Fiona Kelly
Aus dem Englischen von Christine Gallus
Ravensburger Buchverlag
Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsa...
12 downloads
579 Views
700KB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Fiona Kelly
Aus dem Englischen von Christine Gallus
Ravensburger Buchverlag
Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Kelly, Fiona: Mystery Kids / Fiona Kelly. Aus dem Engl. von Christine Gallus. Ravensburg: Ravensburger Buchverl. Bd. 2. Verloren 1-2000 ISBN 3-473-34540-7
© 2000 der deutschen Ausgabe: Ravensburger Buchverlag Die englische Ausgabe erschien 1995 unter dem Titel „Mystery Kids – Lost and Found“ bei Hodder Children‘s Books, London © 1995 Ben M. Baglio Umschlagillustration: Chris Chapman Redaktion: Manfred Schmeing Printed in Germany ISBN 3-473-34540-7
Holly, Miranda und Peter sind wie stets auf der Suche nach einem heißen Kriminalfall. Als sie bei einer großen Straßenparade beobachten, wie ein Mann ein Geldbörse aus dem fahrenden Bus wirft, werden sie aufmerksam. Die Börse ist leer – bis auf ein merkwürdiges Ticket. Niemand weiß, wozu es gehören könnte. Die Sache erscheint noch unheimlicher, als bei Holly, die das Ticket mit nach Hause genommen hat, in der Nacht eingebrochen wird. Na klar, das ist der neue Fall für die drei Detektive! Und sie kommen einem Kapitalverbrechen auf die Spur…
Mit besonderem Dank an Helen Magee
„Holly!“, rief Mrs Adams von der Haustür. „Es ist Miranda.“ Das war Holly längst klar. Miranda Hunts Stimme war die lauteste Stimme, die Holly jemals gehört hatte. Ihre Stimme schallte durch den ganzen Flur. „Deine Mutter geht zum Einkaufen“, sagte Miranda, als sie ins Wohnzimmer trat. „Sie nimmt Jamie mit.“ Holly grinste. Dann hatten sie wenigstens ihre Ruhe. Jamie war Hollys kleiner Bruder. Er war neun, also drei Jahre jünger als Holly, und eine echte Plage. „Er braucht neue Schuhe für die Schule“, sagte Holly. „Du kannst dir ja vorstellen, wie begeistert er war. Aber Ma hat ihm versprochen, dass er sich zur Belohnung eine Zappa Galactica von seinem Geburtstagsgeld kaufen darf.“ „Eine was?“, fragte Miranda und strich sich die langen blonden Haare aus dem Gesicht. Holly lachte. „Das ist eine Weltraumpistole“, sagte sie. „Die hat er in irgendeiner Anzeige in seinen Comics gesehen.“ Miranda ließ sich neben Holly aufs Sofa fallen und schnappte sich eine Zeitung. „Mit dieser komischen Pistole veranstaltet er bestimmt bald eine schreckliche Ballerei“, sagte sie. „Dabei nervt dein Bruder sowieso schon genug.“ Holly grinste. Miranda kannte Jamie nur zu gut.
„Weißt du was? Sollen wir nicht hierfür mal einen Artikel schreiben“, sagte Miranda und deutete mit ihrem Kopf auf die Zeitung, in der sie gerade blätterte. Holly sah sie neugierig an. Sie und Miranda gaben an ihrer Schule im Norden Londons Tom-tom heraus, eine Schülerzeitung für die Unterstufe. „Worüber denn?“, fragte sie. Miranda blätterte weiter. Die Zeitung wurde als kostenloses Anzeigenblatt im Stadtteil Highgate verteilt. Sie enthielt fast nur Werbung und Lokalnachrichten. „Keine Ahnung“, sagte Miranda. „Wir müssten mal wieder einen geheimnisvollen Fall aufklären, dann können wir darüber schreiben.“ „Super Idee“, sagte Holly. „Das Problem ist nur, dass im Moment weit und breit kein geheimnisvoller Fall in Sicht ist.“ „Quatsch!“, sagte Miranda. „Die Welt steckt voller geheimnisvoller Fälle.“ „Zu schade, dass man davon in Highgate nichts mitkriegt“, sagte Holly. Aber sie war interessiert. Holly und Miranda und ihr Freund Peter Hamilton hatten bereits ein mysteriöses Verbrechen aufgedeckt und waren in die Zeitung gekommen. In der Schlagzeile hatte man sie sogar Mystery Kids genannt. Sie waren berühmt gewesen – zumindest eine Zeit lang. Warum sollten sie das nicht noch einmal schaffen? Alles, was ihnen fehlte, war ein mysteriöser Fall! Hollys Gesicht nahm einen verträumten Ausdruck an, als sie an Spione und Diebe dachte. Sie las gerade ein Buch über Schmuggler. Heute Abend im Bett würde sie das Buch zu Ende lesen und herausfinden, ob ihre Vermutungen über den wahren Drahtzieher stimmten. Holly versuchte immer zuerst selbst den Fall zu lösen, ehe sie das Buch zu Ende las. Sie notierte sich beim Lesen sämtliche
Indizien und legte diese wie ein Puzzle zusammen. War es der Hausmeister des großen alten Hauses auf den Klippen?, grübelte sie. Oder vielleicht der Dorfarzt? Sein Verhalten war jedenfalls mehr als verdächtig! Miranda riss sie aus ihren Gedanken. „Sieh mal, hier steht was über den Umzug“, sagte sie. „Sieht ja toll aus. Mit ganz alten Autos und Bussen und so.“ „Zeig mal her“, sagte Holly. Sie hatten sich vorgenommen, an diesem Nachmittag zu einem Umzug zu gehen, der zur Eröffnung eines Verkehrsmuseums in Highgate stattfinden sollte. Holly blickte Miranda über die Schulter. Über dem Artikel prangte die Schlagzeile ,Highgate auf Rädern‘. „Kein Wunder, dass Peter unbedingt dahin wollte“, sagte Miranda. Peter war ein eingefleischter Autofan. Er sammelte Autokennzeichen und gab die Daten in den Computer seines Vaters ein. Holly und Miranda war zwar schleierhaft wozu, aber Peter war ein Junge, und sie vermuteten, dass Jungs eben solche merkwürdigen Sachen machten. Holly nickte. „Da wird er bestimmt ein paar uralte Kennzeichen ergattern“, sagte sie. „Es sollen jedenfalls eine Menge alter Wagen dabei sein.“ Miranda grinste. „He, kennst du schon den Witz mit dem alten Auto?“ Holly verzog das Gesicht. „Erzähl schon!“, sagte sie. „Also, Mr Miller fährt mit einem uralten Auto bei Rot über die Kreuzung“, erzählte Miranda grinsend. „Ein Polizist stoppt ihn und sagt: ,Zwanzig Pfund!‘ Sagt Mr Miller: ,In Ordnung, der Wagen gehört Ihnen.‘“ Holly krümmte sich gequält. „Miranda, der war echt schrecklich!“ Miranda kicherte. „Ich finde ihn gut“, sagte sie.
Miranda verfasste für Tom-tom eine Kolumne der ödesten Witze und konnte sogar über diese lachen, ja, je öder so ein Witz war, desto mehr – und desto lauter – lachte sie. Holly blickte ihre Freundin an. Miranda hatte sich wieder in die Zeitung vertieft und studierte die Kleinanzeigen. „Suchst du was Bestimmtes?“, fragte Holly. Miranda blickte auf. „Ich lese immer die Kleinanzeigen“, sagte sie. „Es ist echt verrückt, was es da alles gibt.“ Sie reichte ihr die Zeitung. „Sieh dir das hier mal an.“ Holly beugte sich über die Seite. Die Anzeige stand unter der Rubrik ,Gesucht und gefunden‘. „,Nähmaschine in braunem Koffer in Highgate verloren. Biete Finderlohn. ‘“, las sie laut vor. „Wie verliert man eine Nähmaschine?“, fragte Miranda. „Oh nein, nicht schon wieder eine von deinen Scherzfragen“, stöhnte Holly. Miranda schüttelte sich vor Lachen. „Nein, diesmal verschone ich dich“, sagte sie. „Aber vielleicht könnten wir sie ja finden und den Finderlohn kassieren.“ Holly runzelte die Stirn. „Vielleicht handelt es sich ja gar nicht um eine Nähmaschine“, sagte sie. „Sondern um eine als Nähmaschine getarnte Geheimwaffe!“, ergänzte Miranda. „Und eine feindliche Macht will damit das Parlamentsgebäude angreifen!“, fuhr Holly fort. „Aber wir finden sie noch rechtzeitig und werden zu Nationalheldinnen“, sagte Miranda. Holly und Miranda grinsten sich an. „Schön wär‘s“, sagten sie im Chor. „Komm, wir müssen los“, sagte Holly. „Wir treffen uns doch mit Peter am Einkaufszentrum.“ Miranda blickte auf. „Was ist das denn?“, fragte sie.
„Was?“ fragte Holly. Miranda zeigte auf die Zeitung. „Das Gekritzel hier“, sagte sie. Holly stand auf. „Gekritzel?“, wiederholte sie. „Das sind Indizien.“ Miranda blickte sie an. „Indizien wofür?“ „Ich habe mir gestern Abend einen alten Krimi angesehen“, sagte Holly. „Der war echt klasse.“ Miranda grinste. „Und, hast du den Fall gelöst?“, fragte sie. Holly biss sich auf die Lippe. „Nicht ganz“, sagte sie. „Das heißt, eigentlich überhaupt nicht.“ Mirandas Blick glitt über Hollys Notizen am Rand der Zeitung. Sie schüttelte den Kopf. „Mit Notizen auf irgendwelchen Papierfetzen kann das ja auch nicht klappen“, sagte sie. „Meine Notizbücher sind alle voll“, sagte Holly. „Das wäre Harriet nie passiert“, sagte Miranda. Wenn Holly und Miranda ein Lieblingsbuch hatten, dann war es Harriet, Spionage aller Art von Louise Fitzhugh. Hollys Bücherregale waren voll gestopft mit Detektivgeschichten, aber nachdem sie und Miranda Harnet, Spionage aller Art verschlungen hatten, hatten beide unbedingt Geheimagentinnen werden wollen. „Um was ging es in dem Krimi?“, fragte Miranda. Holly lächelte. „Er hieß Scharade“, sagte sie, „und es ging um eine Suche nach einem verschwundenen Wertgegenstand.“ Sie runzelte nachdenklich die Stirn. „Aber am Anfang wusste man noch nicht einmal, wonach sie genau suchten.“ „Und wie findet man etwas, wenn man nicht einmal weiß, was man sucht?“ fragte Miranda. Holly grinste. „Das war ja das Problem“, sagte sie. „Sie haben erst ganz zum Schluss herausgefunden, dass der wertvolle Gegenstand, den sie suchten, eine Briefmarke war.“
„Und wo haben sie die gefunden?“, fragte Miranda. Hollys Grinsen wurde noch breiter. „Das glaubst du mir nie“, sagte sie. Mirandas Augen leuchteten auf. „Gib mir einen Tipp und lass mich raten“, sagte sie. Holly blickte auf die Uhr. „Dazu haben wir jetzt keine Zeit, wenn wir pünktlich zum Umzug kommen wollen.“ „Na gut“, sagte Miranda. „Dann nichts wie los. Du kannst es mir ja unterwegs erzählen. Es ist bestimmt was ganz Einfaches“, sagte sie. Holly lachte. „Abwarten“, sagte sie. „Da kommst du nie drauf.“ „Wetten doch?“, entgegnete Miranda und riss die Wohnzimmertür auf. Holly fing sie gerade noch rechtzeitig ab, ehe sie in die Stehlampe krachte. Miranda neigte leider zu kleinen Missgeschicken. „Niemals“, sagte Holly. „Und was ist, wenn ich es doch errate?“, sagte Miranda. Holly dachte kurz nach. „Dann lasse ich dich zuerst Das Geheimnis des zerbrochenen Engels lesen“, sagte sie. „Ich hab nämlich noch nicht damit angefangen.“ Mirandas Miene hellte sich auf. Das Geheimnis des zerbrochenen Engels war das neuste Buch einer ihrer Lieblingsautoren. Und Holly hatte die letzte Ausgabe im Buchladen ergattert. „Abgemacht!“, sagte Miranda.
„… und dann haben sie die Briefmarke auf einem alten Briefumschlag gefunden“, schloss Holly strahlend. Sie wartete gemeinsam mit Miranda vor dem Einkaufszentrum auf Peter. „Was?“, sagte Miranda. „Eine Briefmarke, die ein Vermögen wert ist, klebt einfach so auf einem ganz normalen Briefumschlag?“ Holly strich sich ihre langen braunen Haare aus der Stirn, doch der Wind wehte sie ihr sofort ins Gesicht zurück. „Ja“, sagte sie. „Es war das perfekte Versteck. Wer vermutet schon so eine wertvolle Briefmarke auf einem alten Briefumschlag? Eine Briefmarke auf einem Umschlag ist nichts Ungewöhnliches, also fällt sie überhaupt nicht auf. Ich hab dir ja gesagt, dass du nie drauf kommst.“ Miranda blickte auf. „Da kommt Peter“, sagte sie und winkte ihm zu. „Hey, Peter! Holly hat mir gerade von einem alten Krimi im Fernsehen erzählt.“ „Der war echt gut“, sagte Holly. „Er hieß Scharade.“ „Worum ging’s denn?“ fragte Peter. Holly lachte. „Um ein paar Leute, die eine echt wertvolle Briefmarke gesucht haben – und dabei war sie die ganze Zeit
auf einem ganz gewöhnlichen Briefumschlag versteckt. Wie eine ganz normale Briefmarke.“ „Kein schlechter Trick“, sagte Peter anerkennend. Peter interessierte sich ebenfalls für rätselhafte Geheimnisse – je rätselhafter, desto besser. Am besten fand er Geheimnisse im richtigen Leben. Aber Bücher und Filme waren auch nicht übel. Holly blickte auf die Uhr. „Los, kommt“, sagte sie. „Wir können uns ja unterwegs weiterunterhalten. Wenn wir uns nicht beeilen, kommen wir zu spät zum Umzug!“ Kurz darauf erreichten Holly, Peter und Miranda den Platz, von dem aus der Umzug starten sollte. Neugierig betrachteten sie die alten Autos und Busse, die in einer Schlange auf den Beginn der Veranstaltung warteten. „Seht mal da drüben!“, sagte Peter. „Da steht ein ganz alter Bus.“ Holly und Miranda folgten seinem Blick. Es war ein Doppeldecker, dessen Oberdeck nicht überdacht war, sondern lediglich ein Schutzgeländer hatte. „Poh“, sagte Holly. „Damit würde ich gern mal fahren!“ „Ich auch“, sagte Miranda. „Ich war noch nie in so einem Bus.“ „Von da oben hat man bestimmt eine tolle Aussicht“, sagte Holly. „Ein idealer Beobachtungsposten! Wenn wir doch bloß mitfahren könnten.“ „Der Mann da drüben verkauft Fahrkarten“, sagte Peter mit ausgestrecktem Finger. Neben dem Bus stand ein Schaffner mit einer blauen Mütze und einer altmodischen Uniform. Über seiner Schulter hing an einem Lederband ein glänzender Fahrscheinapparat und über der anderen eine Ledertasche. „Los, wir fahren mit“, sagte Peter.
Miranda musterte den Bus misstrauisch. „Wer weiß, ob man da überhaupt hoch darf“, sagte sie. „Die Leute setzen sich ja alle unten hin.“ „Stimmt doch gar nicht“, sagte Holly. „Da vorne sitzt ein Mann auf dem Oberdeck.“ Peter grinste. „Also, worauf warten wir noch?“, rief er begeistert. Er rannte zu dem Bus hinüber und Miranda und Holly jagten ihm hinterher. Die drei sprangen auf das Trittbrett am Heck des Busses. Der Busschaffner drückte den Hebel seines Fahrscheinapparats nach unten und reichte ihnen ihre Tickets. Das Geld verstaute er in seiner Tasche. „Dürfen wir nach oben gehen?“ fragte Miranda. Der Schaffner lächelte. „Aber natürlich“, sagte er. „Von da oben habt ihr eine gute Aussicht. Ihr müsst nur aufpassen, dass euch der Wind nicht wegweht.“ „Keine Sorge“, sagte Miranda und flitzte zu der eisernen Wendeltreppe. Holly und Peter folgten ihr. „Glück gehabt!“, sagte Holly, als der Busfahrer den Motor startete. „Poh!“, rief Holly, als sie das Oberdeck betraten. „Der Blick ist echt wahnsinnig!“ Ein Windstoß blies ihr die Haare ins Gesicht. „Ganz schön windig hier oben“, sagte sie. „Kein Wunder, dass hier keiner ist.“ „Bis auf den Mann da drüben“, sagte Miranda. Holly blickte auf. Der Mann saß zusammengesunken in der vordersten Sitzreihe. Er hatte sich den Hut tief ins Gesicht gezogen. „Der sieht aber nicht gerade glücklich aus“, sagte Holly. „Ich frage mich, warum er sich nach oben und nicht nach unten gesetzt hat.“
„Wahrscheinlich weil er den Umzug gut überblicken will – genau wie wir“, sagte Miranda. Holly blickte verstohlen zu dem Mann mit dem Hut hinüber. „Aber er achtet ja gar nicht auf den Umzug“, sagte sie. „Ist doch egal“, sagte Peter. „Hauptsache wir fahren mit!“ Der Bus machte einen Ruck und setzte sich mit dem ganzen Umzug in Bewegung. Holly, Peter und Miranda beugten sich über das Geländer und beobachteten die lange Schlange von Autos und Bussen. „Hey! Da drüben ist ein alter Rolls-Royce“, rief Peter. „Und ein Bentley und ein alter Citroen.“ Er reckte den Kopf noch weiter nach vorn. „Wow!“, rief er. „Eine Tin Lizzy. Das ist ja irre.“ Holly und Miranda blickten sich an und grinsten. Peter kramte inzwischen eilig nach seinem Notizbuch, um sich die Kennzeichen zu notieren. Hollys Blick glitt über die Menschenmenge. „Hier oben kommt man sich richtig wichtig vor“, sagte Miranda. „Meinst du, ich sollte den Zuschauern zuwinken?“ Holly blickte nach unten auf die vielen Zuschauer am Straßenrand. „Du meinst wie die Queen?“, sagte sie. Miranda lachte. Selbst im Freien war ihre Stimme so laut wie ein Nebelhorn. „Genau“, sagte sie. „Ich hätte mein Diadem mitbringen sollen.“ Sie lachte erneut. Peter hielt sich die Ohren zu. „Weißt du was? Du müsstest mal deine Lache auf Tonband aufnehmen, Miranda“, sagte er. Miranda blickte ihn misstrauisch an. „Warum denn?“, fragte sie. „Weil man sie dann als Alarmsirene benutzen könnte“, antwortete Peter. Er hob abwehrend die Hände, als sich Miranda auf ihn stürzte.
Der Mann auf den Vordersitzen blickte zurück und Holly musterte neugierig sein Gesicht. Er sah immer noch ziemlich unglücklich aus. Er stand auf und ging auf die andere Seite des Decks. Der Bus ruckelte erneut. „Wir halten an“, sagte Peter. Der Bus bog in eine Haltebucht ein. Einige alte Autos tuckerten an ihnen vorüber. Peter beugte sich übers Geländer und notierte sich die Kennzeichen. Miranda schrie entzückt auf. „Seht mal da drüben“, sagte sie. „Da, auf der anderen Seite. Die sehen ja witzig aus!“ Sie flitzte auf die andere Deckseite und beugte sich übers Geländer. Ein paar Mädchen hatten sich mit hundert Jahre alten Klamotten als Kindermädchen verkleidet und schoben lustige uralte Kinderwagenmodelle über den Gehsteig. „Holly, das musst du dir ansehen!“, rief sie. Holly ging zu ihr. Sie lachte. „Highgate auf Rädern“, sagte sie. „Klar, dazu gehören auch Kinderwagen.“ Miranda grinste. „Mensch, sind die riesig! Da passen ja zehn Babys in einen Wagen.“ Der Bus ruckte erneut und zockelte langsam aus der Haltebucht. Holly verlor für einen kurzen Moment das Gleichgewicht. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie der Mann mit dem Hut aufstand und sich über das Geländer beugte. Holly griff nach dem Geländer und fing sich wieder. „He! Das müsst ihr euch ansehen!“, rief Peter von der anderen Busseite zu ihnen herüber. Miranda drehte sich um, aber Holly ließ den Mann mit dem Hut nicht aus den Augen. Er hatte ihr den Rücken zugekehrt und schien jemanden in der Menge zu beobachten. Ein Polizeibeamter versuchte den Kindermädchen mit ihren Kinderwagen einen Weg durch das Publikum zu bahnen. Holly
beobachtete, wie er eine Zuschauergruppe aufforderte, beiseite zu treten. Einige von ihnen rührten sich nur murrend von der Stelle. Darunter war ein Mann, der extrem langsam aus dem Weg ging. Er blickte auf und sein Blick kreuzte Hollys. Dann sagte der Polizeibeamte etwas zu ihm und er wich zurück. Holly wandte sich wieder dem Mann auf dem Oberdeck zu. Er beobachtete den Polizisten mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck. Holly starrte ihn an. Er hatte kleine dunkle Augen und ein spitzes Gesicht. Sie fand, dass er wie ein Marder aussah. Sie beobachtete verstohlen, wie er seine Hand in seine Tasche schob und etwas herausholte. Er nestelte einen kurzen Moment daran herum. Plötzlich schnellte sein Arm nach vorn. Aus seiner Hand fiel etwas über das Geländer auf das Dach des Wartehäuschens an der Bushaltestelle. Holly starrte gebannt den Gegenstand auf dem Dach an. Er schien aus Leder zu sein. Holly schnappte nach Luft. Es war eine Brieftasche. Der Mann mit dem Hut hastete an ihr vorbei und rannte fast den Mittelgang entlang. Holly drehte sich um. „He!“, rief sie ihm hinterher. „Sie haben Ihre Brieftasche verloren!“ Der Mann hatte bereits die Treppe erreicht. Er drehte sich kurz zu Holly um. Dann stürmte er die Treppe hinunter. „He!“ rief Holly erneut. Aber der Mann war weg. Holly beugte sich über das Geländer und beobachtete, wie er vom Trittbrett des fahrenden Busses sprang und in der Menge verschwand. „Wem rufst du denn da hinterher?“, fragte Peter und stellte sich neben sie. Holly zeigte auf das Wartehäuschen. „Da!“, sagte sie. „Der Mann hat seine Brieftasche verloren. Sie ist auf das Dach von dem Wartehäuschen gefallen.“ Miranda drehte sich um. „Er ist weg“, sagte sie.
Holly nickte. „Ich weiß“, sagte sie. „Ich habe ihm noch hinterhergerufen. Aber er ist einfach abgehauen.“ „Vielleicht hat er dich nicht gehört“, sagte Peter. „Ich weiß nicht“, sagte Holly. „Er hat sich doch sogar noch nach mir umgedreht. Ich bin ganz sicher, dass er mich gehört hat.“ „Wahrscheinlich hat er gedacht, dass du uns etwas zurufst“, sagte Miranda. Holly machte ein skeptisches Gesicht. „Wo ist das Problem?“, sagte Peter. „Wir können ja losgehen und die Brieftasche holen.“ „Genau“, sagte Miranda. „Da sind bestimmt Papiere mit seiner Adresse drin. Wir schicken sie ihm zu oder geben sie einem Polizisten. Was für ein Glück, dass du gesehen hast, dass er sie verloren hat. So bekommt er sie wieder.“ Holly schüttelte den Kopf. „Aber darum geht es doch gar nicht“, sagte sie. „Sondern?“, sagte Peter. Er blickte sie durchdringend an. „Irgendwas ist doch mal wieder im Busch, Holly. Los, rück schon raus damit.“ Holly blickte ihre beiden Freunde besorgt an. „Ich bin mir nicht ganz sicher“, sagte sie. „Aber ich glaube, er hat es absichtlich getan.“ „Was hat er absichtlich getan?“, sagte Miranda. „Seine Brieftasche fallen lassen“, sagte Holly. Peter und Miranda blickten sie an. „Warum sollte er so etwas tun?“, fragte Peter. Holly schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn. „Genau das frage ich mich ja auch“, antwortete sie.
„Los, wir holen uns jetzt sofort die Brieftasche“, sagte Holly. „Aber wir sind doch gerade erst eingestiegen“, protestierte Miranda. „Dann verpassen wir ja den ganzen Umzug.“ Holly drehte sich zu ihr um. „Pass mal auf“, sagte sie. „Das hier ist vielleicht ein neuer Fall. Was ist, wenn wir den verpassen?“ Miranda sah nicht besonders überzeugt aus. „Peter?“ fragte Holly. Peter strich sich mit der Hand durch die Haare. „Bist du dir auch sicher, dass du mit deinen Gedanken nicht noch bei dem Film bist?“, fragte er Holly. Holly schüttelte den Kopf. „Ich bin ganz sicher, dass hier irgendwas nicht stimmt“, sagte sie. „Wenn ich’s euch sage, der Mann hat seine Brieftasche fallen lassen oder sogar weggeworfen, als er den Polizisten gesehen hat. Glaubt mir!“ Peters Augen leuchteten auf. „Vielleicht ist es ja gar nicht seine Brieftasche“, sagte er. „Vielleicht ist er ein Taschendieb. Das Getümmel hier ist ja das reinste Paradies für Taschendiebe.“ „Wenn er einer wäre, dann hätte er bestimmt alles herausgenommen“, sagte Miranda. „Sonst würde er die Brieftasche wohl kaum wegwerfen. Dann würde die Brieftasche leer sein.“
„Aber vielleicht hat er nur das Geld und die Kreditkarten herausgenommen. Und der Name und die Adresse des Besitzers stehen irgendwo in der Brieftasche“, sagte Holly. „Und dann könnten wir sie ihrem rechtmäßigen Besitzer zurückgeben.“ „Vielleicht kriegen wir ja sogar eine Belohnung“, sagte Peter. „Und wenn wir den Besitzer ausfindig machen und der Mann wirklich ein Taschendieb ist, können wir der Polizei eine Personenbeschreibung geben“, fügte Holly hinzu. Peter machte ein skeptisches Gesicht. „Ich glaube kaum, dass ich großartig was über ihn sagen könnte“, sagte er. „Er hatte einen Hut auf, ja. Außerdem habe ich überhaupt nicht auf ihn geachtet.“ Aber Holly ließ nicht locker. „Ich könnte ihn beschreiben“, sagte sie. „Er hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Marder.“ „Das willst du der Polizei sagen?“, sagte Miranda. „Ihr glaubt also, dass es vielleicht ein Taschendieb war?“ fragte Holly. „Ach, Quatsch.“ Miranda hörte sich allerdings nicht besonders sicher an. „Na hör mal“, wandte sich Peter an Miranda. „Als wenn das Ganze nicht höchst verdächtig wäre.“ Er grinste. „Schließlich nennen sie uns nicht umsonst die Mystery Kids“, fügte er hinzu. „Kann gut sein, dass wir hier einer krummen Sache auf der Spur sind.“ Peter und Holly blickten Miranda an. „Na schön, von mir aus“, seufzte sie. „Wahrscheinlich ist es nur irgendeine alte abgewetzte Brieftasche, die er loswerden wollte.“ „Von wegen“, sagte Holly. „Los, kommt! Da vorne ist die nächste Haltestelle.“
„Ich bin dabei“, sagte Peter und rannte zur Treppe. Er warf einen Blick über die Schulter. „Na los, worauf wartet ihr?“, rief er. „Die Mystery Kids sind wieder in Aktion!“ Er stürmte die Wendeltreppe hinunter. Holly und Miranda folgten ihm. Sie flitzten an dem überraschten Busschaffner vorbei. „He!“, rief er ihnen hinterher, als sie absprangen. „Ich dachte, ihr wolltet bei dem ganzen Umzug mitfahren.“ Holly winkte ihm zu. „Wir kommen zurück“, sagte sie. Der Schaffner kratzte sich am Kopf. „Wenn ihr meint“, sagte er. „Bei dem Trubel hier kommen wir sowieso nicht schnell vorwärts.“ Er schlang einen Arm um die Stange auf dem Trittbrett und lehnte sich hinaus. „Aber passt auf, dass ihr die Fahrscheine nicht verliert“, rief er ihnen nach. „Ohne Fahrscheine kann ich euch nicht mitfahren lassen.“ „Machen wir“, sagte Holly. Sie lief in die Richtung zurück, aus der der Bus gekommen war. Als sie das Häuschen an der Bushaltestelle erreichten, blieb Holly keuchend stehen. Sie hatte Seitenstechen. „Hoffentlich hat noch kein anderer die Brieftasche gefunden“, sagte sie zu Peter. In diesem Moment trat auch Miranda zu ihnen. „Als ob sich irgendjemand für dieses blöde Ding interessieren würde“, meckerte sie. „Ich sag’s euch, es ist nur eine harmlose alte Brieftasche.“ „Vielleicht“, sagte Holly. „Vielleicht aber auch nicht.“ Sie wandte sich wieder an Peter. „Rauf mit dir, du kannst am besten von uns klettern.“ Peter blickte an dem Wartehäuschen hoch und seufzte. „Vielen Dank!“, sagte er und begann am Stützpfahl des Wartehäuschens hochzuklettern.
„Pass auf, dass das Dach nicht einkracht“, rief Miranda, als Peter sich von der Säule auf die Überdachung hievte. „Danke für den Hinweis“, rief er zurück. „Wirklich nett von dir.“ „Hast du sie?“ fragte Holly. Peters Gesicht tauchte an der Dachkante auf. „Ja!“, antwortete er. Er warf die Brieftasche zu ihr hinunter. Holly sprang in die Luft, um sie aufzufangen, und landete auf den Zehenspitzen einer wartenden Frau. „Entschuldigung“, murmelte sie. Die Frau blickte sie streng an. Dann wanderte ihr Blick zu Peter auf dem Dach des Wartehäuschens. „Unmöglich“, schnaubte sie. „Diese jungen Leute kommen aber auch auf Ideen!“ Holly blickte der Frau wortlos nach, als diese in der Menge verschwand. „Und?“, flüsterte Miranda ihr ins Ohr. „Was ist drin?“ Holly klappte die Brieftasche auf. Nichts! „Sie ist leer“, sagte sie zu Miranda. Miranda zuckte die Schultern. „Was habe ich gesagt?“, sagte sie. „Nichts als eine miese alte Brieftasche.“ „Pech gehabt, Holly“, rief Peter von oben. „Komm lieber wieder runter“, rief Miranda. Peter grinste. „Gleich“, sagte er. „Von hier oben habe ich gerade einen fantastischen Blick auf einen Bugatti von 1928. Ich schreib mir schnell das Kennzeichen auf.“ Holly drehte die Brieftasche in ihren Händen. Sie war völlig zerfleddert. Das Leder war rissig und das Futter zerrissen. „Moment mal“, sagte sie. „Da ist ja doch was drin. Da, im Futter.“ „Was denn?“, fragte Miranda.
Holly fuhr mit dem Finger in das Futter und fischte einen zerknitterten blauen Papierstreifen heraus. Sie strich ihn glatt. Er war an einer Seite perforiert – als wäre er dort von einem anderen Stück Papier abgerissen worden. „Da steht eine Nummer drauf. Sieht aus wie ein Fahrschein oder so“, sagte sie. „Ein Fahrschein!“, wiederholte Miranda. „Tolles Geheimnis. Ein blöder alter Busfahrschein.“ Holly musterte das Stück Papier nachdenklich. „Sieht aber gar nicht nach einer Busfahrkarte aus“, sagte sie. „Da!“ Sie streckte Miranda den Schein hin. In diesem Moment wurde Holly von jemandem angerempelt und taumelte erschrocken zur Seite. Fast hätte sie das Papier fallen lassen. „Autsch!“, sagte sie, als ein Mann sie am Arm abstützte. „Entschuldigung!“ Sie blickte dem Mann ins Gesicht. Er kam ihr irgendwoher bekannt vor. Genau! Das war der Mann, den ich vorher vom Bus aus gesehen habe! „He, du da!“, rief plötzlich jemand. Holly fuhr herum. Ein Polizeibeamter marschierte zielstrebig auf sie zu. „He!“, rief er noch einmal. „Komm sofort da runter!“ Er blickte zu Peter hoch. „Mist!“, schnaubte Peter. Er kletterte an den Rand des Daches und rutschte an der Stütze hinunter. Sie beobachteten, wie der Polizeibeamte zögernd stehen blieb und offensichtlich überlegte, ob er sich einen Weg zu ihnen durch die Menge bahnen sollte. „Los, lasst uns abhauen, bevor der Polizist hierher kommt“, sagte Peter. Holly blickte verwundert dem Mann hinterher, der sie angerempelt hatte. Er drängte sich hastig durch die
Menschenmenge. Dann verlor sie ihn leider völlig aus den Augen. „Die Brieftasche ist leer“, sagte Miranda zu Peter. „Bis auf einen alten Fahrschein oder so.“ „Nicht, dass der Polizist noch auf falsche Gedanken kommt“, sagte Peter und nahm Holly die Brieftasche aus der Hand. Er warf sie zurück auf das Dach des Wartehäuschens. „Was soll das denn?“, fragte Holly. Peter runzelte die Stirn. „Da sowieso kein Hinweis auf den Besitzer drin ist“, erklärte er, „ist es vielleicht besser, wenn wir sie da liegen lassen, wo er sie verloren hat, falls er noch mal zurückkommt und danach sucht.“ „Und was ist, wenn er doch ein Taschendieb ist?“, sagte Holly. Peter zuckte die Achseln. „Was sollen wir machen? Es ist eine abgewetzte alte Brieftasche. Es steht nirgends eine Adresse drin und wir haben keine Beweise.“ Holly biss sich auf die Lippe. „Mach nicht so ein Gesicht“, sagte Peter. „Ich habe von da oben wenigstens ein paar echt gute Autokennzeichen entdeckt.“ Holly lächelte tapfer. Peter schien von seinen neuen Kennzeichen wirklich ganz begeistert zu sein. „Beeilt euch!“, sagte Miranda. „Der Polizist kommt näher.“ Holly warf einen letzten Blick auf den blauen Schein und steckte ihn in ihre Hosentasche. Sie quetschten sich durch die Menschenmasse. „Los, wir versuchen den Bus noch mal einzuholen“, sagte Miranda. Während sie dem Bus hinterhertrabten, ging Holly die Szene auf dem Busdeck im Geiste immer wieder durch. Irgendetwas stimmte da wirklich nicht. Sie wusste es einfach. Warum hatte
der Mann seine Brieftasche absichtlich fallen lassen? Und was hatte er gesehen, das ihm Angst eingejagt hatte? „Da seid ihr ja wieder“, sagte der Schaffner, als sie keuchend die übernächste Bushaltestelle erreichten. „Und unsere Fahrscheine haben wir auch noch!“, sagte Peter. Holly schob die Hand in ihre Hosentasche und zog den Schein aus der Brieftasche hervor. „Das hier ist keine Busfahrkarte, oder?“, fragte sie den Schaffner. Der Schaffner nahm den Schein in die Hand und betrachtete ihn. „Nein“, sagte er und schüttelte den Kopf. „Sieht eher nach einem Abholschein einer Gepäckaufbewahrung oder so etwas aus.“ Er musterte ihn genauer. „Da steht zwar eine Nummer drauf, aber nicht wofür der Schein ist.“ Er zuckte die Achseln. „Mehr kann ich leider nicht sagen!“ Peter blickte Holly forschend an, als sie wieder das Oberdeck betraten. „Du bist felsenfest davon überzeugt, dass hier irgendwas faul ist, was?“, sagte er. Holly nickte. „Ja, ich bin mir ganz sicher“, sagte sie. „Was ist, wenn du Recht hast? Was ist, wenn er wirklich ein Taschendieb ist? Wir können ihn doch nicht einfach entkommen lassen.“ Peter und Miranda blickten sich an. Miranda zuckte die Achseln. „Wenn du der Sache auf den Grund gehen willst, könnten wir den Besitzer vielleicht mit Hilfe des Scheins ausfindig machen“, sagte Peter zu Holly. „Wir könnten herausfinden, ob er gestohlen wurde.“ „Aber es steht ja nichts drauf“, sagte Holly. „Nur eine Nummer.“
„Zeig mal her“, sagte er. Holly streckte ihm den Papierstreifen hin. Er musterte ihn aufmerksam. „Ich geb’s auf“, sagte er schließlich. „Der Schaffner hat gesagt, dass er vielleicht von einer Gepäckaufbewahrung stammt“, sagte Holly. Miranda blickte sie an. „Du, vielleicht gehört der Schein ja dem Taschendieb“, sagte sie. „Und wenn wir der Sache nachgehen, stoßen wir auf einen Koffer mit gestohlenem Geld oder so.“ Hollys Augen leuchteten auf. „Ja, wer weiß?“, sagte sie. Miranda schüttelte den Kopf. „Du gibst auch niemals auf“, sagte sie. „Das sollte nur ein Witz sein!“ Holly lächelte. „Aber für mich ist das eine todernste Angelegenheit“, sagte sie. „Es ist wirklich eine mysteriöse Geschichte. Schließlich habe ich ganz genau gesehen, wie der Marder die Brieftasche fallen gelassen hat.“ „Wer?“, fragte Miranda. „Der Marder“, sagte Holly. „Genau so hat er nämlich ausgesehen – wie ein Marder. Glaubt mir, irgendwas stimmt nicht mit ihm.“ „Kein Wunder, wenn er aussieht wie ein Marder!“ sagte Miranda. „Na gut“, meinte Peter. „Und was sollen wir jetzt tun?“ Holly dachte einen Moment nach. „Eins nach dem anderen“, sagte sie. „Erst schreiben wir mal alles auf.“ Peter grinste. „Du meinst, wir legen eine Marder-Akte an?“, fragte er. Holly grinste zurück. Sie waren einem Geheimnis auf der Spur. Die Mystery Kids sind wieder im Einsatz, dachte sie.
„Was suchst du denn?“, fragte Miranda Holly. Die Mystery Kids waren nach dem Umzug auf dem Nachhauseweg. „Ich will mir ein neues Notizbuch kaufen“, sagte Holly. „Und ich muss mir noch eine Zeitung mit den Immobilienanzeigen besorgen“, sagte Peter. „Sucht ihr immer noch nach einem Haus?“, fragte Holly. Peter nickte. „Die Wohnung ist wirklich viel zu klein für uns. Dad braucht dringend ein eigenes Arbeitszimmer, das er als Büro benutzen kann.“ Peter und sein Vater wohnten allein. Peters Mutter war gestorben, als er noch klein war. Bei ihrem Umzug nach Highgate waren sie zuerst in eine Wohnung unweit von Hollys Haus gezogen, aber es war von Anfang an klar gewesen, dass sie dort nur vorübergehend wohnen konnten. „Zieht bloß nicht so weit weg“, sagte Miranda. „Nicht dass sich die Mystery Kids noch auflösen.“ Peter grinste. „Was glaubst du wohl, warum ich die Zeitung kaufe?“, sagte er. „Dad ist viel zu beschäftigt, um die ganzen Anzeigen durchzusehen, also suche ich ihm ein paar aus, die er sich dann in Ruhe anschauen kann.“ „Lass mich raten“, sagte Miranda. „Und alle, die du ,aussuchst‘, sind zufällig in der Nähe.“
„Haarscharf kombiniert“, sagte Peter. „Allerdings streiche ich ihm auch immer ein paar in anderen Wohngebieten an, die zu groß oder zu teuer oder…“ „Schon verstanden“, sagte Miranda. „Peter Hamilton, schämst du dich nicht? Dein Vater vertraut dir blind!“ „Hier ist ein Schreibwarengeschäft“, sagte Holly. „Da gibt es bestimmt Notizbücher.“ „Hoffentlich finden wir bald ein Haus“, sagte Peter. „Allmählich geht mir die enge Wohnung ziemlich auf die Nerven. Und einen Garten hätte ich auch gerne.“ Sie betraten den Laden. Peter kaufte den Evening Standard und Holly stöberte nach Notizbüchern. Miranda marschierte zielstrebig zu einem Regal mit Krimis. Holly nahm ein Notizbuch aus dem Regal. Sie zog die Nase kraus, als sie es genauer betrachtete. Aber die Auswahl war nicht allzu groß, also beschloss sie es zu nehmen. Sie bezahlte an der Kasse und zog Miranda von einem Buch mit einem blutbefleckten Messer auf der Umschlagseite weg. „Davon bekommst du nur Albträume“, sagte sie. Miranda verdrehte die Augen. „Das Buch hieß Der Fluch der Verdammten“, sagte sie. Peter blickte von seiner Zeitung auf und schnitt eine sehr grässliche Grimasse. Miranda kicherte und Holly schubste sie beide ganz schnell und ohne Umschweife auf den Gehsteig hinaus. „Jetzt können wir uns endlich Notizen machen“, sagte sie. Miranda betrachtete entsetzt das Notizbuch. „Da drin?“, sagte sie. „Soll das ein Witz sein?“ „Wieso, was ist denn damit?“, fragte Holly und lachte in sich hinein. Sie wusste genau, was Miranda meinte. Peter starrte das Buch entgeistert an. „Da sind ja lauter Häschen drauf“, sagte er.
„Das war noch das Beste, was da war“, sagte Holly. „Ich hatte die Wahl zwischen Hasen, Kätzchen und Hühnern!“ „Wie sollen wir diesen Fall ernst nehmen, wenn wir uns Notizen in einem Häschenbuch machen müssen?“, fragte Peter. „Auf Harriets Notizbuch waren keine Häschen drauf“, sagte Miranda. „Es ist doch völlig egal, was drauf ist“, sagte Holly. „Alles, was zählt, ist der Inhalt.“ „Davon kriege ich garantiert eher Albträume als vom Fluch der Verdammten“, sagte Miranda. „Glaub bloß nicht, dass ich mich damit irgendwo blicken lasse“, sagte Peter. „Ich auch nicht“, fügte Miranda hinzu. Holly seufzte. Manchmal war es wirklich nicht einfach mit den beiden. „Außerdem sterbe ich vor Hunger“, sagte Miranda. „Mit einem leeren Magen kann ich nicht nachdenken.“ „Ich auch nicht“, sagte Peter. „Gut, dann besorgen wir uns eben was zu essen“, sagte Holly. „Und dann können wir endlich mit den Nachforschungen beginnen.“ Leider waren sämtliche Snackbars und Imbissbuden in Highgate brechend voll. „Anscheinend hatten alle, die beim Umzug waren, die gleiche Idee“, sagte Peter. „Wir können ja zu mir gehen“, schlug Miranda vor. Peter und Holly stöhnten. „Nicht wenn Rachel und Becky da sind“, sagte Holly. Rachel und Becky waren Mirandas Zwillingsschwestern. Sie waren fünfzehn und hielten sich für ziemlich erwachsen. „Wenn die beiden da sind, haben wir nie unsere Ruhe“, sagte Peter. „Wie wär’s mit unserer Wohnung?“ Dann verzog er
betrübt das Gesicht. „Geht nicht. Dad arbeitet ja heute zu Hause“, sagte er. Holly grinste. „Wenn ihr mir versprecht, mit den blöden Kommentaren über das Notizbuch aufzuhören, können wir zu mir gehen“, sagte sie. „Ma war heute beim Einkaufen – der Kühlschrank ist also bestimmt randvoll, wenn Jamie nicht schon alles aufgefuttert hat.“ „Kommentare?“, sagte Peter. „Was denn für Kommentare? Das Notizbuch ist doch toll! Gehen wir!“ „Das war doch bloß eine stilistische Kritik“, säuselte Miranda. „Ich finde, du hättest dich für die Kätzchen entscheiden sollen.“ Sie frotzelten und alberten immer noch herum, als sie Hollys Haus erreichten. „Was ist denn das für ein Krach?“, fragte Miranda. Holly wollte gerade den Schlüssel herumdrehen. Von drinnen drangen ziemlich merkwürdige Geräusche nach draußen. Holly öffnete die Tür und Jamie stürmte an ihnen vorbei. Er hielt eine gefährlich aussehende schwarze Waffe in der Hand. „Seht mal, was ich habe!“, johlte er. Er zielte mit der Waffe auf sie. Sogleich flackerte ein Blitzlicht auf. Dann ertönte ein ohrenbetäubendes Sirenengeräusch, das immer schriller wurde, und die Waffe gab ein wahnsinnig lautes Geknatter von sich. Der Lärm war schrecklich. „Wow!“, sagte Peter. „Das ist ja eine Zappa Galactica. Die würde mir auch noch gefallen.“ „Für Spielzeugpistolen bist du doch viel zu groß“, sagte Miranda. Peter straffte sich. „Spielzeugpistole!“, schnaubte er. „Das ist keine Spielzeugpistole. Das ist eine spitzentechnologisch ausgereifte, vollautomatische Nachbildung.“
„Ach so!“, sagte Miranda. „Für mich sieht es jedenfalls wie eine Spielzeugpistole aus.“ „Typisch Mädchen!“, sagte Peter kopfschüttelnd zu Jamie. Jamie bedachte Miranda mit einer Extragewehrsalve und rannte den Gartenweg hinunter. Holly beobachtete mit zugehaltenen Ohren, wie ihr Bruder durch das Gartentor stürmte und alles abknallte, was ihm vor die Flinte lief. „Hallo“, sagte Mrs Adams, als sie das Haus betraten. „Ihr habt bestimmt Hunger. Wenn ihr wollt, könnt ihr euch was zu essen machen.“ Peter und Miranda flitzten in die Küche. Das ließen sie sich nicht zweimal sagen. Holly blickte ihre Mutter an. „Wie hat er dich nur rumgekriegt, dass du ihm so etwas gekauft hast?“, sagte sie. Mrs Adams schüttelte den Kopf. „Frag mich nicht“, sagte sie. „Es war ein kurzer Moment der Schwäche. Und es war sein Geburtstagsgeld. Aber das Verrückteste ist, dass wir nicht einmal Schuhe für ihn gefunden haben. Ich habe schließlich seine alten einfach zum Schuster gebracht.“ Sie lächelte. „Aus irgendeinem Grund hängt er an den alten Schuhen. Und jetzt ist er rüber zu Martin, um ihm seine Zappa Galactica zu zeigen. Da kann ich wenigstens mal eine halbe Stunde die Füße hochlegen.“ Holly grinste. „Wir stören dich auch nicht“, sagte sie. „Wir halten in der Küche nur eine Besprechung ab.“ „Wie gut, dass ich vorhin einkaufen war“, sagte Mrs Adams und verschwand ins Wohnzimmer. „Willst du auf deinem Sandwich Thunfisch oder Erdnussbutter, Holly?“, rief Miranda ihrer Freundin aus der Küche zu. Holly eilte den Flur entlang. Wenn ihre Mutter ihre Ruhe haben wollte, brauchten sie dringend ein paar geschlossene Türen zwischen ihr und Miranda.
„Thunfisch“, sagte sie und setzte sich an den Küchentisch. Sie holte das neue Notizbuch hervor. Peter stellte drei Gläser Milch und einen Teller mit belegten Broten auf den Tisch und setzte sich neben sie. „Oh, danke“, sagte Holly. Sie überschrieb die erste Seite mit DIE MARDER-AKTE und unterstrich das Ganze. Dann notierte sie sich drei Fragen: 1. Warum hat der Marder die Brieftasche fallen lassen? 2. Warum hat er so ein erschrockenes Gesicht gemacht? 3. Wozu dient der blaue Schein? Peter schüttelte den Kopf. „Ich kann es einfach nicht fassen, dass du tatsächlich dieses Notizbuch benutzt“, sagte er. Er musterte es von nahem. „Ich glaub’s einfach nicht, da sind sogar Hasen auf jeder einzelnen Seite!“ „Bis wir uns ein besseres besorgt haben, erfüllt es jedenfalls seinen Zweck“, sagte sie und runzelte nachdenklich die Stirn. „Ja, genau wie dein komisches Geheimnis“, sagte Miranda. „Hoffentlich finden wir bald einen besseren Fall.“ Holly stützte die Ellbogen auf den Tisch und blickte Peter und Miranda herausfordernd an. „Also“, sagte sie so ernst wie möglich. „Wie sieht es mit Antworten auf diese Fragen aus?“ „Gut“, sagte Peter. „Schieß los.“ Holly räusperte sich und las laut vor: „Erstens: Warum hat der Marder die Brieftasche fallen lassen?“ „Weil er das ganze Geld daraus gestohlen hat und das Beweisstück loswerden wollte“, sagte Peter. Er biss von seinem Sandwich ab. Holly schrieb: Taschendieb – Beweisstück loswerden. „Irgendwelche andere Ideen?“, fragte sie. „Weil es nur eine alte Brieftasche war und er sich eine neue gekauft hat“, sagte Miranda. Holly notierte: Kein Geheimnis, nur eine alte Brieftasche.
„Was ist mit der nächsten Frage?“, sagte sie. „Warum hat er so ein erschrockenes Gesicht gemacht?“ Peter und Miranda zuckten beide die Achseln. „Wir haben sein Gesicht ja gar nicht gesehen“, sagte Peter. „Das hast nur du.“ „Das weiß ich auch“, sagte Holly. „Aber was glaubt ihr, warum er so ein eigenartiges Gesicht gemacht hat?“ „Vielleicht hatte er Angst, dass er Schwierigkeiten bekommen würde, weil er Müll weggeworfen hat“, sagte Miranda. Holly schüttelte den Kopf. „Er sah nicht aus wie einer, der sich über so etwas Gedanken macht“, sagte sie, aber sie notierte es trotzdem. „Wenn er tatsächlich ein Taschendieb ist, dann hätte er sich vorher davon überzeugt, dass ihn keiner beobachtet“, sagte Peter. „Gutes Argument“, sagte Holly und schrieb es nieder. Sie dachte kurz nach. „Aber ich bin mir ganz sicher, dass er den Polizisten beobachtet hat“, sagte sie. „Er hat die Brieftasche erst fallen lassen, als ihm der Polizist den Rücken zugedreht hat.“ „Gut“, sagte Peter. „Schreib auf, dass er etwas vor der Polizei verbergen will. Das kann alles Mögliche und Unmögliche sein.“ „Stimmt“, sagte Holly und straffte sich. „Wenn wir diesen Fall lösen wollen, müssen wir herausfinden, wem die Brieftasche gehört. Also ist die dritte Frage die wichtigste.“ Sie blickte Peter und Miranda in die Augen, um sicher zu gehen, dass sie ihr zuhörten. „Ich will, dass wir uns jetzt alle drei überlegen, wofür man alles Scheine oder Karten bekommen kann“, sagte sie.
„Für die Straßenbahn“, sagte Miranda. Dann bekam sie plötzlich ein gewisses Leuchten in den Augen. „Peter, warum ziehen Elefanten kurze Hosen an?“ „Das wirst du mir bestimmt gleich sagen“, brummte Peter. „Damit sie in der Straßenbahn auf Kinderschein fahren können“, sagte Miranda. „Jetzt mal im Ernst“, mahnte Holly. „Gut“, sagte Peter. Er überlegte einen Moment. „Es gibt Busfahrscheine und Lottoscheine.“ „Und Parkscheine und Zugfahrscheine“, fügte Miranda hinzu. „Und Kinokarten und Konzertkarten“, sagte Peter. „Und Postkarten und Eintrittskarten“, trällerte Miranda. Holly blickte sie an. „Nehmt ihr das auch ernst?“ fragte sie. „Natürlich“, sagte Peter. „Du musst zugeben, dass man für fast alles Scheine oder Karten bekommt“, sagte Miranda. Holly runzelte die Stirn. Wenn sie darüber nachdachte, hatte Miranda wirklich Recht. „Aber ein paar Sachen können wir auf jeden Fall von der Liste streichen“, sagte sie. „Ein Lottoschein ist es auf keinen Fall.“ Peter und Miranda blickten auf den blauen Papierstreifen. „Nein, wohl kaum“, sagte Peter. Dann blickte er auf. „Siehst du den gezackten Rand? Das Papier ist perforiert“, sagte er. „Man kann genau sehen, dass es von einem anderen Stück Papier abgerissen wurde.“ „Genau“, sagte Holly. „Das ist wie bei diesen geheimnisvollen Rätseln, wo man eine halbe Münze hat und die passende Hälfte dazu finden muss.“ „John Raven musste auch mal so einen Fall lösen“, sagte Miranda. „Erinnert ihr euch noch an die Folge im Fernsehen?“
Geheimagent John Raven war der Held der gleichnamigen Serie, der Lieblingssendung der Mystery Kids. „Ja, genau. Das war da, wo er die Hälfte eines Papierstreifens mit einem Geheimcode drauf hatte und die andere Hälfte finden musste“, sagte Peter. „John Raven hat schließlich eine Unregelmäßigkeit in dem Papier entdeckt und so das passende Stück dazu gefunden“, sagte Miranda. „Das fällt bei uns schon mal flach“, sagte Peter. „Die Perforation ist perfekt. Es gibt bestimmt noch einen Haufen anderer Scheine mit solchen Perforationen.“ „Und vor allem müssen wir erst mal rausfinden, wofür er überhaupt ist“, sagte Holly. Plötzlich erschien ihr der Fall vollkommen aussichtslos. Peter schien ihr die Enttäuschung anzusehen. „Aber es steht doch eine Nummer drauf“, sagte er. „769432. Das könnte uns weiterhelfen. Wenn wir herausfinden, was das für ein Schein ist, müssten wir die andere Hälfte dazu finden.“ „Falls auf der anderen Hälfte der Karte auch eine Nummer drauf ist“, sagte Miranda. „Auf welcher Art von Papierscheinen sind denn auf beiden Hälften Nummern drauf?“, fragte Holly. Sie kauten nachdenklich an ihren belegten Broten und tranken ihre Milch. Dann sagte Peter plötzlich: „Bei Losen. Da müssen auf beiden Scheinen Nummern drauf stehen, damit man weiß, wer gewonnen hat.“ Miranda setzte sich auf. Allmählich wurde die Sache doch noch interessant! „Ein Gewinnlos!“, sagte sie. „Vielleicht können wir uns den Preis ja abholen.“ Sie lachte. „Bei unserem Glück wäre es wahrscheinlich ein Kuschelhäschen!“ Holly streckte ihr die Zunge heraus.
„Der Schein könnte auch von einem Pfandhaus stammen“, sagte Peter. Holly runzelte die Stirn. „Würde dann nicht ein bisschen mehr auf dem Schein stehen?“, fragte sie. Peter zuckte die Achseln. „Wenn doch bloß irgendwas anderes drauf wäre. Das würde uns wenigstens weiterhelfen. Aber eine Nummer! Das kann alles Mögliche sein.“ „Der Schaffner hat gesagt, dass er wie ein Gepäckaufbewahrungsschein aussieht“, sagte Holly. „Oder wie ein Schein von einem Lagerhaus“, sagte Peter. „Wo Leute zum Beispiel ihre Sachen lagern, weil sie eine Weile ins Ausland gehen.“ Miranda machte ein skeptisches Gesicht. „Dafür sieht er nicht wichtig genug aus“, sagte sie. „Wenn man seine Möbel irgendwo lagert, bekommt man doch bestimmt eine Liste mit den Sachen.“ „Ich glaube ja immer noch, dass es sich tatsächlich um einen Gepäckaufbewahrungsschein handelt“, meinte Holly. „Selbst wenn“, sagte Miranda. „Wie finden wir dann heraus, wo das Gepäck aufbewahrt wird?“ „Wo gibt es denn überall Gepäckaufbewahrungssteilen?“, fragte Peter. Holly dachte einen Moment lang nach. „Auf Bahnhöfen“, sagte sie. „An allen größeren Bahnhöfen gibt es Gepäckaufbewahrungsstellen, oder nicht?“ „Keine Ahnung“, sagte Peter. „In Highgate auf jeden Fall nicht. Aber wir können das ja mal überprüfen.“ „Wann?“ fragte Holly. „Wo?“, fragte Miranda. „Auf dem Bahnhof in Euston“, sagte Peter. „Morgen. Wir fahren mit der U-Bahn hin.“ „Oder in St. Pancras oder King’s Cross“, sagte Holly.
„Gut“, sagte Peter. „Wenn wir in Euston kein Glück haben, versuchen wir es auf den anderen Bahnhöfen.“ Er schlug die Zeitung auf. „Und was ist, wenn wir nirgendwo Erfolg haben?“, fragte Miranda. „Dann sehen wir weiter“, sagte Holly. „In der Zwischenzeit können wir ja schon mal überlegen, wofür man noch alles solche Scheine bekommen kann – falls es sich doch nicht um einen Gepäckaufbewahrungsschein handeln sollte.“ „Gut“, sagte Miranda. Die beiden Mädchen blickten Peter an. Er war in den Evening Standard vertieft. „Peter!“, sagte Miranda. Er schien sie nicht zu hören. „Peter!“ wiederholte Holly laut. „So interessant sind die Immobilienanzeigen auch wieder nicht.“ Peter blickte auf. „Was?“, sagte er. „Ach, die habe ich doch gar nicht gelesen. Seht euch das mal an. In Highgate hat ein Überfall stattgefunden!“ „Was denn für ein Überfall?“, fragte Holly. „Bei einer Schmuckausstellung“, antwortete Peter. „In der Zeitung steht, dass der Dieb mit einer Brosche abgehauen ist, die tausend Pfund wert ist. Er hat sie gegen eine gefälschte Brosche in der Vitrine ausgetauscht. Man hat es erst gemerkt, als abends alles abgeschlossen werden sollte und die Alarmanlage abgeschaltet war.“ Holly seufzte. „Wenn wir doch bloß so einen Fall lösen könnten!“ Peter grinste sie an. „Tolle Vorstellung, was?“, sagte er. Mirandas Gesicht nahm einen verträumten Ausdruck an. „Gestohlener Schmuck im Wert von tausend Pfund“, sagte sie. Dann verzog sie den Mund. „Und wir müssen diesem blöden Schein hinterherjagen!“
Am nächsten Morgen fragte sich Holly, ob Miranda nicht vielleicht doch Recht hatte. Vielleicht war das gar kein geheimnisvoller Fall. Trotzdem grübelte sie beim Frühstück immer noch über den blauen Papierstreifen nach. „Holly, hast du vor, heute Morgen noch etwas zu essen?“, fragte Mrs Adams. Holly blickte auf. „Oh, entschuldige, Ma“, sagte sie. „Ich hab nur nachgedacht.“ „Worüber denn?“, fragte Jamie. „Über Eintrittskarten und Parkscheine und solche Sachen“, sagte Holly. Jamies Augen leuchteten auf. „Dad“, sagte er. „Martin hat noch eine Karte für das Fußballspiel am Samstag. Darf ich hin?“ Mr Adams blickte auf. „Lass mich bloß mit Parkscheinen in Ruhe“, sagte er zu Holly. „Gestern habe ich einen saftigen Strafzettel bekommen. Dabei war ich nur fünf Minuten zu spät am Auto.“ Holly schüttelte den Kopf. „Mir geht’s eigentlich eher um was anderes“, sagte sie. „So etwas wie ein Gepäckaufbewahrungsschein zum Beispiel.“ Jamie lag Mr Adams weiter mit dem Fußballspiel in den Ohren und Holly gab es schließlich auf, sich mit ihrem Vater zu unterhalten. Plötzlich hatte sie eine Idee. Sie wandte sich an ihre Mutter.
„Ma, bei euch gibt es doch Banksafes…“ Mrs Adams war stellvertretende Direktorin einer kleinen Bank in London. Sie nickte. „Wie funktioniert so etwas?“, fragte Holly. „Bekommt man da einen Schein?“ Mrs Adams schüttelte den Kopf. „Nein“, sagte sie. „Man bekommt einen Schlüssel. Bei den großen Banken gibt es sogar Computercodes.“ „Also, keinen Schein oder so etwas Ähnliches?“, fragte Holly. „Nein“, antwortete ihre Mutter lächelnd. „Kann es sein, dass du mal wieder einem rätselhaften Fall auf der Spur bist?“ Holly grinste. „Könnte man so sagen“, sagte sie. Mr Adams schüttelte den Kopf. „Holly, du witterst doch hinter jeder Ecke ein Geheimnis.“ „Das einzige Geheimnis, das ich gerne lösen würde, ist, ob du heute noch dein Frühstück aufessen wirst“, sagte Mrs Adams. „Entschuldigung“, sagte Holly. Sie begann zu essen. Aber die Frage ließ ihr keine Ruhe. Wofür war bloß dieser blaue Schein? Sie grübelte immer noch darüber nach, als sie zu ihrem Treffen mit Peter und Miranda aufbrach. Heute fangen wir endlich mit den echten Nachforschungen an, sagte sich Holly in Gedanken. Als sie Peter und Miranda vor der U-Bahn-Station Highgate warten sah, war sie schon wieder guter Dinge. „Wir fangen in Euston an“, sagte Peter. „Das liegt auf dem Weg ins Zentrum.“ „Gut“, sagte Holly. „Und wenn es dort keine Gepäckaufbewahrung gibt, dann versuchen wir’s in King’s Cross und St. Pancras.“ Sie holten sich drei Tickets am Automaten und traten auf den U-Bahnsteig, auf dem bereits eine Menge Leute warteten.
„Ich habe eine riesige Liste gemacht, wo man überall Karten und so kriegt“, sagte Holly, als der Zug einfuhr. „Zeig mal her“, sagte Miranda. Holly öffnete ihr Notizbuch, während sich die Leute an ihr vorbei in die Wagen drängten. Jemand rempelte sie an. „Aua!“, sagte sie und rieb sich den rechten Ellbogen. Sie drehte sich wütend um. Ein Mann bahnte sich hektisch einen Weg zur nächsten Tür. Er kam ihr irgendwie bekannt vor. „Komm schon“, rief Peter. Holly blickte auf und rannte zum Wagen, dessen Türen sich bereits wieder schlossen. Miranda winkte ihr aufgeregt zu. „Komm hierher!“, rief sie. Sie stand in der Tür und hielt sie mit Händen und Füßen auf. Holly tauchte unter Mirandas ausgestrecktem Arm durch und die Türen öffneten sich noch einmal. „He! Ihr da! Weg von den Türen!“, rief ein Bahnangestellter. Miranda streckte den Kopf aus der Tür. „Ich habe gerade nur meine Freundin vor einem schrecklichen Tod bewahrt“, rief sie dem Mann zu. „Sie wäre fast von der Tür zerquetscht worden.“ Der Mann marschierte entschlossen auf sie zu. Peter zog Miranda ins Wageninnere. Die Türen klappten zu und der Zug fuhr los. „Nach dem Gesichtsausdruck zu urteilen, den der Typ eben hatte, bist eher du gerade einem schrecklichen Tod entronnen“, sagte Holly zu Miranda. Miranda verzog gekränkt das Gesicht. „Ist das der Dank dafür, dass ich dir das Leben gerettet habe?“ Holly lachte. „Danke“, sagte sie. „Reicht das?“ „Von mir aus“, sagte Miranda. „Was hast du denn überhaupt so lange da draußen gemacht?“, fragte Peter Holly.
Holly zuckte die Achseln. „Ich dachte, ich hätte jemanden erkannt.“ „Wen denn?“, fragte Miranda. Holly blickte sich suchend um. Sie konnte den Mann nirgends entdecken. „Einen Mann“, sagte sie. „Ich glaube, er ist in den nächsten Wagen gestiegen. Er hätte mich beinahe umgerannt.“ „Kein Wunder – bei dem Ansturm hier“, sagte Peter. „Jetzt zeig uns mal deine Notizen.“ Holly reichte ihm das Notizbuch, während sie sich zu dritt auf zwei Sitzplätze quetschten. „Das ist allerdings eine ziemlich lange Liste“, sagte Peter. Holly biss sich auf die Lippe. „Mir sind ständig neue Sachen eingefallen. Es ist wirklich Wahnsinn, wofür man alles Karten oder Scheine kriegt.“ „Wir finden bestimmt nie raus, wofür der blaue Schein ist“, sagte Miranda. „Es gibt einfach zu viele Möglichkeiten.“ „Für einen Banksafe ist er schon mal nicht“, sagte Holly. „Ich habe meine Mutter gefragt.“ „Und für ein Lagerhaus auch nicht“, sagte Peter. „Ich habe gestern von zu Hause aus bei ein paar Firmen angerufen und die haben gesagt, dass heutzutage alles mit Computer gemacht wird.“ „Wie wär’s, wenn wir mal die Liste durchgehen“, sagte Miranda. „Irgendwas davon muss doch in Frage kommen.“ Als sie schließlich am Bahnhof Euston anlangten, waren sie immer noch nicht weiter. Miranda hatte mittlerweile eine eigene Liste zusammengestellt. „Madame Tussaud’s Wachsfigurenkabinett“, sagte sie, als der Wagen einfuhr. „Vielleicht hat dort jemand eine Leiche versteckt.“ „Oder es ist eine Eintrittskarte für den Tower of London und es gibt einen Plan, die Kronjuwelen zu stehlen“, sagte Peter. Er
blickte Miranda an, die diese Möglichkeit ernsthaft zu erwägen schien. „Das war nur ein Witz“, sagte er. Sie stiegen aus. Holly blickte sich suchend nach dem Mann um, der sie angerempelt hatte. „Komm schon, Holly“, rief Peter. Holly folgte Peter und Miranda durch die Menschenmenge in die Bahnhofshalle. Sie drehte sich mehrmals um. Wurden sie von jemandem beobachtet? Peter sprach bereits mit einem Mann in Uniform, als sie ihre Freunde erreichte. „Zeig ihm mal den blauen Schein“, flüsterte ihr Miranda zu. Holly steckte die Hand in die Hosentasche, um den Papierstreifen hervorzuholen, aber Peter schüttelte den Kopf. „Lass ihn ruhig in der Tasche“, sagte er. „Warum denn?“, fragte Miranda. „Weil der Mann gesagt hat, dass das Gepäck in Schließfächern aufbewahrt wird. Man bekommt einen Schlüssel. Und in King’s Cross und St. Pancras ist es auch so.“ „Aber es gibt doch noch andere Bahnhöfe“, sagte Holly. Peter machte ein enttäuschtes Gesicht. „Er hat gemeint, dass es überall genauso läuft.“ „Dann sind wir jetzt so schlau wie am Anfang“, jammerte Miranda. „Ich wusste es. Es ist einfach nur ein harmloser alter Papierfetzen. Wahrscheinlich für eine Sportveranstaltung oder eine Reinigung oder so was.“ Peter nickte. „Ich glaube, Miranda hat Recht“, sagte er. „Was ist denn schon so geheimnisvoll an einem Schein im Futter einer alten Brieftasche?“ Holly seufzte resigniert. Aber sie konnte den Gesichtsausdruck des Marders, als er die Brieftasche fallen gelassen hatte, einfach nicht vergessen. Das musste einfach ihren Verdacht erregen. Er hatte nicht einfach eine alte
Brieftasche verloren. Dahinter musste etwas anderes stecken. Sie konnten doch jetzt nicht einfach aufgeben. „Vielleicht gehen wir falsch vor“, sagte Holly. „Wie meinst du das?“, fragte Peter. Holly runzelte die Stirn. „Ich weiß nicht“, sagte sie. Sie dachte kurz nach. „Vielleicht ist es wie in dem Krimi.“ „Du meinst wie in Scharade?“, fragte Miranda. Holly nickte. „Genau“, sagte sie. „Vielleicht übersehen wir etwas ganz Naheliegendes. In dem Film dauerte es ewig, bis sie auf die Lösung kamen. Und dabei lag der Umschlag die ganze Zeit direkt vor ihrer Nase – mit der Briefmarke drauf.“ „Aber dieser blaue Schein hilft uns kein bisschen weiter“, meinte Peter. „Nein“, sagte Holly langsam. „Tut er nicht.“ „Und was sollen wir jetzt machen?“, fragte Miranda. Aber Holly hörte ihr nicht zu. Sie blickte ihre Freunde mit leuchtenden Augen an. „Vielleicht hat Miranda wirklich Recht“, sagte sie. „Was?“, rief Miranda, als traute sie kaum ihren Ohren. „Vielleicht ist der Schein gar nicht wichtig“, sagte sie. „Heißt das, du gibst auf?“, fragte Peter. Hollys Augen blitzten. „Von wegen!“, sagte sie. „Ich sage nur, dass nicht der Schein wichtig ist, sondern die Brieftasche.“ „Aber die war doch leer“, sagte Peter. Holly nickte. „Eben“, sagte sie. „Der Schein steckte hinten im Futter. Der Marder hat ihn wahrscheinlich nicht einmal bemerkt. Aber er hat die Brieftasche trotzdem weggeworfen, als er den Polizisten gesehen hat.“ „Und?“, fragte Miranda. „Vielleicht sollten wir zurückgehen und sie uns noch einmal genau ansehen“, schlug Holly vor. Peter pfiff anerkennend durch die Zähne. „Mensch, Holly. Vielleicht hast du ja wirklich Recht. Los, kommt! Worauf
warten wir noch?“ Er raste zur U-Bahn-Station zurück. Holly und Miranda stürmten so schnell sie konnten hinterher. „Wieso siehst du dich denn dauernd um?“, fragte Miranda plötzlich. Holly wollte ihr gerade sagen, dass sie das Gefühl hatte, beobachtet zu werden. Aber sie beschloss im letzten Moment, es nicht zu tun. Nach dem ganzen Theater mit dem blauen Schein würde Miranda sie sowieso bloß auslachen.
„Die Fahrerei hätten wir uns ja wohl sparen können“, sagte Miranda, als sie wieder an der U-Bahn-Station in Highgate ausstiegen. „Nein, hätten wir nicht“, sagte Holly. „Jetzt wissen wir wenigstens, dass die Brieftasche das eigentlich Wichtige ist.“ „Dann nichts wie hin. Holen wir sie uns“, sagte Peter. „Jetzt?“ fragte Holly. Peter zuckte mit den Schultern. „Warum nicht?“ „Na gut“, sagte Miranda. „Aber ich glaube trotzdem immer noch nicht, dass dahinter irgendein Geheimnis steckt.“ Sie bogen in die High Street ein. Holly und Miranda diskutierten immer noch, als Peter abrupt stehen blieb. „Was ist denn los?“, fragte Holly. Peter starrte zur Bushaltestelle hinüber. „Da macht sich ein Handwerker am Wartehäuschen zu schaffen“, sagte er. Holly schaute auf. Tatsächlich! Ein Mann in einem blauen Overall lehnte gerade eine Leiter gegen die Mauer des Häuschens. Holly beobachtete stirnrunzelnd, wie er aufs Dach kletterte. „Jetzt findet er bestimmt die Brieftasche“, sagte Miranda. Als sich der Mann plötzlich in ihre Richtung drehte, hielt Holly verblüfft die Luft an.
„Schnell, weg hier!“, zischte sie den andern zu und zog sie um die Ecke. „Was ist denn in dich gefahren?“, fragte Peter, der beinahe über seine eigenen Füße gestolpert wäre. „Habt ihr ihn denn nicht wieder erkannt?“, sagte Holly. „Das war der Marder!“ „Der Mann, der die Brieftasche fallen gelassen hat?“, fragte Miranda. Holly nickte. „Und was glaubt ihr wohl, was er da oben macht?“, sagte sie. „Und warum er diesen blauen Overall trägt.“ „Er sucht nach der Brieftasche“, sagte Peter. „Du hast Recht gehabt.“ „Vielleicht macht er ja nur seine Arbeit“, meinte Miranda, „und repariert das Dach.“ „Quatsch, das Dach war doch völlig in Ordnung“, sagte Holly. „Er trägt bloß deshalb einen Overall, damit ihn die Leute für einen Handwerker halten. Leute klettern nicht einfach so auf Wartehäuschen – es sei denn, sie suchen etwas Bestimmtes. Er versucht so zu tun, als müsste er da oben was erledigen. Sonst wäre es zu auffällig. Ich sag’s euch: Er ist gekommen, um sich die Brieftasche zu holen.“ Peter blickte sie verwirrt an. „Aber warum hat er sie dann überhaupt fallen lassen?“, fragte er. Miranda lugte um die Ecke. „He!“, zischte sie. „Seht euch das mal an!“ Der Marder stieg mit der Brieftasche in der Hand die Leiter hinunter. Holly, Peter und Miranda beobachteten gebannt, wie er sie aufklappte und durchsuchte. Dann durchsuchte er sie ein zweites Mal, zerrte an dem Futter und drehte sie komplett um. Sein Gesicht war wutverzerrt. Schließlich warf er die Brieftasche in den Rinnstein, schnappte sich die Leiter und ging ohne sich noch einmal umzublicken davon.
Holly atmete langsam aus. „Er hat eindeutig was gesucht“, sagte sie. „Also ist die Brieftasche selbst doch nicht so wichtig“, sagte Miranda. „Sonst hätte er sie bestimmt nicht wieder weggeworfen.“ „Es muss sich also doch um etwas handeln, was in der Brieftasche war“, sagte Peter. „Und das Einzige, was noch drin war, war der Schein“, sagte Holly. „Oh nein, bitte nicht“, stöhnte Peter kopfschüttelnd. „Was hast du denn?“, fragte Miranda. „Wir haben doch den Schein oder nicht?“ Peter nickte. „Ja, schon“, sagte er. „Aber wir wissen immer noch nicht, wozu er gut ist. Jetzt können wir wieder ganz von vorn anfangen.“ „He, freu dich lieber“, sagte Holly. „Wir sind einem Geheimnis auf der Spur. Das kann jetzt selbst Miranda nicht mehr abstreiten.“ „Stimmt“, sagte Peter. „Wer weiß, vielleicht finden wir ja doch noch heraus, was das für ein Schein ist. Wir brauchen nur ein bisschen Glück.“ „Oder eine gute Idee“, meinte Holly. Wie sich herausstellen sollte, war es dann doch keine gute Idee, die ihnen weiterhalf, sondern Glück – genau wie Peter gesagt hatte. Als Holly nach Hause kam, lag auf dem Tisch im Flur neben der Post und der Zeitung ein Paket. Holly liebte Pakete. Sie versuchte immer zuerst zu erraten, was drin war, ehe sie es öffnete. Sie nahm es in die Hand und tastete es ab. Was da wohl drin sein mochte? Sie spürte ein flaches, hartes Stück und ein weicheres und dann wieder ein Stück, das noch härter als das andere war. Und es war hohl.
Schuhe. Das war es. Plötzlich fiel ihr die Sache mit Jamies Schuhen wieder ein. Ihre Mutter musste sie vom Schuhmacher abgeholt haben. Sie stellte das Päckchen auf den Tisch zurück und erstarrte. Es war nur ein ganz normales Paket aus braunem Packpapier mit Jamies Schuhen. Aber etwas an dem Paket ließ Hollys Herz schneller schlagen. Auf der Außenseite klebte ein Papierstreifen mit einer Nummer. Ein blauer Papierstreifen. Ein Papierstreifen, der genauso aussah wie der aus der Brieftasche, nur dass noch ein Name drauf stand. Und unter den Namen hatte jemand Adams gekritzelt. Holly zog den blauen Schein aus ihrer Tasche und verglich ihn mit dem auf dem Paket. Es war die gleiche Farbe, die gleiche Größe und der gezackte Rand passte auch. Das Einzige, was nicht passte, war die Nummer. Holly betrachtete den Schriftzug am oberen Rand des Papierstreifens. Mister Minit stand drauf. Sie nahm das Paket noch einmal in die Hand und tastete es ab – nur um ganz sicherzugehen. Ja, Schuhe. War es das, was hinter dem geheimnisvollen Schein steckte? Ein Paar Schuhe, das der Marder zum Schuhmacher gebracht hatte? Holly konnte einfach nicht glauben, dass es sich um so etwas Gewöhnliches handelte. Sie riss das Päckchen an einer Ecke etwas auf – nur um ganz, ganz sicherzugehen. Ja, es waren Schuhe – Jamies Schuhe, genau wie sie vermutet hatte. Sie seufzte. Miranda hatte prophezeit, dass am Ende was ganz Normales herauskommen würde, wie zum Beispiel ein Abholschein für eine Reinigung. Aber Schuhe? Das war wirklich niederschmetternd. Das Telefon klingelte. Holly nahm ab. „Hi“, sagte Miranda atemlos. „Hast du den Schein noch?“
„Natürlich“, erwiderte Holly. „Aber du hast leider Recht gehabt. Er ist völlig unwichtig.“ „Unwichtig?“, kreischte Miranda. „Und ob er wichtig ist!“ Holly rieb sich das Ohr. Manchmal fragte sie sich, warum Miranda überhaupt ein Telefon benutzte. Sie wohnte nur drei Straßen weiter und könnte sich genauso gut in ihren Garten stellen und ihr zurufen. „Miranda, ich verstehe überhaupt nicht, was du meinst!“, sagte sie. „Rühr dich nicht vom Fleck“, sagte sie. „Ich komme sofort rüber – und ruf Peter an. Er soll auch zu dir kommen. Ich muss euch unbedingt was zeigen!“ Holly stand mit offenem Mund am Telefon. Was hatte Miranda nur entdeckt?
Miranda und Peter kamen beide gleichzeitig angelaufen. Holly hatte am Fenster schon ungeduldig auf sie gewartet. Sie öffnete die Tür, noch ehe Miranda klingeln konnte. Miranda stürmte in den Flur, stolperte über die Fußmatte und fiel der Länge nach hin. „Hallo, Miranda“, sagte Holly. „Schön, dass du gleich mit der Tür ins Haus fällst!“ – „Sehr witzig“, sagte Miranda und rappelte sich wieder auf. „Ich konnte ja nicht wissen, dass du die Tür so aufreißen würdest.“ „Ich wollte dich bloß reinlassen“, sagte Holly. „Du hättest sie ruhig die Tür einrennen lassen können“, sagte Peter. „Sie ist wie eine Geistesgestörte die Straße hochgerast. Ich glaube, nicht einmal eine verschlossene Tür hätte sie in diesem irren Zustand aufhalten können.“ „Wenn ihr nicht bald mit eurem blöden Gebrabbel aufhört, sag ich euch nicht, was ich herausgefunden habe“, sagte Miranda.
Peter grinste. „Wetten, dass du es gar nicht aushältst, uns nichts zu verraten?“, sagte er. „Würde dir ganz recht geschehen, wenn ich schweigen würde“, sagte Miranda schnippisch und warf den Kopf in den Nacken. „Zum Glück stehe ich über solchen Dingen.“ Sie stolzierte ins Wohnzimmer. „Jetzt sag schon, was du entdeckt hast“, verlangte Peter. Miranda blickte ihn herausfordernd an und verzog schmollend den Mund. Aber sie hielt es einfach nicht länger aus. „Seht euch das hier mal an!“, platzte sie heraus. Dabei zog sie eine Zeitung aus ihrer Tasche und wedelte damit durch die Luft. „Was soll das denn sein?“, fragte Peter. „Das Anzeigenblatt von dieser Woche“, sagte Miranda. „Heute herausgekommen. Und seht mal, was ich in den Kleinanzeigen gefunden habe!“ Sie breitete die Zeitung auf dem Boden aus und deutete auf eine Anzeige unter Gesucht und gefunden. Biete Finderlohn für hellblauen Abholschein. Verloren im Stadtteil Highgate. „Wie bitte?“, rief Peter und schnappte sich die Zeitung. „Zeig mal“, sagte Holly. „Meint ihr, das ist der Schein, den wir gefunden haben?“ „Natürlich“, sagte Peter. „Ich glaub’s nicht! Er hat deswegen tatsächlich eine Anzeige aufgegeben.“ Miranda war ganz aus dem Häuschen. „Es muss was wirklich Wichtiges sein“, sagte sie. „Und was machen wir jetzt?“, sagte Peter. „Am Ende der Anzeige steht eine Chiffrenummer.“
Miranda nickte aufgeregt. „Wir brauchen nur an die Chiffrenummer zu schreiben! Dann finden wir die Lösung des Rätsels.“ Holly schüttelte den Kopf. „Das können wir uns sparen“, sagte sie. „Was?“ sagte Peter. Miranda blickte sie entgeistert an. „Warum das denn?“, fragte sie. „Weil ich weiß, was das für ein Schein ist“, sagte Holly. Sie lief in den Flur und kam mit dem Päckchen wieder. Sie warf es ihnen vor die Füße. „Der Schein stammt von einem Schuhmacher. Das ist alles. Das ist unser ganzes Geheimnis. Der Mann hat nur deshalb nach dem Schein gesucht, weil er seine Schuhe vom Schuster abholen wollte. Wahrscheinlich hat er ihn aus Versehen in der Brieftasche gelassen, als er sie fallen gelassen hat.“ Peter runzelte die Stirn. „Und warum hat er sich dann extra als Handwerker verkleidet, als er sie gesucht hat?“, fragte er. Holly zuckte die Schultern. „Vielleicht hat Miranda ja Recht“, sagte sie. „Vielleicht repariert er wirklich Wartehäuschen.“ „Aber das Wartehäuschen war doch gar nicht kaputt“, sagte Peter. „Das hast du doch selbst gesagt.“ „Warum ist er nicht einfach zum Schuhmacher gegangen und hat ihm gesagt, dass er den Schein verloren hat?“, überlegte Miranda. „Vielleicht war er ja schon dort“, sagte Holly, „und der Schuster hat ihm die Schuhe ohne Abholschein nicht gegeben.“ „Genau wie der Busschaffner“, sagte Peter. „Der hätte uns ohne Fahrscheine auch nicht mehr in den Bus gelassen.“
„Also hat er den Schein noch einmal gesucht“, sagte Miranda. „Aber als Handwerker verkleidet?“, murmelte Holly nachdenklich. „Ich glaube, Peter hat Recht. Das ist wirklich zu viel des Guten.“ Sie dachte kurz nach. „Wenn sich jemand solche Mühe macht, dann muss er den Schein unbedingt wieder haben wollen.“ „Und der ganze Aufwand nur für ein Paar Schuhe klingt irgendwie verdächtig“, meinte Peter. Miranda legte den Kopf etwas zur Seite. Ihre Augen verengten sich. „Was überlegst du denn?“, fragte Holly. „Tu jetzt bloß nicht wieder so geheimnisvoll.“ „Was ist, wenn es gar keine Schuhe sind?“ fragte Miranda. Holly blickte sie an. „Was willst du damit sagen?“, fragte sie Miranda runzelte die Stirn. „Man kann auch andere Sachen beim Schuhmacher machen lassen, oder? Wer weiß, wofür der Abholschein ist.“ „Was denn noch zum Beispiel?“, fragte Holly. Miranda blickte sie an. „In vielen dieser Läden, in denen man Schuhe reparieren lassen kann, bekommt man auch Schlüssel!“ sagte sie. Holly starrte sie an. „Miranda, du bist genial!“ rief sie. „Kaum der Rede wert“, sagte Miranda. „Also schreiben wir an die Chiffrenummer?“, fragte Peter. Holly schüttelte den Kopf. „Nein“, sagte sie. „Dieser Typ war zu merkwürdig. Der hatte garantiert irgendwas Krummes vor.“ „Und was machen wir nun?“, fragte Miranda. Holly blickte sie an. „Ganz einfach. Wir gehen zu Mister Minit und holen das Ding ab, was auch immer es ist“, sagte sie. „Gleich morgen! Mit dem Schein!“
„Und was machen wir, wenn der uns einen Schlüssel gibt?“ fragte Peter. Holly blickte ihn mit vorgerecktem Kinn an. „Wenn es ein Schlüssel ist, dann finden wir heraus, wo er hingehört!“, sagte sie.
An diesem Abend las Holly ihren neuen Krimi Das Geheimnis des zerbrochenen Engels. „Aber nicht mehr so lange“, sagte ihre Mutter, als sie zu ihr ins Zimmer kam, um ihr eine gute Nacht zu wünschen. „Mach ich“, sagte Holly. „Ich lese nur ein Kapitel.“ „Das hast du schon öfters behauptet“, sagte Mrs Adams. Holly blickte ihre Mutter erstaunt an. „Was machst du denn mit Jamies Zappa Galactica?“, fragte sie. Mrs Adams legte die Weltraumpistole auf Hollys Nachttisch und strich sich mit der Hand durch die Haare. „Dad hat sie ihm weggenommen! Jamie hat ihn damit fast zum Wahnsinn getrieben“, sagte sie. „Das Ding macht wirklich einen Höllenlärm!“ Holly lächelte. „Ein Wunder, dass sich die Nachbarn noch nicht beschwert haben“, sagte sie. Mrs Adams lachte. „Jetzt haben wir wenigstens mal ein paar Tage unsere Ruhe“, sagte sie. „Dad hat ihm gesagt, dass er sie übermorgen wiederhaben kann. In der Zwischenzeit will er mal nachsehen, ob man das Ding nicht zum Schweigen bringen kann.“ „Das wird Jamie aber gar nicht gefallen“, sagte Holly.
„Das glaube ich auch“, sagte Mrs Adams achselzuckend. „Gute Nacht. Und vergiss nicht, dass du nur ein Kapitel lesen willst.“ Aber Das Geheimnis des zerbrochenen Engels war der aufregendste Krimi, den Holly seit langer Zeit gelesen hatte. Sie war so gefesselt, dass sie sogar vergaß, sich die Indizien aufzuschreiben. Nur noch ein Kapitel schwor sie sich immer wieder. Zwei Stunden später hatte sie das Buch zu Ende gelesen. Holly klappte es zu und legte es auf ihren Nachttisch. Jamies Weltraumpistole lag noch da. Ihre Mutter musste sie vergessen haben. Holly schob sie ein Stück zur Seite und blickte auf ihren Wecker. „Oje“, seufzte sie, als sie sah, wie spät es schon war. Fast Mitternacht. Sie knipste schnell das Licht aus und kuschelte sich unter die Bettdecke. Im Haus war es vollkommen still. Bestimmt waren ihre Eltern schon längst im Bett. Holly versuchte zu schlafen, aber ihre Gedanken kreisten immer noch um die spannende Geschichte, die sie soeben gelesen hatte. Im Geiste ging sie den ganzen Krimi noch einmal durch. Eine Stunde später war sie immer noch hellwach. Plötzlich hörte sie ein Geräusch von unten. Holly warf einen Blick auf ihren Wecker. Fünf nach eins. Wie sollte sie nur am nächsten Morgen aus den Federn kommen? Sie drehte sich um und presste die Augen fest zu. Schlaf jetzt!, befahl sie sich selbst. Dann hörte sie wieder ein Knarren. Es hörte sich an wie ein Schritt auf der Treppe. Das ist nur deine Fantasie, sagte sie sich. Holly glaubte ständig verdächtige Personen zu sehen oder seltsame Geräusche zu hören. Und wenn man dann noch bis spät in die
Nacht Krimis las, machte man alles nur noch schlimmer, wie ihr Vater ihr immer predigte. Ja, irgendetwas knarrte. Die fünfte Stufe von oben, dachte Holly. Die und die nächste knarrten immer. Allerdings klang die zweite etwas tiefer. Eher wie ein Ächzen. Holly gähnte. Dann hörte sie das Ächzen der nächsten Stufe. Irgendjemand kam die Treppe hochgeschlichen. Vielleicht war ihr Vater aus irgendeinem Grund unten gewesen? Dann erstarrte sie. Sie hätte es bestimmt gehört, wenn jemand runtergegangen wäre. Unten konnte eigentlich keiner mehr sein! Holly dachte fieberhaft nach. Ihr war plötzlich eiskalt, obwohl sie unter ihrer warmen Bettdecke lag. Sie kroch leise aus dem Bett und schlich barfuß zur Zimmertür. Dann kniete sie sich vorsichtig hin und spähte durch den Türspalt. Ihr Herz setzte einen Moment lang aus! Irgendjemand schlich über den Flur. Ein Lichtstrahl glitt über den Fußboden. Der schummrige Lichtkegel einer Taschenlampe! Holly spähte erneut durch den Türspalt. Im Flur war es bis auf diesen Lichtkegel stockfinster. Sie blickte auf den Fußboden. Der Lichtkegel wanderte langsam über den Teppichboden. Plötzlich sah sie, wie ein Fuß einen Schritt nach vorn machte. Es war der Fuß eines Mannes. Holly konnte nur ein dunkles Hosenbein und einen Schuh mit Gummisohle erkennen. Der Schuh sah irgendwie komisch aus – das Leder war halb schwarz und halb weiß. Solche Schuhe hatte ihr Vater auf keinen Fall. Außerdem würde er wohl kaum mit einer Taschenlampe durch sein eigenes Haus schleichen! Holly richtete sich auf. Es musste ein Einbrecher sein. Wirklich. Diesmal bildete sie es sich nicht ein! Was sollte sie jetzt tun? Sie stand regungslos da, starr vor Angst. Sie musste ihre Eltern warnen. Sie biss sich auf die Lippe.
Durch den Türspalt beobachtete sie gebannt, wie sich die düstere Gestalt langsam näherte. Irgendwo in der Ferne hörte sie das Heulen einer Sirene von einem Streifen- oder Krankenwagen. Da kam ihr eine Idee. Vorsichtig schlich sie zu ihrem Nachttisch zurück und nahm Jamies Zappa Galactica in die Hand. Mit zitternden Fingern tastete sie nach den Schaltknöpfen. Dann warf sie wieder einen Blick durch die geöffnete Tür. Von draußen wurde das Martinshorn immer lauter. Der Mann drehte sich erschrocken um. Holly öffnete die Tür noch ein bisschen und schob den Gewehrlauf hindurch. Sie zielte genau auf den Mann auf dem Treppenabsatz. Mit zitternden Fingern drückte sie auf die Tasten am Schaft. Die Waffe feuerte eine Lichtblitzsalve ab. Dann jaulte das Sirenengeräusch auf. Das Heulen wurde immer schriller und die Waffe begann zu knattern. Der Mann fuhr herum. In Panik stolperte er zur Treppe zurück. In diesem Moment öffnete sich die Schlafzimmertür ihrer Eltern und ihr Vater erschien im Türrahmen. „Jamie!“, brüllte er. „Ich hab dir das Ding doch verboten. Was fällt dir ein, mitten in der Nacht damit herumzuballern?“ Der Einbrecher sprintete zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe hinunter und Holly raste aus ihrem Zimmer. „Das war nicht Jamie. Da ist ein Einbrecher“, rief sie. Mr Adams rieb sich verschlafen die Augen. „Was?“, fragte er. Holly zeigte auf die Treppe. Jamie kam aus seinem Zimmer. „Was machst du da mit meiner Zappa Galactica?“, schimpfte er. Hollys Mutter tauchte hinter ihrem Vater auf. „Was ist denn hier los?“ fragte sie. „Er haut ab!“, kreischte Holly.
Der Mann riss die Haustür auf und knallte sie gegen die Flurwand. Mr Adams knipste das Flurlicht an und Holly rannte zur Treppe. Das grelle Licht blendete sie für einen Moment. Als sie die Stufen hinuntergerannt war, sah sie gerade noch, wie der Einbrecher durch das Gartentor stürmte und die Straße hinunterlief. „Er ist weg“, sagte sie zu ihrer Familie, die auf dem Treppenabsatz zu ihr hinunterstarrte. Mr Adams blickte sie entgeistert an. „Ein Einbrecher?“, murmelte er. Mrs Adams kam die Treppe heruntergerannt und schlang die Arme um Holly. „Ist dir was passiert?“, fragte sie. Holly schüttelte zitternd den Kopf. „Nein, es geht schon wieder“, sagte sie. „Aber ein echter Einbrecher ist wirklich unheimlich, Ma!“ Mrs Adams drückte sie noch fester an sich. „Ein Einbrecher?“ rief Jamie aufgeregt. „Hast du ihn mit meiner Waffe verjagt?“ „Ich glaube, ich rufe besser die Polizei“, sagte Mr Adams. „Und ich mache uns erst mal eine Tasse Tee“, sagte Mrs Adams. „Komm mit runter in die Küche, Holly. Dann weiß ich wenigstens, dass du in Sicherheit bist.“ „Wie hat er denn ausgesehen?“, fragte Jamie und tapste Holly und Mrs Adams hinterher. „Hatte er eine Maske auf?“ Während Mr Adams telefonierte, gingen Holly, Jamie und Mrs Adams in die Küche. Dort war es warm und behaglich und Holly hörte endlich auf zu zittern. Ihre Mutter setzte Wasser auf. „Die Polizei ist unterwegs“, sagte Mr Adams, als er in die Küche trat. Er setzte sich an den Tisch und sagte sanft zu
Holly: „Jetzt erzähl uns mal der Reihe nach, was passiert ist. Die Polizei will das bestimmt wissen.“ Holly nickte, während ihre Mutter ihr eine Tasse mit dampfendem Tee reichte. „Ich werd’s versuchen“, sagte sie. „Aber ich habe den Einbrecher gar nicht richtig gesehen – nur seine Füße.“ Als Holly ihren Eltern alles von Anfang an erzählt hatte, klingelte es an der Tür. Es waren zwei Polizeibeamte. Sie waren sehr nett. Holly erzählte ihnen noch einmal, was sie ihren Eltern geschildert hatte, aber alles in allem war es nicht allzu viel. „Aber wir haben doch eine Alarmanlage“, sagte Mr Adams. Der ältere Polizeibeamte nickte. „Wir haben vorhin kurz einen Blick darauf geworfen, als wir ins Haus gekommen sind“, sagte er. „Das Gehäuse war abgeschraubt und die Kabel waren durchgeschnitten. Sah ziemlich professionell aus – um nicht zu sagen äußerst professionell.“ Er blickte Mr Adams an. „Bewahren Sie irgendwelche wertvollen Dinge im Haus auf?“, fragte er. Mr Adams lächelte. „Wir besitzen eigentlich nichts wirklich Wertvolles.“ Die Polizisten blickten sich an. „Ich schlage vor, dass Sie jetzt alles gut verschließen und sich wieder schlafen legen“, sagte der jüngere Beamte. „Wir schicken morgen früh jemanden vorbei, um nach Fingerabdrücken zu suchen, aber wenn Sie mich fragen, glaube ich nicht, dass wir was finden werden. So wie die Alarmanlage aussieht, war da ein echter Profi am Werk.“ „Fingerabdrücke! Wow“, sagte Jamie. „Werden meine auch überprüft?“ Der jüngere Beamte lächelte ihn an. „Wenn du möchtest“, sagte er. „Dann werden sie bei Scotland Yard gespeichert.“ „Wow“, hauchte Jamie erneut.
Aber Mr Adams‘ Miene war ernst. „Dann war es also nicht einfach nur jemand, der auf gut Glück bei uns eingestiegen ist?“, fragte er. Der ältere Polizeibeamte blickte ihn an. „Es ist noch zu früh, um das mit Sicherheit sagen zu können“, sagte er. „Aber es sieht nicht so aus.“ „Holly, ich glaube, du gehst jetzt besser wieder ins Bett“, sagte Mrs Adams. Sie nickte. „Ich bin todmüde“, gestand sie. „Das war eine ganz schön böse Überraschung für dich“, sagte der ältere Beamte und lächelte Holly an. „Unter den gegebenen Umständen hast du wirklich schnell und vernünftig reagiert, junge Dame“, fügte er hinzu. „Oh, wissen Sie, Holly steckt voller guter Ideen“, sagte Mr Adams. Er lächelte, aber Holly sah ihm an, dass er sich immer noch Sorgen machte. „Ab ins Bett“, wiederholte Mrs Adams. „Und du auch, Jamie.“ Sie begleitete sie nach oben, obwohl Jamie lautstark protestierte, dass er noch unten bleiben wolle. „Schlaf gut“, sagte Mrs Adams, als sie Holly liebevoll zudeckte. „Hm“, murmelte Holly schläfrig. Sie hörte nicht einmal mehr, wie ihre Mutter die Tür hinter sich schloss.
„Ein echter Einbrecher?“, fragte Miranda. „Warum hast du mich nicht angerufen?“ „Klar“, sagte Holly. „Ich geh einfach in den Flur und sage: Entschuldigen Sie, Mr Einbrecher, stört es Sie, wenn ich mal kurz meine Freundin Miranda anrufe, damit sie herkommt und Sie einfängt?“ „Du weißt genau, was ich meine“, sagte Miranda. „Mann, ich wünschte, ich wäre hier gewesen. Dann hätten wir ihn gemeinsam fangen können!“ „Wie denn?“, fragte Holly. „Mit einem Stolperdraht oder so“, sagte Miranda. Peter lachte. „Das hätte aber nur funktioniert, wenn du über den Draht gestolpert und auf ihm gelandet wärst“, sagte er. Miranda versuchte hochmütig auf ihn herabzublicken, aber er war einfach zu groß. „Du hättest natürlich die besten Ideen gehabt“, sagte sie verächtlich. Peter grinste. „Ich finde, Hollys Idee war schon ziemlich gut“, sagte er. Sie waren auf dem Weg zu Mister Minit, dem Schuh- und Schlüsselladen in der High Street. Der hellblaue Abholschein steckte in Hollys Tasche. Holly kicherte. „Ich glaube, ich hab ihn ganz schön erschreckt. Er wäre fast die Treppe runtergefallen.“
„Schade, dass er es nicht wirklich ist“, sagte Peter. „Dann hättet ihr ihn bestimmt noch erwischt.“ Miranda seufzte. „Das muss echt total aufregend gewesen sein! Erzähl mal, Holly, was war das für ein Gefühl? Du hast wirklich Glück. Bei uns im Haus passiert nie was Aufregendes.“ „Es war schrecklich“, sagte Holly. „Was hat er denn überhaupt gesucht?“, fragte Peter. Holly zuckte die Achseln. „Ich weiß es nicht“, sagte sie. „Wir haben eigentlich nichts besonders Wertvolles.“ Dann schwieg sie betroffen. Hatte der Einbrecher etwa… nach dem blauen Schein gesucht? Nein, dachte sie. Quatsch. Nur Peter und Miranda wussten, dass sie ihn hatte. Ihr schauderte. Sie wollte erst gar nicht darüber nachdenken, jemand könnte wissen, dass sie den Schein besaß, und darüber, was er alles anstellen könnte, um ihn zu bekommen. Vielleicht wurde sie ja sogar im Moment beobachtet. „Was hat denn die Polizei gesagt?“, fragte Peter. „Als die Beamten heute Morgen da waren, habe ich noch geschlafen“, sagte Holly. „Ma hat ihnen nicht erlaubt mich aufzuwecken. Sie hat gesagt, dass ich schon alles erzählt hätte und meinen Schlaf brauchte.“ „Zu schade“, sagte Miranda. „Hast du den Notruf gewählt?“ „Das hat Dad gemacht“, sagte Holly. Miranda grinste. „Mir ist gerade ein toller Witz eingefallen. Den kennte ihr bestimmt nicht! Warum können die Ostfriesen nicht mit den neuen Telefonen der Telekom telefonieren?“ „Bitte nicht“, sagte Peter und fiel auf die Knie. „Gnade! Bitte sag’s uns nicht.“ Einige Leute schauten verwundert zu ihnen herüber. Eine Frau zog ihren kleinen Jungen zu sich. „Steh auf, du Blödmann“, sagte Miranda.
„Versprich mir, dass du es uns nicht sagen wirst“, sagte er. Miranda blickte ihn an und sagte: „Weil sie so lange an den Tasten drehen, bis sie abfallen!“ „Aua!“ stöhnte Peter. „Das tut ja weh.“ Holly zog ihn wieder hoch. „Wenn du dich noch länger wie ein Verrückter auffuhrst, werden wir noch verhaftet“, sagte sie. Peter stand auf und blickte Miranda an. „Eines Tages werde ich mich an den ödesten Witz meines Lebens erinnern und ihn dir erzählen, dann lach ich dich tot!“, sagte er. Miranda brach in schallendes Gelächter aus und die Frau mit dem kleinen Jungen drehte sich erschrocken zu ihnen um. „Das nützt dir überhaupt nichts“, sagte Holly. „Je öder ein Witz ist, desto besser gefällt er Miranda.“ Miranda und Holly lachten. „Sag mal“, sagte Peter. „Hat die Polizei das Haus eigentlich nach Fingerabdrücken abgesucht?“ Holly nickte. „Aber keine gefunden.“ Sie grinste. „Jamie wollte unbedingt, dass seine Fingerabdrücke überprüft werden. Er war total aus dem Häuschen.“ Miranda seufzte. „Ein echter Einbruch“, sagte sie. „Ein richtiger Kriminalfall direkt vor deiner Nase. Zu schade, dass du den Einbrecher nicht richtig gesehen hast.“ „Ja, ich habe nur seine Füße gesehen“, sagte Holly. „Er hatte echt total komische Schuhe an.“ „Was denn für welche?“ fragte Peter. „Sie waren schwarz und weiß“, antwortete Holly. „Als ich Dad davon erzählt habe, hat er gesagt, dass solche Schuhe früher sehr häufig auch Jimmy-Schuhe genannt wurden.“ „Apropos Schuhe“, sagte Peter. „Wir sind da.“ Er zeigte auf einen Laden auf der anderen Straßenseite. Holly blickte hinüber. Es war ein kleiner Laden. Sie warf einen Blick über ihre Schulter und erschauerte. „Was hast du denn?“ fragte Peter.
Holly zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht“, sagte sie. „Ich habe das Gefühl, dass wir beobachtet werden.“ „Das sind nur die Nerven“, sagte Miranda. „Ist ja auch kein Wunder, dass du ein bisschen nervös bist nach all dem, was letzte Nacht passiert ist. Ich wär bestimmt fix und fertig.“ Sie überquerten die Straße. „Da wären wir“, sagte Peter. „Hast du den Schein?“ Holly fischte ihn aus ihrer Hosentasche. „Na dann los“, sagte sie und trat in den Laden. Ein alter Mann blickte von einer Werkbank auf, an der er gerade ein Paar Schuhe reparierte. „Wir wollten was abholen“, sagte Holly und reichte ihm den Schein. Der Mann blickte sie über seine Lesebrille hinweg an. „Einen Moment, bitte“, sagte er und ging zu einem Regal hinter der Theke. Peter, Holly und Miranda hielten gespannt die Luft an. Der Mann drehte sich mit einem Paket in der Hand zu ihnen um. Peter und Holly sahen sich an. „Ein Schlüssel ist es schon mal nicht“, flüsterte Miranda. „Wie bitte?“, fragte der Mann. Holly stieß Miranda in die Rippen. „Ich habe gesagt, die sind nicht für mich“, sagte Miranda. „Sondern für sie.“ Sie deutete auf Holly. Der Schuhmacher reichte Holly das Paket. „Bitte schön“, sagte er. Er blickte sie an. „Also hat er den Schein doch noch gefunden, was?“ Holly starrte ihn verwirrt an. „Wer?“, fragte sie. „Dein Vater“, sagte der Schuhmacher. „Er war doch vor ungefähr einer halben Stunde hier. Ich habe ihm gesagt, dass ich ihm ohne Abholschein nichts geben darf. Das steht hier ja
auch klar und deutlich.“ Er zeigte auf ein handgeschriebenes Schild an der Wand. Bitte bewahren Sie Ihren Abholschein sorgfältig auf, wenn Sie die Ware wieder abholen wollen, las Holly. „Stimmt“, sagte Miranda. Der Schuhmacher blickte sie an. „Hm“, sagte er. „Er hat wirklich ein ganz schönes Trara veranstaltet. Aber ich muss schließlich an meinen guten Ruf denken. Ich kann doch nicht einfach Sachen ohne Abholschein rausgeben.“ Er blickte Holly an. „Und sag deinem Vater, dass er sich nächstes Mal bei dem Geschäft beschweren soll, in dem er sie gekauft hat. Die Naht hätte niemals so schnell aufgehen dürfen.“ Er blickte die drei argwöhnisch an. „Wenn ihr mich fragt, sah es fast so aus, als hätte jemand die Naht aufgetrennt.“ „Aufgetrennt?“, wiederholte Holly. „So hat es zumindest ausgesehen“, sagte der Schuhmacher. „Aber heutzutage weiß man ja nie. Früher gab es noch echte Qualitätsarbeit, da war jede Naht sorgfältig genäht, aber heute… Das macht dann fünf Pfund zwanzig, bitte.“ Holly und Miranda und Peter starrten ihn an. Daran hatte keiner von ihnen gedacht. Holly blickte ihre Freunde Hilfe suchend an, während sie in ihren Hosentaschen kramte. „Ich habe zwei Pfund fünfzig“, sagte sie. „Und ihr?“ Der Mann verfolgte mit misstrauischer Miene, wie sie das Geld zusammenzählten. „Hat dir dein Vater denn kein Geld für die Reparatur mitgegeben?“ „Er hat’s vergessen“, beeilte sich Holly zu sagen. „Wissen Sie, er hat viel um die Ohren“, kam ihr Miranda zu Hilfe. „Er ist nämlich Detektiv.“ Der Schuhmacher musterte sie mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Vielen Dank“, sagte Holly, schnappte sich das Paket und schob Miranda aus dem Laden. Der Schuhmacher blickte ihnen neugierig nach. „Warum hast du ihm denn so einen Schwachsinn erzählt?“, fragte Holly, als sie draußen auf dem Gehsteig standen. Miranda zuckte die Schultern. „Es war das Erstbeste, was mir eingefallen ist“, sagte sie. „Meint ihr, er hat Verdacht geschöpft?“, fragte Peter. „Ich glaube nicht“, meinte Holly. „Zum Glück haben wir Miranda gerade noch rechtzeitig aus dem Laden befördert.“ Miranda grinste. „Es hätte ja noch viel schlimmer kommen können. Ich hätte auch sagen können, dass er Löwenbändiger oder so etwas ist.“ „Ja! Es wundert mich eigentlich, dass du das nicht gesagt hast“, sagte Peter. „Lasst uns endlich nachsehen, was in dem Paket ist.“ „Ein Schlüssel schon mal nicht“, sagte Miranda düster. „Nach dem, was der Schuhmacher gesagt hat, müssten es Schuhe sein“, sagte Holly. „Oder vielleicht eine Tasche“, sagte Peter. Holly betrachtete das Päckchen. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass es Schuhe sind.“ „Und was ist, wenn es doch eine Tasche ist und der Marder die Naht gelöst hat, um geheime Dokumente zu verstecken?“, fragte Miranda. Holly tastete gespannt das Paket ab und seufzte enttäuscht. „Und?“, fragte Miranda. „Ihr werdet ziemlich enttäuscht sein“, meinte Holly. Sie öffnete die braune Papiertüte und zog ein Paar Schuhe hervor. Sie sahen noch ziemlich neu und ganz gewöhnlich aus. „Doch nur ein blödes Paar Schuhe“, sagte Miranda. „Wir haben’s ja geahnt.“
Sie nahm Holly die Schuhe aus der Hand. „Da!“ sagte sie. „Man sieht ganz genau, wo sie repariert worden sind.“ Sie deutete auf die Schuhspitzen. Auf beiden Seiten befand sich eine neue Naht. „Das wirft alle unsere Theorien über den Haufen“, sagte Peter. „In einem Paar Schuhe kann man wohl kaum was verstecken.“ Er wandte sich an Holly. „Das ist die falsche Fährte“, sagte er. Aber Holly achtete nicht auf ihn. Sie starrte auf die andere Straßenseite, wo ein Mann versuchte, die belebte Straße zu überqueren. Er beobachtete sie. „Da ist er!“, sagte sie. „Wer?“ fragte Peter. „Der Marder!“, antwortete Holly. In diesem Moment streifte ihr Blick noch einen anderen Mann. Er stand in einem Ladeneingang und starrte den Marder durchdringend an. Holly verfolgte gebannt, wie er aus dem Eingang trat und dem Marder folgte. Und ihn erkannte Holly auch. Es war der Mann, der sie beim Umzug vom Straßenrand aus beobachtet hatte. Der gleiche Mann, der sie an der Bushaltestelle angerempelt hatte, als sie die Brieftasche mit dem Abholschein gefunden hatten. Und den sie dann später an der U-Bahn-Station wieder gesehen hatte. Holly blickte hastig zu dem Marder hinüber. Er würde jeden Moment die Straße überqueren und schien überhaupt nicht zu ahnen, dass er verfolgt wurde. Er ließ sie keinen Moment aus den Augen. „Ich glaube, wir geben ihm lieber seine Schuhe zurück“, sagte Miranda. Aber Holly dachte fieberhaft nach. Irgendetwas war hier faul. „Warte mal“, sagte sie. „Dieser andere Typ ist uns die ganze Zeit gefolgt.“ „Was?“, fragten Peter und Miranda im Chor.
„Wir haben jetzt keine Zeit für Erklärungen“, sagte Holly. „Schnell, die Fußgängerampel ist grün!“ Der Marder trat auf die Straße. Im selben Moment beschleunigte der Mann auf der anderen Straßenseite seine Schritte. Holly blickte auf die Füße des Mannes und atmete durch. Er trug schwarzweiße Schuhe. Jimmy-Schuhe. „Das ist der Einbrecher!“, sagte sie. „Das ist er. Diese Schuhe würde ich überall erkennen!“ Miranda und Peter starrten sie mit offenem Mund an. „Wir müssen abhauen“, zischte Holly. „Und zwar sofort! Jetzt!“ Sie blickte auf. Der Marder hatte inzwischen die Straße überquert. Er starrte sie an. Holly machte einen Schritt zurück. Dann erstarrte sie. Der stechende Blick des Marders war unerbittlich. Sie war unfähig sich zu rühren. „Los komm“, sagte Peter und zog sie am Arm. „Dieser Typ gefällt mir überhaupt nicht.“ Miranda schüttelte sie verzweifelt. „Holly!“, rief sie. „Was hast du denn? Wir müssen hier weg!“ Der Marder rannte los. Hinter ihm beschleunigte der Einbrecher sein Schritttempo. Aber er nahm keine Notiz von den drei Freunden. Sein Blick war fest auf den Marder gerichtet. Holly zwang sich dazu, ihren Blick von dem Marder abzuwenden. Sie schüttelte den Kopf und blinzelte. „Lauf!“, rief Miranda.
„Zum Einkaufszentrum!“, rief Peter. „Da können wir ihn vielleicht abhängen.“ Miranda stopfte die Schuhe in die Papiertüte. „Worauf warten wir?“, rief sie. Die automatischen Türen des Einkaufszentrums öffneten sich lautlos. Peter, Miranda und Holly stürmten ins Innere. Peter stieß aus Versehen gegen eine mit Einkaufstüten beladene Frau. Die Taschen flogen in alle Richtungen. „Entschuldigung!“, sagte Peter und bremste ab. Sie verschwendeten eine wertvolle Minute mit dem Einsammeln der Taschen. Ein Angestellter marschierte auf sie zu und blickte sie scharf an. „Typisch Kinder!“, sagte er zu der Frau. „Ist irgendwas kaputtgegangen?“ Die Frau schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht“, sagte sie. Holly blickte ängstlich zur Tür des Einkaufszentrums zurück. Wenn der Marder gesehen hatte, wohin sie gerannt waren, dann konnte er jeden Moment hier auftauchen. Sie hob ein Paket auf und stopfte es hastig in eine der Tüten zurück. „Hier drin wird nicht herumgerannt!“, sagte der Angestellte. Er war ein Wachmann vom Sicherheitsdienst. „Ist das klar!“ Holly, Peter und Miranda gingen langsam weiter, obwohl sie sich kaum beherrschen konnten. Holly blickte den Gang entlang. Sie mussten einfach rennen.
„Dieser blöde Wachmann beobachtet uns immer noch“, sagte Miranda. „Wenn der Marder jetzt reinkommt, sieht er uns sofort.“ „Los, hierher!“, zischte Peter. Er zog sie in einen Ladeneingang. „Wenn wir schon nicht weglaufen können, dann können wir uns wenigstens verstecken.“ „Aber er wird uns bestimmt sehen, wenn er hier vorbeikommt“, protestierte Miranda. Peter schüttelte den Kopf. „Aber wir sehen ihn zuerst.“ Er deutete auf die andere Seite des Eingangs. Dort hing ein großer Spiegel, in dem man den gesamten Eingangsbereich des Einkaufszentrums ziemlich gut überblicken konnte. Sie drückten sich eilig in den Ladeneingang. Der Verkäufer beobachtete sie misstrauisch. „Tut so, als würdet ihr euch die Auslagen ansehen“, sagte Peter. „Vielleicht sollten wir dem Wachmann einfach die Sache mit dem Marder erzählen“, sagte Miranda. Sie begann einen Korb mit Videofilmen im Sonderangebot zu durchwühlen. „Und was willst du ihm sagen?“, fragte Peter. „Dass wir seine Schuhe gestohlen haben?“ Miranda verzog niedergeschlagen das Gesicht. Dann wandte sich Peter an Holly. „Wie kommst du eigentlich darauf, dass der andere Typ der Einbrecher ist?“ fragte er. „Weil ich seine Schuhe wieder erkannt habe“, sagte Holly. „Er ist uns gefolgt.“ „Seit wann?“, fragte Miranda und umklammerte geistesabwesend eine Videokassette. „Schon gestern in der U-Bahn“, sagte Holly. „Und vorher wahrscheinlich auch schon.“ „Warum hast du denn nichts gesagt?“, fragte Miranda. Holly blickte sie an. „Wollte ich ja. Aber es war schon schwierig genug, euch davon zu überzeugen, dass mit dem
Marder was nicht stimmt. Noch so ein komischer Fremder kam selbst mir etwas unwahrscheinlich vor.“ Sie zuckte die Schultern. „Ich dachte, ihr würdet bestimmt sagen, dass ich mir mal wieder alles nur einbilde.“ „Möchtest du die kaufen?“, fragte eine Stimme. Der misstrauische Verkäufer war vor den Laden getreten und blickte auf die Videokassette, die Miranda immer noch in Händen hielt. „Äh“, murmelte Miranda. Peter versetzte ihr einen Rippenstoß. „Oh, ja klar“, sagte sie. Der Verkäufer nahm ihr die Kassette aus der Hand und Miranda zückte ihren Geldbeutel. Zum Glück hatte sie nach den Schuhen gerade noch genug Geld übrig. Peter machte ein nachdenkliches Gesicht. „Meinst du, dass der Einbrecher nach dem Abholschein gesucht hat, als er bei euch eingebrochen ist? Aber woher wusste er überhaupt, dass du ihn hast?“ Holly warf einen prüfenden Blick in den Spiegel. Immer noch nichts von dem Marder zu sehen. „Er hat beobachtet, wie der Marder die Brieftasche weggeworfen hat“, sagte sie. „Ich habe ihn damals zufällig vom Bus aus beobachtet. Er stand am Straßenrand. Und dann habe ich ihn wieder gesehen, als wir zum ersten Mal zu der Brieftasche zurückgegangen sind. Er hat uns wahrscheinlich dabei beobachtet, wie wir den Schein herausgenommen haben. Und dass ich ihn eingesteckt habe. Und dann habe ich ihn am nächsten Tag noch einmal in der UBahn gesehen.“ Sie runzelte die Stirn. „Mit diesen Schuhen hat es irgendetwas auf sich.“ „Der Schuhmacher hat doch gesagt, dass es so ausgesehen hat, als hätte jemand absichtlich die Naht durchgetrennt“, sagte Miranda. Peter nickte. „Vielleicht hat der Marder die Naht ja tatsächlich selbst aufgeschnitten. Fragt sich nur warum?“
„Vielleicht hat er was in den Schuhen versteckt“, schlug Miranda vor. Peter schüttelte den Kopf. „Da ist doch überhaupt kein Platz.“ Holly packte ihn am Arm. „Jetzt weiß ich’s“, sagte sie. „Er brauchte eine Ausrede, um sie bei ihm abzugeben. Bestimmt musste er sie unbedingt für ein paar Tage verschwinden lassen.“ „Und dann hat er dummerweise den Schein verloren“, sagte Miranda. „Und wir haben ihn gefunden“, fügte Holly hinzu. „Und ohne Schein konnte er die Schuhe nicht abholen“, ergänzte Peter. „Das heißt“, sagte Holly, „dass wir herausfinden müssen, warum jemand seine Schuhe für ein paar Tage loswerden will.“ Sie hielt plötzlich inne. „Was ist denn?“, fragte Peter. Dann fiel sein Blick auf den Spiegel. „Der Marder!“, raunte er. Tatsächlich! Der Marder war soeben ins Einkaufszentrum getreten. Und kurz hinter ihm schlüpfte der Einbrecher durch die Tür. Sein Blick war auf den Marder geheftet. „Das ist doch der Typ, der dich an der Haltestelle angerempelt hat!“, sagte Miranda zu Holly. Holly nickte. „Sag ich doch. Er ist uns gefolgt.“ „Das gefällt mir aber gar nicht“, sagte Peter. „Ich glaube, wir sollten zur Polizei gehen.“ „Ich auch“, pflichtete Miranda ihm bei. „Aber zuerst müssen wir die beiden abhängen.“ Der Marder ging genau in ihre Richtung. Sein Blick glitt aufmerksam über die Menschenmenge im Einkaufszentrum. „Nicht bewegen“, sagte Peter. „Vielleicht geht er ja vorbei. Er rechnet bestimmt nicht damit, dass wir direkt am Eingang stehen.“
Holly hielt gebannt den Atem an. Ihr Blick war auf das Spiegelbild des Marders gerichtet, der immer noch die Menschenmenge nach ihnen absuchte. Dann sah sie, wie er sich genau in ihre Richtung wandte. Ihre Blicke kreuzten sich. „Oh nein“, sagte Peter. „Er hat uns im Spiegel gesehen.“ Der Marder beschleunigte sein Schritttempo. „Weg hier!“ rief Peter. Miranda wollte ins Ladeninnere laufen, aber Peter hielt sie zurück. „Nicht da rein“, sagte er. „Wir müssen hier raus.“ „Auf der anderen Seite gibt es einen Hinterausgang“, beteuerte Holly. „Stimmt, neben der Rolltreppe und dem Aufzug“, sagte Miranda. „Nichts wie hin“, sagte Peter. „He!“, rief eine Stimme. Sie drehten sich um. Es war der Verkäufer. „Vergiss deine Videokassette nicht“, sagte er zu Miranda. Miranda schnappte sie sich und spurtete Holly und Peter hinterher. Aber in dem dichten Gedränge kamen sie nur langsam vorwärts. Im Zickzack schlängelten sie sich durch das Gewühl von Käufern. „Er rennt jetzt auch“, keuchte Miranda, als sie einen hastigen Blick über die Schulter zurückwarf. „Wir sind gleich da“, sagte Holly. „Wenn wir es bis zum Hinterausgang schaffen, können wir ihn auf dem Parkplatz abhängen.“ „Hoffentlich!“ brummte Peter. Das Einkaufszentrum war ihnen noch nie so groß und so voll vorgekommen. „Hier lang!“ rief Holly.
Sie flitzten an der Rolltreppe um die Ecke. Da war der Hinterausgang. Holly blieb abrupt stehen. „Oh nein“, stöhnte sie. An der Tür hing ein Zettel: Wegen Reparatur geschlossen. Bitte benutzen Sie den Hauptausgang. Holly sah sich verzweifelt um. Der Marder würde jeden Moment um die Ecke kommen. Miranda blickte ängstlich zurück. „Wir sitzen in der Falle“, sagte sie. „Nein“, sagte Peter. Er zeigte auf die Rolltreppe. „Hier lang!“ Holly und Miranda folgten ihm. Die Rolltreppe surrte unerträglich langsam nach oben. Rennen und überholen konnten sie nicht. Sie war voller Menschen. Mit klopfendem Herzen starrten sie auf die Etage unter ihnen. „Da ist er“, rief Miranda. Der Marder stand vor dem Zettel am Hinterausgang. Selbst in dem riesigen Getümmel war Mirandas Stimme immer noch unüberhörbar. Der Marder drehte sich abrupt um und blickte zu ihnen hoch. Miranda zuckte erschrocken zusammen. „Oh nein. Tut mir Leid“, jammerte sie. Holly beobachtete mit schreckgeweiteten Augen, wie der Marder zur Rolltreppe rannte. „Er kann an den Leuten auf der Treppe auch nicht vorbei. Es ist viel zu viel los“, sagte sie. „Wir sind auf jeden Fall vor ihm oben.“ „Und was machen wir dann?“, fragte Miranda. „Da oben gibt es doch keinen Ausgang.“ „Na los“, murmelte Peter beschwörend. „Mach schon, Marder. Geh schon auf die Rolltreppe.“ „Spinnst du?“, fragte Holly.
Peter drehte sich zu ihr um. „Wenn er auf der Treppe ist, steckt er erst einmal fest. Dann brauchen wir nur wieder nach unten zu fahren und abzuhauen.“ Holly beobachtete mit angehaltenem Atem, wie der Marder am Aufzug vorbei zur Rolltreppe eilte. Sein Kopf wirbelte herum, als sich plötzlich die Aufzugstüren öffneten. Er zögerte kurz, dann drehte er sich hastig um und sprang in den Aufzug. Die Türen schlossen sich hinter ihm. „Oh nein“, stöhnte Peter. „Das hat uns gerade noch gefehlt. Hoffentlich bleibt der Aufzug stecken.“ „Wir sind gleich oben“, sagte Holly. „Vielleicht schaffen wir es trotzdem noch vor ihm.“ Sie näherten sich der obersten Etage. Hollys Blick fiel auf das Schaufenster eines Schuhladens. Davor stand ein Regal voller Schuhe. Direkt neben dem Geschäft war der Aufzug. In diesem Moment öffneten sich die Aufzugstüren. Der Marder trat in den Gang. Er postierte sich vor die Rolltreppe und erwartete sie. Unaufhaltsam zockelte die Rolltreppe nach oben. Sie saßen in der Falle. Holly blickte auf die Videokassette und die Papiertüte in Mirandas Händen. Dann hatte sie eine Idee. „Schnell!“, zischte sie Miranda zu. „Gib mir die Schuhe!“ Holly vergewisserte sich, dass sie durch die Leute auf der Rolltreppe geschützt war. Dann nahm sie Miranda die Papiertüte aus der Hand und holte die Schuhe heraus. Hastig gab sie ihrer Freundin die leere Tasche zurück. „Schnell, leg deine Videokassette rein“, flüsterte sie. Miranda blickte sie verwundert an, tat aber, was sie gesagt hatte. Holly wandte sich an Peter. „Ich muss jetzt die Schuhe loswerden“, sagte sie. „Versuch irgendwie für Aufsehen zu sorgen. Mach irgendwas, damit der Marder abgelenkt wird. Ich brauche nur ein paar Sekunden.“
Peter wollte gerade noch eine Frage stellen, aber dazu war keine Zeit mehr. Die Stufen der Rolltreppe verflachten. Sie waren oben. Holly blickte Peter beschwörend an. „Tu einfach, was ich dir sage“, zischte sie. Peter riss erschrocken die Augen auf und ruderte am Ende der Rolltreppe verzweifelt mit den Armen. „Aaaah“, rief er, taumelte und riss Miranda mit zu Boden. Die Leute um sie herum wichen erschrocken zurück. Irgendjemand drückte den Notschalter. Die Rolltreppe blieb stehen. Holly ging in die Hocke und kroch aus dem Getümmel hinaus. Sie blickte sich hektisch um. Der Marder bahnte sich entschlossen einen Weg zur Rolltreppe. Er konnte sie nicht sehen. Es würde nur ein paar Sekunden dauern, die Schuhe zu verstecken. Dann wäre sie wieder an der Rolltreppe. Inzwischen stand der Wachmann in einem Kreis Neugieriger an der Rolltreppe. Holly schlängelte sich unauffällig zu ihnen zurück. Der Marder gestikulierte aufgeregt. „Sie haben mir meine Schuhe gestohlen!“, rief er. Der Wachmann blickte ihn erstaunt an. „Warum sollten sie das tun?“, fragte er. Der Marder warf Peter und Miranda einen vernichtenden Blick zu. Miranda hatte die Papiertüte an sich gedrückt und wich erschrocken zurück. „Werfen Sie doch einfach einen Blick in die Tüte“, sagte er. Der Wachmann schüttelte den Kopf. „Schon gut“, sagte er beschwichtigend. „Immer mit der Ruhe.“ Er wandte sich an Peter und Miranda. „Das hätte ich mir doch gleich denken können, dass ihr hier drin für Unruhe sorgt. Dann wollen wir doch mal sehen“, sagte er. „Zeig mal her, was du da in deiner Tüte hast.“ Miranda blickte auf und sah Holly. Holly nickte ihr aufmunternd zu. Miranda reichte dem Mann die Tüte. Der
Marder riss sie dem Wachmann ungeduldig aus der Hand. Gebannt beobachtete Holly seine Miene, als er die Videokassette hervorzog. „Haben Sie Schuhe gesagt?“, sagte der Sicherheitsbeamte. Der Marder wandte sich erbost an Peter und Miranda. „Wo ist die andere, he?“, schimpfte er wütend. „Wo steckt eure Freundin?“ Der Wachmann holte tief Luft. „Jetzt hören Sie mir mal gut zu“, sagte er. „Ich weiß nicht, was dieses ganze Theater soll, aber Sie halten hier den ganzen Betrieb auf. Wie Sie sehen, haben die Kinder keine Schuhe.“ Sein Blick fiel auf Holly. „Da ist ja das andere Mädchen.“ „Dann hat sie sie!“, schnaubte der Marder. Der Wachmann blickte den Marder mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Wo denn?“, sagte er. „Vielleicht bin ich ja blind, aber die einzigen Schuhe, die ich sehe, sind ihre eigenen.“ Er kratzte sich am Kopf. „Allerdings habe auch ich noch ein Wörtchen mit den dreien zu reden“, sagte er. „Was war das gerade für ein Tumult auf der Rolltreppe?“ „Ich bin gestolpert“, erklärte Peter. Der Wachmann schüttelte missbilligend den Kopf. „Kinder“, sagte er. „Nichts als Scherereien hat man mit denen. Am besten verschwindet ihr jetzt, ehe es noch mehr Ärger gibt.“ Er blickte sie warnend an. Holly schaute den Marder an. Es war nicht zu übersehen, dass er sich das Hirn darüber zermarterte, was sie wohl mit seinen Schuhen angestellt hatten. „Also, worauf warten Sie noch?“, fragte der Wachmann und warf dem Marder einen vielsagenden Blick zu. Der Marder machte auf dem Absatz kehrt und ging zur Rolltreppe, die nach unten führte. Holly blickte ihm so lange nach, bis er aus ihrem Blickfeld verschwunden war. Plötzlich spürte sie ein seltsames Prickeln im Nacken. Sie drehte sich um. Der Einbrecher mit den schwarzweißen Schuhen stand ein
bisschen abseits und starrte sie an. Holly drehte sich wieder zu dem Wachmann um. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie der Einbrecher sich unter die Menschenmenge mischte. „Idiot!“, brummte der Wachmann, als er dem Marder hinterherblickte. Dann wandte er sich wieder an Peter, Holly und Miranda. „Ihr seid ja immer noch da“, sagte er. „Raus mit euch.“ „Wollen Sie ihn denn nicht festnehmen oder so?“, fragte Miranda. „Weshalb denn?“, fragte der Wachmann. „Ich weiß nicht“, sagte Miranda. „Weil er uns verfolgt hat.“ Der Wachmann schüttelte den Kopf. „Wenn ich jeden Verrückten festnehmen würde, der hier herumläuft, dann wäre ich den ganzen Tag mit nichts anderem beschäftigt“, sagte er. „Außerdem kann ich sowieso niemanden festnehmen. Wenn überhaupt, dann rufe ich per Funkgerät die Polizei. Aber glaubt bloß nicht, dass ihr hier die Unschuldslämmer spielen könnt“, fuhr er fort. „Irgendetwas werdet ihr schon ausgefressen haben. So, genug geredet, ich habe schließlich nicht den ganzen Tag Zeit. Aber eins sage ich euch – ich behalte euch genau im Auge.“ Peter, Holly und Miranda sahen ihm schweigend nach. „Wir hätten ihm lieber alles erzählen sollen“, sagte Miranda. „Er hätte uns sowieso nicht geglaubt“, sagte Peter. „Ich meine, wir haben die Schuhe ja wirklich gestohlen.“ Mirandas Miene verdüsterte sich. „Wahrscheinlich hast du Recht“, sagte sie. „Was hast du denn mit den Schuhen gemacht?“, fragte Peter Holly. Holly konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Ich habe sie an eine Stelle gebracht, wo der Marder sie nie finden wird“, sagte sie. „Und zwar?“, fragte Miranda.
Holly legte den Kopf etwas zur Seite. „Dreimal dürft ihr raten“, entgegnete sie. „Jetzt red schon“, sagte Miranda. „Woher sollen wir das denn wissen?“ „Ich gebe euch einen Tipp“, sagte Holly. „Denkt mal an den alten Krimi, von dem ich euch erzählt hab. Ihr wisst schon, Scharade!“ Miranda runzelte die Stirn. „Briefmarken?“, murmelte sie. „Hast du sie etwa zur Post gebracht?“ Holly lachte und machte eine Kopfbewegung Richtung Schuhladen. „Viel einfacher“, sagte sie. „Ich habe sie ins Regal vor dem Schuhladen gestellt.“ „Was? Einfach so, ohne Verpackung und nichts?“, sagte Peter. Holly lachte. „Das war das beste Versteck überhaupt“, sagte sie. „Wem fallen schon ein Paar Schuhe unter lauter anderen auf?“ „Genau wie in dem Krimi die Briefmarke auf dem Brief“, sagte Peter. Holly nickte. „Und es funktioniert tatsächlich!“, sagte sie. „Ja, bis jemand kommt und die Schuhe kaufen will“, sagte Miranda. „Oh nein“, stöhnte Holly. „Daran habe ich überhaupt nicht gedacht.“ „Dann holen wir sie lieber schnell wieder zurück“, sagte Peter. „Und dann sehen wir sie uns mal genauer an und finden heraus, was an ihnen so Besonderes ist.“ Sie gingen zu dem Schuhladen. „Oje“, sagte Miranda. Sie starrte auf einen großen, dünnen Mann vor dem Schuhregal. „Was ist denn?“, fragte Holly. Dann sah sie es selbst. Jemand wollte tatsächlich ihre Schuhe kaufen.
„Wir haben aber auch ein Pech“, stöhnte Peter, als der Mann die Schuhe in die Hand nahm und in den Laden spazierte. „Los, hinterher“, sagte Miranda. „Wir dürfen ihn auf keinen Fall aus den Augen lassen.“ „Verhaltet euch bloß unauffällig“, brummte Peter, als sie den Laden betraten. „Tut einfach so, als wolltet ihr euch Schuhe kaufen.“ „Wo ist er denn?“, zischte Miranda. „Da drüben“, flüsterte Holly, während sie sich mit gespieltem Interesse ein Paar schwarze Stiefel betrachtete. Der Mann sprach mit der Verkäuferin und zeigte ihr die Schuhe. Holly, Peter und Miranda schlenderten unauffällig zu einem Regal in der Nähe des Mannes und der Verkäuferin. „Haben Sie diese Schuhe auch in Größe dreiundvierzig?“, fragte der Mann. Miranda stöhnte leise, als die Verkäuferin ihm die Schuhe aus der Hand nahm. „Tut mir Leid, aber diese Schuhe sind überhaupt nicht von uns“, sagte die Verkäuferin. Sie runzelte verwundert die Stirn. „Ich verstehe gar nicht, wie die in unser Regal gekommen sind. Vielleicht sollte ich mal den Chef rufen.“ „Bitte nicht“, seufzte Holly. „Was sollen wir denn jetzt machen?“ Mirandas Augen leuchteten auf. „Höchste Zeit einzuschreiten“, sagte sie und flitzte an die Kasse. „Oh, da sind ja die Schuhe von meinem Dad“, sagte sie und nahm der verblüfften Verkäuferin die Schuhe aus der Hand. „Wissen Sie, er hat sie aus Versehen in dem Regal abgestellt, als er ein anderes Paar anprobiert hat. Er dachte schon, er müsste jetzt in Strümpfen rumlaufen.“ Sie lächelte unschuldig und drehte sich um. Sie blickte zuerst Peter und Holly an und ging dann schnurstracks zur Tür.
Peter und Holly reagierten sofort und die drei schlenderten so unauffällig wie möglich aus dem Laden. Holly blickte verstohlen zurück. Die Verkäuferin und der Mann blickten ihnen mit offenem Mund hinterher. „Na, wie war ich?“, fragte Miranda, sobald sie außer Sichtweite waren. Peter brach in schallendes Gelächter aus. „Den Oscar für diese Glanzleistung kriegst du später“, sagte er. Dann verstummte er plötzlich und nahm Miranda die Schuhe aus der Hand. „Seht mal, wer da steht“, sagte er mit Blick auf die Rolltreppe. „Unser alter Freund, der Marder!“ Holly drehte sich blitzschnell um. Der Marder war ihnen schon wieder auf den Fersen. Dann ertönte ein kurzes PLING und die Aufzugstüren öffneten sich. „Los“, rief Peter und raste hinein. Sie zwängten sich in den Aufzug und drückten auf den Knopf. Als sie unten wieder aus dem Aufzug traten, bahnte sich der Marder gerade einen Weg zwischen den Leuten auf der Rolltreppe hindurch. „Da hilft alles nichts“, sagte Peter. „Wir müssen rennen.“ Sie rasten in einem Affenzahn zum Ausgang des Einkaufszentrums. Sie rannten so schnell, dass Holly die Rufe hinter ihnen kaum wahrnahm. Als sie durch die Tür stürmten, blickte sie sich noch einmal kurz um. Schon wieder der Wachmann. Das Letzte, was Holly sah, als sie auf die Straße hinausstürmte, war, dass der Wachmann in sein Funkgerät sprach.
„Wohin gehen wir eigentlich?“, fragte Holly, während sie sich einen Weg durch die vielen Passanten in der belebten High Street bahnten. „Zur Polizei“, rief ihr Peter über die Schulter hinweg zu. „Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber mir jagen diese Typen wirklich Angst ein.“ Holly warf einen kurzen Blick zurück. „Oh nein“, stöhnte sie. „Was ist denn?“, keuchte Miranda. „Der Marder“, sagte Holly. „Er ist schon wieder hinter uns.“ „Schnell“, rief Miranda. „Hier rein!“ Sie bog in eine Seitenstraße ein. Holly und Peter flitzten hinterher. „Wo geht’s denn hier hin?“ fragte Peter. „Keine Ahnung“, sagte Miranda. „Aber hier ist wenigstens weniger los als in der High Street und wir können richtig rennen.“ „Tolle Idee“, sagte Holly. „Das ist ja eine Sackgasse!“ Direkt vor ihnen ragte eine Steinmauer in die Höhe. Sie drehten sich um. Am Eingang der Straße stand eine Gestalt. „Das ist er“, sagte Miranda und wich einen Schritt zurück. Holly, Peter und Miranda standen regungslos da, während der Marder langsam auf sie zuging. Auf seinem Gesicht lag ein energischer, gemeiner Ausdruck.
Sie rückten näher zusammen. „Wir sind zu dritt“, sagte Holly. Peter blickte zum anderen Ende der Sackgasse. „Und die sind zu zweit“, sagte er. Holly folgte seinem Blick. Am Anfang der Gasse hob sich der dunkle Umriss einer zweiten Gestalt gegen das Licht ab. Holly erkannte sie sofort. „Der Einbrecher“, flüsterte sie. Der Marder kam immer näher. „Was machen wir denn jetzt?“ fragte Holly. „Ihm die Schuhe geben“, sagte Miranda. „Ich habe keine Lust mich wegen einem Paar Schuhe zusammenschlagen zu lassen.“ Holly blickte erneut auf die Gestalt hinter dem Marder. Der Einbrecher ging ohne einen Laut von sich zu geben hinter ihm her. Holly runzelte die Stirn. Es sah so aus, als würde der Einbrecher sich an ihn heranschleichen. Schließlich stand der Marder vor ihnen und knurrte: „Her damit.“ „Wie bitte?“, antwortete Peter, als hätte er überhaupt keine Ahnung, um was es ging. „Die Schuhe“, sagte er. „Na los, macht schon. Oder soll ich ein bisschen nachhelfen?“ „Gib sie ihm“, sagte Miranda. Aber Holly streckte die Hand aus und legte sie Peter auf den Arm. „Warte!“, flüsterte sie. In diesem Moment ergriff der Einbrecher das Wort. „Oh nein“, sagte er. „Die bekomme ich.“ Der Marder drehte sich um. „Schnell“, zischte Holly. „Lauft!“ Sie rannte an den Männern vorbei Richtung Anfang der Gasse. Miranda folgte ihr, aber Peter schaffte es nicht mehr. Der Marder packte ihn unsanft am Arm. „Hier geblieben. Gib mir sofort die Schuhe“, schnaubte er.
Dann hörten sie den Einbrecher sagen: „Die Bullen!“ Holly und Miranda drehten sich um. Ein Polizeibeamter marschierte entschlossen auf sie zu. Er sprach etwas in sein Funkgerät. Als sie auf ihn zurannten, breitete er seine Arme aus. „He! Ihr da!“, rief er. „Stehen bleiben! Ich habe ein Wörtchen mit euch zu reden.“ „Wir werden verfolgt!“, keuchte Holly. „Ja, von zwei Männern“, sagte Miranda. „Und einer davon ist ein Einbrecher.“ Der Polizist blickte sie ungläubig an. „Na klar“, sagte er. „Und ich habe gerade mit dem Sicherheitsdienst vom Einkaufszentrum gesprochen. Ihr habt ein Paar Schuhe gestohlen!“ „Na ja“, sagte Holly. „Das stimmt schon, aber…“ „Nichts aber“, unterbrach sie der Polizeibeamte. „Ihr Kinder habt doch immer eine Ausrede. Was wollt ihr denn mit den Schuhen?“ „Das wissen wir auch noch nicht so genau“, sagte Miranda. „Aber Sie müssen uns glauben.“ Holly deutete auf den Marder und den Einbrecher. „Verhaften Sie die beiden Männer da drüben“, sagte sie. Der Einbrecher hatte ihnen den Rücken zugedreht, senkte den Kopf und schlug den Kragen hoch. Der Polizeibeamte blickte Holly an. „Jetzt reicht’s mir aber“, sagte er. Er zückte ein Notizbuch. „Fangen wir doch mit Ihnen an, Sir. Name?“, sagte er und er blickte den Marder fragend an. Der Marder fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, dann griff er plötzlich nach den Schuhen. Peter wich hastig zurück. „Na, na“, sagte der Polizeibeamte. „Was soll denn das?“
Aber der Marder hörte nicht auf ihn. Er trat erneut auf Peter zu und versuchte ihm die Schuhe zu entreißen. Fast wäre es ihm gelungen. „Wirf sie zu mir!“, rief Holly. Peter schleuderte die Schuhe von sich. Sie segelten durch die Luft. Der Marder sprang hoch und berührte einen der Schuhe, bekam ihn jedoch nicht zu fassen. Holly sprang so hoch wie sie konnte und fing ihn. Der andere Schuh klatschte auf den Gehsteig. Beim Aufprall löste sich der Absatz. Der Polizist verstummte. Holly, Peter und Miranda starrten entgeistert auf den Schuh. Selbst der Marder hielt inne. Direkt neben dem Schuh glitzerte eine Diamantbrosche. „Was zum Teufel…“, murmelte der Polizist. Der Marder setzte erschrocken zur Flucht an. „Von wegen“, rief der Einbrecher und packte ihn. Der Marder drehte sich um. Sein Gesicht war zu einer grässlichen Fratze verzerrt. „Lassen Sie mich los!“, schimpfte er. „Ich weiß gar nicht, was das alles soll! Ich weiß von nichts!“ Der Einbrecher gab einen schnaubenden Laut von sich. Der Polizist blickte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Ach, wen haben wir denn da?“, sagte er. Der Polizist blickte die Mystery Kids scharf an. „Ihr rührt euch nicht von der Stelle!“, befahl er. Dann trat er zu den beiden Männern. „So, so“, sagte er zu dem Einbrecher. „Wenn das nicht unser guter alter Jimmy ist? Was machst du denn hier?“ „Er ist letzte Nacht bei uns eingebrochen“, rief Holly. Der Polizist blickte sie an. „Heißt du mit Nachnamen Adams?“, fragte er.
Holly nickte. Sie atmete erleichtert auf. Endlich fing der Polizist an ihnen zu glauben. Der Polizeibeamte sprach ein paar Worte in sein Funksprechgerät. Der Marder starrte den Einbrecher wütend an. „Das hast du jetzt davon“, sagte er. „Jetzt sind wir beide dran.“ Von der High Street bogen zwei weitere Polizeibeamte in die Gasse ein und liefen auf sie zu. „Na also“, sagte der Polizeibeamte. „Dann gehen wir mal schön auf die Wache und unterhalten uns in aller Ruhe.“ Er wandte sich an Peter, Miranda und Holly. „Und ihr drei kommt am besten mit!“, sagte er. „Wirklich erstaunlich“, sagte der Sergeant hinter dem Schreibtisch und kratzte sich am Kopf. „Da habt ihr doch tatsächlich die Juwelendiebe gefasst.“ Holly, Peter und Miranda lächelten. Sie hatten eine Weile gebraucht, bis sie kapiert hatten, dass sie von der Brosche, die im Absatz des Schuhs gesteckt hatte, schon gelesen hatten. Es war die Diamantbrosche, die aus der Ausstellung gestohlen worden war. „Ach was, kaum der Rede wert“, erklärte Miranda großmütig. „Da ist Inspektor Simmons aber anderer Meinung“, sagte der Sergeant. Aus dem Flur ertönte ein Geräusch und der Sergeant erhob sich. „Da kommt er ja“, sagte er. Inspektor Simmons war ein großer, kräftiger Mann. Er trat lächelnd zu ihnen. „Ihr drei habt uns wirklich einen großen Gefallen getan“, sagte er und blickte sie an. „Wer von euch ist Holly Adams?“, fragte er. Holly hob die Hand.
Inspektor Simmons nickte ihr anerkennend zu. „Deine Eltern haben uns erzählt, was dir an dem Einbrecher aufgefallen ist“, sagte er. „Das war äußerst hilfreich.“ „Aber ich habe doch nur seine Schuhe gesehen“, sagte Holly. Der Inspektor zog die Augenbrauen hoch. „Was glaubst du wohl, warum man ihn Jimmy nennt“, sagte er. „Diese Schuhe sind sein Markenzeichen. Als wir davon erfahren haben, wussten wir, wer hinter dem Einbruch steckte.“ „Und wie haben sie die Diamantbrosche gestohlen?“, fragte Miranda. „Das wussten wir nämlich gar nicht.“ Inspektor Simmons schüttelte den Kopf. „Sie waren ziemlich clever“, sagte er. „Jimmy hat die Alarmanlage abgeklemmt und der Mann, den ihr Marder nennt, hat dann die Brosche in der Vitrine gegen eine Fälschung ausgetauscht und die echte in seinem Schuh versteckt. Dann musste er nur noch aus der Ausstellung spazieren und die Schuhe zum Schuhmacher bringen. Selbst wenn er dann in Verdacht geraten wäre, hätte niemand die Brosche bei ihm gefunden.“ „Und warum ist Jimmy dem Marder gefolgt?“, fragte Holly. „Weil der Mann alias Marder Jimmy austricksen wollte“, sagte der Inspektor. „Er beschloss, die Brosche zu verkaufen und das Geld für sich allein zu behalten. Aber er wusste, dass Jimmy hinter ihm her war.“ „Ja, er hat ihn beim Umzug gesehen“, sagte Holly. „Und dann hat er die Brieftasche mit dem Abholschein für die Schuhe weggeworfen.“ „Und das war sein Fehler“, sagte der Inspektor. „Denn ihr habt ihn dabei beobachtet und Verdacht geschöpft.“ „Man nennt uns nicht umsonst die Mystery Kids“, sagte Peter. Inspektor Simmons lachte. „Davon habe ich schon gehört“, sagte er. Seine Augen funkelten. „Ich behalte euch in Zukunft wohl besser im Auge, sonst werden wir noch arbeitslos!“
„Ach, keine Sorge“, sagte Holly. „Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie froh wir waren, als der Polizeibeamte zu uns in die Gasse kam.“ Sie blickte ihre beiden Freunde an. „Nicht wahr?“, sagte sie. „Allerdings“, pflichtete Peter ihr bei. Inspektor Simmons lächelte. „Ich brauche noch ein paar Angaben von euch“, sagte er. „Hoffentlich habt ihr ein gutes Gedächtnis.“ Holly griff in ihre Tasche und zog das Notizbuch hervor. „Hier steht alles drin“, sagte sie. „Sämtliche Indizien, die uns aufgefallen sind.“ Inspektor Simmons musterte das Notizbuch mit den Häschen und schmunzelte. „Hm“, sagte er. „Das sieht aber nicht gerade sehr professionell aus. Wie würde euch denn ein richtiges Notizbuch der Polizei gefallen?“ Holly, Peter und Miranda blickten sich an. Sie lächelten. „Super“, sagte Peter. Er blickte zu Holly. „Es sei denn, du willst lieber dein Häschenbuch behalten.“ Holly grinste. „Ich weiß gar nicht, was du gegen die Häschen hast“, sagte sie. „Hat doch ganz gut funktioniert.“ „Aber ein echtes Polizeinotizbuch“, seufzte Miranda. „Ja, ein echtes Polizeinotizbuch wäre natürlich schon was ganz Besonderes“, nickte Holly. Inspektor Simmons lächelte. „Wartet einen Moment“, sagte er. „Ich werde euch welche besorgen. Für jeden eins.“
„Wow!“, sagte Peter, als sie aus der Polizeiwache auf die Straße traten. Jeder von ihnen trug ein nagelneues Notizbuch unter dem Arm. „Jetzt brauchen wir nur noch was zum Reinschreiben“, sagte Holly. „Sprich: einen neuen Fall.“ Sie bückte sich und hob ein Stück Papier von den Stufen der Polizeiwache auf.
„Was ist das denn?“, fragte Miranda. Holly betrachtete es aufmerksam und runzelte die Stirn. „Keine Ahnung“, sagte sie. „Sieht aus wie ein Stück von einem Brief.“ Ihre Augen leuchteten auf. „Vielleicht hat den ja ein Verbrecher weggeworfen, als er verhaftet wurde. Vielleicht ist es ein Beweisstück. Und wir könnten versuchen, den Rest des Briefes zu finden.“ „Und vielleicht haben wir für heute schon genug Fälle gelöst“, sagte Peter. Er nahm Holly den Papierstreifen aus der Hand, zerknüllte ihn und warf ihn in den nächsten Papierkorb. „Du hast ja nicht mal gelesen, was drauf stand“, meinte Holly vorwurfsvoll. „Ist mir auch egal“, sagte Peter. „Ich sterbe nämlich vor Hunger. Alles, was ich will, ist ein Hamburger und eine Cola.“ Holly grinste. „Und dann gehen wir alle zu mir und sehen uns Mirandas neues Video an.“ Sie blickte ihre Freundin fragend an. „Was hast du überhaupt gekauft?“ Miranda zuckte mit den Achseln und griff in die Papiertüte. „Ich habe gar nicht hingesehen“, sagte sie. Als ihr Blick auf den Titel der Videokassette fiel, verzog sie den Mund zu einem breiten Lachen. „Das glaubt ihr mir nie“, sagte sie. „Wie heißt der Film denn?“ fragte Peter. Holly nahm Miranda die Videokassette aus der Hand und las den Titel. Dann lachte sie nicht weniger als ihre Freundin. „Das ist ja wirklich ein irrer Zufall“, sagte sie zu Peter und schwang die Kassette durch die Luft. „Es ist Scharade!“