Einfu ¨ hrung in die Variationsrechnung (2+0)-stu ¨ ndige Vorlesung im Sommersemester 2005 ¨ JORG SEILER
Inhaltsverzeic...
23 downloads
402 Views
413KB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Einfu ¨ hrung in die Variationsrechnung (2+0)-stu ¨ ndige Vorlesung im Sommersemester 2005 ¨ JORG SEILER
Inhaltsverzeichnis 1 Los geht’s!
3
2 Funktionale und ihre Variation I
5
3 Konvexit¨ at und Eindeutigkeit
9
4 Funktionale und ihre Variation II
11
5 Die Eulerschen Differentialgleichungen
14
6 Regul¨ are Linienelemente
19
7 Erdmannsche Gleichung und Eckenbedingungen
22
8 Die Bedingung von Legendre-Hadamard
26
9 Schwache Minimalstellen und die Jacobi-Bedingung
28
10 Starke Minimalstellen und die Weierstraß-Bedingung
36
11 Nat¨ urliche Randbedingungen
40
12 Variationsaufgaben mit Nebenbedingungen
41
13 Handout: Abrunden von Ecken
47
14 Literatur
48
2
1
Los geht’s!
Beispiel 1.1 (Problem der Brachistochrone (Bernoulli, 1696)) Die beiden Punkte a = (0, 0) und b = (b1 , b2 ) mit bi > 0 seien durch eine Kurve y = y(x) verbunden1 . Ein K¨ orper gleite unter Wirkung eines konstanten Schwerefeldes F ≡ (g, 0) mit g > 0 reibungsfrei auf der Kurve von a nach b mit Startgeschwindigkeit 0. Wie muß man die Kurve w¨ahlen, so daß der K¨orper in k¨ urzester Zeit in b ankommt? BILD (Skischanze) π mal Daumen“-Herleitung der Durchlaufzeit: m bezeichne die Masse des K¨orpers, t sei ” die Zeit, s = s(t) der zur Zeit t zur¨ uckgelegte Weg, (x, y) = (x(t), y(t)) die Posituion des K¨orpers zur Zeit t. Wir nehmen an, daß sich jede der Variablen s, t, x, y als Funktion der anderen schreiben l¨aßt. Mit y 0 =
dy dx
haben wir dann, daß m
d2 s g =mp , dt2 1 + y 02
da die linke Seite die Beschleunigungskraft ist, die in tangentialer Richtung auf den K¨orper wirkt, und die rechte Seite gleich m mal dem Betrag der tangentialen Komponente2 von (g, 0) ist. Z xp p dt ds = ds Es ist s = 1 + y 0 (τ )2 dτ ( Bogenl¨ange“), also 1 + y 02 = dx dt dx . Dies liefert ” 0 g=
d2 s p d2 s ds dt 1 d ds 2 dt 02 = 1 + y = , · dt2 dt2 dt dx 2 dt dt dx
also3 p dx 1 d ds 2 1 ds 2 ds p dx dt g = ⇒ gx = ⇒ 2gx = = 1 + y 02 ⇒ = dt 2 dt dt 2 dt dt dt dx
s
1 + y 02 . 2gx
Integration bez¨ uglich x von 0 bis b1 ergibt Z b1 1 p √ 1 + y 0 (x)2 dx. Durchlaufzeit = 2gx 0 Antwort“ auf die Frage: Mit ” U := {y ∈ C 1 ([0, b1 ]) | y(0) = 0 und y(b1 ) = b2 } definiere Z F : U −→ R,
F(y) = 0
1
b1
√
1 p 1 + y 0 (x)2 dx. 2gx
d.h. y(0) = 0 und y(b1 ) = b2 p Der (Einheits-)Tangentialvektor an die Kurve im Punkt (x, y(x)) ist ±(1, y 0 (x))/ 1 + y 0 (x)2 3 Die erste Implikation folgt durch Integration bzgl. t, die zweite aus der Formel f¨ ur die Bogenl¨ ange und der Kettenregel. 2
3
Finde y0 ∈ U , so daß F(y0 ) minimal wird. Kritik: Ist U die richtige Menge auf der wir F betrachten? Gibt es u ¨berhaupt ein Minimum von F auf U ? Wie findet man es? Gegenstand der Vorlesung ist es, sogenannte Variationsintegrale Z u 7→ F(u) = F (x, u(x), Du(x)) dx : U −→ R Ω
auf Teilmengen U ⊂ {u : Ω ⊂ Rn → RN } auf Extremalstellen zu untersuchen. Idee: Verallgemeinere die bekannten Methoden zur Extremwertbestimmung von Funktionen f : U ⊂ R → R. • Notwendige Bedingungen (entspricht f 0 (x0 ) = 0) • Hinreichende Bedingungen (entspricht f 00 (x0 ) positiv/negativ) • Existenz globaler Extremwerte (entspricht z.B. der Annahme der Extremwerte stetiger Funktionen auf Kompakta) Definition 1.2 Es sei U eine Menge und F : U → R. Der Punkt u ∈ U heißt a) (globale) Minimalstelle von F, falls F(u) ≤ F(v) f¨ ur alle v ∈ U , b) strikte (globale) Minimalstelle von F, falls F(u) < F(v) f¨ ur alle v ∈ U \ {u}, c) [strikte] lokale Minimalstelle von F, falls U ein topologischer Raum ist und eine offene Umgebung V ⊂ U von u existiert, so daß u eine [strikte] Minimalstelle von F|V ist. Der Wert F(u) ∈ R heißt dann [striktes] Minimum. Entsprechend erkl¨ art man [strikte] Maximalstellen und Extremalstellen. Beispiel 1.3 F¨ ur festes 0 < α < 12 betrachte Z 1 F(y) = (1 + y 0 (x)2 )α dx auf U = {y ∈ C 1 ([0, 1]) | y(0) = 0, y(1) = 1}. 0
Es ist F(y) > 1 f¨ ur alle y ∈ U , da y 0 6≡ 04 f¨ ur y ∈ U . F¨ ur ( 0 : 0 ≤ x ≤ 1 − n1 , yn (x) := n2 (x − 1 + n1 )2 : 1 − n1 ≤ x ≤ 1
n ∈ N,
ist yn ∈ U und 1 F(yn ) ≤ 1 − + n
Z
1
(5n2 )α dx = 1 −
1 1− n
1 n→∞ + 5α n2α−1 −−−→ 1. n
Also ist inf y∈U F(u) = 1, das Infimum wird aber nicht angenommen. 4
Mittelwertsatz
4
Beispiel 1.4 F¨ ur 1
Z F(y) =
(y 0 (x)2 − 1)2 dx auf U = {y ∈ C 1 ([0, 1]) | y(0) = y(1) = 0}
0
ist inf y∈U F(u) = 0, das Infimum wird aber nicht angenommen. F¨ ur jede Zickzackfunk” 0 tion“ u : [0, 1] → R mit u(0) = u(1) = 0 und u (x) = ±1 bis auf endlich viele Ausnahmepunkte gilt aber F(u) = 0. F¨ ur uns werden daher lipschitzstetige Funktionen wichtig: F¨ ur Ω ⊂ Rn definiere Λ1 (Ω, RN ) = {u : Ω → RN | u beschr¨ankt und ∃ L ≥ 0
∀ x, y ∈ Ω :
|u(x) − u(y)| ≤ L|x − y|}.
Dies ist ein Banachraum mit der Norm kukΛ1 (Ω,RN ) = kukLip = sup |u(x)| + sup x∈Ω
x6=y
|u(x) − u(y)| . |x − y|
F¨ ur N = 1 schreiben wir Λ1 (Ω) = Λ1 (Ω, R). Satz 1.5 Es sei Ω ⊂ Rn offen und u ∈ Λ1 (Ω, RN ). Dann existiert die partielle Ableitung ∂u ∂u ur fast alle x ∈ Ω und ∂x ist meßbar und (wesentlich) beschr¨ ankt auf Ω mit ∂xj (x) f¨ j ∂u k ∂x k ∞ ≤ kukΛ1 (Ω,RN ) . j L (Ω)
Beweis:
2
Ohne Beweis.
Funktionale und ihre Variation I
Im folgenden sei X ein reeller Vektorraum. Bemerkung 2.1 Ist X normiert, so ist X 0 := {x0 : X → R | x0 linear und stetig} der topologische Dualraum von X. Dies ist ein Banachraum mit der Operatornorm kx0 kX 0 = sup x6=0
|x0 (x)| = sup |x0 (x)|. kxkX kxkX =1
F¨ ur ein lineares T : X → R sind ¨aquivalent: a) T ∈ X 0 b) F¨ ur jede Nullfolge (xk )k∈N in X ist (T xk )k∈N eine Nullfolge in R. 5
Definition 2.2 Es sei F : U ⊂ X → R eine Abbildung. F¨ ur u ∈ U und h ∈ X setze δF(u, h) :=
F(u + th) − F(u) d , F(u + th) = lim t→0 dt t=0 t
sofern u + th ∈ U f¨ ur |t| < ε = ε(u, h) und der Grenzwert existiert. Wir setzen V 1 (F, u) = {h ∈ X | δF(u, h) exoistiert}. δF(u, h) heißt die erste Variation von F an der Stelle u in Richtung h. Beispiel 2.3 Wie in Beispiel 1.15 sei X = C 1 ([0, b1 ]) und Z b1 r 1 + y 0 (x)2 F(y) = dx auf U = {y ∈ C 1 ([0, b1 ]) | y(0) = 0, y(b1 ) = b2 }. x 0 Sei y ∈ U . F¨ ur h ∈ X ist y + th ∈ U f¨ ur t 6= 0 genau dann, wenn h(0) = 0 = h(b1 ). F¨ ur solche h gilt nach dem Satz von Lebesgue u ¨ber dominierte Konvergenz, daß Z b1 r d 1 + (y 0 (x) + th0 (x))2 d dx F(y + th) = dt t=0 x 0 dt t=0 Z b1 y 0 (x) p = h0 (x) dx = δF(y, h). 0 (x)2 ) x(1 + y 0 Insbesondere V 1 (F, y) = {y ∈ C 1 ([0, b1 ]) | y(0) = 0 = y(b1 )}. Definition 2.4 Es sei X normiert, F : U ⊂ X → R eine Abbildung und u ∈ U . a) F¨ ur alle h ∈ X existiere δF(u, h) und F 0 (u) : X → R,
h 7→ δF(u, h)
geh¨ ore zu X 0 . Dann heißt F Gateaux-differenzierbar an der Stelle u und F 0 (u) ∈ X 0 heißt Gateaux-Ableitung von F in u. b) Es sei U ⊂ X offen und es gebe ein A ∈ X 0 mit F(u + h) = F(u) + Ah + r(h)
∀ |h| < ε = ε(u)
h→0
und |r(h)| −−→ 0. Dann heißt F Fr´echet-differenzierbar an der Stelle u und F 0 (u) := khk − A ∈ X 0 heißt Fr´echet-Ableitung von F in u. Bemerkung 2.5 a) Offenbar gilt: F Fr´echet-differenzierbar an der Stelle u ⇒ F Gateauxdifferenzierbar an der Stelle u ⇒ Die erste Variation von F in u existiert f¨ ur jede Richtung h. b) Ist F Fr´echet-differenzierbar an der Stelle u, so ist F dort stetig. Dies gilt nicht bei Gateaux-Differenzierbarkeit. 5
√ Den Faktor 1/ 2g lassen wir hier weg.
6
Lemma 2.6 Es sei U eine offene Menge des normierten Raumes X und F : U → R sei Fr´echet-differenzierbar in u ∈ U . Ferner sei ϕ ∈ C 1 (] − a, a[, X) mit ϕ(0) = u. Dann ist (F ◦ ϕ)0 (0) = F 0 (u)ϕ0 (0). Wir schreiben
Beweis:
F(u + h) = F(u) + F 0 (u)h + r(h),
ϕ(t) = ϕ(0) + tϕ0 (0) + s(t).
Da U offen und ϕ stetig, ist ϕ(t) ∈ U f¨ ur |t| < ε und es gilt F(ϕ(t)) − F(ϕ(0)) s(t) r(ϕ(t) − ϕ(0)) = F 0 (u)ϕ0 (0) + F 0 (u) + . t t t Nun ist s(t)/t → 0 f¨ ur t → 0 und r(ϕ(t) − ϕ(0)) r(ϕ(t) − ϕ(0)) ϕ(t) − ϕ(0) t→0 −−→ 0, = t ϕ(t) − ϕ(0) t da
ϕ(t)−ϕ(0) t
→ ϕ0 (0).
Definition 2.7 Es sei F : U ⊂ X → R, u ∈ U und k ∈ N. Wir schreiben h ∈ V k (F, u), falls a) Es gibt ein ε > 0, so daß u + th ∈ U f¨ ur alle |t| < ε. b) ∆h := F(u + ·h) ∈ C k−1 (] − ε, ε[). c) Es existiert der Grenzwert (k−1)
δ k F(u, h) :=
∆ d (k−1) (t) = lim h ∆h t→0 dt t=0
(k−1)
(t) − ∆h t
(0)
.
δ k F(u, h) heißt k-te Variation von F an der Stelle u in Richtung h. Lemma 2.8 Es sei F : U ⊂ X → R, u ∈ U und h ∈ V k (F, u). Dann ist λh ∈ V k (F, u) f¨ ur alle λ ∈ R und δ k F(u, λh) = λk δ k F(u, h). Beweis:
OBdA ist λ 6= 0. Dann ist ∆λh (t) = F(u + tλh) = ∆h (λt) (k−1)
(k − 1)-mal differenzieren ergibt ∆λh einmal in t = 0 ableiten.
(k−1)
(t) = λk−1 ∆h
∀ |t| <
ε . |λ|
(λt) f¨ ur alle |t| <
ε |λ| .
Jetzt noch
Definition 2.9 Es sei F : U ⊂ X → R. Dann heißt u ∈ U ein station¨ arer Punkt (oder auch kritischer Punkt) von F, falls ∀ h ∈ V 1 (F, u).
δF(u, h) = 0 7
Satz 2.10 Es sei F : U ⊂ X → R, u ∈ U und zu jedem h ∈ V 1 (F, u) gebe es ein ε > 0, so daß die Funktion ∆h = F(u + ·h) : ] − ε, ε[ → R in t = 0 minimal wird. Dann gilt a) u ist ein station¨ arer Punkt. b) δ 2 F(u, h) ≥ 0 f¨ ur alle h ∈ V 2 (F, u). a) Es sei h ∈ V 1 (F, u).
Beweis:
∆h (t) − ∆h (0) δF(u, h) = lim ≥ 0 0t→0 t b) Es sei h ∈ V 2 (F, u), also ∆h ∈ C 1 (] − ε, ε[). Daher Z t ∆h (t) − ∆h (0) = ∆0h (τ ) dτ
∀ |t| < ε.
0
Da ∆00h (0) existiert, ist ∆0h (τ ) = ∆0h (0) + (∆00h (0) + r(τ ))τ mit limτ →0 r(τ ) = 0. Nach a) ist ∆0h (0) = 0. Also Z ∆h (t) − ∆h (0) =
t
(∆00h (0) + r(τ ))τ dτ
∀ |t| < ε.
0
urde folgen, daß ∆h (t) − ∆h (0) < 0 f¨ ur hinreichend kleine |t|. Dies Aus ∆00h (0) < 0 w¨ widerspricht aber der Minimalit¨at von ∆h (0). Folgerung 2.11 Es sei X normiert, U ⊂ X offen und F : U → R habe ein lokales Minimum in u ∈ U . Dann gilt a) u ist ein station¨ arer Punkt. b) δ 2 F(u, h) ≥ 0 f¨ ur alle h ∈ V 2 (F, u). Beispiel 2.12 Es seien die Bezeichnungen wie in Beispiel 2.3. Ist y ∈ U eine Minimalstelle von F, so muß gelten Z b1 y 0 (x) p 0 = δF(y, h) = h0 (x) dx 0 (x)2 ) x(1 + y 0 | {z } =:f (x)
f¨ ur alle h ∈ V 1 (F, y) = {u ∈ C 1 ([0, b1 ]) | u(0) = u(1) = 0}. Wir nehmen nun an, daß Z x Z b1 1 f ∈ C([0, b1 ]). Setze dann speziell h(x) = f (τ ) dτ − Cx mit C = b1 f (x) dx. Dann 0
folgt Z
b1
Z f (x)(f (x) − C) dx =
0= 0
b1
2
0
2
Z
f (x) − 2Cf (x) + C dx = 0
0
8
b1
(f (x) − C)2 dx,
b1
Z da
Cf (x) dx = b1
C2
b1
Z =
0
C 2 dx. Also ist f konstant auf [0, b1 ] bzw.
0
y 0 (x) =
r
x D−x
auf [0, b1 ]
f¨ ur eine Konstante D > b1 6 . Integration liefert r p x y(x) = D arctan − Dx − x2 + E. D−x Wegen y(0) = 0 muß E = 0 gelten. K¨onnen q wir D so w¨ahlen, daß y(b1 ) = b2 bzw. y(b1 )/b1 = b2 /b1 ? Setze dazu α = αD = 2 arctan
b1 D−b1 .
Dann folgt aus trigonometrischen
Formeln7 b1 =
D (1 − cos α), 2
y(b1 ) =
D (α − sin α).8 2
Wir brauchen also ein D mit α − sin α b2 =: g(α). = b1 1 − cos α β→0
g ist monoton wachsend auf ]0, π] mit g(β) −−−→ 0 und g(π) = π2 . Ist also 0 < gibt es ein 0 < β < π mit g(β) = αD = β.
3
b2 b1 .
D→b
b2 b1
< π2 , so
D→∞
1 Da αD −−−−→ π und αD −−−−→ 0, gibt es ein D mit
Konvexit¨ at und Eindeutigkeit
Im folgenden sei X ein reeller Vektorraum und U ⊂ X. Definition 3.1
ur alle u, v ∈ U gilt a) U heißt konvex, falls f¨ [u, v] := {(1 − λ)u + λv | 0 ≤ λ ≤ 1} ⊂ U.
b) Ein Funktional F : U → R heißt konvex, falls U konvex ist und F((1 − λ)u + λv) ≤ (1 − λ)F(u) + λF(v) Gilt sogar <“ so heißt F strikt konvex. ”
∀ u 6= v
∀ 0 < λ < 1.
9
Satz 3.2 Es sei F : U → R [strikt] konvex und u ∈ U . 6 7
D = 1/C 2 cos α = cos2
α 2
− sin2
α , 2
tan α 1 sin α2 , sin α = ± (1+tan 2 α)1/2 , cos α = ± (1+tan2 α)1/2 . q 8 x Analoges gilt f¨ ur jedes 0 ≤ x ≤ b1 anstelle von b1 , wobei dann α = 2 arctan D−x ist. Dies zeigt, daß
sin α = 2 cos
α 2
x 7→ (x, y(x)) die Parameterdarstellung einer Zykloide ist, vgl. Formelsammlung. 9 F¨ ur f ∈ C 1 (]a, b[) ist [strikte] Konvexit¨ at ¨ aquivalent dazu, daß f 0 [streng] monoton wachsend ist. Ist f 2 sogar C (]a, b[), so bedeutet Konvexit¨ at, daß f 00 ≥ 0 auf ]a, b[.
9
a) Zu jedem v ∈ U existiere ein ε > 0 mit F(u) ≤ F(u + λ(v − u)) f¨ ur alle 0 ≤ λ ≤ ε 10 . Dann ist u eine [strikte] globale Minimalstelle von F. b) F¨ ur v ∈ U sei stets v − u ∈ V 1 (F, u). Dann gilt: u ist [strikte] globale Minimalstelle von F ⇐⇒ δF(u, v − u) = 0 f¨ ur alle v ∈ U . Beweis:
a) Es sei v 6= u und (oBdA) 0 < ε < 1. Dann F(u) ≤ F(u + ε(v − u)) = F((1 − ε)u + εv) ≤ F(u) + ε(F(v) − F(u)).
Also 0 ≤ ε(F(v) − F(u)) bzw. F(u) ≤ F(v). Bei strikter Konvexit¨at steht u ¨berall ‘<’. b) ⇒“: Ist Satz 2.11. ” ⇐“: Sei u 6= v ∈ U und h := v − u ∈ V 1 (F, u). Dann gibt es 0 < ε ≤ 1 mit u + th ∈ U ” f¨ ur alle |t| < ε und t→0+
0 = δF(u, h) ←−−−
F(u + th) − F(u) F(u) + t(F(v) − F(u)) − F(u) ≤ = F(v) − F(u). t t
Also F(u) ≤ F(v). Satz 3.3 Es sei F : U → R ein Funktional. Gilt f¨ ur alle u, v ∈ U mit u 6= v, daß v − u ∈ V 2 (F, u) und δ 2 F(u, v − u) ≥ 0 [> 0], so ist F [strikt] konvex. Beweis:
Es seien u, v ∈ U mit h := v − u 6= 0. Definiere ϕ : [0, 1] → R,
t 7→ F((1 − t)u + tv).
Wegen ϕ(t) = F(u + t(v − u)) = F(v + (1 − t)(u − v)) und v − u ∈ V 1 (F, u) bzw. u − v ∈ V 1 (F, v) ist ϕ ∈ C([0, 1]). Aus der [strikten] Konvexit¨at von ϕ folgt dann die von F. Es ist ϕ ∈ C 1 (]0, 1[): F¨ ur festes 0 < t0 < 1 ist ϕ(t0 + t) = F((u + t0 h) + th) und h=
1 (v − (u + t0 h)) ∈ V 2 (F, u + t0 h) 1 − t0
nach Lemma 2.8. Also ϕ ∈ C 1 (]t0 − ε, t0 + ε[) f¨ ur ein ε > 0. Wiederum nach Lemma 2.8 ist ϕ00 (t0 ) = δ 2 F(u + t0 h, h) =
1 δ 2 F(u + t0 h, v − (u + t0 h)) ≥ 0 (1 − t0 )2
[> 0].
Also ist ϕ0 [streng] monoton wachsend, also ϕ [strikt] konvex. Beispiel 3.4 Es sei X = C 1 ([a1 , b1 ]), 0 < g ∈ C(]a1 , b1 [) ∩ L1 ([a1 , b2 ]) und Z
b1
F(u) =
p g(x) 1 + u0 (x)2 dx
a1 10
Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn X normiert ist und u eine lokale Minimalstelle ist
10
auf U = {u ∈ C 1 ([a1 , b1 ]) | u(a1 ) = a2 , u(b1 ) = b2 }. F¨ ur u 6= v ∈ U ist h := v − u ∈ V 2 (F, u) und Z b1 Z b1 u0 (x)h0 (x) h0 (x)2 g(x) p δF(u, h) = g(x) p dx, δ 2 F(u, h) = dx. 1 + u0 (x)2 1 + u0 (x)2 a1 a1 Zudem ist h0 6= 011 , also δ 2 F(u, h) > 0. Das Funktional F ist also strikt konvex. Insbesondere: Der in Beispiel 2.12 gefundene kritische Punkt y ist das eindeutige, globale Minimum ( die k¨ urzeste Verbindung“). ”
4
Funktionale und ihre Variation II
Wir legen zuerst einige Bezeichnungen fest, die wir im folgenden verwenden werden: • Ω ⊂ Rn sei offen und beschr¨ankt. • RN ×n = {p = (piν )1≤i≤N,1≤ν≤n | piν ∈ R} sei der Raum der reellen (N × n)-Matrizen mit der Euklidnorm. • F¨ ur eine im Punkt x partiell differenzierbare Funktion u : Ω → RN bezeichne ∂ui Du(x) = ( ∂x ) die Jacobi-Matrix von u in x. ν • Df ⊂ Rn × RN × RN ×n sei eine offene Menge und f = f (x, y, p) : Df → R stetig. • Wir nennen das Funktional Z Z u 7→ F(u) = f (x, u(x), Du(x)) dx =: f (x, u, Du) dx Ω
Ω
ein Variationsintegral und f die zugeh¨orige Lagrange-Funktion. Dabei sei vorausgesetzt, daß x 7→ f (x, u(x), Du(x)) sinnvoll als Element von L1 (Ω) zu definieren ist. Annahme 4.1 Es sei f ∈ C 2 (Df ) und zu jeder beschr¨ ankten Menge B ⊂ Df gebe es ein 0 ≤ g ∈ L1 (Ω) mit |f# (x, y, p)| ≤ g(x)
∀ (x, y, p) ∈ B mit x ∈ Ω.
Dabei steht f# als Platzhalter f¨ ur f sowie jede der partiellen Ableitungen erster und zweiter Ordnung bzgl. (y, p). Lemma 4.2 Es sei u ∈ Λ1 (Ω, RN ). F¨ ur jedes ε > 0 ist Uε1 (u) := {v ∈ Λ1 (Ω, RN ) | ku − vkL∞ < ε und kDu − DvkL∞ < ε} eine offene Teilmenge von Λ1 (Ω, RN ). Aus kv − ukΛ1 (Ω,RN ) < 11
√ε n
folgt v ∈ Uε1 (u).
Andernfalls w¨ are h ≡ c und dann h ≡ 0, da h(a1 ) = h(b1 ) = 0. Dies widerspricht u 6= v.
11
Beweis:
12 .
Zuerst bemerken wir: F¨ ur h ∈ Λ1 (Ω, RN ) gilt wegen Satz 1.5, daß √ khk∞ ≤ khkΛ1 (Ω,RN ) , kDhk∞ ≤ nkhkΛ1 (Ω,RN )
Dies zeigt sofort die zweite Behauptung.
Sei nun v ∈ Uε1 (u) und r := max{ku − vk∞ , kDu − Dvk∞ }. Sei 0 < δ < ε − r und √ h ∈ Λ1 (Ω, RN ) mit khkΛ1 (Ω,RN ) < δ/ n. Dann √ ku − (v + h)k∞ ≤ ku − vk∞ + khk∞ ≤ r + δ/ n < ε kDu − D(v + h)k∞ ≤ kDu − Dvk∞ + kDhk∞ ≤ r + δ < ε, also v + h ∈ Uε1 (u). Satz 4.3 Es gelte die Annahme 4.1 13 und u ∈ Λ1 (Ω, RN ) sei derart, daß (x, u(x), D(x)) ∈ Df f¨ ur alle x ∈ Ω f¨ ur die Du(x) existiert und es ein ε > 0 gibt mit (x, y, p) ∈ Df falls |y − u(x)| < ε und |p − Du(x)| < ε.
(4.1)
Dann existiert eine offene Umgebung U ⊂ Λ1 (Ω, RN ) von u derart, daß gilt: a) F¨ ur jedes v ∈ U ist f (·, v(·), Dv(·)) ∈ L1 (Ω). Insbesondere existiert das Funktional F : U → R. b) F¨ ur jedes h ∈ Λ1 (Ω, RN ) ist h ∈ V 2 (F, u) und es gilt Z N n n P P ∂hi o fyi (x, u, Du)hi + fpiν (x, u, Du) δF(u, h) = dx, ∂xν ν=1 Ω i=1 Z N n n P P ∂hk 2 δ F(u, h) = fyi yk (x, u, Du)hi hk + 2 + fyi pkν (x, u, Du)hi ∂xν ν=1 Ω i,k=1 n P ∂hi ∂hk o + fpiµ pkν (x, u, Du) dx. ∂xµ ∂xν µ,ν=1 Beweis:
Wir w¨ahlen U = Uε1 (u) wie in Lemma 4.2.
a) Wegen (4.1) ist f¨ ur jedes v ∈ U die Funktion f (·, v(·), Dv(·)) fast u ¨berall auf Ω definiert und messbar als Komposition einer meßbaren und einer stetigen Funktion. Die Integrierbarkeit gilt nach Annahme 4.1. b) Sei h ∈ Λ1 (Ω, RN ). Dann ist ∆t := u + th ∈ U f¨ ur |t| < δ = δ(h), da U offen ist. Die Funktion (t, x) 7→ f (x, ∆t (x), D∆t (x)) ist integrierbar bzgl. x ∈ Ω und differenzierbar bzgl. t ∈ ] − δ, δ[ mit N n n P P ∂ ∂hi o f (x, ∆t (x), D∆t (x)) = fyi (x, ∆t , D∆t )hi + fpiν (x, ∆t , D∆t ) . ∂t ∂xν ν=1 i=1
`P ´ `P ´ √ 2 1/2 2 1/2 kDhk∞ = supx = supx ≤ nkhkΛ1 nach Satz 1.5. i,ν |∂xν hi (x)| ν |∂xν h(x)| 13 Die Annahmen sind st¨ arker als eventuell notwendig. F¨ ur die Formel der ersten Variation, braucht man zum Beispiel nur die entsprechende Annahme f¨ ur die ersten Ableitungen bzgl. y und p. In der Anwendung dieses Satz kann bzw. sollte man daher etwas großz¨ ugiger“ sein. ” 12
12
∂ Wegen Annahme 4.1 und der Beschr¨anktheit von h und Dh ist ∂t f (x, ∆t (x), D∆t (x)) ≤ cg(x) f¨ ur x ∈ Ω und |t| < δ. Nach Lebesgue-S¨atzen gilt daher Z ∂ ∂ F(∆t ) = f (x, ∆t , D∆t ) dx ∂t Ω ∂t und die Formel f¨ ur δF(u, h) folgt durch Einsetzen von t = 0. Durch analoge Argumentation f¨ ur die neue Lagrange-Funktion“ ” N n n P P ∂hi o f1 (x, y, p) := fyi (x, y, p)hi + fpiν (x, y, p) ∂xν ν=1 i=1 erh¨alt man die Formel f¨ ur δ 2 F(u, h). Z Beispiel 4.4 Betrachte in Satz 4.3 den Spezialfall f = f (x, p) bzw. F(u) =
f (x, Du) dx. Ω
Dann hat man Z
2
δ F(u, h) =
N P
n P
Ω i,k=1 µ,ν=1
fpiµ pkν (x, Du)
∂hi ∂hk dx. ∂xµ ∂xν
Die Lagrange-Funktion f heißt superelliptisch, falls N P
n P
i,k=1 µ,ν=1
fpiµ pkν (x, p)πµi πνk > 0
∀ x, p ∈ Df
∀ 0 6= (πµi ) ∈ RN ×n .
Nach Satz 3.3 ist dann F : U → R konvex. Betrachtet man F auf einer konvexen Teilmenge U0 ⊂ U , f¨ ur die gilt u, v ∈ U0 mit u 6= v =⇒ D(u − v) 6= 0, so ist F : U0 → R sogar strikt konvex. Beispiel 4.5 Es sei N = 114 , Ω zusammenh¨angend, ϕ : ∂Ω → R stetig und15 U0 = {u ∈ Λ1 (Ω) | u|∂Ω = ϕ}. Wir definieren das Dirichlet-Integral F : U0 ⊂ Λ1 (Ω) → R durch 1 F(u) = 2
Z 2 n ∂u P 1 (x) dx = |∇u(x)|2 dx. 2 Ω Ω ν=1 ∂ν
Z
Die Lagrange-Funktion ist also f (p) = p21 + . . . + p2n = |p|2 . Nach Beispiel 4.4 ist F strikt konvex. Also Satz: Das Dirichlet-Integral hat h¨ochstens einen station¨aren Punkt in U . Existiert dieser, so handelt es sich um eine strikte globale Minimalstelle. D.h. RN ×n = R1×n = Rn . F¨ ur die Definition von U0 beachte, daß sich jede lipschitz-stetige Funktion automatisch von Ω auf Ω fortsetzen l¨ aßt und die Fortsetzung auch lipschitz ist. 14
15
13
Die Existenz ist weitaus schwieriger. Unter geeigneten Regularit¨atsannahmen, existiert ein Minimum u ∈ C 1 (Ω) ∩ C 2 (Ω). F¨ ur dieses gilt dann16 n ∂u ∂h P dx = − 0 = δF(u, h) = Ω ν=1 ∂xν ∂xν
Z
n ∂2u P h dx = − 2 Ω ν=1 ∂xν
Z
Z h(x)∆u(x) dx Ω
∞ (Ω) 17 . Hieraus folgt (siehe Satz 5.3), daß ∆u = 0 in Ω. u ist also eine in f¨ ur alle h ∈ Ccomp Ω harmonische Funktion mit vorgegebenem Randwert ϕ.
5
Die Eulerschen Differentialgleichungen
Definition 5.1 F¨ ur k ∈ N0 ∪ {∞} setze k Ccomp (Ω) = {u ∈ C k (Rn ) | supp u kompakt und supp u ⊂ Ω},
wobei supp u = {x ∈ Rn | u(x) 6= 0}
18
der Tr¨ ager von u ist, sowie
ur jedes Kompaktum K ⊂ Ω}. L1loc (Ω) = {f : Ω → R | f meßbar und f |K ∈ L1 (K) f¨ a) Sei % : Rn → R definiert durch ( 1 exp |x|21−1 : |x| < 1 %(x) = α mit 0 : |x| ≥ 1
Beispiel 5.2
Z α=
exp |x|<1
1 dx. −1
|x|2
Dann ist % ∈ C ∞ (Rn ) mit supp % = {|x| ≤ 1}. Die Familie %ε (x) := ε−n %( xε ),
ε > 0,
heißt gl¨attender Kern oder mollifier. Es ist k%ε kL1 (Rn ) = 1 f¨ ur alle ε > 0. b) C(Ω) ⊂ L1loc (Ω). Satz 5.3 (Fundamentallemma der Variationsrechnung) Es sei u ∈ L1loc (Ω). Ist Z ∞ u(x)ϕ(x) dx ≥ 0 [= 0] ∀ 0 ≤ ϕ ∈ Ccomp (Ω), Ω
so ist u ≥ 0 [u = 0] fast u ¨berall in Ω. Beweis:
1. Schritt: Es sei Ω = Rn und u ∈ L1 (Rn ). Dann gilt Z (%ε ∗ u)(x) = %ε (x − y) u(y) dy ≥ 0 ∀ x ∈ Rn . | {z } n R ∞ ≥0 und ∈ Ccomp (Rn y)
16
Partielle Integration Siehe n¨ achsten Abschnitt. 18 B bezeichnet den Abschluß der Menge B, d.h. die kleinste abgeschlossene Menge A, die B enth¨ alt.
17
14
ε→0
Nach S¨atzen f¨ ur die Faltung ist %ε ∗ u −−−→ u in L1 (Rn ). Nach S¨atzen u ¨ber L1 -Konvergenz k→∞
existiert eine Folge εk → 0 mit %εk ∗ u −−−→ u punktweise fast u ¨berall in Rn . Es folgt u ≥ 0 fast u ¨berall. 2. Schritt: Im allgemeinen Fall setzen wir v(x) := %ε (x0 − x)u(x) f¨ ur ein x0 ∈ Ω und ε > 0 so klein, daß Uε (x0 ) ⊂ Ω. Dann ist v ∈ L1 (Rn ) und Z Z ∞ u(x) ϕ(x)%ε (x0 − x) dx ≥ 0 v(x)ϕ(x) dx = ∀0 ≤ ϕ ∈ Ccomp (Ω). | {z } n Ω R ∞ ≥0 und ∈ Ccomp (Ω)
Nach Schritt 1 ist v ≥ 0 fast u ¨berall, also u ≥ 0 fast u ¨berall in Uε/2 (x0 ). Da x0 ∈ Ω beliebig ist, folgt u = 0 fast u ¨berall in Ω. Der Fall =“ folgt durch Anwenden des Falles ≥“ auf u und −u. ” ” Satz 5.4 Es sei Ω zusammenh¨ angend und u ∈ L1loc (Ω). Ist Z ∂ϕ ∞ u(x) (x) dx = 0 ∀ ϕ ∈ Ccomp (Ω), ∀ 1 ≤ j ≤ n, ∂x j Ω so gibt es ein c ∈ R mit u = c fast u ¨berall in Ω. ∞ (U (x )) Beweis: Es sei x0 ∈ Ω fest und U2ε0 (x0 ) ⊂ Ω f¨ ur ε0 > 0. Sei ϕ ∈ Ccomp ε0 0 beliebig. Dann ist ∞ ϕ ∗ %ε ∈ Ccomp (U2ε0 (x0 )) ∀ 0 < ε < ε0 .
Ist χ die charaktertistische Funktion von U2ε0 (x0 ) und u e := χu, so ist u e ∈ L1 (Rn ) und Z Z ∂%ε ∂ (ϕ ∗ %ε )(x) dx = u e(x)(ϕ ∗ )(x) dx 0= u e(x) ∂xj ∂xj Rn Z Z Z ∂%ε ∂(e u ∗ %ε ) = ϕ(y) u e(x) (x − y) dxdy = − (y)ϕ(y) dy. ∂xj ∂yj Uε0 (x0 ) u∗%ε ) ≡ 0 auf Uε0 (x0 ) f¨ ur alle 1 ≤ j ≤ n. Also gibt es Konstanten cε Aus Satz 5.3 folgt ∂(e∂y j mit u e ∗ %ε ≡ cε auf Uε0 (x0 ). Also gilt f¨ ur fast alle x ∈ Uε0 (x0 ), daß ε →0
ε →0
k k u(x) = u e(x) ←− −− (e u ∗ %εk )(x) = cεk −− −→ c0 ,
d.h. u = c0 fast u ¨berall in Uε0 (x0 ). Daher ist die Menge M := {x ∈ Ω | u ≡ c0 fast u ¨berall in einer offenen Umgebung von x} nichtleer, offen und abgeschlossen in Ω. Da Ω zusammenh¨angend ist, muß M = Ω sein, also u = c0 fast u ¨berall in Ω. Annahme 5.5 Die Lagrange-Funktion f erf¨ ulle Annahme 4.1. Es sei u ∈ Λ1 (Ω, RN ) und es gebe ein ε > 0 mit {(x, y, p) | x ∈ Ω, Du(x) existiert und |y − u(x)| + |p − Du(x)| < ε} ⊂ Df . 15
Unter dieser Annahme l¨aßt sich das Funktional F mit Lagrange-Funktion f definieren auf der Menge U = {v ∈ Λ1 (Ω, RN ) | ku − vkL∞ (Ω,RN ) + kDu − DvkL∞ (Ω,RN ×n ) < ε} und V 1 (F, u) = V 1 (F, u) = Λ1 (Ω, RN ). Definition 5.6 Es gelte die Annahme 5.5. a) u hat die schwache Minimaleigenschaft bzgl. F, falls es ein δ > 0 gibt mit F(u) ≤ F(u + h)
∞ ∀ h ∈ Ccomp (Ω, RN ) mit khk∞ + kDhk∞ < δ.
Entsprechend spricht man von schwacher Maximal- und Extremaleigenschaft. b) u heißt schwache F-Extremale, falls ∞ ∀ h ∈ Ccomp (Ω, RN ).
δF(u, h) = 0
Beispiel 5.7 Hat u die schwache Extremaleigenschaft, so ist u eine schwache F-Extremale. Die Umkehrung davon ist im allgemeinen falsch: Betrachte Z 1 x2 u0 (x)2 + xu0 (x)3 dx. F(u) = −1
u ≡ 0 ist eine schwache F-Extremale mit F(0) = 0 und Z 1 2 ∞ δ F(0, h) = 2 x2 h0 (x)2 dx > 0 ∀ 0 6= h ∈ Ccomp (] − 1, 1[). −1
Also hat 0 h¨ochstens die schwache Minimaleigenschaft. F¨ ur hε (x) = ε%ε (x) = ε2 %( xε ), ε < 1, ist aber Z 1 n Z 1 o 2 0 2 4 x % (x) dx + F(hε ) = ε ε x%0 (x) dx < 0 | −1 {z } | −1 {z } ε→0 <0 −−−→0 ε→0
f¨ ur hinreichend kleine ε > 0 und hε −−−→ 0 in C 1 ([−1, 1]). Satz 5.8 (Eulersche Differentialgleichungen) Es gelte die Annahme 5.5 und es sei u ∈ C 2 (Ω, RN ). Genau dann ist u eine schwache F-Extremale, wenn die partiellen Differentialgleichungen fyi (x, u(x), Du(x)) −
n P ∂ fpiν (x, u(x), Du(x)) = 0 ν=1 ∂xν
∀x∈Ω
(5.1)
gleichzeitig f¨ ur i = 1, . . . , N erf¨ ullt sind. Ausf¨ uhrlich heißt das: fyi (x, u(x), Du(x)) − −
n P ν=1 n P
fpiν xν (x, u(x), Du(x)) − N P
µ,ν=1 k=1
n P ν=1
fpiν pkµ (x, u(x), Du(x))
16
fpiν yk (x, u(x), Du(x))
∂ 2 uk ≡ 0. ∂xν ∂xµ
∂uk (x)− ∂xν
∞ (Ω) folgt Beweis: ⇒“: Durch Wahl von h = ϕei = (0, . . . , 0, ϕ, 0, . . . , 0) mit ϕ ∈ Ccomp ” aus Satz 4.3, daß Z n P ∂ϕ ∞ fyi (x, u, Du)ϕ + fpiν (x, u, Du) dx = 0 ∀ ϕ ∈ Ccomp (Ω). ∂x ν ν=1 Ω
Nach partieller Integration ist dies ¨aquivalent zu Z n o n P ∂ fpiν (x, u, Du) ϕ dx = 0 fyi (x, u, Du) − ν=1 ∂xν Ω
∞ ∀ ϕ ∈ Ccomp (Ω).
Aus Satz 5.1 folgt (5.1). ⇐“: Folgt analog: Verwende Satz 4.3 und ” δF(u, h) = δF(u, h1 e1 + . . . + hN eN ) = δF(u, h1 e1 ) + . . . + δF(u, hN eN ) ∞ (Ω, RN ). f¨ ur h ∈ Ccomp
Bemerkung 5.9 (Euler-Operator) Die Zuordnung u 7→ Lf (u) mit n P ∂ [Lf (v)](x) = fyi (x, v(x), Dv(x)) − fpiν (x, v(x), Dv(x)) , i=1,...,N ν=1 ∂xν
x ∈ Ω,
f¨ ur diejenigen v ∈ C 2 (Ω, RN ) f¨ ur die die rechte Seite Sinn macht, definiert den sogenannten Euler-Operator Lf zu f . Satz 5.8 formuliert sich dann so: Es sei u ∈ C 2 (Ω, RN ) und es gelte Annahme 5.5. Dann gilt: u ist schwache F-Extremale ⇐⇒ Lf (u) = 0. Beispiel 5.10 Es sei N = 1 also Rn×N = Rn und Du = ∇u. Das Variationsintegral Z 2 1 |∇u| + c(x)u dx F(u) = 2 Ω
hat die Lagrangefunktion f (x, y, p) = 21 |p|2 + c(x)y und den Euler-Operatoren Lf (u) = −∆u + c(x) mit dem Laplace-Operatoren ∆ = ∂x21 + . . . + ∂x2n . Also ist Lf (u) = 0 die sogenannte Poisson-Gleichung ∆u = c in Ω. Beispiel 5.11 a) f = f (x, y) ist unabh¨angig von p. Dann reduziert sich (5.1) zu fyi (x, u(x)) ≡ 0 auf Ω f¨ ur alle 1 ≤ i ≤ N 19 . b) Ist n = 1 und f = f (y, p) unabh¨angig von x, so ist (5.1) gerade fyi (u(x), u0 (x)). Hieraus folgt f (u(x), u0 (x)) −
N P
d 0 dx fpi (u(x), u (x))
u0k (x)fpk (u(x), u0 (x)) ≡ const.20
k=1
Der21
Ausdruck f (y, p) +
ist also ein erstes Integral f¨ ur 19 21
N X
k=1 2 C -L¨osungen
Dies ist eine implizite Bestimmungsgleichung f¨ ur u Beweis: Leite die Gleichung nach x ab.
17
pk fpk (y, p) der Euler-Gleichung Lf (u) = 0.
≡
Satz 5.12 Es sei n = 1 und Ω = ]a, b[ ein offenes Intervall. Es gelte die Annahme 5.5, u ∈ Λ1 (]a, b[, RN ) sei eine schwache F-Extremale und x0 ∈ ]a, b[. Dann gibt es ein c ∈ RN mit Z x ∇y f (t, u(t), u0 (t)) dt f.f.a. x ∈ ]a, b[, (5.2) ∇p f (x, u(x), u0 (x)) = c + x0
d.h. u l¨ ost die sogenannte Du Bois-Reymondsche Gleichung beziehungsweise die Eulersche Differentialgleichung in integrierter Form. Beweis: Wie im Beweis von Satz 5.8 erh¨alt man f¨ ur 1 ≤ i ≤ N Z b ∞ ∀ ϕ ∈ Ccomp (]a, b[). fy (x, u, u0 ) ϕ(x) + fpi (x, u, u0 )ϕ0 (x) dx = 0 } | i {z a =:g(x)∈L1 (]a,b[)
∞ (]a, b[, RN ) mit g → g in L1 (]a, b[, RN ). Es folgt W¨ahle Folge (gk )k ⊂ Ccomp k Z b Z x 0 0 = lim fpi (x, u, u ) − gk (t) dt ϕ0 (x) dx
=
k→∞ a Z b
x0
fpi (x, u, u0 ) −
a
Z
·
Z
·
gk (t) dt →
da x0
Satz 5.4.
Z
x
fyi (t, u, u0 ) dt ϕ0 (x) dx,
x0
fyi (t, u, u0 ) dt gleichm¨aßig auf ]a, b[. Jetzt folgt die Behauptung aus
x0
Folgerung 5.13 Es seien die Bezeichnungen wie in Satz 5.12 aber u ∈ C 1 (]a, b[, RN ). Dann folgt aus (5.2), daß (∇p f )(x, u(x), u0 (x)) ∈ C 1 (]a, b[, RN ) mit Ableitung d (∇p f )(x, u(x), u0 (x)) = ∇y f (x, u(x), u0 (x)) ∀ x ∈ ]a, b[. dx Ist sogar u ∈ C 2 (]a, b[, RN ), so darf man links die Kettenregel anwenden und erh¨ alt die Eulerschen Differentialgleichungen aus Satz 5.8. Bemerkung 5.14 Wann ist eine Differentialgleichung die Euler-Gleichung eines geeigneten Funktionals? F¨ ur n = N = 1 heißt dies, ob u00 (x) = φ(x, u(x), u0 (x)),
a < x < b,
a¨quivalent ist zu Lf (u) = 0 f¨ ur ein geeignetes f = f (x, y, p). Ist fpp immer 6= 0, so heißt Lf (u) = 0 gerade u00 =
fy (x, u, u0 ) − fpx (x, u, u0 ) − fpy (x, u, u0 )u0 . fpp (x, u, u0 )
Man setzt also f an als L¨osung der partielle Differentialgleichung fy − fpx − pfpy − φfpp = 0. (Formales) Differenzieren nach p liefert ∂ ∂ ∂ fpp + p fpp + φ fpp = 0. ∂x ∂y ∂p Dies ist eine lineare partielle DGL erster Ordnung f¨ ur fpp . Diese l¨aßt sich eventuell mit der Charakteristiken-Methode l¨osen. Zweimaliges integrieren bzgl. p liefert f . φp +
18
6
Regul¨ are Linienelemente
Im folgenden sei n = 1, also Ω = ]a, b[ ein Intervall, und es gelte Annahme 5.5. Definition 6.1 Ein Punkt (x, y, p) ∈ Df heißt regul¨ ares Linienelement von f , falls det ∇2p f (x, y, p) 6= 0. Dabei bezeichnet ∇2p f (x, y, p) die Hesse-Matrix (bzgl. p) von f im Punkt (x, y, p). Lemma 6.2 Es sei (x0 , y0 , p0 ) ein regul¨ ares Linienelement von f und π0 := ∇p f (x0 , y0 , p0 ) ∈ RN . Dann gibt es offene Umgebungen V ⊂ R × RN × RN von (x0 , y0 , π0 ) und W ⊂ RN von p0 sowie eine C 1 -Abbildung ψ : V → W mit folgender Eigenschaft: F¨ ur (x, y, π) ∈ V und p ∈ W ist ∇p f (x, y, p) = π ⇐⇒ p = ψ(x, y, π). Insbesondere: (∇p f )(x, y, ψ(x, y, π)) = π f¨ ur alle (x, y, π) ∈ V . Beweis:
Wende den Satz u ¨ber implizite Funktionen an auf g : Df × RN −→ RN ,
g(x, y, p, π) = ∇p f (x, y, p) − π.
Es ist g(x0 , y0 , p0 , π0 ) = 0 und (Dp g)(x0 , y0 , p0 , π0 ) = (∇2p f )(x0 , y0 , p0 ) invertierbar. Satz 6.3 Es sei (x0 , y0 , p0 ) ein regul¨ ares Linienelement von f , π0 := ∇p f (x0 , y0 , p0 ) ∈ RN und ψ : V → W wie in Lemma 6.2. a) Ist I ein offenes Intervall um x0 und erf¨ ullt u ∈ C 1 (I, RN ) das Anfangswertproblem Z x (∇p f )(x, u(x), u0 (x)) = π0 + (∇y f )(t, u(t), u0 (t)) dt, (6.1) x0 0 u(x0 ) = y0 , u (x0 ) = p0 , auf I, so gibt es ein offenes Intervall J mit x0 ∈ J ⊂ I derart, daß π(x) := (∇p f )(x, u(x), u0 (x)) ∈ C 1 (J, RN ) und die folgende gew¨ ohnliche DGL erf¨ ullt ist: u0 (x) = ψ(x, u(x), π(x)) 0
∀ x ∈ J,
π (x) = (∇y f ) x, u(x), ψ(x, u(x), π(x)) u(x0 ) = y0 ,
∀ x ∈ J,
(6.2)
π(x0 ) = π0 .
b) Ist J offenes Intervall um x0 und l¨ osen u, π ∈ C 1 (J, RN ) die DGL (6.2), so l¨ ost u (6.1) auf J. 19
Insbesondere sind dann u, π ∈ C 2 (J, RN ). Beweis: a) Es ist (sogar) π ∈ C 1 (I, RN ). W¨ahle J ⊂ I derart, daß (x, u(x), π(x)) ∈ V 0 und u (x) ∈ W f¨ ur alle x ∈ J. Nach Lemma 6.2 ist u0 (x) = ψ(x, u(x), π(x))
∀ x ∈ J.
Ableiten von (6.1) liefert π 0 (x) = (∇y f )(x, u(x), u0 (x)) = (∇y f ) x, u(x), ψ(x, u(x), π(x)) . b) Sei (u, π) ∈ C 1 (J, RN × RN ) eine L¨osung von (6.2). F¨ ur alle x ∈ J ist insbesondere (x, u(x), π(x)) ∈ V und π 0 (x) = (∇y f )(x, u(x), u0 (x)), 6.2 π(x) = (∇p f ) x, u(x), ψ(x, u(x), π(x)) = (∇p f )(x, u(x), u0 (x)). Also erf¨ ullt u (6.1) auf J. Da ψ und ∇y f jeweils C 1 sind, ist (u0 , π 0 ) auch C 1 . Satz 6.4 Es gelte Annahme 5.5 und sei u ∈ C 1 (]a, b[, RN ) eine schwache F-Extremale. Ist I ⊂ ]a, b[ ein offenes Intervall und (x, u(x), u0 (x)) ein regul¨ ares Linienelement der 2 N Lagrange-Funktion f f¨ ur jedes x ∈ I, so ist u ∈ C (I, R ). Beweis: u l¨ost die Du-Bois Reymondsche Gleichung f¨ ur jedes x0 ∈ I. Nach Satz 6.3 (mit y0 = u(x0 ) und p0 = u0 (x0 )) ist u dann C 2 in einer offenen Umgebung von x0 . Da x0 ∈ I beliebig ist, folgt die Behauptung. Bemerkung 6.5 Mit den Bezeichnungen aus Lemma 6.2 setze H(x, y, π) := hψ(x, y, π), πiRN − f (x, y, ψ(x, y, π)),
(x, y, π) ∈ V.
Dies ist die sogenannte Hamilton-Funktion zu f . Mit Lemma 6.2 und Kettenregel folgt Hx (x, y, π) = −fx (x, y, ψ(x, y, π)), (∇y H)(x, y, π) = −(∇y f )(x, y, ψ(x, y, π)), (∇π H)(x, y, π) = ψ(x, y, π). Insbesondere ist H ∈ C 2 (V ). Die DGL in (6.2) schreibt sich nun als u0 (x) = (∇π H)(x, u(x), π(x)),
π 0 (x) = −(∇y H)(x, u(x), π(x)).
(6.3)
¨ von (x, y, p, f ) Dies ist die Eulersche Differentialgleichung in kanonischer Form. Der Ubergang zu (x, y, π, H) heißt Legendre-Transformation. 20
Bemerkung 6.6 Es sei H ∈ C 2 (V ) die Hamilton-Funktion zu f . F¨ ur K ∈ C 1 (V ) heißt {K, H} := h∇y K, ∇π Hi − h∇π K, ∇y Hi =
N P
K y i H πi − K πi H y i
i=1
die Poisson-Klammer von K mit H. Ist (u, π) eine L¨osung von (6.3), so ist d K(x, u(x), π(x)) = Kx (x, u(x), π(x))+ dx + h(∇y K)(x, u(x), π(x)), u0 (x)i − h(∇π K)(x, u(x), π(x)), π 0 (x)i = (Kx + {K, H})(x, u(x), π(x)). Weiterhin gibt es zu jedem (x0 , y0 , π0 ) ∈ V eine L¨osung (u, π) mit u(x0 ) = y0 und π(x0 ) = π0 . Man sieht also: Genau dann ist K ein erstes Integral f¨ ur die DGL (6.3)22 , wenn Kx + {K, H} ≡ 0
auf V.
Satz 6.7 Es sei Df = G × RN mit einem offenen G ⊂ R × RN , es gelte Annahme 5.5 und u ∈ Λ1 (]a, b[, RN ) sei eine schwache F-Extremale. Ist I ⊂ ]a, b[ offen und (∇2p f )(x, u(x), p) positiv [negativ] definit
∀x∈I
∀ p ∈ RN ,
so ist u ∈ C 2 (I, RN ). Beweis:
Sei M := ku0 kL∞ (]a,b[,RN ) und [α, β] ⊂ I. Da u lipschitz-stetig23 gilt Z
x
u(x) = u(α) +
u0 (t) dt
∀ α ≤ x ≤ β.
α
Da f ∈ C 2 , gibt es ein ε > 0 derart, daß (∇2p f )(x, y, p) positiv definit ist auf G0 × U2M (0) mit24 G0 = {(x, y) ∈ ]α − ε, β + ε[ × RN | |y − u(x)| < ε}. Definiere nun die Abbildung Φ : G0 × U2M (0) −→ G0 × RN ,
Φ(x, y, p) = (x, y, (∇p f )(x, y, p)).
Wir werden nachher zeigen: Φ ist ein C 1 -Diffeomorphismus Φ : G0 × U2M (0) −→ B := Φ(G0 × U2M (0)). Nach Satz 5.12 gibt es ein c ∈ RN mit Z x (∇p f )(x, u(x), u0 (x)) = c + (∇y f )(t, u(t), u0 (t)) dt =: π(x)
f.f.a. x ∈ [α, β].
α 22
d.h., f¨ ur jede L¨ osung (u, π) ist K(x, u(x), π(x)) konstant in x Schon absolute Stetigkeit w¨ are genug. 24 Die Annahme des Gegenteils liefert konvergente Folgen (xn , yn , pn )n und (vn )n von Einheitsvektoren mit h(∇2p f )(xn , yn , pn )vn , vn i ≤ 0. Dies steht im Widerspruch zur positiven Definitheit (im Grenzwert). 23
21
π ist offenbar stetig. Setze K := {Φ(x, u(x), p) | α ≤ x ≤ β, p ∈ UM (0)} ⊂ B F.f.a. x ∈ [α, β] ist (x, u(x), π(x)) = Φ(x, u(x), u0 (x)) ∈ K. Da K abgeschlossen und π stetig, folgt (x, u(x), π(x)) ∈ K f¨ ur alle x ∈ [α, β]. Dann definiert (x, u(x), p(x)) = Φ−1 (x, u(x), π(x)) 0 eine stetige ¨. auf [α, β]. Also ist u(x) = Z x Funktion p : [α, β] → UM (0) mit p(x) = u (x) f. u 1 N u(α) + p(t) dt in C ([α, β], R ). α 1 C -Diffeomorphismus:
Φ ist Man rechnet nach, daß det DΦ(x, y, p) 6= 0 f¨ ur alle (x, y, p) ∈ G0 × U2M (0). Der Satz u ¨ber die inverse Funktion liefert, daß B offen ist und Φ ein lokaler C 1 -Diffeomorphismus ist. Wir m¨ ussen also nur noch zeigen, daß Φ injektiv ist, d.h. N N (∇p f )(x, y, ·) : R → R injektiv f¨ ur jedes gegebene (x, y). Es ist Z 1 d (∇p f )(x, y, r + t(q − r)) dt (∇p f )(x, y, q) − (∇p f )(x, y, r) = 0 dt Z 1 N P = (∇p fpk )(x, y, r + t(q − r))(q k − rk ) dt. 0 k=1
F¨ ur q 6= r folgt mit s := q − r aus der Voraussetzung, daß Z 1 N P h(∇p f )(x, y, q) − (∇p f )(x, y, r), si = fpi pk (x, y, r + ts)sk si dt 0 i,k=1 1 h(∇2p f )(x, y, r 0
Z =
+ ts)s, si dt > 0
und somit (∇p f )(x, y, q) 6= (∇p f )(x, y, r). Beispiel 6.8 Das Funktional (vgl. Beispiel 1.4) Z 1 F(u) = (u0 (x)2 − 1)2 dx, 0
hat als schwache F-Extremale z.B. die Funktion u(x) = 21 − |x − 21 |, die offenbar nicht C 2 ist. Dies ist m¨oglich wegen ( √ <0 : |p| < 1/ 3 2 √ . fpp (x, y, p) = p(3p − 1) >0 : |p| > 1/ 3
7
Erdmannsche Gleichung und Eckenbedingungen
Annahme 7.1 Es sei Df = G × RN ×n mit einer offenen Menge G ⊂ Rn × RN und f erf¨ ulle Annahme 4.1. Es sei u ∈ Λ1 (Ω, RN ) und es gebe ein ε > 0 mit {(x, y, p) | x ∈ Ω und |y − u(x)| < ε} ⊂ Df . 22
Unter dieser Annahme l¨aßt sich das Variationsintegral F mit Lagrange-Funktion f definieren auf der Menge U = {v ∈ Λ1 (Ω, RN ) | ku − vkL∞ (Ω,RN ) < ε} und es ist V 1 (F, u) = V 2 (F, u) = Λ1 (Ω, RN ). Dies sieht man wie in Satz 4.3. Definition 7.2 Es gelte die Annahme 7.1. Dann hat u die starke Minimaleigenschaft bzgl. F, falls es ein δ > 0 gibt mit ∞ ∀ h ∈ Ccomp (Ω, RN ) mit khkL∞ (Ω,RN ) < δ.
F(u) ≤ F(u + h)
Analog f¨ uhrt man die starke Maximal- bzw. Extremaleigenschaft ein. Lemma 7.3 Es gelte Annahme 7.1 und u habe die starke Minimaleigenschaft bzgl. F. Dann gibt es ein ε > 0 derart, daß ∀ h ∈ Λ1comp (Ω, RN ) mit khkL∞ (Ω,RN ) < δ.
F(u) ≤ F(u + h) Beweis: ist
ur ein (kleines) ε0 > 0 Es sei h ∈ Λ1comp (Ω, RN ) mit khk∞ < δ vorgegeben. F¨ ∞ hε := h ∗ %ε ∈ Ccomp (Ω, RN )
∀ 0 < ε ≤ ε0
ε→0
und khε − hk∞ −−−→ 0. Nach Satz u ¨ber die dominierte Konvergenz ist f.f.a. x ∈ Ω Z ∂h ∂h ∂hε (x) = (x − y)%ε (y) dy = (x). ∂xj ∂xj ε Rn ∂xj Nach S¨atzen u ¨ber die Faltung ist
∂h ∂xj
ε→0
ε
−−−→
∂h ∂xj
in L1 (Ω, RN ). Es gibt also eine Nullfolge
j→∞
εj → 0 mit Dhεj (x) −−−→ Dh(x) f.¨ u. in Ω. Wegen kDhε k∞ ≤ kDhk∞
25
ist
{(x, (u + hε )(x), (u + hε )(x) | x ∈ Ω, 0 < ε ≤ ε0 } eine beschr¨ankte Teilmenge von Df . Also folgt mit dem Satz u ¨ber dominierte Konvergenz26 , daß j→∞
F(u + h) ←−−− F(u + hεj ) ≥ F(u), wobei ‘≥’ f¨ ur hinreichend große j gilt, wegen der starken Minimaleigenschaft von u. Beispiel 7.4 Betrachte auf Λ1 (] − 1, 2[) das Funktional Z
2
F(u) =
u0 (x)2 + u0 (x)3 dx.
−1 25 26
beachte dazu, daß k%ε kL1 = 1 f¨ ur alle ε und Annahme 4.1
23
∞ (] − 1, 2[) ist Jedes uλ (x) := λx mit λ ∈ R ist eine schwache F-Extremale. F¨ ur h ∈ Ccomp
Z
2
F(uλ + h) =
(λ + h0 (x))2 + (λ + h0 (x))3 dx
−1 2
Z = F(uλ ) +
(1 + 3λ + h0 (x))h0 (x)2 dx.
−1
Also hat uλ die schwache Minimal[Maximal]eigenschaft, falls 1 + 3λ > 0 [1 + 3λ < 0]. Jedoch hat uλ nie die starke Extremaleigenschaft: Setze :0≤x≤α x/α hε,α (x) = ε (1 − x)/(1 − α) mit ε > 0, 0 < α < 1. :α≤x≤1, 0 : sonst Dann ist hε,α ∈ Λ1comp (] − 1, 2[) mit khε,α k∞ = ε und man berechnet F(uλ + hε,α ) − F(uλ ) = 2 λ + αε ((1 + λ)α + ε)) + λ −
ε 1−α
2
( −∞ ((1 + λ)(1 − α) − ε)) −→ ∞
:α→1 . :α→0
Satz 7.5 Es sei Ω = ]a, b[ und x0 ∈ ]a, b[. Es gelte Annahme 7.1 und u habe die starke Extremaleigenschaft bzgl. F. Mit geeigneten c, c0 ∈ RN erf¨ ullt dann u die Du-Bois Reymondsche Gleichung Z x 0 (∇p f )(x, u(x), u (x)) = c + (∇y f )(t, u(t), u0 (t)) dt x0
sowie die Erdmannsche Gleichung 0
0
0
0
Z
x
f (x, u(x), u (x)) − (∇p f )(x, u(x), u (x))u (x) = c +
fx (t, u(t), u0 (t)) dt
x0
f¨ ur fast x ∈ ]a, b[. Insbesondere gilt: Ist f = f (y, p) unabh¨ angig von x, so ist f (u(x), u0 (x)) − (∇p f )(u(x), u0 (x))u0 (x) = c0 fast u ¨berall, vgl. Beispiel 5.11.b). Beweis:
∞ (]a, b[) und Es sei ϕ ∈ Ccomp
τθ (x) := x + θϕ(x)
f¨ ur x ∈ [a, b] und |θ| < (1 + kϕ0 k∞ )−1 .
Dann ist τθ (x) = x f¨ ur x 6∈ supp ϕ und τθ0 (x) = 1 + θϕ0 (x) ≥ 1 − |θ| kϕ0 k∞ > 0
∀ a ≤ x ≤ b.
Also ist τθ : [a, b] → [a, b] ein C ∞ -Diffeomorphismus. Somit gilt uθ := u ◦ τθ−1 ∈ Λ1 (]a, b[, RN ),
hθ := uθ − u ∈ Λ1comp (]a, b[, RN ). 24
F¨ ur ε > 0 aus Lemma 7.3 ist außerdem khθ k∞ ≤ kukΛ1 sup |τθ−1 (y) − y| = kukΛ1 sup |x − τθ (x)| = kukΛ1 kϕk∞ |θ| < ε y∈[a,b]
x∈[a,b]
f¨ ur alle |θ| < ε(1 + kukΛ1 kϕk∞ )−1 =: θ0 . Also F(u) ≤ F(u + hθ ) = F(uθ ) Es ist
∀ |θ| < θ0 .
(7.1)
u0 (τθ−1 (x)) dτθ−1 (x) = dx 1 + θϕ0 (τθ−1 (x))
u0θ (x) = u0 (τθ−1 (x))
also, nach der Variablentransformation y = τθ−1 (x), Z F(uθ ) =
b
f (x, u(τθ (x)), u0θ (x)) dx
Z =
b
f y + θϕ(y), u(y),
a
a
u0 (y) (1 + θϕ0 (y)) dy. 1 + θϕ0 (y)
Zusammen mit (7.1) folgt d 0= F(uθ ) = dθ θ=0
Z
b
fx (x, u, u0 )ϕ + f (x, u, u0 ) − (∇p f )(x, u, u0 )u0 ϕ0 dx
a
und nach partieller Integration27 Z b
Z
x
−
a
fx (t, u, u0 ) dt + (f (x, u, u0 ) − (∇p f )(x, u, u0 )u0 ϕ0 dx.
x0
∞ (]a, b[) gilt, folgt die Behauptung aus Satz 5.4. Da dies f¨ ur jedes ϕ ∈ Ccomp
Satz 7.6 (Erdmannsche Eckenbedingungen) Es sei Ω =]a, b[ und es gelte Annahme 7.1. u besitze die starke Extremaleigenschaft bzgl. F und sei st¨ uckweise stetig differenzierbar28 . Dann gilt f¨ ur jedes x0 ∈ ]a, b[ lim (∇p f )(x, u(x), u0 (x)) =
x→x0 −0
lim (∇p f )(x, u(x), u0 (x))
x→x0 +0
sowie lim f (x, u(x), u0 (x)) − (∇p f )(x, u(x), u0 (x))u0 (x) =
x→x0 −0
=
lim f (x, u(x), u0 (x)) − (∇p f )(x, u(x), u0 (x))u0 (x).
x→x0 +0
Beweis: Folgt sofort aus den Formeln in Satz 7.5, da dort die Funktionen auf den rechten Seiten stetig auf ]a, b[ sind. 27
vgl. den Beweis von Satz 5.12 D.h., u ist stetig auf [a, b] und es gibt eine Zerlegung a = t0 < t1 < . . . < tm = b derart, daß u|[tj−1 ,tj ] ∈ C 1 ([tj−1 , tj ], RN ) f¨ ur alle j = 1, . . . , m. 28
25
8
Die Bedingung von Legendre-Hadamard
Satz 8.1 Es gelte die Annahme 5.5 und es sei ∞ ∀ h ∈ Ccomp (Ω, RN ) 29 .
δ 2 F(u, h) ≥ 0
Dann erf¨ ullt u die Legendre-Hadamard-Bedingung N P
n P
i,k=1 µ,ν=1
∀ ξ ∈ RN
fpiµ pkν (x0 , u(x0 ), Du(x0 ))ξi ξk ηµ ην ≥ 0
∀ η ∈ Rn
in jedem Punkt x0 ∈ Ω, in dem Du stetig ist30 . Beweis:
Nach Satz 4.3 haben wir Z N n n P P P 2 ik ik ∂hk ik ∂hi ∂hk δ F(u, h) = a h i hk + b ν hi + c dx ∂xν µ,ν=1 µν ∂xµ ∂xν ν=1 Ω i,k=1
mit den L1 (Ω)-Funktionen aik (x) := fyi yk (x, u(x), Du(x)), bik ν (x) := 2fyi pkν (x, u(x), Du(x)), cik µν (x) := fpi pkν (x, u(x), Du(x)). k
OBdA31 nehmen wir an, daß x0 = 0. Es sei V := Uε (0) ⊂ Ω f¨ ur ε > 0. F¨ ur h ∈ ∞ N Ccomp (V, R ) setze n
∞ (V, RN ), hλ (x) = λ1− 2 h(x/λ) ∈ Ccomp
0 < λ < 1.
Aus δ 2 F(u, hλ ) ≥ 0 und der Variablentransformation x = λy folgt Z
N P
n P
λ2 aik (λy)hi hk + λ
ν=1
Ω i,k=1
und mit λ → 0 erh¨alt man Z N n P P Ω i,k=1 µ,ν=1
cik µν (0)
bik ν (λy)hi
∂hi ∂hk dx ≥ 0 ∂xµ ∂xν
ki Wegen cik ur jedes zµi = αµi + µν = cνµ gilt f¨ N P
n P
i,k=1 µ,ν=1
i k cik µν (0)zµ zµ =
N P
n P ∂hk ∂hi ∂hk + dy ≥ 0 cik µν (λy) ∂xν µ,ν=1 ∂xµ ∂xν
n P
i,k=1 µ,ν=1
√
∞ ∀ h ∈ Ccomp (V, RN ).
−1βµi ∈ C
i k cik µν (0)αµ + αν +
29
N P
i,k=1 µ,ν=1
Dies gilt z.B. wenn u die schwache Minimaleigenschaft bzgl. F hat. d.h. es gibt ein in x0 stetiges g mit g = Du fast u ¨berall in Ω. 31 nach Translation des Rn
30
26
n P
i k cik µν (0)βµ + βν .
Es folgt Z
N P
n P
Ω i,k=1 µ,ν=1
cik µν (0)
∂hi ∂hk dx ≥ 0 ∂xµ ∂xν
∞ ∀ h ∈ Ccomp (V, CN ).
∞ (V ) und t > 0: Setze hier nun speziell h(x) = t− 1ϕ(x)eithx,ηi ξ ein, wobei ϕ ∈ Ccomp N P
Z 0≤
n P
−2 ∂ϕ ∂ϕ + ϕ2 ηµ ην dx cik µν (0)ξi ξk t ∂xµ ∂xν Ω i,k=1 µ,ν=1 P Z N n P t→∞ ϕ2 dx cik −−−→ µν (0)ξi ξk ηµ ην . Ω
Z Durch Wahl von ϕ mit
i,k=1 µ,ν=1
ϕ2 dx > 0 folgt die Behauptung.
Definition 8.2 Ein u ∈ C 1 (Ω, RN ) erf¨ ullt die strikte Legendre-Hadamard-Bedingung, falls es ein L > 0 gibt mit N P
n P
i,k=1 µ,ν=1
(sLH)
fpiµ pkν (x, u(x), Du(x))ξi ξk ηµ ην ≥ L|ξ|2 |η|2
.
f¨ ur alle x ∈ Ω, ξ ∈ RN und η ∈ Rn F¨ ur den folgenden Satz machen wir folgende Annahme: Annahme 8.3 f gen¨ uge der Annahme 4.1 und zu u ∈ C 1 (Ω, RN ) gebe es ein ε > 0 mit {(x, y, p) | x ∈ Ω, |y − u(x)| + |p − Du(x)| < ε} ⊂ Df . Dann l¨aßt sich das Variationsintegral F mit der Lagrange-Funktion f definieren auf der Menge {v ∈ C 1 (Ω, RN ) | ku − vkL∞ (Ω,RN ) + kDu − DvkL∞ (Ω,RN ×n ) < ε}. Satz 8.4 Es sei n = 1 oder N = 1 und f = f (x, p) unabh¨ angig von y. Weiterhin gen¨ uge u ∈ C 1 (Ω, RN ) der strikten Legendre-Hadamard-Bedingung (sLH) und der Annahme 8.3. Dann gibt es ein δ > 0 mit F(u) ≤ F(u + h)
∀ h ∈ C 1 (Ω, RN ) mit khk∞ + kDhk∞ < δ und δF(u, h) = 0.
Beweis: N = 1: F¨ ur δ < ε ist ϕ(θ) := F(u + θh) ∈ C 2 ([−1, 1])32 . Wegen ϕ0 (0) = δF(u, h) = 0 ist Z F(u + h) = ϕ(1) = ϕ(0) +
1
0
1Z t
ϕ (t) dt = F(u) + 0
32
Z 0
beachte Satz 4.3
27
0
ϕ00 (s) ds.
Nach Satz 4.3 ist Z n P ∂h ∂h fpiµ pkν (x, ∇u(x) + s∇h(x)) dx ϕ00 (s) = δ 2 F(u + sh, h) = ∂xµ ∂xν Ω µ,ν=1 Z ≥ (L − Kh (s, x))|∇h(x)|2 dx
(8.1)
Ω
mit
n P fpiµ pkν (x, ∇u(x) + s∇h(x)) − fpiµ pkν (x, ∇u(x)) .
Kh (s, x) =
µ,ν=1
Da f gleichm¨aßig stetig ist auf dem Kompaktum {(x, p) | x ∈ Ω, |u(x) − p| ≤ ε/2}, ist L − Kh (s, x) ≥ 0 f¨ ur alle 0 ≤ s ≤ 1 und x ∈ Ω, falls δ klein genug gew¨ahlt ist. Es folgt die Behauptung. n = 1: Geht absolut analog. Folgerung 8.5 Es sei u ∈ C 1 (Ω, RN ) und die Voraussetzungen wie in Satz 8.4. Dann gilt: u ist schwache F-Extremale ⇐⇒ u hat die schwache Minimaleigenschaft bzgl. F. Beispiel 8.6 Die Aussage von Satz 8.4 stimmt im allgemeinen nicht, falls f von y abh¨angt, wie etwa bei Z 2π
F(u) =
u0 (x)2 − u(x)2 dx.
0
Dann ist f (y, p) = − also fpp (u(x), u0 (x)) = 2 > 0, d.h. die strikte Legedre-Hadamard-Bedingung gilt. Andererseits ist δ 2 F(u, h) = 2F(h) f¨ ur alle u und somit δ 2 F(u, h) < 0 f¨ ur zum Beispiel h(x) = sin x. p2
9
y2,
Schwache Minimalstellen und die Jacobi-Bedingung
In diesem Abschnitt betrachten wir Variationsintegrale der Form Z F(v) =
b
f (x, v(x), v 0 (x)) dx,
v ∈ C 1 ([a, b], RN ).
a
Annahme 9.1 Annahme 4.1 sei erf¨ ullt von f und zu u ∈ C 1 ([a, b], RN ) gebe es ein ε > 0 mit {(x, y, p) | x ∈ [a, b], |y − u(x)| + |p − u0 (x)| < ε} ⊂ Df . Unter dieser Annahme, die ab jetzt gelte, kann man das Variationsintegral F mit LagrangeFunktion f betrachten auf der Menge {v ∈ C 1 ([a, b], RN ) | ku − vk∞ + ku0 − v 0 k∞ < ε}. 28
Definition 9.2 Es gelte Annahme 9.1. u heißt schwach F-minimal, falls es ein δ > 0 gibt mit F(u) ≤ F(u + h) ∀ h ∈ C01 ([a, b], RN ) mit khk∞ < +kh0 k∞ < δ, wobei C01 ([a, b], RN ) := {h ∈ C01 ([a, b], RN ) | h(a) = h(b) = 0}. Lemma 9.3 Ist u schwach F-minimal, so gelten: (V1)
δF(u, h) = 0 f¨ ur alle h ∈ C01 ([a, b], RN )
(V2)
δF 2 (u, h) ≥ 0 f¨ ur alle h ∈ C01 ([a, b], RN )
(LH)
(∇2p f )(x, u(x), u0 (x)) ist positiv semi-definit f¨ ur alle x ∈ [a, b].
Definition 9.4 Das akzessorische Integral F a zu F bzgl. u ist das Variationsintegral 4.3
h 7→ F a (h) := δ 2 F(u, h) =
Z
b
f a (x, h(x), h0 (x)) dx
a
mit der Lagrange-Funktion f a (x, y, p) = hAyy (x)y, yi + 2hAyp (x)p, yi + hApp (x)p, pi, wobei die N × N -Matrizen Ayy (x), Ayp (x) bzw. App (x) folgende Eintr¨ age haben: Ayi yk (x) = fyi yk (x, u(x), u0 (x)), Ayi pk (x) = fyi pk (x, u(x), u0 (x)), Api pk (x) = fpi pk (x, u(x), u0 (x)) mit Zeilenindex i und Spaltenindex k. angs u ist eine Funktion ϕ ∈ C 1 ([a, b], RN ) derart, daß Definition 9.5 Ein Jacobi-Feld l¨ ψ := Apy ϕ + App ϕ0 ∈ C 1 ([a, b], RN ) und ψ 0 − Ayy ϕ − Ayp ϕ0 ≡ 0 auf [a, b], wobei Apy := Atyp . Kurzfassung: ϕ erf¨ ullt die Euler-Gleichung von F a 0 = −Lf a (ϕ) =
33 ,
d.h.
d (Apy ϕ + App ϕ0 ) − Ayy ϕ − Ayp ϕ0 . dx
(9.1)
(9.1) heißt auch die Jacobi-Gleichung von F bzgl. u. Bemerkung 9.6 Ist App invertierbar, so ist Definition 9.5 ¨aquivalent zur Forderung, daß (ϕ, ψ) eine L¨osung des folgenden linearen Systems erster Ordnung ist: −1 ϕ0 = A−1 pp ψ − App Apy ϕ,
−1 ψ 0 = (Ayy − Ayp A−1 pp Apy )ϕ + Ayp App ψ.
Insbesondere existiert dann ein Jacobi-Feld. 33
vgl. (5.1)
29
Definition 9.7 a) Ein Punkt e a ∈ ]a, b] heißt konjugiert zu a (bzgl. F und u), wenn es 1 ein Jacobi-Feld 0 6= ϕ ∈ C ([a, b], RN ) l¨ angs u gibt mit ϕ(a) = ϕ(e a) = 0. b) Die Jabobi-Bedingung an u bzw. F a lautet (J)
Es gibt keinen zu a konjugierten Punkt in ]a, b[.
Die strikte Jabobi-Bedingung an u bzw. F a lautet (sJ)
Es gibt keinen zu a konjugierten Punkt in ]a, b].
Satz 9.8 u erf¨ ulle die strikte Legendre-Hadamard-Bedingung (sLH)
App (x) = (∇2p f )(x, u(x), u0 (x)) ist positiv definit f¨ ur alle x ∈ [a, b].
Dann gelten: a) Ist F a (h) ≥ 0 f¨ ur alle h ∈ C01 ([a, b], RN ), so gilt (J). b) Ist F a (h) > 0 f¨ ur alle 0 6= h ∈ C01 ([a, b], RN ), so gilt (sJ)34 . Beweis:
Es gebe ein Jacobi-Feld ϕ 6≡ 0 mit ϕ(e a) = 0 f¨ ur ein a < e a ≤ b. Dann ist ( ϕ(x) :a≤x≤e a h0 (x) := 0 :e a≤x≤b
st¨ uckweise C 1 auf [a, b]. F¨ ur a ≤ x ≤ e a gilt f a (x, h0 , h00 ) = hAyy ϕ, ϕi+2hAyp ϕ0 , ϕi+hApp ϕ0 , ϕ0 i = hAyy ϕ+Ayp ϕ0 , ϕi+hApy ϕ+App ϕ0 , ϕ0 i. Mit partieller Integration folgt Z ea x=ea Z ea 0 0 0 d (Apy ϕ + App ϕ0 ), ϕi dx. − h dx hApy ϕ + App ϕ , ϕ i dx = hApy ϕ + App ϕ , ϕi x=a a a | {z } =0, da ϕ(a) = ϕ(e a) = 0.
Es folgt a
Z
F (h0 ) = a
e a
0
hAyy ϕ + Ayp ϕ −
d dx (Apy ϕ
0
Z
+ App ϕ ), ϕi dx =
e a
hLf a (ϕ), ϕi dx = 0.
a
a) Wir nehmen an, daß oben a < e a < b ist. Angenommen 0 = F a (h0 ) ≤ F a (h0 + g)
∞ ∀ g ∈ Ccomp (]a, b[, RN ).
Nach Satz 7.6 erf¨ ullt h0 die (erste) Erdmannsche Eckenbedingung, d.h. (∇p f a )(x, h(x), h0 (x)) = Apy (x)h(x) + App (x)h0 (x) 34
Der Beweis zeigt: Ohne Annahme von (sLH) folgt aus F a (h) > 0 f¨ ur alle 0 6= h ∈ C01 ([a, b], RN ), daß b nicht konjugiert zu a ist.
30
0 0 a) = 0. Mit der Notation ist stetig auf [a, b]35 . Da A−1 pp stetig ist dann h0 stetig und somit ϕ (e aus Definition 9.5 ist daher ψ(e a) = ϕ(e a) = 0 und mit Bemerkung 9.6 folgt ϕ ≡ ψ ≡ 0, was der Annahme ϕ 6≡ 0 widerspricht. Also gibt es ein auf [a, b] st¨ uckweise stetig differenzierbares e h mit e h(a) = e h(b) = 0 und a 36 F (e h) < 0. Durch Abrunden der Ecken“ von e h findet man ein h ∈ C01 ([a, b], RN ) mit ” F a (h) < 0. Dies steht im Widerspruch zur Annahme.
b) W¨ are b konjugiert zu a, so k¨onnen wir oben e a = b w¨ahlen. Dann ist h0 = ϕ ∈ 1 N a C0 ([a, b], R ) \ {0} und F (h0 ) = 0. Widerspruch. Folgerung 9.9 Ist u schwach F-minimal und gilt (sLH)37 , so gilt (J). Beispiel 9.10 Das akzessorische Integral f¨ ur das Funktional 1 F(u) = 2
Z
b
u0 (x)2 − u(x)2 dx
(N = 1)
0
ist unabh¨angig von u, n¨amlich F a (h) = δ 2 F(u, h) =
b
Z
h0 (x)2 − h(x)2 dx = 2F(h).
0
Also ist Ayy = −1, Ayp = Apy = 0 und App = 1 > 0. Insbesondere ist (sLH) erf¨ ullt und die Jacobi-Gleichung ist 0 = −Lf a (ϕ) =
0 d dx (ϕ )
+ ϕ = ϕ00 + ϕ.
Diese hat als allgemeine L¨osung ϕ(x) = α sin x + β cos x,
α, β ∈ R.
Die L¨osungen ϕ 6≡ 0 mit ϕ(0) = 0 sind also gerade ϕ(x) = α sin x,
0 6= α ∈ R.
Der kleinste zu a = 0 konjugierte Punkt ist also e a = π. b > [=]π: Dann ist (J) [(sJ)]nicht erf¨ ullt und es muß ein h ∈ C01 ([0, b]) mit F a (h) < [≤]0 πx geben. F¨ ur h(x) := sin b ist Z π π b b π π a F (h) = cos2 x − sin2 x dx = − . π b π 2 0 b 0 < b < π: F¨ ur gen¨ ugend kleines β > 0 ist ϕ(x) := sin x + β cos x 6= 0 35
∀ 0 ≤ x ≤ b.
Beachte, daß die erste Erdmannsche Eckenbedingung schon aus der Du Bois-Reymondschen Gleichung folgt. F¨ ur diese muß die Lagrange-Funktion nicht bzgl. x differenzierbar sein, sondern nur stetig! 36 siehe Handout 37 insbesondere ist dann u ∈ C 2 (]a, b[, RN ) nach Satz 6.4
31
Dann l¨ost r := folgt
ϕ0 ϕ
die Riccati-Gleichung r0 + 1 + r2 = 0 auf [0, b] und f¨ ur jedes h ∈ C01 ([0, b])
h02 − h2 − (rh0 )2 = h02 − h2 − r0 h2 − 2rhh0 = h02 + r2 h2 − 2rhh0 = (h0 − rh)2 und somit a
Z
b
02
Z
2 0
2
b
h − h − (rh ) dx =
F (h) =
(h0 − rh)2 dx ≥ 0.
0
0
Bedingung (V2) (welche notwendig ist f¨ ur die schwache Minimalit¨at einer schwachen FExtremalen u) ist also erf¨ ullt. Lemma 9.11 Es gebe ein S ∈ C 1 ([a, b] × RN ) und ein δ > 0 derart, daß f (x, u(x),u0 (x)) − Sx (x, u(x)) − (∇y S)(x, u(x))u0 (x)
(9.2)
≤ f (x, y, p) − Sx (x, y) − (∇y S)(x, y)p f¨ ur alle (x, y, p) ∈ [a, b] × RN × RN mit |y − u(x)| + |p − u0 (x)| < δ. Dann ist F(u) ≤ F(u + h)
∀ 0 6= h ∈ C01 ([a, b], RN ) mit khk∞ + kh0 k∞ < δ.
Es gilt sogar <“, falls in (9.2) <“ gilt wann immer y 6= u(x). ” ” Beweis:
Setze v := u + h. Aus (9.2) folgt
d d S(x, u(x)) ≤ f (x, v(x), v 0 (x)) − S(x, v(x)) ∀ x ∈ [a, b], dx dx falls khk∞ +kh0 k∞ < δ. Unter der Zusatzannahme gilt <“ auf einem offenen Teilintervall, ” falls h 6= 0. Integration liefert Z b x=b Z b x=b 0 f (x, u(x), u (x)) dx − S(x, u(x)) ≤ f (x, v(x), v 0 (x)) dx − S(x, v(x)) f (x, u(x), u0 (x)) −
x=a
a
x=a
a
(mit <“ bei der Zusatzannahme und h 6= 0). Aus u(a) = v(a) und u(b) = v(b) folgt die ” Behjauptung. Satz 9.12 Erf¨ ullt u die Bedingungen (V1), (sLH) und (sJ), so gibt es ein S ∈ C 1 ([a, b]× N R ), welches den Vorrausetzungen von Lemma 9.11 gen¨ ugt. Dabei gilt in (9.2) ‘<’, falls y 6= u(x) ist. Der Beweis dieses Satzes ben¨otigt etwas Vorbereitung. Lemma 9.13 u erf¨ ulle (sLH) und (sJ). Definiere A, B, C ∈ C([a, b], RN ×N ) durch A = −A−1 pp Apy ,
B = A−1 pp ,
C = Ayy − Ayp A−1 pp Apy .
Ist 0 ≤ α gen¨ ugend klein, so gibt es Φ, Ψ ∈ C 1 ([a, b], RN ×N ) derart, daß Φ0 = AΦ + BΨ,
Ψ0 = (C + αI)Φ − At Ψ
auf [a, b],38
sowie 38
F¨ ur α = 0 ist dies das zur Jacobi-Gleichung geh¨ orige Matrixsystem, vgl. Bemerkung 9.6.
32
(9.3)
a) det Φ(x) 6= 0 f¨ ur alle x ∈ [a, b], b) Φt (x)Ψ(x) = Ψt (x)Φ(x) f¨ ur alle x ∈ [a, b]. Beweis:
Seien (Φ0 , Ψ0 ) und (Φ1 , Ψ1 ) L¨osungen der DGL mit den Anfangswerten (Φ0 (a), Ψ0 (a)) = (0, B(a)−1 ),
(Φ1 (a), Ψ1 (a)) = (I, 0).
(9.4)
Mit einem zu w¨ahlendem β > 0 definiere dann Φ = Φ0 + βΦ1 ,
Ψ = Ψ0 + βΨ1 .
Dann l¨ost (Φ, Ψ) die DGL mit Anfangswert (Φ(a), Ψ(a)) = (βI, B(a)−1 ) d und es folgt dx Φt (x)Ψ(x) − Ψt (x)Φ(x) = 0 f¨ ur alle x ∈ [a, b]. Wegen B = B t ist t t Φ (a)Ψ(a) − Ψ (a)Φ(a) = 0. Es folgt b). Fall α = 0: Es ist det Φ0 (x) 6= 0 f¨ ur alle a < x ≤ b. Andernfalls g¨abe es ein e a ∈ ]a, b] und 0 6= ξ ∈ RN mit Φ0 (e a)ξ = 0. Dann w¨are ϕ(x) := 39 Φ0 (x)ξ 6≡ 0 ein nichttriviales Jacobi-Feld entlang u mit ϕ(a) = ϕ(e a) = 0. Somit w¨are e a ein zu a konjugierter Punkt. Dies steht im Widerspruch zur Annahme von (sJ). Aus Φ0 (a) = 0 und Φ00 (a) = Φ1 (a) = I folgt Φ0 (x) = (x − a)(I + ρ0 (x)),
Φ1 (x) = I + (x − a)ρ1 (x)
mit ρj ∈ C([a, b], RN ×N ), wobei lim ρ0 (x) = 0. Somit x→a
x−a Φ(x) = (x − a + β) I + (ρ0 (x) + βρ1 (x)) . {z } | x−a+β >0 f¨ ur β > 0
W¨ahle nun a < c < b mit kρ(x)k ≤ 31 auf [a, c]. W¨ahle dann β0 > 0 mit
x−a
1
(ρ0 (x) + βρ1 (x)) ≤ kρ0 (x) + βρ1 (x)k ≤ ∀ a ≤ x ≤ c ∀ 0 < β ≤ β0 .
x−a+β 2 Also det Φ(x) 6= 0
∀ a ≤ x ≤ c ∀ 0 < β ≤ β0 .
F¨ ur hinreichend klein gew¨ahltes β ist aber Φ(x) = Φ−1 (x)Φ (x)) 0 (x)(I + βΦ | 0 {z 1 } k···k≤1/2
auch invertierbar auf [c, b]. Also gilt a). Fall α > 0: Sei β wie eben. Das AWP (9.3), (9.4) h¨angt stetig vom Parameter α ≥ 0. Also h¨angt (Φ, Ψ) = (Φ, Ψ)α stetig (bzgl. der sup-norm) von α ab. Also bleibt Φα punktweise invertierbar f¨ ur hinreichend kleine α > 0. W¨ are ϕ ≡ 0, so folgt aus Φ00 = AΦ0 + BΨ0 und der Invertierbarkeit von B, daß Ψ0 ξ ≡ 0 auf [a, b]. Dies steht im Widerspruch zu Ψ0 (a) = B(a)−1 . 39
33
Folgerung 9.14 u erf¨ ulle (sLH) und (sJ). Seien A, B, C wie in Lemma 9.13. Dann gibt es ein α > 0 und eine punktweise symmetrische L¨ osung R ∈ C 1 ([a, b], RN ×N ) der Matrix-Riccati-Gleichung R0 + RA + At R + RBR − C = −αI
auf [a, b].
Beweis: Seien (Φ, Ψ) wie in Lemma 9.13 zu einem festen α > 0. Setze R(x) := Ψ(x)Φ(x)−1 . Aus der DGL (9.3) folgt (C + αI)Φ − At Ψ = Ψ0 = (RΦ)0 = R0 Φ + R(AΦ + BΨ)
auf [a, b].
Rechtsmultiplikation mit Φ−1 und Umsortieren der Terme ergibt die Behauptung. Beweis von Satz 9.12: Mit α > 0 und R wie in Folgerung 9.14 setze π(x) = (∇p f )(x, u(x), u0 (x)),
S(x, y) = hπ(x), yi + 21 y − u(x), R(x)(y − u(x)) . Aus (V1) und Satz 5.12 folgt π ∈ C 1 ([a, b], RN ) mit π 0 (x) = (∇y f )(x, u(x), u0 (x)). Insbesondere ist S ∈ C 1 ([a, b] × RN ). Nach Annahme 9.1 gibt es ein δ0 > 0, so daß g(x, y, p) =f (x, y, p) − Sx (x, y) − hSy (x, y), pi
=f (x, y, p) − π 0 (x), y + u0 (x), R(x)(y − u(x))
− 21 y − u(x), R0 (x)(y − u(x)) − π(x) + R(x)(y − u(x)), p f¨ ur alle (x, y, p) mit x ∈ [a, b] und |y − u(x)| + |p − u0 (x)| ≤ δ0 definiert ist. Wir m¨ ussen zeigen, daß es ein 0 < δ < δ0 gibt mit g(x, u(x), u0 (x)) ≤ g(x, y, p)
∀ (x, y, p) mit |y − u(x)| + |p − u0 (x)| < δ
(9.5)
und strikter Ungleichung, falls y 6= u(x). Nach Taylorformel40 ist g(x, y, p) =g(x, u(x), u0 (x)) + (∇(y,p) g)(x, u(x), u0 (x))h(x, y, p)+ Z 1
+ (1 − t) (∇2(y,p) g)(x, (1 − t)u(x) + ty, (1 − t)u0 (x) + tp)h(x, y, p), h(x, y, p) dt, 0
wobei h(x, y, p) = (y − u(x), p − u0 (x)). Man rechnet leicht nach, daß ∇(y,p) g = ∇y f − π 0 − R(p − u0 ) − R0 (y − u), ∇p f − π − R(y − u) . Also ist (∇(y,p) g)(x, u(x), u0 (x)) ≡ 0 auf [a, b]. Mit F∗∗ (x) := (∇2(∗,∗) f )(x, u(x), u0 (x)), 40
G∗∗ (x) := (∇2(∗,∗) g)(x, u(x), u0 (x))
Beachte, daß g bzgl. (y, p) zweimal stetig differenzierbar ist.
34
ist außerdem (∇2(y,p) g)(x, u(x), u0 (x))
=
Gyy Gyp Fyy − R0 Fyp − R (x) = (x). Gpy Gpp Fpy − R B −1
Nach Folgerung 9.14 ist −αI = R0 + RA + At R + RBR − C = R0 − RBFpy − Fyp BR + RBR − Fyy + Fyp BFpy = R0 − Fyy + (Fyp − R)B(Fpy − R), und daher Gyy = Gyp BGpy + αI
auf [a, b].
F¨ ur beliebige (ξ, η) ∈ R2N gilt also E D G ξ ξ yy Gyp , = hGyy ξ, ξi + hGyp η, ξi + hGpy ξ, ηi + hB −1 η, ηi Gpy Gpp η η = hGyp BGpy ξ, ξi + α|ξ|2 + hGyp η, ξi + hGpy ξ, ηi + hB −1 η, ηi = hB(Gyp ξ + B −1 η), Gyp ξ + B −1 ηi + α|ξ|2 ≥ β|Gyp ξ + B −1 η|2 + α|ξ|2 , f¨ ur ein β > 041 . Also ist
2 (∇(y,p) g)(x, u(x), u0 (x))h, h > 0
∀ x ∈ [a, b] ∀ 0 6= h ∈ R2N .
Wegen Stetigkeit gibt es ein δ > 0 mit
2 (∇(y,p) g)(x, y, p)h, h > 0 ∀ (x, y, p) mit |y − u(x)| + |p − u0 (x)| < δ
∀ 0 6= h ∈ R2N .
Also gilt (9.5) und Satz 9.12 ist bewiesen! Folgerung 9.15 u erf¨ ulle (sLH) und es sei F a (h) = δ 2 F(u, h). Dann: a) u erf¨ ullt (J) ⇐⇒ F a (h) ≥ 0 f¨ ur alle h ∈ C01 ([a, b], RN ). b) u erf¨ ullt (sJ) ⇐⇒ F a (h) > 0 f¨ ur alle 0 6= h ∈ C01 ([a, b], RN ). Die Richtungen ⇐“ haben wir schon in Satz 9.8 gezeigt. ” b) Man rechnet leicht nach, daß δ 2 F a (0, g) = 2F a (g) f¨ ur alle g ∈ C01 ([a, b], RN )42 . Die a Jacobi-Gleichung von F bzgl. h = 0 ist also die Euler-Gleichung von F a bzgl. u, also die Jacobi-Gleichung von F bzgl. u. Also gelten (sLH) und (sJ) f¨ ur das Funktional F a . Wegen F a (tg) = t2 F a (g) ∀t∈R (9.6) Beweis:
gilt auch δF ( 0, g) = 0, d.h. (V1). Nach Satz 9.11 gibt es ein δ > 0 mit 0 = F a (0) < F a (g) 41 42
∀ 0 6= g ∈ C01 ([a, b], RN ) mit kgk∞ + kg 0 k < δ.
Beachte, daß B positiv definit auf [a, b] ist. Das akzessorische Integral zu F a bzgl. h = 0 ist also zweimal das akzessorische Integral von F bzgl. u.
35
Wegen (9.6) (mit t → 0) gilt dies dann aber auch f¨ ur alle 0 6= g ∈ C01 ([a, b], RN ). a) Sei 0 < ε < b − a gegeben. Setze Z b−ε Fε (v) = f (x, v, v 0 ) dx,
uε = u|[a,b−ε] .
a
Dann erf¨ ullen Fε und uε die Voraussetzungen von b). Es folgt Z b−ε f a (x, g, g 0 ) dx ≥ 0 ∀ g ∈ C01 ([a, b − ε], RN ), a
wobei f a die Lagrange-Funktion von F a (bzgl. u) ist. Zu gegebenem h ∈ C01 ([a, b], RN ) b−a definiere gε (x) := h(a + b−ε−a (x − a)) ∈ C01 ([a, b − ε], RN ). Dann ist Z 0≤ a
b−ε
f a x, h(a +
b−a b−ε−a (x
b−a − a)), b−ε−a h0 (a +
b−a b−ε−a (x
ε→0
− a))) dx −−−→ F a (h).
Bemerkung 9.16 Wir haben in Abschnitt 9 unter der Annahme 9.1 unter anderem folgende Aussagen gezeigt: • u schwach F-minimal =⇒ (V1), (V2) und (LH) • u schwach F-minimal und (sLH) =⇒ (J) • u schwach F-minimal, (sLH) und (V2) im strikten Sinne =⇒ (sJ) • u erf¨ ullt (V1), (sLH) und (sJ) =⇒ u schwach F-minimal im strikten Sinne
10
Starke Minimalstellen und die Weierstraß-Bedingung
In diesem Abschnitt betrachten wir wieder Variationsintegrale der Form Z b F(v) = f (x, v(x), v 0 (x)) dx, v ∈ C 1 ([a, b], RN ). a
Annahme 10.1 f erf¨ ulle Annahme 4.1 und habe einen Definitionsbereich der Form Df = N G × R mit offenem G ⊂ R × RN . Es sei u ∈ C 1 ([a, b], RN ) und gebe es ein ε > 0 mit {(x, y, p) | x ∈ [a, b], |y − u(x)| < ε, p ∈ RN } ⊂ Df . Unter dieser Annahme, die ab jetzt gelte, kann man das Variationsintegral F mit LagrangeFunktion f betrachten auf der Menge {v ∈ C 1 ([a, b], RN ) | ku − vk∞ < ε}. Definition 10.2 Es gelte Annahme 10.1. u heißt stark F-minimal, falls es ein δ > 0 gibt mit F(u) ≤ F(u + h) ∀ h ∈ C01 ([a, b], RN ) mit khk∞ < δ. 36
Definition 10.3 Die Funktion E : Df × RN → R mit E(x, y, p, q) := f (x, y, q) − f (x, y, p) − (∇p f )(x, y, p)(q − p) ullt u die Weierstraß-Bedingung, falls heißt Weierstraßsche Exzessfunktion.43 Dann erf¨ (W)
E(x, u(x), u0 (x), q) ≥ 0 f¨ ur alle x ∈ [a, b] und alle q ∈ RN ,
und die strikte Weierstraß-Bedingung, falls es ein δ > 0 gibt mit (sW)
E(x, y, p, q) ≥ 0 f¨ ur alle q ∈ RN und alle (x, y, p) mit x ∈ [a, b] und |y − u(x)| + |p − u0 (x)| < δ.
Beispiel 10.4 Explizit ist die Exzeßfunktion gegeben durch Z 1
E(x, y, p, q) = (∇p f )(x, y, p + t(q − p)) − (∇p f )(x, y, p), q − p dt 0 Z 1 Z 1
2 = t (∇p f )(x, y, p + st(q − p))(q − p), q − p dsdt. 0
0
Also sind (W) bzw. (sW) erf¨ ullt, falls (∇2p f )(x, u(x), p) positiv semi-definit ist f¨ ur alle x ∈ [a, b] und p ∈ RN , beziehungsweise, wenn es ein δ > 0 gibt mit ur alle x ∈ [a, b], |y − u(x)| < δ und p ∈ RN . (∇2p f )(x, y, p) ist positiv semi-definit f¨ Interessant sind folgende Spezialf¨alle: a) Mit α, β, γ ∈ C([a, b], RN ×N ) sei f (x, y, p) = hα(x)y, yi + 2hβ(x)y, pi + hγ(x)p, pi. Hier erh¨alt man E(x, y, p, q) =
1 2
(∇2p f )(x, y, p)(q − p), q − p = 21 (γ(x) + γ(x)t )(q − p), q − p .
Also sind (W) bzw. (sW) ¨aquivalent zur punktweisen Semi-Definitheit von γ + γ t auf [a, b]. p b) Ist N = 1 und f (x, y, p) = ω(x, y) 1 + p2 mit ω > 0, so ist (sW) erf¨ ullt, da (∇2p f )(x, y, p) = ω(x, y)(1 + p2 )−3/2 > 0. Satz 10.5 Es gelte Annahme 10.1 und u erf¨ ulle die Bedingungen (V1), (sLH), (sJ) und (sW). Dann gibt es ein γ > 0 mit F(u) < F(u + h)
∀ 0 6= h ∈ C01 ([a, b], RN ) mit khk∞ < γ.
Also ist u stark F-minimal im strikten Sinne. 43
E ist der Fehlerterm in der Taylorentwicklung erster Ordnung von f bzgl. p.
37
Beweis: Es sei δ > 0 so gew¨ahlt, daß (sW) und die Aussage von Satz 9.12 gilt. Dort verwendeten wir S ∈ C 1 ([a, b] × RN ) mit Sy (x, y) = (∇p f )(x, u(x), u0 (x)) + R(x)(y − u(x)). Insbesondere gilt (∇p f )(x, u(x), u0 (x)) = Sy (x, u(x))
∀ a ≤ x ≤ b.
Wegen (sLH) liefert der Satz u ¨ber implizite Funktionen44 die Existenz eine C 1 -Funktion η : {(x, y) | a ≤ x ≤ b, |y − u(x)| < δ} −→ RN mit ∀ a ≤ x ≤ b, |y − u(x)| < δ.
(∇p f )(x, y, η(x, y)) = Sy (x, y)
Nach eventueller Verkleinerung von δ kann man oBdA annehmen, daß δ ≤ γ und |y − u(x)| + |η(x, y) − u0 (x)| < γ f¨ ur alle (x, y) mit a ≤ x ≤ b und |y − u(x)| < δ. F¨ ur solche N (x, y) und alle q ∈ R gilt dann 9.11
f (x, u, u0 ) − Sx (x, u) − h∇y S(x, u), u0 i ≤ f (x, y, η) − Sx (x, y) − h∇y S(x, y), ηi = f (x, y, η) − Sx (x, y) − h(∇p f )(x, y, η), ηi (sW)
≤ f (x, y, q) − Sx (x, y) − h(∇p f )(x, y, η), qi = f (x, y, q) − Sx (x, y) − h∇y S(x, y), qi. In der ersten Zeile gilt ‘<’, falls y 6= u(x). Nun ergibt sich die Behauptung durch Integration wie in Lemma 9.11. Satz 10.6 Es gelte Annahme 10.1 und u sei stark F-minimal. Dann gen¨ ugt u der Bedingungen (W). Beweis:
Mit ξ ∈ ]a, b[, q ∈ RN und 0 ≤ θ < ξ − a setze :a≤x≤ξ−θ u(x) + (x − a)yθ uθ (x) = uθ,ξ,q (x) = u(ξ) + (x − ξ)q :ξ−θ ≤x≤ξ , u(x) :ξ≤x≤b
wobei yθ so gew¨ahlt ist, daß uθ stetig und st¨ uckweise C 1 ist, also yθ =
1 u(ξ) − u(ξ − θ) − θq . ξ−θ−a θ→0
Es ist uθ (a) = u(a), uθ (b) = b und uθ −−−→ u gleichm¨aßig auf [a, b]. F¨ ur ∆(θ) := F(uθ ) − F(u) 44
bzw. eine parameter-abh¨ angige Version, angewendet auf die Funktion F (x; y, p) := (∇p f )(x, u(x) − y, u0 (x) − p) − Sy (x, u(x) − y), die auf [a, b] × Uγ (0) × RN definiert und C 1 ist, da u ∈ C 2 nach Satz 6.4. (x; 0, 0) ist invertierbar f¨ ur jedes x. Dann ist F (x, 0, 0) = 0 und ∂F ∂p
38
ist ∆(0) = 0 und, wie wir gleich zeigen werden, d ∆ (0) = F(uθ ) = E(ξ, u(ξ), u0 (ξ), q).45 dθ θ=0 0
(10.1)
Angenommen, die rechte Seite w¨are negativ. Dann w¨are F(uθ ) < F(u) f¨ ur kleine θ > 0. 46 1 N Durch Abrunden von Ecken f¨ ande man ein v ∈ C ([a, b], R ) mit F(v) < F(u) und v(a) = u(a), v(b) = u(b). Dies widerspricht der Minimalit¨at von u. Zum Beweis von (10.1) schreibe Z ∆(θ) =
ξ−θ
f (x, u(x) + (x − a)yθ , u0 (x) + yθ ) dx+ a Z ξ Z ξ f (x, u(x), u0 (x)) dx. f (x, u(ξ) + (x − ξ)q, q) dx + + a
ξ−θ
Dann ist ∆0 (θ) = − f ξ − θ, u(ξ − θ) + (ξ − θ − a)yθ , u0 (ξ − θ) + yθ + f (ξ − θ, u(ξ) − θq, q) Z ξ−θ
θ + (∇y f )(x, u(x) + (x − a)yθ , u0 (x) + yθ ), (x − a) dy dθ dx+ a Z ξ−θ
θ + (∇p f )(x, u(x) + (x − a)yθ , u0 (x) + yθ ), dy dθ dx. a
Aus y0 = 0 und
d dθ θ=0 yθ
=
1 ξ−a
u0 (ξ) − q folgt
∆0 (0) = − f (ξ, u(ξ), u0 (ξ)) + f (ξ, u(ξ), q)+ DZ ξ u0 (ξ) − q E + . (∇y f )(x, u, u0 )(x − a) + (∇p f )(x, u, u0 ) dx, ξ−a a Nach Satz 5.12 ist (∇p f )(x, u(x), u0 (x)) = (∇p f )(ξ, u(ξ), u0 (ξ)) +
Z
x
(∇y f )(t, u(t), u0 (t)) dt
ξ
und daher nach partieller Integration ξ
Z
(x − a)(∇y f )(x, u, u0 ) dx = (x − a)
a
Z ξ
x
x=ξ Z (∇y f )(t, u, u0 ) dt − x=a
= (ξ − a)(∇p f )(ξ, u(ξ), u0 (ξ)) −
Z a
Einsetzen liefert dann (10.1). 45 46
Die Exzeßfunktion entsteht also als spezielle Variation von F (u). siehe Handout
39
a
ξ
ξ
Z
x
(∇y f )(t, u, u0 ) dtdx
ξ
(∇p f )(x, u, u0 ) dx.
11
Natu ¨ rliche Randbedingungen
Bis jetzt haben wir immer nur Variationen F(u + h) betrachtet mit Funktionen h, die auf dem Rand ∂Ω von Ω verschwinden. Wir untersuchen nun, was passiert, wenn wir allgemeinere h zulassen. Annahme 11.1 Annahme 4.1 sei erf¨ ullt von f und zu u ∈ C 1 (Ω, RN ) gebe es ein ε > 0 mit {(x, y, p) ∈ Ω × RN × RN ×n | |y − u(x)| + |p − Du(x)| < ε} ⊂ Df . Unter dieser Annahme kann man das Variationsintegral F mit Lagrange-Funktion f betrachten auf der Menge {v ∈ C 1 (Ω, RN ) | ku − vk∞ + kDu − Dvk∞ < ε}. Annahme 11.2 Es sei ∂Ω eine C 1 -Hyperfl¨ ache im Rn und ν : ∂Ω → Rn bezeichne die außere Normale an ∂Ω. Weiterhin sei R ⊂ ∂Ω abgeschlossen und ¨ 1 1 CR (Ω, RN ) = {h ∈ CR (Ω, RN ) | h|R = 0}.
Bemerkung 11.3 Gibt es ein δ > 0 mit F(u) ≤ [≥]F(u + h)
1 ∀ h ∈ CR (Ω, RN ) mit khk∞ + kDhk∞ < δ,
so ist δF(u, h) = 0
1 ∀ h ∈ CR (Ω, RN ).
ur Satz 11.4 Setze ∇pi f = (fpi , . . . , fpin ). Ist x 7→ (∇pi f )(x, u(x), Du(x)) ∈ C 1 (Ω, Rn )47 f¨ 1 alle 1 ≤ i ≤ N , so sind ¨ aquivalent: 1 (Ω, RN ). a) δF(u, h) = 0 f¨ ur alle h ∈ CR
b) u erf¨ ullt die Euler-Gleichung fyi (x, u(x), Du(x)) −
n P ∂ fpiν (x, u(x), Du(x)) = 0 ν=1 ∂xν
∀x∈Ω
∀ 1 ≤ i ≤ N,
sowie die nat¨ urlichen Randbedingungen
(∇pi f )(x, u(x), Du(x)), ν(x) = 0
Beweis: Nach Satz 4.3 ist a) ¨aquivalent zu Z n n P ∂ϕ o fyi (x, u, Du)ϕ + fpiν (x, u, Du) dx = 0 ∂xν ν=1 Ω 47
F¨ ur n = 1 folgt dies bereits aus a) nach Satz 5.13
40
∀ x ∈ ∂Ω \ R.
1 ∀ ϕ ∈ CR (Ω)
∀ 1 ≤ i ≤ N.
Der Integrand l¨aßt sich schreiben als o n n P ∂ fpiν (x, u, Du) ϕ + div(ϕ(∇pi f )(x, u, Du)). fyi (x, u, Du) − ν=1 ∂xν Mit dem Divergenzsatz folgt, daß a) ¨aquivalent ist zu Z n Z o n
P ∂ fyi (x, u, Du) − (∇pi f )(x, u, Du), ν ϕ dσ(x) = 0 fpiν (x, u, Du) ϕ dx + ν=1 ∂xν Ω ∂Ω 1 (Ω) und 1 ≤ i ≤ N . Dies liefert sofort b) ⇒ a). Gilt a) und w¨ f¨ ur alle ϕ ∈ CR ahlt man ∞ speziell ϕ ∈ Ccomp (Ω), so verschwindet das zweite Integral und aus Satz 5.3 folgt, daß u die Euler-Gleichungen erf¨ ullt. Es folgt f¨ ur 1 ≤ i ≤ N , daß Z
1 (∇pi f )(x, u, Du), ν ϕ dσ(x) = 0 ∀ ϕ ∈ CR (Ω). ∂Ω\R
Eine Variante von Satz 5.3 liefert (∇pi f )(x, u, Du), ν = 0 auf ∂Ω \ R. Beispiel 11.5 Es sei F von der Form Z F(u) = g(x, u(x), |Du(x)|2 ) dx,
|(aij )|2 =
P
a2ij ,
i,j
Ω
wobei gq (x, y, q) 6= 0 wann immer q ≥ 0. Die Lagrangre-Funktion von F ist f (x, y, p) = g(x, y, |p|2 ) und die zugeh¨origen nat¨ urlichen Randbedingungen sind somit
2gq (x, u(x), |Du(x)|2 ) ∇ui (x), ν(x) = 0 auf ∂Ω \ R. Man erh¨alt also die sogenannten Neumannschen Randbedingungen ∂ui (x) = h∇ui (x), ν(x)i = 0 ∂ν
12
auf ∂Ω \ R
(i = 1, . . . , N ).
Variationsaufgaben mit Nebenbedingungen
Satz 12.1 (Isoperimetrische Probleme) Es seien Variationsintegrale F, F 1 , . . . , F m mit zugeh¨ origen Lagrange-Funktionen f, f 1 , . . . , f m gegeben. Es sei u ∈ C 1 (Ω, RN ) und (f, u) sowie alle (f j , u) erf¨ ullen die Annahme 11.148 . Es sei α ∈ Rm fest und u ∈ M := {v ∈ C 1 (Ω, RN ) | F 1 (v) = α1 , . . . , F m (v) = αm }. Schließlich sei noch V ein Vektorraum mit ∞ (Ω, RN ) ⊂ V ⊂ C 1 (Ω, RN ). Ccomp
Gibt es ein δ > 0 mit F(u) ≤ F(u + h)
∀ h ∈ V mit u + h ∈ M und khk∞ + kDhk∞ < δ, 49
48
Insbesondere lassen sich F und alle F j auf einer Menge {v ∈ C 1 (Ω, RN ) | ku−vk∞ +kDu−Dvk∞ < ε} mit ε > 0 betrachten.
41
und sind δF 1 (u, ·), . . . , δF m (u, ·) linear unabh¨ angig als Elemente von V ∗ := {l : V −→ R | l linear}, so gibt es genau ein λ = (λ1 , . . . , λm ) ∈ Rm , so daß δF λ (u, h) = 0
∀ h ∈ V,
F λ := F −
m P
λj F j .
(12.1)
j=1
Man nennt λ1 , . . . , λm Lagrange-Multiplikatoren. Ist zus¨ atzlich u ∈ C 2 (Ω, RN ), so ist (12.1) aquivalent zu ¨ Lf (u) = λ1 Lf 1 (u) + . . . + λm Lf m (u). Beweis:
Wegen der linearen Unabh¨angigkeit gibt es h¨ochstens ein solches λ.
1. Schritt: Es gibt einen m-dimensionalen Unterraum W von V mit m
V = W ⊕ ∩ Kern δF j (u, ·). j=1
Dies zeigen wir per Induktion. m = 1 ist ok, da V/Kern δF 1 (u, ·) ∼ = Bild δF 1 (u, ·) = R. Sei die Behauptung gezeigt f¨ ur m − 1, d.h. m−1
f ⊕ ∩ Kern δF j (u, ·) := W f ⊕ V, e V=W j=1
f = m − 1. dim W
m−1 (u, ·)| f∗50 Somit l¨aßt sich δF m (u, ·)| f Die δF 1 (u, ·)|W f, . . . , δF f bildet eine Basis von W W W e so w¨are als Linearkombination dieser Funktionale schreiben. W¨are δF m (u, ·) = 0 auf V, δF m (u, ·) eine Linearkombination der δF 1 (u, ·), . . ., δF m−1 (u, ·) auf ganz V. Dies widerspricht der Annahme der linearen Unabh¨angigkeit. Also ist
e = Kern δF m (u, ·)| e ⊕ he V v i, V
e 0 6= ve ∈ V.
Nun ist aber m
e ∩ Kern δF m (u, ·) = ∩ Kern δF j (u, ·) Kern δF m (u, ·)|Ve = V j=1
f ⊕ he und somit folgt die Behauptung mit W = W v i. 2. Schritt: Es sei (w1 , . . . , wm ) eine Basis von W von oben. Dann ist det δF j (u, wk ) 1≤j,k≤m 6= 0. 49
(12.2)
d.h. u ist eine (schwache) lokale Minimalstelle von F auf {u}+V unter den Nebenbedingungen F j (u) = αj , j = 1, . . . , m. 50 f∗ = m − 1 und aus c1 δF 1 (u, ·) + . . . + cm−1 δF m−1 (u, ·) = 0 auf W f folgt c1 δF 1 (u, ·) + Es ist dim W m−1 . . . + cm−1 δF (u, ·) = 0 auf V, also c1 = . . . = cm−1 = 0.
42
Sei nun h ∈ V beliebig vorgegeben und F (τ ) = f (u + τ0 h + τ1 w1 + . . . τm wm ) g j (τ ) = f j (u + τ0 h + τ1 w1 + . . . τm wm ),
j = 1, . . . , m.
Dann sind F und g j in einer offenen Umgebung D ⊂ Rm+1 von 0 definiert und dort C 1 . Mit g = (g 1 , . . . , g m ) ist 0 eine lokale Extremalstelle von F auf e := {τ ∈ D | g(τ ) = α}. D Wegen
∂g j ∂τk (0)
= δF j (u, wk ), k ≥ 1, und (12.2) ist Rang Dg(0) = m. Dann ist auch
DF (0) Rang = m. Dg(0) Denn andernfalls liefert der Satz u ¨ber die inverse Funktion offene Umgebungen U ⊂ D von 0 und V ⊂ Rm+1 von (F (0), g(0)) = (F (0), α), sodaß (F, g) : U → V ein Diffeomorphismus ist. Insbesondere g¨abe es eine Nullfolge (xk )k≥K mit g(xk ) = α und e 3 xk → 0 und F (xk ) − F (0) wechselt das VorzeiF (xk ) = F (0) + (−1)k /2k. Somit D chen, was der Extremalit¨at widerspricht. Somit gibt es λ = λ(h) ∈ Rm mit m P ∂F ∂g j (0) − λj (0) = 0 ∂τk ∂τk j=1
∀ k = 0, . . . , m.
F¨ ur k = 0 erh¨alt man δF λ (u, h) = 0. Der Rest liefert m P
δF λ (u, wk ) =
λj δF j (u, wk )
∀ k = 0, . . . , m.
j=1
Wegen (12.2) bestimmt dies λ eindeutig und λ h¨angt nicht von h ab, d.h. δF λ (u, h) = 0 f¨ ur alle h ∈ V. Beispiel 12.2 (Das klassische isoperimetrische Problem) Sei U > 0 vorgegeben. Gesucht ist dasjenige Gebiet G ⊂ R2 mit C 1 -Rand und Umfang U , welches den gr¨oßtm¨oglichen Fl¨acheninhalt F hat. Zun¨achst u ¨berlegt man sich, daß G konvex sein muß. Betrachtet man nun ein kleines Kurvenst¨ uck Γ von ∂G, so u ¨berlegt man sich wie folgt, daß Γ ein Kreisbogen sein muß (und somit G eine Kreischeibe mit Radius U/2π ist): Sei a < b, α > b − a und Z bp o n 1 1 M = v ∈ C0 ([a, b]) | F (v) = 1 + v 0 (x)2 dx = α . a
Wegen 1
Z
δF (w, h) = a
w0 (x)
b
p
1 + w0 (x)2
h0 (x) dx,
43
∞ h ∈ Ccomp (]a, b[),
sind die schwache F 1 -Extremalen genau die affin linearen Funktionen51 . Solche gibt es aber nicht in M52 . Wir m¨ochten nun Z b v(x) dx F(v) = a
f¨ ur v ∈ M maximieren. Ist u ∈ M ein Maximum, so gibt es nach Satz 12.1 ein λ ∈ R derart, daß u eine schwache F λ -Extremale f¨ ur F λ = F − λF 1 ist. p Es muß λ 6= 0 sein, da es u ¨berhaupt keine F-Extremalen gibt. Da f λ (x, y, p) = y − λ 1 + p2 ist u ∈ C 2 (]a, b[) nach Satz 6.4. Es folgt 1 u0 (x) d p = . λLf 1 (u) = Lf (u) ⇐⇒ − dx λ 1 + u0 (x)2 Integration liefert den Kreisbogen mit Radius |λ| p u(x) = λ 1 − (c1 − x/λ)2 + c2 ,
c1 , c2 geeignet.
Wegen u00 ≤ 0 ist λ > 0. Unter der Annahme, daß es ein Gebiet G0 mit maximalem Fl¨acheninhalt gibt, ergibt sich als Folgerung die isoperimetrische Ungleichung: Fl¨acheninhalt von G ≤
1 (L¨ange von ∂G) 4π
f¨ ur jedes beschr¨ankte Gebiet G ⊂ R2 mit C 1 -Rand. Folgerung 12.3 Es seien die Bezeichnungen und Voraussetzungen wie in Satz 12.1 mit 1 (Ω, RN ). Es sei f λ die Lagrange-Funktion von F λ . Ist ∂Ω eine C 1 -Hyperfl¨ ache und V = CR x 7→ (∇pi f λ )(x, u(x), Du(x)) ∈ C 1 (Ω, RN ), so erf¨ ullt u die nat¨ urlichen Randbedingungen
(∇pi f λ )(x, u(x), Du(x)), ν(x) = 0 ∀ x ∈ ∂Ω \ R ∀ 1 ≤ i ≤ N. Lemma 12.4 Es seien die Bezeichnungen und Voraussetzungen wie in Satz 12.1 und zus¨ atzlich u ∈ C 1 (Ω, RN ) ∩ C 2 (Ω, RN ). Dann sind ¨ aquivalent: ∞ (Ω, RN )∗ . a) δF 1 (u, ·), . . . , δF m (u, ·) sind linear unabh¨ angig in Ccomp
b) Lf 1 (u), . . . , Lf m (u) sind linear unabh¨ angige Funktionen in C(Ω, RN ). ∞ (Ω, RN )∗ impliziert die in V ∗ . Beachte: Lineare Unabh¨ angigkeit Ccomp
Beweis:
∞ (Ω, RN ) ist F¨ ur λ ∈ Rm und h ∈ Ccomp
λ1 δF 1 (u, h) + . . . + λm δF m (u, h) = δ λ1 F 1 + . . . + λm F m (u, h) Z
= λ1 Lf 1 (u)(x) + . . . + λm Lf m (u)(x), h(x) dx. Ω
Dann folgt die Behauptung mit Satz 5.3. 51 52
d.h. w(x) = ax + b mit a, b ∈ R wegen α > b − a
44
Satz 12.5 (Holonomische Nebenbedingungen) Es sei g ∈ C 2 (Rn ×RN , Rm ) mit m < N derart, daß ∂g (x, y) = m ∂y
Rang
∀ (x, y) ∈ Rn × RN mit g(x, y) = 053
und M := {v ∈ C 1 (Ω, RN ) | g(x, v(x)) = 0
∀ x ∈ Ω}.
Das Variationsintegral F und u ∈ M ∩ C 2 (Ω, RN ) erf¨ ullen Annahme 11.1. Weiterhin gebe es ein δ > 0 mit F(u) ≤ F(u + h)
1 ∀ h ∈ Ccomp (Ω, RN ) mit u + h ∈ M und khk∞ + kDhk∞ < δ.
Dann gibt es eindeutig bestimmte Funktionen λ1 , . . . , λm ∈ C(Ω) mit Lf (u)(x) =
m P
λj (x) (∇y gj )(x, u(x))
∀ x ∈ Ω.
j=1
Beweis:
Vorbemerkung: Die Rang-Annahme stellt sicher, daß jedes M (x) := {y ∈ RN | g(x, y) = 0},
x ∈ Ω,
eine C 1 -Fl¨ache der Dimension N − m in RN ist und daß Erzeugnis (∇y gj )(x, y), . . . , (∇y gm )(x, y) = (Ty M (x))⊥ 54 der Normalraum an M (x) im Punkt y ∈ M (x) ist. Wir m¨ ussen also zeigen, daß f¨ ur jedes x ∈ Ω der Vektor Lf (u)(x) im Punkt u(x) senkrecht auf M (x) steht. Angenommen, dies gilt nicht. Dann gibt es ein ξ ∈ Ω und ein tξ ∈ Tu(ξ) M (ξ) mit hLf (u)(ξ), tξ i = 6 0. 1. Schritt: Es gibt ein Vektorfeld t ∈ C 1 (Ω, RN ) gibt mit t(ξ) = tξ und t(x) ∈ Tu(x) M (x) ∀ x ∈ Ω, zum Beispiel t(x) :=
n
IN − N (x)t N (x)N (x)t | {z
−1
N (x) }
o tξ ,
orthogonaler Projektor in RN auf Tu(x) M (x) ∂g ∞ (Rn ) mit ϕ(0) = 1 ist h(x) := ψ wobei N (x) := ∂y (x, u(x))55 . F¨ ur ϕ ∈ Ccomp 1 Ccomp (Ω, RN ) f¨ ur hinreichend kleines ε > 0 und h(ξ) = t(ξ), sowie Z hLf (u)(x), h(x)i dx 6= 0.56
x−ξ ε t(x)
∈
Ω 53
d.h. die Jacobimatrix von g bzgl. y hat maximalen Rang. Ty M bezeihnet den Tangentialraum an M im Punkt y ∈ M . 55 N (x) : RN → Rm ist surjektiv, also N t (x) : Rm → RN injektiv. Aus N N t z = 0 folgt |N t z|2 = hN N t z, zi = 0, also N t z = 0, also z = 0. Somit ist N N t bijektiv. Mit P := N t (N N t )−1 N ist offenbar P 2 = P t = P , also P eine orthogonale Projektion. Außerdem ist Kern P (x) = Kern N (x) = Tu(x) M (x), da die Zeilen von N eine Basis von Tu(x) M (x)⊥ bilden. 54
45
2. Schritt: Im 3. Schritt konstruieren wie eine Funktion v ∈ C 1 (Ω × ] − ε, ε[, RN ) mit v(·, 0) = u und v(x, τ ) = u(x)
∀ x ∈ Ω \ supp h
g(x, v(x, τ )) = 0 ∀ x ∈ Ω ∀ |τ | < ε ∂v (x, 0) = h(x) ∀ x ∈ Ω. ∂τ
(12.3) (12.4) (12.5)
F¨ ur dieses v gilt dann ∂ F(v(·, τ )) = 57 δF(u, h) = ∂τ τ =0
Z hLf (u)(x), h(x)i dx 6= 0, Ω
was der Minimalit¨at von u widerspricht. 3. Schritt: OBdA ist u ∈ C 1 (Ω, RN )58 . Definiere V : Ω × R × Rm → RN durch V (x, τ, θ) = u(x) + τ h(x) +
m P
θj (∇y gj )(x, u(x))t .
j=1
Dann ist g(x, V (x, 0, 0)) = g(x, u(x)) = 0 und ∂g t ∂ ∂g ∂V ∂g (x, u(x)) (x, 0, 0) = (x, u(x)) (x, u(x)) . g(x, V (x, 0, θ)) = ∂θ θ=0 ∂y ∂θ ∂y ∂y Diese (m × m)-Matrix ist invertierbar. Der Satz u ¨ber implizite Funktionen liefert (genau) 1 m ein θ ∈ C (Ω × ] − ε, ε[, R ), sodaß (12.3) und (12.4) gelten f¨ ur v(x, τ ) := V (x, τ, θ(x, τ )) (beachte, daß wegen der Eindeutigkeit θ(x, τ ) = 0 falls τ h(x) = 0). Weiter ist ∂g t ∂θ m ∂θ P ∂ j (x, 0)(∇y gj )(x, u(x))t = h(x) + (x, u(x)) (x, 0). v(x, τ ) = h(x) + ∂τ τ =0 ∂y ∂τ j=1 ∂τ Wegen
∂g ∂y (x, u(x))h(x)
(12.4)
0 =
Es folgt
= 059 folgt
∂g t ∂θ ∂ ∂g ∂v ∂g (x, u(x)) (x, 0) = (x, u(x)) (x, u(x)) (x, 0). g(x, v(x, τ )) = ∂τ τ =0 ∂y ∂τ ∂y ∂y ∂τ ∂θ ∂τ (x, 0)
= 0, also (12.5).
56
Da f¨ ur hinreichend kleines ε > 0 der stetige Integrand je nach Vorzeichen von hLf (u)(ξ), t(ξ)i entweder nicht positiv/negativ und ungleich 0 ist. 57 Dies zeigt man analog zum Beweis des Satzes 4.3. 58 Beweise sonst den Satz f¨ ur Ωε := {x ∈ Ω | dist(x, ∂Ω) > ε} mit Beliebigem ε > 0. ∂g 59 beachte, daß h(x) tangential an ∂Ω im Punkt (x, u(x)) ist und daß die Zeilren von ∂y (x, u(x)) eine Basis des Normalenraums bilden.
46
13
Handout: Abrunden von Ecken
Satz 13.1 Es sei v : [a, b] → RN st¨ uckweise stetig differenzierbar und ε > 0 vorgegeben. Dann gibt es ein u ∈ C 1 ([a, b], RN ) derart, daß a) u mit v in einer (kleinen) Umgebung von a bzw. b u ¨bereinstimmt, b) ku − vk∞ < ε. Ist F das Variationsintegral zu einer Lagrange-Funktion f mit Definitionsbereich Df = G × RN f¨ ur ein offenes G ⊂ R × RN , die Annahme 4.1 erf¨ ullt und ist {(x, y) | a < x < b, |v(x) − y| < δ} ⊂ Df f¨ ur ein geeignetes δ > 0, so kann man u auch noch so w¨ ahlen, daß c) |F(u) − F(v)| < ε. Beweis: Wir nehmen oBdA an, daß v 0 an genau einer Stelle ξ ∈ ]a, b[ eine Sprungstelle hat. Seien nun α, β ∈ R mit a < α < ξ < β < b. Wir definieren nun ( p(x) :α≤x≤β u(x) = , v(x) : x ∈ [a, b] \ [α, β] wobei p folgendes kubisches Interpolationspolynom ist: n (x − β)2 (x − α)(x − β)2 o + 2 p(x) = (v(α) − v(β))+ h2 h3 (x − α)2 (x − β) 0 (x − α)(x − β)2 0 v (α) + v (β) + v(β), + h2 h2
h := β − α.
Da p(j) (α) = v (j) (α) und p(j) (β) = v (j) (β) f¨ ur j = 0, 1 ist tats¨achlich u ∈ C 1 ([a, b]) und u erf¨ ullt a). Wir zeigen nun, daß man α und β so w¨ahlen kann, daß auch b) und c) gelten. F¨ ur b) beachte, daß kv − uk∞ = sup |p(x) − v(x)|. α≤x≤β
Wegen p(α) = v(α) ist f¨ ur x ∈ [α, β] |p(x) − v(x)| ≤ |p(x) − p(α)| + |v(x) − v(α)| ≤
sup |p0 (y)| + kvkΛ1 ([a,b]) h. α≤y≤β
Nun rechnet man nach, daß (x − β)2 + 2(x − α)(x − β) o (v(α) − v(β))+ h2 h3 (x − β)2 + 2(x − α)(x − β) 0 (x − α)2 + 2(x − α)(x − β) 0 + v (α) + v (β). h2 h2
p0 (x) =2
nx − β
+
47
Wegen |v(α) − v(β)| ≤ kvkΛ1 ([a,b]) h gibt es also eine Konstante K mit sup |p0 (x)| ≤ K
∀ α, β.
(13.1)
α≤x≤β
Also konvergiert kv − uk∞ gegen 0 f¨ ur h → 0. Zum Beweis von c) beachte, daß Z
β
Z
0
β
f (x, p(x), p (x)) dx −
F(u) − F(v) =
f (x, v(x), v 0 (x)) dx.
α
α
Offenbar konvergiert das zweite Integral gegen 0, falls h gegen 0 strebt. Wegen (13.1) und dem Satz von Lebesgue u ur das erste ¨ber dominierte Konvergenz stimmt dies auch f¨ Integral, falls sup |p(x)| ≤ L ∀ α, β α≤x≤β
f¨ ur eine Konstante L. Dies erh¨alt man aber direkt aus der Definition von p. Folgerung 13.2 Sei nun zus¨ atzlich G = ]a, b[ × RN und ya , yb ∈ R gegeben. Mit U := {u : [a, b] → RN | u st¨ uckweise C 1 und u(a) = ya , u(b) = yb }, e := {u ∈ C 1 ([a, b], RN ) | u(a) = ya , u(b) = yb } U gilt inf F(u) = inf F(u).
u∈ U
e u∈ U
e eine Minimalstelle von F : U e → R, so ist u0 auch eine MinimalIst insbesondere u0 ∈ U stelle von F : U → R.
14
Literatur
Die Vorlesung folgt im wesentlichen [1] F. Mantlik. Variationsrechnung. Vorlesungsskript WS 1996/97, Universit¨at Dortmund. Der gebotene Stoff ist eine Auswahl und Zusammenfassung von Material aus dem Buch [2] M. Giaquinta, S. Hildebrandt. Calculus of Variations I. Grundlehren der math. Wissenschaften 310, Springer-Verlag, 1996. welches zur Vertiefung und Erweiterung des Vorlesungsstoffes empfohlen sei.
48