Adrian Ritz I Norbert Thom (Hrsg.) Talent Management
Adrian Ritz Norbert Thom (Hrsg.)
Talent Management Talente identifizieren , Kompetenzen entwickeln, Leistungsträger erhalten
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GABLER
B ibliografische Information der Deutschen Nationalbibl iothek Die Deutsche Nationalbibliothe k verzeichnet d iese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie: detaillierte bibl iografische Daten sind im Internet über -chttpz/dnb.d-nb.deo abrufbar.
1. Aufjage 20 10 Alle Rechte vorbehalten © Gabler I GV'N Fach verlage GmbH , Wiesbaden 20 10 l ektorat: UIrike L öteher J Kathari na Harsdorf
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerha lb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetz es ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafba r. Das gilt insbesondere für Vervielfälli gun gen, Üb ersetzungen, Mikro verf ilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbe zeichnungen usw . in d iesem Werk berechtigt auch ohne besond ere Kennzeichnung nicht zu der Annah me, dass solche Namen im Sinne der Warenzeiche n- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betracht en wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Künkell opka Medienentw ick lung, Heidelberg Druck und buchbindensehe Verarbeitun g: MercedesDruck , Berlin Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3·8349·18 11·6
Vorwort Ge lingt es Ihnen, z ukü nftige Tale nte zu ident ifiziere n, d ie richtigen Person en und Kom petenzen zu ent wickeln sowie Letsumgsträger länge rfristig zu halten ? Trotz Wi rtsch aftskrise sind hoch q ualifizierte Fach- und Fü hru ngskräfte ra r un d s tark u mworben. Die de mographische Entw icklung wird verstä rkt dazu führen, d ass d ie Zahl qualifizie rter Absolventen und Ber ufseinsteige r sin kt lind der Bed a rf a n sowohl jüngere n als auc h ältere n Talen ten wei terhin zu nimmt. Um in ein paar Jahren als Organisation im Wettbe werb um d ie besten Kö pfe gu t positionie rt z u se in, müsse n heu te die rich tige n Entscheid ungen gefällt und gez ielte Investitionen ge tä tigt werden. Der Aufbau von Talent Ma nagement or ien tierten Massn ahmen z ur Fö rd e ru ng von gegenwärtigen wie kün ftigen Inhabe rn von Schlüsselfunk tionen steht d abe i im Zentrum zu kunftsgerich teter Per son ala rbeit. Seit 175 Ja hren bildet die Unive rsitä t Bem Talente aus und sei t 1991 wi rd am Ins titut fü r Organ isati on und Pe rsona l (fOP) schwerpunkt mässig im Cebet d es Hu ma n Resources Manage ment geforscht. Das IOP koo perie rt e ng mit de m Ko mpetenzz ent rum für Public Ma nage ment (KPM) der Un ive rs ität Bem, welches sich un ter a nderem der Führungsausbil dung im öffen tlichen Sekto r widmet. Dies veranlasste die He ra usgeber eine grosse Jubiläums tagu ng z u eine m de r zentra lsten The men - Talent Management - d es Arbei tspla tzes Schweiz d urchz uführe n. De nn die e m pi rische Fo rschu ng im Bereich der Pe rsonalent w lcklu ng und de s Talent Ma nagement s ist un s sei t jeher ein Anliegen und wi r w isse n u m d ie Vielfalt e rfo lgreicher Projekte und Anst rengungen im privaten und öffen tlichen Sektor. Sei es im Rah men des Employer Brand ing. des Ta lent Recruitlngs, des Man agement De veloprnents oder de r Cestaltung von An reizsyste men - en tscheidend is t die Wi rkung de r Instrumente und Massnchmen be i den Zielgruppen, d . h. a uf de m Arbeitsmarkt und innerha lb de r O rgan isatio n, bei potenz ialsta rken Mita rbeitenden und nich t zule tzt bei den Führungs kräf ten. Der vorliegende Sammelband informiert üb er a ktuellste wissenschaftliche Erken ntn isse, d ok ume ntier t de n gegenwärtigen Stand de s Talen t Managemen ts in Wirtschaft und Ve rwaltu ng. zeigt die zentralen Bedü rfni sse junger Talen te und ihre Erwartungen an die Arbei tge be r auf und lädt zum Refle ktiere n über eines der aktuellsten The men des Perso nalma nagements ein . Es ist den Herausgebe rn ein überaus grosses An liege n, allen Au torinnen und Autoren d ieses Sammelbands für ihre Mitarbeit zu d an ke n. Entweder hab en s ie m it viel Engagement ihre Organisationssituation a na lysiert und e rmöglichen de n Lese rinnen und Lese rn einen einmaligen Einblic k in gegenwärtige und ge plante Aktivi täten im Bereich des Talen t Ma nage ments oder sie stellen einziga rtige Erkenntn isse a us ihrer For sch ungsa rbeit dar. Ein solches Buch ko mm t n ich t von alleine zustande. Unser grosser Dank gebührt all d enjenigen Personen, d ie uns sowohl bei de r Planu ng und Durch füh ru ng de r Faehtag ung als auch be i der Erstellu ng dieses Hera usgebe rwe rk s u nterstü tzt ha be n. An vor de rste r Stelle
VI
Vorwort
se i hier insbesondere die Universit ätsleilung u nserer "Alma Mater Bemensls" erwä hnt. Nu r dank grosszügiger finan zielle r sowie ideeller Unterstützu ng im Rah men d es 17Sjährigell Iubil äu ms der Universität Se m konn ten Tagung u nd Buch verwi rklich t werden . Eine besondere Wü rdigung ve rdiene n d ie über 300 Te ilnehmerinnen und Teilne hmer de r Fachtagu ng . Wir d ank en ihnen für die langjäh rige Treue zur Forschungsarbeit im Personalmanagement der Un iversität Bem .
Bei der Erstellung dieses Sammel ban ds un d Durchführung der Fachtagung wurden wi r von Mitarbeitenden beid er Institu te tatkräftig unterstü tzt. Wir dan ken herzlich Her rn Peter Sinelli, M.A. HSG, und Frau Anja w ürgler, B. Sc. Sie haben in hervorragender und intenslver Arbeit d ie Texte dieses Hera usgeberwerks red igiert, d ie Auto renkon takte geführ t sowie den Band zu einem Ganzen gebracht. Gleicher Dank gebührt Herrn Dr. Ren ato C. Müller u nd Herrn Rene Bellorini, B. Sc., für ihre exzellenten Arbeiten im Rahmen der Projektleitu ng de r Fachtagung. Zudem sind wir allen Mitarbei tende n unse rer Institu te, d ie uns im Rah men der Projekte Fach tagung und Bucherstellung in irgendeiner Weise u nterstützt haben, zu grossem Dan k verpflichte t. Es sind dies: Fabian Amschwand, lic. iur./MPA Unibe: Desiree Baschnagel, B. Sc.; Ruth Birchmeier: Yashar Blour i; PD Dr. Sabine Böcke m, Regtne Buri-Moser, lic. rer. p ol; Peter Dängeli; Anja Hebegger. lic. rer. pol; Angela Hofer, B. A.; Elena Hubschmld , MScBA; Pascal Hu rni, He. phil, h ist.; Claire Kaiser, MSeEe.; Raffael Knech t, BLaw; Yasm tn Luginbühl; Ce briela Lü thi, He. rer. pol.; Nicole Maetl, B. Sc.; Fabienne Martl Locher, lic. lur.rlic. oec.: Celine Mavrot, lic. rer. soc.: Kerstin Nesemann, MSeBA; Michael Nussbecher. Anna Oste rspey, Dip l.-Kff.; And rea Probst, lic. rer. pol.; Matth ieu Pu lver; Chr istian Rosser, lic. phil. hist.; [anine Taugwalder, B.Sc. Zu m Schluss d an ken wi r dem Gabler Verlag vielmals für d ie Ermöglichung d er Publikation; insbesondere Frau Ulr ike Lörcher und Frau Kathari na Harsdorf sei ein mal meh r für die hervorragende und jederzeit angenehme Zusam me na rbeit gedankt. Wir möch ten es nich t unterlassen, auf die teilweise ausschllessllche oder gemei nsame Verwendung männlicher und weib licher Begriffe im Buchtext hinzu weisen. In jedem Fall sind sinngernäss beide Geschlechter eingesc hlossen.
Bern, im Dezembe r 2009
Adrian Ritz un d Nor bert Thom
Über dieses Buch D ieses Buch ist in fünf Teile gegliedert. Der erste Teil zeigt den aktuellen Forschungsstand des Talent Managements a us w isse nschaftlicher Perspe ktive auf. Im zweiten Teil w ird nebe n den w issens cha ftlichen und p raxisorientierten Texten eine gänzlich ande re Pers pe ktive gewählt, nämlich jene junger Talente un d zu künftiger Leistungstr äger. Im dritte n Teil werden 13 Fallstudien präsentiert, d ie einen ve rtieften Einblick in die Ums etzu ng von
Talent Management -Ansätzen in der Praxis geben. Sie ergänzen die wissenschaftliche Perspe ktive im ersten Teil des Herausgeberwerks und machen deutlich, dass Talent Management he ute ein Sch werpunktthema des Personalmanagements in führen den Organisationen is t Die Herausgeber wollen sich aber kei ne swegs gegenüber de r Kri tik an Managementansätzen, wie z. B. am Talen t Management, verschliessen . Deshalb h in terf ragt d er Beitrag im vier ten Teil di e Wicht igkeit vo n Talen t Managem ent grundsätzlich. Zum Absc hluss w erden im fünften Teil Konklusionen aus allen Beit räge n gezogen u nd 18 Leitsätze abgeleitet, die einen er folgsversprechenden wie auch angemessenen Weg für die zu kün ftige Ent w icklung de s Tale nt Management s in der Un ternehmens praxis aufzeigen.
Teil 1: Talen t Management aus Sicht der Wissenschaft Teil 1 des Buches w iderspiegelt die Sichtweise des Talent Managements in der Wissenschaft. Er geht a uf die kon zeption ellen Gru ndlagen des Talent Managements ein, ergrün det Trainee-Programme als eine weit verb reitete Mass nah me zur Umse tzung d es Talent Managements bei ju ngen Hoffnungsträgem und bietet Lös ungsansätze fü r ein demograp bie festes Talent Management. Adrian Ritz u nd Peter Si nefl i widmen sich den definitorischen und konzep tionellen Gru ndlagen de s Tale nt Managements sowie se iner Bezüge zum Prozess mod ell de s Hu man Resources Management. Es zeigt sich, da ss die Kam pfansage an den Arbeitsmarkt vor dem H intergn md des " War for Talents" kau m als geeigneter Lösungsansatz vers tanden werden kann, so nd ern eine Integration in die existierend en Strategie- und Füh ru ngsprozesse Erfolg verspricht. Norbcrt Thom und Kerstin Nesernann sch ildern in ihrem Beitrag, wie Trainee-Program me von Untern ehmen für Hochschulabsolventen zur Talentförde rung beitragen kön ne n und we lches die wic h tigs ten Mer kmale von solchen Programmen sind . Ebenso zeigen sie d ie Sch ritte de s Sele ktionsprozesses für den alle zwei Jahr e ve rge benen IO P-Awar d auf. Manfred Hecker erlä utert in seinem Beitrag. wi e sich d ie Leistungsfähi gkeit mit zunehmendem Lebensalter bezüglich Stressbewältigu ng. mott vauonale Schemata, Konfliktve rhalten, Problem lösefähigkeit und Kreativität verände rt. Die Ergebnisse des besch riebenen Forsc hungs proje kts veranschaulicht er praxisnah m it seinen Erwa rtun gen an ein d emographiefcs tes Personalmanagemenl.
VIII
Über dieses Buch
Teil 2: Erwartungen junger Talente an ih re Arbeitgeber Dieser Beitra g in Inter view form konkretisiert d ie Wünsche und For de rungen vier junger Talente an ih re gegenwärtigen oder potenziellen Arb eitgebe r. Dabe i w ird deu tlich, dass junge Nachwuch skr äfte heut e sehr bewuss t ihre Arbeitsmarktfä higkei t sowie d ie ihnen ge bo tenen Ar beitsbedingungen reflektieren.
Teil 3: Tal ent Manageme nt in der Praxi s De r drille Tei l dieses Boche s zeigt an 13 konk reten Fallbeis pielen aus Wirtschaft und Verwaltung, wie Talen te und Talent Man agemen t in O rganisat ionen gefördert we rden. Es wird veranschaulicht wie d ie damit ver bu ndenen Prozesse u nd Strategien in de r Praxis konzip iert und umgesetzt we rden. Fred y D iener beschreibt in seinem Beitrag, wie da s Technologieunternehmen ABS seinen Talent Managemen t Prozess über alle Altersgru p pen hinweg betreibt. Dies einerseits d urch Förderung des Verständnisses fü r die Technik in der Gese llschaft und anderseits durch Entw icklungsmöglich keiten für alle Mitarbe iter. Ein effektive s Tale nt -Relationship -Manageml;'nt zu r Sicherung von potenziellen Kandidaten von Engpasszielgrup pen betreibt Audi. Marc us Fischer gibt in seinem Beitrag einen Überblick übe r d ie wichtigsten Phasen des Talen t-Relations hip- Managem ents, wie die Zielgrup pendefi nition und -analyse, die Ident ifikat ion und Aufnahme von Talenten in den Talen t Poo l und d ie Durchführung vo n Bind ungsmassnah men. Martin Claßen und Elke Timm, Mitg lieder de s Consu lttng Unternehmens Capgem ini, erläutern zuerst an einem fiktiven Beisp iel, welche Auswirkungen ein mögliche r Mangel an Talen ten in der Zu kunft haben könnte. Sie besch reibe n in ihrem Beitrag mit welc hen Leitfragen bezüglich des Talent Management s sich eine O rganisation auseinandersetzen sollte, da m it d as Talent Manage ment anschliessend erfolgreich u mgesetzt werden kann. Di e Schw eiz erische Post hat für ihr Ta lent Management einen Kad eren twicklungsp rozess en twicke lt. Thomas Brön niman n und Marku s H ämmerte the ma tisieren in ihrem Beitrag d ie unterschiedliebe n Phasen di eses Prozesses u nd die Instru mente der Kad eren twicklung mi t de m besonderen Schwerpunkt eine s alte rsgerechten Talent Mana gements für Füh rungs kräfte von SOplus. Mi ch eie Etienn e di skut iert in ihrem Beitrag d ie mögli chen Ursachen für de n ge ringen Frauenanteil in Au fsichtsgremien in der Schw eiz w ie au ch d ie Vor teile, welche ein höherer Anteil an Frauen in Auf sichtsgremien m it sich b ringen w ürde. Ihr Star tup Untern ehmen GetDiversity ermöglich t du rch Vermittlung von talentierten Frauen, dem geringen Frauen anteil in Au fsichtsgremien ent gege nzu wirken. Hans-Ul rich Zürcher stellt in sei ne m Art ikel das Ta lent Management des Ka ntons Bern vo r. Anhand eines Kompet enzm odells werden Talente identifiziert, d ie d ann d urch ge ztelte on the job Angebote (w ie z. B. Perspektivenwechsel. Mentonng, Powerpool] und Füh ru ngs- so w ie Kaderentwicklungsangebote gefördert werden .
Über dieses Buch
IX
Das Textilu nterne hme n Lantal ist ein typisc hes KMU (kleines und mittleres Un ternehmen ). Esther Schmulz beschreibt in ihrem Beitr ag, w ie ein um fassendes Talen t Management Ver ständnis für nach haltiges Wachstum ge ne rieren kann. Dieses soll be i Lan tal du rch eine markenz entrierte l'crsonalstra tegte m il Kom petenzmodell. Identitätskar te, Lehnsys tem. Em ployer Brand u nd Leben slanges Lernen gewä hrleistet werden . Rene Villiger gib t einen Einblick in da s Talen t Management von Microsoft. Microsoft schafft damit einen weltweiten Standa rd im Un ternehmen, um Talente zu identifizieren, zu beurteilen und zu en tw ickeln. Anhan d eines un ternehmensw eit ins titutio nalisierten Laufbahnmod ells durchläuft da s Talent wä hrend de s Jahres einen Mana gem ent Cycle m it jäh rlicher und halbjäh rliche r Beur teilung sow ie da rau f au fbauenden Förderungsrnassn ahmen . Hansru ed t Vonder Mühll und Regin a Vogt, Rep räsenta nten d es Informa tikunternehmens Ne tcetera, erlä utern in ihrem Beitrag anhand einer Mitarbeiterumfrage. in we lchem Verhältn is die Bewertun g von Mitarbeiterben efits zu deren Kosten stehen. Sie zeigen au f, da ss Mita rbei ter benefits mit de r Mitarbeit erzufriedenheit zus am men hän gen un d ein Grund fü r die Entscheidung, bei Netce tera zu arbeiten, sind. Andrea Saxer thematisier t in ihrem Beitra g des Pharmaunternehmens Nova rtis di e Herau sforderungen be zü glich der in terne n Na chfolgeplanung be i Top-Führungspositionen. D iesbezü gl ich w u rde da s " GOa l" Programm en twicke lt, welches die Zielgruppen in drei Pha sen durchlaufen u nd di ese für frei we rdende Füh rungspositionen vo rberei tet, dam it die intern e Besetzun g vo n Führu ngspositionen erhöh t werden kann . Markus [ordi und Peter Th . Se n n vom Reise- und Transp ortu ntern ehmen Schwe izerische Bundesba hnen SSB stellen di e Einbe ttung des SBS Tale nt Man agements in seine Human Resources Stra teg ie dar. Anhand ihres Einblicks in d ie Talen t Mana gement Werks tatt be i SBB gehen sie einerseits auf d ie Stärken, andererseits auf Entwic klungsfeld er de s Talent Managements d er SBB ein . Beete Heller setzt sich in ihrem Ar tikel mi t der Identifizieru ng von Talenten und dem ganz he itlichen Talententwicklungsp rozess von Swiss Life au seinander. Es wi rd zudem kriti sch re flekt iert, wie in Krisenz eiten Talent Management gehand hab t werd en soll und auf welche Fähigk eiten bei Füh ru ngst alen ten es letz tlich ankom mt. G ün ler Pfei ffe r legt in seinem Beitrag über da s Tele ko mmunikalionsuniernehmen Swisscom dar, wie der Konzern den Fragestellungen bezüglich Talent Management im aktuellen un sicheren Um feld be gegnet und wie mit der be grenzten Planbarkei t vo n Talent Management umgegangen wird.
Teil 4: Kritische Reflexion von Talent Management Reinha rd K. Sp renge r hinterfra gt in seinem Beitrag, ob es tatsächlich sinnvoll ist, Ta lente mi t un terschiedlichen Stra teg ien an eine Organi sation binden zu wollen. Er zeigt au f, d ass es wertvolle r sein kann, Ta lente nich t fes tzu halte n. so ndern den Fokus der Or ganisati on au f den Au fbau ech ter Loya litä t zu sein en Mitarbe itenden zu richten .
x
Über d ieses Buch
TeilS: Zusammenfa ssende Schlussbetrachtung Adrian Ritz und Ncrbert Thom schhessen mit einer Konk lusion ab . Sie ve rdeutlichen wesentliche Au ssagen und Erkenn tn isse vo r de m H in tergrund der in diesem Sam mel band pub lizierten Texte und fassen die zentrale n Aspekte des Talent Ma nagem ent s an hand vo n 18 Leitsätzen zusam me n.
Inhaltsverzeichnis Vorwo rt . Übe r di eses Buch .
.
v
.
VII
Teil 1:
Talent Manageme nt aus Sicht der Wissen scha ft
1
1
Talen t Ma na gement - Überb lick u nd ko nzeptionelle G ru nd lage n
3
A dr iaH Rit z und pl'fa Sill d li
1.1
1.2 1.2.1
Einleitu ng wandet im Talent Managernent.. Demographische Entwickl ung
.
.3
. .4 . .4
1.2.2
Wissellsmigratioll
6
1.2.3
Ernploya bility un d Arbei tsma rkt
6
1.2.4 1.2.5
1.3
1.3.1 1.3.2
1A 1.4.1 1.4.1.1 1.4.1.2
1.5
z
Weilere wesentliche Einflussfaktoren Zwisch..nfazit Z um B..griff des Tal..nt Managerne nts Tale nt.. . Talent Mauag..m..nt .. Aufbau und Funktion..n d..s Talent Managt.'ments. Ganzh..itlich ..s Talent Manag..m..nt Ko nze pt Stt.' Ut.' ru ngs- und Qu..rs.chnitifunktionen......................... Prozl'Sskre isla uf Fazit .. .
7 7 7
. . .
7 8 10 10
12
. ..
14 19
Talententw icklung du rch T rain ee-Prog ramm e
25
NM"" r/ Tlr
2.1 22 2.2.1 2.2.2
2.2.2.1 2.2.2.2 2.2.2.3 2.2.2 .4
2.3 2A
Ausgangslage................. T rainre-Prog ram me Merkmale von Trainee-Programmen Längsschnittvt'rgleiche der Schweiz .. Prog ramm dauer .......... lndivid ualis i.. rung Auslandsaufenthalte
Int..g ratton in d i.. Personal ..nrwicklung . O..r rOP ·A war d 2009 .... Schlussbetrachtu ng..n.. .
.
25
.
26 26
.. .
28 28
..
28
..
30
..
29
..31 ..36
XII
3
lnhaltsverzetchnls
Optimi st is ch al te m! 3.1
3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.3. 1 3.2.3.2
3.2.3.3 3.2.3.4 3.2.3.5 3.2.3.6
3.3
Teil 2: 4
39
Mmrfrcd ß.1:krr Ausgangslage. .39 Porschungsproiekt Age Diversity Ma nagement ...41 Ziele de s Forschungsproje ktes ADM . . .42 Fo rsch ungsd es ig n., . .43 Erkenntnisse aus dem Fo rsch ungs projek t ADM 45 Altersbezogene Stressbewältigu ng .. . .45 Alte rsbezogene motivarionale Schemata 46 Altersbezogenes Kon flik tverhalterr., . ..47 Altersbezogene Problemlösefähigkeit .47 Alte rsbezogene Krea tivitätc.. . ..49 Schlussfolge rung; . 50 Personalwirtschaftliche Konsequ e nze n für ein demographiefestes Talent Management 52
Erw art ungen junger Talente an ihre Arbe itgeb er
57
Erw art u nge n junger Talen te an ih re Arb eit ge ber
59
Adriuu Ritz
4.1 4.2
4.3
4.4 4.5 4.6
Tale nte und Personalgewinnu ng Tale nt", und Arbeitgeberattraktivität Tale nte und untern ehme rische Sozialverantwortung Talente und woek-Ltre-Batance
........ .59
.60 ..62
.
...............63 . 63 ...............65
Tale nte und Entwicklungsmöglich keiten . Fa zit .... . .
Teil 3:
Ta len t Management in de r Praxis
67
5
ABB: Tal e nte fördern für d ie Zu k unfl.. Fredy Diener AHB ein weltweit füh ren des Technologieuneemehmen Schweiz als attraktiver Finnens tand o rt Attraktivität ist entscheidend.. Tale nt Management beginnt bei de n Jüngs ten. AHB als a ttraktive Arbeitgeberirr für alle Altersgruppen Tal..nt.. identifizi..r",n, förd .. rn und fo rd..rn Tale nte m üssen gefund..n w erde n.... Voraussetzung ist gegenseitiges Einverständnis Welch e Fähigkeit ..n sind vo rhande n? , W..iterbildung - ein Muss . Pos itic nie r..n . . Die Fachlaufbahn bind..t Know-how . ...................... Mita rbe itend e soll en sich verande rn - ABB intern Fazit... . .
69
5.1 5.2
5.3 5.4 5.5 5.6 5.6.1 5.6.2
5.6.3 5.6.4
5.6.5 5.7 5.8 5.9
69
-e
.69 .70
.
.
..71 72 .73 ..74 .75 .75
.
..76 .78 ..78 .79 .80
XIII
Inhaltsverzeichnis
6
6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 6.6.1 6.6.2 6.6.3 6.6.4 6.6.5 6.7 6.7.1 6.7.2 6.7.3 6.7.4 6.7.5 6.7.6
6.' 7 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 8
Audi: Talent-Relation shi p-Managem ent - di e Bezieh ung mac ht den Unterschie d Marcw; Fischer 100 Jahre Vorsprun g durch Technikc.. Alte Besen keh ren nicht imm er g ut genu g Talent-Relation ship- Management: VIP-Recruiting? Ja! D ie Vo ra rbeiten: Aud i eRecruiting als Basis Die Designphase. Arbei ten wie ein Profile r TRM im Einsat z: Wo der Jäger zum Gärt ner w ird .. . Talente, die m an schon kenru..., Nu tzen, was es schon gib r.... . Active Sourcmg: Wie ein Head hunt er [agen.; Kennenlemen: Entscheid ungsgrundlegen schaffe n Abliefern am Arbe itsplatz: der begleite te Eins tieg ..... . Lessons leam ed : Chancen und Grenzen eines TRM-Kon zept s Warum nicht gleich Head hunter nutze n? Abgrenzung zum Recruiting. .. TRM ist ke ine Sof twa re und bra ucht To p-Mana gement. Unterstützung Skalie rba rkeit und Flexibili tät . Schlüss elp os ition Tale nt Mana ger.. . Ste uerung und Erfolg smessun g im TRM Aktueller Stat us Aud i TRM und Aus blick Capge mi ni Con sulti ng : Tale nt Ma nage me nt - die Ku nst liegt in der Umsetzung Md rliH C/djl<:rl und Elkf Timm Kurzer Übe rblick . Ein Fall a us der Zukunft . Ausgangsl age heute w er stnd die se Tulente? Anfo rderu ngen der ..True Perfo rmer" . Die Kun st der Umsetzung Exem pla risches Um setz ungsvorgeh en als Ko nse que nt.
.
Di e Schwel ze n se he Post: Talent Management beim ält eren Kade r
83 ...83 ...83 .84 ...86 86 88 ..88 89 ...89 90 91 ..91 91 ...92 93 93 93 94 95 97 97 .97 100 101 .102 104 108 111
Themas Bröunimann ulld Ma rlm s Hinnmcrle
8.1 '. 2 8.2.1 8.2.2 ' .3 8.3.1 8.3.2 8.3.3
Einleitung Die Schweizerische Post Unternehmen im rasche n Wand el .. Verank er t in de r Bevölkeru ng Hera usfo rder ungen für das Kad er Person alwirtschaftliche Situa tion und Entw icklun g .. Frühere Anforderungen.. Aktuelle Situation .
.
111 .111 . 111 112 .113 ...113 113 113
XIV
8.4 8.4 .1 8.4.2
8.4.3 8.4.4
8.5 8.5.1 8.5.2 8.5. 3 8.6
lnhaltsverzetchnls
Talent Management un d Demographie Talent Manag..rnent bei der Pos t D... rnographie Retention Management bei älteren Mitarbe itend en ..... Betrieb] iches Cesun dheitsmanagement
.
G etDiversi ty: Frauen in Au fsic htsgrem ien
9
.......115
. 116 ........116 . 117 ................................................................117 . 118 . . 120 . 123
Talent Management beim älteren Kad er ... Flexibilisie ru ng der beruflichen Vorsorge Kaderentwicklung Instrument", deTKaderentwicktung , Fa zit
........114 .............114
-c
talentierte Frauen sichtbar ma chen
125
Mi chNe Etienne
9.1 9.2 9.2.1 9.2.2
9.2.3 9.3 9.3.1 9.3 .2 9.4
10
Ausgangslage un d Zielse tz un g Gründe und Lösungsansätze für geringen Frau enante il Ha uptgründ e
125 .126 126
Qu otenr egelu ng .1Is mögli cher Lös ungsansatz Dive rsität als Meh rwe rt fü r Unternehmen GetDiversity - das erste Schweize r Netzw erk für Verwalt ung srätinnen Auslöser für d ie Ceschaftsidee.i.. Zielse tz ungen und Erfolgsbilanz Fazit..
121\ 129 131 131 132 133
Kanton Bern : Tal ent Mana gement in de r öf fen tlichen Verwa lt ung l/lw s-Ulricll ZiircIJa
10.1
Annäherung an den Begriff Talent.i.a..
10.2
Ausgangslage Kanto n Bem . Bestehende u nd geplante Talent Mau agem ent -Massnahmen. . Identifikation inte rner Tale nta.. Gewinnung extern er Talente Massnah men zur Entfaltung und Entw icklung vo n Talenten Massnahmen zur Bindu ng von Talenten Fazit ....
10.3 10.3.1 10.3.2
10.3.3 10.3.4 10.4
11
11.1 11.1.1 11.1.2
11.1.3 11.1.4
.
137 .
137 138 . 139 . 140 141 142 . .146 . 147
Lantal: Einzi ga rti g m it uwerkstolz" - m ehr w ert fü r Menschen, Produkte u nd Unlern ehme n 151 Esther SdUllutz Lautal 151 Vorbil dliche Nachfolgeregel ung .151 Za hlen und Fakten .152 ........................................... ........................................152 Unterneh mensstrategie . . 153 Markenfiihrung .
Inhaltsverzeichnis
11.2 11.2.1 11.2.2 11.2.3 11.2.4 11.2.5 11.2.6 11.2.7 11.2.8 11.3
12 12.1 12.2 12.3 12.3.1 12.3.2 12.3.3 12.3.4 12.4 12.5 13
Werkstolz - in allen Pe rsonalprozessen ve rankern und verst ärken ... Gr undvora ussetzungen Herausforderungen W",r ksto lze Mitarbeitende La nral- Kompetenzmodell..,
.....154 ........154 .......155 .156 156
.
Lanral - Employer Bran d
.157 157
Lanral- Identitätska rte
Lantal - Lohnsyst"'m...... Lanta l - Lebenslanges Lem en .,..
. .
158 158
Erkenntnisse
.
Microso ft: T alent Mana ge ment - Pra xisberic ht M icrosoft Schweiz Reut Villiger Einleitung Microsoft Schweiz Gmb H - ein", Kurz besc h reib un g Tal..nt Management - ei n Praxisbe richt.... Philosophie Tal..nt Acquisition Ca r r Development " Management Excellence Pe rfo rm ance Ma nag..ment. .. Fa zit. Ne tcetera. Wa s Talente mo ti vi ert - Mita rbei te rben efits au f de m Prüfstand
159 163
"
.163 164 ...164 .164 .165 165 .169 .170 ..171 173
Hansruedi Vouda Mülrlllllld Regi'la Vogt
13.1 13.2 13.3
13.4 13.4.1 13.4.2 13.4.3 13.5 13.5.1 13.5.2 13.5.3 13.5.4 13.6 H
14.1 14.2
Ausgangslage.; Über Netceteea. . Belegschaft . B..nefits .
.173 173 174 .174 Bedürfnisse ......................................................................................................................174 Koste n ........175 . 177 Leistungen u nd ih re Kosten Qualita tive Mita rbeit ..ru m frage . 181 Be kanntheit des Angebcts . .182 Wa hrn ehm un g und Nutz ung 182 Wich tigk ",it des aktu..llen Angebotes ..IM wertschätaung . .1M .
Fa zit
187
No va rt is: " GO al" - eine Erfolgsgesch ichte in der Ide ntifizi e ru ng von T alen ten Arrdrra Saxcr Das Unt..m ehme n Novartis . . He rausforderu ng en im B..reic h Tal..nt Manage ment
191 191 ...191
XVI
14.3 14.3.1 14.3.2 14.3.3
14.3.4 14.3.5 14.3.6 14.4
15
lnhaltsverzetchnls
"GOaL" -eld ennfixierung von Talenten . Zielgruppen definieren un d Erw a rtunge n erk ennen . " H igh-touch" Ansat z ..... Das "GOa L"- Programm Messbare Res ulta te ..
......193 ................193 .......194 ...............195 . 197
Er fo lg sfa kto r n
.
Erfahrungen Zu kunft von ,.GOal "
198
199 .199
.
S BB: T alent Manage ment S BB - ein Bli ck in die Huma n Reso c rces-we rk s tatt
201
Markll s Jordi !lud Pd er TII. X lIII
15.1 15.1.1 15.1.2
.
Ziele D,lS Untern e hmen SBB AG .
15.4.2
Talente und Talen t Management Erfolgsfakto ren von Talent Managemen t in To p-Unte rne hme n Stä rken des heu tigen Talent Managemen ts SBB Commitment der Kon ze rn leitung und des Topkade rs. Bewährte Prozes se n utzen Entw icklu ngsfelde r des heutigen Talen t Managements SBB Cesam tsystem . Prozesse mit Entwickl ungspotenzial.
15.5
fazi t un d Ausblick .
15.1.3 15.2 15.3 15.3.1 15.3.2 15.4
15.4.1
16
.201 . .201 . .201
Einleitung;
. .
.
.
S wiss Lif e: Talent Man agem ent in de r Krise - e rst rec ht!
201 ..202 202 203 204 .........205 . 205 . 205
.............206 207
Beal/'Heller 16.1
Einleitung;
16.2
Talent Manageme nt von Swiss Life Anforderungen an das Talent Ma nage me nt in Krisenzeite n He rausfo rderu ngen Konkretes Talen t Manage ment in Krisenzeiten Umga ng mit Transforma tionsprozessen ........... Identifizieren von Talenten Ko mpetenzen entwickeln als Fazi t des Talent Managements
16.3 16.3.1 16.3.2 16,3.3 16.4 16.5
17
.
.
S w isscom: T al en t Man agem en t im Spa n n ungsfeld vo n Konti n uität un d Dis rupfion
.207 . .207 209 .210 211 . 211 212 214
217
GÜll/ er Pfriffer
17.1 17.2 17.3 17.4 17.5
Wie richt et Swisscom das Tale nt Man age me nt im aktuellen Umfeld aus? Wie geh en wi r mit Unsiche rheit um? Weshaib ist Ko m pe te nzen tw icklung wichtig und a uf welche Ko mpe te nze n setzen wi r? . Wie pla nbar ist Talent Manage ment g rundsä tzlic h? Wo ran messen wir den Erfolg d es Tale nt Ma nagements?
................217 .......219 220 ..221 .........222
Inhaltsverzeichnis
XVII
Teil 4:
Kri tische Refl exion von Talent Man agem en t
225
18
Was m an Ies thält , flieh t
227
Rriuhard K. 51''''118'''
Te ilS:
Zusamme n fassende Sch lussbe lrach lung
19
Ta le n t Man ageme n t au f d e m Prü fsta nd - was Sie fü r Ihren Füh ru n gsa ll ta g
19.1 19.2 19.3 19.4 19.5 19.6 19.7 19.8
233
w issen m üsse n Adrian Ritz und Nor/'al Tim", Ein le itu ng Handlu ngsalternativen existieren Um fassend u nd situa tiv - abe r nicht gleich Personalmanagement.. Der schmale Crat des Ernploye r Branding Talente gewinnen - vo r allem interne, wei bliche u nd äl tere Beurt e ilu ng u nd F d back du rch To p- Kade r; La ufba h n pe rspe ktiv en u nd Motiva tionsförderung durch Pü h ru ng sa rbeit
235 ....•..235 .........235 .238 ..239 242 . 243 246
Z usammenfass ung
.
249
H era usg ebe rve rze ich ni s
253
Au tore n ve rze ich n is
254
Teil! Tal ent Management aus Sicht der Wissensch aft
1
Talent Management - Überblick und konzeptionelle Grundlagen
Adrian Ritz lind Pc/a Siuclli
1. 1
Einleitung
Seit End e der 1990",r Jahre p rägt de r Begriff "War for Talen ts" au fgrund einer Studie von
McKinsey die Diskussion rund um das Talent Managemen t (vgl. Michaels/Handfield [onas/Axel rod 2001: 1). Auch heu te wi rd Talen t Managemen t daher unweigerlich mit die sem Kampf u m die Besten assoziiert. Diese be wusste Begriffsw ahl soll aufzeigen, d ass es für Organisa tionen überlebenswichtig ist, übe r Talente zu verfügen . Die Grundannahme einer eher feindlichen Organisa tionsumgebung kann im "War fOT Talents" mehrfach zum Organisati onserfolg beitragen . Denn eine rea listische Einschätzung von eigenen und fremden Abhä ngigkeiten ist zentral, um im Sinne des Vorsichtsprinzips die Notwend igkeit zu r Ausbalancierurig von Macht und Gegenmacht sowie von Vertrauen und Misst rauen au f dem Arbeitsmarkt zu erkennen . Darüber hina us können Organisationen so im um kä mpften Markt um die Beste n er mu tigt werden, selbs tbewusst und o ffensiv zu handeln. Sie müssen er kenne n, d ass sie auf sich selbst gestellt sind und für ihre Attra ktiv ität auf de m Arbeitsmarkt eigenständ ig sorgen müssen (vgl. von der Oelsnitz/Stein/Hahrnann 2007: 195). Doch wer Talent Management p rimär als " Krieg" versteh t, wird ihn ve rlieren. Denn ..Krieg" ist ein Zustand, welcher von Konflikten geprägt ist, was nicht Ziel eine r umfassenden Talent Management Stra tegie se in kann. Zusätzlich ist es von zentrale r Bedeutu ng. dass die Organisation das Ta lent Management zu einer p riori tären Au fgabe erklärt (vg l. Lubi tsh/Smith 2007: 6). Doch weshalb ist ein erfolgreiches Talent Management fü r d ie förde rliche Entwick lung vo n O rganisa tionen wichtig? Was kann unte r Talent Management vers tanden werden und w ie können O rganisationen auf die zunehmende Verknappung von Talenten reagieren? Die na chfolgenden Ausfüh rungen sollen diesen Fragen nachgehen und theo retis chkonzeptionell ergründen, was unter einem ganzheitlichen Talent Management verstanden we rden kann. Um eine Grun dlage für die weiteren Erörteru ngen zu schaffen, werden zunächst d ie Herausfoderungen rund u m das Thema Talent Management bele uc hte t sowie das Begrif fsverstän dnis geklärt. Arischliessend wird ein ganzhei tliches Talent Management Konzept erläuter t, welc hes O rganisationen be i der Ges taltu ng des Talent Managements unterstüt zen soll. Abschiessend wird das Gefun dene in einem Fazit dargestell t.
4
1.2
Talent Management - Überblick und konzeptionelle Grundlagen
Wandel im Talent Management
Die Vors tellung vo n Wirtschaft und We rtschöpf ung verändert sich. Wissens intensive D ienstleist u ngso rgani satio nen nehmen s ta rk zu und die zen trale n Prod u ktio ns fak to ren sind von a ussen kau m mehr zu er kennen . Fabrik hallen machen ntchtlänger den Reich tum von Organisationen a us, so nd e rn das Wissen, d ie Kreati vität und die Lernfähigkeit der Mitarbeitend en . Dieses bei den Mitarbeitenden vor hand ene Kno w-hcw ist meh r als Pro du ktionsmaterial, da es an konkre te Per sonen gebunden ist und so mit auch me ntale und ethische Bestandteile beinhaltet sind (vgl. von der Oelsn itz/Stei n/Hahmann 2007: 55). Um-
so wich tiger wird es dadu rch für O rganisationen, dass das vorhand ene Wissen erhalten und ausgeba ut wird . Die verfügbaren Talente , welche dieses Wissen auf sich tragen, müs sen daher gefördert werden, denn sie tragen entscheidend zum Kap ital eine r Organi sation bei. Im Folgend en wird erläu tert, in welchem Umfeld die Organisationen ihre Talent Management Strategie einzu betten haben und welche He rau sforderungen diese antreffen.
1.2.1
Demographische Entwicklung
Eine grosse Herausforderu ng d iesem Trend hin zur Wissensgesellschaft gerecht zu werden , stellt die de mog raph ische Veränderung dar. Durch die Alterung der Arbeitnehmenden erk ennen imme r mehr Organi sationen die demographischen Veränderungen als reale strategische und konk urrenzbetonte Bedroh un g (vgl. Calo 2008: 403). So ist das Angebot von 35-44jährigen Arbe itskräften in d en meisten Ind ustrieländern abnehmend . Bev ölkerun gspmgnosen sind im Vergleich zu Wirtschaftsprognosen lan gfristig treffsicher er. In den lnd ustrleländem zeigt sich die Arbeitnehmerverknap pung einerseits in eine r abnehmenden Population und andererseits in einer stru ktu rellen Vers chiebung. Beispielsweise leben in Deu tschland momentan gut 82 Mio. Menschen; b is zu m Jahr 2050 wird die se Zahl auf rund 70 Mio. zurückgehen. Zudem ist momentan etwa 1/4 der Bevölkerung über 60 Jahre alt, im Jahr 2050 wird 1/3 der Einwohner Deutschlands über 60 Jahre alt sein. Gleichzeiti g wird die Zahl der u nte r 20jährigen um knap p 1/3 (von 17 au f 12 Mio.] abnehmen (vgl. von der Oelsni tz/SteinfHahmann 2007: 59). Auch in de r Sch weiz n immt die Alterun g d er Wohnbevölkerun g zu . Im Jahre 2050 we rden in der Schwe iz 50 Personen im Alter über 65 Jah ren au f 100 Personen zw ischen 20 und 64 Jahren kommen. Dies ent spricht gegenü be r heut e einer Verdoppelung de s "A ltersquo tienten". Wä hrend heu te noch 68 von 100 Personen erwerbstätig sind, werden es im Jahre 2050 noch 59 sein (vgl. Bundesamt für Statistik 2006: 7). Der Hin tergru nd zu r heuti gen Bevölkerungsentwicklu ng kann au f wenige Grunddaten zu rückgefü hrt werden: Seit den 1970l:'r Jahren ziehen d rei Erwachsene d er Elterngen eratlon nur noch zwe i Kinder gmss. Jede Kindergeneration ist dadurch zahlenrnässig um 113 kleiner als die der Eltern. 100 Angebörlge der Elterngeneration haben somit noch 65 Kinde r, 42 Enkel und 27 Urenkel (vgl. von d er Oe lsnitz/SteinlHahmann 2007: 60). Dad urch da ss die Baby-Boom Genera tion in den nächsten Jahren in d en Ruhe stand gehen wird, besteht zudem d as Risiko eine s hohen wl ssensverlu stes, wen n es einer Organisation nicht geling t, d ieses Wissen an d ie aktive Belegschaft zu tra nsferieren (vgl. Calo 2008: 408). Ob-
Adrian Ritz und Peter Sinelli
5
wo hl durch die demographische Entw icklung mehr ältere Ar beitskräfte vo rhanden sind, w ird d iesen bei Restruk turieru ngen vielfach zu erst gekündigt. Dad u rch w ird ein wichtige r Han d lungsspi elraum von Organisatio nen vern ichtet und der Wissensverlust wäc hst zusätzlich (vgl. von der Oe lsnitz/Stein/H ahmann 2007; 87). Trotzdem gilt es auch zu bedenken, dass Alter zwar oft Expertenwis sen und Weisheit mit sich bri ngt , jedoch nicht vergessen ge he n d arf, d ass ältere Arbeitnehme r zu m Te il auch mangeln de "up-to-da te" Fäh igkeiten und eine tiefere Motiva tion in folge der Job- und Ka rrierezufr ied enheit mit sich bringen . Eine blosse Vorbereitung au f d en Ruhestand kann hier aber n icht die einzige Antwort sein . Mit dem Alter wi rd für d en Arbeitne hmer ein positives Selbstverständnis wichtige r. O rganisati onen werden darauf in Zukunft ver mehrt Rücksich t neh men m üssen, denn eine Erhöhung der Jobpe rforma nce ka nn bei den älte ren Ar be itne hm ern nicht meh r einziges Ziel sein (vg1. Ca lc 2008: 408 f.). Untersuchungen zum Altersverlauf zeigen au f, d ass de r Mensch in jüngeren [ah ren krea tivere und h öhe re Leistungen erbr ingt als in älteren Jahren. In älteren Jahren hingegen die Fäh igkeit wäc hs t, Situationen in kom plexen Um feldern rasch zu ana lysieren u nd Entsche idu ngen zu fällen. Die demog raphische Entwicklung kann somit Auswirkungen auf den Innovationsgrad von wissenschaftl ich oder kom me rziell verwertbaren Leistu ngen ha ben (vgl. vo n der Oelsnitz/Stein/Hah mann 2007; 71 f.). Bevo r die Baby-Boom Generation in den Ruhestand ge ht, müssen Organisat ionen d aher siche r stellen, dass ihr we rtvo lles Wissen trans feriert wi rd . Dies ist insbesondere für Wissen zentral, we lches n icht explizit festgehalten wu rde w ie z. B. Dokumente, Datensätze. Prozessa nleitungen (vgl. Calo 2008: 409 f.). Turner und Makhija (vg l. 2(06) s prechen vo n d iesem Wisse n als sti lles Wissen (tacit knowledge) und weisen darauf hin, dass d ieses nicht bereitw illig transferabel ist. D ieses stille Wissen ist informell und uncodiert und ex istie rt in den Köpfen der Angestellten und in den Erfah ru ngen der O rga nisat ion (vgl. O'Dell/G rayso n ]998). E<; ist somit im plizites Wissen und wird nur we itergegeben, wenn fü r die Arbe itne hmer dafür Anreize und Mögltchkel ten bes tehen. Zu befü rch ten ist, dass unter der Bedingung einer auch bei einem positiven Zuwanderungssaldo sch rumpfenden Erwerbsbevölkerung di e "k ritische Masse" an Talen ten letztlich nicht zu halten, gesc hweige denn sig nifikan t ausz ubauen ist. Wenn diese Entwicklung d emen ts prechen d weiterge ht, dann wer den in den Organ isat ionen ech te Auswahlprozesse wegfa llen . Vor allem in una ttra kti ven Regionen oder wenig gesc hä tzten Bran chen wer den sich Personalverantwo rtliche dann mit Personen zufr ieden ste llen müssen, welche d ie geforde rten An ford erungen nicht in jedem Fall optimal erfüllen. De r zunehmende Schwund von talentierten Arbe itnehmenden wi rd somit zu einer echten Wachstums- un d Wo hlst an dsb remse (vgl. von de r Oe lsnitz/Stein/Hahmann 2007: 69). D ie laufenden Debatten über demog ra ph ische Verä nderu ngen u nd den Umgang m it älteren Arbe itne hmenden ist d aher eine klassische Manifestation eines gege nwärtigen gesellschaftlichen Veränderungsprozesses. Die Warnsignale sind zwar erwiesen, aber oftmals werden sie igno rie rt (vgl. Calo 2008: 407).
6
1.2. 2
Talent Management - Überblick und konzeptionelle Grundlagen
Wissensmigration
Neben den de mogra phischen Herausforderu ngen stellt für ein ige Länder auch di e Wissensmigralion ein wichtiges Hand lungsfeld dar. Ein ze ntraler As pekt der Wissensmi gr ati O ll ist, d ass Wissen fas t ausschlfess ltch an Person en gebunden ist. Dieses pe rsonengeb und ene Wissen ge ht einem Land unweigerlich verloren, wenn d ie en tsprechend quali fizier te Person den Staat verlässt. So wandern in Deutsc hland über pro po rt iona l viele hochqua lifizie rte Per sonen u nd damit po tenzielle Talente ins Ausla nd ab. Z. B. liegt der Anteil der Promovierten unter den Auswanderern zehnmal höhe r als im Durchschnitt de r Bevölkeru ng. Ein weiteres Beispiel von Wissensmigra tion lässt sich bei den de utschen Ärzten nachweisen: Von 11'000 Medtztnstuden ten, die jedes Jahr in Deu tschla nd ein Medizinstudium beginnen, emigrier en über 4'(}(Xl Mit diesen Personen verlässt wic htiges Kno w-how d as Land und Ausbildungs kosten werd en fü r andere Länder übernommen. Auch für Entwic klu ngsländer stellt d ies eine der gr össten Herausfoderungen dar. Viele der grossen Probleme de r En twicklungsländer haben mit de r Abwanderung von qualifizierten Arbeitskräften zu tu n, da dad urch de ren wirtschaftliche, politische und gesellsc ha ftliche Probleme star k gefördert we rden. .B ratn Caln", " Brain Exchange" u nd .Brain Drain " sind da bei zent rale Begri ffe. Un ter .Brain Drain " wird die Abwanderung und un ter .Brai n Ga in" die Zuwanderung von Talenten verstanden, während sich .Brain Exchange" auf wechselseitigen persone llen wissensaustaus ch zw ischen allen beteiligten Länder bezieht un d sich für die Länder positiv auswirken kann (vg1. von der Oe lsnitz/Stein/H ahmann 2007: 92 H.). Die Schweiz gehört aktu ell zu jenen Länd ern, welche bei d er Zuwanderung eine deutlich bessere Kosten-Nu tzen-Bilanz haben und eine hohe Einwa nderung an Hochqualifizierten und d am it po tenziellen Talent en aufweisen (vgl. Com resse 2009: 5). Von de r Oe lsnitz, Stein und Hah mann (vg1. 2007: 28) erwä hnen hierzu, dass deswegen der staatlichen u nd auc h betr ieblichen Bildu ngspolitik beim Kampf u m die Besten eine zentrale Rolle zufä llt. Die betriebl iche Bildungspo litik vennag du rch eine aktive Perso nalentwicklung die Bind ung der besten Mitarbeite nd en aufg rund einer gestär kten Arbeits mar ktfähigkeit po sitiv zu beeinflussen .
1.2 .3
Employability und Arbeitsmarkt
Ein wei teres Spannungsfeld stell t d ie Beziehu ng zwischen Arbeitnehmer und Arbei tgeber dar. Während früher noch der psychologische Vertrag von Arbeitgeber und Arbeitnehme r als Grun d lage d er Arbeitsbeziehung vorausgesetzt we rden konn te und daru m durch gegensei tige Loyalität und Besch äftigu ngssicherheit verbunden waren, so rückt heute d ie so genannte Beschäftigun gsfähigkeit (Em ployability) in d en Vorde rgrund . In den vergangenen Jahren haben Arbei tgeber d ie Bild ungs- und Entwicklu ngsve rantwo rtung ver mehrt an ihre Mitarbeitenden delegiert. Dies hat heu te zur Folge, dass d ie Loyalit ät der Mitarbeiten den in Relat ion zu den gebo tenen Aussichten zu sehen ist. Vor allem junge talent ierte Mitarbeitende zeigen sich nur so lange loyal, als die gebotenen Arbeiten und Prob lemstellung en in der O rgan isation att raktiv sind un d einen Beitrag zum lebens langen Lernen, zur Steigerung d er Arbei tsma rktfähigkeit bez iehu ngsweise Karriereen twicklung leisten kön-
Adrian Ritz und Peter Sinelli
7
nen . Somit verschiebt sich das Machtgleichgewicht bei einem Nachfrageü be rhang au f de m Arbeitsmarkt vermehrt in Richtu ng d er Talente (vg l. Lubi tsh/Srnith 2007: 7).
1.2.4
Weitere wesentliche Einflussfaktoren
Zu Veränderunge n des H uman Resoutces Umfe lds und damit des Talen t Managements gehört zudem die Einbe ttun g von kulturellen D ifferen zen einer wachsenden ethnischen Dtversitä t der Arbeitnehmerschaft. Durch die globale O rientieru ng viele r Organisationen w ird eine strategische Ausrichtung.. wie mi t den ku lturellen Unte rsch ied en umgegangen w ird, immer bedeu tsamer. Zudem we rden die Frauen für den Arbeits prozess imm er wichtiger. Nur wen n talentierte Frauen ve rmeh rt Schlüsselpositionen übernehmen, kann die aus der demographischen Entwicklung entstehende Lücke an Talenten einige rmassen gefüllt werden (vgl. Calo 200s: 403).
1.2.5
2wischenfazit
Vor den erläuterten Entwicklungen werden d ie Herausford eru ngen ru nd um das Talent Management u nd seine Notwendigkeit erkennbar. Die demographische Entwicklu ng, Wissensmigration, die ab neh mende Bind ung innerhalb von A rbeitsbeziehungen sowie d ie eth nische Diversität und der verstärkte Einbezug de r Frauen in den Arbeitsprozess machen das Talent Management zu einem zent ralen wie auch her au sford ern den Element der O rganisa tionsstrategie. Talent Management muss heute ein Bestandteil des jäh rlichen Strateg ieprozesses se in (vgl. Sta rck/Baier 2009: 30 f.]. Denn der Prei s eines Wirtschaftsgutes (in u nse rem Fall das Gut "Talent") wird über dessen Knappheit gebi ldet. Das bedeutet, je seltener die Qualifikation einer Arbeitskraft, desto mehr m uss die O rganisation aufwenden, um diese Kraft für sich zu gewinnen (vgl. von der Oelsnitz/Stein/Hahmann 2007: 24 f.). Dabei s pielt nicht nu r das Gehalt eine Rolle, sondern die Kom bination vo n unterschiedlichen Element en, welc he in Kapi tel 1.4 dieses Beitrags erörtert we rden (vg l. Blass 2llO9: 5.14 f.; Thom 200H; 10 f.).
1.3
Zum Begriff des Talent Managements
Fü r den Begr iff Talent Management ex istie rt keine einheitliche Def inition (vgl. Blass 200'J: 1 f.; Garrow /Hirsh 2008: 390; Rütti nger 2006: 18). Deshalb soll folgen d eine Übersicht über verschiedene Defini tionen gegeben werden u nd Gemeinsamkelten für eine Begr iffsklärung bele uchtet werden.
1.3.1
Talent
Etymologisch lässt sich de r Begriff Talent vom griechischen "tala nton" (Waage; das Gewogene, bestimmtes Gewicht) herleiten . Das gr iechische Wort war die offizielle Handelsbe-
8
Talent Management - Überblick und konzeptionelle Grundlagen
zetchnung eines bestimmten Gewichts u nd einer diesem Gewicht entsprechenden Geldsu m me. In der Bibel ers cheint es m it der erweiterten kon krete n Bedeutung "anvert rau tes Vermögen, anvertrautes Gut", woraus sich die übertragene Bedeutung "die (einem vo n Gott an vert raute) geis tige Anlage" entwickelt ha t (vgJ. Ollden 2001: 835). Die Bedeu tung von Talent schei nt also in der urs prünglichen Verwendung ein sehr umfassender Begr iff gewesen zu se in, welcher sich allge mein auf Elemente wie Ausgleich und Begabung be zog. Ta tsächlich w ird der Begriff des Talents heu te einhe rgehend mit Bezeichnungen wie Hig h Potential, Hoc hle istun gsträger. To p- Performer, A-Player und Hoch begabter verwendet. All diese Begriffe weisen au f Fähigkeiten von Perso nen h in, we lche nicht jeder besitzt. So spricht Thom (2003; 237) beispielsweise von High Potentials. Dabei h and le es sich bei High Potentials "I... J u m Personen jün geren Alte rs - eine expl izite Alters begrenzung kann allerdings n icht gegeben werden. Um von einem H igh Potential zu sprechen, sollten gewisse Eckdaten zweckmassigerweise erfüllt sein; •
eine höhere fachliche Ausbildung,
•
eine sehr sta rke Motivation und Freude an einer hera usfo rde rnden Tät igkeit,
•
ein sozial kom pe tenter Umgang mit Arbeitsko llegen u nd Vorgesetzten,
•
ein stetiges Bed ürfnis nach persönlicher und beru flicher Weiterb ild ung."
Auc h we nn d ie meisten Defin itionen des Begriffs Talen t in eine ähnl iche Richtung we isen, gibt es z. B. beim Kriterium "höhere fachliche Ausbildung" Abweichungen. So beton t insbesondere Stamm (vg1. 2007; 32 ff.), d ass ebe nfa lls unter nicht Akademike rn übe rdurchschnitt lich Begab te zu finden se ien. Au ch sehr beg abte nicht Hochschu labsolventen können som it unter dem Beg riff Talent su bs umie rt werden. Entscheidend scheint bei der Begriffsdefinition zu se in, dass jede Organisa tion selbs t ve rsu ch t zu ergründen, welche r Persone nkreis m it welchen Merkmalen für sie unter d em Begr iff Talent fäll t. Fü r d ie Pers on albeschaffung oder die Persona lauswahl ist de r Begriff zudem stetig im H inblick au f die konkrete Zielgruppe anzu passen beziehungsweise zu erweitern. Denn die Organisation bestimm t mit ih rer Ceschoftss tre tegte nicht u nwesentlich, in welche Richt ung di e Definition vo n Ta lenten geht. Steht z. B. ein Change Prozess im Ze ntru m de r aktuellen Organtsauonss tra tegte, dan n werden Talente eher dafür notwendige Fähigkeiten au fweisen müssen, wä hrend bei einem starken Wettbe werbsd ruck in technischen Berufen eher Talente mit d iesen Voraussetzungen zu suchen sind.
1.3. 2
Talent Management
Wenn die Organisation de finie rt ha t, welc he Personen als Ta lente ge lten und da du rch eine Identifikat ion möglich w ird, stellt sich d ie Frage nach dem Umgang mit ihnen, sprich dem Management derjenigen. Capelli (2008: 1) zeigt auf, dass viele O rganisat ionen un ter Talent Managemen t Folgen d es vers tehen: "Getti ng the rig ht peo ple with the right skills in to the rig ht [obs." Auc h wenn diese Beg riffsdefinition einleu chtet, gehört zu m Begriff des Talen t Managemen ts mehr als d ie optimale Besetzung von Positionen. De nn d ies ist ehe r der
Adrian Ritz und Peter Sinelli
9
grundlegenden Funk tion der Personalgewinnung zuz uweisen (vg l. Tho m 2001: 119 ff.]. Unte r dem Begriff Talent Management im we itesten Sinne ka nn alles ve rstanden werden, was die Iden tifikation, die Ent w icklung, das Engagement, die Erhaltung und den Personaleinsatz eines Talen tes innerhalb eines spezifischen Organisat ionskont exts beinhaltet (vgl. Clake/Winkler 2006: 1). Talent Management gründet im Konzept, d u rch welches die Arbei tgeber ih re Bedü rfnisse an zukü nftiges und gegenwärtiges Hu mankapi tal für besondere Schlüsselpositionen formulieren und Umsetzungsmassnah men festlege n. Die Entscheid ungen, welche im Talent Management gefällt we rden, formen di e Organisations kompetenzen und vermögen den Erfolg der Organisation zu beeinflussen. Diese Entscheidungen d eterm inieren die Laufbahn und Entwicklu ng de r Arbe itnehmer. Grundlegende Aufga be des Talent Man agements ist es, einen zen tralen Beitrag aus Sicht des Personalmanagements zur Erreichung der strategischen Organisationsziele zu leisten (vg1. Capelli 2008: 1 H.). Ohne diesen Beitrag erü brigt sich jede Ans trengung im Bereic h des Talent Manage ments. Talent Manage ment ist da bei kein Konze pt, welches für jede O rga nisa tion gleich übernommen werden kann. Nur d ie situationsadäquate Entw icklung eines originä ren Talent Management Konzepts ist zweckmässig, wenn es längerfris tig Erfolg haben w ill. Der Begriff Talen t Managem ent wird gerade deshalb von diversen Au to ren untersch iedl ich vers tan den (vgl. Ga rrow/Hi rsh 2008: 390). Während die einen die strctegtschen Elemen te des Talent Managements betonen, lassen sich andere au f p rozessuale oder operative Schwerpunkte ein. Gewisse integrieren ihr Talent Management in das Performance Management, wä hrend ande re eine klare Trennung dessen vornehmen. Weitere schliessen expliz it alle O rga nisat ionsmitg lieder in das Talent Management ein, während de r Grossteil das Thema segmentiert für eine ausgewählte Gruppe an Mitarbeitenden bet rachtet (vgl. Blass 2009: 1f). Talent Managem en t ist nicht gleich Personalent wicklu ng, vielmeh r beinhaltet es spezifische Elemen te de r Personalen twicklu ng. Becker (vg1. 2005: 610 f.) vers teh t unter Per sonalentw icklung um fassend alle gep lant en Massnahmen, welche de r Bild ung, de r Förderu ng und der Organisationse ntwicklu ng, d ie von einer Person oder Organisation zu r Erreichung spezieller Zwec ke ztelgenchtet, systematisch und me thodisch geplant, realisiert un d evaluiert wer den. Das Konzep t Talen t Management ist jedoch nicht auf alle Mitarbeitenden einer Organisation anwendba r, auch wenn dies von gew issen Au toren oder Praxisvertretern so verstanden wird. Auc h wenn Talent Management von vielen unte rschiedlich betr ach tet wi rd, formuliert Blass (2007: 2) eine ge neris che Def inition, welche gezie lt au f Talente fokussie rt und den zusätzlichen Beitrag zu angestamm ten Funktionen des Personalmanagements verdeutlicht: "Talent m anage men t is the additional management processes and opportunities th at are mad e available to people in an organisa tion who are const dered to be "talent"." Vor diesem Hinterg ru nd gelangen die Auto ren abschltessend zu eine r Umsch reibung des Begriffs Talent Management, welcher fü r zu künftige Arb eiten in Wissensc haft und Praxis nu tzbar sein so ll:
10
Talent Management - Überblick und konzeptionelle Grundlagen
Talent Manageme nt bezeichnet jene Organisationskonzep te und -massnahmen, die sich gezie lt mit der Gewinnung. Erhaltu ng und Entwicklung von gegenwärtigen oder zukü nftigen Mitarbeitenden auseinan de rsetzen, die aufgrund ihrer vergleichsweise knappen, star k nachgefrag ten und für die Organisation zen tralen Schlüsselkompetenzen als Talente bezeichnet werden.
Welche Kompetenzen letztlich als zen tra l und bedeu tungsvoll bezeichnet we rden, ist situativ festzulegen. Zudem sind bew usst sowohl jüngere als auch älte re Mitarbeitenden in d ie Definition eingeschlossen. Denn vo r dem Hintergrund schwindender fixer Ruhestandsgrenzen erschein t den Auto ren eine kom petenzor ientierte Sich tweise wichtiger als eine altersorientierte. H ierin unterscheidet sich Tale nt Management auch von anderen Arbeiten wie z. B. zu Führungsnachw uchsk räften und H igh Poten tials.
1.4
Aufbau und Funktionen des Talent Managements
Eine McKinsey Studie mit Befragungen von 46 Crossunternehmen erwähnt, dass kei n einziges Unternehmen mit seinem Talent Managemen t ru ndum zu frieden ist (vgl . zu Putlitz/Komm/Pu tzer 2009: 61). Dies lässt auf ein grosses Verbesserungspotenzial des in den Organisationen existierenden Talent Managements sohltessen. Die Strategie des Tale nt Man agements einer Organisation sollte au f die Form der O rganisation angepasst sein. Dies ist da nn der Fall, wenn es für die Organisation adäqua t ist und der Kultur, den Arbeitskräftebed ü rfnissen, d en H um an Rcsc urces Praktiken, den Management Kapazitä ten und d en strategischen Zielen de r O rganisation en tspricht. Sind die Talent Management Program me mit de r Organisationsst rategie verl inkt, ka nn ehe r eine dyna misc he zu kunftsorientierte Program mo rien tieru ng gewährleis tet we rden (vgL Ga rrow/Hirsh 2008: 394 L). Im Folgenden wird m it de r Ausarbe itung eines ganzheitlichen Talent Management Konzeptes aufgezeigt, wie Talent Management umgesetzt werden kann .
1.4 . 1
Ganzheitliches Talent Management Konzept
Untersuchungen zeigen, dass viele O rga nisa tionen dem Thema Mitarbeiterbeschaffung eine stärkere Relevanz als der Mita rbeiterbindung be imessen. Es wird jedoch ve rmehrt erkan nt, dass pe rsonal poli tische Ent wic klu ngsk onze pte (z. B. Nachfolge planung. Skillun d Kompetenamancgement) mit Themen wie Performance Man agem ent und Vergütungsstrategien zu einem Ganzen verbunden werden müssen. Kritike r tadeln dabei zu recht, dass ein auf die Mitarbeiterbeschaffung fokussiertes" Talen t Management" als "a lte r Wein in neuen Schläuchen" bezeichnet werden kann. Dasselbe gi lt für Talent Management Bestrebungen, welc he nur bis he rige Bezeichnungen wie Personalentwtcklung, Nachwuchs kräfteförderung oder ähnliches ablösen. Oft ma ls feh lt ein ganzheitlic her und nachhaltiger Talent Management Ansatz. Dabe i ist auffällig, dass selten ein organisationsweiter
Adrian Ritz und Peter Sinelli
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Talent Management Prozess vorhanden ist, sonde rn dies oft für verschiede ne Bereiche (z. B. Gewinnung oder Entwicklung) isoliert voneinande r sta ttfindet (vgl. Jäger 2009: 17). Die we iter oben dargestellten Herausforderungen rund u m das Talen t Man agement lassen sich durch ein u mfassendes Talent Management Konzept, d as die einzelnen personalwirtscha ftlichen Teilfun ktionen des Talent Managemen ts sys tema tisch aufe inander abs timm t und in die übergeordnete Perso nalstrategie integriert, geztelter und produ ktiver angehen. Anstelle von verschiedenen Einzelm assnah rnen müssen d ie zusammenhängenden Talent Management Prozesse mit den erford erlichen Inst rumenten un d Masseahmen als Kreislauf in de n Mittelp unkt der Betrachtun g gestellt werden. Das folgen de Talent Management Konzept zeigt die relevanten pe rsonal wirtschaftlichen Zusammenhänge au f u nd d ien t somit als Orientieru ngshilfe für eine verbesserte Gestaltu ng des Talen t Managements eine r O rganisation (vg1. Abb ildung 1.1) (in Anlehnung an Tho mlRitz 2008: 318). Abbildung 1. 1
Ganzheitliches TaLent Management Konzept
Prim äre Au fgabe Hum an Reso urces Manageme nt Strategisches Talent Management Organisahon oos Talent Managements Planung. Controlling . Marketing im Talent Management
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Führung der Talente
Primäre Au fgabe Li nie
Im Mittelpunkt d es Talent Management Konzept s steht der Prozesskreislauf we lcher d ie zent ralen Funk tionen von Gewinnung, Beur teilung, Einsatz un d Erhaltung, Entwicklu ng
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Talent Management - Überblick und konzeptionelle Grundlagen
sowie Abgang und Kontakt erhaltung unterscheidet. Jedes besch äftigte Talent du rchläu ft im Normalfall diese Akttonsfelder. Dieser Prozesskreislau f is t eingebettet in die mit den Prozesselementen unm ittelbar verbundenen Ak tivitä ten der Personalabteilung und de r linienv erantwortlichen. Der Prozesskreislauf ze igt auf, dass bei m Ta lent Ma nage men t die fortwä hrende Au frechte rhalt ung der Arbettgeber-Arbet tnehmer Beziehung das Ziel ist. Denn im Gege nsatz zu vielen anderen Per so nalabgängen versucht Talent Managem ent ausgetretene Talente wieder zu rückzugewinnen und langfris tig an die Organisation zu binden.
1.4.1.1
Steuerungs- und Quers chnittfunktionen
Strategisches Talent Management Das stra tegische Talen t Management befasst sich einerseits mi t der langfristigen Zielfindung und Zielfestlegurig für das Talent Management, andererseits m it der darau f abgestimmten Koor dination der einzelne n Funktionen des Prozesskreislaufs. Organisationsun d Gesc häftsfeldstrategien sind direkt mit d em Ta lent Management zu verknüpfen. Insbesondere der Aufba u neu er organisa ttoncler Fäh igkeiten und zu künftiger Leis tu ngsbereic he bed arf der In tegration besonders geeigneter u nd ausgewählter Mita rbeitenden, wenn die Erfolgsgarantie möglich st hoc h sei n so ll. De nn auch hier gilt der Grundsatz: Frü here Leistungen sind einer der besten Prädiktoren fü r zu künftige Leistungen. Somit wird durch diese Ste ue ru ngsfu nkt ion das gesa mte Talent Manageme nt beeinflusst (in Anlehnung an Thorn, 2001: 119). Dies bed ingt das Bekennt n is der Organisation , die Suc he un d das Binden von Talen te n explizit als Priorität der Organisationsentwicklung zu de flnieren . Ohne diese Verknüpfung von Talent Managem ent und O rganisationsentw icklung auf st rategische r Ebene entfalten Ans trengu ngen keine Nachhaltigkeit. Die Organisationsleit ung muss vo n daher erkennen, d ass d iverse ihrer vermeintlich nic ht personalwirtschaftlichen Aufgaben - wie etwa d ie Erarbeitung von Produ ktstrategien, vo n Markenst rateg ien oder das Organisa tions- und Wachstumsmanagement - im Hinblick auf die Bind ung der Talente und vor dem Hinterg rund der geschilderten Herausfor deru ngen zuk ünftig vermehrt d ie Beteiligung de r Perso nalfunktionen erfordern. Eine Stä rkung de r langf ristigen Personalstrategie wird unabdi ngbar, u m im Rahmen des Talent Ma nagements vo n einer reaktiven, operative n Fu nktion zu einer impulsgebenden. vorbeugend handelnden Fun ktion mit s tra tegischer Aus rich tung zu kommen (vgl. von de r Oe lsnitz/Stein/Hahmann 2007: 211 H.). Talent Man agement wi rd somit zur w icht igen interag ierenden Varia ble in der strateg ischen Entscheid ungsfind ung bezüglich de r Produkt-, Organisations- u nd Perso nalentwic klung. Das strategische Ta lent Manage men t bee in flusst unweigerlich auch das, was die Organisation unter Talenten und deren Perspektiven versteht respe ktive w ie sich Talente zu r Organisation h ingezogen fühlen oder auch nicht. Der Beeinfl ussung und d em Management erfolgreiche r Talente sind aber auch Grenzen gesetzt. Die ges childerten Mer kma le des strategischen Talen t Managements reichen nich t aus, d amit jemand erfolgreich ist. So sp ielt insbesondere de r Kon text eine wohl entschei dende Rolle. Biologen sprechen in diesem Zusammenhang von d er "Ökologie" eines Organismus: Die grösste Eiche in einem Wald ist nich t nur deshalb die grösste Eiche, we il sie
Adrian Ri tz und Pete r Sinelli
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aus der kräftigsten Eichel sta mmt, sondern sie ist es au ch d esh alb, weil ih r kein anderer Baum d ie Sonne gen ommen ha t, weil die Erde tief und nä hrstoffreich ist, weil kein Wildtier am Sprössling gekna bbert ha t und we il kein Forstarbeite r d en ju ngen Baum vo rzei tig gefällt ha t. Die meis ten wissen, dass erfolgreiche Menschen aus eine m kräft igen Keim stammen, Doch wissen wir ge nug übe r die Sonne, d ie sie gewärmt hat , die Erde, in der sie Wu rzel gesc hlage n ha ben, und die Wildtiere und Holzfäller, denen sie durch Zufall en tga ngen sind (vg l. Gladwell 2009: 23)? Strategisches Ta len t Management bezieht das Umfeld und die bisherigen Pfade vo n Talenten in se ine Ana lysen und Ges taltu ngsfelder ein. Das stra tegische Talent Management hat die folgenden Ziele: •
Festlegu ng des Vers tänd nisses vo n Talent en
•
Aufzeigen der Verknüpfung von Talent Manage ment und Organisationsst rategie
•
Ableitung d er strategierelevanten Anforderungen an Talente
•
Sicherstellung ausreichender Ressourcen
Organisation des Ta lent Managem ents Sobald das Ta lent Management eine strategische Bede utung erlangt ha t, mu ss d iese stri ngent kommun iziert und koord iniert we rden. Per sonalarbe it im Bereich Talent Management muss fundiert un d qualifiziert erfo lgen . Da her müssen die Perso na lleitungen mi t Fachperso nen . d ie ex plizi t personalwi rtschaf tlich ausgebi ldet sind, besetzt oder unte rstütz t we rden . Damit kann eine Ausd ifferenzierung und Spez ialisierung de r Personalfu nktion einherge hen, muss aber nicht, wenn best ehe nde Ressou rcen neu genutzt werden können. Die Q ue rschn ittsfunktio n der Organisation soll da mit das Zusammenspiel von Arbeitsteilung und -koordination der verschiedenen Au fgabent räge r im Talent Management regeln und festige n (vg1. Thom 2001: 127). Da bei geht es vor allem um die Kom petenzverteilu ng zwischen der Personal- und Facha btetlung. Während die Per sonalabteilung oder eigenständige Service Ce nters zentrale Funktionen wie z. B. die Administ ration von Talent Poo ls vornehmen, läuft beispielsweise der Einsa tz vo n Talenten nu r übe r d ie Fachabtetlung. Dagegen liegen z. B. Fragen zur Gewinnung von Talenten in der Mitte und müssen koo perativ gelöst werden (vg1.Thom/Ritz 2008: 325). Die Organisation des Talent Managem en ts d ient p rim är folge nd en Zielen ; •
Zielgru ppengerechte Kommu nika tio n der für das Talent Management releva nten Verstä ndnisse, Anforderungen und Prozesse
•
Koordi na tio n de r mit de m Talent Management ver bundenen Au fgaben träge r und deren Aufgaben
Planung, Controlling, Mar keting im Tal ent Management Die drei folgen den Q uers chni tls funk tio ne n beein flu ssen alle Funk tio nen des Prozesskre istaufs.
Talent Management - Überblick und konzeptionelle Grundlagen
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Zu r Planu ngsfun ktion im Rah men de s Ta lent Managements gehört in Anlehnu ng an die Strategiefunktion die kurz-, mittel- und langfristige Planung des ga nzen Talen t Management s respektive seiner Prozesse. Gehören zu m Prozess der Talententwicklu ng beis pielsweise akt iv betreu te Talent Poo ls, dann ist mit deren Betreuung viel Planun gsarbeit ver bunden. Oder aber d ie Anpassung spezifischer Anford eru ngsp rofile
Das Contro lling unterstüt zt die für das Talent Management relevante Entscheidun gstindung. Hierbei werden sowohl quant itativ als auch qualitativ erfasste Informationen zur Arbe itsm arktsitua tion. zur En tw icklung der Beziehungen mi t po tenziellen Interesse nte n des Talent Relation sh lp, zu r Stru ktu r von Schlüsselposi tionen u nd von Tale n ten aufbe reitet, um gez ielt aktiv werden zu können. Eine Koor din ation mit de r Bedürfniserfassung im Rah men des Marke tings u nd der Talentgewinn ung ist da be i notwendi g. Letz tlich gehört hierzu auch die Überprüfun g d es Talent Managements an sich. Die Frage, ob sich der Aufwand für Talent Management Aktivitäten kurzfristig u nd langfristig lohnt, muss fun d iert beantwo rtet werden können. Das p rimäre Ziel des Market ings bes teh t in der Schaffung von güns tigen Vorausse tzungen zur Erhöhung der Att rakt ivität eines Arbeitgeber s auf d em Internen und externen Arbei tsm ar kt fü r Talente be zieh un gsw eise de r dafür vor gesehenen Schlüsselpos itionen. Eine enge Überschneidu ng mit der Funktion des Personalmarketings an sich ist selbstredend . Da bei de r Gruppe der Talente spez ifisch auf die se Gru ppe zugeschnittene Market ingmassnahm en not wendig werden, ist die Koordination mi t dem Ge w inn ungsprozess zwingend (vgl. Kap itel 1.4.1.2: Gewinnung von Talen ten ). Die drei erwähnten Teilfun ktion en verfol gen primär folgende Aufgaben: •
Kurz, mittel - und langfristige Planung der Ta len t Management Aktivitä ten in Relation zur strategischen Planung
•
En tscheid ungsrelevante Infor mationserfassung und -eu fbereitu ng fü r die Steuerung und Kont rolle des Ta lent Managements
•
Erhöhung der Attr akti vität des Arbeitgebers als Voraussetzung für Talen tgew innung
1.4. 1. 2
Prozesskreislauf
Der Prozesskreislau f setzt sich au s Elementen zus am men, die sowohl von den Q uer schni ttsaufga ben als auch vo n der Führungsveran twortung de r Linie bee influsst werde n. Es kann dabe i zw ischen Gewinnung. Beurteilun g. Einsat z und Erhaltung. En twicklung sowie Abgan g und Kont akterhaltung von Talen ten unterschieden we rden (in Anlehnung an Thom/Ritz 200H: 319).
Gewinnung von Talent en Die Gewinnung lässt sich primä r in Beschaffu ng u nd Aus wahl unterteilen. Aufgrund d er steigenden Nach fra ge nach Talenten und des rü ckläufigen Angebotes derjenigen, w ird der
Adrian Ritz und Peter Sinelli
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Gewi n nungs pr oz ess in Zu kun ft noch entscheidender we rde n (vgl. zu Pu tlitz/Kom m/pu tzer 2009: 61). Im Cegense te zu m klassischen Personalmanagement ist bei m Talent Management das Person alma rk etin g (insbesondere bei glo ba l tät igen und di versi fizier ten Organisationen) stärker dire kt dem Prozesskreislauf Gewinnung un d weniger der Q uerschn ittsfun ktion Market ing zu zuordnen, d a gewisse Talente ind ivid uell angega ngl;'n werden müssen. So läss t sich beis pielsweise ein Talen t für eine Tl -Position nicht m it den gleichen Aktivitäten w ie eine Person für eine Ingenieurstelle ansprechen. Dies schliesst aber nicht aus, dass von einer zen tralen Stelle au s gewisse Grundsatzen tscheide möglichst aus einer stra tegische n Pers pe ktive ge fällt we rden sollen. Die klass ischen Aktivitäten des Personalm arket ings - Akquisition, Motivat ion und Profilterung - sind im Ma rkt um die Talente Pflich t. Dabe i sollen sys tema tisch d ie Ans p rüche der Talente erfasst we rden . Nur so können inne rbetriebliche Massnah men letztl ich fruchten. Das Personalmarket ing un terstütz t da bei die nachgelagerte Perso nalbeschaffung bei der Optimierung der Rekrutierung u nd d er Integration vo n Arbeitne hmern. Zen tral ist hier, dass Talente unterschiedlich sind . Das Per sonalmarketing soll dem entsprechend zielg ruppe nor ientiert ausgestaltet we rden. Dabe i ist d as Organisa tio ns image spezifisch au f die gesuchten Talente auszurichten, da mit d iese das Image als ideal wa hrnehmen, ohne jedoch das eigen tümliche des Images abzuä ndern. Sinnvoll kann da bei eine möglichst ein zigartige Darstellung der Mar ken identi tät sein, denn nur so kann man sich von de r Konkurrenz u m d ie Tale nte abheben . Dabei geh t es nicht um eine werbebotschaf t, sondern viel eher um ein aus der Füh rungs- und O rganisationskultur abgeleitetes Wert ever sprechen m it Verbi ndl ichkeitsanspruch. Dieses soll au ch d as so ge nannte Werteversprechen (Employee Value Pro posi tion) festlegen. So kann vers tänd lich gemacht werd en, wa rum ein Talent ge rade in dieser und in keiner anderen Organisation arbeiten soll. Die Arbeitgebermarkenb ild ung (Employer Bran d ing) s pielt dabei eine en tscheidende Rolle. Im Idealfall gelingt die Herstellung eine r kultur ellen Annäherung zwischen den Talenten und de r O rganisat ion, we lche mit echter Überzeugu ng nach innen und aussen vert reten und gelebt w ird. Ein vorbildliches Personalmarketing ve rankert sein Ernployer Brand ing in Corpora te-Social-Responsibil ity Berichten, wie auch in einem ange messenen Standortmarketing . So können Standortnachteile etwa durch die Finanzierung von Dop pe lwohnsitzen. Unterstütz ung der Arbeitsplatzsuche vo n Lebenspartnern. eine Flexibilisieru ng der Arbeitszei ten d urch Heim a rbeitsplä tze. ve rwaltu ngsbezogene Unterstüt zu ng wäh rend der Phase des Einlebens im soz ialen Um feld oder we itere r Kommunika tion vo n Vorteilen eines Standortes möglichst entkräftet we rden (vgl. vo n der Oe lsnitz/Stein/Hahmann 2007: 214 ff.). Im Sinne einer ga nz hei tlichen Mark et ingst rategie ist ein erfolgreiches Personalmarketing m it der Unt erzeichn ung des Arbeitsve rtrages noch nicht beendct . Eine klare Strategie. wie d ie akquirierten Talente in de r Organ isati on eingesetzt werden beziehungsweise welc he Karrier ewege ihnen gebo ten werden sollen, ist Voraussetzung fü r ein erfolgreiches Personalmark etin g. Bei de r Ent w icklung von Talenten ist dabei auch der Zusammenhang mi t de r s pe zifischen Organisalion skult ur un d de r ihr zugrunde liegenden O rganisationswerte entscheidend . Einstiegs- und Entw icklungsm öglich keiten so llten den Erwa rtungen de r
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Talent Management - Überblick und konzeptionelle Grundlagen
Ta lente ent gegenkom men und halten, was in der Werbe ph ase versprochen wurde (vgl. Eggers/Thiele/O raeger 1999: 205). Insbesonde re bei der Ansprac he vo n Abso lve nten s pie lt d as Personalma rkefing eine zentrille Rolle, weshal b di e O rganisat ionen spezielle An lässe, wie z: B. Fallslu dien wettbe werbe oder Betrieb sbesicht igun gen organisie ren (vg1. vo n de r Oelsnitz/Stein/Ha hmann 2007; 219).
Meist geh t in der Praxis das Personalma rketing unm ittelba r in die Personalbeschaffung über. Zunehmend an Bedeutung gew innt bei der Beschaffu ng das E-Recruiting. Insbesondere zur Erreichu ng von Talenten aus dem Ausland ist dies von Bedeu tung, da man diese oft ma ls nu r schlech t direkt ans prechen kann. Wei terhin wic htig bleibt d ie Präsenz vo n Organisationen auf öffen tlich keitswirksa men Veranstaltungen, wobei der Auftritt an Fachmessen neben Rekrut ieru ngsverans taltungen w ie Jobmessen zu neh men d wic htig wird. Ein p rofessioneller Umgang mit de r Ch ance, mit int eressiert en po tenziellen Bewerbern ins Gespräch zu kommen ergib t sich d ann, wen n die Rekrutieru ng sin nvo ll in den Messea uftritt de r Organi sation integriert wird . Zusätzlich bietet sich auch das .Headbunttng" an. Mit zunehmen der Kn app heit von gu ten Talenten s teigt d ie Bedeu tung dieses Beschaffungswege s. Mit den bereits ob en geschilderten Herausforderu ngen rund u m d as Ta lent Management we rden zudem die Frauen immer wichtiger. Der Frauenan teil muss de utl ich steigen, damit der Bestand an Talenten und di e Innovations kraft erhalten werden ka nn. Den n steigt der An teil von Frauen in Schlüsse lpos ition en, wächs t d ie Attraktivi tät solcher Stellen fü r weibliche Talente. Dies wird bei d er Personal besc haffung dazu führe n, da ss neben den an Männem oft ma ls versproche nen Dienstwagen zu ne hmend auf Fra uen abgestimmte spezifische Fringe Benefits angeboten we rden müssen, wie z. B. Kinderkrippenplätze. Ent scheide nd in d iesem Prozess abe r bleib t, d ass die Organisationen die konkret en Anfo rderu ngsk rite rien an ihre Talen te ken nen und somit gezielt erarbeiten müssen. Nu r so läss t sich auch eine Person finden, welche diesen An forderungen gerecht wi rd (vg l. vo n der Oelsnltz/Stein/Hah mann 2007: 220 ff.). An die Perso na lbe schaffung schliesst letz tlich das Ausw ah lver fahren an. Die Ausgangsbasis de r Personalselektion bilden einerseits eine umfassende Kenntnis der Anfo rde rungen d es zu besetzenden Arbeits platzes und an dererseits d ie Bewe rberauswahl unter dem Gesichts punkt der Kongruenz zwischen Anforde rungs- u nd Fähigkeit s prof il (vg l. Harla nder/Hetdack/Köp üer/Müller 1994: 315). De r dara us resultierende "Job-Person-Fit" re spe ktive " Person-Organiz
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(vgl. GowingiMorris/Adler/Gold 2008; 437). Assessment Center Verfahre n ermöglichen dies und weisen in de r Personalau swahl eine vergleichs weise sehr hoh e progn ostische Validität au f (vgl. [etter 2003; Schulet 2000), we shalb sich ihr Ei nsatz bei d er Talentaus w ahl rechtfertigt.
Beurte il ung von Talent en Das zentrale Ins tru ment der Beurteilu ng is t das Mtterbet ter gespräch, welche s sich auf alle Ha upt ziele be ziehe n so llte. Neben dem Mitarbeitergespräch können au ch d ie Bewertu ng vo n Arbei tskollegen, von in terne n und externen Ku nden und unterstellten Personen in die Beurteilung ein fliessen (vgl. Thom/Ritz 2008: 339 H.). Au fwändige r, aber bei weit en tw ieke lten Talen t Ma nagement Progra mmen üblicher Bestand teil is t der Einsatz von Entwlrklungsassessments, in de ren Beurteilungsphase ins besondere auch er fahren e Pührungskrä fte eingesetzt werden. Vielfach sind die Beu rteilungszeiträume bei jün geren Talenten dichter als bei d er Beurteilung anderer Mitarbei tenden . Denn ihr Leis tu ngswillen und Ent wlc klungsdrang verlangt nach zeitnahen Feedbacks. Die Frag e, ob d ie Einstu fu ng (beziehungswei se Beurteilung) als Talent über eine längere Zeitperiode als ein Jahr Gültigkeit haben soll, wird mehrheitlich verneint. Einzi ger dafür sprechender Grund ist, da ss es n ach eine r Rückstufun g zu ein er Demotivati on der Person fü hren kann und dadurch au ch ihre Performance gesenkt w ird . Da sich jed och so wo hl die Perso nen als au ch die Organ isationen im l aufe der Zeit veränd ern können , ist ein e jeweilige Neube urteilung. ob jem and immer noch zu r Talente-Ka tegorie gehört oder nicht, sinnvo ller, als eine längerfristige Eins tufung (vg l. Blass 2009: 28 H.). Vielfa ch em pfieh lt sich bei Talent Pool s fü r jüng ere Arbeitnehmend e di e Zu gehöri gk eit zur Talentkategor ie fix au f eine be stimmte Dauer zu begrenzen . Dadurch gibt es bei s tetiger H öchstbe urteilung jed och ausbleibender Ne u pos itionieru ng ein en normalen Aust rit t ohne grösseren Imageve rlust. Gleic hzeit ig mu ss im Rahmen der Kommuni kation de s Talen t Managements gek lär t werden, da ss die Zu ge hörigkeit zu einer Tal ent gruppe keine ga rantierte l a u lbahnentw icklun g zur Folge hat, sondern vielmehr als Spru ngb rett genutzt we rden kann. Hierfür ist abe r zwi ngend, dass sowohl da s Talen t als auch di e Organisation besondere Bemü hungen unterneh men müssen, sich selbst respektive di e Pers on entweder we iter zu entwickeln od er situationsgerecht einzusetzen. Ohne dies verliert manches Talent Management Programm rasch an Kraft. Mit der Beu rte ilung von Talenten so llen folgende Hau p tziele anges treb t werden (vgl. Hi lb 2008: 77; Thom!Ritz 2008; 339): •
Optimieru ng de r Motivation d er Mitarbeitend en ("Wollen" ), d urch gezielt e im materielle und materielle Belohnung des positiven Leis tungsver haltens. das stra teg iege recht gleichzeitig a uf alle Ansp ruch sgru ppen d er Or gani sati on ausgerich tet werde n soll.
•
Entwicklung der Mitar be iter fähi gkei ten (" Können") aus schöp fen .
•
Lebens- und Arbe itss ituation des Talentes (" Dürfen") optimal ges talten.
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Talent Management - Überblick und konzeptionelle Grundlagen
Einsatz und Erhaltung von Talenten Beim Ein satz von Talenten ge ht es um d ie konkrete Zuordn ung de r Mi tarbei tenden zu den zu erfü llenden Au fgaben . Dabe i sin d qua ntitative, qualitati ve, örtliche un d zeitliche Asp ekt e m it zu berücksichtigen. Aus personal wi rtschaftliche r Sicht ist es em pfehlenswert, sich darum zu bemühen, den Arbei tsinhalt nich t nur m it ausgewählten dlspositlven Elemen ten anzureichern (u . a. mehr Freihe it in Fragen de r Planu ng. O rgan isati on u nd Kontrolle), sondern den Talenten die volle Verantw ortung zur Umse tzung d ispositiver Spielräu me im Rahm en vo n Projekten zu übert rage n. Parallel dazu sind Qu alifikat ion sm assnahmen vor zu sehen, d am it die erhaltenen Fre irä um e aktiv genutzt werden und Tale nte sich on the job entw ickeln sowie bewä hren können (vgl. Thom 2001: 122 f.). Denn insbeso ndere für jü ngere Talente ist d ie Ar be it an sich besond ers wichtig. Dazu gehört die Reflexion und Beu rteilung von Aufgabe, Kom petenz lind Vera ntwortung sowie persönlichen Kompetenzbe reichen w ie z. B. Selbstorganis ation bei der Au fgabe nerfü llung od er Führungsverha lten (vgl. Thom 2008: 10 f.). Zwischen Einsa tz lind Erhalt kan n d ie Einr ichtu ng so genan nter Talen t Pools ges ehen werden (vgl . Ritz/Weissleder 2008: 381 f.). 50 rich ten vers chiedene Organisation en solche Poo ls ein, dami t sie bei Abgängen d ie Na chfolge mög lichst rasc h intern regeln können (vgl. Ready/Conger 2007: 70). Die Inte rne Nachfolgeregelung gewinnt angesichts de r demographischen Veränderu ngen besonders an Bedeutu ng. Nicht zu unterschätzen ist dabei, d ass du rch d ie Mitglied schaft in einem Talent Pool ein Gefü hl d er Wich tigkeit en tsteht, was die Flukt uation während der Zugehörigke itsda uer sen ken kann (vgl. Thom 2008: 11). Je globaler und grösser eine O rga nisation ist, desto diversi fizierte r mu ss ein solcher Tale nt Poo l ausge richtet werden (vgl. Blass 2009: 21). Axelrod, Handfleld-Iones und Wels h (vgl. 2001; 10 f.) ha ben in ihrer Befragung mehrerer Tausend Führungs krä fte herausgefunden, d ass die Verstärkung vo n Talent Pools zu den ersten drei Pr ior itäten des höh eren Manage ments zä hlt. Zur Erha ltu ng (Retention) von Talenten sind geeignete Anreizsysteme zu erarbei ten, welche sowohl die extrinsische als auch die intrinsische Mot ivation beeinflussen (vg l. Thom 2008: 10 f.]. Das " Gehalt" ha t da bei für Talente keinen nac hha ltig d ifferenzierende Wirkung mehr (vgl. Th om/Friedli 2002: 40). Viel wichtiger sind Arbeitsmerkmale w ie Inhalte, Verantwortung oder w or k-Ltte- Balance. Wie bereits bei dem Wan del de s psychologischen Vertrags erwä h nt, gewinnen der Arbeitsinhalt sowie die Arbeitsmarktfähigkeit un terstützende Projekthera us forderungen. welc he echte Qu alifizieru ngsmöglichkeiten bieten, beson ders an Wicht igkeit für Talente. Aussetdem sollen Erhaltungsstrategjen nie das Ziel einer Fluk tuat ion von N ull haben, da sich vor allem junge Talente nic ht binden lassen. Vielmeh r suchen sie in jungen Jahren eine näc hs te Herausforderungen und Qual ifizierungsmöglichkeit. Es gilt daher d ie Devise: " Able to go, bu t hap py to stay" (vgl. Thom 2001: 10 f.).
Entwicklung von Talenten Stellenprofile und deren Au fgaben werden im mer spezialisierter, die Ha lbwertszeit von Wisse n ist in vie len Geschäftsbereichen oft schon nach wenigen Jahren erreicht. w eiterbll-
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dungen sind da he r ein Mu ss ge wo rden, wenn die Organisat ion im globalen Wettbewerb besteh en w ill. Ta lententwicklung übt insbesond ere auc h einen Ein fluss au f die persönliche Entwicklung aus. Da Fach- und Füh rungskompetenzen im Gegensatz zu Sozial- und Selbs tkompetenzen mi t zu nehmendem Aller noch leich ter beeinflusst werden können, ist letz teren beid en be i d er Entwicklu ng junger Ta lente beso nd eres Auge n merk be izumessen. Hierfü r bieten Talent Pools, Men tor ingprogra mme w ie auch Coachtngs her vorragend e Möglichke iten, um Kommu nika tion u nd Verha lten den zunehmend höheren Anford erungen ausgewählter Fach kreise oder Geschä ftsleitungsgre m ien anzupilssen. Vielfach scheitern junge, fachl ich hoc hbega bte Tale nte an d en eben erwä hn ten Kompetenzen, welche zu wenig ent wickelt sind, da sie während der Allsbild ungszeit kau m gefö rde rt w urde n. Dami t ein Teil des Erlernten bei einem Wechsel nicht an die Kon kurrenz abülessen kann, we rden diese Qualifizierungsi nvestitionen mei st mi t eine r länge rfristigen Bind ung gekoppel t. Entwlcklu ngs massna hme n werden hingegen für älte re Talente und solche in höhe ren H ierarchieebenen fälschlicherwe ise oftmals vernachlässigt, böten sie doch optimale Ansatz punkte, u m einma l erlangte Fach ko mpetenz relativ leicht mit aktuellstem Know -how zu ergä nze n (vg1. von de r Oels nltz/Steln/Hah rnann 2007: 228 ff.).
Abgang und Kontakterhaltung von Talenten Angesichts der ho hen Dynamik im Umsystem von Or ganisa tionen und de r häu figen Restru kturie rungen mü ssen sich die Arbeitgebe r vermehrt mi t dem d ifferenzierten Instru mentarium d es Personalab baus befassen. Freistellu ngen soll ten jedoch di e Ultimo Ratio sein und sp ielen oftmals im Rahmen des Ta lent Managemen ts eine weniger bedeu tende Rolle als bei anderen Arbeitnehm ern. Des Weite ren ex istieren fü r ältere Talen te meist Möglichke iten wie Ou tplaceme nts. we lche diesen Schritt etwa s abschwächen (vg l. Tho m 2001: 124). Viel eher sind es die Talen te, welche d urch einen woggan g eine neue Herausforde rung oder eine neue En twicklungs richtu ng su che n. Ein Abg ang eines Talents kann im Grundsatz nich t verhindert werden (vgl. Thom 2008: 10 f.). Eine O rganisation, welc he viele besonde rs tale ntie rte Mita rbeitende anzuziehen vermag u nd ebenso viele hochmotivierte Talente für nächsthöhere Aufgebe n an anderen Orten qualifizier t, steigert oder behält zu m indest ihre Arbeitgebera lt rakt ivität bei. Ziel des Talent Managements muss som it nich t primä r die Verhinderung einmal ins Auge gefasster Stelle nwechsel sei n, son de rn d ie über das Arbeitsve rhä ltnis anhaltende Kon takterhaltung. um zu gegebenem Zeitpunkt wie der au f d ie Person zugehen zu können oder zu mindest - und nich t weniger wich tig ihren vielfach ähnlich talent ierten Bek anntenk reis fü r offenen Ste llen als Interessenten gewinnen zu kön ne n.
1.5
Fazit
Ein langf ristiger Erfolg im Talent Managem en t ist nur mit einer Etablieru ng eine r p rofessionellen und gla ubwürdigen Strategie möglich. H ierzu ge hören d ie Konsistenz einer in die Or gcntsetionsst reteg je ein gebe ttete Talen t Management Stra teg ie, d as str ategiekonforme Verhalten der ob ersten Führungsvera ntwo rtl ichen in Bezu g au f d ie Kommunikation
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Talent Management - Überblick und konzeptionelle Grundlagen
und Etablieru ng VOll Talent Management Massnahmen, das langfristige Engagement der Organisa tion fü r Spitzenleis tu ngen sowohl im Leistungs- als auc h Personalbereich sowie die systematische Veranke rung des Talent Managements in wirkungsvollen Systemen und du rchsetzungsstarken Struk turen de r Organisation. Hochleistungsorganisation en unterscheiden sich im internationa len Vergleich unte r anderem ge rade in Bezug auf ihre Anziehu ng und Förderu ng au sgew ählte r Top- Mitarbeitenden.
Um diese Ziele eines effektiven Talent Managements erreichen zu können, em pfiehlt sich zuallerers t eine Bestandesau fnahme der existierenden Massnahmen im Personalbereich un d deren Überprüfung in Bezug auf allfä llig notwendige Talent Management Elemente, wie in diesem Text aufgezeigt. Talent Management ist wic htig und wir d in Zuku nft noc h an Bedeutung gewinnen. Doch an Handlungskraft und Erfolg auf dem Arbeitsmarkt werden ni cht jene Organisationen gewinnen, welche über au sgek lügelt e, vielfach seh r kosts pielig entwickelte und lT-gest ütz te Systeme verfügen. Vielmehr we rden jene Organisationen ein nac hhaltiges Talent Management aufzubauen ve rmögen, die erstens auf die Integration ins bisherige Personal management sowie dessen Prozesse achten, zweitens d er Zusammenarbeit bei der Ent w icklung eines Talent Managements zwische n der Personalabte ilu ng und de r Linie höchste Priorität einräumen und d rittens nur das als Talent Management bezeichnen, was den Na men auch w irklich verdient; also ech te För deru ngsinitiativen für gegenwärtige und zu künftige ausgewählte Schlüsselpersonen und n icht um benannte Person alen tw icklungsprogramme. Das dargestellte ganzheitliche Ta lent Man agement Konzept bietet für Organisa tionen d ie Möglichkeit, ih r Talent Management u mfassend zu analysieren und die Integration de r vers chied enen Teil-Elemente zu eine m Ganzen zu überp rüfen. D.1ZU muss a bsc hltessend die Selbstverständlich keit betont werden, dass im Mittelpunkt des erläu terten Kon zepts nicht einze lne Prozesselemente stehen, sondern let ztlich immer das Talent, also d ie Perso n an sich. Die Organisation muss da her fü r die langfristige Etablieru ng eines Talent Managements nebst der qu alitativ hochstehenden Konze pten tw icklung und Massna hmenum setzung die darin enthaltene n Werte und Grundsätze glaubwü rdig ko m munizieren und schri ttweise mit ko nkre ten Tatbeweisen untermau ern. Dad urch können letz tlich wichtige Wettbewerbsvorteile auf dem internen und externen Arbeitsmark t ge ne rie rt werden.
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2
Talententwicklung durch TraineeProgramme
NoT/Jert TlIOI/1
und Kcrsfil1 NCSt'llIIlIlII
2.1
Ausgangslage
Nach einer weltweiten Studie der Boston Con sulting Grou p und der Wo rld Federnnon of
Personnet Management Associattons (vgl. 2008: 44 f.) gehört "managing talen ts" zu den größten Herausforderungen eines zeitgemäßen Personalmanagements. Ab> Talen te verstehen wir alle Mitarbeitenden, die über ein hohes Potenz ial zu r Wah rnehmung kom plexer Au fgaben ve rfügen lind sich in de r Entwic klu ng zu einem High Potential befi nden ode r (in relevanten Kom petenzen) be reits zu diesen zählen. High Potentials zeichnen sich dad urch aus, dass sie du rch besonderes Engagement und überd ur chschnittliche Leistung auffallen, du rch Ausbild ung im Unternehmen oder durch ein gutes bis sehr gutes Stud ium hervorragend qualifiziert sind un d zusätzlich übe r we itere s Entwicklu ngspotenzia l verfügen (vg l. Wollsching-Strobel 1999: 7). Die Zugehörigkeit zu r Gru ppe de r Talente oder Hig h Po ten tials ist jedoch nicht im merwährend. Vielmehr ist sie da s Ergebnis einer sorgfältigen Potenzlatbeurteilung, die im Abstand ein iger Jahre ern eu t durchgefüh rt werden muss. Die folgende Abbildung zeigt d ie Eino rdnung von Talen ten un d Hi gh Potentials im Personalportfolio. Abbil dunB 2.1
Personalportfolio (vgL Thom/F riedli 2008a: 26)
-
Hig h Potential s
Talente Eff iZie nte MA mit weiterem Pol enzial
Frage zeIchen Eff;z; enle MA Prob lemHllle
- - - - - - - - - - - - - - "". EI'Hllluog de<derzeitigen Slellenanlorderuoge n
Talententwicklung durch Trainee ·Programme
26
Die Komp lexität zukün ftiger Au fgaben Ist jedoch keines falls auf eine ve rt ikale Versetzung (Beförderung) innerhal b d er Hiera rchie besc hrä nkt. Auch eine Rotation im SIellengefüge (hor izon tal), Proje ktaufgaben oder eine Aus landsentsend ung steigern d ie Komp lexität einer Funktion.
Talente und High Poten tials existieren in allen Ausbi ldungsfo rmen un d Sen den sowie auf allen Ebenen des Unternehmens (vgl. Gu thridge/KommlLawson 2008; 55 f.; für Beispiele vgl. u. a. Iägewl.ukescayk 2009; Steinweg 2(09 ). Die folgend en Ausfü hrungen konzen trieren sich au f Hochschula bsolven ten, da das Instit ut für Organisation und Personal de r Universität Sem (JOrl auf d iesem Gebiet übe r originäre Forschungsergeb nisse ver füg t (vg1. exemplarisch Thom/Friedli 2008,1; Kloke 2009). Zude m existieren vielfältige Möglichkeiten, talentierte Hochschu labsolven ten zu förd ern und ihnen den Beruf seinstieg zu ermöglichen, z. B. über Assis ten tens tellen. den Dire kteinstieg in ein Un terneh men ode r übe r Trainee-Programme. De r Beitr ag wi rd sich im Folgenden auf Trainee-Programme konzentrieren , da diese, vor allem im Gegensatz zum Direkteinstieg. d urc h ihre Sys rematisierung eine fokussierte Bet rachtung u nd stärker generalisterbare Schlussfolgerungen erl aube n .
2.2
Trainee-Programme
Trainee-Programme, als firmenspezifische Nachwuchsfördentngs-Programme, wurden in d en letzten 30 Jahren in vielen Un ternehmen (zumindes t in Deutschland und de r Schweiz) zu einem festen Bes tand teil de r betrieblichen Person alen twickl un g. Neben großen Unterneh men, mit einem hohe n Bedarf an Trainees, bieten zu nehmend auc h mittlere und klei ne Unternehmen entsprechen de Programme an (vgl. Thom/Priedli 2OOS: 331). Du rch das Trainee-Programm erhält ein ausgewählter Kreis von Hochschulab solven ten eine G run d lagenausbild ung für die spätere Übernahme ge hob ener Positionen, vertieft Kenntnisse über eigene Fähigkeiten und Neigungen, baut Komm unikationsbeziehungen au f und lernt Stru ktu r und Kult u r de r Un ternehmu ng ken nen (vgl. Thom 1987; 218). Auf die sem Wege habe n Hochschula bsolventen die Chance, eine fun dier te, un ternehmensspezifische Praxiseinführu ng zu durchlaufen u nd ihr zukü nftiges Einsa tzgebie t erst einmal kennen zu lern en . Dies mac ht Trainee-Programme auf Seiten der Hochschu labsolven ten zu einem attrakt iven Einst ieg ins Beru fsleben. Doch auch die Unternehmen p rofitiere n vo m Angebot eines Trainee-Program ms. Sie bieten den Program m-A nbietern die Cha nce, die bes ten Nachwuchs kräfte kennen zu lerne n und eine Grundlege für die weitere Zusammenarbett zu lege n, u m so einen ent scheidenden Schritt zu r Sicheru ng ihrer Wettbewe rbsfähigkeit zu vollziehen (vgl. Th om/Friedli 2008: 331).
2.2 .1
Merkmale von Trainee-Programmen
Die zunehmende Verbreitung von Trainee-Programmen in den letz ten 30 Jahren führte zu einer Vielzahl untersch ied licher Ges tal tu ngs möglichkeiten. Es können jedoch für Absolven ten der Wirtsch aftsw issenschaften fünf Grundformen identifiziert werden, die von den
Nor ber t Thom und Kerst in Nesemann
27
Program m-An b ietern indi vid uell kombiniert oder ergänzt werden. Im Einzelnen hilbe n sich das " klassische", ressortübergreifende. d as ressortübe rgreifend e Trainee-Programm mi t Fachausbild ungsphase. das ressortbegrenzte Program m mit Vertiefungsphase. das projektbezogene und das ind ividuelle Trainee-Program m entwickelt (vgl. Thom /Friedl i 2008: 332; Schuhen 2008: 40 ff.). " Die Grund konzepte unte rscheiden sich vor allem h insichtlich d er Art , der Anzahl sowie de r Aufenthaltsdauer der von einem Trainee zu durchlaufenden Funk tionsbereiche und dami t in de r Ausbildungsbre ite bzw . -tiefe sowie de m Grad der Aufga be nverantwortung." (Thorn/Giesen 1998: 8). Nac h Thom/Fried li (vgl. 2008: 332) sind allen Arten von Trainee-Programmen jedoch folgende Merkmale gemeinsam: •
Exklusivität des Teil nehmerkreises- Die Programme rich ten sich p rimär an Absolventen de r Wirtschaftswissenschaften, d ie na ch dem Studium den Berufseinstieg suchen. Daneben besteht in geringem Umfang ein Program mangebot für Ingenieu re und Naturwissenschaftle r (vgl. Sch uhen 2008: 35).
•
Planvolles. organisiertes Vorgehen mit did aktischen Struk turen: Train ing on the job, Training off the job, Projek ta rbeit und Job Rotation in einem oder mehr eren Unterneh mensbereichen wechse ln sich ab (vg1. Schuhen 2008: 35 f.).
•
Dauer de s Programms in der Rege l zwischen 6 u nd 24 Monaten: Es w urde deutlich, dass bereichsübe rgreifende Progr am me tend enziell länger dauern als ressortbegrenzte Angebo te (vgl. Tho m/Ciesen 1998: 6; Schuhen 2008: 36).
•
Anwend ung auf eine Personengruppe. Das Progr am m w ird ni ch t auf Einzelpersonen angewen det (vgl. Tho m/Friedli 2008: 332). Dies wäre auf Grund hoher Konze ptionsu nd Du rch führ ungskosten unökonomisch (vgl. Th om lYfl7: 21f1; Schu hen 200fl:36).
Schuhen (2008: 37) hebt als weiteres Merkm al he rvo r, dass am Ende der Ausbildung keine off izielle Abschlussprüfung steht. Dies erlaub t den Untern ehme n Inhalte und Schwerpunkte se lbst zu setzen. Im Idealfa ll ist das Trainee-Programm im Untern ehmen eingebettet in ein umfassendes Personalentwickl ungskonzep t. Abgeleitet aus den obersten pe rsonal wi rtschaftl ichen Zielen des Unt ern ehmens, unter an derem der Versorgu ng m it qua lifizier ten Nac hwuchskräften, ver folgen Un ternehmen mit ihren Program men vie r spezifische Teilziele. Neben de m Ausbild ungserfolg an sich, zie lt die Info rmatio nse rgiebigkeit auf den Zugewinn von Wissen ab. Auf Seite des Unterne hmens sollen In formationen übe r d ie Kand idaten fü r zu künftige Fach- und Füh rungsaufgaben, auf Seite de r Kand id aten über Un terne hmenskultur. Füh rungs- und Koope rat ionsfo rmen gewonnen werden. De r Sozialisationserfolg misst sich daran, ob d ie Progr ammteilneh mer sich im Unternehmen ein leben, seine Werte akzept ieren und im Umgang m it Kollegen und Vorgesetzten erfolgreich sind . Nicht zu letzt hof fen Unternehmen du rch das Angebot eines Tra inee-Programms auf eine Imageverbesseru ng am relevanten Arbeitsma rkt. D iese kann Unterneh men bei der zu künftige n Gewinn ung vo n qua lifizierten Nachwuchs krä ften he lfen (vg1.Thom/F ried li 2008: 334 f.).
Talententwicklung durch Trainee ·Programme
28
2.2 .2
Längsschnittvergleiche der Schweiz
Das lor ve rfügt über einen breiten Wissen s- und Erfahru ngsschatz au f dem Gebiet de r Trainee-Programme. Seil knapp 20 Jahren initiiert es in der Sch weiz und De ut sch land Breitenstud ien zu diesem The ma . So konn ten w iederholt wichtige Erkenn tn isse über Quantität, Qualität sow ie ak tuelle Trends bei der Ausges taltung de r Program me gewonnen we rden (vgl. Tho mfFriedli 2008: 335). Die langjährige Forschung au f die sem Gebiet erlau bt es zudem, Aussagen be züglich der En tw icklungstendenzen einzeln er Aspekte über d ie Ze il zu ma chen (vg1. für die folgenden Ausführungen in di esem Abs chnitt Kloke 2009: 88 H.). Diese Längsvergleiche basieren auf d en Daten folgender Erhebungsjah re in der Schw eiz : 1990, 1992, 1996, 2002, 2005, 2009. An dieser Stelle sei darauf hin gewiesen, dass für d ie deu tlichere Herausstellun g von Untersch ieden zwischen den Jah ren, in d en folgenden Abbild ungen nur die rele va nten Ausschnitte mit ents prechender Skalierung dargestell t werden.
2.2 .2 . 1
Programmdauer
Abbi ldu ng 2.2 zeigt d ie Entw icklu ng der d u rchsch ntttllchen Programmdauer im Zertablau f. Es wi rd er sichtlich, da ss in den [ehren 19% bis 2005 ein Trend zur stetigen Verkürzung der Pro gramme zu verzeichnen war. Dieser Trend konnte fü r 2(X)9 nicht bestätigt werden. Zukünftige Erhebungen we rden zeigen , ob 2(X)9 nur eine Aus nahme wa r od er ob die Ent w ick lung lan gfristig zu einer längeren Progr am md auer zu rü ckgeht. Abbildung 2.2
Programmdauer in Monaten bei Schweizer Trainee-Programme (TrPr) (vgl. KLoke 2009: 88 )
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15.8
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Individualisierung
H ieru nter fällt zum einen d ie Ind ivid ualisieru ng des Ablau fs, zum anderen die des Inhalts. Beim Vergleich beider Abb ildunge n (vgl. Abbildung 2.3 un d 2.4) wird er sichtlich, das s d ie Mittel wert e schwanken, d ie Ind ivid ualisieru ng also immer wieder gegenläufigen Trend s
Norbert Thom und Kerstin Nesemann
29
u nterl iegt. Des Weiter en wi rd deutlich, dass d ie Mittelwerte de r Unte rne hmen, die es den Trainees erla uben, den Ablauf individuell zu ve rein baren, übe r die Zeit stär ker schwanken (Spannweite 25,4), als diejenigen des Inhalts (Spc rmwet te 17,2), Das Eingehen auf d ie Bed ü rfn isse de r Tra inees sp richt für eine Individualisierung; die Reduk tion de s Koord inati onsau fwand es hingegen eher fü r eine Standardisierung dieser Ausbildungsprogramme. Diesen beid en konkurrieren den Gru ndanliegen w ird offensichtlic h zu ve rschiedene n Zeit punkten der Un ternehmensen twicklun g eine d ifferierende Priorität zuge w iesen. Abbildung 2.3
IndividuaLisierung des AbLaufs bei Schweizer TrPr (vgt. Kloke 2009: 90)
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48,5%
Abbildung 2.4
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Individua lisie rung des InhaLts bei Schweizer TrPr (vgL. Kloke 2009: 90)
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Aus la n ds aufe nt h alte
Beim Anteil vo n Schwei zer Unterneh men, die ihren Trai nees einen od er mehrere Aufen tha lte im Ausland ermöglichen, ist über den gesamten Beobachtu ngszeitraum ein leich ter Ans tieg zu verzeich nen (vgl. Abbild ung 2.5). Eine mögliche Erklärung kön nt e sein, d ass viele Unterneh men in der Schweiz au f Grund der besch ränk ten Absatzmögiichke iten in
30
Talententwicklung durch Trainee -Programme
einem, gemessen an de r Bevölke rungszahl und der Fläche, kleinem Land im Zuge d er allgemeinen Global isier ung ihr e Ak tivitä ten über die Schweiz h inaus ausgedehnt haben. Das heisst, sie haben u nter andere m Niederlassungen außerhalb de r Schweiz, wo die Tratnees eine n Teil ihre r Ausbi ldung absolvieren kö nne n. Die Schweizer Erhebungen 2002 un d 2005 ste llten gt'nau d iese Frage u nd tatsächlich gaben 87,8% (2002) un d 85,1% (2005) de r d am als befragten Untern ehmen an, Niede rlassungen außerhalb der Schweiz zu haben . Trot z de r erkennbaren Schwa nkungen ist vielen , vor allem internation al tätige n, Unt ernehmen d ie Förde rung de r interku ltu rellen Kompetenzen der Nachwuchskräfte ein wich tiges Anliegen. Abbildung 2. 5
Austandsaufenth alte bei Schweizer TrPr (vgl. Ktoke 2009: 91)
80, 0%
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70.0 % 60, 0% l>O,O%
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Integrati on in die Per sonalentwicklun g
Seh r bemerkenswert ist, dass der Anteil der Untemehmen, die ihr Trainee-Progra mm als einen integrierten Bestand teil der Personalentw icklung sehen, in allen [ahren, für d ie Daten zur Verfügung stehen , hoch ist (vgl. Abbildung 2.6). Der Anteil liegt mi t Aus nahme von 2005 immer über 90%. Dies ze igt, d ass die Unt ern ehmen in de r Schweiz erka nn t haben, dass d ie Integration des Trainee-Programm s in d ie Per so nalentwic klung eine n wesentlichen Erfolgs fakt or darstellt.
Norbert Thom und Kerstin Nesemann
Abbildung 2.6
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Inte gration in die Personalent wicklung bei Schweizer Tr Pr (vgl. Kloke
2009: 92)
100 ,0%
9 5,0% . 96,8%._
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. 92 ,9%
90 ,0%
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8M % 80,0 % 7 5.0 % 70 ,0% 6 5,0% 60 ,0% 5M % 50,0 %
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2010
Es ble ibt jedoch zu überprüfen, inwieweit die intuitiv p laus ible Beha up tung, dass eine Integrati on de r Programme erfolgt, auc h tatsächl ich im Unternehmen u mgesetzt und gelebt wi rd. Fü r die we ite re Forschu ng wä re ein Personalentw icklungsintegrat ionsind ex zu entw ickeln, de r eben dieses messen kann (als erste Ideen können die Fragen zur Selbs tevaluation des Kriteriu ms .Etnbettung des Trainee-Prog ramms in das betriebliche Entwicklungssystem" herangezogen we rden) . Als Ind ika tor für d ie W ichtigkeit der Program me kann gewertet werden, d ass 2009 fas t 60% de r Unternehmen in der Schweiz der Meinung sind, dass die Bede utung von Trai neeProgram men fü r ihr Unt ern eh men zunehmen wi rd (vgl. Kloke 2009: 66). In Deutschland waren es 2008 soga r schon übe r 60% (vgl. Schär 2009: 69). Zu mindest d ie Program mve rantwo rtlichen sind damit der Ansi cht, dass Trainee-Programme noch entsche idender we rden für die Ausbi ldung vo n talent ierten H ochsch ulabsolventen. Vor diesem H inter grund ist es unve rständlich, dass eines der wesentlichen Pro bleme, die einen eff izien ten Ablauf des Program ms gefährden, die zeitliche Überlastung des jeweiligen Fachvo rgesetzten ist (vg l. Kloke 2009: 65; Schä r 2009: 65 f.). Hier ist die Un ternehmensleitu ng ge fordert meh r Zeit für die Trainee-Ausbildung zu veranschlage n und ih r, zumindest tem po rär, Priorität vor dem operativen Geschäft einz uräumen. Die Nachwuchsfö rde rung sollte demnach ein verbindlicher Teil der Zielvereinbarung mi t Führu ngskräften we rden, nur so ka nn der Nu tzen einer solchen Investition voll abgeschöpft wer den (vgl. Kloke 2009: 105).
2.3
Der IOP-Award 2009
Der IO P-Award w ird alle zwei Jahr e fü r .Excellence in H uman Resoc rces Managemen t" ve rliehen. Mit diesem Pre is leistet das IO P eine n ak tiven Beitrag zur Pro fessiona lisierung und Qu alitätsförderung im Personalmanagement und hono rier t ausgezeichnete Leistu ngen (vgl. Thom/Friedli 2008: 335).
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Talententwicklung durch Trainee ·Programme
Mit der Vergabe des IOP-Aw ards tritt das JOr aus der isolierten Forschungsstation in die Ö ffentlichkeit und bewertet d ie Praxis, Dies ist nu r durchführbar unter den folgenden Voraussetzungen (vgl. Thom/Friedli 2008: 340);
L Das Institu t verfügt über eine langjähr ige Forsch ungserfahrung au f dem entsprechenden Gebiet. Im vorliegenden Fall ist die Forschungs thema tik "Trainee-Programme" im ]Or -eigenen Forschungsschwerpunkt .Peesonalenrwtckfung" optimal integriert und abgestützt. 2. Das Ins titu t ve rfügt übe r einen intensiven Austa usch seiner Erfahr ungen mit de r Praxis. Dieser erfolg te im Falle des TO P sowohl in der Schweiz als auch in Deu tschl and au f en tsp rechenden Pers on alfachtagungen so z. B. den Kölner Personalkoll oquien oder an den IOP-Facht agu ngen sowie du rch Praxispa rtner sch a ften aus Beratungsmanda ten. 3. Das Institut verfüg t a uf G ru nd seiner br eiten Forschung u nd Erfahrung auf dem entsprechenden Ge bie t über einen hohen Bekanntheit sgr ad, we lcher einem Preis auch das angemessene Gewicht verleihen kann. Auf Gru nd der langjährigen For schungserfahru ng und de r Nä he zum direkten Zielpub likum , d en Hochschula bs olv en ten. wu rde beschlosse n, den IOP-Award 2009 erneut (nach 2003) für d as bes te Trainee -Programm in de r Schweiz zu vergeben. Nac hfolgend werden die einzelne n Sch ritte des Sele ktio ns prozesses ku rz beschrieben: 1. Im Rahmen der Masterarbe it de r zweitgenannten Auto rin w urden alle dem rop beka nn ten schweizerischen Trai nee- An bieter eingeladen, an der Erhebung teilzunehmen. 42 Un ternehmen gaben an, ein Ausbild ungsprogram m im erwähnten Sinne anzubieten und füll ten den O nlin e-Frageb ogen aus.
2. In einem näc hs ten Schri tt w urden d ie a bgefragten Items verfeinert (u. a. d ie Festlegurig de r Ober- und Untergrenzen de r Antwortspanne) und m it ei ne m Punktes ystem neu bewertet. Die Gewichtu ng der einzelne n Krite riengruppe n erfolgte du rch die Te ilnehmer der IO P-Mastervorlesung Personalmanagement (Studierende, die sich im fortge sch rittenen Stud iu m befinden und d am it po tenzielle Trainees d arstellen), wod urch auch d ie " Kunden-Perspe ktive" in den Selektions prozess in tegr iert wurde. Die sieben bes ten Unternehmen d ieser Auswe rtungs runde er hie lten Anschreiben mi t d er Bitte um Zusendung weit erer Unterlagen . 3. Diese im zw ei ten Durchlau f eingereich ten Doku men te w urden anhand der Kriterienliste einer qu alita tiven Bewertung unterzogen. Nac h diesem Bewe rtungsprozess erga ben sich vie r Fina listen fü r den JOP-Awar d 2009, die im Einzelne n noch einm al d urch die vier Jurymit gliede r (d rei erfah rene Pra kti ker und de r erstgenann te Auto r) individuell begutachtet wurden. Fü r die Bewe rtung d er Teilnehmer d es IOP -Aw ard s 2009 w ur de n sechs Kriterieng ruppe n en tw ickelt (linke Spalte in Tabe lle 2.1). In der folgenden Tabelle werden diese Kriteriengru ppen zu einzelnen Fragen ausdifferenziert (mittlere Spa lte ). Diese Fragen können den Verantwortlichen vo n TraineeProgram men im Un terne hmen als wertvolle An hal tspunk te bei der Evaluation ihres Pro-
Norbert Thom und Kerstin Nesemann
33
g ram ms dienen. H inzu kommen, falls sinnvoll, Erläu terungen, die eine Begründ ungs- und Orientieru ngsh ilfe bieten (rech te Spa lte).
Tabelle 2.1
Raster zur Selbstevaluation von Tra inee -Programme n
welche Kaniih.' we rden zur Ansprache von Hochschulabsolveneen genutzt? Wie breit wird das Internet zu r Absolventengewinnung eingesetzt?
Je breiter die Ansprache der Hochsch ulabslllventen, um so höher die Wahrscheinlichkt'i t. q ualifizierte Teilnehmer für das TrPr im POIlI de r Bewerber zu identifizieren.
Werden auch Absolventen mit Bachelor-Abschl uss zugelassen?
" ~
Wenn ja, welche Konsequenzen ergeben sich dadu rch für di e Programma usgestaltung?
~
• 0
• e •e
~
" ~
~ 0
•
~
Erfo lgt eine systematische Kostenkontrolle des Prog ra mm s? Was für ein Gehalt wi rd im Vergleich zum Direkteinstieg gezahlt?
0
E .e
•
Sind Gehaltssteige rungen möglich?
Eine faire Entlohnung als Basts fü r Att raktivität und Wer tschätz ung des T rr r.
~
Welche Auswirk ungen hat die ak tuelle Wi rtschaftslagl' a uf das Pro g ram m ? Wurde das Pmgramm a uf G rund wirtsch..Itlicher Entw icklu ng e n, z. B. Kostt.'nsenkungsmaßnahml'n. schon einmal ausgesetzt oder eingestellt? Wie wi rd d ie zukünftige Bedeutung des Prog remrns für das Un te rnehmen ei ngeschätz t?
TrPr sind l'int' mittel- bis langfristigl' Investitionen in das H umankapital des Unternehmens. Eine nachhakige Pörd.. ru ng talenti..rter Nachwuchskräfte sollte kontinuierliehen Charaklt'r haben.
Talententwicklung durch Trainee ·Programme
14
Klare Z us tändigkeiten verhindern e in", Ve rdrängung diese r Aufgaben
infolge der Alltagsroutine. Wer be urteilt d ie Trainees? Wie we rden die Tra inees beu rteilt?
Wie reagit'rt das Unternehmen auf die Beurtt'ilung d..r T rainces ?
Erfolgt ein e In teg rat ion in d as betriebliche Perso-
Di.. In vestition in TrP r zahlt sich im
na l..nt wickl u ngssys tem?
Reg..lfall n u r au s, we nn zwei As-
In welcher Bezieh ung steht das Programm zu
weite ren la ufbahnplan ung? Wie werd e n die ehemaligen Trainees nach Beendi-
gung des Pwgramms weiter gdördt.'rt? Ist eine lntegrat lon d es Programms in die betriebliche Ka rrie re pla nu ng erkennbar? Wie hoc h ist die Flu ktua tion der Trainees
a.
wäh rend des Prog ramms?
pe kte be rücksich tigt werd en:
1.
Die Ausbildungsinhalt.. müssen mit den Ausbildungsanforde ru ngen im Ra h m..n d..r Personal..n twickl ung.. die sich im Idenlfal l aus d e r Strat ..gie, Strukt ur u nd Kult ur d es Unt ..rnehm ens ablei ten , abgeglich..n w .. rden.
2. Die "best..n" Train....s bl..iben d..m Un te rne hmen nach B....n-
b. nach Beendigung des Programms?
d igu ng d es Programms e rhal-
Aus welchen Gründen verlassen die (e he ma lige n)
ten . H i..rfür m üssen ihnen
Tra inees das Un ternehmen? Wie entwickelt sich di .. Karriet....h..maliger Trtunees (in ve rschied e n..n Laufbahnen )? Wie viel Prozen t d e r h..utlgen Fü h ru n gsk räfte waren e he ma lige Trainees?
frühzeitig Entwick lungsmöglichkei t..n a ufge zeigt we rd ..n.
Nor ber t Thom und Kerst in Nesemann
welche Möglichkeiten der Individualisierung bestehen für die T raint't'S hinsichtlich
a. der Dauer? b. des Inhalts?
c. des Abla ufs? Stehen vor Beginn des Prog ramms Au fg aben un d
35
Durch Mitspracht' bei der Ausgestaltung der Programme wird die Eigt'nwran twortung gt'fÖrd ... rt. Es ist nicht wichtig, da"... diese Entsc heidungen früh getrotfe n, son dern dass sie sorgfältig vorbereitet werden.
Aufstiegsmöglichkeiten bereits fest? Wann t'rfolgt die a.
endgül tige Arbeitspla tzwahl?
b. die En tscheid ung über d e n späte ren Einsa tz des T rainee s? Ist Projektarbei t in das Programm integriert? Was ist die effek tive Tätigkeit d e r T rain ees während des Proje kts ?
Projekte bieten d e n Trainees die Möglichkei t, d as Unt e rneh me n abteilungsübergreifend kennen zu lernen u nd so ihr Netzwerk zu erweitern .
Sind Auslandsaufenthalte in das Programm tnteg-
Bei ausschli...Blich national tä tigen
riert?
Unternehmen sind Auslandsaufenthalte nur bt'dingt sinnvoll. Bei
Welcher Anteil d er Trainees ge ht ins Ausland? Wie viele Auslandsa ufenthalte sind vo rgesehen? In welchen Ländern sind Auslandsa ufenthalte
vorgesehen?
international agierenden Unte r-
nehmen sollten diese keinesfalls rein .jourtsüsche Zwecke" erfüllen, sondern sich d u rch qualifizierende Tätigkeiten auszeichnen, d ie neben interk ulturellen auch fachliche u nd
Was ist die dfek tive Tätigkeit der T ra inw s wäh-
methodische Ko mpete nze n vermit-
ren d des Auslandsaufenthalts?
teln.
Die vorliegende Tabelle dient dem Selbsttest. Es handelt sich um Anregungen für die Ausgestaltung von Trainee-Programmen, nicht um Präskriptionen, denn letztlich sind Unternehmen frei in der Gestaltung ihrer Nachw uchsförderungs program me. Dies hat allerdings zur Folge, dass die Unternehmen selbstständ ig eine konsistente Begründung aller Maßnahmen vornehmen mü ssen.
16
2.4
Talententwicklung durch Trainee -Programme
Schlussbetrachtungen
Trainee-Pr ogramme führen nich t zw angsläufig zur Entwic klung von Talenten, abe r sie bie ten eine vielfach erprobte Möglichk eit, ta lent ierte Ind ivid uen zu identifizieren. TraineeProgramme stellen da be i jedoch led iglich die Eingangsstufe einer Karriere dar. Inwieweit d iese erfolgreich ve rläuft, hängt von vie len we iteren Faktore n, z. B. de r Expa nsion des Unternehmens, Vakanzen sowie persönlichen Eigenschaften, ab . In diesem Zusammenha ng ist Erfolgsintelligenz eine zentrale Eigenschaft. Erfolgs inlellige nte Menschen kennen ihre Stärken und Schwächen, se tzen a u f ihre Stä rken und ar bei ten an der Kompensation und Korrektur ihrer Schwächen (vgl. Sternberg 1996: 8). Darüber hinaus eruieren sie, ob ihr e Umw elt der Entw icklung ihrer Talent e förde rlich ode r eh er h inde rlich ist In der Folge suchen sie aktiv nac h einem Umfeld, in dem sie nich t nur ihre Arbe it erfolgreich ausführen, sondern auch etwas bewirken und sich we iteren twi ckel n können. Sie lassen sich nicht du rch äußere Umständ e, die sie nic ht selbs t wesentlich beei nflussen können , einschränken, sondern schaffen sich ih re Ent wi cklungsmögli chkeiten selbst (vgl. Sternberg 1996: 21). Diese und andere Eigenschaften sowie Bed ürfnisse talentier ter Trainees sind bei ihrer Förderung und En twic klung im Rah men vo n Tralnee-Progra mmen und nachfo lgen den Maßnahmen d er Per sonalentw icklung zu berücksichtigen. In der aktuellen Wi rtscha ftskrise ko mm t d ie Stunde d er Wahrhe it hinsichtlich de r Nac hhaltigkeit de r Förderung talen tie rter Nachwuchs kräfte. Wer nac h d er Krise gut aufges tellt se in w ill, da rf auch in schwierigen Ze iten die Talentförd eru ng nich t vern achlässigen. Denn nu r we r langfristig Tra inee- Programme zur Talententw icklung einsetzt, kann eine enge Abs timmung de r Progr am m inh alte mi t Stra tegie, Str uk tur und Kultur d es Unte rnehm ens erreichen u nd so einen optimalen " Fit" vo n Ausb ildungsinha lten und -anforderungen bewirken. Um dieses zu ko ntro llieren, sind die Progr am me vo n Zei t zu Ze it d u rch ei n um fassendes Au d it a uf den Prü fs tand zu ste llen. Zude m hat eine laufende Evaluation de r Bildungsa rbei t im Rahm en vo n Trainee-Program men zu erfolgen. Diese kann auf den Ebenen Kosteneva fuu tion, Evaluation der Effizienz und Evaluation der Effektivität wa hrge nommen werden (vgl. Th om 2004: 736 f.). Die regelmäßigen Aud its sowie di e laufende Evaluation der Program me leisten einen Beitrag zur kontinu ierlichen O ptimierung der Program me. Denn letz tlich ste llen Trainee-Programme eine n icht unerhebliche Inv es tition in das H um ank apital im Unterneh men dar (vgl. Thom 2004: 736). Um in Zu kunft Investitionen in Trainee-Program me geztetter tätigen zu kön nen, besteht weit erer Forschungsbed arf bezüglich de r De termin anten, di e sich positiv au f den Erfolg von Tremee-Prog rammen auswirke n. H ier wä re es von In teresse, über pri mä r deskri p tive Forschung hina uszu geh en und hyp othesengeleitet zu u ntersuche n, welche Ges tal tungselemente eine positive Wi rkung auf den Erfolg von Trainee-Programmen ha ben . Dieses wä re eine H ilfestellu ng für d ie Pro grammverantwortlichen im Unternehmen ih re Programme effizien ter und effek tiver zu ges tal ten (vgl. Kloke 2ClO9: l OS).
Nor ber t Thom und Kerst in Nesemann
37
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J8
Talententwicklung durch Trainee ·Programme
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3
Optimistisch altern!
Empirische Befunde und personal wirtschaftliche Handlungsempfehlungen für ein demographiefeste s Talent Management Mall/mi Becter
3.1
Ausgangslage
Ang esic hts des rasan ten demograph ischen Wandels und de r raschen Alte ru ng der Gesellscha ft, w ird vielen Unterne hme n zukü nftig eine geringere Zahl an jungen Arbeitskrä ften zu r Verfügun g stehen (vgl. Statis tisches Bundesamt 2006; Tabelle 3.1). Dem nach wi rd di e Personalarbeit d er Zu kunft zunehm end di e An forderungen ältere r Arbeitnehmer zu berüc ksicht ige n haben . Managemen t und Mitarbeitende sind engestch ts dieses Problemd rucks fü r d ie Fakten der demographischen Entwicklu ng zu sensibilisieren . Entgegen de r No twendig keit, ältere Mitarbe itende an sich zu bind en, beschäftigen 41% d er deut schen Unternehmen keine Arbeitneh mer, d ie äl ter als 50 Jah re sind (vgl. Bundesm inis terium für Soziales, Fam ilie und Ju gend 2005/20(6). Die Lösung der personal wi rtschaftlichen Probleme als Folge der rasanten Alterung und Schru mpfung der Belegscha ften steh t folglich noch we itgehend aus. Das ökonomische Poten zial der Alteren bleibt in erhebliche m Ma ße u ngenutzt. Dies betrifft au ch das Talent Managem ent, das sich nach de r Dev ise Ta/elite = YOlmg Projessionats richtet. Junge Talen te sind als exkl usive und von de r Personalw irtschaft hof ierte Gru p pe n etabliert. Die Fähigkeiten der Älteren werden häufig nicht ge nutz t und die älte ren Mitarbeitend en sind sich ih rer Talente und Vorzüge selbs t auch n icht bew usst. Älte re lassen sich di e weitverbreitele negative Stigmatisieru ng einfach ge fallen und verabschieden sich nich t seilen frus triert in den Ve rruhes tand. Die dar aus res ultierenden ldentlfikations- und Informa tio nsp robleme erfordern eine Stä rku ng d es Selbstvertrauens der Talente in allen Alters klassen.
Optimistisch altern!
Tab ell e 3. 1
Demogra phische EntwickLung in De utschLand (Quelle: Statist isches Bundes am t Deut schla nd 2006) Altersklassen
Jahr
0-14
1950
23. 12
1%0
21.3
1970
23.2
12.8
1980
18.5
16.1
1990
16. 1
13.7
29.7
25.6
15.0
2000
15.5
11.0
3 1.1
26.0
16.4
2010
12.9
11.5
26 .6
28.8
20.2
2020
12.0
9.8
24.5
31.2
22.5
2030
12.4
8.8
23 .6
27.5
27.7
2040
12.2
9.4
2 1.3
26.2
30.9
2050
CED
9.4
21.3
26.0
Q!D
15-24
65+
25-44
45-64
14.3
27.4
25 .3
GD
15.8
24.4
27.0
11.5
27.8
22.4
13.7
28.2
21.6
15.6
Die Personalarbeit muss sich der veränderten d emographischen Verhältn isse und de r zunehmend fragmen tierten Bildungsbi ographien anne hmen. An die Stelle der lebenslangen Beschäftigu ng treten zunehmend frag mentierte Beschäfti gungsverhältnisse. In de r Zukunft w ird ein Drei -Phasen-Modell der Ber ufsb iographie das Norrnalarbeltsverhältnis ab lösen : •
Phase 1 - Au sb ildungs-Berufseimtiegs -Modell
•
Pha se 2 - Kern-Arbeits-Weiterbildungs-Model1
•
Phase 3 - Teilzeit-Arbeits-Teilruhestan d s-Modell
Talent Management w ird von den exklusi ven H igh Potentials gelöst und auf alle Alters gruppen au sge weite t werden. Unternehmen m üssen s pe zifische Talentdefinitionen. Entwick lungsmöglich keiten und Karriereaussichten für alle Altersklassen entwickeln und d iese ver stärkt kommu nizieren (vgl. Rüt tinger 2006). Um da s per sonale Poten zial eines Unternehmens auszuschöpfen, sollten Talente im Rahmen einer altersdiHerenzierten Befähi gu ng bet rachtet werden. Die Befähigung ist dabei d ie Summe au s de r Begab ung, dem Lernen und der Erfahru ng. Das Management von Talenten um fasst demnach das Entdecken und Zuordne n von Begabu ng. die Entw icklung und Förderu ng von Lernprozessen und d ie Nut zung und Veränderung von Erfahru ngsw isse n (vgl . Abbi ldu ng 3.1).
Manfred Becker
Abbildung 3.1
41
Talen tgleichung - Tale nte aLs Gesamtheit altersdiffere nzierter Befähi· gung
B,
Befähig ung • Talen te
=
B Begabu ng • Talent
---.5L Enldocken Zuordr>en
I
+
l
+
Lem en
.---5 L
Entwickeln Fördern
Talent Manag em ent
E Erfa hrung
---.5 L ""~
Verändem
I
Wenn sich bisher niemand fü r die Talent e der älteren Beschäftigten in teressiert hat, dann ve rwu ndert es n icht, dass Wissen über d ie besondere Leistungsfä hig keit, die Leistungsmotivation und die Beschäftigu ngsm öglichk eiten älterer fehlt. So ist es nicht verw unde rlich, d ass es noch im mer za hlreiche Un terne hmen gibt, d ie die exakte Altersstruk tur nich t kennen und die Dy na mik de r de mogra phischen Entwicklu ng nich t erhobe n habe n. De r Umga ng mi t älte ren Mita rbe itenden im Rah men des Talent Managements hängt aber entscheidend von der Kenn tn is de r Fähigkeiten , Moti vat ion u nd Kreativität der älte ren Beschä ftigten ab. Es muss d ie Un tern ehmen interessieren, ob jünge re u nd ältere Arbei tnehmer signifi kante Un terschi ede in ihre r Hand lu ngskompetenz aufweisen. Da ges iche rte em pirische Befu nde zu r demographischen Ent w icklung und zu den Leistungs po tenzialen junger un d älterer Beschä ftigter weitg ehen d feh len, wurde an der Martin-Luther-Uruversitä t H elle-w iue nbe rg ein Forschu ngsp rojekt zu m "Age Dtverstty Management" (AD M) durchgefüh rt (vgl. Becke r/Labucay /Kow nat ka 2008). Das inte rd isziplinä re em pi rische Forschungsprojekt ha t interessante Erken ntnisse zur Leistungsfähigkeit junger u nd alte r Beschäftigter erb racht. Die Ergebnisse des Forschu ngsprojektes we rden in diesem Beit rag vorgestellt u nd es werden pe rsonalw irtschaftliche Maßnahmen eines altersgerech ten Talent Managements vorgestellt.
3.2
Forschungsprojekt Age Diversity Management
Dem weit ve rbre iteten Alte rs-Defizitmodell zu folge ne hmen sowohl d ie körperl iche als au ch die ge istige Leistu ngsfähi gkeit m it zu ne hmen de m Lebensalter ab . ObwohL es für den übe rw iegenden Teil de rar tige r negativer Altersstereotype bisher keine gesicherten wissenscha ftlichen Erken ntnisse gibt, steht eine systematische Selektion zugunsren jüngerer Mita rbeitender au f dem Tagesprogram m. Älte ren Mitarbeitenden we rden häu fig Aufstieg und Weite rbildung vorenthalte n, d a sich Investitionen angeblich nicht lohne n wü rden. Befu nd e aus d er ge rontolog ischen Forsc hung belegen jedoch, dass das ch ronologische Alter erst ab dem 80. Lebensjahr zu dem Fakto r wird, der fü r die Abne hme der Intelligenz und eine geringere Lern - und Leistungsfähigkeit p rimär ve rantwortlich ist (vgl. Paulus 1998: 17; Rud inge r 1987: 63; Schale/Parha rn 1977; 64Y ff.).
4'
Optimistisch altern!
Ste reotype Vorstellungen über die Fähigkeiten älterer Mitarbeitender bilden auch eine we sentliche Triebkraft alterssegmentierender be trieblich er Pe rso nalpolitik. Ebenso wie den Alters-Defizitmode llen auf der einen Seile, ist andererseits de r Annahme entgegenzutreten, dass eine bloße Mischung älterer und jü ngerer Arbeitnehmer in alte rsge misc hte n Gruppen das Alte rsproblem lösen könn te. Altersge mischte Arbeitsgruppen führen nicht per se und au tomatisch zu höh erer Leistung und ve rbesser ter Qualität! Die zu er ledigenden Au fgaben und die daraus abgeleiteten Anforderu ngen, der Reifegrad des Unternehmen s und de r Mitar be itenden, entsche iden darüber, welche per sonale Kombinati on die grö ßte Wirkung erzielt. Das Ziel ist es, Voru rteile du rch w issen schaftliche Erkenntnisse abz ubauen: •
Die Per sonalarbeit muss da s Potenzial und den Leistungsw illen älterer Menschen entdec ken.
•
Alte rsstereotype ha lte n sich ha rtnäckig, sind abe r in der Meh rzahl wissenschaftlich nicht belegt.
•
Eine unr eflektierte Mischung jüngerer und älte rer Beschäft igte r ist wenig sinnvoll.
•
Aufga ben, Anforderu ngen und Situationsbedingungen müssen die Bestimmungsfakto ren für Altersheterogenität sein.
3.2.1
Ziele des Forschungsprojektes ADM
Ziel de s Forschu ngsp rojekt es ADM war die Überp rü fung der tatsächlichen Veränderung de r Leistungsfäh igkeit m it zunehmendem Lebensalter. Dabei stand d ie Gewinnung vo n wissenschaft lich ge sicherten Erke nn tn issen zu wesentlichen Fakto ren altersdiverser leistu ng und Zusammenarbeit im Vordergrund des Erkenn tnisinteresses. Au f de r Grund lage empirischer Daten sollten so Gestaltungshinweise fü r eine demographiefeste Per sonalarbei t erarbeitet werden (vgl. Tabelle 3.2). Zur Übe rp rüfu ng der tatsächlichen altersbedingten Veränderungen kognitive r Fähigkeiten wu rden im Rahmen des Forsc hun gsprojektes verschiedene Variable n der be ru flichen Handlungskompetenz untersucht. Es wurde eine Auswahl von Variablen getro ffen, die die entscheidenden Aspekte der Ha ndlu ngskompetenz optimal abbilden, di e in d er psychologischen Altersforschung be reits auftauchen, jed och bisher bei Untersu chungen in Bezu g auf di e Leistungsfähigkeit im Alte r kaum überprüft w urde n. Es wurden Variablen ausgewä hlt, d ie allgemein genug sind, um ein brei tes Spek tru m von Ar be itnehmern u ntersuchen zu können, so dass brauchen- un d position sübergreifende Ergebnisse erwartet werden kon nten. D ie Varia blen sind andererseits so s pe zifisch, dass konkrete Ansatzpunkte fü r eine demographische Personalarbeit abgeleitet werden konnten .
43
Manfred Becker
Tabelle 3.2
Fragest ellung und Ziel st ellung des Forschungsprojektes ADM Frage st ellung de s Forschu ngsprojekt es ADM :
Existie ren signifikante Unterschie de in der Handl ungskompt'ten/ ?
• •
Zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitenden? (Individualebene) Zwischen alte rsgemischten und alte rshomogenen Gruppen von Mitarbei tenden? (C ruppenebene) Ziel des Fo rschun gsprojektes AD M:
•
Gewinnung gesicherte r Erkenntnisse zu konk reten Variablen von Leistung und Zusammenarbeit.
•
Ges taltung einer leist ungsfähigl!n Personalarbeit für altl!rshetewgenl! Belegs chaften.
3.2 .2
Forschungsdesign
Reflekti ert man verschiedene em pirische Untersuchungen und neuere Unte rnehmensphilosophien, so ist d ie Hand lungskom petenz eines Mitarbeitenden ein primärer Fak tor, um d ie zuneh mende Kom plexit ät der beruflichen Umwelt beg re ifen zu können un d di ese du rch ziel- und selbstbewusstes sow ie verantwo rtliches H an deln aktiv gesta lten zu können (vgl. Sonn tag/Se heper 199':): 211). Hand lungskom petenz lässt sich in vier Kom pet enzbere iche un terteilen . Die Fachkompetenz beschreibt d ie Gesa m thei t aller erforderlichen Fähigkeiten. Un ter Methodenkompetenz wi rd die Fäh igkeit verstanden, erworbene Qualifikationen im Arbe itsp rozess zielorien tiert einzuse tzen, sich d ie notwendigen Infor mat ionen zu beschaffen sowie d ie Hand lungsfolge n richt ig einzuschätzen. Soziale Kom pete nz ist d ie Fähigkeit mit Vorgesetzten, Kollege n und Kund en ein gutes zwischenmenschliches Verhältnis aufzubauen und zu er halten . Per sonale Kompet en z besch reibt d en Umgang mit sich selbst als reflexiv organ isierte Handl ung (vgL Becker 2005: 9). Die versch iedenen Kompetenzbereiche können d abei un terschie dl iche Q ualifikationen und Eigenscha ften beinhalten. Der Geh alt unterscheidet sich d abei je nach Beruf, Kultur und Gesellschaf t w irtschaftlichen Vora ussetzungen und de r persönlichen Situation. Für jeden Kom petenzbereich wurden Fäh igkeiten bzw. Eigenschaften ausgewählt, die für die berufliche HandIungskompetenz als besonders w ichtig eingest uft wurden (vgl. Abbildung 3.2).
Optimistisch altern!
Abbildung 3.2
Unt ersuchte Kriterie n des ADM Forschungsproje ktes
~,----
Lernfähigkeit
,-<__
Stressbewäl1lgun g
1-_ _
OlOl'Val,onale Schemata
Kre al;vrtal Problemlöse- _ _
~_~
fähig keil Cl Personaia Ko mpe1 anz Cl s ceeie Ko mpe1enz
= Malhodenkompe1erlZ
_
Fachliche Kompelenz
Personale Kompeten z wurde d urch d ie Merkma le Stressbewältig ung und motivationale Schemata un tersuch t. Das Verhalten in Kon flikten wurde als soziale Kompet en z empirisch übe rprüft. Methodenkompetenz wu rde durch d ie Kriter ien Problem lösefäh igk eit un d Kreati vität un tersucht. Da bei sollten neben individ uellen Un terschieden zwische n älteren u nd jüngeren Mit arbe itenden ebenso gruppenspezifische Unterschiede zwischen jungen, alten und altersgem ischt en Gruppen ermittelt werden . Erfahrung u nd Lern fähigkeit sin d hinreichend un tersuchte Faktor en in de r Alte rsforschung, stellen jedoch w ichtige Kriterien zur Erklärung von Leistungsve ränderungen m it zunehmendem Lebensalter da r. Die empirische n Befu nde zur Lernfähigkel t als pe rsonale Kompetenz und zur Erfah ru ng als fach liche Kompeten z gelten als genügend gesichert. Daher wa ren d iese Merkm ale nich t Te il der em p irischen Unters uchung, wurden ab er in die theore tischen Überlegungen einbe zogen, um so die Aufnahme d ieser Kriterie n in d ie Gesta ltu ngsvorschläge fü r die Personalarbe it zu ermöglichen. An d er empirische n Dat enerhebung na hmen 14 Untern eh men au s vers chiedenen Bran chen d er Bundesrepu bli k Deu tschla nd teil. Die Date nsätze von 228 Teilnehme rn wurden in d ie Auswertu ng einbezogen. Das Lebensalter der Probanden lag dabei zwischen 17 und 63 Jah ren (M = 39.62, SD = 12.11). Die Teilnehmer wurden außerdem einer Alte rsg rup pe zu geo rdnet. Probanden, die jünger als 45 Jah re wa ren, wu rden als "j unge Mita rbeitende" eingestuft. Probanden, die 45 Jahre oder älter waren, zä hlten zu den "alten Arbei tnehmern" . Die Festse tzu ng des Alters von 45 Jah ren als Grenze zwischen jüngeren und älteren Arbeitn ehmern folg t den Kon ventionen des Sta tistischen Bundesam tes. Da die Unt ersuchu ng ne be n ind ivid uellen Kompeten zen au ch gruppenspezi fische Aspekte erfassen sollte, wu rd en die Teilneh mer zur Anal yse altersdiverser Aspekte in 38 Arbeitsgruppen zu je sechs Personen eingeteilt, d . h., es wurden homogen jun ge, homogen al te un d alte rsge m ischte Gruppen ge bildet.
Manfred Becker
45
Die Datenerhebung wa r ab Quersch nitt mit jeweils einem Untersuchungszeit punkt angelegt. Je d rei Versuchsleiter waren mi t der Durch füh ru ng betraut. Zunächst wurde die gruppenspezi fische Problemlösefähigke it d u rch das Man agem entspiel " Mipps & Wor s" (vgl. Greimel 2(00) untersuch t. Dann erhielten alle Probanden einen Frageb ogen mit Insgesam t 156 ltem s zu den Kriterien Stressbewäl tigu ng. motivatton ale Schemata und Konfliktve rhalten. Pa rallel w urd e m it jedem einzelnen Prob anden das Superhirn-Stecksp iel zu r Erfassung der individuellen Problem lösefähi gkeit durchgefü hrt. Im Anschluss wu rde allen Teilnehmern ein Gedächtnistest vorgelegt und schließlich wurde das Brainw riting zu r Erfassung der Kreativität durchgefüh rt. Die Dauer de r Untersuch ung be trug insgesa mt 75 Minu ten (vgl. Abb ildung 3.3). Abbildung 3.3
Untersuchungsablauf des ADM Forschungsprojektes
Ü1l\Jng zur individuenen Problemki$ef~higkeit
Obungzur Problem_ lös efä higke it in der Gruppe
,.,
("Supernirn") (Proband
("Superhirn" ) (Proband
l "Supe rhi rn '" (Proband
Dauer: 10m in
Dauer:10m in
Dauer:10m in
'm
3',
" Mipps & Wo,.. " 6 Probanden
Bear be it u ng d es Fragebo g en s zu $Ire ssbewälligung.Motiv ation , Konfli klIIerhaiten
Dauer: 20 min
Dauer:4 0 m in
3.2.3
Testder Gedäch l nislei stung
01l\Jngzur Kreativität " Brain_ w riting" 6 P,obanden
Dauer: 2 m in
Daue r: 12 m in
Erk enntnisse aus dem Forschungsprojekt ADM
D ie em pirischen For sch ungsbefunde zur beruflichen Handlungs ko mpetenz ältere r und jüngerer Mitarbei tenden un d zur Leistung und Zusammenarbeit altersgemischter Arbeitsgrup pen lassen noch keine endgültigen, verallgeme ine rbaren Aussagen zu . Die Erkenntnisse au s d em Forschungsprojekte zum ADM liefern allerdings partiell Ergebnisse, die d ie allgemeinen Alters- Defizi tmo dellen bestätigen. So zeig ten ältere Arbeit neh mer ge ringe re Fäh igkeiten in den Bereichen Kreativität, Ged ächtnis und Problem lös ung. Fü r die Aspekte personale un d sozi ale Kompeten z w urden ebenfalls al tersspezifische Unterschiede festgestellt. Allerdings zeigen die Ergebnisse de s Porscbungsprojektes, dass jünge re und älte re Probanden sich in vie len Leistungs- u nd Verhaltensaspekten n icht signifikant un terschie den. D ie Ergebnisse we rden nachfolgend im Detail vorgestellt.
3. 2.3. 1
Altersbezogen e St ress bewältigung
Die em pi rischen Ergebnisse zur Stressbewältigung liefern erste H in weise für altersbez oge ne Unterschiede im Umgang mi t und d er Bewält igung von st ressreichen Situa tionen. Älte re Arbeitnehmer versuchen, Stress p räventiv zu ve rme iden, bevor zugen p rob lembezogene Stressbewältigungsstra teg ien u nd versuchen diese strategisch zu planen. Diese Strategien
Optimistisch altern!
46
we rden du rch Hand lun gsweisen dom inie rt, d ie d irek t auf d ie Lös ung eines stressau slösenden Problems gerichtet sin d, z. B. gezielte In formationssuche, aktives Verhalten od er d ie Suche nach sozialer und emo tionaler Unterstützung. Jed och ganz egal, welc he Hand lungsweisen genutzt werden, problembezogene Stressbewältigung setz t da s Vorha ndense in pe rsönlicher Ressourcen wie z. B. Problemlösekompeten zen voraus. Eine Reihe vo n Stud ien bestätigen die Verbesserung einige r kognitiver Dimensionen mi t zu nehmendem Lebensalter, z. B. str ategisc hes De nken, über legtes und planmäßiges Handeln u nd ein ganzheitliches Verständ nis fü r besondere Situationen (vgl. J1ma rinen 2(07). Aus der Erge bnisana lyse zur altersbezogenen Stressbewältigung konn ten d ie folgen den zen trale n Aussagen abgel eitet werd en : •
JI;' älter d ie Arbeitnehmer, desto eher wird Stress präventiv ve rm ieden .
•
Älte re A rbeitnehme r bevorzugen kognitive Stressbewältigungsstrategien.
•
Ältere Arbeitnehme r versuchen, Stressbewäl tigu ng stra tegisc h zu planen.
3.2.3. 2
Altersbezogene motivationale Schema t a
Die vorliegenden em pirischen Ergebnisse zu mo tfvattonalen Schemata widers prechen bisherigen Forschu ngserkenntnissen. Studien zur Ent wicklu ng der Mot ivation über die Lebensspanne zeigen häu fig eine veränderte Gewich tu ng motivationaler Schemata mit zunehmendem Leben salter. Dabei verliert vor allem die Leistungsthematik an Bedeut u ng und Motive wie Autonomie und die Verw irklichung persönliche r Z iele rü cken in den Vorde rgrund . Die ze ntra len Ergebnisse des AD M Forschungsprojek tes liefe rn jedoch Hinweise darau f, dass älte re und jü ngere Arbeitne hme r in gleichem Maße nac h Leistu ng und Selbstverwirklichu ng stre ben . De mnach wollen älte re Mitar be itende genauso viel leisten wie jüngere und jüngere Arbeit neh mer streben in gleiche m Maße nac h d er Verw irklichung persönlich bed eut samer Ziele und Erw art ungen . Betde Mot ive beeinflussen die beruflichen Verhaltensweisen und schlagen sich in arbeitsrelevanten Fragen wie de r Ar be itsle istung nieder. Das Defizitmodell ist da hingehend zu relativieren, dass Leist ung und Motivation zwar bezogen auf bestim mte Arien von Tä tig keiten abnehmen, abe r nicht von einer generellen Abna hme m it dem Alte r gesprochen wer den ka nn (vg l. WolfflSpiess/ Moh r 2(01). Dass ind ivid uelle Unter schiede in d er Motivation mi t fortsch reitendem Alter die Gruppen unterschiede zwischen Älte ren und Jü ngeren do min ieren, wi rd durch den Befund bestä tigt, dass g rößere Unterschiede innerhal b der Gruppe de r Älteren als zwischen Älte ren und Jü ngeren besteh en (vgl. Birren/Schaie 2(01). Folgen d werden die ze ntralen Auss agen zu mo tivationa len Sche ma ta zus ammengefass t: •
Älte re Ar be itnehmer sind best rebt, ih re soziale, ph ysische u nd ökonomische Sicherheit auf recht zu erha lten.
•
Jüngere Ar beitne hmer bev orzugen Moti ve der Macht und Au tori tät.
•
Jüngere Ar be itnehme r streben na ch Auf rechterhaltung ih rer sozialen Kontakt e.
•
Jü ngere und ältere Arbei tneh mer streben in gleichem Maße nac h Leistung und nac h Selbs tverwirklichung.
Manfred Becker
3.2.3.3
47
Altersbezogenes Konfliktverhalten
Die zentralen Aussagen zum Konfliktverhalten fassen zusam men, dass kein Zusammenhang zw ischen dem Jobalter (Beschättigungsdauer im derzeitigen Beru f) und dem Umga ng m it Kon flikten besteht, dass jedoch jüngere Arbeitnehmer Konflikten mit Kollegen oder Bekannten eher ausweichen. Ausweichendes Verhalten bei Konflikten kann aber positiv wie auch negativ sein . Dieses Ergebnis heißt; Es werden sowohl eigene Interessen als auc h die anderer Per sonen ve rnachlässigt. Ausweichen beinhaltet Verhaltensweisen, d ie de r Konfli ktvermeidu ng dienen, wie Rückzug aus der Situat ion, Verschieben oder Leugnung des Konflikt es. Hier deutet sich even tuell eine mangelnde soz iale Kompete nz jüngerer Mitarbeiten d er an. Bereits im Rahmen der Stressbewältigung demonstrierten ältere Arbeitnehme r p roblembezogene Kompeten zen im Umgang m it Stress. Da ein Konflikt häufig als stressauslösender Faktor fu ngiert, wäre hier ein konkreter Zusammenhang zu überprüfen. Alle rdings gibt es Hinweise darau f, dass das Ausweiche n bei Konflikten im organtsettonalen Kon text nicht zwi ngend negativ ist und manchmal stellt es sogar das ange messene Verhalten dar (vg l. Coerke 2005: 19 f.). Es bleibt zu beachten, dass Konflikte nich t erst mit Beginn einer beru flichen Tätigkeit und nich t nur im Kontext von Arbeit, sondern auch au ße rhalb im allgemeinen sozial en Um feld erfahren werden. Die Entwick lung von Konfliktstilen kann d urch individuelle Lebenser fahru ngen u nd deren Wahrnehmu ng, durch kri tische Leben sereignisse od er durch Ler np rozesse ent scheidend dete rminiert werden. Sowohl die entwicklungs- als auch d ie persönlichkeitspsychologische Perspe ktive können demnach bei der Betrachtung von Konfliktst ilen sinnvoll se in. Die Ergebnisse des For schu ngsp rojektes ADM zu r Konfliktfäh igkeit als Teil der sozialen Kompetenz können m it bestehender Forschung zur Sozialkompetenz verglic hen werden. H ierzu we rden Fähigkeite n wie Koo perat ionsf äh igkelt. Anpassungsfä hig keit an unterschiedliche soziale Situa tionen, Einfühlungsvermögen, Kom munikationsfähigkeit und Mensche nkenntnis gezä hlt, die eine hohe Bedeu tung fü r die Netzwerkbildung mit Kollegen, Kunden und Koope ratio nspartnern haben. Buck (vg l. 2001: 23 f.) stellt fü r den Bereich der Softwareen twick lun g eine höhere Auspräg ung sozialer Kompetenzen bei Älteren als bei Jü ngeren (z. B. Kommunikationsfähigkeit und Kenntnis de r Kund enbed ü rfnisse) fest und em p fiehlt die Bild u ng altersgemischter Teams. Diese r Empfe hlung kann aufgrund de r Forschungsergebnisse aus dem h ier vorgestell ten AO M-Projekt nicht uneingeschränk t gefolgt werden.
3. 2. 3.4
Altersbezogene Problemlösefähigkeit
Mit den empi rischen Forschungsergebnissen zur Problemlösefäh igkeit bestätigen sich d ie altersstereotypen Annahmen über d ie Veränderung kognitiver Leistu ngsfähigkeit mit zunehmendem Lebens alter (vg l. Abbildung 3.4).
Optimistisch alte rn!
48
Abbildung 3.4
Individuelle und gruppenbezogene Problemlösefähigkeit
Durc hsch nittlich e Bea rbe itun g sda uer in Sekunde n nac h Alte rsgrup pen
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Dennoch stellen d iese Befunde keinen Grund zur Besorgnis dar, denn Älte re sind nicht g run dsä tzlich leistungsgemi ndert, sondern viel eher leistungsgewand elt (vgl. Becker/ Bobrich tchev/H en seler 2006: 73), d . h . Leistungen werden generell unabhängig vom Alter erbrach t, abe r Lern - und wahrnehmungsprozesse verändern sich m it zunehmende m Lebensalter. Dem nach so llten fü r spezifische Altersgrup pe n die entsprec henden spezifischen Lern- und Letstungsumgebungen geschaffen werden. Auch das Ergebnis zur geringeren Gedächtnisleistung bei älte ren Arbeitnehmern ist nicht besorgniserregend. Abe r es zeigt, dass ältere Menschen eher eine Gedächtnisstütze benötigen als jüngere. Praktische Auswirkungen könnte d iese Erkenntnis dahi ngehend haben, dass ältere Menschen "diskri mimerungsfre t" ermuntert werden, sich Informationen konsequent er zu no tieren. Auch wären Gedächtnistrai nings geeignet, die Gedächtnisleis tung über die Lebensphasen zu stärken. Ein bedeu tsamer Befund sind die Ergebnisse zur wahl der Denkkategorien. D ie Ergebnisse ze igen, dass auch älte re Menschen neue Probl eme nicht mit hergebrachten Denkschemata (ko nvergentes De nken) zu löse n versuchen, sondern über ausgeprägte Fäh igkeiten zum situa tiven und flexib len Den ken (divergentes Denken) verfügen. Bisherige Denkund H and lungsmuster we rden zugu nsre n neuer aufgegeben, we nn die Hand lu ngss ituation es erfordert, so die Erkenntn is aus dem ADM~Projekt. Diese De nkflexibilität ist insbesondere in dy namischen O rga nisationen u nabdingbare Voraussetzung fü r d auerha ften Erfolg. Wenn sich die Probleme in dy na mischen O rganisationen rasch verändern, passen
Manfred Becker
49
die Mitarbeitenden, unabhängig vom Lebensa lter, ihre Denkmodelle d em neuen Problem an. Eine Erkenn tnis, die für die Zusammensetzung von Gruppen im d emograph ischen Wandel inso fern ber uhigen d ist, als nicht befü rchtet werden muss, d ass fehlende Umstellungsbefähig ung Älterer die Lösung neu auft retender Probleme verhindern und so d ie Leistungsfähigkeit von Organisationen drastisch sen ken wü rde. Zen trale Erkenn tnisse zu r Problemlösefähigkeit sind da bei: •
Ältere Arbei tneh mer verfügen insgesamt über geringere Fähigkeiten zu r Lösung von Problemen . Das heiss t: Sie finden seltener eine Lösung, sie benötigen zur Lösung des Problems de utlich mehr Zeit und mache n me hr Fehler.
•
Diese Leistu ngsunterschiede wurden eben falls für homogene alte Arbeitsgru ppen nachgewiesen.
•
Ältere Arbeitnehmer erb ringe n geri ngere Gedächtnisleistungen.
•
Altersdtverse Gruppen unterscheide n sich nicht in de r Wahl der Denkkategorien, das bed eutet: Alle Gru ppen bevorzugen gleicherm aßen d ivergentes Denken, wenn dies erforderlich ist.
3.2 .3.5
Altersbezogene Kreativität
Verfah ren zur Ermittlung de r Kreativität umfassen in aller Regel Au fgaben zu d ivergent en Denkprozessen. Divergentes Denken betont d ie Entw icklung logischer Alternativen aus gegebenen Informationen, wobei Verschiedenheit, Menge und Bedeutun g de r Ergebnisse entscheidend sind . Dies wird häu fig als Ein fallsreichtum operauon enstert. Der Schwerpunkt liegt demnach n icht au f dem Finden einer einzigen richtigen Lösung, es geht vielmehr u m die Anza hl und die Vielfältigkeit d er Ideen. Die zen tralen Aussagen zu r Kreativität weisen darauf hin, d ass jüngere Menschen als kreativer eingestu ft werden können. Demnach ist ihr Einfallsreichtum und die Anzahl ihrer Id een größer (vgl. Abbild ung 3.5). Dennoch wies bereits Guilford, als eine r der Initiatoren der Kreativitä tsforsch ung. d arauf hin, dass neben dem divergenten ebenso die konvergenten Denkp rozesse von Bedeutung sind (vgl. Guilford 1950, 1956, 1976).
Optimistisch altern!
50
Abbildung 3.5
Kreativität nach Gruppen Anzahl der produzierte n Aussage n nach Gruppen ~
" ro
~ ~
~
<
20 ..
c
57.99
..
Gruppen
Kon vergentes Denken betont d ie Entwicklung logischer Schlussfo lgeru ngen, wobei d ie Betonung auf dem Finden der einzigen Lösung liegt (vgl. Gui lford 1950, 1956, 1976; Hell 2007; 441). Bereits im Rah men der Probleml ösef ähigkei t wu rde deutlich, dass ältere Menschen in de r Lage sind, divergente Denkschema ta anzuwenden. Daher bleibt zu überprüfen, ob sich für ältere Mitarbeitende bei Aufgaben mit weniger spielerischem Charakter
und mit Bezug zur Praxis und Alltagsrelevanz andere Ergebnisse eingestellt hätten. Folgen d werden die zent ralen Erken ntnisse zur Kreat ivität dargestellt: •
Jüngere Arbeitne hmer sind deu tlich kreativer als älte re.
•
Junge Arbe itsgruppen sind deutlich kreativer als alte u nd altersgemischte Arbeitsgru ppe n .
•
Alte rsgemischte Arbeitsgruppen sind deu tlich kreat iver als alte Arbei tsgruppen.
3.2.3 .6
Schlussfolge r ung
Insgesamt bes tätigen die em pi rischen Ergebnisse altersstereotype Annahmen über Defizite in der Leistungs- u nd Lernfähigkeit m it zunehmendem Lebensalter . Gerontologisc he Befund e belegen jedoch, dass das chronologische Alter ers t ab dem achten Lebensjahrzehnt m it eine r Abn ah me der Intelligen z einhe rgeht (vgJ. Rud inge r 1987: 63; Schaie/parham 1977: 649 H.; Pau lus 1998: 17). Wie lassen sich d ie vorliegenden Forschungsergebnisse nun erkläre n? Ein wes en tlicher Kritikpunkt der " Defizit-Modelle" ist die mangelnde Differenzieru ng der Lebensumstände und der Aufgabenstru kturen. Zahl reiche empirische Untersuchungen belegen, da ss viele Faktoren d ie Lernfähigkelt im Alter beeinfl ussen können . Das hebst, älte re Mensche n lernen langsamer, erzielen häufiger einen Übungsgewinn bei vermehrter Au fgabenwiede rholung. sind während de s Lern prozesses störanfälliger und ler nen bei sinnvollem Mate rial besser als bei sinnlosen Aufgabenstellu ngen (vgl. Lehr 2003). Seit mehr als 30 Jahren bestätigen sich immer wieder d ie Erkennt nisse, dass ältere Arbeitneh-
Manfred Becker
51
mer negative kognitive Veränderungen durch Erfahrung kompensieren kön nen. In de r Praxis sind d ie Ar beitsleistungen immer unabhängig vom Alter gewesen und manchmal sogilr besser als bei Jünge ren (vgl. Salthouse 1997, zit. nac h Ilmarinen 2007). Ältere Personen be nötige n zur Vera rbeitung neuartigen Lernmatertals grundsätzlich me hr Zeit. Ihre Lernmo tivation hingegen ist na chweislich mi t dem Alter stark erhö ht, d . h., sie wollen und sie kön nen lernen. Das Forschu ngsp rojekt zum ADM best ätigt, dass ältere und jünge re Mitarbeitend e übe r eine äquivalente Leistungsmotiva tion ve rfügen. Eine Vielzahl von Studien beleg t, dass sich mit dem Alte r eine Vielzahl kognitiver Dimensione n ve rbessern, z, S.: st rategisches De nken, überlegtes H andeln, Scharfsinn, Besonnenheit, logis che Argumentation u nd ein ganzheitliches Verständ nis, um nu r ein ige wenige zu ne nnen (vgl. 11marinen 2007). Dies zeigt sich auc h in den Ergebnissen des ADM Forschun gsprojektesÄltere Probanden verfügen übe r kognitive Coptngstrategten. überlegen sich verschiedene Han dlu ngsmöglichketten u nd planen d ie Stressbewältigung strategisch. Ältere Mitarbeitende sind n ich t grundsätzlich leis tun gsgemind ert. sondern vie l eher leistungsgewandelt (vgl. Becker/Bobric htchev/Henseler 2006: 73). Leistu ngen können unabhängig vom Alte r erb racht werden, jedoch verändern sich d ie Lernprozesse mit zunehmendem Leben salt er. Tabelle 3.3 fasst die Schlussfolgerungen zusammen.
Tabelle 3.3
Zusammenf assung der Schlussfolge rungen zum Forschungsproj ekt ADM
Tende n zie lle Ve rsch lech teru ng de r
Te nd e nzie lle Ve rb esse ru ng k og ni ti ver As pek te
Handlun gskompetenz
• • •
• •
Problemlösefähigkeit nimm t ab
Ced ächtn!s verschlechtert sich Kreativität nimm t ab
Strategisches Denken wi rd solide r Problembezogenes Denken u n te rstü tzt die Stressbewältigung
• •
Divergentes Denken bleibt erhalten Leistunesmotivation ist u nve ränd e rt
Die ze ntralen Erkenntnisse aus de m AD M-Projekt kö nnen in die Fragen "Was sti mm t u ns op tim istisch " und "Was stimmt uns n icht optimistisch" unterteilt we rden (Tabe lle 3.4).
Tabelle 3.4 Nich t
Zusammenfassung der Ergebnisse 0
timist is ch alte m
o tim ist isch alte m
Altersster....' typt' Annahmen bestätigen s ich teilweise - die Han d lungskompetenz schlechte rt sich te nd en zie ll:
Vl'r -
Kognitive Aspekte verbessern Sich tendenziell: "
"
Strategisches Denken wi rd solide r
Problembezogenes Denken hilft bei der
'"
Problemlösefähigkeit nimm t ab
'"
Cedächtms verschlechtert sich
"
Divergentes Denken bleibt erhalten
'"
Kreativität nimmt ab
"
Umstellungsbefähigung bleibt erhalten
'"
Leistunasmotiva tton ist u n ve rände rt
Stressbewältigung
Optimistisch altern!
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Es beste ht kein Grund fü r Beschäft igte und Unterneh men, au fgru nd der demograph ischen Entwicklu ng in Panik zu verfallen . Allerd ings ist eine aktive Bewält igung von Alte ru ng und Schru mpfung d urch eine leistungsfähige Per sonal- u nd Führu ngsa rbeit zwi nge nd ge bo ten.
3.3
Personalwirtschaftliche Konsequenzen für ein demographiefestes Talent Management
Vor allem im Rah men eine r erfolgsorient ierten Personalentwicklu ng so llten d ie Erkenntn isse a us dem Forschungs p rojekt zum ADM in be triebl ichen Tra inings maß nahmen u mgesetzt werden. Tr ain ing fü r älte re Mita rbe iten de sollte n icht gleich dem Traini ng für [ünge re sein. Einige wenige Per sonalen twic klu ngskonz ep te orientieren sich bereits an d iesen Erken ntnissen u nd bestäti gen d iese in der Prax is. Fü r jede Altersgru ppe so llten de mnach op tima le Lern bed ingungen gesc haffen we rden (vgl. Lad w igl Boie/Kutscher 2006). Die Erge bn isse der Studie sind kein Plädoyer fü r eine generelle v ortellh ofugkeit alter sgem ischter Gru ppen, d . h. eine unreflektie rte Verm ischung ältere r und jün gerer Arbe itnehme r is t für jeden Einzelfall zu beurteilen und zu en tschei den. Folgend sind d ie An forderungen an eine demog raphiefeste Personalwi rtsc ha ft (PW) au fgelistet: •
PW muss Alte rss tru ktur u nd Altersstrukturen twic klung analysieren.
•
PW mu ss alle Al ters klassen in di e dem ographische Bewältig ung ein beziehe n.
•
PW m uss das Man ageme nt un d d ie Mitarbeitenden für di e Fak ten de r demogra phischen Entwicklung sensibilisieren.
•
PW muss d ie Qu alifikat ionsstruktur un d d ie Au fgabenstru ktu r analysieren u nd ihre Ins trumente demogr a phiefest m achen .
•
PW muss d ie Tät igke iten au f kreative vs. Routinet ätigkei ten untersuchen u nd segmentieren.
•
PW m uss ste reoty pe Den kmuster a ufb rechen.
•
PW muss d ifferenzie rtes Angebot an personal wi rtsch aftlichen Leis tungen be reitstellen (Kom pe nsation, Integrat ion, Mot ivation ).
•
PW muss Kompetenz zu r ind ivid uellen Berat ung d er Mitarbeitenden in allen Lebensp hasen a usba ue n.
•
PW muss neue Besch äftigun gsform en förde rn, z. B. Ment ore nt and em s zur gegenseitigen Beratung Älter er u nd Jün ge rer, projektorientierter Ausstieg, Fach- und Projekt karrieren und Work-Life-Balance-Maßna hmen.
Damit Per sonala rbe it "demog raph iefes t" w ird und d ie Ide nti fikat ion und Förderu ng vo n Ta len ten alle r Alte rsklassen nich t ve rloren gehen, be nötigen Unterneh men ei nen Üb erblick über di e Geschwindigke it, mit der ih re Belegschaft alte rt. Altersstruk tu ranalysen und
Manfred Becker
53
Qualifika tionsa nalysen de r Ist-Belegschaft sowie Inha ltsanalysen der gegenwä rtigen und der zu künftig geplanten Tätigkeiten und Anforderungen sind als Inp utfaktoren für die strategische Person alplanung er forderlich. Die pe rsonalwirtsc haft lichen Instru mente sin d altersgerecht um zu gesta lten . Fü r die Beschäftigung älterer Mitarbeitender sind neue Beschä ftigungsformen wie Zeitarbeit, Karrieren auf Zeit, d ie Tätigkeit als Seniorenberater. projektorientier ter Ausstieg. Fach- und Projektk arr ieren und d ie Einb ind ung in Work-LifeBalance-Maßnah men vorz usehen. Abbildung 3.6 gibt eine n Überblick übe r Maßnahmen demog rap hiefester Personalarbei t. Abbildung 3.6
Maßnahmen demographiefester Personalarbei t
Be schaffung und Auswahl
Flexible Arbeilszeilregelung
• Einstellung Ält........ Maßstab Job·Aller statt lebensalter • Zeitaroeit. Projektaro8lt • Seniorenber
• • • • •
Karriere- und Nachfolgeplanung • Karrieren auf Zeit • Zweite Karri..... als Senioroeratet • fach- und Projektkanieren • Beraterkameren • Trainer auf Zeit
"
Kindllltl eireuung , PIlegezelien W8Itllltlildungszeiten Fle.ibler Altersausstieg Sabbaticals Fle.ible Arbeitszelt_ und Arb8ltsort
~'ß"'hm'" d.mog".> phlefe ster Pers onalarbeit
Pers onalentwi cklun g • SySlematische PE inal lan Lebens,~~
• Kompansatonsche PE l (O-m ill..alle \n::l ält..... MA • Krw.tivit;\1sv.ort<shops • Tra;n lho Tra;ne<-$em inarll 1(0Seminartleta.lar • Lemo>n in lmmdanW"lan
G esundh eitsman a_ g emen ! • Pr.lventiv"" Gesundhelts_ management • Gesundhelts,;rt<e1 • Rllckkehrg""pr.lcho • Aufklarungskam· pagoen • vorsorgeuntersuchungen
Neben der Wert schä tzung der Leistungen älterer Talente, so llte deren Rekr ut ierung, Weiterbild ung und Karriereplanu ng vorangetrieben werden. De r Weit erbildungsabs tinenz Älterer un d der geringen Bereitschaft der Unt ern eh men, Älte re zu qualifizieren ist d urch d ie Anpassu ng von Weite rbildungsmaBnahmen an die Lembedürfnlsse und Lerngewohnheiten älterer Mitarbeitender, eine lernförderliche Arbeitsgestaltung sowie durch die Red uktion alters kri tische r Anfor deru ngen entgegenzutre ten. Dabe i ist die Übertragung anspruchsvoller Aufga ben bei entsprechend angepassten Arbei tsbedingungen. Arbeitszei ten, Entgeltgestal tung u nd Arbeitsplatzgestaltung zu beachten. Die Personalent w icklung im Rahmen des Talent Management s mu ss vor allem kom pe nsator ischen Charakter haben, um Defiz ite bei älteren Ar be itne hmern, welc he aus unterlassener Perso nalent wicklung über längere Lebensphasen resu ltieren, zu beseitigen. Eine lebensphasenorientier te Personalent w ick lung schließ t p räven tive Maßnahmen in allen Lebens phasen und für alle Tät igkeitsniveaus ein.
Optimistisch altern!
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Zusätzlich ist zu berücksichtigen, d ass demographie feste Perso nalarbeit nicht nur die Förderung der Beschäftigungsfä higkeit älterer Mitarbe iten de r beinhaltet. Es sind zwei Entwicklu ngen gleichzeitig im Blick zu behalten: Die Zunahme an älte ren ErwerbspersoIlCIl und der gleic hzei tige Rückgang an jüngeren Erwerbs personen. Altershete rogene le istungsstarke Belegsch aften entstehen, ind em Ältere un d Jü ngere zu höheren l eistungen mot iviert we rden, Weiterb ildu ngsrn öglichkeilen erhalt en und äqu ivalenter Erfahrungsaustausc h erfolgt. In formelle Netzwerkbild ung, der Abbau vo n Stereotypen u nd maßgeschneiderte pe rso nalpoltusche Ange bo te an alle Besch äfngt engru ppen garantieren d ie Leistungsfähigkeit und d ie Beschäftigungsfähigkeit im demogra phischen Wandel. Inhalte demographiefester Personalarbeit sind folge nd e: •
Beschaf fung und Auswa hl von Mitarbeitenden au ch jensei ts de r bisher p raktiz ier ten Altersgrenze
•
Flexible Arbei tszeitges talt ung
•
Demographiefeste Karr iere- und Nachfolgeplanung
•
Betriebliches Gesu ndheitsmanagemen t fü r älte re und jüngere Mitarbe itende
•
Fü hrungskräftet raining für den Umgang m it al tersheterogenen Belegschaften
•
Sanktionierung von Bild ungsa skese und Belohnung von lebe nslangem Lernen
Die Arbeitswelt d er Zu kunft w ird durch die Drei-Phasen-Biog raph ie der Beschäftigung ge kennzeichnet sein . Die Verk ürz ung und Modu larisierung der Berufsausbildu ng, d ie Ve rzahnung von Aus- und Wei terbildung, d ie Gle ichze itigkeit von Aus bildung, Stud ium einerseits und Teilze itbes chäftigung andererseits, sin d für die erste Phase de r Beru fsbiographie typisch. Flexible Formen de r Aus bildung und des Studiums sind zw ingende Voraussetzung d es Gelingens de r Gleichzeitigkeit von Lern en un d Ar beiten in der ers ten Phase. D ie zwei te Phase ist durch Vollzeitbeschäftigung und intensive Weiterbild ung de r Beschä ftigten gekennzeichnet. Eine leistungsfähige Per sonalentw icklung ist Voraussetzu ng anfo rde rungsgerechte r Q ualifizieru ng in d er zweiten Vollerwe rbsphase der Beru fsbiograph ie. Die d ritte Phase ist in Teilzei tbeschäftigung u nd Teilru hestand unt ert eilt. Die demograph ische Entwicklu ng verlangt die Verlängerung der Leben sarbei tszeit. Ind ividuelle Wahlmöglichkeiten, keine Allersdiskriminierung und eine entsp rechende flexible Arbeitsorganisation. sind Voraussetz ung der d ritten Phase der zu künftigen Beru fsb iographien. Für d ie person alwirtscha ftliche Praxis ist von hohe r Priorität, d ie Jungen un d Mittelalten im Unternehmen zu fördern, da diese Gruppen d ie Alten vo n morgen sind. Gleichzeit ig sind adäquate Beschäftigungsformen wie der projek tor ient ierte Ausst ieg, kombin iert mit Weiterbildung, für ältere Mitarbeitende zu fördern. Perso nalen tw icklung ist so auszubauen, dass die demog raphische Entwicklung abgefedert werden kann. Mentorentandems bringen d ie kom plementäre Handlungsko mpetenz jüngerer und ält erer Mitar beitend er zum beiderse itigen Nu tzen zusammen. Die Personalentwicklung muss ihre Kom petenz zu r Beratu ng de r Mitarbe itenden in alle n Leben sphasen und ihre Metho den-
Manfred Becker
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kc rnpetcnz deutlich aus bauen. Eine die Verschiedenheit (Dlverstty) de r Belegschaft nu tzend e Perso nalpolitik hat d ie defiz itä re Sicht des jug end zent rier ten Personalmanagements abzulösen. Alle Talente alle r Altersklassen sind in einer alte rnden und schru mpfenden Gesellschaft zu fördern und zu forde rn.
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Teil 2 Erwartungen junger Talente an ihre Arbeitgeber
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Erwartungen junger Talente an ihre Arbeitgeber
Adrian Ritz
Die Auseinandersetzung mit den Erw artungen junger Talente an ihre Arbeitgeber ist ze ntra l, wenn Talen t Ma nagement Massnahmen er folgreich umgesetzt we rden sollen. Denn was liegt näher als d ie Zielgru ppe der Massnahmen, also die Talen te na ch ihren Bedürfnissen und Perspektiven zu fragen. De r nac hfolgende Text basiert au f einem Gespräch mit vier jungen Talenten, das vom Mitherausgebe r Prof. D r. Adrian Rit z ge leitet wurde. Er stellte de n Ta len ten Fragen zu Themen wie Rekru tierung, Arbeitgeberattraktivität, unterne hm ensehe Sozialveran twortung, Wo rk-Life-Bala nce und Entwicklungsmäglichkeilen und wollte die Ha ltung de r Talente zu diesen heu te verstärkt in der Wirtschaftspraxis dis kut ierten Themen erfahren. Vier Perso nen wurden au sgewählt, die als junge Ta lente mit Potenz ial bezeichnet werden können . Sie s tehen entweder in der Endphase ihres Hoc hschulstudi um s od er haben den Eins tieg ins Berufsleben seit Kurzem hin ter sich; Herr Simon Perster ist Student der Wirt schaftschem ie an der Unive rsität Zürich und steht vor dem Abschluss de s Masterstadtu ms. Er ist Mitglied der Schweizerischen Stud iens tiftung zu r Förderun g von Nachw uchstalenten und erhie lt unter ande rem einen Förderungsbeitrag au s dem Alfred w erocrLegat. Frau Kerstin Neseman n verfügt über einen Masterabschluss in Business Administration und ha t dieses Jah r mit dem Do kto randenstudium an der Un iversität Be rn begonnen . Sie ist Mitglied im WiWi-Tale nts Ho chbegabtenprog ramm u nd Preisträger in de r KerlN ix-Stiftung. Herr Ceorg Ta nner, Absolvent der Bewegungsw issen schaften an der ETH Zürich, ha t letzte s Jah r mit dem Trainee-Programm von Swfss Re begonnen. Vor dem Stud iu m sammelte er Arbeitserfahrung in San Diego bei einem Institut der No vartis Perschungsgemeinschaft. Isa belle Weibel ha t an der Un iversität Bem eine n Masterabsch luss in Business Administ ra tion erlangt. Dabei sch rieb sie ihre Masterarbeit im Auftrag der Bank Juliu s Bär und ist danach dire kt bei [ulius Bär eingestiegen.
4. 1
Talente und Personalgewinnung
Rit z: Herr Ta/lIlIT, Tatente sollen identifiz iert und rekrut iert uxr äcn. War der Allftrift VOll Swiss Re, Ihrem momenta nen Arbei tgt'ller, opti mal au] dem Arbe itsmarkt oder weshalb uoocn Sie dort Ih r Trainee-Programm "egollllell? Tannen Zuers t möch te ich er wä hnen, d ass es in meinem Fall etwas anders lief als im Normalfall. Ich habe an der ETH Züric h Sport- und Bewegung swi ssenschaft en s tu d iert, was doch ein eher exoti sche r Studiengang für den Einstieg in eine Wirtschaft slaufbahn ist. Zudem hat Swiss Re bei meinem Stu diengang nich t s pe zifisch geworben. Ich bin zur Swi ss Re gekom men, weil ich an einem Trainee- Prog ram m für den Einstieg in d ie Wirt schaft
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Erwartungen junger Talente an ihre Arbeitgeber
interessiert war. Daher erkundig te ich mic h, wa s es für Trainee- Program me gibt. Swtss Re hatte einen sehr gu ten Auftri tt im Internet wie auch au f verschiedene n Messen und Veran staltungen, an welche n ich teilgenommen ha be, so bin ich au f Swiss Re ges tes sen. Ich bin der Meinung, d ass es für Un ternehmen von Vorteil sein kann, Perso nen mit unterschied licher Ausbil dung anz usprechen und sich nicht nu r au f eine Zielgruppe, wie beis pielsweise Stu den ten de r Wirtschaftsw issenschaften zu fok us sie ren. Ritz: Frtw Weibel, sind Sie eil/er besonderen RekYll fieru llgsstrategie auf dem Arbeitsmarkt begegnet? Weibel: Ich bin mit sehr vielen Re kr ut ie ru ngsstr ategien kon frontie rt worde n, dabei habe n mich Prakt iku ms möglichkeiten immer besond ers interessiert. Grundsä tzlich hat mich dann aber das attra ktive Ange bo t von [ulius Bär an gesprochen: Den Beru fsein s tleg mit dem Verfa ssen me iner Masterarbe it komb in ieren zu kö nn en , war fü r m ich schlussend lich der Grund, we shalb ich mich für den Dire kteinstieg bei [ulius Bär entschieden ha be.
Ritz: Frau NeSI'II1/1/IIl, Sie setzen sich wissensc1wftlic11 mit Trainee-Programmen auseinander, sind aba an der Unive rsität angestdlt. W eshalb heben Sie diesen Weg gewählt ?
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Ne sern a nn : Bei m ir hat es, wie bei Fra u Weibel, ebenfalls mit der Mas terarbeit begonne n. So ergaben sich bei den Diskussionen im Rah men meiner Maslerarbeit offene Fragen be zü glich diesem Instru ment der Pers onalentwickl ung. Als sich da rau s fü r mich d ie Möglichkeit er gab , eine Dissertati on anzuschliessen, habe ich dieses Ang ebot se hr gerne an genom men . Dies um mich noch we iter zu qualifizie ren, einerseits fachlich, ander erseit s au ch persönlich durch die Arb eit am Ins titu t.
4.2
Talente und Arbeitgeberattraktivität
Ritz : Weicht' Merkmale iocrden VOll Telenten bezüglich Arbei tgellt'rallraktiv itiit bzm. Arbt'itgebt'rimage gew iinscht? W elches sind die M erkmale, Herr Forster, dit, Sie ansprechen. die Sie anch eruonen lind die Sie all der A tt rakt!<'itiit einer Unternehmung I'0 sit!<, be
Adrian Ri tz
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Forsten Ich bin d urch meinen Studiengang vo r allem an der Phar mabranche interessiert. Am lieb sten hätte ich einen int ernat iona len Arbeit gebe r w ie z. B, Nova rtis, Reche oder au ch [ohnson & [ohnson . Ritz : NUll kann mall die Arbeilgeberattrakliviliil nach einer geU'issm Ze it rückblickmd bt'trachtt'll. Frau Weil1f?l, haben sich ihre EnvarlulIgm erfüllt? Weibel: Mein e Erwartu ngen haben sich gru ndsätzlich erfü llt. Fü r mich wa ren d ie Intern ationa len Karrierem ögli chkeiten. die Untern ehmens ph iloso ph ie und vo r allem aber auch die Unternehmenskultu r von ] uliu s Bär als .Employer of Choi ce" wichtig. Durch das Absolvieren meines Prak tikum s so w ie d as Verfassen meiner praxisorientierten Masterarbeit hatte ich d ie Chance, die Kultu r der Bank etwas näher kennen zu lerne n. Das h at sich sehr be wahr t, da ich erkannte, d.1SS die gelebte Un terneh menskul tu r exa kt zu meinen Wertvorstell ung en pa sst. Ritz : W ie real sind die Cl1mlcel l al/f internationale Erfal1rullgm im S inne eines Al/slalldsaufenl halts? Sie arl1f?ilell zurzeit in Zürich bei Julills Bär, wird Ihnen ein A l/slalldsauf t'llf/lIl/f onnc weucrrs angebolell oder miissen Sie dafiir kämpfeIl ? Weib el: Gru nds ätz lich muss ich selber etw as dafür tun , da ich in ke inem TraineeProgram m bin, in dem ein Auslandau fenthalt integrauver Bestandteil wäre. Es gibt aber verschiedene Möglichkeiten sich dafür einzu setz en . Ich den ke dabei vor allem an den Aufbau bz w. die Pflege de s intern en Netzwerkes oder an d.1S An bringen meines Wu nsches beim HR-Partner. Ritz : ZI/r Arbt'ilsellt'raftrakti/'itäl ziihit immer auch der Lohn. Herr Taune r, wie wichtig war fiir Sie der ihne n allgebolelle Eillst iess/olm und etwas unoetbiiinü gefrast, was teerden heu te fü r Einstiesslii/mt' unter Absolvt'lllil1llell und Absoloenten I,es"rocl,ell? Tann en Noch einmal zurück zu meinem Stud ieng ang der Bewe gungs- un d Spo rtw isse nscha uen. Die typ ischen Absol venten d ieses Studienga ngs ge hen nicht in die Wi rtschaft lind sind sich des halb auch liefere Löhne gew ohnt. Es gib t viele Doktorand en, Praktikanten od er wi ssenscha ftlic he Mitarbeiter die monatlich zwischen 3'000-5'000 CHF verdienen. Ich wäre anfangs auch mit 2/3 meines Lohn es zuf rieden gewesen. Dementsprechend war fü r mich nicht da s Einkommen entsch eid end , sondern ein optimaler Einstieg ins Berufsleben, we lcher mi r dan n Möglichkeiten und Chancen für di e Zukunft bietet. Spä ter strebe ich natü rlich einen höheren Lohn an , ebe nso wic hti g ist ab er auch meh r Verantw ortu ng zu überneh men und di e Chance, etwa s be w irke n zu kön nen. Deshalb würd e ich sag en, beim Einstieg w ar der Lohn nicht so wichtig, s pä ter dann abe r schon. Die Löhne bei uns variieren je nachdem in we lchem Bereic h man täti g ist, weiche Erfah ru ngen man mi tb ringt und wie alt man ist. Das Einstiegsjahressalär liegt zwischen 80'000 und 100'000 CH F. Ri tz: Und Illre Loh1lt'rwartllllgl'1lfiir die Zukl111ft ? S,,,ic!Jt Sie eher ein noner B OI1 I1S all oder enoarten Sie eine kontinuierliche LDl1I1elltwicklimg? Tannen Au ch hier hängt es da von ab, in we lchem Arbeitsbe reich ich tätig sein we rde. Beispielsweise haben w ir bei Swiss Re ein seh r breites Spe ktrum an Tätigkeitsfeldern. Je
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Erwartungen junger Talente an ihre Arbeitgeber
nachdem gibt es vers chiedene Vorga ben, so sind Personen in d er Finanza bt eilung und Wirlschaftsexpe rten stä rker über Boni entloh nt, während wi ssenschaftliche Mitarbe iter ein en ho hen Fixlohnanteil haben. Mir persön lich ist ein s teter Ans tieg d es Fixloh nes mit ein em kleineren leistungsvariableren Anteil w ichtige r. Denn de r variable Teil ist imme r sehr schw ierig zu be sti mmen un d ist m it g ros Sl'n Diskussionen verbunden. Mir ist d ie Siche rheit eines stetig ansteigenden Lohns lieber. Ritz : Oft wird IIlI ch l>t: l/I Fringe Beneßts, alS{) nicht matenetten und zusstüicncn finnnzietten Anreizen gesprllCllcll. Bei Ihnen Frau Weihel in der Fincnzbre nche ist dies ul(Jhl ein aktuelles Thema. Was tcdeutcn thncn als jUllge Nachwuchskraft solche zusstüichen wllllbesialldteile?
w etb el : Nebs t einem angemessenen Grundgehalt schätze ich vor allem d ie nich tfinanzie llen Anr eize . Einerseits soll mir d ie Arbeit selbs t Spass machen und m uss mich täglich a ufs Ne ue herau sford ern. Ande rsei ts habe n abe r au ch die on und off th e job Aus-/ w eiterbtldungen, d ie mir bei der "JB-Academy" ang eboten we rde n, als Fringe Benefits eine gross e Bedeutu ng. Sind zus ätzliche finanzielle Anreize w ie z. B. Boni etc. tran sparen t, lan gfristig au sge rich tet und na chweisbar an meine pe rsö nliche Leistung gekoppe lt, so stellen diese Lohn bes tandteile fü r mich eine zusätzl iche Moti va tionssp ritze d ar.
4.3
Talente und unternehm erisch e Sozialverant wortung
Rit z: Frau Ncsemanu, .Corporete Socia/ Respollsibility" lind iikll/ogisches Vermlttvurtlillgsllewl/sstseill ist hente in aller MUllde. Wit' wichtig ist dasfür Sie IIIJd haben Sie da mit bereits Erfa1lnil/gm im Arbeitsalltaggemacht? Nes erna nn: Fü r mich ist es sehr wic hti g, d ass d ies nich t nu r Schein nac h au ssen is t, sondern d ass es na ch innen gele bt w ird . Es fallen hier sehr viele Aspe kte hinein, die m ir zentra l sind . Im Umgang mitein ande r sind vor allem Gru ndwerte w ie: Fairness, Ehrlichkei t und Gleichbe han dlung zen tral. Geg enseitiger Respekt is t darüber hina us für mich selbs tvers tänd lich. Arbeitge be r können sich auch be treffend ökologtsc her Verant wortung po sition ieren und dies ist fü r Absolvent en au f jed en Fall interess ant. Rit z: Viel wird /rellte <'0111 slatljil/dClldcl1Werlcwandel gesprochell und gescilriebt'll. Doch weht im
Finanzsckior nicht eher ein teuer Wind? Hat dort eiiuscucs IIl1d verantuv'Jrtllngsbcw/lsstes VerhalIm Plalz?
Weibel: Eth isches Hand eln ha t u nd muss meiner Meinung nach auch im Finanzsektor Platz haben. Oh ne Ethik , auch Respek t gehö rt hie r dazu, kann man kein kons trukt ives Arbei tskl ima schaffen! Da s ab solute A un d 0 einer jeder Arbeitsb eziehung ist, da ss sich di e Mita rbeiter respektie ren , egal a u f welc he r Hierarchi estufe sich diese befinden. Klar weht im Finan zsektor zurzeit ein rauer Wind, a ber grundsä tzlich sitzen alle zus am men in einem Boot. Während der W irtschaftskrise haben bei Ju lius Bär beis piels we ise viele Mitarbei ter d ie Möglich keit erha lte n, Sabba ticals zu beziehen und mit flexib leren Ar beitsze hre-
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Adrian Ri tz
gelungen zu arbeiten. Mit H ilfe solcher Massnahrnen konnte jeder einzelne Mitarbeiter etwas zu ein er besse ren Zu kunft de s Unt erneh mens beitragen. Gerade in schwierige ren Situationen ist es w ichtig, d ass man respe ktvoll und eth isch miteinand er umgeht. Eth ik und Mor al waren und sind bei [uliu s Bär nach wie vor d ie Basis für ein e lan gfristig er folgreich e Gesch äftspolitik.
4.4
Talent e und Work-Life-Balance
Rit z: Wechselll wir zum lIalll'1iegende/l Thema Work-Lift'-Blllallce. A I/ClI Wt'/lll ein sehr popldün's Thema, wissen wir, dass sich ',ellft' insbesondere jungt' Leistungs/rüger iiberdurchschnitilich einsetzcn miissen, uenn sie erfvlgreic11sein möchten. Herr Tauner, ist es in einem Trainee-Programm überhaupt möglic11, eine Balance noiecuen Arbeit unä Freizeit ZI/ finden?
Tanner. Mi r per sönli ch ist eine Wo rk-Life-Balance seh r w ichtig und ich kann sie auc h sehr gu t aufrech t erhalten . Ich ar beite zwischen acht und neu n Stunden am Tag . Wenn abe r neun Stunden eher zum Standard werden, dann fragen meine Vorgeset zte n nach . Ich füh le mich also sehr gu t behandelt. Die Sw iss Re verfügt über ein g rosses Spektrum an Freizei tangeboten wie Sportanlagen, ver schiedene Hobbyk lubs oder Veran staltungen, die wir zu güns tigen Bed ingungen nütze n/besu chen können. Dies fördert meiner Meinung na ch da s per sönliche Woh lbefinden u nd ermög licht auch einen pri vaten Austausch unter Arbei tskollegen , was sich w iederu m positiv au f den Berufsalltag auswirken ka nn. Auch im Trai nee -Pro gramm funktioniert es mit de r Work-Life-Balance rech t gu t, ab geseh en von einigen Peak -Zeiten, v er sursacht durch Au fträge, welche es d urc h d as Trainee-Pro gr amm zu sät zlich neben dem Tag esgeschä ft au szuführen gibt. Ritz: Es gib/ MOI1 /1.'Ti /e, da opfer/mall siell vielleicht a1/ch fiir seinen Arbt'i/gd 1er al/i Herr Forster, unter we1clll'11 Umständell sind Sie bereit sich für Ihren Ar/'ei/geber auftlll,/ifern?
Forst er: In diesem Zusammenhang mu ss man gar nicht unbedingt von mü ssen s prechen, so ndern we nn d ie Aufgabe wirklich so he rau sford ernd fü r mich ist dass ich sie extrem spannend find e, dann hin ich auc h sofort ber eit, mal mehr Stunden zu investieren. Klar benötige ich da nn w ieder Ausgleichsmöglichkeiten. Wenn ich wä hrend ein paar Wochen sehr viel arbeiten m uss, bra uche ich dann vielleicht einmal ein verlänge rtes Wochen ende, um Energie zu tanken . Aber gru ndsätzlich bin ich gerne berei t mich au fzuopfern, nich t zu letzt deshalb, weil ich dann im Gegenzug au ch eh er etwas von me inem Arbe itgeber erwa rten kann, beisp ielsweise eine Aus- oder Weiterbildung oder eine interessante Zusam menarbeit innerhalb eines inte rdi sziplinären Teams.
4.5
Talente und Entwicklungsmöglichkei t en
Ritz: Bleiben wir beim Stichwort Alls- 1111.1 Wt'iterbildlll/g. Hrl1lr IU'isst es ja nicht mehr "eilllllal allsgrbildet, danachfiir immer qlllllijizit'rl", sondern dir 8a eitschaft Z lI lehenslangem Lemell lI11d
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Erwartungen junger Talente an ihre Arbeitgeber
Eigenvemnnoonung sind Eigenschajten, iodehe I'01l A rbeitnehmenden gr'fragt sind. Br/onl wird im Persenalmnuagement oft die Integra tion t'Cl/l Talenlfijrderlillg in der I'ersenelcntioickhmg IIl/d in Mal/agclI/ruf Dt'I'CloJ'IIIl:1l1 Programme. Frau Weibel, wie sieht das alls bri !lIlill S Bär? Isl die Talrlltjiirderu llg integriert in einem itbergcordneten System (ldt" wie ist das Programm bei Ihnen konzipiert? Weibel: Grund sä tzlich ist jeder Mitar beiter involviert, ein p aar stärker, ein paar wen iger stark. Alle Mitarbeitenden verfügen über einen per sö nlichen Entwicklungsplan. Dies ist
für mich sehr wichtig. Dort kann ich selber meine Ziele formulieren . Ebenso kann aber auch de r Vorgesetzte au s seiner Sicht sagen, wo er meine Zu kunft sieht. Ich kann dann abe r gleichzeitig er klären, in welche Richtung ich lieber gehen möchte. Som it sind Inst rumente wie Zielvereinbarungen u nd Mitarbeiterbeu rteilungen seh r zent ral un d so llten mit grosser Seriosität behandelt werden . Der persönliche En twicklu ngsplan motiviert mic h zu sätzlich, d ass ich meine Ziele erreiche. Klar, ich erhalte Un terstü tzu ng von meinen Vor gesetzen. aber ich wetss auch, wohin ich selbst m öchte. Ritz : Fre u Nescmenn, Sie henen schon ein paar VorgeSl'fzte erlebt. Was zeichnet alls ihrer Sicht einen Top-Vorgesl'lztell I1IIS? Was ist fiir Sie zentral in der Vorgest'lztell-Mifarbeifer-Beziehrmg? Ne se man: Fü r mich ist zen tral, d ass m ich me in Vorgesetzter au f der einen Seite fordert, aber auf der ande ren Seite auch fördert. Betde Seiten sollten berücksichtigt werden . Zudem ist auch d ie Kom mu n ikation ent sche idend . Ein Vorgesetzter sollte ausreichend u nd zielführend kommunizieren . Dies ist mir w ichtig, um d ie Verhal tens- lind Leistungserwa rtungen an mich zu kennen . Dar über hinaus begü ns tigen Komm un ikation und Interaktion nach mein em Em pfind en den wtssenst ran sfe r, der an einem wissenschaftlichen Institu t einen besonders hohen Stellenwert hat.
Weibel: Nun, für m ich ist w ichtig, dass mein Vorgesetzter m ir den Rücken frei hält, mi r Verantwortu ng überträgt und mir au ch da s Knnw-hnw, da s er bereits besitzt, wei tergi bt. Ritz: Abschlieesend frage ich Sie,f iir welche Aspekte eines Tralll1ljot's uniren Sie bereit, 11lre gegellwärtige Strlle sofort allft llgrbw? Forster: Es müsste für mich eine eige nveran tw ortliche und fordernde Position sein, bei welcher ich meine interdisziplinä ren Kenntnisse einbringen und im Tea m arbeiten kan n. Am besten wä re auch , wenn ich m indestens ein Jahr im Au sland arbeiten kön nte und das .Zückerchen" obend rauf wü rd e für m ich di e Möglichkeit bedeuten, eine berufsbegleitende Dissertation zu sch reiben. Dies, weil ich meine Mastera rbeit auch bereits in einem Unt ernehm en gesch rieben und sehr gut e Erfahrungen damit gemacht habe Ne sem an: Wenn mir ein Professor die Chance bieten würde, bei gleicher Leistung in eine m Jahr zu promovieren, w ürde ich darüber nachdenken. Weibel: Für mich sind die Eigenscha ften des Jobs selber seh r zen tra l, das s sie m ich täglich herausfordern und da ss ich klare Perspektiven im Unterne hmen ha be.
Adrian Ritz
4. 6
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Fazit
D ie befrag ten Talen te haben eines seh r deut lich zum Vorschein gebracht: Jun ge Talen te sind sich he u te ihre r Ar be itsmarktattra ktivit ät bew usst. Sie verfügen über konkr ete Vorstellungen, inwi eweit ihre künftigen oder gegenwä rtigen Ar be itgeber eine herausford ern de und gleichzeitig förde rnde Arbeitssi tua tion gestalten so llen. Die folgende Übe rsich t fasst d ie von den Talen ten erwarteten Arbei tgeberme rkmale absch liessend zusammen (vgl. Tabe lle 4.1).
Tabelle 4.1
Erwartete Arbeitsmerkmate von ju ngen Tatent en
Thema
Erwa rt un gen
Person algewin nu ng
• • • • •
Guter Auftritt (Internet. Veruns taltungen] Pr
Arbeitszeitmodelle Jnternatlona le K" rrieremiiglichkt'itenlAus landsa ufentha lte
Wo rk-life-Balance
• • • • • • • • • • • • • •
Ent w ickl u ngsm öglich ke iten
• • •
Arbeitgeb erattra kt ivität
Un terne hmerische Soz ialverantwo rlung
·•
·• • •
Berufslwgleitende M"s!t'ra rbei t/Diswrt"tion Personen unterschied licher Ausbitdun ren berücksichtigen Jm
Entlohnung Angebot an Aus- und Weiterbildung (on and off the [ob] Klare Perspektiven Forsch ung und Entwickl ung Hornen" >e(erster Kontakt mit notenziellern Arbeitzeberj Vo rleben der Corpora te Soclal Responsibfltty Ethisches Handeln Fairness/Cleichbehandlung Respekt Ehrlichkei t Öknlo\!ische Verantwortune Förderung du rch Angebote wie Spurtanlagen. Freizeit-C lubs, Veransta ltu ngen Ausaleichsmö tlichkeiten fü r intensivere Arbeitsphasen Persiinlicher Entwicklungsplan Zit'l vereinba rungen. Mitarbe iterbt' urteilungen Angebnt an Aus- und Weiterbildungen Verantwortung erhalten Interdisziplinäre Teams Fordern und fördern
Teil 3 Talent Management in der Praxis
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Talente fördern für die Zukunft
ABB Fredy Di/'I/('r
5.1
ABB - ein weltweit führendes Technologieunternehmen
Die Ge schäftstätigkeit vo n AßB läss t s ich in einem Leits pru ch zusammenfassen - " Power and prod uctivity fo r a bettet wo rld". Als weltweit führe ndes Technologieunternehmen in d en Be reiche n Energie- und Automationstechnik set zt sich AßB dafür ein , d ie Zuve rläs sig keit de r Stromversorgung und die indus trielle Produktivitä t zu ve rbessern. Gleichzei tig h ilft AS B mit, die Energie effizienter zu nutzen und d ie Um weltbe last ung zu reduzie ren . D ie Aßä-Cruppe ist in ru nd 100 Ländern tätig und besch äftigt wel tweit me hr als 120'000 Mitarbeiten d e, d avon rund 6' 400 in de r Schweiz. Fü r einen Technologiekonzern w ie AßB sind Inno va tionen überlebenswichtig. Und dies in technischer H insich t gena uso wie im Personalbereich . Das Forschu ngszentrum in Baden Dättwil arbeitet als eines von sieben Konze mforschun gszentren in einem weltweiten Verbund und forscht an den Anwendungen der Zu kunft. Eine entscheid ende Rolle sp ielt auch die Personalpo litik. Seit mehreren Jahre n gilt ABB Schw eiz u nter Studie nabgängern im Bereich Techn ik als bel iebte ste Arbeit gebe rin. Dies, weil sie einerse its gerade für frisch Diplomierte her au sford ernde Stellen - kombiniert mit einem internationalen Arbeitsum feld - anbie tet un d andere rseits ihren Mitarbeiten den mi t verschiedenen Programmen eine kon tinuierliche Weitt;>re ntwicklun g erm öglicht. Dami t kann d ie Fluktuation klein geh alten und da s Wissen, welc hes für Prod ukte mit langen Lebenszyklen entscheid end ist, gesichert werd en. Denn um erfolgreich sein zu können, braucht ABB Mitarbeitend e, die n icht nu r engagie rt un d motiviert, sondern auc h erfahren und kom petent sind.
Im Folgenden wi rd au fgezeigt auf we lchen unterschiedlichen Ebenen die ABB Talent Management betreibt.
5.2
Schweiz als attraktiver Firmenstandort
Damit sich ein weltweit füh rendes Technolog feur ue m ehme n im in ternationalen Wettbe we rb behaupten kann, muss es seine Geschäftsabläu fe stetig verbesse rn und imme r wiede r neue, innovative Pro d ukte auf den Markt bringen. Nur Firmen, die innovativ sind, können mittel - und langfristig ihre Position im Ma rkt hal ten und ausbauen. Damit dies gelingt, braucht ABB gut ausgebildete und qualifizierte Mitarbeitende. Studienabgänger. die so-
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Talente förd ern für die Zukunft
eben ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben und einen gefüllten Rucksack an theo retischem wissen mitbringen sind dabei genauso entscheidend wie Beru fsleute und Ingenieure mit Erfah rung.
In der Schwe iz, einem Land mit nu r wenigen natürlichen Rohstoffen, spielt d as Wissen eine zentrale Rolle. Ein gut funktionierendes sowie leistungsorientiertes Schul- un d Bildungssystem ist die Gru ndlage fü r gut qualifizierte Schul-, Studien- und Berufsabg änger. Davon können in der Schweiz ansässige Finn en profitieren. Allerdings wurde es in den vergange nen Jahren immer schwieriger, genügend Jungt:' für eine technische Ausbildung oder ein technisches Studium zu begeistern. Um ihren Beitrag zu r Bewältigu ng dieses Problems zu leisten, hat ABB Schweiz auf ve rschiedenen Stu fen Bild ungsinitiativen lancie rt, welche bei Kindern u nd Ju gendl ichen Begeisterung für die Techni k wec ken sollen. Mit Blick au f den in den vergangenen Jah ren immer akute r gewordenen Ingenie u rmangel beziehungsweise den weltweiten" War for Talents" sind einerseits d ie Nähe zu gut ausgebi ldeten jungen Arbei tskräften sowie andererseits die globale Vernetzurig entscheidende Faktoren, um die best en Leute auf dem Arbei tsmarkt rekrutiere n zu können . De r Wirtschaftsraum Zü rich, wo ABB ihren Konze rn -Hau ptsitz ha t, bietet Nähe zu Hoch schulen wie beisp ielsweise de r ETH oder Forschu ngszen tren wie dem Pau l Sche rrer Institut. Eine he raus ragende Infrastru ktu r an zentrals ter Lage in Europa, eine attraktive Besteuerung un d interessante Steuermodelle, die einfache Rekrutie rung von qualiftzier ten und au sneh mend produ ktiven Arbeitskrä ften, de r Zugang zu füh renden Leh r- und Forschu ngsinstitutionen und zu Schlüsseltechnologlen der Zukunft - all diese Faktoren schaffen beste Vorau sse tzungen für den b leibenden Erfolg von ABBim Wettbewe rb. In einer globalislerten Welt, in welche r Mitarbe itende m it ih ren Familien viel eher bereit sind, au s beruflichen Gründen den Wohnort, da s Land oder gar den Kontinent zu wechse ln, wi rd für inte rnational tä tige Un ternehmen auc h zu neh mend die Standortwahl strategisch bedeutsam. Denn diese ist nicht nur in Bezug auf gute Rahm enbed ingungen fü r d ie Firma - wie beisp ielsweise tiefe Abgaben und Steuern - entscheidend, sondern au ch in Bezug auf die Mita rbeitenden. Jemand, de r seinen Arbeit splatz wechselt und da mit einen Umzug in Kau f nimmt, der wählt sein en künftigen Arbeitgebe r auf Grund verschiedener Kriterien aus. Gu te wirtschaftl iche Rahm enbed ingungen, ein attraktives Bildun gssystem sowie effiziente Verkehrswege helfen m it, den Entscheid po sitiv zu beeinflussen. Die hohe Lebensqualität. d ie beispielweise im Gross rau m Zürich vorzufi nden ist, gibt oft den Ausschlag, eine neue Herausfor deru ng in der Schweiz anzutreten und den Wohnsitz hierher zu ve rlege n.
5.3
Attraktivität ist entscheidend
Ausschlaggebend ist aber sicherlich auc h d ie Attra ktivi tät des künftigen Arbeitge be rs. De r ungebrochene Pion iergeist. innovative Produkte sowie die Fähigke it, Trends frühzeitig zu erkennen und gewinnbringend umzusetzen, mac he n ASS Schweiz zu einer att rak tiven Arbet tgeberin. Dies belegen auc h Umfragen bei Schweizer Hochschul abgängerinnen und
Fredy Diener
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-abgängern. Die internationale Aus richtung, das innovative Umfeld und die spannende Tä tig keit sind da bei ebenso w ichtig wie die Möglichkeit, sich für eine effizien te Ene rgienutzung zu engagieren. Ein fein abgestimm tes Gleic hgewicht zwische n Arbeit, Freizei t und Fam ilie ist un ter anderem das Erfolgs rezept für motivierte und zufriedene Mita rbeitende. Als innovative Arbeitgeberirr schafft ASS Schweiz mit dive rsen Per sonalinstru men ten ein flexibles Arbei tsumfeld. das ind ivid uelle Freiräu me fü r die Gesundheit sow ie die be rufliche und persönliche Entwick lung der Mitarbeitenden ermöglicht. So fördert ASS Schweiz mit Te ilzeitarbeitsmodellen gezielt die Verein bar kelt von Beruf und Familie. Wer bei ASS einsteigt, ka nn auf eine individuell angepasste Lau fbahn setz en - se i es du rch steige nde Projek tverantwortung. sei es in eine r Füh rungs position ode r als Pachrnanage rin oder -manager mit umfassendem Know-how. Vora ussetzu ng da für ist die Bereitsc haft de r Mitarb eitend en für ein " lebenslanges Lernen" sowie de ren Motivation, sich zu ve rände rn und weiterzuen twick eln. Sei d ies mit firmeninternen oder externen weüerbüdungen. Fehlt di e Möglichkeit der individualisier ten Lau fbahn riskiert eine Firma, dass Knc w-howTräger abwande rn und somit über Jahre erarbeitetes Wissen verloren geht. In Zu kunft w ird lebe nslanges Lernen immer wichtige r werden. Ge rade auch der demog raphische Wandel wir d dazu beit ragen, dass Arbeitskräfte künftig länger im A rbeits prozess verbleiben. Eine Chance, d iese Erfahrungen und Kompet enzen nicht nu r länger zu nutzen, sonde rn sie auch an die nächste Generation von Wissensträgem we iterzugeben. Ka rrierewege b is über d ie Pens ionierung hi naus und flexible Mod elle für den Rücktritt aus dem Erwe rbsleben runden deshalb das breite Angebo t von AS S Schweiz ab. Zudem zä hlen be i ASB Schweiz eine solide berufliche Vorso rge ebenso zum Standard wie die Sicherheit a m Arbeitsplatz u nd die Chancengleic hhe it aller Mitarbeitenden, egal welchen Alters, welcher Herkun ft oder welchen Gesc hlecht s.
5.4
Talent Management beginnt bei den Jüngsten
ABB hat in de r Vergangenheit di e Erfahrung ge macht, dass es sich lohnt, bereit s seh r friih in geeigneten Nachwuchs zu investieren. Denn je frü her po tenzielle Mitarbe itend e pos itiven Kontakt mit einem Unternehmen hilben, desto g rösser sind später die Chancen, sie zu rekrutieren . Die Tatsache, d ass in de r Schweiz und in den eu ropäischen Nach ba rländ ern der Mangel an gu t ausgebildeten Fachkräften und Ingenieuren immer grösser wurde, motivierte ABB, die technischen Beru fe den Jungen schmack hafter zu machen. Um bei den Kleinsten das Verständ nis fü r die Technik zu förde rn, wird d en Kind ern in den ABBKinder krippe die Technik sp ielerisch nähergebracht. Ziel ist es, d ie Jüngs ten schon friih für d ie Techni k zu begeistern u nd somit gu te Vora ussetzu ngen fü r eine technische Berufswahl oder di e Wahl einer technischen Stud ienrichtung zu schaffen. Au f d em Weg von de r Kind erkrippe bis zur Beru fs- oder Studien wah l engagie rt sich ABS au ch bei de n Prirnar- un d Obe rstu fenschülem : Nebe n d en Tochtertagen. an denen Töch ter von ASB-Mitarbei tenden ihre Mütter und Väter bei de r täglichen Arbe it begleiten und so eine n Einblick in einen Technologiekonze m erhalten, ve ranstalte t sie Robo ter- Basteh age . Für Schülerinnen und Sch üle r d er Oberstufe organisiert sie Schnuppeetage an den Lern zentren Leh rlinge fü r d ie W irtschaf t (LM), bildet jäh rlich run d 250 Lern ende aus und bi etet Kan tonsschü ler innen
72
Talente fördern für die Zukunft
und -schülem de r lliltuTwissenschaftlich-mathematischen Matura Praktika an. Habe n sie einmal den technische n Beruf gewählt oder d as technische Studium begonnen, ist es ein Ziel von AS S, d ie in Ausbil dung Stehenden möglichst ideal zu un terstü tzen. Sei dies mit Projek t- oder Diplom arbeiten oder indem ASS-Mita rbeitende sich als Lehrkrä fte auf alle n Stufen zur Verfügung ste llen. O ft führe n d iese Konta kte dazu, dass man sich gegenseitig besser kennen lern t und somit Stärken und Schwäche n von Lehrabgangern oder Dip lomanden bekannt sind. Dies schafft eine gute Vert rau ensbasis fü r eine allenfalls später folgende Rek ru tlerun g und Anstellung.
5.5
ABB als attraktive Arbeitgeberin für alle Altersgruppen
So hat sich ASS zum Ziel gesetzt fü r alle Alte rsgruppen eine allra ktive Arbeitgebe rirr zu sein. Eine w ichtige Gruppe, die durch das Hoc hschul ma rketing betreut wird, sin d die Studierenden an Gymnasien, Hoch- und Fachhochschulen. Mit Technikwochen an verschiedenen Schw eizer Gymnasien, Schnupperprakli ka u nd Firmenbesichtigungen gelingt es, den Konta kt zwischen Studierenden und ASS-Ingenieuren herzustellen und ers te Hem msch wellen abzu bauen. Wichtig ist aber auc h die Präsen z an den Rekru tle run gsanlassen de r technischen Fachhochschulen, Universitäten u nd technischen Hochschu len. Dort kann sich ASS als interessante Arbeitgebe rin dars tellen, mit den Stu d ierenden Kontakte knüp fen und bes ten falls bereits erste Rekrutierungsgespr äche füh ren. Mit geztelten Exkursionen verschafft ABS de n Stud ierenden Einblick in einen bestimmten Tätigkeitsbereich un d zeigt ihnen so berufliche Einstiegsmöglichkeiten auf. Daneben bietet das ABSSchwetz-Onllne-Portal eine n di rekten Zugang zu den offene n Stellen in der Schweiz und vermittelt Konta kte und Pra ktikumsstellen. Mit Dipl omarbe iten in de n untersch iedl ichs ten Fachbereichen, Dip lom- und Forschu ngsp reisen. Inseraten in Diplorn -, Studenten-, Fachund Hochschul zeitu ngen sowie einem vierteljährlich erscheinenden Newsletter zeigt sich ABS in un terschiedlichen Facette n und verschafft sich d am it die nöt ige Aufmerksam keit bei den Studierenden. Mit dem Trainee-Programm Schweiz bietet ASS Schweiz Hoch - und Fachhochschulabsolventtnnen und -absolven ten mit Fach- und Füh rungspotenzial eine ideale Ausgangslage für eine Karriere bei ASS. Sie abso lvieren während rund 15 Mon aten ein auf sie zugesch nittenes Progr amm. D ieses kann nach individuellen Wünschen u nd Interessen gestaltet werden. Trai nees übernehmen in der jeweiligen Abteil ung anspruchsvolle Aufga be n und kom plexe Proje kte. Program mbegleitend finden neben dem Job Semin are. Even ts und ind ividuelle Aus - un d Weiterbild ungen sta tt. Die Trai nees we rd en bei ihren jeweiligen Arbei tseinsätzen von eine m Betreuer Iachllch unterstü tzt und beu rteilt. Zusätzl ich werden sie über d ie gesam te Dauer von einem pe rsönlichen Men tor be gleitet sowie d urch die Program mle itung betreu t. Aussetdem w ird der Gedanke nausta usch zwischen aktuellen un d ehem aligen Trainees bei regelmässigen Anlässen gefö rdert. Das Program m bietet die Chance, ein wel treichendes Ne tzwerk aufz ubauen.
Fredy Diener
5.6
73
Talente identifizieren , fördern und fordern
ABB se tzt a u f ein um fassendes Talent Ma nage ment. Dies bedeutet d ass alle Mita rbeite nd en an ih rem Ar beitsplatz ih ren Fäh igkeiten u nd Präferenze n en tsprechend gefördert we rden . Basis für d ie Entw icklung de r M ita rbeiten den ist das jäh rliche Mitarbeitendengespräch. Da bei spielt d ie Führu ng d er Vorgesetzten, aber auch d ie Eigen veran twor tu ng de r Mitarbeiten d en eine g ros.'it' Rolle. Denn nur we r die geatelten Weiterbildungsmassnahmen nutzt, ka nn im eige ne n Inte resse se ine Arbeitsmarktfäh igkeit e rha lte n. Im e nge ren Sinn ha t d as ABB-Talent Ma nage me nt d as Ziel, 80% d er Schlüsselfunktionen, seien es Fach- oder Führungsk räfte, m it internen Na chwuchspersonen zu ers etzen . Da m it d ies gelingt, müssen Talente sys te ma tisch ide ntifiziert und en ts prechend ge förde rt we rden. Die Sys te ma tik, mit welche r ABB Talen te identifizie rt und weiterentwickelt, w ird konze rn weit ve rfolgt. De r ABB interne Tale nt Managemen t Prozess (vgl. Abbildung 5.1) ste llt s iche r, dass d ie richtigen Personen zur richtige n Zeit d ie für s ie am besten passende Aufgabe überneh men . Ziel is t es, dass sich alle Aß B-Mita rbeitende n be ru flich be stmög lich en twickel n können. Zudem er mö glicht d as systematische Vorgehen eine Gleichbehandlung alle r Mita rbeite nden beim Besetzen ein e r ne uen Pos itio n. Tale nt Ma nage men t macht es möglich, di e ABBKernko mpetenzen we iterzuentwickeln und so den langfrist igen Geschäftse rfolg sicherzus tellen. Es ge ht dabei nicht primä r da rum, e rfolgreiche Pe rsonen mit einer hoh en Leislungsbe reitschaft für d ie oberste Führu ngsstufe. sondern Ta len te au f allen Stufen z u identifizie ren. Abbild ung 5.1
Talent Management Prozess bei AßB
Retain
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5.6.1
Talente fördern für die Zukunft
Talente müssen gefunden werden
Der "rillent ldentiflcat ion J'rocess" (Tl P) erlaub t es, Mita rbei tende mit Potenzial auf allen Stufen und in allen Arbeitsgebie ten zu er kennen. Jed er Vorgesetzte beurteil t jährlich das Potenzial jedes Mitarbe itenden. Unterst ützt wi rd er dab ei von einem Leitfaden mit klar d efinierten Kriterien, wo ran Po tenz ial erkennbar ist. Arischliessend finde t d ie .Peoplc Review Session" s tatt. Managementteams kalibrieren dabei alle Leistungs- u nd Potenzialbeurteil ungen und d isku tie ren die Mitarbeitenden mit höh erem Potenzial (Talente und Potentials) sowie de ren nächs te En twi cklungsschritle und -rnassnahmen. In den Mila rbeiterges präche n schltessltch wi rd die Potenzialbe u rteilung kom mu niziert. Die Ins titu tionaltsteru ng d er Talen te-Erkennung ha t dazu geführt, dass sich die Einstellung von Mita rbe itend en und Vorgesetzten geände rt ha t und so m it bei ASS Sch ritt für Schri tt eine Talent Manage ment-Kultur entstanden ist. De r TIP schafft mi t dem Instru men t des Persenatpo rttol les Transparenz (vgl. Abbildung 5.2). Von jede r Teilnehme rin und jedem Teilnehmer wetss man letztlich ge nau, welches Potenz ial sie mi tb ringen u nd zu welchen Leistungen sie fähig sind . Ein op timaler Einsatz d er Mitarbeit enden am richt igen Arbei tsplatz ist d ie Gru ndlage grösstmöghcher Arbeitszufriedenhe it und bestmöglicher Wertschöpfung für d ie Firm a. Des halb ist es d as erklä rte Ziel jeder En tw tcklnngsrn assnah me, die Mitarbeitenden zu eine m Perform er zu mac he n. Sie erbringen pe r Defini tion in der aktuellen Aufga be gute bis sehr gu te Leistunge n (Perfo rma nce) und kön nen sich innerhalb des derzeitigen Verantwortu ngsbe reic hes auf zu künftige Veränderungen gut einstellen (potenzial). Je nac h Positi on im Por tfolio sind unte rsch ied liche Massnah rnen no tw endig. So soll ten beis pielsweise Mitarbeitende mit ge ringe r Leistung und begrenztem Poten zial (Place ment Issue) in einer weniger her au sfordernden Funk tion neu positio niert werden. Fokus des Talent Managemen ts sin d d ie Mitarbeitenden im oberen Teil des Portfolios. Sie hab en das Potenzial, sich für Aufgaben auf de r (übe r-jnächs ten Stu fe zu entw ickeln , sei es in der Fach- oder der Führungslaufbahn. De r Verbleib im Talent Management Prozess ist somi t led iglich eine tempor äre Ph ase bis der optimale Einsatz er reich t is t.
75
Fredy Diener
Abbildung 5.2
ABB Personatport folio
Hig h Potentlet Future Poter'ltial
Further Ar'lalysis
Placement Issue
I I
Poter'ltial
I
Performer
I
Experienced Professional
,
Performance
5.6 .2
Voraussetzung ist gegenseitiges Einverständnis
Im Rahmen der jährlichen Zielvereinbar ungsges präche wird die im vergangenen Jahr erbrachte Leist ung bewertet sowie das En tw icklu ngspotenzial kom muni ziert. Die Leistungs- und Potenz ialbe ur teilung unte rstütz t jeden dabei, die Arbeit effektiver zu erledigen. Gleichzeitig zeigt sie auf, in welchen Bereichen noc h Lücken geschlossen werden mü ssen. Dies im H inblick auf die aktuelle, abe r vor allem auch auf eine kün ftige Aufgabe. Mögliche ,für den Mitarbeitenden spannende Einsa tzgebiete, in welchen er in Zu kunft eingesetzt werden kön nte, so llen aufgezeigt und offen d iskutiert we rden. Am Schluss steh t eine Ztelveremberung, die die pe rsönlichen Entwicklungsmöglich keiten beschreibt und hinter der sow ohl de r Vorgesetze wie auch de r Mita rbeitende stehen können. Mit de n Potentials und den High Poten tials w ird bei ASB Schweiz zusätzlich zu m Mitarbeiter- ein besonderes Entw icklungsgesp räch geführt. Teilnehmende sind Vorgesetzter, allenfalls der Chef des Vorgesetzen. H uman Rescurces Verantwo rtl iche sowie der Potential. Dabe i werden gegenseitige Erwartungen ge klärt, die Zlelfu nktionren] festgelegt und en tspreche nde Ent w tcklu ngsm assnehmen vereinbart. Die Hu man Resou rces Abte ilung stellt sicher, dass auch die on the job Möglic hkeiten voll ausgeschöpft werden.
5.6.3
Welche Fähigkeiten sind vorhanden?
Ein Pflich tteil im Tale nt Management ist die Teilnahme an eine m Asse ssme nt, da s dazu d ien t, noch spezifisc her hera uszufinden, welche Kompetenzen gezielt entwickelt werden müssen. Dazu führt ASS drei - nach Füh rungss tufe unterschiedliche - Asscssmcn ts d urch . Dere n Resu ltate zeigen einerseits die Stärken der Kand idatinnen und Kandidaten und
Talente fördern für die Zukunft
76
an de rerseits deren Entwicklungsbedarf auf . Somit kann fü r alle ein individueller En tw icklungsplan ausgearbeitet we rden.
Ang ehende Teamletter der ers ten Fü hrungsstu fe haben zun ächst das "Talent Development Assessmenr" (TDA) zu absolvieren. Dieses besteh t aus einem Teil, de r unline via Internet bearbei tet werden kann. Zudem werden alle Teilneh menden an einem Tag in einer Gruppend iskussio n, einem Rollenspiel und einer Präsentation beurtei lt. Das Resu ltat ist ein Kompe tenzprofi l, auf dessen Basis ein individueller Ent wicklungsplan erstellt wird. Künftige Ab teilu ngsleiter d urc hlaufen ein Einzelassessement, das wie das TDA auf d en ABBPührungskornpe tenzen basiert: •
Resul ta teor ient ier ung
•
Strategieorientier ung
•
Teamwo rk und Zusammenarbe it
•
Mitarbeiterentwic klung
•
Mitarbeiterfüh ru ng
•
Change Leadership
•
Interku lturelle Sensitivität un d Effek tivität
•
Kunden- u nd Ma rkto rient ierun g
Das .Leaderslup Deve jopmen t Assessment" (LDA) wurde schltesshch entwickelt, um die Füh rungsq ualitäten sowie das Potential vo n ABB-Führungsk räften im General Management zu beurteilen. Es basiert auf einem halbstrukturierten Inter view, d as auf d ie Kom petenzen de r zu beu rteilenden Person eingeht, sowie mehreren 360 o-Referenzen vo n Vorgese tzten, Kollegen und Mitarbeitend en. Die Res ultate dien en d azu, ein auf d ie Füh rungskraft angepass tes Entwicklu ngsp rog ramm zu de finie ren, welches ih r ermöglicht, die Aufgaben in der aktuelle n Fun ktion noch effektive r zu erle digen respe kti ve sie au f eine neue Her ausfor deru ng vorzube reiten.
5.6.4
Weiterbildung - ein Muss
Um die Qualität bei den Führungskrä ften hoch zu ha lte n, braucht es eine stän d ige Weiterbi ldu ng. ASS bildet im Rahmen des Talen t Management Prozesses die Führu ngspersonen aller H ierarch iestu fen in m ussgeschneider ten Fi.ihrungsentwicklungsp rog rammen aus (vgl. Abbi ldu ng 5.3). Wie weit er ob en erw ähnt, ist ein erfo lgreiches Assessrnent Cen ter (TDA od er Einze l-AC) d ie Voraussetzung für eine Beförderung in d ie nächsthöhere Kaders tufe . Nac h dem Toolbox -Training kennen d ie Vorgesetzten d ie wichtigsten operativen Personalführungsinstru mente und -prozesse sowie deren Anwendung. Das drei täg ige "Fi rst Line Managers Program " (FMP) ermöglicht eine erste Auseinandersetzung mit de r neuen Führu ngsrolle un d unterst ütz t d urch das Vermi tte ln von grund legendem Wissen (z. B. Kommun ikation).
rr
Fredy Diener
Im "Ma nager' s Devefcpment Prograrn" (MDP) (4 Modu le, 15 Tage) setzen sich die Führungskrä fte vertieft mit de n Führungskompetenzen ause inander. Das .Leederslup Excellence Prog ram" (LEX) schliesslich ist ein fün ftägiger Auffrischungskurs für erfah rene Teamletter. Sämtliche Füh rungs programme de r ersten beiden Ebenen werden von internen Teams d ur chgeführt, auch das "Middle Mana gem ent Prog ram " (MMP). D,1S MMP dauert vie r Mod ule a dr ei bis vier Tage und fokuss iert auf den kompet enten u nd lösungsorientierten Umga ng mit Komplexität im berufli chen Umfeld von mittleren Man agern. Sowohl MDP wie MMP beinhalten fün f Tage " Kolleg iales Teamcoac hing" (KTe). Wicht ig ist d abei, da ss sich Füh rungspersönlichkeiten nich t n ur weite rbilden, sondern d ass sie betreu t werden, sich selbst immer wieder de n Spiegel vorhalten und ihre Leistungen konsequent überp rüft werden. ABB Schweiz ha t deshalb schon vor vielen Jah ren das jährliche Führungsfeedback d urch die Mitarbeitend en für alle Linienvo rgesetz ten eingeführt. on the job Weite rbildungsmassnahmen wie beispielswe ise das globale Mentoring-Programm haben bei ABBeinen hohen Stellenwe rt. Diese Massnahmen ermöglichen es, in de r Füh rung mittel- und lang fristig einen hohen Stand ard zu halten und auszuba uen. Abbildung 5.3
"Tre ppe nmodeU" de r ABB Schweiz Führungsentwicklungsprogra mme
f.3~;;-r~~~~~~L;0tJ8res
1<9
der
Talente fördern für die Zukunft
78
5.6.5
Posi tionieren
Wä hrend der " Talent Identification Pr ocess" auf die Ange botsseite fokussiert, werden in der Phase "Advance" die Voraussetzungen gesc haffen, um die Nac hfrage nach geeigneten Führungskräften zu befried igen. Letz tlich ist das Positionieren von Mitarbeitenden d ie en tscheiden d e Phase im Tale nt M..anagement Prozess.
Die wichtigste Gru nd lage wir d durch d en jährlichen Management Review Prozess geschaffen. Stufenweise wird systematisch für alle lokalen und globalen Schlüsselfu nktionen au f d en Ebenen Cesch äftseinheit, Land un d Konzern im Sinne eine r vorausschauenden Planung eine Nachfolgeplanung mit möglichen geeigneten Nachwuchsle uten aus dem Talent Pool ers tellt. ASS Schwe iz inves tiert beispielsweise jäh rlich einen Tag für d ie umfassende Diskussion über mög liche Nachfolger für d ie wichtigsten Schlüsselfunktionen im Land. Es beteiligen sich die Geschäftsleitung, die lokalen Divisio nsleiter sowie die Personalveran twortlichen der lokalen Divisionen. Darüber hina us stellt das Interne Talent Management bei de r Besetzung vakante r Kade rpositionen den Zug riff au f alle relevanten Kandidaten siche r. Für ABB als global tätiges Unternehmen stellt d as sys tematische Positionieren über Länder- u nd Divisionsgrenzen hinw eg die grösste Herausforderu ng d ar.
5.7
Die Fachlaufbahn bindet Know-how
Viele Mitarbeitende besi tzen Talent u nd somi t ein En twicklungspotenzial. Aber nicht alle wollen den Weg der klassischen Füh rungslau fbahn einschlagen. Oft lieg t bei diesen Menschen das Poten zial eher im fachlichen Bereich als in der Füh rung. ABB Schweiz bietet ihnen zur Weiterentwicklung den Weg de r Fachkarriere an, die zwe ite Säule des Talen t Managements. Ind em sich Mitarbeitende auf einzelnen Arbeitsg ebieten zusätzliches Wissen aneignen und komplexere Aufgaben übernehmen, können sie aufs teigen und da nk de r persönlich angepassten und verbindl ich verei nba rten Lau fbahnent wicklung eine Kaderfunkt ion als Fach- oder Projektmanager erreic hen. Ein En twicklungsingenieu r ha t beispielsweise die Möglichk eit, sich über Stat ionen in verschiedenen Funktionsbereichen wie Verkau f und Engineering zum Projektleiter weiterzubilden. ABB p rod uziert und ver kauft viele Produ kte, die einen hohen Lebenszyklus haben. Um die Kund en ü ber d ie ganze Lebensdauer von Prod ukten kompeten t un d vorausschauend beraten zu kön nen, ist es wichtig. Mitar beitenden eine langjäh rige Perspek tive zu bieten und sie u nd ihr Know- how so langfristig an d ie Firma zu binden . ABB hat deshal b im Rahmen der Fach laufbahn fü r verschiedene Geschäftsfelder typische Entwic klu ngswege für kü nftige Fach- und Projektmanager sich tbar gemacht (vgl. Abbildung 5.4). Sie dienen de r O rient ieru ng un d - zusammen mit funktionsbereichsspezifischen Kompetenzmodellen - de r gez lelten Ent wicklung von kün ftigen Fach- und Projekt managern.
Fredy Diener
79
Abbildung 5.4
Typische Entwicklungspfade in einer Fachlaufbahn (Bsp. : lokale ötvtston Power Syst ems)
Proje et Manag ement Sales & Marketing Produet Management Supply Management
"
PhO
."
Corporale Research
Die bei einem Aus landaufenthalt gemachten Erfahrungen m it kult urellen Unterschieden, Arbei ts- und Leben sweisen sind in diesem Zusammenhang besonders wertvoll. In verschiedene n Funk tionen ist es durchaus üblich, projektbezogen sowie für Service, Montage oder Inbetriebnahme mehrere Wochen bis Monate bei Kunden vo r O rt zu a rbeiten. Zudem bietet sich ABB als internatio na l tätiges Unterneh men an, eine längere Tä tigkeit im Ausland zu übernehmen. Sogenannte .Expotrtates" arbeiten bis zu fünf Jahre im Ausland und übernehmen w icht ige Fun ktionen in den lokalen Aßß-Landesgesellschcüen.
5.8
Mitarbeitende sollen sich verändern - A8B intern
ABB möchte in jeder beruflichen Phase die Bereitschaft der Mitarbe itenden fördern, Neues anzupacken und sich weit erzuentwickeln. Die Mita rbe itenden von ASB Schweiz ab 45 Jahren haben deshalb die Möglichkeit, eine persönliche Standortbesti mmung vo rzuneh-
Talente fördern für die Zukunft
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rnen . Im Semina r "Route 45" ka nn man sich unter pro fessioneller Anleitu ng m it de r millelun d langfristigen Zukunft ausei nandersetzen. Die Teilnehmenden kön ne n da be i herausfinden, was sie aus ihrer bisherigen Tätigkeit erhal ten und pflegen möchten, welche neuen beruflichen Wege möglich sind und wie sie d azu ihr Potenzial optimal nu tzen können. So we rden ihnen d ie persönlichen und beruflichen Komp eten zen bewusster, und ASB ermöglicht ihnen da mit einen in terne n Wechsel in eine andere Funktion.
Mit dem Seminar ,,57 plus" zur Planung des dri tten Lebensabschnitts können sich ABBMitarbeitende auf d ie reuen Freiheiten vorbe reiten. Dies ist wichtig, denn der Übert ritt vom Beru fslebe n in d en Ruhestand ist ein bedeutender Einschnitt . Damit sich di e Mitarbe itenden von ASS Schweiz frü hzeitig mit den Perspe ktiven fü r das Alte r befassen können, werden ihnen im Rahmen des Sem ina rs ,,57 p lus" vie r Tage eingeräu mt, um die nächs ten Jahre bei ASS u nd die Zeit d anach bewusst p lanen zu können . Im Semi nar wi rd aber nicht nu r über die Pension ierung ges prochen, sonde rn es bietet auch die Gelegenheit , sich über eine Anstellung über das Pen sionsalter hinaus zu info rmieren . Denn imm er mehr Mensche n vers pür en den Wunsch, au ch nac h 65 im Berufsleben zu verbleiben. ASS Schweiz bie tet ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit, sich auf freiwi lliger Basis und abges timmt auf die Bedürfnisse der Firm a auc h nach 65 weiter zu engagieren. Da mit erfü llt ASS einerseits ein Bedürfnis der Mitarbe itenden und schafft andererseits d ie Voraussetzu ng, d ass besonderes Wissen - we lches oft nu r noc h bei langjährigen Mitarbeitenden vo rha nden ist - wei ter genu tzt we rden kann . In d iesem Sinne wechseln im 60. Altersjahr d ie Mitglieder des oberen Kad ers zu r Ccnsenec AG, eine r Berater firma. Neue Projek te führen bei Unterne hmen oft zu pe rsonellen Engpässen. Die erfah renen Projektmanager der Co nsenec AG helfen mit, Mita rbe itende und Führungs kräfte, die im Tagesgeschäft sta rk gefordert sind, zu entlasten. Und einige Berater haben grosse Erfahrung im Bewä ltigen von Krisen und können Unterneh men wieder auf den Erfolgs kurs zurückführen. Um etwa einer Firma bei de r Neu bese tzung einer Führungsposi tion den nötigen Hand lu ngss pielraum zu verschaffen, kann ein Interi m sm anager vorübergehend die en tstandene Lücke schllessen. Und nac h dem be i ASB Schweiz prak tizie rten Mentoring-Modell coachen erfahrene Führu ngspe rsön lichkeiten oder Projektleiter jüngere Kolleginnen und Kollegen m it weniger Erfahrung. So übernehmen sie als unab hängige Fach- und Führu ngskräfte Verantwortung und bewahren den Übe rblick.
5.9
Fazit
In einem globallslerten Markt mi t im mer komplexeren Prod uk ten , Systemen un d Dienstleistungen beruh t d ie Wettbewe rbskraft eines Un terne hmens ins besonde re auf ih rer lnnovationsfähig keit. Und eine wesentliche Voraussetzung dafür sin d qua lifizierte, motivierte Mitarbeit ende samt ih rem Know-how, ihre r Erfahru ng und ihren Beziehungen. Wissen bei Mitar beitend en au fzubauen, ist d as eine, es über lange Jahre de m Unt ernehmen zu erhalten, weiterzuentwickeln und we ltwe it zu vernetzen, das ande re.
Fredy Diener
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In diese m Sinne verfo lgt ABB ein systematisches, umfassendes Talent Management, das d arauf abzie lt, d as Potenzial aller Mitarbeitenden zu aktivieren - und dies gerade mit Blick au f den demograp hischen Wandel generatlonenü be rgrelfend . Das heisst, ABB Schweiz ist es einerseits ein Anliegen, das Verständnis sowie die Begeisterung für die Techni k in d er Gesellscha ft und da mit das Bild des Ingenieurberufs zu fördern; beisp ielsweise inde m sie zusam men mit anderen Un ternehmen Lehrstü hle für Energietechnik sow ie Halbleitertechnik an Hochsch ulen finanziert. And ererseits setz t sich ABB Schweiz konseq uent dafü r ein, eine attra ktive Arbeitgebetin für alle Altersgruppen zu sein; mit Entwick lungsmöglichkeiten im Rahmen von Kur sen und Semina ren wie auc h on the job, mit Projek tarbeiten au f na tionale r wie au f internation aler Ebene, in Form von Führu ngs- wie Fachkarrieren. Denn ASB ist überzeugt: Die grossen, globa len Herausforderungen unserer Zeit - wie etwa d ie Frage einer n achhaltigen Energieversorgung - können Stu d ienabgänger mit frischen Ideen sowie erfahrene Berufsleu te und Ingenieure nu r gemei nsa m angehen.
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Talent-Relationship-Management die Beziehung macht den Untersch ied
Audi MaTCHS Fischer
6.1
100 Jahre Vorsprung durch Technik
Was Aud i macht, muss man nicht erklä ren, ma n sieht d ie Produkte täglich au f den Straßen di eser Welt . Die pre sügetrcchngen Fahrzeuge stehen für sportliche, hochwertige und progressive Mobili tät. M it seinen innovativen An triebskonzepten zählt das Unternehmen au ch im Bereich öko logisch ansp ruch svoller Technologjen zu den Besten der Branche.
Das Jahr 2009 ist für die AUDI AG von großer Bedeutung, denn da s Unte rneh men feiert seinen 100. Geburtstag und ha t sich bereits seit mehreren Jahren fest im kleinen, feinen Kreis der Hersteller von Premium-Automobil"," etab liert Blickt man auf die letzten Jah re zurück, eilte da s Un ternehmen vo n einem Rek ord ergeb nis zum nächsten und mit einer att rak tive n Fah rzeugpale tte möchte man den " Vorsp ru ng durch Technik", den man für sich proklamie rt we iter ausbau en. Das Unt ernehmen mi t Hau p tsitz im ba ye rischen Ingolstadt sieht sich gut gerüstet für den Wett bewerb der nächsten Jahre.
6.2
Alte Besen kehren nicht immer gut genug
Um die ehrgeizigen Ziele, d ie man sich bei Audi au ch für d ie Zuku nft gestec kt hat, zu erreichen, beda rf es einer unterstützenden Per sonalstrate gie. Ze ntra ler Bestandteil neben de r Weiterentwicklun g der bestehenden Belegschaft ist d abe i auch die Gewinnung u nd Bindung neue r Mitarbeitender. Veränderung in den Arbeitsmärkten erfo rde rn neue Instrumente, die klass ischen Personalmarketing-Ansätze fun ktionie ren zu neh mend weniger. Bereits wäh rend der " New Econorn y" und de m vielzi tie rten " Wa r for Talents" am Anfang de s Jahrtausends wurden d ie Grenzen der bislang erfolgreich verwendeten Instru mente sich tbar. Auch die AUD I AG hat, trctz eine r extrem starken u nd attraktiven Arbei tgebermarke in ein igen Bereichen Sch w ierigkeiten, den benötigten Mitarbeitenden zu finden. Um au ch in d iesen sog enannten Engpasszie lgruppen zukün ftig erfol greich rekrutie ren zu können, entschloss sich da s Unternehmen , die Instrumen te der Rekrutierung zu en ...eite rn und mit " Talen t-Relations hip- Manag ement" einen neuen Ansa tz zu verfol gen.
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6.3
Talent -Relationship·Managemen t - die Beziehung mach t den Unterschied
Talent-Relationship-Management: VIPRecruiting? J a !
Alle reden darübe r, jeder meint etwas anderes: Talent-Relationsh ip- Mana gemt'nt (TRM) wa s ist das eigen tlich? Die be griffliche Nä he zum Customer-Relat ions hi p-Mana gement (CRM) ve rrät di e Wurzeln des Ansatzes im Vertrieb. Audi hat sich das CRM- Konzept zum Vorb ild ge nom men und sein TRM als Bindeglied zw ischen Personalmarketing und Recru lting positioniert (vgl. Abbi ldung 6.1). Abbildu ng 6.1
TRM-Framework
St rategie HR-5tral llgill
~ruiting
Talent·Management
Dabei beschreibt TRM den Aufbau und das akti ve Management von Beziehungen zu potenziellen Kandidaten und Mitarbeitenden au s Engpasszielgru ppen mi t dem Ziel, über den Aufbau von Pool s eine höhere Q ualität der Besetzungen in kürzerer Zeit zu erreiche n. De r gewählte Ansatz ist nich t fü r die Betreu ung großer Mengen geeignet. Er be ruht vielmehr auf einer sehr persönlichen Beziehung und der Ann ahme, dass es im Untern ehm en Mitarbe itergr u ppe n gibt, d ie fü r d en Erfolg des Unternehmens höhere Bedeutung haben als ander e - es sind also VIPs (Very Im portan t Perso ns) im eigentlichen Wortsin n. Die Zahl der Talente in eine r Zielgruppe ist be w usst auf den zweistelhgen Bereich beschrän kt um eine intensive Beschäftigun g mit de n Talenten zu ermöglichen. Das he ißt nich t, da ss nicht mehr Talente in einer Zielgruppe vorhand en sein können , jedoch ist die Beziehungsintensit ät je na ch Priorisierun g deutl ich un terschiedlich. D ie geringe Anzahl der Talente, die in den Genuss eine r intensiven Bet reuu ng komm t, w ird durch den Anspruch bedingt, d iese Ta lente seh r gut kennenzulern en . Im Vergleich zum klassischen Recruiting erreicht TRM Personengruppen. die bisher weniger im Fokus der Per sonalver antwortlichen stand en und welche d ie typische Zielgruppe eines Headhunters darstellen (vgl. Abbildung 6.2). So spricht Audi mit TRM auch Personengruppen an , die das Un tern ehmen bisher noch nicht als pot en ziellen Arbeitgeber be-
Marcus Fischer
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trachtet haben. Ebenso wird TRM auc h mit ehem aligen Mitar beitenden pra ktizie rt, d ie d as Unte rnehmen verlassen habe n. Abbildung 6 .2
"Spannweite" von TRM
TRM greiftin allen Phasen des .Lebenszykills· eines Talents hinsichllich
se
Beziehu~ .w .m ""u."."", ,,,"' .m .. en •.
------------------------------------ ~-'
Beziehungsintensitill zum unteeeomen
Recrurting
::::::J
.,,;"
M~artleit
Kandidat
Bewerber Alum ni
I
Keine Beziehung
Dabei lässt sich der Zyklus ei nes TRM-Projektes in eine Designphase und in eine Umse tzungsphase un terteilen (vgL Abbildung 6.3), auf deren einzelne Bestand teile im Folgend en ku rz eingegangen wird. Abbildung 6 .3
Phasen im TRM
Zie lgrupp endefin ition c
.~ ~
Zie lgf\lpp enanalyse FOrmlllief\lng von Selling Story und Maßnahmen zur Suche und Ansprache. EntWicklung von Bindung smaßnahmen
,
~
Identifi kation von Talenten InnertJa lb der Zie lgf\l p pB
c !::! i"~ nsp rac he der Talent e I ~ Aufna hme In JRM-!"ool ~
Durchfüh rung vo n Bind ung s:m aßnahmen und oiiktiv itate
Profjlpflege I Info rmatio nsgewinnung
Rekrutierung f ür Vakanz
86
6.4
Talent-Relationship-Managemen t - die Beziehung macht den Unt erschied
Die Vorarbeiten: Audi eRecruiting als Basis
Prinz ip iell ist TRM kein ne ues The ma. Cute Mana ger be treibe n seit langem TRM ohne es als solches zu bezeichnen : Man hält Kontakt zu gu ten Bewerbe rn, baut sei n Netzwerk au ch auß erhalb des eigenen Untern ehmens auf u nd kann au f diese Ar t und Weise gu te Mitarbe iten de gewinnen. Audi TRM mach t im Gru nde das Gleiche, nur m it einem st ru kturierten Vorgehen. Im Rahme-n des Projek tes konn te man auf d ie In frastru ktur aufsetzen, die bereits im Vorgänger projekl "A ud i eRecru iting" geschaffen wurde. Im Hauptzweck entwickelt u m di e großen Mengen an eingehenden Bewerbungen professionell und effizient zu bearbeiten, wurden abe r be reits in diesem Projekt d ie komm enden Erfor dern isse von TR.J'vl berücksichtigt. Das Result at ist eine leistungssta rke Bewer be r- und Talentda tenban k. die es ermögl icht. di e klassischen Lebe nslaufinformationen versch iedenster Talentg ru p pe n struk turiert und leicht durchsuchbar zur Ver fügun g zu stellen. Im TRM-Projekt konnte man sich darauf konzentrieren, d ie Anwendung "kom munika tiver" zu ges talten, d. h., Fun ktionen zu integrier en, d ie es ermöglichen, über den klassischen Lebenslauf hinaus verschiedenste Informa tionen über Vorlieben, Gewohnheite n eines Talents und vieles meh r aufzu neh men. Dabei wu rde d er Tatsache Rechnung get ragen, dass de r Fokus des TRM auf dem persönliche n Kon takt lieg t. So ist es möglich, mit Hilfe eines " Kon takt-Log buchs" neue Erkenn tnisse, z. B. wäh rend eines Telefonats, schnell zu dokumentieren, ohne da bei di e Pro filin forma tionen aus d en Augen zu verlie ren. Die Erfahrungen aus der Personalberatung. die d er externe Enl w icklungsparlner m it ins Projekt brachte, waren da be i von Vor teil.
6.5
Die Designphase: Arbeiten wie ein Profiler
Sind die erforderl ichen technischen und or ganisa tor ischen Voraussetzungen geschaffen, ge ht es an die Festleg ung de r Inhalt e: Dazu m uss zunächs t, abgeleitet aus de r Unternehmensstrategte, festgelegt we rden, welche Zielgruppen für TRM in Frage kom men . Generell sollte eine Talentgruppe d azu einige Kriterien er füllen: Die po tenziellen Mitarb eitenden müssen zum Einen für den Erfolg des Unterne hmens überpro portiona l w ichtig und zum Anderen knapp am Arbeitsmarkt sein. Solche Mitarbeitergrup pe n finden sich in fast jedem Unternehmen. Eine weitere Voraussetzung ist, d ass man wenigs tens übe r einige Jah re hinweg kontinu ier lich solche Mitarbeit en de in relevan ten Mengen benötigt. Ein einmaliger Bed arf vo n zehn Mitarbeitenden oder ein jährlicher Bedarf vo n einzelnen Mitarbeitenden würde den Au fwand eines TRM-Konzepts kau m recht fertigen. Fü r diese Fälle bieten sich ande re Lösungen an . Für d as Pilotprojekt wä hlte Aud i zwei tech nische Zielgruppen, eine aus dem Bereich de r Produ ktion sowie eine aus dem Forschun gs- und Entwicklungs-Umfeld, aus.
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Marcus Fischer
Im nächsten Schritt erfolgte eine detaillierte Zielg rup pe n-An alys e. Und hier zeig t sich ein wesentliche r Unterschied zwischen TRM und Recruüt ng: Während im Recrut ung de r Blick au f die Vakanz und ihre technische Beschreibung gelegt wird, fokussie rt TRM das Pro fil eines id ealen Mitarbeitenden inklusive der Betrachtung seiner Komm u nikat ionsgewoh n heiten un d Vorlie ben im Freizeitverhalte n . Dazu wu rden Ges präche m it den jewe iligen Bereichsleitungen, den Fachvorgesetzten. den betreuenden Per son alverun tw ortllchen , abe r auch mit sehr guten Mitarbe itenden aus diese n Zielg rup pe n geführt, um zu erfa hren, wie d iese Talente "ticken". Ergänz t wurden die Gesp räche d urc h Disk ussionen mit Fokusgruppe n aus d en Audi Nac hwuchsprog rammen u nd On ltnebefragungen von Bewe rbern sowie ex terne n Tale nten. Das Ergebn is ist ein aussagekräftiges Profi l, das durch Erkenntn isse aus Markt- und Wettbewerbsanalysen ergänzt wi rd und im Rah men einer SWOT (Steengtbs-w eeknessesO pportunities-Threats)-Dars tellung abge bildet werden kann (vgl. Abbi ldung 6.4). Abbildung 6.4
Zielgruppenanat yse
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1 :5
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Vorgeselzle Personalabteilung
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Externe
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TRM-M as snilh menJ Sellin g Story
Aus diesen Erkenn tn issen ga lt es wi rku ngsvolle Maßna hm en abz ule iten, welc he d ie Talen te ansprechen und welc he ihren Gewohnheiten, Vorlieben und auch Erwartungen entgegenkom men. Zen tra ler Baustein dieser Kommuni kationsstrategie ist die sogenannte .Selling Sto ry" , die nichts and eres zu m Zweck hat, als die gewonnenen Erkennt n isse in Relation zu den Aspekten de r unternehmensspezifischen Arbeitgebe rme rkmale (Employment value Proposition) zu setzen, die für d ie Zielgruppe relevant sind . So betont man z. B. d ie Kind erbe treuungsan gebote vor Ort überpropo rtional. wenn man weiß, dass die Zielg ruppe ausgeprägt fa milienor ientiert ist oder s pricht über Möglichkeiten d er Freizeitgestaltung, wenn d ie Zielgruppe sportlich sehr aktiv ist. Dasselbe gilt selbstve rs tändlich auch fü r die The men, die für ein zukünftiges Arbeitsverhältnis relevant sind: Von der Altersvorsorge bis zu fach lichen Besond erheiten un d Her ausfor deru ngen w ird alles betrachtet und angesprochen.
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Talent-Relationship-Managemen t - die Beziehung macht den Unt erschied
Ebenso ist es Aufgabe der "Se lling Sto ry" m it identifizierten Schwachpunkten des Unternehm ens in Bezug auf die Zielgruppe umzugehen, diese auf keinen Fall auszublenden sondern eher Lösungsansätze zu liefe rn oder sogar damit verbundene Vorteile zu er gän zen . Das Ziel des TRM ist im Idealfall eine spätere Zusammenarbei t. Damit diese auc h nachha ltig sein kan n, ist Offenheit und Authentizität in de r Kom munika tion u na bdingbar, ein Igno rieren der Schwachpunkte könn le unter Umständ en sehr kostsp ielige Konsequenzen haben.
Das Zielgruppenprofil und die "Selling Story" sollten auch die Basis für alle Maßnahme n darstellen, d ie man en tw ickelt, um die Ziel gruppe an da s Unternehmen zu b inden. Die Mögli chkeiten sind dabei nahezu unendl ich und nur durch Zeit und Budget beschränk t. Vom Gespräch mit der Unternehmensleitung b is zum Zu griff au f da s Intranet im Unternehmen sind dabei viele Akt ivitä ten den kba r, jedoc h ist und bleibt die zen trale Aktivität der persönliche Konta kt. Ein ku rzes Telefonat, bei dem man sich na ch de r aktuellen Situa tion erkundigt, ist meist effizienter als ein Workshop in exklu sivem Ambien te. Wich tig für Audi ist dabei, alle Maßnahmen so anzulegen, dass sich Talent und Unternehmen auf Augenhö he begegn en und aus tauschen . Weder so llte der Eind ru ck entstehen , dass da s Un terneh men au f da s Talen t an gewiesen ist, noch d arf da s Gefühl de r Beliebigkeit oder Austeu schbcrkett entstehen. Diese Design phase endet im Übrigen nie, sie wird vielmehr durch neue Erkenntnisse, die sich während der Pflege der Talentbeziehungen ergeben, kontinuierli ch fortentwickelt, ständi g angepasst und fein ju stie rt. Die gew onne ne n Erken nt nisse fließen auch in die Weiterentw icklun g de r H uman Resou rces-Morkettng-. Recruiling- und Tale nt Man agem ent Strategien m it ein und verbessern dad urc h auch diese Instrumente .
6.6
TRM im Einsatz: Wo der Jäger zum Gärtner wird
Der erste Schri tt in der Umsetzun g des TRM ist di e Identifikation gee igneter Talente. Au s der Analyse ist bekannt, welches Pro fil geei gn ete Mita rbeitende mi tbringen, aber auch w ie sie bevorzugt kom m unizier en, an welc he n Stellen von ihnen Inform ati onen gesucht werden, wie sie sich mit Kollegen und Freunden austauschen und vieles meh r.
6.6.1
Talente, die man schon kennt
Zunächst empfiehlt es sich, die be reits vorhanden Ressou rcen zu nut zen: Die Suche in d er eigenen Bewerberdatenbank bringt dabei schon seh r oft erste Erfolge: Gu te Bewe rber, die, au s welc he n Gründen au ch immer, d ie Bewerbung zurückgezogen haben, gibt es überall. Sogenannte "Second- best"- Kand id aten, also Bewerber, d ie be i de r Besetz ung nicht zum Zug kame n, sind ebenfalls ein gu ter Ansatzpunkt. Meist ist die Kontak taufnahme nicht so nderlich schwer. Wenn sich das Unt ernehmen während der Bewerbun g nicht kom plett d ilettan tisch ve rhalten hat, stößt d er Talent Manager auch au f Interesse . Diese Talente
Marcus Fische r
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hatten sich ja schon einmal bew orbe n, man m uss sie im Norma lfall also nicht me hr um fangreich vo n den Vorzügen des Untern ehmens überzeugen. In den Köp fen und Schreibtischen der Fachbereiche findet man ebenfalls meist schon einige Talen te, denn auch d ie Fachbereiche sp reche n ja m it Fachko llege n. Komm iliton en etc. " Man kenn t sich" eben . Dabei hat Audi abe r ausdrücklich das Abwerben von direkten Wettbewerbern und engen Partnern ausgeschlossen. Even tuell kritisch kön n te die Talen tsuche im Alumni-Bereich sein, n ich t jede Un terne hmenskultur verträgt d as schon. Abe r d as Thema w ird in Ze iten, in d enen klassische Kam inka rrieren der Vergangenheit angehören und ein durchschn ittlicher Ar be itne hmer mehrfach den Arbeitgeber wechselt, zunehmen d bedeu tsamer. Bis hierher beweg t ma n sich in be kann tem Te rrain: Menschen, d ie d as Untern ehmen schon kennt oder die das Untern eh men kennen.
6.6.2
Nutzen , was es schon gibt
Darübe r hi naus emp fiehlt sich natü rlich, d ie H uman Resources-Marketing-Akt iviläten au ch fü r TRM zu nu tzen : Messen, Recruiting-Ver anstaltu ngen un d viele ande re Maßnahmen sind ebenfalls geeigne t, um m it Talenten in Kontakt zu kommen. Zu beach ten ist hierbe i jedoch, dass es sich um mehr oder wen ige r passive Ansätze handelt: Das Talent muss sich in irgendeiner Form auf das Unterne hmen zu bewegen. Üb rigens gi lt das au ch fü r di e klassischen Recrutung-Instru rnente: Stelle ausschreiben , zurückleh nen und auf die Bewerbe r warten. Da aber d ie Meh rzahl an Ta lent en in eine r TRM-Zielgruppe normale rwe ise gar nicht aktiv au f d er jobsuch e ist, wi rd man diese Mensche n d am it nich t er reichen. Die Frage lautet d aher: Wie erreich t man d ie so genan nten " laten t" Suchenden, also d ie Talente, d ie selbs t nich t akt iv suche n, aber durcha us ges prächsbereit sind , wenn sie ang esprochen werden? Denn un ter diesen Talen ten sin d viele der w irklich interessanten Kand id aten.
6.6. 3
Active Sourcing: Wie ein Headhunter jagen
Im TRM ge ht Audi hier einen fü r das Unterne hmen neuen Weg: Es praktiziert d as soge nannte " Active Sourcing" - die aktive Talentans prache durch das Untern ehmen. Es ha ndel t sich u m d as typ ische Vorgehen eines Personalber aters. Der Kön igsweg im "Act ive Sourcmg" ist ga nz klar d ie Nutzung des Interriets. D ie "Segnungen " des Web z.ü-Zet talte rs ste llen eine Vielza hl an geeigne ten Instrumenten und Plattforme n zu r Verfügung, d ie es er möglichen, umfang reiche Info rmationen über pot en zielle Talente zu finden. An ers ter Stelle sind hie r die Business Networks, wie Ltnked ln oder Xing zu nennen, die m it ihren meh reren Millionen Nutzern. d ie meist berei tw illig über Ihre Profession Ausku nft ge ben, eine ergiebige Quelle für gu te Profile dars tellen. Recherchen in Blogs, den d igitalen Tagebüchern, die heute viele Menschen sch reiben,
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Talent-Relationship-Managemen t - die Beziehung macht den Unt erschied
führen ebenso zu vielen Treffern. Neben den typische n Blogs so rgen aktuell auch sogenann te " Micro-Blogs ", w ie sie Plattform en wie Tw itter an bieten, für viel Fu rore . Ob sich diese Plattformen langfristig du rchsetzen werden, bleibt abzuwarten. Die Untern ehmen sind daher geforder t, die Weiterentwick lungen des Internet auf me rksam zu verfolgen um " up- tu-d ate" z u bleiben . Letzt lich findet man o ft auch in Fach foren kom peten te Per sonen, die ihr Wissen teilen bzw . sich dort aus tau schen .
6.6.4
Kennenlerne n: Entscheidungsgrundl agen schaffe n
Hat man dann Na men identifizi ert, geht es d aru m, das Profil zu ve rdichten und mehr über d as Talent zu erfah ren. Plattfor men wie Yasni ode r 123people, sogenannte Personensuchmaschinen, helfen d abe i u nd liefe rn Informationen au s soz ialen Netzwerken, Business Networks, Telefon- und E-MJil -Verzeich nissen bis h in zu Wunschzetteln von OnlineKaufhäusern. Unweigerlich komm t es dabei zur Frage, inwiewei t solche Recherchen ethisch-moralisch vertretbar sind . Was d arf man über ein Talent w issen und was d avon nu tzen? Diese Entscheid ung obliegt dem Leser selbs t, rein rech tlich wu rden die In fo rmationen im In tern et der Ö ffentlich keit zugänglich gemach t, ihre Nutzu ng ist daher rechtlich unproblemansch, solenge sie vom Talent se lbs t eingestellt wurden. Leider ist diese Ö ffentlichkeit des Internet s den meisten N utzern heu te kaum bewusst. Nachdem die identifizie rte n Talente zunächs t noc h einmal m it den Vorste llungen des Fachbereichs abge glichen werden , um Fehlinterpretationen zu vermeiden u nd Suchstrategien zu optimieren, ist die Konta ktaufnah me der nä chste logische Schritt. Auch dabei wird mi t offenen Karten gespielt, es gibt keine verd eckten Anrufe oder Ähnli ches. De m Talen t wird erklärt, wer anruft, woru m es ge ht und am Wichtigsten: Dass es nicht um eine gerade vakan te Position geht sondern darum, mi t interessanten Talenten ins Gespräch zu kommen u nd Möglichke iten anzubieten, Audi nä he r ken nenzulernen. Entscheid en d ist dabei, d ie betroffenen Fachbereiche schnell in die Bezieh un g zu inte grieren . Gemeinsa me Treffen und Veranstaltungen sind essen tie ller Bestandt eil um die Arbei tswelt von Audi er lebbar zu machen. Die Reaktionen der Talente sind au snahmslos po sitiv, viele sind überrascht, das s ein Großunterneh men so vor geh t und fühlen sich auf grund der Ansprache geschmeichelt. Der en tstehende Dialog führt zu einem um fangreichen ln for me tionsausteusch, welcher vo n geg enseitigem Vertrauen gep räg t ist. H ier lern t d as Unternehmen viel über das Talen t; aber es werden auch vom Unternehmen exklu sive Informationen ge liefert, die das Talent bei de r Mem un gsflnd ung über Audi unters tützen. Dieser Prozess führt das Talent sukzessive näher an das Untern ehm en heran und h ilft dem Unternehmen, zu ne hmend sicherer in d er Einsch ätzung de s Talents zu werden. Ist eine Position im Zielbereich zu besetzen, sollte der Talent Manager schnell in de r Lage sein , aus se ine m Talent Pool gee ignete Kandidaten vor zuschlagen, bei denen ein Stellenwechsel zu diesem Zeitpunkt sinnvoll erscheint und die für di e Stelle auch in Frage kom men. Die
Marcus Fischer
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Qualität einer solchen Stelle nbese tzung ist im Normalfall deutl ich höher, die Gefa hr einer Fehlbesetzung deutlich geri nger. Auch sollte die Geschwindigkeit de r Besetzung deu tlich höher sein, da man nicht meh r suc hen muss. Für das Talent ist es ein ebenso vorteilhafter Weg: Man kenn t die zukünftigen Kollegen, weiß , worum es geh t und kann seine persönlichen Entwicklu ngspers pektiv en besser einschätzen. Selbs t wenn sich he rausstellt, dass eine Zusammenarbeit nicht in Frage komm t, bedeu tet d as nicht automatisch das Ende der Beziehu ng zw ischen Talent un d Unte rnehmen. Es ist du rcha us denkba r, dass sich da s Niveau der Beziehung ändert, so kann ein Talen t zur Quelle für die Identifizieru ng wei terer Talente werden und durch den fortgesetzten Austausch kann der TRM-Ansatz fü r eine Zielgru ppe weiter opti mie rt we rden. Das gilt im Übrigen genauso für Talen te, bei denen es zu r Einste llu ng kom m t: Auch diese Talente sind als Quellen interessant, sie sind aber au ch weiterhi n aktive Teilnehmer am TRM, dann in der Rolle eines Fachve rtreters.
6.6 .5
Abliefern am Arbeitsplatz: der begleitete Einstieg
Nicht sel ten schei tern Stellenbesetzungen noch au f den letzten Metern : Bü rok ra tische Hü rden, Missverständ n isse, Unklarheiten, untersch ied liche Erwartu ngen und viele ande re Fallstricke mehr lauern au f Talent und Unternehmen. Auch hie r wird d er TRM-Anspruch der intensiven Betreu ung konsequen t for tgesetzt. Find en Talent und Unternehmen zusa mmen, begleitet de r Talent Manager d as Talen t d urch den gesam ten Einstellungsprozess. Durch sei ne enge Beziehung zu m Talent kenn t er d ie ne uralgische n Pu nkte, die für das Talent im neuen Job wesentlich sind und kann dafür so rgen, dass d iese The men besprochen wie auch berüc ksichtig t werden. Dabei w ird er bewusst als Anwalt des Talents posi tioniert. Diese Begleitung erfolgt b is hi nein in den neuen Job. Zwar wi rd sich d ie Rolle des Talent s mit der Einste llung verändern, der Talent Manager wird aber die Entw icklung in der neuen Position akti v ver folgen, allerdings ohne da bei im Zuständigkeitsbereich des betreuenden Personalverantwortlichen zu "wildem".
6.7
Lessons learned: Chancen und Grenzen eines TRM-Konzepts
6.7. 1
Warum nicht gleich Headhunter nutzen?
O ft w urde Aud! die Frage ges tellt: "WJ rum lass t Ihr dJS nicht gleich einen Hea dhu nter mac hen?" Ein durchaus denkba rer Ansa tz. Au di hat sich jedoch aus folgenden Gründen fü r den internen TRM-Ansatz en tschie den:
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Talent-Relationship-Managemen t - die Beziehung macht den Unt erschied
1. Es we rden eigene Pools aufgebaut. Das mach t zwar Ar beit, siche rt aber die Qualitä t und errnögltcht dem Untern eh me n, di e Gestaltung de r Poo ls o hne den Reibungsver lust, den ein e xtern e r Par tne r immer mi t s ich bri ngt. Auch ein "Verlus t" des Pools durch Bee nd igung der Zusam mena rbeit mit dem Dienstleister ist so ausgeschlossen.
2. Das Untern ehmen kann seine .Selling Story" direkt ve rm itteln, auch hier ohne Hltereffekte. Nie mand kann Au di so gut rep räsentieren, wie seine eigenen Mita rbeite nd en. Audi ble ibt au the ntisch und e rlebba r. Die Rea ktio ne n d er Be werbe r bes tä tigen d as. 3. Die Erfahrungen m it den Talenten kom men d irekt d er Weiterentw icklung der eige ne n Stra tegie n z u Gute. Um Fehlin terpretatione n z u vermeiden: Pe rsonalberatunge n si nd w ichtiger Besta ndteil im Recruiting- Mix, abe r eben für andere, meist kurzfristig orientie rte Zwecke od e r we nn es um die Besetzu ng einzelner Pos itio nen geh t.
6.7.2
Abgrenzung zum Recruiting
Im Gegensatz z um Recr uiting steht bei m TRM n icht die kur zfris tige Bese tz ung einer Stelle im Fokus, ma n beschäftigt s ich nur am Rande m it einer ko nkreten Pos itio n. Im Fo kus s te ht vielmehr das Profil eine r Mi ta rbeitergru p pe. So ist de r TRM-Ansatz eher zur De cku ng s tra tegis cher Bedarf e mit mittel- und langfris tige m Fokus e ntw icke lt wo rden und wenige r, um kur zfristige Lüc ken zu schließen (vgl. Abb ildung 6.5). Abbildung 6.5
Paradigmenvergleich Recruiting - TRM
Kl assisc hes Recruit ing
Tal ent Relationshi p Management
_operaliv
kurzfnstig
JobS besetzen
Pmmss
Val
P",""onalbeschalfer
<
ZeilhonZOn v
mille!· bis langl ,;shg
> > < > .
Talente ident,f>zie<en. g""';n.-. und binden
Beziehung
Tangkeil
Talenl (Relalionship)
..".
Marcus Fischer
6.7. 3
93
TRM ist kei ne Software und braucht Top-ManagementUnterstützun g
Der vielle icht wich tigste Punkt: De r Anteil an Change-Management-Au fwan d innerhalb eines TRM-Proje ktes ist extre m hoch u nd wich tig. Positi onieru ng und Selbstverständnis vo n Per sonalabteilu ng und auch Leitungsfunktionen we rden h ier h interfrag t un d vielleicht soga r ve rän de rt. Zue rst mu ss im Kop f der Beteiligten klar sein, dass sich Ans pruch und Anforde rungen innerha lb eines TRM-Projek tes vom klassischen Persona lbeschaffungsgeschäft de utlich abg renzen. Der Dialog auf Aug enhö he als zent rales Eleme nt mu ss sehr oft noch gelernt we rden . Das Ver lassen der ge wo hnten Kom fortzo ne will gele rn t u nd verstand en we rden, dami t es erfolgre ich fun ktion iert. Klare Rollendefinitio ne n sin d dab ei beson der s im Verhältnis des Tale nt Managers und der be teiligten Persona lverantwo rtlichen zu entwickeln un d von be iden Seile n zu lebe n. So hat das Un terne hmen d ie Rolle d es Talent Man agers klar als d ie, ei nes gle ichbe recht igten Partners un d bew usst nicht als Dienstleister der Person alabt eilu ng definie rt. Die Unter stütz ung der Un tem ehmensleitung ist dabei meh r als nur hilfreich. Wenn sich das TopManagemen t zur Un terstü tzung be reit erklärt, sich soga r für bestimmte Aktivitäten zu r Mitarbeit an bietet, ist d.1S so woh l in de r Au ßen- als au ch Inne nwi rku ng ein starker Schu b fü r das Kon zept.
6.7.4
Skalierbarkeit und Flexibilität
Der Vorteil des TRM-Konze pts ist se ine vollstä ndige Flexibilität und 5kalie rbarkeit: Der gew äh lte Ansat z der Zusam mense tzu ng eine r Zielgru ppe nach Fun ktionalltä ten ist nur eine Möglichkeit. Eine Zielgru ppe kann aufgrund jedes erd enk lichen Abgrenzu ngsmerkmals gebildet werden: Menschen eines bestimm ten Alters, m it bestim mten Vorlieben, eines bestim mte n Geschlechts, einer bestimmten Na tionalität ode r jeder anderen Ge meinsam ke it können eine Zielgru ppe bilden. Ebe nso frei skallerbar sind auch Betreu ungsin tensität und -bren e. Jed och sollte man d abe i im mer kritisch hin terfragen wo TRM aufhört und Hu ma n Resou rces-Marketin g oder Recrutüng beginnt. So ist das monat liche Versenden eines Newslettees fü r sich genommen kein TRM meh r. TRM leb t von d er Beziehung. Wird d iese ni cht meh r als persönlich wahrgenom men , erreic ht man auch keine Bindung. Als Unternehmen wird man so aus tauschba r, wie sich das Talent sel bs t auch füh lt. Auch wenn im Rah men des Aud i Projekts der EDV-Lösung viel Aufm erksamkeit gewidmet wurde, kann ma n ein TRM-Konzep t auch mit beg renz ten Mitte ln fü r Techn ik umsetzen . TRM ist auch mit 5tanda rd-Office-We rkzeugen zu bewerkstelligen, es erfordert dann abe r meh r Aufwand zur Pflege im täg lichen Arbeiten .
6.7 .5
Schlüsselposition Talent Manager
Größte Wichti gkeit für den Erfolg eines TRM-Konzepts hat d ie Auswahl des Talen t Managers. Innerh alb des Projek tes wu rde lan ge d isku tiert, wer denn der bes te Ta lent Manager
94
Talent-Relationship-Managemen t - die Beziehung macht den Unt erschied
De r Personalver antwortliche, da er das Recru iting-Business kennt und fit in allen arbettsrechtli chen Belangen ist? Der Vertriebs fachmann. da er d as Unternehmen ja zu einem guten Teil präsentieren muss und d ie "Selling Story" erfolgreich vermitteln so llte? Oder ist es vielleicht de r Kollege, de r aus dem Fachbereich kommt, dor t schon umfangreiche Erfahrung gesammelt ha t, d en Zielbereich also gut kennt und de r die Sprache der Talente spric ht (wer jemals au f Recru iting-Messcn no rmale Ges präche zw ischen Recru item und Ingenieuren ve rfolgen konn te, we iß welchen Vorte il das bringen würde).
sei;
Die Antwort ist den kbar ein fach: Es ist völlig egal. Wichtig ist, dass der zu kün ftige Talen t Manager sowohl für das Thema als auc h für da s Un ternehmen b rennt, dass er keine Angs t vo r dem Telefon hat u nd eine herau sragende soz iale Kompetenz mitbr ing t. Es gilt eine Vert rauensbasis zu scha ffen, Eis zu brechen und Brücken zu bau en. Es müssen fachliche Them en besprochen, aber auch Smalltalk beherrscht we rden. Das gepaart mit eine r n ahezu uns tillbaren Neugier und großer Ausdauer macht einen gu ten Talent Manager aus. Alles andere ist lernbar. Hat man dann de n Talen t Manager gefunden, so sind opti male Voraussetzu ngen für die Ausübung dieser anspruchsvollen Tätigkeit zu schaffen. Dazu gehörte bei Audi unter andere n ein Volorua rtat bei einer Person alberatung. "Shadowing" in Personal bereic h un d Facha bteilung sow ie IT- und Kommu nikation!>qualifizierungen. Sicherlich hohe Anfangsinvestitionen, die aber im täglichen Gesch äft eine tragfähige Rend ite abw erfen.
6.7 .6
St euerung und Erfolgsmessung im TRM
Die ein fachste und offensich tlichste w ähnmg, in der der Erfolg eines TRM-Konzepts berechenbar ist, sind die erfolgten Einstellungen in Relation zu m bet riebenen Aufwand. Poolstärke, Kontaktfrequ enzen und qualita tive Erheb ungen ergänzen d ie Erfolgsmessu ngen. Wichtig ist d as gerade in der Anfangszeit. wo der Fokus zunäc hs t auf dem Poolau fbau liegt und d ie Zahl d er Einstellungen aus TRM herau s konzeptbed ingt ehe r gering ist. Es ist d aher empfehlenswert, einen Business Case mit mittel- bis langfristigem Fokus anzulegen, denn es braucht eine Anlaufzeit von ein bis zwei Jah ren, bis ein Talen t Pool die Qu alität und Q uanti tät hat, um Ergebni sse zu liefern, d ie ma n erwartet und die ein solches Konzep t wirtschaftlich sinnvoll machen. Nicht oder nur schwer messbar sind die Auswirkungen auf die Arbeitge bermar ke. jedoch ist hier ebenfalls mit posi tiven Effekten zu rechnen. Für die Steuerung der täglichen Aktiv itäten sind ebenfalls Ausw ertungsfunktionen entwickelt wo rden beziehungsweise noch in Entwicklu ng. die es de m Talent Manager erlauben, seine Pools nach verschiedensten Kriterien, wie z. B. regionale und funktionale Schwer punkte, auszuwerten und zu strukturieren um da nn die Erkenntnisse für d ie zu künft ige Arbei t zu nu tzen.
Marcus Fischer
6.8
95
Aktueller Status Audi TRM und Ausblick
Das Progr amm lä u ft seit Beginn des Jahres 2009 mit zwei Pilotz ielgrup pen. Die bisherigen positiven Ergebnisse entsprechen d abe i den Erwa rtungen . Die Pools fü llen sich, er ste Veransta ltunge n und Aktivi täten sind er folgre ich ini tiie rt worden, m it d en ersten Einstellungen wird noch im laufenden Jah r gerechne t. Das Feedback sei tens der Talen te und de r Fachbe re iche ist außerorden tlich po sitiv. Darüber h inaus pro fitiert das Projekt von de r aktuellen w irtschaftsk rise: Das Untern eh men ka nn d u rch aktuell reduzier ten Rek rutierungsd ruck jetz t Talent Pools aufbau en, u m dann - wenn es wieder erfor derlich ist schnell und qual ita tiv ho chwertig entstehende Vakanzen zu besetzen. Weitere Fachbe re iche ha be n be reits Int eresse an dem Konzept bekundet und sin d au ch be reit, sich selbst zu engagie ren, so da ss eine Ausweitung des TRM ge plan t ist. Ein wertvolle r Ne beneffekt des Projektes ist, d ass die entw ickelten Software-Tools auch fü r ande re Ausp räg ungen des TRM nu tzbar sind, w ie z. B. de r Betreuung von Förde rprogrammen für Studenten, Praktikanten, En twick lu ngsk reisen und ande ren Gru ppen, die eine ausgewe itete komm uni kat ive Betreu ung erf ordern. Das Tool wu rd e bew usst so ges taltet, d ass es ohne Modifika tion für verschiedenste An forderungen nu tzbar ist. TRM wird so zu eine m wese n tlichen Ba us tein der Hu ma n Resources-Ak tivitäten des Unternehmens.
7
Talent Management - die Kunst liegt in der Umsetzung
Capgeminl Consulting Martill Claßt'II lind Elke Till1/11
7.1
Kurzer Überblick
Am Beginn dieses Kapitels besc hre iben wir eine n möglichen Pro toty p der kün ftigen Talente, womit d ie heu te bereits offenkundige Ausgangslage aus einer zu künftigen Perspektive noch mals ve rschä rft wird. In de r Folge vertiefen wi r einige Regeln zum Umgang m it Talenten hi ns ich tlich ihres Managemen ts und ihres Recru iting. Absc hließend demonstrieren w ir eine n Ansatz zu r Umsetzung von Talent Management der sich bei der Projektbegleitung unserer ansp ruchsvollen Kunden herauskristallisiert hat .
7.2
Ein Fall aus der Zukunft
Also zu nächst mal Augen zu und schnell ins Jahr 2020 gebeemt. Faktisch zwar u nmöglich, ble iben solche Zeltsprü nge immer eine net te Fingerübung, um aus de r fiktiven Zu kunft Rückschlüsse auf das rea le Jetzt zu zie he n. Von viele n bereits 1997/2001 erstmals pro phezeit und 2005/2008 erne ut prognostiziert, ist der " Tale ntekrieg" - we nn auc h nicht ganz so martialisch und offen, so ndern meh r in Form eines Untergrundkam pfes - spätestens dann im vollen Gange. D ie Unterne hmen werden sich derweil ein ansehnliches Arsenal an Maßnahmen aufgebaut habe n, angefangen vo m " Em ployer Brandtng", über attraktive Vehi kel für Recru iting und Retent ion, bis hin zu m p fleglichen und we rtschä tzenden Umgang de r Vorgesetzten mit ihren vom Selbs tbew usstsein mindestens auf Augenhöhe egterenden Mitarbe itern. Gerade Letzteres erweist sich meis t Olm Allerwichtigsten. Yasmtn Kille ist genervt von ihrem Age nten u nd überhaupt. Beim letz ten Arbeitgeber hatte er sie zwar mit Bravour herausgeholt, vor allem unter Verz icht auf d ie eigentlich fällige Ablösesumme. Abe r die hä tte ohnehin der neue Arbeitgeber beza hlt; dieses Geld wäre natürlich von ihre m Hand geld abgegangen. Die clever ausgehandelte Altersversorgung konnte sie nat ürlich m itnehmen, was anfangs ga r nicht so gut aussah. Am End e war sogar da s ursprüngliche Wettbewerbsverbot Scha ll und Rauch . Nur ein geringe r Teil de r langfristigen Aktienoptionen war verloren, steuerlich waren die aber wegen der anhaltend en Neiddebatte ohnehin ziemlich we rtlos. Alles in allem ein ordentlicher Job von ihm. Sie zah lt ihre m Agenten aber auch keine schlechte Provision.
98
Talent Management - die Kunst liegt in der Umsetzung
Selbs t d en .Yasmin Kilie Monitorin gtag" (YKM"') an ihrem Zweit wo hnsitz in Nizza hatte ih r Agen t eigen tlich ga nz gut org anisiert. Das .Jncenttve Recruiting" der Unternehmen an d en schöne n und spannenden Plätzen d er Welt ist sie inzw ischen n ämlic h to tal satt: Zu viel enervieren de H ighPo ts. Das muss sie sich nich t nochmals ant un . Die fünf han dve rlesene n Unternehmen, welche er für ihren pe rsönlichen Monito ringtag eingela den hatt e, wo llen Yasmin alles amt unbed ingt hab en . Sie waren auch bereit die An trittsgebüh r fü r d as YKM"' zu zahlen. Eins zu Fü nf ist auc h viel attra ktive r fü r die als etw a Eins zu Zw anzig. Die Fün f habe n d urchaus Einiges zu bieten, an Rollen, Au fgaben un d Ver d ien st. Nichts auf regend Beson d eres, keine w irkliche Herau sforderu ng, alles " easy" machbar also, denkt Yasmin. Nur ihr " Men tor" von der Stretegteberetung, der sie, als sie noch im Intern at Salem war, rich tig nett betreut e, lies nicht locke r. Also kom men d ie noch als sec hs te d azu. H ier bi n ich fa ir, findet Yasmin und lächel t. Au f einen Kniff der Untern ehmen ist sie üb rigen s n icht he reingeflogen; d avor ha tte ihr Agen t sie gewarn t. Denn eine Gruppe vo n Firmen mi t einer nicht ganz so exzellen ten .Employer Brand " hatte sich einen geschickten " Work Around" ein fallen lassen. Es ist ja auch irgen dwie grotesk, findet Yasmin , dass sich alle nu n zum Marktführe r pro klam ieren, ihr Headquarter vo n der Provinz in eine Metro po le verlegen und inflationär vom " Great Place to Work" Geb rau ch machen. Vor Jahren hatten di ese Cleverfes eine sexy Bu de unter der Äg ide vo n zwei belie bten un d be kann ten Iko nen der Szene gegrü ndet , sich eine "W or kstyle ldea" einfallen lassen, diese als kultig ve rmarktet und dann doch nur die auf d iesen Trick hereinge fallenen HighPots wie Leiharbeiter bzw . Berater, gilnz im Sinne eines " BOOy Lease", zu den Un ternehmen im Hin terg run d geschickt. "Potemkin Lebeling" nannte d ie Wissenschaft d ieses Instru ment inzwischen. Schon in Salem sowie später an den Universitäten SI. Gallen und Boston w u rden ih r wegen der ausgezeichneten No ten und gen erellen An mutung - als Frau mit Migr ationshintergru nd wahre Wunderkräfte zugeschrieben. Von einer Prom oti on hatte ihr früherer Karrierecoach abge raten, würde sich langf ristig nich t rechne n, aber exzellente Prak tika hatte er ih r vermittelt. Übrigens: Ih r ge netisches Profil weist sie mit 98%ige r Sicherheit als Topkraft bis ins ho he Alter aus; auch d ies weita us besser als die Allermeis ten. Es wa r Yasmin damals nur etwas seltsam vo rgekommen, diese doch ehe r p rivate Information in ih rem Indi vid ualp rofil öffentlich zu machen. Ein hohe r Preis - den muss m an freilich in Kauf nehmen . Die halbjährlichen Lekta t- und Sonstwie-Tests seither haben ihre physische un d mentale Stärke m it schöner Rege lm äßigkeit bestät igt. Außerdem sieh t sie immer noch verda mm t gu t aus, sagt sogar ihre Mutte r. Deren Genera tion hatte mit Botox und solche m ha rten Zeugs gegen d ie Falten gekämpft sowie später dann gegen dessen Nebenw irkun gen. Die Sachen heu te sind definitiv besser. Ein Wechsel des Arbeitgebe rs wär e für Yasmin auc h emotional kein Problem . Die Bind un g zu m derzeitigen Unternehmen ist ohnehin eher mäßig, eine Zweckbeziehung eben. Einzig zu m 68jährigen Bemd Schne ide r hat Yasm in eine persönliche Beziehu ng aufgebaut. Sie als jung-dyna mische Füh rungskraft so ll ihn - mall nennt d ies neu erd ings " reve rsed mentoring" - bei m allmählichen Ausgleiten in den Ruhestand beg leiten und mi t frischen Idee n
Mart!n etaneo und Elke Tlmm
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vo n de r Innovationsbörse versorgen. Wen n sie ehrlich zu sich selbst ist, profitie rt sie jed och meh r von sei ner Erfahru ng als er von ihre r Dynamik. Die ganzen Nebenleistungen für Leu te wie sie sin d inzwischen Stan dard. Montags der Men tal-Coach, mi ttwochs der Content-Coach u nd freitags der Leisure-Coach. Selbst de r Flug zu Yasmin's Lebenspartner in Musk au - oder sonstwohin (das hatte sie sich ausbedungen) - zweimal im Monat wäre im Basispaket ent ha lten. Na türlich steht dabei kein konkreter Na men im Vert ragsentwu rf nich t nur im Job muss ma n heute flexibel bleiben. Fü r de n Fall der Fälle, bei mir eher unwahrscheinlich, erken nt Yasm ln st ill für sich, gib t es die Kinde rbetreuung. Aber wa rum eigentlich n ich t doch? Ohnehin hatten zwischenzeitlich die Unternehmen alle gu ten Erzieherinnen aus den staa tlichen Kindergärten abgeworbe n . Natürlich läu ft die Betreuung rund um die Uh r, in den Ferienzeiten sowieso u nd auch am Samstag (zum Shoppen in Ru he); dies nü tzt ihr in Nlzza oder Moskau allerdings leide r n icht s. Bei allen diesen nette n Selbstverständlichkeiten un terscheiden sich di e Unternehmen kau m noc h. Ihr Agen t ha t für se ine Klienten sogar einen wasserdichten Vertragstext fü r solc he Sachen in de r Tasche. Interessant wären nu r noch zusätzliche " Good ies", sie fände z. B. den kostenlosen Zugriff auf das Mod ela bel Hend rixx nicht übel. Bei Kunde nterminen hätte der Arbeitgeber vo n ihrem adretten Aussehen sogar etwas, meint ih r Agent. Natürl ich kö nnen sich die Un tern ehmen in der steue rlichen Dim ension noch d ifferenzieren. Einige Firmen hätten eindeutig bessere Lösungen, den ge ldwerten Vorte il von der Steuer wegzudrücken . total legal und sogar ziemlich neidsicher. Yasmin ist Immer noch genervt. Nein, nich t die fehlende Wertschä tzung ihres derzeitigen Arbeitgebers, den n sie hatte sich angewöhnt gu t da rau f verzich ten zu können. Irgend wann w ird angelernte Wertschätzung von Vorgesetz ten ohneh in fad . lieber ein sUIX'r we nige r im Ohr und dafü r einige Eu ro meh r im Portem onnaie. Sie ne rvt etwas ganz anderes. Yasmi n ha t nämlich schon einen heimlichen Favo riten unter den fünf , jetz t sechs Kand idatenunterneh men des YKM'. Abe r ausger echnet der will nicht fü r die Betreuung ihres H ündchens Sandy bezahlen. Dies sei steuerlich schwierig und wü rde vor allem nicht zu den "Corpora te Values" d er Firma passen. D ie sp reche n, berich tet ihr Agent, vo m " Pri mat de r H uman itas" beim Blick auf das im mer noch grassterende Elend in der Welt. Was hat denn dies mit meiner Sandy zu tun, denk t Yasmin. " Blöde Prinzip ien reiter", sagt sie zu ihrem Age nte n und me int ihn gleich mit. Abe r wer wü rde denn auf Sandy auf passen, wenn sie ein Mee ting hätte? Sicherlich, an den drei Tagen Horne Office wäre dies ke in Problem. Sogar das Gassi gehen wäre möglich, denn ihren Multimobilize r kann sie überall mit hi nneh men. Sie möchte aber olmehin mal wieder den Age nten wechseln. Neue Besen kehre n besser. Von einem Freund aus ihrem exklusiven "AAA Ne two rk" hatte sie einen Tipp bekom men. 5011 sich de r Neue d och mal krä ftig ans trengen . Jetzt geh t sie am besten erst einmal m it Sandy an de r Pro men ade von Nizza zur bewussten Erholung spazieren. Die frische Meeresbrise und die mediterrane Sonne tu n uns beiden sicher gu t.
100
7.3
Talent Management - die Kunst liegt in der Umsetzung
Ausgangslage heute
Zunick in die Gegenw art und weiter noch in die Vergangenh eit. Vor ger ade einer Dekade zu Zeit en d es "N ew Economy Hype" schoss eine neue Ceneration ju ng-d yna mische r Akteure a us dem Erdboden . Wer nicht s pätes tens so gegen Mitte d reißig au sgesorgt zu hab en gla ubte, sah sich nach einer noch besseren Gelegenheit im Markt der Möglichkeiten um . Es kam ab dem Frühjahr 2001 ein klein wenig anders und es begannen die bleiern en Zei ten auf den Arbeitsmärkten. Zude m brach de r Jugendwahn aus, d er ältere Mitarbei tende - so ab Anfan gfMi tte 40 - arn liebs ten per Dekre t ko mplett in den Ruhestand oder zum indes t in deren vo m Staat steue rlich begü nstigten Vorstu fen verabsch iedet hätte. Dann hat sich auch d ies wieder ged reh t. Vere inzelte Vorboten wa ren schon 2005 zu spüren, 2006 sprach ma n bereits von einer Beleb ung des Arbeits ma rktes, 2007 lehnten manche Head hunter soga r wieder Aufträge ab und noc h bis in den Herbs t 2008 konnte m an de r Head line Talen t Manage ment - nu n garniert mit Zusä tzen wie 2.0 oder " nex t generauon" - nich t en tkom men . Im Zuge der urplötzlichen Finanzmarkt krise u nd Abs atzmar ktein brüche hat sich dies d ann mit rasender Gesc hwindigkeit erneut umgekehrt. Man sprach un ter de m Damoklessch wert von Kur za rbeit, Stellenabbau un d Leistungskürzu ngen - au f einmal vom Talent Management in der Krise und meinte damit ein a bsolutes Mini mu m an Einzel -Zuwendu ng sowie ein gelegen tliches Schalten von Al ibi -Anz eigen. Na türl ich wird auch d ies wieder anders werden, bei m Schreiben dieser Ze ilen waren led iglich d er Zeitpunkt u nd d ie erneu te Geschwind igkeit noch nicht klar. Mit reinem Downsizing s teht ein Un ternehmen, wie Ga ndo lfi (2008) in seiner Me taAna lyse zeigt, hinterher m eist sch lechter da al s zu vor: .Uneqotvcc auy, the over all picture of the reported financial effe cts of downsizing is bleak. While a few firms have reported sorne fina ncial lmpr ovements, the majority of su rveyed firm s bave been unable to report improved levels of efficiency, effectiveness, productivit y, and profi tability. (.. .) Nondownslzed firm s financially outperform downsized firms in the short-, medi um -, and lon g-ru n" (Gandolfi 2008: 5). Da s Talent Managemen t kom m t mei stens zum Stills tan d. Hi nzu kommen Nachteile für die verbleibenden Mita rbeitenden (Survivor) im Vergleic h mit den meis ten Ent lassenen, wenn di ese nich t in die Dauerarbeitslosigkei t entgleiten (Victims): Denn die Verbleibenden erfahren we itaus meh r Stress (und d ies über einen längeren Zeitrau m) als d ie Fre igesetzten. Zu dem kommen die materiellen Ressou rcen für d ie Restru ktu rie rung (z. B. Abfindung, Outpl acernen t) zum wei tau s gr öeeren Teil den Entlassene n zu Gute. Hingegen erhalten d ie Überlebenden wenig bis keine Aufmerksamkeit, von einer materiellen Verbesserung einmal ganz abgesehen. Gan dolfi zie ht ein Fazit (2008: 11); "Victi ms who foun d em ploy men t post-downsizing repo rted conside rably more po sitive outcomes than d id em ployees who rem ained in the d ownsized environment. The vlctt ms feit lcwer levels of stress on the [ob, re por ted highe r levels of perceived job control, and exper tenced fewe r negat ive effec ts than the survivors". Abe r sagen Sie dies alles einma l einem CEO/CFO, der ge rade um da s Üb erleb en sei nes Unternehmens kämpft. Er wi rd dies nic ht hören wo llen.
Mart!n Ctaßen und Etke Tlmm
7.4
101
Wer sind diese Talente?
Eigentl ich ist der Begr iff Talent Management schon falsch, denn wi r kennen sie aus d em Sport, der Ku ltur, den Medien : Ewige Talente, die ihre Vorschlusslorbeeren nicht einlösen kon nten. Es sind immer zie mlic h wen ige Leistungs träge r, die tat säch lich etwas bewegen, Projekte auc h fakt isch vo ran bringen und zu dem das Tagesgeschäft Olm Laufen halten. Gesuch t sind desha lb - vor allem and eren - Ergeb nisbr inger im H ier und Jetzt, allenfalls noch im ab sehba ren Mor gen. Wir rufen also hiermi t de n .Destre for tru e perfor mer " au s. Der Ar beitsmarkt wird sich auch noch stärker spalten: Au f der einen Seite d ie Ge fragten aus den Engpassbe reichen. für d ie seitens der Un terne hmen alles (und manchmal soga r noch mehr) getan wi rd und die me istens den Takt vorgeben können. Auf der ande ren Seite d ie Mü ller, Meier, Schu lz, d ie, wenn sie nicht mehr können oder wo llen, zie mlich prob lemlos durch ande re Müller, Meie r, Schulz ausgetauscht we rden. Und wenn sie nich t meh r benötigt werden, dann we rden sie nicht mehr benötig t. Bei diesen Austausch baren, abe r auch nur bei d iesen, bleiben d ie Arbei tgebe r wei ter hin in einer starken Positi on . Das Damo klesschwert von Arbei tslosigkeit und den damit ve rbundene n sozialen, psychisch en und mater iellen Folgen droht vo r allem auf dieser Seite . Die sich da raus ergebenden Spa nn ungen ze igen sich eher im poli tischen Raum als in den Unternehmen selbst , wenn Neidgefühle au f der individue llen Ebene ausgeb lendet werden. Diese Polar isierung in Nachgefragte und Au stauschb are gr eift letz tlich zu kurz. Viele Unternehmen se tzen sich bereits heu te sogar aus mi ndestens sechs Belegsc haftsgru ppen zusam men (vg1. Scholz 2003); (1) "Tru e Performer" in Aus na hmestellu ng. (2) Kern belegscha ft ohne Sonderbehandlung. abe r geringe m Kündigungsdruck. (3) Randbelegscha ft mi t " p rekär em" Beschäftigungsv er hältni s, in befristeter Anstellu ng oder m it hoh em Kü nd igongsd ruck . (4) Zeitarbeitskrä fte als atm ende Belegscho tt zu r Abde ckurig von zeitl ich absehba ren Kapazitätsspitzen. (5) Outsou rcingk räfte als günstige Belegschaft zur Nu tzung ex terner Faktor- u nd Prozesskos ten vorteile. (6) Spezialisten wie etwa Expe rten und Berater zu r Erled igu ng limitierter, kom plexer Projektaufgabe n . Nicht selten verr ichten Vertreter aus d iesen versch ied enen Gruppen ähnliche Tä tig keite n, we rden aber vom Unterneh men untersch ied lich vergütet und behandelt. Ständig au f dem Sp rung sind - ne be n den Schaumschlägern u nd Windmachem einerseits, den Illoyalen un d Bindungslosen an dererseits sowie d en Glüc ksrittern der "global economy " - di e Mitarbeitenden mit einem mittleren Leis tungsniv eau . Ihnen wi rd, zu mindest in ihre r eigenen Wahrnehmung, zu wenig bezahlt, zu wenig gelo bt und zu wenig getraut. Zudem mögen sie in ku rzen Phasen ih rer Karriere zu r Spitze gezählt haben, zeh ren im me r noch von diesen Lorbeeren und leiten weiterh in ihre Ansp rüche h ierv on ab. Die aktue lle Reali tät ist für sie aber dan n doch weniger rosig. Aus diesen Enttäu schu ngen - der Psychologe nennt dies relat ive De privation - wen det sich der Blick nach außen, d ie Lust au f Neues, de r Dran g zu m Ge he n wäc hst. Vor allem bei kosten indu zierten Verände rungs pro zessen mag di e ein oder andere freiwillige Kündigung von den als Abbaupotenzial identifizie rten Ar be itsk räften sogar zu ver ha ltene m Jubel hinter ve rschlossenen Managertüren führen, ersparen sie doch aufwändige Sozial p läne, Aufhebungsverlräge und Abfi ndungs-
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Talent Management - die Kunst liegt in der Umsetzung
pakete. Richtig weh tu n aber die vom Unternehmen nich t intend ierten Eigenkündigungen aus de r Gru ppe d er "True Performer" in Ausnahmestellung. Der von Red nern, Man agern und Jou rnillisten so eingängig zitierte Satz, die besten Mitarbeiten den verließen zu meist als erste d as Unternehmen, ha t in de r bet rieb lichen Realitä t zwar keine 100% Gültigkeit. Das Risiko ist allerdi ngs nich t zu leugnen. Was kö nnte die " True Perfor mer" zum Bleiben bewegen? Sie wollen ih ren Bedürfnissen en tsprechend bed ient we rden. Sonst sind sie weg. Entweder ve rlassen sie d as Untern eh men gleic h ga nz. Oder sie wenden sich unverfäng liche n Aufgaben zu, sie se ilen sich ab, tauchen unter oder ze rri nnen . Au f d er Suche nach den Besten sind zwei Fragebereiche gleichgewichtig zu beachten. Der erste dreht sich u m die Nac hfrage nach dem " True Per former" im Ar beitsma rkt. Wie wird d ie Arbeit morgen aussehen, welc hes Wissen und welche Kom petenzen sin d gefragt, welcher Typus gilt als " in, hip, up to da te"? Der zweite Fragebere ich berüh rt die Nachfrage nach dem "True Per for mer" im Ar beitsmarkt; Welche Erz ieh u ng, En tfalt ung, Einstell unge n besitzen ge rade die junge Generation? Wie wi rkt sich der veränderte Zeitgeist auf d iese Koh orte aus, hin terlassen mögliche r Weise veränderte Soztaltsatlonserfehrungen, Med ienein w irkun gen oder so ns t etwas ihre Spuren? Gib t es eine n grun dlegende n Wertewa ndel als Aufbruch in neue Rich tu ngen? Die klassischen Fragen der älteren Generatio n bei m Blick auf die Jüngere n eben. Zudem: Was bewirke n d ie landläufigen Megatren ds wie etwa Clobattsterung, Demographie, Diversity, Kom plexität und Beschleu nigu ng auf de r ind ividuelle n Ebene? Und wie wird die aktuelle Wirtschaftskri se ih re Spu ren h interl assen ? Denn eines ist offenk und ig: Unt erneh men müssen sich mit ih ren Anforderungen in Folge der für sie immer ungün stigeren Mar ktm acht nicht une rheb lich an die Bed ü rfn isse ihrer Klient el - dem " Tru e Per former " - anpasSt;'n.
7.5
Anforderungen der "True Performer"
Der Wandel vom Anbieter- zum Nachfragemarkt macht deutlich , dass Unterneh men gut da ran tu n, einem ih rer höch ste n Güte r, den "True Performern ", besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Bislang sind dies allzu oft nur Lippe nbekenntnisse, bereits in gu ten und dann noc h mehr in schwierigen Zeiten. Dazu haben w ir ze hn Thesen als mögliche Ansatzpu nkte entwickelt und an an derer Stelle ausführlich besch rieben (vgJ. Claßen 2008: 171 ff.]. 1. Eigenve ran twortung akzeptiere n Der "T rue Performer" sieht sich für sich selbe r ve rantwor tlich. 2. Perspe ktiven aufzeigen De r "True Performer" plant für sich in längeren Zei träu men. 3. Anreize übe rdenken De r "T rue Performer" besi tzt ein ind ividuelles Motivationsprofil. 4. Füh rung verdeutlichen De r "True Performer" e rwar tet Leadership. vo n ganz obe n.
Mart!n Ctaße n und Etke Tlmm
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5. Nestp rämien bieten Der "True Perfor mer" kennt seinen Marktwert und spielt m it ihm . 6. Langeweile ve rmei den Der "True Perfor mer" hasst nichts so sehr w ie den Alltag und Wiederholung. 7. Entspannung er möglichen Der "True Performer" n im m t seine Work-Life-Balance me istens ernst. 8. Extrawü rste br aten De r "True Per former" erwartet das Besondere, d as Einm alige, für sich. 9. Leiden schaft wecken Der "True Performer" möc hte entflam mt werden, Energie erh alte n. 10. Untersch iede eingrenzen Der" True Pe rformer" möch te bei alledem nich t aus dem Rahmen fallen. Die Untern ehm en ge raten aufgrund dieser hoh en An forderungen in ein massi ves D ilemma, denn die " True Performer" sp rengen so man ches Geschäftsmodell. Zum einen bewegt sich d ie Anreizspirale fü r bestim mte Segmente imme r schneller, höhe r, teu rer . Interessante Kan didaten aus diesen Nad elöhren lassen sich nu r noch dann zu r Unterschrift u nter einen neuen Arbeitsvertrag bitten, wenn do rt eine größere Za hl steht, eine bedeutendere Rolle, ein höhe rer Sta tus sowie weitere additive An nehmlichkeiten, ohne die es heule nich t meh r geht. Auf der an deren Seite ble ibt d en Unterne hmen ga r nich ts ande res üb rig. Ausgangspunkt fü r ih re Wachst um s- und Inno vationsziele ist es, einen pe rmanen ten Zufluss an Spitzenleu ten sicherzustellen und einen minimalen Abgang der "True Performer" zu zulassen. Es komm t abe r noch teu rer. D ie höhe ren Kosten der neuen Mita rbeitenden werden d urch di e ein maligen Kosten der Personalbeschaffu ng aufgestockt : In Engpass bereichen geh t ohne Headhun ter gar nichts mehr (pl us 30% des Jahressalä rs; bei Top- Posi tionen deu tlich mehr). Für das .Dnboard tng" bis zu r vollen Wirksa mkeit ver anschl agen Experten nich t nur d as War mlaufen in den "ersten 100 Tagen", so nd ern se tzen im Durchsch nitt 15 Mona te an (p lus 125% des Jahressalär s). Nich t jeder Neue kom m t mi t d en Aufgaben und Umständen bei seinem neuen Ar be itgeber zurecht un d verl ässt diesen bereits wä hren d de r Probezeit oder kurze Zeit danach (p lus 50 bis 150% des Jahressalärs). Zudem ist jede neu e Füh rungskr aft eine kleine Transformation an sich, stopp t sie doch meist erst einm al die laufenden Projekte, u m ein " Risiko-Assessmen t" u nd eine " Baseline für den eigenen Meh rwe rt" d urchzu führen . Sie beäugt für längere Zeit ih re bislang unbe kann ten Mitarbeitend en, um die Gu ten von den Ande ren n icht nur auf Basis deren Selbstd arste llun g. sond em von Erge bnissen u nterscheiden zu kön nen . Viele Füh rungskräfte zie hen zudem zur Vermeidung von Start - und Kulturproblemen ih re eng sten Bud d ies aus de m alten Unter nehmen nac h. Mit den alten Vertrauten fremdelt es sich weniger, was jedoch weitere Unkosten der Bescha ffung un d Verzögerungen d er Wirksam ke it mi t sich bringt. Nicht alle Geschäftsmodelle werden vor dem H intergru nd all dieser d irek ten u nd indirekten, einmaligen u nd laufenden Kostenblöcke aufgehen. Mit Blick auf d ie d emog raph ische
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Talent Management - die Kunst liegt in der Umsetzung
Entwicklu ng - be i gleichzeitig nich t nachlassenden Erwar tun gen der Finanzwelt an di e Wachstum sp fade der Unte rne hm en - ist viel eher d ie Verschär fung im .Destre fO T Tru e Performer" als di e erneu te Umd rehung der Gewich te im Arbeitsmarkt für Leistungs- und Po tenz ialträger zu erwarten. Die Krise bietet d a nu r eine kurze Pause zum Ate m ho len. Das Ren nen geh t d ana ch unve rmi ndert weiter.
7.6
Die Kunst der Umsetzung
Da das Rennen u m die " True Per for mer " - Krise hin oder Kr ise her - unvermindert weitergeht un d Talent Manageme nt ein Muss lind keine Option ist richt en w ir den Blick nu n also auf dessen Umse tzu ng. Dieses Rennen gleicht dabei allerdings vielmehr einem Mar athon als eine m 100 Meter Sp rint . Ausdauer, Taktik u nd Präzision sind gefrag t. Doch nich t alle Unterneh men bri lliere n hierbei. Die Programme, die in vielen Un terneh men zu m Ta lent Management aufge setzt worden sind, erheben nich t selten den Ans p ruch, integr iert u nd holistisch sowie berelchs- und länderü be rgreifend gül tig zu sein . Es sche int zude m verlockend, bewahrte oder hoc hglanzschi1lernde Ansätze andere r Untern ehm en zu übe rnehm en. Doch erfolgreich ist jener, der vor allem eines zufrieden stellt: Die realen Bedürfnisse des eigenen Untern ehm ens. Vor d er Umsetzung vo n Initiativen zu m Talent Management sollten da he r fünf Filter angelegt werden (vgl. Claßen 2008: 223 H.). Dabei arbeiten wi r im Folgenden nicht nu r mit Lösungen , sondern au ch mit Leitfragen : 1. Stra tegisc he r Filter: Passt Talent Man agement in unsere Stra teg ie?
2. Subs tanzi eller Filter: Brauchen wir einzelne Ta len t Management Maß na hmen überhaupt (z. B. ein Leadership Developrnent Program m)? 3. Ökonom ischer Filter: Rech net sich das Ganze? Was ist der Meh rwe rt des Talent Managements? 4. Recht licher Filter : Gibt es arbeits rechtl iche Limitationen für einzelne Ta lent Management Maßnah men ? 5. Norm ativer Filter: Passen die einzelnen Ta lent Mana geme nt Magnah men zu unseren Werten ? Ge rade die ersten d rei Filte r we rden in Untern ehmen - das ze igen die Erstgespräche zu Projekten imm er wieder - nur halbherzig beantwo rtet. Die Maßnah men zum .Employer Brand ing" od er Init iativen zur Füh rungskräfteentwicklu ng sind derweil scho n m al au f den Weg gebrach t. Welches ist jedoc h die spezifische Zielgruppe, di e anges pro chen oder geförder t werden soll? Sind es Füh rungsk räfte und Nachwuchskrä fte im Allgem einen ? Oder doch eine kleine Elite im Unternehmen, die 5% "True Per for mer ", we lche im Fokus ste hen? Wie werden di ese " True Per former" identifiziert ? Was sind ihre Bed ü rfnisse, ihre Einste llung, ihre Entfa ltungswünsche? Sind d ie .Leadership De velopment Programm e"
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Mart!n Ctaßen und Etke Tlmm
m it dem Schwerpunkt Persönlichkeitsen twicklung passend, um die Fäh igkeiten, d ie das Unte rnehmen zu künftig so nötig braucht, ausz ubilde n? An we lchen Kennzahlen mac hen Entschelder und Umsetzer den Erfolg der Maßnahmen fest? Es geh t also um d ie Frage der Passu ng und Zielgenauigkeit bei de r Umsetzung . Schne ll ge raten Talent Management Initiativen zu kom plex, sind Prio ritä ten unkla r gesetzt oder es lassen sich Ergebnisse von Maßnahmen nicht quanti fizieren. Na tür lich bezweifelt nie ma nd, d ass Talent Management an sich wichtig ist und hier etwas getan we rden mu ss aber kann d ies bi tteschön n icht auf das näc hs te Halbjah r ve rschoben werden? warum jetzt Zeit und Ressourcen investieren, wenn Ziel und Nutzen nich t klar auf d em Tisch liegen? Die " Pain Poin ts" des Talent Managements stecken also genau hier: mangelnde Uni setzungsstä rke, kaum messbare Ergebn isse, fehlende strategische Vera nkerung. zu hohe Komp lexität un d ein zu geringes Com m üment in de n Fachbereichen respektive bei de r Linie (vgl. Abbi ldu ng 7.1), Abbildung 7 .1
Die Kunst der Umsetzung : Pain Points im Talent Management
Paln Poin ts Um ....tzungsstllirke " lnadaqua!e umsetzung d urch HR • .Entscheidungss!",," und .Endlos-Schle1fen ' MelISba,.. E' gebnl$Se " Ke1nmessbarer Output • .Mangelnde. S""ioess Nutzen" Str at"ll i oche Verank.,.ung • Kein Ur* ZU slra legischer Personalp ........... " .me besten Leule in felschenProjekl",," Komplexllllt • Fetlfen<je Priorita!ensetzung · .Wo langen wir anT Commitment "Mangelndes Commitmen[ de< Unie • .Keine Zeit, keine Ressou",en"
Folgen
C
G."inl/* Per!o . mar'M;(l d.,. Talentel Mitarbeiter
C
ZUfällig e l denb fika tlo n von Tale nten
(
Lang ... Vorlauf z ur Besetzung kritisch.,. Positionen
C
Verb esserungswiirdlge Mila. beilefb lndu"ll
C
Unbekannter ROI filr Tale nte-Entwic klung
~
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" B"II ,.. nz\fl Produkt lvi tllit " Keine_ tive Nutzung von Talenlen bzw. ih,..n Fähi gkel\fl n " B"II",nz\fl Wirkung auf die Nachfolgeplanung und Fii hrungskrilifl e. entwicklung " limitierter Zugang zu Tal en\fl n aul dem Markt
Dabei ist die Lugik rech t einfach: Gesch ieht die Identifikation von Talent en systematisch nach de finierten, nachvollziehbaren Krite rien und nicht zufällig? Hat die Besetzu ng von Schlüsselfun ktio nen oberste Prioritä t bei de m Hu man Resoutces Man agemen t und verliert sich nicht in eine m politisch motivierten Entsch etdungsstau? Sind Inhalte des Talent Management Program ms d irekt im beru flichen Alltag anwend bar? Schläg t sich dies in einem monetären N utzen für d as Unt ernehm en nieder. Welches sind daher die Stellschra uben, an denen das Huma n Resources Management drehen muss, um Talent Management erfolgreich zu milchen?
Talent Management - die Kunst liegt in der Umset zung
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Das Rennen um die Gold medaille wi rd das H uman Resoutces Management nicht allein gewinnen. Zwar kann und muss die Personalabtei lun g Maßnahmen im "E m ploye r Branding", Werkzeuge und Konzepte zur Führungskräfteen tw icklung, Vergütungsstrategie od er strateg ischen Personalplanung allei n auf den Weg b ringen . Sie ve rpuffen jedoch ohne ihre Veranke rung in de r Linie. Denn die Fachabteilungen selbs t sind es, welch e di e größte Nähe zu den "True Performern" au fweisen - in tern wie extern. Fachliche Coachfngs, "Thoug ht Leed er shtp" (im Sinne von marktführend em De nken), Innovationen - all d ies lässt sich ein facher vo n Spez ialist zu Spe zialist besprechen . Feste Bindu ngen zu knüp fen, ist fü r di e Per sonalabt eilung nu r schw er möglich . Ihr steh t hingegen die Rolle des Coachs und Moderator s zu, de r d ie Prozesse, Abläu fe, Tools und Regeln im Sp iel vor gibt (vgl. Abbild ung 7.2). Abbild ung 7.2
Rollen im TaLent Management : Human Resocrces Management und Business
HR-Ro lle
Busin es s·Roll e
Coach und Partn er
Fonn er u nd Förd e",. von TalenMn
• Uef er1maßgeschoeider1e Methodenl.Od Konzep1e zum Tale
• Selz! gerneins...,.,mit HR T1IIOO ManagemenlAkH" itäten um. z. B. Pel1o ""..-.::...R"" ......., fllachfolgepl""-"'9
• lInl ......lOlZI das Business b" d"'Förd erung "on Tamten, "",anlwon", Metriken
z. B. Performancooa ten und HR·
• Sp"chr die .Sprache" des Business o.ndMagler1 auf die Anforderungen der
uee
• ErnscMder und """,n""",net di" ldenl nikalion und Po sitionierung "on Talenfen in der OI9 aoisation bzw. d", Ab teilung • m piriert, moH"iede
HR-Ex pertl ....
Bu.I n......E.pertl....
• Versteht die Ent'o'Acklungeo auf dem interneo und externen Arbe~sma'U, besonders In (poten2lell) l.O"lleeselZlen Bereichen. kalkulier1z. B. S",,",,"os . "erfolg t Abgangsra ren
• Frag1und lonler! die .passeo
• EnI'o'Arf t Model iezur Kame...- o.nd "' ''''Ilf olgepl........g
• NUlZl fachliche Expenise und Einfluss und Posi tionterur.g "on TalOOen
ZU"
Fönlerung
• V-'twon", Talent Management-RepOrling o.nd • Controlling
Berät u nd treibt voran
Entscheidet un d se tzt um
Eine Befragun g un ter Hum an Resocrces Ent scheid ungsträgem bestätigt d ie aufgezeigten, notwend igen Ans atz punk te für ein ve rbess ertes Talen t Management (vg l. CLC 2008); 92% d er befra gten Human Resources Vorstände sehe n es als äu ßerst wichtig an , d ie Effektivität der Lin ie in Talent Mana gement Aktivitäten zu erhöhen. w ettere To p-Priorität hat die Quanlifizierung von Talen t Management Maßna hmen (81%) sow ie eine enge Verzahn ung mit de r strateg ischen Per sonalplanung (79%). Ein Human Resou rces Vor sland 'lUS dem Pharmabereirh f'lßt zusam men; "I've bu ill new programs, created new tools, and provided ne w tra ini ng. Now it's our job in Hu man Resources Man agem en t 10 ge t business leaders 10 ge t the job done". Es geh t also da rum, das Business zu befähigen, wäh rend H uman Reso u rces Man agement - und d as isl die weitere H ürde, d ie es zu neh men gill - dafür Sorge
Mart !n Ctaßen und Elke Tl mm
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trägt, welc he Themen im Talent Managem ent he rausz ug reife n un d je na ch Reifegr ad des Unternehmens einzuführen und zu begleiten sind . Beispiel Handelsunternehmen. Ein m ittelständ isches Hand els untern ehmen investiert berei ts sei t Jahren in d ie Ausb ild ung seiner Führu ngs krä fte in der Zentrale sowie den Märkten. Im Rahmen der Einführu ng vo n Ta lent Management we rden nun Programme zur Entwicklung der Nachwuchs(füh rungs) kräfte und " True Performer" ausgeroll t. Die Verantwor tung zur Iden tifikat ion der "Tru e Per former " liegt in den Fachbe reichen bzw . Mär kten. Das Profil ist von der Hum an Resou rces Abtei lung klar form uliert u nd vo rgegeben. De n Fachbereichen fällt es nun leich ter, Talente zu benennen und die wac hsende Nachwuchs-Lücke sel bs t von un ten zu schließen. Beispiel Softwareentwickler: Das Un terneh men hat eine lange H istorie, was d ie Entw icklung und Förder ung von Mitarbeit ern ang eht. Basis hierfü r bilden du rchgängige Karrieremodelle und ein det ailliertes Kompetenzmanagement. Um zielgerichteter vo rhersagen zu können, wo sich zu künftig pe rsonelle Engpässe ergeben, ha t die Hu man Resoutces Abteilung - unter Berücksich tigu ng intern er und externer Marktbed ingungen sowie dem jäh rlichen Geschäftsplan - einen Prozess zu r stra tegisc hen Persona lplanung aufgesetzt, de r die quanti tative und qu alitative Verfügbarkelt von Arbeitskräften einschätzt. Im Ergebnis essen tiell w ichtige In form ationen für d ie Fachbereiche, die hierauf ihre Bed arfe an Rekr uue ru ng, Nachfolge planung und En twicklung einzelner Kompetenz en aus richten. And ers verhält sich d ie Umsetzung von Talent Manage men t in der Krise. H ier sind d ie zuvor genannten fünf Filte rfragen - in abgewandelte r Form - angebracht: Was ist d ie Strategie de r Restru ktu rierung? Wie star k werden Förd erprog rcmme zurückgefa hren? Welche Komm unikationsstrategie wi rd eingeschlagen? Was bringt eine Reduzie rung von Talent Managem ent Maßnahm en an Vor- und Nachtellen für das Unterneh men? Die Cratwanderung zwischen Zukunftssiche rung und Über lebensfähigkelt. die viele Unterne hmen derzei t ge he n, überträgt sich auc h auf das Talent Man agement in vo llem Aus maß. Man d arf es keinesfall s austrocknen oder soga r abs terben lassen . In Zeiten vo n Rest rukturlerunge n müssen Leistungs- und Potenzialträger bekannt sein, u m sie - be ispielsweise mitt els Kommuni kat ion VO ll Perspektiven - an d as Unternehmen binden zu können. Kom m t es im Unternehmen zu Personalabbnu, droh t d ie Gefa hr, au ch Leistungs- und Potenzialträger im Rahmen eines an anderen Aspekten als " Perfonnance" ausgerichteten Sozial plans abbauen zu m üssen. Ein fairer Personalabba up rozess. der in se ine n {un ausw eichlichen) Entscheid ungen nac hvollziehba r fü r d ie Beschä ftigten ist, das Füh ren von Tre nnu ngsgespräche n und d as Einge hen au f Emotionen de r Mitarbeitenden sin d d as A und 0 d ieses Einsc hn itts . Die zurückbleibenden Mitarbeitenden (d ies gilt für alle, nich t nur die Potenzialt räger ) müssen mit veränderten Teamkonstella tionen umgehen, Neuorien tie rung in de r O rganisation gewinnen und m it Verl usten um gehen. Ein Neuanfang ist mit hohen Kraftanst rengungen verbunden. Sind die Leistungsträger noch im Untern eh men , gilt auc h hier, diese schnell über Entscheidungen und Richt u ngswechsel des Unternehmens zu inform ieren: Hält das Un ternehmen an den Versprechu ngen von einst fest? Welche neuen Aufgaben könnten relevant we rden? was ist zwischenzeitlich anders geworden?
Talent Management - die Kunst liegt in der Umsetzung
108
7.7
Exemplarisches Umsetzungsvorgehen als Konsequenz
Zu eine r erfo lgreic hen Umsetzu ng gehört, dass Ziele und Akt ivitä ten von Talen t Man agement klar ausge rich tet un d gesc hä rft sei n müssen, u m diese m it Nac hdru ck voran zu br ingen. Ein vo ll in tegriertes Ta len t Man agement w ird in de n wen igsten Un ternehmen ad hoc zu realis ieren sein, es geht zunächs t darum, einzelne Bereiche gut aufzusetzen bzw . auszu bauen. Die von Cap ge m ini Consu lting d urchgefüh rten Projekte ru nd u m d as Talent Man agem ent unterliegen im Wese ntliche n eine r vierstufigen Logik (vgl. Abbildung 7.3). Gru ndsätzl ich we rden vier Module unterschieden, die im Projek t n icht notwen d igerweise aufeina nd er au fbau en müssen, so ndern auc h eigenständig (stand -alone) d u rchgeführt werden könn en. Abbildung 7.3
Capgemini ConsuLting Ansatz
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Schli rfe n Ein Schärfen d er Zi ele und Strategie Isl un erläss li ch , um die Performan<:e d es Talenl Man ag emenls zu erhö he n .
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Erlangung voo Transparenz Oberden Sial"" Cuo voo Talent Management Def,nition einer Zukunftsvis.ion
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Forcieren Den Bl ick forcieren - auf Pro zess e. S!rukluren l o w le d eren Umse tzu ng , um d as Bu sine ss opllma l da bel : u u nler$tUtze n, bessere Erg eb ni sse Im Talen! Managemen! zu erz ie le n,
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AUs.richtUng der Talent Management' Slrukiu ren Und PrwßSSoe a~ e e gescMftlidlen Hera"" Iorde
~ Unterstützung der linie be; TalentManagement und ~ FD<deruog des unt......mrr'lllOSlntemeo Auslausehs
Modul 1: Status Quo und Zukunft svision ("Den Diamant en finden") Z iel des Mod uls ist es, Trans parenz über de n Sta tus Qua zu m Talent Managemen t im betreffenden Unt ern ehmen zu erhalten. Dies geschieht im Wesen tlichen übe r di e Filter, die wei ter oben im Te xt bereits vorgeste llt wu rden: Welche Prozesse, Elemen te, Strukturen existieren be reits? Wie entsprechen die se der Stra tegie des Un ternehmens? Welche konkreten Fähigke iten sind für den Un ternehm enserfolg en tschei dend? Unterscheiden sich die geforde rten Fähigkeiten fü r das Stammhau s von denen der Töch ter ? Welche PerformanceErwartu ngen ha t m an an einzelne Funktionen ? Gibt es Bereiche, von denen in den nächsten fü nf Jahren einen besonde ren " Imp act" erwar tet w ird? Wie kann Talen t Managemen t d azu be itragen, di ese Erwa rtungen zu erfüllen? Es geht som it dar u m, bestehende Kon zepte, Ken nzahlen und Prozesse zu bewerten, diese vo r d em H intergru nd zu künftige r Unter-
Mart!n Ctaße n und Elke Tlmm
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nehrnensarnbitionen [z. B. Wachs tum, Innovation, Internationa lisierung) zu schärfen und die Talen t Management Aktivitä ten zu (re-jfokussieren.
Modul 2: Business Nutzen und Strategie ("Den Wert des Diamanten schätzen ") Un mittelbar mit de r (Re-)Fok ussieru ng des Talent Management Programms h ängt d ie Quantifizierung de r Ergebnisse zusammen . Den N utzen einzelner Maßnah men zu bewerten, ist er klär tes Ziel. Na tür lich ist es deutlich einfacher, den Wer t und Nu tzen einer Prod uktpalette oder einer Anlageninvestition zu bestim men als den einer Trainingsmaßnahme od er eines Entw icklungsprogram ms. Dennoch gehört es he u te zur Pflicht des Talent Manage ments, d ie Stellhebel einzel ner Maßna hmen zu ve rstehen un d d ie Wirku ngskeue anhand von Kennzahlen (möglichst vollständ ig) darstellen zu können. Kern ergebnis dieses Mod uls ist das Talent Cockp it, ein Daten report, in dem die essentiellen Talent Management-Kenn zahlen konsolid ier t da rgestellt werden.
Modul 3: Struktu r und Pr ozess (" Den Diamanten schleife n" ) Sind Strate gie, Lösung und Nutzen defi niert sowie die Umsetzung auf den Weg gebracht geht es da rum, d as Beste aus diesen Maßnah men he rausz uholen. Der Blick über den Tellerrand zu anderen Unte rneh men hi lft zu verstehen, wie andere ih re "Talent Pipeline" op timieren, die zukünftige Ver fügbarkelt von Fachkräften einschä tzen oder ihre Nac hfolgeplanung aufbauen. Darüber hinaus bri ngen un temehme nsinterne Vergleiche oder de r persönliche Erfahr ungsaustausch Klar heit d arüb er, wie Maßnahmen in einem Unternehmen mit unte rschiedl ichem Erfolg angewendet we rd en. Zie l dieses Mod uls ist es also, bereits etablie rte Prozesse u nd Struktu ren effizienter und wir ksamer zu gestalten.
Modul 4: Umset zung und Ergebnisse (" Den Diamanten tra gen" ) D ie Bedeutung der Einbindung und Befäh igung des Business im Talent Management haben wir berei ts deu tlich gemach t. Sie ist Gegenstand des vier ten Moduls. Die Einb indu ng beginnt da mit, die Füh rungskräft e zu identifizieren, die eine tragende Rolle im Talen t Management Prozess spie len. Die Befäh igu ng kann sowoh l über d as H andeln erfolgen , als auc h in Coachings, Trainings oder Net zwerken . Ziel des Mod uls ist es - ähnlich wie bei einem Audit - mit Fühnmgskräften gemeinsam d ie Talent Management Initiat iven zu be werten und zu kont rollieren. Es ge ht darum , Feed back von Füh rungskräften zu erzie lten Ergebni sse n einzuholen, um im Nachgang da s Gesam tp rog ramm besser steuern und anpassen zu können . Was sind kritische Situationen, die bei der Umsetzung der Maßnah men in de r Linie aufge kommen sind ? Wie soll h ier zu kün ftig ve rfahren we rden? Wo gab es Erfolge, wo Rücksch läge? Mit d iesem Modul wird fü r die Fachbereiche eine Hilfe zur Selbsth ilfe etabliert. Ver schwiegen werden sollte hier aber au ch nicht, dass insbesondere diese s Modul auch die Rolle und Aufgabe von Hu man Resou rces Man agem ent bei Talen t Management sich tbar u nd bewusst werden lässt. Denn hier ze igt sich am klarsten, welche Maßnahmen, welches Coach mg, welches Gegensteuern fun kt ionie rt und welches nicht. Die Kunst de r Umsetzung liegt eben in der Umsetzu ngsstärke beider Seiten.
110
Talent Management - die Kunst liegt in der Umsetzung
Quellenverzeichnis CLAllEN, MART1:-J (2008): Change Manage men t akt iv gestalten: Pe rso na lmanager als Architekten des wandels, Köln 200lt CORI'ORATE LEAlJERSHll' COUNCIL (CLC) (2008): Creating Ta lent Champions (Volume I). Profiles o f Successful Business Leaders: A Quantitative Analysis, Washington D'C. 2008. GANIXJLfl, FRANCO (2008 ): Lee m tng from the Pa sl - Downsizi ng Lessons fo r Manag e rs. In: Journal of Management Research , 8. Jg. 2008, Nr. 1, S. 3-17. ScHü LZ, C HRISTIA"" (2003 ): Spieler mi t Stammplatzgarantie: Darwiportunismus in der neue n Arbeitswelt, Wei nheim 2003.
8
Talent Management beim älteren Kader
Die Schweizerische Post Thunms Brönnimmm
8.1
1111.1
Marklls Hämmerte
Einleitung
Zum besseren Vers tändnis der Instrumen te, die im Talent Management der Schw eizerischen Pos t zu m Einsatz gelangen, stellt di eses Praxisbe is piel zunächst d as Un ternehmen und seine Besonderheiten vor . Darau f au fbaue nd we rden d ie Anforderu ngen, d ie bei der ehemaligen PTf an die Führungsk räfte ges tellt wurden, den aktuellen Erwa rtungen an Kade r und Mita rbe itende gegenübergestellt. De r Kultu rw andel. den das neue Anforderungsproftl verlangt, und d ie Herausforderu ngen der Demographie bestimmen die Au sgestaltung d es Talent Manage ments bei der Post.
Die Post definiert Talent Mana gement umfassend. Zahl reiche Instrumen te des Talent Managements erzielen sowohl bei den Mitarbeitend en als auch bei den Führungskräften Wir kung. Der Beitrag stellt die heute bei der Post an gewandten und gegenw ärtig in Evalu ation stehenden Instru mente vor. Diese Instrumente finden in d er Regel nicht ausschlie sslich fü r die Füh ru ngskräfte 50plus Verwendung, we rden jed och hi nsichtlich der Ausgestaltung bei diese r Gruppe von Kade rangehö rige n thematisiert. Dabei wi rd au f da s Spannu ngsfeld zwi schen den Erfordernissen der Oegenwort LInd noch vorhandenen Tendenzen beim Postkader eingegangen, die mit Kenntnis der jün geren Vergangenheit des Unternehmens verständlich werden.
8.2
Die Schweizerische Post
8.2. 1
Unternehmen i m raschen Wande l
Die Schwe izerische Post transpo rtiert Briefe und Pakete, befö rdert Passagiere und bietet Za hlungsverkehr an . An einem Arbeit stag bewegt sie durchschni ttlich 15 Mio. Briefe, 500'000 Pakete, 300'000 Per sonen und führt 3 Mio. Zahlungen aus. 2008 setzte die Pos t rund 9 Mrd . CH F um und erwirtschaftete einen Konze rngewinn von etwas über 800 Mio. CH F. Die Post umfasst d ie Konze rnbereiche PostMail, Post Logistics, Swiss Post lntemattonal, Stra tegische Kunden u nd Lösu ngen, Poststellen und Verkauf, PostAuto, Post Finance und diverse Tochtergese llschaften.
112
Talent Management beim älteren Kader
Seit meh r als ze hn Jahren ist di e Post einem star ken Wandel u nterworfe n. Wichtigt' Tre ibe r d afü r sind die Marktö ffnung de r Post di enstle ist ungen und die In tern ationalisieru ng des Pos tgesch äfts. Seit Jul i 2009, m it d er Sen kung de r Monopolgrenze für Briefe auf 50 Gramm, erwirtschaft et die Post 90% ihres Ertrags im freien Wettbewerb. Vor diese m Zeit punk t waren es ebenfalls bereits 80% ihres Umsatzes, den die Post unter Konkurrenzbe d ingungen erzielte. Mit der Mar ktöffnung m usste die Post lerne n, au f ihre Kunden zu hö ren, knap p zu kalk ulieren und ihre Prozesse zu straffen.
Die Märkte, in denen die Post präsent ist, machen nicht halt an den Landesgrenzen und sind zunehmend global vernetzt. Grosskunden, die na tio nal wie in ternational tätig sind, verlangen nac h weltweit einse tzbaren Lösungen. Dies komm t der Post entgegen: Cezieltes Wachstu m im Auslan d trägt dazu bei, die rückläufigen Mengen im inländ ischen Briefu nd Pake tgeschäft auszugleichen und d en Konzern als Ganzes zu stär ke n. Die Auslanda ktivitäten der Post machen heute 20% des Gesamtumsatzes aus, mit steigender Tendenz. Im gr enzü be rschreitenden Briefmark t ist die Schweizer Post we ltweit die Nummer fünf.
8.2.2
Verankert in der Bevölkerung
Im Aus land sind d as gute Image der Schweizerischen Post und d as, was mit "Swissness" umsch rieben werden ka nn, ein wich tiger Vorteil geg enü ber Mitbewerbe rn. Die Marke Swiss Pos t steht fü r Zuverlässigke it, hohe Qu alität und Bereitscha ft zu Sp itzenleistungen. Im Inland ist die Post ein Stück Schweiz. Sie ist landesweit p räse nt, mi t dem d ichtesten Poststellennetz der Welt. Die auch international ane rkann ten Leistungen der Post ge hören zu den Standortvorteilen der Schweiz un d bes timmen d ie Lebe nsqualität wesen tlich mi t. Der Verso rgungsauftrag des Parlamen ts bedeu tet für die Pos t auch soziale Verant wor tung. 50 bietet sie beispielsweise 10'000 Arbe itsplätze in den Rand regionen d er Schweiz an. Die Bevölkerung identi fiziert sich m it ihre r Post u nd fühlt sich m it ihr emo tional ve rbunden. Was einem etwas bedeutet, gibt bei Veränd erungen Anlass zu in tens ive r Auseinanderse tzung. Je nach Einschätzung des Nutzens einer Verä nderu ng erfolgt Unte rstützu ng oder es regt sich Widersta nd. Trifft d ie Post z. B. Stando rtentscheide bei den Poststellen, mel den häufig verschiedenste Körperscha ften un d Interessengrup pe n Beden ken an (Kantone, Gemeinden, Gewerksch aften usw.]. Entgegen den Verhä ltnissen im Markt wird die Post von der Bevölke ru ng unverändert als Monopolistin wahrgenommen, nicht jedoch als das bre itgefäc her te Untern ehmen, das ausser einem Restmonopo lbe reich bei der Briefpo st - volls tändig de r Kon kurrenz ausgesetzt ist. Auc h ist sich die Bevölke rung oft nich t bewusst, in welchem Ausrnass Geschäftskunden den Erfolg der Post bestimmen: Mit ihnen erwi rtschaftet die Pos t beispielsweise d en gröss ten Teil ihres Ertrags bei den traditi onellen Post d ienstleistu ngen (Briefe, Pakete, Zahlungsverkehr, Person entran s pe ru. Von g rosser Bedeut ung sind h ier d ie 200 gröss ten Kunden, auf welche d ie H älfte des gesamten Gesch äftsku ndenertrags en tfällt.
Tnomas Brönnimann und Markus Hämmerte
8.3
Herausforderungen für das Kader
8.3. 1
Personalwirtschaftlic he Situation und Entwic klung
113
Mit 52'000 Mitarbeitend en in der Schweiz ist die Pos t der zwettgröss te Schweizer Arbe itgebe r. Die Mitarbe iten den der Post zeichnen sich d urch eine hohe Identifikat ion mit dem Un terne hmen au s. N icht selten ar beiten "Pöstleri nnen" und " Pös tler" bereits in d er d rillen oder vierten Generation für d ie Unternehmung. Die g rössten Fun ktionsgru ppen bi lden das Zustellpersonal. das Sortie rperso nal u nd d as Ver kau fspersonal der Poststellen. Besonders diese drei Kategorien von Mitarbe iten den waren in jüngster Vergangenh eit von tiefg reifen den Veränderungen betroffen. Reor ganisationen als Folge der Anpassung an den Markt werden auch in Zu kunft nö tig bleiben. Die Post wird da bei wei ter hin alles d aran setzen, Künd igu ngen aus wi rtscha ftlichen Grü nden zu vermeiden. Teil der dazu no twendigen Ans trengungen bilden Program me, mit denen die Post d ie interne und ex terne Arbeitsma rktfä higkeit de r Mitar beitend en förd ert, d ie über eine Mo no polausbild ung ve rfügen (z. B. ehemalige Pos tbe am te). Die Program me zur Förderung der Arbeitsma rktfä hig keit enthalten allerdings auch di e Botschaft, d ass die Post ihren Angestellten ke ine absolute Arbeitsp latzgarantie bieten kann . Gewisse Mita rbe itende fühle n sich vo n de r mit diesen Programmen ver bu ndenen Auffo rde rung, in grösserem Um fang Neues zu lernen, bedroht oder zumindest bedrängt.
8.3.2
Frühere Anforde r ungen
Vor der Tran sformation der Post zum modernen, intern at ionalen Mischk onzern w ar d ie d ama lige rIT ein Bundesbet rie b m it einer stark hierarchisch geprägten Fü hrungs kul tu r alter Schu le. Die Anweisungen erfolg ten auf der Grund lage von Sachinstru rnenten, ins besonde re gestü tzt auf das Beamtengesetz und seine zahlreichen Ausfüh rungs vo rschritten. Vieles wa r festgelegt, der vorhande ne Führungsspielrau m wa r klein und eigen tliche Führungsentschei de mussten selten gefä llt we rden. Ein modernes Kundenverständnis existierte nic ht, wegleiten d waren die internen Vorgabe n und d iejenigen de r vorgeset zten poli tischen Behö rden. Die Laufbahn bei der Post begann in der Regel mit der Ausbild ung zum Postbeamten im Scha lter- od er Zustellbe tr ieb oder m it dem Einstieg als Betriebssekretär aufgru nd einer vo rausgehen den postspezifischen Ausbildung. Die Kar rierewege waren durchstrukturiert, d as Erklimmen der hie rarchis chen Leiter war überscheu- und planbar. Stellen w urden selten extern besetzt.
8.3.3
Aktuelle Situation
And ers als zur Zeit de s PlT-Bu ndesbetriebs bewegt sich d ie Post heu te in einem immer d yn am ischeren Um feld. Dies verl angt Anpassungsvermögen und Innov ation sk raft. Die Post hat die Au fgabe , vollständig wettbewerbsfähig zu werden. Gleic hzei tig will sie eine soz ialve rantwortliche Ar beitgeberin bleibe n. Von einer Fü hrungskraft w ird heu te bei der
114
Talent Management beim älteren Kader
Post erwartet, dass sie den Wand el akt iv ges tal tet und den Erfolg gemeinsam mit ih ren Mitarbeit enden erreicht. Die Füh rungs kra ft schafft Meh rwert für die Kundschaft und d as Unternehmen, indem sie nac h den Regeln d er Mar ktwi rtsc haft ha ndel t, au f Kundenbedü rfnisse ergebn isorientie rt einge ht und für den Geschäftserfolg wichtige Kund schaft an d ie Post bindet. Es w ird da vo n ausgegangen, dass eine Füh ru ngskraft der Post ihre Leistung effizient und m it überlegtem Mitteleinsalz erbringt, schne lle Lösungen übertriebener Per fektion vorzieht und qualitativ so gu t arbeitet, dass es sich bezahlt macht. Sie ha ndelt eigen vera nt wortlich, indem sie ihre Freiräu me un ternehmerisch nu tzt, auch Risike n einge ht, mu tig Ent sch eide fällt und diese verant wor tet. Ein grosser Te il des m ittleren und u nteren Kad ers w ur de du rch d iese r euen Erwartungen geforder t, tei lwe ise überfordert. N ach einer langen Ze it der Beständ igkeit erfolgte de r Wechsel vom stabilen Bun des be trieb hin zum Unternehmen, das flexibel im Markt agieren muss, für viele Kader sehr schnell. Nicht mehr d as genau definierte Dienen und dessen Übe rwachen stehen im Vorde rg rund, sondern strategische Analyse u nd situatives Ein gehen auf die Bed ü rfnisse des Kunden, mit raschen An passurigen au f der orgenisarortsche n Ebene des Untern ehmens,
8.4
Talent Management und Demographie
8.4. 1
Talent Management bei der Post
Die Post d efiniert Talent Manageme nt umfassend . Grundz iel ist es, d ie Mitarbe itende n zu fördern und die rich tige Per son Ol m richti gen O rt einzusetzen . Dies en tspricht de m brei ten Verständnis des Talent Managements, da s sich heu te - insbesondere in de r Wissenschaft d urchzusetzen begi nn t (vg l. z. B. Ul rich 2008: 34 f.; Wu nderer 2008: 12). Die Post unt erlegt ihre m Talent Management eine ganze Reihe von Programmen, die sich an alle Mitarbe itend en rich ten. Mit diesem wei t gefassten Ansatz u mfass t Talen t Manageme nt im Personalmanagement-System de r Post d ie Prozesskette von d er Personalre kru tie rung bis zur Mita rbei terbindung (vgl. Jäger 2009: 20). Die Füh rungskräfte und die Personalverantwortlichen de r Post sin d sich bewusst, dass sich Talente nur in einem förde rlichen u nd he rausfordernd en Umfeld en tfalten können. Um die Mitarbe itenden zu Höchstleistungen zu befähigen, arbeitet die Post da rauf hin, fü r entsprechende Entwicklungsmöglich keiten zu sorgen un d h inderl iche Rahmenbe d ingu ngen möglichst zu el iminieren (vgl. HeysefOrtman n 2008: 7 f.). Die Wei terentwicklung ihres Ta lent Managements betrachtet die Post als Dauerau fgabe . So hat sie 2007 - als Bas is fü r ihr Talent Management - d ie Mitarbe itendenbeu rteilung grundlegend überar beitet. Ebenfalls auf Konzern stu fe sind Aktivitäten für d en wei teren Aus bau der Kaderentw icklung un d d es E-Recruiting im Gang. Vor dem Hinterg ru nd , d ass d ie Entwicklu ng d er fachlichen und überfach lichen Kompetenzen eine zen trale Vorausse tzung für ein um fassendes Talent Mana gemen t bildet, sta rte te die Post 2007 ein Projekt für d ie Im plementieru ng eines konzernweiten. einheitlichen Kompetenzm anagements (vgl. Koh-
Tnomas Brönnimann und Markus Hämmerte
115
ler/Kübli 2008: 17). De r Verg leic h zwischen Soll- und Ist-Profil, de r m it einem sogenannten Kompetenzcheck erhoben w ird, bild et di e Ausga ngslage für die zielge richtete Weiterentw icklung der pe rsönlichen Kompetenzen. Das Kom pet enzma na gemen t schafft mit d ieser Ausgestalt u ng Trans parenz, förde rt den Dialog und un terstütz t die Mita rbeit enden in ihre r Weiterentwicklu ng .
8 .4 .2
Demograph ie
Eine weite re Begründu ng. weshalb die Pos t Talent Man age men t in ihre r personal pol itischen Agen da stark gew ich tet, liegt in der demographische n Entwicklu ng. Die sinkenden Geb urtenraten und d ie äl ter werdende Gese llschaft stellen au ch die Post vor neu e Herausfor derungen. Innert d er letz ten zehn Jahre erhöhte sich das Durchschnittsalte r der Mitarbei tenden von 39,2 au f 43,3 Jahre. Die Mitarb eitenden im Al ter 50 und älte r machen m ittlerweile 31% der Angestellten aus. Als eine vo n sechs stra tegischen H era usfor derungen für die Personalfunktion ha t sich die Post in ihrer Hum an Resou rces Stra tegie zum Ziel gese tzt, die Wirku ng der demographischen Entwicklu ng frühzeitig zu er ke nnen u nd ih r adäquat zu begegnen . Dazu wi rd die Altersstru ktur de r Belegsch aft analysiert. Für die langfristige, strateg isch ausger ichtete Personalp lanung ist ein auf die Verhältnisse be i der Post abgestimmtes Prognosemodell en tw ickelt worden (vgl. Berendes/Zub erbli hler 2007: 38). Die Anwend ung d ieses Planu ngstoo ls, welches au f kom plexen Sze nariosimu lat ionen basiert, führt für den Bereich Zus tellung bei PostM ail, d em mit Abs tan d grössten Konzernbere ich der Post, zu folgend em Bild (vgl. Abb ildung 8.1): ALtersstruktur ZusteUung Post Mail 1. 1.2008 und Proj ekt ion 1.1.20 16
Abbildung 8 .1
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Der absehbare Schw erpu nkt bei den über 45jäh rigen Mitar bei tenden im Bereich Zustellung hat verschiedene Ursach en. Einerseits ist d iese Konzent rati on durch d ie Alterung und die geringe Fluktuation der bestehe nden Belegschaft bedi ngt. Andererseits werden - p rimär wegen rückläufiger Briefmengen - Nach rekrutierungen bei jüngeren Alte rsgru ppen verringert. Dazu kom m t, dass es aufgrund der d emographischen Ent wicklu ng der Cese rntee-
116
Talent Management beim älteren Kader
völkerung zu nehmend schwieriger sein wird, jüngere Mita rbe ite nde zu gewinnen. Um einen nach ha ltige n Betrieb au frechtzuerhalt en, ist es des halb unabdingba r, die älteren Mitarbe itend en auch im Bereich Zustellung möglichs t lange im Un ternehmen zu halten.
8.4.3
Retention Management bei älteren Mitarbeitenden
Wie dieses Beisp iel verd eutlicht, muss ein p roa ktives Personalmanagement - angesichts der absehba ren Ver knap pung der Arbeitskräfte - vers tärkt auf die betriebsintemen Persona lressou rcen zu rü ckgreifen und versuchen, di ese Talente besser einzusetzen und sie au f kom mende Verändenmgen vorzubereiten . Um d er Herausfor derung durch die demographische Entw icklung zu begegnen, definiert d ie Hu man Resou rces Strategie der Po st es als personalstrategische Stossnchtung, die Leistungsfäh igkeit und Leistu ngsbereitschaft vo n älteren Mitarbe itenden zu förd ern und zu erha lte n. Weiter enthält d ie Perso nalstrategie in verschiedene n Zu sammenhängen di e Zielset zung. die Gestaltung de s Wandels und den Umgang mi t Verände rungen - mit Bezug au f sä m tliche Mitarbeitenden - von Seiten des Human Resocrces Managemen ts zu unters tü tzen . Wie erwä hnt, könne n sich Talente nur in einem förderli chen und herau sfordernden Umfeld en tfalten. Dies trifft auch au f älter e Mitar beitende zu, ebenso wie d ie Aussage, da ss die Arb eitsmotivation in erster Lin ie aufgrund von sinnhaften, ans pru chsvollen und attra ktiven Aufgaben erhalten blei bt. Der Inh alt der Tätigkeit, die Aufgabe an sich, ist der ent scheide nde Faktor (vgl. Moserffhom 2008: 23). Die Führungskr äfte der Post messen deshalb d en Möglichkeiten. welc he die Jobp rofilentw icklu ng bietet, hohen We rt bei . Von zen traler Bede utu ng für da s Retention Managem ent is t wei ter, ob von Mitarbei tenden eingebrach te Ideen um gese tzt werden und d as erbrach te Engagement und di e erzielten Erfolge An erkennung erfa hren. Mit ihrer we rtsch ätzen den Unternehmenskultu r is t d ie Post fü r ein erfolgreiches Retention Management auch bei älteren Mitarbeiten d en gut po sitioniert. Ihrer Wertschä tzung gegenüber älteren Mitarbeitenden gibt d ie Post auch mi t ihrem breit angelegten Management der Vielfalt Ausdruck, geleitet von der Überzeugung. d ass gemischte und insbesondere a uch altersg em ischte Team s Probleme au s u nter schiedlichen Perspektiven wa hrnehmen und qua litativ bessere Lös ungen erzielen. An spezifischen Instru menten b ietet die Post ihren ält eren Mitarbeitend en s pe zielle Kurse w ie beispielsweise 50plus an, in denen sich Mitarbeitende mit de r eigenen Biografie und neuen Lebensen tw ürfen a use inand erse tzen und eine Standortbes tim mung m achen können . Diese Kurse ba sieren a uf dem Ansa tz der lebenszyklu sorientierten Perso nalen twic klung, won ach jede berufliche Lebe nsphase ihre je typischen Merkm ale un d Bedürfnisse kennt (vgl. BüderJGerhard s 2009: 152).
8.4.4
Betriebliches Gesundheitsmanagement
Eine weitere Zielsetzung der Post besieht darin, das A rbeitsu m feld so zu ges talten, da ss die Mitarbe iten den und Füh ru ngs kräfte ih re Leis tungsfähigkeit erha lten respektive stei-
Tnomas Brönnimann und Markus Hämmerte
117
ge rn können. Deshalb erweitert, sys tematisiert und stär kt die Post die seit vielen Jahren ve rfolgte bet riebliche Gesundheitsfö rde rung und baut zu diesem Zw eck auf Stufe Konze rn ihr Kompetenzzentrum für Betr ieb liches Gesundheitsma nagement (BGM) aus. BGM verlangt neben opti malen Ar be itsbedingunge n zusä tzliche Massna hmen zur Präventio n und Gesund heitsförde rung sowie zum bet rieblichen Case Management und will d ie Eigen verantwor tung der Mitarbeit enden für ihre Ges undhei t förde rn. Bereits wurden vier grosse Konzernberei che mit dem Label .Frtend ly w orkspace" (freundliches Arbeitsumfeld) zertifiziert, einem Qualitätssiegel für Unterne hmen, d ie in mo tivierte, gesunde u nd leistungsfähige Mitarbe itende investieren. Seit 2001 sa nk die Anzahl Berufsunfälle bei der Post um 10%. Mit ihre m Managementsystem für Arbe itssicherhei t setz t d ie Post die Unfa llprävention an den Betriebsstandorten systematisch um. Regelmassig werden Gesundheitskampagnen d u rchgeführt, z , B. zu m Thema Ernährung oder zum Heben von Lasten . Mit solchen Massaahmen leistet die Post einen essenziellen Beitrag, um die körperliche Leistu ngsfähigkeit ins besondere ihrer älteren Mitarbeitend en zu erhalten.
8.5
Talent Management beim älteren Kader
8.5.1
Flexibilisierung der beruflichen Vorsorge
D ie Post ve rfügt über eine eigene, moderne vo rsorgeein nchtu ng, die ihre Mitglied er im Duop rimat versiche rt, einer Komb ina tion von Leistungs- und Beitragsp rimat. Das Duoprimat führt die Stär ken beider Systeme zus am men: Die Risiken wie Invalid ität oder Tod esfall werden mit dem Leis tu ngspri mat solidarisch ge tragen, währendem jeder Versicherte se ine Leistu ngen im Beitragsp rimat fü r d as Al ter indi viduell anspart. Die Alte rsrente basiert somit auf d en tatsächlich einbezahlten Arbeitne hme r- und A rbeitge be rbeiträgen plus Zinsen. Damit sind keine Um lage n mehr in die Alte rsrenten eingebaut, beis pielsweise bei vo rzei tige n Pensionieru ngen zu Lasten de r Aktivgeneranon. Dies sorgt für Transparenz und vereinfacht die Berechnung de r zu erwa rtenden Alter sle tstu ngen, im Gegensatz zum Leis tungsprimat. Änderungen des Beschäft igungsgrades sind jederzeit möglich. Weiter u nterstü tzt die Pensionsk asse Post flexible Lösungen. indem sie in ihrem Vorso rgereglement eine Pensionierung - bei entsp rechend gekü rzter Rente bere its mi t 58 Jahren zu lässt. Ab diesem Zeitpun kt kann un ter bes timmten Bed ingungen au ch zweimal eine Teilpe nsionierung erfolgen (gleitende r Al tersrückt ritt). Eine aufgeschobene Pensi onierung ist b is zu m 67. Alte rsjahr möglich. Im Unt erschied zu vielen and eren Vorsorgewerken ist die Pensions kasse Post in de r Lage, den Mitarbeitend en und der Arbe itgebe rin flexible Lösungen anz ub ieten, falls gegen das Beru fsende hin de r Wunsch na ch individuellen Vorsorgeva rianten bes teht. Kade r können d iese Flexib ilität um so eher nutzen, als sie aufg rund ih rer Pension skassenguthabe n häufig über einen grösseren fina nziellen Spielrau m verfügen als der Durchschnitt de r Mitarbei-
Talent Management beim älteren Kader
118
renden. Die Post hat sich zum Ziel gese tzt, eine Vorsorge politik zu verfolge n, welche die Auswirku ngen einer alternden Gesellschaft berücksichtigt.
8.5.2
Kaderentwicklung
D ie Kon zemleitung w ill die Kader der Pos t no ch ge zielte r au f d ie wach se nd en An forderungen des d ynamischen und inte rn a tionalis ie rten Um feldes vorbe reiten. Sie ha t deshalb die kon zernweite Kad erentwicklung ne u lanciert, mit dem Ziel, das bereichsübergreifende Denken u nd Handeln zu fördern und dam it verbunden di e konzern weiten Einsatz- und Veränderungsmöglich keit en für d as obere Kader konsequent aus zu nutzen . Insbeso nd ere mi t der weite ren Zie lsetzu ng. le istu ngssta rke Führungskräfte durch zielgerich te te En twicklung zu moti vieren un d zu binden, betreibt die Post auch hier Talen t Management (vg1. Abbildung 8.2).
Abbildung 8.2
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II Kaderefllwicklung sko nferenren
In de r Phase 1 des Kaderentw icklu ngs prozesses w ird, basierend au f der Un terne hmens un d Personelstrategte, eine qualitati ve und quantitative Bedarfsanalyse durchgeführt. Diese Ana lysen zeigen jewe ils, da ss z , B. be i Post f'Inance Beda rf na ch Kadern mit spezialisie rtem Know -how besteh t. Entsp rech end e Nachwuchs kräfte sind innerhalb der Post allerdings nicht in au sreichender Anza hl vorhanden bzw. können nich t rechtz eit ig au fgebau t und au sgebildet we rden und mü sse n de shalb teilweise exte rn rek rutiert werden. Diese Auswirkun g des Umba us von d er ehemalige n Monopolistin zum modernen Mischkonzern ze igt sich au f Ebene Mitarbeitende unter anderem auch d arin, da ss einerseits bei Post Finance zu sätzl iche Berat un gsfachkräfte eingestellt und ande rerseits beis pielsw eise im Bereich der Zustellung we niger Stellen benöti gt werden . Für jedes einzelne Kadermitglied wird anse hitessend ein Profil mit den biografischen Daten erhobe n. Die ind ivid uelle Entwick lun gska rte weist di e Kompetenzen und d ie potenzielle zu künftige Entwicklun g au s, verseh en mit der Leist un gs- und Poten zialbeurteilu ng d ur ch den Vorgeset zten so w ie An-
Tnomas Brönnimann und Markus Hämmer te
119
ga ben zu Veränderungsbe re itsch aft und Verfüg ba rkel t (Phase 2). In d er jäh rlichen Kaderentw icklungs konfe renz tau schen sich d ie Konzern leitu ngsm itglied er über di e Leistungsu nd Potenzialpo rtfo lios der Konze rnb ereiche aus und disku tieren Beda rf und Einsatzmöglichke iten für obere Kader innerhalb des Konzerns (Phase 3). Aufgru nd der Bedarfs- und Po tenzialrückmeldungen a us der Kon feren z we rden d ie Entwicklu ngsziele und - rnassnahmen der einzelnen Kaderm itglieder d efinier t und umgesetzt (Phasen 4 und 5). Komm t es zu Vakanzen oder neuen Ste llen beim obe ren Kader, nimmt das Kompetenzzentrum Kade ren twic klung au f Stu fe Konzern eine Drehscheiben fu nktion wahr (Ph ase 6). Aufg run d seiner Übe rsic ht üb er geeignete potenzielle, ko nzern intern e Kandi da tinnen und Kand ida ten kann es eine Vor auswahl für d ie zu besetzende Funkti on treffen. Die Kader entw icklung der Post ve rlässt d ie tra ditio nelle Sicht von Karrier e als ein Weiterkom men d urch Beförderu ngen in der bestehenden organis atorischen H ierarch ie. Sie w ill n ich t explizi t und ausschliesslic h auf die näc hs te Beförderu ng vorbereiten, sondern die konti nuierliche Wei terentwicklu ng von Per sönlichkeiten und Kompe ten zen sichers tellen. Die Kaderent w icklung schafft Möglichkeiten, ohne Ga ran tien abz ugeben und falsche Erwartu ngen zu wecken. Mit de m Einsatz in anforde rungs reich en Aufga be n un d Projekten, d . h. m it Priorität auf on the job Einsätzen, so llen Fü hr ungskräfte du rch zielgerichtete Entwicklung herau sgefordert und zum Ver bleib im Konzern mo tiviert we rden. 2007 wurde d er Kaderent wick lungsp rozess de r Pos t neu ko nzipiert und im Folgej ahr in seiner aktue llen Form für die Kaders tu fe 1 mi t ihren run d 100 Füh ru ngskräften gestartet. An fangs 2009 wurde der Prozess auf einen Teil der Führungskräfte der Kad erstufe 2 ausgedehn t und 2010 werden d ie übrige n de r insgesamt 300 Mitglieder d ieser Stufe in den Proz ess in teg riert. Aufgrund der hoh en Betriebs treue de r Postk ader handelt es sich bei vielen unte r ihnen um lang erfah rene Führungskräfte. Ihre langf rist ige Or ientieru ng hat komplemen tär zu einer ge ringen Fluktuati on - fü r das Unternehmen zwar eine s tabtlisterende Wirkung, indessen aber a uch Nachteile: Viele de r heuti gen Kader ha ben ih re Lau fbahn mit einer Monopola usbildung bei de r Pos t begonnen und hilben sich intern hochgearbe itet. Sie verfügen übe r ein sehr hohes W issen be treffend Kerngeschäü, Struk turen, Ablä ufen und Proze ssen de r Post und identifizie ren sich stark mit ihrer A rbeitgeberin. Hi ngegen feh lt d iesen Kad ern häufig neustes Spezlalwissen, Die neu konzip ierte Kadere ntw ick lun g setzt hier an und w ill Möglic hke ite n u nd Anreize fü r beru fliche Bewegung schaffen. Dies komm t auch den Interessen vieler Kaderengehö rtge r entgegen, d ie sich engesichte eine r langjährigen Verweildauer in der aktuellen Fu nktion eine Veränderung ih rer Arbeitssitua tion wünschen. D iese Sachlage entspricht den Fes tstell ungen und Erfahru ngen ande re r grosser Un terneh men (vgl. z. B. Tltzrath-C rim m 2008: 154 f.). Die Kad erent wic klu ng unters tü tzt so lche Verä nderungsabs ichten und sorgt fü r zielfü hren de Prozesse und geeignete Cefässe . N icht alle Kadermitglied er sin d aber be reit, d as vo lle mi t eine m Wechsel verbu ndene Risiko zu übernehmen und entscheiden sich a us Siche rheitsü berlegungen für eher kleine Verände rungsschritte. Diese Risikoa versi on w irkt der Du rchlässigkeit des Lau tbahnsys tem s entgege n. Ersch werend fü r zusätzl iche syst em interne Bewegungen w irkt sich schltessllch
Talent Management beim älteren Kader
120
d er Umstand aus, d ass za hl reiche Kad er bloss eine hier archisch höhere Linien fun ktion als geeignet für einen nä chs ten Karriereschr itt halten. Der Wechsel in eine Spezial isten- ode r Proje ktleitungsfunktion wi rd teilw eise m it grosse r Skepsis bet rachtet. Ange sich ts di eser zu rückha ltenden Einstellung sind au ch in die sem Pun kt noch we ite re Un terstütz ungsmassna hmen not wend ig, um au f einen Ment alitä tswa ndel hinz uwirken.
8.5.3
Instrumente der Kaderentwicklung
Sabbatical Für die 400 obers ten Kaderm itgliede r ist seit 2008 ein befristeter Erwerbsunterbruch möglich. Den Kad errn itglledern w ird mi t einem Sabbatreal er mög lich t, sich fü r einen längeren Zeitra um anderen als beruflichen Zielse tzungen zu wid men. Dam it will d ie Post zu einer ausgewogenen work-Lüe-Balence beitragen, di e Leistu ngsfähi gkeit der Kad erm itarbe itenden erhalten und ihre Innova tionsfäh igkeit u nd Kreativität förde rn. Vorausse tzung fü r den Bezu g eines Sabba ticals bilden 5 Jah re Zuge hö rig keit zur Kaderstu fe 1 oder 2. Während de r Lautbah n bei d er Post können maximal zwei Sabbaticals be zoge n werden. Die Miedestd auer des Sabbaticals bet rägt zwei Monale, d avon sind sechs Wochen bezahlt . Eine (un bezahlte) Verlängeru ng, z. B. m it Fer ien, kann vereinbart werden. Sofern der Sabbatical nicht länger als sechs Monate d auer t, w ird dem Kade rm itglied d ie Rückkehr an die bisherige Arbei tss telle ga rantier t. De r Ans pru ch au f den Sabbatical verfällt, falls er n ich t Innert einer gewissen Zeit bezo gen w ird. Für di e Verw endung des Sabba ticals existieren bew usst keine Vor gabe n. Er kann beis pielsweise für eine Stan dor tbes timmung oder eine pe rsön liche oder fach liche Weite rbildu ng, als Fam ilien zeit, fü r sozi ales Engagement, zum Reisen oder zur Vorbereitung auf den bevorstehenden Altersrüc ktritt gen utz t we rd en. Zu Zielsetzung und Erfolgs bilanz de s Sabbatfcals wi rd zwischen dem betreffen de n Kader mitglied und seinem Vorgesetzten je ein Gesp räch gefü hrt. Es ist vo rgese he n, 2010 d ie Erfah rungen mit d iesem Instru ment im Rahmen einer Evaluation auszu we rten. Obwohl dieses Instru ment sä mtlichen oberen Kader angeh örigen zur Verfügung steht, ze ige n erste Auswertungen, d ass d ie Füh rungskrä fte SOplus tendenziell etwas stär ker von der Möglichkeit Geb rauch machen, einen Sabba tical zu bezi ehen. Ihre oft längere Verweild auer in einer Führungsaufgabe scheint Anlass zu bilden, um d as Ang ebot des Sabbaticals für eine n vertieften persönlichen Reflex ion sprozess zu nutzen.
Entwicklungsinstrumente Im Rah men des Kaderentw icklu ngsprozesse s w urden ve rschied ene Ent wicklungsmassnahmen definiert. Dur ch einen verstä rkten Austausch inne rhal b des Konze rn s sollen d ie Kader in verschied ene n Fu nktionen und Aufgabengebieten zus ätzl iche Erfahru ngen sammeln können. Mit diesen attra ktiven Herausforderu ngen wi rd eine rseits beabsicht igt, die Kaderangehö rige n zu halten. Ande rerseits soll der obere Kad er noch bes ser in d ie Lage versetzt we rden, neue Aufgaben in nerha lb der Post zu übernehmen.
Tnomas Brönnimann und Markus Hämmerte
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Nebe n dem Sabbat ical we rd en bisher au f Stuf e Unt ernehmen in kon zeptionell au sgereifter Form zwei weitere Entw icklu ngs ins tru mente angebo ten : •
Mentoring (seit 2001); Nach eine m C ru ppen-Assessment d urchlaufe n die ausge wählten Mentee s ein einjähriges Programm, in welchem sowo hl ind ivid uell bestim mte Ziele als auc h vo rdefinier te Lern felder bearbei tet we rden. Die Mente es entwicke ln aufgrund der Betreuung d u rch den Men tor ihre Fach-, Selbs t-, Sozia l- und Führu ngskompetenzen un d bauen ihr Beziehu ngsn etz aus. An Wo rkshops w ird die Erre ichung der Ziele über prü ft und in Erfa hru ngs berich ten festgeha lten (vgl. Gurtner/Habe rm ayrlSchmid 2006; 159 f.).
•
Se ttonwechsel (seit 2(03); Währ end eine r Woche a rbeiten d ie Teilneh menden in eine r sozialen Institut ion und erleben so einen rad ikalen Perspe ktivenwechsel. Sie werd en konsequent in de n Arbeitsalltag d er Institu tion involviert und setzen sich mit Führu ngskom pet enzen wie Empathie, Flexibi lität und Belastbarkeit auseina nd er. Die sch riftlich festgelegten Ziele werden bei Einsatzende in Zusammenarbeit mi t de r Institu tion über prüft. Post intern findet jeweils Ende Jah r ein Erfah ru ngsaustausch un ter den te ilnehmen den Führu ngsk rä ften statt.
Die we iteren, nu n folge nden Instru mente fanden bisher in einigen Konzernbereiche n Anwendung. Aktue ll werd en institu tiona lisierte Formen über den ganzen Konzern h inw eg ge p rüf t. •
Mi t eine r Jo b Rot ation wi rd d as Fachwissen ve rtieft, abe r auc h Verständ nis und In teresse fü r di e A ufgabe n und Problemstellu ngen untersch ied licher Bereiche gefördert. Du rch einen Per sp ektivenwec hsel könne n Missve rstä ndnisse au sge räum t u nd eine ganzhei tlichere Sicht au f den Konzern erlangt werden. Weite r we rden d er Ausbau d es Net zwerkes und der Wissen sau stau sch innerha lb des Konz erns ge förder t.
•
Eine besondere Form der Job Rotat ion ist d er Stel len tausch. bei dem di e teilnehmenden Per sonen ihre Stellen abtauseben . On the job kön nen wie bei der Job Rotati on vorhan dene Kenntnisse weiter ent w ickelt oder neue Kenntn isse erworbe n werden. Im Gege nsatz zu einer ex ternen Neubesetzu ng profitieren d ie entsprechen den Bereiche vo n einem soliden Pos twissen. Sowohl m it der Job Rotat ion als auc h m it d em Stellen tausc h werden neu e Herausforde run gen inne rha lb des Un ternehmens ermöglicht. ohne da ss es dazu eine Vaka nz braucht.
•
In ber eichs übe rgr eifen den Projek ten kö nnen di e Kad er kom plexe Vorhaben grösse ren Umfangs bearbeiten u nd so qua lifizierte Projek terf ah ru ng sa mmeln, allenfalls auc h in der Stellve rtretung eines erfahr enen Projektleiters. Eine Zielse tzung besteh t hier insbesondere d arin, m ittels länderübe rgreifender Projektteams interkul turelle Kom po nenten zu integrieren. Die Projektarbe iten kön nen im Rahm en einer Job Rot ati on od er im Verbund m it den aktue llen Au fgaben umgesetzt werden.
•
"Assignments" OnpatlExpatJ: Mit einem befr isteten Einsa tz über die Landesg renzen h inaus we rden sowohl di e interku lturell e Kompetenz gefördert als auch das Beziehungsnetz erwe itert. Die in ternationale Erfahru ng erhöht d ie beru fliche Qualifika tion,
122
Talent Management beim älteren Kader
Sp rachke nntnisse wer den vertieft. Einh eitliche Q ualitätsstanda rds, Transfer und eine homogeriere Untern ehmens kult ur werden begünstigt. •
Know-how-
Durch eine ausgeba ute Stellvert retung können jü ngere Ta lent e schri ttweise an neue Aufga ben herangeführt werden, z. B. durch die Aufteilu ng oder ge meinsame Bearbe itung von Arbeitspakeren od er durch einen ve rstä rkten Einbezug in das Tagesgeschäft. Eine Na chwuchskraf t wi rd so auf eine nächste Stelle vorbereitet.
Die hier behandelten Ins trumente finden bei älteren Kadern Anwend ung, um insbesondere ein Abrutschen in die be triebliche Sättig ungsphase mit dem da m it einhe rgehenden Leistungsabfall zu vermeiden (vgl. Graf 2006: 275 f.). Weiler sind solc he Ins tru men te - je nach Ausgestaltung - geeigne t, um die Fitness der Führungskräfte SOplus im Berei ch ihrer Stam maufgeben zu erhalten und sie da rüber h inau s noch offene r für technolog ische und andere Innovationen zu machen . Eine Aufgabe als Men tors-in fördert z. B. d as Verständnis für die An liegen der jüngeren Mitarbeit end en, d ient de r Reflexion über den eigenen Führungsstil und ermög licht eine Erweiterung de r Beratun gser fahrun g (vgl. Gurtner/Haber mayr/Sch mid 2006: 167, 172 f.).
Ausstiegs- und Know-how-Transfer-Modelle Es wi rd fü r d ie Post von zentrale r Bede utung sein , d ie Perspektiven ihrer Füh rungskräfte für d ie letz te Phase d es Beru fsleb ens zu erw eitern. Als Reak tion au f den demog raphischen Trend muss der Rücktri tt älterer Kadermitarbei tender so gestaltet werden, d ass diese ihre Kenntnisse und Erfahru ngen der Pos t möglichs t lange in geeigneter Form zur Verf ügu ng stellen kön ne n und wo llen. Diese Zielsetzung kann mit verschiedenen Mod ellen un d Instru menten erreich t werden: •
Eine gleite nde Pen sion ierung. auc h als Altersteil zeit bezeichnet. ermöglicht einen sach ten Übergang zwischen Erwerbsleben und Ruh est and. Wi rd die Verkürzu ng der Arbeitsz eit m it einer Gleitphase - eventuell sogar übe r das off izielle Rentenalter hina us - verbu nden, kann eine solche Regelung fü r die Betroffe nen kostenneu tral ges talte t werden (vgl. Baillod 2002: 25 f.).
•
Die gleitende Pensionieru ng einer erfahrenen Führungskr aft kann mi t dem gleiten den Eins tieg einer Nac hfo lge kra ft komb iniert werden, di e so schrittweise in die neue Aufgabe hine inwächst. Damit kan n das Wissen d er älteren Generat ion län ger in der Un terneh mung ge ha lte n und gle ichzei tig wei tergegeben werden. Mit solchen Stafe ttenoder Generatione nmodellen werden auch Synergie n zwischen langjähriger Erfahrung und ne ue stem theo retische m Wisse n gefö rder t (vgl. Batllod 2002: 32; Blum 2002: 46).
•
Senior Ber atu ngs-Mode lle zielen ebenfalls dar auf ab, dem Unte rn ehme n den Erfahru ngs- und W issen sschatz de r äl teren Kader zu er hal ten . Mit Senior Beratu ngsModellen können Nachwuchs kräf ten attrak tivere ber ufliche Pers pe kti ven eröffnet werden, da Führungss tellen infolge d es Wechsels de r Sen ior Mana ger frei we rden. Diese habe n d ie Möglichke it, pa rallel zu neuen, herausfo rde rnden Aufga ben flexibel in den Ru hestand überz utreten.
Tnomas Brönnimann und Markus Hämmer te
123
Wie in Kap ite l 8.5.1 dargelegt, bestehen seitens der Pensionskasse Post die no twend igen Grundlagen, um solche flexiblen Modelle ohne gravie rende ve rsicheru ngsrech tliche Nac htei le fü r Mita rbei tende und Arbe itgeberin umz usetzen. In ihrem Projek t Demographie bea bsic htig t die Post, mi t verschiedenen Teilp rojekten nun auch au f Seiten des Arbeitgebe rs die materiellen Voraussetzungen zu schaffen, u m flexible Lösungen im Zusammenhang mit dem Berufsau sstieg zu erleichtern.
8.6
Fazit
Um die Her ausfo rde rungen zu verstehe n, d ie sich de r Post be i de r Ges taltu ng ihres Talen t Managements stellen, lohnt sich ein Blick auf die jüngere Vergangenheit d es Unterne hmens. Die ursp rüngliche Stellu ng als Mono po listin, d ie ehe mals sta rk hie ra rchisch geprägten Stru ktu ren und d ie frühere, hohe Regelungsdich te w irken heu te noc h nach. Ohne Kenn tn is und Berücksichtigung der frü heren, richtunggebenden Konstanten er langen Initiat iven im Talent Managemen t nicht ihre volle Effektivität. D ie Prozesse und Stru ktu ren der neu lancierten Kad erentw icklu ng der Post sind noch im Fluss. Sie werden laufend un d nach jed em Iah reszyklus evaluiert u nd angepasst. Die bisherigen Erfah ru ngen sind positiv und es zeigt sich, dass de r eingeschlagene Weg in die richtige Richt ung geht. Die Prozesse und Instrumen te de r Kaderentw icklung scheinen geeignet, um d ie bisherige tra d itionelle Sicht von Kar riere aufzuweichen und anzureichern. Zahlreiche der d ar gestellten Instrum ente u nd Modelle befinden sich jedoch erst in einem frühen Sta di um de r Konzep tion. Die Zu kunft wird zeigen, mi t welche r Ausgestaltung im Einzelnen sich grösstmögliche Wirku ng erzielen lässt. Aufgrund de r inhärenten ku lturellen Dimensi on benötigt die Etab lier ung neuer Instrum ente Zeit u nd der volle Nutzen w ird sich erst mit tel- bis langfristig rea lisieren lassen . Dies auch deshalb, we il bei den Betro ffenen zu m Teil noch erheb liche Widerstände gegen übe r eine m flexibleren und um fassenderen Vers tän dnis von Karr iere bestehen . Die meisten der dargestellten Program me und Ins trumen te haben - in u nterschiedlicher Ausprägung - eine un terstützende Fun ktion für ein altersgerechtes Talent Management, ins besondere bei den Führungskrä ften 50p lus. Der Umgang mit dem Älterwerden ist eine individue lle Her ausford erung, d ie von jedem Einzelnen eigenverantwortlich beei nflusst und gestaltet we rden muss. Mit den beschriebenen Instru men ten arbeitet die Schweizerische Post dar-an, d en Rah men zu erweite rn, in welchem d ieser persönliche Prozess aus betrieblicher Sich t möglichs t optimal u nterstü tzt we rden ka nn.
Quellenverzeichnis BAILLOD, j ÜRG (2002): Formen von Teilzeitarbeit. In: Chance Teilzeitarbeit. Argumen te un d Materialien für Verantwo rtliche, hrsg. v . jürg Baillod, Zürich 2002, S. 9-34.
124
Talent Management beim älteren Kader
BERF.:-JDES, KAI/ZUBERBÜH LER, M ARKUS (2007): Sc hluss mi t d em Blind flug - zuverlässige
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78.
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9
Frauen in Aufsichtsgremien talentierte Frauen sichtbar machen
GetDiversity Mic1/{'/e Etienne
9.1
Ausgangslage und Zielsetzung
" Fra uen in Verwaltu ngsrä ten" ist seit längerem ein Thema in d en Med ien. Prakt isch im Wochenta kt erschei nen neue Studien und Analysen, welche die Ceschlech terdurcbmtschung der strategischen Gremien zum Inhalt haben (vg!. Rigassi 2008: 34). Alle Beiträge zeigen, dass ge mischte Teams - note bene au ch a u f Stufe des Verwaltungs rates (entspricht dem deu tsche n Aufsichtsrat) - den Unternehmen einen Meh rwert bringen (vgl. Bram me r/Millington/Pavelin 2009; Desvau x/D evillard-H oe llinger/Baumgar ten 2oo?; Huse/Solberg 2006; Joy/CarterlW agnerlN arayan an, 2007; W ienröde r 20(9). Zwischen den Erken ntnissen diese r Studien und der Realitä t kla fft jedoch eine grosse Lücke. Zwa r hat sich de r Anteil der Frauen in den s trategischen G remien der 20 Firmen, welche den Swiss Ma rker Index (SMI) abbil den, zwischen 2007 und 2008 von 9.5% auf immerhin kna pp 12% erhöh t. D ieser Prozentsa tz gilt auch für das Jahr 2009 wie Tabelle 9.1 illus trie rt.
Tabelle 9.1
öe scbtecnters peztüsche üt versn ät in den Unt ernehmen des Swiss Market Index (St and: Mai 2009 )
Unt ern ehmen
Mä n ner
Fra ue n
T ota l
Fraue nant ei l in Prozent
SWATCH G ROUP
5
2
7
28.6 %
ADECCO
6
2
BALOISE
6
2
,
25.0% 25.O'i'o
NESTLE
10
2
12
16.7%
8
NOVARTIS
10
2
12
16.7%
UBS
10
2
12
16.7%
ROCHE
11
2
13
15.4%
NOBE L BIOCARE
7
1
8
12.5%
JUlIUS BAER
8
1
9
11.1%
SW ISS RE
8
1
9
11.1%
SW ISSCOM
8
1
9
11.1%
SW ISS lI FE HO LDING AG
9
1
10
10.0%
Freuen in Aufsichtsgremien . talentiert e Frauen sichtbar machen
126
9
1
10
10.0%
SYNGENTA
10
1
11
9.1%
ZURIC H FlNANCIA L
10
1
11
9.1%
SYNTHFS
HOLCIM
12
1
13
7.7%
CSGROUP
14
1
15
6.7%
RICHEMONT
14
1
15
6.7%
ABB
S
0
S
0.0%
ACTEllON
TOTA L SMI
10
0
10
0.0%
185
25
210
11.9%
Mit diesem Ergebnis nähe rn sich diese Unternehmen dem Durchschnitt von 14,6% be i den weltweit 500 grösslen Firmen an. Bezüglich Ceschlechtergleichheit im Verwaltungsrat sind d ie SMI-Firmen bedeutend weiter als beispielsweise die 100 grössten Unt ernehmen in der Schweiz. Bei diesen liegt de r Fra uen anteil bei lediglich 6.7% (vgl. Actares 2007: 1).
Welches sind die Gründe für den geringen Frauenanteil? Ist die Forde rung nach meh r Frauen in Verwaltungsräten ein po litisches Modethe ma oder gibt es ökonomische Mot ive? Bra uch t es mögltcherwtese in der Schweiz auch eine Quotenregelung wie sie Norwegen eingeführt hat, um den Fra uen vermehrt zum Durchbruch zu ve rhelfen? Wie äusse rt sich konk ret der Mehrwert gemischter Teams für die Unternehmen? Der vorliegende Beitr ag geht diesen Fragen nach und zeigt auf, dass •
es eine Vielzahl qua lifizierter Frauen für die Übernahme von Verwaltungsratsfunktionen gibt, diese jedoch zu wenig sichtbar sind,
•
Un terneh men auf verschiedensten Ebenen mit einer guten Durchmisc hung ihres Verwaltungsrates einen finanzie llen und reputa tions mässigen Meh rwe rt erz ielen und
•
Firmen, die diesen Mehrwert erkannt haben, können mi t einem neue n Ansatz bei de r Besetzung ihrer s tra tegischen Gremien unters tü tzt we rden: Mit Ge tDiversity, einem schweizweit ein maligen Netzwerk von Verwaltungsrätinnen.
9.2
Gründe und Lösungsansätze für geringen Frauenanteil
9.2 .1
Hauptgr ünde
Die Analyse der Ha up tgründe für den geringen Frauenanteil zeigt, dass es sich um ei n vielschichtiges Problem handelt. Dabei liegen einige de r Gründe ausserhalb des direkten Einflussbereiches de r Fra uen, bei anderen wiederu m tragen die Frauen eine gewisse Mitverantwortung:
MicheIe Etienne
127
•
Mange ln de Vern etzun g und fehlende Vis ibi liläl; Frauen vernetzen sich eher im pr ivaten als im beruflichen Umfeld . Sie ziehen einen persönlichen und d irekte n Austausch in der Familie und im Freundeskreis de m Gespräch an einem beruflichen Netzwerkenlass vor. Vielfach komm t erschwerend hinzu, dass sie an diese n Anlässen in der deutlichen Minderheit sind, we niger Teilne hmende kennen und d ad u rch die Hemmschwelle, auf Unbekannte zuzugehen und ins Gespräch zu kommen entsprechend höher ist. Durch die geringere Präsenz fehlt d ie Visibilitäl. Entscheidungsträger kennen die Frauen nicht. Oft ist es aber ge rade ein erster persönlicher Konta kt, der dazu beiträg t, dass man in erweiterten Kand idatenkreis für allfällige Mand ate kom mt (vgl. Chalupny 2007: 11; Eberle 2007: 20; Sohrne r 2008: 24). Ein weiterer Grund für die fehlende Visibilität ist, d ass sich viele Frauen auf oberster Füh ru ngsstu fe nach einer erfolgreichen Karriere beruflich neu orientieren und eigene Unternehmen grü nden. Dad urch verlieren sie die Kontakte über d ie eta blierten beru flichen Netzwerke.
•
Meh rfachbelastung; in einem direkten Zusammenhang zum erst genannten Grund steht d ie Mehrfac hbelastung. we lche die berufstätigen Frauen zu bewältigen haben. Neben einer anspruchsvollen beru flichen Tätigkeit, die nicht selten Übers tunden und Reisetätigkeit mit sich bring t, kümmern sich die Frauen auch in einem gr össeren Ausrnass um die Familie (Kinder, Eltern u nd Schwiegereltern, weitere Angehörige) und pflegen sozia le Engagemen ts (vgl. Stäu bll-Roduner 2008: 19).
•
Falsche Bescheid enheit und Berühru ngsangstc: die Verfessenn ha t die Erfahru ng gemacht, dass Männer schne ller bere it sind, sich den Herausforderun gen eines Verwaltungra ts-Mandats zu stellen, als dies Frauen tu n. Frauen reflektieren ihr eigenes Wissen und ihre Erfahrungen viel kritischer, machen sich Gedanken, ob sie zeitlich in der Lage sind, eine zusätzliche Aufga be zu bewältigen und wolle n detaillierte Informationen zum Unternehmen, dem strategischen Gremium sowie den Erwartungen, welche an sie gestellt werden. Die Au torin und ihre Geschäftspartnerin führen mit allen inte ressierten Frauen für das GetDiversity -Netzwerk ein persönliches Gespräch (vgJ. hierzu Abschn itt 9.3). Dabei stellt sich imme r wieder heraus, dass es nicht wenigen Frauen trotz hervorragendem Leistungsausweis und vielfältiger Berufserfahrung auf TopManagemen t-Niveau an Selbstbewusstsein mangelt. Nur wenige form ulieren klar, wenn es um Mandatsanfragen geht: ,,Ja, ich kann, und ich will d iese Aufgabe übernehmen" .
•
Ge ringe r Anteil von Frauen in Führungspositionen; auf Niveau Geschäftsleitung sind die Frauen nur in geringem Mass ver treten . In der Schweiz beträgt de r prozentuale Anteil rund 10%, der Durchschn itt im EU-Rau m betr ägt 12%. Oft wird bei der Besetzung st rategischer Gremien auch langjäh rige Füh rungse rfahrung sowi e ein beruflicher Hin tergrund auf Top- Manage ment -Niveau verlangt. Damit schrä nkt sich d er Kreis po tenzieller Kandidatinnen ein. Du rch den geringe n Ante il von Frauen auf dieser Stufe fehlt eine starke Lobby, welche im En tscheid ungsprozess Frauen für Kandidatenlisten empfiehlt oder verlangen könnte (vgJ. Gnehm 2007: 10; Hostettler 2008: 23).
•
Neid kult ur (gcschlecht erunab h äng tg j: aus Cespräehen mit anderen Berufsfraue n sowie de r eigenen Erfah rung handelt es sich um ein Arg ument, welches von de n Frau-
Freuen in Aufsichtsgremien . talentiert e Frauen sichtbar machen
128
en selbe r a mb ivalent beu rteilt wi rd . Von den meisten wird d ie Ne idkultur als nich t exis tent be urteilt , d iese Fra ue n s püren eine gTUsse Solidarität im Berufslebe n u nd haben im mer wieder von a nde ren Frauen - u nd Mä nne rn - , z. B. in For m von Men tor ing, profitie rt. Andere h ingegen gebe n an, dass Fra ue n un tereina nder no ch zu wenig Solidari tät zeigen, dass Frauen teilweise sog.u ihren allei nigen Sta tus unte r Mä nne rn geniessen und keine Konku rrenz wollen. Das Verwaltungsrätinnen-Nelzwer k Get Diversity will einen Beitrag zu r Solid a rität zwischen Fra uen leisten, indem die kla re Erwa rtung d a ist, d ass Fra uen m it Verwaltungs rats mandaten sich bei Vaka nzen in ih ren Gremi e n u m we iter e Frauen be mühen . •
" To ke n-S tat us" von Frauen; mi t " ta ke n" (englisch = Sym bo l, Einzelfall, Aushä ngeschild) wi rd eine Minderhei t bezeichnet, we lche gernäss Moss Ka nte r (vgl. 1977) zur dom inanten Gruppe in einem Verhältnis von 15:S5 steht. Dies en tspricht ungefäh r d er Situ ation in Schweize r Verwaltungsrä ten. Zw ar e rhal ten diese " Ta ken" viel Aufme rksamkei t, in der Wahrnehmung w ird aber auch polaris iert, d ie Un terschiede werden übertrieben dargestellt. Eine Frau unte r Männem wird besonders kritisch beobachte t. Mach t sie Fehler, so wird das d irek t m it ihrem Geschlecht in Verb indung gebracht und nicht w ie oft bei Män ne m der Au fgabe oder Situatio n z ugeschrieben. Das hat z ur Folge, dass Frauen in Führungspositionen (sei es in d e r Linie oder in strategischen Gremien) widersp rüchlichen un d teilweise auch wechselnden Erwartungen ausgesetzt sind. Es steigt das Risiko einer Isolation im Gremium (vgl. Kotter 2008: 84; Moh r! Gü ns ter 2004: 18).
•
Old-Boy s-Netz we rke: im Gegensatz zu angelsächsischen Lä nde rn läuft in d er Schweiz die Su che nach Ve rwaltungs- und Stiftungsräten stark über persönliche Netzwerke und Beziehunge n (vgl. Gyomlay 200S: 38).
9 . 2. 2
Quotenregelung als möglicher Lösungsansatz
Eine po litische Antwort au f d ie For de rung nach einer besse ren geschlechterspezi fischen Du rchm ischung s trategische r Gremien findet sich in Norwegen . Ein Gesetz aus dem Jahre 2003 verlangt vo n den bö rsenk ot ie rten Unte rnehmen (d as Gesetz ist auf rund 500 Firme n anwendbar) eine n Frauena nteil vo n mi ndes tens 40'Yo. Stichtag für die Umsetzung des Gesetzes war de r I. Jan uar 200S. Bei Nichterfü llu ng de r Quote d rohte d iesen Firmen de r Ausschluss von d er Börse . In zahlreiche n Firm en ko nn te die For de rung bishe r noch nich t vollständ ig umgesetzt we rden, t rotz Einricht en einer öffentlichen Datenbank, in die sich Fraue n auch m it u nkonve ntionellen Qualifikationen regi s triere n Hessen, so wie u mfassenden Sch ulu ngsin itia tiven. Im Jah r 200S be tr ug de r Fra uenanteil fas t 35% (vgJ. Lublin 2OOS: 26). D ie anfänglichen Reaktio nen in Norwegen au f d ie Quo tenr egelung waren sehr zw iespältig. Kritis iert wurde insbesonde re d ie Ta tsache, d ass in einigen Firm e n gut q uali fizier te Verwaltungsra tsmi tgliede r d urch Fra ue n ersetzt werde n mussten , welche die Q ualifika tio n z ur Au sübu ng des Amtes nieht mit bri ngen. Eine Analyse d er Situa tio n im Jahr 2008 d urch Teige n (2008: 9) zeigt jedoch, d ass Skepsis und W id ersta nd s ich ins Gegenteil gewa nd elt haben: "To day the o pposition in the pu blic d ebate seems to have melted into air .
MicheIe Etienne
129
The Impression is tha t the publ!c opi nion, also wil hin business lite, has chcnged dram attcelly . Most seem to express cccep tance, and even sa tisfactlon, with the new po ltcy. (... ) A kind uf convert story seems to be typtc cl, and it goes like this: l used to be very crt ttcal to qu otas. but tod ay, afte r I have expe rtenced the che nges tha t are go ing on in bust ness life and in the corp ora te boa rd s in partlcu lar, it ts now clear to me that thts has been an importan t an d necessar y mov e to rnake". Trotz di eser er freulichen Entwick lung in Norwegen sprich t sich di e Verfessenn gegen eine Quotenregelung fü r die Schw eiz aus. Auch in der Schweiz w ird die Quote nd isku ssion imm er wieder geführt. So w urde z. B. im Kant on Basel-Stadt im Mai 2009 eine Moti on " bet reffend besseres Risikom anagement du rch geschlechters pezi fisch au sgewo gene Besetzung der Verw altungsrä te im öffentl ichen und halb-öffentl ichen Bereich " eingereicht. Darin wi rd ein Frauenanteil von min destens 30% gefo rder t. Au ch auf Bu nd esebene soll vor dem H intergr und der Finanzkrise eine 3O%ige Frauen quo te in den bund esnahe n Betrieben erarbei tet we rden (vgl. C rossrat 20(9). Zum einen läss t sich diese Ford eru ng ana log zum Modell in No rweg en - nu r auf bör senk otie rte Unternehmen sowi e vielleicht au f die öffentlichen u nd hal b-öf fen tlichen Körper schaften auf Bundes-, Kant on s- u nd Gemeindeebene anwenden. Diese Unte rnehmen machen jedoch nur einen kleinen Anteil de r Schweize r Wirtschaft aus. Sie w ird domin iert von kleinen und mi ttleren Unternehmen, mit we niger als 250 Beschäft igten, d ie an keiner Börse gehandelt we rden u nd in d ene n Bund, Kantone und Gemei nden auch ke ine Beteiligu ngen halten. Vor d iesem H inte rgr un d stellt sich die Frage, w ie d iese Firmen d azu gezwungt'n we rden sollen, ihren Frauenan teil in den strategischen Gremien zu erhöhen . Zum ande ren ist die Schweizer Ku ltu r ge p räg t von einer Abwehrhaltung gegenübe r jeglicher Art von "Zwangsmassnahm en". Zu dem widersprechen d ie Einfüh ru ng einer Quote nregelung un d d eren Umse tzu ng der politischen Z ielsetz ung na ch De regulleru ng und ad m inis tra tive r Entlas tung. Eine solche Quote kö nnte den Frauen meh r schaden als sie nütz t. Es m uss an dere Argumente gebe n, um d ie Verantwor tlichen von einer besseren geschlechterspez ifischen Durchm ischu ng zu überzeugen . Un d diese A rgumente gibt es, w ie der nä chs te Abs chnitt zeig t.
9.2. 3
Diversität als Mehrwert für Unternehmen
Eine Diverst rat in de r Zusam menstellu ng der Aufs ichtsg remi en bringt d en Unternehm en einen ök on omischen Mehrwer t wie d ie folgen d en zwei Beispiele illustrieren (vgl. Ene no aller Kau fentscheide werden von Frauen getätig t u nd seit de m ne/Rtg csst 2008; 1 f.): 75'Y Jah r 2005 sind mehr als 50% der Hoch schulabgänger weiblichen Geschlechts. Im Wettbewe rb um Talent e sind also Arb eitgeber, welche für Frauen att raktiv sind, klar im Vor teil. Die Releva nz von Frauen au f de r Füh rungsebe ne greift auc h eine im Januar 200S vo m World Economic For u m veröffentlichte Studie auf (vgl. WEF 2(08). Sie geht von folgenden .Leader ship Challenges" fü r d ie nächsten Jah re aus: Erstens Wettbewerbsfähig keit erhalten durch nachhaltige Wertsteigerung, zweitens Vertrauen in de r Öffentlichkeit schaffen du rch gute "Co rpor ate Covemance" u nd dri tte ns gesellschaftliche Veran keru ng de r Untern ehme n erreichen d urch gele bte "Corpora te Citiz enshlp". Die Bewält igung dieser Heraus forderungen forder t von den Unterneh men unter an derem eine neu e Qualität des Is-
130
Freuen in Aufsichtsgremien . talentiert e Frauen sichtba r machen
sue- und Rtsikoma negements, d . h. neue Themen m üssen rech tzeitig er kannt un d de r Rada r für mög liche Risiken noch besser ausgerichtet werden. Darüber hinaus en tscheiden Innovatione n meh r d en n je übe r den Erfolg, und schliesslich träg t d ie Una bhängigkelt VOll Entscheidungsträgem wesentlich zu r Vertrauens bildung bei den Ansp ruchsgru ppen bei. In Zukunft gilt es Teams aufzubauen, we lche einen neuen Mi x von Fähigkeiten, Themen und Impu lsen einbringe n. Ge mischte Teams ve reinen eher d iesen Mix und stellen d am it ein Erfolgspo tenzial dar.
Für die erfolgreiche Umsetzung der geschlech terspezifischen Diversi tät gibt es einen zentra len Erfolgsfaktor. Konsequenz. Sie d rü ckt sich in meh rfacher Weise au s; Glaubwürd igkeit, Langfrisügkeit und Investitio nsbereit schaft. Es bra ucht ein glaubwürdiges Cornmttment und Zielsetzungen au f allen Eben en, vom Verwaltungsrat über d ie Geschäftsleitung bis zu r Kader- und Mitarbeitenden-Ebene. Gerad e der Verwaltungsrat muss sich kon krete Zie le setzen und sich d aran auc h messen lassen. Wie glaubwürdig ist ein Verwaltungsrat. der im Unterne hmen d ie Umsetzung von Fraue nförderprogrammen fordert, sich selber jedoc h davon ausni mmt? Für die erfolgreiche Umsetzung ist eine langfristige Perspe ktive not wend ig. Es geht um die Schaffu ng einer neue n Dimension in der Un terne hrnenskultur, und das braucht Zeit. Letztlich braucht es auc h noc h d en klaren Willen zur Investition. Es geht um Aufbauarbeit und u m Investitionen in die Teamentwicklu ng. Wenn gemisch te Teams und d amit auc h ein höhe rer Frauenanteil Mehrwert generieren, d ann m uss der Bewe is auch im Finanzmarkt zu finden sein. Und diesen gib t es . Im mer mehr In vestoren suche n " nachhaltige Anlagen" . Da be i hand elt es sich u m Anlagen, welc he nich t nur kurzfristi ge Ren d ite bieten, sondern längerfristig und d amit nac hha ltig Werte schaffen wo llen . Die so lchen Finanzma rktp rodu kten zug runde liegend en Analysen beinhalten meist ens auch d ie Beurteilung des Frauena nteils im Untern ehmen. So ist z. B. be i der Vermögensmanilgementgesellschilft forma futura Invest AG de r Frauenanteil im obe rsten Management ein wichtiges Beurteilungskrite riu m für die Un ternehmensanalyse und d ie Inveslit ionsentscheide. Noch exp liziter w ird der Zusammenhang zwischen Frauenantei len u nd Mehr wert durch Inveslit ionsfonds betont, welc he z. B. nu r in vo n Frauen geführte Unterneh men investie ren (vgl. u. a, Hos tenle r 2008: 23; Schmid 2009). D ie Tatsache, dass heute eine steigende Anzahl solcher Anl agep rodukte vo n renommierten Fina nz instituten angebot en werden, lässt vermut en, d ass d ie Meh rwe rte nicht nur erkannt, sondern auc h realisiert we rde n. Mehrere Studien sind diese r Frage riechgegangen und zu m Ergebnis gelangt, d ass Firmen mit einem höheren Frauenanteil statistisch sig nifikan t besse r abs chneiden bei Rend ite un d Eblt (Ma rge) (vgl. Desvau xlD evillar d-Hoell inger/Baumga r ten 2007). Die obe n gemachte n Ausfüh ru ngen zeigen, d.1SS eine gu te Durc hmisch ung de r Geschlech ter auf allen Stufen des Unterneh mens zu einem Meh rwe rt führ t. Bleibt nur d ie Frage: W ie realisiert ein Unterne hmen diesen Mehrwert und findet gee ignete Frauen?
MicheIe Etie nne
9.3
GetDiversity - das erste Schweizer Netzwerk für Verwaltungsrätinnen
9 .3 . 1
Auslöser für die Geschäftsidee
131
Auslöse r für die Finnengründung wa r zu m einen ein Zeitungsa rtikel im Jahr 2007. Dieser besagte, d ass nur 7% de r Verwa ltungsratssitze in Schweizer Unte rne hmen von Frauen besetzt seien . Anderersei ts wur de die Au tor in in ihrer Funktion als Verwaltungsr ätin imme r wiede r mit d er Frage kon fron tiert: "Wi r suchen eine Frau fü r unseren Verwa ltu ngsr at, kennen Sie eine geeignete Frau?" Die gleichen Erfahrungen mach te auch eine Verwaltungsratskollegin. Eine Literaturrecherche zum Thema weckte d ie Neugier der beiden un d führte zu einem ersten Brainstorming. au s der die Vision en tstand " in der Schweiz DIE Ad resse für Firmen, O rganisat ionen und Vermittler zu werden, welche spez ifisch auf de r Suche nach qualifizierten Frauen für strategische Gremien sin d ". Wenige Wochen spä ter standen die Grun dz üge des Geschäftsplans fest un d wurden im Nove mbe r 2007 mit der Grü ndu ng der Cettriversity GmbH in die Tat u mgese tzt. Das Geschäftsmode ll von GetDiversity ist in Abbild ung 9.1 da rges tellt. Bew usst wu rde bei de r For mulierung de r Geschäftsi dee ein Tabubruch begangen. Viele Netzwerke, vor allem Frauennetzwerke. bas ieren au f Eh renamtlichkeit und Freiw illigenarbeit. Der Ansatz von Get Diversity hi ngegen basie rt auf kom merziellen Kriterien, d. h., da s Geschäftsmodell ist so gesta ltet, dass die nö tigen Erträge aus d em Geschäft gene riert we rden können. Diese decken nich t nur die laufenden Kosten, sondern erlauben es auch, d as Mode ll weiterzuentwickeln . Nur was wirtschaftlich er folgre ich ist, hat d ie Chance, längerfristig zu bestehen . Die kommer zielle Ausrichtu ng ist aber auc h en tscheidend für d ie Qualität des Netzwerkes und de r Vermittl ungsar beit. Darü ber hi nau s bew egt sich GetDiversity in einem etabl ierten Markt von Personalvermittlern, wen n auch in einer klar definierten Nische. Die Spielregeln d ieses Marktes sind zu beach ten . Und scbliesslic h haben die Gründerinnen und Gesellschafterinnen de r neuen GmbH die nö tigen An fangsinvestitionen aus eigenen Mitteln aufgebracht. Die Ausarbeitung des Gesch äftspla nes beinhaltete d ie kritische und systematische Ausei nanderset zung mit folgend en Elemen ten: •
Beda rf nach talentierten Frauen seitens Unternehmen
•
Bed ü rfn is nach Verwaltungsrats mandaten se itens Frauen
•
Ma rktsi tua tion und Konk urrenzanalyse
•
Erfolgs- und Risikofaktore n
Die Auswertung vorhandener Statistiken und Marktanalysen beantwortete die ersten Elemente. Mit Hilfe von rund 20 stru ktu rier ten Interviews konnten Erfolgs- un d Risikofaktoren getes tet und dar auf basierend d as Geschäf tsmodell ausgearbeitet werden.
132
Freuen in Auf sichtsgremien . talentiert e Frauen sichtba r machen
Abbildung 9.1
GeschäftsmodelL von GetDiversity
GelOiversity Orga nisationen
Frau en
Netzw &rk l &ilnahm e :
Unsere Haup laufga ben :
• 8a weroungund Interview • Einlrillsge biJhrund Jahresbeilrag
• Nelzwerkorganisation und -pflege • Marl<etingund Kommunikau(l'l des Netzwe rkes sowie unserer gemeinsamen Anliegen • Individuelle Beratung und Betreuung von Unternehmen • Wei jerbildungsprOl;Jamm • Coaching Teilnehmerimen
Nutzen: • Erhöhte Chancen aufVR· Mandale • Hochkaräugesund gleichgesinnles Nelzwen. • Weilerbildungsangebole • Informationen undAustausch ZJ..m Them a (Anlässe . Newsl etler, Intranet)
VR-Vakanz ' • Erslgespr.tlch • A nfo rd (l ru n!l S prol ~ • FlalfeelU' Short list • Erfol gsprovision beiWali1 Nutzen: • Kompelenle,individuel e und persönliche Beralung • Weibliche Kandidatinnen • Auswahl mehrerer passender Kano:Mabnnen
• Kostenloselong net • Keine .moralische-Verpflich tung
Erfolgse ntschei dend fü r Cetpiversity ist einerseits d ie Qualität der Net zwerk-Teilneh mer innen, d ie im Rahmen von intensiven Bewerbu ngsgesp rächen rekrutiert werden. Die Ceschaft sführe rinnen kennen alle Mitglieder pe rsönlich, d enn nu r so lassen sie sich zur richtigen Zeit am richtigen Ort für ein Mand at empfehlen . Andere rseits müssen sich die Geschäft sfü hrerinnen eine hohe Glaubwürd igkeit bewahren in de m, wa s sie tun. Der Leistungsausweis mit eigenen Verwaltungsratsmandaten sowie die Tätigkeit in der Strategieun d Organisa tionsbe ra tu ng sind unerlässlich , um zu erkennen, was d ie Unternehmen aktuell und in Zu kunft beschäftigt und wie man an diese un ternehmerischen Fragestell ungen herangeht. Und scblies slich ist das .Joogo nteroebroen" darauf angewiesen, von kompetenten Persö nlichkeiten im Vor ha ben beg lei tet zu we rden . Der Beirat von Persönlichkeiten der Schweizer Wirtschaft begleitet d ie Geschäftstätig keit mit Rat und Tat, aber auch konstruk tiver Kritik.
9. 3. 2
Ziel setzungen und Erfolgsbilanz
Mit H ilfe des aufgebau ten Netzwerkes sollen drei Ziele er reicht we rden. Erstens sollen Firmen und Organisationen, welche gezielt und bewu sst Frauen fü r ih r Aufsicht sg remi um su chen, bei GetDiversity die richt igen und passenden Kandidatinnen finden. Zwei tens so llen d ie Teilnehmerinnen di e Möglichkeit erhalte n, sich " fit" zu ma chen für die Über nahme solcher Mandate, z. B. m ittels gez ielter Wei terbild ungen u nd dem regelmä ssigen Austau sch mit an deren Verwaltungsrätinnen. Drittens sollen sich d ie Mitglieder von Cet Diversity an der öffentlichen Debatte um wichtige Wirtschaft sthemen als Verantwor tun gsträgerinnen einbringen.
MicheIe Etienne
133
Die Bilanz nac h knapp zweijähriger Geschäftstä tigkeit ist grösstentetls positiv. Seitens Unterne hmen sind mehrere Platzieru ngen erfolgt, unte r anderem auc h bei einem intern ationalen, bö rsen kotierten lnd ustrlek on zem . Das Wohlwollen und Interesse gegenüber dem Anliegen und der Geschäftsidee von GetDi versity seitens der Unterne hmen ist gross, d ie Anf rage n für Mandate ne hmen stetig zu, bed ingen jedoch eine gTOSse Vorleistung de r Ceschäftsführert nnen. Dieser Ums tand hä ngt damit zusammen, dass die Besetzung de r strategischen Grem ien in den meisten Fällen nach wie vo r ein Akt de r " Berufung" ist und vorwiegend innerhalb des eigenen Netzwerkes der Mitglie der des Verwaltungsrates erfolgt. Ange bote, wie dasjenige vo n Get Dive rsi ty, sind in diesem Markt neu lind ungewohnt. Die Zielsetz ungen hi ns ichtlich Auf- un d Ausba u des Netzw er kes konnten hingegen vo llumfängl ich erreicht we rden. Das Netzwerk umfasst aktuell 85 Frauen (Stand: August 2(09).
9.4
Fazit
" Frauen in Verwaltungsräten" ist seit längerem ein Dauerthem a in den Med ien . Die Beiträge zeigen auf, dass gemischte Teams den Un terne hmen einen Meh rwert br ingen . Bei d er Umse tzung hin kt die Wir tschaft der Forsch ung h interher. Dass sich dies ände rn wird und dass d ie Nachfrage nach Frauen auch in Aufsichtsgremien steigen w ird, ist abseh bar. Die Un ternehmen stehen im mer stär ker im Fokus von Analysten, welc he im Rahmen ihrer Nachhaltig keltsanalysen auc h den effektiven Frauenanteil in Aufsichts- und Exekutivfun ktion en beurteilen . Zude m ist au ch zu ve rmu ten, dass aufg rund de r ak tuellen Wirtschaftsentw icklung für viele Untern ehmen d ie Bedeu tu ng einer fundierten .,Cor porate Res ponstbility" noch steigt. Dies dürfte auch die Nachfrage nach neue n, anderen Sichtweisen au ch au f oberster Unternehmensstufe zusätzlich verstärken (vgl. Flubacher/Wi ttwer 2(09), Die im me r wieder ve rnom mene Behauptung, dass es zu wenige qualifizierte Frauen gibt, ist falsch. Richtig ist hingegen, dass Frauen wenige r in den trad itionellen Netzwerken ve rkehren und da durch für die Entscheidungsträger (noch) zu wenig sichtba r sind. Abhilfe scha ffen können neu e Wege bei der Suche nach talentierten Frauen, wie d as Beispiel vo n GetDi versity ze igt. In die Pflicht zu nehmen sind jedoc h auc h die Frauen selbe r. Sie müssen mehr Mu t und Engagemen t in eigene r Sache an d en Tag legen. Eine rseits indem sie klar den Willen für die Übernahme von Aufsic htsfunktio nen signalisieren . Anderersei ts haben bestehe nde Verwa ltungsrä tinnen ebenso wie Man agerinnen eher Zugang zu qualifizie rten Kandidati nnen u nd so llten konseq uent d afür so rgen, dass bei jede r Evaluation einer Vakanz geeignete Kolleginne n m iteinbezogen we rden. Frauen sitzen im Coc kpi t und tragen Mitve rantwor tung für d ie erfolgreiche Unterne hmensführung. Abschliessend lässt sich festhalten. dass Diversität meh r ist als " political correctness". Unterne hmen erzielen durch Frauen in Aufs ichtsgremien einen Meh rwert, indem: •
Frauen di e Profitabilitdt, Wettbewerbsfähigkeit u nd Kundenorientier ung fördern,
•
eine Qu elle fü r qu alifizierte und una bhängige Verwaltungsratskandidaten sind,
134
Freuen in Aufsichtsgremien . talentiert e Frauen sichtba r machen
•
d ie Effek tivität in der Zusa mmenar beit durch andere Erfahrunge n, Ar be itsweisen und Per spe kt iven erhöhen und
•
d ie Präsenz von Frauen im Verwaltungsra t ein starkes Zeichen für die Po sitionier ung auf dem Arbeitsmarkt setzt .
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10
Talent Management in der öffentlichen Verwaltung
Kanton Bern HlllIs-Ulrich Zureher
10.1
Annäherung an den Begriff Talent
H insich tlich des Talent Managements ste llt sich zunächst die Frage, welche Mitarbeiten den in welcher Intensität mit welchen Massnahmen anvisiert we rden sollen. Anges prochen ist d am it zunächs t die Frage: We r ist ein "Talent"? Zu diesem Begriff findet sich in der Literatur eine Vielfalt von Umschreibungen (wi e beispielswe ise unlängst auch in einer Umf rage bei verschiedenen Schweize r Arbeitgebern; vg l. Talent Management 2009: 8 H.). So w ird er z. B. als "angeborene Anlage zu guten bzw. besonderen Leist ungen auf bestimmten Ge bieten" (Brockhaus) verstanden und "synonym fü r Begabu ng" un d "vielfach einhergehend mi t wei teren Begriffen wie H igh Poten tial, Top-Perfo rme r, . .." verwendet (vgl. Altrock 2009: 2). Wi rd Talent in einem weiten Sinne ve rstanden, erfasst der Begriff grundsä tzlich den gesamten Persona lbestan d im Sinne von "jeder Mitarbeitende hat Talente" (vgl. Altrock 2009: 4; Escber Clauss 2008a; Wunderer 2008). An de rnfalls bestehe d ie Gefahr, " dass man Talent zu etwas we ltweit einmaligem u nd völlig une rklärlichem heran s tilisiert" (vgL K örber 2007: 13). Häu fig fok ussieren Defini tionen alle rdi ngs klar auf einen bestimmten, beschränkten Teil des Personalbestands. insbesondere auf Mita rbeiten de mi t hoher Leistungsbereitschaft und grossem Potenzial (vgl. Talent Ma nage ment 2009: 8 H.), beispielsweise mit der Umsch reibung, mit Talent seien " Personen mi t strategisch relevanten Kompetenzen gemeint, die d as Unt ern ehmen für die Besetzung se iner er folgs kritischen Pos itionen benötigt" (vgl. DGFP 2008: 8). Als Zie lpublikum eines Tale nt Managemen ts werden so mi t namentlic h Personen anvisiert, die einerseits über eine gewisse Begabung, Fähig keit oder Potenzial ve rfügen und ande rerseits ein hohes Mass an intrinsischer Motivation aufweisen (vg1. Kör ber 2007: 13). Andernorts erfolgt d ie Def in ition anhand von immer wiederkehrenden und in üb ere instimmender Weise identifizierten Merkmalen, so z, B. auf Grund eine r breit angelegten Befragung in England. deren Resulta te in folgende r Definition mü ndeten: "Talent consists of those indivlduals who can make a difference tc organtsettonal pe rfcrrna nce, etther through thetr immediate contribu tion or in the lon ger te rm by de monstre ung the h ighest levels of potential" (vg l. Tansley et al. 2007; 8). BlswetJen w ird d er Begriff mit einem Elite-Ansatz in Verbindung gebracht und auf entsprechende Risiken hingew iesen . Kobi (vg1. 2009: 56) weis t beis pielsweise auf das Risiko einer Demotivation der übrigen Leistungsträger hin. Korber (vg l. 2007: 13) ve rwe ist auch auf das Spannungsfeld zwischen eine r im Umgang mi t Talen ten nic ht geübten, vom Mittel ma ss
Tatent Management in der öffentlichen Verwaltung
138
ge p räg ten Gesellschaft u nd dem Risiko, da ss mö gliche Talen te wede r von and em noch von sich selbe r erkann t wer den bzw . Angst ha ben , sich zu " uu len ",
Ang esichts d ieser Vielfalt erschöpfen sich auc h in jün gster Zeit einschlägige Abhand lungen bisweilen in der Feststellung, dass es eine allgemeingültige und überall zut reffende Definition des Begriffs Talent nicht gibt bzw. nicht geben kann (vgL Altrock 2009: 2; Stricker 2008; 4). Somit wird de r Begriff Talen t also regelmassig in p ragmatische r und d ifferenzier ter Webe un d woh l auch mit Blick au f die Stossrichtung an visierter, organisationsspezifischer Massnahmen zu umschreiben sein. Je nach gewählter Definition ergibt sich som it - nicht zu letzt hinsichtlich d es Umfangs des anvisier ten Perso nenkreises - eine bestim m te Ausgangslage. wenn es darum geh t, Talen te zu identifizieren bzw. zu gewinnen, gez ielt zu en twickel n und längerfristig zu binden .
10.2
Ausgangslage Kanton Bern
In d er Verwaltung des Kantons Bem ha t Personalentwicklu ng als Elemen t der Per sonalpolitik seit langer Zeit ihren festen Pla tz. Auf Gru nd ve rschiedener Autträge und Absich tser kläru rigen (vgl. Personalgesetz 2004; Personalleitbild 2006; Richtlin ien de r Reg ieru ngspolitik 2007-2010) we rden Instru men te zur Führu ng und Förderung de r Mitarbeiten den und ein Ange bot ange messener Weiterbil dungs- und Ent wicklungsmöglichkeiten bereit gestell t, mit welchen insbesond ere •
die berufliche und persönlic he Entwic klu ng der Mita rbeitenden ent sp rechen d ihren Aufga ben, Eign ungen und Fähigkeiten gefö rdert,
•
dadurch ein hohes Engagement unterstü tzt,
•
die interne und externe Mobilit ät bzw. die Arbei tsmarktfä hig keit sicher geste llt und
•
mit einer pa rtnerschaftliehen Unternehmenskultur die optimale Entfaltu ng der Potenziale aller Mitarb eitend en ermöglicht we rden .
Mot iva tion h ierfür und namen tlich für die Ent wicklung und Einführu ng eines Talent Mancgements sind in der Verwaltung des Kan tons Bem gr undsä tzlich dieselben Gründe, wie sie im Allgemeinen häufig genannt werden, insbesondere der Wan de l in gesellschaftlicher, demographischer und ökonom ischer Hinsicht, da s Kompetenz- bzw . das Wissensmanagement sowie Bind ung de r Mitarbeitenden u nd Förde run g ihrer Arbei tsma rktfähigkeil. Bei der Konzeption und Umsetzung ent sp rechender Masse ahm en des Talent Managements kan n die Stru ktu r des (bestehenden bzw. kün ftigen) Perso nalbestands nicht unberücksichtigt bleiben . Für den Kanton Bem als Arbeit geber gilt d ies aus folgenden Gründen in besonderer Weise: Unter dem gebräuchlichen Begriff .Kantonspersonal" und dem kant onalen Per sonalrech t un ters tellt, beschäftigt der Kanton Bem mehr als 21'000 Perso nen, we lche sich in rund 16'000 Vollze itstellen teilen . Darin en th alten sind die Angestellten der d rei Hochschulen,
uans-utncn Zürcher
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nich t aber d ie rund 157 00 Lehr krä fte (rund 10'600 Vollzeitstellen) auf d en Stu fen Kinderga rten bis höhe re Fachsch ulen u nd die schätzungsweise 25'000 Vollze itstellen in Spitälern und za hl reichen Institu tionen des Sozlalbereichs, d ie von au tono men Trägerscha tten gefüh rt werden. Eine An nä heru ng an die Stru ktu r d ieses grossen und ausgesprochen heterogenen Persona lbestands er lauben einige Kennza hlen ; •
Die Mitarbeitend en sind in über 500 Beru fen bzw. Funktionen mit sehr un terschiedlichen Anforderungen und Q ualifikat ionen tä tig.
•
Mit ru nd 45% ist d er Antei l de r weiblichen Angestellten vergleichswe ise hoch. Beme rken swert ist d ie mit zunehmendem Alter kontinu ierliche Abnahme des Frauenanteils. lieg t er bei den 21-3Ojährigen bei fast 60%, beträgt er bei den übe r 60jäh rigen nur noch ru nd 30%.
•
Knap p d ie Hälfte alle r Mitarbeitenden sind in Teilzei t (Bescbaüigungsgred s 90%) besch äftigt, wovon fast 70'Y" Frauen .
•
Die Mita rbeit enden sind im Durchschnitt knapp 44 Jah re alt und seit rund 12 Jahren für den Kan ton Bern tät ig.
•
Ne bst überwiegend deut schsprachigen Mitarbe itenden sind rund 8% des Per so nals französische r Mutt ersprache.
•
Oie Mitarbe itend en stammen aus übe r 80 Na tionen.
Diese Gegebenheiten stellen hohe An for derunge n an die Ausgestal tung der Personalpolitik und de r Ans tellungsbedingungen sowie an eine aus .Konzem stch t" bet riebene Personalen tw icklung im Allgemeine n u nd an das Talent Management im Besonderen.
10.3
Bestehende und geplante Talent ManagementMassnahmen
Als Querschnittsaufga be des Personalmanagements greift Talent Management in ve rschtedcne Hu man Rcsources Bereiche ein u nd bezieh t sich ebenso auf di e Id entifika tion und Gewinnung von Talenten, auf deren Entwicklu ng sowie de ren Einsa tz und Erhaltu ng . Es um fasst somit namentlich Massnah men de r Personal rekrune ru ng, des intern en und ex ternen Personalmarketings und der Persona lent w icklung sowie der attraktivitä ts- u nd bindungsorien tie rten Gesta ltun g alle r Personalau fgabe n m it dem Ziel, die Talente an da s Un ternehmen zu b ind en, ihre Loyalität zu steigern und ihre Leistung zu erhöhen (vg l. DGFP 2008: 8) bzw. "Stru ktu ren zu schaf fen, d ie es Menschen ermögli chen, sich au szuprob ieren" (vgl. Sprenger 2009: 16). Allei n diese kurzen H inweise auf Begri ffsumschreibu ngen deu ten auf eine Fülle vo n Aufgaben im Rah men de s Talen t Managements hin . Die folgenden Darstellu ngen beschränken
Tatent Management in der öffentlichen Verwaltung
140
sich auf die Skizzierung einer Auswahl vo n Massnahrnen und Angeboten, welche in d er Verv....altung des Kantons Se m berei ts eingefüh rt sind oder sich in eine r fortges chri tte ne n Konzeptionsphase bef inden.
10.3 .1
Identifikation interner Talente
Mitarb eitergespräch Die in der Verwaltung des Kantons Sem üb licherweise jährlich durchgeführten Milarbe ilerges prä ch (MAG) dienen einersei ts der Beu rteilung der Leist ung und des Verhaltens de r Mitarbe iten d en, biet en and ererseits aber auch Gelegenheit zu einer allgemeinen Standor tbestimmung, we lche un ter anderem die Erörterung de r pe rsö nliche n und beru flichen Enlwicklungspe rspektiven so w ie eine Potenzialeinschä tzu ng umfass t. Der Stru kturie rung d iese r Gespräche dienen elek tronisch verfügbare und auf d ie kon krete Situation adaptierbare Un terlagen . Sie sind auf eine m sei t Jah ren eingesetzten, spezifisch auf die Bed ürfn isse der Verwaltu ng zugeschnittenen Kom petenzmod ell mit d rei Achsen bzw. sechs Beur teilungsfeldem au fgebaut (vgl. Abbildung 10.1). Abbildu ng 10.1
Kompetenzmodell des Kantons Bern
$lfalegOsdle Kompetenz en A lde ntof"' ation
Fachloche Kompet",, "en
cStJ
Person loche Kompele
Unl_l>menscl>e Kompel8Rlen
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ua ns-utncn Zürcher
141
Dieses Kompetenz modell dient ins besondere de r Definition und Beurteilung von Schlüsselkom pete nzen. Darauf basierend, kann das MAG als Instrument des Personalm anagements einen Beitrag zur Identifizierung vo n Talenten in den eigenen Reihen leisten. Einen Beitrag im gle ichen Sinn vermag auch die seit einigen Jah ren bestehende "Ansprechstelle fü r Führu ngsfregen " zu leisten , ind em sie - nebst ihrem Coc ch ing- und Beratu ngsangebot - auc h konkr ete Mögli chkeiten zur Weiterentw icklung au fzeige n ka nn .
Potenzialanalyse und Standortbestimmung Im Rahm en d er Identifikation sieh t das soe ben überarbei tete Fü hru ngs- und Kad erentw icklungs konzept in de r Verwaltung des Kantons Sem folgende zielgruppenspezifische Angebote vor (vgl. dazu auch das Unterkapitel Füh rungs- und Kaderentwicklungsangeb ote im Beso nderen): •
Personen, die sich auf eine Fü hrungsfu nktion vorbereiten od er eine solche vor ku rzem übernommen haben, soll in einer halbtägigen Potenziala nal yse ihr Kom petenzpro fil aufgezeigt u nd m it einem Entwicklungsgespräch Sicherheit bezüglich ihrer Karriereges tal tung ve rm ittelt werden.
•
Personen mi t mehrjäh riger Erfahrung in einer Füh rungsfun ktion soll eine Sta ndo rtbest imm ung in Form eines Development Centers und eine differenzierte Beurte ilu ng ihrer Stär ken und Schwächen er mög licht werden.
10.3.2
Gewinnung externer Talente
Präsenz an Hochschulen und Praktikumsmöglichk eiten Die Verwaltung des Kantons Sem präsentiert sich se it mehreren Jahren im Rahmen von spezifische n Vera ns talt ungen an einigen Hochschulen . Ziel dieser Pr äsen z, welche auc h der Förderung d es .Employer Brendtngs" dienen soll, ist die Konta ktna hme mit Stu dierenden, welc he sich im Hi nbl ick au f ihren Eintritt ins Ar be itslebe n für po tenzielle Arbei tgeber und de ren Angebote interessieren. Im Rahmen dieser Auft ritte - und au f weiteren Kanälen - werden jähr lich mehrere 100 Prakt iku msp lätze für Hochsch ulab solven tinnen u nd -absolvente n angeboten. Mit dieser Vielfalt von Praktika, welche in de r Regel zwei bis 12 Mon ate daue rn, können po tenzielle Leistungsträger/-innen frühzei tig auf den Kanton Bern als Arbeitgeber aufmerksam gemacht und auf der Basis posi tiver Prak tiku mserfahrungen Kontakte ge knüpft werden, welche sich später in de r Rekr utieru ng als vo rtei lhaft erweisen können .
142
Tatent Management in der öffentlichen Verwaltung
10.3 .3
Massnahmen zur Entfaltung und Entwicklung von Talenten
Allgemeine Weiterbi ldungsangebote Den Mitarbeitenden de r Verwaltung des Kantons Sem steh t ein ausgebau tes Angebot an ve rschiedenen Personalentwicklungsm ilssnahmen zur Verfüg ung. An dieser Ste lle erwä hn t sei lediglich ein jährlich ak tualisiertes, in tern es Aus- bzw . Weilerbild ungsprogra m m. Dieses u m fasst ru nd 150 Ange bote in d en Bereiche n Füh rungs- u nd Kad erentwicklung, Ch ange- und Projek tmanagemen t, Personalmanagement. Selbs tmanagement. Arbeitss iche rhei t, Gesundheusschutz sowie Sp rach kurse (vg l. Kanton Sem 2009.1). Es leistet einen Beitrag zu r beruflichen Weiterentwicklung, ind em d ie fachlichen, met hod ologtsc he n, sozialen Fäh igk eiten und Fert igkeiten sowie Führungskom pe tenzen evaluiert un d gefö rdert we rden. Som it wi rd d ie Arbei tsmarktfähig keit de r Mitarbe itenden sichergestellt und erhöh t, was d ie interne und ex terne Mobilität erle ichte rt. Nebs t d iesem kostenlosen intern en Ang ebo t wer den Mitarbeit end e, welc he extern e Weiterb ild ungen absolvieren, regel mässig mit Kostenbeiträgen un d/od er durch Gewäh rung von bezah ltem Urlaub un terstützt. Eine exp lizite Un terstüt zu ng erfah ren z. B. Abso lven tinnen un d Absolventen d es .Execu üve Master of Public Administra tion"-Leh rgangs d es Kompetenzzentrums fü r Publlc M..anagemen t de r Un iversität Bern, an d essen Aufbau und Promotion sich de r Kanton Sem m it ve rschiedenen Beiträgen beteilig t hat.
On th e job
~
Angebote
Nebst d iesen allgemeine n Weite rbildungsangeboten bestehen einige insbesondere auch an angehende oder be reits fungierende Kaderpe rsonen ad ressierte Ange bote: •
Unt er der Bezeich nung j ob- Ret ation besteht d ie Möglichkeit de r fach lichen u nd per sönlichen Weite rentwicklung und der För deru ng der Polyvalen z. ind em zwei Ange stellte verwaltungsintern u nd zeitlich befristet (idealerweise während 6 bis 12 Mon aten) ihre Stellen tauschen .
•
Im Rah men eines Pe rspek tive nwechsels können Mitarbeitende der Kant onsverwaltung in fünf bis zehntägigen Stages in Untern ehmen de r Privatwirtschaft (und umgekehrt) neue Sichtweisen, Arbei tsp raktiken un d -situatio nen kennen lernen. Dad urc h soll d ie Kund eno rien tieru ng sowie das gegenseitige Verständnis zwischen Privat w irt schaft u nd Verwaltung gefördert werden. D iese r Aspekt und d ie hohe Bedeu tu ng starker und kom petenter Verwal tu ngen wurde unlängst z. B. au ch vom Dire ktor des Schweizerischen Arbei tge berverbandes unters trichen (vgl. Kommu nalm agazin 2009: 36). Der Erfahru ngsaustausch von Mitarbe itend en d er kant onalen Verwal tung und privaten Un ternehmen ermöglicht es, die eigene Arbeitswelt aus dem Blickwin kel eines Partners zu sehen. Dieses Angebot anim iert zur Selbstreflexion und zeigt auf, wo Verbesseru ngsm öglichk eiten im Konta kt lind in der Zusammenarbei t mit de m Pa rtne r liegen . Überdies d ient es de m Au fbau eines Netzwerkes .
uans-utncn Zürcher
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Während sich die Nac hfrage nac h diesen beiden Angeboten aus teilweise nachvollziehbaren, zu m Te il abe r auch nicht restlos ge klärten Gründen bislang in en gen Grenzen hält, ha t sich ein weiteres Ange bot au f Anhieb .11s sehr erfo lgreich erwiesen: •
Mit dem vor kurzem erstma ls d ur chgeführten Men to rin g konnt e ein erkennbarer Beitrag zu r gezt elten Nac hwuchsförderung geleistet we rden. Innerhalb de r gesamten Kantonsverwaltung und somit d ie einzelne n Verwaltungseinheiten übe rgre ifend angelegt, konnten neue oder zu kü nftige Füh rungskräfte vo m Wissen un d von der Erfah ru ng einer bestandenen Führungsperson p rofitieren, indem exp lizites und implizites W issen wei tergegeben und wäh rend mehrerer Jahre erworbene Kenntn isse über Arbeitsinhalte u nd über die Or ganisation gezielt weiter ver mittelt wu rden. Bei den als Men tor/-in beteiligten Füh rungskräften wiederum w urde das Verständnis gefördert, dass Perso nalu nd Kad erent wick lung eine Aufgabe der gesamten Kantonsverwaltung ist. Ih r Blick für d ie Potenzialförderung im In teresse de r Gesam torga nisa tion u nd ihr Sinn für eine p rofess ionell umgesetzte Kaderentw icklun g ausse thalb der eigenen Organisationseinhe il wu rden geschärft.
In der Schlussphase de r Konzeption befindet sich zurzeit das jüngste Talent Management Ang ebo t: •
Powerpool : Diese Massnahme wu rde erarbeite t, wei l in einer Personalbefragu ng viele Mitarbeitende fehlende berufliche Entwicklungsmöglich keiten und ungenügende Gelegenheiten zur Mitwi rkung in Proje kten moniert hatten. In einem Pilot p rojekt soll folge ndes Konzept erprobt werden: Eine r beschränkten Za hl von entsprechend motivierten und in einem sp ezif ischen Verfah ren sele ktio nierten Nachwuchs kräften soll wä hrend einer bestimmten Zeit (vo raussichtlich wäh rend zweier Jah re) die Ge legenhei t geboten werden, ausseehalb ihre r anges tamm ten Aufgab enbereiche und O rganisationseinheiten in mög lichs t iiberd irek tionalen, them atisch unterschiedl ichen Projek ten vo n st rategischer Relevanz mitz uwir ken. Sie sollen d abe i einen nac hweisbaren Beit rag leisten, ind em sie - je nach Kompetenzen und Projektorganisation - als Projektm itarbeiten d e wir ken od er die Leitung eines Te ilprojek ts oder ga r eines gesamten Projekts übernehmen. Wäh rend ihrer Mitw irkung im .Powerpool" wird d as Pensu m de r Beteiligten im angestamm ten Bereich teilweise reduzier t, wobei ein Teil ih res dam it ver bu ndenen Ze itaufwands, analog einer ande rweitigen Weiterbild ung, zu Lasten der Beteilig ten geh en soll. Nebs t einer besch ränk ten Zusatzentschädigung soll den Beteiligten während ih rer Mitw irk ung im .Powerp ool" d ie Te ilnah me an einem Rahmenprogra mm (Fachrefera te inte rner und externe r Fachleute, Besu che bei Verw altungseinhei ten od er Un terneh mungen etc.) angebo ten werden, um den gegenseitigen Austausch und den Ausbau des pe rsönlichen Ne tzwe rks zu ermöglichen. Im Sinne d es Controllings beu rteilen einerseits die Teilnehmenden nac h Absch luss eines Projekts zusammen m it ih ren Vorgesetzten, ob d ie zu Beginn gemeinsam definierten pe rsönlichen Lernziele erreicht w urden. Anderersei ts wi rd der zu Gunsten des Projekts geleistete Beitrag d ur ch den/die Proje kta uft raggebe r be urteilt. Ein Abschlusszertifikat dokumentiert die Aussero rd en tTichkei t u nd d ie Art des gele isteten
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Tatent Management in der öffentlichen Verwaltung
Projekteinsatzes. Fü r di e ehe m aligen .Powerpoolr-Ange höngen soll schlfess lich auc h ein "Al umni"- Netzwerk aufgebaut we rden. Mit diesem .Powerpool" wer den mehre re Zielse tzungen ver folgt: Zunächst soll dieses Angebot als Masse a hme des Re ten tion Managements zur Mot iva tionsste ige ru ng und zur Stärkung d er Bind ung der Beteiligten an den Arbei tgebe r beitragen . Ferner soll da mit a kt ive Wisse nssicherung betrieben werden. Nicht zu letzt w ird dam it aber auch bezweck t, im Sinn e des internen Personal marketi ngs die Attra ktivität des Arbeitgebers konkret unter Bewe is zu stellen un d überdies einen Beitrag zur Nachfolgeplanung zu leisten. Erfahrungen in ver schiedenen Grossunterne hmen zeigen, dass he rkö mm liche Massnah men des Talent Managements in Form von so ge nan nten Talent Poo ls und indi viduellen Entw icklungsplänen für d ie Teiln eh menden regel rnässtg mit Erw artungen verknüpft sind, eine neue hierarch isch höhere Stelle übernehmen zu können . Die Beteiligten leiten da rau s offenbar häu fig einen Ans pru ch ab , gewissermassen au tomatisch für eine de mentsprechende neue Position ausgewäh lt zu werden. Ihre Eigen veranl wortu ng für d ie Entwicklung ihre r Karrie re geht durch den Stat us als Talent Poo l-Mitglied offenbar teilweise verloren und ihre Motivation kann sich ver ringe rn, we nn ih re Erwa rtun g hinsichtlich des Angebots einer neuen adäquaten Posi tion ma ngel s ents prechender Mög lichkeiten letz tlich nicht erfüllt we rden ka nn. Der h ier sk izzierte " Powerpool" trägt diesen Erkenntnissen und auch den Gegebenheiten in de r Verwaltung des Kan tons Bern Rechnung, ind em er nicht als Vorbereitung au f eine bes timmte Fun ktion konzipiert ist (wa s z. B. Sprenget (vg l. 2009: 16) ohnehin als " gar nicht mög lich" beze ichnet). Das Angebot soll deshalb au ch ni ch t primär als Karriereleiter erscheinen - es soll also nicht bereits auf Grund de r Selektion und Teilnahme am .Powerpool" eine Anspruchshaltung hi nsich tlich eines nächsten Karrieresch ritts he rvor geru fen we rden. Der .Powerpool" soll vielmehr auf d ie En twicklung .nea r the job" fokussiert und d as bes tehend e Potenzial anhan d kon kreter Leistu ngen bei der Lösu ng praktischer Probleme erkennbar mac hen (vgl. [etter 2009: 337 f., 345). Du rch die Aneignung von neuen Fach-, Führungs-, Soz ial- und Methodenkompetenzen so llen d ie Arbeitsma rktfähi gkeit und die Cha ncen der Beteiligten generell erhöh t werden, In teressante Karriereschri tte inne rhalb der kan tonalen Verwaltung (od er bei fehlenden Möglichkeiten subs id iär auch extern) machen zu können .
Führungs- und Kaderentwicklungsangebote im Besonderen Im Rah men eine s nu nmeh r weitgehend fertig ges tellten u nd stra teg isch au sgerichteten,
neuen Konzepts fü r d ie Führungs- u nd Kaderen twic klung soll für Füh run gs kräfte de r Verwaltung des Kanton s Sem ein Angebot bereit gestell t werden, welc hes namentlich den Zie lsetzungen d ient, •
Fü hrung als Kern au fgabe in effizienter, zielorientierter, wer tschätzender sowie vertrauensbildender Weise und som it erfolgreich w ahrz unehmen,
•
d ie eigenen Füh rungskompe tenzen regelmassig zu hinterfragen und weiter zu entwickeln,
ua ns-utncn Zürcher
145
•
die Füh rungs philosophie im Sinne eines gemeinsamen, modernen Füh run gsverstand ntsses und -handelns in der gesamten Kantonsverwaltu ng. unter besonderer Berü cksichtigung verwaltungsspezifische r Aspekte, (weiter) zu entwickeln,
•
das .Konzeendenken" inne rhalb der Kantonsverwaltung zu fördern und
•
Kaderangestellte fü r die Erkenn ung und Bewältigung bestehender sowie kün ftiger Aufga ben und Her ausfo rderungen de r Führungstätigkelt zu sensibi lisieren u nd zu befähigen.
Zur Realisieru ng d ieser Zielsetzungen ist unter and erem vorgesehen, •
ein mehrstuf iges un d umfassendes Curriculum von Massnahrnen mit einer gewissen Verbind lichkeit (und zum Te il obligatorische n Eleme nten) anzubieten,
•
diverse Angebote mit Füh rungs relevanz zu vermitteln u nd zu verankern (z. B. durch Verknüpfung mit Angeboten im Bereich des Change- und Projekrmanagements, des Betriebl ichen Cesundheitsmanagernents etc.),
•
die Karr iereplanu ng und -entwicklung zu u nterstützen,
•
für bestehende und angehende Fü hrungskräfte die Netzwerkbildung zu fördern und
•
Fühn mgskrä ften auf Anf rage lind individuell wei terhin bereits bes tehende Angebote zu offerieren. Dazu gehören namentlich Coaching, Unterstüt zung bei Tea mentwick lungsaktivitäten sowie Beratung und Unterstützu ng im Bereich des Change- lind Projektmanagements.
Einige konkrete Beispiele Beisp iel 1: In einer Verwaltungseinheit wurde die Ste llvertret u ng des ku rz vor der Pensionierung stehenden Chefs in talentfördernder Weise geregelt, indem sie aufgeteilt wurde auf einen Mitar beitend en mit fas t gleic hem Alter und au f eine ru nd 25 Jahre jünge re Mitarbeiterln, welcher sowohl se itens ihrer Vorgesetzten als auch auf Grund eines Potenztat-Assessments eine hohe Eignung fü r diese Aufgabe und auch das Potenz ial für d ie spätere Übern ahme der Leitungsfunktio n attestiert wurde. In diesem Fall haben die Verantwortlichen unter dem Aspekt de r " Untern ehmenskultur als Basis für eine erfo lgreiche Nachwuchsentwicklung" d as Postulat in die Tat umgesetzt, " auch jungen Potenzialträgem Verantwo rtung zu überlassen" (vgl. Räbiger 2009: 5). Beispiel 2: In einer anderen Verwaltungseinheit wurde m it Blick auf die innert we nige r Jah re sta ttfi ndende Pension ieru ng der Mehrheit der Geschäftsleit ungsmi tglieder ein Projekt zur Förd eru ng potenz ieller interner Nac hwuc hskräfte gestartet Interessierte Mitarbe iten de ha tten sich zunächst einem umfassenden Eignungs- und Persönlichkeitstest zu un terziehen. Einzel ne Personen absolv ier ten d iesen mit negat ivem Ergebnis. Bei verschiedenen ergab sich eine Eignung fü r eine fachorientierte Karriere. Ih r Potenzial w ird durch gezielte Massnahmen ebenso gefördert w ie jenes der Interessierten, welch en die Eignung für eine künf-
Tatent Management in der öffentlichen Verwaltung
146
tige Führu ngs ka rriere attestiert wurde. Letz tere ne hmen im Rah men des Projekts an einem ind ividuell zugeschnitten en Ausbildungsprogram m mit folgenden d rei Haup tkomponenten teil:
•
Schu lung der Füh rungs- u nd Sozial kompetenz im Rahm en per iodischer Ku rse,
•
Fachausb ild ung durch ve rtiefte Einfüh ru ng in alle Täugkeusbereiche der Verwaltun gseinheit,
• Sukzessive Überna hme von Verantwortung und Aneignu ng praktische r Erfahr ungen in konkreten Projekten. Beispi el 3: Eine besondere Massnahme zur Entwicklung von Talenten kennt schliesslich die Universität Bern: Im Hi nblick auf die Q ualifizierung bzw. die Übernahme einer besti mm ten or dentlichen oder aussetordentlichen Professur können für hervo rragend qualifizier te Nachwuchskräfte auf vier Jahre befristete Assistenzprofessuren mit .jenu re track " errichtet we rden. Die Leistungen der Inhaber/-innen d ieser Professu ren werden regelmässtg vo n einem Fachausschuss evalu iert und d ie Fakultäten erstatten der Universitätsleitung jährlich Berich t über den Stand der Leistungsentwicklu ng de r betreffenden Personen (vg l. Uni versitätsverordnung 2008).
10.3.4
Massnahmen zur Bindun g von Talenten
Wä hrend in der Verwaltung de s Kantons Bern die finanziellen Möglichkeiten zur ind ividuellen Honone ru ng von Talenten bzw . Leist un gsträgerinnen und -trägern (letstungsbaslerter Gehaltsaufstieg und einmalige Prämien bis 5000 CH F fü r au sserordentliche Leistu ngen) im Sinne de s Retention Managements klar beschränkt sin d, erweist sich folgendes Angebot als aweckmä sstge Massnahme:
Pr oj ektlei tungs- und Fachspezi ali st en-Karri er en Seit 2006 besteht fü r qualifizie rte Mitarbeitende di e Möglich keit, als Alte rnative zu einer klassischen Linienkarriere eine Fachkarrier e zu d u rch lau fen . Mit d ieser Massnahme wurde der Situation Rechn ung getragen, d.1SS sich bis anhin die Lau tbahnmöglichkeiten und de r Aufstieg in die höh eren Lohnklassen auf Führungskarrieren beschränkte, während fü r Ange stellte m it seh r ans pruchsvollen Projektleitungs - oder Fachaufgaben keine adäquaten Honone rungsm ögltchkenen bestanden. Für Fachspezialistinnen und -spez taüs ten besteh t nu nmeh r - in Abhängigkeit von den An forderungen und der Komplexität der Au fgabe die Möglichkei t, ein Gehalt zu erzielen, welches jenem von Fu nktionen auf der zweitobersten Fü hrungsebene (Abtei lungslei tun g lind de rgleichen) entspricht. Fü r Proje ktleitende erreichen die Lohnperspektiven gar da s Niveau der obe rsten Führu ngsebene. Diese Massnahmen w urden zunächst provisori sch eingefüh rt und haben sich inzwischen der messen bewährt, d ass ihre defini tive Verankerung im Funktionen katal og vorgesehe n ist. Mit die sen Mögl ichkeiten können zugleich mehrere Zielset zungen unt er stützt werden;
uans-utncn Zürcher
147
•
Zunächst werden für qualifizierte Mitarbeitende im Sinne des Retention Manageme nts neue Entwicklungs- und Loh npe rspektiven geschaffen, we lche ihre Bindung an den Arbeitgeber stä rken.
•
Diese alternativen Möglichk eiten trage n dazu be i, dass Mitarbeitende ihre Ka rr iereentwicklung mangels ande rer Pe rspek tive n nicht zwangsläufig auf eine Führungsau fga be ausrichten, für we lche sie nic ht in der erforderlichen We ise geeignet s ind.
•
Attraktive Lohnpers pe ktiven eröffnen sich somit ohne d ie Aufga be, dire kt Mita rbeitende führen zu müssen.
•
Ni ch t zuletzt könne n dami t für Projektleit ungs- und Spezialistenau fgabe n a ns telle von externen Fach leu ten vermehrt eigene, hoch qualifizierte Mita rbeite nd e eingesetzt werden. Damit wird nich t nur die Ab hängigkeit von ex ternem, zeitlich besch ränkt zur Verfügung stehendem Wissen reduziert, sondern tendenziell auch eine kos tengünstigere Alternative geschaffen.
In diese m Sinne können Talente in adäquater We ise u nd gernäss ihren Fähigkeiten und Bed ürfnissen eingesetzt werden. Das Pos tula t, die Durchlässigkeit zwischen ve rschiedenen Kar riereformen z u förde rn und d ie Optionen zu e rhöhen (vgi. Thom 2008: 13), konn te m it den erwähnten Möglichkeite n teilweise bereits in d ie Tat um gesetzt werden.
10.4
Fazit
Talent Management erfolgt in der Verwa ltung des Kantons Bem häufig in p ragmatische r We ise und o hne spezifische Proje kte, indem geeignete Mitarbeitende m it Potenzial anhand unte rschied lich er Mussnahmen gefördert werden, insbesondere durch •
Unte rs tü tzu ng ihrer We iterbildung im Fach- oder Füh rungsbereic h.
•
Übe rtrag ung von zusätzlichen, anspruchsvolle ren Aufgaben im Ra hmen der be stehenden Anstell ung (Förderung on the job) oder
•
Mot iva tio n zur Bewerbung au f eine neue, anspruchsvollere Fun ktion inne rhalb oder a ussethal b de r bisherigen Verwaltungselnhelt.
In Ergä nz ung dazu und im Sinne eines s ukzessive systematischeren Talent Managements erfolgt die Entwicklung und die Umsetzung der soeben dargestellten spezifischen Massn ahmen . Die Erfolgschancen eines Talen t Manageme nts in de r Verwal tung des Kantons Bem dürfen als positiv beurteilt werden: Cernäss Thom (vgl. 2008: 9) ist für Talente bzw. "für High Po ten tials insbesondere die Tätigkeit an sich ein en tscheidende r Anreiz" und die Arbeit soll "he rausfordernd, sin n- und identi fikationsstiftend sein un d ein Ge fühl von Wertschätzung und Anerkennu ng ve rm ittel n". Insofern befindet s ich de r Kan to n Be m als Arbeitgeber in einer grundsätzlich günstigen Ausgangslage, haben sich bez üglich dieser Aspekte in
148
Tatent Management in der öffentlichen Verwaltu ng
Personal befragun gen überd urchschnitt liche bis seh r gute Werte erge ben (vgl. Kanton Se m 2009b) . Ein erfolgskritischer Fak tor für all d iese Bestrebu ngen ist letztl ich insbesondere ein kons tru ktives und auf übereinstimmende Zielse tzungen im Sinne der übergeordneten Strate -
gie ausger ichtetes Zusammenwirken von Führungskräften und Personalmanagement. In der Litera tur w ird öfters da rübe r berichtet, dass dieses Zusammenwi rken in der Realität
offenbar nur beschränkt stattfindet , weil zur entsprechenden Verantwortung und Rollenverteilu ng un terschiedliche Auffassungen bes tehen. Während " manche glauben, Talent Management sei das Her zstüc k der Hu man Resou tces Arbeit", sind andere der Meinung. "es se i Sache der Pühru ngsk rä fte, Talen t Managemen t erfolg reich zu gestalten" (vgl. Ulrich 20M: 36; ähnlich auch Escber Clauss 200gb) und Talentförderung wird als " oberste vorgese tztenpflich t" bezeichne t (vgL [e tter 2009: 337). Derar tige Diskussionen sind einem zielgerichteten und er folgreichen Talent Management jedoch kau m zuträglich und es ist deshalb gegebenen falls eine Rollenklärung im In teresse de r Sache vorzu nehm en.
De r Autor da nk t Karin Detmer Beyelee. Racbel 5chm id und [ea n-Paul Weiler fü r ih re krit ische Durchsicht de s Ma nu sk ript s und ih re wertvo llen Hin weise für Ergä nz unge n und Ve rbesserungen.
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11
Einzigartig mit " wer kst olz " - mehr Wert für Menschen, Produkte und Unternehmen
Lantal Es/her Sc/UIII/tz
11 . 1
Lantal
Lantal wurde im Jah re 1886 als "Bau mann & Brand Lei nen webcre t" gegründet. Im Jahr e 1954 konnte man erstmals Sitzüberzugsstoffe für die Flu ggesellsch aft KLM p roduzieren und verkaufen. Im Bereic h Lu ftver kehr werden heut e Silzbezugsstoffe, Vorhänge, Velours, Teppic he, Leder- und Wandver kle idu ngen nach ind ividuellen Kun d enbed ü rfnissen prod uz iert od er a b Lager in Kollek tionen angeboten. Alle Produkte entsp rechen den hohen Anforderungen de r internationa len Zivilluftfah rt im Bezug auf Schwe rentflammba rkeit, Gewicht und Langlebigkeit. Zum Kund enkreis ge hören über 400 Fluggesellschaften und alle füh renden Flugzeug- und Sitz hersteller d er Welt . Im Bereich Bus- und Bahnverkehr werden hochwertige und besond ers strapazierfähige Velours- und Flachgewebe sowie Teppiche herges tellt und vertrieben. Die bede utends ten Abnehmer sind Bushe rsteller. Tour Operators und Unternehmen des öffentlichen Verkehrs. Lautal is t ein typis ch schweize risch es Klein- und Mi ttelgrosses Unternehmen (KMU), welches m it rund 460 Mitarbeiten d en im zweiten Sektor als Ind ust riebe tr ieb tätig is t. Das Unternehmen bet reib t insgesamt vie r Prod ukt ionsstand orte. wovon d rei in der Schweiz und ein weiterer in Rural Hall(USA ansässig sind . Ebenso ist Lau tal bei den beiden grö ssten Flugzeugherstelfem , mit Verk aufsbüros vor Ort ve rtre ten, in Toulouse für Airbus und in Seaulc für Boein g. Der nach folgend e Beitrag ze igt exemplarisch auf, wie auch kleinere und m ittlere Firmen m it wenig Ressourcen ein Talen t Management a u f- und ausbauen können.
11.1.1
Vorbildlic he Nachfolgeregelung
Eine werteorientierte. nac hhaltige und flexible Führung ist die B.1Sis für u nterneh merische s Hand eln, welc hes in so vielen KMU der Schweiz vorbildlich und wegweisend gelebt wird. Bei und für Lantal wu rde dieses (Mitarbeiter-) Füh ru ngsverständ nis im Kontext einer Nachfolgeregelu ng be sonders w ichtig. Der " Patron" Urs Baumann. sei nes Zeichens in der d ritten Fam iliengenerat ion Inha ber und Geschäft sführer, wollte sich ab 2003 schrittweise au s dem operativen Ge schäft zurückz iehen und in den Ruhesta nd gehen.
152
Einzigartig mit .werkstclz" . mehr Wert für Menschen, Produkte und Unternehm en
Die Suche na ch einem neuen Unternehmensleiter wu rde im Jahre 2002 erfolgreich abgeschlossen. Bereits bei der Auswa hl mass d ie Familie Baumann dem Transfer de r bisherige n Werte u nd Füh rungs prinzip ien au f den neuen Gesc häftsführer eine besonders hohe Bedeutu ng zu. Dieser ze ntralen Rolle des (Marken-) Führu ngsp rozesses w urde im Rahmen von Klausuren innerhalb de r Geschäftsleitung u nd ge meinsa m mit dem Yerwaltungsrat speziell Rechnung ge tragen. Unterstützt d urch externe Fachkräfte konnte die Unternehmens- und Marken führungsstrategie definiert werden. In de r Folge wurde für deren Um se tzung die Gesc häftsl eitung um zwei Management Funktionen erweitert, welc he dem Geschä ftsführer dire kt u nterstellt wu rden. Am 1. Januar 2003 wurde die Bereichsle itung Brand Managem ent in die Führungsgremien von Lan tal au fgeno mm en und am 1. januar 2004 die Bereichsle ilung Personal. Durc h d iese Anpassung wa r es möglich, werte- und markenor ien tierte Personalarbe it auf operativen und strategischen Ebene rasch zu rea lisieren. Somi t verfüg t Lautal erst se it 2004 über ein klar ge leitetes Personalmauagernent, we Iches se ither einerseits au fgeba ut und andere rseits stetig erweitert wu rde .
11.1 .2
2ahlen und Fakten
Die Firma hat ihren Haup tsitz in Langen thal und erar beitet einen Umsatz von ru nd 115 Mio. CHF. Der Exportanteil be trägt 95%. Bei Lantal ar be iten Menschen in verschiedenst en Schich tarbeitsmodellen. 20% der Belegschaft ar bei ten in einem Teilzeitpensum. Rund 45% der Mitarbe itenden sind Frauen und etwa 55% der Mitarbei tend en sind M änner. Die Fluk tuat ion hat sich je nach wirtschaftlicher Entwick lun g in den letzten fünf Jah ren zwi sche n 2% und 7",4, bewegt. Die gez ielte wachstomsstrntegte bewirk te den Ausbau des Personalbestandes um 30% in den Jahren 2005-2008, davon fiele n ru nd 80% des Zuwachses auf d ie Produktio n in der Schweiz.
11.1 .3
Unternehmensstrategie
Die im [ehre 2003 erarbe itete Untem ehmensstrategte, d ie daraus folge nden Proje kte und der allgemeine w irtschaf tliche Aufschwung ab 2004 bildeten die Basis für ein nac hha ltiges Wac hstu m. Die wichtigs ten Best andt eile de r Un ternehmensstrategie bi lden d ie nachfolgenden strategischen Ziele; •
Lantal hat den Ansp ruch, we ltwe it eine führend e Marktposition einzunehmen.
•
Mit Gesamtlösungen he bt sich Lautal von se ine n Mitbewerbe rn ab.
•
Lautal bet reibt st rategische Markenfü hrung, u m über das Markenve rtra uen m it Kun den, Mitarbeitend en und Partner daue rhaft verbu nden zu sein.
Der Umsatz, d ie Produ kte un d der Per sonalbestan d konnt en in den folge nden Jahren kontinu ierlich un d gezielt ausgebaut werden . Trotzd em sind d ie Märkte stark umkämpft, de r Margendruck steigt und die Rentabili tät ist im Allge meinen eher unte rd urchschnilllich.
Esther Schmutz
11.1.4
153
Markenführung
Marken, so liest man regelmässtg, müssen Alleinstellung u nd Einzigar tigkeit besi tzen. Sie ge ben de m Käufe r Sicherheit und Orien tierung. Mar ken ve rfügen über ho he Qualität und sind besonders innova tiv. Ihr Leistungsü berschuss ve rscha fft der Marke Preispremium. Es handelt sich hier jedoch lediglich um die Konsequenzen eines bestimm ten Han d els. En tscheidend ist die unte rne hrnerische Frage nach Erfolgsurs achen . Diese Erfolgsursachen haben die Eigentümer von Laut al gemeinsam mit Dr. Thomas OUe im Zuge der Nac hfolgeregelung ausfindig gemacht und gemeinsam in worte gefasst. Aus d iesem intensiven und prozesshaften Vorgehe n konn te in einem ersten Schritt da s Markenverspreche n formuliert werden. Das Kernleis tu ngsversp rechen zeig t in der kü rzesten Perm au f, was di e Daseinsberechtigung von Lau tal darstellt: Wir setzen uns jeden Tag für das höc hstmögliche Wohlbefin den von Reisenden ein. Dabei war es seh r wichtig, auf dem aufzu bauen, was in der Vergangenheit schon immer richtig ge macht wurde, implizites wissen und Handeln explizit zu machen. All d ies wurde in einer konsistenten und verständlichen Form zusamme ngefass t. In einem zweiten Schr itt ging es da rum, d ie Kernleistungswerte zu er ar beiten. Sie beschreiben d ie Art u nd Weise, wie d as Kernleistungsversp rechen innerhalb des Unt erneh mens und über alle Bereiche sichergestellt wir d. Die Kernleistu ngswerte der Mar ke Lautal machen in präziser und kur zer Form Aussagen da rü ber, wie die Ma rke ist u nd zukünftig sein soll, wofür sie stehen w ill, was für sie gü ltig und rich tig ist. Das explizite Ausarbeiten von Werten ist ein Prozess, welc her unseres Erachtens bei einer Nachfolgeregelung unabdi ngbar ist und auch in jedem anderen unternehmeris che n Kontext seh r viel Orientierung und Mehrwert bieten kann . Die Kernleistungswerte der Marke Lantal lauten Achtung, Ehrlichkeit, Vertrauen, po sitives Denken und " Vor - Sorge" (vgl. Abbildung 10.1). Der Stil der Mar ke bildet d ito' Basis, wie Lant al durch Ku nd en, Wettbewerber, Mitar beitende und Partner w ide rspruchsfre i u nd glaubwürdig wahrgenom men werden so ll. Die Umsetzung, die spürbare Vtsuehsferung und d as gestalthafte Sichtbannachen des Leistungsversprechens und d er Kernleistungswerte ge hören dazu. Der Stil der Marke Lantal ist unau fd ringlich und" werkstolz" (vgJ. Orte 2(09). Werk stol z bedeutet: •
Jed er bei Lantal arbei tet so an einer Sache, dass er darauf stolz ist.
•
Selbst das Urteil d er Kunden ist für uns nicht letztverbmdl tch. Wir verlangen viel mehr von uns.
154
Einzigartig mit .werkstclz" . mehr Wert für Menschen, Produkte und Unternehmen
Abbildung 11.1
l ant al - Markenkern
unauld rlngllc~
E~rlic~ kejl
CJ Individuel ler Lama! a~nlichef
Vor-5orge
Lantal v"",pric~t höch stmög lic hes Wo hlbllf inden für den Reisenden
Ach tung
o
o
Stil
Kemlelslungswerle der Mal1<e Lantal Kemleislungsversproct>en der Mal1<e Lanla!
Po si ti vea
Denken
wer kstolz
11 .2
Werkstolz - in allen Personalprozessen verankern und verstärken
11.2.1
Grund voraussetzungen
Die Perso nalfunkt ion bei Lantal wa r bis und mit dem Jahre 2003 primär au f lohnrelevante un d administrative Leistungen ausgerichtet. Mit der Überarbeitung der Un ternehmensstrategie wu rde im Jan uar 2004 eine neue Leitungsfunktion im Personalbereich geschaffen. Die Stelle w urde dir ek t dem CEO sta tt wie bis anhin beim CFO unterstellt. Gleichzeitig nahm die Personalleiterin in der Geschäf tsleitung Einsitz. In einem erst en Schritt ging es bis Mitte 2004 d arum, die Grundlagen fü r d ie markenzentrierte Perso nalstrategie zu def inie ren. Die von der Unternehmenss tra tegie abge leite te Personalstra tegte wurde durch die Geschäftsleitung und den Verwaltungsrat genehmigt und d er Per so nalbereich m it der Umsetzung beau ftragt. Die Umsetzu ng basie rte auf d en defi nier ten H au ptelementen de r mark enzentr ierten Personalstrategte. welche laufend in Realisieru ngsp rojekte form uliert und in einem definierten Zeit rahmen konsequent umgesetzt wurden. Die wichtigsten Realisieru ngsp rojekte um fassten :
Esth er Schmutz
•
Lantal-Kornpetenzm odell (me rken - und un terne hmensorien tierte Kom petenzbasis)
•
Lantal-ld entitätskarte (rnar ken- und leistungsorientierte Mita rbei ter füh run g)
•
Lautal-Lohnsystem (letstungs- u nd ent wick lungso rientiertes H onorieru ngssystem )
•
Lantal-Employer Brand (ma rkenzentrierte Mitarbeiterbescha ffung)
•
Lautal-Lebensle nges Lernen (bedarfs-Zwerkstolzorientierte Mitarbei teren tw icklung)
11 .2. 2
155
Herausforderu ngen
Der Personalbereich ha t d ie Au fgabe, mit möglichst wenig Ressourcen, p rag ma tische und lösu ngsorientierte Prozesse und Werk zeuge ent lang der betrieblichen Wertschöpfungskette zu schaffen, welche der Marke Lanta l und den Unt ernehm enszielen Rechnung tragen. Die untemehmerischen Absich ten orientieren sich an qualita tive m un d quan titativem Wachstu m. Dieses Wachstum ist nu r dann zu erreichen, wenn zeitgerech t d ie rich tigen Mitarb eitend en in der rich tigen Anzahl zur Verfügung stehen und das Mar kenverspreche n von Lantal jeden Tag ein lösen. Im Per sonal-Beschaffungsma rkt sind te xtile Fach kräfte schwer zu find en. Dies wei l in d en letz ten Jah ren die meisten Schweizer Un terneh men die Prod uktionskapazitäten im Ausland aufgebau t haben oder aufg rund des hohen Ma rgen d rucks d ie un ternehmensehe Tätigkeit einstellen mu ssten. Die schweizerische Textilindustrie beschäftigt he ute 70% weniger Mitarbeitend e als noc h vor 20 Jah ren. In der Folge ist d iese Ind ust rie insbesonde re auc h für viele junge Menschen nicht meh r erstrebens wert. Der Au fbau eines sta rken Arbeitgeber-Brand ist au ch d eshalb äusse rs t ans p ruchsvoll und u mso wich tiger. Ans tellu ngs kriterien bei vielen Fun ktionen in de r textilen Prod ukt ion konzentrieren sich aus vorher erwähnten Gründen auf allgemeine Persön lichkeitsk riterien und dor t wo möglich auf "artverwandte" Kompetenze n au s anderen Produ ktionsbranchen. Für die betr iebliche Aus- und Weiterbil dung bedeutet dies, dass zu m gröss ten Teil Menschen neue Aufgaben übernehmen, welche d iese nich t im Rah men der herkömm lichen (Bero fs-) Grund ausbildung er lernt haben. Die neuen Mita rbeitenden müssen desh alb fast in jedem Fall gezielt ausgeb ildet we rden. Umso meh r gewi nnen spezifische Aus bildungsprogramme an Bedeutung. Die Effekt ivität dieser Programm e entscheidet über Prod uktivität u nd Effektivitä t im Herstellu ngsprozess. denn 2{3 der Mitarbeitenden a rbeiten in der Produktion. Bis eine Weberin selbständig u nd fachkompetent verschiedene Webmaschinen in eine m Produ ktio nsbereich bed ienen kann, investier t Lantal ru nd zwölf Monate Zeit und Geld. Es ist selbstverständlich, d ass in diesem Rah men d er langen Einarbeitungszeit un d der wertec rientierten, längerfristigen Verbu nd enheit zu den Mitarbeitenden eine noch bedeu tend ere Rolle zu kommt. Au s diesem Grun d wird di e Iden tifikat ion der Mitarbeitenden mit dem Arbei tgebe r Lautal sehr bewusst ausgebaut, um noch meh r "W erkstolz" zu schaffen. Diese r verhindert in Wachst umszeiten den Weggang von intern aufwendig ausgebild eten Mitarb eitend en. Dad urch we rde n auch langjä hrige Kunde nbezieh ungen. ein hohes Qualltätsbewu sstsein, effiziente Produk tionsprozesse und das Im age als Arbeitgeber in positi -
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Einzigartig mit .werkstclz" . mehr Wert für Menschen, Produkte und Unternehmen
vern Sinne beein flu sst. Diese hoh e Verbu nd enhe it geht einher mi t eine r tieferen Person alIlu ktuatton u nd somi t red uzierten Personalbeschaf fungs kosten.
11.2.3
Werk stolze Mitarbeitende
Wie darges tellt ist das Suchen, Finden und Erhalten von Mitarbeitenden in d er Textilin dustr ie besonders an s pr uc hsvoll, d a de r überwiegende Antei l der Neuans tellungen d ie Gru ndfähigkei ten d er textilen Welt erlernen mu ss. Dte s bedeutet, dass Insbesondere de r Entwicklu ng von Talen ten innerhalb de r Untern eh m ung eine besonde re Rolle beigemessen werden muss. Jeder einzelne Perso nalprozess in Kombination mit vor bildliche r Führung kann einen w ichtigen Beit rag zu einem "werks tolzen" u nd somi t effektiven Talent Man agement leisten. Au f der anderen Seite ist es interessant, d ie Entw icklu ng und die Herku nft des Begriffes "Talent" gen auer zu an alys ieren. Im Deutschen Wörterbuch aus dem Jahre 1967 wird Talent wie folgt besc hrieben (vgl. Wahring 1967): •
Ange borene Begab u ng
•
Fähigk eit, doch keine schö pferische w ie beim Gen ie
•
Talen tvo ller Mensch
•
Sein Talent entfalten und entwickeln oder verkü mmern lassen
•
Befähigung. Ta ug lichkeit, Eignung. Begabung
•
Angeborene Anlage zu guten Leistungen au f einem bes timmten Gebiet
Die gesc hich tliche Definition zeigt, dass sich der Begriff Talent ve rändert hat. Nac hweis-
lich können wi r uns im Verlaufe des Lebens Talente aneignen, obwohl diese nich t zum vo rn herein "a ngeboren" we rden konnten. Umso meh r kom mt de r bewussten, werteorientiert en u nd stru kturierten Entw icklung von Menschen in Un terne hmen eine besonders wichtige Rolle zu .
11.2.4
Lantal - Kompet enzmodell
Im Jah re 2004 wurden alle Komp etenze n im De tail beschrieb en, we lche d ie Marke Lantal un d d ie Untern ehmenss trate gie beinha lten. Die Markenwerte Achtung. Ehrlichkeit, "Vo r Sorge", pos itives De nken u nd Ver trauen w urden operativ verankert und somit wu rde das Fundam ent fü r alle Werkze uge und Instrumen te aus de m Personalbereich gelegt. Gleichzeit ig wurden die Aufga beninha lte, Veran twortlichkeiten und Kom pe tenzen der jeweiligen Funkti onen seh r genau beschrieben, so d ass d er Transfer der Unternehmensziele in Au fgabeninhaIte d er Mita rbeit ende n so nac hvollziehbar wie möglich erfolgen kann. Das Lantal-Kompete nzrnod ell bild et die verbindl iche Basis für alle Per sonalp rozesse von der Persou albe scha ffu ng, über d ie Beur teilung. d ie Honorieru ng und die Ent wicklung. Das Lantal-Korn petenzrnodel l bild et ebenso ab, welc he Kompetenzen heute und mor gen fü r
Esther Schmutz
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die Realisierung de r l antal-Strategie von ze ntraler Bedeutu ng sind. Darauf aufbauend wurde n die markenorientierte n Führungs-, Sozial- u nd Persönlichkeitskompetenzen erarbeitet. Diese Crundlcgenerbett wa r aufwen dig. Fü r eine nachhaltige u nd markenzent rierte Personalarbe it ist sie jedoch unabdi ngbar (vg l. Burst 2(05) .
11.2.5
Lantal - Employer Brand
Der Lant al-Em plo yer Brand basiert auf allen Elementen de r Laut al Marke, somit auf dem Kernleistu ngsversp rechen. den Kernleistungswerten und de m Stil. All d iese Faktor en tragen massgeblich dazu bei, dass Mita rbeitende für Lantal gewonnen werden können, we lche sich dem "Wer ks tolz" verpflichtet füh len . Das detai llierte Personalbeschaffun gsk onzept stellt sicher, dass alle in tern nicht vo rhandenen und au ch nicht ernwickelbaren Kompe tenzen zu r Strategieumsetzung zei tgerech t am ex ternen Arbei tsma rkt beschafft werden können. Au fgrun d der definierten Personalpolitik we rden Stellen angebo te vorab jed och intern kommu niziert, was oftmals durch " Mund-zuMund -Propaganda" von Mitarbe itenden be reits zu releva nten Stellen bewerbungen führe n kann. Auf der anderen Seite gelangen wöchentlich Spontanbewe rbu ngen auf ve rschie densten Kanälen zu Lantal. Diese werden d etaillier t ge prüft, regel mässig m it den jewei ligen Füh n mgsverantwortlichen besp rochen und gegebenenfalls berücks ichtigt. Wenn keine en tsprechende Stelle angebo ten werden kann, werden die Bewerb ungen während sechs bis zwölf Monat en pendent gehalten und d ie Bewerber laufend übe r all fällige Stellenangebote informie rt. Dieses Verfahren ist aufwändig und ress ourcenintensiv. Trotzdem sind wir überzeugt, dass es sehr viel Sinn milcht m it Menschen in Konta kt zu bleiben, welc he sich p rimä r durch den Arbeitgeberbr and .Lantal" angesprochen fühlen und somit m it grosser Wa hrschei nlichkeit eine starke Affinitä t zu unserem Versprechen, Werte n und Zielen m itb ringen. Die Mehrheit von Stellenbesetzungen in der Prod uktion ka nn du rch den proa ktiven Umgang mit Bewerbungen effizient sichergestellt werden. Ganz gezielt und s pezi fisch we rden sel bstverstä ndl ich auch ve rschiedene ex terne Person albeschaffu ngen vorgenommen. Dieser Anteil ist jedoch propo rti onal bet racht et relat iv gering. Dafü r spreche n d ie Zahlen: Im Jah re 2008 erhielt der Arbei tge be r Lautal über 600 relevante Spontanbewe rbungen und rund 9000 Interessierte haben sich über die Jobangebo te au f der Hornepoge vo n l antal info rmiert. Oftmals haben sich die Interessenten au fgru nd de r gezielt kom munizierten Un terne hmenskultur u nd Unternehmenswerte für eine Spontanbewerbung entschieden.
11 .2.6
Lantal • Identitätskarte
Mit eine r individuellen Identitätskarte werden die ber eichsspezifischen Ziele, erwartete l eistu ngsstan d ar ds und die Sozial- un d Führungsko m pe tenzen als O rien tieru ng für Mitarbe itende und Führungspe rsonen festge legt. D ie Au fgabenschwerpu nkte werden zu Beginn d es Ichres gemeinsam vereinbart, Mitte des Ichres finden Zw ische ngesp räche sta tt und zum Jah resen de wird eine abschlie ssende Beurteilung über die Leistu ng und das Verhalten vo rgenom men. Diese Beurteilung ist ge ko ppelt 'In die Lohnentw icklung und
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Einzigartig mit .werkstclz" . mehr Wert für Menschen, Produkte und Unternehmen
einen allfä lligen va riablen Lohnanteil. Die Identitätskarte trägt dazu be i, dass Aus - und Wei ter bildungen gez ielt geplant werden und som it markenzentrierte Kom pe ten zen frühzeit ig entwickelt werden können. Eine abgestimmte Per sonal- und Organisationsentwicklung sorgt dafür, d ass der Perso nalbereich die Linienvorgesetzten professionell und vor ausschauend im kon tinuierlichen Veränderungs- und Entwicklu ngsprozess unterst ützen kann . Die Einführu ng der Id entitätskarte im Jahre 2005 wurde d urch inte nsive Führungstra inings beg leitet - gefü hrt und mod eriert wurden diese acht Trainingstage pro Fü hrungss tufe d urc h die Personalleiterin u nd den Gesc häftsführer. Dieses Vorgehe n war notwend ig. dami t d as werte- und leist ungso rientierte Lohn - u nd Personalentwicklungssystem im Zeitrau m von zwei [ehren erfolgreich real isiert wer den konnte.
11.2.7
Lantal - Lohn system
In den Produktionsbereichen bestand bis Ende 2003 ein Loh nsystem. welches vor allem d as Lebensalter und die Fun ktion berücksich tigte. Untern ehmenswerte. Fun ktionsinhalte, Potenzial u nd Leistung wurden we niger stark beachtet. Aus d iesem Grun d wurde basierend au f dem Lau tal-Kompetenz modell ein leistungsorien tiertes Lohnsystem konzip iert un d imp lemen tiert, welc hes laufend externen Lohnvergleichen u nterzogen wird, die interne Fairness sichers tellt, d ie ind ivid uelle Leistung stärker berücksicht igt, den Lantal-werten Rechnung trägt und auf d ie Unt ern ehmensziele ausgerichtet ist. Ebenso haben Mitarbeiten de m it einem ausgewiesenen Potenzial für weitergehende Aufga be n und Fu nktionen d ie Möglichkeit, mehr zu ve rdiene n, als d ies d ie Lohnskala für durchschni ttlich gute Mitarbe itende vorsieht. Dies mit de m Ziel, Mitarbe itende m it Po tenzial und somit Talen t gezielt an Lautal zu bi nden und somit den " Werksto lz" bewusst zu fördern . Mit d en vorhandenen Mitteln m üssen leist ungsorientier te Lohnanreize geschaffen we rden, da mi t d ie er folgreiche Umse tzung in d er Einarbeit u ngsphase m it konkreten Lohnperspektiven ge koppelt w ird . Au s d iesem Grund ist ein ste llen- bez iehungsweise tä tig keitsbezogenes Lohnsystem entscheidend . Nur so kann es gelingen, d ie knappe n Mittel im Detail zu pla ne n, zu steu ern un d ertragsreich zu investieren.
11.2.8
Lantal - Lebenslanges Lernen
Wie bereits beschrieben, komm t der textilen Eina rbe itung und Ausbi ldu ng eine zentrale Rolle zu . Das Lautal-Lebenslanges Lernen Programm zeig t auf, wie " werkstolze" Talente für neue und ande re Au fgaben lau fend en tw ickelt werden können. Mit Hi lfe de r Identitätskarte u nd som it auf d er Basis des Lan tal-Kompetenzmodells wurde eine zukunftso rientie rte Erheb un g des Ausbildungs- und Entw icklungsbed arfes durchgeführt. Diese Grundlage zeig te rasch au f, d ass die sprachlichen Fäh igkeiten um eine optimale Einarbeitung zu ga ran tie ren nich t in jedem Fall gegeben waren. Au s diesem Grund hab en wi r mit einem externen Partner in den Jahren 2005 bis 2007 an d rei w ochenragen
Esth er Schmutz
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inte rne Deut schk ur se angebo ten. Die Mitarbeitenden wa ren verp flichtet, d iese vom Arbeitgeber fina nzie rten Kurse in der Freizeit zu abso lvieren. Über JOO Mitarbeitende ve rfügen nu n über ein Sprochzerufiket, welc hes au f der einen Seite sichers tellt, d ass di e interne textile Ausbildung effizient real isiert werden kann und auf de r anderen Seite den Wert des Indiv idu ums auf dem Arbeits ma rkt erhöht. Lan tal hat sich basieren d auf den er folgten Sprach kursen en tsch ieden, eine wei terführende Analyse aller individ uellen Fachkompetenzen der Mitarbei tenden zu ers tellen. Dies m it d em Ziel, die Mu ltifunktionalität un d die Flexibilität in den verschiedenen Prod uktionsbere ichen optimal au f die untersch ied lichen Kund enbed ü rfnisse auszurichten. Desh alb w urd en alle fachlichen Eigenschaften de r Mita rbeitenden im Detail in der Lan talPolyva lenzliste au fgenom men . In d ieser Liste ist nu n ersichtlich , welche Mita rbeitenden an welchem Arbei tsp latz ohne zus ätzl iche Eina rbeitu ng eingesetzt werden können u nd bei welchen Mitarbeitenden zum jeweiligen Zeitpun kt eine Zusatzausbildung geplant oder durchgeführ t wird. Die Lautal-Polyvalen zliste wird als einfache Datenbank geführt, so da ss d ie Führungsverantwortlichen rasch und un komp lizie rt gelernte Fäh igkeiten und abgesch lossene Einarbei tu ngsprogramme dok um entieren können. Dieses Werkzeug ermöglicht den Füh rungspersonen bei schwankender Auftragslage innerhal b der verschiedenen Bereiche rasch u nd gezielt die ve rfügbaren Ressour cen einzusetzen. Da d ie qua ntita tiven Umsa tzziele u nd Absa tzpläne pro Mar ktbereich den Perso nalbedarf dire kt beeinflussen, wurde di e Lan tal-Polyvalenzhste im Jahre 2008 zu einer umfassenden Personal planun g ausge baut. Damit kön nen nun auch zukunftsor ien tierte Aspe kte w ie Nach folgeregelungen frü hzeitig u nd proaktiv ges teuert werden . Zusätzlich zu den bereits beschriebenen Füh n mgstrain ings wu rden bereichsübergreifende Weiterbildungen in den Ka tegorien Info rma tik, Qualltätsnorrnen, Finanzen im LautalProgram m für lebens langes Lernen zusammengefass t. Dieses Weiterbildungsprogram m wird jährl ich bedarfsorient iert und au fgrund der zu r Verfügung stehenden Mittel aktua lisier t. Verschiedene w enerbildungen wer den d u rch Mitarbeitend e vorbereitet, moderier t u nd d urchgeführt. Mit allen Massnahmen im Bereich Aus- un d Wei terbildung w ird ganz gezie lt u nd bewusst die " werkstolze" Talententwicklung gefördert und die weltmarktführende Rolle von Lantal ausgebau t. Denn die Füh rungs posi tion verdan kt Lantal Insbesondere dem laufenden Optimie ren u nd Initiieren von Prod ukt - und Prozessinnovationen au f der Basis ihrer Mitarbeite rko mp etenzen u nd -we rten mit dem Ziel das höc hs tmöglic he Woh lbefinden de r Reisenden zu er reichen.
11 .3
Erkenntnisse
Die Erkenn tnisse aus sechs Jahren markenzentrierter Personalarbeit bei un d für Lant al sprechen ein klare Sp rache: Menschen fühlen sich verbunden m it H and werk, m it Werten
160
Einzigartig mit .werkstclz" . mehr Wert für Menschen, Produkte und Unternehmen
und mi t Vorbilde rn. Dafü r ist ein beträch tlicher Anteil der Mitarbeitenden berei t, sich zu engagieren, immer wieder auc h Neues zu erlernen und jeden Tag unte r anspruchsvollen Bedingungen und m it Stolz eine übe rdu rchschni ttliche Leistu ng zu erbringen. Gele bte Marken werte sowie ein einheitliches Vers prechen gegenübe r Kunden, Mitarbei tenden und Pa rtne rn erbringen aus unserer Sicht einen nachhaltigen Beitrag zum Unternehm enserfolg. Aus diesem Grund müssen die Lernet-w erte in allen Werkzeugen und Instrumenten der Personalarbeit einen wichtigen Platz einnehmen und für die Mitarbeitend en tagtäglich erkennbar sein. D ies in Kombinati on und in Symbiose mit dem Bereich Markenführung. denn nur das was man nac h in ne n lebt, kann au ch nach aussen u nd som it gegenüber den Kund en lind Partne rn versprochen und gehal ten werden. So lassen sich auch unte r den beschriebenen anspruchsvollen Bedi ngungen "werksto lze" und ta lentierte Mitarbeitende au fbau en und entwickeln. Zusam menfassend d iene n die na chfolgenden, wegweisen den Merkpun kte für ein "werkstolzes Talent Manage ment" : •
Haltu ng statt Instru ment Werkstolzes Talent Managem en t ist kein Instru ment sondern eine Haltu ng, die sich in allen Personalprozessen widerspiegelt und ve rstä rkt.
•
Spezifisch statt generisch Werkstolzes Talent Management ist unte rneh mensspezifisch und wird auf die strategischen Her ausfor deru ngen d er Firma ausgerichtet.
•
Alle statt wenige Wer ks tolzes Talent Management fördert alle Mitarbeitenden und ist kein .Beschw örungsp rog ramm" für einige wen ige Mitarbeiten de.
•
Vorbild statt Vorgabe Werkstolzes Talent Management ist effektiv und effizient wenn Vorbilder (Füh rungspe rsonen) ehrlich und offen Stärken und Grenzen ans prechen .
•
Konsistenz statt leere Versprechen Werkstolzes Talent Management orientiert sich an der Identität des Unternehmens, an den Zielse tzungen, Werten und ern u ntern ehmen scb Machbaren.
•
Wer ks tolz bringt Meh rwert Werkstolzes Talent Management verbindet Mitar beitende da uerhaft, na chha ltig und vert rauensvoll mit einem Arbei tgebe r. Die we rksto lzen Finnen wissen, dass nur das nach aussen st rahlen ka nn, was im Inneren des Untern ehmen s jeden Tag gele bt wi rd (vgl. Schm utz 2(09) .
Esther Schmutz
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Quellenverzeichnis THOMAS (2005): Lanta l - Marke & Wer te leben - ein persönlicher Erfah ru ngsbe richt. In: Ind ex, o. Jg. 2005.
BU R~J,
WAHRI:-.JG, GERHARD (1967): Das grosse deu tsche Wörterb uch, Cü tersloh 1% 7. OH E, THO),JAS (2009): Die Marke als Sys tem - Grund lage n de r Selbstähnlichenrc Markenführung: Grundlagen der Marken-So ziologie, 2. Au flage, Pfäffikon 2009. ScHMUTZ, EsrHER (2009): Lautal - m arkenz ent rierte Personalstrate gie & Realisier ungspro[ekte. Unve röffen tlich tes Stra tegiepa pier Hu m an Resources, Langenth al 2oo9.
12
Talent Management - Praxisbericht Microsoft Schweiz
Microsoft Rem' Vil/igt'r
12.1
Einleitung
Beim diesjäh rigen "C reilt Place 10 Work Awa rd", welcher zu m ersten Ma l auch in de r Schweiz d urchg efüh rt wurde, hat sich einmal me h r herausgestellt, dass sich Unterne hmen als w unscharbet tgeber behaup ten können, wenn d ie Mita rbeitenden ihren Vorgesetz ten ve rtra uen , d ie Arbe itnehme nden a uf ihr en eigenen Beitr ag sto lz sin d lind sie in ei ne m Umfe ld tätig sei n kö nnen. in welche m sie gerne ar beiten. Ebe nfalls hervorgehob en w ur de de r W unsch vo n Arbeitneh me nden ih re Talente entwickeln zu kön nen un d Neues a uszuprobieren (vgl. Pfister 20(9).
Neben de r di esjähri gen Teilnahme am Creat Place to Wor k Award führt Microsoft jäh rlich eine in terne Mitarbeiter um frage du rch, anhand welcher d ie Gesam tzu friede nheit der Mi tarbe ite nden eva luie rt wi rd und in der Folge mittels Dis kussio nen un d Workshops Ver besserungsmassna hmen im plementie rt werd en. Zusätzlich ist Microsoft bes treb t m ittels myM icrosoft , einer breiten Angebotspale tte fü r Mita rbeitende , siche rz ustellen, dass das Un terneh men auch in Zu kunft zu einem d er besten Arbeitgeb er zä hlt . Von den fünf Bere iche n (vgl. Abbildung 12.1), welche von Mitarbeitenden als am wichtigs ten bewertet w urden und den gröss ten Beitr ag fü r ih re Gesa mtz uf riedenheit leisten, ge hö ren alle ansat zweise in das Gebiet des Talen t Ma nagements. Abbi ldunB 12.1
Wichtige Faktoren der Gesamtzufriedenheit
--
,-
myMicrosoft
164
Talent Management - Praxisbericht Microsoft Schweiz
In diesem Sinne wi rd im folgenden Beitr ag in Form eines Praxisberichts au f d as Talent Mana gement bei Microsoft Schw eiz eingegangen, wobei der Haup tfok us bei dem Erhalt un d bei der Weite ren tw icklung der Mita rbeitenden liegt.
12 .2
Microsoft Schweiz GmbH - eine Kurzbeschreibung
Micro soft wurde 1975 gegründet und ist de r welt weit führende Hersteller vo n Stan da rdsoftware, Serv ices und Lösungen, d ie Menschen und Unternehmen aller Branchen und Grössen helfen ih r Pote nz ial vo ll zu entfalten. Diese Mission von Microso ft erklärt unsere Motivation und das elementare wertversprechen UnSt'Te T Prod ukte und Lös ungen: Siche rheit un d Zuverläss igke it, Innovat ion und Integration sowie O ffenh eit u nd In terope rabilität stehen bei d er Entw icklung der Microsoft Produ kte im Mittelpunkt. Als globaler Wegbereiter effizienter Softwa relösungen ste llt Microsoft heute durch die Windows u nd .NET-Platt fonn eine einheitliche Schn ittstelle für den Benu tzer über alle Informatikbe reiche hi nweg sicher . So werden Menschen in die Lage versetzt, neu e Dinge zu tun, neue Geschäftsfelder zu erschüessen sowie neue Prod ukte zu en twic keln. Globa les Den ken und H andeln so ll ein weltweites, innovatives, hoc hspezialisie rtes u nd mu ltikul turelles Team von Kund en un d Pa rtnern schaffen, das d u rch den entsprechenden Netzwerkeffekt den Nu tzen der Technologie weiter steigert und dabe i deren Kosten kon tinuierlich senkt. Die Produ ktpalette erstreckt sich von Betriebssysteme n fü r PCs, mob ilen Endgerä ten und Netzwerken übe r Serve rsoftware. Prod uktivit ätssoft w are für Un terne hmen und private Nu tzer. Multimed ia-Anwend ungen und Onltne-Services bis hin zu Entwlckler-Tools. Grundlege für di eses Por tfolio ist die auf de r .NET-Te<:hnolog ie basierende MicrosoftPlattform. Zu den Pro d uk ten zä hlen un ter ande rem: Windows Vista, Windows XP, Internet Exp lorer, MSN, Windows Live und Windows Mobile. Micros oft Schweiz Gmb H wu rde 1989 m it einem Hau ptsitz in Wallisellen un d Niederlassungen in Alpnach. Basel, Bern, Genf sowie unserem kürzlich eröffn eten Development Center in Zürich-Wollishofen gegründet u nd beschäft igt rund 450 festangestellte Mitarbeitende.
12.3
Talent Management - ein Praxisbericht
12.3 . 1
Philosophie
Es ist d ie Missio n von Microsoft Menschen und Unternehmen zu er möglichen, ihr volles Potenzial zu entfalten und auszuschöpfen. Diese Philosophie wi derspiegelt sich eben falls
Rene Vitliger
165
in unserem Bestre ben u nse re Mita rbei tende n bei einer stetigen Weiterentwicklung und Entfa ltu ng zu un terstützen. Unser Karrieremod el basiert au f dem Grund satz, dass Mita rbeitende ihre Weiteren twicklung u nd Kar rierep lanun g aktiv steuern, inde m sie ihre Karriereziele klar definieren und Entwic klungsschwerpun kte un d -möglichkeiten iden tifizieren. Die Vorgesetzten tragen im Rah men von regelm ässlgen leistungs- und karrierespezifischen Ges prächen d ie Mitverantwortung für die Entwicklung ihrer Mita rbe itenden u nd sind dafür verantwo rtlich, dass Entwicklungsges präc he geführt wer den, für jeden Mitarbeitenden ein Entwick lungsplan besteh t sowie die Mitarbei tenden aktiv bei deren Weiterentwicklung un terstützt werden. Microsoft als Un ternehmen stellt hierfü r die benötigten Informationen, Ausblld ungsmöglichkeiten u nd Werk zeu ge zur Verfügung.
12.3.2
Talent Acquisition
Microsoft Schw eiz ist davon überzeugt, d ass die Rekru tierung ein wichtiger strategischer Pfeiler ist, welc her die zukü nftige Wettbewerbsfähigkeit d es Unternehmens nachhaltig beeinflusst. Basierend auf dieser Überzeugung wurden alle mit "Talen t Ar quisition" zusammen hängenden Akt ivitäten in eine m neuen Tea m zusa mmengefasst, welches sich konze pt ionell un d operativ auf die The men Head Coun t Planning, Employer Brand tng, Rekru tieru ng und On boardtng konzentriert. D iese Aufgaben beschränken sich nich t nur au f ausgewählte Positionen, so ndern find en fü r alle Anste llungen auf allen Stu fen Anwen d ung . Erste Weiterr.-ntwicklungsmöglichkei ten stellt Microsoft seine n Mitarbeitende n beim Rekru tieru ngsprozess zur Verfüg ung, indem zuerst für alle Vakanzen interne Optionen geprüft und internen Talenten n ächste Karriereschr itte ermöglich t we rden. Auf d iese Weise erreicht es Microso ft ru nd d ie Hälfte d er Vakanzen auf Mitarbei terstu fe intern nachz ubesetzen .
12.3.3
Career Development
Career Model Um die Karrierep lanun g seine r Mitarbeitend en zu unterstützen hat Microsoft ein " Career Model" entwickelt, we lches un ternehme nsweite Karrierep fade un d -möglichkeiten veranschaulicht un d durch das Sprechen einer einheitlichen Spreche in Bezug auf Leistung und Erfolg d ie Identifizierung von Talen ten selbst übe r die Land esgrenzen hin aus ermöglicht . Das " Cilreer Model" besteht aus folgende n d rei Bauste inen ; •
" Car eer Stage Profiles" beschreiben, welche Resultate von einem Mitarbei tend en auf seiner Stufe erw artet werden un d wie er au f die näch sthöhere Stufe gelangen kann.
166
Talent Management - Praxisbericht Microsoft Schweiz
•
" Com pl'tencies" de finie ren das Verhalten, welc hes ausserurdentliche von gewöhnlicher Leistung unterscheidet. Neben den vier Ha up tkompetenzen , welc he für alle Mitarbeitenden ge lten, ex istiert je nac h Berufsp fad (z. B. Sales) ein eigenes Set an Kompetenzen.
•
" Exp eriences" beschreiben Lemsitu ationen, welche helfen Kompetenzen we iterzuentwickeln und welche die Wahrscheinlichkeit von Erfolg in zu künftige n " Ca reer Stages" zu erhö he n.
Zu sammengefasst zeig t das " CarL-eT Model " e inem Mitarbe itende n tran sparent auf, in welc hem "Caree r Stage Level" (Senio ritäl) er eingestu ft ist und wa s benötigt wird, da mit er die näc hste Stufe erreichen kann. Zude m w ird klar besc hrieben, mit welchen Erfahru ngm (z. B. Mitarbeit in internationalen Projekten) sich ein Mitarbeitender weitere Kompetenzen aneignen kann, d ie erfahru ngsgernäss noch bessere Res ultate ermöglichen . Es wird ebenfalls klar besch riebe n, au f we lcher Stufe welc he Resu ltate erwartet we rden. Diese Kom pe tenzen s pielen ebenfalls im Rekrutie rungs prozess eine wic htige Rolle, indem bei de r Ans tellung dar auf geachtet wird, dass neue Mita rbe itende über d ie für Microsoft wichtigen Kompetenzen verfügen. Zudem können au fgru nd von er ho benen Kompetenzprofilen der gesamten O rga nis ation wic htige Rückschl üsse fü r zu kün ftige Anstellungen gemacht wer den, indem beispielsweise ve rm ehrt Kandidaten gesuch t werden, welc he die Kompetenzen der Organisation ergä nzen und so mi t verstärke n. In diesem Sinne legt Microsoft e ben falls einen grossen Stelle nwert au f d as Thema Dtversu y. um eine gut durchmischte Mitarbe iter st ruk tur zu förd ern . Denn nu r ein ausgewogener Mix von Frauen und Männern, jüngeren und erfahreneren Mitarbeiten d en aus u nterschied licher kul tureller Herkunft können den langfristigen Erfolg unseres Un ternehmens sichern, indem eine breite Erfahrungspallette an Sozialkompetenzen gewährleistet und ver s tär kt auf die verschiedenen Kundengru ppe n u nd -bed ü rfnisse eingegangen werden kann. Bei de r Einführu ng d es "Ca ree r Models" wurden alle Funktionen anal ysiert und einem best ehenden "Ca ree r Stage Profile" zugewiesen. Au f diese Weise is t d as "Ca ree r Mod el" übe r eine Job Tille Taxonomie direkt m it den dazugehörenden Salä rbandbreiten verknüpft. Die globa le Ausrichtu ng dieses Modells bietet d en Vorteil. da ss alle Funktione n auch über die Landesgrenzen hinweg mitt els " Ca reer Stages" vergliche n werden kön ne n und inn erhalb des ganzen Unternehmens eine einheitliche Sprache gesprochen wird. Das Online Tool " Care er Co mpa ss " basiert auf dem " Caree r Mod el" und un terstü tzt de n Mitarbe iten d en bei seiner Karrie replanung und beruflichen Entwicklung. Mit Hi lfe dieses Instru men ts ka nn der Mitarbeitende Self-Assessments d urchfüh ren, Feedback von ande ren Mitarbe iten d en einfordern und seine Karriereinte ressen dokumentieren. Die Erge bni sse des " Caree r Stage Pro files" und " Competend es Assessments" ka nn er daz u nu tzen, au s den u nter se iner Lern gru ppe aufge liste ten Train ings- und Entwicklungsmassnahmen, die für ihn optimalen auszuwä hlen. Das Tool steht ihm das ganze Jahr hind urch zur Verfü gung. Bei der erst mali gen Verwendung de s "Caree r Cornpass" is t ein " Ca ree r Stage Profi le" u nd ein "Competendes Self-Assessme nt" durchzu führen, die bish eri ge berufliche Erfah ru ng zu e rfassen und di e Karri erevo rstellungen einzuge ben. Au f d iese r Basi s so w ie
Rene Vitliger
167
dem Feed back der Assessrnents, die de r Vorgesetzte im "Career Compass" du rchfü hrt , kann der Mitarbeitende einen detaillierten Entwicklun gs plan erste llen , der die Grund lage fü r se in Entwicklungsgesp räch (Mi dy ear Career Discussion) bildet.
Talent Management Cycle Während des Jahres füh ren de r Mitarbei tende und sein Vorgesetz ter zweimal ein Ges präch bezüglich Leistu ngserb ringung und langfrist iger Karriereplanung; die jährliche Leistungsbeurteilung (Annual Review) sowie ein ausfüh rliche s Entwicklungsges präch (Mid ye ar Career Disrussion]. Beide Gespräche be inhalten sowohl einen Blick zu rü ck sowie einen Blick nach vo rne . Da s Fiskaljah r beginn t mit der " Annual Review ", welc he auf den Blick zurück fokussie rt. Der Mitarbeitende und der Vorgesetzte führen ein Ces prc ch um ein Feedback bezüglich der Leist ungserbringu ng und Entlohnung auszu tauschen, setzen gemeinsam d ie Ziele fü r das nächste Fiskaljahr fest und d iskutieren zu künftige Entwicklu ngs mäglichkeiten. Bei di esem Gespräch wird de r H au ptfok us auf d ie Leistu ngserbringung während des letzten Jah res gesetz t u nd ru nd 20% der Ze it fü r die Besp rechu ng von En tw icklungsmäglichkeiten ve rwendet (vgl. Abbi ldung 12.2).
Abbildung 12 .2
Annual Review
D iesem Prozess wi rd d ie " Midyear Ca reer Discussion" gegenüber ges tell t, welche au f die Zukunft a usger ich tet ist, inde m Entw icklu ngsschwer pu nk te d is kutiert sowie Karr iereziele und Entwicklungspläne besprochen und angepasst we rden. 1/5 des Gesprächs sollte abe r dennoch für einen Blick zu rüc k im Rahmen eines Feedbacks zur bisherigen Zieler reichung genu tzt we rden(vgl. Abb ildung 12.3).
168
Talent Manageme nt - Praxisbericht Microsoft Schweiz
Abbildung 12.3
Midyear Career Discussion
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Development:
L~ki"g Fo~'~
Abgerundet werde n beide Prozesse durch regelmässtge pe rsönliche Aus tausc hgespräche (1:1's) mit dem Vorgese tzten, welche in de r Regel wöchentlich stattfinden, um aktuelle Themen, aber auch Entwicklungsschwerpunkte zu besprechen und Feedback auszu tauschen.
Midyear Career Discussion Die " Midyea r Career Dtscusslon" ist wie bereits erwähnt ein Entwicklungs- und Standortgespräch, welches in den Monaten Februar u nd März stat tfindet. Auf Basis d er im " Career Compass" verfügbare n Selt-Assess men ts bezüglich Kompetenzen und Leistu ng sow ie de r daz ugehörenden Karrierep läne. füh ren der Mitarbei tende u nd der Vorgesetz te ein En twicklungsgespräcb. welches klar defi niert und festhält. welche nächsten Schritte der Mitarbeitende erreichen möchte und we lche Massnahrnen (z. B. die Führung eines virtuellen Teams oder eine Mitarb eit in einem stra tegischen Projekt) eingeleitet werden müssen, d am it d iese Ziele erre ich t und umgesetzt wer den könn en. Im Gegensa tz zur jährliche n " Performan ce Review", welche im Her bst d urchgefü h rt wird, liegt bei de r "Midyear Career Dtscusston" der Fokus auf der Besprechung der Weiterent wicklung des Mitarbeitenden und au f dem Festlegen von geeigne ten Massnah men. 20",(, des Gespräches sollte aber dennoch für de n Aus tausc h eines Feedbacks in Bezug au f die Leistu ngser bri ngung eingesetzt we rden.
360 Feedback 0
Auf Wu nsch haben d ie Mitarbeitenden ebenfalls die Möglichkeit an einem 360° Feedback teilzunehmen, welches von einem Hum an Resou rces Business Partner beg leitet u nd unterstütz t wird. Anlässtich von einem oder mehreren ausführlichen Gesprächen analysiert de r Mitarbeitend e zusa mmen mit dem Human Resou tces Business Partner d ie verschiedenen Feedbacks von Mitarbeitend en, Arbeitskollegen, Vorgese tzten sowie internen und externen Kunden. Es werden Auffälligkei ten, Stärken u nd Schwäc hen besp rochen sow ie mög liche Mussnahmen definiert. Die Resultate des 360° Feedbacks gehö ren dem Mitarbeitenden und werden streng vertraulich behand elt. Falls d er Mitarbei tende d as Feedback mit seinem Vorgesetz ten besprechen möchte und mit ihm gemeinsame nächs te Schritte definieren möchte, steht ihm dies aber selbs tve rständlich frei.
Rene Vitliger
169
Career Mentoring Als zu sätzliche Ergänz u ng haben alle Mitarbeitenden auf Wun sch d ie Möglichkeit an einem "C areer Men toring Progra mm" teilzunehm en und dad urch von einem weite ren Feedbac k d urch einen un abhängigen un d erfahrenen Senior Manager zu profitieren. Mentor und Man tee ver pflich ten sich für einen Zeitraum von bis zu einem Jah r jeden Monat ein bis zwei Stunden an im Voraus d efinierten Themen zu arbei ten. Um möglichs t viel von d em Men toring profitieren zu können, stehen versch iedene On line Train ings für den Mentee u nd den Men tor zu r Verfügu ng .
Ausbildungsphilosophie Unte r Weite rentw icklung verste ht Microsoft nicht einfac h d ie An meldung an einen Kurs. Die Ph ilosophie von Microso ft sie ht vor, dass 70"k de r weneren twkklung aus Lernen on the job (z. B. Mitarbeit od er Leiten von Projekten, Füh ren von vi rtuellen Tea ms), 20% aus Lernen von Arbeitskollegen un d Vorg ese tzten [z. B. Mentoring, Coaching) un d ledigl ich 10% d urch formelle Train ings (z. B. Semina re, Onltn e Train ings, Literatur ) bes tehen sollten. Der Grund für d iese Sichtweise liegt d arin, dass Microso ft d avon überzeugt ist dass der beste Weg um sich Kom petenzen für einen langfristigen Erfolg u nd zu künftige Funktionen anzueignen d arin liegt, d iese on the job zu erlangen und aktiv anzuwenden.
12.3.4
Management Excellence
Management Excellence Framework Der Erfolg eines Unte rneh mens hängt stark von den Fähigkeiten der einzelnen Fü hru ngspersonen ab und Management Excellence ist nicht zuletzt deshalb eine Säule von my Micresoft. Manager haben d ie w icht ige Au fgabe, ih re Mitar beitenden bei der Weiterentw icklung zu unterstützen und ihnen bei der Ausschö pfung ihres vollen Potenz ials sowie ihre r Tale nte zu r Seite zu ste hen . Ein hierfür en twicke ltes " Managemen t Excellence Framework" ha t zu m Ziel, sich nicht
nur auf die En twicklu ng von Vorgesetzten zu konzentrieren, sondern d as gi1tlZe System zu u nterstü tzen, indem es die Rolle einer Füh rungs person klar ste llt sowie Hilfes tellung fü r d ie Rek rutierun g un d Beu rteilung von Managern bietet. Auf diese Weise wird beispielsweise im "Career Model" d ie Rolle eines Vorges etz ten klar umschrieben und artlässlich der .Perrorrnance Review" beurteilt. In Bezug au f die Beu rteilung de r Führungs kräfte wird sichergestellt, dass diese regelmassig m it ve rschied enen H ilfsmitteln beur teilt werden. Zu m einen werden jährlich, anlassl ieh der we ltwe iten Mitarbeite rumtrage. unter anderem di e Füh rungskompe tenzen der Manager bewertet und an hand verschie dener Workshops mit Mita rbei tenden besprochen und Verbesserungsmassaa hmen dis ku tier t und im p lementiert. Zum anderen haben die Mita rbeite nden die Möglichkeit ihre Vorgesetzten anlässllch de r " Performance Review " zu bewerten und au f d iese Weise Feedback zu erteilen. Unsere offene Kult ur ermöglich t es selbstverständ lich laufen d anha nd de r reg elmassigen 1:1's Feed back in beide Richt u ngen ausz utauschen.
Talent Management - Praxisbericht Microsoft Schweiz
170
Management Excellence Roadmap Fü r d ie Ausbildung der Führu ngs kräne wurde eine "Management Excellence Road ma p" erarbeitet, wobei das Tra iningsangebo t in Form eines Curricu lums gestal tet ist und daher jede r Man ager zur " Management Excellence Com munity" gehört. OJS En twicklungsangebot ist direkt mi t dem " Mana ger Career Model " verknüpft und nim m t somit Rücksicht auf d ie einzel nen Karrieres tu fen lind deren jeweiligen Bed ürfn isse. Dies bietet den Führungspersonen eine bessere Orientierung und eine Weiterentw icklung.. welche auf de ren persönlichen Bedarf zugeschnitten ist . Die Ausbildu ngen für d ie jeweilige Managerstu fe sollten innerhalb von drei Jahren absol vie rt we rden.
High Pot en ti al Programm EXPO Füh rungspe rson en mi t Potenztal für weitere Ma nage mentfu nktione n sowie Nachw uchsführu ngs kräften steht da s Program m " EXPO Leaders buildi ng Leaders" offen . EXPO ist ein Teil der weltweiten Talent Management Strateg ie, d ie es zum Ziel hat, " H igh Potential Leadership" Talent zu identifizie ren und we iterzuentwickeln. Das Progr am m bes teh t au s mehr eren Modulen und wendet sich an die d rei Zielgru ppen Nachwuchsfüh rungskräfte, Führungskrä fte m it Potenzial für höh ere Managementfunktionen sowi e Kandid aten fü r die Geschäftsleitung respektive d as Top Management. Nebe n Modulen, an denen alle EXPO Nominierten p ro Zielgruppe teiln eh men, stellt das Program m die individuelle Entwick lung abgestim mt au f di e Stä rken und Schwächen de s Einzelnen in den Mitt elpunkt. Teilneh mende des EXPO-Prog ram mes mü ssen über einen soliden Entw icklungsplan ve rfügen, dami t sie für eine Füh ru ngsrolle respekti ve die nä chs te Fun ktion vor bereitet sind . Zusä tzliche Projekte un d Ass ignments ru nden da s on the [ob Train ing ab, um Management Fähigke iten wei terentwickeln zu können. Zusätzlich er hä lt jeder Teilneh mende von EXPO eine n Career Ment or aus dem Senior Management und w ird zu vierteljährlichen Gesprächen m it de m Senio r Ma nagem ent eingeladen, um Erfahrungen ausz ut auschen und Führungsthemen zu besp rechen. Eine s pe ziell selektierte Gruppe vo n " High Poten tials" erhält zudem die Möglichkeit an einem zweitägige n Develo p ment Center teilzunehmen, welc hes di e En tw icklung von Management Kompetenzen unterstützen soll.
12.4
Performance Management
Perfor mance Review Die Performance Review ist das Gegenstück zur " Mid year Ca reer Discu ssion". H ier werden die Ziele für da s nä chs te Geschäftsjahr zwischen dem Mitarbeitenden und d em Vo rgesetzten be sprochen und zusammen definiert. O.l S H auptstück der " Performance Review " bildet jedo ch die Beurteilung der Leistungen u nd die Zielerreichung de s vergangene n Geschäftsjah res. H ierfü r füh ren die Mitarbe itenden als erstes in einem eigen s kreier ten Performanreeolclicrosof t Tool ein Self-Assessment durch, in welchem sie ihre Leistungen
171
Rene Vitliger
selbe r einschätzen und beurteilen . Sie hab en zudem d ie Mög lichkeit an de re Microso ft Mitarbeite nd e zu bitten ihnen ein Feedbac k über d ie gemeinsame Zusamm enarbeit zu er teilen. Sobald dieser Prozess abgeschlossen ist, ni mm t d er Vorgesetzte aufgru nd de r Selbstbeurteilung des Mitarbeitenden sowie der Feedbac ks de r Arbeits kollegen d ie Beurteilung d es Mitarbeitenden vor und entscheidet, ob d ie Ziele übe rtroffe n, erreicht oder allenfalls nicht erfüllt we rden konn ten . Durch d as Einfliessen lassen dieser unterschied lichen Feedbacks kann eine noc h diffe renzie rtere Beurteilung ermöglicht werden. In Ergänzung zu d iese r Letstungsbeuetetlung ni mm t d er Vorgesetzte zusätzlich eine Potenzialbeur teilung se iner Mitarb eitend en vor.
Kalibration und Nachfolgeplanung Die Resu ltate de r Leistu ngsbeur teilung sowie der Potenzialbeurteilung werden anschltessend in Form eines in ternen Audits ausgewer tet und an lässlich von mehreren Sitzungen jeweils im nächsthöheren Führu ngsteam besp rochen und kalibriert bis eine faire Verteilung innerhalb des gesa m ten Un ternehmens erreicht werden konnte. Dur ch diese Kalibrieru ngss itzu ngen kann zum einen eine faire Beur teilung aller Mitarbeitend en sicher ges tellt werden, zum ande ren sind Talente auch über ve rsch iedene Abteilungen erkennbar und können fü r die folgenden Beförderungen sowie die inte rne Nachfolgep lanung berücks ich tigt werden, wie auch bei Möglichkeit in das EXPO-Program m au fgenommen we rden. In der Nachfolgeplanu ng berück sichtigen wi r ebenfalls potenz ielle externe Kand idaten, um vor alle m au ch auf Management Ebene Kontinui tät gewährleisten zu können.
12 .5
Fazit
Unse r Talent Man agement Mod ell ist eine Plattform für einen weltweiten Standard um Talente zu identifizie ren, zu beurteilen. zu führen sowie zu ent wickeln un d zu unte rstützen. In d iesem Sinne ermöglich t u ns das " Caree r Model" die folgenden drei Hauptschw erpu nkte zu rea lisiere n: 1. Aus richtu ng vo n Unt ern ehmensziel en und d em Verhalten der Mit arbeitenden Das "Career Model" s tellt Stan dards für ein er folgreic hes Verhal ten sow ie Werkzeuge für die Management- und Mitarb eiterent w icklu ng zur Verfügung. wodu rch wichtige globale Un terneh mensinitiative n unterstüt zt werden. Zu dem sind integrierte Füh ru ngsprozesse der wichtigs te Hebel im Hu man Resou rces Management, um u nternehmensweite Verände rungs prozesse voranz ubringe n. Auf diese Weise wied erspiegeln di e Führu ngskompeten zen und -p rozesse die Un temehmenswerte in Bezu g auf Mitarbeite rfüh ru ng und die Wei tere ntwic klu ng der Mitarbeitend en .
172
Talent Management - Praxisbericht Microsoft Schweiz
2. Erhöh ung der Mitarbeiterbindu ng Das " Career Model" veranscha ul icht transpare nt, was benötigt wi rd um innerhalb des Un tern ehmens erfolgreich zu sein, sich weiter zu entwic keln und befördert zu werden. Da alle Informationen für jed en Mitarbe iten d en transparent zur Verfügung ges tellt und auch gelebt werden, kann das Vertrauen der Mitarbeitende n in die Führungskräfte und das Unternehmen als Ganzes weiter gesteigert werden und die Mitarbeiterbindung erhöht werden. Nicht zuletzt dad urch, dass klare Regelungen be stehen, wer - Mitarbe itender oder Vorgesetzter - fü r welc he Pr ozesse d ie H aup tverantw ortu ng trägt und die treib ende Kraft spielen soll . 3. Erreich ung der Gesch äftsz iele Dur ch d ie Fokussierung a uf d as Verhalten und d ie Fähigke iten de r Mitarbeitenden, welche für d ie Err eichung der Geschäftszie le als w ichtig er ach tet werden, erhöht sich die Chance des Unterne hmens se ine Zielse tzungen wie geplant zu realisieren und erfolgreic h im Markt zu bestehen . In diesem Sinn e konnten wir in den letzten drei Jahren d ank der erfolgreichen Umse tzung unseres Talent Management Modells rund 70% unsere r Füh ru ngspositionen so w ie zi rka 50% unserer we iteren offenen Positionen mit in ternen Kand idaten be setzen und somit dem Wu nsch unsere r Ar be itnehmenden. au s dem " Great Place to Work Award" ihre Talente en twickeln u nd Neues ausprobie ren zu können, entsprechen.
Quellenverzeichnis PflSTER, THO~tAS (2009): Die Besten geben nicht nur Arbeit. In: Hand elszeitun g. o. Ig. 2009, N r. 16, S. 19.
13
Was Talente motiviert - Mitarbeiterbenefits auf dem Prüfstand
Netcetera HlllIsrll('di VOlIder Miihll !md Regil1a Vagl
13.1
Ausgangslage
Ne tcetera ist als Dienstleisterin in der IT-Branche au f hoch qualifiziertes Per sonal angewiese n. Weil über 80% ihrer Belegschaft sind Informatiker und IT-Projek tleiter mi t (Fach-) Hochschu labschlu ss. In d iesem hart um kä mpften Per sonalmarkt schafft es Ne tcete ra, Talente erfolgreich anz uz iehe n u nd zu ha lten.
Neben spannender, abwechslungsreiche r Arbeit, persön lichen Entwlcklungsmögllchketten, Arbeitsplatzsicherheit. gutem Arbeitsklima und angemessene r Entlohnung spielen dabei auch die Mitarbeiterbenefits eine wichtige Rolle. Auf ihre Bedeutung im Zusammenhang mit der Rekrutierung und dem Halten von Talenten soll im Folgend en vertieft eingegangen werden. Als Gru ndlage dafü r werden die Mitarbeiterbenefits von Netcetera detailliert beschrieben und ihre Kosten au fgezeigt. Die im Rahmen einer qualitativen Mitarbeiterumfrage bestimmte Beurteilung diese r Benefits wird vorges tellt und es wird den Fragen nachgegangen, ob das Angebot tatsächlich einen pos itiven Effekt auf Rekrutterun gsbe m ühu ngen u nd Bindung der Mitarbeitenden an den Betrieb hat oder ob O ptimierungsbedarfbesteht.
13 .2
Über Netcetera
Ne tcetera zählt zur technologischen Spitzengrup pe der lnformank-Dienstleis ter in der Schwe iz. Sie liefert massgeschneiderte Software-Lösungen und umfassende Systemin tegrationen für Kund en aus dem Finanz- und Trans portwesen, de r Ind ustrie un d der Wissenschaf t. Von Analyse- un d Spez ifikationsarbeiten über lmple rnen tation und Inbetriebnahme des Betriebs liefert Netcetera ihren Kunden Leistungen in allen Phasen des IT· System-Lebenszyklus. Ne tcetera wurde 1996 als Holdinggesellschaft mit Hauptsitz in Zürich gegründet u nd beschäftigt rund 220 Mitarbeitende in Zürich, Bem, Vaduz, Skopje und Dubai. Die Untemehmensgru ppe u mfasst neben den Ne tcetera-Cescbäftsstetlen die Firme n Metaversurrt (Beratung und Lösungen für Vertriebs- und Marketingmanagement) und 0 1 So lu tions (Business ln telligence). Die folgenden Betrach tungen beziehen sich ausschliesslich auf die Mitarbeitenden von Ne tcetera in der Schweiz und in Liech tenstein.
Was Talente motiviert - Mitarbeiterbenefits auf dem Prüfstand
174
13.3
Belegschaft
Bei Netcetera sind übe r 100 hoch qua lifizier te IT-Spezialisten mi t einem Hochschu l- oder Fachhochschulabschluss tä tig. Das Du rchschnittsal ter liegt u nter 35 Jahren . Etwa d ie Hälfte der Ans tellungen er folgt d irek t ab Hochsch ule, der C rossteil de r restlichen Mitarbe itenden steig t mit zwei bis fünf Jahren Berufser fahru ng ein. Netceterc ist fü r junge Mitarbeitende als Ar be itgeberin deshalb besond ers all raktiv, weil sie herau sford emd e, a bwechslungsreiche Software-Entwicklungsprojekte untersch iedlichs ter Grösse und in d iversen Branchen biet et. Die Mita rbeitend en werden mit allen Aspekt en de r Softwareentwicklung vo n d er Planu ng und Konzeption übe r di e U msetzung bis zum Betrieb konfrontiert. Inform atiker entscheiden sich für Ne tcete ra, weil d ie Softwaree ntw icklun g das Kerngeschäft des Unternehmens darstellt; ih re A rbeits tätigke it wird som it als direkt we rtschö p fend un d nic ht als Kostenstelle wahrgen ommen. Der typische Netcetera-Mi ta rbeitende ist tech no logieinteressiert und legt grosses Gewicht a u f ein angenehmes Arbeitsumfeld, flache H ierarch ien, Mitgestaltu ngs möglichkeite n und persönliche Perspe ktive n. Geld bildet nicht die alle inige Motivat ion. Netcetera za hlt gute Löhne, diese werd en jedoch von anderen Arb eitgebern, insbesonde re C ross konzernen. üb erb oten . Die se hr tiefe Personalfluktu ation von jäh rlich un ter 5% ermöglich t es Netcete ra, den Kunden neben hö chst er techn ischer Kompetenz auch branchen spezifisches Fachw issen zu bie ten . Entsprec hend wi chtig ist es für Netcetera, jungen Talenten langfris tige Perspektiven zu bieten, u m sie an d en Betr ieb zu bind en und ihr Kno w -how zu erhalten.
13.4
Benefits
13.4.1
Bedürfni sse
Netceter a legt grosses Ge wich t auf eine umfassende Ausges taltung der Mitarbeiterbenefits, nicht nur, um d ie Bedü rfnisse der Mitarbeitenden optimal abzude cken, sondern auch, um für die Firma einen Me hrwert zu schaffen . D ie gr össte Mitarbeitergruppe bei Netcetera sind Softwa re-Ingenieure. So liegt de r Schwe rpun kt bei der Au sgestaltung de r Arbe itsbed ingungen auf ihren Bedü rfn issen. Bedü rfnisse, denen im Rahmen von Benef its gu t ents pr och en we rden kann, lassen sich grob in fünf Kategor ien unterteilen. Tabe lle 13.1 fasst d iese zusam men und liefer t eine erste Übe rsicht der e inzelnen Netcetera Bcnefit s.
Hansruedi Vonder Mühll und Regina Vogt
Tabelle 13.1
175
Übersicht der Mit arbei terbedü rfnisse und Netcetera Benefits Be d ürfnis
Flexible Arbeitstä tigkeit. Vereinba rkeit von Famil ie und Beru f, Work-
Net cete ra Be nefit Teilzeita rbeit. unbe zah lter Urla ub, 25 Tage Fer ien, Horne O ffice, 16 Wochen Mutte rsch aftsurlaub
Life-Balance Wissen, Fasz inat ion Technik, Erfahrungsa us lausch. Ko mmu nika tion
Au sbildungsbudget, Fachb ibliot he k, Netcetera Einkau fskondition",n, Connect! Semina r, Mobiltelefon
Gesiche rtes Ein kommen
Be rufl iche Vorso rgt.', Loh nfortza hlung be i Krankheit od e r Unfall, Übe rna hme Ver sicheru ngs prämien (KTG, N BU)
Aktivi tät, Sport, Ge sundheit. Un ter -
Kantine (Cafe Bo y), Ve rpflegung (Ce trän ke und Fr üchte),
halturig
Spo rtha lle. Skilag, Dvlj-Bibüothek
Mitbesti mmung, Partizipation am Un lt.'m ehmt.'nst.'rf\llg
Mitarbeite rakti en
13.4.2
Kosten
Aus Mitarbeitersich t verdeutlichen zwei Rechenbeispiele d as Verhä ltnis zwischen CashKompe nsation und dem geld werten Vor teil da nk Bene fits. In der Darstellung sind nur Ben ef jts bertlrkslrhtlgt, die mit einem konkreten Geldbetrag beziffert werden können. Beispiel 1 (vgl . Abbi ldung 13.1); So ftwa re Engin eer, 30 Jahre alt, Jah ressalär fix ca. CH F 80'000. Der abgebildete Bonus entsprich t dem langjäh rigen Durchsch nitt vo n 1.6 Mona tslöhnen (Datenbasis vo n 2007). Beispiel 2 (vgl. Abbildung 13.2); Software Engineer, 40 Jahre alt, Jah ressalär fix ca . C HF 120'000. Der abgebild ete Bonus entspricht dem langjährigen Durchschnitt von 1.6 Mona tslöhnen (Datenbasis vo n 2007). Die beiden Beisp iele zeigen, dass der Benefit-Anteil zwi schen 8% und 12% de r Gesamtentschä di gung bet räg t. In den vergangenen Jah ren ha t der Benefit-Anteil an de r Gesamtentlohnung kontinu ierlich zu genommen. Ebe nfalls sollten d ie Au fwendungen, die für die Ad m inist rie ru ng de r Bcnefits an fallen, in die Kostenbetrachtung einbezogen we rden (vg l. Weathingtonffetrick 2000).
176
Was Talente motiviert - Mitarbeiterbenefits auf dem Prüfstand
Abbildu ng 13.1
Verhältnis Cash Compensat ion zu Benefits , Beispiel 1
Bo ,..,. : 10 ,7%
Berufliche Vorso rge
~
1/ /
Ja/Y9s.lohn Fi. :
"'.>%
J
'~"::~,. ' V.....icl1erungen (KlO. NBU);
1.1'10
~ y~ ' .''nenwoche, _____ 1.7%
~~::::~":'1~
~
~ Mobil e; 0.4%
"............ '
COmm....ly COnnecl); 1.1'10
(S ~it ag .
cafb Boy; l .O'Io
Verp fleg ung
(Getranke. FrOchte ); 0 ,4%
Bei mehr als der Hälfte de r Schweize r Un ternehmen machen d ie Benefits bis zu 2% des Bru ttolohnes aus. Dies entsprich t einem geschätzten Wert von bis zu 120 Franken pro Monat für jeden Anges tellten . Bei 1/3 der Unternehmen erreichen sie einen Ante il von 3 bis 5% am Bruttolohn, was 121 bis 300 Franken p ro Monat ent sprich t. Rund 10% aller Unterneh men ent richten Bcnefits im Umfang von 6 bis 9% des Brutt olohns, was 301-600 Franken pro Mon at ent sp rich t (vgJ. H äfltger 2008).
Abbildung 13.2
Verhältnis Cash Compensat ion zu Benefits, Beispiel 2
Bonus; 10.4%
/ ; ,~"oo,,~••
""boldU"Ilsbudg et ,~
Mo bile: 0,2%
~"...,"·"
I
~V"'P1tegung
COmm......t y ($ kitag. COnnect!);01%
(Ge1r;\1>l<e.
FnJchle ~ 0.3%
Hansruedi Vonder Mühll und Regina Vogt
177
Netcetera liegt so m it über d em sch weizerische n Durchschnitt. Da die Hälfte de r Benefits fixe Beträge sind (Mobiltelefo n, Cafe Boy, Verpflegung und Community), ni mm t der Ben efit-Artt eil an der Cesa mtentlohnung ab, wenn ein hoh er Bonu s be za hlt wi rd . Trot zdem kann fes tgehalten werden, dass die Beneüts den Mitar beite nd en einen bea chtliche n geldwe rten Vorteil bieten.
13.4. 3
Lei stu ngen und ihre Kosten
Im Folgenden wird das aktuelle Angebot der Netcete ra-Mitarbeiterbenefits beschrieben. Auch di e d amit ve rbundenen Arbei tge be rkosten bzw . der geldwerte Vorteil für den Mitarbei tenden, wer den a u fgezeigt. Letzterer is t als Ind ikation zur Crössenordnu ng zu interpretieren, d ie Werte können im Einzelfall sehr s tark variieren.
Berufliche Vorsor ge und Versic her ungen Netcetera üb ern im m t die gesamten Kos ten d er BVC -Kaderversicherung, di e den Lohnanteil über de m gesetzlichen Maximum abdeckt. Davon profitier en die meisten Ne tceteraMitarbeit enden, insbesondere d ie Älter en . Netcetera finanziert di e Prämien de r N ich tbetriebsu nfall versicheru ng zu 50% und die Kos ten de r Krankentaggeld versicherung voll; d . h. der Ar be itnehm er erhält im Krankh eitsfall 100% seines Loh nes. Es werden ein Mutterschaftsurlaub vo n 16 Wochen un d ein Vaterschaftsurlaub von einer Woche m it voller Lohnfortzahlung gewäh rt (vgl. Tabe lle 13.2).
Ta bell e 13.2
Berufli che Vorsorge und Versicherungen
Benefi t
Ko sten Ne tce le ra
Überobligatort-
Individueller Betrag p ro Mit arbeitender für überobli-
sehe be rufliche
g arortsehe Vo rso rge, abhä ngig von Alte r und Jahres-
Vorsorge
lohn .
Versiche rungen
Indi vidue lle Prä mie, abhängig vom j ah reslohn .
(KTG, N BU)
Ge ld we rt er Vorteil M ita rbe ite nd e ca. CH F 300/Jahr
ca. CHF 5'00J/Jah r (ho he Var ianz)
10 Woc hen
10 Woc hen 20% des Salä rs (G",b urtt'nt agge[dv l'rsiche -
ca. CHF 10'00J/Mu t-
Mutter scha fts -
ru ng deckt 16 Woc hen z u 80% ab ). Die Ve rsiche rungsp rämiert we rden durch Netcete ra bezahlt. Du rch-
Me hrhei t der Beleg-
schnittlieh eine Mutter scha ft pro Jahr.
schart nich t relevant
urlau b
terscha ft, fü r d ie
Was Talente motiviert - Mitarbeiterbenefits auf dem Prüfstand
178
Arbe itszeitregelun g Die Mi tarbeitenden sind eigenverantwortlich für die Einhaltung de r [ahresarbeitszelt zus tänd ig. Sie verwalte n ihren Gleitzeitsaldo selbst, solange es sich im Rahmen von plus/m inus 42 Stunden bewegt. Blockzeiten gibt es keine, Üb erzeit kann vollständ ig kompensiert we rden, wobei natürlich ein Abgleich mit den Proje kternsät ze n Voraussetzung ist. Netcetera ist gegenübe r Teilzeilanstellunge n sehr offen und ermöglicht den Mitarbeitenden eine Red uktion oder Erhöhung ihres Pensums. Heule p ro fitie ren 35% de r Mitarbe itenden vom Teilzeitmod ell. De r Ferie nansp ruch jede s Mitarbeiten den be trägt 25 Tage und unbezahlter Urlaub ist mögl ich (vgl. Tabelle 13.3).
Ta bell e 13.3 Benefi t
Teilzeit arbeit
Arbeit szeitre gel ung Kosten Netce te ra Adminlstratlver Auf w and für die An passu n g d e r
Geld wetter Vo rt e il Mitarbeit ende Nich t bezifferba r
Arbeitszeit in der internen Dat e nban k u nd Ve rsieherungsrneld ungen. Erhöhte Anfo rde rung an di e Füh ru ng u nd Ressou rce npl anu ng. Unbezahlte r
Administrativer Aufw and fü r Versiche rungsmetd un-
Urla ub
gen- Muta tionen in d er intern en Datenba nk sowie
N icht beziffe rba r
Betre u ung des Mita rbeitenden bei Fragen. Fü r Ne tcetera entstehen in der Differ enz d es Tagessa tZl'S ~um Bruttolo h n z udem Oppo rtuni tiitskost",n.
25 Tage Ferien (5. Fertenwcche j
Die Kosten en tsprechen fü nf Tag essä ezen .
ca. CH F lOOO/Jah r
Horne O fflee
A ufwan d IT Services für die Betr euung bei d er Ein-
Nicht beztfferba r
rich tung d er Infrast ru ktu r sowie bei Supportfragen.
Weite rb ildung Pro Jah r s teh t den Mitarbeitenden ein Ausbild u ngsb ud get von fün f Ar beit stagen (bei eine m Teilzeitpensu m entsprechend red uzi ert) fü r Kurse, Kon ferenzen, Sp rachaufenthalte usw. zur Verfügu ng . In Absprache mi t de m Mitarbeitenden be teiligt sich Netcetera an den Schulkos ten . Mitarbeitende können eigenständig Bücher für d ie interne Fachbibliothek best ellen und so einfach un d schnell die benötigte Liter atur be schaffen (vg l. Tabelle 13.4).
Hansruedi Vonder Mühll und Regina Vogt
Tabelle 13.4
179
Weiterb ildung
Benefit
Ko sten Ne tce te ra
Ausb ild u ngs -
Die Kos ten fü r da s Zei tbudge tentsprechen fü nf Ta-
bud get
ge ssätxen. Die Au sbildungskosten va riieren s ta rk.
Fach biblio the k
Selbststä ndi ge Bestellung d urch Mitarbeitende red u-
G eldwerter Vo rte il Mi ta rbe it end e ca. CHF H100IJahr Nicht beziffe rbar
zie rt admi n istra tiven Aufwand für Bestellungsfreiga ben u nd Abklä run gen .
Benu tzung vo n Firmenmitteln Das Firmenmob iltelefon kann im definie rten Rah men fü r private Zwecke verwendet wer den. Beim p riva ten Einka uf von Hard ware-, Software- und Tele kommunikations-Material können die Mitarbe itenden von den attraktive n Netcetera-Einkaufskond itionen bei den Grosshänd lem profitieren (vgl. Tabe lle 13.5).
Tabelle 13.5
Benut zung von Fi rmenmi ttel n
Bendi t Mobiltelefon
Ko st en Ne tce tera Nebe n den effek tiven Ge sprächskosten fäll t ad rniuis t-
Oeld w erter Vo rte il Mi ta rb eit end e ca. CHF .Jm lJahr
ra tive r Aufw a nd fü r die Beste llun g von Abonnementen un d die Betreuung der Mitarbeitenden bei Fra gen an . Netcetera Ein-
Beratungsaufwand der IT Se rvices-Mlta rbeue nd en
Nic h t bezjfferba r
kaufskundttionen
Mitarbeiter- Betei ligungsprogra mm Ab d em zweiten Dienstjahr kön ne n Mi ta rbeitende Ne tcetera-Aklien zu attr ak tiven Bedingungen erwe rben. Bei sehr gu tem Geschäftsgang w ird ein 13. oder gar 14. Mona tslohn als Bon us ausbezahlt. Je nach Auftragslage en tscheidet d ie Ceschäüslenung, ob ein Teil d es Bon us in Form von Ferien bezogen werden ka nn (vg1.Tabelle 13.6).
Was Talente motiviert - Mitarbeiterbenefits auf dem Prüfstand
180
Tab elle 13.6
Mit arbeit er -Bet ei(; gungsprogramm
Benefit
Kosten Netce te ra
Mit arbeiterbe teilig uug
Dif feren z Buch wert/Ve rkau fs preis u nd adminis trati-
Bo nu s
Je nach Geschäftsjah r 13. oder g ar 14. Mon at sloh n.
Eeldwert er Vorte il Mita rbe itend e ca.l 'SOOCHFlJah r
ver Au fwand für d ie Abw icklung d es Ve rkau fs der Mit arbeit era ktien un d fü r Pfle ge de s Ak tienbu che s.
Nicht bezfffe rba r
Verpflegung Zur Netcelera-Firmengruppe gehö rt d ie Netcetera Castro AG, d ie für alle Mitarbe itenden das Restaurant ,.eafe Boy" betreibt. Angeboten werden versch ied en e M illags menüs zu vergünstig ten Preisen. Zudem stehen in d en Büros jede rzeit verschie dene Get rän ke, Kaffee, Ge treideriegel u nd Früchte fü r die Mitarbeitenden bereit (vgl. Tabelle 13.7).
Tabell e 13 .7
Verpflegung
Benefit Ca fe Boy
Kosten N etc e te ra Kosten liegen höhe r als der geldw..rte Vnrt e il fü r die
Gel dwen er Vorte il Mitarbe it ende ca. CH F I' OOO/Jahr
Mi tarbeitend..n, da Ne tcete ra ..inen ge wiss en Umsatz garantiert, um d as wi rtsch aftliche Fortbestehen des R..s ta urants z u sichern. Verp fl..gung
Neb ..n d..n effektiven Kos ten fällt admtnlstrativ e r
(Geträn ke,
A ufwa nd fü r d..n Ein ka uf u nd Verteil ung der Get rä n-
Früchte)
ke u nd Frü chte an.
ca. C H F 400/J
Community und Sport Das jäh rliche, zweitägige Firmensem inar unter d em Mott o " Connect!" b ietet Raum für den fach lichen und persönlichen Au stausch un ter den Mitarbeitenden. Fü r die Sportbe ge isterten ha t Ne tcetera zweimal wöc hentlich über Mittag eine Sporthalle gemietet, sodass sich d ie Mitarbeitenden zum Volleyball. ode r Unihockeys pielen treffen kön nen. Auch d er jäh rliehe Skitag b ietet Gelegenheit , sich einmal au sserhalb d es Arbei tsalltage s zu treffen und besser kennenzulernen (vgl. Tabelle 13.8).
181
Hansruedi Vonder Mühll und Regina Vogt
Tabelle 13 .8
Community und Sport
Benefit
Geldwerter Vorteil Mitarbeitende
Ko sten Netcete ra
ca. CHF r200lJahr
tag)
Nebst effektiver Kosten und den Opportunitätskosten für 3 Tagessätze pro Mitarbeitender, fällt für die Organisation der Anlässeadministrativer Aufwand an.
Sporthalle
Die Miete für die Sporthallebeträgt pro Jahr CHF600.
vernachlässigbar
Community (Connectt.Skl-
13.5
Qualitative Mitarbeiterumfrage
Netcetera invest iert überdurchsc hni ttlich viel in d ie Mitarbeilerbenefits. Um zu besti mmen, welchen Beitrag di e ang ebotenen Benefits tatsäch lich zur Rek rutterung von Talenten und zu r Red ukt ion der Personalfluktuation bei Netcetera leisten, w urde 2008 eine qual itative Umfr age mit zehn von insgesamt 120 Mitarb eitenden d urch geführt (vgl. Vog t 2008). Damit sollte geklärt wer den, welchen Stellenw er t d ie Gestaltung der Beoeftts bei der En tscheid ung fü r eine Ans tellu ng bei Ne tcetera ha tte, ob d en Mitarbeitenden d as aktue lle Angebo t bek annt ist, ob es sich mit ihren Bed ür fnissen deckt und ob letz tlich die Wert schätzung au ch in Relation zu den da m it verbundenen Kosten steht. Die qua litative Umfrage w urde im Rah men von pe rsönlichen Inte rview s mit einem strukturierten Frageb ogen du rchgeführt, d er d ie Möglich keit bot, di e Benefits arischliessend zu bewe rten. Dieses Vorgehen er mög lichte, d ie Bed ü rfnisse der Mitarbeit enden d urc h Rückfragen genauer in Erfahrung zu bringen . Die Zielg ruppe besch ränkt e sich auf die Netcetera-Mita rbeiten den in Zürich, Bem und Vad uz . Die Auswahl der Interviewpa rtner erfo lgte nach dem Qu otenverfah ren. wobei die Personen innerh alb der Quote zu fällig bes timm t wurden. Sie wurden nach den folgenden Qu oten ausgewä hlt, welche d ie Mitarbeiters tru ktu r verh ältnis mässig korrekt ab bildet : •
1/10 Mita rbeitende m it Arbeitso rt Bern
•
1/10 Mitarbeitende m it Arbei tsor t Vaduz
•
2/10 Frauen
•
1/10 Mitarbeitende aus dem Manage ment
•
1/10 Mitarbe itend e aus de m Bereich Services (interne Dienstleistungen )
•
4/10 Mitar beitende m it Kindern
•
5/10 Mitarbeiten de, die jünger als 35 Jahre sind
•
5/10 Mitarbeitende, d ie länger als d rei Jahre fü r Netcetera tät ig sind.
182
13.5 .1
Was Talente motiviert - Mitarbeiterbenefits auf dem Prüfstand
Bekanntheit des Angebots
Um d ie Bekanntheit des Angebo tes zu prüfen , w urde den Mitarbe itenden zu Begin n des Intervie ws d ie offene Frage ges tellt, welc he Ben efits ih nen spontan einfallen (= unges tül zte Bekanntheit) (vgl. Abbildu ng 13.3).
Abbildung 13.3
Beka nnt heit des aktuellen Angeb otes
I ,• j
•
Die Gra fik zeigt d ass d ie Mitarbeitenden vor alle m jene Beneflts kennen, von denen sie täglich Geb rau ch mac hen. Dazu gehören da s Mobiltelefon, di e Ver pflegu ngsm öglich keiten im eafe Boy un d die offerierte n Get ränke un d Früchte im Büro. Bei de r ber uflichen Vorsorge erwähnten eini ge de r Befragten, da ss Net cetera in diesem Bereic h meh r bietet als d as gesetz liche Minim um. Nur ge rade vier Benefits wurden von mehr als zwei Mita rbeitenden genann t. Bei d er Spontan befragung schiene n den Mitarbeitenden d as grosszügtge Ausbild ungsbudget und da s Com m unity -Angebo t wenig bewusst zu sein . Möglicherweise w ird auch die Mitarbe iterbeteiligun g nich t als Benefit wa h rgenommen.
13.5 .2
Wahrnehmung und Nutzung
Bei jedem Beneftt ko nnten d ie Mita rbei tend en au fgmnd einer viers tufigen Skala vo n un wich tig bis wic htig entscheid en, wie wertvoll ihnen ein ein ze lne r Benefit ist. Zudem konnten sie auch angeben, wenn sie einen Benefit nicht kann ten . Im Folgen d en we rd en di e Resu ltate zusammengefass t. Zur Verein fachung werden die Skalens tufen wichtig/eher wichtig bzw. unw ichtig/eher unwichtig zusammengefass t.
Beru f lic he Vorsorge und Versich erungen Das Angebot ist in gro ben Zügen bek ann t, abgesehen von d er Beteiligu ng an der Nlcbtbetriebsunfallversicherung, di e wo hl als sel bs tvers tändlich gilt . Die Leistungen werden vo n allen Mitar beitenden als wich tig oder eher wichtig eingestuft. Alle Befragten konn ten d ie
Hansruedi Vonder Mühll und Regina Vogt
183
fina nzie llen Beiträge von Netcetera fü r die einzelnen Beneüts nic ht quantifizieren, wünschten aber Angaben dazu (vgl. Tabelle 13.9).
Ta bell e 13.9
Wahrnehmung der Benefits der Beruflichen Vorsorge und Versicherungen Wahrnehmun g
Ben e fit
Wic hti g
Unwichti g
60%
0%
,.,
Übe rllbliga torbche Berutliche Vo rso rge
60%
10%
30%
Kranke ntagge ld ver sicheru ng
20%
70%
10 '
Kosten bet eiligung NB U-Vers icherung
'0'
10%
50%
16 w oc he n Mutterschaftsu rlaub
0%
80%
20'
Loh nfortz ahlung 100%
0%
90%
10%
H öhere Altersgutschri ft be i o bligatorischer Vor sorge
Unbek a n nt
Arbeits zeit regelung Die überwiegende Mehrheit der Mitarbeitenden findet es wic htig, Teilzeit arbeiten zu können. Rund 1/3 aller Netcetera -Mitarbei tenden nu tzen das Angebot de r Teilzeitarbeit. Etwas weniger wich tig ist den Mitarbeitenden d ie Mögli ch kei t, unbezahlten Urlaub beziehen zu können. De nnoch machen jährlich meh rere Mitarbei tende von diesem Angebot Geb rau ch . Run d 2/3 de r Befr agten arbei ten regelmassig von zu Hause aus, wobei die Häufigke it von wöchentlich b is meh rmals pro Jah r va riiert (vgl. Tabelle 13.10).
Ta bell e 13 .10
Wahrn ehmung de r Beneftts de r arbet tszettregetun g
Benef it
Wahrnehmun g Wichti g
Unw icht ig
Un be ka n n t
Teilzeita rbeit
90%
10%
0%
Un beza hlter Urla u b
50%
50%
0%
25 Feri,m t,lg",
100%
0%
0%
Te learbeit
70%
20%
10%
Wei t erbildung Fü r d ie Mitarbeitenden ist das zur Verfügung stehende Ausbildungsbudget ein wichtiger Benefit, jed och kan n d ie Me hrheit der bef rag ten Mitarbe itenden n icht das ganze Budget
184
Was Talente motiviert - Mitarbeiterbenefits auf dem Prüfstand
au sschöpfen. Die Mitarbeitenden schätzen d ie unkomplizierte Beschaffung von Fach literatur, auc h wenn d as her kömmliche Buch mehr u nd mehr durch E-Books und Recherc he n im In ternet abg elöst wird . Die in terne Fachbibliothek wird deshalb auc h nu r noc h sp ora disch genutz t (vgl. Tabe lle 13.11).
Tabelle 13. 1 1
Wahrnehmung der Benefits de r angebot enen Wei t erbild ung Wa h rn ehm un g
Ben e fi t
Wich tig
Un wic ht ig
Un bekan nt
5 A rbeits tage Weiter bildung
100%
0%
0%
Finan"jell e Un tt'TStü tzung
100%
0%
0%
Fnchlitere tu rbes chaffu ng
60%
2. '
20%
Benutzung von Firmenmittel Die Mehrheit de r Netcetera-Mita rbeitenden hat ein Firmenmobilteldon, desse n Nu tzu ng von den mei sten Befragten al s wichtig eingestuft wird. Die Hä lfte der Mita rbeit enden schät zt di e Möglichkeit, Hard ware und Software zu Netce tera Einkau fskondi tionen beziehen zu können und m ach t jährlich von die sem Angebot Geb rauch (vgl . Tabelle 13.12).
Tabell e 13. 12
Wahrnehmung der Beneft t s von Fir menmi t tel
Bl'n efi t
Wa h rn e hm un g Wic h tig
Unwic h tig
Unbe kan n t
Mobilte lefo n
Il
20%
0%
Einka uf zu Firme nko nd iliune n
50%
40%
10%
Mitar beiter-Be teiligu ngsp rogra m m Tendenziell finden Mitarbeitend e, die weniger als d rei Jahre für Netcetera tätig sind, weniger wich tig oder sogar unwichtig, dass sie Mitarbe iterakt ien er werben kön nen (vgl. Tabelle 13.13).
185
Hansruedi Vonder Mühll und Regina Vogt
Tabelle 13.13
Wahrn ehmung der Benefi ts Mitarbeit er -Beteitu ngsprogramm Wahrnehmung
Ben efit Mitarbeiteraktien
Wic htig
Unwicht ig
Unbeka n nt
60"
40%
0%
Verpflegung Alle befragten Mitarbe itenden schä tzen d ie Ver pflegungsmöglichke it im Cafe Boy (geführt vo n Ne tcetera Gastro AG) als wichtig oder ehe r wichtig ein und machen regelmässlg Geb rau ch davo n. Die Mitarbe iten de n schä tze n beim Cafe Boy hauptsächl ich, dass sie oh ne g rosse n Zeitaufwand, m it d en Kollegen ein warmes und gesundes Miltagsessen ge messen können. Die zur Verfügung ges tellten Getränke (Süssgeträn ke, Ka ffee, Tee) we rden offensich tlich als wichtig eingestuft un d meh rma ls täglich ge nutz t. Ebenfalls wich tig od er ehe r w ichtig finden die Mita rbe itend en die offe rier ten Frücht e (vgl. Tabe lle 13.14).
Tabelle 13.14
Wahrnehmung der seneüts Verpflegung Wa hrnehmun g
Benefit
Wich tig
Unwicht ig
Un be ka n n t
Cate Boy
100%
0%
0%
Cerränke
100'
0%
0%
Früchte
911%
10%
0%
Community und Sport Die Mitarbeitenden schätzen das Connecü-Serrunar vo r alle m wegen des u ngezwu nge ne n Zusam menseins m it den Ar beitskollege n u nd des inform ellen Aus tauschs. Etwas we nige r w ichtig wi rd der Skitag empfu nden. Das Spor tangebo t übe r Mittag rich tet sich an eine Minderhei t (vgl. Tabelle 13.15).
Tabelle 13.15
Wahrnehmun g der Benefi t s Community und Sport
Benefit
Wahrnehmun g Wi chti g
Unwichtig
Unbeka n nt
Connect! Seminar
90%
10%
0%
Skitag/Skiwochenende
70%
30%
Sporthalle
2"'
W'"
"'
0%
Was Talente motiviert - Mitarbeiterbenefits auf dem Prüfstand
186
13.5 .3
Wichtigkeit des aktuellen Angebot es
Die bef rag ten Mitarbeitenden haben mit den 16 Benefits ihre pe rsönliche Reihenfolge nach Wichtigkeit gebildet. Für die Aus wer tun g wurd e folgende Gewichtu ng an gewendet: Für den ersten Rang erhielt der Bcneftt 16 Pun kte, für den zweiten Rang 15 Punk te und so weiter. Die Abbildung zeigt die durchschnittl iche Pun ktezahl. die ein Benefil von den Mita rbeitenden erhalten ha t (vgl. Abbi ldu ng 13.4). Abbildung 13.4
Wichtig keit der Benefits
, I I I
m---1 HF
f- f- f- f- f- f- f- f- f- f- f- f- ~I I
Au f den ersten Plätzen rangieren die Kantine (Cafe Boy), die fünfte Fer ien woche sowie die Teilz enarbeit. Eben falls noch in de r ersten Tabellenhälfte befinden sich d ie berufl iche Vorsorge, die versfcherungsletstungen sowie das Ausbildungsbudget. De r Mutterschafts urlaub wurde unterdurchschnittlich bewertet, was damit zusammenhängen d ü rfte, dass d ie überwiegende Meh rheit der Mitarbeitenden männlich ist und dieser Bene fit somit weniger persönliche Relevanz hat. Die geri nge Wertschätzung der Einka u fsm öglich keit zu Firmenkond itionen ist wohl da m it zu begründen , dass die Kondi tionen nich t mehr so attrakti v sind wie noch vor ein igen Jahren, als durch diese Vergüns tigungen noch sehr viel mehr Geld gespart we rden kon nte. Die Fachb ibliothek ge hört zu den Bene fits, die wei tes tgehend als Selbstverständlichkeit angenommen we rden. Das Spor tangebot leidet letz tlich darunter, d ass die meisten Mitarbei tenden zwar s po rt lich akt iv sind, abe r Einzelsportarten wie z. B. Jogge n oder Fitness den Teamsporta rten Volleyball und Unihockey vorziehen.
13.5.4
Wertschätzung
Die Kosten eines Benefits lassen sich wirkli ch rechtfertigen, wenn die Mitarbeitenden den Benefit auch als wertvoll und wichtig wa hrnehmen. Die folgende Abbildung vergleicht deshalb die Wertschätzung der Beneftts mit den Kosten. Letztere werden grob in vier Ka-
Hansruedi Vonder Mühll und Regina Vogt
187
tegorien eingetei lt, wei l eine genauere Best im mung der effektiven Kosten eines Benefits nich t möglich ist (1; Zwische n CH F 1 und CHF 2'000, 2: Zwische n CH F 2'001 und CHF 20'000, 3: Zwischen CH F 20'001 und CH F 1oo'()(JO, 4: > CH F 100'000). Die Da rstellung zeigt, dass tatsäch lich eine hohe Kor relation zwi sche n Wer tschätzung und Kosten der Benefits besteht. Die grösste Abweichung finden w ir beim Horne O ffice, dem unbezahlten Urla ub u nd der Teilzeitarbe it. Benefits, welc he von den Mitarbeiten den sehr geschä tzt werden und d ie nu r geringe, d irekt messbare Kosten verursachen. Die Comrnunity Event s werden in Relat ion zu ihren Kosten eher zu wenig ge schätzt, wobei nicht vergessen werden darf, dass ne ben der Einstu fung d u rch d ie Arbeitnehmer auch d er Arbeitge be r einen Wert au s den Benefits zieht, wa s d ie vorliegend en Umfrageres ulta te nich t berücksichtigen (vgl. Abbildung 135). Abbild ung 13.5
=
13.6
Kosten -Wertschätzungsvergleich der Beneftts
Wichtigkei l der Ben efi ls
_ _ KOSlen
Fazit
Die Mitar beiteru mfrage zeigte, dass d ie Benefits grösst entei ls als wichtig und begrü ssenswe rt eingestu ft we rden. Kein Bene ßt wi rd als über flüssig taxiert. Wicht igke it und Wer tschätzung stim men in etwa mit den verursachten Kosten übe rein. Alle rdings waren einige Beneftts gänzlich oder teilweise unbeka nnt und dürften som it auch keinen unm ittelbaren positiven Effekt auf di e Mitarbeiter zu friedenheit ausü ben . Ins besondere fällt auf, d ass d ie me isten Mitarbeitend en die Details zur beruflichen Vorsorge und den üb rigen Versicherungsleis tun gen nich t kennen und den monetären Gegenwe rt der Leistu ngen nicht einschätzen können. Dies tr ifft sow ohl au f neue Mitarbeitende zu , wie auc h auf Netcetera Mitarb eiten de, die schon länger als drei Jahre für die Firma tät ig sind . Einzelne Benefits waren den befragten Personen nicht als solche bewusst. Dass sie seh r sch nell zur Selbs tverständlichkeit werden und ih r Vorhandensein keinen positiven Effekt mehr hat , ist ein bekanntes Phänomen. Fehlt hi ngegen plö tzlich ein Benefit, an den sich die Mitar be iten d en
188
Was Talente motiviert - Mitarbeiterbenefits auf dem Prüfstand
gewöhnt haben (.1.. B. Früc hte und Getränke), wird dies als seh r negativ empfu nden. Benefits sind dem nach ein typis cher Hygienefak tor (vgl. Schar 2008). Die Interviews bes tätigten, dass die Beneftts mit ein Grund für die befrag ten Mita rbeitenden waren, sich für eine Stelle bei Netcetera zu entscheiden, bzw. berei t sind, we iterhin für Netcetera tä tig zu sein. Ju nge Talen te, d . h. Hochsch ulabgänger und Berufsleute mit weniger als fün f Jah ren Erfahrung. erwähnen in diesem Zusammenhang speziell das grossz ügige Ausbildungsbudget. die Möglichkeit de s Bezuges von unbezahlten Ferien und Teilzeitarbeit. Die Community-Anlässe un d die finneneigene Kantine werden als Zeichen für das gute Arbeitsklima gewertet. Die A ttraktivität der Benefits varii ert je nach persönlicher Situation und (Dienst-)Alter. Nebenbeschäftigu ngen, Fam ilien grii nd ung oder -zuwachs, langfristige We iterbildungen und Ähnliches verändern die pe rsönlichen Bed ür fnisse . Netcetera unters tü tzt seine Talente dabe i, indem es ein Maximum an Flexibilität bietet, was Ans tellungsgradänderungen, Telearbeit und Arbei tszeiten betr ifft. D ie Mitarbeitenden dan ken dafü r m it einer für d ie IT· Branche äusserst ge ringen Fluktuation vo n jährlich unter 5%. Generell verändert sich die Att raktivität einzelner Benefits über die Jahre. Wäh ren d beis pielsweis e die hohen Einza hlungen in die zweite Säule zu Börsenhochzeiten hinterfragt w urden, ist diese Kritik nun vers tummt. Als Gegenbeispiel sei der Eink au f vo n Ha rdware-, Software- u nd Telekommunikation s-Material zu Firmenkonditionen erwähnt, der längst nic ht mehr so vorteilhaft ist w ie vor ein paar Jah ren, wei l die Margen dras tisch gesu n ken sind. Crössere Lücken im Angebot der Mitorbeiterbenefits wurden nic ht moniert. Explizi t au f fehlende Punkte anges prochen, äusserten Mita rbeitende den Wunsch nac h einem verlängerten Vaterschaft s ur la ub, Beitr äge zum Halbtax- oder Ceneralabonnement sowie di e Koslenübem ahme eines Da tena bonnements für da s Hand y. Offensichtlich reicht es nic ht , die Benefil -lnformationen während der Rekrutierung oder bei Arbeitsantritt abz ugeben und danach davon auszugehen, dass allein das regelm ässige Erleben die bewusste wehmehmung der Benefits sicherstellt. Sie muss durch zu sät zliche Massnahrnen gefördert werden. Nebe n einer transparenten und jederzeit zugänglichen Do kumentation braucht es regelmässtge aktive Informationen an die Mlta rbeite rschaft, die insbesondere schwer erfassbare Beneüts wie Versicherungsleistungen au fzeigen. Eine grundlose Kommu nikation u nverände rter Vorzüge ist dabei zu vermeiden. Stattdessen sollen Veränderungen im Angebot als Gelegen heit ge nutz t werden, um auf die Ben eftt hinzuweisen. Nich t zuletzt deshalb ist eine aktive Pflege de s Angebotes mit rege lmassigen Anpassungen er strebenswert. Netcetera wird die Ausgestaltung der Mltarbetterbenefits auch weiterhin diskutie ren und ergänzen, um sich an d ie sich verändernden Mitarbe iterbedürfnisse und an d ie Mitbewerber anzupassen. So sollen und kö nnen a uch in Zukunft hoch qualifizierte Talen te angezogen und gehalten we rden .
Hansruedi Vonder Mühll und Regina Vogt
189
Quellenverzeichnis H ÄFLIGER, JUDrrH (2008): Höhere Fringe-Benefits in der Schweiz. In: Die Volkswirtschaft: Das Magazin fü r Wirtschaftspolitik, 81. Js 2008, N r. 4, 5. 46-49. 5cHÄR, OTH.\1AR (2001): Frin ge Benefits - wer bietet noch mehr? In : Business News, o. Jg. 2001, N r. 2. VOGT, REGI:-.lA (2008): Wahmehmung und We rtschätzung der Netcetera Benefits - Potential im HR Marketi ng nu tzen, Praxisarb eit an der Zü rcher Hoc hschule fü r en gewandte Wissen scha ften Winterthur, 2ooH. W EATHI:-.JGTO:-.J, BART L.(rETRICK, LOIS E. (2000): Cornpensatlon or Righ t: An Analysis of Employee Fringe Benefi t Per cep tion . In: Ernpl oyee Responsibilities and Right s Jou rnal, 12. Jg. 2000, Nr.3, 5. 141-162.
14
"GOaL" - eine Erfolgsgeschichte in der Identifizierung von Talenten
Novartis Andren Sexer
14.1
Das Unternehmen Novartis
Das Untern eh men gi ng aus der Fusion der in de r Schweiz dom izilierten Chemie/Life Sciences-Ctganten Sandez und Ciba-Ceigy he rvor. Die Gründung des Pharmaunternehmen Novartis {lat. novae artes, "neue Künste"). w ie die neue Un ternehmu ng genannt wurde, stellte damals, 19%, die gr össte Firmenfusion de r Geschichte dar. Novartis zählt zu den we ltweit führenden Anbietern innovativer medizinischer Prod ukte, die über 800 Mio. Patienten we ltweit zu Gute kommen. Der Konze rn ist in über 140 Ländern tätig. bleib t dabei aber s ta rk in de r Schweiz ve rwurzelt. Es zä hlen über 98'000 Mitarbeitende zum Konze rn, wovon me hr als 12'000 in der Schweiz tätig sind. Novartts verfügt über kom plementäre Geschäftsfelder im " Healthcare" Bereich und kan n somit untersch iedliche Bedürfnisse der Patienten u nd der modernen Gesellschaft weltweit abdecke n. Das grösste Business wird in de r Sparte Pharma generiert, jedoch auch in den anderen Div isionen, im Bereich de r Oenenka, Impfstoffe un d Co ns ume r Healt h Produkte ist die Firm a a uf einem global führenden Niveau tätig. Der Konzernnettoumsatz aus for tzuführenden Geschäftsbere ichen stieg 2008 u m 9% (+5'){, in loka len Währungen) auf 41,S Mrd. USO, das operat ive Ergebnis erhöhte sich u m 32% au f 9,0 Mrd. USO und der Reingewinn wuchs um 25% auf 8,2 Mrd . USO. Der unverwässerte Gewinn pro Aktie st ieg um 28% auf 3,59 USO (Zahlen basieren auf den Endjahreseesultaten von 2(08).
14.2
Herausforderungen im Bereich Talent Management
Diverse Talent Managemen t Strategien kommen in allen grösseren Betrieben, mit meh r oder weniger Erfolg gekrönt, zu m Einsatz. Der folge nde Ansatz beschreibt ein Modell de r Förderung und Entwicklu ng von Talenten in einem frühen Stadium ihrer Karrie re. Das Programm wurde bei Novartis in de r Pharma Division innerhalb de r Region Europa entw ickelt und lanciert. Ausschlaggebend für die Ausarbeitung des "GOal" Programms ("GOa l" steht für "Grow ing Our aspi ring Leaders") war die Analyse der internen Nach-
192
"GOaL" - eine Erfolgsgeschichte in der Ident ifi zierung von Talenten
folgeplanung während des jährlich du rchgeführ ten " O rganization and Talent Review Prozesses" (OTR). Sie hat im 2006 gezeigt, d ass bei Novartis Pharma innerhalb de r Regio n Europa für die bestehenden 20 Top-Führu ngspositionen (Cl'O Heads .. Chef eines Landes innerhalb d er Division Pharm a) über die nächsten fünf Jahre, insgesamt nur 18 Nac hfolger vo rhanden waren, welche in einem unterschiedliche n En twtcklungsstadlu m ihrer Karriere standen (vg1. Abbild ung 14.1). Das Ziel von Nova rlis ist jedoch weil höh er angesetzt und sieht vor , d ass pro Füh ru ngsposition zwei intern e Kandidaten zu r Nach folge so for t bereit se in sollten ode r zum indest eine Person jetzt bereit ist und zwei weitere Perso nen in ein bis zwei Jahren so weit in ihrer Entwicklu ng fortgesch ritten wären, dass sie eine solche Top Füh rungsposition übernehmen könnten. Dieser Untersch ied zwische n d em ak tuelle n Beda rf und de m derzeitigen Bestand wa r so gross, dass aku ter Ha ndlu ngsbed arf bestand. Diese Ausgangslage war der Grund stein zur Ent w icklung des "G OilL" Programms. Abbildung 14.1
Wanled
2OCPO Head cosncns
Soll -Ist Bestand der internen Nachfolgeptanung
Status I Need IAcl ual
Read Now RN
Read 1-2 Years
Read 3-5 Years
40 RN or 20 RN+40 R1-21
3
I
I
8
I
I
Das Hu ma n Resoutces Tea m von .Novartts Pha rma Reg ion Eu rope" konzip ierte eine n mas sgesc hneiderten Ansatz für die Ent wicklu ng vo n Füh rungskräften, welc he in d rei bi s fünf Jahren eine der erwähnten Top-Führu ngsposition en übernehmen sollen. "GOa l " steht jedoch nicht vö llig iso liert von den bereits etablierten Traini ngsp rog rammen und Ausbildungsmassnahmen. Ein integrierter Ansatz der Personalentwicklung ist ent scheidend für die strategische Differenzierung zu r Konk u rrenz und um sys tem atisch einen stab ilen Bestand an Nac hwuchs kräften aufzubauen (vgl. Abbildung 14.2). " GOal" fokussiert auf die Ent wicklu ng de r jungen Ta lente, welche sich auf dem er sten Man agement Level befinden. Alle Tra inings auf diese r Stu fe befa ssen sich hauptsäch lich mit ve rschie denen grundsä tzlichen Füh rungsmethoden und -Instrumen ten innerhalb de r Novartis. Typ ische Teilneh mer d ieser Kurse sind jene, welc he zum ersten Mal Personalverantwortung oder auch eine Projek tfüh rung übernehmen . Es fehlte bis anhin jedoch an einem s pe zifischen Programm, welches konsequent die Fähigkeiten und Kompetenzen aufzu bauen hilft, die von Länderchefs (CPO Head ) in Zukunft ve rla ngt werden. Das " GOal" Programm leiste t einen wesentlichen Beitra g, diese Lücke kontinu ierlich zu scbltesse n.
Andrea Saxer
193
Abbildung 14.2
Eingliederung von "GOal" in das bestehende Ausbildungskonzept der Novartis
/l..Global COIlPORATE ~ E A Il N I N G
Mldd le '"
Localill eg io na l
""'"'" Level
'"
~ ~ l ll
14 .3 14 .3 .1
"'''''''9''''''''''
Skills
"GOal" - Identifizierung von Talenten Zielgruppen definieren und Erwartungen erkennen
Aus de r frühzeitige n Identifikation von Talenten u nd deren Förderung kann ein zu nehmend w ichtiger Wettbewerbsvo rteil erreicht we rden. Diese Identifikation ste llt jedoch eine Hera usfo rderu ng an sich da r, d enn untersch ied liche Genera tionen weisen unte rsch iedlic he Erwartungen an ihre be rufli chen Karr ieren au f und haben auch noch wei tere Bedü rfn isse in ihrem Lebe n au ssethalb d er Arbe itswelt. Fü r d ie "Gener ation Y", also die heu te 20 b is 30jährigen Nachkorurnen d er Babvboorners, ist eine ind ivid uelle Ans pr ache sowie persönliche Aufm er ksamkeit im Rahmen ihrer Karr iereen twicklung eine C ru nd voraussetzu ng, ja fas t eine Selbs tve rständlichkeit. Eine ausgewogene Wor k-Life Balance treibt d iese Generation zu Höchstleistungen und ve rstär ktem Engage ment im Job. So genann te "Cor porate Sodal Responslbility" Program me werden von dies er Generat ion als wichtig erach tet und sind entscheid end für die Iden tifizieru ng des Ind ividuum s m it dem Untern ehmen. Typische Vertreter d er " Generatio n Y" sind selbst bewusst, zuversich tlich, volle r Selbs tachtu ng, zielorientiert und dennoch tolerant und rü cksichtsvoll gegenüber d er Gese llschaft . Es
194
"GOaL" - eine Erfolgsgeschichte in der Ident ifi zierung von Talenten
resul tiert die Frage, wie man diese Menschen - die Top-Talents de r "Generation Y" - rekrutieren, motivieren und im Un terne hmen halten kan n, denn sie bilden die Basis für die nächste Fü hrungsgeneration .
14.3 .2
"High-touch " Ansatz
Es reicht nicht mehr, nur d ie herköm mlichen Standard ins trumerite de r Per sonalentw icklung einzusetzen und im Giesskannenverfahren alle Vert reter aller Generationen mit de n gle ichen Tra inings zu förde rn. Die "Gene ration Y" legt, wie vo rgängig erwähn t, sehr viel Wert auf Ind ivid ualität, se i es in der Art de r Komm unikation, den Ausbildungsmöglichkeifen, aber au ch in den an sie gestellten Herau sforderu ngen . Um die jungen, viel versprechenden Talente der "Genera tion Y" anzusprechen, wu rde ein so genannter .jitgh-touch" Ansatz en twickelt. Im Zentrum s teh t d ie persönliche, individuelle En twicklung. Der Kandidat soll rasch an Reife, Persönlichkeit, Selbstbewusstsein im Sinne von Selbsterkenntnis und Profil gewinnen. Durch den "high-touch" Ansatz. werden En tw icklungspläne entworfen, welche dieses gezielte, beschleunigte persönliche Wachstum unterstü tzen. Diese Pläne beruhen im Wesentlichen a uf vier Faktoren: L Selektion der Teiln ehmenden: Die Auswahl d er Kandidaten geschieht im jährlichen OTR (Organization and Talent Review) Prozess. Es werden nur die H igh Potentials und hohen l eistungsträger sele ktioniert, welchen aufgrund ihrer b isherigen Res ultaten und ih rer bisherige n Entwicklung d as Potenzial eingeräumt wi rd, in den nächs ten drei bis fünf Jah ren, eine der Top-Führungs po sitionen in der Region Eu m pa zu übernehme n. Dabe i wi rd viel Wert au f die Vielfält igkeit der Gruppenkonstellation gelegt. Es sollen ve rschiedene Na tionalitäten, Sprache n, Eth nien und eine gle ichmässige Aufteilung zwischen Fra uen und Männem berücksichtigt werden. Novartis ist beka nnt für ihre Tätigkeit im Bereich von .Diversity & lncl usion", was auch im "GOal" Programm wieder reflektiert ist. Die frühzeitige Einsc hätzung und Erkenn ung der Poten ziale ermöglicht eine Kalibrieru ng d er ausgewählten Kandidaten und hilft, die Entw icklungsfelder und Lembedürfntsse dieser Personen zu d ifferenzieren . Verschiedene empi rische Ler ninterventionen kommen da be i zum Einsatz. Ein Assessment Ce nter zu Beginn des Programms soll d ie individuellen Lern bedü rfn isse und Entwicklungsfelder noch mal gertau definieren. Die einzelnen Lernrnodule, welche später noch genauer erklärt werden, umfassen Workshops, Coachings, Feedback-Sitzungen aber auch virtuelle Netzwerke. Mod em e webbasierte Ins trumente ermöglichen eine effiziente Komm uni kat ion während des Progra mms. Ein essentieller Bestand tei l be i der Auswahl der Teil nehmenden ist auch die Einbindung de r d irekten Vorgesetzte n und des höheren Managemen ts, welche das Sponsoring des Programms übernehmen und sich dabei auch persönlich engagieren. Der direkte Vorgesetzte geht eine Ver pflichtung ein, indem er den Kan didaten bestmög lich u nterstü tzt, sei ne Erfahrunge n teilt und die Fortsch ritte dokumentiert.
Andrea Saxer
195
2. In te grati on in de n Geschä ftsa ll tag: Die pe rsönlichen En twi cklungspläne der selektionierten Mitarbe itenden müssen in d ie existierenden Hera usfo rderungen des Geschäftsalltags integ riert wer den. Zudem ist die Verbin dung von ind ividueller Entwick lung u nd de m Wachs tum der Organisation wichtig, es gi lt "reill-life & real-time" Erfahrunge n zu ermöglichen, welche sowohl fü r das Unte rne hmen wie auch für d en einzelnen Teil neh menden bereichern d sind . Durch die erwähnte Integration der d irek ten Vorgesetz ten pro fitieren nicht nur die Teilnehmenden von deren Wissen und Erfahru ngen , sondern auch d ie Manager selb er lerne n dabei sehr viel d azu. Es ent w ickelt sich ein we chselseitige r Lern p rozess und Erken nt nisausrausc h. Von dieser Dynam ik p rofitiert da nn o ft auch das Team im weiteren Sinne. Neben diese n im Alltag integr ierten lernmög lichkeiten bilden d ie systematisch aufgebauten Masterdasses (Aus bildu ngs module) ein we ite res Kernstü ck von " Goa l" . In d iesen Modulen werden die fachl iche n, technischen und funk tionalen Kom pe tenzen geför dert. Diese Module werden n icht nu r von in terne n Trilinern und Führungsk räfte n bestritten, son de rn auc h d ie Clesgow Celedonlan Univers ity übernimmt einen Leh rauftrag. Es besteht eine Partnerschaft zwischen Wirtschaft und w lsse nsc ha ft, we lche das Progra mm weite r bereichert. 3. Relevanz der Organisation: Ein Unternehmen muss Prozesse und Stru kturen et ablieren, um Talente zu identifizieren und sie arischliessend zu fördern und zu en tw ickeln. Ein neues Progra mm muss mit existierenden En twicklungsprogramm en abgestimmt werden . Im Falle von "GOal" wurde d ie Eingliederung in das bes tehende Trainingskonzep t und d ie Einbettun g in d en jährlichen Talentidentifizieru ngs- Prozess (OT R) bereits erklärt. Ein starkes Engagemen t des oberen Kaders zeigt d ie untem ehmerische Wichtigkeit und deren Verbindlichkeit un d schafft zugleich Begegnu ngsmöglichkeilen zw ischen d em Top-Management und den angehe nden jungen Füh ru ngskriiften berei ts vor dem angestreb ten Einsatz in einer Top-Fühnmgs pos ition. 4. Ind ividuell es Engagemen t: Von den Teilnehmenden in d iesem Programm werden nicht nu r in tellektuelle Fähigk ei te n son de rn auc h emotionales, persönliches Engagement und Offenhe it fü r persönl iche Entwic klu ng gefordert. Star ke Motiv etoren sind dabei zunächst d ie inte rne Aner kennung, der Kontakt mit de m höhe ren Managem en t und nicht zu letz t die offizielle interne Absc hlusszeremonie. Eine wei tere Einzigartigkeit von "GOal" bildet d ie obe n erwähnte ex terne Aner kenn ung d er Glasgow Ca ledonian Untverstty. m it we lcher Novartis dieses Program m en twic kelt und aufgebaut hat.
14.3 .3
Das "GOaL" ·Programm
Das " GOal " Program m kann in dre i Ph asen gegl iede rt werden, welche jeweils einen Lehrgang (Masterclass] und einen Wo rkshop ausse rhalb des Geschäftsalltags um fassen. Für diese Lehrgänge reisen die ausgewählten Teil nehmenden aus den verschiedenen Ländern der Reg ion Eu ro pa an, um jewei ls zw ei Tage vor Ort gesc hult zu werden (vg1. Abbil dung 14.3).
196
"GOaL" - eine Erfolgsgeschichte in der Identifizie rung von Talenten
Abbildung 14.3
Bestandteile des "GOal" Programms
I I : = = =:J:JWO.OAY LEARNING OEVE1.OP:EMENl: WORKSHOPS"'!! Q1e31 eacnphase<::= = = ::11
PHASE 1
PHASE2
PHASE3
OEVELOPINGSELF AWARENESS
INGREASING THE ABILITY TO LEARN
COMMUNICATING THELEARNI NG
MaS18rdaas
MaS18'c1ass
MaS18'c1aas
~E RSO!iil COACHING
Onealeach phase.usuallyon.$ile
[ EARNING TEAMS
In18mational18ams 01participanls 10provide ong04ng peersupporl
MENTORIN
Pro";ded by Novar1JSsenior managars
SUPERIOR MANAGER REVIE
Toensure engagemen1 in nul1unng Ialen1developmen1
E - SUPERVI ON
On line support when requi,ed to provide feedback on deliverables
GUIOEOREAOING INTERljAt: ACCREOrTATION EXTERNA[ACCREOrTATlON
In der Ph ase 1 stehen das Ind ivid uum und seine Selbsterkenntnis im Ze ntru m. Es w ird eine genaue Analyse gemacht, wo der Kand id at steh t u nd was seine Ent w icklungsbed ü rfn isse sind in Bezug au f d ie An forderungen, in drei bis fünf Jah ren eine d er Top-Führungsfu nktionen zu übernehmen. Sowohl de r erste Lehrgang (Masterdass) als auch d ie Worksho ps sin d ganz da rau f ausgerichtet, den Menschen richtig zu erfassen. Es werden gleichennassen fachliche und technische Fäh igkeiten, wie auc h pe rsönliche Charakteristiken analysiert und gefördert. Phase 2 zielt mehr da rau f ab, die eigene Lern fähig keit zu erhöhen u nd auf dem bereits Gelernten au fzubauen . Zwischen den ein zelnen Phasen wir d jewei ls an der Umsetzung im GeschäftsalItag ge ar be itet. Dabe i spielt w iede r d er direkte Vorgesetzte eine zentrale Rolle, dJSS er un terstü tzend oder korrigierend eingrei fen kann und au ch die For tschritte beobac htet un d do kumentiert. Als Abschluss in Phase 3 bek om m t der Kand idat die Gelegenheit , das Gelernte, seine Erfah ru ngen und Erkenntnisse zu präsen tieren. Das Top-Management der Region Europa vers am melt sich u nd jeder Teilneh mende präsentier t sich un d seine Erfah rungen. Es geht dabei nicht nur um die technischen Inhalt e, sondern im Wesentlichen auch um die pe rsönliche Entw icklung. Um dieses hoc hgesteckte Zie l von rascher pe rsönlicher Entwicklung und dem Aus bau de r fach lichen Kompetenzen zu erreichen, se tzt das "GOal" Programm auf verschiedene Methoden u nd Lerni nter ven tionen. Die Kernelemente bestehe n aus einem persönlichen Cca ching. welc hes dann auch zwischen den einzelnen Mod u len fortgeführt wi rd . Die Teil-
Andrea Saxer
197
nehmenden bilden ein internat iona les Team, welches optimale Lernm ög lichkeite n von Gle ichges tellten mit un terschiedlicher Herkunft bietet. Jed er Kand idat bekommt einen persönlichen Men tor aus de m höheren Management, mit welchem eine Beziehun g aufgebaut wird, die ide alerweise über die eigentliche Dime r des Programms we itergefü hrt wird. Regelmassige Rückfragen an de n direkten Vorgesetzten ga ran tieren eine Kont inuität im Geschäftsalltag. Verschied ene web-bas ierte Instrumen te he lfen, die Beziehungen auc h virtuell weite rzu führen und d ie Kommun ikat ion zu vereinfachen. Die Teilne hmenden bekom men Zugang zu vir tuellen Biblio the ken, nicht zu letz t um sich auf d ie externe Akkred itierung der Universität Clcsgow vorzubereiten, son dern auc h u m ihre fachlichen Kompetenzen auch im Selbststudi um wei ter aufz ubauen.
14.3.4
Messbare Resultat e
Das " GOaL" Program m zeig t messbare Erfolge und Resu ltate . Das Pilotprojekt startete in d er Region Europa im 2007 mit zehn Teilneh menden . Im 2008 folgte aufgrund des positiven Feedbac ks bereits d er zweite Zy klus mit 25 Teilnehmenden. Das Programm erstreckt sich über ce. ein Jahr, was bedeu tet, dass pro Jahr maxim al 25 Kan d idaten einen der begehrten Plä tze bekommen. Diese Exklusivität machte ursprüng lich du rchaus Sinn, zumal sich das Programm nur an die H igh Potentials und starken Leistung sträger richtete, welche das Potenz ial haben, eine der Top-Führungspositionen als Länd erchef zu übernehmen. In der Zwisc henzeit haben auch andere Fu nktionen ihr Interesse angemeldet, ihre näc hste Führungsgeneration du rch ein solche s Programm gez ielt zu fördern und aufz ubauen . Dabei werden d ie einzelnen Masterdasses und Work shops d ementsprechend inhaltlich ange passt. In den ersten beiden Zyk len haben alle Teilnehmenden sowohl die interne als auch die externe Akkred itierung erhalten. Dies ist keineswegs garan tier t, da die Universit ät Glasgow nich t alle Absch lussp räsentation beim ersten Mal ane rka nnt ha t. Ein seh r erfreu liches Resultat ist jedoch d ie in terne Beförderu ngsquote nac h Absolvierung des Programms. Meh r als die Hälfte der Grup pe (52%) wu rde innerhalb von sechs Monaten nac h Absch luss in eine höhere Position beförde rt. 1{3 der Spo nsori ng Man ager, also der d irekten Vorgesetzten der Teilnehmenden, w urde eben falls befördert, was wiederu m ein Beweis für ein wechs elseitiges Profitieren ist. Durch diese Erfolge steigen auch die kün ftigen Erwa rtungen, welche von Anfang an richt ig gesetzt wer den m üssen . Die Teilnahme am Programm bed eutet keine automatische Beförde rung, jedo ch stehen d ie Chancen dafü r sehr gu t. " GOaL" startete au ch im Januar 2009 mit 22 Kandidaten wieder einen Zyklu s, wobei die Selektion auf d ie so genannten " Emerging Growth Ma rkets" (EGM) ausgeweitet u nd fün f Teilne hmende no miniert wu rden. Die anges prochene gewünschte Vielfalt der Gruppen kann da durch weiter ausgeba ut werden un d besch ränk t sich nich t nu r auf d ie Reg ion Europa. Ziel ist, in den Posi tionen als Länderchefs innerha lb der europäischen Länder auch Leu te zu plat zieren, die andere Märkte kennen, andere Erfahru ngen mitbr ingen und somit de r Austa usch noch globaler wird.
198
"GOaL" - eine Erfolgsgeschichte in der Ident ifi zierung von Talenten
De r Erfolg ist auc h in absoluten Za hlen deutlich messbar. So hat sich die Anz ahl potenzieller Kand idaten für diese Positionen d eut lich ve rbessert (vgl. Tabelle 14.1);
Tab elle 14.1
Akt ueller Bestand der i nt ern en Nachfolgeplanung f ür (PO Heads (Län derchefs) in der Regio n Europa
RE H orne Grow n
ero
Head s u ccesso rs
Ready NOW
Luge c r o Pool CPO Head Lug.... countr y a nd C E & NE d uster Heads Med ium ero Poo l
CPO Head Medium country Sma ll
Read y in 1· 2 Years
Ready in 3·5 Yea rs
1- 2
1-4
1-5
5
8
16
1-2
2-<
5-11
3
2
15
erD Pool
Dir..,1 rep ort tng cou nteies 10 N E/C E duster Heads
7-38 33
Die Anzahl de r potenziellen Nachfolge r hat sich stark erhöht, wobei zwischen de r Crösse der einzelnen Ländern (Srnall, Med ium and Large CrO) unte rschieden wird . In Tabelle 14.1 en tsp rechen die kursiv gese hrtebenen Zahlen dem Ziel, das mi t de m " GO al" Programm angestrebt wird und die fett geschriebenen Zahlen dem heutigen Stand. In den meisten Fällen konnte das Ziel somit erreicht oder ga r deutlich übe rtroffen we rden.
14.3.5
Erfolgsfakto ren
Wie oben erwähn t, sind unterschied liche Faktoren für die Entwicklung von Talenten im frühen Karrierestadium entsche idend . Es ist die Kombination der unten aufgeführten Faktoren, we lche schliesslich den Erfolg vers pric ht: •
Unterstützung des Top Managements der Region Eu rop a - unterstützt von den einzelnen Ländern m it starker Koord ination und starkem Projek tmanagement
•
Zusammenarbeit mi t externen Partnern zur Durchführung des Programm s (diverse Coaches und Trainer au s versch iedenen Sparten)
•
Nutzu ng von internen Kapaz itäten und Führungsgrossen
•
Einb ind u ng u nd Delegation einer Teilverantwortung für den Erfolg an den d irekten Vorgesetzten
•
Zuordnung eines Mentors für jeden Teilnehmenden
•
Kon sequ en te Bewertung und Dokumentat ion des Lernprozesses und -fortsc hri tts der Teilnehmenden
Andrea Saxer
199
•
Intern e Anerkennung und Visibi lität: Absch lussbesprechung u nd Präsen tat ion vo r dem Top Man agement d er Region Eu ropa
•
Externe Akkredi tierung in For m eines Un iversitätsdi ploms (Glasgow Caledonian Un iversity)
•
Langfristige Weiterverfolgu ng der Karrieree ntw icklung d er Absolventen
14 .3.6
Erfahrungen
Während der Erarbeitu ng di eses Program ms haben d ie Veran twortliche n w ichtige Erkennt nisse gewon nen. So ist es wertvoll, ein Pilot- Prog ram m als Tes t durchzufüh ren . Es zeig t einerseits erste Erfolge u nd bietet ande rersei ts die Mög lich keit, aus Fehle rn und Erfah rungen zu lernen. Die Selektionskri terien de r Teilnehm enden konn ten ebe nfalls wei ter verfeinert und pr äzis iert wer den. Sponsori ng des Top-M anagements u nd Un ters tützung d er direkten Vorgese tzten sin d entscheidend. Vorgese tzte müssen m itein bezogen werden, d am it auch das mögliche Risiko eine r Konku rrenzsitu at ion minimiert werden kann . W ie jedes neu e Pro gr am m, konnte auch "G OaL" nicht losgelös t vo n den b isherigen Tra iningskonzep ten innerhalb des Un tern eh mens aufgebau t werden . Die Einbe ttung d er Ent w icklung von jungen Talenten in die Un ternehm ensstrategie ist von grosser Bedeut u ng. Die ex terne Akkredi tieru ng durch d ie Glasgow Ca ledonlan Univ ersity gilt als Krönung d es Pro gra mms.
14 .4
Zukunft von "GOal "
"GOaL" h at se ine n Ursprung innerhalb der Pharma Division in der Region Europa. Au fg rund des durchsc hlagenden Erfolges plant Pharma ein weltweit einhei tliches Progra mm zur En twicklu ng von jungen Füh rungskräften, welche in d rei bis fü nf Jah ren in d en TopPositionen der einzel ne n geographischen Regionen sein können. Die Nachfolgep lanung fü r d iese Positionen verla ngt eine kont inu ier liche Verbesse rung über d ie gesamte Phar ma D ivision auf einer wel twei ten Ebene. Die Bed ü rfnisse der heu tigen und zu künftigen Führungskräfte ändern sich konstant über die Generationen h inweg, was im mer w iede r eine Überarbei tung der Entwic klungsmethoden und Lernk onzep te erfordern wird. Insbesond ere in den so gen ann ten " Hyper grow th Markers" wird der Bedarf an Talenten zunehmend d ramatischer. Um in einem solch komp etitiven Umfel d best ehen zu könne n, müssen d ie einzelnen Förderu ngs program me immer meh r massgeschnetd ert we rden. Du rch eine Ausweitung des Konzept s generier t Novartis eine inte rne Standard no rm zu r Entwicklu ng von jungen, talen tierten Füh rungskräften. Die Zusammensetzung und Vielfalt de r Gruppen kann wei ter ges teige rt wer den, was wiederum d ie Möglichkeit bietet, d ie Talent e weltweit besser m iteina nder vergleichen zu können. Diese fokussie rte Herengehensweise an die Ent wicklu ng von H igh Po tentials hat sich bisher meh r als gelohnt und w ird auch in Zu kunft wegweisend sein .
15
Talent Management SBB - ein Blick in die Human Resources-Werkstatt
Schweizerische Bundesbahnen
saß
MarkliSioräi JlI1d Pr/er 771. Sem1
15.1
Einleitung
15.1.1
Ziele
Der vorliegende Beitrag soll einerseits anerkannte Erfolgsfaktoren des Talent Managements au fzeigen und andererseits Stärken und Entwicklungsfelder des heutigen Talent Managements SBS beschreiben, um damit einen Einblick in die Human ResocrcesWe rkstatt der SBS zu ermöglichen.
15 . 1. 2
Das Unternehmen Sßß AG
Die SSS sind eine spezialgesetzliche Aktiengesel lscha ft mit d em Bund als Eigner und ist die grösste Reise- und Transportfirma der Schweiz - ein 24-h Betrieb mit einem Schienen netz von 3'000 km Länge. Pro Tag fahren 8'000-9'000 Züge mit total 860'000 Reisenden. Zudem werden pro Tag ru nd 150'000 To nnen Gü ter transportiert. Der SBB Konzern ist in Divisionen organisie rt: Personenver kehr, Infra struktu r, Im mob ilien und Cargo. Zudem sind Man agementfunktion en (Personal, Finanzen, Komm unikation etc.) au f Konzern ebene angesiedelt. Die SBB beschäftig t ru nd 27'500 Mitarbeitend e, d avon üb er 3'000 Führungsk räne. DN Personalau fwand beträgt jährlich insgesamt 3 Mia. CHF. D ie Mitarbeitenden d er SBB sta mmen au s rund 80 Na tionen und arbeiten in ca. 150 Beru fen. Viele d iese r Berufe sind bahnspe zifisch w ie beisp ielsw eise Lokomotivfüh rer/in oder Rangie rer /in. Die rund 3'000 Führu ngskr äfte d er SBB sind auf drei Führungsebenen tätig: rund 100 im Topkad er. 500 im mittleren Kader und 2'400 im Basiskader.
15. 1.3
Talente und Talent Management
Un ter " Talente" verste hen w ir Mitarbe ite nde und Führungskräfte m it besond erem Potenzial für eine Füh ru ngsfunktion im To pkader. im m ittleren Kader oder im Basiskad er der SBB. Talente heben sich damit von d en üb rigen Mita rbeitenden durch ih r Aufwä rtspotenzial für Füh rungs funktione n und nic ht durch ihre ak tuelle Position ab.
202
Talent Management SBB - ei n Blick in die Human Resoutces-werkstatt
Das Talen t Management SSS zielt d arau f ab, den jäh rliche n Bedar f an in terne n Führungskräften m it geeigneten in ternen Kand idatinnen u nd Kand id aten zu decken. Ziel ist es - je nach Bereich - zwischen 50 bis 80% de r Füh ru ngsfun kttone n m it internen Talen ten zu besetzen. Die Personalcntw icklu ng steuert d ie Iden tifikation , Selektion un d En tw icklung von Ta len ten und mac ht di ese für d ie Konzemleitu ng und da s Topka der sichtbar. Bei de r Iden tifika tion und Selektion vo n Talen ten ste hen sogenan nte Meta- Kompetenzen im Vordergrund wie Lem agilität, Führungs enspruch Einsatzbereitschaft und Werteorientierung (vgl. Lichtsteiner 20(8).
15.2
Erfolgsfaktoren von Talent Management in Top-Unternehmen
Im Sep tembe r 2007 erschien im Fo rtune Maga zine der Onüne-Art lkel .How top com panies breed stcrs". Dieser zeig t d ie Ergebni sse einer Stud ie des Magazins zu den Erfolgsfaktoren von Talent Man agement (vg l. Fortun e 2(07): •
Zeit un d Ge ld Investieren " The biggest investmen t involved may be the time of the CEO and other executlves.'
•
Führu ngstalente erkennen und sichtba r mac he n .Bpotttng leaders ea ely means wo rking on their development ea rly. That's a big change at m ost com panies, where pro gr am s were lon g reserved for an elite group seve ra l yea rs
into tbelr careers.' •
Führu ngstalente on the job entw ickeln .Dne technique: sho rt-te rm wo rk ass ignments. Managers don't leave thelr jobs, but they ta ke on an add itional assign ment ou tsid e thelr field of experuse or tnterest.'
•
Feed backk u ltu r förde rn " The com panies on ou r list combine freq uent, honest assessment w ilh p len ty of me ntoring arid suppor t. So w hen peo ple are told wh at skills they nee d to irnp rove, they're also offered p rog rams or coac htng for doing it."
•
Management Dev elopmen t als Teil de r Unterneh menskultu r leben " Though execu ttves at these corn panies ta lk about their lead ershi p-development pro gra ms, they rea lize the term tsn't quite right. Develop ing leaders isn't a program; it's a way of living. For exa m ple, honest feedback ha s to be cul tur ally okay."
15.3
Stärken des heutigen Talent Managements SBB
Nac hfolgend w ird aufgezeigt, wie di ese Erfolgsfak toren im heutigen Talen t Management SBS berü cksicht igt we rden.
Markus Jordi und Peter Th. Senn
15.3.1
203
Commitment der Konzern leit ung und des Topkaders
Das Talent Management SSS ist in de r Human Resources Strategie verankert. Die "Management Developrnent Policy" d er SSS (vgl. SBB AG 2(08) definie rt folgend e Prozesse innerhalb des Talent Managements (vgl. Abbildung 15.1); Abbild ung 15.1
Prozesse des Talent Managements SBB
Bedarf bestimmen
POlen zlal_
träge, Ide n ti fi z i eren
Pot en z i al· t'äge, beurteil en
Talen te entwickeln
TalenIe po$itlonleren
Eine Stärke des heu tigen Ta lent Management bildet das grosse Engagement der Konzernleitung und des To pkaders der Sßß. Diese Führungsk räfte engagieren sich als Assessori nnen und Assessoren, als Referierende oder als Projektspon soren. Sie habe n hoh e Erwartungen an die Führungskräfte der Sßß.
Erwartungen der Konzernleitung an das Führungsverhalten D ie Konzernleitun g SBß erwartet von Ihren Füh rungskräften spezifische Eins tellungen und darauf basierende Ve rhaltensweisen. Diese SBß Führungswerte sind; 1.
Erfolgs -/leist ungsorie n tie nmg;
•
Sinn und H intergrund, Ziele u nd Beiträge zur Ziele rreichung suchen, vermitteln, ve reinbaren und einfordern
•
Dosie ren, priorisieren und fokussieren
2. Kons truktiv-k rit isc he Au seinander set zung (St reilkultur);
•
Feedb ack
•
Konti nuierliches Verbesserungsprozess
•
Bereichsü be rg reifende Zusammenarbeit (Nur integrierte Top-Leistung zäh lt.)
3. Verlä ssli chkeit: •
Selbststeuerung zur Zielerreichung
•
Mögl ichst tragfähige En twicklu ngsp lanu ngen kommunizieren
Das dar aus abgeleite te Kompet enzmod ell To pkad er bildet eine verbind liche Grund lage fü r das Manage ment De velopment und dami t auch für d as Talent Management. Die folgende Tabelle 15.1 ze igt den Au fbau des Kompetenzmod ells Topkader (1. Spa lte) mit H ilfe vo n zwei Beisp ielen (2. und 3. Spalte): Jedem Führungswer l de r Sß B (z. B. Erfolgs- und Leislungsorientierung) sind Kompetenzb ereiche zugeordne t (z . B. Wan del gestalten ). Jeder
204
Tale nt Management SBB - ein Blick in die Human Resources ·Werkstatt
Kompetenzbereich bes teh t aus spezif ischen Kompet enzen [z. B. Mut zu Veränderung ) und jede Kompetenz ist du rch bestimmte Verh alten sindikat oren charakterisiert [z. B. Die Führungspe rsoll sieh t Chancen und Möglich keiten, wo andere nu r Probl eme sehe n.].
Tabelle 15. 1
Kompetenzmodell Topkader - Aufbau und Beispiele
lIeispiele 7\l Füh ru ngswe rten
Konst ru kt iv-kritische
•
Erfolgs- u nd Ll'istungsmcntil'ru ng
Beispiell'zu Kom p elenzb en' ;chen
•
Wand <,lgt-staltl'll
Anschluss fähig kommuni:riewn
Betep tele zu Kompe lemen
Mul zu r Vl'rä nd l'n mg
Fl......lbacknlllzl'n
~'ü hnmgspt'rson Sil-ht Cha nccn u nd Müglichk,·it,·n, wo anden' nu r l' mblenl(' S{'hm_
Die Fü hru ngspersu" su cht/gibt u nd [~~l d darau s Il<'ue (>~iinl idl€ V erha Il('f\~w('is.'f\ ab.
A u scinandcrsctz uug
~
~
•
Bel'piel<' zu Fü hru ngsve rh.1 1len (Ind ika lor fü r Beu
15.3.2
Ui"
F~,,-'
Bewährte Prozesse nutzen
Nachfolge nd w ird mit H ilfe au sgewählte r Beispiel e beschrieben, wie sich di e bisherigen Proz es se bewährt haben (in Anlehnung an Abbildung 15.1). Pot en zialträger ide n tifizieren: Es besteht ein etablierter Per son albeurtetlun gs prozess, m it welche m di e Vorgesetz ten die Potenziale de r Mitarbeitend en einschätzen. Zudem wird in Managem ent Development Konferen zen au f meh re ren Füh rungss tufen über d ie Potenzialträger , Talente und de ren Entw icklu ng di skutiert. Pot enztalträger b eu rteil en : Potenzia lträger durchlauf en ein Einzel- od er GruppenAssessment. Mitglieder der Konzernleitung und des To pkaders werden als LinienAssessoren einbezogen . Dami t wi rd sichergestellt, d ass sich die Assessmen ts an den führun gspraktischen Anfo rderungen au sri chten. Au ssage kräfti ge Assess mentberich te b ilden die Grundlage für die Erarbeitung ind ividueller Entwicklungspläne. Tal en te en tw ickeln: Es bestehen bewährte Kademachwuchsprograrn me au f Stu fe Topkad er, m ittleres Kader und Basiskad er. Die Program me sind d urch drei Element e cha rakterisiert: •
Ind ivid uelle Entwicklungs massnahmen
•
Erweiterung de s SBB Know -ho w's
•
Fü hrungsmod ule
Markus Jordi und Peter Th. Senn
205
Zudem sind in einzelnen Geschäftsbe reichen sogenannte Rad arp rogramme installier t. Diese Entwlcklungsmassnahrnen sin d transferorientie rt ko nzi piert, d . h. die Ta lente lernen im Prozess der Ar be it in Divisionsprojekten unte r Einbezug des Topkaders. Dies füh rt d azu , dass das Topkade r seine Talente kennt - es ha t sie auf dem " Radar" im Hinbl ick au f d ie Kadersele ktion . Talente positi oni eren: Die Teilneh menden der Kademachwuchsp rograrnrne werden in d en Prozess d er Kaderselekt ion einbezogen . Es bes teh t aber keine Job-Ga rantie.
15.4
Entwicklungsfelder des heutigen Talent Managements SBB
In Bezu g au f d as Gesamtsystem und bezü glich gewisser Pro zesse ha t d ie SBB Entwicklungsfelder erkannt. Diese werden nachfo lgen d au fgezeigt.
15.4.1
Gesamtsystem
Momenta n sind ne ue Kompe tenzm odelle in Erarbe nung. Das Talent Management muss in Zukunft noch konseq uenter auf die entsprechen den An forderungen und Kompetenzen de r verschie denen Kade rstu fen ausgerichtet we rden. Zudem sind d ie Rad arp rogramm e noch nicht unterneh mensweit etablie rt. Es wi rd grundsä tzlich ein Pa rallelprozess zwi schen bere ichsspezifischen Rad ar- und konzern weite n Kad emach wuch sprogramm en anges tre bt. Wir gehe n davon aus, dass d ami t auch Synergien genu tzt werden könne n .
15 .4 .2
Prozesse mit Entwicklungspotenzial
Beda rf bestimmen : Bisher w urden die verfügb aren Talente en twic ke lt. Eine erste Bed arfser hebung liefert nun eine zahlenmässige Planungs- un d Ent scheid un gsgrundl age. Au fgrund de r Fluktu atio nsquo ten und der inte rne n Besetzungsquoten konnten d ie notwendigen in ternen Füh rungskr äfte p ro Jahr ermitte lt werden. Die Bedarfsd aten mü ssen nun über mehrere Jahre verfo lgt werden, u m die Zuverlässigkeit der Prognosen zu sichern. Poten ztalträger ide nti fiziere n: Die Talente sind der Konzem leitung u nd dem Topkader oft nur in d en eigenen Bereichen be kann t. Konze rn weit sind die Ta lent e zu wenig sich tba r. Wir planen so gen annte Talent Pools zu installieren. In diesen können sich die identifizierten Talente gegenüber de r Konzernleitung und dem Topkad er fü r die Aufnahme in ein Kad emarhw uchsp rogr am rn empfehlen. Es sind verschiedene Pro filierungsfenster vorgesehen (z. B. Mita rbe it in Berat ungsprojek ten de r SBB). (Angehende) Führungskrä fte sollen sich auc h selbst - un ab hängig vom Personalbeurt eilungsprozess - für einen Talent Pool anmelden kö nnen.
206
Tale nt Management SBB - ein Blick in die Human Resout ces-werkstatt
Tal ente position ieren: Ein Crosskonzern wie di e SBB bietet den Ta len ten di e Chance, ihre vielfält igen Poten ziale in ve rschiedensten Au fgabe nbereichen zu nu tze n und weiterzue ntwicke ln. D ie Planung VOll Job Assignment s w ird noch zu we nig langfristig ilngega ngt'n. In Zuku nft so llen di e Einsä tze der Führu ngs krä fte in ande ren Bere iche n gefö rdert we rden, damit eine ind ivid uell ausge richtete Entwicklu ngsplanung umgesetzt werden kann.
15.5
Fazit und Ausblick
Die einleitend da rges tellten Erfolgsfak toren sind im heut igen Talent Management $BB schon wei tgehen d berücks icht igt. Die Stär ken u nd Entwic klu ngsfelder d es Talent Management s SBB ze igen, dass viele bewäh rte Konze pte und Instru men te bestehen. Nun gilt es, ein integriertes Gesamtsystem zu en twic keln, mit dem die SBB ihre heutige n Stär ke n weiterhin gezielt nutz en und d ie er kann ten Entw icklungsfelder speditiv angehen kann. Die Konzernleitung hat am 23. Juni 2009 beschlosse n, folgende Schwerp un kte zu se tzen: •
Ges taltu ng eines Talent Pools
•
Installieru ng vo n Rad ar-Programm en in allen Bereichen
•
Modularisierung der Kadernachw uchsprogram me
•
Mittelfristige Ausweitung des Tale nt Mana geme nts au f Fachka der und Projektleitende
Der SBB ist es ein gros~s An liegen, d ass Talente in verschiedensten Aufgaben- un d Verantwortungsbe reich en ihre vielfältigen Potenziale nutzen u nd we iteren twic keln könne n. Das Ta len t Management SBB zeigt, dass d abe i auc h d ie In teressen des Un terne hmens SBB optim al ber üc ksichtigt we rden kön ne n .
Quellenverzeichnis FORTU NE MAGAZI:-.IE (2007): How Top Companies breed Sta rs. [Online] URL: http://money. om.corrvmagaztnes/ fortun e, 20. 04. 2009. lICHTSTEI.\lER, REN E(2008): Unve röffentlichte Arbeitsrnatertalfen, Zü rich 2008. SBB AG (2008): Hu man Resoutces Strategie. Un veröffen tlich tes Strategiepapier Hum an Resnu rces- Konzern SBB, Bem 2008.
16
Talent Management in der Krise erst recht!
Swiss Life Bm/f;' Heller
16.1
Einleitung
Swiss Llfe blickt au f eine fünfjä hr ige Erfahru ng im Bereich Talent Management zu rück, deren Merkm ale und Erkenntnisse in diesem Art ikel kurz zusamm engefass t und angesich ts de r gegenwärtigen Wirtschaftslage kr itisch hi nterfrag t werden solle n. 2005 wurde die Förde rung von ta lent ierten Füh ru ngs kräften zu einem stra tegisc hen Ziel de r Sw iss Life er klärt und w ird als solches, allen ökono mischen Stürmen zu m Tro tz, ziels trebig we ite r ve rfolgt. Als Swiss Life da ma ls mit " d em Talent Manage ment " a nfing. wollte man, w ie verm utlich di ver se ande re Unternehm en au ch, als Arbeitge be r fü r di e Besten att raktiv sein, Füh rungs tale nte für nächs t höhere Fu nktionen för de rn und Letz tere im Unterneh men halten.
16 .2
Talent Management von Swiss Life
Swiss Llfe hat im Sinne eines ganzhettltc hen Ta len t Managements einen u mfass enden Prozess (vgl. Abbildung 16.1) konzip iert, implementiert und su kzessive in den ausländ ischen Niederlassungen eingeführt und dam it eine Standa rdisie rung und weilest möglich e Verg leichbar keit der Iden tifika tionsmerkm ale auf inte rnatio naler Ebene ermögl icht.
208
Talent Manageme nt in der Krise - erst recht!
Ab bildu ng 16.1
Jährlicher T ale nt e nt w ic klu ngsproze ss
Development Needs ldentification
Nomination
Learn ing & Development A ctlvities
,--------- c------, ,---c-------------, EvalUabon Initial Deve lopmenl HCMMeebngB
Assessrnenl English
I
Tesl Seil An alysis 360' Fee dbad<
Group Standar disa bon and Deci sion by ExB
SlnJcturnd Interviews
I
Assessm enl
Progress Asoossmenl
Internal
I
Funclional Promotion
Learning ProgrammslExoc. Educa bon
W'!h in!em al andlor exl emal asse ssolS
De valop rnanl
De velo pmenl MenlOling Coa c/1ing
I
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Review & Repoollng
Focused developmenl pl an
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(In!emational) on· \tle-jo basslgnme nls
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In all den Jahren ist es Sw iss Li fe gelu nge n ca . 150 Talente intern ational au f drei Ebenen fü r d ie Fü hru ngsfunktionen Manage r, Senior Mana ger un d Executlve Manger au szusu che n, zu förde rn so w ie in neue Fun ktionen zu führen (we nn auch nicht alle) und bis he ute zu erhalten. Diese Fü hru ngsfunkt ionen sind da s Rückgrat des Prozesses. Es sind Managementfu nktion en , welch e ve rgleichbar bezüglich der Aufga benkom plexität, Rollensp ielraum und dem Untemehmenseinfluss sind . Ebenso unterstützen diese Eben en d ie div ision sü bergreirende und inte rnati onal e Vergleichbarkei t zwischen d en Manageme ntfunktionen (vgl. Abb ildung 16.2). Wesentliche Erfolgskriterien bei d er Umsetzung dieses Proz esses sind : •
Erstens ein ex tens iver Evaluattonsprozess, der mit einer intern en Einstu fung des Hu man Capltal Po rtfolio beginnt und losg elös t von materiellen Diskussionen um Salär, Beförderung, Bonus etc. statt findet. Dies erl eichtert eine Eveluterung, di e sich auf die Kom pe tenzen und Persönlichkeit ein es Kand id aten konzentriert.
•
Zweitens so llte da s hauseigene Ergebnis noch n icht ab schhessend zur Einstufu ng genutzt wer den, ist es doch eine interne Eins chätzu ng, die weder Objeknv uät noch interna tiona le Ver gleichbarkeit garantiert. Die Nom in ierten m üss en sich einer um fan greichen Selbst- und Fremdbild analyse stellen u nd be reit und fähig sein, sich den Erg ebnissen zu stellen und d aran zu arbei ten - im Zusa mmens piel mit Kollegen, dem Top Manage ment und an der en w oh lmeinend en Kräften. Dies bringt d ie Schw ierigke it mit sich, d ass m an sich öffnen und Feedback annehmen muss, obwoh l man schon erfolgreich ist. O ft hi lft die folgende Frage den Kandida ten in die rich tige Richtung zu lenken: "Bist Du auch gut ge nug, um Dich en twic keln zu können?",
Beate Helter
209
Abbildung 16.2
Gruppierung der Talent Pools fü r Management Funkt ionen
Executi ve Manager Div is ionHead (ExBlExC M"mber )
J
Sen ior Manager
BusinessfveaHead Bus,n"ssUndH"ad
Manager Deparlmelll Heed
reen t eeeee Basis Employee
Wer die mi t diesem Prozess ver bundenen Erfolgs kriterien erfüllt, wird von einem Experten zu persönlichen, strategischen u nd branchenspezifischen Fragestellungen trainiert. Eine kompete nte und verantwo rtungsbewusste Führu ngs kraft in einem Untern ehmen so llte sich frühzeitig m it jenen Fragestellungen auseinandergesetzt haben, die Konzernleitungsmitglieder bewegen. Dass Konze rnleitungsmitglieder zu ihren Themen im offene n Dialog mi t den Talenten Stellung nehmen und d iese Aufgabe zuverlässig, seriös u nd vo r allem persönlich erfüllen und nich t delegieren, ist die Basis jedes übe rzeugenden En twtcklu ngspr ozesses, der ohne persönliche Wertschätzung nich t ausko mmt. Ein wichtiges Element im Talent Management ist aus heutiger Sicht, die Beziehung zu den Talenten, die es vo n An fang an zu pflegen gilt. Dies ist unabhängig vo n Ort und Ze it und vo n we lche r Fun ktio n und Position aus Talent Management betrieben wird. Talent Management ist ein Beziehungsjob, der Nähe und Engagement, Respe kt und Ehrlichkeit auf beiden Seilen erfordert. Es sind Werte, die Swiss Life schon immer gesteuert haben, abe r jetzt in de r Krise bewusster und trans parenter gelebt und eingeforde rt werden. In jahrelang erworbenem Vertrauen ist es gelungen, gerade auf de r Executive und Senio r Management Ebe ne eine stolze Retention Quote von 100% und einen Fun ktionswechsel vo n HO% vorweisen zu können .
16.3
Anforderungen an das Talent Management in Krisenzeiten
Ob Swiss Life diese Quoten auch in der Krise ha lten kann, ist noch nicht erwiesen. Jedenfalls ist sich Swiss Life darüber im Klaren, da ss die Unternehmung auf ihre Talente ange-
210
Talent Management in der Krise - erst recht!
wiesen ist und sie mi t alle n zur Verfügung s tehenden Mit teln förde rn sowie ford ern muss. Ge rade jetz t!
16.3.1
Herausforderungen
Das klingt zw a r nicht schlech t und au ch nicht unbescheiden, wä ren da nicht einige kritische Fragen , d ie sich in Zeiten des ,,10 be ur not to be" immer wieder lau ts tark aufd rängen und d ie lau ten :
•
Können wi r un s ein Talent Manageme nt übe rhaupt no ch leisten?
•
Brauchen wir ein so lches in der Krise?
•
Was hat es in der Vergangenheit gebracht?
• Warum rekrutieren wir immer wieder extern, wo wir doch einen internen Talent Pool haben? Ne ben d er mo mentanen schwierigen Situation, kommen noch zusätzl iche Herausfor derungen für Personalverantwo rtliche hinz u: Nach de r H uma n Resoc rces Klim a Studie vo n Kienbau m (2008), d ie in Deu tschland, Österreich und der Schweiz d urchgefü hrt wurde, rüc kt die Bewä ltigung des ge ring eren Personalbed arfs in d en Mi ttelpunkt; parallel dazu sinken die Ressou rcen d er Personalbereic he . Mit Ausnahme d es Dienstleistungssektors erwarten rund 1/3 d er Un ternehmen fü r 2009 red uzier te Budgets bei der Hu man Resources Abteilung. Insbesondere in den Personalb ereichen de r Sektoren Finanzen und Produ ktio n (rund 24% der Un ternehmen ) ist zudem mi t Personalabbau zu rechnen . Wichtige Priori täten der Per sonala rbe it scheinen jedoch konju nkturunab hän gig zu sei n, wie die Steigerung der Führungs- u nd Managementqualität, d ie weiterhin d ie wichtigste Au fga be bleibt, gefo lgt von der Arb eitgeberattraktivitä l. Talent Management zeigt übe r d ie Jahre hinweg konti nuie rlich ansteigende Bede utung, auch und ge rade im Krisen jahr 2009. D ies weist auf einen wesentlichen Unterschied zu der in 2007 begonnenen Finanzkri se hi n. Denn d ie Un ternehmen sind sich zunehmen d bewusst, da ss de rzei tige Massaahmen zur Krisenbewältig un g ne gative Au swi rkungen, beispielsweise auf die Mitarbeiterbindung und Arbeitge berattraktiv ität haben können. Dad urch kann d as Poten zial der Organisation na chhaltig ge fähr det werden. Dies hat zur Folge, da ss den Personalbereichen eine neue Rolle zuko m mt Sie sind in Krisenzeiten meh r denn je als s trateg ischer Business Partn er und Berater (a uch " H uman Resou rces Manegement p lus" genannt) gef ragt und müsse n d afü r sorgen, d ass ku rzfristige, kos tenorien tierte En tscheid u ngen ke inen lan gfristig negativen Einfluss zum Unternehmenserfolg habe n. Die Hu man Resoutces Abteilu ng w ird in Zeiten der Un sicherhe it beson d ers sta rk als Ansp rechpcrtner für Ratsuch en de frequentiert, insbesond ere von Mitarbeiten den, d ie nicht nu r ihr berufliches, sondern ihr gesam tes Leben überdenken.
Beate Helter
16.3.2
211
Konkretes Talent Management in Krisenzeit en
Wie kan n man diesen untersch ied lichen Anforderungen gerecht werden und selbstbewusst Vorschläge für da s ku rzfristige Meistern de r Krise entwickeln, ohne d abei langfrtsttge Aspe kte und Demog ra phie rele vante Aspekte zu ve rnachlässigen? En tscheidend ist dabei: Wie d as Hum an Resources Management m it dem richtige n Talen t Management das Dilemma auflösen und High Potentials, die da s Unternehmen in der Krise und langfristig b rauc ht, an da s Unterneh men binden kan n. Gegenwärtig sieh t sich Swiss Life, im Gegensatz zu Vorjahren, mit folgenden Paradoxien kon frontiert: Gerade in der Krise, wenn da s Engagemen t der Mitarbei tenden besonders hoch sein mü sste , ist es aufgrund personeller und strateg ischer Verunsicherung tief, da die Mitarbeiten d en nich t wissen , wofü r und für wen sie w ie lange noch arbei ten . Lau t einer globalen Stu die des Corporate Leadership Council zum Them a .Employee Engagement and Per formance in th e Econo mic Dow nt urn" bleiben gerade di e Unengag ierten, während jede s vie rte Talent auf dem Absprung ist (vgl. Corporate Lead ersh ip Cou nciI 2009). Wenn au ch die Mitarbeiterbind ung vermeintlich leichter ist aus Grü nden der Sicherheitsbedürfnisse der Mitarbeitenden und der nicht vorhandenen Arbeltsma rktan gebo te, mu ss Hu man Resoutces Mana gement über di e Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Belegschaft wachsam Tran sparenz herstellen können. Gefordert sind eine stärkere Differen zierung individueller Leistung und die konkret e Fähigkeit, da s Mitarbeit erengagement im Sinne de r dringend erforderlichen Energie positiv beeinflussen zu können .
16.3.3
Umgang mit Transformationsprozessen
H ierbei sollten noch einm al di e klassischen Phasen eines Transforma tionsprozesses vergegenwärtigt werden, die auch di e jetzige Krise betreffen ; Mit dem anfänglichen Trauma, das sich in Vertrauensverlust und Erstarrung zeigt, sinkt d as Engagement un d mündet in eine von Angst und Unsicherheit ges teuerte Paralyse. Ein gefährlicher Zustand, der ganze Un terneh men lahmlegen und in den Abgrund treiben kan n. Coachin g Gespräche mit Füh rungs kräften, d ie die Ma rke " Talent" tra gen , beginnen dann - im Gegensatz zu frü her m it d em Geständnis grosser Verw irrun g u nd Orientierungslosi gkei t: " .. .ich we iss im Moment nicht, was ich tu n so ll... soll ich bleiben ? Soll ich ge he n? Braucht man mich noch? Meine Fu nktion g ibt es zw ar n ich t mehr, abe r ich hänge an der Ftrm a. Und wa s w ird mit mein em Chef.. .?" Solche Gespräche sind wertvoll, da man in das irra tiona le Gefü ge de r Orientierungslo sigkeit eingreifen kan n, bevo r es zu spät ist. Denn hier kann man Engagement aktiv (say-ste ystrive) managen; du rch gez ielte Kom mun ikation, Nähe und Offen hei t des Topmanagements, d as in der n ächsten Phase de r "T ransition" ers te positive Ergebni sse zeigt. In der Phase eines Stellenabbaus. mu ss man sich fragen, w ie w ichtig der Verbleib eines Talents im Un ternehmen ist; H at man ihn/sie lange aufgebaut (Building Phase) un d investiert, kann der Verlu st genau so schmerzhaft sein , wie wen n man jemanden aufgrund
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Talent Management in der Krise - erst recht!
seiner raren Expertise teuer einkau fen muss. Is t der Beitrag einer Per son erfolgskr itisch un d diese umwo rben , gi lt die ausgesp rochene Parole: "wi r b rauchen und wollen Dich, jetzt und in d er anschliessenden "Recovery Phase", in der Engagement und Leistung wie der sichtba r an s teigen. Swi ss Life bef ind et sich m itten in der Übe rga ngsphase, in der nicht nur Stra teglekenntnis, sondern auch der Glauben an letztere hinte rfragt wurde.
Not macht einig und fordert die Trennung von Abtrünnigen. Dies ist d ie Zeit des Konsequenzen Managemen ts, wo man sich nicht mehr erlau ben kann, nu r halbherzig oder gar n icht hin ter d en Zielen zu stehen und en tspre chend zu handeln. Voraussetzung für derar tige Üb erp rü fungen sind langjährige vertrauensbeatehungen. d ie offene Gespräche zulassen. In den erfolgreichen Jahren hiess es: Schaffen Sie eine Umgebun g. in der Tale nte unabd ingbar sind . Jetzt sind w ir soweit: Ze it und Ort sind perfekt fü r Talente. Nu r: Sind es noch dieselben wie damals, als man in den SOer Jahren u nd danach immer wieder im " War for Talents" u m d ie Bes ten gekämpft ha t?
16.4
Identifizieren von Talenten
We r oder was is t übe rha up t e in Talent? "Und w ie en twi cke lt man es?" Die letzte Frage is t bewusst so falsch gestellt, wie sie im Alltag oft gehört wi rd . Die Irrtümer werden an dieser Stelle gle ich aufgeklä rt: Niemand kann einen ande ren Men sch en entw ickeln, a uch ein Talent ni ch t, das kann jeder nur selbs t, allerdings im Au stausch mi t anderen . D ie Thesen, di e der internationalen Talententw icklu ng zugrunde liegen, sind mi ttlerweile h inreichend bek annt und erfreuen sich grosser Zustimmung, erinne rn sie doch an die Talentförd eru ng in anderen Bereichen wie Spor t und Kunst und allen anderen Bereichen, wo Menschen Ausse rgewöhnltches leis ten und Med iokrität üb erw inden. Es ist bekannt, dass •
weltweit eine Kna ppheit an intern at ional qualifizie rten Managern besteht, die externe Rekru tierung schwer und te uer und intern e Ta len ten tw icklung eine strategische Not wendigkeit ist,
•
Talententwicklung Chefsache ist . CEO' s und andere Cq.e vel Vertre ter als ge istige Sponso ren, Berater und Coaches ih rer Mitarbei tenden und potenzie llen Nachfolgern gefordert sind und
•
ne ben Arb eitsmotivation, physisc her und psych ischer Ener gie, Leis tungseuswets, Primä r- und Sekundä rtugenden, Lernfähigkeit und noch meh r Lernbe re itschau we sentliche Merkmale von Talen ten und deren Iden tifizierung sind.
Fachar tikelund Kon ferenz en überhäufen uns ge ra de gegen wär tig wieder mit Emp fehlungen u nd Erkenntnissen au s den vergenger e n Krieg szeiten. als uns der " War für Talen ts" umkreiste. Und doch bleibt d ie Talententwicklung in der Prax is eine Kun st. Warum ? Es
Beate Helter
213
geht um den Erfolgs faktor Mensch, u m die Reichweite und Gre nzen sei ner Fäh igkeiten, seiner Werte und deren zugrundeliegenden Sozial isatio n. Talente sind Menschen, die •
ihren Schneid nicht nu r auf Power Point darstellen können;
•
den schwierige ren Weg, auch Umwege, nicht scheuen;
•
aufgeschlossen sind für Neues u nd d ie Balance zwischen Anpassung und Durchsetzung finden;
•
sich und andere begeistern können;
•
bereit sind, sich und ihre Gefühle zu er kun den und sich n ich t dafü r zu schä men;
•
sich in Gra u- und Zwischenbereichen bewegen können;
•
ihre Begabung als Verp flichtung betrach ten, diese wa hren und mit ande ren teilen;
•
es nich t nö tig haben, ih r Talent zur Schau zu stellen;
•
Leidenschaft nicht geg en Ruhmsucht eintauschen;
•
furch tlos und wenigstens geistig unabhängig ih re Meinung aussem:
•
Bescheidenheit/Dankbarkeit als Q uelle der Zufriedenheit, ja des Glü cks empfind en.
Die Liste gleich t einer U top ie. Fast möchte man soweit gehen un d die so Beschriebenen als Ant ima nage r oder Anti helden zu bezeichnen. Es geh t n icht mehr nur da ru m, was jem an d weiss, was er kann, sondern wer er ist, wie er ist, un d in wieweit se ine fachunabh ängigen Fähig keiten (transfe rrable sk ills) vor handen u nd genu tzt we rden können . Eine breite Palette von Eigensc haften kann zum Erfolg führen, we nn es gelingt, dass unterschied liche Fähigkeiten und kom pleme ntäre Anlagen in einem Menschen verein t und zu einer reifen Persönlichkeit mit Charakter ausgebi ldet werden. Die Fäh igkeit, auch Zwischen- und Gra utöne zu r Lebensorientierung unter Einsatz der linken und rechten Gehimhälfte heranzuziehen, besitzen die meisten Top Manage r, die sich langfristig über mehrere Stu fen hinweg halten können. Fass t man d ie einschlägigen Assessments, deren Diagnostikins tru men te und Methoden, die dem Erkennen und Einschätzen von Menschen und deren " Potenzial für meh r" d ienen, zusammen, kristallisiere n sich drei zu klärende Aspekte heraus: 1. Wie geh t ein Mensch m it sich selbs t um?
2. Wie geht er mit anderen Menschen um? 3. Wie verhält er sich in schwierigen Situa tionen, also in der Krise? Die eins chlägige Poten zialeinsch ätzung von Talenten lässt sich in sechs klassischen D imensionen zusammenfassen: 1. Hist or ie einer Per son , d. h. ih r Leistungsausweis in der/den letzten Funk tion(en), d ie dem Unternehmen länger als ein Jahr bekann t se in so llte. Es kommt immer wieder vor,
21 4
Talent Management in der Krise - erst recht!
dass jemand aus eine r vergangene n Berufsbeziehung als Leist ungst räge r au ssethalb de s Un te rneh mens beka nnt ist und au f dieser schnellstmöglich au fbaue n w ill. Davor sei gewarn t, da Leist ung auch umfeld abhä ngig ist un d keines wegs ga ra ntie rt we rde n kan n, dass jema nd übe rall und jederzeit Ausserge wöhnliches zustande bringt. 2. Kompetenzen u nd Subkompe te nze n, die im besten Falle in einem Top-down Prozess plus Selbst- und Fre mdeinschätzung (To p-d o wn in klu sive 360-Gr ad- Feedback) vo rliegen sollte. Ko mpe tenzen sollten alle drei bis vier Jah re überprüft u nd an d ie Un ternehmensstrategie ange passt we rden. 3. Frage nach d em " S lre ld 1" ; Kann jema nd Leis tun g a uch in einem schw ie rigen Um feld erbringen? Ste tige Erfolgsve rwöhn tbett in der Vergangenheit ist gerade diese r Fähigke it n ich t immer di e nlich. 4. Lembereitschaft un d -fähigkeit, wenngleich immer wieder fes tgestellt werden ka nn, dass man a m me isten und am besten lernt, wenn es zu spät ist. Das Le rn ve rhalte n eines Talen ts zeigt sich jedoch in der Antizipa tion und Offensive. Ma n le rn t e ben nur, wenn man will u nd beständ ig ve rs ucht zu sehe n, was schwe r zu sehe n ist. 5. Engage me nt fü r das Unternehmen, daraus dem Glauben und der Üb er ze ug ung speist, da ss das Un te rn ehme n au f de m rich tigen Weg ist u nd man d afür ge rade jetz t d ie Extra me ile gehen wi ll. 6. " Atti t ude fit " - ein e Dimens ion, die oft au ch intuitiv und um so diskre tionä rer be urteilt wird, ob jemand passt ode r nicht.
16.5
Kompetenzen ent wickeln als Fazit des Talent Managements
Es gibt eine Anzahl von Studien und Erfah rungsberichten. de nen zu folg e persönliche Eignung und Sus sere Umstände je etwa zu r Hälf te über den La u tba hne rfolg e ntscheide n. Entspreche nd eingesch rä nkt sind die Möglichkei ten d er be ru flichen Planu ng übe r längere Zeiträume. Wer vor anko m me n will, b raucht vor allem W illen und Energie. Wo rauf so llte man bei der För derung von Füh run gstalenten also besonders achten? •
Man p rü fe g ut , ob ein f1e issiger Fachspezialis t nicht doch eine Fachka rrie re mache n sollte, wenn er n icht über di e für d ie Füh ru ngsau fgabe no twend ige Soz ialko mpetenz verfügt und auch das Potenzial daz u nich t er ken ne n lässt. Highperformi ng Spe zialisten kön nen schnell zu underpe rfo rmi ng Managern werden, wenn sie nu r au fgrund ihrer Fachko mpeten z zu Fü hrungskräfte n werden , abe r den Um ga ng mit D ingen dem Umgilng m it Me nsche n vorziehen und s ich von Prestige und Kompensa tionen verführen lassen.
•
Talentförderung wurde oft m it teu ren Ausbildungsprogrammen in internatio nal reno mmierten Bus iness Schools assoziiert, wo man in der Ta t au ch et was d az ule rne n
Beate Helter
215
kann. Die w irtsc haftliche Krise hat auch hier eine n ökonor nisierenden Effekt, de r dazu führt, da ss man sich Investitionen und de ren RO I (Return on Investment) gu t überlegt. Die eigentliche Entwicklung fin det jedoch im Alltag im Kont ext von herausfordern den Aufgaben s tatt, zwischen Menschen m it motivierend em Leistungsans pruch und zugewand ten Füh rungspe rsön lichk eiten, d ie nich t sich und ihre eigene Karr iere in den Vordergrund s tellen. •
Talen tförderu ng braucht Zei t - au ch in d er he utigen Zeit, wo .Bchnellbleichen" und Wandlungsprozesse an der Tagesordnung sind. Wer Nachhaltigke it und Persönlichke itsentw icklung bet reibt , " kann Menschen nicht wie ein H ühnchen in die Bra tröhre schieben, sie er hitz en u nd zusehen, wie sie saf tig braun werden". Die Entwicklu ng von einer Funktionss tufe in d ie näc hs t höhe re daue rt [ahre und erfo rde rt stet iges Monitaring .
•
Tale nte befinden sich oft in einer Cas tor -Pollu x-Bezlehu ng zu ihren Vorgesetzten, d ie durch zahn radartige Koo peration, allerdings auch Abhängigkeit ge ken nze ichnet ist, jedoch in einer gefäh rlichen Komfo rtzone und späteren Sackgasse enden kann. Hier gilt es rechtzei tig zu wechse ln, um neu e Füh run gsstile und au ch Ne tzwerke kennen zu lernen.
•
Talen te müssen ihre Perspekti ve bzw . ihre Ziele kennen, d am it sie und ih re "Trainer" wissen, wo für sie Investitionen aufbringen.
•
Leis tu ng, Effizie nz und Perfekti on sind Untern ehmens- und Lebensziele d er wes tlichen Welt, denen oftmals ein Buh len um Aner ke nnu ng zugrunde liegt. Mensch en wo llen von Autoritäten gelo bt werden und machen sich da durch abhängig von Menschen, Dingen und O rten, u nd vo n allem, was für sie Sicherhei t sy mbol isier t. Diese Art von Sicherheit ist jedoch zei tlich begrenzt und besonders trü gerisch, wenn da rü be r Glüc k defin iert wird . Talen te, besser gesagt vermeintliche Talen te sind besonders anfällig für Orientierung an Au tori täten u nd sollten gerade auf diese Neigung aufmerksa m gemacht werden, um bewusster m it den Gefahren umgehen zu können.
Die Bas ts der oben genannten Punkte ist de r di rekte Kontak t und das leide r begrifflich abged roschene Fee dback, das Ver trauen und Nä he voraussetzt . Beide Werte gehören zu d en vo n Fü hnmgskrä ften am wenigs ten geleb ten und am m eisten geforder ten, als wei teres Paradoxon u nse res Alltags. So genannte krit ische Rüc kmeld ungen gehen m it Sym pa thie verlust einher, sind emo tional anst rengend, könn en länger daue rn als eine Sarhd iskusslon, können verlegen machen und d ie Un iform zerknittern. In me iner Erfah ru ng sind die gu ten Gespräche im Nachhinein auch d ie schwierigen Ges präche, in denen Tadel mi t Wo hlwollen und Interesse verbunden ist . Ebenso schwierig scheint das Lob zu se in, nach dem so viele hungern und jede po sitive Andeutung w ie Brotsa men au fsammel n. Loben - so höre ich - ist überflü ssig, sch mie rig und m it Vorsic ht zu genfessen. vo r allem, wenn man ma l ganz oben ist. Dann gibt es Neider und Rivalen, die wie Lu chse a uf passen, wem von wem Posi tives gezollt w ird. Und doch w irkt es wie eine Vitaminspritze , wenn ein Mensch einem Anderen einm al ehrlich etwas Gutes sagt.
216
Talent Management in der Krise - erst recht!
Cerade Letzteres, was nichts kostet, ist in de r Krise wichtig geworden. Ze it mitei nander verbringen, in formell m iteinand er rede n, ohne Agenda, vielle icht auch mal ohne Krawatte oder Uniform, von Mensch zu Mensch in einer Zeit und einem Rau m, wo O rientierung und Halt schw ierig geworden sind. Nie ha t die Konzernleitung inklusive CEO so viel Zet t für d irekte Kommunika tion m it Miterbeltern ve rbracht w ie gegenwärtig, um "gefährdeten" Leistungsträgem zu erläutern, dass sie gebraucht werden, dass sie wichtig und gefragt sin d, gerade jetz t! Aber auc h jetzt, um eine Einga ngsfrage zu bean tworten, müssen wir so ehrlich sein u nd uns fragen: Wer VOll den damals Geförderten ist heu te noc h gee ignet für eine komplexere Aufgabe. Nac h de r öffentlichen Absch lussveranstaltung eines Jah rgangs wird bei Swiss Life immer wieder die Frage ges tellt, we r nac h drei Jahren enger Betreuung noch einmal als Talent in einen Pool au fgenom men würde. Da bleibt nur eine nü chtern e Zahl von ca. 20%, denen wir zut rauen, unter widrigen Umständen mehr Energie aufzu bringen als andere und länge r durchz uhalte n. Talent alleine ge nügt eben nich t. Olm e Stehver mögen und eiserne Ged uld flackert ein Talent in eine m Unternehmen nu r kurze Zeit, womit sich eine alte Spo rtlerregel auch hie r bestätigt: "be quick but do n' t hurry" auch in der Krise nich t.
Und noch einmal, ja auc h in d er Krise leistet sich Swiss Life einen Talent Pool, sogar den grössten se it Beginn des Talen t Managements. Die Nach frage und das Bedürfnis nac h Entwic klu ng sind engebremst und werden, wenn auc h mit eingeschränkten Mitteln befriedigt. Wir brauchen engagierte, gut ge rüstete Füh ru ngskräfte heu te und morgen.
Quellenverzeichnis CORI'ORATE LEADERSHIl' COUNCIL (2009); Creetfng Talent Cha mpi ons. Imp roving Business Leaders' Talent Management Outcomes. 2008-2009, Execu tive Ret reat Series, New Yor k. KI ENßAUM (2008); H R-Klima Index. Ergebnisberichtj'Online] URL h ttp ;//ww w.kienbaum. de/Portalda ta!3!Res(lurces!documents!downloadcenter/s tud ienlh uman_resource_manage mentIKienbaum_H R_Klim a-lnd ex_200H.pdf,06.08.2009.
17
Talent Management im Spannungsfeld von Kontinuität und Disruption
Swissccm Grill/er PfeifJt'r
Dieses Kapit el setz t sich mi t fün f Fragen zu m Talent Management auseinander. Erstens, w ie richtet Swisscom das Talent Management im aktue llen Umfeld aus? Zw eitens, wie gehen wi r mit Uns icherheit um? Drit tens, weshalb ist uns Kom petenzentw icklun g wichtig u nd auf welc he Kom pe tenzen setzen wi r? Viertens, wie plan bar ist Talent Management
gr undsätzlich? Und fün ftens, woran messen wi r den Erfolg des Talent Managements?
17 .1
Wie richtet Swisscom das Talent Management im aktuellen Umfeld aus?
"Ein falle nder Baum macht mehr Lärm als ein na chw achsender Wald", Dieses tibetanische Sprichwort besch reibt bild haft die langfristige Aus richtung des Talent Man agements. Sie bet rifft ins besondere die En twick lu ng von Talenten, abe r auc h d ie Identifikation und Bindung von Leistungsträgern, auch wenn bei letzteren d urch engeplante Ereigni sse kurzfristig Handlu ngs bedarf ent stehen ka nn . Es geh t gerade auc h d ar um, durch langfristig orientiert es Talent Man agement das "Umfallen von Bäumen ", d. h. den Ver lust von Schlüsselpersonen zu vermeiden. D ie langfristige Sichtweise gilt d eshalb auch in der ak tuellen globalen Rezession. Da abe r untersch ied liche Branchen von der Rezession ungleich stark be troffen sin d, setzen Un terneh men vers chiedene Prior itäten im Personalmanageme nt un d der Talen ten twicklu ng. Dabe i ist jedoch zu berücksichtigen, d ass die langfristigen Trend s der globalen struk turellen Verschie bu ngen von der ku rzfristigen einschneidenden konjunkt u rellen Schwäche nu r überlagert werden. D ie Krise selbs t w ird aber zu tiefgreifenden Veränderungen von Wertvorstellungen und Verhaltensweisen führen. Swisscom ist als füh rendes Telekom mu nikations unternehmen in de r Schweiz von der gesamtwirtschaftlichen Instabil itä t weniger berührt als Unterne hmen in zyk lische n Branchen. Das Geschäftsmodell ist int akt und d as Untern eh men ist solide finanziert. Solange die starke Kundenverbundenhei t nicht durch die wir tschaftliche Entw icklung anhaltend gestört w ird, bes teht d ie grösste Herausforderu ng dari n, den Wer t des Unternehmens in einem Umfe ld hoher Marktd ynam ik, techn ischen Strukturwandels und zunehmenden Wettbewerbs na chhalt ig zu steige rn.
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Tatent Management im Spannungsfeld von Kont inuität und Disruption
Der Stru ktun ....andel im Telekommun ika tionsmarkt ist allgegenwär tig. Die Umsätze im Kerngeschäft sin d rückläu fig, d as Wach stum de r bre itb andi gen Fest- und Mobila nschlüsse d er letzten Jahre flacht sich ab und ne ue Wac hs tums felder kompensieren diesen Rückgang noch nicht. Kon sequen te Aus richtung der Stra tegie und Organisation auf die Bed ürfnisse der Kunden sowie der Technologiewechsel auf " all-Ir " (in tegrierte Dienstplattforrn auf Basis des Intern et Protokolls im Gegensatz zur heu tige n Vielza hl unterschiedli cher Plattformen) und Glasfaser kennzeichnen Swisscom als ein Un tern ehmen im Umbruch. Die Folgen sind Verä nderu ngen auf alle n Ebenen, die hoh e An forderungen an die Mitar beiten den und das Management stellen. Swisscom w ill die Ku nden du rch ko nsisten t hohe Prod ukt e- u nd Servicequalität begeistern. Der Schlüssel dazu ist die kon seq uente Aus rich tung des Verhaltens der Mita rbeitend en auf d ie Kun d enbed ürfnisse . Notwendig ist die Befähigung der Mitarbeitend en zu höher Kreativität und Flexibilität. Vor allem eine einheitliche Gru nd ha ltung aller Mitarbeiten d en im Um gang m it den Kun den über die Grenzen von Organisationsein heiten hinweg ist gefordert. In d iesem Zusammenhang wird Innovationskraft bei der Entwicklung neue r Dienstleis tu ngen und der Verbesseru ng von be trieblichen Abläu fen für aussetorden tliche Kundenerlebnisse in d er Zu kunft immer w ich tige r. Innovativ mü ssen aber auch die Mitarbe itenden dabe i ge fördert werden, sich auf d ie Verä nderungen einzulassen und die künftig erforderliche n Fähigkeiten zu entwickeln. Lan gfristig können sie nu r d urch Offenheit für Veränderungen und d urch das Erlernen neue r Fäh igkeiten zu r Wer tschöpfung im Unternehmen beit ragen (leam and pe rforrn). Die Grundhallu ng zum Dienst am Kunden, zu r O ffenheit fü r Verä nderu nge n, d ie Fäh igk eit zur Kreativität und Innovation - d iese Haltungen un d Kom pet enzen erlernt ma n nicht primär in Ku rsen, sondern sie sind vo r allem das Erge bn is konseq uent an d iesen Dimensionen orient iert er Rek rutie ru ng, Entwicklung und Füh rung. Dies zu sagen und zu forde rn ist einfac h - es abe r umzusetzen fordert nachhaltige Arbeit vo r allem auf der Ebe ne der Kult ur. Die Botschaft wird nur da nn vo n den Mitarbe iten den an genom men und u mgesetzt, wenn sie vo m Top Management gla ubwü rdig. verständl ich, kon sequent sowie nac hhaltig kommuni ziert und gele bt w ird. D ie Personalentwicklung von Swisscorn ist gen au auf diesen Aspekt der Ku ltur ausgerichte t un d soll die Anpassu ngsfä higkei t und so mit die Arbei tsma rktfähig ke it von Mitarbei tend en und Managemen t verbessern (vgl. Pfeiffer/EglofflRut schi -Marth aler 2007). D iese Anfor derungen an u nsere heu tigen und künf tigen Talente habe n sich im aktuellen gesamtwi rtschaftliche n Kontex t nicht gru ndsätzlich ve rände rt. Jedoch gewi nnt die Fähigkeit an Bede utung, in Zeiten fundamentale r Unsicherheit u nd unte r Druc k schnell und situa tiv angepasst zu handeln. Ferner wird mittels des durch d ie tie fe Rezession beschleunigten gesellsch aftlichen Wertewandels langfris tig orientier tes, nachhaltig ve rantwortu ngsvolles Han deln wichtiger. In de r Praxis der letzten Monate standen drei Schwerpunktfragen im Zentrum des Talent Managements: •
Welc he Per sonen wollen w ir jetz t auf keinen Fall verlieren (Retention)?
•
wle stellen w ir Kontinu ität in der langfristigen Talententwicklung un d Nachfolgep lanung sicher (Dev elopment}?
Günter Pfelffer
•
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Welche To p Talente können wi r von aussen aufgrund de r Lage auf dem Führungskr äftema rkt gewinnen (Recruitment]?
Im Ergebn is wurde das Commitment von Schlüssel pe rsonen gesichert u nd die Entwlck lungsprozesse konsequ en t du rchgefüh rt. Als Mittel d ienen nicht primär monetäre Anreize, sondern die Hera usfor deru ng d urch spannende Aufga ben. Zen tral für d as Füh run gs- lind Entwicklungsverständnis war der we iter gefasste Performa nce Begriff, de r sowohl die Leist ungs- als auch d ie (Pers onal-)Entwic klungsdimension um fasst. Darau f w urde 2008 de r "Performance Dialog" neu ausgerichtet und die Te ilp rozesse "Z iele vere inbaren - Leis-tungen beu rteilen u nd anerkennen - Entwicklung planen" a ngepa sst. Im ebe nfalls neu d efinierten " Management Review Pro zess" d isku tiere n un d bewerten dle Mi tglieder eine r Bereichsle itun g d ie Performance ih rer Mi tar bei tenden auf d em nächst tieferen hie rarchis che u Level und leiten dar aus Konseq uenzen fü r de ren Ent wicklung ab. Das Zusarnmenspiel dieser Prozesse ermöglicht H igh un d Low Performer systematischer zu erfassen und deren Entwic klung gezielter zu planen. D ie Marktlage kon nt e für die ex terne Rekrutierung für Schlüsselposi tionen (Finanzen, Marketing) in der Schweiz und in Italien genutz t we rden. Dabe i konnte Swisscom von einer ho hen und durch d ie Rezesston noch ges tiegenen Arbeitgebe ratt raktivität profitieren . Gleichwohl ges tal tet sich na ch unserer Erfah ru ng die Rekrutierung von Talen ten nicht einfacher als vor 12 bis 18 Mona ten. Die Arbe itsma rktchancen fü r Füh rungsk räfte und Experten scheinen nach wie vor intakt, de r langfristige Trend des" War for Talents" wir kt auch jetz t. Beispielsweise wa ren Ende Jun i 2009 in den USA ca. 14,7 Mio. Per sonen arbe itslos - abe r gleichzeitig konnt en etwa 3 Mio. freie Stellen nich t besetzt werden (vgl. US Depa rtment of Labor 2(09). Dies verdeutlicht, dass gesuchte Kompetenzen fehle n, so dass die Rek ru tier un g, Mot ivati on und Retention von Talenten ge rade auch in der Rezession von zentraler Bedeu tung für Un terne hmen sind. Dies gilt auch für an dere Ind ustrieländer.
17 .2
Wie gehen wir mit Unsicherheit um?
Unsere Zeit ist nicht nur von zuneh men der Dyna mi k und glo ba ler Vernetzung gekennzeichne t, sondern auch vo n Chaos, Zufall und dis ruptlven Veränderungen. Dies tri fft entsprechend auc h auf die Telekom mu nikationsbranche zu. Unser Unte rn ehmen we ist h istorisch eine sehr gu te Planu ngsgenauigkeit au f. Doch Plan ungsfähig keit h ilft in d iesem Umfeld wen ig, den n techn ischer Fortschr itt, Regulie ru ngsentscheid ungen. w ettbewerbsdyna m ik, Wirtschaftskrisen od er Pandem ien lassen sich nicht planen. Wir versuchen desha lb zwar die Planun g wo möglich zu ve rbessern, setzen aber viel meh r dar au f, die Einstell ung u nd das Verhalten der Mitarbeitenden au f er höhte Anpassungsfähigkeit und Agilität auszurichten . Dieser Ansatz zieht sich als ro ter Fad en d ur ch unsere gesamte Ent w icklungsla ndschaft. Beis pielsweis e ist da s Berufsbildungsmodell au f di e Förde rung von Flexibili tät u nd Mob ilität ausge rich tet. die Ausz ubild enden lernen in verschie denen Praxisprojekten in unterschie dlieben Untern ehm en sbe reichen und an verschiedenen Standorten. So bereiten sie sich auf eine berufl iche Zu ku nft vor, in der sie im Durchschnitt in über zehn Jobs tätig gt;>west;>n sein werden bis sie 38 Jahre alt sind . Die Erfahrung im projektor i-
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Tatent Management im Spannungsfeld von Kont inuität und Disruption
entierten Lernen wird ihnen da bei he lfen, die Uns iche rhe iten der künftigen Arbei tswelt un d Berufs bilder zu meistem.
Füh rungskrä fte benö tigen im Umgang mit Unsicherheit vor allem Fähig keiten wie Flexibilität und Mobilität. Wir fordern u nd förde rn Agilitä t, Intu ition (vgl. Gige renzer 2007) und
die Bereitschaft, schwierige Herausforderu ngen anzunehmen, sich dabei persön lich zu exponieren u nd d as Risiko des Schelte m s auf sich zu nehmen. Die d urch d ie Krise hervorgerufene Unsicher heit beinhaltet aber auch eine Ch ance, weil sie sich nicht einfach " managen" respektive nich t "in den Gr iff kriegen " läss t. Sie lädt ein, da s Bild vom "Ma nager als souveränem Macher" zu überden ken - und an deren Pers pe ktive n Rau m ;zu geben: Der Manager als Teil eines Teams, das ge meinsam da ru m ring t, die Zeichen rich tig zu interpretieren und das mi teinander refle ktiert, mit welchen Strategien un d Massnahrnen dieser ausse rgew öhnhchen Situ ation begegnet we rden kan n (vgl. Wimmer 2004 ).
17.3
Weshalb ist Kompetenzentwicklung wichtig und auf welche Kompetenzen setzen wir?
Untersuchungen zeigen, dass Talententwic klung die Profitabilität erhöht (vgl. Komm/ Putze r/Comelissen 2(07). Un ternehmen , die Ta lent Management als zentrale Füh rungsaufgabe begreifen, erzielen signifi ka nt höhe re Gewinne als Unt ern ehm en, d ie dem Thema weniger Bedeutung beimessen. Die wirkungskette ist einfac h: Die Füh run gsqu ali tät wi rd von den Mitarbeitenden (pos itiv oder negativ) wahrgenommen. Dieses Füh rungserleb nis der Mitarbeitend en p räg t de ren Verhal ten und so indi rek t das Kundenerlebnis. Verkü rz t: Nur wenn die Vorgese tzten respektvoll m it Mita rbeitenden umgehen, we rden diese sich gegenüber Kunden respe ktvoll ve rhalten. Demen ts prechend wurde im bereits 2004 entw ickelten Kompetenzmodell (vgl. Pfeiffer/EglofflRutsc h i-Ma rthale r 2007: 18) die Führungskompetenz nebe n Kundenfokus. strateg ische r Sicht und der Fähigkeit das Gesc häft nochhalug zu entwickeln, als Schwerpunkt beschrieben. Diese vier Kern kom pe tenzen wurden in je vier wei teren Sub kompetenzen konkretisiert. Im Zusammenhang mi t der stretegtschen Ne uausrich tung und Reorganisation wu rde das Kom petenzmodell angepasst. Die Kompetenzen wu rden entsp rechend de r Stra tegie inte rpretiert und in einem Kompetenz rahmen p räzisiert.
Kompete nzrahmen 2009 Mit der Neu-Lancierurig des Performan ce Man agements und des Per formance Dia logs arbeiten wir mit einem seh r einfachen Kompetenzrah men mit fün f D imensionen :
1. Leid enschaft fü r Kunden 2. Herzblu t für was ich tue 3. Konzen tratton auf das Wesentliche
Günter Pfelffer
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4. Dialog u nd Zusam mena rbei t 5. Vera ntwo rtung für he u te und morgen Dieser Kom pe tenzr ahm en dient zu r gemeinsamen Ausrichtung aller Mita rbeit enden im Bereich des Verhaltens und der Kultur. Wir wollen damit sicher stellen, d ass sich alle in Swisscom in die gleic he Rich tung bewegen: Leidenschaftl ich dem Kunden dienen. Selbs tve rständlich wi rd bei Füh rungskrä ften auch die Dimension Füh ru ng mit beurteilt. De r Kompetenzrahmen ist d ie Grund lage zur Einschätzung von Talen ten in der Rekru neru ng, im Development und De ployment sowie in de r Trennung, d . h. in allen Phasen des Beschä ftigungszyk lus . Besonders wic htig ist die Veran kerung dieser Kriterien im jäh rlichen Prozess der Zielvereinba rung u nd -beurteilu ng (sog . Performance Dialog) . Während in d er Vergangenheit das Talentportfolio in einer Matrix bezü glich Performance im engeren Sinn und Potenzial abgebildet wu rd e, wi rd heute nur mit dem erweiterten Perfor man ce Begriff gearbeitet, de r das Potenzial - insbesondere die Fü hr ungskom pe tenz - in de r Performance Dimension abbi lde t. Potenz ial interessiert uns dabei nicht mehr pe r se. sondern immer nur in Relation zu kon kreten Ste llen (Potenzial wofür?). Potenzial wird deshalb imme r euch in Verbindung m it der Nachfolgeplanung d isku tie rt. Ferner verzichtet Swisscom au f systema tische Potenziala naly sen. Da das bisherige (Führungs-) Verha lte n der beste Präd lktor fü r kü nftiges Verhalten ist und die Unternehmensleitung d ie Führungskräfte übe rwiegend bere its se it mehr eren Jahren kenn t, ist dieses Vorgehe n aus unserer Sicht auch method isch zu ver treten. Die wichtigste Lernerfahru ng mit der Anwend ung verschie dener Ansätze des Per formance und Talent Managemen ts ist: Der Mehrwer t entsteht im Dialog, de r du rch konseq uente Anwendung ganz ein fache r Tool s (einfacherer Kornpetenzrahrnen im Gegensatz zu früher verwendeten detaillierten Kornpetenzm od ellen] u nterstü tzt wi rd. " Ove reng inee ring" ist nich t h ilfreich! Ger ade h ier gil t: " Der Weg ist das Ziel".
17.4
Wie planbar ist Talent Management grundsätzlich?
Wäh rend d ie per sö nliche Entwicklung von Talenten noch rela tiv planbar erscheint, wissen w ir alle aus Erfah rung, da ss d ie au f dem Pa pier perfekte Nachfolgep lanu ng sich nur selten genau wie gepla nt umsetzen lässt . Komplexe Nac hfolgesequ enzen zu rea lisieren ist me ist unmöglich, im mer aber schwierig, da verschiedene Positionen, Personen, deren Lebe nsplanungen und die Unternehmensztele zu eine m best im mten Zeit punkt in Übereinstimmu ng ge bracht werden müssen . Nicht zu letzt ist die Umsetzu ng langfristiger Besetzungsszenarien von Stabi lität und Kontinu ität in der Untemehmensleitung. ins besondere bei C EO u nd beim Verwaltungsrat. ab hängig. Ge rade we il sich d ie Nac hfolgesitua tion d urc h Veränderungen auf Ebene de r Personen oder d er Strategie im me r w ieder neu präsentiert, ist u ns Prozessd isziplin w icht ig: Ein ma l pro Jahr red en wir über die Per for mance u nd die nächsten Sch ritte d er Nachfolgekandida ten. Es geh t fü r d as Talen t- und Nach folgem anagemen t vo r allem um die Schaffung von Rah men bedingungen, die der begrenzten Planbarkeif Rechnun g trage n, indem der O ptions-
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Tatent Management im Spannungsfeld von Kont inuität und Disruption
raum fü r Nac hfolgeentscheidungen durch einen reichen Talent Pool vergrössert wird. H ierzu trägt auch die Identifikation ex terner Talen te bei (z. B. bewuss te Nu tzung der pe rsönlichen Ne tze, langfristige Zusa mmenarbeit mit .Execu tive Sea rch" Firmen, unse r Engagement be i " Generation CEO").
Ferner lassen sich die Risiken einer engeplant eintretenden Besetzungssituation d urch erhöhte Flexibilität der Organisation und Prozesssicherbett red uz ieren, beis pielsweis e du rch d ie Planung übergangsweiser Besetzung, wenn gleichzeitig Prozesssicher heit in der externen Rekrutieru ng von Schlüsseltalenten besteht. Wir sind zuversichtlich, dass bei einer urigeplanten Situation auf Ebene Konzernleitun g und Top Managemen t innerhalb von sechs Monaten erfolgreich extern rekru tiert werden kann. Eine interne Rückfall- bzw . Übe rgangslösu ng zur Fortfüh rung des Geschäfts während der Suchphase ist def iniert.
17.5
Woran messen wir den Erfolg des Talent Managements?
Talen t- un d Nachfolgemanagement sind nur begrenzt planbar - de r Erfolg jedoch beruht n icht auf Zu fall, sond ern in Folgendem: •
Zeit in die Talenten twicklung investieren,
•
Vertrauen gebe n u nd Verantwortung d elegiere n,
•
klare Ziele setzen und Feed back geben sowie
•
Erwartu ngen managen
sind die wich tigsten Erfolgsfaktoren des Talent Managements. Der Erfolg misst sich di rekt an der Erreichung opere tlonaler Ziele und indirekt am Beitrag zum langfristigen Unterneh menswert. Wir haben für d as Talen t Management für 2009 folgende operationalen Ziele gesetz t: •
Klärung d er Nachfolgesituation au f der Ebene Geschäftsleitu ng und de ren Direktunterstellten sowie Sicherung von Nachfolgelösungen für diese Positionen.
•
Einleitung gezie lter En tw icklungs- und gegebenenfalls Rekru tierungsmassn ahrnen.
•
Dialog mit Managern über ihre beru fliche Situation; sie erh alten Feedbacks und haben eine Perspektive.
•
Erleichterung konzernbereichsübe rgre ifende r Bewegu ngen von Managern.
Was hat uns der systematische Talen t Man agement Prozess diese s Jah r gebrach t? Wir wissen um unsere Stär ken;
Günter Pfelffer
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•
Bei ca. 75'Yo der Ste llen habe n wi r überhaupt keine Probleme mit Nachfolgekandida ten .
•
Die Altersverteilung der Nachfolgekandidaten ist günstig (kein ku rz- oder mi ttelfristiges Problem ).
•
Viele Nachfolgekand ida ten sind nominiert für Stellen ausserhelb des eigenen Konzembereichs. Dies w ird uns hel fen, be reic hsübergreifend Stellen zu besetzen - eine wesen tliche Unterstü tzung im Kam pf gegen das "Gä rtl idenken" .
W ir wissen auc h um unsere Schw ächen und können d iese gezielt angehen: •
Bei 25% der Positionen haben wir momentan keine unmittelbaren Nach folger, bei de r Hälfte d er Stellen keine langfristigen N ach folger.
•
Der Frauenanteil liegt sowohl bei den jetzigen Stelleninhabern wie bei den Nach folgepe rsonen be i 15%, also viel zu niedrig! Mit intern en Nachfolgen allein we rden wir diese Situation nicht ko rrigi eren können.
•
Wir haben zu viele Kader, die ihre Karriere nu r in ihrer Fun ktion (z. B. inne rhalb von Finance, oder innerhalb von Ma rketi ng ) sehen - und zu wenige, d ie Funkt ionsübergreifende Karriereschritte machen w ollen. Dies mach t es schw ierig.. Ge neral Mana gement Kompetenzen zu erwerben - eine Herausfor derung für d ie Managemententwicklung.
Vor allem aber wu rden und werden m it vielen Mana gern Gesp räche gefüh rt und sie erhalten dabei Feedbacks. Wir kennen ihre Karr iereab sichten und können die se besser au f die Bed ürfni sse der Swtssco m abs tim men. De r w irkliche Erfolg de s Ta lent Managements en tsche idet sich jedoch im Mark" wenn das Talent Management dazu beigetragen ha t, d ie Kun den ve rbundenheit zu steige rn.
Quellenverzeichnis GIGERENZER, GERD (2007): Bauchentsche idungen. Die In telligenz de s Unbe wussten und d ie Macht de r Intuition, Mü nchen 2007. KO\1\1, AS\,lUS!PUTZER, LARS/COR:-JEu SSF.:-J, Nns (2007): So fun ktion iert Füh rungsk räfteentw icklung. In: Harvard Business Manager, o. Jg. 2007, Nr. 6, S. 39-43. PFEIFFER, GÜ:\ITER/EGLOFF, ERICH!RUTSCHI-MARnlALF.R, DA.\JjA (2007): Per sonalman agement: Vom Residu al- zum Strategie faktor. In: Handbuch für Personalentwicklung. hrsg. v. Kerlhelnz Schuchow/Joachim Gutmann, Köln 2007, S. 15-24.
us DEl'ART\.1 E:'>JT OF LABOR (200Y): Bureau of Labor Statistlos. [O nlin e] URL: www.bls. go v /jlt, 06.08.200Y. WI:-.1 \1ER, RUOOLf (200Y): Führung und O rganisation - zwei Seilen ein und de rselben Medaill e. In: Revue fü r postheroisches Mana gement, o. Ig. 2009, Nr. 4, S. 20-33.
Teil 4
Kritische Reflexion von Talent Management
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Was man festhält, flieht
Rt'i111rard K. Sprell,Rt'r
Es gi bt immer weniger und im mer weniger gute Leute Wie oft schon ist dieser Satz gefallen: " Wir müssen dies od er da s tu n, son st verlassen un s d ie best en Leut e"? Oft unte rlässt man wic htige st rategisc he Anpassungen, we il man glaubt, sie " der Man nsch aft" nich t zumuten zu können . Dies ist besonders in heißen Mä rkten mit a usgeprägtem Mangel an ausgebildeten Fachkräften zu beobachten. Unt erlegt ist eine Idee, dass man nur mit ge nau diesen Leu ten erfolgreich werden kann. Und in de r Tat ha t wah rscheinlich jede r Manager scholl mal erleb t, dass das Bet rieb sergeb nis leidet, wenn ein guter Mann oder eine gute Frau das Untemehmen verlässt. Ku rzf ris tig. Überraschend schnell macht man jedoch di e Erfah rung. dass bis her d urchschnittliche Mitarbeitende d ie Lücken füllen, plötzlich aufblühen, ein e Leistung zeigen, die man vorher nicht für möglich gehalten hä tte . Das kennen wi r als " Management by Deutsche Eiche - un ter meinem Schatten wi rd keiner groß!" Un d, kaum ist die Eiche we g. entwickelt sich de r K ümmer wuchs . Da s in letzter Zei t ein drucksvo lls te Beispiel für mich war - um ein etwas en tlegenes Beispiel zu nutzen - der FC Arsenal, d er Anfan g 2008 ungewohnte Höhenlu ft genoss: nich t nu r die Tabellenf ührung in der Premier Leegue, so nd ern au ch Plat z eins in der ökonomischen Rangliste des br itischen Fuß ba lls. Und das in der ers ten Saison nac h dem Weggang de s Superstars Thie rry Henry, immerhin viermal britisc he r Torschü tze nkönig. Alle hatten Arse nal den Niedergang vo rausgesa gt. Und nun da s. Mn telfeldregtsseur Ces Fabregas erklärte da s so : .Hen ry schüchterte uns ein. Alles hi ng im Spiel davon ab, wa s er wollte. Sein Weggang hat dem Team die Freiheit gegebe n, ohne Furcht zu spielen." Festh alten um jeden Preis ist also sicher der fa lsche Weg. Aber dennoch wissen w ir: De r We ttbewerb de r Zukunft w ird auf den Personal märkten entschieden. Dor t gibt es imme r welliger und immer weniger gute Leu te. Selbs t in wirtschaftlichen Krisenzeiten erlebe n wi r Mangel bei Fach - und Füh rungskräften . Sicher nich t in allen Ind ustriesektoren im gleichen Masse. Abe r die Frag e ", Wie bekommen wi r gute Leute?" wird für viele Un ternehmen täglich d rän gender. Die Netze au swerfen ist die üblich e Antwort. Eine andere, un bequeme lautet: " Die gu ten Leu te? Wir hatten sie schon mal, aber wi r haben sie verl oren." Und das ist in der Regel noch teure r, als mit hohem Minele insatz neue Bewerber anzulocken . Hohe Fluk tuation bedeutet Diskont inuität be im Kunden so w ie hohe Transaktionskos ten - d ie Koste n für Information , Beschaffung. Eina rbei tung. Verwaltung und Ausb ild ung von Mitarbeitend en . Jed es Ma l, wenn ein Mitarbeitend er geht. ge he n d iese Investitionen mi t ihm.
Employer Brand i ng oder or ient iert e Hilfslosigkeit Mitarbeiten d e zu gewinnen u nd zu ha lten wird mithin als eine Aufgabe gedacht, d ie im Gru nde identisch ist und der man m it jene r Stra tegie zu Leibe rüc kt, die au f Neudeutsch
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Was man festhalt, Weht
.Employe r Branding" hei ßt . Die Kembotscha ft: Wir müssen alle Ans trengu ngen unterneh men, u m unsere Mar ke als Ar beitgeber so anziehend wie möglich zu machen ; wir müssen au f der Liste d er Ar be itgeberallr aktivilät weit ob en stehen. Ob w ir nämlich gu te Leute bekommen, hä ngt vorran gig ab von der Qu ali tät des Bewerberpools . Und die Q ualität des Bewer be rpool s hängt wie deru m ab vom Image des Un ternehmens im umgebenden Meinungskli ma. Dem kann man abe r nicht von au ßen etw as Rouge auflege n - es m üssen unsere Mitarbeitenden selbs t se in, die gut über d as Un terne hmen s prechen und damit langfristig für ein positive s Image so rgen. Man übe rtre ibt deshal b nu r wenig, wenn ma n sagt: Ein Unterneh men , da ss ein e Suchanzeige aufgibt, hat den wettla uf u m die Besten schon ve rloren. Abo in vestie rt man in aufwändi ge Kampagnen, ins Hochschulrnarketing, bewirbt sich um Titel wie " Bes t Company to work for", zah lt den Mitarbeitenden gar Vermittlun gsprämten. Richtungsgle ich werden " Retention-Prog ram me" au fgesetzt, die ebenso di e Att raktivität als Arbeitgebe r erhöhen sollen, also wiederum au f das " gro ße Ganze" z ielen. Wied er gre ift man zur Brieftasche, zahlt Treue boni, verteilt Ehre nnadeln. versucht den Stolz der Mitarbeitenden au f d ie Firm a einzui mpfen. Das ist organisierte Hilflosi gkeit un d scheint mir in weiten Teilen auf Missverständnisse n zu beruhen . Im Fu ßball wü rde man sagen : Wir müssen vielmehr da hin gehen, wo es we h tu t. Hier ist Schonungslosigkeit ang esa gt . Zunächst ist eine gewisse Fluktuation no twendig und wünschens we rt. Problema tisch ist einer sei ts da s "z u wenig" : Das Unterneh men wi rd starr und überaltert, ande rerseits da s "z u viel" - da s Un ternehm en hat zu hohe Tran saktion skosten . Abe r was ist "z u wenig" und w as ist "z u viel" ? Das hä ngt von viele n As pe kten ab - vom Arbei tsmarkt, von der Branch e, vom Arbe itsplatz. Eine Flukt uation von 10% im unteren hierarchisc hen Level ist wen ig - im Top managemen t viel. Darübe r hi nau s ist es natürlich nur in teress ant, "gute" Mitar be iten de zu halten. Das baut insgesam t eine n höheren Kompetenzlevel im Un tern eh men auf . Den n gu te Leute wolle n mi t gu ten Leuten zus am men arbeiten. Das wiederum w ird man irgend wann am Markt s püren - und fü r höhe re Qualität kann man höh ere Pre ise er zielen . Sagen w ir also: Es gilt, in einigen Bereichen di e Fluktuation guter Mitarbeitender zu redu zieren.
Reise nde soll te man nic ht aufhalten Schon taucht die nächste Frage au f: " Was sind XI/le Mita rbei tende?" Und d ie Antwort d arau f ist n icht zu ernkoppeln von der Frage " Warum sind sie gekolllll1en?" Zum Beispie l: Wer für Geld komm t, geht fü r Geld . Dad urch wi rd da s Unterneh men verg leichbar mit dem Wettbe werb. Kam pfgehälter sind daher ungeeignet, di e besfl'll Mitarbeitenden zu halten. Geld ist eher eine Allz weckwaffe. di e alle an zieht, auch die Durchschnittliche n. Vor allem abe r zieht es die Einko rnmensrnaxirnierer auf de n Personalmärkten an . Mit den en zu sam men zu arbe iten macht we nig Freu de. We r mit dem Geldschein w inkt, läuft zudem die Gefahr der nega tiven Bestand sselekt ion: Schw achleister ve rlassen das Unternehmen
Reinhard K. Sprenget
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fre iwillig niemals - we il sie gen olU w issen, dass sie für ihre Leistung ni rgendwo sov iel Geld verd ienen. Der in di esem Zus ammenhang wich tigs te Punkt aber ist: Wenn jemand sich entscheide t, das Un terne hmen zu verlassen, ha t er dafür Grü nd e. Diese Gründe sind zu respe ktieren . Jedoch : Wen n d ie Geliebte weggelaufen ist, fragen die meis ten Männer: Wie kann ich sie w iede rkriegen? Sie fragen nich t: Warum wo llte sie weg? Das wäre aber die eigen tlich in teressan te, wei l zu kunftsweisende Frage. Was ist gewonnen, wenn jemand bleibt, obwoh l er eigen tlich ge hen will? Was ist gut d aran, wenn jemand aus den falschen Gründen bleib t? Wir soll ten nich t versuchen, Gründe zu un terlaufen - zu m Beispiel m it Geld, Karrtereversp recben, langen Künd igungsfristen oder zeitlich verzögerten Bezah lu ng. Eine Zeit bombe: Die Motoren der Demotivation arbei ten wei ter. Eine alte Führungsweisheit ist w ieder in ihr Eh ren rech t einzusetzen : Reisende soll man nich t aufhalten. Das ist es hingegen, was zählt: Wen n Sie jemanden nicht festhalten. und er trotzdem bleibt. Wenn er sich in Freiheit entscheide t. Jeden Morgen neu. Und bewusst jeden Morgen neu. Wenn er selb:>! sich bindet. Das ist de r Un terschied: Das " sich binden ", nicht das "gebunden werden" . Und wir wissen aus der Sozia lpsychologie: Gerade d urch d as Loslassen erzeugen w ir Bindung. Selbstbindun g. Die schwachen Fesseln sind die sta rken . Starke Fesseln hin gegen erzeugen d as Gege nte il: Was man festhält. flieht. Wir sollten also nicht versuchen, Mitarbeitende zu binden, sondern die Bed ingu ng de r Möglichkeit echter Loyalität verbessern . Wie können wir es schaffen, d ass Mitarbeitend e sich bei u ns wohl fühlen, gerne kom men und ble iben?
Wie aus Psycholo gie Biologi e wird Wenn es eine em pirisch gu t ges tützte Aussage zum The ma gibt, da nn d iese: Menschen kommen zu Unternehmen, aber sie verlassen Vorgese/zfe. Das heißt, Mensc hen fühl en sich angezogen von dem we ithin sichtbaren Leuchten de r Unte me hmensreklame, aber nach d em Eint ritt d urch das Unt ernehmensportal werden an dere Dinge wich tige r. Was dann schl ießlich for ttre ibt, hat mit dem Unte rne hmen kaum meh r was zu tun. Es ist kein Phänomen d er Makro-Ebene, sondern der Mikro- Eben e - in d er Regel ein Beziehungsprnblem zwischen Chef und Mitarbeitenden. Menschen müssen Wer tschä tzung spü ren; sie m üssen erleben können, dass ih re Meinung zäh lt . Wenn es d aran fehl t, gehen sie, sobald sie d ie Möglichke iten d azu ha ben. Und wenn sie d ie nicht habe n, gehen sie auch, bleiben abe r ph ysisch anwesend - was noch schli mmer ist. D iesem Missverständnis, der Verwechslung von Mikro- lind Makr oebene. sei also vorgebeugt: Gu te Mitarbeitende zu gew innen und zu halten - das sind zwei völlig 7.'I?rschit'dCllt' Aufgaben. Wenn wir die Bindung an Mitarbeitende wirklich ernst nehme n, d ann kommen w ir n icht da ru m herum, unsere Füh rungskräfte auf jeder Ebene in d ie Ver antwortung zu bringen: Gu te Leute ha ben die Wahl, desh alb müssen wi r täglich um sie werben! Wir mü ssen ein warmes sozial-emotionales Klim a schaffen! Unse r Ziel mu ss es se in, d ass u nse re Leute sich so woh l fühlen, dass sie die Stellenanzeigen überschlagen!
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Was man festhalt, Weht
Ste llen Sie sich vor, Ihr Mita rbeitender sitzt am Sonntagabend in sei nem Wohnzimmer und denkt an Montagmor gen. Er denkt auch an Sie, seinen Chef. Welche Gefühle überkom men ihn wohl? Freut er sich auf die Zusammenarbei t? Ist es fü r ihn Lebensq ualit ät. Sie zum Chef zu haben? Würde er Sie ve rm issen, wenn Sie nich t da wä ren? Oder möchte er Sie am liebsten übe rhau pt nich t sehen? Alle Forschungsergebnisse ze igen: Auf die Brzil'lI/mg zwischen Chef und Mitarbei ten d e kommt es an! Mensc hen müssen das Gefühl haben, d ass sie respek tier t werden, dass ihnen Sympathie entgegen geb racht w ird . Negativ gewendet: Wenn d ie Bindekraft eines Vertra uensklimas zwischen Chef u nd Mita rbeitenden fehlt, dann erhöht sich die Fluktuationsra te überp ropo rtional. Das ist mittlerweile neurobiologisch gestü tzt: Die Zuwendung, das In teresse und die Beachtung eines uns wichtigen Menschen schüttet einen Ho rmoncock tail aus, in de m das .Btndungshormon" O xytocin dominant vertreten ist. Daher noc h einmal in aller Deu tlichkeit: Nicht Au fgabe n, Ziele, Visionen ode r Werte binden uns, sondern die Qualität zwischen menschlicher Beziehu ng. Sie mac ht aus Psycholog ie Biologie.
Neugier fördern, Freundschaften pflegen und Feste feiern Was sodcnn immer wieder als Bindungsgrund genannt wird: Zugang zu spannenden Projekten - zu Projekten, d ie uns hera usforde rn. Wenn Menschen d as Gefühl haben, dass sie keine s pannenden Aufgaben haben, wandern sie in die Demotivation ab. Dann gibt es keinen Grund zu bleibe n. Langeweile b reitet sich aus. Weil m ot iviertes Arbeiten und Lernen nicht zu tren nen sind. D ie Forsch ung spricht von "Neugierak tivitä t", die zu bef riedigen ist, will ma n Fluch tph antasien vermeiden. Lernen ist Vorfreude auf sich selbst. Wer in seine m Job nur noc h rout iniert handelt, ist nich t mehr m it dem ganzen Herzen bei de r Sache - freut sich nicht mehr auf sich selbst. Und we nn Menschen gut sind, dann haben sie Alternative n. Und die nu tze n sie dann frü he r od er s päter. Weiterhi n: Die Menschen wollen mit Stolz den Namen ihres Unternehmens nennen. Sie möc hten, dass de r Glanz, der von einem Unternehmen ausgeht, auch auf ihre Existenz überstrahlt. Fehlt es an dieser Stolz brücke - da nn suchen Menschen die erstbeste Gelegenheit, fü r ein hö her reputiertes Unternehmen zu arbeiten. Oder sie verlangen eine finanzielle Schmu tzzulage. Und dan n bleiben sie aus den falschen Gründ en. Sto lz ka nn man dabei auf vielerlei sein: auf Pro d uk te, au f Trad itionen, auf die Un terne hmenspoli tik oder auf den gesellschaftlichen Beitr ag eines Unterne hmens. Den au fzuzeigen haben viele Unt ernehmen Nac hholbe darf. Die Forschung hat einen weiteren Zusammenhang aufgezeigt: Ein Unternehmen oh ne einen Freund ist ein Feind . Oder etwas nüchterner: Wer keinen Freund im Unternehmen hat, bleibt signi fikant kü rze r. Damit aber Freu ndschaften entstehen können, braucht es Möglichkeiten für nicht-hie rarc hisc he Kontakte außerhalb des B üros. Sport und alle Formen des infor mellen Mite inanders sind w ichtig. Auch Feiern. Feiern sind Lieb eserklärungen an das Leben . Und gemeinsames Feiern sind Liebeserklärunge n an d as gemeinsame Leben. So entstehen emotionale Bindungen. So erfahren wi r uns als " Wir". Und so entsteht Vorfreude au f eine gemeinsa me Zukunft, die noc h besser sei n kann als die Vergangenheit .
Reinhard K. Sprenget
231
Und das liebe Geld? Da s bringt u ns zu eine m let zten Pun kt: Bindung ist nicht kostenlos - was nich t heißt dass sie u nbedi ngt Geld kosten muss. Manchm al ist zum Beispiel ein intensiverer Zeiteinsatz der Preis, de r fällig ist. Aber manchma l ist es eben auch Geld. Auch wenn man Mitarbeitend e nicht über Bezahl u ng b inden will: Das Gehaltsniveau kann auch entbinden - wenn es zu niedrig ist. Zah lt man wesentlich un terhalb des Ma rktdurchschniUs, ist eine einko mmensbeding te Suchneig ung nich t auszusch ließen. Wen n Menschen sehen. d ass woa nders für d ieselbe Arbeit erhebl ich me hr Geld gezahlt wird, kan n ma n ihnen nicht übe l neh men, wenn sie da h in wollen . Es sind auch Beispiele be ka nnt, dass Fl-Speztahsten Unternehmen ve rließen, weil d iese nicht d ie neuesten Rechner zur Verfüg ung stellten. Und wenn ich mir die Auss tattung mancher Bü ros anschaue, dann kann ich nu r vo n einer aktiven Mitarbe itenden-Verjagung sp rechen. Das hie r Vorgeschlagene zu r Entw icklung von Loyal ität klingt obe rflächig nett und w ird vielleicht locker abgenickt. Wen iger sympathisch klingt es, wenn wir d as Thema zu Ende d enken. Dann geh t es nä mlich um Konse quenzen. Denn was ist wich tig im Un ternehmen? Da s, was Konsequenzen ha I. Was keine Konsequenzen hat, ist unw ichti g. Das ist vielleich t wü nschbar, aber nicht notwendi g, das heißt, da ist keine Not zu wenden . Alles, was nich t au ch mit de r Beend igu ng des gemeinsamen Weges beleumundet werden könnte, ist vergleichsweise unwich tig. Bei eine r hohen Fluktuationsrate müssen wir also bereit sein, uns von Manage rn zu trennen, d ie dafür verantwortlich sind . Wenn w ir da s nich t tun , hat das Reden über Loyalität zu den Mi tarbeitenden bes tenfalls einen Place bo-Effekt .
TeilS
Zusammenfassende Schlussbetrachtung
19
Talent Management auf dem Prüfstand - was Sie für Ihren Führungsalltag wissen müssen
Adrian Ritz lind Norbert 17101/1
19 .1
Einlei t ung
Der folgende Text hat zum Ziel vor dem Hintergrund der in diesem Herausgeberband ve röffentlichte n Ar tikel, die zentralen Aussagen und Erkenntnisse zusammenzufassen. Er die nt einer Schlussbetrachtung zu einem Themenbereich d es H uman Resources Managements, der im verga ngt'nen Jahr zehn t stark an Bedeutung gewonnen hat: Talent Management. Strategien und Massnchme n zur besseren Identifizie rung von Talenten, passgenaue ren Entw icklung von Kompetenzen und möglichst langfristigen Bind ung von Leistungsträgern stehen zuoberst auf der Prior itä tenliste vieler Personalabteilu ngen. Dabei lässt sich Talent Management einleitend folgendermessen definieren [Ritz/Sinelli 2010; 10); " Talent Management bezeichnet jene O rganisations kon zepte und -mass nahmen, die sich gezielt mi t der Gewinnung, Erhaltu ng und Entwicklung von gegen wärtigen oder zukü nftigen Mitarbeitenden au seinandersetzen . welc he au fgrund ihre r vergleichsweise knap pen , stark nac hgefragten u nd fü r d ie O rgantseuo n ze ntra len Schlü sselko mpetenzen als Talente bezeichnet werden." Im Folgenden sollen anband de r Fallstud ien der Sta nd de s Talent Managements in der Unte rnehmensp raxis aufgezeigt und mögliche Erfolgsfaktoren aufgrund der Erfahru ngen ausgewählter Organisationen d iskutiert we rden . Gleichzeitig bezweckt die ser Text die Un ternehmensp raxis kritisch zu reflek tieren. Talent Managem ent auf dem Pr üfstand insbesond ere in Krisenzei ten mit beg renzten Ressourcen kommt der Frage nach lohnenswe rten Hu man Resources Investitionen eine hohe Bedeu tung zu . Im Sinne von Empfehlungen zur Ausrichtung zu künftige r Talent Mana gement Aktivitäten we rden schbessltch 18 Leitsätze abgeleitet. Sie ze igen jene Stossric htungen au f, d ie der Personalarbeit und dem Orgcntsattonserfclg einen Zusatznutzen aufgrund VO ll Talen t Managemen t Aktiv itäten verleihen kö nnen.
19 .2
Handlungsalt ern ativen existieren
Unabhängig da von, ob Talent Management ein mehr od er weniger neues Konze pt des Personalmanagements darstellt, haben d ie lan gfrist igen Veränderungen auf dem Arbeit s-
236
Tale nt Management auf de m Prüfsta nd - was Sie für Ihren Führungsalt ta g wissen müssen
ma rkt u nd der gese llschaftliche Wandel in d en wes tlichen Dienstleistungsnationen grosse Auswi rku ngen auf das Talent Management. Bereits de r Ge dan ke, dass in wenigen Jahren der Arbeitsmarkt längerfrist ig von einem Artbie ter- zu ein em Nachf rage rmarkt wechseln könn te, gepaart mit dem he u te schon aktuellen Mangel an Fachpersonal. sp richt Talent Manage men t eine gru ndlegend w ichtige Bede ut ung zu. Tro tz etn es heute nic ht klar a bsehbaren Ein- und Auswanderu ngssaldo ka nn davo n ausgegangen we rden, dass die Unterneh men zu künftig weniger junge Arbeitssuchende auf dem Arbeitsma rkt an tref fen we rden un d d ie Anzahl ihrer älte ren Ar be itnehmenden ste tig zu nehme n wird. So ha t sich beis pielsweise be i de r Schweizerischen Post das Du rchsc hnittsalter ihrer Mitarbeitenden in den ve rga ngenen zehn Jahren um rund vier Jahre erhöht und der An teil der übe r SOjährigen vo n heu te 31% dü rfte gernäss Prognosen in den nächs ten Jahren stetig ansteigen (vgl. Brön nimann/Hä m me rle 2010). Spreuger (vgl. 2010) folgert da raus, d ass der Wett bewe rb der Zukunft au f d en Arbeitsmärkten entschieden wi rd, Wie sich die O rgan isationen aber auf dem Arbei tsma rk t bewegen und welche Strategien sie ergreifen, d as bleibt eine offene Frage - mi t Han d lungssp ielraum fü r jede O rga nisation, d ie sich dieser Herau sford erung stellt. De r de mogra phische Wandel und seine Folgen sind d en n ein schlechter Ratgeber, falls sie als zu grosse und kaum lösbare Herausforderu nge n für da s Person almanagemen t bezeichnet werden. Die besch rieben en Verän de rungen fordern auf, un terschiedliche Hand lun gsvarianten zu bedenken. Angesichts des sich veränd ernd en Kon texts erhält Talent Mana gement som it eine wichtige Bed eu tu ng . Doch wodu rch es sich auszeichnet, ist d amit nicht best im m t u nd es bieten sich folgende, unter schiedlich kom binie tbare Ansatz pun kte: •
Talent Management als Strategie zur Fok ussie ru ng aller Pers on alfun ktion en auf d ie mit de m demographische n Wandel verbundenen Herausforderungen.
•
Talent Management als Strategie zur Gewinnung, En twicklung und Erhaltung ausgewäh lter Schlüsselpersone n.
•
Talent Managem ent als Strategie zur Gew innu ng, Entw icklung un d Erhaltu ng breiter Persone nkreise.
•
Talent Managemen t als Stra tegie, die Arbeits be di ngu nge n so zu ve rbessern, dass Austrittsabsichten gegenwärtige r talent ierter Arbeitskräfte zurückgehen.
•
Talent Management als Strategie, die Arbeitgeb erattrakt ivi tät extern besser zu kommunizieren.
•
Talent Management als Strategie, jü ng ere Arbei ts kräfte gezielt anzusp rechen und zu gewin ne n.
•
Talent Managemen t als Stra tegie, d ie Kompeten zen älte rer Arbeitskrä fte gezielt wei terzu en twick eln.
•
Talent Management als Stra tegie, d as Know-how und d ie Arbeitsk raft ällerer M itarbeiten de n über die Ruhesta ndaltersgrenzen hinau s zu erhalten.
Adrian Ri tz und Norbert Thom
237
Dami t wird deutlich, dass es nicht das Talent Management an sich gibt u nd es letz tlich jeder Organisation überlassen ist, ihren eigenen Schwerpunkt des Talent Managements festzulegen. Unabhängig von der konkreten Strategie wird aber in Zuku nft d ie Mitverantwortung de r Organ isation fü r die Arbeitsmarktfä hig keit der Mitar beitenden steigen . Denn Erhalt u nd Förderung der Arbeit sm arktfähigkeil w ird in Zeiten eines Nach frageüberhangs au f dem Arbe itsmarkt ein wesentlicher Erfolgsfa ktor de r Personalarbeit sein. Talent Management fordert hie rzu auf. Mit der gru nd legenden Frage, welc he Strategie ein Talent Managemen t ve rfolgen soll, ist zu Beginn aller Aktivi täten zu klären, ob das neue Vorha ben die aktu elle Organisationsstrat egie und einzelne Geschäftsfeldst rategien unterstü tzt u nd ob zu m indest aus Plausibilitätsübedegungen ein Beitrag zu r besseren Bew ältigu ng operationeller Ziele und zu r Steigerung des O rganisat ionsergeb n isses erwartet werden kann . Claßen und Timm (vgl. 2010) haben fünf geeignete Leutragen form uliert, d ie vor Beginn irgendwelcher Talent Man agement und Employee Brand ing Massnah men re flektier t werden sollten. Nebst de r Strategiefrage wird da bei nach d em grundsä tzlichen Bedarf eines Talent Management s, nach de m finanziellen Meh rwert u nter Berücksich tigu ng anfa llender Kosten, nach arbeitsrech tliche n Rahmenbedingungen und nac h de r Übereinstimmung von einzelnen Talen t Management Massnahmen mit den Orgcntsattonewerten gef rag t. Gerade letzterer Aspekt ist w ichtig: Denn im Falle einer Fokussie rung au f ausgewählte Talente kann je nac h Organisation ein Konflikt m it bestehenden Werten der Nich t-Bevorzugung einzelner Per sonengruppen oder zumindest dem nich t öffentlichen Bekenntnis zu eine r Hochlei stungsku ltu r entstehe n. Ebenso hilfre ich für C rossun ternehmungen ist di e Empfehlung von Novarti s, zu Beginn ein Pilot-Projek t zu Testzwecken d urc hzu führen (vg l. Saxer 2010). Dam it verk nüpft kann eine systematischere Bedarfsanalyse bei der Linie nach hi lfreichen Unte rsti.itzungsangeboten im Bereich des Talent Managements werden. Pilot-Projekte sind aber nur dann nützlich, wenn sie ausgewertet werd en und wenn die Möglichkeit besteh t, dass sie abgebro che n oder nicht in ein defi nitives Projekt überführba r sind. Vor dem H intergru nd d ieser Erläu terungen werden die ers ten drei Leitsätze zu den Stossrichtungen des Talen t Managements für die Zukunft abgeleitet:
1.
2.
Das Thema Ta lmt Managemel/t erlangl zukül/ftig aufgrund gesellscl1l1ftlicher lind demogmphischer Veränderul/gen eine steigende Bedeldul/g fiir die Unternctnnenspmxis. Vor Beginn irgendwelclrer Ta lent Management Massllahmell empfiehlt sich die l'riifilllg der slibst mrzid len, strategischCl/, final/ziel/eil, kill/Meilen II l1d rechtlieben Rek vallZf ür die betref-
fende OrSll/lisatiofl. 3.
Organisononen bieten sich im Cl'gmsatz zu einemeinzigeIl TaIeIl t MmsagelllCllt Modell melirerc A nsatzpnllkte unterschiedlich f(Jklls.sierter und IIInf mrgreicher Talent MIII1I1gemellt Akti-
oitiiten an.
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Talent Management auf dem Prüfstand - was Sie für Ihren Führungsalttag wissen müssen
19.3
Umfassend und situativ - aber nicht gleich Personalmanagement
Bez üglich des Begriffsverstän d nisses vo n Talent Ma nagem ent ist zu hinterfragen, ob hint er d en jeweiligen Ansa tz wi rklich ein Talent Manage men t Ver stä ndnis s teht oder ob le tztlich di e be währten und ebenso w icht igen Personalprozesse d er Auswa hl, Beu rte ilung und Entwicklu ng oder bisher ige Management Development Progra m me umbe r ra nnt wo rden s ind. Insofern kan n Tale nt Man ageme nt ein Teila sp e kt d es Personal mana gem en ts ken nzeic hnen, ist a ber nic ht da mit gleichzusetzen. De r Kanton Se m ha t sich für ein Vers tän d n is entsch ieden , welches im Ein kla ng mi t der anerkann ten Per son alwi rtscha ftslehre s teht: "Als Qu erschni llsau fgabe des Pe rsona lmanagern ent s g re ift Talen t Ma nagemen t in ve rschiede ne Hu man Resou tce s Bereiche ein u nd be zie ht s ich ebenso au f die Ide nt ifikati on u nd Gewinnu ng von Talenten, au f deren Entwicklu ng sowie d eren Einsa tz und Erhaltung." (Zü rche r 2010: 151). Deme ntspreche nd wird ein pr agmati sch er Ansatz verfolgt, der auf einer s ta rke n Integ ratio n vo n Talent Manageme nt und Per sonalen tw icklu ng fusst sowie meh rheitlich o hne spezifische Projekte a us ko mm t. Jed e O rganisat ion tu t gu t da ran, wen n sie sich mi t ihrem Begriffsverständ nis für das Talen t Man agem e nt auseinande rse tzt und sich für einen en tweder eher engen oder u mfassenden Beg riff en tscheidet. Dabe i ist zu un terscheiden zwischen der Zielgruppe un d d er Förderu ngsmassna hmen des Tale nt Ma nage ment s. ABB be isp ielsweise setzt au f ein u mfassend es Begriffsverstän d nis. was die Zielgru ppe anbelangt. Alle Mitarbeitenden so llen ents preche nd ihrer Fähigkeiten und ihre m Poten zial geförde rt we rden, d. h. Talent Man agement rich tet sich n icht nur auf d ie oberste Fü h ru ngsst ufe oder jüngere Hochs ch ula bso lventen aus (vgl. Diener 2010). Ebenso handelt di e Post (vgl. Brö nnim ann/Hä mmerle 2010). Betrachtet man jedoch einzelne Fö rd e ru ngsinstrume nte, da nn wi rd de ut lich, dass zwa r alle Mitarbeite nd en die Ch a nce e rhalten, in d en Talent Ma nage ment Pro zess aufgenommen zu we rden, letz tlich dieser aber ein Aus schluss verfah re n kennt. Bei ABB bedeutet d ies, dass Tale nte Mitarbe itende mit hoh em Pote nzial si nd, deren Leis tu ngsverhalten unter Umständ en noc h nicht vo ll ausgep räg t ist und die s ich fü r Aufgaben auf einer nächsten oder übe rnächs ten Stufe entwickel n kö nnen . Dies e ntspr icht der weit ve rb reiteten Definition vo n Talenten gernäss dem Pe rsonalpo rtfolio- An sa tz (vgl. ThomfNese mann 2010). M it d iese n Mitarbe ite nden we rd en bei ABB im Rah men de r Ziel vereinba rungs- und Ent w icklungsgespräche auch Zie lfunktionen und zie1führende Förderungsmassnahmen ve reinba rt (vgl. Die ner 2010). Micro soft ke nnt neben der um fassenden La utba hnfö rde ru ng ein eng foku ssie rte s H igh Pote nt ial Pro gra mm EXPO (vg l. Villige r 20lO). Dieses Progra mm verste ht s ich als Teil de r we ltweiten Talent Manage men t Stra tegie vo n Microso ft. Sowohl d ie Zie lgru ppe als auch das Förd eru ngsp rogr a mm sind in diesem Fall aber begrenzt und spezi fisch . Bei Novartis hat sich de r Fokus üb e r d ie Ze it ve ränder t. Allsgangslage waren im [ ahr 2006 d ie in de r N achfolge pla nung festgeste llten Lücke n für d ie To p-Füh rungspositionen. Existierte z u Beginn eine Exklusivi tät des Progra mm s fü r H igh Pote ntials mit Potenzial für eine Lände rve rantwo rtung. so w urde das Program m in de r Zwischenzeit au f wei tere Pe rso nen gru ppen ausgedeh nt (vgl. Saxe r 2010). Und die SßB pla ne n einen inter -
Adrian Ritz und Norbert Thom
239
essanten Ansatz, bei dem sich Talen te selbständig für den Talent Poo l anmel den könn en, we lcher als Vorstu fe für d en Eingang ins Management Deve lop men t dient (vgl. Jord i/Senn 2010).
Davon un tersche idet sich der Talen t Management Ansatz der KMU Lau tal. Bereits die im Vergleich mit C rosskonzern en tiefe Mitarbeiteranzahl von 460 Personen verdeu tlicht die No twend igkeit ein es an gepa ssten Talen t Management Verständn isses. Je kleiner oder di versifizierter eine O rganisat ion ist, des to weni ger generelle Instrumente und Programme fü r die Entwicklung spezifischer Personengrupp en wie Talen te mit Auss icht auf eine Fachoder Führungslaufbahn sind mögl ich. Lantal vers teht von daher Talent Management ebenfalls u mfassend, ist abe r beg renzt im Aufba u von spezifischen Förderu ngsinst rumen ten und -gefässen. Desha lb wird der Unternehmensmarke im Rahmen eines markenzentri erten Personalmanagements eine üb erau s hohe Bedeutu ng beigemessen . Die Gew innung und Erhaltu ng von Mitarbeitenden ist so mit star k mit der Identi fikationsförder un g mit den Produkten u nd Wert en von Lau tal verbunden (vgl. Schm utz 2010). Au f der gleichen Gru nd lage eines marken zentri erten Personalmanagements fuss t d er geg enüber Lantal jedoch völlig unterschied liche Ansatz von Au di. Beim do rt ent wickelten Talent-Relat ionship-Manage ment geh t es um "V.J.P.-Recru iting". Das Z iel ist d ie Kont akt pflege zu ausgew ählten Personen aus En gpasszielgruppen, von denen d ie Un terneh mung übe rzeugt ist, da ss sie einen höheren Einfluss auf den Un terne hmense rfolg haben als andere (vg l. Fischer 2010). In Bezug auf das Verständ nis zu m Talen t Mana gement Ansatz we rden deshal b folgende Leitsätze formuliert: 4.
Ta/eilt Mallagemellt kennzeichnet einen Tei/aspekt des Persenalmenagemente, ist alw weder mit Pers flllll!lII ll1 l1lgemelll uodi mitl'ersOlwlelltwicklllllg gleichzusetzen,
5.
Je grösSI'r eine Organ isa/ion ist rmd je mehr Fiillrllllgsjrll1ktiollell regelmässis intern !>eselzt verdenmiiesen, desto mehr iu neten einem umfa ssenden Talm/ Mallagt'lllm/ Verständllis, im Sinne ,'Oll für alle M itarbeitenden gd/endm Allswalr!-, Beurteilungs- Iwd Elltwick/lIl1gsl'er[ahren, ein clIges Bl'griffs verställdnis mit Fokus allf Illlsgl'wiil1/tc Talente lind spaifisclre l nstrummtc in Betracht Z II ziehen.
19.4
Der schmale Grat des Employer Branding
Talent Management sieht sich mit der bereits beschr iebenen A rbeits mar ktsituation konfron tiert. Von d aher ist d ie Integration lalen tspezifischer The men in da s Personalm arkeling no twendi g. Eine rein auf da s .Em ployer Brandtng " (Arbeitgebe rma rken bild ung) red uziert e Sich t im Rah men des Talent Man agements ist aber gefäh rlich. Personalm arkeling umfasst d ie Analyse des Marktbeda rfs. die Positionierung des Arbeitgebers, die Beeinflussun g des Arbeitg eberimages so wie d ie Motivierung der Zielgruppe anhand unterschied licher Vorgeh ensweisen. Dabei ist die aktiv voran getrie bene Markenb ildun g, z. B.
240
Talent Management auf dem Prüfstand - was Sie für Ihren Führungsalttag wissen müssen
d urch Au ftri lle im Messen, in Medien oder via In ternet, insofern für das Ta lent Management die nlich, als es das Interesse von Ar beitssuchenden auf die Organ isation len ken und den Bewerberpool vergrössem kann . Dies ist bere its von grossem Nutzen engesich te abneh mender Bewerberquoten. Und im op timalen Fall erhöht ein grösserer Bewerbe rpool auch die selek tivere Auswahl und höhere Qualitä t d er Ausgewä hlten . Gleic hzeitig verursacht .Employer Bran d tng" auch meh r zei tlichen und finanziellen Au fwa nd . Nicht se lten wird mit Worten geworben w ie; "Auf dem Arbeitsmarkt beeinfluss t Employer Branding d ie Wa hrnehmung de r Wu nschkand id aten und stellt das Un ternehmen als attraktiven Ar bei tgeber da r. Im Id ealfall macht es Sie zum Trau marbei tgebe r der heiss um worbenen Talen te un d g renzt Sie scharf vo m We ttbewerb ab. Im Unternehmen selbst s teiger t eine au thentische Ar be itgebermarke die Loya litä t u nd Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter, erhöht die Ident ifikati on m it dem Unternehmen, ve rbessert das Ar beitsklima u nd so rgt für eine längere Verbleibdauer der Mitarbe iter im Un tern ehmen ." (Top-Arbeitgebe rmarke o. J.) Welcher Per sonalchef oder welche Personalchefin wünscht sich nicht d iese viel vers preche nde Do ppelwirku ng gegen innen und aussen? Jedoch tritt sie eben nur "im Idealf all" ein. Einerseits beinh alte n Wer bebotschaften immer auch d ie Keh rseite der Med aille, d. h. sie werden - insbesondere von talenti erten Arbei tss uchenden - auf ihren echten Geh alt und ihre Versp rechen geprüft. Ande rerseits sind Wer bebotschaften auf dem Arbei tsmarkt ungleich stä rke re Vers prechen als auf dem Gü termar kt. Entsprechend w irken sich auch nicht einge ha ltene Versprechen aus. Von daher behält auch im Rah men des .Employer Bran d ing" der Leitsatz erfahrener Perso nalaus wahl expe rten sei ne Gültig keit; Selbstselektion ist die beste Sele ktion. Sowohl po sitive als auch negative Auswahlentscheide sollen massgeb lich a uf d er Entsch eidu ng des Kand idaten basieren. Personalmarketing und die Per sonalge w innun g ha ben somit für Transparenz zu sorgen. Wä hrend im Rah men des Personalmarketings d ie echten Stärken und besonde ren Eigenheiten de r Organisation hervorzuheben sind, müssen im Rahmen de r Perso nalgew innu ng au ch d ie Scha ttenseiten trans paren t gemacht we rden. Denn das O rganisationsi mage bei externe n Kandidaten, das mi t .Employer Brand ing" beeinf lusst werd en so ll, b ildet sich au fgru nd fehlender realer Erfahru ngen a us der su bje ktiven Bewertung d er angepriesenen Arbei tge be rme rkmale und nich t aufg rund de ren obje ktive r Beschaffen heit. Erstere kann beein flusst we rd en . Doch letztere kommt nac h de r Ans tellu ng zu m Tragen und je grösser d ie Lü cke zwischen beiden, desto höher das Flu ktuat ions risiko. La utal zeigt d en Einsatz von .Employer Brand ing " anscha ul ich auf. Dabei wird deu tlich, d ass de r Arbettgebe rrnarkenbildung ein längerer Prozess vorausgeht, der u nter anderem eine Analyse der Ceschcftsberetche und Prod ukt mer kmale sowie de r Unternehmens ku ltur enthält. Der Markenk ern "werkstolz" verdeutlicht dabei exemplarisch, worauf Lautals Erfolg fusst . Bevor die Markenbi ld ung extern vor anget rieben wird, so llte das zumindest implizi t vo rhandene interne Ma rken- und w erte vcr st ändnis Bestand teil der Personalp rozesse sein und kom m unizier t we rden (vg l. Schmu tz 2010). Andern falls vergrössert sich eine allfä llige Lücke.
Adrian Ritz und Norbert Thom
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Nebst den bereits dis kutierten Massnahmen des .Em ployer Branding" hat vor allem Aud i einen interessanten Ansatz gewählt, um die Voraussetzungen für eine optimale Talentgew innung zu schaffen. Das bei Audi eingesetzte Tillent-Relationship-Milnilgemen t bezweckt eine hohe Bezieh ungspflege und -intensität mit po tenziellen sowie ausgew ählten Na chw uchskräften - und soga r mit Talenten, welc he d ie O rga nisa non verlassen hilben, w ird d ie Kon takte rhaltu ng engestrebt . De ren Kornmu nfkctionsverhalten und sowohl beru fliche als auch p rivate Bedürfnisse wurden eingehe nd untersucht, um letztlich sehr passgenau reagieren respe ktive da s Un terneh me n " verkaufen" zu können . Z. B. gilt es Kinderbetreuungsa nge bote vor O rt üb erproportional zu erwähnen, wen n die Zie lgruppe ausgeprägt fam ilienorien tie rt ist oder Möglichkeite n d er Freizeit gestalt ung hervo rzuheben, wenn die Zielgruppe sportlich sehr ak tiv ist (vgl. Fischer 2010). Ebenfalls w ird bei Sw iss Life die Bede utung der Beziehungspflege zu Talen ten betont. H ier jedoch intern, d. h. die Konzernleitungsmitglieder sind au fgerufen, mit den Talenten in einen offenen Dialog zu treten und Stellung zu deren Fragen zu beziehen . Dies kann n icht delegie rt werden und fördert die entscheid en de persö nliche Wertschätzung, welc he im Talent Management zentral is t (vgl. Heller 2010). Netcetera ihrerseits ve rsu cht , mi ttels einer M itarbeiterumfrage die Bedür fnisse der Mitarbeitenden an fina nzie lle und nicht-finanzielle Benefi ts zu erfassen, um d arau f aufbauend die angebotenen Benefits optimieren zu können (vg l. Von de r Mü hllfVog t 2010). Ins besondere die Erfassung von Anforderungen und Bedü rfnissen von Talenten an ihre Arbeitssituation ist em pfehlenswert. So zieht beispielsweise Micro soft Erkenntnisse au s dem " Great Place to Wor k Aw ard" (vgl. Villiger 2010) oder viele Organisationen verwenden d ie bekannte Un ive rsum Arbeegebercuro kuvuätsstudte fü r di e Ana lyse der Arbe itgeberimages unter Hoc hsch ulabgänge rn. Novartis orientiert sich im Rahmen ih res " high touch" An satzes an Me rk malen der " Generation Y ", für welche insbe sondere die ind ividuelle Ansprache, persönliche Aufmerksamkeit und Identifikation mit gesellschaftl icher Verantwortungsü bernahme ihres Arbeitgebers wic htig ist (vgl. Saxer 2010). Beim Au ftritt a uf dem Ar be itsmarkt handelt es sich nu r dann u m eine Werbebotschaft mi t positiv er W irkung, wenn Versprechen u nd Unternehmensa lltag zusammenpassen. Ernployer Brandlug kennzeich net ein aus der Führu ng s- und O rga nisa tionskultur a bgeleitetes We rteversprechen - mit hohem Ver bind lichkeitsanspruch gegenübe r besond ers anspruchsv ollen Talen ten. Im Idealfall gelingt die Hers tellung einer ku ltu rellen Annäheru ng zwi schen den Tale nten und de r Organisat ion, was a ber erst den Beginn einer nachha ltig po sitiven Arbeitgeber-Talent-Beziehung darstellt. Die daraus abgeleiteten Leitsätze lauten: 6.
" Employer Brmliling " kann dann der Erhöhung des A llteils siell b('uwbellda Telente dienen, ux nn Kenntn isse {iber die konkrete Zielgrllppe im Sinne derer orgallisatio nsspezijischen Erwar/ lIngen li lld Bedürfll isse bekannt sowie in Werblln g lind M arkcll bildllng eillgefiosSt'll sind.
242
7.
Talent Management auf dem Prüfsta nd - was Sie f ür Ihren Führungsalt ta g wissen müssen
" Emp/oyer Bmnding" dit'llt dann der I/achhaltig poeniien B1'eillflllsslllIg des Ar/J1'itgeberimag1's, W{'/II/ VerSJ'recht'll und Orgal/isatitmsalltag ZIlSallllllt'llpasSt'1l sowie alljg1'ball /1's Bezie-
IlIlIIgsil/ter1'sse sich als {'chi ent't'ist. 8.
Die Gewinllung VtJll Tnlenien stellt höhere Anforderungen an das Persona/marketing III/d die Perslllll1[auswal1l. Fundierte Kenntnisse iiber die unternenmcns- oder bereichsspezifiscue Zielgrupl1e geJ'aart lllit Tnmsparenz iördcmden AlIswalllverjahrel/ sind Cr/md/age eil/er nechhcttigen Arbeitsbezie!w llg.
19.5
Talente gewinnen - vor allem interne, weibliche und ältere
Talen t Management so ll insbesondere auch d ie externe Personalbeschaf fung un terstüt zen . Die interne Führu ngskräftetdentltikation und -entwicklung gew inn t abe r gerade d urc h Talent Management Projekte und aufgrund des d emograph ischen Wandels an Bedeutung. Währen d vielerorts die interne Beförderung in Verru f geraten ist, z. B. aufgrund fehlend er Beförde rungskri ter ien und gü ltiger Automatismen, so galt sie au s wissen schaftliche r Sicht seit jeher zu einer der Erfolgsstrategien hochleistender Un ternehmen. Diese zeichnen sich du rch überdurchschnittlich hohe intern e Bese tzungsquoten bei Füh rungspositionen au s. Die dort au ge wa ndten Beförder ungsp raxen sind jed och hoch kom pet itiv und basieren auf se lektiven Kriterien . ABS verfolg t da s Ziel, 80% der Sch lüsse lfu nktionen inte rn zu besetzen (vgl. Diener 2010). Microsoft hat sich zum Ziel gesetzt 70% d er Führungsfunk tionen sowie ru nd 50% d er rest lichen offenen Stellen mit inte rne n Kandidaten zu beset zen (vgl. Villige r 2010). Und d ie SSB beabsich tigen eben falls eine in terne Stellen besetzungsquote von 50 bis 80% (vgl. [o rd i/Senn 2010). Nicht gleich sieh t es bei der Post sow ie beim Kanton Sem au s. Die Post sieht sich mit der Her ausforderu ng konfron tier t, da ss aufgrund de r lan gen Verweildauer im Un terneh men nicht genügend Nach folgekand id aten über da s gewünschte Profil verfügen (vgl. Srönnimann/Hä m mer le 2010) und de r Kanton Bem wünscht sich meh r Austau sch mit de r Privatwirtschaft, was jed och im Rahmen des angebot ene n Perspektivenw echsels auf eher wen ig Echo stöss t (vgl. Zürcher 2010). Talent Mana gement kann auch zur Förder ung spez ifischer Talent gru ppen d ienen . In vielen Branchen ze igt sich d asselbe Bild: Je höhe r die Füh ru ngsfunktion und je älter di e Mitar beitenden, desto ge ringer der Anteil weiblicher Stelle ninhaber. Die Grü nd e hie rfü r sind zahlreich und heute gu t erforscht. Sie werden im Beitrag von Etienne (vgl. 2010) ausführlich beschrieben. Wäh rend GetDi ver sity es sich zum Ziel gesetzt hat, mit ihrer Verm ittlun gstätigkeit mehr Frauen in Au fsich tsräten zu p latzie ren, sucht Micro soft bei de r Talent rek rutierung ge zielt nach ergänzenden Kompetenz- und Mitarbeite rp rofllen, insbesondere auch von Frauen, um di e Kom petenzen der Gesamtorganisation zu ver stärken (vgl. Etienne 2010; Villiger 2010). Diver sität im Sinne einer gut du rchmischten Mitarbeiterstruktur kann du rch Talent Management gezielt geförde rt werden. Denn insbesondere Füh run gs-
Adrian Ri tz und Norbert Thom
243
kr äften kommt eine ausstrahlende Fun ktion zu, wenn es da ru m ge ht, bislang un tervertretene Per sonengruppen zur Teilnahme an Talent Man agement Programmen zu motivieren . Novartts bezweckt mit ihre m Talent Man agement beispielswe ise die Besetzung ausgewä hlter Führungs position en mit Personen, die wei blich sind, ande re Märkte kennen , andere Erfahrunge n mitbri ngen und da durch auch den globalen Austausch förde rn (vg l. Saxer 2010). Der Bettrag der Post sowie jene r von Becker ver deu tliche n den Zusammenhang zwischen Talent Managemen t u nd Diversität anhand eines altersge rechten Talent Managements (vgl. Becker 2010; Brönni mann/Hä mmerle 2010). Im Bewuss tsein um unte rschiedlich au sgeprägte Hand lungskom pe tenzen und Leistungsfähigkeiten in Abhängigkeit des Alte rs können gerade altersgem ischte Teams vo ne inander profitieren. Dabe i gilt es auc h, den " Kundennu tzen " vo n Talent Management Mas snahmen nicht aus d en Augen zu verlieren . Bei einer Steigerung de s Frauen anteils trifft er hier m it einer heu te klar höheren Erwartung diesbez üg lich sei tens Ku nd en, Aufsichtsgremien sow ie Investoren, insbesondere im Non Profi t Bereich, zusammen. Folgende Leitsä tze lassen sich d araus able iten: 9.
Talent Managemelll ist auf Fiilm IllKse/'el/e vers/ärk/ allf die interne Slel/C/1 /JeseIZlIl1K a1I SZ IIrichte n. Dabei Kilt es, den W ettbewerb eines enveitatell Nacl1folgerpools zu nutzen lind A uslValrl- wie Befdrden m g st'lltsc11eide allf der Basis anspruchsoollcr St'lekliol/skri/eriel/ zu fiilll'll.
10. Talent M alwgt'mellt kann auf Diversilii/ ausKeric!Jteft' Pcrsouotstmtcgicn unte ruinzcn. tnsnesondere der FörderulIS uxibiictur und älterer Tatente wi rd z lIkiilljt ig ein /loch höherer Stellenuxr t zukommell.
19.6
Beurteilung und Feedback durch Top -Kader
Die Beurteilung von Talen ten ist ein zent rale r Bestand teil de s Talent Managements. Fast au snahmslos handelt es sich dabei um Beurtetlungsve rtahren im Rah men de s jäh rlichen Zielvereinba rungs- und Leistu ngsbeurteilungsprozesses fü r alle Mitarbeitenden. Je nachdem we rd en fü r Talente häufigere un d zu sätzliche Beur teilungsverfahren angewandt. Besondere Bedeutung erlangt da be i de r Beizug ausgewiesener Füh rungskrä fte als Assessoren, Mentor en oder Coaches fü r au sgewählte Talente. De r direk te Know -how Transfer vo n Füh run gswisse n zu d en Talenten hin sowie de r Aufbau wich tige r Ne tzw er ke fü r d ie Zukunft wi rd dad urch beschleunigt. Lantal führt z. B. Zw ischen gespräche in de r Jah resmitte d urch (vgl. Sch mu tz 2010) und Microsoft ben utzt d as Halbjahresges prä ch ex plizit als Lau fbahngespräch (Midyear Ca rcc r Discussion), da s nur zu 20% einer Rückschau auf di e bisla ng erb rachte Jah resleistung dient. Bemerkensw ert ist, dass den Mitarbe itenden ein um fassend es Online-Talent Management Tool zur Verfügung steh t. Dabei wi rd ein grosser Antei l de r Vora rbeiten fü r das Laufbahngesp räch wie z. B. Self-Assess men ts, d ie Dok u ment ation der Karriereinteressen. d ie Einholung von Mitarbeiterfeedbacks, die Beurteilu ng d urc h d en Vorgesetzten und d ie
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Talent Management auf dem Prüfstand - was Sie für Ihren Führungsalttag wissen müssen
Ers tellung eines individuellen Entw icklungsplans an den Mitar beiten den d elegiert und selbstges teuert durchgefüh rt. Dazu gehö rt auch die Erstellung eines 36U-Grad-Ft-'edbacks, das aufgrund der Freiwilligkeitskomponente und de r volls tän d ig vert raulichen Hand habung nicht etwa zur Lohnfestlegu ng, son de rn zur Planung de r Entw icklungsziele und -massnahmen beigezogen wird (vgl. Villiger 2010). D ie SBB setzen fü r die Erstellung individueller Entwic klu ngspläne verstärkt Assessment Center Methoden ein, indem Talente Einzel- od er Cruppenassessments d urc hlaufen. Als Assesso ren wer den Mitglieder der Konzernlei tung und des Top- Kaders beigezogen, um die Beu rteilung der füh rungs pra ktischen Anforderungen optimal ermöglichen zu können (vgl. [crdi/Senn 2010). ABS er klä rt in seinem Talent Managemen t die Teiln ah me an einem Cru ppenassessment zur Pflich t für alle angehenden Teamleiter der ers ten Führungsstu fe u nd Abteilungsleiter haben ein Etnzelassessment zu d urch laufen (vgl. Diener 2010). Auch der Kanton Sem verwendet in Assessment Centern verbreitete Verfah ren fü r die Karrieregespräche. Dabei d ient eine halbtägige Potenzialana lyse der Entwicklung eines Kompetenzprofils fü r Personen, welche sich au f eine Führungspostno n vo rberei ten, u m ihnen im Entwic klu ngsgespräch Sicherheit hi nsich tlich ihrer Laufb ahnentwic klun g zu vermi tteln. Bei me hrjährig erfahrenen Führu ngsk räften steht meh r die Stär ken- u nd Schwächenanalyse im Vordergrund, welche anhand eines ganztägigen Development Centers vorbe reite t wird (vgl. Zürcher 2010). Swlss com hingegen verzichtet bei der Besetzung von Füh rungsfunktionen auf Potenzialanalysen. Dies primär, weil Potenzial in Bezug auf kon krete Stellen im Rahm en der Nachfolgeplanung und nich t allg emein interessiert sowie aufgrund zumeist gu ter, meh rjähriger Kenntnisse der vergangenen Füh rungsleistu ngen möglicher Nachfolgekandidaten (vg l. Pfeiffer 2010). Als Grundlage fü r die Beurteilungsverfah ren von Talenten we rden grösstentei ls unternehme nsspeztfisch entwickelte Kompet enzmo delle herangezogen . Diese stü tzen sich zumeist auf die aus de r Kompetenzforschu ng bekan nten fünf Kompetenzkategorien ab, welche die folgend en sind: Persönlichkeits-, Führu ngs-, Fach-, Sozial- und Methodenkornpetenz. D ie folgende Tabelle zeigt überblicksartig die Kom petenzkategorien jener Organ isationen, in deren Beitrag sie exemplarisch aufgefüh rt worden sin d. Die tabe llarische Darstellung erhebt dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit und basier t auf de r su bjektiven Zuo rdnllng du rch d ie Aut ore n dieses Art ikels. Dam it soll keineswegs ausgesagt we rden, dass andere O rganisationen übe r keinen Kom peten zansatz als Grundlage d er Talen tbeur teilung ver fügen. Die tabellarische Übersic ht vera nschau licht d ie Ähnlichkeit d er zu m Einsatz kommenden Kom petenzkategorien bei unterschiedlicher Ausprägung lind Benenn ung.
245
Adrian Ritz und Norbert Thom
Tabelle 19.1
Komp~l~nz-
"at~~ori" r~rsön lkhk"Hs-
"omp~lel\l
Sozi a lkompl"knz Führung.kon,p~l"n z
Kompe tenzmodelle als Grundlage der Beurteilung von Talenten
A HH
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Sozialkomp<'l.'IlZ
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Füh ru nl\.k"mpet.'IlZ
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I\l~lhod ~ nkomp~ t ~ n z
Chanll" L....d,'Nhip Kund",, - und M.uktori..nti ..mn·
Fachlicht, Kom .1<'11z Rt><;sou ""1'1),lanag...,wnl
Fachlwm p.1.'1V
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Kund •..,
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te'I7'''' Microsoft unterscheidet zwische n vier Hauptkom petenzen und je na ch Berufspfad (z. B. Verkauf) weitere, untersch ied liche Kompetenzen (vgl. Villiger 2010). Auch d ie Sßß ke nne n ve rsch iedene, s pez ifische Kompetenamodelle, z. B. eines für Top-Kad er, in welc hem leiten d e Füh rungswert e der SBß anhand von Kornpeten zb ereichen, Komp etenzen und Verhalten sindik atoren kaskadenartig ope rationalisie rl we rd en (vgl. Jordi/Senn 2010). Vor d em Hintergrund obiger Erläu teru ngen we rden folgend e Leitsätze formuliert :
11. Die Bellrteilullg <'VII Talenten [I/sst alls memoaiseuer Sicht auf anerkannten Kompctenzmodetten. Die differeIlzierte Erar/leilullg positilms- und bereicllsspezijischer Kompt'tellzllrojilt' ermöglicht die Ableitullg lalljbllllllspl'Zifischer Elltwick/rmgspliil1e. 12. Die Beurteilung allsgewiil1/ter TaieIlte grellzt sich <'VII den ii/J/icllell VerfahreIl der Personalberlrteillmg daltingeht'lld all, dass t'IIgere Bt'lIrtt'ilrmgsillteroalle, eine stiirkere illdividuel/e Lallfbctmoricntierung. vermdtrt Assesslllt'llt Cellfer Md ltoden IIlld die rll1l1bdillgbllre Mitwirkung oberster Fiilmmgskräjte beider Bellrteilrmg im Vordergrwrd stelten.
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Talent Management auf dem Prüfstand - was Sie für Ihren Führungsalttag wissen müssen
19.7
Laufbahnperspektiven und Motivationsförderung durch Führungsarbeit
Wenig ist bekannt zu besond eren lncenttvterun gsp rek tfken fü r Talente. Auch die im Buch ent halte ne n Praxisbe iträge äussem sich nur am Rand e dazu. Die Integration des Talen t Managem en ts in da s gesamte An reiz- und Loh nsys tem ist vorherrsc hend. Einerseits em pfiehl t sich dies aus Gründen der Gleichbeh and lung sowie des zusätzlich anf allend en Aufwa nds bei abweic hen d en Syst emen. Andere rseits bieten heu tzut age Anreizsys teme eine grosse Flexibi lität fü r unterschiedliche Mitarbeitergru ppen. so d ass auch im Talent Management spezif ische Anforderungen umsetzbar sin d. Für Talen te ist in jünge ren Jah ren d ie ind ivid uelle Ent w icklu ngs pe rspekt ive der wohl grösste Anreiz. Inso fern hat im Ta lent Management d ie Nac hfolge pla nu ng eine n zentralen Stellenwert. Lau fbahnpe rspek tiven u nd die echte Bemüh u ng darum - au ch ohne Ga rantieversprech en, sind jene Form de r Anerkennung, welc he für Talente zählt. Damit wird ausgedrückt, worüber sich Talente massgebl ich def inier en und welc he Ane rkennung ihnen mit Lau fba hn perspe ktiven en tgegen geb racht werden kann : " Wir br au chen d ich, denn mit deinen Fähigk eiten ge lingt es uns, d iese Organ isation einen entscheidenden Schritt vorwärts zu bringen ." Jeder Mitar beiten d e ist ersetzbar, w ird oft gesagt. Doch di eser Auss pru ch ist ein sch lech ter Ratgeber im Talent Management. Ta len t orientierte Unternehmen sind überzeugt d avon, dass Un tersch iede exis tieren und es vor allem einen Un terschied ausmacht, ob nun Hinz und Kun z oder ebe n ein Talent eine Schlüsselfunktion einnim mt. Zudem ist zu bede nken, was Sprenge r (vgl. 2010) formuliert; jede r Abg ang eines Talents bedeutet D isk ontinuität beim Kunden und hohe Tran saktionskosten. Aßß sche nkt beis pielsweise der Nachfolgepla nung besonderes Augenmerk. Jäh rlich w ird im so genannten " Managemen t Review I'rocess" sys tema tisch über alle lokalen un d globalen Schlüsselfun ktio nen hi nweg sowie au f allen Eben en von der Gesc häftseinheit bis zu r Konzernstu fe eine vorauss cha uen de Nachfolgeplanung erstellt. Dabei investiert Aß ß Schweiz jäh rlich ein en Tag, u m mögliche Nac hfo lger für die wichtigsten Schlüsselfun ktionen im Land zu dis ku tieren. Da ran beteiligen sich die Gesch äftsl eitu ng, die lokale n Divisonslei ter sowie die lokale n Personalleitu ngen (vgl. Dien er 2010). Novartis kennt ebenfalls eine sys tema tische Nac hfolgeplanung. welche den Bedarf von Nac hfolgekandida ten für unterschied liche Unternehmensebenen inklusive die Anzahl verfügbarer Talente in den nächsten ein bis fünf [ehren erm itte lt (vgl. Saxe r 2010). Swisscom begegnet der Schwie rigkeit ind ividuelle Leben s plan ung. Unternehmensziele, Verä nderungen au f der Vorgesetzteneben e und Positionsvakanzen zu einem besti mm ten Zeitpunkt in Übereinstimm ung mit Prozessd iszip lin zu bringen. Einm al jäh rlich wi rd des halb übe r die nächsten Schri tte de r Nachfolgekandidaten d isku tier t. In Kombin ation m it Prozesssicherheit bei der exte rne n Personalbeschaffung kann somit au ch eine kurzfris tig ein tretende Vakanz auf höchster Stufe durch interne Übergangsl ösungen od er Stellvertretungsregelungen überb rü ckt werden (vgl. Pfeiffer 2010).
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247
Sowohl ABB als au ch Swisscom heben die Bedeut ung des Talent Pools hervor. In Verbind u ng mi t d en teilweise bereits existiere nden Management Developrnent Aktiv itä ten, bieten sie explizite Ne tzwerk- und Fördergefässe wie Talen t Pools an (vgl. Diener 2010; Pfeiffer 2010). Bei Nova rtis bildet das um fassende Talent Management Program m "G Oa l" für rund 25 ausgewählte Nachwuchskräfte pro Jahr einen exklusiven Talent Poo l mit integrierten weüerbtldungsse quenzen. na ch de ssen Absch luss jeweil s eine im Voraus geplante Anza hl an Nachfolgekandidaten zu r Verfügung steht (vgl. Saxer 2010). Der Kanton Bem beabsichtigt, mi t der Einfüh rung eines so genannten .Powerpools " Talen ten wä hrend eines beg renzten Zeitraums die Möglichkeit zu ge ben, Verantwortu ng fü r Projekte m it strategisc her Relevanz übe rne hmen zu kö nnen (vg l. Zürc her 2010). Unabhängig spezifischer Förderungsgefässe und Entwicklungsp rogrammen ist der on the [ob Förderung ein absolu t hohe r Stellenwert beizumessen . Talent Management ge sch ieh t n icht nur in Fonn besonderer Förderungsansätze. sond ern im Führu ngsalltag. Dies zeig t sich durch den Ein satz der viel fältigen Einflussnahmen au f die intrinsische Moti vation wie z, B. Verga be herausfordern der Aufträge, Übertragung von mehr Verantwortu ng, klares und au fgaben bezoge nes Feed back. Diese erfolgsen tscheidende Form von Talen t Management liegt in de r Hand der Vorgesetzten. Sp renger (vgl. 2010). unterscheidet h ier gr undsätzlich zwischen der Gewinnung und dem Halten vo n guten Mitarbeite nd en. Das Ha lten respe ktive die Bind ung von Talen ten ist eine täglich e Au fgabe, nämlich jene d er vorgesetzten Füh rungsveran tw ortlichen . Von daher gilt es im Rahmen des Talen t Managements au ch darauf zu achten, dass gu te Vorgesetzte ebenfalls aufgru nd ihres Füh rungs talents gefördert wer den. Top-Fü hrungskräfte befördern ihr e best en Mitarbeitenden über sich h inweg. intern un d exte rn. Doch sie förde rn sie und kom men damit einer der wich tigs ten unternehm ertschen Füh rungsve rantwort lichkeiten nach, der Talentförderun g respekti ve täglichen Mitarbe iterent wicklung. Mit zunehmendem Alter gewinnen aber au ch Komponenten finanzieller Art wie z. B. Lohnnebenbestandteile (Fringe Benefits) an Bedeu tung. Für das Personalmanagement einer Unternehmung ist es wichtig, di e Erwartun gen de r Talente bezüglich Entlohnu ng und weiterer nich t finanzieller Anreize zu ke nnen . Weniger um rasch und situativ reagie ren zu können, sondern um sich gegenüber de m Mar kt zu positi onieren. D,lS KMU Netcetera hat hie rfür seine Mitarbe itenden befragt und sich Klarheit verschafft, welche Benefits den Mitarbeitenden insgesamt zugute kom men. welchen Bed ü rfniskategor ien sich d iese zuordnen lassen und wie hoch d ere n finanzieller Wert im Vergleich zu m regulä ren Gehalt ist. Trotz der Schwierigkeit, immaterielle Vorteile in Ge ld um münzen zu können, hat sich Ne tcetera Klarh eit über ih re Anrei ze im schweize rischen Vergleich erarbeiten können. Während d er An teil der Berwüts inklusi ve Bonu s beim Gros de r schweize rischen Unternehmen zwischen 1 und 5% der Gesam ten tlohn ung bet rägt, berechnet Netcetera fiir sich einen Anteil je nach Funk tion von 8 bis 12% (vgl. Vonder MühllN ogt 2010). Dami t positionieren sie sich in jene n 10% de r schweizeri schen Un ternehmen mit dem höchsten Antei l an Lohnnebenbestandteile n. Au fgrund der beschränkten Möglichkeiten, in ein er kantonalen Verwaltung Boni etc. au szuzahlen, hat d er Kanton Bern 2006 d ie klassische Füh rungslau fbahn durch d ie Fach- und
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Talent Management auf dem Prüfsta nd - was Sie für Ihren Führungsalttag wissen müssen
Projekt karriere ergänz t. Dabei wird die Wichtigke it erwä hn t, dass nicht nur Fü hrungslaufbahnen besondere finanzielle Anre ize bieten sollten, sondern auch Fach- und Projektlau fbahnen. Die Kantonsver waltu ng eröffnet seither Fachkarrieren dieselb en Lohn perspektiven wie au f der zweitober sten Füh rungss tufe (Ab teilungs leitung ) und Projektkarrieren dieselben wie auf de r höchsten Füh rungss tufe (Amtsleitung) (vg1. Zü rche r 2010). Wie im Rahmen von Evaluationen d er Au toren festgestellt, we rde n ein malige Prämien für ausserordentliche Leistungen vergleichsweise selten genu tzt. Die d afür zur Verfüg ung stehenden Beträge sind Ende Jah r vielmals nicht verwendet wo rden. Ebenso vergleichsweise wenig beachtet sind oft auf den ersten Blick unbedeutende Anreize wie z. B. ein optimal ein gerichteter Pausenraum. Früch tekörbe an der Einga ngs türe oder kosten freie Getränke. Zum eine n zeigt sich deren Wichtigkeit erst, wenn sie fehlen . Zu m anderen stellen sie ein n ich t zu verachtendes Element kleiner, jed och täglicher und de shalb seh r wirku ngsvoller Wertschä tzung da r (vgl. Ritz/Waldner 2009). Talente müssen sich letztlich selbst bind en, indem sie sich bewu sst jeden Morgen neu für ihre Arbe itgeber entscheiden. Sie können nur begrenzt gebunden werden - ja sollten besser gar nicht (vgl. Sp reuger 2010). Denn es gibt auch bei Talenten gu te Gründe, eine Stelle oder O rgani sation zu verlassen. Aus Sicht des Talent Mana gements ist es da nn en tscheidend, intern wie extern motiv ierte Nachfolgekandidaten bereit zu haben, die zu gegebener Zeit eine verantwortungsvolle Position übern eh men können und wollen . Die folgende n sechs Leitsätze werd en hieraus abgeleitet: 13. Die individlld/e Kompetenz- und Karria em lwick!lI11g sieht z uo/Jerst al/j der Liste möglicha Allreiz- und Billdllllgsstralegim im Talwl Mallagel11e11t. 14. Nachfvlgrplamlllg lind Ta/eilt Mmwgrmellt ge/lörm unmittelbar z usammen. Eine syslt'malisehe Naclifo/gt'plallllllg eröffIlet Talenten I'erspektiren und gilt als zentral, 11111 insbesondere
jiillgerell Telenten Allakellllllllg t'IIlgegt'II zl/brhlgell. 15 . Talent Pools sind selrktiv Zll grslaltCII lind mg mit der Nachjolgeplal1l1l1g zu verklliipfr l1. Sie
dienen der Organisalion, 1I1/l Z l/ gegrbel1em Zeitpunkt gel/iigelld Nachjolgrkmldidalrl1 z l/ r Verjiigll1lg ZlI heben, den Talenten zur Wrilerenlwick/llllg ihres Kompctcnzprofii s und ihres persönlichen Netzwerks. 16. Tetent Mal/agell1C11t ist Syslem- und Fiilmmgsar/1t?it. Die läg/iclre Fii/m lllSsarbeil rmd die QlIalilät der vorgeeetzten-Tnlcnt-Bcziehung sind entscheidend, t t1t?/Ill Talente erhalten blt,i/Jm solIeIl. 17. Mllterif.'lle IIl/d fi 'lal/zielle Anreize haben nicht (Iberste Priorität im Ta/m t M IIIIIISeIl1C11t, uenn echte Hl'f11l1 sjorderlil/gm /leziiglich Ar/lt'ilstätigkeit IIl1d La/lj/1ahlll'lItwickllmS exisnercu, 18. Gllle Tllieuljiillfllllg txm besonders talentierten Fii/lfllllgskräjlell soll belohnt uxrden,
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19 .8
249
Zusammenfassung
Dieser Beitra g hatte zum Ziel, gezie lt Schwerpunkte des Talent Managements hervo rzuheben sowie wesentliche Aussage n und Erken ntnis se anhand d er Prax isbei spi ele zu verdeutlichen. Abschllessend we rden im Folgenden nochmals die 18 abgele neten Leitsät ze aufgelistet: 1.
Das Thema Ta/m i M anagcmm t erlallgt zukünftig aufgrulld gest'llsclraftlicher II l1d demographische r Verällderungcn eine stt'igt'lIdc ßedt'lll ulIg fiir die Untcmctuuenepraxls.
2.
Vor Beginn irgendueichcr Tetent M anagelllm l M lissnalr/1/el/ rmpfirlrlt sich dir Priifung der slll'slallzidll'11, strategi schen, [nunniellen, klllt llrr/lm lind rechtlichen Rdel'anz f ür dir belreffende Organisation.
3.
O rgallislltiollrll bieten sich im Grgensatz Zll einem einzigen Ta/e/II Managrmm l M odell mehrerc Ansetzpunkte unterschiedlich fok rlssierlrr lind lImfmlg reichcr Talmi M allage/1/l'IIl Akliv iliUm an .
4.
Tale/li Managemml kennzeichnet einen Tei/aspekl des Personalmanagemen!s, ist aber weder m il Persenelmancgemcnt noch mit Personalelltwicklllllg gleichzrlsetzell .
5.
Je g rösSl'r eine Orgenieation ist und je mehr Fiilmmgsflmktiollel/ regellllässig intern beselzt uierdenrniissen, desto mehr iet neben einem IImfassel/den Taleul MllIlIIgelllell l Vrrslälld'lis, im Sinne l'on für alle M itarbeitendt'" g d lm dm AlI sll'all/-, Beurteilungs- lind Ent ll'ick/lIngswrfah rru, ein ellgl'S Brg riffsl'f?rställdnis mit Foklls allf allsgewäh/lr Talente lind spezifische 111vtrumente in Betmchl zu ziehen.
6.
" Em ployer Brmliling" kann dann der Erhöhung des Allieils Siell bt'U't'fbellder Telente dienen, uxnn Kenntnisse iiber die konkret e Zielgruppe im Sinne derer organisation sspezijischen ErwartulIgmlllld Bediirf nisse bekannt sowie in Werbung lind M arkenbi/dli llg eillgefiosSt'1I sind.
7.
"E mployer Brm ldillg " dient dann der lIacll/lllltig posilivcll Beeinflussllng des Arbeitgel'Crimages, I1'Cml Versprechen rllld OrganisatiollSil/llag z rIStllll lllt' ll Jl IlSSt' ll sowie allfge/ltllltes Bezic11llllgsil11rresse sich als echt emxist.
8.
Die Gewillllllllg VV II Tnlentell steilt höhere Allfvrdefllllgfll an das Pcreonelmarieting und dir Persolla/allswahl. Fundierte Kenntnisse iiber die untemchmens- oder bereichsspezifische Zielg m /,!,r gC/lIlarl mit Transparenz fo rdt'mdl'll AlIsIl'ahlvrrfahrell sind Grundlage einer nachhattiSCIl Arl>citshezit'!l1Illg.
9.
Talmi Mmlllsemellt isl auf FiiJm lllgsl'bellr oeretiirkt anf dir inter ne Slrllrllbt'srtzlIllS allszllrichten. Dabei gill es, den Wellbelverb eines erneiterten Nacirfvigerpvols zu nutzen und Allswall/- wie BejOrdr flllls srlltscllCide auf der Basis anspruchsvoller Selektionskriterien zufiillrll.
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Talent Management auf dem Prüfsta nd - was Sie f ür Ihren Führungsalttag wissen müssen
10, Talrnt Mmwgemrnt kann fI/if Diversitiit ausgerichtete Personnlstrategim IIl1tersliitzell. tneoesondere der Förderung wci/JIicher II I/d älterer Talmte wird wkiinftig ein noch höherer Stettenucrt zukommen.
11 . Die Beurteilung von Talrntrn fllsst ml S methodischer Sicht mif anerkannten Kompetenzmodellen. Die differenzierte Ernrbeitllng positiolls- und bereicllsspezifischer Kompctenzproiile ermöglicht die Ab/eitllng /aujbn/1I/spaijischer Entwickllmgsl1/älle. 12. Die Berlrteillmg ausgewählter TaielIte grenzt sich l'On den üblichCII Verfnhrw der Personalbe-
II rteilung dahingehClld ab, dass CIIgere Bcurtcitungsintcroellc, eine stärkere indioiduellc LmifImlmoriClltierlmg, vermehrt AsseSSIl1C11t CCllter Met/wdell IlI1d die rmabdillgbare Mitwirkullg oberster Fii/lYIlI1gskräfte bei der Berlrtei/smg im Vordergrund stehen. 13. Die individuelle Kompetenz- IlI1d Kerriereeutuncklung stelst z uote ret auf da Liste möglicha
Anreiz- UI/d Billdlmgsstrategim im Talent ManflgelllCllt. 14 . Naelifolge/llammg lind TaleIlt Management gellörell unmittelbar z usammen. Eine systt'mati-
seile Naclifo/gt'plallllllg eröffnet Talenten Perspt'ktil'l'n und gilt als zentral, jiil/geren Talenten A 'lerkell1l1l11g mtgegCllzu/lringell.
111/1
insbesondere
15. Tnlen t Pllols sind se1t'ktiv zu gt'stnltCII lind eng mit der Nacllfolgt'plmllmg zII I't'fkniipft'll. Sie dienen da Organisation, rl1l1 zu gegebt'llell1 Zritprmkl genügend Nacllfolgekmldidatel1 zur verfngung zu haben, den Ta/enten z rlr Weitermtwi cklllng ihres Kompetellzprojils rmd ihres persönlichen Netzwerks. 16. Ta/eil t Management ist System- und Fii/lYIl11gsarheit. Die tägliche Fiihmngearbeit und die
Qualität der VorgF:"etztell-Telent-Beziehung sind entscheidend, WeIIll Telente emauen bleibell sol/eil. 17. Materielle und finanzielle Anreize heben nicht oberste Priorität im Talent Mallagemell t, wenn echte HeYf1usforderungm I'<'lüg/ich Arbt'ifstiitigkeit unä Laufl'I//111entwicklllllgexistieren. 18. Gutt' Talel1tfülmlllg l'I_1II/1esol1ders talentierten Fiilmmgskriiften soll/le/ol1l1t werden .
Quellenverzeichnis BECKEJ.:, MA"'FJ.: W (2010): Optimisti sch alte rn! Empirische Befu nd e u nd pe rsonalw irtsch aftliche Ha ndlungsempfeh lu ngen fü r ein demo grap h iefestes Talen t Man agement. In: Talent Man agement: Talente identifizieren, Kompetenzen entwickeln, Leistungsträger erhalten, hr sg. v. Adrian Ritz/N orbert Th om, Wiesbaden 2010, S. 39-52. MARKLIS (2010): Talent Managemen t be im älte ren Kad er . In: Tale nt Man agem ent: Talen te identifizieren, Kompetenz en en tw ickeln, Leistungsträger er halten, hr sg. v. Ad rian Ritz/Norbert Thom, Wiesb ad en 2010, S. t 11·123. B RÖ:'-l N I ~I A N N, THOMAs{H ÄM~lERL E,
Talent Management auf dem Prütstand . was Sie für Ihren Führungsalltag wissen müssen
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CLAßE ~, MA RTt :'-lrrl ~N,
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Talent Management auf dem Prüfstand - was Sie für Ihren Führungsalttag wissen müssen
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ZÜRCHER, H A:-JS-ULRICH (2010): Talen t Managemen t in der öffentlichen Verwaltu ng. In: Talen t Management: Talente identifizieren, Kompeten zen entwickeln, Leistungstr äger erhalten, hrs g. v. Adrian Ritz/Norbert Thom, Wiesbaden 2010, S. 137-149 .
Herausgeberverzeichnis Prof. Dr. Adrian Ritz, Uni versität Bern Prof. Dr. Adria n Ritz, Dozent und Mitg lied de r Geschä ftsleitu ng am Kompetenzzentru m für Pub lic Man agemen t (KPM) d er Un iversität Bem in der Schweiz. Gegenwä rt ig ist er als Resea rch Scho lar an der School o f Public an d Internation al Affairs an d er Un ive rsity of Georgia in Athens USA tä tig. Ritz leitet u. a. den Executtve Master o f Publlc Ad ministration (MPA) an de r Un ive rsitä t Bem. Seine Forsch ungsschwe rpu nkte sind Führu ng, Per sonal- und O rgan tsattonsmcnage menl sowie Pub lic Manage me nt. Na ch sei ne r un iversitä ren Ausbi ld ung war er im Personalmanagement der ASS Kraftwer ke AG Schwe iz sowie be i Amertcan Laubseher Crop. New York USA tätig. Ritz berät öffentliche und private O rgan isationen u nd ist als Referen t an Hochschu len im In- u nd Aus land tätig.
Prof. Dr . Dr. h, c. mult. Norb ert Thom , Universität Bern Prof. Dr. Dr. h. Co mu lt. No rbert Thom ist Gründe r und Direktor d es Inst itut s fü r O rganisation und Persona l (lOP) der Un ive rsität Bern in der Schweiz so wie Vorsitzend er des Aufsichtsorga ns und der Stu die n leitun g des Kom peten zz ent rums für PubIic Managemen t dieser Universi tä t. Wissensc haftl iche Aus- und Weiterbild ung an de r Un iversitä t zu Köln und in Brü ssel (The Euro pe on Institu te of Adva nced Stud ies in Managemen t). Seine Arbeitsgebiete u mfassen d as Innov ations- und Personalm anagem ent , di e organisatorische Gestalt ung sow ie Pu blic Management. Er weist langjährige Berat un gse rfah ru ngen bei schweizerischen Kantonsregie ru ngen u nd -parlamen ten (Ha us haltssanieru ng, Führu ngskräfteen twicklung usw.], bei m schweize rischen Bun des rat (Wissenscha ftspo litik, Evalua tion von Instituten) und an de ren öffentlichen Organ isationen (u. a. Die Pos t, Swisscom, Skyg uide) auf. Füh rungsverant wor turig u . a. als Verwaltu ngsrat. als Gesellscha fter der Tho m Consulting Grou p Gmb H sow ie als ehemaliger Vize-Rektor fü r Finanzen und Planung d er Un ive rsi tät Bem .
Autorenverzeichnis Prof. Dr. Manfred Becker, Marti n-l ut her-Unive rsität Halle-Wittenber g Prof. Dr. Man fred Becker ist seit 1993 Professor fü r Allge me ine Betriebsw irtsch aftslehre an der Mar tin-Lu ther -Unt ver sltät H alle-Wittenber g. Seine Ar beits- und Forschu ngsschwerp unk te sind d ie Theorie und Praxis de r Personalen twicklun g. Organisationsentw icklung, Transformation und Verä nderu ngsp rozesse, theoretische Grundlagen, emp irische Befunde un d pra ktisc he Ausgestaltung VOll Diversity-Managemenl-Konzep ten in Kooperat ion mit Praxlspa rtnem.
Or. Thomas Brönnimann, Die Schweizerische Post Dr. Thomas Brönnimann leitet seit 2006 das Personalmanagement der Schweizerischen Post und ist in die se r Fu nktion u. a. verantwortlich für die Personal- und Kaderhonorierung, das Restrukturierungsmanagemen t, d ie ber ufliche Vorso rge, die Arbeitsvertrag spo litik und da s Gesun dheitsmanagement. Zude m ist er Delegationsleite r de r Post bei Verhand lun gen mit den Gewer kschaften. Zuvor vertra t er u. a. die Post in internationalen Arbeitsgruppen. Er verfa sste se ine Dissertation zum Themengebiet Corpora te Covemance.
Martin ClaBen, Capgemini Consulting Mar tin Claßen stu d ierte Betriebswirtschaft und Politikwissenschaft in Deutschland und den Verein igten Staaten . Seit 2000 verantwortet er die Hu man Resources und Change Management Beratung von Capgemini Consulting für Deutschland und d ie Schweiz. Neben d iversen Studien aus diese n Them en feld ern hat er auch Bücher zu m Change Management sowie zu m Hu man Resou rces Business Partner veröffentlicht.
Fredy Diener, ASS
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Fred y Diener stud ierte Psychologie an der Unive rsität Zü rich. Seit 2000 arbeitet er bei ABB in verschiedenen Funktionen (H k -Businesspa rtner: Train er; Leiter Learntng & Developrnent], aktue ll als Leiter Talent Management ABB Schwe iz und de r Region Zentrateuropa. Zuvor war er tätig als Englisch-Leh rer, Commu nity Worker in USA, Journalist bei einer grossen Schw eizer Tageszeitung sowie als psychologischer Berate r und Trainer, v.a . im Rahmen ber uflicher En twicklungsprozesse.
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Or. MicheIe Etienne, Getütverstty Or. Micheie Etienne ist seit 1999 selbs tändige Un tem ehmerin un d Teilhaber in von Innopool AG, Mana gementberat ung. Sie ve rfügt übe r langjährige Erfahrungen als Stra tegie- und O rganisationsberaterin und ist v. a. im Gesundheitswesen und öffentl ichen Bereich tätig. Or . Etienne ist mehrfache Verw altu ngsrätin und ha t 2007 das Ne tzwerk GetD iversity mitbegründet. welches Un ternehme n bei d er Suche na ch qu alifizierten Frauen für d en Verwaltu ngsrat unterstüt zt.
Marcu s Fischer, Audi Marcus Fische r ist seit dem Jahr 2000 bei Au di im Personalw esen tätig. Zuvor arbei tete er als Berater bei einer ameri kan ischen HR-Beratung. Bei Au di wa r er zunächst im HR-Marketing mit Fokus auf Stra teg ie und Neue Med ien ak tiv. Neben der Betreuung der Karriere-We bsite initiierte er eine Reihe innovativer Recru tttng-Aknvttö ten . Als Projektleiter ve rantwortete er neben de m Projek t "Aud i TRM" auc h die Entwicklung des Recr uiting-Tools "Audi eRecru iting" . Aktuell arbeit et Fischer an Konzepten fü r ein mod erne s, syste munterst ütz tes Talent Management.
Markus Hämmert e, Die Schweize risc he Post Markus H ämrnerle ist seit 2008 im Personalmanagemen t der Schwei zerischen Post tätig. Er ist Ansprechpa rtner fü r st rategische HRMAnliegen d er Geschäftsbereiche und Konzerngesellschaften, für d ie Konze ption von un ternehmens weit en Grundlagen und Instru menten sowie für die Weite rentw icklung der Gesa mta rbeitsver träge. Er ist Rechtsa nw alt und ve rfügt übe r den Abschluss MAS H RM ZFH. Er arbeitete zuvor bei einem Kanton, in einer kom mu nalen Stab sstelle. bei einem Beratungsunternehmen, im zen tralen Per sonalbereich de r Bundesverwaltu ng sowie bei e inem Gericht.
Dr. Beat e Heller , Swiss Life Or. Beete Heller arbeit et seit 2005 als Head Grou p Talent Management bei Swiss Life. Zu ih ren Aufga bensc hw erpunkten gehören d er zentrale Talent Oevelopment Prozess fü r Swiss Life Grou p auf europ äischer Ebene, d ie Selektion und Evaluierung de r Talente so w ie deren Coaching und Beratung. Zudem trägt sie d ie Vera ntwo rtung fü r d ie Retent ion de r Talente, die Nach folgeplammg, d ie in-hous e Module fü r Talente Pools au f Senior und Execunve Manag ement Eben e sow ie die Betreuung der inte rn ati onalen Projektarbeiten der Talente.
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Marku s Jordi,
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see AG Ma rkus Jor d i ist Leiter HR Konzern und Mitglied de r Konze rnlei lung der SBB AG. Er ist in dieser Funktion ve rantwortlich für den Personalbe reich de s SBB Konze rns . Zuvor war er als Leite r Cor porale Hu man Resümees in der Bäloise Hold ing in Basel tätig. Nach d em Stu dium de r Jurisp rudenz an der Un ive rsität Bem absol vie rte er an der Universit ät SI. Ga llen ein Nachdiplomstudium in Perso nalmanage-
ment und bildete sich später an der Universität Basel in General Management weiter. Kerst in Nesemann , Universität Sem Kersttn Nesemann ist seit 2()()9 wissen schaftliche Assis ten tirr am Insti-
tut für Organisation und Personal (IOP) der Universität Bern. Ihre Forschungsinteressen liegen im Bereich Talen t Management, insbesondere Trainee-Program me. Sie studierte an den Univ ersträten Breme n und Bern Betriebswirtschaftslehre und schloss 2009 ihr Studium mit dem Mas ter of Sctence in Business Ad mi nistration ab . Frau Nesemann war die jury-Assis tentin für den IO P-Award 2009 " Bes tes Trai nee -Pro gramm in der Schweiz".
Or. Günt er Pfeiffer, Swisscom AG Dr. Günt er Pfeiffer gestaltet und begleitet als cro und Mi tglied der Konzernleitun g der Swtsscom den laufenden Veränderungsp rozes s des Un ternehmens zu eine r nac h Ku nden und ihren Bedü rfnisse n au sgerichte ten O rgan isation. Bis 2004 fü hrte er da s Betetltgu ngsm ancgement und ha t als Verwaltungsrat [z, B. bei debttel, Cesky Telecom ) zur Un tern ehmensent wtcklu ng beige tragen . Bevor er Ende 1m zu Swis scom kam, war er bei VEBA, T-Mobile und De tecon tät ig.
Pr of. ür. Adri an Ritz, Universität Bern Pro f. Dr. Adrian Ritz, Dozent und Mitglied der Geschäftslei tung a m Kompetenzzentrum für Public Managemen t (KPM) der Un ivers ität Sem. Gegenwärtig ist er als Resear ch Scholar an de r School of Public and Intern ational Affairs an de r Universi ty of Geo rgia in Athens USA tätig. Seine Forschun gssch werpun kte sind Füh run g, Per sonal- und Organisati on smanagement sow ie Pu blic Management. Ritz berät öffen tliche und private Organisationen und ist als Refere nt an Hochschu len im In- und Au sland tä tig.
Autorenverzeich nis
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Andrea Saxe r, Novartis Internat ional Andrea Saxer studierte nach der Matura am Gymnasiu m Appenzell in Genf und Bern und sch loss als lic. re r. pol ihr Studiu m ab . 2002 ist sie in d ie No va rtis eingetre ten u nd hat als H R Manager in de r Schweize r Pha rma Niederlassung in Bem ih re Karr iere begonnen. 2005 wurde sie Mitglied der Geschäftsleitu ng Pharrna Schweiz als Head I-IR. Nach dem Wechsel 2007 zu Novartis Intern at ional AG, konn te sie 2008 die Leitung von HR Novar us Intern ational AG übernehmen.
Esther Schmutz, Lantal Te xtiles Esther Schmu tz ist seit 2004 Vice Prestd ent H uman Resoutces bei Lantal. Sie ist verantwortlich für d ie operative und stra tegische Personala rbeit (Fun ktionen- und Korn petenzenm odell, Leistungslohn, werteorientierte Füh ru ng, Employer Branding, textiles Know-how). Zuvor hat sich Esther Schmutz in leitenden Personalfunktionen bei der SBB engagiert und übern im m t se it einigen Jahren Dozenten a ufgeben in der Weite rentwick lung von HR-Pro fis.
Dr. Peter Th. Senn, SBB AG Dr. Peter Th. Senn arbeitet als Fach spezialist Manage ment De velo pment beim H R Konzern SBB AG sowie als selbs tändige r Berate r und Dozent. Zuvor wa r er Mitglied der Gesc hä ftsleitung des Bildungsund Kulturdepa rtements de s Kantons Obwalden sowie Leiter des Nac hdiplomstudiums wetterbtldungsmenagement der Un ive rsität Bem. Nach de m Studium in Pädagogik u nd Betriebsw irtsch aft promovierte er an de r Universität Freibu rg (CH) zum Thema Hochschulmanagemen t.
Peter Sine lli, Universit ät Bern Peter Sinelli ist se it 2009 wissenschaftlicher Assisten t am Kompetenzzentrum fü r Pub lic Mana gem ent (KPM) der Un iversitä t Sem . Er stu d ierte an der Universitä t St. Ga llen Intern at iona l Affai rs and Covernance und arbeitete im Bereich de s Execut tve Secrehs. Seine Mastera rbeit behandelte das Thema: Public Corporate Covemance. 2008 wurde zudem sein Buch .Erfolgsfaktoren einer Gem eindefusion" p ublizier t.
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Auto renverzeichnis
er . Reinhard K. Sprenger, Trainer und Berater tür Personalentwicklung Dr. Reinhard K. Spre nger ist Trainer und Berater fü r Personalen tw icklung und freie r Vortragsredner. Zu seinen Kun d en zählen nahezu alle DAX-Untemehmen. Zudem wa r er wissenschaftlicher Referent be im Kult us minister des Landes Nordrhein-Wes tfalen und Leiter .Persona lentwicklu ng und Trai ning" bei de r 3M in Deutschland. Dr. Sprenger p romov ierte 1985 zum Doktor der Philosophie und er hiel t den Ca rl-Diem-Preis für die Dissertation "Nationale Identität un d Modernisienmg" .
Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Norbert Thom , Universität Bern Prof . Dr. Dr. h. c. mult. No rbert Thom ist Grü nder u nd Direk tor des Ins titu ts für Organisatfon und Personal (JOP) der Universität Bern. Die Hauptforschungsgebiete des Professors für Betriebswirtschaftsleh re bi lden derzeit das Perso nal- und Innovationsmanagement. Er bevorzugt die emp irische Forschung und möch te w issenschaftlich fundier te Praxishi lfen bieten.
Or. Elke Timm, Capgemini Consulting Dr. Elke Timm ist Arbei ts- und Orgcnisetionspsychologin und seit 2004 be i Capgemi ni Consu lting als Strategieberaterirr im Bereich HR Transformation und Change Management tä tig. Hier ver tritt sie inhaltlich den Bereich Talent Management. Im Rahmen von grossfor mangen Reorganisationen begfettet Dr. Tim m u. a. Un ternehmen bei Themen rund um die Id entifikation, Entwick lung und Bindung von Talenten.
Rene Villiger, Microsoft Schweiz Rene v lllfger ist sei t 2005 als Head uf Hu man Resou tces bei Microsoft Schweiz tätig. Zuvor war er 4 Jah re bei IBM Schweiz AG beschäftigt, wo er als Personalbereichslei ter m it Verantwortung für insg esamt 400 Mitarbe itend e eingestiegen ist. Bevor er schliesslich zu Microsoft wechselte, war er do rt HR O perations Manager und trug die Verantwo rtung für die gesamte operative Personalarbeit der Unternehmung ink lusive personeller Führu ng vo n 20 Mitarbe ite nden.
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Regina Vogt, Netcetera Regina Vog t stieg na ch ihrem Fachhoch schu ld iplom in Betriebsökonomie an de r Zür cher Hochschule fü r engewand te Wissenschaften 2006 als HR Manager bei Ne tcetera ein. In dieser Fun ktion leitet sie d ie Personalad m inistr ation für ru nd 140 Mita rbeitende in 6 Konzerngesellschaften der Ne tcetera Gru ppe. Darüber hin aus nimmt sie Au fgaben im Sekre tariat des Verwaltungs rates wahr. Momen tan mach t sie den Mas ter of Advanced Studies in H um an Capital Ma nagemen t ZH AW Winterthu r.
Dr. Hansruedi Vonder Mühll, Netcetera Dr. Hansruedi Vonder Mü hll ist Mitglied de r Geschäftsleitung de r Netce tera Grup pe und Head of Software Engineering. Er stieg nac h se iner Prom otion an der ErB Zü rich 1996 als Softwarearchitekt und technische r Proje ktleiter bei Netce tera ein. Seit 2001 ist er Verwaltungsr at und sei t 2005 Geschäftsleitungsmitglied de r Netce tera Zürich. Er leitet den Bereich Software Engtnee nng und ist ve rantwortlich fü r das Projekt-Contro lling . Ausserdem ist er zuständ ig für das Perso nalwesen und die Rek rut ierung.
Dr. Hans-ülrich Zürcher, Kanton Bern
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D r. Hens-Ulrtch Zü rche r schloss sein jur ist isches Stud ium an de r Universität Bem 1993 mit dem Fü rsprecherpatent ab . Er war danach als Gerichtsschreibe r Olm Verwaltungsgericht des Kan tons Bem tätig und pro movierte 1998 zu m Dr. iur. Ab 1998 wi rkte Zü rcher als stv . Generalse kretär de r Fina nzd irek tion des Kilntons Bem , bevor er 2005 d ie Leitung des Personalam ts übernah m. Zudem ist e r u . a. Mitglied de r Verwaltungs ko mm issio n der Bemischen Pensionskasse sowie des Vors tands eine r Familienausgleichs kasse.