Manuela Koch, Georg Westermann (Hrsg.) Von Kompetenz zu Credits
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Harzer wirtschaftswissenschaftliche
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HochschulefurangewandtB Wissenschaften (FH)
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Herausgegeben vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Hochschule Harz (FH)
In den „Harzer wirtschaftswissenschaftlichen Schriften" werden Beitrage zu aktuellen okonomischen Fragestellungen veroffentlicht. Die Hochschule Harz (FH) in Wernigerode, an der ehemaligen Nahtstelle zwischen Ost und West gelegen, leistet mit dieser Reihe des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften einen Beitrag zur Erfullung der BriJckenfunktion zwischen Theorie und Praxis, zwischen Wirtschaftjechnik und Kultur.
Manuela Koch, Georg Westermann (Hrsg.)
Von Kompetenz zu Credits Anrechnung beruflicher Kompetenzen auf ein Hochschulstudium
Deutscher Universitats-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uber
abrufbar.
1.AuflageDezember2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel / Stefanie Brich Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auSerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden durften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0626-3
Vorwort „Von Kompetenz zu Credits - Anrechnung beruflicher Kompetenzen auf ein Hochschulstudium" Das hier vorliegende Buch enthalt die Inhalte der Prasentationen des Workshops „Von Kompetenz zu Credits", der am 23. Mai 2006 an der Hochschule Harz in Wernigerode stattfand. Diese Publikation in der Reihe „Gabler Edition Wissenschaft" ist unter anderem auch deshalb entstanden, weil die Anzahl der zu dieser Veranstaltung eingeladenen Teilnehmer ganz bewusst sehr niedrig gehalten wurde, um einen echten Workshop mit Intensiven und erschopfenden Diskussionen zwischen alien beteiligten Stakeholder-Gruppen zu ermoglichen. Im Nachgang zeigte sich jedoch ein so grolies Interesse an den Ergebnissen des Workshops, dass diese nun in Buchform einem breiteren Publikum zuganglich gemacht werden sollen. Die jeweiligen Autoren haben sich dabei nicht darauf beschrankt, lediglich ihre Prasentationen zu veroffentlichen. Vieimehr wurden die einzelnen Vortrage so aufbereitet, dass sie in ihrer Gesamtheit einen „lesbaren" Uberblick uber den aktuellen Stand der Diskussion zur Anerkennung von berufllch enA/orbenen Kompetenzen auf ein Hochschulstudium ermoglichen. Die Herausgeber haben sich bemuht, die Beitrage so anzuordnen, dass der Leser einerseits gezielt nach einzelnen Themen und Problemkreisen suchen kann. Andererseits enthalt die Publikation durchaus einen Spannungsbogen von grundsatzllchen Fragen zu den Moglichkeiten und Grenzen der Kompetenzmessung uber die ersten Auspragungen in der deutschen Hochschulrealitat bis hin zu den Erfahrungen und Modellen, die sich im Ausland ausmachen lassen. Auf diese Weise kann auch die sequenzielle Lekture des kompletten Buches zu neuen Erkenntnissen bei den Lesern fuhren. In diesem Von/vort soil das Thema des Workshops - „Von Kompetenz zu Credits" ganz kurz in einen grofieren Rahmen eingeordnet werden. Daran anschliedend wird eriautert, auf welche Fragestellungen die Veranstalter des Workshops und Herausgeber des vorliegenden Bandes Antworten suchen. Weitgehende Einigkeit besteht wohl daruber, dass die grofle Chance von dualen Studiengange darin gesehen wird, die Ausbildung fur ein jeweils ganz bestimmtes Berufsfeld durch die geschickte Kombination praktischer und akademischer Bildung zu optlmieren. Duale Studiengange sollten sich also dadurch auszeichnen, dass sie beide Bereiche sinnvoll und unter Nutzung von Synergien miteinander kombinieren. Hier stellt sich als nachstes die Frage: Was bedeutet „sinnvoir' und unter welchen Zielstellungen soil denn „optimiert" werden?
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MANUELA KOCH/GEORG WESTERMANN
Sinnvoll muss zunSchst einmal bedeuten, dass alle - fur einen dualen Studiengang wesentlichen - praktischen und theoretischen Inhalte vermittelt werden. Am Anfang eines derartlgen Konzepts steht also eine tiefgehende Analyse der Kompetenzen, welche fur den sp^teren Einsatz der Absolventen notwendig Oder zumindest erwunscht sind. In einer ganzen Reihe von BeitrSgen - vor allem im ersten Teil dieses Buches - wird sehr deutlich herausgearbeitet, dass Kompetenzen nicht durch reine Vermittlung von (Fach)Wissen enA/orben werden. Sinnvoll muss daher weiterhin bedeuten, dass alle Inhalte, die man besser „on the job" lernt, auch dort gelehrt werden. Eher theoretische Inhalte - ab einem bestimmten Niveau - werden dann in die akademischen Bestandteile der Programme aufgenommen. „Optimieren" sollte dann in diesem Kontext jedoch auf keinen Fall bedeuten, dass man beide Ausbildungen schlichtweg aneinander hangt. Vielmehr mussen Inhalte, Qualifikationen und Kompetenzen, die wahrend eines Toils der Ausbildung vermittelt werden Oder gar wahrend einer vorgelagerten Berufsausubung bereits en^/orben wurden, im anderen Teil anerkannt werden. Im Idealfall kann dieses Vorgehen zum eInen die Jewells andere Form der Ausbildung um aktuelle (theoretische oder praktische) Inhalte bereichern. Gerade belm En/verb von Kompetenzen - im Sinne von „etwas tun konnen" - erscheinen solchen Kombinationen beinahe unerlasslich. Zum anderen sollte sich durch das Eliminieren von Inhaltllchen Redundanzen die gesamte Durchlaufzeit einer dualen Ausbildung verkurzen lassen. Dadurch wurden Bildungsverlaufe nicht nur unter zeitlichen, sondern auch unter kostenorientlerten Gesichtspunkten deutlich effizienter. Hierdurch erklart sich freilich auch das enorme Interesse von politischer Seite an diesen Ansatzen. Insbesondere fur Verantwortliche, die damit betraut worden sind, solche dualen Programme fur Hochschulen oder fur Trager beruflicher Bildung zu entwickein, ergeben sich bei der „Optimierung" vor allem unter zeitlichen Gesichtspunkten eine ganze Reihe von Fragen. Viele davon sind inhaltlicher Natur. Andere beziehen sich jedoch auf rein formale Anforderungen. Am besten ware es, wenn man diese klaren konnte, bevor man Studiengange entwickelt und zur Genehmigung/Akkreditierung vorlegt. Im Idealfall gabe es klare und bundeseinheitiiche, gesetzliche Regelungen an die man sich halten konnte, wenn man Curricula und mogliche wechselseitige Anrechnungen zwischen Praxis und akademlscher Ausbildung festlegt. NatiJrlich findet man an so manchen Stellen (z.B. bei HRK und KMK) immer wieder Fragmente, aus denen man den Willen des spateren „Genehmigers" oder „Akkreditierers" interpretieren konnte. Doch die Verantwortlichen fiir solche Programme beschleicht - viellelcht auch, well sie eigentlich an das bequeme und enge ..Korsett"
Vorwort
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ministerialer Genehmigungsverfahren gewohnt sind - hier das Gefuhl, sich ohne Netz an einen sehr aufwandigen und Gefahren behafteten Drahtseilakt heranzuwagen. Das ware sozusagen die schlechte Nachricht. Man kann dieser Situation jedoch auch durchaus positive Seiten abgewinnen, wenn man bedenkt, wie lange schon sich die Hochschulen uber die Bevormundung durch Ministerien geargert und beschwert haben. Nun k5nnen sie - zumindest vorerst - derartige Programme recht frei entwickein und in einem kollegialen Prozess akkreditieren lassen.
Diese neu ge-
wonnene Freiheit sollte dann auch genutzt werden. Dennoch spricht es - nach Meinung der Herausgeber - nicht gegen Freiheit und Profilbildung, wenn man sich auf bestimmte Standards einigen konnte, die fur sinnvolle und optimal gestaltete duale Studiengange gelten sollen. Eine der Kernfragen, zur Optimierung unter zeitlichen Gesichtspunkten, bezieht sich dabei auf die Moglichkeiten, Kompetenzen auf den akademischen Teil der Ausbildung anzurechnen, die wahrend der beruflichen Ausbildung erworben wurden. Und damit ware das Thema des vorliegenden Buches und der Veranstaltung erreicht. Inhaltllch ist die Publikation so aufgebaut, dass zunachst schrittweise eine Reihe von Eriauterungen angeboten werden, die aus der SIcht der Herausgeber fur eine rationale Diskussion der Fragestellungen unabdingbar erscheinen. In einem zweiten Schritt werden sehr kurz und pragnant die Ergebnisse einer moderierten Diskussion aufgelistet, die als ein Versuch gelten kann, die AnsStze zu einer praktikablen Losung aufzuzeigen. Die folgenden Fragestellungen sollen also im Folgenden geklart werden: (1) Welche Verfahren zur Anrechnung von Kompetenzen werden in einzelnen Studiengangen bereits eingesetzt und welche Probleme tauchen dabei auf? -
Pauschalanrechnung oder Einzelfallprufung?
-
Qualifikationen oder Kompetenzen anrechnen?
(2) Welche Losungsmoglichkeiten waren hier aus theoretischer/padagogischer Sicht denkbar? -
Messverfahren
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Anrechnungsverfahren
(3) Welche Losungsmoglichkeiten existieren aulierhalb Deutschlands bereits? -
Anrechnungsmodelle in Europa
-
Europaischer Quallfikationsrahmen
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MANUELA KOCH/GEORG WESTERMANN
(4) Wie stehen Akkreditierungsagenturen, Kultusministerien und Hochschulen dazu? -
Was wird akkreditiert und was nicht?
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Wie muss man Nachweise fur Verfahren fuhren?
An dieser Agenda kann der Leser erkennen, warum der Workshop auf eine so kleine Teilnehmerzahl begrenzt war. Wenn diese komplexe Thematik einer praktikablen Losung zugefuhrt werden soil, dann miissen die Akteure miteinander reden und miteinander arbeiten. Das bedeutet, dass man nicht in parallelen Sitzungen jeden Teil des Problems separat diskutieren kann. Vielmehr muss es nach einer Bestandsaufnahme der aktuellen Daten und Entwicklungen eine Verstandigung auf einen (oder mehrere) Wege geben. In diesem Sinne wunschen die Herausgeber alien Lesern des vorliegenden Bandes, dass sie aus dem hier enthaltenen Erfahrungs- oder Theorieschatz den Weg fur ihr eigenes Programm destillieren konnen und dass auf diesem Weg eine noch buntere Hochschullandschaft entsteht ~ zum Wohle der Studierenden und ihrer Arbeltgeber. Prof. Dr. Georg Westermann, Manuela Koch
Sehr geehrter Herr Professor Westermann, sehr verehrte Damen und Herren,
vielen Dank fur die Einladung zu diesem Workshop und die Gelegenheit ein Grufiwort im Namen des Kultusministeriums des Landes Sachsen-Anhalt ubermittein zu konnen.
Das heutige Thema, die Anrechnung beruflicher Kompetenzen ist drangend. Von daher will ich der Bitte des Veranstalters gerne folgen und die Sicht bzw. Wahrnehmung des Ministeriums zu den in diesem Zusammenhang in Sachsen-Anhalt stehenden aktuellen Diskussionen verdeutlichen. Naturlich m5chte ich auch die Envartungen zum Ausdruck bringen, die wir in Magdeburg mit diesem Workshop verbinden. Studienreform, Erhohung des Akademisierungsgrades, Lebenslanges Lernen und Verzahnung von beruflicher und akademischer Bildung laufen unter dem Druck der Globalisierung, einer zunehmenden Privatisierung und Okonomisierung von Bildung ab. Ich habe den Eindruck, dass es einerseits zu schnell, aber eben auch deutlich zu langsam vorangeht. Zu langsam, well die Notwendigkeit einer besseren Verzahnung der Bildungssysteme mittlen/veile allgemein als akzeptiert gelten kann, aber in der praktischen Umsetzung fehit noch Vieles. Berufspraktiker, Facharbeiter und Meister haben alien Grund mit der Durchlassigkeit in Richtung Hoherqualifizierung an den deutschen Hochschulen unzufrieden zu sein. Der Anteil derjenigen, die uber die Regelungen zum Zugang fur beruflich qualifizierte Bewerber ein Studium aufgenommen haben ist, gemessen an der Gesamtzahl der Studierenden, nach wie vor auflerst gering und liegt bundesweit unter 1 % . Zu schnell,
well wir der rasanten Entwicklung des Bildungsmarktes mit unseren
strukturellen Uberlegungen kaum folgen konnen. Die Geschwindigkeit der Macht des Faktischen Sorge bereitet Sorge. Die Verzahnungsschnittstellen zwischen den Bildungssystemen sind kaum transparent und gleichen haufig einer black box.
PETER VIESSMANN
Wir haben in Magdeburg die Erfahrung gemacht, dass vor dem Hintergrund • •
des Systemwechsels zu den gestuften Studiengangen, des in Sachsen-Anhalt geltenden Studiengebuhrenverbots fur grundstandige Studiengange und
•
der Frage, ob berufsbegleitend bedeutet, parallel einer berufllchen Tatigkeit nachgehen zu konnen oder aber, ob auch die curriculare Integration des Arbeitsplatzes in das Studium gemeint sein konnte,
die Begriffe grundstandig, berufsbegleitend und weiterblldend schnell unterschiedlich interpretiert werden und Missverstandnisse entstehen. Das erschwert die Erorterung der Anrechnung beruflicher Kompetenzen auf ein Hochschulstudium. Es muss klar sein, was unter den Begriffen zu verstehen ist. Aber auch hinsichtlich des Minimum-Standards von drei Jahren Regelstudienzeit fur einen Bachelorabschluss ergeben sich Fragen. Aufierhalb des Hochschulwesens enA^orbene Kenntnisse und FShigkeiten durfen nach KMK-Beschlusslage (KMK vom 28.06.2002) bis zu 50% eines Hochschulstudiums ersetzen. Kann dieser Beschluss dazu fijhren, dass eine Hochschule zwar eine Bachelor-Studien- und Prufungsordnung von 180 ECTS vorlegt, in der Praxis aber ein Hochschulstudium von weniger als 180 ECTS anbietet? Dieses konnte dann geschehen, wenn alle Teilnehmer des Studiengangs pauschalisiert nicht-hochschulische Vorleistungen anerkannt bekommen bzw. durch Prijfung Vorleistungen bzw. Vorkenntnisse einbringen. Meine Damen und Herren, ich spreche diese Punkte deshalb in Ausfuhrlichkeit an, well wir von Akkreditierungsagenturen und Hochschulen mit diesen Themen konfrontiert wurden und hier offensichtlich Probleme und Unklarheiten vorliegen, die erortert bzw. klargestellt werden mussen. Das gilt auch fur das Thema weiterblldender Bachelorstudiengang. Ein Weiterbildungsbachelor ist in dem neuen gestuften Studiengangssystem nicht vorgesehen. Dabei weise ich ausdrijcklich darauf hin, dass es sich um eine institutionelle Betrachtungsweise handelt, die hier zum Tragen kommt. Ein Bachelorstudiengang ist immer ein Studiengang zum Erwerb eines ersten berufsquallfizierenden Hochschulabschlusses mit einer Regelstudienzeit von mindestens 3 Jahren. Ein Bachelorstudiengang kann nicht als „weiterbildender" Studiengang akkreditiert werden. Die von der KMK beschlossenen landergemeinsamen Strukurvorgaben sehen keine Differenzierung der Studiengange auf Bachelorebene In grundstandige und weiterbildende Studiengange vor.
Geleitwort
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Der Hochschulausschuss der KMK hat diesen Sachverhalt kurzlich auch noch einmal ausdrucklich bekraftigt. Diese Position wird auch vom Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt nicht in Frage gestellt. Wurden wir einen Weiterbiidungsbachelor bejahen, wurde
dies unweigerlich zu der Frage fuhren, wo die wissenschaftliche
Erstausbildung erfolgt, ob sie institutionell nach aufierhalb der Hochschule verlegt werden kann. Eine institutionelle Verlagerung der wissenschaftlichen Erstausbildung in den nicht-hochschulischen Bereich kann nach meiner Einschatzung nicht im Interesse der Hochschule liegen. Eine klare SIchtweise erscheint bei der Abarbeitung des Themas „Anerkennung beruflicher Kompetenzen auf ein Hochschulstudium" von grofler Bedeutung.
Ein weiteres und absolut unbestrittenes Prinzip ist die Entscheidungsautonomie der aufnehmenden Hochschulen. Diese Autonomie gilt fur alle Formen der Anrechnung. Soweit es urn das Hochschulstudium geht, legt die Hochschule die Studlenanforderungen test. Der geltende rechtliche Rahmen fur die Anerkennung beruflicher Kompetenzen ist in den Landergesetzen geregelt, wobei die meisten Lander eine Anrechnung seit Jahren ermoglichen. Die Anrechnungsverfahren sind dabei fast immer auf den individuellen EInzelfall ausgelegt. Fur die weitere Entwicklung gelten folgende politische Beschlusslagen: Auf nationaler Ebene ist es der KMK Beschluss von 2002 zur Anrechnung von auflerhalb en^^orbener Kenntnisse und Fahigkeiten auf ein Hochschulstudium und die gemelnsame Erkl^rung des BMBF, der KMK und der HRK aus dem Jahre 2003 Eckwerte dieser Beschlusse fur die Anerkennung beruflicher Kompetenzen sind:
1. Leistungen aus der beruflichen Bildung sind nur in dem Mafie anzuerkennen, wie sie den Leistungsanforderungen des jeweillgen Studiengangs entsprechen. Hierbei und das ist wohl ein Spannungsfeld zu dem vorhergesagten, ist auch die pauschalislerte Einstufung / Anrechnung nicht ausgeschlossen. Allerdings wird man das nur so interpretieren wollen, dass hierfur eine konkrete Kooperation zwischen einer Hochschule und einer beruflichen Ausbildungseinrichtung Grundlage ist und somit eine Einzelfallprufung entfallen konnte. Es ist mehr als fraglich, ob es einen Automatismus geben kann, wonach eine bestimmte berufliche Ausbildung immer einen bestimmten Teil eines fachlich
XII
PETER VIESSMANN
einschlagigen Studiums ersetzt , diese Sichtweise durfte mit diesem Beschluss von 2002 nicht eroffnet sein. 2. Weiterhin die Empfehlung, die Erprobung von Anrechnungsverfahren in „anspruchsvollen Qualifizierungen im Fortblldungsbereich" durchzufuhren bzw. zu entwickeln. 3. Auf die Entscheidungsautonomie der Hochschule hatte ich bereits hingewiesen. 4. Es durfen maximal 50% des Hochschulstudiums durch die Anerkennung von Fahigkeiten ersetzt werden. Auf europaischer Ebene konnen wir auf folgende hochschulpolitische Eckpunkte zuruckgreifen:
1. Bologna-Erklarung 1999 zum europaischen Hochschulraum 2. Memorandum uber das Lebenslange Lemen, der Forderung nach einer umfassenden Strategie zur Implementierung des LLL auf institutioneller und individueller Ebene 3. Kopenhagen-Erklarung 2002, Forderung der Transparenz in der bekanntermaflen sehr unubersichtlichen beruflichen Bildung 4. Maastricht-Erklarung 2004: Forderung nach starkerer Durchlassigkeit zwischen
beruflicher
Bildung
und
Hochschulbereich,
Entwicklung
EQF(Europaischen Qualifikationsrahmens). Die politischen Stoflrichtungen fur eine umfassende Strategie fur das LLL und durchlassige Bildungssysteme sind klar, aber in der Umsetzung sind Hindernisse zu uberwinden und es ist Gestaltung gefragt. Bund und Lander fordern die Anerkennung von beruflichen Kompetenzen auf ein Hochschulstudium im Rahmen von zwei Programmen. Ein Bundesprogramm, erganzt durch Mittel des Europaischen Strukturfonds, befasst sich mit der Frage, wie Fahigkeiten aus der beruflichen Aus- und Weiterbildung sowie der Berufspraxis in das an den Hochschulen ven/vendete europaische Leistungspunktesystem (ECTS) umgerechnet werden konnen. In diesen Projekten werden zunachst die Kompetenzen von rund 60 anspruchsvollen Fortbildungsabschlussen mit fachlich ahnlichen Studiengangen verglichen.
Geleitwort
Xlll_
Das zweite Programm, aus dem auch dieser Workshop finanziert ist, ist das BundLander Programm „Weiterentwicklung dualer Studienangebote im tertiaren Bereich". Dieses Programm fordert die Entwicklung dualer Studienangebote in bisher nicht vertretenen Fachrichtungen und in der gestuften Studienstruktur, insbesondere an Universitaten und gleichgestellten Hochschulen. Eine Forderlinie zielt dabei auch auf die hochschulubergreifende Entwicklung und Erprobung von Verfahren zur Anrechnung von Qualifikationen aus der berufllchen Bildung bei Beachtung des internationalen Kontextes, einschllefllich der Qualitatsslcherung. Das Land Sachsen-Anhalt ist an diesem Modellversuchsvorhaben beteiligt. Drei der 22 insgesamt teilnehmenden Hochschulen kommen aus Sachsen-Anhalt, die Hochschule Harz mit zwei Projekten und die Universitat Magdeburg mit einem Projekt. Die drei Projekte werden mit 600.000 EUR aus Bundes- u. Landesmittein gefordert. Wir erhoffen von Ihnen, den Fachleuten aus den Bildungselnrichtungen, neue Erfahrungen, Ergebnisse und Hilfestellungen in Richtung
•
Definition beruflicher und hochschulischer Kompetenzen anhand von learning outcomes
•
Bewertung der Kompetenzen mit dem Instrument des ECTS unter Einbeziehung der aktuellen Diskussionen uber EQF/ECVET
• •
Aquivalenzvergleiche Verfahrensfragen hinsichtlich der Ermlttlung von Qualifikationen/Kompetenzen, der Lernzeit und des Niveaus
•
Kooperations- und Vernetzungsfragen zwischen den Bildungselnrichtungen
•
Last but not least einen Beitrag zur Qualitatsbestimmung und -sicherung
Mit diesen Erwartungen wunsche ich der Tagung einen gewinnbringenden Verlauf und danke fur Ihre Aufmerksamkeit.
Dr. Peter VieHmann Kultusministerium Sachsen-Anhalt
Inhalt Anrechnung von Kompetenzen - erste Ansatze im BLK Modellvorhaben „Weiterentwicklung dualer Studiengange im tertiaren Bereich" und Erfahrungen aus der Berufsbildungsforschung" KLAUS JENEWEIN, KLAUS WEISENBACH Uberlegungen zur Anerkennungsfahigkeit beruflicher Kompetenzen im Rahmen dualer Studiengange
1
IRMGARD FRANK Verfahren zur Dokumentation und Anerkennung informellen Lernens im Prozess der Erwerbsarbeit
17
THOMAS MATTES, OLAF ZAWACKI-RICHTER, ERICH BARTHEL Kompetenzerwerb zwischen Hochschule und Betrieb - Kompetenzdiagnostik und -entwicklung in dualen Studiengangen
35
ANNETTE GREWE, ANKE PIOTROWSKI Entwicklung eines Verfahrens zur Anrechnung formal und informell enA^orbener Kompetenzen im Berelch Gesundheit/Pflege - das Portfolio-Assessmentverfahren
53
STEFAN GRUNWALD Von Kompetenz zu Credits - Anrechnung formaler und informeller Lernleistungen am Beispiel der Entwicklung eines Leistungspunktesystems in der IT-Weiterbildung
65
MANUELA KOCH. GEORG WESTERMANN Der Entscheidungsprozess zur Auswahl eines Verfahrens zur Anrechnung beruflich en^/orbener Kompetenzen
79
VOLKER WISKAMP Vom Chemielaboranten zum Chemie-lngenieur (FH)
93
XVI
Inhalt
Ein Blick iiber die Grenzen - Moglichkeiten der Anrechnung und bildungspolitische Entwicklungen im europaischen Kontext UWE LAUTERBACH Anrechnung beruflicher Kompetenzen auf Hochschulstudiengange Modelle und Praxiserfahrungen
99
JAN RATHJEN Der europaische Qualifikationsrahmen - Ziele und aktuelle Entwicklungen
125
Anrechnung beruflicher Kompetenzen im Kontext der Akkreditierung Podiumsdiskussion
131
Autorenverzeichnis
137
Uberiegungen zur Anerkennungsfahigkeit beruflicher Kompetenzen im Rahmen dualer Studiengange Klaus Jenewein, Klaus Weisenbach 1
EQF und NQF
Haufig wird sehr allgemein uber die prinzlpielle Anerkennungsfahigkeit beruflicher Kompetenzen diskutiert, ohne dass die Berufsbildungs- und Beschaftigungssysteme umfassend in den Blick genommen werden. Dabei ist dies fur die Hochschulstudiengange gerade vor dem Hintergrund des Bologna-Prozesses keinesfalls unproblematisch. Einerseits wird uber die Ausrichtung der Studiengange und Studienabschlusse an den international ubiichen angelsachsischen Konsekutivmodellen, der Einfuhrung des ECTS-Systems (European Credit Transfer System), der Einfuhrung eines Diploma Supplements und der Akkreditierungsverfahren die Grundiage fur die Internationale Anerkennung von Studiengangen und Studienabschlussen geschaffen. Andererseits ist damit fur Inhalt und Form der nachzuweisenden Kompetenzen ein klarer Rechtsrahmen gesetzt, der durch beliebige Anerkennungsverfahren fur aufierhalb dieses Systems en/vort)ene Kompetenzen durchaus an Grenzen stofien konnte.
(CaJ2004)
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Berufeausbiidung
Abb. 1: Practitioner skill und qualification level-Systeme in der europSischen Diskussion. In: Petersen, A. Willi, „Elektro- und IT-Fachkrafte in und fur Europa", Lehren & Lemen (l&l), 2005, Sonderheft1,S. 16
KLAUS JENEWEIN/KLAUS WEISENBACH
Urn diese Uberlegung zu verdeutlichen, hilft ein rascher Blick auf die im europaischen Umfeld gefiihrten Diskussionen und die dort entwickelten Strukturierungsvorstellungen (Siehe hierzu Abb. 1) Alle im europaischen Umfeld vorgeschlagenen Systeme zur Stufung beruflicher Qualifikationen unterscheiden im Prinzip Stufen auf der Ebene beruflicher Bildungssysteme (VET qualification level; VET steht hier fur vocational education and training) und auf der Stufe von Hochschulsystemen (HE qualification level; HE steht hier fur higher education). Um die Problematik ein wenig genauer zu illustrleren, ist in Abb. 2 ein Auszug mit dem Beispiel der deutschen Stufungssysteme dargesteilt.
^rbeitsqualifikatonen"
Germany (IAB)
^usbjldungsquallflkatlonen" (Qualifications)
(Skills) Universitdtsabschiuss
(Highjfltcil tVMri
FachhochschulabscNuss
HEquaMICiMon
Universitfttsabschiuss
correspond to
ECTS FachhochsdhutaboHchhisa Fachschulabschhiss
Fachschulniveau
ECVET mit BerufeausbikJung
biidung VET qualification
BerufBfachSCtHJt-
abschluss ohne
Beaifeausbiidung
biidung
Abb. 2: Arbeits- und Ausblldungsquallfikationen im deutschen Berufsbildungs- und Beschdftigungssystem. Auszug aus Petersen, A. Willi, ..Elektro- und IT-Fachkrafte in und fur Europa", Lehren & Lernen (l&l), 2005, Sonderheft 1, 8.16.
Im linken System der Arbeitsqualifikationen sind rot umrandet die Beschaftigungsstufen dargesteilt, die fur Absolventen von Berufsbildungssystemen charakteristisch sind, auf der rechten Selte die Ausblldungsquallfikationen dieses Systems, die sich im wesentlichen auf den Abschluss von Berufsfachschulen, Berufsausbildungen und Fach-/Technikerschulen sowie Meisterausbildungen stutzen. Auch fiir dieses System wird in Europa derzeit ein Kreditpunktesystem eingefuhrt, das ECVET-System (European Credit System for Vocational Education and Training, entwickelt im Rahmen des so genannten Kopenhagen-Prozesses). Das ECTS-System findet derzeit auf der Ebene der Ausblldungsquallfikationen im Hochschulberelch Anwendung, und zwar in Abb. 2 blau umrandet dargesteilt - im Rahmen von Fachhochschul- und UniversitStsabschlussen.
Uberlegungen zur Anerkennungsfahigkeit beruflicher Kompetenzen
Die aktuellen Diskussionen urn die Anerkennung beruflich erworbener Qualifikationen beziehen sich strukturell auf zwei Ebenen, von denen die erste in Abb. 2 angedeutet ist: I. d. R. diskutiert wird eine Anerkennung beruflicher Ausbildungsqualifikationen, die im europaischen Kontext dem ECVET-System zuzuordnen sind, auf Hochschulstudiengange durch Anrechnung in Form von Credits im Rahmen des ECTS-Systems. Nach Kenntnis der Autoren sind hierfur jedoch gesicherte ReciitsgrundJagen weder im deutschen noch im europaischen Kontext zu erkennen. Daruber hinaus wird die Akzeptanz im wissenschaftlichen Umfeld etwa durch die fur die einzelnen Studiendisziplinen zustandigen Fakultatentage - auRerst zuruckhaltend eingeschatzt. Meister- und Technikerausbildungen werden derzeit nach der bundesweit gultigen Rechtslage als Studienzugangsvoraussetzungen
anerkannt
und
bilden
damit
einen
Ersatz
fur
die
Regelvoraussetzung (Fachhochschul- Oder Allgemeine Hochschulreife); daruber hinaus gehende Anrechnungen sind bislang meist nicht geregelt (vgl. etwa die Hochschulqualifikationsverordnung des Landes Sachsen-Anhalt). Mitdiskutiert werden haufig auch Aspekte, die gem. Abb. 2 den Arbeitsqualifikationen auf der Grundlage von Berufsbildungsabschlussen (VET-System) zuzuordnen sind, auf ECTS-Credits des Ausbildungssystems. Diese Anrechnungen sind nach Kenntnis der Autoren noch weniger geregelt und werden bislang zwar haufig diskutiert, aber kaum vergleichbar quantifiziert. Merkwurdigen^/eise wird nicht diskutiert jedoch der umgekehrte Weg der Anrechnung von im ECTS-System en/vorbenen Credits auf Credits, die dem ECVET-System zuzuordnen wSren. Sollte es namlich belastbare Grunde fur die Annahme einer Gleichwertigkeit zwischen beiden Systemen geben, musste dieses aus Grunden der Gleichbehandlung auch fur den umgekehrten Weg gelten. Folglich mussten auch im ECVET-System Regelungen getroffen werden, auf welcher Grundlage ECTS-Credits etwa auf eine Meisterausbildung angerechnet wird und wann etwa ein Studienabbrecher ein dem Technikerabschluss vergleichbares Niveau erreicht hat. Die in den Abbildungen 1 und 2 angedeutete Struktur macht deutlich, dass von einem System der gegenseitigen Anrechnung von Kompetenzen auf Studienleistungen und umgekehrt noch nicht die Rede sein kann. Dennoch hat der vorliegende Modellversuch einige Untersuchungsfragen zur Gleichwertigkeit von betrieblich en^/orbenen Kompetenzen und von Kompetenzen, die in einem wissenschaftlichen Studlum enA/orben werden mussen, in seinen Arbeitsplan aufgenommen. Hierauf wird in Kapitel 5 eingegangen.
KLAUS JENEWEIN/KLAUS WEISENBACH
2
Duale Studiengange an der Otto-von-Guericke-Universitat Magdeburg^
2.1
Zur Einordnung in die Typenvielfalt dualer Studiengange an deutschen Universitaten, Fachhochschulen und Berufsakademien
Duale Studiengange an Universitaten sind noch immer eine Ausnahme in der deutschen Hochschullandschaft obwohl diese Studienfomn schon selt den 90er Jahren eine stetige Nachfrage erfuhr, mit zunehmender Tendenz^. Vor allem die neu eingerichteten Studienangebote der Berufsakademien und der Fachhochschulen, mit ihrer konsequenten Ausrichtung auf die Belange der betriebliche Praxis der Wirtschaft, brachte eine vielfaltige Entwicklung in Gang, die dazu fuhrte, dass zu den bis Ende der 90er Jahren ven/vendeten drei Typen dualer Studiengange^ ein weiterer Typ, die der so genannten ..praxisintegrierten" Studiengange, hinzu kam"*. Das trug insbesondere auch den Studiengangsplanen an den deutschen Universitaten Rechnung, wo ein Praxissemester bzw. mehrmonatige Praktika, im Rahmen von Diplomstudiengangen, In Kooperation mit Untemehmen und Betrieben der Wirtschaft Oder offentlichen Institutionen und Einrichtungen, schon langer die Regel waren. Wenn gleich diese Praktika keinen unmittelbar abgestimmten inhaltlichen Bezug zu den universitaren Lehrveranstaltungen aufwies/aufweist wie die an den Fachhochschulen starker in den vergangenen zwei Jahrzehnten entwickelte und praktizierte Konzepte das vorsehen^. Im Zuge des Bolognaprozesses und der damit verbundenen Neuorientierung der Studienstrukturen an den deutschen Hochschulen, von Diplomstudiengangen zu Bachelor-ZMasterstudiengangsstrukturen, war es nur konsequent und eine Frage der Zeit, dass die duale Studienform auch in das Blickfeld des Interesses der Universitaten rucken wird. Der Grund ist wohl in der zeitlich wesentlich kurzeren Studiendauer der ersten hochschulischen Ausbildungsstufe, dem Bachelorstudium, zu erkennen, im Weiteren als OvG-Universitat Magdeburg bezeichnet. Bund-Lander-Kommission (BLK) fur BiWungsplanung und Forschungsforderung, Perspektiven fur die duale Bildung im tertiaren Bereich, Berlcht der BLK, Heft 110, Materialien zur Biidungsplanung und zur Forschungsforderung, ISBN 3-934850-46-4. Intemetadresse: www.blkbonn.de Holtkamp, R.: Duale Studienangebote der Fachhochschulen. Hochschulplanung 115. Hochschul-lnfonnations-System (HIS) GmbH, Hannover 1996. Holtkamp schlagt drei Typen zur Unterscheidung vor: ausbildungsintegrierende, berufsintegrierende und berufsbegleltende duale Studiengange. Der Grund fur die en«/eiterte Differenzierung war die zunehmende Vielfalt dualer Studiengange, die eine besondere „Berucksichtigung zielgruppenspezifischer Aspekte fur die Studienberatung erfor-derte". Siehe Mucke, Kerstin: AbschluRbericht eines BIBB-Vorhabens (Nr. 3.0.511) „Angebote dualer Studiengange an Fachhochschulen", Kurzdarstellung, November 2002 Ebd.
Uberlegungen zur Anerkennungsfahigkett bemflicher Kompetenzen
das zukunftig an den deutschen Universitaten auf sieben Semester ausgelegt sein wird wie die Entwicklung zeigt ®. Ein anderer Gmnd 1st darin zusehen, dass mit der Entwicklung von Bachelorstudiengangen die Vorgabe eines damit verbundenen berufsqualifizierenden Abschlusses verbunden ist, der die Ausrichtung auf fachrelevante Berufsfelder erzwingt. Universitar ist damit aber auch gleichzeitig die Chance verbunden, hoch qualifizierte Studienbewerber anzuwert)en, die fur die zweite Stufe, dem Masterstudium, geeignet sind, wo die eigentliche Ausrichtung auf die von den Universitaten fur ihr Hochschulangebot traditionell und standesgemafl deklariertes Niveau einer universitaren Hochschulausbildung fur die Forschung zukunftig stattfinden wird. Es war daher konsequent, dass an der ingenieun^^issenschaftlich ausgerichteten Otto-von-Guericke-Universitat Magdeburg dieser Entwicklung fruhzeitig Rechnung getragen wird und die bis dato entwickelten und noch in der Entwicklung befindenden Bachelorstudiengange auch als duale Studiengange angeboten werden bzw. zukunftig angeboten werden sollen^. AngestoBen wurde diese Entwicklung an der OvG-Universitat Magdeburg durch eine Initiative aus dem Institut fur Berufs- und Betriebpadagogik (IBBP), am Lehrstuhl fur Didaktik technischer Fachrichtungen, wo seit dem Wintersemester 2003/2004 ein Bachelorstudiengang fur Berufsbildung angeboten wird, der inhaltlich eine starke ingenieunA^lssenschaflliche Pragung ausweist und im Folgenden kurz beschrieben wird. Die Entwicklung des dualen Studiengangs fur Berufsbildung und die Entwicklung der dualen Studiengangen an den ingenieunA^issenschaftlichen Fakultaten, die sich teilweise noch in der Entwicklung befinden, steht im Rahmen eines Modellversuchs „Duale Studiengang: „Bachelor of Science und Berufsausbildung gemafl Berufsbildungsgesetz (BBiG) an der Otto-von-Guericke-Unlversitat Magdeburg in Kooperation mit ausbildenden Untemehmen der Wirtschaft", der zu gleichen Anteilen vom Insbesondere die ingenieurwissenschafUbhen Fakuttatentage, unterstutzt durch die ingenieurwissen-schaftlichen Standesorganisatbnen haben sich hierauf geeinigt. Beteiligt sind an der Entwicklung dualer Studiengdnge sind alle ingenieunA^issenschafllichen Fakultaten: die Fakultat fur Infomnatlk mit ihren ab dem Wintersemester 2006/2007 im Studienangebot stehenden vier Bachetorstudiengangen: Infomnatik, Computervisualistik, Computersystems of Engineering und Wirtschaftsinformatik; letzterer Bachebrstudiengang in Zusammenarbeit mit der Fakultat fur Wirtschaflswissenschaften (FWW). Die drei anderen ingenieunvissenschafllrchen Fakultaten: die Fakultat fur Elektrotechnik und Infonmationstechnik (FEIT), die Fakultat fur Maschinenbau (FMB) und die Fakultat fur Verfahrens- und Systemtechnik (FVST) werden ihre Bachelorstudiengange ab Wintersemester 2007/2008 anbieten. Die Fakultaten haben vor ihre Bachetorstudiengange auch als duale Studiengange in das Angebot einzubinden.
KLAUS JENEWEIN/KLAUS WEISENBACH
Land Sachsen-Anhalt und dem Bundesministerium fur Bildung und Forschung (BMBF) finanziert wird^ 2.2
Das Grundkonzept der dualen Bachelorstudiengange an der OvGUniversitat Magdeburg am Beispiel des Bachlorstudiengangs fur Berufsbildung
Das Grundkonzept fur die dualen Bachelorstudiengange an der OvG-Universitat Magdeburg entspricht dem ausbildungsintegrierenden Typus dualer Studlengange. DIeser Typ ist dadurch gekennzeichnet, dass er Studieninteresslerten ohne abgeschlossene Berufsausbildung und Berufserfahrung eine betriebliche Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf gemali Berufsbildungsgesetz (BBiG) anbietet, die in einer verkurzten Zeit mit einem Facharbeiterabschluss oder einem Gesellenbrief an einer Industrie- und Handelskammer (IHK) bzw. an einer Handwerkskammer (HWK) abgeschlossen wird. Es ist an den Fachhochschulen weit verbreitet, dass der zu absolvierende Berufsschulunterricht, abgestimmt mit einer Berufsschule komprimiert oder durch die Fachhochschule abgedeckt wird wodurch eine Verkurzung der Ausbildungszeit im Vergleich zu additiven Konzepten (betriebliche Ausbildung und Studium zeitlich nacheinander angeordnet) erreicht wird. Das Grundkonzept an der OvG-Universitat Magdeburg weist dagegen eine andere Variante aus, die den Besuch der Berufschule nicht vorsieht. Diese Mogllchkeit ist dadurch geboten, dass nach dem Berufsbildungsgesetz BBiG in der Fassung von 2005, laut § 7 „Anrechnung beruflicher Vorbildung auf die Ausbildungszeit", die zustandige Stelle fur die Kontrolle der Berufsausbildung, eine Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf, die „in einer sonstigen Einrichtung ganz oder teilweise" absolviert wurde, auf die Ausbildungszeit anzurechnen hat ^.
Das Projekt ist als Modellversuch eingebunden in das BLK-Programm „Weiterentwlcklung duaier Studiengdnge im tertidren Bereich", das mit einer Auftaktveranstaltung am 23724 Juni 2005 in der Fachhochschule in Fulda mit der Vorstellung von der 21 ausgew^hlten Projekte offiziell begann. Naheres zum Modellversuchsprogramm der Bund-L^nder-Kommission (BLK) fur Planung und ForschungsfSrderung „Weiterentwicklung dualer StudiengSnge im tertiSren Bereich". (Siehe hierzu Fulinote 2) BBiG in der Fassung 2005: § 7 Anrechnung beruflicher Vorbildung auf die Ausbildungszeit: (1) Die Landesregierungen konnen nach Anhorung des Landesausschusses fur Berufsbildung durch Rechtsverordnung bestimmen, dass der Besuch eines Blldungsganges berufsbildender Schulen oder die Berufsausbildung in einer sonstigen Einrictitung ganz oder teilweise auf die Ausbildungszeit angerechnet wird. Die ErmSchtigung kann durch Rechtsverordnung auf oberste Landesbehorden weiter ubertragen werden. Die Rechtsverordnung kann vorsehen, dass die Anrechnung eines gemeinsamen Antrags der Auszubildenden und Ausbildenden bedarf. (Hervorg. d. Verf.)
Uberlegungen zur Anerkennungsfahigkeit beruflicher Kompetenzen
Auch die Teilnahme an Zwischen- und Abschlussprufung ist ohne Unterricht an einer Berufsschule moglich, wenn gesichert ist, dass das Ziel der beruflichen Handlungsfahigkeit durch die betriebliche Ausbildung und dem parallel verlaufenden Bachelorstudium erreicht werden kann.
Berufstatigkeit
Abb. 3: Das Konzept fur die dualen BachelorstudiengSnge an der OvG-UniversitSt Magdeburg
Ohnehin erstrecken sich die Prufungen auf die in Verordnungen fur die Berufsausbildung aufgefuhrten Qualifikationen sowie eingeschrankt „auf den im Berufsschulunterricht vermittelten Lehrstoff, soweit er fur die Berufsausbildung wesentlich ist"^°. Die Nichtbeteiligung der Berufschule macht eine zeitliche Kurzung der Ausbildung moglich wie sie In dem Konzept fur die dualen Bachelorstudiengange an der OvGUniversitat angelegt ist. Dadurch lasst sich die Ausbildungsdauer der Berufsausbildung, in einem anerkannten Ausbildungsberuf gemad BBIG, erheblich reduzieren und die Regelstudienzeit des dualen Bachelorstudiengangs auf vier Jahren auslegen. Die Kurzung der Ausbildungszelt in einem anerkannten Ausbildungsberuf ist nach § 8 des BBiG rechtllch abgesichert, „wenn zu erwarten ist, dass das Ausbildungsziel in der gekurzten Zeit erreicht wird"^\ Siehe dazu z. B. „Die Verordnung uber die Berufsausbildung in den industriellen Elektroberufen" vom 3. Juli 2003,Teil 1 Nr. 31 S. 1145, ausgegeben zu Bonn am 11. Juli 2003 im Bundesgesetzblatt Jg. 2003, S. 1145. BBiG in der Fassung 2005: § 8 Abkurzung und VerlSngerung der Ausbildungszeit heilit es: „(1) Auf gemeinsamen Antrag der Auszubildenden und Ausbildenden hat die zust^ndige Steile die Ausbildungszeit zu kurzen, wenn zu erwarten ist, dass das Ausbildungsziel in der gekurzten Zeit erreictit wird. Bei berechtlgtem Interesse kann sich der Antrag auch auf die Verkurzung der tSglichen oder wochentlichen Ausbildungszeit richten (Teilzeitausbildung)". (Hervorg. d. Verf.)
KLAUS JENEWEIN/KLAUS WEISENBACH
Dies ist bei hoch quaiifizlerten Abiturienten^^ sicher zu erwarten, zumal diese durch ein exklusives Bewerbungsverfahren von den Untemehmen und Betrieben selbst ausgewahit werden, und eIn besonderes Interesse daran haben werden, besonders hoch quaiifizlerten Bewerbem das Angebot eines finanziell unterstutzten dualen Studlums machen zu konnen^^. Ein anderes Problem, dass sich durch die zeitlich parallele Anordnung beider Ausbildungen in einem dualen Studiengang zwangslaufig ergibt, ist die Frage ob die vorgegebenen Zeitrahmen in den neuen Berufsbildungsverordnungen uberhaupt an die Rahmenbedingungen einer duale Hochschulausbildung angepasst werden durfen. Aber auch diese Moglichkeit besteht. In der Verordnung uber die Berufsausbildung In den industriellen Elektroberufen, urn ein Beispiel zu nennen, helBt es dazu unter § 7 Ausbildungsrahmenplan: „Eine von dem Ausbildungsrahmenplan abweichende sachliche und zeltliche Gliedemng des Ausbildungsinhaltes ist insbesondere zulSssig, soweit betriebspraktische Besonderheiten die Abweichung erfordem"^^. Eine duale Hochschulausbildung ist ohne Zweifel eine betriebspraktische Besonderheit, die in den Betrieben nicht die Regel der betrieblichen dualen Ausbildung ist und auch nicht werden wird, da sie ausgerichtet ist auf die Ausbildung von zukiinftigen hoch quaiifizlerten Fach- und Fuhrungskraften. Die Weiterbeschaftigung als ausgebildeter Fachart)eiter oder Geselle kann ja nicht das Ziel dualer Studiengange sein, sondem stellt die seltene Ausnahme dar, die eher in Anspruch genommen wird durch die Studierenden Im Falle eines unvorhergesehenen Studienabbruchs (z. B. bei Eintreten gesundheitlicher, familiarer oder finanzieller Schwierigkeiten). Insofem stellen die dual universitar ausgebildeten Bachelorabsolventen auch keine Konkunrenz fur die in der dualen beruflichen Ausbildung quaiifizlerten Fachkrafte was oftmals von Kritikem der dualen Studiengange als Gegenargument angefuhrt wird. Und wie steht es mit dem Status eines Auszubildenden?
Die Moglichkeit, eine exteme Prufung an den zustandigen Kammem ablegen zu konnen, enthebt den auszubildenden Betrieb von der Notwendigkeit des Abschlusses eines Ausbildungsvertrags mit dem ausgewahlten Bewerber wie es fur In GroBuntemehmen wie Siemens oder VW wird ein Abiturdurchschnitt von 2,5 vorausgesetzt. Eine Bestdtigung wird durch die Prufungsergebnisse der Kammerprufungen abgebikjet, wo AuszubikJende mit Abitur im hohen Masse mit die besten Abschlusse enreichen. Siehe dazu wieder beispielhaft die unter Fu¬e 10 aufgefuhrte AusbikJungsverordnung ,Die Verordnung uber die Berufsausbildung in den industriellen Elektroberufen"; hier unter § 7 AusbikJungsrahmenplan.
Obertegungen zur Anerkennungsfahigkeit bemflicher Kompetenzen
einen Auszubildenden nach dem BBiG vorgeschrieben ist. EIn Vertrag zwischen dem Ausblldenden und dem „Auszubildenden" oder besser Stipendlaten, auf der Basis eines Stipendiatenverhaltnisses, sichert in gleicher rechtsgultiger Weise die Teilnahme an der Zwischen- und Abschlussprijfung wie sie in den Verordnungen uber die Berufsausbildung in einzelnen Bemfen vorgeschrieben sind. Im Folgenden wird anhand eines konkreten Beispiels, des dualen Bachelorstudiengangs fur Berufsbiidung, der seit dem 1. August 2006 in Kooperation mit der Siemens AG - Siemens Professional Education (SPE) in Leipzig als Modellvorhaben durchgefuhrt wird, dargestellt wie die berufliche Ausbildung von ElektronikemZ-innen fur Automatisierungstechnik in zeitlicher Parallelitdt zum Bachelorstudiengang fur Berufsbiidung, in der beruflichen Fachrichtung Elektrotechnlk, verlSuft. 2.3
Der Bachelorstudiengang fur Berufsbiidung
2.3.1 Ziele und Struktur Die Ziele des Bachelorstudiengang „Berufsbildung" sind gemaB Studienordnung „die Vorbereitung auf hoch qualifizierte Tatigkeiten im Bereich des beruflichen Bildungswesens"^^. Damit ist allgemein benannt „die betriebliche Ausbildungsleitung und -koordination in grofieren Unternehmen sowie in ubert)etrieblichen Bildungseinrichtungen der Wirtschaft; die Berufs- und Qualifizierungsberatung; die betriebliche Ausbildungsleitung und -koordination in groBeren Unternehmen sowie in ubert>etrieblichen Bildungseinrichtungen der Wirtschaft und die Berufs- und Qualifizierungsberatung; Beratungs- und Entwicklungstatigkeiten in der Lehnnittelbranche (fur Lehrbucher, technische Dokumentationen, Experimentiersysteme, Laborkonzeptionen u. a. m.) unter Einschluss neuer Medien; Aus- und Fortbildungstatigkeiten an Bildungseinrichtungen der Wirtschaft (z. B. in uberbetrieblichen Ausbildungsgangen, In der Handwerks- und Industriemeisterausbildung, in der beruflichen Anpassungsfortbildung)"^®. Das Studium vemriittelt daruber hinaus „die fachwissenschaftlichen Grundlagen fur ein spSteres Masterstudium, in dem z. B. die fur die Unterrichtsbefahigung fur das Lehramt an berufsbildenden Schulen, fur Ftihrungstatigkeiten In beruflichen Bildungseinrichtungen der Siehe OVG-Universitat Magdeburg, Studienordnung fur den Bachelorstudiengang Berufsbiidung, § 1 Geltungsberelch und Zlele des Studiums, Selte 3, 2003. Ebd.
10
KLAUS JENEWEIN/KLAUS WEISENBACH
Wirtschaft oder fur Tatigkeiten im Bereich der Berufsbildungswissenschaften erforderlichen Kompetenzen erworben werden konnen"^^. Aufierdem ist mit dem Bachelorstudium verbunden eine „fachwissenschaftliche Grundausbildung mit anwendungsorientierten Lehrveranstaltungen in ingenieurwissenschaften und Padagogik, berufspraktische Orientierung durch wissenschaftlich angeleitete und begleitete Praxisphasen in unterschiedlichen Bereichen des beruflichen Ausbildungswesens
sowie
(eine)
Einfuhrung
in
eine
spezielle
berufiiche
Fachrichtung, die ggf. in einem spateren Masterstudiums zu einem vollwertigen Zweitfach ausgebaut werden kann"^®. Strukturell ist der Studiengang auf verschiedene berufiiche Fachrichtungen ausgerichtet, wie in den beruflichen Fachrichtungen Elektrotechnik, Metalltechnik, Informationstechnik (IT), Bautechnik und Verfahrens- und Systemtechnik^^.
Semester
Spezielle berufiiche Fachrichtung
Berufiiche Fachrichtung
6.
AtitoniAtiftiani^gt*
BerufsDadagogik
?i.:::l|;|i|lS^
mm
5. 4. 3.
Bektrotechnik (113CP)
iefliKllis^^^
2. 1. 180 CP
113 CP
1
39 CP
1
28 CP
Abb. 4: Die Struktur des Bachelorstudiengangs fur Berufsbildung am Beispiel der beruflichen Fachrichtung Elektrotechnik und der gewShlten speziellen beruflichen Fachrichtung Automatisierungstechnik/Mechatronik sowie der Fachrichtung Betriebspddagogik.
Zusatzlich ist eine von funf zur Wahl stehende spezielle berufiiche Fachrichtung wie z. B. Automatisierungstechnik/Mechatronik, Umwelttechnik oder IT-Mediensysteme zu studieren. Seit kurzem werden auch affine allgemeinbildende Facher wie z. B. Mathematik und Informatik angeboten Ebd. Ebd. Die Auswahl an weiteren beruflichen Fachrichtungen ist geplant. Die beruflichen Fachrichtun gen der Bautechnik und Verfahrens- und Systemtechnik werden voraussichtlich ab dem Win tersemester 2007/2008 angeboten.
Uberlegungen zur Anerkennungsfahigkeit beruflicher Kompetenzen
1J_
Die Fachrichtung der Betriebspadagogik und eine Bachelorarbeit komplettiert das Bachelorstudium der Berufsbildung. Die Abbiidung 4 zeigt die inhaltliche Struktur des Bachelorstudiums, wie sie im Rahmen eines Kooperationsvorhabens mit der Siemens Professional Education (SPE) Leipzig vereinbart ist. D. h. In der fachlichen Ausrichtung der Fachrichtung Elektrotechnik, der spezlellen beruflichen Fachrichtung Automatlsierungstechnik/ Mechatronik und der Fachrichtung Betriebspadagogik. 2.3.2 Inhalte Die Studienplane fur die einzelnen Fachrlchtungen des Bachelorstudium fur Berufsbildung sind modularlslert, d. h. In Module strukturlert, die den Studlerenden eine Mindestanzahl von Kreditpunkten (CP - Credit Points) verblndllch vorgibt. Die Kredltpunkte sind das Mali fur die Erbrlngung der jeweiligen Studlenleistungen. Im Falle des Bachelorstudlengangs, mit der beruflichen Fachrichtung Elektrotechnik, sieht der Studlenplan dieser Fachrichtung eine Mindestanzahl von 113 CP vor, die Im Rahmen von 9 Modulen zu studieren sind^°. Die Anzahl der CP's kann dabei unterschiedlich ausfallen, je nach dem In welcher Form die Leistungen erbracht werden. Eine Prasentation, ein Vortrag, eine Hausarbeit, ein Bericht, eine Klausur sind ubiiche Leistungsformen, die je eine unterschledllche Kredltpunkteanzahl ausweisen, welche von dem Jewells verantwortllchen Lehrenden zu Beginn der Veranstaltung vorgegeben wird.
Siehe Naheres in Abb. 3
12
KLAUS JENEWEIN/KLAUS WEISENBACH
Studienmodule
Lemzeit 1 (Std.)
sws
CreditPoints
15
20
560
10
14
392
12
17
476
6
8
224
10
13
364
8
11
308
6
8
224
5
7
196
10
15
420
1 |l Mathematik Mathematik 1, II - Grundkurs fur FGSE und FMB Fourieranalysls
1
Hohere Mathematik II 2 Gmndlagen der Elektrotechnik Gmndlagen der Elektrotechnik 3 Elektrotechnik und Messtechnik Grundlagen der Elektrotechnik III Laborpraktikum Grundlagen der Elektrotechnik Messtechnik (Sensoren. Aktoren etc) 4 Infonnatik 1 IGrundlagen der Informatik 5 Elektronische Bauelemente und Schaltungen Elektronische Bauelemente und Schaltungen Laborpraktikum Elektronische Bauelemente und Schaltungen le Infonnationstechnik Informationstechnik Programmierung von Mikrorechnem |7 Elektrische Energietechnik Grundlagen der elektrischen Energietechnik 1 Elektrische Maschinen und Aktoren Is Nachiichtentechnik Grundlagen der Nachrichtentechnik I9 Schwerpunktstudium: Einer der Schwerpunkte a) Automatisierungstechnik - Regelungs-ZSteuerungstechnik - Prozessmesstechnik - Wahlangebot Automatisiemngstechnik *) b) Elektrische Energietechnik - Grundlagen der elektrischen Energietechnik II - Elektrische Antriebe 1 - Wahlangebot Elektrische Energietechnik **) c) Nachrichtentechnik - Theoretische Elektrotechnik - Wahlangebot Nachrichtentechnik ***) [Summen
82
1 113
3164 1
Abb. 5: Studienplan der beruflichen Fachrichtung ET gemSB Studienordnung fur den Bachetorstudiengang BerufsbikJung
Ubertegungen zur Anerkennungsfahigkeit berufiicher Kompetenzen
13_
3
Das Kooperationsvorhaben zwischen der OvG-Universitat Magdeburg und der Siemens AG - Siemens Professional Education (SPE), Leipzig
3.1
Zur vertraglichen Vereinbarung des Verbundmodelis zwischen beiden Partnem
Im Mai 2006 unterzeichneten, im Rahmen einer Pressekonferenz, der Leiter des Aus- und Weiterbildungsbereichs der Siemens AG Munchen und der Rektor der OvG-Universitat Magdeburg einen Kooperationsvertrag zwischen der OvGUniversitat Magdeburg und der Siemens AG, der verbindlich die Zusammenarbelt beider Partner fur die Planung und Durchfuhrung eines dualen Verbundmodelis regelt. Gegenstand des Vertrags ist der duale Bachelorstudiengang fur Berufsbildung mit der inhaltlichen und organisatorischen Ausrichtung (Siehe Abb. 6 Studienverlaufsplan) in der beruflichen Fachrichtung Elektrotechnik, der speziellen beruflichen Fachrichtung und der Fachrichtung Berufspadagogik. Die Siemens AG betonte bei der offentlichen Unterzeichnung des Vertrags, welchen besonders hohen Wert und welche Bedeutung die Fachrichtung Betriebspadagogik fur das Unternehmen hat. Es sollen die zukunftigen technischen Fach- und Fuhrungskrafle fur den Aus- und Weiterbildungsbereich der Firma Siemens neben der ubiichen ingenieunvissenschaftlichen Qualifikationen auch berufspadagogische Qualifikationen im Rahmen ihrer Ausbildung erhalten. Der Bedarf dazu resultiert aus der betriebsinternen Beobachtung, dass allein ingenieurwissenschaftliche und technische Kompetenzen nicht mehr den Anforderungen an den Arbeitsplatzen von Fach- und Fuhrungskraften in der Aus- und Weiterbildung gerecht werden. 3.2
Organisation der betrieblichen Ausbildung zum Elektroniker/-in fur Automatlsierungstechnik
Die betriebliche Ausbildung Im Rahmen des dualen Studiengangs liegt im vollen Umfange In der Verantwortung der Siemens Professional Education Leipzig. Aus der Darstellung Abblldung 7 geht die die zeitliche Organisation der betrieblichen Ausbildung zum Elektroniker/-ln fur Automatisiemngstechnik hervor sowie ihre Verzahnung mit dem Bachelorstudiengang fur Berufsbildung.
14
KLAUS JENEWEIN/KLAUS WEISENBACH
Aulierdem sind die Teil- und Prufungstermine in dem Organisationsplan eingetragen wie sie zwischen der Siemens Professional Education und der zustandigen Industrieund Handelskammer (IHK) in Leipzig abgesprochen sind. Zeitlich liegen die Prufungen in den Zeitfenstern, die gemafi der Verordnung fur die Berufsausbildung in den industriellen Elektroberufen vorgeschrieben sind, unter Berucksichtigung der reduzierten Ausbildungsdauer von zweieinhalb Jahren. Dualer Bachelorstudiengang in Kooperation mit der Siemens AG - Siemens Professional Education (SPE) Verlauf des dualen Bachelorstudiums:
1. Semester
2. Semester
3. Semester
4. Semester
5. Semester
6. Semester
7. Semester
). Semester
WS
SS
WS
SS
WS
SS
WS
SS
P - betriebliche Praxisphase im Rahmen der Vorlesungszeit eines Semesters Anmerkung: In diesem Zeitraum sind die Studierende vom Studium beurlaubt.
Abb. 6: Studlumsverlaufsplan des dualen Bachelorstudiengangs im Rahmen des Verbundsmodells
Ausbildungs- und Studienverlauf AaB-
m.
FKsiiliillj
Om,
Jan.
f^.
IMnc
14 Wo Uni Magdeburg Semesters
© Siemens AG
Abb. 7: Ausbildungs- und Studienverlauf des dualen Bachelorstudiengangs im Rahmen des Kooperationsvorhabens zwischen der OvG-Universitat Magdeburg und der Siemens AG - Siemens Professional Education (SPE) Leipzig
Uberlegungen zur Anerkennungsfahigkeit beruflicher Kompetenzen
4
1 ^
Weiterfiihrende Uberlegungen zur beiderseitigen Anrechnung von Ausbildungsleistungen im Rahmen beider Ausbildungsgange
In Kap. 2 wurde bereits ausfuhrlich darauf eingegangen, dass die derzeitigen Kenntnisse und rechtlichen Grundlagen fur die gegenseitige Anreclinung von Ausbildungsund Studienleistungen reciit defizitar sind. Dennocli liegt gerade mit dem hier vorliegenden Model! die Frage der Anrechenbarkeit von Ausbildungs- und Studienleistungen auf der Hand. Es besteht einerseits die Schwierigkeit, dass der BLK-Modellversuch keine Grundlagenforschung unterstutzt und vor allem nicht fordert. Andererseits besteht im Rahmen eines auf drei Jahre befristeten Modellversuchs, in dessen Rahmen die Curricula fur duale Studlengange erst entwickelt und auf dieser Basis die Studiengange erst eingefuhrt werden sollen, nicht einmal die M6glichkeit, eine Kohorte bis zum Abschluss des Bachelorstudiums zu verfolgen und die hier erworbenen Erfahrungen auszuwerten. Dennoch wurden bei der Projektplanung einige Aspekte im begleitenden Evaluationskonzept aufgegriffen. Evaluationsschwerpunkt des Magdeburger Modellversuchs ist die Untersuchung der Kompetenzentwicklung. Hierzu bestehen folgende Untersuchungsfragen: Was bewirkt betrlebllche Praxiserfahrung in Bezug auf Kompetenzentwicklung der Studierenden? Welchen Beitrag leistet sle zur Kompetenzbildung der Studierenden, und zwar o
in den fachubergreifenden Kompetenzen?
o
in der wissenschaftlichen Fachkompetenz?
Welche Mess- und Bewertungsverfahren fur Kompetenzentwicklung stehen zur Verfijgung? Intendiert ist die Anwendung der folgenden Untersuchungsmethoden: Summativ angelegte Evaluationsuntersuchung, die die Einfuhrung der Studiengange begleitet. Befragung der direkt beteiligten Personen 0
an der Universltat (Studenten, Hochschullehrer);
0
in den beteiligten Ausbildungsunternehmen.
Vergleich hinsichtlich des Ausbildungserfoigs mit den „konventionellen" Studiengangen. Erste Ergebnisse sind fur das Jahr 2007 zu en/varten.
16
KLAUS JENEWEIN/KLAUS WEISENBACH
Literatur Bund-Lander-Kommission (BLK) fur Bildungspianung und Forschungsforderung, Perspektiven fur die duale Bildung im tertiaren Bereich, Bericht der BLK, Heft 110, Materialien zur Bildungspianung und zur Forschungsforderung, ISBN 3-934850-46-4. Intemetadresse: www.blk-bonn.de Bundesinstitut fiir Berufsbildung (BIBB), „Die Verordnung uber die Berufsausbildung in den industriellen Elektroberufen" vom 3. Juli 2003. Bundesgesetzblatt Jg. 2003 Teil 1 Nr. 31, ausgegeben zu Bonn am 11. Juli 2003, S. 1145 Hochschulqualifikationsverordnung (HSQ-VO) des Landes Sachsen-Anhalt vom 4.2.2002. Holtkamp, R., Duale Studienangebote der Fachhochschulen. Hochschulplanung 115. Hochschul-lnformations-System (HIS) GmbH, Hannover 1996. Mucke, K., Abschluflbericht eines BIBB-Vorhabens (Nr. 3.0.511) ,Angebote dualer Studiengange an Fachhochschulen", Kurzdarstellung des Abschlussberichts, November 2002 Otto-von-Guericke-Universitat Magdeburg, Studienordnung fur den Bachelorstudiengang Berufsbildung, S. 3, § 1 Geltungsbereich und Ziele des Studiums, Magdeburg 2003; siehe: www.uni-magdeburg.de/ibbp Petersen, A. Willi: Elektro- und IT-Fachkrafte in und fur Europa. In: lemen&lehren 2005. Sonderheft1,S. 16-28.
Verfahren zur Dokumentation und Anerkennung informellen Lernens im Prozess der Erwerbsarbeit Irmgard Frank Vorbemerkung Im
Zusammenhang mit der Schaffung eines europaischen Bildungsraumes , der
Forderung des lebensbegleitenden Lernens ist die (Neu-) Bewertung der gesamten Lernleistungen des einzelnen und die Einfuhrung darauf abgestimmter Konnpetenzfeststellungsverfahren von zentraler Bedeutung. Ausgehend von einer Auseinandersetzung nnit den verschiedenen Lernformen wird die Bedeutung des informellen Lernens fur den
Kompetenzerwerb
herausgearbeitet.
Anschlieflend
werden
die
wesentlichen Entwicklungslinien der gegenwartigen Bemuhungen zur Scliaffung von Verfahren zur Dokumentation und Bewertung informell en/vorbener Kompetenzen aufgezeigt und in einem Ausblick drei alternative Konzepte zur Integration dieser Lernleistungen skizziert.
1
Informelles Lernen ~ Bedeutungszuwachs unbestritten Anerkennung erst in den Anfangen
Die Debatte uber die Bedeutung des lebenslangen Lernen hat den Blick dafur gescharft, dass Lernen und Kompetenzen/verb nicht allein in eigens dafiir eingerichteten Institutionen und Einrichtungen, sondern immer und uberall, an alien Orten, in der Familie, beim Sport beim Ehrenamt, in der Freizeit stattfinden kann und dem damit verbundenen informellen und nicht-formalen Lernprozessen eine immer groliere Bedeutung zukommt.^ Mit dem Jahr des „Lebenslangen Lernens" Mitte der 90er Jahre begann die Auseinandersetzung mit diesem Thema. Inzwischen ist das „Lebenslange Lernen" zu einem welt verbreiteten Schlagwort geworden; dabei sind die zugrundellegenden konzeptionellen Vorstellungen nicht neu: Bereits Anfang der 70er Jahre widmete sich die UNESCO diesem Thema und beauftragte eine von Edgar Faure geleitete internatio-
vgl. dazu: Deutsche UNESCO- Kommission (Hrsg.): Lernfahlgkeit. 1997; Kommission der Europaischen Gemeinschaften: Weifibuch der EU - Memorandum uber Lebenslanges Lernen. November 2000; Aktionsprogramm „Lebensbegleitendes Lernen fur alle"; Bundesmlnisterium fur Bildung und Forschung, Bonn und Berlin; Januar 2001
18
IRMGARD FRANK
nale Kommission mit der Erarbeitung einer Zukunftsvision fur das Bildungswesen. Der von der Kommission 1973 vorgelegte Bericht wird als eines der wichtigen internationalen Bildungsreform-Dokumente des 20. Jahrhundert angesehen, die wesentlichen Reformaspekte sind in der Tabelle auf der folgenden Seite aufgelistet. In der Fachwelt fanden diese Ideen eine grofle Resonanz, im Zuge der Reformbemuhungen in den 70 und 80er Jahren wurde daruber heftig diskutiert, eine breite Umsetzung in der pSdagogischen Praxis in Deutschland blieb dagegen aus. In den von Dieter
Merten
vor
mehr
als
25
Jahren
entwickelten
und
publizierten
„Schlusselqualifikationen" ist eine inhaltliche Nahe zu den Vorstellungen zu erkennen^.
D. Merten: Schlusselqualifikationen. Thesen zur Schulung fur eine moderne Geselischaft. Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 7. Jhrg. Nurnberg, 1974, S. 40/41. Schlusselqualifikationen sind (...) solche Kenntnisse, Fdhigkeiten und Fertigkeiten, welche nicht einen unmittelbaren und begrenzten Bezug zu bestimmten disparaten praktischen Tdtigkeiten erbrlngen, sondern vielmehr > die Elgnung fOr die grofie Zahl von Positionen und Funktionen als alternative Option zum gleichen Zeitpunkt, und > die Elgnung fur die BewSltigung einer Sequenz von (meist unvorhersehbaren) Anderungen im Laufe des Lebens. Im einzelnen deflnierte er Schlusselqualifikationen als: > FShlgkeit zum lebenslangen Lernen und Wechsel der soziale Rollen, > FShigkeit zur Distanzierung durch Theoretlsierung, Relativierung, Verknupfung von Theorle und Praxis, > Technikverstandnis, > FShigkeit zur Interessenanalyse und zum gesellschaftliches GrundverstSndnis, > Planungsfdhigkeit, Fdhigkeit sich Ziele zu setzen, Zeit und Mittel einzuteilen, > Befahigung zur Kommunlkation, DecodierungsfShigkelt, > FShlgkelt zur Zusammenarbeit, Mitverantwortung und zur rationalen Austragung von Konflikten.
Informelles Lernen in der Erwerbsarbeit
19
Reformgesichtspunkte Zentrales Ziel der Bildungsarbeit jedes menschlichen Lernens ist die individuelle Kompetenzentwicklung. Diese Kompetenzentwicklung ist notwendig, urn eine aktive und verantwortungsbewusste demokratische Mitwirkung moglichst vieler Menschen an der friedlichen Zukunft zu ermfigiichen. Die traditionellen Schulen und Bildungseinrichtungen sind nicht in der Lage, die noch brachliegenden Begabungspotentiale zu entwickeln. Dagegen sollte das naturliche, situative Lernen der Menschen in ihren alltdglichen Lebens- und ArbeitszusammenhSngen starker beachtet, unterstutzt und weiterentwickelt werden - insbesondere durch eine FOrderung von Lernprozessen. Der ursprungliche Sinn des menschlichen Lernen ist die Kompetenzentwicklung fur das Weltverstehen und die Bew^ltigung der Lebensaufgaben. Dazu ist die Auseinandersetzung mit den aktuellen Situatlonen und Problemen des menschlichen Lebens, Arbeiten und Zusammenlebens wichtig. Von Bedeutung ist es, ProblemzusammenhSnge in ihren inneren Zusammenhangen besser zu verstehen und zu lernen, angemessene Verhaltenswelsen und Konflikticisungen zu entwickeln. Das kann nicht primar theoretisch - abstrakt geschehen, sondern in aktiver Auseinandersetzung mit und In der Situation selbst und mit den in ihr handelnden Personen. Die BewSltigung der Lebensaufgaben erfordert ein kontinulerliches Lernen in alien Lebenssituationen. Dieses lebenslange Lernen sollte durch entsprechende Lerngesellschaften unterstutzt werden. In dieser Lerngesellschaft verlieren die traditionellen Bildungsinstitutionen ihre Monopolstellung. Sie sind allerdings ein wichtiger Bestandteil in einem umfassenden Lern-Netzwerk. Die Forderung des lebenslangen Lernens in Lern- Netzwerken kann zu einer Reduzierung der Lernzeiten an Schulen, Universitaten und in der Ausbildung fuhren. Lehrer und Ausbilder mussen neben einer Fachexpertise auch ijber lebensbezogene FShigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten verfugen. Dabei steigen zuglelch die Anforderungen an die Lernenden: Sle mussen befShigt werden, den gesamten Lernprozess starker eigenverantwortlich und selbstandig zu gestalten. Abb. 1: Vorschlage der Faure - Kommission - zum lebensbegleitenden Lernen^
Integration der verschiedenen Lernformen - Auf dem Weg zu einem ganzheitlichen Lernverstandnis Mit dem Konzept des lebensumspannenden Kontinuum des Lernens wird das Bildungssystem insgesamt in den Blick genommen, es stellt ab auf die verst^rkte Durchlassigkeit der Teilsysteme und richtet die Aufmerksamkeit auf eine verstarkte Integration der verschiedenen Lernformen und stellt dabei den Lernenden selbst In den MIttelpunkt.
E. Faure u. a.: WIe wir leben lernen. Der UNESCO - Bericht uber Ziele und Zukunft unserer Erzlehungsprogramme, Reinbek, 1973; G. Dohmen: Das lebenslange Lernen - Leitlinien einer modernen Bildungspolitik, Bonn 1996
20
IRMGARD FRANK
Formales Lemen
In Aus- und Weiterbildung wird uberwiegend nach vorgegebenen Curricula und Lehrpldnen, mit einer definierter Zielsetzung und unter den Rahmenbedingungen institutioneller Angebote gelernt. Das Lernen ist vorgabeorientiert und fiihrt zu anerkannten Abschlussen ^.
Non-formales Lemen
Findet auRerhalb der Hauptsysteme der allgemeinen und beruflichen Bildung statt und fuhrt nicht unbedlngt zum Enverb eines allgemeinen Abschlusses. NIcht-formales Lernen kann am Arbeitsplatz und im Rahmen von Aktivitaten der Organisationen und Gruppierungen der Zivilgesellschaft stattfinden. Auch Organisationen und Dienste, die zur Erganzung der formalen Systeme eingerichtet wurden, konnen als Orte nicht formalen Lernens fungieren (z.B. Kunst-, Musik- und Sportkurse oder private Betreuung durch Tutoren zur Prijfungsvorbereitung)
Informelles Lemen
Findet in der allgemeinen Lebensumwelt jedes Einzelnen aulierhalb von formalen Bildungseinrichtungen statt. Informell gelernt wird im Zusammenhang mit aktuellen Problemen und Aufgabenstellungen. Es ist aniass- und erfahrungsbezogen, kann andererseits sporadisch und mehr oder weniger selbstgesteuert stattfinden. Die Ergebnisse des Lernens sind hSufig nicht bewusst^.
Abb. 2: Lernformen und Ihre charakteristischen Merkmale
Damit soil eine Brucke zwischen den formalen, non - formalen und informellen Lernprozessen geschlagen werden u. a. mit dem Ziel, das informelle Lernen, starker ins allgemeine Bewusstsein zu rufen und es als eigenstandige Lernform wahr- und ernst zu nehmen und im weiteren Wege zu deren gleichberechtigter Anerkennung aufzuzeigen.
Auch in formallsierten Bildungsgangen findet eine informeller Kompetenzerwerb statt. Es besteht unter den Fachleuten Einigkeit daruber, dass neben dem intendierten und geplanten Lernen auch immer noch etwas Anderes gelernt wird (sogenannter heimlicher Lehrplan). In der Ubersicht sind die im internationalen Kontext gebrauchlichen Beschreibungen aufgefuhrt. Im Unterschied zu den angelsachsischen L^ndern ist eine Differenzierung in drei Lernformen in Deutschland kaum ubiich. Non- formales und informelles Lernens wird im Allgemeinen als Informelles Lernen zusammengefasst. In dieser Zusammenfassung wird die Eigenstandigkeit des Informellen betont, wShrend mit dem Begriff des non-formalen Lernens eine eher negative Angrenzung zum formalen Lernen assoziiert und damit eine verstarkte AbhSngigkeit unterstellt werden kann. Zugleich ist von einer starken Wechselwirkung der beiden Lernformen auszugehen.
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2^_
Kompetenz und Kompetenzentwicklung
Wenn wir von Kompetenz oder Kompetenzen reden, dann ist damit die Frage verbunden, was ein Mensch tatsachlich kann und weifl. Der Kompetenzbegriff grenzt sich vom Qualifikationsbegriff - der seit den 1960er Jahren den Leitbegriff darstellte - insofern ab, als dass der Kompetenzbegriff das subjektive Potential zur Selbstorganisation von Individuen widersplegelt, wo hingegen der Qualifikationsbegriff auf die Kenntnisse und Fertigkeiten rekurriert, die fur die Ausiibung einer beruflichen Position von Noten sind. Der Qualifikationsbegriff deckt demnach den Ven/vertungszusammenhang im EnA/erbskontext ab. Der Kompetenzbegriff geht darijber hinaus und ist ganzheitlicher angelegt. Ganzheitlicher deshalb, well der Kompetenzbegriff auch diejenigen Lernprozesse und -ergebnisse berucksichtigt, die in informellen Lernkontexten angeeignet wurden. Dies sind zum Beispiel Kontexte wie die Familien- und Hausarbeit, ehrenamtliche Tatigkeiten, d.h. alles was im sozialen, gesellschaftlichen Umfeld geschieht. Ein weiterer informeller Lernkontext ist aber auch die En/verbsarbeit selber. Ins Zentrum der Betrachtung geraten dort alle Lernprozesse, die bei der Ausfuhrung von Handlungen im beruflichen Kontext geschehen, sozusagen das learning-on-the-job. Experten berichten, dass 70 % aller Kompetenzen, die wir fur die Ausubung eines Berufes brauchen, in informellen Lernkontexten en/vorben wurden. Nur ca. % aller Kompetenzen sind im s.g. formalen Bildungssystem angeeignet worden.^ Der Kompetenzbegriff wird ahnlich wie der des „informellen Lernens" In nationalen und internationalen Kontext unterschiedlich venvendet. In Deutschland variiert das Begriffsverstandnis je nach wissenschaftlichen Disziplinen (z. B. in den Arbeitswissenschaften, in der Padagogik, in den Sozialwissenschaften oder den Wirtschaftswissenschaften) und den unterschiedlichen theoretischen Implikationen mit der Folge, dass es ein einheitliches Begriffsverstandnis nicht gibt. Mit Kompetenz konnen die gesamten Handlungs- und Dispositionsfahigkeiten des Einzelnen umschrieben, die es ihm ermoglichen anstehende Aufgaben und Arbeiten angemessen (d. h. bezogen auf die Situation und die in ihr handelnden Personen) bewaltigen zu konnen.
Gunther Dohmen, Das informelie Lernen. Die internationaJe Erschlieliung einer bisher vernachiassigten Grundform menschlichen Lernens fur das lebenslange Lernen aller. BMBF (Hg.), Bonn 2001 S. 7
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IRMGARD FRANK
Im Mittelpunkt der Betrachtung steht dabei die umfassende berufliche Handlungsfahigkeit der Person; die sich zusammensetzt aus einem Biindel an Fachi^ompetenzen, Methodenkompetenzen, Sozialkompetenzen und personalen Kompetenzen. Im Unterschied zur Qualifikation, die den Schwerpunkt auf die aus den Berufsfeldem abgeleiteten Leistungspotentiale legt, ist der Kompetenzbegriff damit weiter gefasst und beinhaltet die gesamten WlssensbestSnde des Einzelnen und die Fahigkeit zu einer angemessenen Anwendung. Kompetenzen entwickein sich in der tStigen und reflexiven Auseinandersetzung mit den Anforderungen und Herausforderungen innerhalb und aullerhalb von EnA/erbsarbeit. Kompetenzentwicklung in der Arbeit als wichtige Voraussetzung fur die Entfaltung personlicher und organisationaler Kreativitat setzt die Existenz entsprechender lernforderlicher Rahmenbedingungen voraus, z. B. das Vorhandensein und die Inanspruchnahme von HandlungsspielrSumen in der Arbeit, eine Problemhaltigkeit in der Aufgabenstellung die den Betreffenden nicht uber Gebuhr unter- noch uberfordert und die vom Einzelnen die Entwicklung von Handlungsoptionen erfordert, die uber routinemafliges Handein hinausgehen. Die Kompetenzentwicklung kann verstanden werden als ein weitgehend selbstgesteuerter Lern- und Aneignungsprozess, in dem der Lernende durch die Ermoglichung von Lern- und Reflexionsprozessen zur Infragestellung, Reflexion und Veranderung eingelebter und routinebehafteter und bewShrter Handlungsmuster und Sichtweisen gefuhrt und so seine fachlichen, personllchen, methodischen und sozialen Handlungsfahigkeiten erweitern, neu strukturieren und aktuallsieren kann. Dabei wird ein konstruktivistisches VerstSndnis von Lernen unterstellt. Damit wird angenommen, dass Lernen kein passives Aufnehmen und Abspeichern von Informationen ist, sondern einen aktiven Prozess darstellt, der von Indlviduum zu Individuum unterschiedlich ist und auf der Basis der eigenen Wahrnehmung und des bisher Gelernten und Erfahrenen verlSuft. Gelernt wird an fur den Einzelnen bedeutungsvollen Sachverhalten und Kontexten. Neues das mit dem bisher Erfahrenen und Gelernten nicht ubereinstimmt, lost beim Einzelnen Irritationen aus, die nur dann gelost werden, wenn die „alten" Deutungsmuster verSndert werden, und die Negativerfahrungen der fruheren Lernprozesse nicht zu gravierend waren. Die folgende Beschreibung enthait einen Definitionsversuch des Kompetenzbegriff es, der die zuvor beschrlebenen Aspekte in sich aufnimmt.
Informelles Lernen in der Erwerbsarbeit
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Definition Kompetenz Der Begriff umfasst die Summe der WissensbestSnde und auch die AnwendungsfShigkeit des Wissens der Person. „Damit ist (...) ausgedrijclct, dass Kompetenz in ihrer Gesamtheit aus aktiven und ruhenden Wissensbestanden, aus sichtbaren und verborgenen, damit aus beschreibbaren und nicht beschreibbaren sowie fur seinen TrSger sogar aus bewussten und unbewussten FShigkeiten und Fertigkeiten besteht (...). Insgesamt ist damit gesagt, dass Kompetenz ganz allgemein wie berufliche Kompetenz im Besonderen an eine TStigkeit und gleichsam an ein Individuum gebunden ist. Dass heiflt weiter, dass es durch die Subjektbezogenheit und durch den Tatigkeitsbezug aligemeine Kompetenzen nicht gibt, sondern Kompetenz sich immer definiert in Bezug auf eine konkrete Tatigkeit, Anforderung, Aufgabe bzw. Problemstellung, sowie in Bezug auf eine konkrete Realisierung dieser Anforderungen durch ein Individuum; Kompetenz und Kompetenzentwicklung; sind so nicht in dem IVIafte wie Qualifikationen objektivierbar.
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Wachsende Bedeutung des informellen Kompetenzerwerb in formal strukturierten Bildungssystemen
Das Bildungs- und Ausbildungssystem in Deutschland ist stark formalisiert, Lemwege sind strikt vorgegeben. Alternative Lernwege, auHerhalb des formalen Systems, haben bisher kaum eine Tradition. Gleichzeitig haben die in formalen Bildungswegen en/vorbenen Nachweise eine zentrale Bedeutung fur den Zugang zum Arbeitsmarkt, sie sind ein Garant fur die individuellen Beschaftigungsfahigkeit, sie haben daruber hinaus einen zentralen Stellenwert fur die EIngruppierung in geltende Tarif- und Entlohnungssysteme^. Als Folge dieser Konzentratlon auf in formalen, institutionell vorgegebenen Lernwegen en/vorbenen Abschlusse, Zeugnisse und Zertifikate ist eine Wertschatzung der informell erworbenen Kompetenzen gegenwartig nicht gegeben. Es wird haufig nicht als richtiges Lernen empfunden, well es nicht bescheinigt und nachgewlesen wird. Es wird nicht nur nicht hinreichend anerkannt, der Einzelne kann diese Kompetenzen fur seine individuelle Berufs- und Lebensplanung kaum verwerten, es stellt auf dem Arbeitsmarkt keine „harte, ven/vertbare WShrung" dar.
In Deutschland gibt es in vielen TarifvertrSgen eine enge BIndung zwischen der anerkannten Ausbildung im dualen System und deren Bewertung in der EIngruppierung entsprechender Entgeldsysteme. Das bedeutet hSufig auch, dass BeschSftigte nach einer erfolgreichen Teilnahme an einer Qualifizierungsmalinahme einen Anspruch auf eine entgeldmadig hOhere Einstufung erwerben.
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3.1
IRMGARD FRANK
Funktion und Anforderungen an Kompetenzfeststellungsverfahren
Mit der Identifizierung, Bewertung und Anerkennung informell erworbener Kompetenzen wird eine Erhohung der Transparenz der Lernprozesse und der Lernleistungen angestrebt. Dabei lassen sich auf europaischer Ebene gegenwartig drej unterschiedliche Zielsysteme bezogen auf verschiedene Zielgruppen erkennen. Daruber lassen sich unterschiedliche Entwicklungsstande und Ausrichtungen erkennen: Einlge Verfahren sind ausschlief^lich auf die Dokumentation und Erfassung ausgerichtet, andere gehen welter und richten das Augenmerk auf die Anerkennung richten. Ziele kfinnen sein: • • •
Dokumentation der en/vorbenen Kompetenzen zur individuellen Standortbestimmung Dokumentation und Anerkennung zur Forderung im Betrieb bzw. zur (Re-) Integration auf dem Arbeitsmarkt Dokumentation und Anerkennung zur Forderung des Zugangs fur weiterfuhrende schulische und berufliche Bildungsgange.
Wahrend einige Lander (z.B. Vereinigtes Konigreich, Frankreich, Finnland, Niederlande) bereits uber Dokumentations- und Anerkennungsverfahren verfugen und Erfahrungen in der Anwendung aufweisen, wurden in anderen europaischen Landern in jungster Zeit zunSchst Dokumentationsverfahren entwickelt (z.B. Non/vegen, Danemark, Schweiz), Verfahren zur Anerkennung stehen noch aus. In Deutschland fehit es zur Zeit an abgestimmten Vorgehensweisen: hier gibt es eine Vielzahl von Initiativen und branchenspezifischen Ansatzen, die sich mit dem Thema befassen. Gegenwartig gibt es eine fast unuberschaubare Vielfalt an Test- und Bewertungsverfahren. Sie umfassen differenzierte Tests und Priifungen, unterschiedliche Formen der Assessment - Verfahren, vielfaltige Formen der Selbst- und Fremdeinschatzung und -bewertung sowie verschiedene Befragungstechniken und Interviewformen. Arbeitsproben und im Arbeitprozess verankerte Bewertungsverfahren werden in unterschiedlicher Art und Weise zur Dokumentation und Anerkennung der Kompetenzen herangezogen.
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Informelles Lernen in der Erwerbsarbeit
Was ist das Ziel?
Welche Methode kommt zum Wer ist beteiligt?
Dokumentation und/oder
Einsatz?
Anerkennung/ Zertifizierung
Selbstbeurteilung/ Fremdeinschdtzung
Anerkennung Pruf- und Testverfahren, prakti-
Uben/viegend Fremdeinschat-
sche Ubungen, z. B. multiple-
zung
choice-Aufgaben, Fragebogen, Portfolios Dokumentation der Lernleis-
Beobachtungs- und Personlich-
Uben/viegend Mischformen der
tungen ggf. als Vorstufe fur ein
keitsverfahren, z. B. Narrative
Selbsteinschatzung und Fremd-
Interviews, Beobachtungsleltfa-
beurteilung
Anerkennungsverfahren
den, Aufzeichnungen Dokumentation der Lernleis-
Beschreibende und deskriptive
tungen, ggf. als Vorstufe fur ein Verfahren, Anerkennungsverfahren
Ubenviegend SelbsteinschStzungen und Selbstbeurteilungen
z. B. Portfolioansatze, Lernta-
ggf. erganzt durch Fremdbeur-
gebucher, Tatigkeitsbeschrei-
teilungen.
bungen. Abb. 3: Verfahren zur Dokumentation und Anrechnung informell en/vorbener Kompetenzen
Ein grundsatzliches Problem ergibt sich bei der Dokumentation informell en/vorbener Kompetenzen: Die Kompetenzen sind haufig „verborgen", den einzelnen nur bedingt bewusst. Das macht es schwierig, Erfassungs- und Bewertungsverfahren zu entwickeln und anzuwenden, mit denen im Ergebnis der gleiche Grad an Verlassllchkeit erreicht werden kann, wie es mit den aus dem formalen Blldungswesen bekannten und standardisierten Prufungs- und Bewertungsverfahren moglich ist. Die Festlegung der Referenzstandards als Grundlage fur das gesamte Anerkennungsverfahren und die Entscheidung daruber, inwieweit ein eindeutlger und nachvollzlehbarer Bezug zum bestehenden formalen Berufsbildungssystem und den dort formulierten Qualifikationsstandards hergestellt werden soil, ist fur die Akzeptanz der Bewertungsverfahren von Bedeutung. Das gilt auch fur die Frage, wie die politische und institutionelle Umsetzung und Einfuhrung der Verfahren unterstutzt werden sollen. Bedeutend ist, welche Unterstutzungsleistungen von wem angeboten werden, wie „anwenderfreundlich" der gesamte Prozess gestaltet wird und wie ein mogllchst unkompllzierter Zugang zu den erforderlichen Daten und Informationen gewahrleistet werden kann. Schliedlich Ist zu entscheiden, wer die Dokumentation und Anerkennung ubernimmt, wie die Zustandigkeiten und Verantwortlichkeiten geregelt werden und welche Finanzierungsregelungen vorgesehen sind.
26
3.2
IRMGARD FRANK
Stand der Kompetenzfeststellung in Deutschland
Gesetzliche Bestimmungen im berufsbildenden Bereich, die eine explizite Anerkennung informell erworbener Kompetenzen vorsehen, existieren ansatzweise bei der Extemenprufung. Weitergehende, gesetzliche Regelungen sind nicht vorhanden, allerdings gibt es in Deutschland gegenw^rtig eine Vielzahl von Initiativen und branchenspezifischer Ansatze, die sich mit der Frage der Erfassung und Dokumentation von informell en^/orbenen Kompetenzen befassen. Von Seiten der Unternehmen sind gegenwartig keine einschlagigen Projekte bekannt, die uber Unternehmensgrenzen hinweg eine Bedeutung haben. Im Folgenden werden gesetzliche Regelungen im berufsbildenden Bereich aufgezeigt und betriebliche Ansatze eriautert. 3.3
Anrechnung von Lernlelstungen im berufsbildenden Bereich
3.3.1 Extemenprufung Nach dem Berufsbildungsgesetz und der Handwerksordnung konnen Personen im Rahmen der Externenregelung zur Abschlussprufung fur einen anerkannten Ausbildungsberuf zugelassen werden, ohne eine regulare Berufsausbildung durchlaufen zu haben. Voraussetzung ist dafur der Nachweis einer vorangegangenen Tatigkeit in dem Beruf, in dem die Prijfung abgelegt werden soil. Die Dauer dieser Berufstatlgkeit muss mindestens das Eineinhalbfache der regularen Ausbildungszeit betragen. Von dieser Regelung kann abgewichen werden, wenn durch die Vorlage von Zeugnissen oder auf eine andere Art und Weise glaubhaft dargelegt werden kann, dass der Bewerber Kenntnisse und Fertigkeiten en/vorben hat, die die Zulassung zur Prufung rechtfertigen. Die Extemenprufung, als Zulassung zur Prufung in besonderen Fallen, zielt insbesondere auf En/verbspersonen mit einschlagiger Berufserfahrung ab. Die Prufung erfolgt auf der Grundlage der formalen Ausbildungsordnung und des Rahmenlehrplanes des anerkannten Ausbildungsberufes. Das bedeutet, der Absolvent hat seine, auch auderhalb des formalen Blldungssystems en/vorbenen Kompetenzen, nach eben diesen formalen Grundsatzen zu prasentieren und nachzuweisen, damit findet keine eigenstandige oder besondere Ermittlung und Bewertung der informell enA/orbenen Kompetenzen statt ®. Jahrilch erwerben etwa 25.000 - 30.000 Personen mit der Extemenprufung einen Berufsabschluss. Gemessen an der hohen Zahl der un- bzw. angeiernten BeschSftigten ist die Anzahl gering, das Instrument der Extemenprufung ist reiativ unbekannt. Ailerdings ist der nachtrSgliche Erwerb reiativ zeitaufwSndig, mit Kosten verbunden und bedeutet fur die Teilnehmer eine
Informelles Lernen in der Erwerbsarbeit
3.4 3.4.1
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Kompetenzfeststellungsverfahren zur personlichen Standortbestimmung Bildungspasse
Eine relativ ausgepragte Experimentierfreude zeigt sich gegenwartig in der Entwicklung von Bildungspassen, die ganz allgemein zunn Ziel haben, durch eine Kombination verschiedener Instrumente eine Ermittlung und Dokumentation der individuellen Kompetenzen durciizufuhren und damit ein umfassenderes Kompetenzprofil abzubilden. Hier sind Ansatze zu erkennen, den Konfipetenzen/verb unabhangig von den institutionellen Wegen zu erfassen und die bisher vorherrschende Fremdbeurteilung und -bewertung der Kompetenzen unn Formen der Selbstbewertung zu erganzen. Gegenwartig gibt es mehr als 80 Bildungspasse die im Rahmen von Projekten und Initiativen entstanden sind bzw. sich in der Entwicklung befinden. Sie konzentrieren sich einerseits auf die Erfassung spezifischer Kompetenzen oder sind andererseits schwerpunktmaliig auf die Bediirfnisse bestlmmter Gruppen gerichtet, z. B. werden sie fur Jugendliche in der Berufsvorbereitung, bzw. fur Erwachsene im Rahmen von berufsbegleitenden Nachqualifizierungsbemuhungen eingesetzt, bzw. sind darauf ausgerichtet, Arbeitslosen den Wiedereinstieg in den „ersten" Arbeitsmarkt zu erleichtern. Andere Projekte bzw. Initiativen richten den Fokus auf die Erfassung von spezifischen Kompetenzen (IT - Qualifikationen) um Berufsruckkehrer/innen den Einstieg zu erieichtern; sollen den Zugang zu weiterfuhrenden berufllchen Bildungsmaflnahmen fordern, indem sie den Anspruch auf eine umfassende Dokumentation der personlichen und fachlichen Kompetenzen verfolgen.
nicht unerhebliche Doppel- bzw. Mehrfachbelastung. Die vorbereitenden Lehrg^nge, die von einer VIelzahl unterschiedlicher Trager in Deutschland angeboten werden, finden in aller Regel berufsbegleitend statt, melstens abends oder an den Wochenenden und erstrecken sich auf eine Dauer von bis zu zwei Jahren. Die Kosten fur die Vorbereitungskurse tragen im allgemelnen die Teilnehmer.
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3.5
IRMGARD FRANK
Kompetenzfeststellungsverfahren im betrieblichen Kontext
3.5.1 Betriebliche Personalentwicklung Assessmentverfahren/Beurteilungen/Mitarbeitergesprache Eines der wichtigen und in Grofibetrieben haufig praktizierten Verfahren zur betrieblichen Beurteilung ist das Assessment-Center. Dieses „Beurteilungs- Verfahren" wurde in der Vergangenheit in erster Linie zur Auswahl von Fuhrungskraften in der Industrie eingesetzt, sie . Dabei werden unterschiedliche Beurteilungsmethoden eingesetzt. Verfahren der Mitarbeiterbeurteilung sind insbesondere in Groflbetrieben weit verbreltet und werden zunehmend wichtig fur die gesamte Personalplanung und entwicklung. Die Verfahren werden eingesetzt bei der Einstellung von Mitarbeitern, bel der Feststellung bzw. Eignung fiir bestimmte Aufgaben und Tatigkeitsfelder, bel der Beurteilung der individuellen Arbeitsleistungen, im Rahmen der Personalforderung und zur Abschatzung der Leistungspotenzlale. Die Teilnehmer /Innen haben sich in gemeinsamen Gruppendiskussionen, in Rollenspielen oder in Einzelarbeiten mit moglichst realitatsnahen, unterschiedlichen Arbeits- und Entscheidungssituationen aus dem Berufsalltag auseinander zu setzen. Mit einem moglichst breit gefacherten Einsatz unterschiedlicher Auswahlmethoden, die stark auf die Eigeninitiative und Eigenaktivltat der Teilnehmer/innen zielen und einer Beurteilung durch mehrere Beurteller soil eine zuverlassige und differenzierte Einschatzung der Kandidaten moglich sein und ein moglichst umfassendes Kompetenzprofil ermittelt werden konnen. 3.5.2
Bildungspasse
Neue Verfahren der Bewertung sehen eine starkere Einbeziehung der Beschaftigten in den Prozess vor; Beurteilungs- bzw. Mitarbeitergesprache haben das Zlel, das Leistungsverhalten zu beurteilen, hier soil ein Dialog zwischen Vorgesetzen und Mitarbeiter zu einer angemessenen und von beiden Seiten getragenen Einschatzung der Leistung fiihren. Die Selbsteinschatzung des Mitarbeiters hat ein hohes Gewicht, individuelle Zielvereinbarungen (d. h. Festschreibung von in einem bestimmten Zeitraum zu erbringenden Leistungen ) haben eine grofle Bedeutung. Die genannten Beurteilungsverfahren haben ihre Bedeutung fiir den einzelnen Betrieb, eine weitergehende Nutzung der Daten ist ausgeschlossen. Inzwischen gibt es auf einzelbetrieblicher Ebene Bildungspasse, die den Beschaftigten die Moglichkeit bietet, die en/vorbenen Kompetenzen zu dokumentieren und fur
Informelles Lernen in der Erwerbsarbeit
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die individuelle Karriereplanung zu nutzen. So heiflt es im Vorwort eines mit Mittein des BIBB im Rahmen eine Modellversuchs entwickelten und in der Anwendung befindlichen Bildungspass: „ (...) denn der Bildungspass soil Ihr personliches Instrument sein zur beruflichen Standortbestimmung und Zwischenbilanz Ihres bisher erworbenen Wissens und Ihrer Fahigkeiten. Der Bildungspass soil Sie anregen, uber den zuruckliegenden Arbeits- und Lernweg, uber neue berufliche Ziele und, wenn Sie wollen, ijber eine mogliche Erweiterung Ihres Einsatzspektrums nachzudenken. Der Bildungspass wird von jedem Beschaftlgen auf freiwilliger Basis gefuhrt und kann eine hilfreiche Grundlage fur die nach dem Tarifvertrag vorgeschriebenen regelmafiigen Gesprache uber den Qualifizierungsbedarf sein"^.
3.5.3
Arbeitszeugnisse
Auf betrieblicher Ebene werden die im Arbeits- und Berufsleben informell erworbenen Kompetenzen gegenwartig hauptsachlich in Arbeltszeugnissen festgehalten. Diese Zeugnisse geben nur einen allgemeinen Einblick in die Fahigkeiten des Beschaftigten, sie enthalten in erster Linle eine Auflistung der hauptsachllchsten Aufgaben und Tatigkeiten und eine Bewertung. Soziale und personale Fahigkeiten werden haufig umschrieben, die geltende Zeugnissprachregelung, wonach Zeugnisse keine negativen bzw. rufschSdigenden Angaben enthalten diJrfen, eroffnet den Betrieben nur begrenzte Moglichkeiten, das Kompetenzprofil umfassend zu beschreiben. Beschaftigte haben beim Wechsel des Arbeitgebers einen Anspruch auf ein Zeugnis, sie konnen aber auch bei beabsichtigten Innerbetrleblichen Veranderungen ein Zeugnis beantragen. In den Arbeltszeugnissen wird in erster Linie eine Fremdbeurteilung der Kompetenzen vorgenommen. Trotz dieser Einschrankungen sind Arbeitszeugnisse auf dem Arbeitsmarkt ein weitgehend akzeptiertes Dokument. Fur Beschaftigte bzw. Arbeitssuchende haben sie den Status des Nachweises iJber berufliche Erfahrungen.
Bildungspass, DC, Werk Gaggenau. Ein Instrument zur beruflichen Standortbestimmung. Der Bildungspass wurde im einem vom BIBB geforderten Modellversuch entwickelt und wird gegenwartig im Unternehmen eingesetzt.
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4
Konzepte zur Anerkennung informell erworbener Kompetenzen - drei alternative Wege
Die entscheidende Frage bei der Anerkennung von in informellen Lernkontexten erworbenen Kompetenzen lautet: Wie kann das individuell initiierte und oftmals selbstorganisierte Lernen beschrieben, gennessen und bewertet werden? Welche Methoden sind geeignet, die dem Einzelnen oftmals verborgenen individuellen Kompetenzen sichtbar zu machen, und wie lasst sich der KompetenzenA^erb mogliciist unkompliziert, kostengunstig und zugleich valide erfassen? Bildungspolitische Uberlegungen und die Frage, an weiciien Standards die auderhalb des formalen Aus- und Weiterbildungssystems en^/orbenen Kompetenzen gemessen und anerkannt werden sollen, sind von zentraler Bedeutung fur die Gestaltung der Verfahren und sie sind zugleicii maflgebend fur die Akzeptanz der gesamten Verfahren. Das zeigen Erfaiirungen aus europaischen Landern, wo in der jiingeren Vergangenheit Anerkennungssysteme entwickelt und implementiert wurden. Im folgenden werden drei mogliche L6sungsansatze''° fur die Anerkennung informell en/vorbener Kompetenzen vorgestellt und die damit verbundenen Vor- und Nachteile eriautert: 4.1
Variante 1: Anpassung an das formale System
In diesem Modell werden die aulierhalb des formalen Bildungssystems enA/orbenen Kompetenzen an den staatlich anerkannten Standards und Prufungen gemessen und als gleichwertig angesehen. Beim erfolgrelchen Bestehen der Prufung fur einen definierten Beruf bzw. im Rahmen eines allgemeinbildenden oder schulischen Abschlusses wird das entsprechende Zertiflkat unabhangig von zuruckgelegten Lernweg vergeben. Die meisten der in Europa gegenwartig entwickelten Verfahren, orientieren sich an diesem Modell, so regein z. B. Finnland, NonA/egen, aber auch Frankreich und die Schweiz die Anerkennung informell enA/orbener Kompetenzen: Bine Messung und Anerkennung erfolgt auf der Basis unterschiedlich differenzierter, staatlich vorgegebener Berufsprofile.
Slehe dazu auch: Ute Laur- Ernst, Kompetenzentwicklung, Manuskript 2003
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Ziel der Verfahren ist es im allgemeinen, dem Einzelnen die Moglichkeit einzuraumen, sich die gesamten Kompetenzen offiziell bestatigen zu lassen; Lucken im eigenen Kompetenzprofil erkennen zu konnen, urn ggf. in Hinblick auf beabsichtigte berufiiche/schulische Abschlusse Qualifizierungsdefizite beheben zu konnen die fur eine Anerkennung erforderlich sind. Zertifikate klassischer Pragung haben einen entscheidenden Vorteil: Sie verleihen dem Inhaber den „gesellschaftlich gesicherten Wert", der mit dem Abschluss verbunden ist. Mit dieser Gleichsetzung ist zugleich eine hohe Gultigkeit - sowohl auf dem Arbeitsmarkt als auch innerhalb des formalen Bildungssystems - gegeben. Problematisch ist dabei, dass die Bewertung und Anerkennung der Kompetenzen an den durch das formale Biidungssystem festgelegten Kompetenzen erfolgt; dass sind in der Regel nicht alle Berufe und Tatigkeiten, die in der Arbeitswelt existieren und von besonderer Relevanz sind. 4.2
Variante 2: Erweiterung
Eine Erweiterung dieser auf formalen Standards beruhenden Vorgehensweise ist mit der zweiten vorgeschlagenen Variante moglich. Hier werden explizit die in informellen Lernkontexten erworbenen Kompetenzen erfasst und bewertet, z. B. durch erganzende Informationen, aus denen die Art der Kompetenzen und die besonderen Arbeits- und Lebenszusammenhange, in denen sie erworben wurden, deutlich werden. Dabei geht es insbesondere darum Schnittstellen zu dem bestehenden System ausfindig zu machen und Integrationsmoglichkeiten aufzuzeigen. Ein Beispiel kann die Sinnhaftigkeit verdeutlichen: Ein Angestellter, der uber einen langeren Zeitraum im Einkauf eines Unternehmens erfolgreich seiner Tatigkeit nachgegangen ist, hat durch den Bau und die Finanzierung seines Eigenheims und die Abwicklung von Erbangelegenheiten nach dem Tod der Eltern eine Expertise in rechtlichen und finanztechnischen Fragen erworben: Er ist Experte im Erbrecht und ist fit in der Immobiiienfinanzierung. Seine Kompetenzen in diesen Bereichen sind wesentllch umfangreicher als z. B. die eines dual ausgebildeten Immobilienkaufmanns bzw. eines Absolventen einer Fachhochschule im Fachgebiet Finanzwesen. Bel einem ausschliefllichen Abgleich mit dem Standards des formalen Ausbildungssystems, werden diese „zusatzlichen" Kompetenzen nicht „angerechnet".
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4.3
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Variante: Parallelitat
Im Unterschied zu den vorher beschriebenen Verfahren werden fur die Bewertung Anerkennung keine Standards zugrundegelegt, die einen eindeutigen Bezug zum formalen Bildungssystem aufweisen. Der besondere Charme dieses Ansatzes besteht in der Moglichkeit, die erworbenen Kompetenzen umfassend anzuerkennen. Diese Chance ist auf der anderen Seite nicht ohne Risiko: Wie kann es gelingen, ein dauerhaftes und eigenstSndiges Dokumentations- und Anerkennungssystems zu etablieren, das praktikabel, zuverlassig, transparent, sozial anerkannt und zugleich glaubwurdig ist? Woran werden die Kompetenzen gemessen und wie wird die Beziehung zu den geltenden Berufs- und Arbeitsmarktstrukturen hergestellt? Wie lasst sich eine Gleichwertigkeit herstellen? Auch hier soil der Sachverhalt durch ein Beispiel illustriert werden: In einem Projekt zur Entwicklung einer Kompetenzbilanz, wurde eine Instrument zur Selbsteinschatzung der Kompetenzen aus informellen Lernorten im Bereich der Familientatigkeiten geschaffen. Es richtet sich in erster Linie an berufstatige Mutter und Vater und Berufsruckkehrer/innen und eroffnet den Personenkreis die Moglichkeit, die sozialen und personalen Kompetenzen, die im Rahmen der Familienarbeit erworben wurden, zu erfassen und zu bewerten, und im welteren fur die Karriereplanung nutzbar zu machen. Die Kompetenzbilanz zielt daruber hinaus auf die betriebliche Nutzung dieser aulierhalb von En/verbsarbeit en/vorbenen Kompetenzen ab^\
Vgl. Bundesmlnisterium fur Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Familienkompetenzen als Potential einer innovatlven Personalentwicklung. Die Kompetenzbilanz: Kompetenzen aus informellen Lernorten erfassen und bewerten. Dokumentation. Berlin/Bonn. 2002, S. 6
Informelles Lernen in der Erwerbsarbeit
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Literatur Bundesministerium fur Bildung und Forschung, Aktionsprogramm „Lebensbegleitendes Lernen fur alle"; Bonn und Berlin; Januar 2001 Bundesministerium fur Familie, Senioren, Frauen und Jugend, „Familienkompetenzen als Potential einer innovativen Personalentwicklung. Die Kompetenzbilanz: Kompetenzen aus informellen Lernorten erfassen und bewerten", Dokumentation, Berlin/Bonn, 2002, Deutsche UNESCO- Kommission (Hrsg.), „Lernfahigkeit", 1997 Dohmen, G., „Das informelle Lernen. Die Internationale ErschlieHung einer bisher vernachlassigten Grundform menschlichen Lernens fiir das lebenslange Lernen aller", BMBF (Hg.), Bonn 2001 Dohmen, G., „Das lebenslange Lernen - Leitlinien einer modernen Bildungspolitik", Bonn 1996 Faure, E., „Wie wir leben lernen. Der UNESCO - Bericht uber Ziele und Zukunft unserer Erziehungsprogramme", Reinbek, 1973 Kommission der Europaischen Gemeinschaften, „Wein>buch der EU - Memorandum uber Lebenslanges Lernen", November 2000; Laur, U., „Ernst, Kompetenzentwicklung", Manuskript 2003 Merten, D., „Schlusselqualifikationen. Thesen zur Schulung fur eine moderne Gesellschaft. Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung", 7. Jhrg. Nijrnberg, 1974
Kompetenzerwerb zwischen Hochschule und Betrieb Kompetenzdiagnostik und -entwicklung in dualen Studiengangen Thomas Mattes, Olaf Zawacki-Richter, Erich Barthel 1
Einleitung
In der deutschen Hochschullandschaft vollzieht sich gegenwartig ein Paradigmenwechsel. Unter dem Stichwort ,Bologna' lassen sich auf verschiedenen Feldern tiefgreifende Veranderungen beobachten^ Begonnen hat der Bologna-Prozess mit der Bologna-Erklarung, die 1999 von 29 europaischen Bildungsminlstern unterschrieben wurde.^ Die Unterzeichner vereinbarten die Schaffung eines europSischen Hochschulraums zur Forderung der Mobilitat und Berufsfahigkeit der europaischen Burger und der internationalen Wettbewerbsfahlgkeit des europaischen Hochschulsystems. Bis 2010 sollen die folgenden sechs Teilziele erreicht werden: 1. Einfuhrung eines Systems leicht verstandlicher und vergleichbarer Abschlusse (..Diploma Supplement"); 2. Einfuhrung einer Studienstruktur. die im Wesentlichen aus zwei Hauptzyklen besteht (..undergraduate" und ..graduate"); 3. Einfuhrung eines Leistungspunktesystems (European Credit Transfer System, ECTS) zur Forderung grofitmoglicher Studierendenmobilitat; 4. Forderung der Mobilitat durch Uberwindung von HIndernlssen, die der Freizuglgkeit von Studierenden und Lehrenden im Wege stehen; 5. Forderung der europaischen Zusammenarbeit bei der Qualltatssicherung; 6. Forderung der europaischen Dimension Im Hochschulbereich, Insbesondere bei der Curriculumentwicklung und der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen. Im Laufe welterer Folgekonferenzen in Prag^, Berlin"^ und Bergen^ wurde die Bologna-Erklarung durch weitere „Aktionslinien" erganzt. Im Hinblick auf die Thematik der dualen Studiengange ist die Aktionslinie „Lebenslanges Lernen" (lifelong learning), die 2001 in Prag beschlossen wurde, hervorzuheben. Die Europalsche Kommission hat hierzu eine Mitteilung
verfasst, in der die Bestlmmung und Anerkennung von
Massen, O. (2004), S. 1.; Witte/Otto (2003); Drager, J. (2003) European Ministers of Education (1999) European Ministers of Education (2001) European Ministers of Education (2003) European Ministers of Education (2005)
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formal und nicht-formal erworbenen Kompetenzen (prior learning assessment) hervorgehoben wird.^ Welche Auswirkungen haben diese europaischen Aktionslinien fur die operative Ausgestaltung von dualen Studiengangen in Deutschland? Von April 2005 bis Marz 2008 wird an der HfB - Business School of Finance & Management ein durch die Bund-Lander-Kommission gefordertes Verbundprojekt zu dualen Studiengangen durchgefuhrt. Projektpartner sind die Fachhochschule fur Wirtschaft Berlin und die Berufsakademie Weserbergland e.V.. Ziel dieses Projektes 1st es unter anderem, ein Verfahren zu entwickein und zu erproben, wie das Zusammenwirken der beiden Lernorte Hochschule und Betrieb im Rahmen eines dualen Studiums gestaltet werden kann. Daruber hinaus sollen standardisierte Verfahren zur Anrechnung betrieblichen Erfahrungswissens sowie von Methoden- und Sozialkompetenz im Rahmen der Modularisierung und des Leistungspunktsystems (ECTS) fur die Akkreditierung von dualen Bachelor-Studiengangen entwickelt werden. Die HfB Business School of Finance & Management nimmt an dem BLK-Verbundprojekt mit den zwei dualen Studiengangen Bachelor of Business Administration und Bachelor of Computer Science teil.
Kommission der Europaischen Gemeinschaften (2001)
Kompetenzerwerb zwischen Hochschule und Betrieb
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Nationaler und Europaischer Qualifikationsrahmen
Die Erarbeitung von Verfahren fur eine mogliche Gestaltung dualer Studiengange muss sich an bestehenden Richtlinien und Strukturen orientieren. Bei der Einordnung von dualen Studiengangen in das Bildungssystem der Bundesrepublik Deutschland kristallisieren sich sehr schnell zwei grundlegende Dokumente heraus, die fur die Erreichung der Projektziele wesentlich sind: der Europaische und der Nationale Qualifikationsrahmen. Der Europaische Qualifikationsrahmen'' befmdet sich gegenwartig in einem Konsultationsprozess, weswegen Anderungen durchaus noch wahrscheinlich sind. Der Hauptzweck des Europaischen Qualifikatlonsrahmens soil in seiner Funktion als Meta-Rahmen^ bestehen, der es ermoglichen soil: „... nationale, sektorale Qualifikationsrahmen und-systeme in Bezug zueinander zu setzen - womit wiederum die Ubertragung und Anerkennung der Qualifikationen einzelner Burger erieichtert wird." ^ Fur die Hochschulbildung in Deutschland stellt der Qualifikationsrahmen fur Deutsche Hochschulabschlusse diesen entscheidenden Bezugspunkt dar.^° Es wird hierbei deutllch, wie die angesprochenen Aktionsllnien auf der Ebene der operative Gestaltung von Studiengangen umgesetzt werden konnen. Die Neufassung des Qualifikatlonsrahmens war insbesondere durch den Wechsel von der Input- zur Outputorientierung vor dem Hintergrund der Qualitatssicherung notig geworden, well dieser Perspektivenwechsel grundlegende Anderungen nach sich zieht. Im Mittelpunkt steht fortan die Qualifikation des Absolventen eines Studienganges, worunter auch eine Umorientierung von der lehrerorientierten zur lernerorientierten Sichtweise verstanden werden kann. Definiert ist dieser Wandel wie folgt: „Bisher warden deutsche Studienprogramme vor allem durch ihre Studieninhalte, Zulassungskriterien, Studienlange beschrieben. Bin Qualifikationsrahmen ermoglicht dagegen die Beschreibung an Hand der Qualifikationen, die der Absolvent nach einem erfolgreich absolvierten Abschluss erworben haben soil/''
Europaische Europaische Europaische KMK (2005) KMK (2005),
Kommission (2005) Kommission (2005), S. 15. Kommission (2005), S. 4. S. 3.
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THOMAS MATTES/OLAF ZAWACKI-RICHTER/ERICH BARTHEL
Weiterhin werden die Qualifikationen um Kompetenzen erweitert. Zusammen stellen sie die anzustrebenden Lernergebnisse eines Studienprogramms dar.''^ Die Definitionen der Begriffe Qualifikation und Kompetenz wurden aus dem europaischem TUNING Project^^ und den Veroffentlichungen der Dublin Descriptors^"^ entwickelt. Im folgenden werden diese Definitionen kurz dargestellt, um auf dieser definitorischen Grundlage aufbauend den Verlauf des Forschungsprojektes zu eriautern. 2.1
Qualifikation
Hierunter fassen die Dublin Descriptors - bei unterschiedlichen Auspragungen fur Bachelor, Master und Doctorate Cycle - die folgenden funf Kategorlen.^^ „•/. Knowledge and understanding [is] supported by advanced text bool<s [witti] some aspects informed by knowledge at the forefront of their field of study... 2. Applying knowledge and understanding [through] devising and sustaining arguments. 3. Making judgements [involves] gathering and interpreting relevant data... 4. Communication [of] information, ideas, problems and solutions... 5. Learning skills have developed those skills needed to study further with high level of autonomy..." Das TUNING Project beschreibt Qualifikation wie folgt: „Any degree, diploma or other certificate issued by a competent authority attesting the successful completion of a recognised programme of study."^^ Dies ist Im Zusammenhang der Ziele des TUNING-Project zu sehen: „The main aim and objective of the project is to contribute significantly to the elaboration of a framework of comparable and compatible qualifications in each of the (potential) signatory countries of the Bologna process, which should be described in terms of workload, level, learning outcomes, competences and profile. ^^"
KMK (2005), 8. 3 und 8. 2 ff.. Tuning (2006a) Joint Quality Initiative (2006) Joint Quality Initiative (2004), 8. 4. Tuning (2006b) Tuning (2006c)
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Man erkennt an diesen Begriffsdefinitionen vor allem drei Hauptlinien. So bilden Qualifikationen nach wie vor das zentrale Ziel von Hochschulstudiengangen. Hierbei wird jedoch erstens ein umfassendes Qualifikationsprofil bei einem Absolventen erwartet. Die Fahigkeit eines Absolventen, das erlemte Fachwissen in verschiedenen Situationen angemessen anzuwenden, wurde mit einem Schwerpunkt versehen. Zweitens sind die zu vergebenden Qualifikationen in ein Verhaltnis mit den vergleichbaren Qualifikationen in Europa zu setzten. Deutsche Abschlusse mussen sowohl hinsichtlich ihrer Beschreibung, als aucii hinsichtlich ihres Niveaus mit Abschlussen anderer europaischer Lander korrespondieren. Drittens muss durch einen Evaluierungsprozess sichergestellt sein, dass der Absolvent das angestrebte Qualifikationsniveau auch tatsachllch erreicht hat. Entsprechend dieser drei Hauptlinien wurde im Europaischen Qualifikatlonsrahmen folgende Definition fur den Begriff Qualifikation vorgeschlagen, der die verschiedenen Ansatze Integriert: „Eine Qualifikation wurde erreictit, wenn eine zustandige Stelle entscheidet, dass der Lernstand einer Person den im Hinblick auf Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen spezifizierten Anforderungen entspricht. Dass die angestrebten Ergebnisse erreicht wurden, wird durch einen Evaluierungsprozess Oder einen erfolgreich abgeschlossenen Bildungsgang bestStigt. [...] Immer aber schafft ein Qualifikatlonsrahmen die Voraussetzung fur eine Verbesserung der Qualitat, der Zuganglichkeit und der Durchlassigkeit sowie der Anerkennung von Qualifikationen auf dem nationalen und intemationalen Arbeitsmarkt."^^
Europaische Kommission (2005), S. 14.
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2.2
THOMAS MATTES/OLAF ZAWACKI-RICHTER/ERICH BARTHEL
Kompetenz
Neben dem Begriff der Qualifikation tritt nun verstarkt die Bedeutung von Kompetenzen und ihrer Entwicklung auf. Die Dublin Descriptors ven/venden bezuglich des Begriffes Kompetenz folgende Definition: „The word 'competence' is used in ttie descriptors in its broadest sense, allowing for gradation of abilities or skills. It is not used in the narrower sense identified solely on the basis of a 'yes/no' assessment"^^ Beim TUNING Project wurde folgende Definition angenommen: „Competences represent a dynamic combination of knowledge, understanding, skills and abilities. Fostering these competences is the object of educational programmes. Competences are formed in various course units and assessed at different stages. They may be divided in subject-area related competences (specific to a field of study) and generic competences (common to any degree course).'^^ Gemafi den obigen Definitionen konnten Kompetenzen einen angemessenen Mafistab darstellen, urn den umfassenden Begriff der Qualifikation handhabbarer zu machen. Sie bilden eine Basis, wie fachliches und uberfachliches Wissen und Konnen zur Herausbildung einer Qualifikation beitragen. Werden in Modulen eines Studienganges bestimmte Kompetenzen vermittelt, so liefle sich durch eine entsprechende Modulauswahl ein gewunschtes Qualifikationsprofil erzeugen.Kompetenzen verfugen uber mindestens zwei Dimensionen. Die fachlichen Kompetenzen einerseits und die uberfachlichen Kompetenzen andererseits. Ausgehend von der vorgeschlagenen Definition des Europaischen Qualifikationsrahmens lassen sich die uberfachlichen Kompetenzen welter untertellen. „Kompetenz umfasst: i) kognitive Kompetenz, die den Gebrauch von Theorien/Konzepten einschlieflt, aberauch implizites Wissen (tacit knowledge), das durch Erfahrung gewonnen wird; ii) funktionale Kompetenz (Fertigkeiten, Know-how), die zur Ausubung einer konkreten Tatigkeit erforderlich sind; Hi) personale Kompetenz, die das Verhalten/den Umgang in/mit einer gegebenen Situation betrifft; iv) ethische Kompetenz, die bestimmte personliche/soziale Werte umfasst." Die Untergliederung der uberfachlichen Kompetenz in weitere Kompetenzklassen, z.B. funktionale, personale und ethische Kompetenz macht eine exaktere Beschreibung des anzustrebenden Qualifikationsproflls moglich und erscheint grundsatzlich sinnvoll. Allerdlngs besteht noch kein Konsens, welche und wie viele Kompetenzklassen ven/vendet werden sollten. Joint Quality Initiative (2004), S. 3. Tuning (2006b)
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Voruberlegungen zur Kompetenzerfassung
Vor dem Hintergrund der in Kapitel 2 dargestellten Aktionslinien auf europaischer und nationaler Ebene, ergibt sich fur Hochschulen folgende Aufgabenstellung: Vergibt eine Hochschule einen Abschluss, so muss sie sicherstellen, dass diese Qualifikation auch tatsachlich durch die Absolventen erreicht wird. Dies ist grundsatzlich kein neues Problem, jedoch fuhrt das modifizierte Qualifikationsprofil und der Wechsein von der Input- zur Outputorientierung zu neuen Herausforderungen. Das Qualifikationsprofil ist in seinem Niveau durch den Nationalen und den Europaischen Quallfikationsrahmen bestimmt. So mussen Bachelorabsolventen eines deutschen Studlenganges
beispielsweise selbstandig weiterfuhrende Lernprozesse
gestalten konnen oder Verantwortung in einem Team ubernehmen konnen}^ Gerade diese belden Beispiele machen deutlich, dass Fachwissen allein nicht mehr ausreicht, um das Niveau eines Bachelors zu erreichen. Unbestrltten stellt das Fachwissen einen wichtigen Baustein dar, jedoch nicht mehr den alleinigen.
Die Wichtigkeit der uberfachlichen Kompetenzen wurde auch bereits bei verschiedenen Akkreditierungsagenturen in Konzepte umgesetzt. So schlagt die ZEVA fur eine Vermittlung von .Schliisselkompetenzen' einen Anteil von 10-15% der Gesamt-ECTS eines Studlenganges vor. Bei einem sechssemestrigen Bachelor-Studiengang konnten somit 18-27 ECTS fur Module vergeben werden, in denen Methoden-, Sozialund Selbstkompetenz vermittelt wird.^^ Dieser Umstand ist fur duale Studiengange besonders deshalb interessant, well sich bei der Vermittlung dieser Kompetenzen eine Praxisphase in einem Unternehmen hervorragend eignen konnte. Wie lassen sich aber solche uberfachlichen Kompetenzen erfassen? Im Gegensatz zu Fachwissen erscheint eine Prufung mit Hilfe einer Klausur wenig sinnvoll. Im Rahmen des laufenden Projektes an der HfB - Business School of Finance & Management soil untersucht werden, inwiewelt eine solche Kompetenzmessung mit Hilfe eines Kompetenzmessverfahrens durchgefuhrt werden kann. Outputorientierung bedeutet, dass das Lernergebnis das entscheidende Kriterium darstellt und nicht der Input durch die Institution. Dieser Perspektivenwechsel bringt weitreichende hochschuldidaktische Auswirkung mit sich, auf die jedoch an dieser Stelle nicht eingegangen werden kann.^^ In der Modulgestaltung sollte diesem Umstand unbedingt beachtet werden. Denn jedes einzelne Modul soil einen Baustein zur ^' ^' ^^
KMK (2005), S. 2 und 3. ZEVA (O.J.) Gutzkow/ Quailier (2005)
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Eriangung des angestrebten Qualifikationsprofils darstellen. Hierfur ist es unerlasslich, ein gemeinsames Verst^ndnis uber das Qualifikationsprofil des Studienganges herzustellen, urn in einem zweiten Schritt die zu vermittelnden Kompetenzen auf die passenden Module aufteilen zu konnen. Die Umgestaltung bestehender Curricula scheint hierbei dringend geboten. Fur die Erreichung der Projektziele soil neben den soeben erwahnten Punkten vor allem auch die Funktion und Bedeutung von Praxisphasen im Rahmen eines dualen Studiums untersucht werden. So besteht eine grundsatzliche Moglichkeit auderhochschulisch erworbene Kenntnisse und Fahigkeiten konnen mit bis zu 50% auf die Gesamtstudienleistung auf ein Hochschulstudiunn anrechnen zu.^"* Tatsachlich wird diese Moglichkeit jedoch nur in geringem AusmaU in Anspruch genommen.^^ Sofern die Kompetenzen eines Bewerbers eine bestimmte Auspragung aufwelsen und dies durch die aufnehmende Hochschule festgestellt wurde, kann diesem Bewerber bspw. ein bestimmtes Modul angerechnet werden. Im Rahmen des laufenden Projektes soil untersucht werden, ob Studierende durch Praxisphasen Kompetenzen en/verben, die fur das Qualifikationsprofil des Studienganges relevant sind. Lieden sich solche Kompetenzfortschritte durch Praxisphasen messen und dadurch in ihrem Niveau beurteilen, konnte ein solcher Kompetenzerwerb auch mit einer entsprechenden Anzahl an ECTS-Punkten bewertet werden. Ausgehend von diesen Voruberlegungen wurde an der HfB - Business School for Finance an Management ein Anforderungsprofil an ein Kompetenzmessverfahren erstellt, um die aufgeworfenen Fragen beantworten zu konnen. 1. Das Verfahren sollte auf einem anerkannten Kompetenzmodell beruhen. Gerade weil noch kein Konsens bei der Definition und Modellierung von Kompetenzen besteht, ist aus Sicht der Autoren ein reines Messverfahren nicht ausreichend. Sofern einem Messverfahren ein Kompetenzmodell zugrunde liegt, fuflt ein Kompetenzmessverfahren^^ auch auf einer definitorlschen Grundlage. 2. Sollte das Verfahren wissenschaftlich fundiert sein. Gerade die grolie Auswahl an Kompetenzmessverfahren, kann zu der Auswahl eines nicht validen und nicht reliablen Verfahrens fuhren. 3. Sollte das Verfahren die Messung individueller Kompetenzen ermoglichen, um die Uberprufung des Kompetenzniveaus an Absolventen untersuchen zu konnen.
KMK (2002) KMK (2005b) ErpenbeckA/. Rosentiel (2003)
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4. Sollten sich sowohl der Zeit- wie auch der Kostenaufwand in angemessenem Rahmen bewegen. Verfahren die ein- Oder mehrtagige Interviews fur jeden Interviewten vorsehen sind fur den operativen Einsatz nicht praktikabel. 5. Sollte die Messung der Konnpetenzen sowohl in der Hochschule, wie auch im Unternehmen moglich sein. Idealerweise sollte das Verfahren bereits von einigen Hochschulen und Unternehmen in Anwendung sein. 6. Sollte das Kompetenzmessverfahren fur einen sinnvollen Einsatz auch Ansatze fur Maflnahmen zur Entwicklung von Kompetenzen vorsehen. Insbesondere fur den Evaluierungsprozess erscheint es dringend geboten, bestimmten Studierenden gezielte Hilfestellungen zu bieten, die auf bestimmten Kompetenzfeldern noch Defizite aufweisen.
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4
THOMAS MATTES/OLAF ZAWACKI-RICHTER/ERICH BARTHEL
Untersuchungsdesign und erste Ergebnisse
Fur die empirische Untersuchung wurden folgende Forschungsfragen festgelegt: 1) Wie konnen Kompetenzen von Studierenden gemessen werden? 2) Lasst sich ein Kompetenzerwerb wahrend einer Praxisphase erfassen? 3) Lasst sich die Zusammenarbeit zwischen Betrieb und Hochschule im Rahmen eines dualen Studienganges mit Hilfe eines Kompetenzprofils gezielter strukturieren? Zur Beantwortung dieser Fragen wurde je eine Kohorte von Studierenden im sechsten Semester des Studienganges Bachelor of Business Administration und eine des Studienganges Bachelor of Computer Science an der HfB - Business School of Finance & Management ausgewahlt. Bel diesen Kohorten soil zum Ende einer Theoriephase (Semesterende an der Hochschule) eine erste Kompetenzmessung durchgefuhrt werden. Eine zweite Messung soil zum Ende der sich anschliefienden Praxisphase (Vorlesungsfreie Zeit, welche die Studierenden in ihren Betrieben verbringen) erfolgen, um Anderungen im Kompetenzprofil erfassen zu konnen. Eine dritte Messung soil zum Ende des siebten Semesters erfolgen. Mit Hilfe der Dritten Messung kann uberpruft werden, inwieweit die Absolventen das festgelegt Kompetenzprofil erreicht haben. Begleitend sollen regelmafiige Treffen der Projektgruppen den Austausch zwischen Betrieben und Hochschule fordern. Bel den jeweiligen Messungen sollen sowohl Selbst- wie auch Fremdeinschatzungen durch Kommilitonen, Arbeitskollegen, Hochschul- und Unternehmensvertreter erfolgen. Nach der Priifung verschiedener Kompetenzmessverfahren entschied sich die HfBBusiness School of Finance & Management Ende 2005 fur das KODE(B)-Verfahren^^ (Kompetenz-Diagnose und -Entwicklung), das auf dem Verfahren von Erpenbeck und Heyse beruht.^^
Heyse in: Erpenbeck/v. Rosenstiel (2003), S.376ff.. Erpenbeck/Heyse (1999)
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Kompetenzerwerb zwischen Hochschule und Betrieb
Kompetenzen
personale Kompetenz
aktivitatsund umsetzungsorientierte Kompetenz
fachlichmethodische Kompetenz
sozialkommunikative Kompetenz
P
A
F
S
Abb.1: Kompetenzklassen nach Erpenbeck und Heyse
Den vier Kompetenzklassen (personale; aktivitats- und umsetzungsorientierte; fachlich- methodische und sozial-konnmunikative Kompetenz) sind Jewells 16 Tellkompetenzen zugeordnet.^^ So umfasst die personale Kompetenz unter anderem die Teilkompetenzen Loyalitat, Eigenverantwortung, Einsatzbereitschaft und Hilfsbereitschaft. Grundsatzllch steht also ein Kompetenzatlas mit 64 Teilkompetenzen zur Verfiigung. Das Verfahren KODE®/ - Kompetenzexplorer ist ein Instrument zur Erkundung und Messung von (strategischen) Kompetenzstrukturen (Anforderungsprofile, Kompetenzkanale, Abgleich von Ist-Soll-Profilen) und weist einen standardisierten Ablauf aus. Die HfB -
Business School of Finance & Management nimmt an dem BLK-
Verbundprojekt mit dem Bachelor of Business Administration und dem Bachelor of Computer Science teil. Die Studierenden und Absolventen dieser Studiengange sind ubenA/iegend bei Banken Oder Finanzdienstleistern beschaftigt. Fur beide Studiengange wurde eine dezentrale Arbeitsgruppe eingerichtet, der im Geiste des BolognaProzesses Hochschulvertreter, Unternehmensvertreter und Studlerenden-vertreter angehoren. In jeder dieser Gruppen wurde das Verfahren KODE®X durchgefiihrt, um das Kompetenzprofil des jeweiligen Studienganges zu ermitteln.
Erpenbeck/Heyse (1999) Heyse in: Erpenbeck/v. Rosenstiel (2003), S.383
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THOMAS MATTES/OLAF ZAWACKI-RICHTER/ERICH BARTHEL
Die dezentralen Projektgruppen bestimmten diejenigen 12-16 Kompetenzen, die nach Ihrer Meinung die wichtigsten Kompetenzen fur einen Absolventen des jeweiligen Studienganges darstellen. Beim Bachelor of Business Administration waren dies die Kompetenzen: Kommunikationsfahigl<eit
(P), Belastbarkeit
(A), Zuverlassigkeit
(P), Ergebnis-
orientiertes Handein (A), Eigenverantwortung (P), Fachwissen (F), Impuls geben (A), Integrationsfahigkeit
(S),
Offenheit
fur
Veranderungen
(P),
Systematisch-
methodisches Vorgehen (F), Beurteilungsvermogen (F) und Kooperationsfahigkelt (S). Dieses Profll weist bezijgllch seiner Einordnung in die Kompetenzklassen Personale Kompetenz (4); Aktivitats- und umsetzungsorientierte
Kompetenz (3); Sozial-
kommunikative Kompetenz (2); und Fachlich- methodische Kompetenz (3) eine recht ausgewogene Verteilung auf. Einzig die sozial-kommunikativen Kompetenzen scheinen etwas schwacher gewichtet. Dennoch splegelt dieses Profil die im Workshop geauflerten Beschaftigungsmoglichkeiten im Unternehmen gut wieder. So konnen die Bachelor-Absolventen flexibel eingesetzt werden, ohne aufwandige Schulungsmafinahmen absolvieren zu mussen. Beim Studiengang Bachelor of Computer Science wurden folgende sechzehn Kompetenzen als besonders relevant bestimmt: Glaubwurdigkeit (P), Kommunlkationsfahigkeit (S), Normativ-ethische Einstellung (P), Tatkraft (A), Integrationsfahigkeit (S), Kooperationsfahigkelt (S), Projektmanagement (F), Analytische Fahigkeiten (F), Offenheit fur Veranderungen (P), Systematischmethodisches Vorgehen (F), Ausfuhrungsbereltschaft (A), Fachwissen (F), Lernbereitschaft (P), Problemlosungsfahlgkeit (S), Zuverlassigkeit (P), Beratungsfahlgkeit (S). Dieses Profil weist bezuglich seiner Einordnung in die Kompetenzklassen Personale Kompetenz (5); Aktivitats- und umsetzungsorientierte
Kompetenz (2); Sozial-
kommunikative Kompetenz (5); und Fachlich- methodische Kompetenz (4) ein weniger starkes Gewicht bei den Aktivitats- und umsetzungsorientierten Kompetenzen auf. Dieses Bild erganzte sich sehr gut mit den Beitragen im zugehorigen Workshop der Projektgruppe. Insbesondere seltens der Unternehmensvertreter wurde die Mittlerfunktion zwischen der Fachabteilung IT und den Anwendungsabteilungen in der Bankfiliale angemessen reprasentiert.
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Im nachsten Schritt des KODE®X-Verfahrens werden die ausgewahlten Kompetenzen fur eine Messung operationalisiert. Jede Kompetenz kann auf einer 12er Skala eingeschatzt werden, von 0 (nicht ausgepragt) bis 12 (ubermadig ausgepragt). Die Projektgruppe ist aufgefordert die Niveaus so zu operationaiisieren, dass nach einer bestimmten Beobachtungsphase die betreffenden Kompetenzen eingeschatzt werden konnen. Sie mussen beobachtbares Verhalten der handelnden Individuen beschreiben. Folgende Niveaus und Operationalisierungen wurden fur die Kompetenz .Kommunikationsfahigkeit erarbeitet. (Anmerkung: Es wurde darauf verzichtet fur jeden Wert z.B. 2 eine eigene Operationalisierung anzugeben. Die Entscheidung ob ein Studierender mit 2 Oder mit 3 bewertet wird, hangt von seiner Tendenz zur hoheren oder niedrigeren Stufe ab.) Operationalisierung Kommunikationsfahigkeit: •
Teilweise ausgepragt (2-3) —
•
Spricht und schreibt verstandlich.
Ausgepragt (4-5) —
Spricht und schreibt verstandlich und druckt sich kundengerecht aus.
—
Geht offen auf andere zu, kann zuhoren und geht auf Gesprachspartner ein.
•
•
Deutlich ausgepragt (6-7)
—
Zeigt diese Fahigkeit auch in einer Fremdsprache.
~
Uberzeugt durch rhetorische Fahigkeiten.
Stark ausgepragt (8-9)
—
Zeigt dIese Fahigkeit auch in einer Fremdsprache und bei schwierigen Gesprachssituationen.
Sehr stark ausgepragt (10-11)
—
Kommuniziert sicher auch in einem interkulturellen Umfeld.
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Mit Hilfe dieser Operationalisierung wurde im Juni/Juli 2006 eine Kompetenzmessung bei 81 Studierenden im sechsten Semester des Bachelor of Business Administration durchgefuhrt. Jeder Studierende schatzte seine Kompetenzen selbst ein und wurde durch zwei Kommilitonen und einen Hochschulvertreter fremdeingeschatzt. Die Daten dieser Messung werden gegenwartig ausgewertet und stellen das Ist-Profil der Studierenden dar. Im weiteren Verlauf der Untersuchung werden die Studierenden in einer zweiten Messung am Ende der Praxisphase vor dem siebten Semester durch die Ausbildungsverantwortlichen, Vorgesetzte und Kollegen fremdbewertet, um einen moglichen KompetenzenA/erb festzustellen. Zum Ende des Studiums wird eine abschliedende Kompetenzmessung erflogen, um in einem Abgleich zwischen dem Soll-Profil des Studienganges und dem ermittelten Ist-Profil der Studierenden festzustellen, ob das angestrebt Qualifikationsziel des Studienganges erreicht wurde.
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Fazit
Bezuglich der Frage einer generellen Messbarkeit von Kompetenzen Studierender kann noch kein abschliedendes Urteil gefallt werden. So ermoglicht das Verfahren KODE(B)X die Messung individueller Kompetenzen, die Gute iiangt jedoch madgeblich von dem Beobachtungsumfeld und dem Beobachter ab. Es ist unserer Ansicht nach nicht moglich die Kompetenzen eines Studierenden zu beurteilen, der lediglich an Vorlesungen teilnimmt. Die erste Kompetenzmessung an der HfB - Business School of Finance & Management wurde im Rahmen des zweitagigen Seminars ,Extrafunktionale Qualifikationen' durchgefuhrt. Im Rahmen des Seminars bestand aufgrund von zahlreichen Gruppenarbeiten, Prasentationen und Rollenspielen ein gutes Umfeld, um Kompetenzen beobachten zu konnen. Allerdings muss ein solches gunstiges Beobachtungsumfeld in einem Studiengang existieren oder geschaffen werden. Aus dem passiven, lehrerzentrierten Besuchen von Vorlesungen und Ubungen kann keine Einschatzung der Kompetenzen erfolgen. Den idealen Rahmen bieten in diesem Zusammenhang die Praxisphasen eines dualen Studienganges. Durch den Einsatz von Studierenden in einem Unternehmen besteht eine gute Moglichkeit, die Kompetenzen durch Ausbildungsverantwortliche und Vorgesetzte oder Arbeitskollegen einschatzen zu lassen. Es scheint also durchaus erreichbar, Kompetenzen von Studierenden messen zu konnen. Die Forschungsfrage, wie sich ein Kompetenzerwerb wahrend einer Praxisphase erfassen lasst, kann gegenwartig noch nicht beantwortet werden. Mit der folgenden zweiten Messung zum Ende der Praxisphase kann durch Abgleich mit der ersten Messung der Kompetenzerwerb ermittelt werden. Erst diese Daten werden eine Beantwortung ermogllchen. Die Zusammenarbeit zwischen Betrieb und Hochschule mit Hilfe eines Kompetenzprofils, Im Sinne der dritten Forschungsfrage, kann zum bisherigen Zeitpunkt als positiv bewertet werden. Ein gemeinsames Verstandnis uber die zu entwickelnden Kompetenzen auf beiden Seiten ermoglicht vielfaltige Ansatzpunkte zur Verbesserung des dualen Studiums. Insbesondere das gemeinsame Kompetenzprofil eines Absolventen macht die zielgerichtete Zusammenstellung der Elemente des dualen Studiums moglich.
50
THOMAS MATTES/OLAF ZAWACKI-RICHTER/ERICH BARTHEL
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THOMAS MATTES/OLAF ZAWACKI-RICHTER/ERICH BARTHEL
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Entwicklung eines Verfahrens zur Anrechnung formal und informell erworbener Kompetenzen im Bereich Gesundheit/Pflege - das Portfolio-Assessmentverfahren Annette Grewe, Anke Piotrowski 1
Ausgangslage
Mit mehr als 10% des Bruttoinlandsproduktes und insgesamt uber vier Millionen Beschaftigten ist die Gesundheitsversorgung in Deutschland ein Wachstumsbereich, der in Anbetracht der demografischen Entwicklung noch an Bedeutung gewinnen wird und hochqualifizierte Arbeitskrafte verlangt. Innerhalb der Berufsgruppen, die den Gesundheitsberufen zugerechnet werden, stellen professionell Pflegende die grodte Gruppe. Im Gegensatz zu intemationalen Entwicklungen, die auf die steigenden Qualifikatlonsanforderungen an professionell Pflegende u.a. mit der Verlagerung der Ausbildung in den tertiSren Sektor reagiert haben, beharren selbst die in jungerer Zeit in Kraft getretenen nationalen Berufsgesetze fur die Altenpflege (AltPfIG, 2003) sowie die Gesundheits- und Krankenpflege (KrPfIG, 2004) auf dem Ausbildungsniveau der "besonderen Schulen des Gesundheltswesens", eines Fachschultypus, der tradltionell aufierhalb des dualen Systems beruflicher Bildung angesiedelt ist. Die in der Bundesrepublik vor ca. 15 Jahren begonnene Einrichtung von pflegebezogenen Studiengangen an Fachhochschulen und Unlversitaten wurde in beiden Gesetzgebungsverfahren nahezu vollstandig ignoriert. Die einzige Ausnahme betrifft die Qualifizierung von Lehrkraften an Krankenpflegeschulen: Waren vormals berufliche Weiterbildungen freier Anbieter fur die Ausubung der Lehrtatigkeit an Krankenpflegeschulen hinreichend, so wird nun die staatliche Anerkennung der Schulen an den "Nachweis einer im Verhaltnis zur Zahl der Ausblldungsplatze ausreichenden Zahl fachlich und padagogisch qualifizierter Lehrkrafte mit entsprechender, abgeschlossener Hochschulausbildung fur den theoretlschen und praktischen Unterrlcht" gebunden (§ 4 Abs. 3 KrPfIG). Uber das Hochschulniveau der Lehrerqualifikation konnen die Lander entscheiden (§ 4 Abs. 4 KrPflG), nicht jedoch daruber, auf welcher Bildungsebene die Erstausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege respektive der Altenpflege statt zu finden hat. Hier aufiert sich der Gesetzgeber dezidiert, indem die Anrechnung anderer Ausbildungen - also auch die eines Studiums der Pflege - auf maximal zwei Drittel der dreijahrigen Ausbildung in der Gesundheitsund Krankenpflege bzw. der Altenpflege beschrankt wird (§ 6 KrPfIG, § 7 AltPfIG). Es ergeben sich aus diesen gesetzlichen Vorgaben paradoxe Konstellationen:
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ANNETTE GREWE/ANKE PIOTROWSKI
Einerseits fuhrt ein Bachelor-Studium der Pflege, selbst wenn es inhaltlich den Vorgaben des KrPflG und der Ausbildungs- und Prufungsverordnung fur die Berufe in der Krankenpflege (KrPflAPrV) entsprechen wurde, nicht zur staatlichen Prufung in der Gesundheits- und Krankenpflege. MIndestens ein Jahr konventioneller Ausbildung ist vonnoten, da § 6 KrPfIG die Anrechnung auf die Ausbildung nach Zeitkriterien limitiert und nicht nach inhaltlicher Deckungsfahigkeit mit der Ausbildung bestimmt. Analoges gilt fur die Altenpflege. Unterstellt man andererseits, dass der Lehrerberuf an den Schulen des Gesundheitswesens in seinen Quallfikationsanforderungen analog zu dem an beruflichen Schulen zu sehen ist, muss in der neuen Klassiflkation von Bildungsabschlussen Im tertiaren Bereich von einem Master-Nlveau ausgegangen werden. Fur weitergebildete Lehrer/innen fur Pflegeberufe - selbst fur diejenigen, die selt Jahren verantwortlich an den Schulen des Gesundheitswesens lehren - wurde sich demnach eine Nachqualifizierungszeit
von
minimal
vier
Jahren
(sechssemestriger
BA
und
zweisemestriger MA) bis zu funf Jahren (bei viersemestrigem Masterstudium, wie es fur das Lehramt an berufsbildenden Schulen avisiert Ist) ergeben, um anschlussfahig an die im KrPfIG formulierten Vorgaben zu werden. Dies ist Insbesondere unter Karriere- und Mobilitatsgeslchtspunkten eIne nicht zu unterschatzende Hurde und somit fur einige Hochschulen Aniass genug, uber Anerkennungsverfahren aufierhochschulisch en/vorbener Kompetenzen nachzudenken.
2
Das Projekt WAWiP
Das kooperative Projekt der Hochschule Fulda und der Unlversitat Kassel "Wechselseitige Anerkennung vorgangig en/vorbenen Wissens in der Pflege" (WAWiP) ist Tell des Modellversuchsprogramms "Weiterentwicklung dualer Studienangebote im tertiaren Bereich" in der Forderachse (2): "Hochschulubergreifende Entwicklung und Erprobung von Verfahren zur Anrechnung von Qualifikationen aus der beruflichen Bildung und der beruflichen Erfahrung bei Beachtung des Internationalen Kontextes einschliefilich Qualitatssicherung" der Bund-Lander-Kommlssion fur Bildungsplanung und Forschungsf6rderung\ Das Projekt wird aus Mittein des Europaischen Sozialfonds, Politikbereich C: Berufliche und allgemeine Bildung „Neue praxisorlentierte Ausbildungseinheiten an Hochschulen zur Vorbereitung auf die Berufs- und Arbeltswelf, kofinanziert.
vgl. Bund-Lander-Kommlssion fur Bildungsplanung und Forschungsforderung, 2005
Anrechnung von Kompetenzen im Bereich Gesundheit/Pflege
55_
Die Projektkonzeption beriicksichtigt sowohl die gegenwartigen Beschrankungen, die durcli die Berufsgesetze gegeben sind, als auch die im Zuge des BruggeKopeniiagen-Prozesses angestof^enen Umdenkungsprozesse der Einstufung und Zertifizierung von Bildungsleistungen, die zumindest partiell quer zur Tradition des deutsclien Bildungssystems und seiner institutionsgebundenen Zuschreibung von Qualifikationsniveaus liegen. Es soil ein AP(E)L-Verfaliren^ entwickelt werden, das sowolil der Realitat der Bildungskarrieren in der Pflege als auch der Stufenlogik des neuen Studiengangssystems gerecht wird und prinzipiell auf andere Berufsfelder und Studienbereiche ubertragbar ist. Das Projekt WAWiP geht von folgenden aktuellen Konstellationen im Pflegebereich aus: • Alle Ausbildungen im Bereich Pflege (Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits-
und
Kinderkrankenpflege,
Altenpflege)
stehen
durch
eigene
berufsgesetzliche Regelungen aufierhalb des tradierten Systems beruflicher Bildung. Die Zugangsvoraussetzung fur die Ausbildung entspricht der Realschulrelfe. Eine abgeschlossene Ausbildung + mehrjahrige Berufserfahrung + einschlagige Weiterbildung ermoglicht in einigen Bundeslandern fur Interessierte ohne Hochschulreife den Zugang zu einer fachgebundenen Hochschulzulassungsprufung. • Der Pflegebereich ist traditlonell von einem variantenreichen Fort- und Weiterbildungsangebot gepragt, das landerdifferent und institutionsgebunden gestaltet wird. Bundeseinheitlich standardisierte Qualitatskriterien existieren bislang nicht. • Der Pflegebereich ist sowohl institutionell als auch im Aufgabenprofil heterogen: Ambulante Pflegesettings sind mit der Arbeit auf einer Intensivstation nicht pauschal vergleichbar; die Arbeit im OP fuhrt zur Ausbildung anderer Kompetenzen als die Begleitung Sterbender auf Palliativstationen oder im Hospiz, die Wahrnehmung administrativer Funktionen ist traditlonell nicht zwingend an den Nachweis erweiterter pflegefachlicher Kompetenz gebunden. Studieninteressierte aus dem Berufsfeld Pflege weisen dementsprechend ein indlviduelles Kompetenzprofil auf, das sich uber die retrospektive Beurtellung ggf. absolvierter zertifizierter Weiterbildungsleistungen nur eingeschrankt erschlieflt. Zudem wurde allein die Beurteilung absolvierter klassischer Weiterbildungslehrgange innerhalb des traditionell sanktionierten Beurteilungsrahmens zu nichts mehr fuhren konnen als zur Attestierung der erfullten Voraussetzungen fur eine Hochschulzugangsprufung.
Dieser
starre
Beurteilungsrahmen
wird
dem
tatsachlichen
Qualifizierungsniveau vieler Berufstatiger In der Pflege allerdings nicht gerecht. vgl. AP(E)L bedeutet Accreditation of Prior (Experiential) Learning. Vgl. hierzu Hannken-llljes & Lischka, 2004, S. 31 ff.
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ANNETTE GREWE/ANKE PIOTROWSKI
Der im Zuge des Brugge-Kopenhagen-Prozesses entwickelte Europaische Qualifikationsrahmen (EQF), der seit Mai 2005 in der Entwurfsfassung der Europaischen Kommission vorliegt, konnte in seiner Beschreibung und Hierarchisierung von Kompetenzniveaus sowohl ein Instrument werden, Bildungsangebote ungeachtet der anbietenden Institution prospektiv zu klassifizieren und zu akkreditieren, als auch dazu dienen, en/vorbene Kompetenzen zuzuordnen und somit transparent und "anrechnungsfahig" zu machen. Eine Voraussetzung fur die Anwendung des EQF ist die einheitliche, Kompetenzniveaus ausweisende Beschreibung aller fornnalisierten Bildungsangebote - somit auch eines Studiengangs. Ein Teilbereich des Projektes WAWiP ist dieser Aufgabe gewidmet. Als quantitative Bezugsgrofie wurden die Module der pflegeorientieren Bachelor- und Master-Studiengange der Hochschule Fulda und der Unlversitat Kassel gewahit, da in Anbetracht der differenten Karrieren potenzieller Anrechnungs-Bewerber/innen davon aus zu gehen ist, dass Anerkennungen auflerhochschulisch en/vorbener Kompetenzen nicht semesterpauschal ausgesprochen werden konnen. Unter Bezugnahme auf die Kompetenzbeschreibungen der Module - nach den Kriterien der Entwurfsfassung des EQF als "Kompetenzstandard" formullert - konnen Interessierte ein Anerkennungsverfahren durchlaufen, das nach angloamerikanischem Vorbild als Portfolio-Assessment durchgefuhrt wird. 2.1
Portfolio-Assessment
Im Gegensatz zu pauschalisierten Anrechnungsverfahren zertifizierter Bildungsleistungen werden im Portfolio-Assessment individuell vorhandene Kompetenzen, ungeachtet des Werdeganges ihres Erwerbs, "gepruft" bzw. uber ein Begutachtungsverfahren einem Kompetenzniveau zugeordnet. Im Kontext der Anrechnung auf Studienbereiche bilden die Module des jeweillgen Studiengangs die Bezugsgrofie. Kern des Portfolio ist die schriftliche Darstellung der eigenen Fahigkeiten, Kenntnisse und Kompetenzen durch den/die Antragsteller/ln unter Bezugnahme auf die Im Kompetenzstandard des Moduls ausgewiesene inhaltliche Ausrichtung und das jeweilig modulspezlfische Kompetenzniveau. Dem Antrag werden entsprechende Referenzen und Belege beigefugt, die die Argumentation stutzen. Das Portfolio wird in der Regel von dem/der Modulverantwortlichen begutachtet und eine Empfehlung an den Prufungsausschuss ausgesprochen, der dann uber die Anrechnung entscheidet. Eine wesentliche Voraussetzung fur eine "erfolgreiche Antragstellung" ist die Beratung und Begleltung der Antragsteller/innen und - zumindest in der Aniaufphase - auch der Fachgutachter/innen, da das Portfolio-Assessment im deutschen Bildungssystem, von Ausnahmen z.B. in kunstlerischen Studiengangen abgesehen, noch nicht
Anrechnung von Kompetenzen im Bereich Gesundheit/Pflege
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etabliert ist. Gleichermafien fallt beiden Seiten - Antragsteller/innen wie Fachgutachter/innen - die Auflistung von Lern- bzw. Lehrinhalten leicht, die Formulierung von und Orientierung an Kompetenzen und Fahigkeiten, vor allem differenziert nacli Niveaustufen, dagegen sciiwer. Als unerlassliche Richtgrofie und Hilfe fiir die Selbsteinschatzung und die Fremdbewertung dient die Ausweisung eines Kompetenzstandards fiir jedes Modul. 2.2
Kompetenzstandard
Die Moglichkeit, dass Kompetenzen transparent, (wechselseitig) verstanden, bewertet bzw. zertifiziert und somit explizit; gesellschaftlich und individuell folgenreich werden konnen, hangt mit ihrer Kodifikation und Standardisierung zusammen. Wichtige Aspekte fiir eine solclie Standardisierung sind: 1. Anerkennung, 2. Normierung im Bezugssystem, und 3. Qualitatssicherung.^ Zweckmaflig und notwendig erscheint uns, bei der Formulierung von Kompetenzstandards die berufliche Handlung zum Ausgangspunkt zu nehmen. Diese Handlung muss in das Spannungsfeld von Wissenschaft und Praxis hineingelegt und aus diesem Spannungsfeld unter Koinzidenzbedingungen von Absicht und Handlung komplex beschrieben werden. 2.2.1 Entwicklung eines Verfahrens zur Formulierung von Kompetenzstandards Als Grundlage fur die Formulierung von Kompetenzstandards wird im Projekt WAWiP das bereits erwahnte Consultation Document der Arbeitsgruppe zu einem Europaischen Qualifikationsrahmen fur lebenslanges Lernen (EQF) der Kommission der Europaischen Gemeinschaften vom 27.05.2005 genutzt. Der EQF soil nach Vorstellung der Kommission einen Metarahmen bilden, der es ermoglicht, nationale und sektorale Qualifikationsrahmen und -systeme in Bezug Anerkennung (1) bedeutet, dass viele ahnliche Institutionen ein hohes Gewicht auf die Ausbildung derselben komplexen und berufsspezifischen Kompetenzen legen. Hinter der Normierung im Bezugssystem (2) steht die Festlegung einer minimalen Zahl solcher Kompetenzen, die im Diskurs der Fachleute Akzeptanz finden. Qualitatssicherung (3) meint die Validitat und Reliabilitat mit der eIne Kompetenz im Feld gezeigt werden muss, damit man von Kompetenzbeherrschung spricht. Diese Kriterien sind mehrfach gefahrdet. So ist beispielsweise eine Kompetenz nur uber sichtbare Handlungsformen festzuhalten, also nur uber die eher unvollstandige Performanz (diese ist gegeben, wenn der Kontext, die zur Verfugung stehende Zeit Oder die persGnliche Disposition es nicht zulassen, dass man eine Kompetenz in ihrer vollen Entfaltung zum Zuge kommen lasst). Eine weitere Storung einer professionellen Kompetenz stellt die Routine, die aus erlebter Praxis kommt, dar. Vgl. Oser, F./Oelkers, J., 2001
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ANNETTE GREWE/ANKE PIOTROWSKI
zueinander zu setzen. Durch die Verbindung bestehender Qualifikationsstrukturen und -systeme mit dem EQF sollen berufliche Zertifikate wechselseitig besser verstanden und bewertet werden konnen. Der EQF soil das lebenslange Lernen unterstijtzen und dafur sorgen, dass die Ergebnisse des Lernens (learning outcome) angemessen beurteilt und genutzt werden. Kern des vorgeschlagenen Qualifikationsrahmens sind 8 Referenzniveaus, die die unterschiedlichen Niveaus von Qualifikationen aus den verschiedenen Bildungssystemen (z.B. Schulblldung, Berufsbildung, Hochschulbildung) und dem lebenslangen Lernen verlasslich abbilden sollen. Jewells in Termini von Lernergebnissen werden Deskriptoren in den Bereichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen im weiteren Sinne (personliche und fachliche Kompetenzen, die differenziert werden in Selbstandigkeit und Verantwortung, Lernkompetenz, Kommunikatlonskompetenz und soziale Kompetenz, Fachliche und berufliche Kompetenz) beschrieben. Die drei Arten von Lernergebnissen schreiten vom niedrigsten bis hin zum hochsten Qualifikationsniveau voran."* 2.2.2
Das Verfahren
Im ersten Schritt wird der Titel des Standards festgelegt. Der Titel des Kompetenzstandards bezeichnet diejenige berufliche Handlung, deren sachgerechte und effizlente Beherrschung zertlfiziert werden soil. Im Weiteren werden analog den Kriterien des EQF Kompetenzen formuliert, die fur die vollstandige berufliche Handlung (Handlungsplanung, -durchfuhrung und -evaluation) relevant sind und gleichzeitig den curricularen Modulzielen entsprechen.^ Der Titel des Kompetenzstandards Der Titel eines Kompetenzstandards besltzt die Form: Gegenstand + Verb (+ Spezifizierung). Er beschreibt, welche Handlung an welchem Objekt auszufuhren ist und benennt gegebenenfalls einschrankende Kriterien und Umstande.
vgl. Kommission der Europaischen Gemeinschaften: Arbeitsunterlage der Kommissionsstellen, 2005, S. 20ff Die Kompetenzstandards werden mit Hilfe des im Folgenden dargestellten Leitfadens und unter Anieitung der Projektmitarbeiter/innen von den Modulverantwortlichen - als Experten/innen fur berufsrelevante Kompetenzen - formuliert. Der Wechsel von einer traditioneli input-orientierten Curriculumbeschreibung zur Fonnulierung von berufsreievanten Kompetenzen setzt ein Umdenken voraus; fuhrt u. U. zu einer Reflexion der ModuJpianung und durchfuhrung und kann so gesehen der Professionallsierung und Qualitatssicherung dienen.
Anrechnung von Kompetenzen im Bereich Gesundheit/Pflege
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Kompetenzen haben eine bestimmte Hohe (der Entscheidungs- und Komplexitatsumfang einer Kompetenz) und eine Breite (wie viele ahnliche Handlungen der Standard mit einschliefit). Fur den Beispielkompetenzstandard „Lehr- und Lernszenarien fur die berufliche Aus- und Weiterbildung methodisch - didaktisch planen" bedeutet Breite, dass sich die Kompetenz z.B. nicht nur auf ein Unterrichtsfach bezieht und Hohe, dass die Kompetenz z.B. einschliedt, dass Entscheidungen zur Gestaltung von Lernumgebungen theoriebasiert, unter Berucksichtigung aktueller individueller, sozialer und didaktischer Bedingungen getroffen werden konnen. Eine zu enge Eingrenzung von Kompetenzstandards z.B. auf Teilhandlungen, Spezialisierungen oder bestimmte Produkttypen fuhrt zu einer Uberlast an entsprechenden Zertifikatsprijfungen. Zudem haben solch kleinteilig angelegte Kompetenzen in der Regel eine kurze Halbwertzeit und mussen haufig revidiert werden. Sind Kompetenzen andererseits sehr offen und allgemein gehalten, leidet die Uberprufbarkeit und damit die Verlasslichkeit und Akzeptanz des Standards. Im Projekt WAWIP haben wir uns daher bislang fur die folgenden Maflgaben zum Umfang von Kompetenzen entschieden. •
Die berufliche Handlung, auf die sich ein Kompetenzstandard bezieht, ist diejenige Funktion, die EINE Person im Arbeitsprozess ubernimmt, d.h. wenn mehrere Personen arbeitsteilig an ihr beteiligt sind (z.B. eine Hirnoperation durchfuhren), muss sle kleiner geschnitten werden.
•
Die berufliche Handlung muss eine vollstandige sein, d.h. Planung, Ausfuhrung und Evaluation beinhalten. Die berufliche Handlung muss der Beschaftlgungsfahigkeit (employability) dienen, d.h. auf dem Arbeltsmarkt verwertbar sein. Die berufliche Handlung muss an einer breiten Palette von Arbeitsplatzen benotigt werden. Es sollen keine betriebs- oder produktspezifischen Kompetenzstandards entwickelt werden, die Mobilitat letztllch eher behindern als unterstutzen.
• •
Fertigkeiten benennen In einem zweiten Schritt werden diejenigen Fertigkeiten (skills) benannt, die fur die Durchfuhrung der beruflichen Handlungen notwendig sind. Fertigkeiten verstehen wir im Sinne des EQF als „funktionale Kompetenz [...], die zur Ausubung einer konkreten Tatigkeit erforderlich ist"^. Sie bezeichnen somit Teilkompetenzen bzw. Teilhandlungen eines Kompetenzstandards. Fertigkeiten werden vgl. Arbeitsunterlage der Kommissionsstellen der Kommission der EG, 2005, S. 13
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ANNETTE GREWE/ANKE PIOTROWSKI
daher entlang der Frage identifiziert: Welche Teilhandlungen muss eine Person beherrschen, wenn sie die berufliche Handlung des Kompetenzstandards sicher und effizient ausfuhren soil? Beispiele fur den Kompetenzstandard „Lehr- und Lernszenarien fur die berufliche Aus- und Welterbildung methodisch - didaktisch planen" sind: • berufliche Bildungsziele identifizieren und begrunden • Methoden beruflicher Bildung mit Bezug auf Lerntheorie begrundet auswahlen und ggf. neu entwickein • • •
Lehr-/Lernszenarien systematisch und begrundet planen Medien gezielt und situationsadaquat auswahlen Moglichkeiten der Klassenfuhrung in die Planung einbeziehen Das eigene Planungshandein reflektieren und evaluieren
Kenntnisse festlegen Den einzelnen Fertigkeiten bzw. Teilhandlungen lassen sich nun Kenntnisse zuordnen. Es sollen hier die Kenntnisse benannt werden, die zur Ausfuhrung der beruflichen Handlung auf einer bestimmten Niveaustufe des Qualifikationsrahmens notwendig sind. Zu berucksichtigen sind dabei Faktenwissen, konzeptuelles Wissen und Kontextwissen. Beispiele fur den Kompetenzstandard „Lehr- und Lernszenarien fur die berufliche Aus- und Welterbildung planen" sind: • Einschlagige wissenschaftliche Konzepte von Bildung, Erziehung und Unterricht in Geschichte und Gegenwart • Struktur und Entstehung curricularer Grundlagen der Aus- und Welterbildung • Theorien, Grundlagen und Bedingungen des Lehrens und Lernens • Medienpadagogische Konzepte • Aktuelle Konzepte und Theorien der Klassenfuhrung Selbststandigkeit und Verantwortung Wo selbststandig und eigenverantwortlich gearbeitet wird, konnen neben erwiinschten auch unen/vunschte Handlungsfolgen auftreten. Hier gilt es zu benennen, welche Konsequenzen fur den Arbeitsprozess, die arbeitende Person, den Arbeitsgegenstand und die soziale wie okologische Umwelt aus der beruflichen Handlung resultieren konnte. Daraus lasst sich die Verantwortung des Handelnden innerhalb der Grenzen ableiten, die durch andere (z.B. Sicherheitsnormen, technische Vorgaben etc.) gesetzt sind.
Anrechnung von Kompetenzen im Bereich Gesundheit/Pflege
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Beispiele fur den Kompetenzstandard „Lehr- und Lemszenarien fur die berufliche Aus- und Weiterbildung planen" sind: •
Unterricht unter Berucksichtigung ressourcieller und personeller Rahmenbedingungen planen
•
eigenstandig und flexibel die eigene Planung situativen Bedingungen anpassen
Lernkompetenz Die Lernkompetenz bezieht sich nicht auf das Lernen, das zur Eriangung der jeweils gemeinten Kompetenz notwendig ist, sondern vielmehr auf die Lernkompetenz, die nach En^/erb des Kompetenzstandards Teil der Handlungskompetenz Ist und fur lebenslanges Lernen erforderlich ist. Beispiele fur den Kompetenzstandard „Lehr- und Lemszenarien fur die berufliche Aus- und Weiterbildung planen" sind: •
konstruktives Feedback zum Unterricht Innerhalb von Kollegien geben und annehmen
•
Weiterbildungsbedarfe erkennen und formulleren
Kommunikationskompetenz und soziale Kompetenz Die Fahigkeit zu kommunizieren umfasst die schriftliche und mijndllche Kommunikation innerhalb berufstyplscher Arbeits- und Geschaftsprozesse, d.h. im Arbeitsteam, mit vor- und nachgeordneten Abteilungen und mit Kundinnen und Kunden. Je nach Qualifikationsniveau werden hier zunehmend solche kommunikativen Fahigkelten verlangt, die Entscheldungen nicht nur kommunizieren, sondern auch situationsadaquat begrunden und vermltteln. Beispiele fur den Kompetenzstandard „Lehr- und Lemszenarien fur die berufliche Aus- und Weiterbildung planen" sind: • Methodisch-didaktische Entscheldungen situationsadaquat und In Einklang mit einer koharenten padagogischen Haltung begrunden • Curriculare und methodische Entscheldungen im Team treffen • Entscheldungen zur Unterrichtsplanung methodisch-didaktisch begrunden und fur das Schulprofil wirksam werden lassen • Lehr-/Lernszenarien gemeinsam mit Kooperationspartnern in der beruflichen Bildung entwickein Fachliche und berufliche Kompetenz Diese Kategorie des EQF eroffnet die Moglichkeit, der Beruflichkeit als eigenstandigem Beschreibungskriterium innerhalb eines Kompetenzstandards Gultigkeit zu verschaffen. Gefragt wird hier nach dem Grad der Professionalitat bzw. der Autono-
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ANNETTE GREWE/ANKE PIOTROWSKi
mie, der erforderlich ist, um krisenhafte Situationen nicht durch Anwendung vorgegebener
Normen,
sondern
fallbezogen
unter
Heranziehung
theoretischen
und
erfahrungsbasierten Wissens zu losen. Beispiel fur den Kompetenzstandard „Lehr- und Lemszenarien fur die berufliche Ausund Weiterbildung planen" •
Theoriebasierte Entscheidungen zur Gestaltung starker Lernumgebungen unter
Berucksichtigung
aktueller
individueller,
sozialer
und
didaktischer
Bedingungen und Wechselwirkungen in einer spezifischen Lehr- / Lernsituation treffen Nachdem die einzelnen Kriterien fur den Kompetenzstandard beschrieben sind, werden die Inhalte mit dem EQF abgeglichen.Der Abgleich mit dem EQF soil dazu fuhren, dass der Kompetenzstandard moglichst einem Qualifikationsniveau zugeordnet werden kann. Bevor die so formulierten Kompetenzstandards als Grundlage fur das AssessmentVerfahren genutzt werden konnen, mussen sie in umfangreichen Validierungs- und Evaluationsprozessen mit verschiedenen Akteuren (insbesondere Fachkollegien, Expertenrunden aus dem Praxisbereich) gepruft und diskutiert werden.
3
Perspektiven
Individuelle Anerkennungsverfahren wie das vorgestellte Portfolio-Assessment sind gegenwartig die am besten geeigneten Verfahren, der Vielfalt von Auspragungen und Niveaustufen aufierhochschulisch en/vorbener Kompetenzen im Pflegebereich zu entsprechen. Problematisch gestalten sich derartige Verfahren unter dem Aspekt zunehmend eingeschrankter personeller Ressourcen an den Hochschulen, da die Koordinierung und vor allem die Betreuung der Antragsteller/innen einen nicht unerheblichen Zeitaufwand darstellen. Im Zuge der Schaffung eines europaischen Bildungsraumes konnte ein Europaischer/ Natlonaler Qualifikationsrahmen mit der Ausweisung von Kompetenzniveaus ein Instrument werden, Bildungsangebote insgesamt transparenter zu machen. Voraussetzung fur eine Pauschalanerkennung derartiger zertifizierter Bildungslelstungen durch Hochschulen ware die einheitliche externe Qualitatssicherung der entsprechenden
Bildungsangebote
im Sinne
einer Akkreditierung
durch
autorisierte
Agenturen analog des Verfahrens der Akkreditierung von Studiengangen. Gleichwohl die Problematik einer fur alle Bildungsbereiche einheitlichen "Bildungswahrung" in Form von Lernzeit-definierten Credits uber ein Akkreditierungsverfahren beruflicher
Anrechnung von Kompetenzen im Bereich Gesundheit/Pflege
63
Weiterbildungsangebote nicht ad hoc losbar ist, ware die Attestierung eines Kompetenzniveaus einer Weiterbildungsmaflnahme ein erster zielfuhrender Schritt und fur alle Beteiligten nur von Vorteil: Fur die Weiterbildungstrager ergaben sich Positionierungsvorteile im Markt, die Teilnehmer/innen hatten die Sicherheit des Wertes ihrer Leistungen, fur die Hochschulen wurden nachweislich auf dem jeweilgen Studiengangsniveau vereinfachen.
erbrachte
Weiterbildungsleistungen
die
Anerkennung
wesentlich
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ANNETTE GREWE/ANKE PIOTROWSKI
Literatur Bund-Lander-Kommission fur Bildungsplanung und Forschungsforderung (Hrsg.): Weiterentwicklung dualer Studienangebote im tertiaren Bereich. Auftaktveranstaltung zum BLK-Programm am 23./24. Juni 2005 in Fulda. Materialien zur Bildungsplanung und zur Forschungsforderung, Heft 132, 2005 Hannken-llljes, Kati & Lischka, Irene: Ansatze zur Systematisierung von Lernleistungen im Rahmen eines Leistungspunktesystems und Lebenslangen Lernens (LLL), unter Berucksichtigung der europaischen Perspektive Einordnung und Zusammenfassung wesentllcher Rechercheergebnisse. In: Stamm-Riemer, Ida (Hrsg.): Lebenslanges Lernen. Zur Verknupfung von akademischer und beruflicher Bildung. BWV Berliner Wissenschafts-Verlag 2004,8.23-41. Kommission der Europaischen Gemeinschaften: Arbeitsunterlage der Kommissionsstellen: http://europa.eu.int/comm/education/policies/educ/eaf/index en.html 2005 [14.08.06] Kultusministerkonferenz (KMK): Landergemeinsame Strukturvorgaben gemafl §9 Abs. 2 HRG fur die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengangen. Beschluss der KMK vom 10.10.2003 Oser, Fritz & Oelkers, Jurgen (Hrsg.): Die Wirksamkelt der Lehrerblldungssysteme. Von der Allrounderbildung zur Ausbildung professioneller Standards. Ruegger, Zurich, 2001
Von Kompetenz zu Credits - Anrechnung formaler und informeller Lernleistungen am Beispiel der Entwicklung eines Leistungspunktesystems in der IT-Weiterbildung Stefan Grunwald 1
Einleitung
Die Durchlassigkeit zwischen dem beruflichen und hochschulischen Bildungsbereich bzw. deren flexible Verzahnung ist eine alte Forderung. Mit der Entwicklung des neuen IT-Weiterbildungssystems wurde dieser Forderung erneut Nachdruck verllehen. Es besteht nunmehr erstmalig die Chance - unterstutzt durch die europaische und nationale Bildungspolltik - einen substantiellen Beitrag zu leisten fur bildungsokonomische und individuelle Moglichkeiten des EIn- und Umstiegs in beide Bildungsbereiche. Das neue IT-Weiterbildungssystem ermoglicht aufbauend auf dem Facharbeiterabschluss eine systematische berufliche Qualifizierung auf drei Ebenen: Vom ,ITSpezialisten' zum ,operativen' und danach zum ,strategischen IT-Professional'. Die aufelnander aufbauenden Qualiflkationsstrukturen und Inhalte sind dabei weitgehend vergleichbar mit jenen der konsekutiv gestalteten Studiengange im Bereich der Informatik. Die Vergleichbarkeit oder auch die Aquivalenz (Gleichwertigkeit) mit einem Leistungspunktesystem (LPS) in Aniehnung an hochschulische Modelle zu belegen, ist daher nicht nur sinnvoll, sondern unbedingte Voraussetzung fur die Anrechnung der in der beruflichen Bildung erworbenen Qualifikationen auf weiterfuhrende hochschulische Bildungsangebote bzw. Hochschulabschlusse. Inwieweit das European Credit Transfer System (ECTS, Stand Ende 2004) fur ein an die Bedingungen der beruflichen Bildung angepasstes LPS Vorbild sein kann, soil Gegenstand des Beitrags sein. Nach einer entsprechenden Darstellung des ITWeiterbildungssystems und einer kurzen Eriauterung zum ECTS werden die Besonderheiten eines LPS in der beruflichen Bildung aufgezeigt und anschliedend erste Ansatze eines beruflichen LPS sowie erste Ergebnisse einer Expertenbefragung vorgestellt.
66
2
STEFAN GRUNWALD
Das IT-Weiterbildungssystem
Im Jahr 1999 wurde im Bundnis fur Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfahigkeit eine ..Offensive zum Abbau des Fachl
vgl. z. B. Rogalla/Witt-Schleuer 2003
67
Leistungspunktesystem in der IT-Weiterbildung
Fiihrungskarriftr* IT-Fachkriftc
Abb. 1: Strukturdes IT-Weiterbildungssystems (entnommen aus Grunwald u. a. 2004)
Die Abschlusse der Spezialistenebene sind nicht gesetzlich geregelt, sondern bewegen sich im privatwirtschaftlich organisierten, ISO-normierten Zertifikatsbereich^. Die Abschlusse bzw. Prufungen der beiden Professionalebenen hingegen sind in der ITFortbildungsverordnung^ festgeschrieben. Daraus ergeben sich unterschiedliche zustandige Stellen, die die „Prufungshoheit" in den einzelnen Ebenen haben. Die Kandidaten der Spezialistenebene werden auf der Basis international giJltiger Normen (insbesondere ISO/I EC 17024:2003) und einheitlicher fachlicher Standards von privatwirtschaftlich organisierten Zertlfizierungsstellen wie der Cert-lT* gepruft und zertifiziert. Gegenstand der Zertifizierung ist die Ankerkennung und Beurkundung von im individuellen Arbeitsprozess angeeigneten Handlungskompetenzen, wie sle wahrend einer Quallfizierung nach dem Konzept der arbeitsprossorientierten Weiterbildung
(APO)
erworben
werden.
Damit
steht
der
Nachwels
des
eigenverantwortlichen Handelns des Kandidaten im Mittelpunkt der Prufung. Im Gegensatz zur klassischen Kenntnispriifung zlelt die Prufung bei Cert-IT auf die Umsetzung eines Gesamtsystems zur Integration von Arbeiten und Lernen ab. Die operative und strategische Professionalebene sind als offentlich-rechtllche Abschlusse im Berufsbildungsgesetz^ geregelt. Die hier genannten zustandigen Stellen sind die Industrie- und Handelskammern. Grunwald/Gamer 2002 IT-Fortbildungsverordnung vom 03. Mai 2002 [BGBI. S. 1547] geandert durch Verordnung vom 29. Juli 2002 [BGBI. S. 2904] www.cert-it.com genauer: § 46 (2) BBiG
68
STEFAN GRUNWALD
Die Vergleichbarkeit im Betrieb erworbener Kompetenzen mit hochschulischen Leistungen soil zwar bereits auf der Spezialistenebene beginnen, die Aquivalenz der jeweiligen Abschlusse wird hier jedoch auf der Professionalebene festgestellt. Zum besseren Verstandnis der Aquivalenzuberlegungen wird im Folgenden kurz auf die Prufung der Professionalebene und die damit verbundene IT-Fortblldungsverordnung eingegangen. 3
Die IT-Fortbildungsverordnung
Gemafi der Vereinbarung der Spltzenorganisationen der Sozialpartner ist es ein gemeinsames Ziel mit dem Bund und den Landern die Gleichwertigkeit beruflicher und allgemeiner Bildung zu ven/virklichen^. Auf diesem Wege soil nun ein weiterer Schritt mit dem Ziel getan werden, die Anrechnung beruflich en/vorbener Qualifikationen auf die Hochschulausbildung zu ermoglichen und so die Durchlassigkeit zwischen beiden Systemen zu erhohen. Diese Erklarung stellt die politische Grundlage fur die Aquivalenzuberlegungen dar, da sich diese explizit auf die ITFortbildungsverordnung als Beispiel zur Umsetzung des Aquivalenzvorhabens bezieht. Im Folgenden werden die Gliederung und das Ziel der Prufung, die in der ITFortbildungsverordnung eindeutig festgelegt sind, gegliedert nach operativer und strategischer Professionalebene kurz dargestellt. Die ausfiihrliche Darstellung ist der Fortbildungsverordnung direkt zu entnehmen.
Erklarung der Spltzenorganisationen der Sozialpartner und der Bundesmlnlsterlen fur Bildung und Forschung sowie fur Wirtschaft und Technologle zur Umsetzung von Leistungspunktesystemen In der beruflichen Weiterblldung am Besplel der IT-Fortbildungsverordnung. In Bundesmlnisterium fur Bildung und Forschung (Hrsg.), IT-Welterbildung mit System. Neue Perspektiven fur Fachkrafte in Unternehmen (S. 223-224). Bonn: BMBF.
Leistungspunktesystem in der IT-Weiterbildung
3.1
69_
Gliederung und Ziel der Prufung der operativen Professionalebene
Die Prufung fur die operativen Professionals gliedert sich jeweils in die folgenden drei Prufungsteile: 1. Betriebliche IT-Prozesse 2. Profilspezifische IT-Fachaufgaben 3. Mitarbeiterfuhrung und Personalmanagement Die einzelnen Prufungsteile konnen in beliebiger Reihenfolge innerhalb von zwei Jahren absolviert werden. Ziel der Prufung der operativen Professionals ist der Nachweis der jeweiligen Qualifikation und damit die Befahlgung, Arbeits- und GeschSftsprozesse inn Bereich der Entwicklung, Projektieitung, Beratung und des Vertriebs inn Unternehmen selbststandig operativ absolvieren zu konnen. 3.2
Gliederung und Ziel der Prufung der strategischen Professionalebene
Die Prufung fur die strategischen Professionals gliedert sich jeweils in die folgenden drei Prufungsteile: 1. Strategische Prozesse 2. Projekt- und Geschaftsbeziehungen 3. Strategisches Personalnnanagement Die einzelnen Prufungsteile konnen in beliebiger Reihenfolge innerhalb von zwei Jahren absolviert werden. Ziel der Prufung der strategischen Professionals ist der Nachweis der jeweiligen Qualifikatlon und damit die Befahigung, strategische Entscheidungen im Unternehmen selbststandig und unter Berucksichtigung relevanter Einflussfaktoren treffen zu konnen.
4
Grundlagen eines LPS im System der IT-Weiterbildung
Ziel der Aquivalenzuntersuchungen ist es, die in Lern- und Arbeitsprozessen formell und informell erworbenen beruflichen Kompetenzen nachweisbar und somit auch anrechenbar auf weiterfuhrende Bildungsgange zu machen. Die Basis dafur sind detaillierte Aussagen zu beruflich erworbenen Qualifikationen, dem Niveau, auf dem sie sich befinden sowie zugewiesene Leistungspunkte.
70
STEFAN GRUNWALD
Im Hinblick auf die Anrechenbarkeit auf hochschulische Bildungsgange erscheint es einerseits ratsam und zweckmaliig, ein LPS fur die berufliche Bildung an eher quantitative Modelle anzulehnen, die den Hochschulen vertraut sind. Andererseits muss auch eine qualitative Bewertung des Kompetenzerwerbs ermoglicht werden, urn die Gleichwertigkeit beruflicher und allgemeiner Bildung zu legitimieren. 4.1
European Credit Transfer Systems (ECTS)
Ein zum Zeitpunkt der Studie Ende 2004 eher quantitativ orientiertes LPS ist das ECTS (European Creditpoint Transfer System). Das ECTS ist ein einheitliches europaisches Credit-Punkte-System zur Anrechnung von Studienlelstungen. Auf nationaler Ebene bot das 1998 novelllerte Hochschulrahmengesetz die gesetzliche Grundlage fur die Einfuhrung von LPS in Verbindung mit der Entwicklung konsekutiver Studienangebote in Form von Bachelor- und Masterstudiengangen. Seitdem steigt die Zahl der deutschen Hochschulen, die gestufte Studiengange anbieten und gleichzeitig ein Credit-Punkt-System einfuhren, vorrangig das ECTS. Im Jahr 2000 hatten bereits etwa zwei Drittel der Hochschulen das ECTS in einem oder mehreren Studienfachern eingefuhrt. Dieses System Ist gekennzeichnet durch curriculare Transparenz. Die Studieninhalte des entsprechenden Studiengangs werden detailliert dargestellt und in Studieneinheiten eingeteilt. Dazu gehoren sowohl die Lehrveranstaltungen als auch Zeiten des Selbststudiums und der Prufungen. Ein Gremium vergibt dann eine entsprechende Anzahl von Credits fur jede Studieneinheit proportional zum Gesamtaufwand im Semester, fur das insgesamt 30 Punkte zur Verfugung stehen. Die Credits sind somit eine quantitative Mafieinheit fur den notwendigen Studienaufwand der Studierenden, um die definierten Studieneinheiten (input) zu absolvieren, und werden von den Hochschulen gegenseitig, in der Regel bilateral, anerkannt. Mit dem so gearteten ECTS (Stand Ende 2004) wird somit nicht die Qualitat bzw. das Niveau der Studieninhalte erfasst noch gibt es Auskunft uber tatsachlich erworbene Qualifikationen und Kompetenzen. 4.2
Besonderheiten eines LPS in der beruflichen Bildung
Das sind entscheidende Grunde dafur, weshalb das ECTS (Stand Ende 2004) nur teilweise tauglich ist fur einerseits eine Aquivalenzfeststellung und schlieflllch andererseits fur die Anrechenbarkeit beruflich erworbener Qualifikationen und
Leistungspunktesystem in der IT-Weiterbildung
71
Kompetenzen durch die Hochschule auf weiterfuhrende Bildungsgange bzw. abschlusse. Dafur werden qualitative Aussagen zum Beispiel in Form von Niveauoder Levelbeschreibungen benotigt. Darijber hinaus sind in der beruflichen Bildung und insbesondere auch in der Weiterbildung Prufungsordnungen mafigeblich fur die Qualifizierung. Im Mittelpunkt dieser stehen zwar auch Kenntnisse und Wissen, jedoch zunehmend die Bewertung der berufliclien Handlungsfahigkeit, also tatsachlich vorhandene Qualifikationen und Kompetenzen. Eine weitere Besonderheit eines LPS fur die berufliche Bildung besteht in der Berucksichtigung der - im Vergleich zur hochschulischen - unterschiediichen Methodik der beruflichen Qualifizierung. Arbeits- und handlungsorientierte Prozesse bestimmen die Aus- und Weiterbildung und verandern folglich in diesem Sinne auch die Prufungen. Es ist unumganglich, Leistungspunkte fur diese Form des Lernens und Prufens zu vergeben. Zwar werden im ECTS ebenso die PraxIssemesterZ-anteile berucksichtigt, jedoch auf rein quantitativer Basis. Im Zusammenhang mit anwendungsorientierten Lehr- und Lernprozessen steht nicht minder auch eine Berucksichtigung informeller Lernprozesse und bereits erworbener beruflicher Erfahrungen in einem LPS der beruflichen Bildung. Auch hier bietet das ECTS (Stand Ende 2004) keine Anknupfungsmoglichkeiten. Es sind verschiedene Besonderheiten, die durch das ECTS nicht allein abgedeckt werden konnten. Jedoch gibt es andere, aus dem ECTS weiterentwickelte hochschulische Punktesysteme'', die zum Aufbau eines LPS in der beruflichen Bildung herangezogen werden konnen. Dazu zahit das „Credit-Rahmenwerk", welches fur die Fachhochschulen in Baden-Wurttemberg entwickelt wurde^. Ziel war es, neben der bis dahin ausschliefilich quantitativen auch eine qualitative Bewertung vornehmen zu konnen gekoppelt mit einer klaren Ausrichtung auf Kompetenzen statt auf Inhalte. Dieses Creditsystem entsprach damit eher den Anforderungen, die zur Aquivalenzfeststellung in der beruflichen Aus- und Weiterbildung notwendig sind und war daher auch Grundlage fur erste Uberlegungen und Ansatze eines LPS in der beruflichen Bildung am Beispiel des IT-Bereichs.
z.B. das Ulmer Modell; siehe Gehring 2002 Roscher/Sachs 1999
72
STEFAN GRUNWALD
4.3
Ansatze eines LPS in der beruflichen Bildung
In einem ersten Schritt wurden die Definitionen und Prinzipien des CreditRahmenwerks Baden-Wurttemberg in die „Sprache" der beruflichen Bildung „ubersetzf. So auch die Eckpunkte, die bei der Vergabe von Credits zu beriicksichtigen sind. Dazu gehoren die Beschreibung der Standard-Lernergebnisse, die Niveau/Levelstufen, auf dem sich die Standard-Lernergebnisse bewegen und die angenommene Lernzeit, die benotigt wird, urn das Standard-Lernergebnis zu erreichen. Fur ein LPS in der beruflichen Bildung wurde das im Einzelnen bedeuten: Ein Punkt ist eine Bildungswahrung als Mittel zur Quantifizierung •
•
•
EinesStandard-LernergebnIsses; Hier wird das beschrieben, was der Prufling zum EnA^erb eInes Creditpunkts mindestens wissen oder verstehen muss und/oder welche Kompetenzen er/sie fur die Ausubung einer bestimmten Tatigkeit besitzt, also genau das, was die IT-Prijfungsordnung mit den entsprechend zu beherrschenden Arbeits- und Geschaftsprozessen vorschreibt. auf einem bestimmten Niveau (Level); Hier wird der operative Kontext umschrleben, In welchem die Kompetenzen einzusetzen sind, der Grad der Anforderungen und deren Komplexitat sowie das Mafl der notwendigen Selbstandigkeit beim Ausuben einer Tatigkeit. Es werden vier Niveau-ZLevelstufen unterschieden, wobei das Anspruchsniveau mit dem Zahlenwert steigt. in einer bestimmten angenommenen Lernzeit. Das ist die geschatzte Zeit, die Lernende im Durchschnitt benotlgen, um defi nierte Kenntnisse/Kompetenzen zu erreichen. Es bezieht sich auf Zeitstunden 1h=60min. Es umfasst alle Aktivltaten, die zum Erwerb von beruflicher Hand lungskompetenz fuhren, das heilit insbesondere: a) Kontaktstunden mit Trainern, Fachberatern und Betreuern in Seminaren, Workshops, Fach- und Reflexionsgesprachen, Prasentationen und Teambesprechungen; b) Qualifizierungszeiten In Transfer-ZArbeitsprozessen in Teams, Workshops, bei Planspielen/Simulationen c) selbstgesteuertes Lernen, e-Learning d) Dokumentation, Prufungen
Jede der vier Niveau-ZLevelstufen wird durch ein Paket von elf Kriterien umschrleben, die drei Bereichen zugeordnet werden konnen. Dazu gehoren erstens Aussagen zum operativen Kontext (1.1 Kontext-MerkmaleZ „Denken in Prozessen", 1.2 Verantwor-
73
Leistungspunktesystem in der IT-Weiterbiidung
tung, 1.3 Ethisches Verstandnis), zweitens zu kognitiven Beschreibungsmerkmalen (wie 2.1 Wissen und Verstandnis, 2.2 Analyse, 2.3 Synthese/Kreativitat, 2.4 Evaluation) und drittens zu ubertragbaren Fahigkeiten (wie 3.1 Problemlosung, 3.2 Planen und Organisieren des Lernens, 3.3 Kommunikation und Prasentation, 3.4 Selbsteinschatzung/Reflexion der Praxis). Die Beschreibungen fur jede Levelstufe sind damit sehr komplex aber auch abstrakt. Das folgende Beispiel in Aniehnung an Roscher/Sachs
soil
die
Umschreibung
der
unterschiedlichen
Niveaus/Levels
verdeutlichen. So wie das Kriterium „Probleml6sung" sind alle anderen Kriterlen auch umschrieben.
3.1 Problemldsung die zu Prufenden
Level 1
Level 2
Level 3
Level 4
KOnnen Grundkenntnisse, festgelegte Instrumente und Methoden prdzise und sorgfdltig anwenden, um ein genau beschriebenes Problem zu ISsen und beginnen
Kfinnen die Kemelemente eines Problems erkennen und die angemessenen Methoden zur LOsung auswgjhlen.
KOnnen sicher und flexibel komplexe Probleme erkennen und definieren. Setzen ihr Wissen und die entsprechenden Fa-
Kdnnen selbststdndig Probleme auf verschiedenen Ebenen isolieren, bewerten und ISsen und zwar prazise und effizient. KOnnen Strategien planen und sich an ungewdhn-
higkeiten zur Losung der Probleme ein.
die Komplexitat des Themas richtig einzuschatzen.
liche, unenwartete Situationen anpassen.
Tab.1: Beispiel zur Beschreibung der vier Niveaustufen in Aniehnung an Roscher/Sachs 1999
Auf Grundlage der drei Eckpunkte des Credit-Rahmenwerks (Standard-Lernergebnis; Niveau/Level und Lernzeit) und der Beschreibung der einzelnen Kriterlen auf den vier Niveau-ZLevelstufen wurden in einem zweiten Schritt Unterlagen fur die Bewertung der Prufungsinhalte aus der IT-Fortbildungsordnung vom 3. Mai 2002 entwickelt, die letztlich als Grundlage fur die Vergabe von Leistungspunkten in der IT-Weiterbildung dienen sollen^. Diese Unterlagen sind mit entsprechenden Bearbeitungshinweisen und abstrakten Levelbeschreibungen an die ehemaligen Mitglieder des Fachbeirats des Neuordnungsverfahrens^° versendet worden. Die Bewertung der Prufungsanforderungen vor ihrem Erfahrungshintergrund versprach erste Ansatzpunkte uber die Qualitat (Level/Niveau) der Qualifikationen in der IT-Fortbildungsverordnung zu erhalten, um im Anschluss eine entsprechende Punkteverteilung vornehmen zu konnen. Zwar bewegt sich damit die Bewertung der Prufungsanforderungen zunachst auf einer eher theoretischen Ebene, jedoch besitzen die ehemaligen Fachbeiratsmitglleder entsprechende
IT-Erfahrungen,
vor
deren
Hintergrund
die
IT-Fortblldungsordnung
entstanden ist und die Aquivalenz mit hochschulisch erworbenen Qualifikationen unvgl. Mucke/Grunwald 2005 vgl. Ehrke/Mijller 2002
74
STEFAN GRUNWALD
terstellt wurde. Das diese Bewertung bei der Umsetzung der IT-Fortbildungsordnung evaiuiert werden muss, ist dabei unstrittig. Die erste Befragungsrunde unter den ehemaligen Fachbeiratsmitgliedern ist abgeschlossen. Daiier konnen nun erste Ergebnisse vorgestellt werden. Die Vergabe der Punkte wurde in Aniehnung an den Punkteschlussel des ECTS (Stand Ende 2004) vorgenommen. Voraussetzung ist, wie bei der angenommenen Lernzeit schon erwahnt, eine Lern-/Arbeitsstunde = 60 Minuten, wobei 8 Lernstunden einen Tag ergeben. Bei einer 40 Stunden-Woche und der Festlegung pro Semester 30 Credits zu vergeben, bedeutet das fur ein halbes Jaiir in der beruflichen Bildung 30 Leistungspunkte vergeben zu konnen und im Jahr 60. Eine Orientierung an der Mindeststundenzahl von 600 Stunden pro Haibjahr, ergibt sich ein Punkteschlussel von 20 Lern-/Arbeitsstunden fur einen Leistungspunkt. Auf die IT-Weiterbildung angewendet unter der Annahme, dass die durchschnittliche Qualifizierungsdauer vom Spezialisten zum operativen Professional zwei Jahre betragt, stehen insgesamt mindestens 2400 Lernstunden zur Verfugung, was 120 Punkten entspricht. Die Aufteilung auf die einzelnen Prufungsteile ist im § 20 (3) der IT-Fortbildungsordnung geregelt. Darin heifit es, dass der Prufungsteil „Betriebliche IT-Prozesse" das doppelte Gewicht gegenuber den beiden anderen Prufungsteilen besltzt. Somit ergibt sich folgende Aufteilung der zur Verfugung stehenden Punkte (Tabelle 2).
1 IE^IMil!||itiig^eli«iKleZ0ttin 1 [' StundM 1 11. Betriebliche Prozesse
^^H^^K 30
12. Profilspezifische Fachaufgaben
1.200
1
600
6 8 8 8
Fremdsprachenkompetenz Situationsaufgabe 1 Situationsaufgabe 2 Situationsaufgabe 3 13. Mitarbeiterfiihrung und Personalmanagement
30
1 Situationsaufgabe 1 Situationsaufgabe 2 Situatives Gesprdch
10 10 10
1
1
Gesamt
120
600
2400
Tab. 2: Zuordnung von Leistungspunkten (Credits nach ECTS) zu den Prufungsteilen der operativen Professionals
Eine erste Auswertung beim Prufungsteil 1 „Betriebliche IT-Prozesse" des/der Gepruften IT-Entwicklers/in zeigt, dass es mit dem gewahlten Verfahren moglich ist, die Leistungspunkte zu vergeben und damit Aussagen zum entsprechenden Level/Niveau einzelner Qualifikationen zu erhalten. Nachfolgende Ubersicht zeigt einen Ausschnitt des Ergebnisses.
75
Leistungspunktesystem in der IT-Weiterbildung Level
1 QeprUfter IT-Entwickler/Geprtifte IT-Entwicklerin Prtifungsteil 1: Betriebliche IT-Prozesse Qualifikationen/Prufungsanforderungen
Zeltauf-
Punk
wand in
te
Stunden 1 2
3
4
§ 9 Abs. 2a) sich auf neue Technologien und sich wandelnde lokale und globale Marktverhaltnisse ejnstellen
X
87
4
§ 9 Abs. 2b) Kundenanforderungen sowie technische und organisatorische Schnittstellen analysieren
X
110
6
174
9
194
10
X
§ 9 Abs. 2c) technisch optimale und marktgerechte IT-L6sungen designen § 9 Abs. 2d) IT-L6sungskomponenten zu entwickein und die GesamtlOsung implementieren
X
§ 9 Abs. 2e) Projektalternativen untersuchen
X
67
3
§ 9 Abs. 2f) Projekte strukturieren, Kosten und Ressourcen planen, Risiken analysieren
X
100
5
§ 9 Abs. 2g) Die Finanzierung von Projekten planen und sichern
X
67
3
§ 9 Abs. 2h) Anforderungen an das Personal beschreiben
X
80
4
§ 9 Abs. 2i) EntscheidungstrSger informleren und beraten
X
80
4
§ 9 Abs. 2k) Umsetzung der Projekte leiten
X
120
6
120
6
§ 9 Abs. 21) qualitatswirksame AktivitSten planen und umsetzen
X
Summe Lernaufwand
1
X Prtifungsteil 1: Betriebliche IT-Prozesse
1200 X
^ X
60 1
0 1
34 I 26 1
0 1
Tabelle 3: Zuweisung von Leistungspunkten zum Prufungsteil 1 Betriebliche IT-Prozesse des/der Gepruften IT-Entwickler/in
Anhand der ermittelten proportionalen Aufteilung der (mindestens) benotigten Stunden fur den EnA/erb jeder einzelnen Qualifikation, wurden die 60 zur Verfugung stehenden Punkte vergeben. Tabelle 5 zeigt, dass nach den durchschnittlichen Angaben der einbezogenen IT-Experten im Prufungsteil 1 des/der Gepruften ITEntwickler/in insgesamt 34 Punkte auf Level 2 und 26 Punkte auf Level 3 en/vorben werden konnen. Da die Anforderungen der anderen operativen Professionals ahnlich sind, kann aus der Verteilung der Leistungspunkte vorlaufig gefolgert werden, dass sich die geforderten Prufungsinhalte der IT-Fortbildungsordnung in der Tat auf hochschullschem Niveau bewegen. Denn fur einen Bachelor-Abschluss nach dem CreditRahmenwerk fur Baden-Wurttemberg mussen Credits zu je einem Drittel auf dem Level/Niveau 1, 2 und 3 nachgewiesen werden. Wie sich die Leistungspunkte bel den einzelnen operativen Professionals letztendlich genau verteilen, kann erst nach der Gesamtauswertung gesagt werden. Wenn die Annahme zutrifft, dass der Ab-
76
STEFAN GRUNWALD
schluss eines operativen Professionals mit dem eines Bachelor gleichwertlg ist, dann mussten nach dem Leistungspunkteschlussel, der fur die IT-Weiterbildung gewahit wurde, insgesamt 210 Leistungspunkte erworben werden, von denen sich jeweils 70 Punkte auf den geforderten Levels/Niveaus 1 bis 3 bewegen. Wie oben bereits en/vahnt, sind bei der Qualifizlerung vom Spezialisten zum operativen Professional 120 Punkte erreichbar. In Anbetracht dessen, dass bereits auf der Facharbelterebene fur einen operativen Professional grundlegende und relevante Qualifikationen en/vorben werden, die auf der Spezialistenebene welter an Umfang und Qualitat zunehmen, kann davon ausgegangen werden, dass die fehlenden 90 Punkte hier envorben werden. Dies zu belegen, ggf. auch mit dem vorgestellten Instrumentarium, wird dabei eine nSchste Aufgabe sein.
5
Zusammenfassung und Ausblick
Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass der Weg der Ermittlung von Leistungspunkten ein aufwendiger, wenngleich notwendiger ist und eine Moglichkelt, ein LPS in der beruflichen Bildung aufzubauen. Es besteht dennoch kein Anspruch, dies sei der einzig gangbare Weg. Die Diskussion daruber wird noch andauern. In der momentanen Phase konnte die Aquivalenzbetrachtung eher auf theoretischer Ebene unternommen werden, die im Verlauf der Umsetzung durch reale Erfahrungswerte untermauert bzw. korriglert werden muss. Jedoch war es legitim, auf der Grundlage der eriassenen IT-Verordnung erste belegende Richtwerte fur die Annahme zu erhalten, dass die Abschlusse auf der Professionalebene mit denen im Hochschulbereich vergleichbar seien. Es konnte davon ausgegangen werden, dass die IT-Experten, die an der Entwicklung der IT-Verordnung beteiligt waren, auf Grundlage ihrer Erfahrungen ein realistisches Blld der Anforderungen an die Professionals vor Augen hatten. Deshalb wurde in einem ersten Schritt auch genau dieser Personenkreis urn Unterstutzung gebeten.
Fur die Professionalebene bedeutet die Umsetzung eines - wie auch immer gearteten - LPS, einen Beleg zu liefern, dass die auf einem beruflichen Weg en/vorbenen Qualifikationen tatsachlich gleichwertlg sind, wenn auch andersartig. Die Nutzer dieses Bildungswegs, also Insbesondere die Spezialisten, konnten zudem gewiss sein, dass der hier erworbene Titel eines Bachelors bzw. Masters einem an einer Hochschule enA/orbenen Titels In nichts nachsteht.
Leistungspunktesystem in der IT-Weiterbildung
77
Literatur Ehrke, M. & Muller, Kh, (2002): Begrundung, Entwicklung und Umsetzung des neuen IT-Weiterbildungssystems. In Bundesministerium fur Bildung und Forschung (Hrsg.), IT-Weiterbildung mit System. Neue Perspektiven fur Fachkrafte in Unternehmen (S. 7-18). Bonn: BMBF. Gehring, W., (2002): Ein Rahmenwerk zur Einfuhrung von Leistungspunktesystemen. Ulm: Univ.Verl. Grunwald, S; Freitag, T.; WItt-Schleuer. D. (2004): Zertifizierung Weiterbildungssystem - Das Prufungshandbuch. Hannover: Heise.
im IT-
Grunwald, S. & Gamer, M., (2002). Qualitatssicherung im neuen 11Weiterbildungssystem - Zertifizierung der IT-Spezialisten. In Bundesministeri um fur Bildung und Forschung (Hrsg.), IT-Weiterbildung mit System. Neue Perspektiven fur Fachkrafte in Unternehmen (S. 52-68). Bonn: BMBF. Mucke, K. & Grunwald, S., (2005): Hochschulkompatible Leistungspunkte. Grundsteinlegung in der IT-Weiterbildung. Bielefeld: Bertelsmann. Rogalla, I. & WItt-Schleuer, D., (2003): IT-Weiterbildung mit System - Das Praxishandbuch. Hannover: Heise. Roscher, F. & Sachs, A., (1999): Credit-Rahmenwerk fur die Fachhochschulen in Baden-Wurttemberg. Alsbach: Leuchtturm-Verlag.
Der Entscheidungsprozess zur Auswahl eines Verfahrens zur Anrechnung beruflich erworbener Kompetenzen Manuela Koch, Georg Westermann 1
Einfuhrung
Urn die Idee des Lebenslangen Lemens auf institutioneller, aber vor allem auf individueller Ebene zu fordern und zu implementieren, wie es auf bildungspolitischer Ebene europaweit gefordert wird\ muss es in jeder Lebensphase moglich sein, auf bereits erworbenen Kompetenzen aufzubauen bzw. diese auf neu begonnene Bildungswege anzurechnen. Wahrend die Anerkennung von akademischen Leistungen auch ijber Landergrenzen hinweg mit der Einfuhrung von ECTS erieichtert, aber auch schon davor weitgehend praktizlert wurde, ist es fur jemanden, der sich nach dem Abitur fur zunachst eine betriebliche Ausbildung entschieden hat und auch einige Jahre Berufserfahrung mitbringt auf nationaler Ebene nicht einfach sich seine beruflich
enA^orbenen
Kompetenzen
auf
ein
Hochschulstudium
der
gleichen
Fachrichtung anrechnen zu lassen.^ Die Thematik der Forderung von Durchlassigkeit zwischen Blldungswegen durch Anrechnung beruflicher Kompetenzen wird europaweit schon seit einigen Jahren diskutiert, mit unterschiedlichen Entwicklungen in den einzelnen Landern. Auch auf nationaler Ebene wurden Bemuhungen angestrengt die Durchlassigkeit zu erhohen. So existieren einzelne, zumeist voneinander isolierte Bildungsangebote, die berufliche Kompetenzen berucksichtigen, wobei die Anrechnung dabei zumeist pauschal und uber Einzellosungen erfolgt.^ Bisher ist jedoch noch kein Verfahren entwickelt worden, das in standardlsierter Form eine konkrete Anrechnung beruflich erworbener und gleichzeitig studienrelevanter Kompetenzen ermoglicht. Dass es dringend geboten ist, Uberlegungen anzustellen, wie dieser Problematik begegnet werden kann und somit Fachkraften aus der berufllchen Praxis der Zugang zur akademischen Bildung zu erieichtert wird, zeigt die aktuelle Situation: Aufgrund der demographischen Entwicklung in Deutschland muss bereits ab dem Jahr 2010 mit einem Mangel an Fach- und hochqualifizierten Arbeitskraften gerechnet werden, der sich ab 2015 dramatisch verscharfen wird. Zudem setzt sich der Trend zur Dlenstleistungsgesellschaft und der damit einhergehende Strukturwandel fort, welcher steigende Anforde-
vgl. Kommission der europaischen Gemeinschaften, 2000, S.3 vgl. Westdeutscher Handwerkskammertag, 2006 S. 48 vgl. Mucke, K.,2006, S. 5
80
MANUELA KOCH/GEORG WESTERMANN
rungen an die AktualitSt des Wissens, sowie das Qualifikationsniveau der Fachkrafte stellt und vor allem Hochschulabsolventen begunstigt. ^ Mit dem Ziel die Durchlassigkeit zwischen den Bildungswegen zu erhohen, durch Anreciinung Ausbildungszeiten deutlich zu verkurzen und dadurch Anreize zu Weiterqualifizierung zu schaffen, soil daher im Rahmen des BLK Modellvorhabens „Duale Studiengange im tertlaren Bereich" ein standardisiertes Verfahren zur Anrechnung berufllch en/vorbener Kompetenzen entwickelt werden. Durch die angestrebte Standardisierung soli eine weitestgehend einfache Ubertragbarkeit auf andere Bildungsgange und Bildungstrager sichergestellt werden, urn eine rein regionale Nutzung und mithin eine weitere Jnsellosung" zu vermeiden. Weiterhin soil das Verfahren die Anrechnung sowohl formal, als auch informell enA/orbener Kompetenzen im Sinne einer Outputorientierung ermoglichen („wichtig ist, was jemand kann, nicht wo er es gelernt haf). Gleichzeltig ist zu betonen, dass das zu entwickelnde Instrumentarium auf einer nicht-pauschalen Anrechnung basieren muss. Zwar ermoglicht die KMK mit ihrem Beschluss vom 28.06.2002 aulierhochschulisch en/vorbene Kompetenzen gegebenenfalls auch pauschaliert auf ein Hochschulstudium anzurechnen, was allerdings nur bei Gleichwertigkeit der zu ersetzenden Leistung nach Inhalt und Niveau und somit hauptsachlich im Rahmen einer konkreten Kooperation zwischen der anerkennenden Hochschule und einer berufllchen Ausbildungseinrichtung stattfinden kann.^
2
Voraussetzungen fiir die Auswahl geeigneter Verfahren
2.1
Identifikation und Analyse von Verfahren zur Anrechnung beruflicher Kompetenzen
Wie bereits dargestellt, Ist die gesamte Problematik der Anerkennung von Kompetenzen ein Thema, das schon seit einigen Jahren diskutiert wird, und im Rahmen dessen bereits zahlreiche Modelle entwickelt wurden. Diese eignen sich zwar nicht passgenau fur die standardisierte Anrechnung berufllch en^/orbener Kompetenzen auf ein Hochschulstudium, konnen allerdlngs Anstolie und Grundlagen fiir die Entwicklung eines solchen Instruments llefern. Die identifizierten Verfahren verfolgen dabei unterschiedliche Schwerpunkte und werden hinsichtlich verschiedener Zwecke eingesetzt. Im Rahmen des Projektes wurden die Verfahren zunachst nach Ihren inhaltlichen Schwerpunkten unterschieden in:
vgl. BLK, 2001, S.7ff vgl. Kultusministerkonferenz, 2002
Entscheidungsprozess zur Auswahl eines Anrechnungsverfahrens
-
81_
Verfahren, die sich vor allem mit der Dokumentation von Kompetenzen befassen; diese mussen nicht ausschliefilich berufliche Kompetenzen fokussieren (z.B. ProfilPASS. EUROPASS) o Zur individuellen Standortbestimmung
-
-
o Zur Forderung im Unternehmen bzw. zur Reintegration in den Arbeitsnnarkt o Zur Forderung des Zugangs fur weiterfuhrende schulische und berufliche Bildungsgange Verfahren, die die Validierung infornneller Kompetenzen aufgreifen (z.B. Validation des acquis de i'experience, Frankreich oder das Qualiflkationserfassungsystem in Finnland) Verfahren die auf allgemeiner Kompetenzdiagnostik und -entwicklung beruhen (z.B. KODE®-X)
Anschlieliend konnen die verschiedenen Ansatze hinsichtlich der Bewertung und Uberprufung von Kompetenzen folgenden Clustern zugeordnet werden: -
Ansatze der Selbstbewertung (dabei schatzt der Bewerber selbst seine Kenntnisse und Fahigkeiten in Bezug auf ein bestimmtes Fachgebiet ein) und Fremdbewertung (z.B. Assessment-Center), aber auch Mischformen, die beide Formen betreffen
-
Portfolio-Ansatze, als Sammlung dessen was ein Bewerber an Qualifikationen auf einem bestimmten Fachgebiet vorzuweisen kann Ansatze, die klassische Formen wie Prufungen und Tests beinhalten, in denen anhand vorher formulierter Kriterien und Standards eine Erfassung der individuellen Qualifikationen erfolgt. Narrative Ansatze, wobei im Rahmen eines biografischen Ruckblicks die erworbenen Kompetenzen reflektiert werden.^
-
-
2.2
Untersuchung und kompetenzorientierte Beschreibung von Modulen
Zur Entwicklung eines standardisierten Anrechnungsverfahrens gehort einerseits, eine geeignete Methodik zu finden, die die bereits dargelegten Anspruche erfullt, um Anrechnung zu ermoglichen. Fur eine Anrechnung von Kompetenzen ist es andererseits ebenso wichtig, die zu ersetzenden Studieninhalte dahingehend zu untersuchen und zu beschreiben, welche Kompetenzen der Studierende durch sie eriangt.
vgl. Frank, I., Gutschow, K., Munchhausen G., 2005, S. 16f
82
MANUELA KOCH/GEORG WESTERMANN
Mit Einfuhrung von gestuften Studiengangen im Rahmen des Bologna-Prozesses und der damit einhergehenden Modularisierung der Studienstruktur, wurde ein Schritt in djese Richtung getan. Im Mittelpunkt der Modularisierung stelit der Paradigmenwechsel von der Orientierung am Lerninput („We!cher Inhalt wird vermittelt?") hin zur Orientierung am Lernoutput („Was kann der Student nach erfolgreichem Absolvieren des Moduls bzw. welche Handlungsfahigkeit besitzt er?") und somit eine Hinwendung zu Lernergebnissen und Kompetenzerwerb/ Um nun festzustellen, welche Kompetenzen ein Modul vermittelt, ist zunachst die Frage zu klaren, was uberhaupt Kompetenzen sind und wie sie sich von den in diesem Zusammenhang immer wieder genannten Qualifikationen unterscheiden. Dabei existieren in der aktuellen Debatte um Anrechenbarkeit und Entwicklung von Qualifikationsrahmen unterschiedliche und teilweise sehr kontrare Definitionen. So definlert die OECD Kompetenz als „Bef^higung komplexen Anforderungen in einem spezifischen Kontext (unter Nutzung von Kenntnissen, Fertigkeiten und Fahigkeiten) durch erfolgreiche Handlung entsprechen zu konnen." Eine „Qualifikation" gilt nach OECD „ als dann erreicht, wenn eine zustandige Stelle entscheidet, dass der Lemstand einer Person, den im l-linblick auf Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen spezifischen Anforderungen entspricfit" ^ Dieses Begriffsverstandnis liegt auch dem Entwurf zum europaischen Qualifikationsrahmen
(EOF) vom 08.07.2005
zugrunde. Dieser Qualifikationsbegriff ist allerdings nur dann praktikabel, wenn Kenntnisse und Fertigkeiten als Subkategorien des Kompetenzbegriffs angesehen werden und sie ohne Kompetenz nicht handlungsfahig werden. In diesem Kontext werden Qualifikationen also als Kompetenzbundel begriffen.^
Nach Erpenbeck/ von Rosenstiel sind Kompetenzen Dispositionen zum selbstorganisierten Handein, also das Vermogen aus Wissen und Fertigkeiten entsprechende Leistungen hervorzubringen. Ein ahnliches Verstandnis vertritt auch die „Wissenstreppe" von Nortfi, die davon ausgeht, dass sich aus den Aktionsparametern Handein und „rlchtig Handein" Kompetenz ergibt, wahrend Wissen und Konnen die Basis dafur bilden.^° Qualifikationen hingegen beinhalten diese Selbstorganisationsfahigkeit nicht. Sie sind Wissens- und Fertigkeitspositionen und spiegein demnach aktuelles Wissen und Fertigkeiten wider.''^
vgl. cps-Verbund, 2004, S. 12 vgl.Hanf.G., Rein, v., 2006,8.11 vgl. Hanf, G., Rein, V., 2006, S. 6 vgl. Wissenstreppe von North, K. vgl. Erpenbeck/von Rosenstiel, 2003, S. XI
Entscheidungsprozess zur Auswahl eines Anrechnungsverfahrens
83
Gemafi diesem Verstandnis sind die beiden Begriffe daher auch nicht gegensatzlich zu betrachten. So setzen Kompetenzen Qualifikationen voraus. Ohne Wissen und Fertigkeiten besteht nicht die Moglichkeit aus diesen Positionen heraus „selbstorganisiert" zu handeln. Gleichwohl bedingt das Vorhandensein von Qualifikationen in keiner Weise KompetenzJ^ Wahrend Qualifikationen als solches vor allem in klassischen Prufungssituationen sichtbar und damit uberprufbar werden, sind Kompetenzen, als Dispositionen bestimmte Leistungen hervorzubrlngen, nicht direkt abprufbar. Sie lassen sich nur aus der Realisierung dieser Dispositionen (der Performanz) erschlleflen und bewerten.^^ Diese Unterscheidung spielt eine wesentliche Rolle fur die Entwicklung eines Anrechnungsverfahrens fur beruflich enA/orbene Kompetenzen. Zunachst sind die Module, in denen Leistungen angerechnet werden sollen dahingehend zu untersuchen, ob Kompetenzen oder ob Qualifikationen vermittelt werden. 1st letzteres der Fall, sollte nichts anderes als ein klassisches Testverfahren zur Feststellung der Qualifikation und Entscheidung uber deren Anrechnung eingesetzt werden. Werden sowohl Kompetenzen als auch Qualifikationen vermittelt (was wahrscheinlich ist, da innerhalb von Lehreinheiten Kompetenzbereiche und Fachinhalte in der Regel untrennbar miteinander verwoben sind), ist konsequenterweise ein Mischverfahren bestehend aus Testeinheiten und Anrechnungsverfahren einzusetzen. Nur wenn im Rahmen des Moduls in dem berufliche Kompetenzen angerechnet werden sollen auch tatsachlich Kompetenzen vermittelt werden, kann das Anrechnungsverfahren zum Einsatz kommen. Eine wichtiges Element sind In diesem Kontext auch die entsprechenden Modulbeschreibungen, die mithin die Grundlage fur die Anrechnung von Studienleistungen bilden.^"^ So besteht durchaus die Moglichkeit, dass im betrachteten Modul zwar Kompetenzen vermittelt, diese in den Modulbeschreibungen aber nicht hinreichend beschrieben sind. Es sind demnach nicht nur Module dahingehend zu untersuchen, ob sie Kompetenzen vermittein, sondern auch die entsprechenden Modulbeschreibungen dahingehend, ob sie die vermittelten Kompetenzen auch hinreichend beschreiben.
13
vgl. Erpenbeck in Frank, I., Gutschow, K., Munchhausen G., 2005, S. 46 vgl. Erpenbeck/von Rosenstiel, 2003, S. XI vgl. cps-Verbund, 2004, S. 23
84
MANUELA KOCH/GEORG WESTERMANN
/WerdenimModul ja I Kompetenzen beV schrieben?
ja I
/ werden Kompetenzen
nein, Qualifikationen
Kompetenzen und Qualifikationen
Anrechenungsverf| ahren anwenden
Kompetenzen ausreichend beschreiben
Mischver&hren anbwenden
Test anwenden
Abb. 1: Entscheidungsbaum Modulanalyse
3
Der Auswahlprozess
3.1
Das Verfahren der Nutzwertanalyse
Wie bereits unter 2.1 dargelegt, soil die Entwicklung des standardisierten Verfahrens zur Anrechnung beruflicher Kompetenzen auf Grundlage bereits existierender Modelle und Konzepte erfolgen. Diese Modelle konnen zwar einzelnen Clustem zugeordnet werden, diese sind aber dennoch recht inhomogen, mit teilweise sehr komplexen Modellen. Bine Vergleichbarkeit und somit Bewertung hinsichtlich der Eignung fur die Entwicklung eines standardisierten Anrechnungsverfahrens mit seinem vielfaltlgen Zielstellungen gestaltet sich somit schwierig. Bei Fragen der Bewertung von und Entscheldungsfindung bei komplexen Handlungsalternativen, die nicht monetar bewertbar sind, stellt sich in der Regel das Problem, fur jede Einzelwirkung eine passende Bewertungsskala zu finden und diese EInzelbewertungen anschliedend in einer Gesamtbewertung zusammenzufuhren. Es bedarf einer rationalen Abwagung der EInzeleffekte zwischen den verschiedenen Alternativen, innerhalb eines strukturierten Arbeitsrahmens. Zur Begegnung dieser Problematik eignet sich das 1970 von Zangeme/sfer entwickelte Instrumentarium der Nutzwertanalyse (NWA).''^ vgl. Hoffmeister, W., 2000, S. 278
Entscheidungsprozess zur Auswahl eines Anrechnungsverfahrens
85_
Im Rahmen der NWA werden die verschiedenen Altemativen gegenubergestellt und im Ergebnis mit einem Nutzwert versehen, bei dem die „beste" Alternative den hochsten Nutzwert erhalt. Als Vorteile der Nutzwertanalyse gelten neben der Abbildung nicht-monetarer Kriterien auch die Moglichkeit ein komplexes Zielsystem einzubeziehen, was im Fall der Entwicklung eines standardisierten Anrechnungsverfahrens eine wichtige Rolle spielt. Als Nachteil gilt die Subjektivitat bei der Bewertung der einzelnen Gewichtungsfaktoren. Dieser wird in diesem Fall jedoch dadurch entgegengewirkt, dass die Gewichtung nicht innerhalb des Projektes festgelegt wird, sondern sich je Kriterium auf das Urtell mehrerer Experten stutzt. Weiterhin wird der Prozess der Entscheidungsfindung dokumentiert, so dass die Gewichtung jederzeit nachvollzogen werden kann. 3.2
Die Vorgehensweise
Im folgenden soil nun dargestellt werden, wie unter Anwendung der NWA aus verschiedenen Ansatzen zur Anrechnung beruflicher Kompetenzen einer (oder wenige) ausgewahit werden soil, der als Grundlage fur die Entwicklung des standardisierten Anrechnungsverfahrens dienen kann. An dieser Stelle sei darauf ven/viesen, dass die folgenden Darstellungen beispielhaften Charakter haben, um die Verfahrensweise zu verdeutlichen. Aus ihnen sind keine inhaltlichen Schlusse abzuleiten. Zu Beginn der NWA sind zunachst aus der Vielzahl der Ansatze alle in Frage kommenden Alternativen auszuwahlen: •
Verfahren 1
•
Verfahren 2
•
Verfahren 3
Anschliefiend sind alle Bewertungskrlterien festzulegen, die in die Beurteilung der Verfahren einflieflen sollen, wobei es an dieser Stelle ratsam ist, sich auf wenige pragnante (und fur die Entscheidungsfindung wesentliche) Punkte zu konzentrieren. Damit wird einerseits der Arbeitsaufwand reduziert und andererseits eine gewisse Vergleichbarkeit gewahrt. Wird mit zu vielen Kriterien operiert, wird der Vergleich untereinander schwierig, da die Kriterien dann in der Regel sehr dicht beieinander lie-
vgl. Niklas, C , 2002
MANUELA KOCH/GEORG WESTERMANN
Die Auswahl eines Verfahrens zur Anrechnung beruflicher Kompetenzen soil anhand folgender Kriterien erfolgen : •
Akkreditierbarkeit
•
Justiziabilitat
•
Eignung fur eine grofiere Menge an Bewerbern
•
Transparenz
•
Kosten des Verfahrens
•
Standardisierbarkeit
Nachdem die relevanten Kriterien definiert worden sind, werden sie zueinander in Bezug gebracht, urn ihre Gewichtung zu ermitteln. Dies kann anhand einer Matrix erfolgen, wo die Kriterien sich splegelbildlich gegenuberstehen. Es ist nun jeweils zu entscheiden, ob ein Kriterium wichtiger ist, als das andere, oder ob sie gleich wichtig sind.^^ Die Frage muss nun beispielsweise lauten: „lst Transparenz wichtiger als die Kosten des Verfahrens?" •
„nein" ergibt einen Punktwert von 0
•
..gleichwlchtig" ergibt einen Punktwert von 1
•
„ja" ergibt einen Punktwert von 2
Mithilfe der Matrix werden nun dementsprechend alle Kriterien mitelnander verglichen und die Punktwerte eingetragen. 1 Kriterien
Akkreditierbarkeit 1 2. Eignungf.gr. Menge an Bewerb.
1
r 1
3. Transparenz
0
4.
2
3
4
5
6
1
0
1
1
5
1
0
2
2
1
5
0
1
p p
0
0
Justizibialitat 5.
1
1
2
1
0
1
1 Kosten f e . Standardisier[barkeit Abb. 2: Vergleich der Kriterien vgl. Burghardt, M., 2002, S. 83
4p
Gewicht
6
0
.
_
Faktor
87
Entscheidungsprozess zur Auswahl eines Anrechnungsverfahrens
Indem die einzelnen Gewichte durch die insgesamt erzielte Wertesumme (im Beispiel: 22) dividiert werden, ergibt sich fiir jedes Kriterium der entsprechende Gewichtungsfaktor. Diese spiegein nun den Anteil wieder, den das Kriterium an der Gesanntentscheidung haben wird. Im dargestellten (beispielhaften) Fall, stellen die Kosten des Verfahrens das wichtigste Kriterium dar.
Kriterlen
Akkredltlerbarkeit 1 2. Elgnungf.gr. 1 Menge an Bewerb.
1
2
1
3
4
5
6
1
0
1
1
5
0,23
0
1
0
2
0,09
2
1
5
0,23
1
0,05
6
0,27
1
3. 1 Transparenz
^
0
0
5.
1
1
2
1
0
1
Kosten 6. Standardlsier-
p p
0
^
Justlzibialltat
barkeit
0
•
Gewlcht
Faktor
0,13
'
Abb. 3: Ermittlung der Gewichtungsfaktoren
Im nachsten Schritt werden fur die zur Entscheidung stehenden Alternatlven die individuellen Zielerreichungsfaktoren ermlttelt, welche die zweite Komponente zur Errechnung des Nutzwertes bilden. So muss festgelegt werden, inwieweit die Alternative das entsprechende Kriterium erfijllt Oder nicht erfijllt. Hier gilt es qualitative Aussagen (sehr gut, gut, schlecht) elner Ordinalskala in quantitative und somit messbare Ergebnisgrolien einer Kardinalskala zu uberfuhren.^^ Wie fein das Zahlensystem dabei gewahit wird, und ob es Abstufungen innerhalb einer Kategorie gibt (z.B. fur „gut" einen Punktewert von 6 bis 8 Punkten) kann Individuell festgelegt werden. Fur die Auswahl eines Modells zur Anrechnung beruflicher Kompetenzen werden die drei Zlelerreichungskategorien „schlecht", „mittel" und „gut" gewahit. Innerhalb der Kategorie gibt es keine Abstufungen. Alternatlven, die ein Kriterium mit „gut" erfullen, erhalten einen Punktwert von 3, „mittel" einen Punktwert von 2 und bei schlechter Erfullung wird ein Punktwert von 1 vergeben.
vgl. Burghardt, M., 2002, S. 83
88
MANUELA KOCH/GEORG WESTERMANN
IPkt.
2Pkt.
SPkt.
1
Kriterien
„Schlecht"
„mittel"
.gut"
1
2. EignungfurgroSere Menge an Bewerbern
Eignungfur sehr geringe Anzahl (<10)
Eignungfur mittelgroSe Anzahl (10 bis 30)
Eignungfur groSe Anzahl (>30)
Skala
3.... Abb. 4: Definition der Kriterienerfullung
Es muss nun jede Alternative hinsichtlich ihrer Zielerfullung bezuglich der einzelnen Kriterien beurteilt und mit dem entsprechenden Punktwert versehen werden. Urn elnen weitestgehend objektiven Wert zu erhalten, soil auch die Beurteilung der Zielerfullung durch mehrere Experten unabhangig voneinander erfolgen.
Kriterien
Faktor
Verfahren 1
Verfahren 2
Zielerfullung
Zielerfullung
Nutz we It
Verfaliren 3
Nutz
Zieler-
Nutz
wert
fullung
wert
1. Al
0,23
1
1
2
1 2. Eignungf.gr. Menge an Bewerb.
0,09
2
1
3
0,23
2
3
3
3.
\
1
1 Transparenz
Gesamt
Abb. 5: Bewertung der Kriterien hinsichtlich Zielerfullung
In einem letzten Schritt konnen nun durch Multiplikation der Zielerfullungsfaktoren mit den zuvor ermittelten Gewichtungsfaktoren die Nutzwerte errechnet werden.
89
Entscheidungsprozess zur Auswahl eines Anrechnungsverfahrens
Verfahren 1
Verfahren 2
Verfahren 3
Zieler-
Nutz
Zieler-
Nutz
Zieler-
Nutz
fullung
we It
fullung
wert
fijllung
wert
0,23
1
0,23
1
0,23
2
0,46
2. Eignungf.gr. M e n ^ an Bewerb.
0,09
2
0,18
1
0.09
3
0,27
3.
0,23
2
0,46
3
0,69
3
0,69
Kriterien
1.
Faktor
Akkreditierbarkeit
I Transparenz
Gesamt
0,87
1,01
1,42
Abb. 6: Ermittlung der Nutzwerte
Anhand der Nutzwerte kann jetzt eine Rangfolge aufgestellt werden, wobei die Alternative mit dem hochsten Nutzwert (im hier gezeigten Beispiel Verfahren 3) die aufgestellten Kriterien am besten erfijiit. Im Falle der Auswahl einer geeigneten Methode zur Anrechnung beruflicher Qualifikationen, ware es das Verfahren, das sich gemafi den Projektzielen und den daraus abgelelteten Kriterien am besten als Grundlage zur Entwicklung eines standardislerten Anrechnungsverfahrens eignet.
Fazit Die Entwicklung eines standardislerten Verfahrens zur Anrechnung beruflicher Kompetenzen ist ein komplexer Prozess, der zahlreiche Einzeluberlegungen erfordert. Wie dargelegt, reicht es nicht aus ein Verfahren zu entwickein, das es ermoglicht berufliche Kompetenzen umfassend zu erfassen und zu bewerten. Gleichwohl mussen die zu ersetzenden Inhalte genau analysiert werden. So ergibt sich die Fragestellung, ob im Rahmen des betrachteten Moduls (oder Units) hauptsachlich Kenntnisse und Fertigkeiten und somit durch klassische Testverfahren abprufbare Qualifikationen vermittelt werden, oder ob es sich tatsachlich um Kompetenzen handelt, die vermittelt und entsprechend angerechnet werden sollen. Nur Im letzen Fall ist der Einsatz eines Anrechnungsverfahrens auch sinnvoll. Entscheidet man sich also dafur, Anrechnung beruflicher Kompetenzen zuzulassen, mussen die entsprechenden Module zunachst eingehend hinsichtlich dieser Fragestellung untersucht und beschrleben werden.
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MANUELA KOCH/GEORG WESTERMANN
Zudem sind die aktuellen gesetzliche Vorgaben und Richtlinien hinsichtlich der Anrechnung beruflicher Kompetenzen und Qualifikationen zu eruieren und in die Entwicklung des Verfahrens einzubeziehen, urn die Justiziabilitat und Ubertragbarkeit sicherzustellen. Mit der Recherche zahlreicher Verfahren, die die Anrechnungsthematik fokussieren oder zumindest tangieren sollen bereits erfolgreich erprobte Praktiken und Methoden, mithin „good practice" Beispiele, in das Verfahrens einfliefien. Urn die unterschiedlichen und inhomogenen Ansatze hinsichtlich ihrer Eignung als Grundlage fur die Entwicklung des Anrechnungsverfahrens zu analysieren, wird die Nutzwertmethode als Verfahren das Vergleiche zwischen komplexen Entscheidungsalternativen ermoglicht, gewahlt. Dieses Verfahren ermoglicht zudem, die einzelnen Alternativen hinsichtlich der Vielfaltigkeit der Projektziele zu bewerten. Der Subjektivitat dieser Methode bei der Bewertung der Gewichtungsfaktoren und Zielerrelchungsgrade wird durch Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Entscheidungsfindung weitestgehend entgegengewirkt.
Insgesamt ist zu beachten, das die
Nutzwerte der Einzelalternativen durch Vergleich miteinander entstehen und somit relativ sind. Eine absolute Aussage, ob sich die ermlttelte Alternative als Grundlage fur die Entwicklung des standardisierten Anrechnungsverfahrens tatsachlich elgnet, kann nicht erfolgen. Diese Entscheidung nnuss nach Durchfuhrung der Nutzwertanalyse getroffen werden. Urn die Erfullung der Anforderungen an ein standardisiertes Anrechnungsverfahren zu erfullen, muss die Entscheidung im Zweifelsfall gegen ein Verfahren auf Grundlage einer der untersuchten Alternativen und zu Gunsten einer Neukonzeption eines Verfahrens ausfallen.
Entscheidungsprozess zur Auswahl eines An recti nungsverfahrens
91
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92
MANUELA KOCH/GEORG WESTERMANN
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Vom Chemielaboranten zum Chemie-lngenieur (FH) Volker Wiskamp 1
Einleitung
Als es die Firma Hoechst im Frankfurt am Main noch gab, l
mussten
sie
alle
Pflicht-Prtifungen
des
Hauptstudiums
des
Diplom-
Studiengangs Chemische Technologie bestehen. Die Prufungsvorbereitung erfolgte im Abendunterricht in der Firma durch nebenamtlich tatige Professoren des Fachbereichs Oder durch Firmenangehorige, meistens aus der Weiterbildungsabteilung, in inhaltlicher Absprache mit den Prufern an der Fachhochschule. Das Fortbildungsprogramm wurde mit einer Diplomarbeit abgeschlossen, die sich aus der Arbeitstatlgkeit des Firmenangehorigen ergab, also kaum zusatzlichen Zeitbedarf erforderte, und von einem FH-Professor betreut wurde. Dieser erhlelt dafur und fur die Prufungstatigkeit eine geringe AufwandsentschSdigung. An der Fachhochschule mussten keine weiteren Praktika absolviert werden. Die Berufsausbildung und -tatigkeit wurden als Aquivalent zu den Praktika an der Hochschule gewertet. Nach dem Erwerb der Diplom-Urkunde erhielten die Firmenangehorigen eine entsprechende DiplomIngenieur-Stelle. Mit der geschilderten Weiterbildung vom Chemielaboranten zum Chemie-lngenieur (FH) war der groflte Toil der betroffenen Personen - die Auszubildenden, ihre Vorgesetzten, die Ausbilder in der Firma und die Professoren an der Fachhochschule sehr zufrieden. Organisatorisch war alles so einfach wie moglich. Die Vorgehensweise sollte wieder eingefuhrt werden.
94
2
VOLKER WISKAMP
Einstufungsprijfung und Studentenstatus
Daran, dass das gut funktionierende WeiterbJIdungssystem aus der Bildungslandschaft verschwand, war nicht die Auflosung der Firma Hoechst Schuld, in deren Folge die private Fachhochschule Provadis gegriindet wurde und fur die HoechstNachfolgefirmen die Weiterbildung ubernahm. Vielmehr verlangte der Gesetzgeber eine Einstufungsprijfung der Firmenangehorigen, damit diese den Studentenstatus erhielten, wofur sie 700 Euro pro Semester bezahlen. Des Weiteren wurde den Professoren das nebenberufliche Unterrichten ihrer spateren Pruflinge untersagt, und der Unterricht musste zumindest teilweise auf den Samstag verlegt werden, was bei den Professoren nur wenig Begeisterung hervor rief. Kurz: Insbesondere in organisatorischer Hinsicht wurde alles komplizierter und weniger effizient.
Doch selbstverstandlich wurde versucht, auch unter erschwerten
Rahmenbe-
dingungen eine gute Weiterbildung zu erzielen. (Zur Zeit ist eine Gruppe von 28 Mitarbeitern der Firmen Merck und Degussa in der letzten Phase ihrer Ausbildung an unserem Fachbereich.^) Solange es den Diplom-Studiengang noch gibt, mussen die Im Beruf stehenden Chemielaboranten und Chemikanten - Chemietechniker und Meister sind nur noch selten dabel - die dem Grundstudium zugeordneten Fachprufungen in Mathematik, Physik, IngenieunA^issenschaftliche Grundlagen sowie in Anorganischer, Organischer und Physikalischer Chemie bestehen, urn ins Hauptstudium (Beginn im funften Semester) eingestuft zu werden. Die
angehenden
Studierenden bereiten sich neben ihrer taglichen Arbeit auf die sechs Prufungen vor, entweder durch den Besuch der entsprechenden Vorlesungen an der Hochschule Oder durch einen seminaristischen Unterricht In Ihrer Firma, der von Lehrbeauftragten gehalten wird. Nach den erfolgreich abgelegten Prufungen mussen sie sich als Studierende einschrelben und alle Leistungsnachweise des Hauptstudiums erbringen, auch die Praktika. (Wenn allerdings ein Studierender eine der oben genannten Prufungen auch nach einmaliger Wiederholung nicht besteht, muss er das entsprechende Praktikum des Grundstudiums als Vorleistung fur eine dritte und letzte Prufungsteilnahme durchfuhren. Dies war aber nur selten der Fall.)
V. Wlskamp: Vom Laboranten zum Ingenieur (FH) - Kooperation zwischen den Firmen Merck und Degussa und der FH Darmstadt. Chemie In Labor und Biotechnik (CLB) 57 (2006), Heft 1, S. 21-24; http://www.fbc.fhdarmstadt.de/homepaaes/Wiskamp/bildunQSpartnerschaften/studiumnacheinerberufsausbildunq/index.html
Vom Chemielaboranten zum Chemie-lngenieur (FH)
3
95_
Hauptstudium
Nach unserer augenblicklichen Diplom-Prufungsordnung mussen die nebenberuflich Studierenden - wie gesagt -
das gesamte Programm des Hauptstudiums ab-
solvieren. Weitere (teilweise) Anerkennungen von im Beruf erbrachten Leistungen liegen im Ermessen der einzelnen Professoren. Wenn ein Studierender beispielsweise hauptberuflich seit langerer Zeit organische Mehrstufensynthesen durchfuhrt, kann und sollte ihm das Organische Fortgeschrittenenpraktikum eriassen werden, Oder wenn er an seinem Firmenarbeitsplatz standig moderne chromatographische Analysengerate benutzt, sollten ihm die Praktikumversuche zur GC und HPLC erspart bleiben. Sinnvoll und fur die Studierenden sehr motivierend ist es, wenn ihre personlichen Berufserfahrungen in den einzelnen Lehrveranstaltungen genutzt werden. Beispielsweise hat ein Student einige seiner Praktikumpraparate mit in seine Firma genommen, um dort davon DIfferentialthermo- bzw. GC/MS-Analysen anzufertigen, die anschlieliend im praktikumbegleitenden Seminar besprochen wurden und auch In das Buch zum Praktikum aufgenommen wurden. Ein anderer Student, der in seinem Beruf mit der Anwendungstechnik von Plexiglas beschSftigt war, fuhrte in der Organik-Vorlesung
eine
Substanzpolymerisation
von
Methylmethacrylat
durch
und
demonstrierte die von Losungsmittein verursachte Spannungsrisskorrosion von Polymethylmethacrylat-Formteilen. Zwei andere Studierende nutzten ihr Expertenwissen, um die chromatographische Analytik zu unserem Praktikumversuch zur Komblnatorischen Chemie zu optlmieren. Des Weiteren sinnvoll sind Ausbildungsmodule, die von der Hochschule und den Firmen gemelnsam angeboten werden. Beispielsweise werden in unserem Studienprogramm die theoretischen Lehrinhalte zur Physlkalisch-Chemischen Analysentechnlk von einem Professor an der Hochschule vermlttelt, wahrend die Demonstration modernster Gerate bei der Firma Merck durch Experten vor Ort erfolgt. Im Berelch der Technlschen Chemie werden die Vorlesungen durch Betrlebsbeslchtigungen anschaullch erganzt.
96
4
VOLKERWISKAMP
Vollzeitstudierende mit Berufsausbildung
Haufig nehmen junge Menschen mit abgeschlossener Ausbildung als Chemielaborant, Chemikant oder Chemisch-Technischer Assistent (CTA) ein VollzeitChemiestudium auf; einige direkt nach ihrer Ausbildung, andere erst nach zusatzlicher, kurzzeitiger Tatigkeit in einer Firma. Diese Personen muss(t)en nach der augenblicklichen Reciitsiage alle Lehrveranstaltungen an der Fachhochschule absolvieren. Lediglich das Berufspraktische Semester kann ihnen auf Antrag eriassen werden, sofern eine mindestens einjahrige Berufstatigkeit nach Abschluss der Lehre vorliegt. Unser Fachbereichsrat hat schon vor vielen Jahren beschlossen, den Vollzeitstudierenden mit abgeschlossener Berufsausbildung das Einfuhrungs-praktikum und die experimentellen Arbeiten im Anorganischen Praktikum zu er-lassen, vorausgesetzt, die Eingangsklausuren werden mindestens mit der Note „befriedigend" bestanden, was meistens der Fall ist. Des Weiteren miissen die so genannten „Anerkannten" die praktikumbegleitenden Seminare besuchen und alle Kolioquien und Prufungen dazu ablegen. Diese Vorgehenswelse hat sich bestens bewahrt. Denn ausgebildete Laboranten beherrschen die experimentellen Arbeiten im Labor inklusive aller sicherheltsund umwelttechnischen Gesichtspunkte ganz hervorragend. Was aber die Theorie zu den Versuchen anbelangt, haben sie gegen-uber Studierenden, die direkt nach dem (Fach)Abitur zu uns kommen, zwar auch einen Vorteil, der allerdings nicht ausreicht, um die Prufungen ohne Vorbereitung zu bestehen, so dass die theoretische Vertiefung des Lernstoffes auch fur sie notwendig ist. Ab dem kommenden Semester werden wir den Vollzeitstudierenden mit Berufsausbildung auch die experimentellen Arbeiten im Organischen Praktikum eriassen. Die Vergangenheit hat namlich gezeigt, dass die „Laboranten" dort zwar hoch willkommene Hilfen fur die anderen Studenten waren, aber selbst kaum etwas methodisches und handwerklich Neues dazu lernten. Weitergehende Anerkennungen, wie sie auch bei den nebenberuflich Studierenden praktiziert werden, sind nach Einzelfallprufungen sinnvoll. Zu diesem Zweck haben wir ein Mentor-System eingefiihrt.
Vom Chemielaboranten zum Chemie-lngenieur (FH)
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97^
Ausblick
Da das Diplom ein Auslaufmodell ist, mochte ich im Folgenden einen pragmatischen Vorschlag machen, wie in Zukunft ein Chemielaborant den Bachelor-Abschluss erwerben konnte. Da ein solcher vom Niveau her zwischen einem ChemietechnikerAbschluss und einen Chemie-lngenieur-Diplom (FH) liegen durfte, scheint mir die Zwischenqualifikation als Chemietechniker nicht mehr sinnvoll. Ein Chemielaborant sollte nach seiner Lehre mindestens ein Jahr arbeiten, um in seinem Beruf Pud zu fassen. Bei einem direkten berufsbegleitenden Studienbeginn ware meiner Meinung nach das Risiko einer Uberforderung zu grofl. Dann sollte er sich an der Fachhochschule einschreiben. Mafigeblich fur ihn muss das BachelorCurriculum der Chemischen Technologie sein, das auch Studierende ohne vorherige Berufausbildung absolvieren mijssen. Pauschal anerkennt werden sollten ihm die Basis-Module „Physik", „lngenieun/vissenschaftliche Grundlagen", „Allgemeine Chemie", „Chemisches Einfuhrungspraktikum", „Anorganisches Praktikum", „Organisches Praktikum" sowie das betriebspraktische Semester. Das Studium Generate (Sozial- und Kultun/vissenschaftliche Facher) konnte
durch
firmeninterne
Fortbildungen
wie
„Prasentationstechnlk",
„Projekt-
management", „Fachengllsch" und/oder „Betriebswirtschaft" ersetzt werden. Ein im Hauptstudium ubiicher Projekt-Modul konnte durch einen benoteten wissenschaftlichen Bericht aus der Berufstatigkeit des Studenten erfullt werden. Unter der Wissenschaftlichen Betreung durch einen Professor konnte ahnllch mit der BachelorArbeit verfahren werden; sie sollte aus der Berufstatigkeit hervor gehen oder, was noch sinnvoller ware, die Einarbeitungsphase des Studierenden auf eine zukunftige verantwortungsvollere Tatigkeit in seiner Firma sein. Damit ware insgesamt mindestens ein Jahr eines Vollzeitstudiums eingespart.
Nicht verzichtet werden kann auf das Absolvieren der anderen Vorlesungs- und Praktikummodule zu den Basisfachern Mathematik/lnformatik und Chemie (Anorganik, Organik, Analytik, Physikalische Chemie) sowie den technischen Fachern (Chemische Reaktionstechnik, Mechanische und Thermische Verfahrens-technik, Mess- und Reglungstechnik, Automatisierung, Projektierung, SIcherhelts-, Umweltund Biotechnik, Qualitatssicherung). Das Studlenprogramm sollte auf vier Jahre gestreckt werden. Die meisten Praktika konnten als Blockveranstaltungen angeboten werden, wofur der Studierende (Sonder)Urlaub nehmen musste. Auch konnten einige Lehrinhalte in einer Art Fernstudium (E-Learning) vermittelt werden, was die
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VOLKERWISKAMP
PrSsenzzeit des Studierenden an der Hochschule verkurzen wurde und der Vereinbarkeit von Studlum und Beruf zugute kame. Zum Schluss nnochte ich betonen, dass die berufsbegleitende Weiterbildung vom Laboranten zum Ingenieur (FH) ein sehr hohes Mad an Leistungsbereitschaft, Disziplin und Fleifi erfordert, sich dann aber wirklich lohnt.
Anrechnung beruflicher Kompetenzen auf Hochschulstudiengange - Modelle und Praxiserfahrungen Uwe Lauterbach Abkiirzungen BA
Bachelor of Arts Akademischer Abschluss in England
BSc
Bachelor of Science Akademischer Abschluss in England
BTS
Brevet de technicien superieur Hoherer Techniker Abschluss in Frankreich
CEDEFOP
Centre europeen pour le developpement de la formation professlonnelle European Centre for the Development of Vocational Training Europaisches Zentrum fur die Forderung der Berufsbildung, Thessaloniki (Griechenland) Das 1975 gegrundete Cedefop, ist ein europaisches Amt, das zur Forderung und Entwicklung der Berufsbildung in der Europaischen Union (EU) beitragt. Das Cedefop setzt sich fur die Forderung eines europaischen Raums des lebenslangen Lernens in der enA^eiterten EU ein. Zu diesem Zweck stellt es Informationen und Analysen zu Berufsblldungssystemen sowie Politik, Forschung und Praxis berelt und ist ein Forum fur alle beteiligten Partner/Parteien. (http://europa.eu/agencies/community_agencies/cedefop/index_de. htm; 29.06.2006)
DUT
Diplome universltaire de technologie Technikerausbildung in Frankreich im tertlaren Bildungsbereich
ECTS
European credit transfer system System der EU zur Anerkennung von Studienleistungen auf CreditBasis (Bologna Prozess)
ECVET
European credit transfer system for Vocational Education and Training System der EU zur Anerkennung von beruflichen Kompetenzen und Abschlussen, insbesondere fur transnationale Anerkennungen und fur Informell erworbene Kompetenzen
EQF
European Qualifications Framework Europaischer Qualifikationsrahmen (System der EU)
EU
Europaische Union
FH FS
Fachhochschule Fachschule
100
UWE LAUTERBACH
FE
further education Bereich der Weiterbildung im Vereinigten Konigreich, dominiert in der beruflichen Bildung General Certificate of Education Abschluss des Sekundarbereichs II mit Leistungsniveau (z.B. A Level) in England General Certificate of Secondary Education Abschluss des Sekundarbereichs I (Pflichtschule) in England General National Vocational Qualifications Nationale berufsfeldbezogene Qualifikations-ZKompetenzstandards und Abschlusse in England Hohere Fachschule Higher National Certificate Bildungsgang an Colleges of FE in England zum En/verb einer beruflichen Qualifikation (NQF level 4) und einer weiterfuhrenden (fakultatlven) Berechtigung zu aufbauenden Studien In der higher education (undergraduate studies). Die Anerkennung von Studienleistungen aus dem HNC-Studium erfolgt individuell und ist vom Studienort abhan-
GCE A-Level
GCSE GNVQ
HF HNC
HND
ISCED KVU
MVU
gigHigher National Diploma Bildungsgang an Colleges of FE in England zum Erwerb einer beruflichen Qualifikation (NQF level 4) und einer weiterfuhrenden (fakultativen) Berechtigung zu aufbauenden Studien In der higher education (undergraduate studies). Die Anerkennung von Studienleistungen aus dem HND-Studium erfolgt individuell und ist vom Studienort abhangig. International Standard Classification for Education Internationale Standardklassifikation des Bildungswesens korte videregaende uddannelser Kurzer Zyklus (zweijahrig), nicht universltare hohere Bildung in Danemark, (Fachschul-, Technikerausbildung) mellemlange videregaende uddannelser Mittlerer Zyklus (dreijahrig), nicht universltare hohere Bildung in Danemark
NQF
National Qualifications Framework Nationales Qualifikationen-Rahmenwerk, in England gultig seit Ende 2004
NVQs
National Vocational Qualifications Funfstufiges System zur Ordnung von beruflichen Qualifikationen in England
OECD
Organisation for Economic Co-operation and Development Organisation fur wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
UNESCO
United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization Organisation der Vereinten Nationen fur Erziehung, Wissenschaft und Kultur
Anrechnung beruflicher Kompetenzen (Internationale Modelle)
1
101^
Auswahlkriterien und Vergleich
Die Frage, wie in anderen Landern mit der Anerkennung von beruflichen Kompetenzen auf Hochschulstudiengange umgegangen wird, scheint auf den ersten Blick trivial zu sein. Beim naheren Hinsehen dagegen steht hinter ihr die ganze Komplexitat der kulturbestimmten nationalen Bildungssysteme (eingeschlossen die berufliche Bildung) und die Auseinandersetzung daruber, was eigentlich Berufe sind. Hier sei nur auf die Unterscheidung im anglo-amerikanischen Sprachraum zwischen „profession" (wie Juristen, Ingenieure, Arzte, Theologen, etc.) und „occupation" (wie Mechaniker, Koch, Zimmernriann, etc.) aufmerksam gemacht. Zudenn ist nocli zu klaren, ob es sich urn die Anerkennung von in formalen Biidungswesen enA^orbenen Kompetenzen handelt, deren Nachweis meist uber Zertifikate (wie Diplome, Zeugnisse, etc.) erfolgt und wo die Grenze zwisclien beruflichen Bildungsgangen und den Hochschulstudiengangen liegt. Wenn das hier bearbeitete Beispiel „Fachschulausbildung" herangezogen wird, so ist bei ihm dieser Zuordnungskonflikt aus deutscher Sicht offensichtlich, well in anderen Landern mehr nach den Bildungsbereichen - also oberer Sekundarbereich oder tertiarer Bereich - und weniger nach beruflicher Bildung und Hochschulbildung unterschieden wird und zudem die Hochschulbildung meist die berufliche Bildung mit einschlieflt.
Die Fragestellung dieses Aufsatzes entspricht eher einer ethnozentrischen deutschen Sicht und weniger der europaischen oder sogar weltweiten Dimension des Themenkreises Anerkennung von prior learning eingeschlossen die informelle Bildung in verschledenen nationalen Systemen und als politische Initiative in der EU. Hier sein nur auf die Lissabonerklarung der Europaischen Regierungen sowie auf den daraus mit initiierten Brugge-Kopenhagen-Maastricht Prozess in der EU verwiesen.^ Das Phanomen, die Strukturen in anderen Landern aus der eigenen nationalen Sicht heraus zu analysieren, ist fur die Berufsbildungs- und Bildungsforschung, die international und vergleichend orientiert ist, nicht neu.^ Um dies zu vermeiden, bedient man sich bei vergleichenden Untersuchungen dem methodischen Hilfsmittel des tertium comparationis? Es ist gleichsam der Bezugspunkt, der den Vergleich auf eine spezielle Aufgabenstellung konzentriert. Es wird im Vergleichsziel differenziert, das die Erkenntnisabsicht auf die Vergleichsobjekte hin prazisiert. Die Vergleichsbasis bezeichnet das Gemeinsame in den Objekten, das deren Vergleichbarkeit sichert.
Frommberger 2006. Lauterbach 2003, 110 ff., 197 ff. Lauterbach 2003, 91 ff.
102
UWE LAUTERBACH
Vergleichsziel ist die Darstellung der Anrechnung beruflicher Kompetenzen auf „akademische" Hochschulstudieng^nge. Diese beruflichen Kompetenzen werden in beruflichen Bildungsg^ngen erworben und in Diplomen u. a. besciieinigt. Hierbei wird zu uberprufen sein, ob einzelne informell erworbene Kompetenzen bei den beruflichen Bildungsgangen mit angerechnet werden. Hier interessieren die Verfahren der Anerkennung. Bine Einschrankung muss bezogen auf die beruflichen Kompetenzen gemacht werden. Wir betrachten hier, wo es vor allem um die Obergange im formalen Bildungssystem geht, nicht die en/vorbenen Kompetenzen sondern die Zertifikate und die Mogllchkeit, mit diesem Abschluss im Hochschulbereich bei „klassischen" Studiengangen Anrechnungen auf die Studiendauer und auf Studienleistungen zu erhalten. Eine genaue Bestimmung daruber, was unter Kompetenzen"^ verstanden wird ist, ist deshalb nicht erforderlich.
Die Vergleichsobjekte in den beruflichen Bildungsgangen der auszuwahlenden Lander mussen ertragreich fur die grundlegende Fragestellung des Vergleichsziels sein. In der vergleichenden Berufsbildungsforschung ist es wegen der groflen strukturellen Unterschlede der in der allgemeinbildenden Sekundarschule beginnenden beruflichen Erstausbildung in den OECD Landern und in der EU schon allgemein akzeptiert, dass vergleichende Untersuchungen in diesem Bereich mit erheblichem methodischen Aufwand verbunden sind. Berufllche Bildungsgange zum Techniker oder Betrlebswirt (also die Fachschulausbildung) zeichnen sich im Gegensatz zu der beruflichen Erstausbildung durch strukturelle Homogenitat aus. Fur die deutschen Fachschulstudiengange finden sIch Aquivalente in den ausgewahlten Landern. Die Vergleichsobjekte sind formal und inhaltlich in den einbezogenen Landern bezogen auf die Studienstrukturen und die Verwendung auf dem Arbeitsmarkt als Vergleichsbasis funktional siquivalent. Dieses Ergebnis kann noch abgesichert werden durch die identische Einordnung in Internationale Klassifizierungssysteme wie es die dominierende ISCED-Klassifizierung der UNESCO und der OECD darstellt. Die hier untersuchen Bildungsgange befinden sich In der Stufe ISCED 5b.^
Klieme / Leutner 2006; Achtenhagen 2006. International Standard Classification of Education (ISCED 1997). Die ISCED-Klassifizierung wird seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts fiir die Erstellung von Statistlken zur Bildung weltweit ven/vendet. Die hier zusammengefasst dargestellte momentan gultige ISCED-Klassifizierung stammt aus dem Jahr 1997. Grundlage ist das Originaldokument (UNESCO: International Standard Classification of Education ISCED 1997 in English) http://www.uis.unesco.org/ev.php?ID=3813_201&ID2=DO_TOPIC: ISCED (Eigene Ubersetzung). Zur ISCED Einstufung der Abschlusse in den europaischen LSndern vgl.: Eurydice (2004) EuropSisches Glossar zum Bildungswesen, Band 12 Prufungen, Abschlusse und Titel.. Brussel. 278 S. (http://www.eurydice.org/). Hinzugezogen wurden OECDVerbffentlichungen wie Handbook for Internationally Comparative Education Statistics (2004) und Education at a Glance. In diesen Dokumenten werden nationale Bildungsgange einzelnen ISCED Stufen begrundet zugeordnet.
Anrechnung beruflicher Kompetenzen (intemationale Modelle)
103
Die exemplarische Auswahl der Lander folgt den definierten Kriterien und dem zu erwartenden Ertrag. Zudem sind die grundsatzlichen Systemphilosophien von Bedeutung. Das danische Berufsbildungssystem zeichnet sich durch eine gewissen NShe zu deutschen Berufsbildungssystem aus, wurde aber pragmatisch weiterentwickelt und auf die internationalen Herausforderungen vorbereitet. Zudem ist die Durchlassigkeit zwischen den Bildungswegen Realitat. Das britische Bildungs- und Berufsbildungssystem gibt Innerhalb der EU Anregungen fur die Strukturen von gesamteuropaischen Modellen zur Anerkennung von informell enA^orbenen Kompetenzen und zur Anrechnung von prior learning, wie das beispielsweise der Entwurf zum Europaischen Qualifikationsrahmen (European Qualifications Framework, EQF) darstellt. Wahrend das britische Modell auch privatwirtschaftlich orientiert ist, steht das franzosische Bildungs- und Berufssystem fur ein staatllch gelenktes System, in dem Hochschulbildung ebenso Berufsbildung Ist, das sich durch eine durchgehende Systemlogik auszeichnet und dabei europaischen Ansatze, wie den Bolognaprozess, adaptiert. Das Beispiel USA wurde aufgenommen, well hier die meisten Erfahrungen fur die Anerkennung von vorhandenen Bildungsleistungen [prior learning] und von informellen Kompetenzen vorhanden sind.
2
Danemark
Unterricht ist fur alle Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen 7 und 16 Jahren verbindlich. Ob diese Bildung in einer offentlichen Gemeindeschule [Folkeskole], in einer Privatschule Oder zu Hause en^/orben wird, ist eine Frage der Wahl der Eltern,
Stufe
0 1 2
13 a b c
4 5 a
b
6
Bildungsbereich Elementarbereich (Eingangsstufe des organisierten Unterrichts) Primarbereich (Beginn der formalen schulischen Bildung) Sekundarberelch 1 (melst bis Ende der Pfllchtschule) Sekundarberelch II (Abschluss berechtlgt zum berufllchen Arbeiten und /oder zum Besuch tertiSrer Blldungseinrichtungen) Vorbereitung auf die erste Phase des TertiSrberelchs ISCED 5a (akademische Bildung) Vorbereitung auf die erste Phase des Tertiarbereichs ISCED 5b (praxisorientierte tertiSre Bildung, wie Technikerstudium) Vorbereitung auf den direkten Eintritt in das Arbeitsleben PostsekundSre nicht tertiSre BildungsgSnge In Deutschland: Abendgymnasien, Kollegs, Fachoberschulen (einjahrig), Berufsschulen, Berufsbildende Schulen fur Behinderte. Erste Phase des TertiSrbereichs Umfasst alle forschungsorientlerten Bildungsgange, die nicht Teil einer Promotion sind, wie z. B. jede Art von Master-Abschluss. In Deutschland StudiengSnge an Universitaten, Kunsthochschulen und Fachhochschulen. Zugang durch den erfolgreiche Abschluss der ISCED-Stufe 3a 3b, 4 KUrzere Studienzeiten als die der ISCED Stufe 5a. Sie sind berufsbezogen und auf einen direkten Eintritt in den Arbeitsmarkt ausgerichtet. Eine Theorleorientierung ist vorhanden. In Deutschland BlldungsgSnge an Fachschulen und Berufsakademien. Zwelte Phase des TertiSrbereichs (Postgradulerten Studlum)
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UWE LAUTERBACH
solange definierte Standards eingehalten und eine bestimmte Anzahl von FSchern angeboten werden. Mit Abschluss der Folkeskole erhalten die Jugendlichen ein Zeugnis [Bevis for Folkeskolens Afgangsprove]. Im Sekundarbereich II (ab dem 11. Schuljahr) erfolgt eine auRere Differenzierung in allgemeinbildende und berufliche Schultypen. Nur 6 % der Absolventen der Folkeskole gehen nicht in eine Einrichtung des Sekundarbereichs II mit dem Gymnasium, den doppeltqualifizierenden (Berufsausbildung und Abitur) beruflichen Oberschulen sowie dem dominierenden Weg der beruflichen Bildung (ahnlich wie in Deutschland) uber. Der TertiSrbereich schllefit sich direkt mit den folgenden Bildungswegen an: Kurzer (zweijahrlger) Zyklus nicht universitarer hoherer Bildung [KVU] mit der Moglichkeit, die bisherige berufliche Bildung welter zu vertiefen. Diese Weiterbildung, in der informell en/vorbene Bildung anerkannt wird, fuhrt nach einem viersemestrigen Studium zu einem hoheren Diplom. Typisch sind technische (Techniker u. a.), kaufmannische und landwirtschaftliche Fachrichtungen. Mittlerer Zyklus (dreijahriger) Zyklus nicht universitarer hoherer Bildung [MVU] fur berufliche Fachrichtungen (wie Sozialarbeit, Krankenpflege), die nicht Im Sekundarbereich II als berufliche Erstausbildung angeboten werden; Mittlerer Zyklus
(dreijahriger)
des
universitaren
Studiums
mit
Bachelor-
Abschluss und der Option eines zweijahrlgen Aufbaustudiums (langer universitarer Zyklus) zum Master. Das anschliefiende dreijahrlge postgraduierte Studium fuhrt zur Promotion. Ein zentrales Instrument fur die Mobilitat innerhalb des Hochschulsystems ist die Umstellung der Studienplane auf ein Credit-System im Rahmen des European Credit Transfer Systems, ECTS. Ein weiteres Ziel der Berufsbildungsreform, die Internationalisierung, wird auch hier umgesetzt, nicht nur durch das Credit-System, sondern ebenfalls durch die Moglichkeit, In weiterfuhrende und aufbauende dreijahrlge universitSre Bildungsgange mit dem Abschluss Bachelor uberzugehen. Die Anerkennung von ECTS-Credit Studienleistungen der vorhergehenden KVU-Ausbildung erfolgt individuell. Es sind Verbunde zwischen Schulen / Colleges mit KVU-Studiengangen und dem dreij^hrigen Zyklus des universitaren Studiums mit Bachelor-Abschluss vorhanden. Ein „danlscher" Bachelor kann mit diesem Credit Transfer, der vom Bildungsministerium^ geregelt wird, schon nach eineinhalb Jahren, beispielsweise an der Universitat Aalborg sowie an den Business Schools in Aarhus, Herning und Copenhagen, erThe State Education Grant and Loan Scheme: http://www.su.dk; The Danish Ministry of Education: http://eng.uvm.dk/,Cirius: http://ciriusonline.dl
Anrechnung beruflicher Kompetenzen (Internationale Modelle)
105
worben werden. Zusatzlich gibt es Ubergange in traditionelle danische Studiengange, die zum Diplomingenior (English: Bachelor) und Civilinenginor (English: Master) bzw. Diploma in Okonomie etc. fijhren. Bis auf wenlge Ausnahmen werden diese zweijahrigen KVU Studiengange an technischen, kaufmannischen oder landwirtschaftlichen Schulen [Aarhus tekniske Skole;]'' angeboten. Diese Schulen sind ebenfalls fur die berufliche Bildung im Sekundarbereich II, eingeschlossen die doppeltqualifizierenden technischen und kaufmannischen Oberschulen, zustandig. Die Studiengange haben einen Pflichtteil (Pflicht-, Wahlpflichtfacher), die mit 90 ECTS-Punkten und optionale Wahlfacher, die mit 30 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Studiengang zum Bautechniker [Building Technician] kann beispielsweise aufbauend erganzt werden durch einen Bachelor-Abschluss: Bachelor of Architectural Technology and Construction Management. Der mogliche Credit Transfer durch das ECTS System offnet das Tor zu den universitSren BildungsgSngen (ISCED 5a und 6). Der wesentliche Unterschied zur deutschen Situation liegt in der Integration der zweijahrigen KVU Studiengange in das Gesamtsystem der tertiaren Bildung durch die curriculare Abstimmung und teilweise Anrechnung von Studienleistungen der KVU Studiengange bei den entsprechenden akademischen Studiengangen zum Bachelor und Master. Die hier ubiiche individuelle Anerkennung wird erieichtert durch das abgestimmte System zwischen den zweijahrigen Fachschulen und den aufbauenden Universitaten. Diese Situation ist das Ergebnis der konsequenten Ausrichtung des danischen Bildungssystems auf die europaische Entwicklung und den internationalen Blldungsmarkt, ohne dabei das eigene Profil aufzugeben. 2.1
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106
UWE LAUTERBACH
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(ausftihrjiche
Studie)
Website
Euridyce's Informationkontor I Danmark; The National Institute (2000) Structures of Education, Initial Training and Adult Education, Systems in Europe, DENMARK. Information provided by: Eurydice's Informationskontor I Danmark. Institutionsstyrelsen, Undervisningsministeriet, The National Institute for Educational Training of Vocational Teachers. (Website http://www.eurydice.org/) Shapiro, Hanne (2004) Denmark: Background Report: The Upper Secondary Vocational Education and Training System ( l-VET). Technological Institute. (Website www.refernet.org.uk/documents) Danish National Commission for UNESCO; Ministry of Education (2004) National Report on the Development of Education in Denmark since 2001 for the 47th Conference on Education. Website http://www.ibe.unesco.org/ The Further Education Funding Council, England (2004) Post-16 Vocational Education and Training in Denmark International Report May 1994. Website http://lsc.wwt.co.uk/documents/inspectoratepublications/ The Danish Ministry of Education The Danish Ministry of Science, Technology and Innovation (October 2004) Enhanced Internationalisation of Danish Education and Training Policy Paper to Parliament April 2004. Website: pub.uvm.dk/2004/lnternationalisation
3
Frankreich
Die beruflichen Bildungsgange und Abschlusse, darunter die Technikerausbildungen, sind in dieses „logisch" aufgebaute Bildungssystem vom lyc^e bis zur universite, systematlsch in ein Klasslfikationsniveau eingeordnet.^ Die Berufsausbildung beschrankt
Klassifikationsniveau der Abschlusse in Frankreich. Die Bildungs- und Arbeltsstatistik hat ein differenziertes System von insgesamt sechs - z T . noch in sich unterteilten - Ausbildungsniveaus entwickelt. Diese Gliederung in NIveaustufen wurde fiir den IV. Wirtschafts- und Sozialplan (1962-1965) ausgearbeltet und 1969 von der Natlonalen Statistischen Kommission In der amtlichen Statistik ubernommen.
Anrechnung beruflicher Kompetenzen (intemationale Modelie)
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sich nicht auf den Sekundarbereich II im Schulwesen, sondern sie umfasst ebenfalls das Hochschulwesen mit einer Reihe von beschaftigungsbezogenen und differenzierten Studiengangen. Auch in der offiziellen Statistik werden alle Ausbildungswege des Hochschulwesens [L'enseignennent superieur], die zu einem Abschluss in der „h6heren" Berufsbildung fuhren, zusammengefuhrt, eingeschlossen die „Technikerausbildungen" BTS und DUT. Die Regelstudiendauer betragt mindestens zwei und hochstens acht Jahre. Dabei werden die Studienjahre immer auf das Abitur [baccalaureat = bac] bezogen, z.B. bac +2. Die Universitatsausbildung 1st in drei Zyklen organisiert.
1. Zyklus Diplome : DEUG (2 Jahre).
2. Zyklus Diplomes : Cursus general: Licence (1 Jahr) und anschliedend mattrise (1 Jahr) -
Cursus professionnel: Licence professionnelle (1 Jahr), MST (2 Jahre), MSG (2 Jahre), MIAGE (2 Oder 3 Jahre), magistere (3 Jahre).
Niveau Beschreibung ohne Abschluss, Abbruch der allgemeinbildenden Schule vor dem Sekundarabschluss 1 VI [brevet] = vorzeitiger Abgang im 6. bis 8. Schuljahr aus den collies [sixi^me, cinqui6me, quatri^me] oder Abgang nach den Berufsvorbereitungsklassen [CEP, CPPN oder CPA] nur Sekundarabschluss 1 [brevet] oder vor dem letzten Jahr abgebrochene BerufsausbilVa dung, auch Angelernte, Abgang aus dem 9. Schuljahr [troisi^me] abgeschlossene Berufsausbildung auf Facharbelterniveau [CAP oder BEP] oder abgebroV chene Gymnasialbildung (!) vor Errelchen der Terminate Allgemeinbildendes, technisches, berufliches Abitur, [bac d'enseignement g6n6ral, bac techIV nologique, bac pro] Technlkerbrief [BT] oder Meisterprufung [BM] (IV sec); auch Besuch der terminate vor dem bac ohne anschlleftend bestandene Priifung sowie abgebrochene Postabitursausbildung (IV sup) Abschluss einer zweijahrigen postsekundaren Kurzausbildung nach dem Abitur [DUT, BTS, III DEUG „bac +2" ] vollstandiger Hochschulabschluss nach einem Vollzeitstudium [licence „bac +3"] oder [maII ttrise „bac +4"] vollstandiger Hochschulabschluss und weiteres Spezialisierungsjahr [DESS „bac +5"] oder 1 Forschungsstudium [DEA „bac +5"] Die Hochschulabschlusse werden in der Klassifikation immer auf das bac und die anschliedenden Regelstudienjahre bezogen, z.B. BTS (hoherer Techniker: bac (Abitur) + 2 Jahre = bac +2. (Zusammenfassung aus: Oerter / Horner: Landerstudie Frankreich im Lauterbach u.a. (Hrsg.) Internationalen Handbuch der Berufsbildung. Bielefeld: Bertelsmann 1996 ff.
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UWE LAUTERBACH
3. Zyklus Diplomes: DESS (1 Jahr) DEA (1 Jahr) DRT(1 bis1.5Jahre) Doctorat (3 bis 4 Jahi e) 8 7 '_6
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Abb.1: StudlengSnge im Hochschulwesen
Abkijrzungen CPGE (Classes preparatoires aux Grandes Ecoles) Zweijahrige Vorbereitungsklassen fur die Grandes Ecoles. DEA
(Diplome d'&udes Approfondies) Forschungsorientiertes postgraduiertes Diplom, nach einem Jahr Studium im dritten Zyklus.
DNTS (Diplome national de technologie speclalisee) Aufbauendes Diplom mit Praxisbezug fur Inhaber des BTS oder des DUT, die ein darauf aufbauendes einjahriges nicht-universitares Hochschulstudium in der Studienrichtung Technik erfolgreich beendet haben. Es berechtigt auch zur Teilnahme am offenen Ausleseverfahren fur ein DNTS10 Studium zur Rekrutierung der Lehrkrafte fur die Lycees professlonnels (berufsbildender Sekundarbereich II.) DESS (Diplome d'£tudes Superieures Specialisees) Okonomisch orientiertes postgraduiertes Diplom, nach einem Jahr Studium Im dritten Zyklus. DEUG (Diplome d'foudes Universitaires Generates) Zweijahriger (teilweise dreijShriger) vorbereitender/einfuhrender Studiengang des ersten Zyklus. Das DEUG wird gezielt als Basisausbildung fur den zweiten universitaren Zyklus vgl. dazu: http://www.amba-france.clk/ens_sup/fr_universites.htm http://www.ifos.cle/anabin/scripts/frmGlossar.asp?ID=938
Anrechnung beruflicher Kompetenzen (internationale Modelle)
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betrachtet (fur licence und aufbauende mattrise). An anderen Universitaten wird ein Uberblick uber eine Anzahl von Fachgebieten gegeben, urn die weitere Orientierung zu erleichtem. DELIST (Diplome d'Etudes Universitaires Scientifiques et Techniques) Zweijahriger vorbereitender/elnfuhrender Studiengang des ersten Zyklus in Natun/vissenschaften und Technologie. DRT
(Diplonne de Recherche Technologique) Der DRT ist ein Diplom des dritten Zyklus fur Ingenieure, die Forschungsarbeit auf innovativen Gebieten durchfuhren wollen.
DUT
(Diplome Universitaire de Technologie) Zweijahriger Diplom-Studiengang des ersten Zyklus der Hochschulstudiengange an einem lUT, der weniger spezialisiert als der entsprechende BTS ist.
lUP
(Institut Universitaire Professionnalise) Unlversitatsinstitut fiir berufsbezogenes Studiunn. Sie wurden 1991 eingerichtet, urn in Studium und Forschung den Bezug zur beruflichen Praxis herzustellen. Im Jahr 2000 bestanden 222 lUPs
lUT
(Institut Universitaire de Technologie) Eigenstandiges Institut innerhalb einer Universitat fur DUT Diplom-Studiengange. Im Jahr 2000 bestanden 101 IUTs.
Licence
Abschluss, der nach einen Jahr im zweiten Zyklus vergeben wird. Voraussetzung ist der DEUG.
LP
(licences professionnelles) Abschluss, der nach einen Jahr im zweiten Zyklus vergeben wird. Zwolf bis 16 Wochen Praktikum in einem Unternehmen sind in das Studium eingeschlossen.
Mag. Mattrise
Magistere Magistergrad, der nach einem vollstandigen erfolgreichen Studium des zweiten Zyklus vergeben wird.
MIAGE (Mattrise
de
M6thodes
Informatiques
Appliquees
a
la
Gestion
des
Entreprises) Magister fur Wirtschaftsinformatik. MSG
(Mattrise de Science de Gestion) Magister mit dem praxisbezogenen Schwerpunkt Wirtschaft und Management.
MST
(Mattrise de Sciences et Techniques) Magister mit dem praxisbezogenen Schwerpunkt Natun/vlssenschaften und Technologie.
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UWE LAUTERBACH
Die Logik dieser horizontal aufeinander aufbauenden Studiengange entspricht der einer Stufenausbildung. Erst nach dem erfolgreichen Abschluss eines Zyklus l
Das Umrechnen der vorhandenen Studiengange auf Basis des Bologna-Prozesses und des ECTS, so wie es in vielen Nachbarlandern in der Zwischenzelt Standard wurde, ist bisher nicht von hoher Prioritat. Es gibt erste Ansatze dazu, beispielsweise bei der L'Universite Louis Pasteur in Strasbourg. ^^ Bel Internationalen Studiengangen und beim Internationalen Bildungsmarketing dagegen wird auf das ECTS und den Bologna-Prozess Bezug genommen.^^ Das franzosische Systenn fuhrt wegen seiner stringenten Systemlogik auch zu einer starken Selektion der nicht erfolgreichen Absolventen. Deshalb gibt es seit Mitte der 80er Jahre Anstrengungen zur Zertiflzierung von informell enA^orbenen Kompetenzen, urn auf diesem Weg auch das Qualifikationsniveau der Arbeitnehmerschaft anzuheben. Innerhalb dieser Regelung [validation des acquis professionnels] ist seit 1985 den Zugang zu Studiengangen ohne den Nachweis der formal erforderlichen Zulassungsberechtigungen mogllch. Die innerhalb der von alien EU-Landern eingegangenen Verpflichtung zur Forderung des Jebenslangen Lernens" war auch Anregung fur das Gesetz zur sozialen Modernisierung 2002 mit der Bestimmung [validation des acquis de I'experlence]. Mit ihr wird das Anwendungsgebiet der Zertiflzierung erhebllch ausgeweitet. Neben den berufllchen Kompetenzen wird gesellschaftspolitlsches und soziales Engagement fur den tellweisen Oder vollstandigen En/verb von staatlichen Diplomen zertifizierbarJ^
4
Vereinigtes Konigreich (England)
Das System der berufllchen BUdung im Vereinigten Konigreich (hier wird der Bezug auf England genommen) - eingeschlossen die Ausbildung zum Technlker [Technician] - unterscheidet sich von seiner Grundstruktur her wesentlich von den kontinentaleuropalschen und nordamerikanischen Ansatzen. Das Prinzip der Freiwilligkelt der Teilnahme ist weniger das entscheidende Merkmal, vielmehr ist es die Trennung zwischen der Prufungsorganisation und den Anbietern von Kursen zur Vorbereitung auf die individuelle Zertiflzierung (Prufung). Der En/verb der definierten Kompetenzen erfolgt beispielsweise an einem college of further education (FE) in Vollzeit- oder Rep^res ulp, Dossier thematique interne, 11 avril 2005: L'offre de formation LMD http://wwwulp.u-strasbg.fr Ministere de I'education nationale .FRANCE Implementation of the 'Sorbonne/Bologna' Process objectiv, http://www.education.gouv.fr/syst/direction_international.htm Zettelmeier 2003, 64 ff.
Anrechnung beruflicher Kompetenzen (intemationale Modelle)
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Teilzeitstudiengangen [courses] und die Prufung wird von einer Prufungsorganisation (Assessment and Qualifications Alliance; Edexcel; Oxford, Cambridge and RSA Examlnations; City and Guilds) durchgefuhrt. Die einzelnen Bestandteile der Studien- bzw. Lehrgange werden als Modul bezeichnet und sind von den Prufungsorganisationen genau definiert worden, z.B.: Technische Mathematik (Modulnummer, Stundenzahl, Niveau, Credits, Beschreibung der Lernziele / Inhalte). Mit dieser Struktur entsprechen sie den Normen, die an die Beschreibung der outputorientierten beruflichen Standards beispielsweise bei den National Vocational Qualifications (NVQ)^"^ angelegt werden. Fur im Berufsleben stehende Erwachsene ist es deshalb moglich, einzelne Module erfolgreich abzuschliellen. DIese konnen sich dann zu einer Gesamtqualifikatlon, z.B. Technician, zusammenfugen. Diese Situation ist eher ein Ausnahmefall, ubiich sind Voll- Oder Teilzeitstudiengange [courses] zur Vorbereitung auf die externe Prufung. Die Prufungsorganisation zertlfizieren die Anbieter der Studien- bzw. Lehrgange, also meist Colleges of FE. Diese stellen diese Qualitatsbescheinigung in Ihren Internetauftritten und Studlenverzeichnissen beim Wettbewerb um Studenten besonders heraus. AHe Teilnehmer dieser nach der elfjahrigen Pflichtschule (Primar- u. Sekundarbereich I) im Sekundarbereich II oder im TertiSrbereich angebotenen Bildungsmalinahmen sind Studenten. Eine definlerte Quallfikatlon auf dem Niveau [level] 3 der NVQ kann einem course verschiedener Prufungsorganisation, in einer Modern Apprenticeship oder durch die Zertlfizierung der in der Berufspraxis erworbenen Kompetenzen innerhalb des Systems der NVQ erworben werden. Die Niveaus der Qualifikationen orientieren sich an den funf Stufen [level] der NVQs. Im System der NVQ sind die allgemeinbildenden Schulen mit Abschlussen wie General Certificate of Education (GCE) oder General Certificate of Secondary Education (GCSE) und der klassische akademische Hochschulbereich (Framework for Higher Education Qualification levels, FHEQ) oder der Versuch, die Allgemeinbildung und die berufliche Bildung In einem gemeinsamen Qualifikationsrahmen (General National Vocational Qualifications, GNVQ) zu verbinden, nicht enthalten. Grundsatzlich wird ein gestuftes System mit unterschiedlichen Niveaus der Abschlusse verwendet. Diese Systeme bestimmen die Realitat der Aus- und Welterbildung in der allgemeinen und beruflichen Bildung: Sie uberschneiden sich teilweise, sind meist aquivalent Oder bauen aufeinander auf
http://www.clfes.gov.uk/nvq/
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UWE LAUTERBACH
Um dieses komplexe System fur die Nutzer ubersichtlich und praktikabel zu machen, wurden diese unterschiedlichen Konzepte im September 2004 zu einem Nationalen Rahmen der Qualifikationen fur England [National Qualifications Framework (NQF) for England] zusammengefasst. Mit diesem System soil auch eine Anerkennung und Akzeptanz nationaler Abschlusse errelcht werden. Innerhalb dieses funfstufigen Systems sind die allgemeinen Sekundarschulabschlusse und die Qualifikationen der beruflichen Bildung auf die Niveaus 1 bis 3 beschrankt. Niveau 4 und 5 beschreiben mit einer inneren Differenzierung in die Stufen 4-8 den Fach- und Hochschulbereich. Die einzelnen NVQs beschreiben Kompetenzen, die sich auf funf Stufen [level] von Tatigkeiten am Arbeitsplatz beziehen. Level 1 stellt einfache Anforderungen und Level 5 verlangt sehr anspruchsvolle komplexe Qualifikationen, die durch ein Studium an einer Universitat zum Master oder Doctor erreicht werden. Im Bereich der beruflichen Qualifikationen, die bis zum level 4 reichen, werden auf alien levels von den Prufungsorganisationen (BTEC, City & Guilds, Royal Society of Arts, etc.) Qualifikationen angeboten, die exakt den vom Staat definierten levels im NQF, in das die NVQs heute integriert sInd, entsprechen. Diese Qualifikationen werden von den Prufungsorganisationen nach dem erfolgreichen Absolvieren von definierten Prufungsverfahren vergeben. Als Vorbereitung darauf werden Ausbildungsgange [courses] angeboten, deren Struktur exakt festgelegt ist. Die Anmeldung zur Prufung 1st vom Nachwels dieser Ausbildungen, die meist vollschulisch an einem College of FE angeboten werden, abhangig. Durchgangig bauen die Ausbildungen aufeinander auf. Wenn belspielsweise eine Quallfikation auf dem level 3 angestrebt wird, ist die vorausgehende oder ein Aquivalent des levels 2 nachzuweisen. Der Zugang zu den verschiedenen Kursen wird durch das Niveau [level] der Abschlusse [qualifications] geregelt. Diese mitgebrachten Qualifikationen werden entweder in allgemeinbildenden Schulen oder im System der FE erworben und sind im NQF definiert. Die Bildungseinrichtungen stellen in ihren Prospekten fur die potenfiellen
Kursteilnehmer
die Zugangsbedingungen
fur die
angebotenen
Lehrgan-
ge/Studiengange [studies] und die Aufsfiegsmoglichkeiten auf „h6here" Levels des NQF dar. Jedes level der Zugangsbedingungen kann sowohl allgemeinbildende (GCSE, GSE) als auch berufllche Qualifikationen (z.B. NVQ, (H) ND/C, City & Guilds) Oder eine Verbindung zwischen allgemeinbildenden und beruflichen Qualifikationen {GNVQ) enthalten.
Der Ubergang von der beruflichen Bildung in den universltaren Bereich [higher education] mit degree courses, vollzieht sich auf dem level 4. Hier stehen die HND und
Anrechnung beruflicher Kompetenzen (intemationale Modelle)
V[3
HNC aus dem NQF neben dem BTEC Foundation Degree (Intermediate level): Alle drei sind im deutschen Sinn „Technikerstudiengange". Bel den Studienbeschreibungen der HND wird ausdrucklich auf die Ubergangsmoglichkeiten in die degree courses der higher education hingewiesen. Diese Zugangsbedingungen sind fur diejenigen Interessant, die keine allgemelne Hochschulzugangsberechtigung nachweisen konnen. Fur diesen Personenkreis besteht die Moglichkeit, uber das level 3 des NQF mit den Qualifikationen des level 3 der NVQs, GNVQ (Advanced), BTEC National Diploma bzw. Certificate die Berechtigung um Eintritt in die zweijahrigen Programme des Foundation Degrees (FdSc), immer bezogen auf die entsprechende Fachrichtung (z.B. Automotive Engineering, Administration and Business), zu erwerben. Meist wird neben den genannten Qualifikationen der Nachweis von beruflicher Praxis verlangt. Mit dem FdSc (level 4 des NQF) gelingt der Eintritt in den universitaren Hochschulbereich. Der undergraduate honours degree, BA (Hons) kann bei einem „mafigeschneiderten" Aufbaustudium an manchen Universitaten in einem Jahr erworben werden. Diese Regelung gilt ebenfalls fur die Inhaber des HND, beispielsweise wird bei einem dreljahrigen Studiengang zum BEng (Hons) '^ [Bachelor of Engineering] an der Manchester Metropolitian University ausdrucklich in den Studieninformationen zum Electrical & Electronic Engineering auf diese Moglichkeit hingewiesen. Hilfreich fur den vertikalen Transfer ist das Credit System. Fur die einzelnen Studienangebote wird genau bestimmt, wie viele und welche Credits als Zulassungsvoraussetzung fur einen bestimmten Studiengang verlangt werden, z.B. BSc (Hons) Mechanical Engineering an der Manchester Metropolitan University: 220 Tariff Credit Points, davon 160 durch die Vorlage eines 12-unit VCE Double Awards und zusatzlich besondere Bedingungen in Mathematik und der Nachweis von beruflicher Praxis. Wie die Credit Points zu berechnen sind, wird Jewells (bezogen auf die Bildungseinrichtung) definiert.^^
Bachelor; vgl. http://www.answers.com/topic/british-bachelor-s-degree-classification. Die. Fachrichtungen eines Bachelor sind aus den gebrauchlichen Abkijrzungen zu erkennen, z.B.: BA - Bachelor of Arts, BSc - Bachelor of Science, BFA - Bachelor of Fine Art ,BTech Bachelor of Technology, BTh or BTheol - Bachelor of Theology, BD - Bachelor of Divinity, BMin - Bachelor of Ministry, BCL - Bachelor of Civil Law, LLB - Bachelor of Laws, BLitt or LittB- Bachelor of Literature or Bachelor of Letters, BChir, BCh, ChB or BS - Bachelor of Surgery, BDS - Bachelor of Dental Surgery, MB or BM - Bachelor of Medicine, BNurs or BN Bachelor of Nursing, BMid - Bachelor of Midwifery, BEd or EdB - Bachelor of Education, BEng or BE - Bachelor of Engineering, BPhil - Bachelor of Philosophy, BMus or MusB - Bachelor of Music Vgl. als Beispiel: Manchester Metropolitan University (2004) Regulations for Undergraduate and Taught Postgraduate Programmes of Study. Academic Division 2004/2005, 6. Credit Transfer (http://www.mmu.ac.uk/courses/course_detail)
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UWE LAUTERBACH
Die Marktorientierung, die mit einem Finanzierungsmodell einhergeht, das sich grundsatzlich auf die „geworbenen" Schuler bzw. Studenten bezieht, ist in dieser Konsequenz in Europa ein Unikat. Die Colleges of FE beschreiben in den Studienverzelchnissen sehr ausfuhrlich die Ausbildung/das Studium in alien Facetten (also: Zulassungsbedingungen, Curriculum, Prufungsverfahren, Berufsaussichten, weiterfuhrende Studienmoglichkeiten, Credit Transfer, Finanzierung des Studiums) und als weiteren Marketingschwerpunkt die Attraktivitat des jeweiligen Colleges. Die in Deutschland so gefurchtete „Modularisierung" der Ausbildung dagegen, die zur „Entberuflichung" fuhre und immer wieder als besonderes Merkmal der beruflichen Bildung im Vereinigten Konigreich genannt wird, ist so nicht festzustellen. Vielmehr bauen die einzelnen Qualifikationen aufeinander stufenformig auf, was bei einenn in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts neu konzipierten Berufsbildungssystem von der Systemlogik her zu en/varten war. Die Bewertung von Lehrgangen mit credit points und deren moglicher Transfer in weiterfuhrende Studiengange ist dagegen ein traditionelles Verfahren. In diesem Zusammenhang Ist das NQF ein wichtiger Baustein, well hier der Versuch unternommen wird, das gesamte Spektrum der allgemeinbildenden und beruflichen Qualifikationen nach Niveau und Schwerpunkt ubersichtlich zusammenzufassen. Damit soil auch ein Beitrag fur die Gleichwertigkeit von allgemelner und beruflicher Bildung geleistet werden. Fur die weitere Entwicklung der Verbindung von beruflicher Bildung mit dem Hochschulwesen in Europa besonders interessant ist die geplante Ablosung des HND der FE durch den Foundation Degree (FdSc) der higher education. HIer wird bewusst der beruflichen Bildung auf Technikerniveau ein direktes Transferangebot in den akademischen Bereich der Hochschulbildung gemacht, ohne dass die Zulassungsvoraussetzungen gegenuber dem HND „angehoben" wurden. Da dieses Studium fiir im Berufsleben stehende Personen besonders interessant ist, sind Teilzeitstudiengange meist als Alternative zu den Vollzeitstudiengangen im Angebot der Universitaten, die im Vereinigten Konigreich neben den grundstandigen Studiengangen ebenfalls Weiterbildung vermittein und mit den Colleges of FE - also berufsbildenden Einrichtungen - kooperieren. 4.1
Quellen (Auszug)
Department for Education and Skills (2003) Foundation Degree Progress Report (www.foundationdegree.org.uk) Department for Education and Skills (2004) Strategies in the United Kingdom. A document for the conference on quality education for young people of the IBE Geneva. (http://www.ibe.unesco.org/lnternational/ICE47/English/indexJCE47.htm)
Anrechnung beruflicher Kompetenzen (internationale Modelle)
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Eurydice/Eurybase (Hrsg.) (2003) The Education System in tiie United Kingdonn (England, Wales and Northern Ireland) - 2002/03 http://www.eurydice.org/Eurybase/Application/frameset.asp?country=UK&lang uage=VO) Find a vocational (job-related) course in the UK (2005) (http://www.ukstudentlife.com/CourseA/ocational.htm) Furtlier Education Funding Council (FEFC) (1999) Quality and Standards in Further Education in England 1998-99. Chief Inspector's annual report. 79 p. (http://www.fefc.ac.uk) Qualifications and Curriculum Authority (2004) A framework for achievement Recognising qualifications and skills in the 21st century, (www.qca.org.uk) Reuling / Lauterbach / van Stiprian (2000) Landerstudie Grol^britannien: England u. Wales In: Lauterbach, Uwe u.a. (Hrsg.) (2006) Internationales Handbuch der Berufsbildung.
5
Vereinigte Staaten von Amerika (USA)
Die Pflichtschule ist eine zwolf Schuljahre dauernde Gesamtschule, deren oberer Abschnitt die High School darstellt. Der higher education oder postsecondary education werden alle Bildungseinrichtungen zugeordnet, deren Zielgruppe Absolventen der High School oder Erwachsene sind. Sie umfasst sowohl die akademische als auch die berufliche Bildung. Die Zulassungsvoraussetzungen sind programmbezogen und unterschiedlich, beispielsweise ein High School Diploma mit vorgeschriebenen credits fur ein bestimmtes Studium. Die higher education umfasst: Zwei-Jahres-College [Junior College, Community College] Die ca. 2 800 Community Colleges sind Einrichtungen, die allgemeine und berufliche Studiengange (Associate Degree nach zwei Jahren Studium, zweijahrige Transferprogramme fur den Bachelor Degree, Kurzstudienprogramme zum Diploma und Certificate), aber auch Weiterbildungs- und Kulturprogramme abgestimmt auf die lokalen Bedurfnisse - anbieten. Vier-Jahres-College [College] Nach einem vierjahrigen Studium wird der erste akademische Abschluss Bachelor vergeben. Das Studium wird als Undergraduate bezeichnet.
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Universitat [University] Hier sind mehrere Colleges und aufbauende Institutionen, die zum Master und Doctor Degree fuhren, zusammengeschlossen. Diese, den Bachelor voraussetzenden Studiengange, dauern mindestens ein Jahr. Wenn diese Einrichtungen den ersten Berufsabschluss in klassischen Studiengangen wie Medizin, Tlermedizin, Pharmazie, Theologie, Jura vergeben, werden sie Professional Schools genannt. Einrichtungen der postsecondary education aufierhalb der higher education wie Technical/ Vocational Instituts, Area Vocational Schools u. a. haben den Schwerpunkt in der nichtakademischen beruflichen Bildung, genauso wie die uber 5 000 privaten Colleges Oder Institutes. Eine Trennung im deutschen Sinn in berufliche und allgemeine Bildung wird so nicht vorgenommen. Das geringere oder groftere Ansehen von beruflichen Tatigkeiten ist aber ebenfalls vorhanden. Die unteren Stufen der Tatigkeiten wie Short-term on-thejob training haben eine sehr niedrige Einschatzung in der Rangskala der beruflichen Tatigkeiten. Diese „Geringschatzung" gilt grundsatzlich fur alle Bereiche der vocational education, so dass - wenn mogllch - immer ein College-Abschluss (wird von ca. 30 % der Bevolkerung erreicht) - am besten ein Bachelor Degree oder mindestens ein Associate Degree - angestrebt wird. Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen den Stufen der Bildungsinstitutionen und beruflichen Abschlussen, z.B. Community College (Zwei-Jahres-College) und Associate Degree, College (Vier-JahresCollege) und Bachelor Degree. Im amerlkanischen Bildungswesen - eingeschlossen die berufliche Bildung - dominiert das Creditsystem. Fur bestimmte Lehrgange [courses] sind credit points festgelegt. Aufierdem wird vorgeschrieben, wie viele credits erreicht werden mussen, um das Kursziel und damit auch den angestrebten Grad zu erreichen.''^ Durch dieses Creditsystem ist es technisch leicht moglich, schon enA/orbene Qualifikationen, die in courses und credit points dargestellt werden, sich auf ein bestimmtes Studium anrechnen zu lassen. Auch bei aufbauenden Studiengangen am Vier-Jahres-College etc. sind diese Anrechnungen ubiich.
Eine credit hour ist eine Einheit, mit der die akademische Arbeit gemessen wird. Bei einer 15w6chigen Studienzeit [term] stellt sich bei einem Minimum von 50 Minuten, die in einer Veranstaltung in einer Woche verbracht werden, eine credit hour dar. Wenn ein course mit drei credit hours belegt wird, gibt es innerhalb einer Woche verschiedene Modelle, wie einmal 150 Minuten, zweimal 75 Minuten oder dreimal 50 Minuten. (Cecil Community College, Elkton, MD, 2003-2005 cataloge, p. 37, www. cecilcc.edu).
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Anrechnung beruflicher Kompetenzen (internationale Modelle)
Bei einem nach dem Creditsystem strukturierten Studiengang wird normalerweise auf eine Zwischen- und Abschlussprufung verzichtet. Da die einzelnen courses mit einem definierten Leistungsnachweis abgeschlossen werden, ist mit dem erfolgreichen Absolvieren der im Curriculum fur eine bestlmmte Qualifikation ausgewiesenen courses auch die Graduierung zum associate etc. verbunden. Hier gibt es aber Qualitatskriterien, die von den einzelnen Colleges definiert wurden, z.B.: einen Durchschnitt bei den Leistungen von „B" (good, in Ziffern 2)^® oder eine hochste Studiendauer bei Vollzeltstudenten von vier Jahren fur das meist zweijahrige Studium zum associate. Um sicherzugehen, dass ein angebotener Studiengang bestimmten Standards entspricht, wird die Akkreditierung der Studiengange durch Akkreditierungsorganisationen durchgefuhrt.^^ Das coHeginterne System wird erganzt durch eine Vielzahl von externen Akkreditierungen. Diese konnen verschiedene Auspragungen haben. Meist sind Standards bezogen auf die credits und deren Qualitat, beispielsweise mindestens ein B (good), und oft externe Prufungen vorgeschrieben. Zwei Schwerpunkte sind bei den externen Akkreditierungen vorhanden: (1)
der EnA/erb einer staatlichen Lizenz fiir eine „hoheitliche" berufllche Tatigkeit wie Bilanzbuchhalter oder Im Gesundheitswesen.
(2)
Berufsstandische Vereinigungen u. a. garantieren einen definierten Standard mit Ihrer Akkreditierung;^^ (a)
durch die Anerkennung des erworbenen akademischen Grades (z.B. Associate) oder
(b)
durch eine zusatzliche externe Prufung. Meist werden schon bei der Zulassung zum Studium Mindeststandards in Bezug auf die Facher und
A B C D F
z
Die Noten [Grade] sind foigendermalien gegiiedert: Grade Quality Points [in %] Grade Exellent 4 90-100 Satisfactory S 80-89 1 Good 3 Incompetent 70-79 W Withdrawal Average 2 P 60-69 Passing 1 Pass N Failure 0-59 Progress 0 Non-Attendance 0-59 Y Proficiency Credit In Progress IP Audit X
Quality Points
0 0 0 0 0 0 0 0
US-Network for Education Information: „Recognized Accrediting Associations" http://www.ed.gov/about/offices/list/ous/international/usnei/us/edlite-accredrecog_associations. htm Ubersicht zu dem System der Akkreditierung in den USA. Chea (Council for Higher Education Accreditation, Washington D.C.) http://www.chea.org/publications/index.asp Liste zu den einzelnen Organisationen: http://www.ed.gov/about/offices/list/ous/international/usnei/us/edlite-accred recog associations.html auch chea veroffentlicht Ubersichten dazu.
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UWE LAUTERBACH die Benotung im High School Diploma vorgeschrieben. Mindeststandards gelten ebenfalls fur die Leistungen im Studium.
Auch der Erwerb von credits und damit die Befreiung von einem Kurs [Course exemption by examination] durch die Feststellung und Anerkennung von vorhandenen (auch informell en/vorbenen) Kompetenzen [Evaluation of prior learning by portfolio] im Rahmen einer Prufung 1st Normalitat. Die Einrichtungen der higher education haben dazu Abteilungen, z.B. Academic Credit Assessment Information Center. Ausfuhrlich werden die verschiedenen Moglichkeiten der Anerkennung von prior learning dargestellt. Dabel werden als Grenze der Anerkennung meist 45 credit hours genannt. Die Community Colleges bieten verschiedene Verfahren an, z.B.: College Level Equivalency Examinations, Advanced Placement Examinations Oder College Level Examination Program. Es wird ein Qualitatsstandard fur die Anerkennung vorgeschrieben, mindestens ein B (good). Die Hohe der Credit points wird in Ubereinstimmung zwischen dem Academic Credit Assessment Information Center und der betroffenen Fakultat festgelegt. Die Colleges bestimmen, wie diese Leistung in die Dokumentation uber den Studienverlauf [record] eingebracht wird, melst mit einem „Y" und keiner Benotung. Der credit transfer in andere Community Colleges oder aufbauende Colleges (Degree Bachelor) ist Standard und wird individuell geregelt. Die students mussen sich um die Anerkennungsverfahren selbst kummern und werden dabei von den betroffenen colleges beraten und unterstutzt. Bel Transferprogrammen, aber auch bei den associate Abschlussen werden in den Studienverzelchnissen der Colleges die transferfahigen courses und die kooperierenden Colleges genannt. 5.1
Quellen (Auszug)
Kreysing, Matthias (2002) Berufliche Bildung in den USA - Von der Werkbank zur Schulbank. In: Zeitschrlft fur Padagogik, (2002)4, S. 614-628 Lauterbach, Uwe (1996) Landerstudie USA. In: Lauterbach, Uwe (2006) (Hrsg.) u. a. Internationales Handbuch der Berufsbildung (IHBB). Bielefeld: Bertelsmann, S. USA-1-91. McNergney, Robert F. / Herbert, Joanne M. (1996) Foundations of Education. The Challange of Professional Practice. Boston u.a.: Allyn and Bacon 1998. 588 S.
Anrechnung beruflicher Kompetenzen (Internationale Modelle)
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Profit, Volkmar (2003) Gesundheitsfachberufe. Wege zur Qualifikation dies- und jenseits des Atlantiks. In: Die berufsbildende Schule, 55(2003)4, S. 125-128. Winkelmann, Rainer (1997) How young workers get their training. A survey of Germany versus the United States. In: Journal of population economics, 10(1997)2,8. 159-170. National Center for Education Statistics (NOES, Institute of Education Sciences des U.S. Dept. of Education, Washington D.C) http://nces.ed.gov American Educational Research Association - AERA http://www.aera.net http://www.ed.gov (Bildungsministerium) USNEI-US-network for Education Information des U.S. Dept. of Education, Washington D.C, ausfuhrliche Darstellung des Bildungssystems, mit vielen nutzlichen Adressen) http://www.ed.gov/about/offices/list/ous/international/usnei/us/edlite-strucgeninfo.html Abteilung fur Bildungsforschung im Bildungsministerium - OERI http://www.ed.gov/offices/OERI/index.html Abteilung fur berufliche und Erwachsenenbildung im Bildungsministerium OVAE) http://www.ed.gov/offices/OVAE/ ausfuhrliche Darstellung des Bildungssystems, (mit vielen nutzlichen Adressen) http://www.euroeducation.net/prof1/usa.htm Internationales Archiv fiir Bildungsdaten - lAED http://www.icpsr.umich.edu/IAED Institut fijr Internationale Bildung - HE http://www.iie.org
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6
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Ergebnisse und Schlussfolgerungen fur Deutschland
Die deutsche Trennung In das System der beruflichen Bildung und das Hochschulsystem fuhrte zur Frage, ob und wie die Anrechung von beruflichen Kompetenzen auf Hochscliuistudiengange in anderen Landern erfolgt? In Deutschland ist dieser Transfer von Konnpetenzen nicht selbstverstandlich und generelle Regelungen liegen nicht vor. Fur die vier untersuchten Lander stellt sich die Situation anders dar, well in Danemark, Frankreich, dem Vereinigten Konigreich und in den USA ein Studium im tertiaren Bereich (im Hochschulwesen) immer auch Berufsausbildung ist. Dabei ist unbestritten, dass die „niedere" Berufsbildung - also die Berufsbildung auflerhalb des Universitatssystems - meist keine besondere Reputation hat. Hier sind kulturelle Unterschiede vorhanden, wenn beispielsweise Danemark mit einem wohlausgebauten Berufsbildungssystem und die USA, wo die berufliche Bildung kaum Ansehen geniest, betrachtet werden.
Trotz dieser Differenzierung ist alien untersuchten Landern gemeinsam, dass jeweils innerhalb des Bildungswesens Ubergange und Anrechnungen mit verbindlichen Regeln vorgesehen sind. Diese sind Ausdruck der jeweiligen Systemlogik. Dabei gibt es unterschiedliche Anrechnungsverfahren. In Danemark, den USA und dem Vereinigten Konigreich sind in den Ordnungen der relevanten Ausbildungs- bzw. Studiengange Credit-Systeme integriert. Mit dem Mad Credit lassen sich die Leistungen in den einzelnen Fachern ausdrucken. Ein „Mitnehmen" von Credits in weiterfiihrende Studiengange ist iiblich. Meist entfallen dann die Zwischen- und Abschlussprufungen. Wenn die definierte Anzahl an Credits „gesammelt" worden sind, erfolgt die Vergabe des Abschlusses. Wegen der zwangslaufigen starken Jndividualisierung" der Studienleistungen im Verglelch zu den staatlichen Prufungssystemen mit traditionellen Diplomen werden mehr und mehr Standards definiert und Akkreditlerungsverfahren fur Studiengange eingefuhrt. Was ein Credit ist, hangt von der jeweiligen Definition ab. Die Verrechung nach dem Modell des europaischen Bolognaprozesses uber das ECTS setzt sich mehr und mehr durch. Hier sind Danemark und Frankreich zu nennen. Absolventen konnen die Credits dann in aufbauende Studiengange einbringen und verrechnen lassen. In England wird die Definition von Credits von verschiedenen Einrichtungen vorgenommen, so dass unterschiedliche „Ma(le" bei der Verrechnung vorhanden sind. Tradition hat das Credit-System, uber das sich auch leichter Kompetenzen vom „Prior learning" anrechnen lassen, in den USA. Hier ist ein aufbauender Transfer vom einjahrigen Certificate (einer einfachen beruflichen Tatigkeit) bis zum PhD systemisch moglich und fur viele Fachrichtungen realisiert.
Anrechnung beruflicher Kompetenzen (intemationale Modelle)
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Besonders interessant fur die deutsche Situation ist das danische Model!. Hier werden in den KVU-Studiengangen die ECTS Credits fur einzelne Kurse ausgewiesen und die Hochschulen genannt, die diese Credits fur aufbauende Studiengange als Studienleistungen anerkennen. So existieren Transfermoglichkeiten zunn Bachelor Studium und darauf aufbauend in ein Graduiertenprogramm zum Master. Ahnliche Strukturen werden momentan im Vereinigten Konlgreich entwickelt. Auf dem Level 4 des NQF will man den beruflichen Abschluss HND, der normalen/veise im System der FE en/vorben wird, durch den Foundation Honours Degree, der in der higher education als Eingangsstufe angeboten wird, mittelfristig ersetzen. Dabei welsen die Studiengange ahnliche Strukturen auf. Colleges of FE und Universities bieten das HND und den Foundation Honours Degree an. Bei deren erfolgreichem Abschluss wird auf ein dreijahriges aufbauendes BA Studium der entsprechenden Fachrichtung das erste Studienjahr angerechnet, meist auf die Studienorte bezogen.
In Frankrelch erhalten BTS und DUT Absolventen beim Ubergang in das Universitatssystem das erste Studienjahr angerechnet. Ein interessantes Modell bei dem die franzosischen Studiengange und Abschlusse mit dem ECTS [credits europeens] verbunden werden, bietet die Universite Louis Pasteur in Strassbourg an. Was diese Bildungssysteme auszeichnet, ist deren stringente Systemlogik. In einem offenen Tertiarbereich, der das gesondert ausgewiesene Universitatssystem mit einschlieftt, sind die unterschiedlichsten Einrichtungen mit differenzierten Bildungsauftragen vorhanden. Die Abschlusse der Studiengange auf der Ebene der deutschen Fachschulen sind eindeutig definiert. Teilweise wird zusatzlich eine allgemeine Hochschulzugangsberechtigung vergeben, der Zugang zur Fachhochschule ermogllcht oder erieichtert, oder der Ubergang in das universitare Hochschulsystem ist wie in Danemark, England, Frankreich und den USA fachgebunden moglich. Der Transfer von Bildungsleistungen (iJber Credits oder generelle Anerkennung) ist geregelt, sogar im hochkomplexen franzosischen, britischen und US-amerikanischen System. Wenn mit diesen Entwicklungen mit der deutschen Situation verglichen werden, ist die Einschatzung „Stillstand" sicherlich zutreffend. Als Grund dafur sind wohl eher die nationalen deutschen Bildungsstrukturen heranzuziehen. Besonders herauszuheben ist das Fehlen einer schlussigen bundesweiten Gesamtkonzeption mit der logischen Abstimmung zwischen den verschiedenen Stufen der Bildungsgange (Berufsausbildung (auf verschiedenen Stufen) - Fachhochschule - Universitat) mit Transparenz, Durchlassigkeit und dem Credit Transfer. Hier haben fast alle Nachbarlander, aber auch die USA, die mit ihren foderalen Strukturen ahnliche komplexe Abstimmungsprozesse wie Deutschland durchfuhren muss, bessere Konzepte bei der Anrechnung von beruflichen Kompetenzen auf Hochschulstudiengange.
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UWE LAUTERBACH
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Anrechnung beruflicher Kompetenzen (intemationale Modelle)
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Der europaische Qualifikationsrahmen - Ziele und aktuelle Entwicklungen Jan Rathjen Die Anerkennung von beruflich erworbenen Kompetenzen auf ein Hochschulstudium uberschreitet die tradierten Grenzen von Bildungsbereichen mit ihren gewachsenen Strukturen und Begriffiiclikeiten. Sie braucht dalier eine gemeinsame "Sprache", urn die envorbenen Kompetenzen mit denjenigen, die durch die zu ersetzenden Bildungsabschnitte oder -absciilusse vermittelt werden sollen, abzugleichen. Dabei kann ein gemeinsamer Bezugsrahmen zur Besciireibung von Qualifikationsniveaus hilfreich sein, wenn er Qualifikationsstufen zunachst bildungsbereichsunabhaingig besclireibt und dann die Einordnung konkreter Abschlusse eriaubt. Genau das ist das Aniiegen nationaler Qualifikationsrahmen (national qualification frameworks, NQF) und - in einer intemationalen Perspektive - des Europaischen Qualifikationsrahmens, wie ilin die EU entwickelt (European qualification framework, EQF). Im Rahmen des Bologna-Prozesses wurde anlSsslich der Bildungsministerkonferenz in Bergen ebenfalls ein Qualifikationsrahmen verabschiedet, der allerdings derzeit nur die Qualifikationsstufen des Hochschulberelchs im europaischen Hochschulraum umfasst. Der folgende Beitrag wird zunachst Grundlagen, Ziele und Implikationen von Qualifikationsrahmen allgemein behandein, um anschlieRend die Ziele, die Struktur und den Entwicklungsprozess des EQF darzustellen. Er endet mit Anmerkungen zur Bedeutung des EQF fur die Anerkennung beruflich erworbener Kompetenzen auf ein Hochschulstudium.
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Was ist ein Qualifikationsrahmen?
Qualifikationsrahmen sind "Strukturen zur Entwicklung, Beschreibung und Systematisierung der Beziehungen von Qualifikationen"\ Es geht also nicht darum, die konkreten Qualifikationen selbst, die in einem Bildungssystem vergeben werden, zu beschreiben und nebeneinander zu stellen, sondern ein abstraktes Gerust zu entwickeln, in das sie sich einordnen lassen. Typischerweise werden Niveaustufen unterschieden und anhand bestimmter Merkmale oder "Deskriptoren" beschrieben: Welches Fachwissen sollen Qualifikationen einer bestimmten Niveaustufe vermittelt
vgl. Hanf, Reuling, 2001, S. 50
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JAN RATHJEN
haben? Welche methodischen Kompetenzen kennzeichnen eine Qualifikation eines bestimmten Typs? Die Beschreibungen sind so gestaltet, dass der Lemort oder der Lernweg zunachst unwichtig sind, denn die unterschiedlichen Qualifikationen sollen anschiiefiend erst zu den Beschreibungen in Bezug gesetzt und entsprechend eingeordnet werden. Auch geht es hierbei nicht urn bestimmte fachliche Auspragungen, etwa eine Lehre als Einzelhandelskaufmann, sondern in diesem Beispiel unn die Verortung
dualer
Ausbildungsabschlusse
allgemein.
In
dieses
System
von
Beschreibungen lassen sich also existierende Qualifikationen einordnen und damit zueinander in Beziehung setzen. Es kann aber auch als Grundlage dienen, neue Qualifikationen zu entwickein, in dem es Messlatten fur Qualifikationen nach Niveaustufen liefert.
Nationale Qualifikationsrahmen und erst recht der EQF sind sehr abstrakte Instrumente, die aber gerade dadurch besondere Ziele erfullen konnen: -
Sle machen konkrete Qualifikationen transparent und verstandlich, in dem sie eine allgemeine Beschrelbung liefern, die ohne den Bezug zu einem gewachsenen Blldungsbereich oder zu einer Fachdisziplin auskommen. Auf diese Weise konnen sie auch Qualifikationen aus unterschiedlichen Ausbildungsgangen vergleichbar machen, die in ihrem jeweils eigenen Bezugssystem und Vokabularium kaum zu vergleichen sind, sowie Anschlusse und Ubergange zwischen ihnen transparent machen.
-
Sie liefern ein Gerust uber verschiedene Bildungsbereiche und Lernstufen hinweg und begunstigen damit Konzepte des so genannten Lebenslangen Lernens.
-
Qualifikationsrahmen liefern Lese- und Verstandnishilfen fur Ausbildungs- und Studieninteressierte sowie fur Arbeitgeber.
-
Qualifikationsrahmen sind Hilfen fur die Entwicklung neuer Qualifikationsprogramme und ihrer Inhalte.
-
Sie liefern Referenzpunkte fur die Evaluation und ggf. die Akkreditierung von Ausbildungsgangen.
Qualifikationsrahmen beschreiben ubIichenA/else Lernergebnisse, haufig sogar Kompetenzbundel, durch die ein Qualifikationsniveau gekennzeichnet ist bzw. sein soil. Damit unterscheiden sie sich von der traditionellen Beschrelbung von Qualifikationen und sind Tell eines Paradigmenwechsels Im Blldungsbereich insgesamt: WShrend in der Vergangenhelt Qualifikafionen in erster Linie uber Lerninhalte, Zugangsvoraussetzungen
und Lerndauern
beschrieben wurden, stehen zunehmend die zu
erreichenden Lernergebnisse und Kompetenzen, die Absolventen haben sollen, im Mittelpunkt. Der Lernweg kann unterschiedllch sein, muss sich aber in jedem Fall an diesen Zielen messen lassen. Es kommt zu einer deutlichen Akzentverschiebung in
Per europaische Qualifikationsrahmen
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der Sichtweise von Qualifikationen, die als Schritt von der Input- zur OutputOrientierung bezeichnet wird. Im Hochschulbereich ist diese Akzentverschiebung ein wichtiges Element der Studienreform im Rahmen des Bologna-Prozesses. Dort wird verlangt, dass Lernziele und angestrebte Kompetenzniveaus der Absolventen Ausgangspunkt der Studiengangsentwicklung sind, und nicht eIn tradierter Kanon von Lerninhalten. Ein Qualifikationsrahmen, der eigentllch die Funktion haben soil, abstrakte Orientierung fur die Formullerung von Kompetenzniveaus, Lernzielen und dann auch Inhalt von Ausbildungsgangen zu sein, hdtte sinnvollerweise am Anfang des Reformprozesses gestanden. Es ist dem Ablauf des Prozesses geschuldet, dass er erst parallel eingebracht werden konnte.
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Der Europaische Qualifikationsrahmen als "Meta-Rahmen"
Der Europaische Qualifikationsrahmen (EQF) stellt noch einmal eine Abstraktion von nationalen Qualifikationsrahmen dar. Er soil sie nicht ersetzen, sondern eine Referenz fur ihre Vergleichbarkeit - und also mittelbar fur die Vergleichbarkeit der nationalen Bildungsabschlijsse - sein. Nationale Qualifikationsrahmen k6nnen sich auf freiwilliger Basis an der Struktur des EQF orlentieren. Aber auch so genannte sektorale Qualifikationsrahmen, etwa berufsbezogene Anforderungsprofile im Sinne der EU-weit regulierten Berufe (Architekten, Arzte...), sollen hier eine Referenz finden konnen. Die EL) mochte ein Instrument liefern, das die Internationale Anerkennung von Qualifikationen erieichtert. Gleichzeitlg soil es durch eine erhohte Transparenz der nationalen Quallfikationssysteme Vertrauen zwischen den nationalen Bildungssystemen schaffen.
Wie funktioniert nun diese Ubersetzungsleistung? Der EQF umfasst acht Niveaustufen, die anhand bestimmter Deskriptoren beschrieben werden. Die beteiligten Staaten konnen nun ihre Qualifikationsrahmen zu diesen acht Niveaustufen in Beziehung setzen. MoglichenA/eise kommt man zu keiner eindeutlgen Zuordnung, well der nationale Rahmen eine andere Zahl von Niveaustufen kennt, Zwischenstufen deflniert Oder bestimmte Unterscheidungen nicht trifft. Ein anderer Mitgliedsstaat, der seine Qualifikationsstufen mit denen des erstgenannten Staates verglelchen mochte, kann nun schauen, welche nationalen Niveaus er selbst welchem EQF-Niveau zugeordnet hat, kann dies abgleichen mit der Zuordnung des zweiten Staates und daraus eine Einschatzung uber das Verhaltnis der jeweiligen nationalen Qualifikationsniveaus zueinander ableiten. Sofern kein nationaler Qualifikationsrahmen vorliegt, konnen auch die nationalen Bildungsabschlusse selbst in den EQF eingeordnet werden. Eine Grafik aus den Vorlagen der EU-Kommisslon veranschaulicht dieses Prinzip folgendermafien:
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JAN RATHJEN
Abb. 1: „Ubersetzungsleistung des EQF", Quelle: Kommission der EuropSischen Gemeinschaften 2005:16
Die aktuelle Diskussionsfassung des EU-Entwurfs sieht acht Qualifikationsniveaus vor, die anhand von drei Deskriptoren beschrieben werden: Kenntnisse, Fahigkeiten sowie personliche und fachliche Kompetenzen. Die EU mochte die Initiative allerdings mithilfe weiterer Instrumente fur die Burger direkter nutzbar machen: -
Ein Leistungspunktesystem uber alle Lernstufen hinweg soil das Lebenslange Lernen fordern.
-
Der bereits umgesetzte Europass soil es den EU-Burgern erieichtern, in unterschiedlichen Dokumenten ihr Qualifikationsniveau in einer einheitlichen und transparenten Form darzustellen.
-
Die Datenbank Ploteus soil Qualifikationen europaweit darstellen.
Schliefilich erkennt die EU an, dass ein so umfassendes System zur Beschreibung und Einschatzung von Qualifikationen nur funktionieren kann, wenn unter den beteiligten Staaten Einigkeit uber die Einhaltung bestimmter Regein herrscht: Die Staaten mussen sich auf Verfahren der Qualitatssicherung in ihren Bildungssystem einigen. Sie mussen Verfahren finden zur Validierung des non-formalen und informellen Lernens,
von
Kompetenzen
also,
die
nicht
durch
Zertifikate
des
nationalen
Per europQische Qualifikationsrahmen
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Bildungssystems attestiert wurden, die aber dennoch Teil des Qualifikationsprofils der Burger sind. Die Staaten mussen die Burger durch orientierende und beratende Angebote begleiten und gemeinsame Begriffe und Standards fur Schlusselkompetenzen finden. Die dargestellten Vorstellungen hat die EU-Kommission in einem Entwurf vom 8.7.2005 zur Diskussion gestellt. Sie hat Fragen zur Relevanz und zur Struktur ihrer Vorschlage vorgebracht und dazu in einem Konsultationsverfahren unter den Mitgliedsstaaten, aber auch unter interessensverbanden, etwa den Sozialpartnern, Anmerkungen eingeholt. Diese Anmerkungen wurden ausgewertet und im Ergebnis in Budapest am 27. und 28.2.2006 vorgestellt. Aus den Kritikpunkten hat die Kommission drei Handlungsfelder fur die Weiterentwicklung definiert: -
Sie hat eine Arbeitsgruppe zur Fortentwicklung der Deskriptoren eingesetzt, die insbesondere die Unterscheidung zwischen den Niveaus verdeutlichen und den Deskriptor "soziale und personliche Kompetenzen" vereinfachen soli.
-
Sie hat Projekte zur Erprobung des EQF eingesetzt, die im Wesentlichen im Rahmen von LEONARDO durchgefuhrt werden.
-
Sie hat eine Arbeitsgruppe zur Vertiefung der Fragen gegenseitiger Anerkennung von Bildungsleistungen und -abschlussen eingesetzt.
Auf dieser Basis wird im September 2006 ein neuer Entwurf der EU erwartet, der dann voraussichtlich im ersten Halbjahr 2007 im Rahmen der deutschen Ratsprasidentschaft als Teil einer EU-Empfehlung verabschiedet wird.
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Anmerkungen zu Chancen und Grenzen des EQF fiir Anerkennungsfragen
Der EQF ist als Meta-Rahmen so angelegt, dass er nur uber die nationale Umsetzung Effekte haben kann. Erst wenn nationale Qualifikationsrahmen vorliegen, die ihre jeweiligen Strukturen zu derjenigen des EQF in Beziehung setzen, entsteht ein Mehrwert fur die internationale Anerkennung von Quallfikationen. Alternativ konnen die Staaten die Quallfikationen ihres nationalen Systems direkt in den EQF einordnen. Der Respekt der nationalen Bildungshoheit verlangt diese Struktur. Das wesentliche Potenzial des EQF - wie von Qualifikationsrahmen allgemein - liegt sicher in der Kompetenzorientierung und Im Uberschreiten der Grenzen zwischen Bildungssystemen und Bildungsbereichen, die dadurch mogllch wird. Klar muss aber auch sein, dass zwei Quallfikationen auf gleichem Niveau deshalb nicht auch gleichartig sind. Die vermittelten Lernergebnisse und die erreichten Kompetenzen konnen
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JAN RATHJEN
dennoch unterschiedlichen Typs sein und unterschiedliche fachljche Bezuge haben. Ein Automatismus der gegenseitigen Anerkennung kann daraus nicht folgen und ware auch nicht im Interesse des Inhabers der betreffenden Qualifikation. Die Entwicklung fachspezifischer Qualifikationsrahmen kann das Problem weiter eingrenzen, aber nicht aufheben. Ein bildungsbereichsubergreifendes Kreditpunktsystem, wie es in Aniehnung an das ECTS auch im Zusammenhang mit dem EQF gefordert wird, scheint kaum einen MehnA/ert fur Fragen der Anerkennung zu liefern: Das ECTS als Kreditpunktsystem ist im Wesentlichen ein quantitatives Mali fur den Arbeitsaufwand des Lernenden und liefert insofern ein Element unter mehreren fur die Einschatzung und den Vergleich von Bildungsleistungen und Bildungsabschlussen. Es gilt innerhalb des Hochschulbereiches und unterstellt relativ homogene Lernwege, die deshalb auch zeitlich vergleichbar sind. Bildungsbereichsubergreifend erscheint diese Annahme kaum mehr legitim: Der Weg auf ein Qualifikationsniveau uber ein Hochschulstudium mit gezielten Praktika beispielsweise ist zeitlich nicht zu vergleichen mit demjenigen uber eine Berufsausbildung, non-formale Weiterbildung und viel Berufserfahrung. Ein Vergleich der Dauern in Jahren liefert keinerlel Hinweis darauf, ob das errelchte Kompetenzniveau vergleichbar ist. Die Arbeit am EQF und an den nationalen Qualifikationsrahmen zeigt aber schon jetzt einen Nutzen des Prozesses selbst, nahezu unabhangig vom Ergebnis: namlich die Auseinandersetzung uber die Grenzen von Bildungsberelchen hinweg, das Kennenlernen ihrer Strukturen und Eigenloglken. Vorbehalte und Missverstandnisse werden offenkundig und k5nnen diskutiert werden. Was wie ein Schlusssatz eines Eriebnisaufsatzes anmuten mag, scheint fur die Praxis und die Fortentwicklung von Anerkennungsverfahren eine ganz entscheidende Rahmenbedingung zu sein. Literatur Hanf, Georg; Reuling, Jochen (2001), „Qualifikationsrahmen" - ein Instrument zur Forderung der Bezuge zwischen verschiedenen Bildungsberelchen? In: BWP 6(2001), S. 4 9 - 5 4 Kommission der Europaischen Gemeinschaften (2005), Auf dem Weg zu einem europaischen Qualifikationsrahmen fur Lebenslanges Lernen, Brussel (SEK (2005) 957)
Abschlussdiskussion „Anrechnung beruflicher Kompetenzen im Kontext der Akkreditierung" Die Abschlussdiskussion wurde durch ein Impulsreferat von Thomas Reil, GeschMsfuhrer der Akkreditierungsagentur Acquin, eingeleitet Seine Aussagen werden im Folgenden stichpunktartig wiedergegeben. Impulsreferat von Thomas Reil -
Im Rahmen einer pauschalen Anrechnung (wje sie It. KMK Beschluss moglich ist) ist eine konkrete Kooperation zwischen der anerkennenden Hochschule und einer oder mehrerer beruflichen Bildungseinrichtungen als sehr sinnvoll zu erachten; alles andere ist problematisch
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Anerkennungsprobleme gibt es sowohl: o Zwischen Berufspraxis und Hochschule als auch o Zwischen den Hochschulen
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4 Thesen zur Anrechnungsproblematik: 1. Eine Moglichkeit der Anrechnungsproblennatik zu begegnen ist auch, uberhaupt nichts anzurechnen 2. Die KMK lasst gemaR Beschluss vonfi 28.06.2002 eine maximal 50%lge Anrechnung zu. Damit soil vor allem eine „Kauflichkeit" von Bildungsabschlussen vermieden werden. 3. Wie war die bisherige Anrechnungspraxis? Anrechnungen finden bereits statt (z.B. Englisch-Kenntnisse, Praxisphasen) 4. Was sind in diesem Zusammenhang die Anforderungen an die Akkreditierungsagenturen? • Die Anforderungen sind die, die die Hochschulen auch an sich selbst stellen •
Die Hochschulen und Einrichtungen der beruflichen Praxis definieren die von Ihnen vermittelten Kompetenzen. So kann uber einen Dialog (konkrete Kooperation) auch pauschale Anrechnung moglich werden.
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Abschlussdiskussion
Anknupfend an diese Aussagen, wurde die Diskussion eroffnet Als Diskussionsteilnehmer im Podium waren anwesend: Herr Thomas Reil, Acquin Dr. Heinz-Ulrich Schmidt, FIBAA Frau Melanie Kretzer, ASIIN Dr. Karl Kalble, AHPGS Dr. Peter Vielimann, Kultusministerium Sachsen-Anhalt Prof. Dr. Klaus Semlinger, FHTW Berlin Moderation: Prof. Dr. Georg Westermann, Hochschule Harz Die Darstellung der Diskussion erfolgt nictit chronologisch, sondem gibt thematiscti geordnet die zentralen Punkte wieder, die im Ralimen der Diskussion erortert wurden. 1st fur eine pauschale Anrechnung eine konkrete Kooperation zwischen Hochschule und einer Einrichtung beruflicher Bildung erforderlich, wie im KMK-Beschluss vom 28.06.2002 gefordert? -
Die Vertreter der anwesenden Akkreditierungsagenturen stimmen in diesem Punkt den Aussagen von Herrn Reil zu.
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Vor allem beim Hochschulzugang ist nach Ansicht des Kultusministeriums eine pauschale Anrechnung nicht geeignet; besser ist eine individuelle Prufung durch die Hochschule anhand des Lebenslaufes des Bewerbers.
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Es ergibt sich die Fragestellung: Ist eine konkrete Kooperation zwischen HS und beruflicher Bildungselnrichtung fur eine pauschale Anrechnung ausreichend, um akkreditiert zu werden? Das hiefie, man verlasst sich auf die Aussage: „Die Qualitat ist dann garantlert".
-
Nach Ansicht der Akkreditierungsagenturen, kann diese Fragestellung nicht im Rahmen der Akkreditierung gelost werden.
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Wieso sind konkrete Kooperatlonen zwischen Hochschule und Einrichtungen beruflicher Bildung fur pauschale Anrechung von Bedeutung? So ist es beispielsweise beim Abitur auch egal, wo es en/vorben wurde.
-
Berufliche Ausbildungen sollten extern qualitatsgesichert sein, dann wird auch eine pauschale Anrechnung moglich (siehe Beispiel Abitur). Eine Notwendigkeit konkreter Kooperatlonen ist daher nicht nachvollziehbar
Abschlussdiskussion
-
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Schritt fur Schritt wird sich bundesweit ein Netz von regionalen Kooperationen zwischen Hochschulen und beruflicher Ausbildung entwickeln. Damit ergibt sich eine Chance fur jeden, allerdings nicht uberall
Wie muss ein Anrechnungsverfahren aus Sicht der Akkreditierung gestaltet werden? -
Obwohi eine Anrechnung bis zu 50% moglich ist, wird es in der Praxis wohl im wesentlichen unter dieser Grenze liegen.
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Kreditpunkte (Quantitat) sind kein geeignetes instrument fur eine Anrechnung (Qualitat).
-
Die Akkreditierung fuhrt eine Prufung der Anrechnungsverfahren auf Nachvollziehbarkeit und Evidenz durch. Es erfolgt keine Nachprufung von Einzelfallentscheidungen.
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Die momentane Anrechnung in Deutschland findet sehr unsystematisch statt.
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Es besteht Konsens, dass 1 Credit nicht gleich 1 Credit ist. Das abhangig von der Lernform, die zu unterschiedlicher Effizienz fijhrt (z.B. Erfahrungslernen vs. Frontalunterricht).
-
Eine Anrechnung ist nur moglich, wenn das Ergebnis (Outcome) korrespondiert.
Dazu
mussen die Hochschule die von ihnen vermittelten
Kompetenzen definieren (und dabei auch darauf achten: was ist das spezifisch akademische an dem Modul?). -
Problem: Es konnen nur ganze Module angerechnet werden. Was passlert, wenn sowohl Theorie als auch Praxis vermittelt werden? Ist es didaktisch sinnvoll ein Modul aus diesem Grund auseinanderzunehmen?
-
Die Akkreditierung prtift das Studiengangskonzept der Hochschule entsprechend des Curriculums. Wurde der Studiengang nach diesen MaBgaben akkreditiert, erfolgt keine erneute Akkreditierung aufgrund neuer Anrechnungsregelungen.
-
Bei Anrechnungen, die den Hochschulzugang betreffen (z.B. Master) pruft die Akkreditierung, ob die Zugangsdefinition sachgerecht ist (ist das Verfahren kodifiziert? Beteiligung von Prufungsausschuss, Studierenden e t c . ) .
-
Ein good-practice Beispiel fur unkomplizierte Anrechnung beruflicher Kompetenzen Ist die polizeiliche Ausbildung und in diesem Rahmen der Zugang zu den einzelnen Diensten.
-
Die Akkreditierungsagenturen unterliegen letztendlich den Rahmenvorgaben (z.B. KMK).
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Abschlussdiskussion
Wie ist eine Anrechnung bzw. ein Eriass von Praxisphasen zu bewerten? -
Anrechnung ist nach Aussage der Akkreditierungsagenturen vor allem jm Be-
-
Aus Erfahrung mit Anrechnung von Praxisphasen (HS Darmstadt) ist festzu-
reich der Praxisphasen gut vorstellbar. stellen, dass die Studierenden mit berufspraktischer Erfahrung in der Regel im Studium erfolgreicher sind als ihre Kommilitonen ohne diese Erfahrung. Ihnen wird daher oft das Praxissemester eriassen. -
Einwand: die Praxisphasen konnen auch forschenden Charakter haben. Ein genereller Eriass daher kritisch zu betrachten.
Inwieweit kommen die Hochschulen hinsichtlich der Diskussion um Durchlassigkeit auf den beruflichen Bildungsbereich zu? Wie sind Uberschneidungen zwischen den Bereichen zu bewerten? Die Behauptung es darf keine inhaltlichen Uberschneidungen zwischen Bereich der Berufsbildung und Hochschulbereich geben ist zu rigide. Besonders an FHn gibt es Schnittstellen zu beruflicher Bildung. Einwand: Die Unterscheidung zwischen Universitat und Fachhochschule ist nicht mehr so einfach pauschaiisierbar (so gibt es beispieisweise auch einen hohen Praxisanteil bei Lehrerausbildung und Medizinstudiengangen). Es ist daher gerechtfertigt durch die Einfiihrung von BA/MA diese Unterscheidung aufzuheben. Es gibt zeitgleich auch zahlreiche hochkomplexe Berufsbilder. Wo sind die Entwicklungsmoglichkeiten, um zu einem Dialog zu kommen? Der Dialog zwischen Hochschule und beruflichen Bildungsbereich wird in vielen europaischen Landern gefuhrt, In Deutschland bisher allerdings noch nicht. Eine Losung ist diesbeziiglich ist noch nicht ersichtlich. Die Entwicklung des Dialoges muss erst noch stattfinden. Die Akkreditierungsagenturen konnen jedoch nur Stichwortgeber fur den Dialog sein. Der angesprochene Dialog sollte im Rahmen der dualen Ausbildung kein Problem sein.
Abschlussdiskussion
1 ^
Aus Sicht der Herausgeber, lasst die Diskussion folgendes Fazit zu: 1. Eine pauschale Anrechnung wird tendenziell nur bei konkreten institutionellen Kooperationen akkreditierbar sein. 2. Im Rahmen der Akkreditierung werden Anrechnungsverfahren auf Evidenz und Nachvollziehbarkeit gepruft. Eine Uberprufung von Einzeifallentsctieidungen erfolgt nictit 3. Die Anreclinung von Praxisptiasen ist fur die Akkreditierung prinzipiell unprobiematiscli 4. Zwisclien l-loclisctiulbereicli und Bereicli der beruflichen Bildung bestelit nocti Kommunikationsbedarf. Die Entwicklung dieses Dialoges mussjedocli von den beiden Akteuren ausgelien.
Autorenverzeichnis Prof. Dr. Erich Barthei
Irmgard Frank
Prodekan, HfB - Business School for Finance & Management, Frankfurt a.lVI.
Leiterin der Abteilung 4 Struktur und Ordnung in der beruflichen Bildung, Bundesinstitut fur Berufsbildung, Bonn
Prof. Dr. Annette Grewe Fachbereich Pflege und Gesundheit, Fachhochschule Fulda, Fulda
Stefan Grunwald Geschaftsfuher, Cert-ITGmbH, Berlin
Prof. Dr. Klaus Jenewein Geschaftsfiihrender Direktor Institut fur Berufs- und Betrlebspadagogik (IBBP), Otto-v.Guericke Universitat Magdeburg, Magdeburg
Manuela Koch Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, Hochschule Harz, Wernigerode
Dr. Uwe Lauterbach Wissenschaftlicher Mitarbelter Abt. Steuerung und Finanzierung des Bildungswesens, Deutsches Institut fur Internationale Padagogische Forschung (DIPF), Frankfurt a.M.
Thomas Mattes Bankakademiee.V., HfB - Business School for Finance & Management, Frankfurt a.M.
Anke Piotrowski Institut fur Berufsbildung, Universitat Kassel, Kassel
Jan Rathjen Referatsleiter Studlum, Lehre und Prufungswesen, Hochschulrektorenkonferenz, Bonn
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Autorenverzeichnis
Dr. Peter Viessmann
Klaus Weisenbach
Leiter Referat Studienreform, wjssenschaftliche Weiterbildung, private Hochschulen, IT und Multimedia, Kultusministerium Sachsen-Anhalt, Magdeburg
Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut fijr Berufs- und Betriebspadagogik (IBBP), Otto-v.Guericke Universltat Magdeburg, Magdeburg
Prof. Dr. Georg Westermann Prorektor fur Studium, Lehre und Weiterbildung, Hochschule Harz, Wernigerode
Prof. Dr. Volker Wiskamp Fachbereich Chemie und Biotechnologie, Hochschule Darmstadt, Darmstadt
Olaf Zawacki-Richter HfB - Business School for Finance & Management, Frankfurt a.M.