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Als Vorlage diente: Ludwig Jacobowski Und Satan lachte ... aus: Satan lachte ... und andere Geschichten Georg Heinrich Meyer, Leipzig, 1898, S.1-10 Cover-Illustration: William Blake, Satan Watching the Caresses of Adam and Eve
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Ludwig Jacobowski Und Satan lachte ...
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Schwer fiel
eine volle Blutorange Satan aufs Haupt. Er erwachte aus seinem Schlummer, sah unwirsch empor, wo sich die Zweige der Orangenbäume langsam den breiten Kronen der Fächerpalmen näherten, und stand gähnend auf. Unmerklich zitterte die klare Luft und eine sanfte Wärme wehte mit wohligem Wellen hin und her. Die goldene Sonne glitzerte durch die schmalen Lücken des breiten Blätterdaches und überschüttete sein dunkellockiges Haar mit glänzenden Lichtern und tanzenden Schatten. Jetzt glitten ein paar Strahlen über sein bleiches schmales Gesicht, jetzt blitzten seine schwarzen Augen im Sonnenlicht, um sich blitzschnell zu schließen, und dann schritt er langsam über das weiche Moos, nicht ach-
tend, daß seine nackten Füße manchmal im kühlen Farnkraut versanken und kleine blaue Glokkenblüten niedertraten. Endlich kam er an eine Lichtung des Paradieses, an der alle Mittage der Erzengel Michael ausruhte. Hier dehnte sich eine weite Fläche mit fremden Blüten aus, rot und gelb und blau, und goldig schwamm der heitere Glanz des Sonnenlichtes darüber. Unbewölkt und selig blaute der Himmel droben, und stumm standen die riesigen Palmen an den Seiten und hielten die Winde zurück, die atemvoll die seltsamen Wohlgerüche hinwegzuführen gedachten. Weit hinten glitt das silberblanke Gewässer der Flüsse Gihon und Phrat durch die Niederung des Paradiesgartens, und ihr sanftes Gemurmel tönte so leise durch die Stille, daß nur ein scharf lauschendes Ohr es vernahm. Suchend wanderten die schwarzen, leuchtenden Augen Satans die Reihe der kerzengerade sich aufreckenden Palmbäume entlang. Endlich entdeckte er am Stamme einer mächtigen Schattenpalme eine schlanke Gestalt, deren glänzen-
des Weiß hell vor den dunkelgrünen Linien des Baumes hervorglänzte. Da stutzte Satanas. Langsam ging sein Fuß weiter. Tiefer beugten sich die Farnblätter unter seinen Schritten. Ein unendliches Staunen glitt jetzt über sein Gesicht. Vor ihm stand ein unbekanntes Wesen, schlank und hoch, nur wenig kleiner als er selbst. Blau waren seine klugen und über die breite Stirn rann goldiggelb die lange Flut heller Locken. Es war Adam, den der Herr geschaffen, als Satan schlief. Sein Blick war ruhig und seine Stirn war rein. Wohl staunte er über die mächtige Gestalt Satans und über den heißen Blick der glühenden schwarzen klugen, aber der Herr hatte sein Herz mit Ruhe und Friedlichkeit gesegnet, und Furcht lebte nicht in seiner frommen Brust. »Wer bist du?« herrschte ihn Satan an. »Ein Geschöpf Gottes!« Satans Stirn zeigte eine böse Falte. »Ah …«
So hatte Gott der Herr sein Versprechen erfüllt. Satan war bisher Herr des Paradieses gewesen, aber er hatte eine grelle Lust an der Zerstörung gehabt und vernichtet, was die fleißigen Hände der Engel geschaffen. Sie hatten den Fluß Gihon durch das Paradies geleitet; er hatte ihn durch einen mächtigen Felsblock aufgehalten. Sie hatten herrliche Brenn- und Bergpalmen aufsprießen lassen; seine Rechte hatte sie geknickt wie winzige Zweige. Friedlich hatten sie Panther und Tiger nebeneinander zur Tränke wandeln lassen; er hatte sie mit Rutenhieben aufeinander gehetzt, daß das Blut in die blauen Blüten der Erde geronnen. Da war der Erzengel Michael vor den Thron des Höchsten getreten, um seine göttliche Hilfe gegen den Friedlosen anzurufen. Und Satan hatte vor Gottes Thron gestanden und nur höhnisch die Oberlippe emporgezogen, als der Herr geantwortet: »Laßt ihn. Keine himmlische Hand soll sich gegen ihn erheben. Doch aus Staub will ich ein Geschöpf formen, das soll jetzt Herr der Erde sein und nur mir gehorchen, nicht ihm …«
Noch immer ruhte der fremde Blick Adams auf den bleichen Zügen Satans. »Was suchst du hier?« klang Satans schneidende Frage. »Gott.« Das Wort tönte ruhig; sein Blick war groß und still. »Hier ist mein Reich!« »Hier ist das Reich Gottes! Du bist nicht Gott, nicht einmal wie der Erzengel Michael. Denn du hast eine schlimme Falte in der Stirn, und deine Augen haben einen bösen Blick.« In den tiefliegenden Augenhöhlen Satans glomm ein verräterisches Feuer. Er fühlte, aus diesem Geschöpf sprach Gottes Odem, und in seinem Antlitz lag die Kraft des Ewigen. Er griff nach dem Stamme, an dem Adam stand, aber als er ihn mit einem Griff emporzureißen gedachte, legte Adam sanft seine Linke an die grünende Rinde, und unbeweglich stand der Baum. Da erblaßte Satan. Er wußte jetzt, daß er nicht mehr Herr der Erde und des Paradieses war, denn die Bäume beugten sich nicht mehr seinem Wink.
Da wandte er sich mit einem Ruck um und lief, daß sich kaum die Gräser bogen, wie ein verängstetes Wild über den Rasen. Adam sah ihm nach, bis seine hohe Gestalt hinter den mächtigen dunkelgrünen Gesträuchern verschwunden war. Er bemerkte nicht mehr, wie sich Satan in das tauige Gras warf und die schwer ringende Brust mit den Fäusten niederzuzwingen suchte. Da gingen ruhige Schritte an ihm vorbei. Satan hob den Kopf und sah den Erzengel Michael vorüberwandern. »He!« schrie Satan ihn an. Ruhig wandte sich Sankt Michael um. Was wollte Satan von ihm? Waren sie nicht Todfeinde von Anbeginn der Welt an? Wie er ihm jetzt in die tiefen Augen sah, die von unheimlichem Feuer zu glühen schienen, da wußte Michael, daß Satan schon Adam gegenüber gestanden. »Du hast ihn gesehen?« fragte er und schämte sich, daß er heimlich tiefe Freude darüber empfand. Satans Atem ging heiß.
»Dein Reich ist aus, Satan. Nicht ein Strohhalm folgt dir mehr und kein Wassertropfen, wenn du es willst. Der Erde Herr ist Adam, und Adam ist Gottes Knecht.« »Er wird sterben, wie ein Grashalm stirbt, und vergehen wie ein Regentropfen!« höhnte Satan und hob das Haupt. »Aus Erde ist Adam und sein Los ist Erde!« »Ja,« entgegnete Michael sanft, »aber noch heute schafft ihm der Herr ein Weib, und so wird Adams Geschlecht wachsen und sich mehren bis in alle Ewigkeit.« »Ein Weib?« Wie ein Schrei klang Satans Frage. Dann fiel sein Haupt in das Gras zurück und seine Blicke wanderten irre durch die heiße sonnige Luft. Erstaunt sah ihn der Erzengel an. Dann schüttelte er den Kopf und ging … Wieder lag auf dem Paradies der ewige Glanz der Sonne und wieder wandelte Satan durch die Palmen zur Lichtung. Seltsam. Es war nicht mehr still wie sonst.
Es ging ein Flüstern durch Halm und Strauch, die Gräser wisperten, und die Blätter raschelten, durch alle Kronen rann ein seltsames Rauschen und die Flüsse des Paradieses rollten ihre Wogen doppelt rasch und doppelt geschwätzig daher. Große farbenbunte Schmetterlinge flogen paarweise über blaue und rote Blüten, durch die Farnkräuter irrte kleines Gewürm und suchte sich zu haschen, und hoch in den Wipfeln der Bäume ftöteten Pärchen von Nachtigallen ihr zärtliches Lied. Manchmal sah Satans verwundertes Auge durch die hellen Lücken der geraden Palmenschäfte Rehe sausen, denen andere hüpfend und springend folgten, und ab und zu klang der sehnsüchtige Schrei eines Hirsches durch die schwebenden sonnigen Lüfte. Da hielt er an. Vor ihm stand ein verästetes Gebüsch, das ihn deckte. Und vor den halbdichten Zweigen lagen zwei Gestalten im Grase und tauchten ihre Blicke verzückt ineinander. Adams blondes Haupt ruhte in Evas Schoß und
nachlässig lag ihr rechter Arm im Gras, indes die linke Hand das Haar des Mannes streichelte. Einen Farnstengel hatte sie zwischen die Zähne gesteckt, so daß die großen breiten Blätter kühl auf ihrer vollen weißen Brust lagen, und ihre Augen irrten selig-müde durch die Luft. Jetzt hörte Satan sie sprechen: »Hol’ mir Wasser, zu trinken.« Und mit einem Satz sprang Adam auf. Er eilte an den Strom und brachte ihr das kühle Wasser in einer hohlen Wurzel. Nachlässig trank sie es und achtete nicht darauf, wie Adam mit glänzendem Blick den Bewegungen ihres jungen schlanken Leibes folgte. »Dort oben sind Früchte. Hol’ sie mir!« klang wieder ihre müde Stimme und Satan sah wieder, wie Adam mühsam den Baum erkletterte und eine Hand voll mächtiger Äpfel herunterwarf, um sie aufzusammeln und demütig in ihre Hände zu legen. Sie biß in einen Äpfel hinein und warf ihn fort. »Ich mag nicht!« sagte sie und legte den zierlichen Kopf zurück, daß das schwarze Haar ihr über die weißen Schultern fiel.
»Hier stechen die Gräser so, und die Sonne ist heiß!« klang von neuem ihre sanfte Stimme, und Adam erhob sich wieder und lief weithin bis an den Rand der Lichtung, um ihr unter einer kühlenden Fächerpalme ein Lager zurechtzumachen. Mit beiden Händen riß er die stachlichen Gräser aus, aus der festen Erde hob er die dicken Wurzeln, und der Schweiß lief ihm über das heiße und dennoch heitere Gesicht. Regungslos lag Eva und starrte träge vor sich hin. Da schob Satan das Gebüsch ein wenig zurück und aus dem dunkelgrünen Laube tauchte sein bleiches düsteres Gesicht. Jetzt sah ihn Eva plötzlich, und wie gebannt hing ihr Blick an seinen glühenden Augen. Sie hob den Kopf ein wenig und nun nickte ihr Satan leise zu. Da errötete sie und ließ das Farnblatt aus ihrem Munde fallen. Da riß Satan eine Rose vom Strauch und führte sie an seine Lippen. Dann schleuderte er sie ihr zu, daß sie auf ihre linke Brust fiel, und purpurroten Gesichts nahm sie die Rose und sie an ihren Mund.
»Woher hast du die Rose?« fragte Adam, der atemlos von seiner Arbeit eben herzugetreten war. »Der Wind trug sie mir zu!« hauchte sie und errötete stark. »Auch er ist freundlich zu dir!« lächelte Adam. Er wußte noch nicht, daß es Lügen gab und Eva eben die erste ausgesprochen hatte. »Ja!« entgegnete sie. »Willst du jetzt hinüberkommen? Dort ist ein weiches Lager und der Schatten ist sanft und kühl!« »Nein!« wies sie ihn ab, »ich bleibe hier. Komm’ leg dich hin zu mir und schlafe. Die Luft ist schwül! Und du wirst müde sein!« Und Adam glitt zu ihr in das Gras und barg wieder sein Haupt in ihren Schoß. Sie aber liebkoste ihn jetzt sanft und in einem fort mit beiden Händen, und seligen Antlitzes schlummerte er ein. Dann hob sie den Kopf und spähte scharf in das Gebüsch. Über das Haupt des Schlafenden wanderten ihre Blicke zu Satan hin und her und leise Worte folgten:
»Also morgen am Baum der Erkenntnis!« flüsterte Satan. Eva lächelte und nickte. Da reckte sich Satan hoch auf. Seine Augen glänzten und seine Lippen murmelten: »Mein ist das Weib, drum ist auch die Erde mein!« Und Satan lachte …