen 70% werden an die Verkäufer aus geschüttet.GebührenfürdieEinstellungvonInhaltenwerdennichterhoben.445 Wertschöpfungsarchitektur XinXii verfolgt als Vermittler zwischen Käufer und Verkäufer die klassische Inter mediationsfunktion eines Brokers und übernimmt neben der Inhaltebereithaltung auch die Dienstleistung der Zahlungsabwicklung. Zu den adressierten Inhaltean bietern gehören freie, auch nicht professionelle Autoren und kleinere Verlage. Das AngebotrichtetsichanalleInteressenten. Interpretation Der vorgestellte Marktplatz bietet eine Plattform insbesondere für Publikationen, welchen aufgrund niedriger Absatzerwartungen andere, mit Kosten verbundene Publikationswege nicht offen stehen und schließt somit eine Lücke in der traditionellen verlegerischen Landschaft. Aus Sicht des Marktplatzbetreibers kann trotzdergeringenUmsätzeproTitel,demLongTailKonzept446entsprechend,durch dieautomatisierungsbedingtvorteilhafteKostenstruktureininSummeausreichender Umsatzgeneriertwerden.AllerdingsistauchhierfüreineausreichendeAnzahlvonE BooksmiteinergewisseninhaltlichenRelevanznotwendig. 5.4.6 EBooksfürBibliotheken:Ciando Dass die Digitalisierung auch für branchenfremde und neue Unternehmen die Möglichkeit bietet, mit einem entsprechenden Geschäftsmodell auf diesem Markt Fußzufassen,zeigtCiando447.DaszumindestanfangsaufFachliteraturspezialisierte Unternehmen bietet neben seinem Kerngeschäft, dem Verkauf von EBooks, auch
445
Vgl.XinXii(2009b). ZumKonzeptdesLongTailvgl.Anderson(2007). 447 DieimJahr2001inMünchengegründeteCiandoGmbHbetreibtverschiedeneGeschäftsmodelle rundumdenVertriebvonEBooks,darunterderVerkaufaufdereigenenWebseite,denBetrieb vonDownloadshopsfürandereUnternehmenunterderenMarkesowiedieRealisierungderAus leihevonEBooksfürBibliotheken.Vgl.Ciando(2001). 446
5.4IllustrierungderGeschäftsmodelledurchFallstudien
145
denBetriebvonEBookLeihsystemenfürBibliothekenan.448Ciandoverbindetsomit in diesem Fall die beiden Geschäftsmodelle EBook Vertrieb über geschlossenes System449 mit der Dienstleistung Formatkonvertierung und Bereithaltung450. Dieses GeschäftsmodellsollimFolgendennähervorgestelltwerden.451 Produktarchitektur Ciando betreibt im hier beschriebenen Geschäftsmodell im Auftrag der ko operierenden Bibliotheken die Bereithaltung und Auslieferung von EBooks an be rechtigte Leser. Die EBooks liegen entweder im PDF oder im OPS (.epub)Format vor.FürjedenLeihvorgangerzeugtdereingesetzteAdobeContentServereinespezi fischeVersiondesEBooks,welchedurchDRMSchutznurbegrenztgenutztwerden kann.InderRegelsinddievondenBibliothekenerworbenenundzurVerfügungge stellten EBooks durch beliebig viele Leser simultan nutzbar, nach Maßgabe der Rechteinhaber kann der Simultanzugriff für einzelne Titel auch untersagt werden, bspw. für beliebte Lehrbücher. In diesem Falle können die Bibliotheken mehrere Exemplare erwerben oder den Zugriff auf wenige Stunden pro Leihvorgang ein schränken.452 Ciando tritt gegenüber dem Nutzer nur indirekt in Erscheinung, die Recherche und Authentifizierung als berechtigter Nutzer der Bibliothek geschieht über den Online KatalogderjeweiligenBibliothek.453 Erlösmodell Ciando erzielt in diesem Geschäftsmodell von den Bibliotheken direkte Erlöse, die sich aus einmaligen Einnahmen durch den Verkauf der EBooks und periodischen Dienstleistungsentgelten zusammensetzen. Die einmaligen Erlöse entsprechen den Verkaufspreisen der enthaltenen EBooks (etwa 85% vom Preis des geruckten Pendants), die Serviceentgelte sind nach den mit der Bibliotheksgröße einher gehenden Nutzerzahlen gestaffelt und betragen bspw. bei der UB München, einer großenBibliothek,pauschal500€(netto)proMonat.454 448
Vgl.Ciando(2001). FürdieCharakteristikadiesesgenerischenGeschäftsmodellsvgl.Tabelle20aufSeite105. 450 FürdieCharakteristikadiesesgenerischenGeschäftsmodellsvgl.Tabelle27aufSeite115. 451 HierzuwurdeeinInterviewmitDr.Guggemos,demGeschäftsführervonCiandodurchgeführt. 452 Vgl.Matschkal(2009).DarüberhinausfandeinvertieftesInterviewmitHerrnLeoMatschkal,dem AbteilungsleiterZentralenMedienbearbeitungderUniversitätsbibliothekMünchenstatt. 453 Vgl.Schallehn(2004),S.729ff. 454 Vgl.Matschkal(2009);Wein(2007),S.3;Ciando(2009). 449
146
5KonsequenzenfürdieWertschöpfungimBuchmarkt
Wertschöpfungsarchitektur Die von Ciando angebotenen Dienstleistungen richten sich an öffentliche Biblio theken, insbesondere Universitätsbibliotheken. Ciando tritt gegenüber diesen als IntermediärfürdenErwerbvonInhaltenauf,dadasUnternehmendieAngebotever schiedener Verlage vereint. Darüber hinaus erbringt Ciando auch operative Dienst leistungen durch die Bereithaltung der Bücher und die Durchführung der Leihvor gänge. Diese Vorgänge werden automatisiert unter Einsatz von Standardsoftware sowieselbstentwickeltenSystemendurchgeführt.455 Interpretation Ciando verbindet in diesem Geschäftsmodell den Vertrieb von EBooks mit dauer haftenDienstleistungen.AufdieseWeisewirdnebendemeinmaligenVerkaufderE BooksaucheineperiodischeEinnahmequelleerschlossen,wodurchdieAbhängigkeit vondenNeuerwerbungenderBibliothekengemindertwird. Allerdingsistderzeitnichtabzusehen,wiesichdieLizenzierungspolitikderVerlageals Rechteinhaberentwickelt.SoistbeieinigenVerlagenbereitsfürBibliothekenderZu gangzuEBooksohnezeitlicheNutzungseinschränkungundDRMSchutzlizenzierbar, bei einer weitergehenden Entwicklung in dieser Richtung könnten die Bibliotheken dieBereithaltungselbstübernehmen,umdieDienstleistungsgebührenverschiedener Anbietereinzusparen.IndiesemFallewürdendieperiodischenErlöseentfallen.Um Eine Marktposition zu erreichen, die den Fortbestand dieses Geschäftsmodells er möglicht, ist es folglich notwendig, ein umfassendes Bücherpaket anbieten zu können,umsichalsalleinigerPartnerderBibliothekenpositionierenzukönnen. 5.5 ZwischenfazitIV Die Digitalisierungseffekte beeinflussen die Wertschöpfung im Buchmarkt in viel fältiger Weise. Sie verändern die Struktur der Branche in ein multioptionales, komplexes Wertschöpfungsnetzwerk. In diesem sind die traditionellen Marktteil nehmer mit zumeist internetbasierter, ehemals branchenfremder Konkurrenz konfrontiert. Zur Erlösgenerierung stehen den Unternehmen in dieser neuen Struktur vielfältige Quellen offen. Diese schlagen sich in den 13 vorgestellten generischen Geschäfts modellennieder,welcheausdenindieserArbeitherausgearbeitetenEntwicklungen 455
Vgl.Schallehn(2004),S.729ff.
5.5ZwischenfazitIV
147
abgeleitetwurden.DiesestellenzumeineneineÜbertragungdertradiertenAnsätze indasdigitalisierteUmfelddar,zumanderenhandeltessichuminnovativeKonzepte, welche die neuen Rahmenbedingungen ausnutzen. Die illustrativ dargestellten Fall studien zeigen, wie durch konkrete Umsetzung der generischen Geschäftsmodelle vielversprechendeundlukrativePositionierungenerreichtwerdenkönnenundgeben zudemAnregungenfürähnlicheAktivitäten. Die in diesem wie auch in den vorangegangenen Kapiteln erzielten Erkenntnisse werdenimfolgendenKapitelsechszusammengeführt.
6 Schlussbetrachtung:ThesenundPerspektiven AlsintegrativerAbschlussderArbeitwerdenimFolgendendieerzieltenErkenntnisse zu zukunftsorientierten Thesen verdichtet und diskutiert. Dabei ist einschränkend anzumerken,dassdieSchlussfolgerungenaufderBasisderbisdatostattgefundenen oder absehbaren Entwicklungen gezogen wurden und ggf. eine Anpassung an zwischenzeitlich eingetretene Entwicklungen notwendig sein kann. Die Thesen sind hinsichtlich ihres inhaltlichen Bezugs in die Bereiche das Buch und seine Nutzung, WertschöpfungundGeschäftsmodellegegliedert. 6.1 DasBuchundseineNutzung Im ersten Thesenblock wird die Weiterentwicklung des Buchs als Medium sowie dessenüblicheNutzungthematisiert.DieserAbschnittisteinerseitsalsBasisfürdie Betrachtung der Veränderungen im Wertschöpfungssystem und in den Geschäfts modellenzusehen,bietetaberauchinisolierterBetrachtungwertvolleErkenntnisse fürdieAusrichtungwirtschaftlicherAktivitätenimBuchmarkt. T1:
Der Dualismus von gedruckten und elektronischen Büchern bleibt be stehen.
Zunächst ist als grundlegende Erkenntnis festzuhalten, dass elektronische Er scheinungsformen gedruckte Bücher auch langfristig nicht vollständig ersetzen werden.DiesliegtzumeinenanihrertiefverwurzeltenkulturellenFunktion,diesich etwa in dem wahrgenommenen Prestigenutzen einer eigenen Bibliothek manifestiert. Darüber hinaus werden elektronische Varianten einige Anwendungs felderwiebeispielsweisehochwertigproduzierteKunstbücheroderBilderbücherfür Kleinkinderschwerlichersetzenkönnen. Dies entspricht dem in der Kommunikationswissenschaft etablierten „Riepel’schen Gesetz“, welches besagt, dass „Mittel, Formen und Methoden [des Nachrichten wesens], wenn sie nur einmal eingebürgert und brauchbar befunden worden sind, auch von den vollkommensten und höchst entwickelten niemals mehr gänzlich und
6.1DasBuchundseineNutzung
149
dauerhaftverdrängtundaußerGebrauchgesetztwerdenkönnen,sondernsichneben diesenerhalten“456. AuchzeigtderzweiteTeildieserRegelseineGültigkeitfürdenBuchmarkt:Sowerden die bedrängten Kommunikationsformen nach Riepl „genötigt (…), andere Aufgaben und Verwertungsgebiete aufzusuchen“457. Es kommt zu einer partiellen, mit fort schreitender technologischer Entwicklung voranschreitenden Verdrängung ge druckterLiteraturdurchelektronischeErscheinungsformenindieGebiete,inwelchen siediesenErscheinungsformenüberlegenbleibt. DarüberhinausführtdieTatsache,dasseinbedeutenderTeilderBevölkerungnoch immer nicht über die für die Nutzung von EBooks notwendigen ITKompetenzen sowie über Zugang zu Endgeräten und Internet verfügt dazu, dass von dieser Be völkerungsgruppe zwangsläufig ausschließlich gedruckte Bücher nachgefragt werden.458 T2:
Instrumentelle Literatur in elektronischer Form wird primär auf PCs und Mobiltelefonengenutzt.
DiestetigeVerbreitungvonEBooksindenletztenJahrenwurdeinsbesonderedurch FachbücherimwissenschaftlichenundberuflichenUmfeldgetragen.459Hierwerden Informationen zumeist gezielt gesucht und instrumentell als Produktionsfaktor ein gesetzt.Indiesem Bereich dientdie bestehende PCInfrastruktur als bequemes und der Nutzungssituation entsprechendes Anzeigemedium, da flexible Suchfunktionen und die direkte Weiterverarbeitbarkeit der Informationen gegeben sind. Für die er gänzendeDeckungspezifischerInformationsbedürfnisseunterwegsstellenMobiltele fonegeeigneteAnzeigegerätedar. Somit sind in diesem Bereich die Rahmenbedingungen für die Verbreitung von E Books gegeben, die Fortsetzung des bestehenden Trends erscheint wahrscheinlich. 456
Riepl(1913),S.5.Das„Riepel’scheGesetz“giltheuteinseinerengenAuslegungalswiederlegt,da einigespezielleMediendurchausverdrängtwurden.(vgl.Faulstich(2002),S.158f.)Allerdingser scheint dies für das gedruckte Buch als kulturell stark verankertes Medium als äußerst un wahrscheinlich, zumal das „Riepel’sche Gesetz“ auf die meisten mediengeschichtlichen Ver drängungsprozesse erfolgreich angewendet werden kann. Die Klassifikation als „Gesetz“ ist jedochsicherlichzuhochgegriffen. 457 Riepl(1913),S.5. 458 Zudiesemals„DigitalDivide“bezeichnetenPhänomenvgl.etwaEurostat(2006);Schleife(2008). 459 Vgl.Buchreport.de(2008a).
150
6Schlussbetrachtung:ThesenundPerspektiven
DieszeigtsichauchandenhohenAusgabenvonwissenschaftlichenBibliothekenfür elektronischeBücherundZeitschriften.460 T3:
Günstige,benutzerfreundlicheLesegerätesindWegbereiterfürEBooksim BereichderBelletristik.
DieEignungbestehenderITInfrastrukturzurRezeptioninstrumentellerLiteraturlässt sich nicht ohne Weiteres auf das Gebiet der Belletristik übertragen, da hier andere Nutzungssituationen vorherrschen – Belletristik wird in linearer Reihenfolge abseits des Schreibtisches, auch unterwegs, rezipiert. Somit sind geeignete, nutzerfreund liche und handliche Lesegeräte notwendig,wie sie etwa derzeitauf Basis der EInk TechnologieimMassenmarkteingeführtwerden. FürdasErreichenvonweitenTeilenderBevölkerungsinddieseGeräteabernochzu kostspielig,dadigitaleBuchinhaltenurweniggünstigeralsihregedrucktenPendants angeboten werden und sich somit die Investition ökonomisch erst nach vielen ge kauftenEBooksamortisiert.DieweiterenVorteile(vgl.Abschnitt4.4)erscheinennur dafür ausreichend, spezielle, kleine Zielgruppen zur Adoption zu bewegen, zumal auchNachteilebestehen. Somit hängt der Erfolg belletristischer EBooks im Massenmarkt von deutlich sinkenden Preisen dezidierter Lesegeräte oder der Weiterentwicklung bereits beim RezipientenvorhandenerEndgeräte,etwaMobiltelefonen,zugeeignetenundnutzer freundlichenLesegerätenab. T4:
Mittelfristig wird sich ein Layout konservierendes und ein flexibel um brechendesDateiformatfürEBooksdurchsetzen.
AnalogabernichtdeckungsgleichzudenunterschiedlichenNutzungssituationenvon funktioneller und unterhaltender Literatur bestehen auch zwei unvereinbare An sprücheaneinDateiformatfürEBooks.SoisteinerseitsdieexakteWiedergabeeines bedeutungstragenden Layouts notwendig, etwa bei Diagrammen, Tabellen oder künstlerischlayoutetenBüchern.DieswirddurcheinLayoutkonservierendesFormat wie etwa PDF realisiert, welches eine identische Wiedergabe auf allen kompatiblen Endgerätenermöglicht. 460
Vgl.Matschkal(2009).
6.1DasBuchundseineNutzung
151
ImGegensatzhierzustehtdieinsbesondereausdervergleichsweisekleinenundun einheitlichenBildschirmgrößederLesegeräteentstehendeAnforderungandasDatei format,dieflexibleAnpassungdesZeilenumbruchssowiederSchriftgrößezuermög lichen.DieseZielsetzungerfüllenaufXMLaufbauendeFormate. DieseAnforderungenerscheinenderzeitalsunvereinbar,maximalisteineIntegration beider Ansätze in ein Containerformat vorstellbar. In diesem Falle könnte die Ent scheidung zwischen den beiden Ansätzen auch für Teileinheiten eines EBooks ge troffen werden, sofern eine entsprechende Kompatibilität der eingesetzten Dar stellungssoftwaregegebenist. DiederzeitigeKoexistenzverschiedenerStandardsmitvergleichbarenEigenschaften stellt ein Übergangsphänomen dar, die aufgrund von Netzeffekten bestehenden positivenFeedbackeffekte461führenaufkurzoderlangzurDominanzeinesStandards jeAnwendungsfall. T5:
PerspektivischwandeltsichdasBuchzueineminhaltlichabgeschlossenen Multimediaprodukt.
In der digitalen Erscheinungsform ist das Buch nicht mehr an die aus dem Träger medium Papier resultierende Beschränkung auf die Darstellung von Text und Grafiken in linearer Abfolge gebunden. Vielmehr erscheint es hilfreich, für die Prognose der zukünftigen Entwicklung auf die inhaltliche Definition als ab geschlossenes, typischerweise als Langtext verfasstes Medienprodukt zurückzu greifen(vgl.Abschnitt3.1.1).SokanndieserInhaltdigitalinverschiedenenVarianten transportiertwerden–denkbarsindmehrereSprachen,Versionen(z.B.gekürzteund lange Fassung) sowie eine Hörbuchfassung, welche auch durch automatisierte Sprachausgabeerfolgenkann.DurchdenEinsatzvonHyperlinksistdieAuflösungder linearen Struktur bzw. deren Ergänzung auf komfortable Weise möglich. Auch die AnreicherungdurchergänzendeInformationen,AnimationensowieAudioundFilm zuspielungen ist naheliegend, analog zu Bonusmaterial bei FilmDVDs.462 Das OPS Format (.epub) lässt die Einbindung von derartigen Multimediaelementen bereits zu.463 461
Vgl.hierzudieAusführungeninAbschnitt2.4.3. Erste Ansätze in diese Richtung sind bereits erkennbar, so bietet RandomHouse bereits ent sprechendaufbereiteteEBooksan:http://www.bookandbeyond.com. 463 Vgl.Bowers(2009). 462
152
6Schlussbetrachtung:ThesenundPerspektiven
DieseEntwicklung,dieletztendlichzurKonvergenzbisdatogetrennterMedientypen zu einem neuen, multimedialen Medium führen kann464, wird sicherlich nicht alle Bücherbetreffen.SiebietetjedochdasPotenzial,durchgeneriertenMehrwertauch zusätzliche Erlöse zu erzielen – etwa durch Preisdifferenzierung 2. Ordnung, indem verschiedenausgestatteteVersionenangebotenwerden.AllerdingsistdieserMehr wertauchmitzusätzlichenErstellungsbzw.Lizenzkostenverbunden. T6:
LangfristigkommteszurUniversalitätdesZugriffsvonallenEndgeräten.
Der zentrale Vorteil elektronischer Bücher liegt darin, dass sie an kein physisches Trägermediumgebundensind.SomitistderenerstmaligerVertriebsowiediespätere NutzungprinzipiellmitjedemtauglichenEndgerätmitdirektemoderindirektemZu gang zum Internet möglich. Dies entspricht dem bestehenden Trend zur zentralen Datenhaltung und dem internetbasierten ubiquitären Zugriff auf diese auch im privaten Umfeld. Die EBooks könnten in diesem Szenario zugriffsgeschützt in einer virtuellenBibliothekimInternetabgelegtwerden. Entsprechend wird langfristig die Rezeption von EBooks auf allen prinzipiell ge eigneten Geräten möglich sein. Hierfür spricht auch die Analogie mit der digitalen Musik,welcheheuteaufnahezujedemProduktderUnterhaltungselektronikwieder gegeben werden kann. Zudem besteht seitens der Inhalteproduzenten das wirtschaftliche Interesse, über eine breite Basis kompatibler Endgeräte möglichst vielepotenzielleKundenerreichenzukönnen,weswegendieErrichtungvontechno logischen Hürden, welche mit der Ausgrenzung von Endgeräten (und damit einher gehendKunden)verbundensind,nichtinihremoriginärenInteressesind. 6.2 DieWertschöpfungsstruktur Im Folgenden werden die erzielten Erkenntnisse hinsichtlich der Auswirkung der Digitalisierung auf die Wertschöpfungsstruktur der Buchbranche zu Thesen ver dichtet.
464
Vgl.Warren(2009),S.84.
6.2DieWertschöpfungsstruktur T7:
153
Dem Kunden Orientierung gebende Anlaufstellen sind in der komplexer werdendenWertschöpfungsstrukturvonzentralerBedeutung.
Wie in Abbildung 21 auf Seite 97 dargestellt, wächst die Komplexität der Wert schöpfung im Buchmarkt. Aus Kundensicht äußert sich dies insbesondere in der steigenden Anzahl alternativer Anbietergruppen mit Endkundenkontakt. So treten neben dem bestehenden Präsenz und Onlinebuchhandlungen auch Autoren, Ver lage, Hardwarehersteller und Internetunternehmen als Wettbewerber auf dieser letztenHandelsstufeauf.InderFolgekommtesbeimRezipientenzueinerUnüber sichtlichkeit hinsichtlich der Verteilung der insgesamt verfügbaren Produkte auf die alternativen Anbieter, flankiert durch die zusätzlich zu beachtenden inkompatiblen FormatvariantenbeiEBooks. Somit ist ein Konkurrenzkampf um die Besetzung der Positionen von primären, Orientierung vermittelnden Anlaufstellen zu erwarten. Es gilt aus Anbietersicht, das Vertrauen der Konsumenten zu erreichen, hierzu dienen beispielsweise gut ein geführte und entsprechend positionierte Marken, die mit einer hohen Bekanntheit einhergehen. Für diese abstrakt als Transaktionsanbahnung bezeichnete Funktion sind nach den Ergebnissen der Delphistudie Onlinebuchhändler und Internetsuch maschinen am besten geeignet. Diese verfügen bereits über entsprechende Kompetenzen hinsichtlich der benötigten Such und Empfehlungstechnologien. In diesem Zusammenhang sind auch die mit großen Investitionen verbundenen DigitalisierungsanstrengungenvonGoogleunddieDiskussionüberdas„GoogleBook SearchSettlement“,welchesGoogleindenUSAeinMonopolfürdieVerwertungvon digitalisierten,nichtmehrlieferbaren,abernochimUrheberrechtstehendenBüchern ohneGenehmigungderRechteinhabergewährenwürde,zusehen.465 BeieinemmöglichenWegfallderBuchpreisbindunggewinntdiesePositionweiteran Bedeutung,daindiesemFalleauchderPreiseineWettbewerbsdimensiondarstellt, welchediekonkurrierendenAnbieterunterscheidet.
465
Vgl.Kendall(2009).
154 T8:
6Schlussbetrachtung:ThesenundPerspektiven Durch vermehrte Veröffentlichungen im Selbstverlag steigt das Publikationsvolumen bei sinkender Übersichtlichkeit und steigender qualitativerHeterogenität.
Die in dieser Arbeit vorgestellten modernen Produktionstechnologien und hierauf aufsetzende Geschäftsmodelle von Publikationsplattformen und PoDAnbietern ver ringern massiv die Hürde zur Publikation eines Buches. So kann jeder Autor auf eigenesRisikoBücherveröffentlichen,dieaufderGrundlageeinererteiltenISBNund entsprechenderAnbindungandenHandelallenpotenziellenLesernzugänglichsind. DieindertraditionellenStrukturzwangsläufigvorhandenequalitativeSelektionsund Gewährleistungsfunktion eines Verlages, der minderwertige Manuskripte ablehnt undandereimLektoratverbessert,entfällt. In der Folge kommt es zu einer unüberschaubaren Masse von Publikationen von heterogener Qualität. Diese Situation stellt für Verlage gleichzeitig eine Heraus forderung und eine Chance dar. So müssen sich ihre Bücher einerseits im Wett bewerbmiteinersteigendenZahlkonkurrierenderWerkedurchsetzen.Andererseits gewinnendieMarkenderVerlageinihrerFunktionalsSignalfürhoheInhaltsqualität alsDifferenzierungskriteriumimWettbewerbanBedeutung.Diesführtzurfolgenden These: T9:
Verlage mit entsprechend positionierten Marken werden auch im digitalen Zeitalter zur Selektion, Finanzierung und Markierung von hoch wertigenProduktenbenötigt.
DurchdieKennzeichnungderTitelalsVerlagsprodukt,ggf.ineinerklarpositionierten Publikationsreihe,gelingtes,dasInformationsparadoxon466zuüberwinden.Durchdie Marke erhält der potenzielle Leser vor dem Kauf eines Buches glaubwürdige Informationen über dessen herstellungstechnische und literarische Qualität sowie über die inhaltliche Positionierung. Darüber hinaus gelingt es durch Marken, einen emotionalen Mehrwert zu erreichen, der die reine Informationsleistung des Buches übersteigt.467 Die Kombination dieser Inhaltsselektion mit einem benutzerfreundlichen Dis tributionssystem stellt eine Reaktionsmöglichkeit auf die im Internet verstreuten, 466
ZumBegriffdesInformationsparadoxonsvgl.Abschnitt2.4.1. Vgl.Meyer(2009),S.174.
467
6.2DieWertschöpfungsstruktur
155
teilweisekostenlosenInhaltedar,dabeidenKundenaucheineZahlungsbereitschaft fürdenbequemen,sicherenundschnellenZugangzuInhaltenbesteht,wieersteEr fahrungen,etwaimAppStorevonApple,zeigen. All diese Leistungen können selbst verlegende Autoren nicht erbringen, auch wenn sieeinemVerlagebenbürtigeDienstleistungeneinesLektoratessowieLeistungenauf denGebietenderTypografieunddesDesignsinAnspruchnehmen. SomitsolltensichVerlageaufihreKernkompetenzenkonzentrieren,dieinderRisiko übernahme, im Erkennen von talentierten Verfassern, in deren Förderung, sowie in der Verbesserung ihrer Inhalte liegen und Autoren wie auch Lesern eine bekannte undrichtigpositioniertePublikationsund,ggf.inKooperation,Distributionsplattform bieten.468DerBetriebvonkollaborativenInternetplattformenstelltfürVerlageeinen innovativenAnsatzdar,ZugangzuinteressantenInhaltenzuerlangen. T10: EBookswerdenfastausschließlichüberdasInternetvertrieben. Der Sortimentsbuchhandel versucht derzeit, in den Vertrieb von EBooks einzu steigen,umseineBedeutungimEinzelhandelaufdemGebietgedruckterBücherauf elektronische Ausgaben auszudehnen.469 Jedoch ist seine Bedeutung in der klassischen Struktur dem Umstand geschuldet, dass gedruckte Bücher körperlich transportiert und zum Verkauf ausgelegt werden müssen bzw. können. Auch spielt derhaptischeEindruckeinewichtigeRolleinderKaufentscheidung. BeimVertriebvonEBooksentfallendieseFaktoren.ÜberdasInternetsindEBooks jederzeit verfügbar, die die Haptik ersetzende Vorabansicht der Inhalte ist online ebenso,wennnichtkomfortabler,möglichwieimPräsenzhandel.AuchistdieKauf transaktionansichimPräsenzhandelanzusätzlicheKostenverursachendeHilfsmittel wie Speichermedien oder Downloadterminals zum direkten Transfer auf Lesegeräte gebunden. Somit bleibt dem Buchhandel im digitalisierten Szenario nur die persön liche Beratung als Differenzierungskriterium, diese erscheint jedoch angesichts der mit der zunehmenden Marktkonzentration einhergehenden Entwicklung der filialisierten Sortimentsbuchhandlungen hin zu anonymen Kaufhäusern und immer weiter entwickelten Empfehlungssystemen im Internet nur mehr von begrenzter Wirkungzusein.LediglichbereitsjetztaufguteBeratungspezialisiertekleineBuch 468
Vgl.Warren(2009),S.89;Tian/Martin(2009),S.75. Vgl.Schulte(2009).
469
156
6Schlussbetrachtung:ThesenundPerspektiven
handlungen haben aufgrund ihrer Beratungskompetenz vergleichsweise gute Chancen,auchimVerkaufvonEBookseineRollezuspielen. T11: Es kommt zu einer starken Marktkonzentration im Zwischen und Einzel handelvonEBooksaufglobalerEbene. DievoranschreitendeKonzentrationimSortimentsbuchhandelwirdvonExpertenals die wichtigste Veränderung der Buchbranche in den kommenden Jahren ein geschätzt.470AufdemGebietderindigitalerFormvertriebenenLiteraturisteineent sprechende Entwicklung in ungleich stärkerer Ausprägung zu erwarten: Im digitalen VertriebüberdasInternetspielenräumlicheDistanzenkeineRolle.Somitkommtes zueinemnationalenundinderFolgeeinemglobalenWettbewerb,sowohlimGroß wie auch im Einzelhandel. Dies wird durch die vorherrschende Kostenstruktur mit geringenvariablenKostenundNetzeffektenbegünstigt.471 AucherscheintdiezweistufigeHandelsstrukturnichtmehrnotwendig,daderinter netbasierteEndkundenvertriebauchfürprimärimZwischenbuchhandelpositionierte Unternehmen attraktiv erscheint. Regionale Anbieter verfügen im Geschäft mit E Books über keinen räumlichen Vorteil bei der Distribution und können allenfalls Nischen besetzen. Die logische Folge liegt in der Dominanz von einigen wenigen internationaltätigenKonzernen. T12: Die Distributionswege von in digitaler Form vertriebenen Medien produktenkonvergieren. DieimRahmendieserArbeitimKontextdesBuchmarktesbetrachteteDigitalisierung von Medienprodukten und märkten verläuft in allen Bereichen (Musik, Film, Print produkte)weitgehendanalog,wenngleichmitunterschiedlicherIntensität.472 So ist festzustellen, dass sich die digitalen Medienprodukte aller Mediengattungen ausSichtweisedesVertriebsnichtmehrsignifikantunterscheiden–eshandeltsichin allen Fällen letztlich um digitale Informationen, welche in Dateiform abgelegt und über das Internet übertragen werden können. Beherrscht ein Anbieter aus einem dieser Teilbereiche die für Anbahnung, Kauf und Distribution notwendige Techno 470
Vgl.Picot/Janello(2008),S.11. Vgl.hierzudieAusführungeninKapitel2.4. 472 Vgl.bspw. Bockstedt/Kauffman/Riggins (2006); Tuomola (2004); Emes (2004); Zhu/MacQuarrie (2003);Zhu(2001). 471
6.2DieWertschöpfungsstruktur
157
logie und verfügt er zudem über eine entsprechend positionierte Marke und Bekanntheit, so lässt sich diese Kompetenz mit vergleichsweise geringem Aufwand auch auf die Distribution anderer Mediengattungen übertragen. Auf diese Weise können Synergien erreicht und CrossSellingPotenziale erschlossen werden. Somit setzt sich die Konzentration im Handel medienübergreifend fort, es bilden sich uni versale„ContentStores“. T13: DieBedeutungvonBibliothekenaufdemTeilmarktderwissenschaftlichen Literatursteigt. Wie in Abschnitt 4.5 erörtert, eignet sich das Feld der wissenschaftlichen Literatur aufgrund seiner Aktualität und der funktionalen Nutzung bei vorhandener PC Infrastruktur im besonderen Maße für die elektronische Erscheinungsform.473 In diesemBereichstellenUniversitätsundLandesbibliothekenbereitsimtraditionellen System gedruckter Bücher eine wirtschaftlich wichtige Rolle dar, da die an Uni versitäten und Forschungseinrichtungen tätigen primären Nutzer dieser Literatur in der Regel an Bibliotheken angebunden sind und ihren Bedarf zumeist aus dieser Quelledecken,waszueinerBündelungderNachfrageführt. Verschiedene,imFolgendenerörterteZusammenhängefestigendiesestarkePosition derBibliothekenauchimdigitalisiertenBauchmarkt: ZunächstvereinfachenDigitalisierungundVernetzungdenLeihverkehrentscheidend. So entfallen bisher bestehende Verzögerungen durch die Bereitstellung der Bücher odernichteingehalteneLeihfristen.AuchistbeidenmeistendervonBibliothekenzur VerfügunggestelltenEBooksderSimultanzugriffmehrererBenutzermöglichundes kommt zu keinen Abnutzungserscheinungen der Medien. Hierdurch steigt die Attraktivität der Bibliotheken für die Nutzer, einhergehend mit einer steigenden NachfrageundsinkendenBuchkäufendurchdieLeser. ZudemerscheintesausSichtderangeschlossenenInstitutionenErfolgversprechend, ihren Literaturbedarf verstärkt durch die Bibliotheken decken zu lassen. Diese ver fügen über die bestehenden Kontakte und können aufgrund ihrer stärkeren Ver handlungsposition bessere Einkaufskonditionen erzielen, soweit es die Buchpreis
473
DieslässtsichauchausdenNutzungszahlenelektronischerBücherablesen:Soverzeichnetebei spielsweisedieUBMünchenimJahr2008über250000ZugriffeaufEBooks
158
6Schlussbetrachtung:ThesenundPerspektiven
bindung zulässt. Zudem verfügen sie über die Kompetenz und die technischen Voraussetzungen,dieMedienanzentralerStellefürjedenverfügbarzuhalten. DurchdieseBündelungderNachfrageaneinenOrtunddiebeschriebenenEffizienz gewinneerscheinteszunehmendunnötig,innerhalbeinerBibliothek(incl.derenggf. vorhandenenFilialen)mehralseinExemplareinesWerkeszubeschaffen.ImFalleder unbeschränktenSimultannutzungsmöglichkeitistdiessogarkomplettunnötig.Inder Folge sinkt, verglichen mit der Abwicklung durch gedruckte Bücher, aufgrund weg fallender Mehrfachexemplare die Nachfrage der Bibliotheken am Buchmarkt. AbzuwartenistzudemdieUmsetzungderFernleihebeiEBooks,diebeigroßzügiger Gestaltung die Nachfrage weiter drücken könnte. Die nachfolgende These 14 be schreibteineKonsequenzausderNachfragebündelung: T14: Ausgewogene Lizenzierungsmodelle für das Bibliotheksgeschäft mit E BooksliegenimInteresseallerBeteiligten. Durch die beschriebenen Entwicklungen steigt der Druck auf Verlage und Biblio theken,fürbeideSeitentragbareNutzungsbedingungenundLizenzierungsmodellezu entwickeln, welche das Fortbestehen von Wissenschaftsverlagen als primärer An bieter von Literatur sicherstellen, jedoch auch zu für Bibliotheken tragbaren Konditionen.DerErwerbvonEBookskönntesonstinsbesonderefürkleinereBiblio theken,etwabeidemvonSpringerverfolgtenPauschalpreismodell474unddeninder Folge der Nachfragereduktion steigenden Preisen zum Problem werden. Auch auf Verlagsseite besteht wegen den wegbrechenden Erlösen außerhalb des Bibliotheks geschäfts die Motivation für entsprechende Kompromisse, zudem stellt eine ver stärkte OpenAccessPublikation eine wahrscheinliche Reaktion auf rigide LizenzierungspolitikderVerlagedar,welchekeinesfallsinderenInteresseliegt. Da über Bibliotheken bezogene EBooks außer der ggf. vorhandenen zeitlichen Nutzungsbefristung perfekte Substitute für käuflich erworbene EBooks darstellen, besteht die für wissenschaftliche Literatur beschriebene Gefahr durch öffentliche BibliothekenlangfristigauchfürnichtwissenschaftlicheLiteratur.
474
Vgl.Matschkal(2009).
6.3Geschäftsmodelle
159
T15: StandardisierungskonfliktehemmendieAkzeptanzundsomitdieDiffusion vonEBooks. Derzeit besteht eine unübersichtliche Koexistenz verschiedener Dateiformate für E Books475, welche mit den eingesetzten DRMSystemen und Endgeräten teilweise kompatibel, oft jedoch inkompatibel sind.476 Der Grund hierfür liegt einerseits in technischenUnterschieden,insbesonderejedochinwettbewerbsstrategischenÜber legungen der beteiligten Unternehmen. Diese als Standardkriege bezeichneten Vor gänge enden im Falle von Informationsprodukten aufgrund der bestehenden Netz werkeffekte477unddenhierausentstehendenpositivenFeedbacksvielmalsmitdem Triumph eines Standards über alle anderen, während die unterlegenen Standards durch die entgegengesetzte Wirkung der positiven Feedbacks stark an Bedeutung verlieren.478 DiebestehendeInkompatibilitätinVerbindungmitderUngewissheithinsichtlichdes Ausgangs der Standardkriege auf den Ebenen der Dateiformate und DRM Technologien führen zu einer Zurückhaltung der Konsumenten bei der mit In vestitionenundLockinEffektenverbundenenAuswahleinerKombinationausDRM System, Dateiformat und entsprechendem Endgerät für die Rezeption von EBooks. DasichderMarktzudemerstinderErschließungsphasebefindetunddieFestlegung auf später unterliegende Standards mit hohen Kosten verbunden ist, erscheint eine „friedliche“ Einigung auf einen Standard insgesamt die bessere Strategie zu sein – dessen Selektion ist jedoch schwierig, auch unter Einbeziehung möglichst un abhängigerGremienundVerbände.479 6.3 Geschäftsmodelle Die veränderten Rahmenbedingungen zwingen die Unternehmen der Buchbranche zur Weiterentwicklung ihrer Geschäftsmodelle, bieten aber auch Raum für die Um setzungneuerAnsätze.AuchdieseEntwicklungenwerdenthesenförmigdargestellt.
475
Vgl.Abschnitt4.2. Vgl.Warren(2009),S.83ff. FürAusführungenzuNetzeffektenvgl.Abschnitt2.4.3. 478 Vgl.Shapiro/Varian(1999b),S.175ff;Shapiro/Varian(1999a),S.8ff. 479 Vgl.Shapiro/Varian(1999a),S.13ff. 476 477
160
6Schlussbetrachtung:ThesenundPerspektiven
T16: Geschäftsmodelle müssen an gegenüber gedruckten Büchern insgesamt geringeredirekteErlösevonEBooksangepasstwerden. DiedigitaleErscheinungsformvonMedienproduktenerleichtert,wieindieserArbeit ausführlichdargestellt,derenVervielfältigungundDistribution.Diesführtzunächstzu deutlichen Kostenersparnissen, aber auch zu einer weiteren Steigerung des schon traditionell hohen Fixkostenanteils eines Medienproduktes (FirstCopyCostEffect). WiedieErgebnissederDelphistudiezeigen,istdavonauszugehen,dassdieseKosten ersparnisse zumindest teilweise an den Kunden weitergegeben werden müssen, da diese kein greifbares Produkt mehr erhalten und auch für diese der Wegfall der physischenProduktionskostenersichtlichist.DieExpertenerwartendiePreissetzung eines EBooks bei maximal 70% der günstigsten entsprechenden Printausgabe, wodurchdiedirekterzieltenErlösesinken.480 Wie beispielsweise die Musikindustrie in Form von hohen Umsatzeinbußen fest stellen musste, wirkt sich darüber hinaus die vereinfachte Replikation und Dis tribution auch außerhalb des Kontrollbereiches der Industrie aus. Dezentrale, ur heberrechtlich zulässige wie unzulässige Kopien werden verbreitet, ohne Erlöse für die Rechteinhaber abzuwerfen. Die zur Eindämmung unautorisierter Kopien ein gesetzten Kopierschutzmechanismen haben sich nur als bedingt geeignet erwiesen, da sie zum einen nur begrenzten Schutz vor professionellen Umgehungsversuchen bietenundzumanderenaufgrunddersystemimmanentenNutzungseinschränkungen beiKonsumentenunbeliebtsind,waseineNachfragereduktionnachsichzieht. InderKonsequenzwirdmitvoranschreitenderVerlagerungderBuchverkäufehinzu EBooks eine Reduktion direkter Erlöse einhergehen, die durch den höheren Mehr wertsteuersatzaufEBooksnochverschärftwird.481DieseVerlustegiltes,wieinder folgendenThesedargestellt,durchalternativeErlösquellenauszugleichen. T17: EBookseröffnenneueVerwertungsstrategien. DurchihresofortigeReproduzierbarkeitzuvernachlässigbarenKostenermöglichenE Books neue Verwertungsmodelle, die auf der Grundlage gedruckter Bücher aus technischenoderökonomischenGründennichtrealisierbarsind. 480
Dieser Wert bezieht sich auf EBooks ohne DRM. Für durch DRM geschützte EBooks liegen die Wertedeutlichniedriger.Vgl.Picot/Janello(2008),S.28. 481 ZurMehrwertsteuerthematikvgl.Abschnitt3.6.
6.3Geschäftsmodelle
161
Hierbei ist zunächst die zeitliche Ausdehnung der Titelverfügbarkeit in beide Richtungenzunennen.Zumeinenerlaubtdieunbeschränkte,sofortigeReproduzier barkeit die Ausweitung des Verfügbarkeitszeitraums nach vorne, da die zeitauf wendige physische Reproduktion entfällt. So können aktuelle Bücher vor ihrem Er scheinenalsgedrucktesBuchalsEBookvertriebenwerden.DiedurchdieseStrategie abgesetzteMengekanngleichzeitigalsPrädiktorfürdiebenötigteDruckauflagege sehen werden. Zum anderen sind EBooks nie vergriffen, woraus eine Erweiterung der Verwertungszeit nach hinten resultiert, sofern eine Neuauflage im Druck nicht ökonomischsinnvollerscheint. DievorteilhaftenKostenstrukturenderEBookProduktionbergenzudemerhebliches Potenzial zur Verringerung des wirtschaftlichen Risikos einer Buchveröffentlichung. So kann das Erscheinen eines Buches in gedruckter Form vom Erfolg der elektronischen Ausgabe oder anderen Faktoren abhängig gemacht werden. Diese StrategiewurdebeispielsweisevonAmazonbereitsangewendet,indemimJahr2008 die Biografien der Gattinnen der USPräsidentschaftskandidaten vor der Wahl nur elektronisch zur Verfügung gestellt wurden – die Printexemplare der später unter legenenParteiwärensicherlichschwerabzusetzengewesen.482 Somit bietet aus Perspektive der Geschäftsmodelle der Vertrieb als EBook neben einerzumgedrucktenBuchalternativenErscheinungsformauchdieMöglichkeit,zu sätzlichenAbsatzzugenerieren. T18: DieBandbreiteaneingesetztenErlösmodellenwächst. ImtraditionellenGeschäftmitgedrucktenBüchernwerdenErlösefastausschließlich direkt durch den Kaufpreis eines Buches erzielt. Wie aus den in Kapitel 5.3 dar gestelltenGeschäftsmodellendeutlichwird,erlaubtdieDigitalisierungdesProduktes sowiedessenDistributionauchdenErfolgversprechendenEinsatzalternativerErlös quellen wie etwa periodische Erlöse, Werbung oder den Vertrieb komplementärer Produkte. Hiermit stimmen auch die Ergebnisse der Delphistudie überein (vgl. Ab bildung26aufSeite103). Diese Entwicklung lässt sich auf zwei wesentliche Zusammenhänge zurückführen: ZumeinenlassensichbereitsimInternetetablierteGeschäftsundErlösmodelleauf dienunebenfallsüberdasInternetdistribuiertenelektronischenBuchprodukteüber 482
Vgl.Andriani(2008).
162
6Schlussbetrachtung:ThesenundPerspektiven
tragen.HierausfolgtauchdieKundenakzeptanzdieserimBuchkontextneuenErlös formen.ZumanderenerlaubendiegesunkenenVervielfältigungsundTransaktions kosten auch auf der Grundlage von geringeren Erlösen pro abgesetzten Medien produktprofitableGeschäftsmodelle. T19: Komplementärleistungsbasierte Geschäftsmodelle gewinnen an Be deutung. Das digitalisierungsbedingte Aufbrechen traditioneller Wertschöpfungsstrukturen gibt inverstärktemMaße Raumfür Anbieter komplementärerDienstleistungen und Produkte. Dies sind zum einen spezialisierte Dienstleister im Erstellungsprozess von Buchprodukten, wie etwa Lektorate oder Spezialisten für Formatkonvertierung und Datenhaltung,aberauchunabhängigeIntermediärewiebspw.BetreibervonMarkt plätzenoderHerstellerergänzenderSoftundHardware. DieseEntwicklungentsprichtdervonPicot/Reichwald/Wigand(2008)beschriebenen Auflösung von Unternehmensgrenzen und der Bildung flexibler Kooperations strukturenaufgrundvonDigitalisierungundVernetzung. T20: AufBasisderglobalenVernetzungkönnenauchNischengeschäftsmodelle erfolgreichbetreibenwerden. Die globale Vernetzung ermöglicht eine bspw. thematische Spezialisierung in Nischenbereiche, welche durch die Ansprache einer global verteilten Zielgruppe dennoch ausreichend groß für ein lukratives Geschäftsmodell ist. Für den Erfolg dieser Strategie ist eine entsprechende Bekanntheit notwendig, die unter Rückgriff aufInternetmediendurchhoheQualität,ggf.unterstütztdurcheinebekannteMarke, erreichtwerdenkann. Dieses im Internet allgemeingültige Prinzip kann etwa bei spezialisierten Fach informationsportalen oder Fanplattformen angewendet werden. Hier können in Er gänzung zu professionell erstellten Inhalten auch Nutzer in die Wertschöpfung ein bezogenwerden.
6.3Geschäftsmodelle
163
T21: Eine Digitalisierungsstrategie ist für alle Unternehmen der Buchbranche unabdingbar. DieNeuausrichtungvonProduktionsundGeschäftsprozessenaufdaselektronische PublizierenistinsbesonderefürVerlagemithohenKostenverbunden,etwadurchdie Umstellung auf medienneutrale Inhalteproduktion und Datenhaltung.483 Auch der Handel muss sich an die veränderten Eigenschaften des Produktes anpassen. Somit stelltsich,auchnachdenvielerortsmitVerlustabgeschriebenenInvestitionenanläss lichdererstenEBookWellezuEndedesvergangenenJahrtausends,484dieFrage,ob derartumfangreicheInvestitionennotwendigsind.DieseFragekannzudiesemZeit punkt nicht abschließend beantwortet werden, jedoch könneneinige Überlegungen angestelltwerden. Zunächst ist ein klarer, anhaltender Trend der Verlagerung hin zur Verwertung von Buchinhalten in elektronischer Form erkennbar. Es handelt sich also eher um die Frage des Zeitpunktes der Umstellung alsum derenNotwendigkeit. Hinsichtlich der Geschwindigkeit der Verlagerung kann auf die Ausführungen in Abschnitt 4.5 ver wiesen werden, in welchem eine relative Unterscheidung zwischen den Branchen segmenten vorgenommen wurde. Auf dieser Grundlage ist für jedes Unternehmen einespezifischeDigitalisierungsstrategiezuentwickeln. Ein untätiges Abwarten ist jedoch sicherlich nicht zu empfehlen, denn disruptive Innovationen sind ex ante schwer erkennbar und haben doch einschneidende Konsequenzen.SokönntebaldderZeitpunkterreichtwerden,anwelchemdurchdie Verfügbarkeit geeigneter Lesegeräte, ob dezidiert oder auf Mobiltelefonbasis, eine kritischeMasseerreichtwirdunddieNachfragenachEBooksstarkansteigt.Unter nehmen, die sich erst dann mit der Digitalisierung beschäftigen, laufen Gefahr, das fürdenMarkteintrittgeeigneteZeitfensterzuverpassen.485 T22: Sinkende Herstellungsmengen zwingen Druckereien zur Weiter entwicklungihresGeschäftsmodells. DerÜbergangvomgedrucktenzumelektronischenBuchtrifftnaturgemäßdiejenigen Akteure, deren Wertschöpfungsaktivität direkt mit der Herstellung der Druck 483
Vgl.hierzudieAusführungeninKapitel4.1. Vgl.Hawkins(2002),S.44. 485 Vgl.Mierzejewska(2008),S.109. 484
164
6Schlussbetrachtung:ThesenundPerspektiven
exemplareverbundenist,amhärtesten.DieswirdauchausderBegebenheitdeutlich, dassDruckereien,mitAusnahmedesPrintonDemand,ankeinemderdargestellten Geschäftsmodelle mehr beteiligt sind. Schon ein durch schleichende Verlagerung verursachter Rückgang der Produktionsmenge führt in diesem durch hohe, fixe In vestitionskosten für entsprechende Druck und Verarbeitungsmaschinen geprägten SegmentzuKapazitätsüberschüssenundsomitsinkendenMarktpreisen. DieseabsehbareEntwicklungzwingtdieseAkteurezurWeiterentwicklungbzw.Ver lagerungihresGeschäftsmodells.DiesekannzumeinenineinerNischenstrategiebe stehen, unter Fokussierung auf Warengruppen, für welche auf absehbare Zeit der Druck die dominante Erscheinungsform bleiben wird – bspw. Kinderbücher oder hochwertigeBildbände. Ein alternativer Ansatz besteht darin, bestehende Kompetenzen in das digitalisierte Umfeldzuübertragen.HierbeikommeninsbesonderediederreproduzierendenHer stellung vorgelagerten Aktivitäten wie Formatkonvertierung oder Satz in Betracht. Diese Kompetenzen müssen weiterentwickelt und an die digitalen Rahmen bedingungenangepasstwerden.
6.4FazitundAusblick
165
6.4 FazitundAusblick WiekeinmodernesMassenmediumbleibtauchdasBuchvonderDigitalisierungnicht verschont. Aufgrund der besonderen Nutzungssituationen und der traditionellen physischen Einheit von Trägermedium und Inhalt zeigen sich die Effekte der Digitalisierung auf Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsstruktur vergleichsweise langsam,abernachhaltig. Das Ziel dieser Arbeit bestand darin, die aus der Digitalisierung resultierenden Ver änderungenderWertschöpfungimBuchmarktherauszuarbeiten.Hierzuwurdenzu nächst als Grundlagen wichtige Theorien eingeführt und der Buchmarkt charakterisiert. Im nachfolgenden Kapitel vier wurden die Digitalisierungseffekte im Detail untersucht; so bewirken diese Neuerungen in den Prozessen der Buch produktionundderDistribution,aberauchdasProduktansichsowiedessenNutzung erfahren eine Modifikation. Zudem erfolgten entsprechend der Forschungsfrage 3 eine Differenzierung nach den Branchensegmenten und die Betrachtung von ver ändertem Nutzungsverhalten und steigender Medienkonkurrenz. In Kapitel fünf wurden die Konsequenzen dieser Trends für Wertschöpfungsstruktur und Ge schäftsmodelle herausgearbeitet. Hierzu wurde ein alle maßgeblichen Neuerungen umfassendes Wertschöpfungsnetzwerk erstellt und diskutiert (Forschungsfrage 1), bevor 13 innovative, in diesem Modell verortbare, idealtypische Geschäftsmodelle herausgearbeitet, analysiert und anhand von Fallstudien illustriert wurden (Forschungsfrage2).ImAnschlusswurdendieerzieltenKenntnissezu22Thesenver dichtetunddiskutiert. InsgesamtlässtsichausdemvergleichsweisespätenBeginnundderlangsamenGe schwindigkeitderVeränderungenkeingeringeresfinalesAusmaßableiten,diestetige EntwicklungdesMarktesuntermauertimGegenteildieSubstanzderTransformation. SoverändertsichdieFunktionsweisederBrancheerheblich:DurchdieDigitalisierung erhaltenjederzeitaktualisierbareInhaltselementesowieandereMedientypenEinzug indasBuch,wodurchdieintermedialeKonkurrenzverschärftwird.Dievernachlässig baren Grenzkosten der Reproduktion von digitalen Informationsprodukten ermög lichenneueErlöskonzepte,dieggf.ohnedirekteZahlungenderKundenauskommen können. Auch im klassischen Erlösmodell erwarten die Kunden allerdings, in Form vongeringerenPreisenandenerzieltenEinsparungenbeteiligtzuwerden.
166
6Schlussbetrachtung:ThesenundPerspektiven
Darüber hinaus können EBooks von jedermann erstellt und durch das Internet zu geringen Kosten weltweit vertrieben werden. Sie benötigen jedoch Wegweiser, um von den Lesern wahrgenommen zu werden. Unabhängige Wertschöpfungspartner kooperieren fallweise und bilden virtuelle Unternehmen, in Ergänzung oder KonkurrenzzudenetabliertenStrukturen. AusPerspektivederAkteureimBuchmarktsinddieseEntwicklungenChanceundBe drohungzugleich. ErscheintdieBuchbranchedurchdieverringerteTransformationsgeschwindigkeitim intermedialen Vergleich zunächst als privilegiert, so wirkt sich im Gegenteil die vor herrschendehoheSpezialisierungaufmehrerenEbenenerschwerendaus:Zumeinen ist die Branche in sich spezialisiert und somit in ihrer Gesamtheit heterogen – bei wissenschaftlich und beruflich eingesetzter Literatur verläuft beispielsweise der Transformationsprozess überdurchschnittlich schnell, in anderen Bereichen ist er (noch)kaumzuspüren.StandardsmüssenjedochaufallgemeinerEbenevereinbart werden, um langfristig und vollumfänglich von den Kunden akzeptiert und in der Folgeadoptiertzuwerden,wasaufgrunddesunterschiedlichhohenHandlungsdrucks schwierigist. ZumanderenistderBucheinzelhandelinderRegelstarkaufdenVerkaufgedruckter Bücher fokussiert,486 ebenso der Zwischenbuchhandel mit seinen exklusiv be triebenen Distributionsnetzen. Keine andere Mediengattung verfügt über eine vergleichbar exklusive Handelsstruktur. Da aus dieser Position eine Sortiments erweiterung auf buchferne Artikel sowie die notwendige Erschließung von ent sprechendenKundennichteinfacherscheint,wirdsichdieVerlagerungzudenonline vertriebenenEBooksinVerbindungmitdemweitersteigendenMarktanteildesOn linebuchhandels bei klassischen Büchern massiv auf Profitabilität und Anzahl der Sortimentsbuchhandlungen auswirken. Eine steigende Marktkonzentration im Präsenz und Onlinebuchhandel mit gedruckten wie elektronischen Büchern ist die Folge. Diese geht mit einer Verschiebung der Verhandlungsmacht zu den ent stehendenHandelskonzerneneinher.
486
So erwirtschafteten Sortimentsbuchhandlungen im Jahr 2006 durchschnittlich 86% ihres Um satzesmitBüchern.Vgl.BörsenvereindesDeutschenBuchhandels(2008c),S.42.
6.4FazitundAusblick
167
SomitstehtdieBuchbranchevorentscheidendenVeränderungen,aufwelchediever folgtenGeschäftsmodelleanzupassensind.HierzuliefertdievorliegendeArbeitviele Impulse. Auch aus theoretischer Sicht konnte ein Beitrag zur Weiterentwicklung des Forschungsstandeserbrachtwerden.SowurdederuneinheitlichbelegteBegriff„Ge schäftsmodell“ durch die Betrachtung seiner Position in branchenweiten Wert schöpfungssystemen
und
dessen
mehrdimensionale
Operationalisierung
konkretisiert. Darüber hinaus konnten die Literaturströme der Internetökonomie, Medienökonomie und Buchwissenschaft zu einer integrativen Betrachtung zu sammengeführt und erweitert werden. In diesem Zusammenhang wurde gezeigt, dass das in der Beschreibung von Wertschöpfungsprozessen liegende Anwendungs feldvonWertschöpfungsnetzwerkenErkenntnissteigerndaufdiePrognosevonVer änderungen in deren Struktur erweitert werden kann. Die Betrachtung des Online DelhistellteinenBeitragzurWeiterentwicklungderDelphimethodikdar. Aufgrund ihrer zukunftsorientierten Ausrichtung ist diese Arbeit zwangsläufig von qualitativexplorativerNaturundbasiertnuraufderzeiterkennbarenFaktenundZu sammenhängen. In der Konsequenz gehen die gezogenen Schlussfolgerungen mit einer gewissen prognostischen Unsicherheit einher. Da die Validität der Aussagen somit erst ex post überprüfbar ist, kann das angewandte Forschungsdesign, und im selbenAtemzugdaskonkretewieauchalleprognostischenForschungsvorhaben,aus wissenschaftstheoretischer Sicht kritisiert werden. Dies gilt auch für die kontingeztheoretisch fundierte, jedoch noch immer in einem gewissen Maße subjektiveAuswahlderdargestelltenGeschäftsmodelleundFallstudien. Die gewonnenen Erkenntnisse und methodischen Limitationen lassen weiteren Forschungsbedarferkennen.SostehtderTransformationsprozessderWertschöpfung im Buchmarkt am Anfang der Entwicklung, weswegen die gezogenen Schluss folgerungenanhandderweiterenEntwicklungenzuüberprüfenundggf.anzupassen sind. Auch verspricht eine genauere Differenzierung der verschiedenen Branchen segmente interessante, tiefer gehende Einblicke, da diese im Rahmen dieser Arbeit zugunsten einer umfassenden Betrachtung der Phänomene nicht im Detail erfolgen konnte. Um diese heterogenen Teilbereiche adäquat abzubilden, ist eine großzahlig angelegte,komplexdifferenziertgestaltetePrimärforschungerforderlich.
168
6Schlussbetrachtung:ThesenundPerspektiven
DesWeiterenbietendieStrategienderMarktteilnehmer,etwavongroßenVerlagen odervonOnlinebuchhändlern,attraktiveForschungsfelderausstrategietheoretischer Sicht in Bezug auf das Management von Medienunternehmen. Durch eine ver gleichendeAnalysederDigitalisierungseffekteundderenManagementzwischenver schiedenen Mediengattungen könnten generalisierbare Erkenntnisse gewonnen werden, als Grundlage für die Weiterentwicklung der bestehenden Theorien der MedienundInternetökonomie. Schließlich erscheint zu einem späteren Zeitpunkt mit gefestigten Marktstrukturen eine empirischkomparative Studie hinsichtlich erfolgreicher und weniger erfolg reicher Geschäftsmodelle vielversprechend zur Ableitung von Gestaltungsempfeh lungen.
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Anhang Konzeption der Delphistudie „Implikationen innovativer Internetdienste für Ge schäftsmodelleundStrukturderBuchbranche“ Der Autor dieser Arbeit hat am Institut für Information, Organisation und Management der Ludwig Maximilians Universität München im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützten interdisziplinären Forschungsprojektes‚intermedia’imZeitraumOktober2006bisJuni2007einezwei stufigeDelphistudiemit126bzw.87Expertendurchgeführt,derenErgebnisseinder vorliegendenArbeitVerwendungfinden. Bei der durch zahlreiche Fachgespräche vorbereiteten Auswahl der Experten wurde Wert darauf gelegt, alle für die Buchbranche relevanten Bereiche abzudecken. Dies wurdedurcheinevorabvorgenommeneKategorisierungdereingeladenenExperten entlang zweier Dimensionen erreicht: die Rolle der Experten im Wertschöpfungs systemundihreZugehörigkeitzueinembestimmtenBranchensegment. In der endgültigen Expertengruppe antworteten 34 Teilnehmer aus der Perspektive derVerlage,15ausderderForschungundLehre,zehnausSichtderAutorenundje sechs aus Perspektive des Sortimentsbuchhandels und der Beratung. Die restlichen ExpertenvertretenVerbände(3),denVersandbuchhandel(1)odersonstigeGruppen (12). InderzweitenbetrachtetenDimensionvertreten33TeilnehmerdenBuchmarktall gemein, 14 Experten das Branchensegment Belletristik, zwölf das Sachbuch und siebendenBereichSozialwissenschaft,RechtundWirtschaft.DieweiterenExperten stammen aus den Bereichen Kinder und Jugendbuch (6), Geisteswissenschaften, KunstundMusik(5),Naturwissenschaften,Medizin,InformatikundTechnik(3),Rat geber(3),SchuleundLernen(3)sowieReise(1). Somit entsteht ein umfassender Blick auf die Buchbranche unter bewusster Aus klammerung des Zeitungs und Zeitschriftenbereichs, der ganz anderen Gegeben heitenunterliegt. AlsErhebungsmethodikwurdeeinezweistufigeDelphistudiegewählt.Delphistudien stellen Expertenbefragungen dar, welche nach Rückspiegelung der Zwischenergeb nisseandieBefragtenwiederholtwerden,wodurchdieErgebnisqualitäterhöhtwird. AufgrundderräumlichenVerteilungderExpertenundderNotwendigkeit,wegender Vielschichtigkeit der Buchbranche eine für Delphistudien vergleichsweise hohe An zahl an Experten zu befragen, wurde die Befragung internetgestützt durchgeführt. ZusätzlichkonntenhierdurchunerwünschteInteraktionseffekteunterdenFachleuten ausgeschlossenwerden.
Stichwortverzeichnis Buch(Definition)55 Buchhandel56 Buchmarkt53 neueErlösstrukturen102 neuesWertschöpfungssystem97 RegulatorischeEingriffe66 Segmente60 traditionelles Wertschöpfungssystem57 Vertriebswege100 WertschöpfungundErlösquellen65 WirtschaftlicheKennzahlen61 BusinessWeb16 Delphimethodik40 Ablauf41 internetgestützteUmsetzung49 Klassifikation44 WissenschaftlicheFundierung47 Digitalisierung70 derHerstellung70 derNutzung89 desProduktes77 desVertriebs83 Disintermediation25 EBook Dateiformate77 Definition56 Funktionsumfang82 EInkDisplay90 EPUB80 Fallstudien135
Filière15 Forschungsdesign5 Forschungsfrage4 Geschäftsmodell30 Definition30 Dimensionen32 neueundweiterentwickelteAnsätze 104 Informationsgüter35 Intermediation22 aufMedienmärkten28 KostenundErlösstrukturvon Medienmärkten36 Literaturverzeichnis169 Medienkonkurrenz93 Nutzungsverhalten93 ÖkonomischeNetzwerktheorie37 OpenAccessPublishing87 Reintermediation25 Thesen148 Transaktionsanbahnung99 ValueWeb17 Wertschöpfung9 Mesoebene14 Mikroebene12 Wertschöpfungsarchitektur33 Wertschöpfungskette12 Wertschöpfungsnetzwerk16 Wertschöpfungsprozesse9