Roda Roda hat sie mit Worten unvergleichlich charakterisiert, Fritz Schönpflug mit spitzer Feder kongenial karikiert: d...
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Roda Roda hat sie mit Worten unvergleichlich charakterisiert, Fritz Schönpflug mit spitzer Feder kongenial karikiert: die opferbereiten Wuckln, die treuen Pfeifendeckel, die gefürchteten „Halbgötter“, die Feldwebel, Oberjäger, Wachtmeister und Feuerwerker, die geschniegelten Adjutanten, die würdigen Generäle mit ihren grünen Federbüschen, die gespreizten Generalstäbler, die gestrengen Platzvögel, die gütigen Feldkuraten und die selbstherrlichen Bader, die k. u. k. Medizinmänner. Mit dem Untergang der „großen Schweigerin“, der alten österreichischen Armee, sind sie keineswegs ausgestorben. Die Autoren haben die Söhne, Enkel und Urenkel dieser zeitlosen Figuren aufgestöbert: Ihre Geschichten fanden sie in den tristen dreißiger Jahren, während des „tausendjährigen Zwischenspiels“, dann in der sogenannten „BGendarmerie“ ab 1952 und vor allem im republikanischen Heer der Zweiten Republik. Auch Fritz Schönpflugs Erben waren sie auf der Spur: von Ironimus bis Sokol reicht der Bogen milden bis bissigen Humors.
Gerhard Vogl, geboren 1941, absolvierte die Theresianische Militärakademie und die Generalstabsausbildung unter General Spannocchi. Nach elf Jahren als Soldat und Berufsoffizier wechselte Vogl zum ORF, arbeitet als Moderator und leitet die Journalistenausbildung.
Hans Widhofner, geboren 1933, rückte bereits zur B-Gendarmerie ein und wurde 1956 zum Leutnant ausgemustert. Als Kommandant der österreichischen UNO-Truppen versah er seinen Dienst auf den Golan-Höhen. Oberst Hans Widhofner ist Inspektor der Sperrtruppen.
Gerhard Vogl / Hans Widhofner
RODA RODAS ERBEN Drei österreichische Armeen in Anekdoten und Karikaturen
Kremayr & Scheriau
Bildnachweis: Isabella Ackerl, S. 18; Erich Eibl, vor S. 49; Hausn, S. 61; Ironimus (Gustav Peichl), S. 34, 42, 46, 51, 56, 57, 92, 96, 131, 137, 138; Carl Josef (Rechtsnachfolge Postkartenverlag Brüder Kohn KG), nach S. 64, 96, vor S. 113, 161; Niederösterr. Cartoon GmbH., S. 53; Gottfried Pils, S. 110, 112, 158; Walter Schmögner, S. 85, 86, 130, 136, 156; Fritz Schönpflug (Rechtsnachfolge Postkartenverlag Brüder Kohn KG), S. 5, 13, nach S. 16, vor S. 17, 17, 26, nach S. 32, vor S. 33, 78, vor S. 97, nach S. 112, nach S. 160; Verlag Thomas Sessler, S. 8; Erich Sokol, nach S. 48, 144; Sammlung Gerhard Vogl, S. 23, vor S.65, 104, 109, 122, vor S.145, 153, 165. Wir danken dem Kohn’schen Postkartenmuseum, Wien I, Teinfaltstraße 3, unter der Leitung von Frau Minna Pixner für die freundliche Genehmigung der Abdruckrechte für Carl Josef und Fritz Schönpflug. Weiters danken wir Frau Pixner für die Beratung bezüglich der Auswahl der Karikaturen.
DIESES EBOOK IST NICHT FÜR DEN VERKAUF BESTIMMT
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Vogl, Gerhard: Roda Rodas Erben: 3 Österreich. Armeen in Anekdoten u. Karikaturen / Gerhard Vogl; Hans Widhofner. - Wien: Kremayr und Scheriau, 1987. ISBN 3-218-00461-6 NE: Widhofner, Hans:
© 1987 by Verlag Kremayr & Scheriau, Wien Lektorat: Wolfgang Klesl Gestaltung und Herstellung: Franz Hanns (Gestaltung des Schutzumschlags unter Verwendung einer Karikatur von Ironimus) Satz: datacon, Wien Druck und Bindung: Wiener Verlag, Himberg bei Wien ISBN 3 218 00461 6 1. eBook-Auflage 2003 wranglergirl k-leser 3elements
INHALT
Roda Rodas Nachlaß 9 Großväter 1918-1938 15 Zwischen den Zeiten 1938-1945 32 Väter und Söhne 1952-1987 40 Wie sich die Bilder gleichen 1848-1987 145
STATT EINER ANEKDOTE Soldaten waren zu allen Zeiten eine Herausforderung für Erzähler, Humoristen und Satiriker; noch mehr gilt dies für die Karikaturisten. Fast ein Jahrhundert auf den Titelseiten von „Simplicissimus“ und „Muskete“ hat viele Militärs und deren Freunde dünnhäutig gemacht. Karl Kraus durfte sich an ihnen reiben, Fritz Schönpflug sie aufs Korn nehmen, Alexander Roda Roda sie unmerklich veralbern. Dieses Bändchen will nicht kränken, sondern erheitern. Ist Schmunzeln erwünscht, so ist Nachdenklichkeit nicht verboten - schließlich waren die Zeiten wahrlich ernst. Anekdoten sind Erzählungen, die - sollten sie erfunden sein - auch wahr sein könnten. Oft und oft wiedergegeben, ist wohl der Kern bestehen geblieben, viele Details sind aber verändert worden. Wer sich also schlecht dargestellt fühlt, soll trotzdem schmunzeln und nicht protestieren - sonst bestätigt er ja nur das geläufige Vorurteil. Wenn es auf den folgenden Seiten doch überwiegend heiter zugeht, liegt dies weniger an den Autoren als an den handelnden Personen. Das Militär ist wohl ein besonderer Humus für kauzige Typen - also liebenswerte Menschen. Erstaunlich ist nur die Beharrlichkeit, mit der unabhängig von den politischen Systemen - diese Charaktere gedeihen. Drei Armeen mit einem „tausendjährigen“ Zwischenspiel, drei Generationen, drei politische Systeme, unterschiedlich in den Aufgaben, unverwechselbar in den handelnden Personen. Eben: Roda Rodas Erben. Gerhard Vogl / Hans Widhofner
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RODA RODAS NACHLASS
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MONOKEL UND ROTE WESTE Er war zwar nicht, wie sein Zeitgenosse Karl Kraus, bereit, für einen fehlerhaften Beistrich einen Krieg auszurufen; wenn es aber um ihn persönlich ging, nahm er es mit der Orthographie ebenso pedantisch genau. Jedes Blatt Papier aus seinem Nachlaß, den wir kartonweise sichten durften, trägt rechts oben den Stempelaufdruck: „Mein Name wird ohne Bindestrich geschrieben.“ Wir haben uns peinlichst daran gehalten. Alexander Roda Roda hieß ursprünglich Sandor Friedrich Rosenfeld. Sein Vater war Soldat gewesen und verwaltete dann in der Pußta zwischen Save und Drau ein ausgedehntes Gut mit Pferde- und Schweinezucht. Den jungen Rosenfeld zogen die Pferde mehr an als die Schweine; so machte er sich bald einen Namen als Herrenreiter. Elf Jahre diente er als Soldat, sieben davon als Reit- und Fechtlehrer für Offiziere, dann als Ordonnanzoffizier einiger Generäle. Damit hatte er genügend „Stoff“ gesammelt und beschloß, Schriftsteller zu werden. Dem Erfolg stand nur noch der Name im Weg. Zum griffigen Pseudonym kamen, als weitere Ingredienzien des Erfolges, das unverzichtbare Monokel und die rote Weste. Letztere machte ihn so populär, daß selbst Briefe, auf denen statt des Doppelnamens nur eine rote Weste aufgemalt war, Roda Roda selbstverständlich erreichten. Nach einigen spektakulären Frauenaffären, darunter die mit der später gefeierten Adele Sandrock, und seinen ersten humoristischen Erfolgen mußte Roda Roda des Kaisers bunten Rock ausziehen (es blieb ja die rote Weste). Wie schallend er auch die Institution der k. u. k. Armee verlachte, die ihn verstoßen hatte, so hing er auch im Spott zärtlich an ihr. Diese, seine Liberalität verzieh ihm der große Zyniker Karl Kraus nie. Keiner hat sie so treffend beschrieben wie er: die Grenzer, die treuesten Soldaten der Vielvölkermonarchie, die braven Pfeifendeckel, die gestrengen Platzvögel, die geschniegelten Rittmeister, die matronenhaften Kommandeusen, die polternden Obristen, die gütigen Feldkuraten und die in ständigen Kleinkriegen mit Marodeuren liegenden Stabsärzte. Keiner charakterisierte besser die Rabbiner und Muftis, beschrieb den Duft der Moscheen, Basare, Schweinemärkte und Offiziersschulen, karikierte treffender den Adel und die Generalität, 10
heiratswütige Komtessen und gespreizte Adjutanten - kurzum, das gesamte altösterreichische Sammelsurium.
KAISERMANÖVER Im galizischen Kaisermanöver war Erzherzog Franz Ferdinand zu den vorderen Linien geritten - als er zurückkam, fand er den kaiserlichen Stab nicht mehr. Er fragte einen Feldgendarmen: „Wo ist Seine Majestät?“ Ehe der Gendarm noch hatte antworten können, meldete stramm und freundlich ein kleiner Infanterist: „Grad’ is der Herr Onkel um die Ecke.“
DIE GESCHLECHTER Im Regiment Prinz von Lobkowitz, in Agram, hatten wir einen Erzherzog als Kommandanten. Wenn man nun die Regimentskanzlei betrat, kam einem auf den Zehenspitzen Hauptmann Stadier entgegen, legte den Finger quer über die Lippen und flüsterte: „Pst! Sie möchte nicht gestört sein.“ Er meinte: die kaiserliche Hoheit.
ER WEISS, WAS SICH SCHICKT! Einmal kam ein Prinz nach Czernowitz. Man stellte ihm zahlreiche Honoratioren vor, darunter den Kaufmann Sommerstein, Vizepräsidenten der Handelskammer. Der Prinz leutselig: „Sommerstein? Wohl der Vater des Majors Sommerstein von der Leibgarde des Kaisers?“ Der Herr Vizepräsident kannte diesen Major gar nicht. Doch er wußte, daß man hohen Herren kein „Nein“ entgegenschleudert - wollt’ auch die vornehme Familienbeziehung nicht von sich weisen. Darum antwortete er: „Ich? - der Vater vom Gardemajor?“ Achselzuckend: „Möglich!“ 11
DIE BESCHREIBUNG In Linz war einst ein Oberst Kronholz, der hatte in seiner Qualifikationsliste stehen: „Spricht und schreibt perfekt Persisch.“ Als der Schah von Persien nach Österreich kam, kommandierte man den Oberst Kronholz zum Ehrendienst ab. Des Staunens war kein Ende, als er wirklich Persisch konnte.
GENERAL LINDEMANN Festvorstellung in der Wiener Hofoper. General Lindemann hatte einen schlechten Parterresitz bekommen und ärgerte sich darüber sehr. Wie immer, denn er war ein grober General. Er setzte sich, kurzweg, eigenmächtig auf einen besseren Platz - in der ersten Reihe. Dieser Platz gehörte einer Hofmätresse. Sie kam, tippte dem General mit dem Fächer auf die Schulter und flötete: „Lieber Lindemann - Kavaliere pflegen Damen den Vortritt zu lassen.“ „Liebe Jenny“, erwiderte General Lindemann, „das hat in unserem Fall nichts zu tun. Sie sind keine Dame, und i bin ka Kavalier.“
DER BESSERE GALAN Einmal, als Andorffy noch ein junger Husarenoffizier war, erblickte er im Hotel Bristol in Budapest eine Frau, die ihm Avancen zu machen schien. Er ging auf sie zu, stellte sich artig vor und sprach: „Gnädigste! Ich bin zum Rennen hier - um drei Uhr muß ich in den Sattel steigen. Es ist zwei vorüber - wenn Gnädigste Gefallen an mir finden - Sie haben wenig Zeit, es mir zu sagen.“ Die Dame - außer sich vor Entrüstung: „Herr . . . Herr . . . Sie sind der keckste, der zynischste Mensch, den die Erde trägt.“
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„Gnädige Frau“, erwiderte Andorffy, „ich - der keckste Mensch der Erde? Sie schmeicheln mir und kennen offenbar meinen Bruder nicht.“
REVANCHE Als Edelsheim Korpskommandant in Budapest war, traf er einmal auf der Promenade einen Leutnant mit Rasselgeräuschen. „Sie“, sagte Seine Exzellenz. „Sie haben sich Ihren Sporn abgetreten richten Sie sich ihm emol!“ Worauf der Leutnant in einen Hausflur trat und auf alle Art versuchte, den Sporn einzurenken. Doch es gelang nicht. Ach was - der Korpskommandant ist sicherlich schon weit weg - los, auf die Promenade! Der erste Mensch, dem er begegnete, war der Korpskommandant. 13
„Herr Leutnant“, sagte Seine Exzellenz, „Ihr Sporn ischt noch immer abgetrete. Sie müsse sich Zeit nehme. Bleibe Sie amol drei Tag zu Haus un richte Sie ihm ordentlich!“ Der Leutnant meldete den Vorfall pflichtgemäß dem Regiment und trat seinen Zimmerarrest an. Als er ihn verbüßt hatte, ging er auf die Promenade. Und wer kam ihm entgegen? Seine Exzellenz, der General der Kavallerie Freiherr v. Edelsheim. Und was schleifte Seiner Exzellenz nach? Die Hosenstrupfe. „Exzellenz, ich erlaube mir, gehorsamst aufmerksam zu machen ...“ „Ah, da schau her! Mei Strupfe ischt abgetrete. Und grad Sie habe es gemerkt: Mein Spornleutnant! Ich danke Ihnen.“ Nächste Begegnung. „Exzellenz, ich erlaube mir, gehorsamst aufmerksam zu machen ...“ „Was? Mei Strupfe wieder abgetrete? Da verdien’ ich ja ... Wieviel Arrest habe Sie damals für Ihren Sporn kriegt, Herr Leutnant?“ „Drei Tage, Exzellenz!“ „Drei? Na, da verdien’ ich wenigstens acht! Aber ich als Korpskommandant hab ja nit Zeit . . . Wissen Sie was, Herr Leutnant? Sitze Sie amol die acht Tag für mich ab!“
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GROSSVÄTER 1918-1938
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Alle mußten sie in das grausame Schlachten ziehen, das die versinkenden Reiche Europas angezettelt hatten: Roda Rodas bosniakische Grenzer genauso wie Jaroslav Hašeks unvergeßlicher böhmischer Pfeifendeckel Schwejk, Rudolf von Eichthals elegante Generalstäbler mit dem grünen Federbusch, wohl weniger gefährdet als der Leutnant Carl Joseph Freiherr von Trotta aus Joseph Roths unvergleichlichem „Radetzkymarsch“. „So schön war sie gewesen, die kaiserlich und königliche Armee, die bunten Uniformen, die blitzenden Säbel und die Militärmusik. Welch eine Augenweide! Es war die schönste Armee der Welt! Und was haben die Idioten mit ihr gemacht? In den Krieg haben sie’s g’schickt.“ Dieses Urteil eines pensionierten Generals nach dem Zusammenbruch der Monarchie hat noch ein kongeniales Gegenstück. Es drückt plastisch das allgemeine Erstaunen aus, daß man einen leichten Waffengang gegen ein paar aufsässige Völker auf dem Balkan begonnen und dabei einen Weltkrieg verloren hatte: „Komisch . . . Auf der Schmelz (dem traditionsreichen Exerzierplatz der Wiener Hausregimenter) ist immer alles so gut ‘gangen . . .“ Da nützte auch der verzweifelte Appell des letzten Kaisers Karl an seinen Kriegsminister nichts mehr: „Exzellenz, teilen Sie Ihren Generälen mit, daß die Schlampereien jetzt aufhören müssen. Ab heute wird nur noch gesiegt!“ Rascher als erwartet kam das Ende. An diesem Ende, das zugleich Anfang war, stand das erschütternde Urteil: „Der Rest ist Österreich!“ Und - so muß man hinzufügen -: standen Parteienzank, Inflation, Arbeitslosigkeit, Bürgerkrieg, Kanzlermord, Bombenterror und das neuerliche Ende.
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SCHÖNE AUSSICHTEN
DIE ÄRARISCHE FAMILIE
DER MUSSOLINI VON SCHEIBBS Der christlichsoziale Heeresminister Carl Vaugoin war der leibhaftige Gottseibeiuns der Sozialdemokraten. Vaugoin, ein Reserveoffizier aus dem niederösterreichischen Städtchen Scheibbs, der im Ersten Weltkrieg beim Train (heute würde man Nachschub oder Versorgung sagen) gedient hatte, wurde von den Sozialdemokraten bezichtigt, aus dem Bundesheer der Ersten Republik eine christlichsoziale Privatarmee gemacht zu haben. Der einstige Rittmeister der Reserve ließ sich selbstherrlich zum General der Infanterie befördern und zeigte auch sonst offen seine Machtallüren. Das alles nahm die „Arbeiter-Zeitung“, das offizielle Organ der Sozialdemokratie, zum Anlaß, um dem verhaßten politischen Gegner unter dem Titel „Vaugoins Kriegslist oder Der Mussolini von Scheibbs“ folgende Spottverse zu widmen: „Hoch zu Roß mit Schwert und Tschako, Zieh ich aus zum Kampf, per Bacco. Wie der Duce von Italia, Denn es naht der Tag der Wahl ja. 17
Nicht im Land der Makkaroni Sondern an der Donau wohn i, Trink nicht feurigen Chianti, Bin doch auf die Sozi granti! Stamm ich auch nicht aus Milano Mach ich’s doch und besser a no Wie der große Mussolini Ich der Carlo Vaugoini Saß einst auf dem Bock der Kutsche, Mach jetzt wie der Duce Putsche; Wenn ich noch ein bisserl warte, Bring ich es zum Bonaparte!“
VAUGOIN UND DIE NIEDERLAGE „SOZIALDEMOKRATISCHEN WEHRVERBANDES“
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DER SCHACHZUG Wollte im Bundesheer jemand Karriere machen, mußte er dem von Vaugoin gegründeten christlichsozialen Soldatenbund, kurz „Wehrbund“ genannt, beitreten. In den späten zwanziger Jahren kommandierte Oberst Frieb die Brigadeartillerieabteilung in Stockerau. Um in die begehrten Generalshosen mit den Lampassen schlüpfen zu können, mußte sich Frieb als politisch zuverlässig (für die Christlichsozialen) erweisen. Bei den entscheidenden Soldatenvertreterwahlen fiel ihm ein genialer Kniff ein. Er versetzte alle „Roten“ in eine Batterie und verteilte die „Schwarzen“ (Wehrbündler) auf die anderen drei. So schaffte der „Wehrbund“ drei Mandate, der „Sozialdemokratische Wehrverband“ nur eines. Frieb wurde Artillerieinspektor und Generalmajor.
DIE „SCHLUKE“ In fast allen Armeen gibt es eine immer wieder aufflammende Krankheit: die „Alarm-eritis“. Auch das erste Bundesheer blieb davon nicht verschont, und so flammte diese Krankheit Ende der zwanziger, Anfang der dreißiger Jahre in Österreich auf, als es zum offenen Konflikt zwischen dem sozialdemokratischen Schutzbund und den Heimwehren gekommen war. In dieser Situation begab sich der damalige Infanterieinspektor General Orestes Adasiewic - ein echtes Kind des versunkenen Vielvölkerstaates, der launig von sich sagen konnte: „Die einzige Fremdsprache, was ich beherrsche, is Deitsch“ - mit Begleitoffizier Hauptmann Müller nach Straß in die Südsteiermark. Selbstverständlich fuhr man damals mit dem fahrplanmäßigen Zug. In Spielfeld bestiegen die beiden einen bereitstehenden Fiaker und gelangten so zum 3. Bataillon des steirischen Alpenjägerregiments Nr. 9. Als der Posten am Kasernentor das Rotkehlchen - den General mit dem rot ausgeschlagenen Mantel erblickte, brüllte er mit aller Kraft: „Wache heraus!“ Hier wurde er durch ein markantes Handzeichen des Generals unterbrochen. 19
,,Nix Wache heraus, Wache zu mir!“ Darauf trat der Korporal drei Schritte vor den General, knallte stramm die Absätze zusammen und meldete: „Herr General, Korporal Jäger des 3. Bataillons steirisches Alpenjägerregiment Feldmarschall Graf Daun meldet sich gehorsamst als Wachkommandant! Die Wache besteht aus einem Kommandanten, sechs Mann und einem Trompeter. Sie bestreitet einen Tag- und zwei Nachtposten!“ „Gut“, sagte der General, ,,Trompeter, blasen S’ Alarm!“ Auf dieses Signal hörte man all die Töne und Geräusche, die schlechterdings dabei zu erschallen pflegten: das Fluchen der mit den genagelten Schuhen auf den ausgetretenen Stufen des säkularisierten Klosters ausrutschenden Soldaten, die melodischen Magen- und Darmgeräusche der aus dem Stall geführten Tragtiere und das scheinbar planlose Durcheinanderschreien sämtlicher Chargen und Unteroffiziere. Nach einiger Zeit stand aber das Bataillon abmarschbereit angetreten, und der Kommandant meldete dem Inspektor den Stand seiner ausrückenden Soldaten: „Herr General, ich melde gehorsamst, das Bataillon mit 7, 25, 357, 17, 11, 2 zum Alarm angetreten!“ Für die Nichteingeweihten bedeuten diese Zahlen in der Reihenfolge: Offiziere, Unteroffiziere, Mannschaft, Pferde, Fahrzeuge, Feldküchen. „Gut“, sagte der General, und zu seinem Adjutanten gewandt: ,,Und wie lange hat’s gedauert?“ „2 Stunden, 37 Minuten, Herr General“, antwortete Hauptmann Müller. „Gut, Herr Major, wir machen kleine Ibungsmarsch.“ Unter den Klängen des Fußmarsches verließ das Bataillon die Kaserne, machte den üblichen Marsch über St. Veit am Vogau und rückte nach etwa einer Stunde wieder vollzählig in die Kaserne ein, worauf der General dem Bataillonskommandanten befahl: „Also, Herr Major, danke schen, Unteroffiziere, Chargen und Mannschaft kann abtreten, die Herren Offiziere in die Kanzlei, ich habe zu verlautbaren wichtige Erlaß.“ Nach etwa 30 Minuten standen die Offiziere im Halbkreis in der Kanzlei. Der General trat ein, und ein melodisches Klirren der Sporen erklang. Es war nämlich damals Mode, daß sich die Leutnants vom Kapellmeister Stücke aus gebrochenem Tschinellenblech erbaten, aus dem sie
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Sporenräder machen ließen und diese in die Sporen einsetzten, um ein melodisches Klirren zu erzeugen. „Also, Müller“, befahl der General, „gib her Erlaß!“ Der General nahm das Papier und begann zu lesen: „Meine Herren! Im Alarmfalle tritt der Posten hinter das Kasernentor und beobachtet durch die Schluke den Verkehr auf der Straße. Die Schluke ist in Sehhöhe angebracht. An der Innenseite von die Schluke ah Bledsinn, was ist die Schluke?“ „Die Sehluke, Herr General!“ antwortete der Adjutant. Der Sinn der weiteren Verlautbarung ging an den jungen Offizieren spurlos vorbei, hatten sie doch größte Mühe, das Lachen zu verbeißen.
DAMENBESUCH 1933, als die Rivalität der beiden politischen Lager bereits ihrem Höhepunkt zustrebte, verbrachten viele Soldaten Tage und Nächte in Dauerbereitschaft. Die Kaserne wurde zur Ersatzheimat. Für Essen und Schlafen war gesorgt, für andere Bedürfnisse konnte die Kasernenverwaltung keinen Ersatz anbieten. Während also in Graz die Soldaten darauf warteten, wieder einmal zwischen Heimwehr und Schutzbund schlichtend einzugreifen, zog vor der Landwehrkaserne die sonst dort „stationierte“ Weiblichkeit ihre Runden. Sie war sichtlich unterbeschäftigt, während drinnen die Soldaten langsam scharf wie die Rasiermesser wurden. Als die Burschen kaum noch zu halten waren, kam dem Kanonier Bimbo Bubek der rettende Gedanke, eine dieser „Damen“ in die Kaserne zu locken, was ihm auch gegen eine entsprechende Vorauszahlung gelang. Man schmuggelte also die Gunstgewerblerin aufs Zimmer, obwohl gerade an diesem Tag der Vizeleutnant Gonitschek, ein regimentsbekannter Beißer, Kaserneninspektion hatte. Kurz und gut: Nachdem sich die Tagcharge auf dem Gang als Aufpasser bereit erklärte, stand einem Schäferstündchen nichts mehr im Weg. Plötzlich riß ein halblauter Schreckensruf der Tagcharge: „Der Gonitschek kummt!“ die Kanoniere unsanft aus ihren aufwallenden Gefühlen. In Blitzeseile wurde aus drei Leintüchern ein Seil geknüpft, der „Dame“ als Schlinge um den Leib gelegt und sie durch den „Erfinder“ der Idee, 21
den hünenhaften Bimbo Bubek, durchs Fenster abgeseilt. Leider reichte das „Seil“ nicht ganz, so daß die Gunstgewerblerin zwischen Himmel und Erde verzweifelt zappelnd hing. Da trat auch schon der Vizeleutnant ins Zimmer, der Zimmerälteste meldete, und Bubek, noch immer am Fenster stehend, fiel im selben Augenblick stramm, aber formlos vor dem Unteroffizier auf die Nase. Durch das verzweifelte Strampeln der Gunstgewerblerin hatte sich nämlich einer der Verbindungsknoten zwischen den Leintüchern gelöst die „Dame“ stürzte laut schimpfend aufs Trottoir. PS: Es ist nicht überliefert, ob der gestrenge Vizeleutnant nichts davon bemerkte oder, was wahrscheinlicher ist, nichts bemerken wollte, weil es ihm ja nicht besser ging.
HÜLSEN MACHEN Für das Heer der Ersten Republik war so wenig Geld vorhanden, daß z. B. die abgeschossenen Patronenhülsen auf das Stück genau abgeliefert werden mußten. Sie wurden in großen, mit Sägespänen gefüllten Trommeln gereinigt und hernach wieder geladen. Es war an einem Samstagnachmittag im Frühjahr 1933. Leutnant Friedrich Birsak, der spätere erste Infanterieinspektor des 2. Bundesheeres, hatte über das Wochenende Dienst in der Rennwegkaserne in Wien. Als er einen Rundgang durch die menschenleere Kaserne machte, hörte er aus der Richtung des Stallgebäudes Geräusche, die sich wie Schüsse anhörten. Als er näher kam, gab es keinen Zweifel für ihn: da wurde am Samstagnachmittag geschossen! Birsak bog um die Ecke des Stallgebäudes und sah vor dem großen Misthaufen einen Dragoner auf einem umgestürzten Wasserkübel sitzen, einen Karabiner in der Hand, links vor ihm eine Kiste Patronen, rechts eine Kiste für die Hülsen. Er schob eben ein neues Magazin mit fünf Patronen in den Karabiner, schoß fünfmal in den Misthaufen und repetierte so geschickt, daß die leeren Patronenhülsen in die neben ihm stehende Kiste fielen. Birsak schrie den Dragoner an, was zum Teufel er denn hier treibe. Dieser nahm Habtachtstellung ein und meldete: „Herr Leutnant, 22
Dragoner M. als Stallwache. Ich mache Hülsen!“ Erst später stellte sich heraus, daß die Schwadron den Befehl erhalten hatte, leere Patronenhülsen abzuführen. Aus irgendeinem Grund war aber das Schießprogramm nicht erfüllt worden, und die Schwadron hatte keine Hülsen. Daraufhin befahl der damalige Rittmeister Alois Podhajsky, der unvergessene Kommandant der Spanischen Reitschule nach dem Zweiten Weltkrieg: „Die Stallwache macht bis Montag Hülsen!“
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DIE NAMENSGEBUNG ODER „DER DWORZAK“ Mit Beginn der Kanzlerschaft Schuschniggs traten in zunehmendem Maße Angehörige des österreichischen Adels in die Theresianische Militärakademie ein. Beim Auswahlkurs für den ersten Jahrgang standen die Frequentanten in Zugsformation vor ihrem künftigen Drillmeister Offiziersstellvertreter Pospischil. Dieser ging die Reihen entlang und ließ sich von jedem Offiziersanwärter Dienstgrad und Namen melden, um sich diese einzuprägen. Im Zuge dieser Vorstellung kam er auch an einen jener Adelsjünglinge, der sich wie folgt meldete: „Einjährig Freiwilliger Gefreiter Chevalier Aristide de Sulmontieu de Bergerac!“ „Wi haßen S’?“ fragte ihn Pospischil mißtrauisch, da er dahinter irgendeine Undiszipliniertheit vermutete. „Einjährig Freiwilliger Gefreiter Chevalier Aristide de Sulmontieu de Bergerac!“ antwortete ihm nochmals in korrektem Ton der Sprößling eines alten Hugenottengeschlechtes. Nach diesem neuerlichen, ihm unverständlichen Kauderwelsch überlegte Pospischil kurz, um dann die Angelegenheit mit folgenden Worten abzuschließen: „Wissen S’ wos? Bei mir haß’n S’ Dworzak!“
„MITZI“ Nicht viel anders war es dem berühmten Dichter Rainer Maria Rilke ergangen. Er diente im Ersten Weltkrieg, wie viele seiner Standesgenossen - Polgar oder Hofmannsthal etwa -, im Kriegsarchiv. Als er sich beim diensthabenden Unteroffizier korrekt meldete: „Infanterist Rainer Maria Rilke, beordert zum Kriegsarchiv!“ schüttelte dieser ungnädig den Kopf: „Bei mir heißen S’ ab sofort Mitzi!“
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BEFEHL AN DIE GROSSMUTTER Wie schwer es die bürgerlichen Unteroffiziere mit ihren adeligen Zöglingen hatten, die ihnen in Auftreten und Wortgewandtheit überlegen waren, zeigt das folgende Histörchen. Baron von Steinitz wurde, kurz nachdem 1936 wieder die allgemeine Wehrpflicht eingeführt worden war, zur Artillerie eingezogen, die damals zum größten Teil noch mit Pferden bespannt war. So standen also die unerfahrenen Barbarajünger um ein Pferd herum, und der Vizeleutnant und Geschützkommandant erklärte, wie stramm die Kinnkette beim Zaumzeug des Rosses eingehängt werden dürfe. Steinitz, mehr durch flotte Sprüche als durch militärisches Wissen bekannt, hörte - wie so oft - nicht zu. Dies bemerkte der Vizeleutnant und bellte ihn an: „Steinitz! Wie viele Finger muß man in die Kinnkette legen können?“ Der überraschte Steinitz rief ahnungslos: „Drei Finger, Herr Vizeleutnant!“ (einer wäre richtig gewesen). Dies erboste natürlich den alten Pferdemann, und er schnauzte unflätig zurück: „Die drei Finger können S’ Ihrer Großmutter in den A ... schieben!“ Er hatte freilich nicht mit der Reaktion des Adelsjüngers gerechnet. Der stand am nächsten Morgen mit einer Beschwerde gegen den Vizeleutnant beim Batterierapport. „Herr Hauptmann, ich beschwere mich über den Vizeleutnant N., er hat meine Großmutter beleidigt, indem er mir befahl, ihr drei Finger in den A ... zu schieben. Herr Hauptmann, was wird sich die 81jährige Generalswitwe denken, wenn ich zu ihr komme und sage: ,Liebe Großmama, halte einen Augenblick still! Ich muß dir auf Befehl des Herrn Vizeleutnants drei Finger in den A ... schieben.’ ” Die Sache endete mit einer Entschuldigung durch den Vizeleutnant.
„BIN HASRIG!“ Ein General aus dem Heeresministerium in Wien inspiziert während eines Manövers im Steirischen eine Verteidigungsstellung. Dabei trifft er auf den Gefreiten Resslmayer, der als Gefechtsvorposten seinen Dienst versieht. Dieser erkennt den General, hebt die Hand und flüstert - ohne den Blick Richtung „Feind“ zu ändern: „Herr General, Gefreiter Resslmayer als Beobachtungsposten, keine 25
Vorkommnisse.“ Darauf der General, nun ebenfalls flüsternd: „Was haben Sie für einen Auftrag?“ Der Gefreite leise, kaum zu verstehen: „Ich beobachte den Feind.“ „Wie weit ist der Feind entfernt?“ fragt der General gedämpft. „Einen Kilometer, Herr General.“ „Da können wir ja lauter sprechen“, meint der General mit normaler Stimmstärke. „Sie schon, Herr General, aber i net. I bin nämlich hasrig!“
„BRÜSTE HERAUS!“ Oberstleutnant von Kahlen, einer der feschesten Offiziere seiner Zeit, diente 1933 beim Alpenjägerregiment Nr. 9 in Graz. Erst kürzlich hatte er mit einer sehr hübschen eleganten jungen Dame den Bund der Ehe 26
geschlossen, was ihn begreiflicherweise in eine euphorische Stimmung versetzte. K. kommandierte die Ausbildung der Einjährig-Freiwilligen und war für die EF (so die Abkürzung für das elend lange Wortgebilde) schlechthin das Vorbild eleganter Haltung. Wieder einmal waren die EF zur Meldung an ihren Kommandanten angetreten. Am rechten Flügel stand kerzengerade der Ausbildungsoffizier Leutnant Forenbacher, neben ihm, ein Muster an Strammheit, der Korporal Sommberger. Die EF stachen in ihrer Haltung merklich von den beiden Berufssoldaten ab. Dies veranlaßte den Oberstleutnant zu folgendem Appell: „Einjährig-Freiwillige, nehmen Sie sich ein Beispiel an Ihren Ausbildnern! Die sind immer stramm und haben die Brüste heraußen.“
SCHÜCHTERL In der 1. Batterie des selbständigen Artillerieregiments diente ein entsprungener Laienbruder mit dem Spitznamen „Schüchterl“. Er war ein sehr lieber Kamerad, hatte strahlend blaue Augen, ein kreisrundes Gesicht und war furchtbar scheu. Die alten „Zapfen“, die abends Bereitschaft hatten, erzählten in Gegenwart Schüchterls ihre sexuellen Erlebnisse in den grellsten Farben. Schüchterl hing an den Lippen dieser Helden und genoß den verspäteten Sexualunterricht zwar verschämt, aber doch sehr interessiert. „Wart, Schüchterl, wan’ ma nach Bruck kuman, dann nehma die mit ins blaue Haus“, versprachen sie ihm wiederholt. (Darunter verstanden sie ein einschlägig bekanntes Etablissement.) Der Tag kam, und die Batterie wurde zum Artillerieschießen nach Kaisersteinbruch unweit des traditionsreichen Schießplatzes von Bruck a. d. Leitha verlegt. Am ersten Wochenende wurde Schüchterl, wie versprochen, von einigen Vormeistern und Kanonieren nach Bruck eskortiert und landete schließlich im „blauen Haus“, um dort seine Feuertaufe zu erleben. Zuerst wurden einige Liter Wein aufgefahren. Schüchterl genoß sichtlich, daß er der Mittelpunkt war, und sprach dem Alkohol ordentlich zu. Die Chefin des Etablissements wurde ins
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Vertrauen gezogen, worauf sie Schüchterl ein „altes Schulpferd“, das sämtliche „Gänge“ auch ohne besondere Hilfe beherrschte, zuteilte. Eine Gemeinschaftssammlung erbrachte den erforderlichen Obolus, worauf Schüchterl mit der Dame verschwand und nach der ortsüblichen Zeit mit verklärtem Blick wieder erschien. Dieser Vorgang wiederholte sich nach einer neuerlichen Sammlung ein zweites Mal. In dieser illuminierten und siegestrunkenen Stimmung rückte Schüchterl, eskortiert von seinen Kameraden, wieder in das Militärlager ein. Am Sonntagmorgen erwachten allmählich die Nachtschwärmer bis auf Schüchterl, der, auf dem Rücken liegend und wegen der großen Hitze nur mit einem Leintuch bedeckt, selig lächelnd weiterschlief. Dabei bildete sich, ungefähr in der Körpermitte, ein kleines adrettes Indianerzelt. Durch dieses Stilleben angeregt, verließ Vormeister Budik, ein Urwiener Beißer, wortlos das Zimmer und kam bald darauf mit einer Schaumrolle von überdimensionaler Größe zurück. Dem noch schlafenden Schüchterl das Leintuch sanft lüftend, steckte er ihm die Schaumrolle behutsam über die „Zeltstange“ und bedeckte den Schlafenden wieder. Als Schüchterl sich bauchseitig legen wollte, brach die Schaumrolle in Stücke, und er erwachte. Der Rest sei im Zeitraffer geschildert: Schreckensschrei, splitternackt, aber mit den Resten der Schaumrolle bedeckt, stürzte er panikartig aus dem Zimmer in die gegenüberliegende Sanitätsbaracke. Letztes Bild: Die ihm auf dem Fuß folgenden Kameraden konnten durch das Fenster nur noch sehen, wie zwei Sanitäter ihn mit in Wundbenzin getränkter Watte von den Resten der Schaumrolle befreiten.
AUGENAUSWISCHEREI In der Lazarettfeldkaserne in Graz war der Heeressanitätschef aus Wien zur Inspizierung angesagt. Als erste Maßnahme erschien ein Kasernkommandobefehl, der im wesentlichen folgende Punkte beinhaltete: 1. Die Pissoire der Abortanlagen sind mit Teer neu zu streichen, die WC selbst gründlich zu reinigen und darauf bis nach der Inspizierung nicht 28
mehr zu benützen. Die Kaserninspektion ist dafür verantwortlich, daß diese versperrt und erst kurz vor der Inspizierung geöffnet werden. Die Notdurft ist ab sofort in einer neu errichteten Latrine in der Südostecke des Kasernhofes zu verrichten. 2. Eventuell auftretende Wanzen sind nicht mehr an der Wand zu zerdrücken, sondern am Boden zu zertreten. 3. Unverbesserliche Schmutzfinken sind am Inspizierungstag in die Küche zu kommandieren, mit sauberer Küchenarbeitskleidung zu versehen und so zu beschäftigen, daß sie sich nicht mehr als das ständig eingeteilte Küchenpersonal beschmutzen können. Als der Tag nahte, der Kasernkommandant den Sanitätschef beim Tor empfing und die übliche Meldezeremonie vorbei war, wurden als erstes die Küchen und Vorratsräume besichtigt und in Ordnung befunden. Als nächstes folgten die sanitären Anlagen, vor allem die WC. Beim Gang durch den Hof begegnete dem Inspizierenden ein Rekrut, der vorschriftsmäßig grüßte. „Wo kommen Sie her?“ fragte ihn der Generalsarzt. „Von der Latrine“, antwortete wahrheitsgemäß der Rekrut. „So, haben Sie denn hier eine Latrine?“ fragte der Generalsarzt den Kasernkommandanten. „Er meint natürlich den Abort“, antwortete dieser eilfertig. Der Generalsarzt gab sich mit dieser Antwort scheinbar zufrieden, und die Suite schritt, angeführt vom Kasernkommandanten, in den entgegengesetzten Kasernenteil, wo schon eine Charge bei den Toiletten auf die hohen Herren wartete. Der Generalsarzt fand an den Anlagen nichts auszusetzen, nur als er die für den hinterlistigen Zweck voll angefüllten Kistchen mit Zeitungspapier sah, fragte er die Charge hintergründig: „Na, Zugsführer, wozu ist denn das Papier da?“ Der Zugsführer stotterte und würgte an einer für den General akzeptablen Antwort herum. „Na, zum A ...“ wollte ihm der General helfen, griff sich aber unwillkürlich an seine Brille. „Zum Augenauswischen!“ antwortete ihm sichtlich erleichtert der Zugsführer.
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LAUTER MEISTER Der Rittmeister Neumeister, einer der schneidigsten Springreiter des 1. Bundesheeres, stellte den Antrag, sein neues Chargenpferd „Altmeister“ taufen zu dürfen. Die Entscheidung stand noch aus. Der Zufall wollte es, daß der neue Futtermeister seiner Schwadron ein Wachtmeister mit Namen Zechmeister war. Diesem Wachtmeister, einem pflichteifrigen Unteroffizier von nicht gerade hoher Intelligenz, redeten die Einjährig-Freiwilligen ein, daß der Herr Rittmeister Wert auf eine korrekte und vor allem vollständige Meldung lege. Der Futtermeister beherzigte dies und meldete sich bei der nächsten Stallvisite: „Herr Rittmeister Neumeister, Futtermeister Wachtmeister Zechmeister meldet Chargenpferd Altmeister einsatzbereit!“ Darauf Rittmeister Neumeister: „San S’ deppert?“
DER BUCHSTABENVERWECHSLER Der spätere Oberst Reichel - wir verdanken ihm mehrere launige Erzählungen - war im 1. Bundesheer Artillerielehrer an der Heeresschule in Enns; so hieß damals die Offiziersakademie. Er war ein genialer Silben- und Wortverdreher. Mehr sei dazu nicht gesagt. Beim Geschützexerzieren und bei Richtübungen in Lorch bei Enns kommandierte er einmal: „Hilfsziel der Lirchturm von Korch - ah, der Korchturm von Lirch - nein, der Kirchturm von Lorch!“ Aus der Feuerstellung kam ein andermal der Ruf: „Erstes Geschütz nicht feuerbereit!“ Darauf Reichel: „Zwotes - Feuer!“ „Zwotes Ladehemmung“, scholl es zurück. Reichel ärgerlich: „Also, dann drotes - Feuer!“ Reichel wurde später nach Tirol versetzt und lieferte auch dort einige Blüten. Bei einer Vorführung auf der Seegrube bei Innsbruck sagte er zu 30
den Gästen, darunter auch der Landeshauptmann: „Wir haben hier ein Fernscherrohr aufgestellt.“ Gemeint war natürlich ein Scherenfernrohr. Anläßlich der Hochzeit eines jüngeren Offiziers gab Reichel folgenden Befehl aus: „Nach dem Kirchgang bilden wir ein Spalier und werden die Kräuter schwärzen.“ Allgemeines Kopfschütteln. Auf die Idee, der Oberst wollte sagen: „Die Schwerter kreuzen“, kam niemand. An einem Samstag im Winter sagte er zu seinem Adjutanten Leutnant Bauer: „Gehen Sie morgen Schilaufen oder spazieren? Ich gehe auch Spazierenlaufen.“ Und ein andermal: „Gehen Sie auf den Stadt der Ball Hall?“ Sie werden es nicht erraten: er meinte den Ball der Stadt Hall.
DAS EIGENE BEGRÄBNIS Nach seiner Ausmusterung zum Leutnant 1928 diente Brigadier Alfred Bauer, der spätere erste Artillerieinspektor des 2. Bundesheeres, als junger Offizier bei der Artillerie im tirolerischen Bad Hall. Sein Regimentskommandant war der bereits zitierte Oberst Reichel. Überraschend verunglückte der höchste technische Offizier der Tiroler Brigade bei einer Sprengung. Das Begräbnis fand mit allen militärischen Ehren statt. Leutnant Bauer befand sich zu diesem Zeitpunkt auf Heimaturlaub und kam bei seiner Rückkehr gerade noch rechtzeitig zur Seelenmesse. Beim Verlassen der Kirche stürzte der Regimentskommandant auf ihn zu: „Bauer, warum waren Sie nicht beim Begräbnis?“ „Sie hatten mir doch Urlaub gegeben, Herr Oberst.“ „Das ist egal, da erkundigt man sich eben! Was würden Sie sagen, wenn Sie sterben und kein Mensch nimmt Notiz von Ihnen?!“
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ZWISCHEN DEN ZEITEN ODER
DAS TAUSENDJÄHRIGE ZWISCHENSPIEL 1938-1945
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EINE VIELBEGEHRTE
ERSTER AUSGANG
Der 12. März 1938 markiert das Ende der fast dreihundertjährigen Geschichte einer selbständigen österreichischen Armee. Es wäre daher durchaus naheliegend gewesen, die Jahre 1938-1945 aus diesem heiteren Streifzug durch die Militärgeschichte auszuklammern. Dies um so mehr, als im ersten Jahr des „Anschlusses“ aus politischen und „rassischen“ Gründen 55 Prozent aller Generäle und 40 Prozent aller Obersten entlassen wurden. Die meisten mußten dies mit Kürzung der Pensionen, manche mit Gefängnishaft, einige auch mit dem Aufenthalt in Konzentrationslagern bezahlen. Wozu also doch - zumal eine historische Kontinuität nicht mehr gegeben war? Weil der Österreicher als Mensch und Soldat, mit seinen oft liebenswerten Eigenheiten, seiner gelegentlichen Schrulligkeit, aber auch mit seinen Schwächen, wie etwa der Verdrängung unangenehmer Tatsachen, nicht hatte aufgehört zu existieren. In den wenigen Histörchen, die wir auf den folgenden Seiten anbieten, stehen daher auch die eben geschilderten Merkmale im Vordergrund. Sie befassen sich aber auch mit dem Umstand, daß - und vor allem wie - sich die neuen deutschen Herren damit schwertaten. Nochmals: Damit sollen nicht die Greuel eines Weltkrieges verniedlicht werden - „gemenschelt“ hat’s trotzdem.
ÖSTERREICHISCHES BLUT Nicht überall und bei jedem stieß der „Anschluß“ auf Jubel und Begeisterung. Auch das gab es: 12. März 1938 - Fliegerhorst Aigen im Ennstal. Die jüngeren Offiziere und Unteroffiziere tragen bereits Armbinden mit dem Hakenkreuz über der österreichischen Uniform. Nur einer spielt da nicht mit. Der Flugplatzkommandant Major Marenkovic, hochdekorierter Feldpilot aus dem Ersten Weltkrieg, versammelt die Offiziere bei der Fliegerstaffel im Speisesaal. Atemlose Stille, betretenes Schweigen. „Meine Herren“, beginnt schleppend der Major, „wenn Sie mir mit dem Offiziersdolch hier hineinstechen“ - er zeigt auf sein Herz -, „wird österreichisches Blut herausfließen.“ 33
KOPFBEDECKUNGEN IM WANDEL DER ZEIT Dann stimmt er die alte Haydn-Hymne an. Kurz danach erscheinen Gestapo-Männer und führen den überzeugten Österreicher ab.
GRAF ODER GROF Wenige Wochen nach dem Einmarsch wurden der christlichsoziale Bauernpolitiker Ferdinand Graf, der nachmalige erste Verteidigungsminister nach 1955, und Graf Czernin, Onkel des späteren Generals Spannocchi, von der Gestapo verhört. Als die Gräfin Czernin 34
ihren Mann im Gefängnis besuchen wollte, fragte der urwienerische Aufseher: „Woll’n Sie zum Graf oder zum Grof?“
DER FALSCHE ERZHERZOG Der Jahrgang 1938 der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt wurde nicht - wie üblich - im September, sondern bereits im März 1938 ausgemustert, denn die expandierende Deutsche Wehrmacht brauchte Offiziersnachwuchs. Unmittelbar danach rückten die österreichischen Leutnante zu ihren neuen (deutschen) Truppenkörpern ein. Doch die hatten - wie folgende Erzählung beweist - so ihre liebe Not mit den Neuankömmlingen. Leutnant Albrecht wurde direkt zum Maschinengewehrbataillon 1 nach Saarbrücken ausgemustert. Er trug die (alt)österreichische Uniform mit der steifen Kappe und den österreichischen Offizierssäbel mit glänzender Scheide. In der Kanzlei stellte er sich dem Bataillonsadjutanten in bestem Schönbrunndeutsch und leicht nonchalant mit „Albrecht“ vor. Der Adjutant sprang, wie von einer Tarantel gebissen, auf, eilte schnurstracks zum Bataillonskommandanten und meldete völlig außer Atem: „Herr Major, ein österreichischer Erzherzog ist angekommen, der Erzherzog Albrecht!“ Der Bataillonskommandant stürzte hinaus und meldete sich dem österreichischen Leutnant als Kommandeur des Maschinengewehrbataillons 1. Der verdutzte Leutnant vergaß nun seinerseits total auf das militärische Ritual, und statt sich vorschriftsmäßig zu melden, meinte er beschwichtigend zu dem deutschen Offizier: „Herr Major, ich bin’s ja nur, Ihr neuer Leutnant!“
DER KONGRESS TANZT 1938 übersiedelte die Generalstabsausbildung des österreichischen Bundesheeres von Wien nach Berlin, genauer gesagt: die Frequentanten 35
besuchten ab sofort die Kriegsschule in Berlin. Die Neuankömmlinge wurden natürlich oft zum Spott ihrer reichsdeutschen Kameraden; vor allem manch liebenswerte österreichische Ausdrücke reizten sie zu Hohngelächter. Das nahm der österreichische Hauptmann Pridun zum Anlaß, um den Reichsdeutschen mit folgendem Vergleich die Leviten zu lesen. „Meine Herren“, sagte er im freundlichsten Ton, „als bei uns in Wien schon der Kongreß tanzte, hat bei Ihnen der Bürgermeister von Berlin noch unter dem Regenschirm amtiert!“
EINMARSCH VON DER FALSCHEN SEITE Nach dem Einmarsch in Osterreich betrieb Hitler seine Annexionspolitik zügig weiter. Seit dem Münchner Abkommen und der damit verbundenen Abtrennung des Sudetengebietes von der Tschechoslowakei waren nur wenige Monate vergangen, als Hitler die Souveränität des einstigen Kronlandes der k. u. k. Monarchie zerstörte. Das Gros der einmarschierenden Truppen der Deutschen Wehrmacht kam aus den neugewonnenen Garnisonen in der „Ostmark“. Viele österreichische Soldaten waren darunter. Die uralte Gräfin Waldstein in Prag, die als Kind bereits den Sieg der Preußen über die Österreicher bei Königgrätz erlebt hatte, sagte dazu: „Ah, diesmal kommen die Preißen von der anderen Seite . . .!“
GENERAL MEZZANIN In der Zeit der deutschen Besetzung Österreichs hatte der Chef der Heeresstandortverwaltung von Wiener Neustadt beim Generalkommando in Wien zu tun. Er kam aus dem nördlichsten Teil Deutschlands; österreichische Mentalität und Geschichte waren ihm gänzlich fremd. Im Gebäude des damaligen Generalkommandos, dem einstigen k. k. Kriegsministerium und nunmehrigen Regierungsgebäude am
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Wiener Stubenring, erklomm er hurtig die breiten Stiegen. Überrascht las er die Stockwerksbezeichnungen „Souterrain“ und „Mezzanin“. Nach Wiener Neustadt zurückgekehrt, meinte er zu seinem Zahlmeister, einem Österreicher, es gefalle ihm, daß die Ostmärker die Stockwerke im Generalkommando nach verdienten Generälen benannt hätten, und er fragte neugierig: „Sajen Sie, Herr Kamerad, wat hat denn der Jeneral Mezzanin ejentlich jelestet?“
DEUTSCH IST NICHT GLEICH DEUTSCH Eine Infanteriekompanie der Deutschen Wehrmacht bekam während des Krieges als Personalersatz einige Soldaten aus Österreich, in der Mehrzahl Bauernburschen aus den „Alpengauen“. Beim Ausheben eines Schützengrabens stieß einer dieser Soldaten auf einen größeren Felsbrocken, und statt ihn wegzuräumen, stellte er die Arbeit mit den Worten: „I mag net“ ein. Der herbeieilende Unteroffizier, ein Preuße, gab ihm den barschen Befehl, weiterzuarbeiten, bekam aber auch nur zu hören: „I mag’s net tuan!“ Da alles Schreien und Brüllen des Unteroffiziers nichts nutzte, wurde der störrische Soldat dem Kompaniechef vorgeführt, der ihm zwar ruhig, aber sehr bestimmt erklärte, er werde ihn wegen Befehlsverweigerung vor das Kriegsgericht bringen, wenn er nicht sofort weiterarbeite. Die Antwort war wieder nur: „I mag’s net tuan!“ In diesem kritischen Moment sprang der Kompanieschreiber, von Beruf Volksschullehrer aus Oberösterreich, auf, schlug die Haken stramm zusammen und sagte: „Herr Hauptmann, bitte etwas melden zu dürfen!“ Es folgte die Erklärung, daß das „I mag’s net tuan“ nicht bedeute, daß der österreichische Kamerad nicht wolle, sondern das Wort „mag’s“ heiße, er vermöge es nicht zu tun, er sei nicht in der Lage, es zu tun. Es stellte sich nämlich heraus, daß der Soldat einen Leistenbruch hatte und deshalb den Felsbrocken nicht heben konnte.
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KEIN LOHNENDES ZIEL Auch sonst störte die deutschen Chefs die oft grundehrliche Art ihrer neuen Mitstreiter. Folgende Geschichte spielt an der Ostfront im Jahr 1943, als es schon wieder zurück in Richtung Heimat ging. Im sumpfigen Gelände am Wolchow hatte sich die deutsche Division, in deren Reihen auch viele Österreicher dienten, zur Abwehr eingerichtet. Eines Tages kam der Divisionskommandant, ein Preuße, in die vorderste Linie, wo auch die Beobachtungsstelle der Artillerie lag. Der Artilleriekommandant war ein Österreicher, ebenso der Kommandeur des Infanteriebataillons, das hier verteidigte. Der alpenländische Hauptmann führte den deutschen General durch die Stellungen und erklärte ihm den Verlauf der gut sichtbaren russischen Linien. „Hören Se mal“, sagte der General, „wir sind ja völlig einjeseh’n!“ Darauf ungerührt der Österreicher: „Das macht nichts, Herr General! Der Russe schießt ohnedies nur auf lohnende Ziele!“
„FRAG NET SO SAUDUMM“ Weit weniger Probleme hatten natürlich die Bayern mit der österreichischen „Verstärkung“. Vor allem der urige General Dietl hatte seine Freude an der direkten Art vieler alpenländischer Soldaten, war er doch - obwohl General - nicht anders. Während schwerer Kämpfe an der Murmansk-Front im nördlichsten Zipfel Europas besuchte der General einen Hauptverbandplatz. Ein Gefreiter lag mit einem Gesäßschuß auf dem Operationstisch. Da trat General Dietl von hinten heran, legte ihm die Hand auf die Schulter und fragte in breitem Bayrisch: „Was fehlt denn dir?“ Der österreichische Soldat, der sich heimatlich angesprochen fühlte, aber nicht wußte, wer hinter ihm stand: „Frag net so saudumm! In Arsch ham’s ma g’schossn!“
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KEINE ANTWORT AUS BERLIN Wie wenig die Militärbürokratie zu allen Zeiten Rücksicht auf die Truppe nahm, illustrieren die folgenden Zeilen. Bei der zum überwiegenden Teil aus Österreichern bestehenden 6. Gebirgsdivision traf mitten im Krieg, genauer gesagt, 1940, während des Feldzuges gegen Griechenland, vom OKH (dem Oberkommando des Heeres) der Entwurf zu einer neuen Vorschrift über den Kampf im Gebirge ein. Ungerührt von der Tatsache, daß die Truppe gerade in schweren Gefechten stand, forderten die „Schreibtischhengste“ in Berlin, daß Abänderungswünsche termingemäß vorgelegt werden müßten. Darauf sandte die Division folgendes Fernschreiben in die Reichshauptstadt: „Sechste Gebirgsdivision bittet um sofortige Verschiebung der Feindseligkeiten gegen Griechenland, da Entwurf für Gebirgskampf im Troßgepäck unten im Tal vergessen!“ Eine Reaktion aus Berlin ist nicht bekannt.
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VÄTER UND SÖHNE 1952-1987
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ALS DIE SOLDATEN NOCH GENDARMEN WAREN
1950, nach dem kommunistischen Putschversuch im Osten Österreichs, kamen die westlichen Besatzungsmächte zur Überzeugung, daß Österreich wieder selbst für seinen Schutz sorgen sollte. Ein eigenes Heer kam nicht in Frage, da wir ja noch nicht die volle staatliche Freiheit hatten. In wahrlich kakanischer Tradition fand man die Lösung: Die „Soldaten“ wurden in Uniformen der Gendarmerie gesteckt. Und da es schon eine Gendarmerie gab, nannte man dieses neue „Heer“ die B-Gendarmerie. Ausrüstung und Bekleidung, vor allem aber die Waffen bekamen wir geschenkt - aus französischen, englischen und amerikanischen Depots. Dementsprechend „bunt“ sah dieses Aufgebot auch aus. Da man zunächst stark verborgen vor der Öffentlichkeit mit der Aufbauarbeit begann, stellte sich auch prompt ein Spitzname für die neue „Untergrundarmee“ ein: Nach dem Vorbild der schwarzen Untergrundkämpfer Jomo Kenyattas in Kenia nannte man die österreichischen Soldaten-Gendarmen „Mau Mau“.
DIE INSPIZIERUNG Es ist ein bitterkalter Wintertag im Februar 1953, als der damalige Gendarmeriemajor Dr. Ferdinand Käs (ein führendes Mitglied des österreichischen Widerstands in den letzten Kriegstagen) aus dem Wiener Innenministerium die Einheiten der B-Gendarmerie in der Steiermark besucht. Sein Gegenüber ist einer der letzten „Preußen“ unter den österreichischen Offizieren, die im Krieg gedient hatten, Rittmeister Lohmer in Straß. Er meldet dementsprechend formvollendet, Stiefel 41
DAS PROPORZHEER blank geputzt, Uniform auf den Zentimeter genau sitzend, in schnarrender Kommando-Sprache und bestem Hochdeutsch dem Abgesandten aus dem vorgesetzten Ministerium in Wien. Danach hält er in knapper militärischer Form eine Einweisung in die Ausbildung der ihm anvertrauten Gendarmen. Am Ende der gut einstudierten Demonstration blickt Rittmeister Lohmer erwartungsvoll auf den Inspizierenden, in der Hoffnung, für sein Auftreten belobigt zu werden. Der antwortet statt dessen im breiten Wiener Dialekt: „Is jo ollas ganz guat, oba, Herr Rittmasta, Se miass’n lockerer werden, Koat’n spül’n miass’n S’ mit die Leit und in Hemdsärmeln miass’n S’ a amol geh’n dann ham S’ a leiwand belli Kompanie!“ Wer den „Herzog von Straß“ wie Lohmer oft ehrfurchtsvoll genannt wurde - kannte, weiß, daß für ihn jetzt eine Welt zusammenbrach. Er blickte ins Leere und zog sich wortlos zurück. Am Abend sah man den Rittmeister aber zum ersten Mal in seinem Leben in Hemdsärmeln im Kasino sitzen und mit seinen Unteroffizieren tarockieren.
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„MARILLENKNÖDEL“ ODER „DER GERETTETE SCHLAF“ Die Gendarmerieschule Steiermark war eine der wichtigsten Keimzellen des künftigen Heeres. Das Kommando lag in Graz, die einzelnen Kompanien befanden sich in Leoben, Radkersburg und Straß. Kommandant war der damalige Major Stejskal, ein - wie man auf gut Österreichisch sagt - „Mehlspeistiger“, der die Dienstaufsicht bei seinen Kompanien gerne nach deren Speiseplan ausrichtete. Standen auf dem Speisezettel: Kaiserschmarren, Palatschinken, Powidltascherl, Marillenknödel oder sonst eine leckere Süßspeise, konnte der jeweilige Kommandant fast todsicher mit einer Visite rechnen. Als nun im Sommer 1954, an einem Donnerstag abend, die Kompanie in Radkersburg ein Sommerfest veranstaltete, machte sich deren Chef Rittmeister Berger Gedanken, wie er verhindern konnte, daß am nächsten Morgen vielleicht Major Stejskal auftauchen würde. Da kam ihm der rettende Einfall: Er rief seinen Kameraden Rittmeister Dr. Truxa in Leoben an und bat ihn, auf den Speiseplan für Freitag eine Mehlspeise zu setzen. Die Rechnung ging auf. Prompt erschien am Freitag Major Stejskal in Leoben und ließ sich die von der böhmischen Köchin der Kaserne bereiteten Marillenknödel schmecken. So rettete eine Mehlspeise den Schlaf der müden Tänzer in Radkersburg. PS.: Derartige taktische Meisterleistungen machen sich in einer militärischen Karriere natürlich bezahlt. Beide Rittmeister brachten es bis zum General.
DIE BEWEGLICHE MUNITIONSRESERVE Die amerikanische Besatzungsmacht versorgte den militärischen Neuling nicht nur mit Ausrüstung, Fahrzeugen und Waffen, sondern selbstverständlich auch mit der dazugehörenden Munition, und zwar nach Bedarf. Das heißt: Es wurde ersetzt, was verschossen worden war. Von dieser großzügigen Methode machten natürlich alle Gendarmerieschulen ausgiebig Gebrauch. 43
Als der Staatsvertrag und damit der Abzug der „Gönner“ immer näher rückte, bemühten sich alle, für die künftige österreichische Armee Munitionsreserven anzulegen, denn man wußte ja aus Erfahrung (siehe „Hülsen machen“), daß man später wieder jede Patrone einzeln werde zählen müssen. Anfang 1955 fiel es denn auch den Amerikanern auf, welch unglaublichen Munitionsverbrauch diese kleine Truppe aufzuweisen hatte. So meldeten sich US-Offiziere kurzfristig zu Inspektionen an. Auch in Straß, in der Südsteiermark, waren sie angesagt. Die ganze Nacht zuvor schleppten Soldaten die Munitionskisten, die bis dahin auf allen möglichen und unmöglichen Plätzen gelagert waren, in das Kasernengelände und verteilten sie so, daß ein „Kreisverkehr“ möglich wurde. Der „gewissenhafte“ Plan ging auf. Kaum hatten die Amerikaner einen Raum in der Kaserne inspiziert, schleppten die Hilfsgendarmen die bisher versteckten Kisten ebendort hin. Das junge Bundesheer lebte noch jahrelang von dieser „beweglichen“ Munitionsreserve.
„DURCHGEFALLEN!“ Bei der Aufstellung der sogenannten „Fahreinheit“ (der Name drückte den ganzen Stolz aus, daß man besser dran war als die „Fußlatscher“) in Ebelsberg bei Linz mußten die neu in die B-Gendarmerie aufgenommenen Kriegsoffiziere Prüfungen an den verschiedenen Kraftfahrzeugen ablegen, die die amerikanische Besatzungsmacht der jungen Armee geschenkt hatte. Der damalige Kommandant Major Nekola war ein gewachsener „Motorisierter“, hatte also den ganzen Krieg bei einer motorisierten Einheit verbracht. Einmal prüfte er an einem Jeep einen ehemaligen Kavalleristen, der zwar ein ausgezeichneter Fahrer war, aber in technischer Hinsicht keine blasse Ahnung hatte. Auf die Frage des Majors: „Wo ist der Vergaser?“ bückte sich der Prüfling und hielt Nachschau beim Auspuff. Mit hochrotem Gesicht schrie Nekola: „Sie glauben wohl, das ist ein Pferd mit Kolik! Durchgefallen!“ 44
„WORTSPIELE“ In der B-Gendarmerie dienten gemeinsam in der Garnison Ebelsberg der bürgerliche Rittmeister Preissler und der adelige Oberleutnant „Gustl“ Segur-Cabanac, der später noch zu hohen Kommandoehren kommen sollte. Der für viele schwer auszusprechende Name des adeligen Offiziers bot des öfteren Anlaß zu spöttischen Wortspielen. Als Segur-Cabanac (im Umgangston Segür-Schabanak genannt) einmal wegen einer kleinen Verfehlung einige Soldaten seines Kameraden Preissler beanstandete, stellte ihn dieser, erbost über den Eingriff in seinen Befehlsbereich, mit folgenden Worten zur Rede: „Du, Gustl, wenn du meine Leut’ segürst, werd’ ich mit dir einen Schabernack treiben.“
DIE „SCHANDEMARIE“ Zur B-Gendarmerie rückten natürlich auch viele einfache Bauernburschen ein, in der Hoffnung, eine gesicherte Anstellung zu bekommen. Es dürfte wohl eher an den schwachen Rechtschreibkenntnissen eines Probegendarmen gelegen haben - oder war es doch die Unzufriedenheit mit dem ungewohnten Drill? Auf jeden Fall fand sich in einem von ihm aufgesetzten Schriftstück die militärartige Truppe so geschrieben wieder: „Schandemarie“.
DER „ZAUBER DER MONTUR“ Ein frisch eingerückter Hilfsgendarm ging in seinem Heimatort am Sonntag zur Kirche. Statt der Uniform trug er stolz seinen grasgrünen Trainingsanzug. Schließlich war ihm ja beim Ausfassen des Sportanzuges gesagt worden, dies sei der Anzug „Außer Dienst“ . . .
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DIE FRÖHLICHE AUFRÜSTUNG
Zehn Jahre nach Ende des „Tausendjährigen Zwischenspiels“ gab es wieder österreichische Soldaten. Der „Spiegel“ nannte die Aufstellung eines neuen Bundesheeres ganz unkritisch und milde: „Die fröhliche Aufrüstung“.
DIE IDEALREGIERUNG 46
Während nämlich die Bundesrepublik an der Frage der Wiederaufrüstung auseinanderzubrechen drohte - so unversöhnlich standen einander Gegner und Befürworter einer neuen deutschen Armee gegenüber -, schwindelten wir uns zu den Klängen des Radetzkymarsches über die heikle Situation. Mit klingendem Spiel zogen sie im September 1955 in das von den Besatzungstruppen befreite Wien ein: Die Soldaten, die noch knapp zuvor Gendarmen gewesen waren, paradierten nun vor ihren rot-schwarzen Chefs, dem kaiserlichen Generalstabsobersten Theodor Körner, dem einstigen Pionieroberleutnant Julius Raab und dem ebenfalls kaiserlichen Oberleutnant Adolf Schärf. Vater Radetzky, schau oba!
BEGEGNUNG AM ISONZO Bevor ein eigenes Verteidigungsministerium geschaffen und Ferdinand Graf zu dessen erstem Minister ernannt worden war, führte Bundeskanzler Julius Raab die Amtsgeschäfte des jungen Heeres (Amtsgeschäfte im reinsten Sinn des Wortes, denn die oberste Heeresbehörde hieß damals „Amt für Landesverteidigung“). Dem Kanzler war das Militär nicht fremd, war er doch 1914 direkt vom Hörsaal an der Technischen Hochschule in Wien zu den Sappeuren nach Krems an der Donau eingerückt. Der Erste Weltkrieg sah den Oberleutnant Raab vor allem am Isonzo. Generalstabschef der an diesem heißumkämpften und kriegsentscheidenden Abschnitt eingesetzten Armee war der Generalstabsoberst Theodor Körner Edler von Siegringen. In einer der zwölf Schlachten trafen einander zum erstenmal der spätere Bundespräsident und der spätere Kanzler der Republik. „Der Körner is’ fürikommen“, erzählte Raab später. „Es war a unruhige Nacht. A massa Störfeuer war auf der Stellung. Der Körner hat sich davon net stören lassen; wir a net. Da hat mi der Körner g’fragt, warum i mi’ im Feuer exponier. I hab’ g’horsamst g’meint, daß der Herr Oberst do’ a ka Rücksicht auf sich nimmt. Da hat der Körner erwidert, daß eh’ keine Not an Obersten in der Armee sei. Nur die guat’n Sappeuroffiziere wurderten rar . . .“ 47
DER JÄHRLING Wie tief die Wurzeln einer gemeinsamen Geschichte nach 1945 gingen, soll die folgende Geschichte belegen - einer Vergangenheit, über die man zwischen den politischen Gegnern nicht viel redete, manchmal im Parlament polemisierte, aber im Nachkriegsösterreich der vier Besatzungsmächte ein Fundament im gemeinsamen Erleben entstehen ließ. Wie Körner und Raab besaßen viele Politiker der Ersten und Zweiten Republik Kriegsauszeichnungen aus den Jahren 1914-1918. Otto Bauer, der große Theoretiker des Austromarxismus, erhielt gleich zu Kriegsbeginn das Militärverdienstkreuz III. Klasse, eine Auszeichnung, die etwa dem deutschen Eisernen Kreuz 1. Klasse entsprach. Adolf Schärf, der sozialistische Vizekanzler der Ära Raab, trug als ehemaliger kaiserlicher Offizier das Signum laudis. Und der Bundesminister für soziale Verwaltung und hohe Funktionär des Gewerkschaftsbundes Anton Proksch zwei Tapferkeitsmedaillen. Den ganzen Stolz, daß er als einfacher Arbeiter diese Tapferkeitsauszeichnungen erworben hatte, ließ Proksch einmal seinem jüngeren Ministerkollegen, dem Unterrichtsminister DDr. Heinrich Drimmel, spüren: „So frischg’flachter Jährling, Sö! Wia i schon die Silberne g’habt hab’, san Sö no in die Windl’n gleg’n.“ Zur Erklärung für Nicht-Zeitgenossen: Mit dem kommissigen „frischg’flacht“ wollte Proksch auf die kurze Zeit Drimmels in der Politik anspielen. Jährling, also Einjähriger, drückte eine Erinnerung an die sogenannten Intelligenzbörtel der Einjährigen, der Intellektuellen, aus.
„EIN JUNGER WÄR’ MIR LIEBER!“ Der erste Mann im Staat ist auch Oberbefehlshaber des Bundesheeres. Zur Zeit Franz Josephs hieß das noch „oberster Kriegsherr“ - nur Kriege wird unser Heer hoffentlich keine mehr führen. Theodor Körner, Generalstabsoberst der k. u. k. Armee, Generalmajor und Heeresinspektor des 1. Bundesheeres, kam als erster 48
FREIHERR VON „LÜHAUSEN“
PARTEISOLDAT KRÜNES
Bundespräsident der Zweiten Republik zu dieser Würde. Als Oberbefehlshaber stand ihm natürlich auch ein Adjutant zu. Körner soll dies mit den Worten: „Soldat und General bin ich selber; ich brauche keinen“, abgelehnt haben. Sein Nachfolger Adolf Schärf war zwar auch kaiserlicher Offizier gewesen, hatte es aber, da wesentlich jünger als Körner, nur bis zum Oberleutnant gebracht. Ihm wurde der nicht mehr ganz junge Oberstleutnant Koiner als Adjutant zugeteilt. Bei dessen Dienstantritt meinte Schärf verlegen: „Eigentlich hätt’ ich mir einen jungen Hauptmann vorgestellt.“ Franz Jonas kletterte eine Stufe höher: Er bekam einen Oberst ins Vorzimmer. Als der ehemalige Wiener Bürgermeister ins regnerische Ennstal fuhr, um eine Seilbahn zu eröffnen, goß es in Strömen. Jonas und seine Begleitung suchten Unterschlupf im Dorfgasthaus. Als dem Bundespräsidenten das Warten zu lange dauerte, verließ er schnurstracks die Gaststube. Plötzlich rissen die Wolken auf. Der ihn begleitende Oberst Deissenberger meinte: „Ja, wenn der Bundespräsident kommt, herrscht eben Kaiserwetter.“ Darauf Jonas: „Ich heiß’ ja auch Franz und Josef mit Vornamen.“ Anders als seine Vorgänger, die alle noch den Ersten Weltkrieg mitgemacht hatten, war Bundespräsident Rudolf Kirchschläger Soldat im Zweiten Weltkrieg gewesen. Er hatte es bis zum Hauptmann gebracht und war daher in Militärfragen, etwa bei der Adjustierung, sehr sachkundig. Beim Empfang nach dem alljährlichen Hahnenkammrennen traf Kirchschläger auf Tiroler Offiziere, die sich für diesen Anlaß besonders fein gemacht hatten. Kirchschläger zu seinem Adjutanten Oberst Schaffer: „Die sehen mit ihren schwarzen Hosen zur weißen Uniformbluse viel besser aus als du mit deiner graugrünen Hose.“ Der Adjutant beeilte sich mitzuteilen, daß es beim Bundesheer keine schwarzen Hosen gebe und sich die Jägeroffiziere - entgegen der gültigen Vorschrift - die Hosen von der Polizei ausgeborgt hätten (grüner Rock - schwarze Hose). Der für seine besondere Korrektheit bekannte Kirchschläger ließ aber nicht locker:
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„Das mit der Vorschrift wird schon stimmen - aber mit der schwarzen Hose san’s trotzdem fescher!“ PS: Mittlerweile ist die schwarze Hose offiziell erlaubt.
DAS GEPÄCK DES KARDINALS In seiner Eigenschaft als Militärbischof absolvierte Kardinal Franz König zusammen mit den Militärgeistlichen einen Schikurs auf dem Truppenübungsplatz Wattener Lizum in Tirol. Alle waren von der Bescheidenheit des obersten Militärseelsorgers angetan: König trug die von einem Militärkuraten ausgeborgte Schihose und hatte als Gepäck nur einen großen Toilettebeutel mit. Als nun einige Tage später vom Bahnhof Wattens die Nachricht kam, das große Gepäck für den Herrn Kardinal sei angekommen, war niemand darüber erstaunt. Ein Jeep wurde zum Bahnhof in Marsch gesetzt, hatte aber nur für zwei der dort stehenden Kisten, auf denen groß der Name „König“ prangte, Platz. Als sich nun ein paar Soldaten abmühten, die ziemlich schweren Kisten in das Zimmer des Militärbischofs zu wuchten, meinte einer: „Was so ein Kardinal für ein schweres Gepäck hat!“ Der eben vorbeikommende Wirtschaftsunteroffizier des Truppenübungsplatzes hörte dies, sah die Kisten und brach in schallendes Gelächter aus. Er hatte sofort erkannt, daß es sich bei dem vermeintlichen Gepäck des Kardinals um die von ihm bestellte Sendung der Suppenfirma „König“ handelte. Auch der Kardinal soll herzlich gelacht haben, als man ihm die Geschichte erzählte.
GENERALSPIEGELEIEN Verteidigungsminister Graf debattierte mit hohen Offizieren, wie die künftige Uniform der Generalität des neuen Bundesheeres aussehen sollte. Dabei ging es unter anderem um die Frage, ob alle Generäle die gleiche Aufschlagfarbe Rot haben oder ob sie - nach Waffengattungen getrennt - verschiedene Farben tragen sollten. Der damalige Generalarzt 50
Dr. Spiegelfeld - die Sanität hatte als Aufschlagfarbe Hellblau - meinte lakonisch: „Wenn ein Militärarzt einen so hohen Dienstgrad erreicht, versteht er von der Medizin ohnedies nichts mehr. Er kann also ruhig rote Aufschläge tragen - wie alle Generäle!“
DIE ROTE FEDER Ein Wunsch der Generäle war auch, daß die Mantelaufschläge - wie schon in der Monarchie - außen und innen rot gefüttert sein sollten. Dies bot, wenn ein General seinen Mantel öffnete, ein sehr prächtiges Bild. Minister Graf, dem dieser Wunsch seiner Generäle gegen die republikanische Überzeugung ging, konterte in seiner temperamentvollen Art: „Meine Herren, stecken Sie sich von mir aus eine rote Feder in den . . .“ Der damalige Befehlshaber der Gruppe III in Salzburg, General Paumgartten, antwortete: „Wenn schon, Herr Minister, eine Feder, dann müßte sie bei Ihrer Parteizugehörigkeit schwarz sein.“
DAS TAPFERE SCHNEIDERLEIN
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DIE ENTSCHEIDUNG Karl Schleinzer übernahm im Alter von 36 Jahren das Amt des Verteidigungsministers; er sollte der bisher jüngste Inhaber bleiben. Trotz seiner Jugend war Schleinzer abwägend, ließ offene Fragen gerne reifen und ging raschen Entscheidungen aus dem Weg. Als wieder einmal ein Ministerentscheid dringlich geworden war, suchte der damalige Leiter des Ministerbüros und spätere Generaltruppeninspektor Anton Leeb mit dem zuständigen Abteilungsleiter den zögernden Schleinzer auf. Mit der ihm eigenen gewinnenden Art legte Leeb den Sachverhalt dar, verwies auf die Dringlichkeit der Entscheidung und meinte dann: „Wir Soldaten, Herr Bundesminister, meinen: Besser eine rasche und vielleicht einmal nicht ganz so gute Entscheidung als gar keine!“ Über das Gesicht Schleinzers glitt ein Lächeln, und er sagte: „Das mag beim Militär schon so sein, Herr Oberst, aber in der Politik ist das ganz anders. Besser gar keine Entscheidung als einmal a falsche!“
„DER MINISTER MOG MI NET“ Georg Prader war aus dem Holz, aus dem Generationen niederösterreichischer Politiker geschnitzt sind: volksverbunden, schlagfertig, manchmal auch grob und - was in dieser Gegend absolut notwendig war - trinkfest. Dazu kam, daß er, wie alle Kriegsversehrten (ihm war im Zweiten Weltkrieg der Unterschenkel amputiert worden), Probleme mit dem Einschlafen hatte. So wurde Prader zum Nachtmenschen. 1969, auf dem Offiziersball in Salzburg, zog bereits der Morgen herauf, als unser Gewährsmann Zeuge des folgenden Gesprächs zweier Generäle wurde. General Paumgartten: „Was hast du denn, Koiner, du heulst ja?“ Darauf der Untröstliche (er war vorher Adjutant des sozialistischen Bundespräsidenten Schärf gewesen): „Der Minister mog mi net. Er hat g’sagt, i bin a Sozi!“
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DER NACHTMINISTER Prader war, sehr zum Leidwesen seiner beiden Adjutanten, ein gefürchteter Nachtschwärmer. Da er nur wenig Schlaf benötigte, saß er meist bis in die frühen Morgenstunden in Gasthäusern, Ballsälen, Bars (er war Stammgast im Wiener Cafe Renz). Als es wieder einmal sehr spät geworden war, drängte sein Adjutant Oberst Maerker zum Aufbruch: „Herr Minister, wann fahr’n wir heim?“ „Wie spot is’?“ kam es von Prader in der für ihn typischen niederösterreichischen Klangfarbe zurück. „Schon drei Uhr früh, Herr Minister!“ „Und wann geht die Sun auf?“ Maerker versuchte - ein Adjutant muß ja auf alles eine Antwort finden einem Taschenkalender den aktuellen Sonnenaufgang zu entnehmen.
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„Um 4 Uhr 10 Minuten, Herr Minister.“ Die entwaffnende Antwort des Nachtschwärmers: „Guat, dann fahr’n ma um 4 Uhr 15 ham, da brauch’n ma kan Scheinwerfer mehr!“
MANGELNDE AUFMERKSAMKEIT „Schurl“ Prader leitete wieder einmal die wöchentliche Koordinierungssitzung seiner Sektionschefs und Generäle. Während er zu einem wichtigen Tagesordnungspunkt ausführlicher als sonst referierte, zeichnete einer der Generäle unentwegt mit einem Vierfarbenstift rote Manderln, schwarze Manderln, grüne Manderln und blaue Manderln. Prader nach der Besprechung zu seinem Adjutanten Oberst Maerker: „Hab’n S’ den g’sehn? Hot Ihna des net a gstört?“ Maerker beschwichtigend: „Herr Minister, angeblich hat auch der Stalin in langen Besprechungen gezeichnet, und zwar Wölfe!“ „Ja schon“, meinte Prader darauf; „der Stalin hot si oba bei jedem Wolf wos ‘dacht, der General bei die Manderln sicher net!“
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DER LÜ
Karl Ferdinand (Freiherr von) Lütgendorf hat nicht nur in diesem Büchlein eine besondere Stellung, er brachte es auch, was die Dienstzeit betrifft, auf Rang 1: Er war der am längsten amtierende Verteidigungsminister der Republik. Doch davon soll hier nicht die Rede sein. „Lü“ ist ein Kürzel, das mehrerlei vermittelt: Vertrautheit, Popularität, militärische Knappheit, leichte Ironie - der Freiherr bereicherte in den siebziger Jahren das eintönig gewordene politische Parkett mit ein paar kräftigen Facetten, die wir nun in Wort und Bild festhalten wollen.
SPÄTE VATERSCHAFT Im Bundeskanzleramt trifft die überraschende Nachricht ein, Verteidigungsminister Lütgendorf sei Vater geworden. Die Sekretäre überlegen lange, bei welcher Gelegenheit sie Bruno Kreisky diese Botschaft überbringen sollen, läßt sich doch dessen Reaktion schwer abschätzen. Man entschließt sich, dies bei einer längeren Autofahrt zu tun, in der Hoffnung, der Kanzler würde da nicht so heftig reagieren. Als er den Regierungschef genug müde von der langen Reise wähnt, nimmt der begleitende Sekretär einen Anlauf und teilt dem Regierungschef die „Frohbotschaft“ mit. Daraufhin wiegt Kreisky mehrmals nachdenklich den Kopf und fragt schließlich den jungen Beamten: „Sag’n S’, Herr Doktor, wie alt ist eigentlich der Lütgendorf?“ Der Sekretär versucht rasch nachzurechnen und meint dann: „Genau weiß ich’s nicht, aber über den Sechziger ist er schon.“
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DER ROTE MONARCH Nach einer weiteren sehr, sehr langen Pause meint der um drei Jahre ältere Kreisky: „Ja ja, Herr Doktor, so ein General kann sich’s eben noch befehlen . . .“
KREISKYS IDEE Wenige Monate vor der Nationalratswahl 1975 entwickelt Bundeskanzler Kreisky vor der Ministerrunde in der ihm eigenen Art, einen Gedanken an den anderen zu reihen und sich durch das Vortragen einer neuen Idee selbst zu überzeugen, einen politischen Plan. Nach viertelstündiger Rede blickt der Kanzler, von der eben referierten Anregung sichtlich eingenommen, zufrieden in die Runde und fragt, Bestätigung heischend, ob dazu jemand etwas zu sagen habe. Es meldet sich Verteidigungsminister Karl F. Lütgendorf: 56
WER IS’ HÄRTER: I ODER I? „Ich halte den Vorschlag des Herrn Bundeskanzlers für politisch ausgezeichnet, in der Realität aber für undurchführbar.“ Die Regierung berät die Einführung eines sogenannten Wehrbeauftragten. Dazu Kreisky: „Ich bin der Meinung, das soll der neue Ombudsmann machen.“ Da meldet sich Lütgendorf zu Wort und meint: „Ich gebe zu, mir würde die Einführung eines Wehrbeauftragten wenig Freude bereiten.“ Darauf Kreisky: „No, das wär’ eigentlich ein Grund, sich’s zu überlegen.“
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KLOBESUCH Unter Bundesminister Lütgendorf gab es zeitweise strenge Kontrollen beim Betreten des Ministeriums; man mußte in jedem Fall einen Passierschein ausfüllen. Eines Tages wurde der zum Gruppenkommando I gehörende Veterinär Dr. A. zu seinem Befehlshaber befohlen. Dieser hielt ihm einen Passierschein unter die Nase, worauf A.s Name und Dienstgrad sowie Tag und Uhrzeit des Besuches im Ministerium standen. Unter „Zweck des Aufenthaltes“ war zu lesen: Klobesuch. Der Passierschein war über das Heeresnachrichtenamt gekommen; anscheinend war dort der Besuchszweck verdächtig erschienen. Dr. A. versuchte den Sachverhalt so aufzuklären: Er habe in der Nähe zu tun gehabt, wollte aber in Uniform nicht ein Gasthaus-WC aufsuchen und sei deshalb in das Ministerium gegangen. Der General, der dieser Erklärung nicht ganz traute, fragte schließlich den Arzt, ob er damit die Weisungen des Herrn Bundesministers habe lächerlich machen wollen. Daraufhin A. ärgerlich: „Nein, denn dann hätte ich schei . . . hingeschrieben.“ Damit war die peinliche Befragung beendet.
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LÜ’S NACHFOLGER
DIE RAUCHERFIBEL Anders als sein Vorgänger Lütgendorf, der leidenschaftlicher Zigarrenraucher war (bevorzugte Sorte: die heimische „Großglockner“), schmauchte Otto Rösch gerne eine Pfeife. Nachdem seine Regierungskollegin, die Gesundheitsministerin Ingrid Leodolter, eine „Raucherfibel“ herausgebracht hatte, in der vor Nikotingenuß gewarnt wurde, befragte man Rösch, was er mit der Broschüre gemacht habe. Seine Antwort: „I hab’s an Raucher g’schenkt!“
MILITÄRISCHER OBERZWERG 59
MINISTERURLAUB Otto Rösch wurde einmal von einer Wiener Tageszeitung gefragt, wo und wie er seinen Sommerurlaub verbringe. Rösch - wie immer sparsam mit Worten: „Eine Sennhütte in der Steiermark. Da sind früher neun Rindviecher eingestellt g’wesen, und jetzt bin ich allein d’rin.“
UNANGESAGTER BESUCH Der Vorletzte in der bereits beachtlich langen Liste an Verteidigungsministern, Helmut Krünes, sorgte bereits in den ersten Tagen seiner kurzen Amtszeit für einige Histörchen. Überraschend tauchte Krünes anläßlich der Eröffnung der Bregenzer Festspiele im Sommer 1986 in der Kaserne Lochau auf. Der Torposten war sich nicht bewußt, wen er vor sich hatte, und ließ den Fremdling anstandslos passieren. Krünes, begleitet von seinem Kabinettschef Divisionär Radauer, stand nun auf dem großen Exerzierplatz. Weder der Wachkommandant noch der Offizier vom Dienst ließen sich blicken. Endlich kam gemächlichen Schritts ein Unteroffizier auf die beiden zu. Divisionär Radauer, schon ungeduldig: „Sehen Sie nicht, daß der Herr Bundesminister hier ist?“ „Schon, schon!“ beteuerte der Unteroffizier. Radauer, der endlich eine vorschriftsmäßige Meldung hören wollte, bohrend: „Was machen Sie, wenn der Minister kommt?“ Die Antwort des biederen Alemannen entwaffnete die beiden: „Ich verstärke die Wache, Herr Minister!“
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DJANGO STELLT SICH DEM DUELL
ORDNUNGSRUF Eines der kniffligsten Probleme, denen sich die ÖVP als frischgewählte Regierungspartei gegenübersah, war die ungelöste Draken-Frage. So nahm denn auch dieses Thema bei der ersten Klausurtagung der ÖVPMinisterriege Anfang 1987 eine dominierende Rolle ein. Verteidigungsminister Robert Lichal hob schon zu Beginn seines Referates beschwörend die Hände hoch und meinte weinerlich: „Ich kann das Wort ‚Draken’ schon nicht mehr hören! In der Nacht wache ich schweißgebadet auf, und meine Frau sagt, ich schrei’ im Schlaf: ‚Draken, Draken’.“ Der schon aus der Oppositionszeit für seine bissigen Zwischenrufe bekannte und berüchtigte Kanzleramtsminister Heinrich Neisser hakte hier ein: 61
„Gut, Robert, daß wir nicht den ‚Viggen’ gekauft haben“ (wobei er das V eher als F aussprach). „Was hätte dann deine Frau gesagt, wenn du im Schlaf geplaudert hättest?“ Dies rief nun wieder die neuernannte Familienministerin Marilies Flemming auf den Plan, die für Neisser wegen dessen ordinärer Bemerkung - einen Ordnungsruf forderte. Schließlich wurde sie belehrt, daß Neisser nichts Ordinäres, sondern nur den SAAB-Viggen im Sinn gehabt hätte.
„KANONEN-ROBERT“ Robert Lichal trug, als er noch Sicherheitssprecher war, wegen seiner besonderen Vorliebe für Schußwaffen den Spitznamen „RevolverHofrat“. Mit Übernahme des Verteidigungsministeriums wurde er gefragt, ob er nicht einen passenderen Beinamen wolle, da er es ja nun mit schwererem Kaliber zu tun habe. Lichal: „Ist schon passiert. Ich heiße jetzt ‚Kanonen-Robert!’ ”
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NIEDERER UND HOHER ADEL
Die Abschaffung des Adels 1919 traf die Angehörigen der großen österreichischen Familien kaum. Denn wenn einer Fürstenberg oder Schwarzenberg, Auersperg oder Windisch-Graetz, Khevenhüller oder Kinsky, Hoyos oder Starhemberg hieß, wußte jedermann, wen er vor sich hatte. Anders war dies mit den Angehörigen des Beamten- oder Militäradels. Für sie stellten der Titel und das damit verbundene Sozialprestige ein wesentliches Element ihres Lebensinhaltes dar. Geld besaß man ohnedies nicht viel, und ihre bescheidenen Ersparnisse hatte diese Schicht von Staatsdienern in selbstverständlicher Pflichterfüllung meist als Kriegsanleihe auf dem Altar des Vaterlandes geopfert. So waren sie zum beliebten Objekt der Humoristen geworden, die vor allem mit den literarischen Blüten der Adelskanzlei des Kaisers ihren Spott trieben. In Roda Rodas „Feldherrenhügel“ tritt etwa ein Oberleutnant Riedel von Treuschwert auf, und Karl Kraus kam nicht umhin, den Major Tschibulka von Welschwehr zu erfinden. Im Offiziersstandesverzeichnis findet sich sogar ein echter „Edler Cavallar von Grabensprung“. Die bekannte Titelsucht der Österreicher, die aus jedem Studenten einen „Doktor“ und aus jedem Stammgast einen „Baron“ macht, trug ebenfalls dazu bei, daß den Satirikern der Stoff nie ausging.
„ADEL VERPFLICHTET“ August von Rainer-Harbach, einer alten Kärntner Adelsfamilie entstammend, erhielt ein Schreiben des Magistrates Wien. Darin wurde er aufgefordert, gemäß dem Gesetz über die Abschaffung des Adelsprädikates einen seiner beiden Namen abzulegen.
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Die lakonische Antwort Rainer-Harbachs darauf: „Ich lege beide ab, ich nenne mich nur mehr August!“ Der Wiener Magistrat verzichtete auf einen weiteren Schriftverkehr. Oberst Robert (Graf) Künigl aus einem der ältesten Tiroler Geschlechter zu einem jungen aufmüpfigen Reserveleutnant aus dem sogenannten „Bahnadel“ (im Kasinojargon wurden, unter Anspielung auf die Bahnfahrt Kaiser Karls ins erste Exil, so jene Familien bezeichnet, die ihren Adelstitel erst wenige Stunden vor dem Zusammenbruch der Monarchie erhalten hatten): „Als ihr geadelt worden seid, waren wir schon lange degeneriert!“ Der erste Verteidigungsminister des Bundesheeres, der Kärntner Bauernbündler Ferdinand Graf, wird während einer Übung mit dem Grundbesitzer Graf Eltz bekannt gemacht. Dabei entsteht folgender Dialog: „Eltz!“ „Graf!“ „Wenn Sie wollen, Herr Minister, auch Graf Eltz!“ Chargenkurs bei der Heeressport- und Nahkampfschule in Hainburg. Der Korporal vom Tag wird in die Kompaniekanzlei gerufen, und der Dienstführende trägt ihm auf, Leutnant Bittner-Buddenbrock-Hettersdorf solle in die Kanzlei kommen. Der Soldat tritt auf den Gang und ruft laut: „Leutnant Bittner - - Buddenbrock - - - Hettersdorf in die Kompaniekanzlei kommen!“ Nach einiger Zeit erscheint der Leutnant und fragt, was los sei. „Sie sollen in die Kanzlei kommen“, sagt der Korporal vom Tag, „aber wo sind denn die beiden anderen?“
„ECHTER“ UND „FALSCHER“ ADEL Das Salzburger Panzerbataillon Nr. 7 wurde jahrelang vom damaligen Major Edmund (Graf) Clary und Aldringen geführt. Bei einer Inspektion durch einen höheren Offizier des vorgesetzten Gruppenkommandos wurde ein Rekrut befragt: 64
JEDER ZOLL EIN ARISTOKRAT
DER „HERR VON RAINER“
„Haben Sie schon Ihren Kommandanten kennengelernt?“ „Ja“, antwortete freundlich der Angesprochene, „den Clary kenn’ i schon, nur der Aldringen woa no net do.“ In den sechziger Jahren wurde im Bundesheer das sogenannte „Lokale Meldesystem“ eingeführt. Wie in jeder Armee, gab’s dazu automatisch eine Abkürzung: „LOKSY“. Ein Offizier, der noch nichts von dem neuen Suchsystem auf Militätlandkarten wuße, hörte im Kasino erstmals von „LOKSY“. Nachdem er von seinen Kameraden darüber aufgeklärt worden war, meinte er: „Warum können wir nicht einmal ein eigenes Meldesystem erfinden, warum brauchen wir dazu einen polnischen Grafen?“ Seither heißt er im Kameradenkreis „Graf Loksy“.
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DER „FU“
Fünfzehn Jahre lang - und zwar die ersten, für den Aufbau entscheidenden fünfzehn Jahre - war er der erste Soldat des jungen Bundesheeres: Erwin Fussenegger ist auf den kommenden Seiten stark vertreten. Das lag sowohl an der Zeit -Pionierphasen sind ungestüm - als auch an ihm selbst. Der stets brummig und grantig wirkende „Fu“, wie er fast liebevoll genannt wurde, hatte unter einer rauhen Schale ein großes Herz für die Schwächen und Sorgen seiner Soldaten. Ob da wohl Vater Galgotzy Pate stand?
DIE GESTÖRTE NACHTRUHE DES GENERALS ODER DAS KLEINERE ÜBEL Beim Kommandanten der 1. Kompanie des steirischen Panzerbataillons Nr. 7, Hauptmann Battyan, läutet um 2 Uhr 30 früh das Telefon, und eine strenge Kommandostimme gibt sich als Generaltruppeninspektor Fussenegger aus. Befehl: Das Panzerbataillon sei sofort zu alarmieren und abmarschbereit zu machen. Der Bataillonskommandant Major Kuntner, von Hauptmann Battyan geweckt und von diesem Anruf unterrichtet, befiehlt seinem Kompaniekommandanten, einen Kontrollanruf beim diensthabenden Offizier im Verteidigungsministerium zu machen und, sollte dieser keine Klärung bringen, die Privatnummer des Generals zu wählen. Da der Rückruf beim Journaloffizier nicht das gewünschte Ergebnis brachte, wählte der befehlsgetreue Offizier die Privatnummer des obersten Soldaten des Bundesheeres. Dieser meldete sich schlaftrunken am Apparat und machte den Panzeroffizier, der es gewagt hatte, seine Nachtruhe zu stören, buchstäblich zur Schnecke. 66
Major Kuntner, als Initiator dieser Molestierung, wollte sich vor seinen Kompaniekommandanten stellen, rief am nächsten Morgen das Ministerium an und ließ sich mit General Fussenegger verbinden. Auch jetzt ging noch ein Donnerwetter - wenn auch schon mit abnehmendem Grollen - über den Major nieder. Zum Schluß der Philippika fragte der General fast schon wieder in väterlichem, wenn auch strengem Ton: „Sag einmal, Kuntner, was hast du dir eigentlich dabei gedacht?“ „Herr General“, antwortete ihm der als überaus schlagfertig bekannte Major, „ich dachte mir, es sei immer noch das kleinere Übel, einem General die Nachtruhe zu stören als 650 Mann.“ PS: Sowohl Kuntner als auch Battyan brachten es später ebenfalls bis zum General.
DIE GENERALSINSPIZIERUNG Als Eduard (Graf) Walderdorff noch Major war, wurde seine Einheit von dem als überaus streng geltenden Generaltruppeninspektor inspiziert. Es kam, wie Walderdorff befürchtet hatte: Fussenegger mäkelte, kritisierte und grantelte den ganzen Tag vor sich hin. Am Ende der Inspektion hatte der General das Gefühl, mit dem liebenswerten Major zu streng ins Gericht gegangen zu sein, und meinte versöhnlich: „Zum Schluß darfst du dir etwas wünschen, Walderdorff!“ Der geschundene Graf nach einer kurzen Nachdenkpause: „Herr General mögen lange nicht mehr kommen.“
NUR BIS HEUTE ABEND . . . Fussenegger war - wie eben beschrieben - ein gefürchteter Vorgesetzter. Man wußte auch, daß er auf Sauberkeit großen Wert legte. Bei angesagten Inspektionen wurde daher in den Kasernen bereits Tage vorher alles auf Hochglanz gebracht. Bei der Visite einer steirischen Garnison kam der hohe Herr aus Wien aus dem Staunen nicht heraus - so blank war alles gescheuert. 67
Auch in der Küche nicht der geringste Anstand: Jacke und Schürze des Kompaniekochs - weiß wie Schnee. Da stellte der General eine verhängnisvolle Frage: „Wie lange tragen Sie so eine Jacke?“ Prompt kam die entlarvende Antwort: „Bis heute abend, Herr General!“
DIE VERANTWORTUNG Fussenegger begegnet einem Zugsführer und zwei Soldaten, die einen Spind, also einen Militärkasten, tragen. Der Zugsführer nimmt vor dem General Haltung an und meldet: „Zugsführer Forsthuber meldet drei Mann beim Spindtragen!“ „Danke“, antwortet der General, „aber den Spind tragen doch nur zwei. Was tragen Sie, Herr Zugsführer? Sie haben mir doch drei Mann beim Spindtragen gemeldet!“ Die Antwort des Zugsführers überrascht selbst den hohen Offizier: „Ich trage die Verantwortung, Herr General!“
WER SEIN AUTO LIEBT, DER SCHIEBT Im Jahr 1956 wurde die PzAufklSchulAbt (ausgeschrieben heißt das Wortungetüm: Panzeraufklärungs-Schulabteilung) unter dem Kommando von Major Wohlgemuth nach Allentsteig verlegt. Der Truppenübungsplatz und vor allem seine Straßen befanden sich damals in einem tristen Zustand. Eines Tages erschien unangesagt Generaltruppeninspektor Oberst Fussenegger. Hauptmann Lang wurde als Lenker für den hohen Gast eingeteilt. Auf einer Fahrt, kurz vor Einbruch der Dunkelheit, geriet das Hinterrad des Jeeps in ein tiefes Loch und blieb stecken. Die Reifen drehten sich durch, zumal die amerikanischen Jeeps noch nicht die Geländetüchtigkeit des späteren Puch-Haflingers oder Puch-Pinzgauers besaßen. Hauptmann Lang zu Oberst Fussenegger: „Herr Oberst, ich darf Sie bitten, sich an das Lenkrad zu setzen! Ich werde ruckartig schieben, und Sie geben Gas!“ 68
Darauf Fussenegger etwas konsterniert zu Lang: „Ich habe keinen Führerschein!“ Der Hauptmann zum Oberst: „Tut mir leid, dann müssen Herr Oberst schieben!“ Und so geschah es, daß der damals ziemlich gefürchtete Generaltruppeninspektor einen jungen Hauptmann aus dem Loch schob.
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HÖHER GEHT'S NIMMER!
Die Generäle: Wirklich aus der Fassung zu bringen sind sie nur, wenn ein unbedarfter Zivilist - die goldbestickte Schirmkappe vor Augen - sie mit dem Portier des Hotels Sacher verwechselt; denn schon der erste Eindruck wirkt Ehrfurcht gebietend: Überall Gold - am Kappenschirm geflochten, am Kragen gestickt, an die Brust geheftet, um die Leibesmitte geschnallt. Dazu als farblicher Kontrast: das Kardinalrot - wohin man blickt. An den Hosen die sogenannten Lampassen: breite rote Streifen, auf den Mantelkragen und als Futter-„Stoff" - Brimborium genug für zahllose Schnurren .
„VORNE OFFEN" Beim Rekrutenunterricht hatte sich der Unteroffizier große Mühe gegeben, seinen Soldaten die Rangabzeichen der Herren Offiziere zu erklären, damit sie diese bei der Meldung richtig ansprechen konnten. „Leutnant - ein goldener Stern!" begann er mit der Aufzählung. „Oberleutnant - zwei goldene Sterne, Hauptmann: drei goldene Sterne" alle Dienstgrade bis zum Oberst wurden so erläutert. Beim General nahm es der Unteroffizier besonders genau, war doch der „Kommandierende" aus Graz zu einer Inspektion angesagt: „Der General trägt an der Außenseite der Hose breite rote Streifen, und das Mantelrevers, also die Brustaufschläge, ist mit rotem Tuch besetzt." Nach einer kurzen Pause, in der er die Wirkung seiner Worte überprüft hatte, setzte er fort: „Meistens tragen die Generäle den Mantel offen, damit man sie schon von weitem erkennen kann! Verstanden?" Beim Besuch des Generals hörte sich dann das so an: 70
General: „Woran erkennst du einen General?" Rekrut: „Jo mei - weil sie breite rote Streifen an der Hose . . . und die vorne offen haben!"
EIN STARKER TRUNK Die Generäle Emil Spannocchi und Wilhelm Kuntner verband eine jahrzehntelange gemeinsame Laufbahn, wobei der jüngere Spannocchi, da früher Soldat geworden, dem älteren Kuntner stets um eine Nasenlänge in der Karriere voraus war. Gemeinsam war ihnen aber eine gewisse Leidenschaft für harte Getränke, wobei der Whisky an erster Stelle stand. Zur Zeit dieser Geschichte diente in der von Spannocchi und Kuntner kommandierten 9. Panzergrenadierbrigade (Spannocchi war Kommandant, Kuntner sein Stabschef) ein jüngerer Offizier, dem ärztlicherseits vom Whisky-Konsum abgeraten worden war, da er an einem Magenleiden laborierte. Um aber nicht als Schwächling verhöhnt zu werden, griff der Leutnant zu einer List und ließ sich in eine WhiskyFlasche Tausendguldenkrauttee einfüllen. Eingeweiht in dieses Manöver war nur der Kasinounteroffizier, der den Leutnant, wenn es wieder einmal im Kasino hoch herging, aus dieser Flasche bediente. Eines Abends kehrten die beiden Obersten, schon etwas angeheitert, heim und suchten das Kasino auf. Der Kasinounteroffizier war bereits zu Bett gegangen; nur mehr eine ahnungslose Ordonnanz versah Dienst. Kuntner rief dem Jungmann entgegen: „Zwei Whisky, aber schnell!" Die Ordonnanz konnte aber keine Whisky-Flasche finden, worauf Oberst Kuntner selbst das Flaschenregal inspizierte. Dabei stach ihm natürlich jene Flasche ins Auge, die für den eben geschilderten Zweck ganz oben versteckt worden war. Der junge Soldat schenkte, mehrmals Entschuldigung stammelnd, den beiden Obersten ein. Kuntner kostete als erster - es beutelte ihn ganz fürchterlich. Er nahm noch einen zweiten Schluck mit demselben Ergebnis. Dann meinte er lakonisch zu seinem Freund und Chef: „Du, Emil, den nehmen wir, der ist hart!“
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DER LETZTE BRIEF Der Kommandant der Landesverteidigungsakademie Generalmajor Emil Spannocchi führte seinen Stab, wie man so sagt, am langen Zügel, und ließ vor allem seinen beiden Stellvertretern, den Generalstabsobersten Kuntner und Berger, großen Spielraum. Jeden Tag nach Dienstschluß versammelte man sich im Arbeitszimmer des Generals, um freimütig mit ihm die offenen Fragen zu besprechen. Um so erstaunter waren beide, als sie eines Tages je einen Brief des Generals erhielten, der unverhohlen Kritik an ihrer Arbeit enthielt. Man beriet sich kurz und kam zu dem Entschluß, diesen Stil nicht zu akzeptieren. Beide Briefe wanderten in den Papierkorb. Beim abendlichen Gespräch mit dem General taten sie so, als hätten sie nie ein Schreiben bekommen. Spannocchi brachte schließlich selbst das Thema aufs Tapet: „Also, was sagt ihr zu meinem Brief?“ „Brief?“ lautete die synchrone Antwort der Obersten. „Habt ihr nicht mein Schreiben über die Koordinierung unserer Aufgaben erhalten?“ „Herr General“, antwortete Oberst Kuntner, „da du mit uns immer alles persönlich besprichst, dachten wir an eine Mystifikation und haben die Briefe ungelesen weggeworfen. Was stand denn drinnen?“ Spannocchi war zunächst sprachlos, ging dann zum Schreibtisch, schenkte drei Cognac-Schwenker ein und versprach den Obersten, nie wieder einen Brief zu schreiben.
KINOBESUCH General Spannocchi, inzwischen Pensionist, besucht mit Gattin das seiner Wohnung gegenüberliegende Urania-Kino. Der Film beginnt etwas verspätet, und Frau Spannocchi bittet ihren Gatten, ein paar Bonbons zu holen. Als der General beim Billeteur vorbeigeht und seine Karte vorweist, meint der: „Ihna kenn i!“ Spannocchi will sich zu erkennen geben, doch der Billeteur winkt ab: 72
„Na, sogn’s ma nix. Mir wird’s scho söba einfolln.“ Als der General nach dem Kauf der Zuckerln wieder den Kartenabreißer passiert, meint dieser: „Jetzt hob i’s! Se schau’n dem General Spannocchi ähnlich.“ Spannocchi wirft sich in Positur, doch der biedere Mann wehrt neuerlich ab: „Na, mochn’s kan Schmäh! So ähnlich schaun’s eam a wieda ned!“
DIALOG MIT DEM KANZLER Der Nachfolger General Spannocchis als Armeekommandant, General Ernest Bernadiner, war kurz nach dem Kommandowechsel zum Antrittsbesuch bei Bundeskanzler Kreisky angemeldet. Als der General und sein Adjutant längere Zeit im Vorzimmer gewartet hatten, wurde er endlich ins „Allerheiligste“ gebeten. Das Gespräch dauerte etwa zwanzig Minuten. Auf der Heimfahrt fragte der Adjutant neugierig, was der General dem Kanzler über die Armee erzählt habe. „Ja“, meinte der General, „es war umgekehrt. Der Kanzler hat mir genau erzählt, was die Gewerkschaftsdelegation, die vorher bei ihm war, alles gewollt hat, und dann hat er mich hinauskomplimentiert, bevor ich etwas erzählen konnte.“
DER UNBEKANNTE TOTE Inspektion beim Panzerbataillon 4 in Graz-Wetzelsdorf. Generalmajor Vogl, Befehlshaber der Gruppe II (südliches Burgenland, Steiermark, Kärnten und Osttirol), besichtigt die Ausbildung und stellt einzelne Fragen. Von einem der jungen Panzerschützen will er wissen: „Wie heißt Ihr Zugskommandant?“ „Leutnant Huber.“ „Wer ist der Kompaniekommandant?“ Jetzt stockt der junge Mann kurz, dann fällt’s ihm aber ein: „Hauptmann Battyan.“ „Richtig, und wissen Sie auch den Namen Ihres Bataillonskommandanten?“ 73
Da lohnt es sich, daß man diese Fragen vorausgeahnt hatte. „Major Dworzak“, kommt prompt die Antwort. General Vogl ist fast schon zufrieden, will aber noch wissen, ob der junge Mann auch ihn kenne. „Jetzt sagen Sie mir noch, wie heißt der Befehlshaber?“ Der Rekrut legt den Kopf schief; es will ihm nicht einfallen. Im Hintergrund versucht Leutnant Huber dem Gedächtnis nachzuhelfen, indem er mit den Armen Vogelschwingen darstellt. Da zündet’s: „Jessas, jetzt waß is“, sagt stolz der Soldat, „der is scho g’storbn!“
BLUMEN FÜR DIE FRAU KAMMERSÄNGER An der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt war man sehr bemüht, der Offiziersausmusterung eine besondere Note zu geben. So verfiel man auf die Idee, am Vorabend des wichtigsten Tages in einem Militärakademikerleben ein Konzert im wunderschönen Hof der Burg zu geben. Als Solistin hatte sich die bekannte Kammersängerin Irmgard Seefried zur Verfügung gestellt. Während sich die Anwesenden dem Kunstgenuß hingaben, zischte plötzlich Generalmajor Watzeck, der Kommandant der Militärakademie, dem neben ihm sitzenden Oberst Schindler ins Ohr: „Die Blumen, ich will jetzt die Blumen haben!“ Oberst Schindler, zuständig für Bildung und Kultur, hatte allerdings auf den Blumenstrauß vergessen. Da kam ihm der rettende Gedanke, und er stieß den neben ihm sitzenden Leutnant Schuster in die Rippen: „Lauf schnell in die Georgskapelle und organisiere dort das vom General gewünschte Grünzeug für die Dame!“ Der Leutnant tat, wie befohlen, raffte im Laufschritt von mehreren Altären die dort placierten Blumen zusammen und brachte sie noch so zeitgerecht, daß sie der General der vielbeklatschten Kammersängerin überreichen konnte. Da die Blumen den diversen Vasen unmittelbar entnommen worden waren, tropfte noch reichlich Wasser aus den Stengeln heraus und ergoß sich über das teure Abendkleid der Künstlerin. 74
Darauf der General zu seinem Oberst: „Weise den Blumenhändler an, in Zukunft nur mehr trockene Blumen zu liefern!“ Beim nächsten Mal kamen Strohblumen.
GENESUNGSWÜNSCHE An der Militärakademie wurde das Mittagessen von den Offizieren gemeinsam mit dem Kommandanten eingenommen. Man wartete im Vorraum des Speisesaales auf das Erscheinen des Obersts, der begrüßte diejenigen, die er an diesem Tag noch nicht gesehen hatte, fragte den einen oder anderen um sein Befinden, dann nahm man an der Tafel Platz. Eines Tages fragte Oberst Watzek den Leutnant Widhofner, wie es denn seiner Familie so gehe. „Dank der Nachfrage, Herr Oberst“, antwortete dieser, um nach kurzem Atemholen fortzusetzen: „momentan schlecht, Frau und Kinder krank.“ Watzek, der schon zum nächsten weitergegangen war und nicht mehr zugehört hatte, drehte sich kurz um und meinte: „Gut, gut, nur so weitermachen, Widhofner!“
DER ERBAUER Jahre später. Watzek war inzwischen Generalmajor geworden, spielte ihm seine Zerstreutheit wieder einen vielbeschmunzelten Streich. Der General führte eine Besuchergruppe, alles Mittelschulprofessoren, persönlich durch die Räumlichkeiten der Militärakademie. Als er mit den Gästen in den schönsten Raum der alten Babenbergerburg kam, den Maria-Theresien-Rittersaal, in dem die Gemälde der Träger dieser begehrten Militärauszeichnung, aber auch die anderer Berühmtheiten hängen, wies Watzek auf ein Bild hin und sagte: „Meine Damen und Herren, hier haben Sie das Bild des Ritters Carl von Ghega, des Erbauers der Südautobahn.“
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DIE WOLKENSCHIEBER
Die Generalstäbler: Sie kauen bis heute an dem böswilligen Witz, demzufolge Moses der erste Generalstäbler gewesen sei: „Er führte sein Volk vierzig Jahre ziel- und planlos durch die Wüste.“ Auch die Bibel mußte für einen Ulk herhalten: Dort steht über Josef in Ägypten zu lesen: „Er hängte sich ein grünes Mäntelein um und dünkte sich mehr als die anderen.“ Es ist nicht beweisbar, daß die Uniformschneider Seiner apostolischen Majestät an dieses biblische Vorbild dachten, als sie den Generalstäblern einen Uniformrock verpaßten, der in der ärarischen Sprache die Bezeichnung „flaschengrün“ hatte. Nun, „Flaschen“ sind nur die wenigsten gewesen; der österreichische Generalstab brachte ganz außerordentliche Begabungen hervor. Die Namen reichen von Conrad v. Hötzendorf über Theodor Körner, Ludwig Jansa bis zu Emil Spannocchi. Es gab aber auch einen Verräter Alfred Redl unter ihnen. Da die Generalstäbler besonders rasch Karriere machten, wurden sie natürlich zur Zielscheibe manch üblen Spotts ihrer Kameraden aus den unteren Rängen. „Traumdeuter“ oder „Wolkenschieber“ sind nur zwei dieser hämischen Beinamen. Möglicherweise stand dabei der unvergleichliche General Galgotzy mit folgender Erzählung Pate: Galgotzy, dem ein junger, nicht sehr talentierter Erzherzog als Schüler anvertraut worden war, über die Fähigkeiten des blaublütigen Herren: „In dieser Manöverlage gab es zwei Möglichkeiten. Kaiserliche Hoheit haben die dritte gewählt.“
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ERNSTE LAGE Am Truppenübungsplatz Allentsteig fand 1968, nach dem Einmarsch der Streitkräfte des Warschauer Paktes in die ČSSR, eine Besprechung führender Offiziere des Bundesheeres statt. Der Chef des Heeresnachrichtendienstes referierte die denkbar schlechte Lageentwicklung. Ein rangniederer Teilnehmer wurde dabei Zeuge folgenden Disputs: Generaltruppeninspektor Fussenegger zur bedrohlichen Situation für das Bundesheer: „ . . . da werden sie nicht kommen, so blöd sind sie nicht!“ Oberst des Generalstabs Wohlgemuth hartnäckig: „Aber wenn sie doch so blöd sind, Herr General?“ Fussenegger nach kurzer Zeit des Nachdenkens und einem Blick auf die Karte: „Dann ist es aus!“
LIEBER NICHT Dem späteren General Karl „Charly“ Wohlgemuth ging seit seinen Leutnantjahren der Ruf voraus, ein begnadeter Taktiker, aber ein bequemer Mensch zu sein. Die Teilnehmer des 2. Generalstabskurses - darunter Wohlgemuth erhielten eines Tages den Auftrag, bis zum nächsten Morgen eine taktische Aufgabenstellung auszuarbeiten. Wohlgemuth verzichtete darauf und verbrachte den Abend lieber beim Heurigen. Prompt wurde er am nächsten Tag als erster aufgerufen, seine Lösung vorzutragen. Mangels eigener Gedanken schnappte Charly Wohlgemuth den Zettel, auf dem sein Banknachbar, der Hauptmann Fritz A., seinen Vorschlag skizziert hatte. Am Weg zur Tafel hielt Wohlgemuth plötzlich inne, wandte sich zu seinem fleißigen Kameraden A. und sagte trocken: „Fritz, du Trottel, so eine schlechte Lösung kann ich ja nicht vorlesen!“
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ERNSTE LAGE
SCHICHTENLINIEN ABGETRETEN“ Manöver 1962 im Zillertal. Da Generalstabsoffiziere nicht immer nur einen Stab, sondern von Zeit zu Zeit auch eine Truppe führen sollten, wurde Oberst im Generalstab Dr. Diuć, für viele der Paradeintellektuelle im Bundesheer, mit dem Kommando der Tiroler 6. Jägerbrigade betraut. Wie nun einmal Generalstäbler sind, konstruierte er auf den Karten einen „genialen“ Plan. Er befahl dem Bataillon des in Tirol nur „Bauerngeneral“ genannten und ungeheuer populären Major Ruef, die „feindlichen“ Kräfte durch einen Gewaltmarsch zu umgehen und zu überlisten. Sie sollten, so sein Auftrag, auf schnellstem Weg, am besten entlang der Höhenschichtenlinie - also auf gleicher Höhenlage -, den Verteidigern in den Rücken fallen.
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Nachdem sich der Major bereits seit längerem nicht mehr über Funk beim Brigadekommando gemeldet hatte, sandte Oberst Diuć folgenden Funkspruch ab: „Straßenbahn (so lautete der Deckname im Funkverkehr), Meldung ob Ziel erreicht.“ Major Ruef war mit seinen wackeren Tirolern bereits seit Stunden fluchend unter extremen Wetter- und Geländebedingungen unterwegs und daher nicht wenig ärgerlich, als der lästige Funkspruch kam. Seine grollende Antwort: „Straßenbahn kommt nur sehr langsam vorwärts, da Schichtenlinien total abgetreten ...“ Der Oberst, so wird erzählt, las zuerst sehr gequält die freche Antwort, mußte dann aber selbst über den Humor seines Tiroler Majors lachen.
GEHEIMER INHALT Oberst des Generalstabes Alexander Kragora war zeit seines Lebens ein flottes Haus, liebte den Wein, war überaus gesellig, sangesfreudig, galant zu den Damen, kurz und bündig: ein Charmeur der alten Schule. Um seine Rolle als Geheimnisträger zu unterstreichen, trug Kragora manchmal einen schwarzen Aktenkoffer mit Zahlenschlössern mit sich. Einem jungen angehenden Generalstäbler übergab er einmal das gute Stück mit dem eindringlichen Befehl, den Koffer nicht zu öffnen, da geheime Akten drinnen seien. Ein Verlust der Schriftstücke könne ihn seine Stellung kosten. Der junge Offizier trug den ganzen Tag den Koffer mit sich, stets achtend, daß er ihm ja nicht gestohlen werde. Nach einigen Stunden konnte er jedoch seine Neugierde nicht mehr bändigen und öffnete das schwere Stück. Einziger Inhalt: ein Paar schwarze Uniformsocken.
ALPENJÄGER ODER BODENLEGER? Der Generalstabskurs unternimmt jährlich zwei Übungsreisen, verbunden mit Ausbildung im alpinen Gelände. Wie auch seine 79
Nachfolger, kam der 3. Generalstabskurs auf der sogenannten „taktischen Winterreise“ nach St. Anton am Arlberg zur Schiausbildung. Das schifahrerische Können war höchst unterschiedlich; trotzdem mußten alle, einer weisen höheren Entscheidung gehorchend, sofort mit der Seilbahn auf die Valluga fahren. In der Gondel befanden sich auch zahlreiche deutsche Urlauber. Fragte eine Dame einen Kursteilnehmer der fünften und letzten Gruppe: „Herr Alpenjäger, wie lange werden Sie hier hinunterfahren?“ Der antwortete: „Ein bis zwei Tage!“ Allgemeines Gelächter, niemand dachte daran, daß die Antwort nicht so weit von der Realität entfernt sein sollte. Die Schiabfahrt der Gruppe 5 soll hier nicht näher beschrieben werden. Als aber einige Teilnehmer am Abend durch St. Anton gingen, konnten sie folgenden Dialog hören. Sagte ein deutsches Mädchen zum anderen: „Guck mal, Alpenjäger!“ Antwortete die andere trocken: „Ach ne, Bodenleger!“
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DER MENSCH FÄNGT BEIM MAJOR AN
DAS ABENDGEBET Oberstleutnant Ambros, Kasernenkommandant der größten Bundesheerkaserne in Salzburg-Siezenheim, wurde gemeldet, daß in dem fast 25 Kilometer langen Gitterzaun, der die Kaserne vor dem Zutritt Unbefugter schützen soll, ein mannshohes Loch entstanden sei. Dieses werde vor allem von Präsenzdienern, die den Zapfenstreich überschritten hätten, benützt, um, von der Wache unbemerkt, in die Kaserne zu gelangen. Da die Reparatur derartiger Mängel in einer Kaserne stets lange auf sich warten läßt, befahl Ambros der Wache: Es habe ein Bereitschaftsposten das Loch im Zaun, insbesonders während der Nachtstunden, streng zu bewachen und jeden, der auf diesem Weg in die Kaserne gelangen will, dabei festzunehmen. Der ertappte Übeltäter sei ihm am nächsten Morgen persönlich vorzuführen. Ambros, kasernbekannt, daß er alle seine Befehle selbst kontrollierte, beschloß, auch diesen Auftrag zu überwachen. So legte er sich um Mitternacht unweit des Bereitschaftspostens, der das Loch bewachen sollte, flach auf den Boden. Da bemerkte er, daß der Soldat seinen Stahlhelm vom Kopf nahm, ihn über den Gewehrlauf stülpte, beide Unterarme darauf stützte und schließlich noch den Kopf darauf legte. Wie von einer Tarantel gestochen, sprang der Oberstleutnant auf und rief laut in Richtung Übeltäter: „Ha, jetzt habe ich Sie beim Schlafen erwischt!“ Darauf erhob sich der vermeintlich Ertappte und sagte mit betont getragener Stimme: „Aber Herr Oberstleutnant, man wird doch noch sein Abendgebet verrichten dürfen.“ 81
GRUFTVERBOT Für Oberstleutnant Huber besaß die Tradition einen besonders hohen Stellenwert. Er begrüßte daher lebhaft die Entscheidung seines Ministers Georg Prader, den Einheiten des Bundesheeres Traditionstruppenkörper aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zuzuweisen. Ganz aus dem Häuschen geriet er schließlich, als seinem Panzergrenadierbataillon ein besonders glanzvoller Truppenkörper der k. u. k. Armee als Traditionseinheit zugewiesen wurde: das Dragonerregiment Kaiser Nr. 11, dessen Inhaber Franz Joseph persönlich gewesen war. Der Oberstleutnant hielt es daher für seine selbstverständliche Pflicht, jährlich an Kaisers Geburtstag, dem 18. August, seine Offiziere in der Kapuzinergruft in Wien, in der auch Franz Joseph bestattet ist, zu versammeln, um dem toten Regimentsinhaber die neu zum Bataillon gekommenen Offiziere vorzustellen (vor dem Ersten Weltkrieg fand ja die Ausmusterung der jungen Leutnante in Wiener Neustadt an Kaisers Geburtstag statt). Als er sich eben anschickte, dem toten Monarchen den frisch ausgemusterten Leutnant Jilke vorzustellen, konnten zwei Oberleutnants das Lachen nicht mehr verbeißen und prusteten deutlich hörbar vor sich hin. Oberstleutnant H. überging - angesichts der Weihestätte - diesen Eklat. Aber schon auf der Treppe Richtung Neuer Markt herrschte er die beiden Übeltäter an: „Ich verbiete mir, daß in der Kaisergruft gelacht wird. Ab sofort haben beide Herren Gruftverbot!“
VÄTER UND SÖHNE Der armeebekannte Spaßvogel Amtsrat und Oberstleutnant der Reserve Bruno Binder leistete vor Jahren eine freiwillige Waffenübung in der Fliegergarnison Zeltweg ab. Mit ihm eingerückt war auch der Sohn des Intendanzchefs des Bundesheeres (General Dr. Forenbacher). Bei einem Kasinoabend mit Damen, an dem auch die beiden Reservisten teilnehmen durften, erinnerte sich plötzlich der Garnisonskommandant, daß er ja seinerzeit mit dem Vater des jungen Forenbacher die 82
Militärakademie besucht hatte. Er forderte die anwesenden Offiziere und ihre Damen auf, auf das Wohl des von ihm verehrten Generals zu trinken. Da wollte der Kommandant des Fliegerregiments seinem älteren Fliegerkameraden nicht nachstehen und erklärte den Anwesenden, daß er Forenbacher während des Krieges kennen und schätzen gelernt habe. Ein zweiter Trinkspruch auf den General folgte. Nach einer Weile erhob sich schließlich der Kommandant des Jägerbataillons 18, das ebenfalls in Zeltweg stationiert war, und meinte, er kenne den General zwar nicht näher, aber was er bisher über ihn gehört habe, sei lobenswert. Ein dritter Trinkspruch folgte. Nun meldete sich Oberstleutnant Binder zu Wort und erklärte der verdutzten Kasinorunde, daß er sich in diesem Kreis benachteiligt fühle, da noch kein Trinkspruch auf seinen Vater angebracht worden sei. Der erstaunte Garnisonskommandant fragte Binder, welche wichtige Funktion denn sein Vater im Bundesheer ausübe? Die Antwort lautete: „Keine, mein Vater ist Finanzbeamter in Waidhofen.“
DER VERLORENE KOFFER Major Gschwandtner inspizierte das von ihm befehligte Bataillon der Militärakademiker. Bei der Rundfahrt zu den einzelnen Kompanien, die in Ortschaften rund um den Truppenübungsplatz Allentsteig untergebracht worden waren, ging der Koffer des Stabsoffiziers verloren. Bevor der Major wieder in die Militärakademie nach Wiener Neustadt zurückfuhr, drängte er seinen Adjutanten, alles zu unternehmen, damit er wieder zu seinem Koffer komme. Als raschestes Suchinstrument bot sich natürlich der Sprechfunk an. Allerdings hatte das den Haken, daß alle Sprüche über Funk verschlüsselt werden müssen. Der „Feind“ - in diesem Fall die kaum zwanzig Kilometer Luftlinie entfernten tschechischen Grenzeinheiten - sollte natürlich nicht verstehen, was sich die einzelnen Einheiten des Bundesheeres mitzuteilen hatten. So wurden die Funksprüche mit einer sogenannten Sprechtafel verschlüsselt. Das Problem bestand einzig und allein darin, daß auf dem militärischen Tarninstrument das Wort „Koffer“ natürlich nicht enthalten war. So behalf man sich mit folgender Umschreibung: 83
„Großes schwarzes Ding von Uhu 50 verlorengegangen.“ „Uhu“ war an diesem Tag die gültige Tarnbezeichnung für das Akademikerbataillon und 50 die Tarnziffer für den Kommandanten. Der Funkspruch war gerade zum fünften Mal abgesetzt, als sich in den Lautsprechern der österreichischen Funkgeräte eine Stimme mit stark tschechischem Akzent meldete: „No Bundesheer, wo bleibt Kofferr von Majorr!?“
NEBELFAHRT Oberstleutnant Eduard Walderdorff, Bataillonskommandant in Horn, war am späten Abend mit dem Dienstwagen auf dem Rückweg in seine Garnison. Vorhergegangen war eine lange Besprechung beim Brigadekommando in Krems. Danach hatte der adelige Stabsoffizier noch einen Schluck im Kameradenkreis getrunken und war nun während der Fahrt eingenickt. Als mit der einbrechenden Dunkelheit auch noch Nebel einfiel, verfuhr sich sein Kraftfahrer, ein Rekrut, der die Strecke noch nicht gut kannte, hoffnungslos. Nun getraute er sich aber nicht, den Oberstleutnant zu wecken, und versuchte selbst, den richtigen Weg zu finden. Nach einer langen Irrfahrt kam er endlich zu einem Schranken, den er für das Kasernentor hielt, und brachte den Wagen zum Stehen. Walderdorff erwachte, sah den Schranken und erwartete, daß der Posten diesen augenblicklich öffnen werde. Als nichts dergleichen geschah, riß der temperamentvolle Offizier die Autotür auf und brüllte: „Aufmachen, oder ich laß Sie erschießen!“ Antwort aus dem Nebel: „Du Oberst, du hier nix schreien, ich tschechischer Grenzposten!“
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SCHREIBTISCHHENGST UND BAUERNGENERAL Einer der markantesten Offiziere des heiligen Landes Tirol war zweifellos Karl Ruef, genannt der „Bauerngeneral“. Dieser ungeheuer volksverbundene Mann, ein Hüne von Gestalt mit scharfgeschnittenem Profil und einer Glatze, die ständig irgendwelche Schrammen aufwies, war bei seinen Untergebenen gleichermaßen beliebt wie bei Höheren ob seiner Äußerungen gefürchtet. Eines Tages marschierte Ruef, damals noch Major, an der Spitze einer Marschkolonne von Absam in Richtung Leutschach. Die stundenlange Hatscherei bei praller Sonne und dementsprechenden Temperaturen hatte die Soldaten, aber auch ihren Chef einigermaßen gezeichnet. Da überholte ein Jeep die müden Krieger. Drinnen saß ein höherer Vorgesetzter - im Kasinojargon würde man sagen: ein „Schreibtischhengst“. Als er an der Spitze Karl Ruef gewahrte, rief er ihm aus dem fahrenden Jeep heraus zu: „Na, Korl, hosch Blosn?“ Darauf der „Bauerngeneral“ ungerührt: „Jo, auf die Fiaß, nit am Orsch, so wia du!“
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ADAMOVIĆ, DER LETZTE RITTER Eines der bekanntesten Originale der Nachkriegsarmee war der gebürtige kroatische Reiteroffizier Svetosar Adamović. Er diente schon im ersten Bundesheer bei der Kavallerie, später auch in der Deutschen Wehrmacht und mußte dann, wie viele Reitersmänner, absitzen und wurde Infanterist. Seine Karriere im Bundesheer begann er als Kommandant der steirischen Gebirgsbrigade in Graz. Wegen seiner urigen, aber oft recht unflätigen Sprüche wurde er von vielen der „letzte Ritter“ genannt.
DER SALUT Anfang 1957 fuhr ein Jeep bei bitterkaltem Wetter auf das Tor der Kaserne Zeltweg zu. Da dort sowohl Gebirgsjäger als auch Flieger stationiert waren, wurde die Wache ständig gewechselt. Adamović hatte 86
sich für seine Inspektion bewußt einen Tag ausgesucht, an dem die Flieger Wache schoben, denn diesen wollte er es einmal zeigen. Und so geschah es auch. Noch bevor der Posten am Tor rufen konnte: „Wache heraus!“ kanzelte ihn der Oberstleutnant bereits ab. Schlechte Haltung, Schuhe nicht geputzt, ein Knopf an der Bluse war offen - der Zorn des hohen Offiziers wollte kein Ende nehmen. Vorsichtig steckte der Wachkommandant, aufgeschreckt durch das Donnerwetter, den Kopf heraus. Auf seinen verzweifelten Schrei „Wache heraus!“ stürzten fünf Fliegersoldaten vors Tor, begleitet von einem neuen Donnerwetter. „Präsentiert das Gewehr!“ Bevor der Wachkommandant noch „Rechts schaut!“ kommandieren konnte, knallte es. Ein scharfer Schuß hatte sich beim Gewehrgriff gelöst. Der Zugsführer war unfähig, Meldung zu erstatten. Nur Adamović blieb ruhig und meinte leutselig: „Freut mich, daß ihr bei meiner Ankunft gleich Salut schießen tut’s.“
LEBERSCHADEN Adamović genoß zeit seines Lebens den Pflaumenschnaps seiner Heimat, den Slibowitz - und zwar in reichlichen Mengen. Als er mit entsprechenden Beschwerden im Heeresspital in WienStammersdorf lag, erfuhr er, daß der erste General des 2. Bundesheeres, General Liebitzky, gestorben sei. Als Todesursache des strengen Antialkoholikers Liebitzky wurde dem Oberst Leberzirrhose genannt offenbar Nachwirkung einer im Ersten Weltkrieg übergangenen Gelbsucht. Da griff sich A. an die Leber und lachte schallend: „Wenn ich sterbe, weiß ich wenigstens, warum!“
ZÄHES LEBEN Als die Lebensuhr des besagten Kroaten abzulaufen schien, versammelten sich höhere Offizierskameraden an seinem Sterbebett und berieten, ob man ihn nicht - noch vor dem Ableben - zum General 87
befördern solle. Einer, der die Zähigkeit des Reitermannes kannte, meinte: „Und was ist, wenn er wieder gesund wird?“ A. starb als Oberst.
LETZTER WILLE Seinem Grazer Offizierskameraden, dem späteren General Kuntner, trug Adamović seinen Letzten Willen auf. „Willi“, meinte der sterbende Kroate, „legt’s mich nackt in den Sarg, mit dem Hintern nach oben. Und da, im Nachtkastl, da ist a Liste aller hohen Herren, die mich am A ... - Die legt’s mir drauf.“ Dann starb er.
NACHT IM FREIEN Major K. (Name selbstverständlich bekannt) sprach - es sei ihm nicht verübelt - gerne einem guten Tropfen zu. Als er wieder einmal nach einem langen und dementsprechend „feuchten“ Kasinoabend auf dem Heimweg war, übermannte ihn der Schlaf. Da er durch die lange Kastanienallee im Park der Militärakademie wandern mußte, legte er sich unter einem der riesigen Bäume zur Ruhe. Am nächsten Tag, knapp nach Sonnenaufgang, bemerkte die Ordonnanz auf ihrem Weg ins Offizierskasino den schlafenden Major und weckte ihn. Major K. wurde sich in Sekundenschnelle der peinlichen Situation bewußt und schnauzte den Soldaten an: „Was wecken Sie mich? Wissen Sie nicht, daß jeder Stabsoffizier einmal im Monat im Freien nächtigen muß?“
HAARWUCHSMITTEL Mittagstisch im Offizierskasino einer kleinen österreichischen Garnisonsstadt: als Gast ein inspizierender Oberst aus dem vorgesetzten 88
Korpskommando. Den Ordonnanzen wurde aufgetragen, beim Servieren besonders vorsichtig zu sein und den Gast ja nicht anzukleckern. Es kam aber, wie es kommen mußte: Der fremde Oberst steht urplötzlich auf, die hinter ihm mit einem Tableau stehende Ordonnanz nicht bemerkend. Ein volles Glas Bier ergießt sich über das kahle Haupt des Stabsoffiziers. Die Tischrunde hält den Atem an, alles blickt auf den entsetzten Soldaten und sein nasses Opfer. Doch dieses lächelt freundlich und fragt jovial: „Mein’st, daß das hilft?“
GEDÄCHTNISSCHWUND Der Kommandant des Panzerbataillons 7 in Salzburg, der legendäre Oberstleutnant Heitz, zu seinem Wirtschaftsoffizier, der einen wichtigen Meldungstermin beim vorgesetzten Gruppenkommando vergessen hatte und daher von seinem Chef lautstark zur Rechenschaft gezogen wurde: „Hermann, wenn du zu blöd bist, dir etwas zu merken, dann schreibe es dir auf - ich schreibe mir auch alles auf!“ Ein paar Jahre später. Beide Herren sind inzwischen befördert worden. Oberstleutnant Tanzer zu Oberst Heitz, der sich bei seinem Wirtschaftler eine neue Felduniform holen will: „Herr Oberst, nehmen Sie die größere Bluse, denn wenn Sie sich bücken, rutschen Sie heraus.“ Darauf der Oberst: „Hermann, ein Oberst bückt sich nicht mehr - er läßt bücken!“
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EINMAL MÖCHT’ ICH NOCH MAL LEUTNANT SEIN
DER „GEFALLENE“ LEUTNANT Ende der fünfziger Jahre fand auf dem Truppenübungsplatz in Bruck a. d. Leitha ein großes Artillerieschießen statt. Leutnant Tomüller war als Artilleriebeobachter eingeteilt und hatte als seine B-Stelle, seinen Beobachtungsplatz, einen Baum gewählt. Während des Schießens bricht plötzlich der Ast, auf dem er sitzt. Zufällig sieht der Artillerieinspektor des Bundesheeres, Oberst Bauer, den Vorfall und schickt einen Melder hin, um zu erfahren, ob etwas passiert sei. Der Soldat kommt zurück und meldet: „Leutnant Tomüller ist vom Baum gefallen, Herr Oberst!“ Lapidarer Kommentar des Artillerieinspektors: „Gott sei Dank, daß es kein Wehrpflichtiger war, da hätten wir Scherereien gehabt.“
DER FALSCHE BISCHOF Es war in der Anfangszeit des Bundesheeres. Ein junger Leutnant wird zur Pionierkompanie in Aigen im Ennstal ausgemustert. Einer der ersten Aufträge, die er von seinem neuen Kommandanten Oberleutnant Herker erhielt, lautete: „Fahre zum Bahnhof Wörschach und hole den Bischof Politrac ab, der kommt heute mit dem Frühzug an.“ Der Leutnant bestieg einen Jeep und fuhr schnurstracks zum Bahnhof. Dem Frühzug entstieg jedoch kein Bischof. Da auch mit dem nächsten 90
Zug der angekündigte geistliche Würdenträger nicht kam, fuhr der Leutnant in die Kaserne zurück und meldete seinem Kommandanten: „Herr Oberleutnant, der Herr Bischof ist nicht angekommen.“ Der Anpfiff, den er darauf erhielt, war fürchterlich. Er hätte nämlich einen Raupenbagger der Marke Bishop Politrac abholen sollen . . .
TAXI GESUCHT Der Panzerleutnant (Graf) Ährenthal war im Jahr 1961 auf den Opernball abkommandiert worden. Nach dem rauschenden Fest stand er um 6 Uhr früh auf der Opernkreuzung und überlegte, wie er in die ca. 15 km entfernte Garnison Zwölfaxing kommen könnte. Ein Taxi war bei dem schmalen Gehalt eines Leutnants nicht drinnen. Plötzlich fiel ihm ein, daß ja an diesem Tag Panzer von den Reparaturwerkstätten im Wiener Arsenal nach Zwölfaxing überstellt würden. Er fuhr daher mit der Straßenbahn zum Arsenal, setzte sich in weißer Balluniform in einen Panzer und ließ sich in seine Kaserne transportieren.
„SOLL ‘REINKOMMEN!“ Der etwas schwerhörige Oberleutnant St. sitzt allein im Offizierskasino der Kaserne in Spittal a. d. Drau. Die Ordonnanz kommt herein und meldet, draußen sei ein Rohrbruch. Der Oberleutnant unwirsch zum Soldaten, er solle ihn in Ruhe lassen. Als das Wasser immer höher steigt, meldet die Ordonnanz noch einmal mit lauter Stimme: „Draußen ein Rohrbruch!“ Antwort des Offiziers: „Soll ‘reinkommen!“
FRAUEN IN DER KASERNE Oberst Ambros und Oberleutnant Kreuter waren in der Stiftskaserne Zimmernachbarn. Eines Tages erschien der Oberst beim Adjutanten der 91
Landesverteidigungsakademie, Major Schliefellner. Das Entsetzen stand ihm ins Gesicht geschrieben: „Du, Schliefellner, mein Wohnungsnachbar Kreuter hat allem Anschein nach Besuch von französischen Frauen und treibt es mit ihnen!“ Kopfschüttelnd nahm der Adjutant die Meldung zur Kenntnis und ließ sich den Oberleutnant holen, um ihn mit dem Vorwurf zu konfrontieren. Daraufhin wurde dieser blaß und stammelte: „Herr Major, das ist doch nur mein Französisch-Schallplattenkurs.“
GEMISCHTE SAUNA Am Truppenübungsplatz Hochfilzen wurde ein Reserveoffizier vom dienstführenden Unteroffizier nach einer sehr kalten Übungsnacht eingeladen, die Sauna zu benützen. Bevor er ihm den Schlüssel übergab, machte er ihn darauf aufmerksam, daß der Saunaabend ein „gemischter“ sei. Der Reservist schüttelte den Kopf und meinte: „Haben Sie hier Frauen auf dem Übungsplatz?“ „Nein, Herr Hauptmann, bei uns heißt ,gemischte Sauna’ Offiziere und Unteroffiziere gemeinsam.“ 92
DAS RÜCKGRAT DER ARMEE
Sie halten seit Generationen die wahre Macht in Händen - die Unteroffiziere. Daher werden sie auch, nicht zu Unrecht, oft als „Halbgötter“ bezeichnet. Schon im Wallensteinschen Heer war der „Feldwebel“ die wichtigste Person im Landsknechthaufen. Er sollte, wie auch noch Jahrhunderte später, Mittler zwischen dem Hauptmann und den Knechten sein; eine Aufgabe, die nicht immer entsprechend gewürdigt wurde. Umgekehrt hat gerade diese Ranghierarchie, vom Wachtmeister über den Offizierstellvertreter bis zum Vizeleutnant, jene Typen hervorgebracht, mit denen alle negativen Klischees verbunden sind, die der Soldatenstand mit sich herumschleppt. Schmunzeln Sie trotzdem!
DIE LIST Der erste Kommandant der 7. Jägerbrigade in Klagenfurt, Oberst Anton Holzinger, war ein ob seiner Strenge gefürchteter Offizier. Dazu kam noch, daß er ordentlich schreien konnte, wenn ihm etwas gegen den Strich ging. Seine besondere Vorliebe galt der Pünktlichkeit; deshalb stand er in der Früh gerne vor dem Tor der Windischkaserne, um zu kontrollieren, ob jemand zu spät zum Dienst kam. Ein junger Unteroffizier, der zu spät dran war, dazu auch noch Zivil trug, sah den gefürchteten Chef nicht rechtzeitig genug, um noch umdrehen zu können. So ging er listig auf Holzinger zu und fragte naiv: „Herr Offizier, bitte, wo ist hier die Musterung?“ Die strenge Miene des Obersten erhellte sich urplötzlich - hatte er doch 93
schon gehofft, einen Sünder zu ertappen -, und freundlich wies er dem Zuspätkommenden den Weg in die Kaserne.
DAS SCHNELLVERFAHREN Vizeleutnant H., Spieß an der FlAWTS (steht für: FliegerabwehrTruppenschule) in Langenlebarn, hatte noch in der Deutschen Wehrmacht gedient. Dementsprechend „erledigte“ er kleinere Disziplinarwidrigkeiten seiner ihm anvertrauten Präsenzdiener gerne in althergebrachter Art und Weise, indem er dem Missetäter sagte: „Komm schnell mit mir in den Keller!“ Danach sprach niemand mehr über den Vorfall, es gab keinen Rapport und keine schriftliche Bestrafung. Irgendeinmal stand wieder so ein Sünder vor dem ergrauten Unteroffizier. Vizeleutnant H. befahl wie immer: „Geh, Burscherl, komm mit mir in den Keller.“ Kurze Zeit darauf kam H. mit einem blauen Auge aus dem Keller herauf. Seither wurden derartige „Kellergänge“ nicht mehr beobachtet. Von einem Kameraden darauf angesprochen, meinte der Vizeleutnant: „Ja weißt, man wird älter, und die Kräfte lassen einfach nach.“
DAS KÜCHENGEHEIMNIS In der Aufbauphase des jungen Bundesheeres nahm man es freilich nicht mit allen Vorschriften so genau. Es herrschte jene frische Unbekümmertheit, die alle Institutionen in solchen Zeiten prägte. Die folgende Anekdote illustriert dies trefflich: Im Jahr 1958, bei einer großen Heeresübung rund um den salzburgischen Paß Strub, an der auch die Militärakademie teilnahm, war die Feldküche in einem großen Bauernhof untergebracht. In einem Kellerraum des Gehöfts wurde ein kleines Lebensmittelmagazin eingerichtet. Der gegenwärtige Militärkommandant von Niederösterreich, Divisionär Probst, damals junger Militärakademiker, wurde dabei Zeuge des folgenden Küchengeheimnisses: Der Feldkochunteroffizier zu seinem Küchengehilfen: 94
„Geh in den Keller, glei hinter der Tür, da steht a Benzinkanister, da steht Wasser drauf, da ist der Essig drinnen, und den bringst mir ‘rauf!“
KURIER Im Militärkommando Tirol in der Dankl-Kaserne in Innsbruck war neben der Kasernenwache auch ständig ein Soldat als Melder und Kurier eingeteilt, der verschiedene Botengänge in der Landeshauptstadt durchzuführen hatte. Dieser „Kurier“ hatte seinen Aufenthaltsort ebenfalls im Wachlokal, falls er nicht gerade unterwegs war. Eines Tages benötigte der im Stab des Militärkommandos tätige Vizeleutnant P. diesen Boten. Er rief im Wachlokal an und sagte: „Kurier zu mir, 2. Stock, Zimmer 16.“ Wenige Minuten später klopfte ein persischer Zeitungsverkäufer an die Tür des Vizeleutnants und fragte höflich, wie viele Exemplare der Zeitung „Kurier“ er möchte. Das Mißverständinis war rasch aufgeklärt. Im Wachdienst befand sich ein neuer Soldat, der mit dem „Hausgebrauch“ noch nicht vertraut war. Als der Anruf kam, ging zufällig der Zeitungsverkäufer am Wachlokal vorbei. Der Posten bezog das Wort „Kurier“ auf die Zeitung, holte den Perser herein und begleitete ihn in den zweiten Stock. Vizeleutnant P. wurde von seinen Kameraden noch lange Zeit mit den Worten: „Kurier zu mir“ begrüßt.
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ES IST SO SCHÖN, REKRUT ZU SEIN
DIE VORSTELLUNG Peter Michael Lingens rückte, selbstverständlich lange, bevor er Chefredakteur und Herausgeber des „profil“ wurde, 1958 zur Garde in die Wiener Fasangartenkaserne - wie die Maria Theresien-Kaserne damals hieß - ein. Sein Kompaniekommandant war der gefürchtete Hauptmann Huber, um dessen preußisches Auftreten sich zahllose Anekdoten ranken - wie auch die von Lingens erlebte: Wenige Tage, nachdem neue Rekruten zur Garde eingezogen worden waren, prallte Huber mit einem „Frischling“ zusammen, dem das neue Gesicht nichts sagte und der sich natürlich dementsprechend unmilitärisch verhielt. 96
„VORNE OFFEN“
HÖHERER UNTER NIEDEREN
„Wissen Sie nicht, wer ich bin?“ fuhr ihn Huber an. „Na“, kam es naiv zurück. „Ich bin Hauptmann Huber!“ Noch immer keine militärisch korrekte Reaktion. Huber, noch schneidiger in der Stimme: „Ich bin Offizier der Garde!“ Endlich, mit einer linkischen, ganz unmilitärischen Verbeugung, der Rekrut: „Sehr erfreut, Schmelzer, Elektriker!“ Der Hauptmann gab seinen Erziehungsversuch auf.
MÖRDERISCH Heinz Prüller, Sportreporter und Formel-1-Experte, war 1960 bei der Maturantenkompanie in St. Polten eingerückt. Am Ende der Grundausbildung, bei der sogenannten Einzelbesichtigung, in der der Ausbildungsstand der Rekruten überprüft wurde, war auch die Station „Sturmlauf“ zu absolvieren. Gefordert war, mit dem Gewehr im Anschlag und laut schreiend auf eine Gruppe von „Pappkameraden“ loszustürmen. Infanterist Prüller kam - das Gewehr lässig umgehängt -und lief, ebenso lässig, ein paar Schritte . . . Da brüllte ihn Leutnant Schedl, der Ausbildungsoffizier, an: „Schreien - Prüller!“ und nochmals „Schreien Sie!“ Prüller halblaut: „Huurraa!“ Darauf der Leutnant: „Prüller! Nicht so völkerverbindend, schreien Sie mörderisch!“
DIE GROSSE FRAGE Als Georg Heinke von der „Zeit im Bild“ seine Ausbildung zum Reserveoffizier absolvierte, war er auch eine Zeitlang bei den Tiroler Jägern in der Kaserne Absam stationiert. Aus Gründen der Sparsamkeit trug man damals noch die olivgrünen Uniformen, die die abziehenden Amerikaner 1955 dem Bundesheer überlassen hatten. Da nun dieses 97
„Geschenk“ den jungen ROA (Reserveoffiziersanwärtern) besser gefiel als die damals noch recht wenig kleidsamen grauen Stoffungetüme, mit denen das Bundesheer seine Soldaten ausstattete, behielten sie, obwohl es verboten war, die Ami-Drilliche auch an, wenn sie die Kaserne am Abend verließen. Bei einem solchen Ausgang hörte Georg Heinke hinter sich ein älteres Bäuerlein, das sich offenbar noch gut an die vormaligen Besatzer (in Tirol waren es die Franzosen) erinnern konnte, ungläubig sagen: „Jetzt waaß i nit - isch des a Franzos’ oder wos isch des?“
WER HAT MEHR STERNE? Auch Peter Rapp, der bekannte Fernsehunterhalter, war einst Rekrut. Einer seiner Ausbilder, ein Zugsführer mit drei Sternen am Kragen, hatte die Angewohnheit, nach dem Mittagessen ein Stündlein zu schlafen. Störte ihn jemand dabei, fragte der Zugsführer unwirsch: „Wieviel Sterne?“ Hatte der Störenfried weniger als drei, schrie er ihm das Götzzitat nach. Und so geschah es wieder einmal: „Wie viele Sterne?“ Der Unbekannte: „Einen!“ „Dann . . .“ Nach einer kurzen Pause nochmals der Unbekannte: „Ich hab’ aber einen goldenen!“ So schnell war der Zugsführer noch nie aus seinem Bett gesprungen und hatte dem Leutnant Meldung erstattet . . .
DIE BESORGTE MUTTER Nach Einführung der allgemeinen Wehrpflicht 1955 kam es bei den ersten Einrückungsterminen immer wieder vor, daß besorgte Mütter anreisten, um nach ihren Lieblingen zu sehen. Es war daher angeordnet worden, daß alle Ausbildner, vor allem aber die dienstführenden Unteroffiziere und die Kompaniekommandanten, bereitwillig und höflich Auskunft zu geben hatten. 98
1956 kam eine Mutter zum Jägerbataillon 18 nach Zeltweg und wurde beim „Spieß“ vorstellig. Dabei entspann sich folgender Dialog: Mutter: „Wissen’s, Herr Spieß, mein Sohn is allwei so müd’.“ Der Spieß: „Ja, das stimmt.“ Mutter: „Könnt’ er net bei seiner Gewohnheit bleiben?“ Der Spieß: „Welche?“ Mutter: „Er is’ g’wohnt, jeden Tag a Stünderl Mittagsschlaf z’halten. Und i wollt’ Sie a no fragen: Wia geht’s mein Buam, wann’s bei aner Übung zum regnen anfangt?“ Darauf der Dienstführende mit ernster Miene: „In diesem Fall kommt ganz bestimmt ein Lastwagen mit Schirmen nach!“ Die Mutter fuhr sichtlich erleichtert nach Hause.
„ENTLASSEN, ENTLASSEN!“ Der Regimentskommandant geht über den Kasernhof. Er begegnet einem Rekruten, der nicht grüßt. Der Oberst stellt ihn zur Rede und fragt, was er von Beruf sei. Sichtlich stolz erklärt der Wehrmann - schon ein älteres Semester -, er hätte zu Hause einen Betrieb. Das war das gewünschte Stichwort für den Offizier. „Was würden Sie“, fragte er, auf Antwort lauernd, „was würden Sie mit einem Arbeiter machen, der Sie nicht grüßt?“ Der Soldat, wie aus der Pistole geschossen: „Entlassen, entlassen, Herr Oberst!“
HEIMATGEFÜHL Manöver 1958 auf dem TÜPL Allentsteig. Der Kampfzug einer burgenländischen Einheit liegt auf der Rausmannshöhe in Stellung. Der Feindangriff rollt, die Angreifer kommen unter schwerem Artilleriefeuer immer näher. Ein wild schießender Soldat ist bereits auf kurze Entfernung an die Verteidigungsstellung herangekommen. Plötzlich erkennt er in einem Verteidiger seinen Freund aus dem Heimatdorf. Er 99
stutzt, stellt das Feuer ein und schreit, den Gefechtslärm übertönend: „Servas, Franz, fährst du auch am Samstag heim?“
BÜCHSENLICHT Die folgende Anekdote zeigt mit aller Deutlichkeit, wie schnell der heutigen Jugend Begriffe verlorengehen, die fast allen Angehörigen eine Generation zuvor noch geläufig waren. Im Feber 1987 besichtigt Oberst Kuchner, Panzerabwehroffizier beim II. Korps in Salzburg, die Ausbildung der Einjährig-Freiwilligen (EF) beim Landwehrstammregiment 43. Geübt wird die Befehlssprache. Ein junger Leutnant gibt einen Befehl zum Angriff. Darin ist auch vom sogenannten „Büchsenlicht“ die Rede. Der Oberst, mißtrauisch, wie nun einmal inspizierende Vorgesetzte sind, fragte einen EF, ob er wisse, was mit Büchsenlicht gemeint sei. Der Offiziersanwärter zögert, strahlt dann aber übers ganze Gesicht und meint: „Das ist eine leere Konservendose mit einer darin brennenden Kerze.“
DIE PFIFFIGE ORDONNANZ Im Kasino der altehrwürdigen Klosterkaserne, nachmalig Fennerkaserne genannt, saßen zwei Brigadiere, die zu diesem Zeitpunkt gerne noch Generäle genannt wurden, bei einem gemütlichen Plausch zusammen. Plötzlich läutete das Telefon. Die Ordonnanz, ein biederer, aber mit allen Salben geschmierter Bursche aus dem hintersten Ötztal, meldet sich. Der Anrufer sagte: „Kann ich bitte Herrn General NN sprechen“, wobei er den Namen äußerst unklar formulierte. Die schlitzohrige Ordonnanz verstand den Namen daher auch nicht genau, wagte aber keine Rückfrage, weil „Fragen meistens Anpfiffe“ einbringen. Aber egal, er hatte ja eine passable Auswahl von zwei Generälen zur Verfügung; so löste er das Problem, sich schalkhaft hinter den Ohren kratzend, indem er m den Kasinoraum hineinrief: „Oaner von enk zwoa Generaler söll oftern gache zon Telefon kemmen; wer von enk, isch miar grod gleich!“
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DIE BEFREIUNG Ein Soldat der 4. Ausbildungskompanie in Klagenfurt hatte sich für den Gefechts- und Wachdienst wegen angeblich ständiger Kopfschmerzen vom Tragen des Stahlhelmes durch den Truppenarzt befreien lassen. An einem Montag las nun zufällig der Kompaniekommandant im Sportteil seiner Zeitung, daß besagter Soldat tags zuvor in einem Meisterschaftsspiel der Kärntner Unterliga den „Hattrick“, also drei Tore hintereinander, geschossen habe. Im Bericht wurde besonders hervorgehoben, daß zwei davon Kopftore gewesen seien. Mit der Stahlhelmbefreiung war es ab sofort vorbei . . .
SPRACHVERWIRRUNG Unter „Lage“ versteht man im militäramtlichen Sprachgebrauch des Bundesheeres Angaben über den „Feind“ - die sogenannte Feindlage sowie Angaben über die Situation und Stärke der eigenen Truppe, die „eigene Lage“. Jede Ausbildung oder Übung wird auf Basis so einer „Lage“ durchgeführt. Im Sprachgebrauch der wehrpflichtigen Soldaten versteht man hingegen unter „Lage“, wieviel Tage man noch Wehrdienst zu leisten hat. Der Einrückungsturnus Oktober 1985 des Landwehrstammregimentes 41 in Steyr übte am nahen Garnisonsübungsplatz Herzograd im Rahmen einer solchen Lage erstmals den Ausbau von gefechtsmäßigen Stellungen. Der Regimentskommandant Oberst Pöchacker fuhr zur Dienstaufsicht hinaus und fragte einen eifrig sein Schützenloch grabenden Soldaten nach der „Lage“. Statt der erwarteten Angaben über den Feind und die „Eigenen“ kam trocken die Antwort: „280 Tage!“
SCHULD WAR DER STURM Ende der fünfziger Jahre diente bei einer Kompanie in der Salzburger Schwarzenberg-Kaserne (damals hieß sie noch Kaserne Siezenheim) ein 101
Soldat namens Sturm. Der biedere Bauernbursch hatte keinen sehnlicheren Wunsch, als zeitverpflichteter Soldat zu werden. Als er einmal zum Wachdienst eingeteilt war, spielte er vor lauter Langeweile während des Postenganges mit dem Gewehr. Plötzlich brach ein Schuß los und traf die Stromleitung. (Bei gezieltem Feuer hätte er den dünnen Draht sicher nicht getroffen.) Fazit: Während der restlichen Nacht fiel ein großer Teil der Kasernenbeleuchtung aus. Als am nächsten Morgen sein Kompaniekommandant von dem Vorfall erfuhr, war ihm klar, daß eine Bestrafung alle Karrierepläne des begeisterten Soldaten zerstören würde. Er ließ daher das zerschossene Kabel erneuern und verfaßte folgende wahrheitsgetreue Meldung an das Kasernenkommando: „Anbei eine Rechnung über eine vom Sturm zerstörte Stromleitung.“
„BELOBIGUNG“ Friedrich Helmut Winter, Versicherungsdirektor, Major der Reserve und Kommandant des Landwehrbataillons 533, begann seine Laufbahn als Soldat bei der Panzerjägerkompanie 5 in der Steiermark. Als der gefürchtete Brigadekommandant Oberst Pommer zur Besichtigung der Rekruten angesagt war, fragte am Freitag der „Spieß“, wer ein Instrument spielen könne. Winter hatte zwar nur einige Zeit Klavierspielen gelernt, meldete sich aber trotzdem. Er wurde sofort zur Militärmusik nach Graz gebracht, mit dem Auftrag, bis Montag das Ankündigungssignal auf der Trompete zu erlernen. Montag früh hatte Winter nur verschwollene Lippen, blasen hatte er nicht gelernt. Trotzdem mußte er als Trompeter fungieren. Als nun am Vormittag Oberst Pommer am Exerzierplatz aus dem Auto stieg, brachte W. nur einen einzigen, schrillen Ton heraus. Der neben ihm stehende Kompaniekommandant schnauzte ihn an: „Blasen!“ Vergeblich. Winter probierte es noch einmal, aber statt des vorschriftsmäßigen Ankündigungssignals kamen nur einige Töne heraus, die ähnlich der Melodie klangen: „Tatara hast Äpfel g’stohln, Tatara Birn a.“ Oberst P. tobte und stieg in seinen Wagen ein, ohne die Besichtigung vorgenommen zu haben. 102
Winter bekam von seinem Kompaniekommandanten einen Tag Sonderurlaub, weil er der Einheit die unangenehme Besichtigung erspart hatte.
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VOR DER KASERNE .
DER ZIVILIST Der Befehlshaber der Gruppe II, Generalmajor Vogl, war zur Inspektion in Klagenfurt angesagt. Dem etwas schwerfälligen Kanonier H. wurde genau eingebleut, wie er sich als Torposten beim Eintreffen des Generals zu verhalten habe. Der Kanonier nahm die Sache sehr ernst und ging mehrmals vor das Tor, um ja das Eintreffen des Generals nicht zu übersehen. Nach einiger Zeit 104
blieb ein von der Hauptstraße kommender Zivilist, bekleidet mit einem langen dunklen Ledermantel, vor dem Tor stehen. Er betrachtete das emsige Treiben auf dem Kasernenhof, das in Erwartung des Generals eingesetzt hatte, und erkundigte sich bei dem jungen Soldaten, warum so reger Betrieb herrsche. Dieser erzählte ihm treuherzig vom angekündigten Besuch des Generals. Auf die Frage, ob er den General überhaupt kenne, sagte der Kanonier selbstbewußt: „Sicher, er kommt in einem schwarzen Fiat und hat an der Hose ganz breite rote Streiten.“ Bei diesen Worten schlug der Zivilist seinen Mantel zurück, hielt ihm ein Bein hin und fragte: „Etwa so?“ Der Kanonier starrte verblüfft auf die roten Generalslampassen an der Hose und rief entsetzt: „Leckt’s mich am Arsch, der General - Wache raustreten!“ PS: Für diese spontane Reaktion bekam der Soldat vom schmunzelnden General einen Tag dienstfrei.
DER FALSCHE BÄCKER Der damalige Oberstleutnant (Graf) Spannocchi fuhr als Privatfahrzeug er war auch Schloßherr und Fischzüchter - einen Kombiwagen, wie ihn auch die Heereslieferanten in der Umgebung der Kaserne Götzendorf, also etwa auch im naheliegenden Mannersdorf, besaßen. Spannocchi legte großen Wert darauf, daß ihn seine Soldaten auch in Zivil erkannten und daher entsprechend Meldung machten, sobald er die Kaserne betrat. Eines Tages, als der Graf wieder mit seinem Kombiwagen in Zivil vor der Kaserne Götzendorf vorfährt, reißt der Wachposten hurtig den Schranken hoch. Spannocchi, unsicher, ob ihn der Soldat auch wirklich erkannt hat, fragt mißtrauisch: „Wer bin ich?“ Die Antwort erstaunt ihn nicht schlecht: „Sie san da Bäckamasta von Mannasdorf!“ Spannocchi ruft laut nach dem Wachkommandanten. Als dieser den Kombiwagen sieht, schnauzt er zurück: 105
„Bäckamasta, woanst net schnell stad bist, muast d’ Sömmeln z’ Fuaß einitrogn!“
WER WILL IN DIE KASERNE? 1987 fuhr Oberst Leitner von Graz zu einer Besprechung beim Korpskommando II nach Salzburg. Als er sich mit seinem Wagen der Einfahrt der Schwarzenberg-Kaserne näherte, winkte ihm der Torposten, durchzufahren. Oberst Leitner - er trug Zivil - hielt den Wagen an und fragte den Soldaten, warum er ihn ohne Kontrolle durchlasse. „Fahrt eh’, nur eini, wer muaß!“ lautete die entwaffnende Antwort des Präsenzdieners.
DER LEGIONÄR Die jahrelange Diskussion, ob man im 50.000 Mann starken Bundesheer nicht zu viele Generäle habe, wollte man 1980 mit der Einführung der der Schweiz abgeschauten neuen Dienstgrade „Brigadier“, „Divisionär“ und „Korpskommandant“ beenden. Wenige Tage, nachdem die neuen Titel eingeführt worden waren, ist in der Kaserne Steyr der Militärkommandant von Oberösterreich zur Inspektion angesagt. Der Regimentskommandant persönlich belehrt die Soldaten über die neue Anrede „Divisionär“. Im Wachhütterl wiederholt einer der Soldaten immer wieder das komische Wort. Endlich fährt der Wagen vor, und Divisionär Dr. Schöller steigt aus. Da passiert’s: „Herr, Herr . . .“, dem Soldaten will der ihm eingedrillte fremde Ausdruck nicht und nicht einfallen. Plötzlich huscht ein Lächeln über das Gesicht des Soldaten - vielleicht ist ihm eine der vielen Asterix-Geschichten in den Sinn gekommen -, und er meldet stolz: „Herr Legionär!“
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VON BADERN, ÄRZTEN UND WUNDHEILERN
Einleitend ein Dementi: Alles, was so landläufig über die Militärärzte im Umlauf ist, kann ruhig an eine andere Adresse verwiesen werden: ins Witzlexikon. Es stimmt also nicht, daß die militärischen Medizinmänner an geraden Tagen rote und an ungeraden Tagen schwarze Pillen verordnen. Ebenso falsch ist die Behauptung, die ärarischen Wunderheiler würden alle Wehwehchen, die oberhalb der Körpermitte auftreten, mit Jod, alle jene aber, die unterhalb dieser Linie diagnostiziert wurden, mit Rhizinusöl heilen. Ebenso ist es nur eine Mär, daß sie übervolle Krankenreviere dadurch leeren, indem sie den vermeintlichen Marodeuren die Injektionsnadel so tief ins Gesäß rennen, daß...
DIE WUNDERSPRITZE An der Heeresunteroffiziersschule stand Gefechtsdienst auf dem Programm. Für wohltrainierte Zugsführer keine besondere Belastung; das nebelig-feuchte Novemberwetter veranlaßte aber annähernd die Hälfte des Kurses, das Krankenrevier aufzusuchen, um sich nach Möglichkeit krankschreiben zu lassen. Als der dritte „Patient“ gerade bäuchlings auf der Behandlungsliege lag, befahl Oberstleutnantarzt Dr. E. seinem Sanitätsunteroffizier, die Tür zum Warteraum aufzumachen, damit er sehen könne, wieviel Soldaten noch angestellt wären. Da ihm die Warteschlange zu lang war, zog er eine nicht zu kleine Injektionsspritze auf, rannte mit lautem Geschrei auf den „aufgebahrten“ Patienten zu und verpaßte diesem ein ordentliches „Jaukerl“. Der schrie wie am Spieß - und die Ordination leerte sich schlagartig. 107
WUNDÄRZTE UND ANDERE HEILER Der Militärarzt Dr. K. hatte erst im reifen Mannesalter Medizin studiert. Er war ein liebenswerter Mensch; seine ärztlichen „Taten“ boten aber laufend Gesprächsstoff im Bundesheer. Nach einem Boxkampf wurde ihm einmal ein ohnmächtiger Soldat gebracht. Dr. K. hielt dem Mann sein Stethoskop an die Brust, vergaß aber, die beiden Hörrohre in seine Ohren zu stecken. Als er nach längerem Abtasten nichts hörte, meinte er mit zaghafter Stimme: „Komisch, komisch . . . klinisch müßte der Mann schon tot sein!“ Ein andermal wurde ihm ein stark blutender Verletzter gebracht. Voll Schreck schlug Dr. K. die Hände zusammen und rief verzweifelt aus: „Schnell, einen Arzt!“
DER FALSCHE PATIENT Leutnant Gaiswinkler war Kommandant eines Pionierzuges in der Schwarzenberg-Kaserne in Salzburg. Eines Morgens verspürte er starke Halsschmerzen, hatte aber nicht mehr die Zeit, um sich noch vor Dienstbeginn vom Truppenarzt Halstabletten zu holen. Kurz entschlossen befahl er einem seiner Pioniere, in die Krankenabteilung zu gehen und dort zu melden, er, Leutnant Gaiswinkler, habe Halsschmerzen. Er würde dann sicherlich einige Tabletten bekommen, die solle er ihm rasch bringen. Nach mehr als einer halben Stunde meldet sich der Soldat zurück: „Herr Leutnant, Tabletten hab’ ich keine kriegt, aber den Hals hat mir der Sanitäter ganz grauslich ausgepinselt!“
DIE DIAGNOSE Bei Dr. Schmatelka, damals noch Majorarzt, war der Militärakademiker Martin zur Krankenvisite gestellt. Zwischen Martin, einem gescheiterten Studenten der Medizin und Pharmazie, und dem Militärarzt entspann sich folgender Dialog: 108
„Herr Majorarzt, Militärakademiker Martin meldet sich mit Diarrhöe!“ Der Doktor: „Herr Militärakademiker, die Diagnose erstellt der Arzt!“ „Jawohl, Herr Majorarzt! Melde mich mit Dünnpfiff!“
KURZ, ABER BÜNDIG Meldung des Sanitätsunteroffiziers an den eben eintreffenden Vorgesetzten: „Herr Majorarzt, Simulant auf Zimmer 8 heute nacht verstorben.“
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EIN STARKER RAUCHER Doktor St. im Heeresspital pflegte bei Visiten vor allem jene Körperpartien anzusehen, wo Hautkrankheiten am ehesten auftreten, z. B. unter den Achselhöhlen, im Schritt, unter der Vorhaut, rund um den After. Dazu gab er militärisch knappe Anweisungen, wie: „Heben Sie den linken Arm, den rechten Arm, ziehen Sie die Vorhaut zurück, bücken Sie sich und ziehen Sie mit beiden Händen die Gesäßbacken auseinander.“ Als einmal ein kräftiger Vizeleutnant anläßlich einer Tauglichkeitsuntersuchung für einen UNO-Einsatz gebückt und mit auseinandergezogenen Gesäßbacken seinen After präsentierte, meinte der Arzt lakonisch: „Sie sind ein starker Raucher.“ Der Vizeleutnant drehte sich um und fragte entsetzt: „Ja, sieht man das schon an meinem After?“ Meinte der Arzt trocken: „Nein, am After nicht, aber an Ihren braunen Nikotinfingern!“ 110
TIERISCHES
SCHWARZWILD Im Winter 1961/62 wurde der damalige, der ÖVP angehörende Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Schleinzer (er sollte danach Landwirtschaftsminister werden) von der Jägerschaft ständig mit Bitten bombardiert, das infolge des strengen und schneereichen Winters gefährdete Wild durch den Einsatz von Hubschraubern mit Futter vor dem Verhungern zu retten. Als eines Tages sein Erster Adjutant Oberst Brosch-Fohraheim wieder mit einer telegraphischen Bitte um Abstellung eines Hubschraubers zum Futtertransport für Hochwild in extreme Hochlagen in der Steiermark eintrat, wollte sie der Minister mit dem Bemerken ablehnen, man könne die Hubschrauber doch nicht immer nur für das Rotwild einsetzen. „Herr Minister“, entgegnete der schlagfertige Adjutant, „es wird doch auch Schwarzwild darunter sein.“ Schmunzelnd gab Schleinzer seine Einwilligung.
DIE HAUT DER GROSSMUTTER Die folgende Anekdote wird aus Spittal in Kärnten erzählt: Bei der Tragtierkompanie verendet - ausgerechnet während der Abwesenheit des Kommandanten - ein Pferd. Der aus der Stadt herbeigerufene zivile Tierarzt kann nur mehr die Notschlachtung des armen Tieres anordnen. Da er sich aber nicht den Vorwurf einhandeln will, diese Maßnahme 111
vielleicht voreilig gesetzt zu haben, ordnet er eine Öffnung des Kadavers an. Die Prozedur wird außerhalb des Stallgebäudes vorgenommen, und sofort sammelt sich eine Menge von Zuschauern. Auch der Tragtierführer Helmut R. ist darunter. Lange schaute er reaktionslos zu. Dann schüttelt er einige Male verwundert den Kopf. Als es ihm damit gelingt, die Aufmerksamkeit des Tierarztes auf sich zu lenken, meint er treuherzig: „Merkwürdig, wie meine Großmutter gestorben ist, haben wir nicht solche Umstände gemacht; der haben wir nicht einmal die Haut abgezogen!“
PFERD ABGESTÜRZT Der langjährige Salzburger Regimentskommandant Oberst Kagerer, zugleich Chef der 8. Reservebrigade, legte besonderen, um nicht zusagen übertriebenen Wert auf korrektes militärisches Benehmen und schloß 112
TAUGLICH!
DER REGIMENTSARZT
darin auch die Manieren und Tischsitten ein. Dazu gehörte u. a., daß er bei Übungen eine sogenannte „Kasinokiste“ mitführen ließ, um auch im Gelände nicht auf Tischtuch, Porzellanteller und ordentliches Besteck verzichten zu müssen. Bei einer Stabsübung des vorgesetzten Gruppenkommandos in Salzburg nahm natürlich auch der Oberst mit seinem Stab teil. Die Kasinokiste wurde auf ein Haflingerpferd der brigadeeigenen Tragtierkompanie verladen. Am Abend des ersten Übungstages versammelte der strenge Oberst seinen Stab zum Abendessen. Da trat Major Kastner ein und meldete, daß ein Haflinger in eine tiefe Schlucht gestürzt und verendet sei. Darauf kopfschüttelnd der Oberst: „Die Übung fängt ja gut an! Zuerst funktionieren die Fernsprechverbindungen nicht, dann stürzt ein Haflinger ab, und nicht einmal die Kasinokiste ist rechtzeitig zum Abendessen eingetroffen. Was sagst du dazu, Kastner?“ Der Major treuherzig: „Herr Oberst, der Haflinger ist mit der Kiste abgestürzt!“
VERKEHRSHINDERNIS Zugsführer Kerschbaumer war seit seiner Jugend im Umgang mit Pferden vertraut und daher ein idealer Tragtierführer. Er war von der Wichtigkeit seiner Aufgabe und von der überragenden Stellung seiner Tragtiere im militärischen Apparat so überzeugt, daß er bei Übungsmärschen gerne die belebtesten Teile Klagenfurts aufsuchte. Dabei ignorierte er grundsätzlich Verkehrszeichen, auch der öffentliche Verkehr war ihm gleichgültig. Eines Tages marschierte er auf den Geleisen der damals noch verkehrenden Tramway, als ihm ein Wagenführer durch heftiges Läuten bedeutete, er möge die Schienen räumen. Kerschbaumer ignorierte das Bimmeln, was wiederum einen Zornesausbruch des Tramwayfahrers auslöste: „Bleda Bua, kannst net ausweich’n?“ Darauf Kerschbaumer seelenruhig: „I scho, oba du net!“ 113
DER WAHRE MANN ZEIGT SICH ERST IM MANÖVER
GEFECHTSMÄSSIGE MELDUNG Der Kommandant der Stabsbatterie der Brigadeartillerieabteilung 5 sitzt mit gegrätschten Beinen auf einer Kiste, angelehnt an eine Zeltwand, und schläft den Schlaf des Gerechten. Seine Batterie ist bereits seit 36 Stunden im Einsatz. Ein Kradmelder braust heran, salutiert und meldet: „Herr Hauptmann, Meldung von der Brigade!“ Der Hauptmann rührt sich nicht und schläft weiter. Ein vorbeigehender Leutnant bemerkt dies und sagt zum Kradmelder: „Sie müssen die Hacken besser zusammenschlagen, dann wird der Herr Hauptmann schon munter!“ Der Soldat nimmt dies wörtlich, packt den Offizier bei den Schuhen, zieht ihm die Beine auseinander und schlägt sie zusammen. Der Hauptmann erwachte . . .
EHEURLAUB ODER EHRUNG EINES VERDIENTEN MILIZOFFIZIERS Ein verdienter Milizoffizier hatte die Altersgrenze erreicht und mußte aus der Miliz ausscheiden. In einer kleinen Feier, die aus diesem Grund veranstaltet wurde, rühmte der Militärkommandant auch die Einsatzfreude des Mannes und verwies 114
darauf, daß der zu verabschiedende Oberst an die dreihundert Übungstage als Milizoffizier beim Bundesheer geleistet habe. Die anwesende Gattin des Gewürdigten hörte aufmerksam zu, schüttelte den Kopf und sagte zu ihrem Sitznachbarn: „Da muß ein Fehler in den Aufzeichnungen des Herrn Militärkommandanten vorliegen. Mein Mann war doch viel, viel öfter weg!“
DER GROSSVATER Das Arbeitstempo bei der Truppenübung läßt zu wünschen übrig. Auffallend ist nur, daß ein Mann besonders gekonnt seinen Krampen schwingt. Daneben - fast ein Idyll - eine junge Frau mit einem Mäderl und ein bärtiger Soldat mit einem kleinen Jungen auf dem Schoß beim Picknick. Da gibt es ausgebreitet auf der Wiese: Fleisch, Käse und Getränke - alles, was das Herz begehrt. Als sich der Regimentskommandant Oberst Bramerdorfer nähert, steht der Soldat auf, stellt seinen Buben neben sich und meldet: „Gefreiter N. bei der Jause!“ Aufgrund der Situation beläßt es der Oberst bei der väterlichen Aufforderung, sich möglichst bald wieder dem Bau der Kampfdeckung zu widmen. Der Reservist schluckt den Bissen hinunter und sagt: „Herr Oberst, das ist nicht so eilig, der Großvater gräbt ohnehin an meiner Kampfdeckung!“ Da gräbt doch tatsächlich der 70jährige Großvater mit einem Eifer, der sich wohltuend von den übrigen Soldaten abhebt! Aus der Grube ruft er dem Oberst zu: „Es is netta deshalb, daß der Bua net hintenbleibt!“
GEFÄHRLICHES LOSUNGSWORT Bei militärischen Übungen, vor allem aber beim Wachdienst, spielt das sogenannte „Losungswort“ eine besondere, im vorliegenden Fall sogar eine gefährliche Rolle. Losungs-, also Erkennungsworte sollen leicht merkbar sein; dem sprachschöpferischen Erfindergeist ist (kaum) eine Grenze gesetzt. 115
Bei einer Truppenübung der 4. Jägerbrigade besichtigte deren Kommandant Oberst Flödl eine Stellung der Fliegerabwehrbatterie. Es war stockfinstere Nacht, der Oberst und die ihn begleitenden Offiziere kamen nur mühsam voran. Plötzlich ein Ruf aus der Finsternis: „Halt, wer da! Losungswort!“ Der Batteriekommandant Hauptmann Wimbauer antwortete mit dem vereinbarten Losungswort: „Trauerfeier“. Kaum war die letzte Silbe verklungen, als der Wachposten einige Feuerstöße aus seinem Sturmgewehr ballerte (zum Glück hatte er nur Platzpatronen geladen). Der Hauptmann schrie: „Sind Sie wahnsinnig, wollen Sie uns erschießen?“ Darauf verdattert der Jungmann: „Entschuldigen, Herr Hauptmann, i’ hab’ verstanden: ‚Dauerfeuer’!“ Das Wort „Trauerfeier“ durfte fortan nicht mehr als Losungswort verwendet werden . . .
VON WECKEN UND WECKEN Wer sich jemals bei einer Gefechtsübung über die schlechte Telefonverbindung ärgern mußte, wird die folgende Geschichte gut verstehen können. Sie trug sich bei einer Truppenübung im Tiroler Oberland zu. Der Spieß einer Sperrkompanie forderte bei einem Wirtschaftsoffizier für seine Soldaten Brot an. Er griff zum Feldtelefon, erreichte relativ rasch den gewünschten Gesprächspartner und ärgerte sich schon zu diesem Zeitpunkt über das ständige Krachen und Rauschen im Telefonhörer. Der Dialog der beiden Soldaten, die in Sachen Brot an der Strippe hingen, ist folgendermaßen abgelaufen: Spieß: „Ich brauch’ 54 Wecken Brot!“ Wirtschaftler: „Nicht verstanden, wiederholen!“ Spieß: „54 Wecken!“ Wirtschaftler: „Verbindung sehr schlecht, bitte wiederholen!“ Spieß (etwas lauter): „Ich brauche 54 Wecken Brot!“ Wirtschaftler (ebenfalls etwas lauter): „Wann bitte wecken?“ 116
Spieß (noch lauter): „Nicht wecken, sondern Wecken!“ Wirtschaftler (gleiche Lautstärke): „O. k. wecken, Frage wann?“ Spieß (brüllt): „Nicht wecken, sondern Wecken - Brot; ich wiederhole Brot!“ Wirtschaftler (brüllt ebenfalls): „Verstanden! Frage - wo ist ‚dort?’ ” Spieß (brüllt verzweifelt): „Nicht dort, sondern Brot! 54 Wecken Brot Wecken, Wecken, Wecken!“ Wirtschaftler (erleichtert): „Verstanden; um 4 Uhr 50 wecken!“ Spieß (mit sich überschlagender Stimme): „Ja fix halleluja, bisch dearisch!!! 54 Wecken Brot sol’sch schicken; wecken brauchsch mi nit, i bin eh munter!!!“ Wirtschaftler (zornig): „Wenns’d eh munter bisch, wos soll i di nocha wecken, ha?“ Spieß (den Tränen nahe): „Du . . . (nicht wiederzugebende Schimpfworte); wir brauchen Brot, Bims, du Depp; 54 Wecken Bims!“ Wirtschaftler (erleichtert): „Brot brauchts ös nach dem Wecken?“ Spieß (mit gefährlicher Stimme): „Ja, Brot! 54 Stück, koane Semmeln, koane Vinschgerln, koane Loabeln, sondern Wecken, Wecken, Wecken; und zwar 54 Stück davon!“ Wirtschaftler (beruhigend): „Verstanden, 54 Wecken Brot - Wos sogsch dös nit glei? Wird geliefert, Ende!“
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DER SOLDAT AUF DER SCHULBANK
PRÜFUNGEN Eine Quelle militärischen Humors, die nie versiegt, sind die unterschiedlichsten Prüfungen in der Armee. Ob nun Rekruten auf ihren Ausbildungsgrad hin getestet werden, angehende Offiziere und Unteroffiziere wieder die Schulbank drücken müssen oder gar ältere Semester nochmals für die Karriere pauken - Prüfungsangst und Schulatmosphäre schaffen offenbar den nötigen „Humus“ für die folgenden „Blüten“:
IST DAS NICHT EINE SCHIKANE? Kurz nach Aufstellung des 2. österreichischen Bundesheeres bildete der Kommandant eines steirischen Panzerbataillons in seiner Eigenschaft als Kraftfahrsachverständiger auch eine Anzahl von Heereskraftfahrlehrern aus. Als fünfzehn Jahre später sein Sohn die Kraftfahrausbildung absolvierte, verlangte sein Fahrlehrer, daß er beim praktischen Fahrunterricht „laut und deutlich“ alle wahrgenommenen Verkehrszeichen unaufgefordert zu melden habe. Eines Tages befahl ihm der Fahrlehrer: „Rechts ranfahren und anhalten!“ Daraus entwickelte sich folgender Dialog: „Haben Sie nicht vergessen, mir ein Verkehrszeichen zu melden?“ 118
„Ich habe keines gesehen, Herr Offiziersstellvertreter!“ „So, Sie haben keines gesehen! Dann muß es schon verdammt dreckig gewesen sein. Steig’n Sie aus, nehmen S’ einen Putzlappen und machen S’ es sauber.“ Als der Fahrschüler den ungewöhnlichen Befehl ausgeführt hatte, fragte er zaghaft: „Herr Offiziersstellvertreter, sagen Sie, ist das nicht so etwas Ähnliches wie eine Schikane?“ Der Fahrlehrer blickte den Fahrschüler lange an und erwiderte dann: „Passen S’ einmal auf! Ob es eine Schikane ist oder nicht, ist mir Wurscht - ich habe diese Methode jedenfalls von Ihrem Vater gelernt!“
HANDGAS Fahrschulprüfung beim Panzerbataillon 4 in Graz im Jahr 1958. Prüfer war der damalige Bataillonskommandant, der spätere General Wilhelm Kuntner. Ein Offizier trat zur Prüfung an und mußte mit dem Jeep auf einer steilen Böschung anfahren. Als er dabei mehrmals den Motor abwürgte, fragte ihn Hauptmann Kuntner, ob er noch nichts vom „Handgas“ gehört habe. Er meinte damit, der Prüfling solle den Knopf für das Handgas ziehen, damit die Leerlaufdrehzahl erhöhen, dann werde der Motor nicht so leicht abgewürgt. Zum großen Erstaunen Kuntners zog der Prüfling nicht den besagten Knopf, sondern beugte sich nach vorne und betätigte mit der rechten Hand das Gaspedal . . .
DAS KLEINERE ÜBEL Es muß Anfang der Siebziger gewesen sein, da wollte die Tochter des überaus jovialen Oberst S. den Führerschein machen. Um sein Portemonnaie zu schonen, bat der hohe Offizier einen Militärfahrlehrer, in der Freizeit seiner Tochter ein paar Fahrstunden zu geben. Da bei diesem „freiwilligen“ Unterricht kein Geld heraussprang, hielt sich der fesche Stabswachtmeister in der Wohnung des Obersten an 119
der Tochter schadlos. Als der Oberst gewahr wurde, daß sein Cognac immer weniger wurde, stellte er den Unteroffizier zur Rede: „Wenn Sie schon meine Tochter verführen, lassen Sie gefälligst meinen Cognac in Ruhe!“
AUCH EINE ANTWORT Major des Generalstabes Haydvogel war Taktiklehrer an der Militärakademie. Bei einem taktischen Übungsspiel am Sandkasten teilte er den Militärakademiker Linninger als Brigadekommandanten ein. Linninger schien die Aufgabe zu schwierig und meldete: „Herr Major, ich kann das nicht! Ich war noch nie Brigadekommandant!“ Major Haydvogel schüttelte unwillig den Kopf und meinte: „Linninger, es gibt Hundepsychologen, die waren auch noch nie ein Hund und wissen trotzdem eine Menge darüber!“
GLÜCK GEHABT Bei einer Gefechtsübung wurden die Militärakademiker in ihre verschiedenen Funktionen eingeteilt. Als der Jahrgangskommandant, ein Major, sagte: „Militärakademiker Brammendorfer - Funker!“ begriff dieser, was dies für ihn bedeuten würde: nämlich die ganze Übung das schwere Tornisterfunkgerät schleppen zu müssen. Er tat daher, als hätte er nicht verstanden; der Major wiederholte die Einteilung. Brammendorfer tat, als ob er nichts gehört habe, hielt die Hand ans Ohr und sagte: „Bitte, Herr Major, ich höre nichts.“ „Zu dumm, da muß ich eben einen anderen nehmen!“ Schlechter erging es bei einem ähnlichen Trick dem Militärakademiker Hofbauer. Im vorher bereits geschilderten Taktikunterricht des Majors Haydvogel aufgerufen und mit einer diffizilen Situation konfrontiert, versuchte sich der Angesprochene so aus der Schlinge zu ziehen: „Herr Major, der Hofbauer ist krank.“ Major Haydvogel ungerührt: „No, dann beantworten eben Sie mir die Frage!“ 120
FEIND ODER „EIGENE“? Bei Heeresmanövern muß der „Feind“ natürlich durch Soldaten, Geschütze und Panzer aus den eigenen Reihen dargestellt werden. Da kann es zu komischen Situationen kommen. Der Kommandant des Bataillons der Militärakademiker, Major Gschwandner, gibt einem von ihnen folgende Übungsannahme: „Fünf feindliche Panzer rollen auf Sie zu, was machen Sie?“ Keine Reaktion. Der Major nochmals: „Feindliche Panzer, inzwischen sind es zehn. Fassen Sie endlich einen Entschluß!“ Der Militärakademiker schaut in die angegebene Richtung und sagt ruhig: „Ach, das sind doch die eigenen!“
LATRINE MIT EINBLICKEN Die Militärakademiker schlafen in ihren Gruppenzelten. Plötzlich öffnet ein Lehroffizier den Verschluß eines Zeltes und fragt in die Dunkelheit hinein: „Wer von Ihnen will Pionieroffizier werden?“ Pflichtbewußt meldet sich der Militärakademiker G. und bekommt den Auftrag, eine Latrine (volkstümlich „Donnerbalken“ genannt) zu bauen. Hinter dem nächsten Busch findet er einen ihm günstig erscheinenden Platz, hebt eine Grube aus, befestigt darüber zwischen zwei Bäumen den Sitzbalken, davor einen Haltegriff, damit keiner beim Verrichten seiner Notdurft in die Grube fällt, und spannt als Regenschutz auch noch seine Zeltplane über die Latrine. Am nächsten Morgen bekommt der Militärakademiker von seinem Lehroffizier ein arges Donnerwetter zu hören. Er hatte in der Dunkelheit übersehen, daß er den „Donnerbalken“ so knapp neben der Böschung der etwas tiefergelegenen Straße errichtet hatte, daß man von ihr aus direkt in den blitzenden Hintern desjenigen sah, der sein Geschäft verrichtete .
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VURSCHRIFT IST VURSCHRIFT
OHNE FÜHRERSCHEIN Im Munitionslager Stadl-Paura in Oberösterreich gab es einen Zivilbediensteten, der als Kraftfahrer Jahr und Tag mit einem Lastkraftwagen Munition transportierte. Als der Mann nun als Reservist bei seiner eigenen Dienststelle eine freiwillige Waffenübung ableistete, durfte er mit seinem LKW nicht fahren, da er keinen Militärführerschein besaß . . .
TROTZDEM BELOBIGT An den Kommandanten der PzAA 3 Herrn Obstlt Max MAGENSCHAB 3804 Allentsteig Neues Lager Der bei der PzAA 3 eingeteilte ObWm Karlheinz PIRINGER hat das BMfLV/Büro für Vorschriftenwesen fernmündlich auf einen sinnstörenden Fehler in der Ausbildungsvorschrift für das Bundesheer „Allgemeine Schießausbildung“ (ASA) aufmerksam gemacht und dadurch eine Berichtigung ermöglicht. Hiedurch hat er zwar den Dienstweg umgangen, offensichtlich jedoch die ASA genau studiert und Initiative bewiesen. In diesem Falle wiegen 123
die Aufmerksamkeit im Studium der Vorschrift und der Mut zur Initiative mehr als die Umgehung des Dienstweges. Mit Zustimmung des Herrn Generaltruppeninspektors ist P. daher in geeigneter Weise zu beloben. Rudolf, Bgdr.
ERPROBUNGEN 1965 wurde das neue Heeresspital in Wien-Stammersdorf in Betrieb genommen. Dazu war der Ankauf vieler medizinischer Geräte notwendig, unter anderem auch folgende Bestellung: „55 Stück Leibschüsseln aus weißgedecktem, weitgehend bruchsicherem und auskochbarem Kunststoff, ovale Form, mit nach innen gebogenem bequemen Sitzrand.“ Wie bei jeder Ausschreibung der Heeresverwaltung waren auch bei dieser die Bedingungen für die sogenannte „Abnahme“ angeführt. Unter Ziffer 2 der Allgemeinen Abnahmebestimmungen für Aufträge der Heeresverwaltung stand u. a.: „Die Abnahme erfolgt durch Organe der Sanitätsabteilung nach allfälliger Funktionsprobe am Erfüllungsort.“
SO ODER SO? Im Jahr 1959 fand im Raum Allentsteig ein großes Manöver statt. Dabei wurde an die Soldaten Klopapier in zwei unterschiedlichen Verpackungsarten ausgeteilt: in Rollen wie auch paketiert. Die Kompanien hatten in einem Erfahrungsbericht zu schreiben, welche Form für den Manöverbetrieb besser geeignet sei. Der damalige Hauptmann D. zog sich dabei so aus der Affäre: „Es ist egal, ob das Klopapier in Rollen oder paketiert geliefert wird. Bei beiden Verpackungsarten ist jedes Blatt nur einmal verwendbar, da die Reinigungskosten des Papiers höher als die Erzeugungskosten sind.“ Es wurde kein weiterer Erfahrungsbericht verlangt . . . 124
UNSERE HEIMAT SIND DIE BERGE
LIEBE VERSETZT BERGE Im Sommer 1964 wurde das Wiener Hausbataillon, die Jäger Nr. 4, für zwei Monate ins Tiroler Zillertal zur Grenzüberwachung verlegt. Aufgabe der Wiener Soldaten war, das Durchsickern der sogenannten „Bumser“ von Österreich nach Südtirol zu unterbinden. Wegen der nicht enden wollenden Serie von Sprengstoffanschlägen war es zu schweren Spannungen mit Italien gekommen. Das Kommando der 1. Jägerkompanie war in einem kleinen Gasthof im Zillergrund untergebracht, der auch von Touristen besucht wurde. So kam es, daß sich Vizeleutnant F. mit einem hübschen Mädchen aus Irland anfreundete - ihr Name war Eireen. Sein Pech war, daß er schon wenige Tage später das Kommando über einen Stützpunkt übernehmen mußte, der ganz hoch oben im hintersten Zillergründl lag - zwei Gehstunden vom Gasthof entfernt. Das animierte seine Kameraden zu folgendem Streich: An einem stürmischen Regenabend riefen sie den verliebten Vizeleutnant über das Feldtelefon an und sagten ihm, Eireen warte unten im Tal auf ihn. Knapp zwei Stunden später stand der liebeshungrige Unteroffizier keuchend und tropfnaß in der Tür des Gasthofes, wo er ausgerechnet seinem Kompaniekommandanten in die Arme lief. Da zeigte es sich aber, was ein gut ausgebildeter Unteroffizier ist. Nach einer kurzen Schrecksekunde spulte der Vizeleutnant folgende Meldung herunter: „Herr Hauptmann, melde mich auf Störungssuche, unsere Telefonverbindung war unterbrochen.“ 125
Der Hauptmann, dem einiges schwante, meinte nur, er solle sich kurz ausruhen, etwas Warmes trinken und dann zusehen, daß er rasch wieder zu seinen Soldaten komme. Beim nun folgenden mehrstündigen Aufstieg dürften dem Vizeleutnant seine Liebesgefühle endgültig vergangen sein.
DAS GEHEIMNIS In den späten fünfziger Jahren nahmen erstmals auch Soldaten des jungen Bundesheeres an den internationalen Militärsportmeisterschaften in Andermatt in der Schweiz teil. Die Nordländer waren vor allem in den Langlaufbewerben den Österreichern haushoch überlegen, was den Alpininspektor des Bundesheeres, Oberst Schönböck - er war auch Delegationsleiter -, fürchterlich wurmte. Eines Abends kam er atemlos in die Unterkunft seiner Mannschaft gestürmt und erklärte aufgeregt, er wisse jetzt, warum die Nordländer schneller seien. Erstauntes Schweigen war die Antwort. Darauf Schönböck: „Ich hab’ mir die Schi der Skandinavier angesehen. Die sind um 10 bis 15 cm länger als unsere Schi!“ „Na und?“ war die Antwort eines Aktiven. „Na verstehst net?“ konterte der Oberst, „die gewinnen dadurch bei jedem Schritt 10 bis 15 cm.“
„DURCHGEFALLEN“ Jahre später besichtigte Schönböck einen Auswahlkurs für Heeresschilehrer auf der Tauplitzalm. Es herrschte ein Sauwetter. Die Kandidaten mußten als Prüfungsaufgabe im Tiefschnee vor der Kommission ein vorgeschriebenes Programm zeigen. Wegen des herrschenden Schneetreibens waren die Teilnehmer nur schwer zu erkennen; sie wurden daher aufgefordert, im Vorbeifahren der Kommission ihren Namen zuzurufen, um Verwechslungen auszuschließen. Der damalige Wachtmeister Haim, inzwischen Vizeleutnant und einer der weitbesten Extrembergsteiger, hatte, wie seine Kameraden, einige Jagatees getrunken, um sich aufzuwärmen. 126
Auch hatten ihn seine Mitbewerber animiert, nicht die vorgeschriebenen Bogen, sondern ein eigenes Programm zu zeigen. Statt eine schöne Spur zu legen, fuhr Heim schneidig im Schuß auf die Prüfer zu; dabei kamen ihm die Schi über Kreuz - die Folge war ein kapitaler Stern. Als er aus dem tiefen Pulverschnee wieder auftauchte und der Kommission „Haim“ zurief, schrie der Alpininspektor zornig zurück: „Da gehören Sie auch hin“ - und damit war er durchgefallen.
BERGSPRÜCHE Egal, ob Bergfreund oder nicht, alle Militärakademiker müssen sich einer Alpinausbildung unterziehen. Diejenigen, die sich nur dem pflichtmäßigen Grundkurs unterzogen, wurden daher auch spöttisch „Talführer“ genannt. So abgekanzelt, revanchierten sie sich mit allerlei Späßen. Am Ende der Alpinausbildung der Militärakademiker stand eine kurze Prüfung, die, angesichts der Einstellung der Kandidaten zum Bergsteigen, oft recht humorvolle Ergüsse brachte. Militärakademiker Lagler (inzwischen Militärkommandant von Salzburg) auf die Frage: „Nennen Sie mir zehn verschiedene Alpenblumen!“ „Almrausch, Edelweiß . . . und acht verschiedene Sorten Enzian.“ Militärakademiker Dallinger sollte dem Prüfer, dem späteren Alpininspektor Major Lutz Absolon, wenigstens eine wichtige Wetterregel nennen. Seine Antwort: „Ist’s am Silvester hell und klar, ist am nächsten Tag Neujahr.“ Militärakademiker Toder drückte seine Verachtung gegenüber dem Alpinismus so aus: „Planiert’s die Berge und macht’s an Parkplatz d’raus!“
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„OJE - RAPPORT“
GEHÖRSCHUTZPFROPFEN Bei der Tragtierstaffel in Lienz sind zwei Soldaten zum Strafrapport gestellt. Der Hauptmann, ein sehr impulsiver Offizier, läßt den ersten Delinquenten in die Kanzlei kommen. Über den Sünder geht ein Donnerwetter nieder, das trotz geschlossener Türe bis auf den Gang zu hören ist. Sichtlich gebrochen verläßt der Übeltäter nach fünf Minuten den Raum. Der zweite Soldat tritt ein - in den Ohren trägt er Gehörschutzpfropfen . . .
NIEDERKNIEN Beim Strafrapport der Stabskompanie an der Militärakademie steht der baumlange Schütze Nürschl vor seinem deutlich kleiner geratenen Major. Der Übeltäter - er stand nicht zum erstenmal dort - wartete mit eingezogenem Kopf und hängenden Schultern auf das Urteil. „Schauen Sie mir dabei wenigstens in die Augen“, fuhr ihn der Major an. Der Soldat, leicht stotternd: „Her-r-r Ma-ma-jor, da mü -da müßt i mi ja niederknien!“
„WEIL’S PASSERT!“ Bevor es die Pille gab, war für Jungmänner die Wahl des Heimaturlaubes auch von einer bestimmten Konstellation bei der Freundin abhängig. Als 128
junger Batteriekommandant hatte einer der beiden Autoren dieses Buches seine Soldaten aufgefordert, ihm auf jeden Fall die Wahrheit zu sagen. Sollte er sie bei einer Lüge ertappen, würden sie dies lange zu spüren bekommen. Diese Aufforderung nahm ein Kanonier beim Urlaubsrapport allzu wörtlich. Auf die Frage, warum er einen Tag mehr Urlaub haben wolle, als ihm eigentlich zustünde, meinte er treuherzig: „Weil’s passen!“
UMBLATT’LN Hauptmann Girschik war in der östlichsten Garnison Österreichs, in Neusiedl am See, stationiert. Beim befohlenen Rapport hatte er ein besonderes Prachtstück von einem burgenländischen Rekruten vor sich. Der Hauptmann in fast väterlichem Ton: „Da kommen S’ amal her, Sie Mann Gottes, und schauen S’ sich Ihr Führungsblatt einmal an (gemeint war das Strafregister), wie das ausschaut: drei Seiten von oben bis unten voll mit Ordnungs- und Disziplinarstrafen! Ich weiß wirklich nicht, was ich da machen soll.“ Der burgenländische Panzerjäger treuherzig: „Umblatt’ln, Herr Hauptmann!“
AMOR LENKT HEERESBOOT Bei der Pionierkompanie im Tiroler Schwaz stand Wasserausbildung auf dem Programm. Unter Leitung des späteren Pionierinspektors Hauptmann Rod bewegten die Soldaten ihre Pionierboote mit langen Stangen den Inn hinauf und hinunter - „stangeln“ wird das im Pionierjargon genannt. Ein feuriger Rekrut nützte die Gelegenheit und ließ sich mit seiner Zille den Inn hinunter zu seiner Freundin treiben, die in Kramsach zu Hause war. Als Hauptmann Rod der Vorfall gemeldet wurde, überlegte er, wie er den Soldaten am besten bestrafen solle, da er ja ein passabler Kerl war. Nach längerem Nachdenken fällte er folgendes Urteil: 129
Der Soldat mußte das Boot von Kramsach auf dem stark Wasser führenden Inn zurück nach Schwaz „stangeln“. Er benötigte dazu drei (Urlaubs-)Tage; die Liebe zu der jungen Tirolerin soll dabei etwas abgekühlt worden sein.
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AUS DEM SOLDATENALLTAG
SPINDKONTROLLE
EINE GUTE FRAGE Ein Wehrmann schreibt an seinen Oberbefehlshaber, den Herrn Bundespräsidenten: „Ich habe mich für drei Jahre zu den Soldaten verpflichtet. Jetzt werde ich Vater. Kann ich das noch rückgängig machen?“
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DIE GROSSE BITTE Der Erzbischof von Wien, Kardinal Franz König, erhielt in seiner Eigenschaft als Militärbischof den Brief eines Zugsführers aus St. Polten mit der Bitte, ihm bei der Beschaffung einer Wohnung behilflich zu sein. Der Text des Schreibens lautete: „Sehr geehrter Herr Kardinal! Ich liebe ein Mädchen. Durch die Gnade des Herrn ist sie zur Würde der Mutterschaft gelangt. Bitte, helfen Sie uns, eine Wohnung zu bekommen.“
„NOMEN EST OMEN“ Major Rösner (er sollte es später noch bis zum Divisionär bringen) war ein kleiner, aber sehr energischer Vorgesetzter. Eines Morgens, beim Exerzierdienst, stach ihm ein Soldat ins Auge, der seine Gewehrgriffe schlampig ausführte. Major R. baute sich vor dem jungen Mann auf und fauchte ihn an: „Wie heißen Sie, Sie komischer Vogel?“ Wie aus der Pistole geschossen kam die Antwort: „Sperling, Herr Major!“ Es bedurfte der Überredungskunst dreier Unteroffiziere, dem Major klarzumachen, daß der Soldat tatsächlich mit Nachnamen Sperling heiße.
SPLITTER Der Spieß der einstigen Stabskompanie des Jägerbataillons 19, stationiert im burgenländischen Pinkafeld, hatte zum bevorstehenden Jahreswechsel den Tagesbefehl des Herrn Bundespräsidenten vor den Soldaten zu verlesen. Die offizielle Textstelle lautete so: „. . . Soldaten, ihr seid die Garanten des Friedens . . .!“ Der Dienstführende las aber folgendes vor: „. . . Soldaten, ihr seid die Granaten des Friedens . . .!“ 132
Derselbe kontrollierte regelmäßig die Morgentoilette der Soldaten im ärarischen Waschraum, die vorschriftsgemäß mit nacktem Oberkörper vorgenommen werden sollte. Einige Spätaufsteher waren aber, um Zeit zu sparen, mit Unterleibchen oder bereits im Hemd in den Waschraum geeilt. Bei der abendlichen Standeskontrolle gab der Spieß folgende Belehrung: „I hob heit in Woschraum einig’schaut. Worn wieda oanige nit mit nockerten Oberkörper beim Woschn. Wann i morgen wieda oan ohne Oberkörper im Woaschraum dawisch, schick i’n zan Rapport!“ Offiziersstellvertreter Grünwald, Dienstführender der Stabsbatterie, Heeresartillerieabteilung 3 in Salzburg, hatte seine liebe Not mit Fremdwörtern. Am Tag vor der militärischen Allerseelenfeier verlas er folgenden Befehl: „Die Herren Kanoniere finden sich morgen um 10 Uhr auf dem städtischen Kommerzialfriedhof ein.“ - Gemeint war natürlich der Kommunalfriedhof. Als die Spindordnung in der Martinskaserne in Eisenstadt wieder einmal sehr zu wünschen übrig ließ, donnerte Vizeleutnant Hirschhofer bei der abendlichen Befehlsausgabe: „Morgen, 7 Uhr früh, gehe ich durch die Spinde!“ Der Kompaniechef besucht einen Rekruten im Krankenrevier: „Was haben Sie?“ „Gehirnhautentzündung, Herr Hauptmann.“ „Sie Armer“, meint gütig der Offizier, „entweder man krepiert oder bleibt blödsinnig. Ich habe die Krankheit auch gehabt!“ Oberst S. hält eine Offiziersbesprechung und ermahnt seine Untergebenen, dienst- und pflichteifriger zu sein: „Meine Herren, eines kann ich Ihnen sagen: alles, was ich habe, mußte ich mir hart erarbeiten - und ich habe nichts!“ Der Spieß beim Zimmerdurchgang, nachdem ihm die Fotos einiger ausländischer Popstars störend aufgefallen waren: „Immer diese Ausländer! Wir haben doch genug Österreicher, die wir aufhängen können.“ 133
Einrückungstermin Oktober 1961, Artilleriekaserne Wiener Neustadt. Ein Rekrut wird direkt aus dem Gefangenenhaus gebracht, wo er eine sechsmonatige Strafe verbüßt hat. Bei der ersten Zimmervisite durch den dienstführenden Unteroffizier meldet er stramm: „Herr Offiziersstellvertreter, Kanonier W. meldet Zelle 16 zur Visite angetreten!“ An der Heeresunteroffiziersschule in Enns stellt sich den Teilnehmern des UO-Lehrganges der neue Ausbildner vor: „Mein Name ist Wachtmeister Stein. Ich heiße nicht nur so - ich bin auch so hart wie mein Name.“ Nachdem er die Wirkung seiner Worte geprüft hatte, wandte er sich an den ersten Lehrgangsteilnehmer: „Und wie heißen Sie?“ „Steinbrecher“, schallte es zurück. PS: Es muß nicht ausdrücklich betont werden, daß der Mann tatsächlich Steinbrecher hieß. Über dem Eingangstor zur Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt ist der Wahlspruch Friedrichs III. angebracht. Den vielen bekannten Deutungen der Inschrift „A E I O U“ haben die Militärakademiker des Ausmusterungsjahrganges 1964 aus ihrer Erfahrung eine weitere hinzugefügt. Für sie hieß „A E I O U“: „Akademikeressen ist oft ungenießbar.“
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DIE LETZTEN RITTER DER LÜFTE
Manche von ihnen waren noch auf dem Peilstrahl, dem Vorläufer des modernen Radars, gegen „Engeland geritten“, hatten Stuka (Sturzkampfbomber)-Angriffe über den Schlachtfeldern Rußlands geflogen oder waren mit Fernaufklärern bis hinter die feindlichen Linien gelangt: die Fliegertruppe des jungen Bundesheeres war wie kaum ein anderer Truppenteil mit Originalen bestückt, wie etwa der legendäre spätere Oberst Hermann Buchner, der bei der ersten großen Flugvorführung 1957 vor Bundespräsident Schärf sogar unter dem Trageseil der Schiffsfähre über die Donau bei Mauthausen durchflog. Die Ehrengäste zeigten dabei unterschiedliche Reaktionen: der amerikanische Militärattaché warf sich zu Boden, das österreichische Staatsoberhaupt verlor seinen Hut und Buchner seine Flugzulage Verteidigungsminister Graf hatte sie ihm als Strafe für den Übermut gestrichen.
„DER“ RADAR In der Anfangszeit der Fliegertruppe bestand das fliegerische Personal fast ausschließlich aus kriegsgedienten Soldaten. Manche dieser Piloten hatten ihre Probleme mit dem Erlernen der englischen Sprache und mit dem Entwickeln eines gewissen Verständnisses für die Notwendigkeiten der modernen Flugverkehrslenkung, die es ja in der heutigen Form im Zweiten Weltkrieg noch nicht gegeben hatte. Auch bedurfte es einiger Zeit, bis die Möglichkeiten der Kurssteuerung per Radar geübt werden konnten.
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Nach guter österreichischer Tradition befand sich unter diesen Männern der ersten Stunde auch einer mit kroatischer Muttersprache, der spätere Oberst M., der Deutsch mit besonderem Kolorit sprach. Eines Tages, kurz nachdem der Fliegerhorst Langenlebarn als erster ein FlughafenRundsichtradar in Betrieb genommen hatte, machte M. (damals noch Hauptmann) einen Übungsflug im Alpenvorland. Nachdem der diensttuende Flugverkehrsleiter bereits längere Zeit nichts mehr von ihm gehört hatte, rief er den Hauptmann im Sprechfunk und forderte eine Standortmeldung („request your position“). Hauptmann M. antwortete: „My position is . . . seh’ ich Hügel, seh’ ich großes Haus, ach was, habt’s an Radar, sucht’s mich!“
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DRAKEN-STEIGEN
DIE WETTE Eine der häufigsten Redewendungen des guten Kroaten war: „Wett’ ich Gulasch, Krügel Bier, daß . . .“, was ihm den Spitznamen „Gulasch“ eintrug. Hauptmann M. befindet sich im Anflug auf den Fliegerhorst Langenlebarn. Da kommt vom Kontrollturm die Routineformel „Check your gear please“ („Überprüfen Sie Ihr Fahrwerk“). Kurz darauf - schon etwas erregter - und in Deutsch: „Herr Hauptmann, Ihr Fahrwerk ist nicht draußen!“ D’rauf seelenruhig M.: „Wett’ ich Gulasch, Krügel Bier, daß Fahrwerk draußen ist!“ –
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ÜBERSCHALL Wenig später hat’s auch schon gescheppert; eine mustergültige Bauchlandung ohne Fahrwerk. Kaum war das Flugzeug zum Stehen gekommen, hörte man über Funk den lapidaren Kommentar von Hauptmann M.: „Hast Gulasch und Bier gewonnen!“
WEITSICHTIG Oberstleutnant Semmelrock plagte im Alter - wie viele seiner Offizierskameraden - die Weitsichtigkeit. Da er aber zu eitel war, sich dies einzugestehen und gar eine Brille zu tragen, verfiel er auf ein anderes Hilfsmittel. Er nahm zu Flügen stets einen jüngeren Fähnrich oder Leutnant mit, damit dieser die Instrumente ablesen sollte. 138
Wieder einmal bestieg Semmelrock samt „Anhang“ ein zweisitziges Schulflugzeug und machte den jungen Begleiter auf seine besondere Aufgabe aufmerksam: „Also, kontrolliere auch ständig alle Instrumente. Wie hoch fliegen wir?“ Darauf der verdatterte Leutnant: „Wir haben noch gar nicht abgehoben, Herr Oberstleutnant!“
KUNSTSTÜCKE Oberst Gamringer war ein von vielen jungen Fliegern bewunderter Weltkriegspilot. Er galt als fliegerisches As - dementsprechend nonchalant war manchmal auch sein Verhältnis zu den fliegerischen Regeln. Eine seiner beliebtesten Einlagen war der schnelle, bodennahe Überflug von Flugplätzen. Bei einem Übungsflug über das nördliche Bundesgebiet quälte ihn wieder einmal die fliegerische Routine. Forsch verlangte der Oberst, in Funkverbindung mit dem Kontrollturm des Flugplatzes Linz-Hörsching, die Freigabe eines bodennahen Überfluges. Die Freigabe wurde umgehend erteilt - wer lehnt schon einem Oberst etwas ab? -, und G. fegte in gewohnter Manier knapp über den Flugplatz. Allerdings nicht in Linz-Hörsching, sondern in Tulln-Langenlebarn! Zurück blieben ein verdatterter Flugverkehrsleiter in Hörsching, der vergebens auf das erhoffte fliegerische Gustostückerl wartete, ein geschockter Flugverkehrsleiter in Langenlebarn sowie ein Schwarm entsetzter Flugschüler, welche in Langenlebarn Schwebeübungen mit ihren Hubschraubern trainierten und zwischen denen G. sich mit höchstem Tempo durchmanövrierte.
DIE ERKENNUNGSMARKE Major R., Kommandant der Fliegergruppe 5 in Zeltweg, legte nach Einführung der sogenannten IDOS-Erkennungsmarke großen Wert darauf, daß diese auch von allen Soldaten vorschriftsmäßig getragen wurde. Zur Erklärung für militärische Laien: Die Erkennungsmarke ist 139
ein Metallplättchen, auf dem die wichtigsten persönlichen Daten des Soldaten eingraviert sind, z. B. die Blutgruppe. Die Bereitschaft, die „Hundsmarke“ (wie sie geringschätzig genannt wurde) ständig um den Hals zu tragen, war bei den Flugschülern eher gering. So entschloß sich der Major, die Soldaten mit wohlüberlegten Worten zu überzeugen, daß es notwendig sei, das „Ding“ ständig bei sich zu haben. Nachdem er viele Gründe vorgebracht hatte, schloß er seine Ausführungen folgendermaßen: „Und dann habe ich noch immer die Probleme mit den schwangeren Mädchen, die in die Kaserne kommen und den Vater suchen, ohne den Namen zu kennen. Ich muß dann immer antreten lassen und die für alle unerquicklichen Gegenüberstellungen machen.“ Nach einer kurzen Atempause setzte er zum folgenschweren Schluß an: „Wenn Sie die Erkennungsmarke immer und überall tragen, hat das Mädchen diese vor Augen, merkt sich die Nummer, und das Problem ist gelöst.“ Die Tragequote sank nach diesem „Appell“ praktisch auf Null.
DER APPELL Offiziersbelehrung an der Schule für Fliegerabwehrtruppen in Langenlebarn. Oberst Kremser, der Kommandant, appelliert an seinen Stab, künftig weniger Dienstfahrten, auf jeden Fall aber keine Privatfahrten mit dem heereseigenen Wagen zu unternehmen. Nach der Besprechung reißt der schwerhörige Oberstleutnant B. das Fenster des Besprechungszimmers auf und schreit zu seinem wartenden Kraftfahrer hinunter: „Motor anwerfen, wir fahren nach Hause, die Katze füttern!“
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ÜBER DEN UMGANG MIT AUSLÄNDERN
DAS FEIERLICHE GELÖBNIS General Emil Spannocchi ist als Kommandant der österreichischen Landesverteidigungsakademie offiziell zum Besuch der Roten Armee und der Frunse-Akademie eingeladen. Der ehemalige Generalstabsmajor der Deutschen Wehrmacht und Panzeroffizier an der Ostfront wird am Moskauer Flughafen mit allen militärischen Ehren empfangen; die Vergangenheit scheint fürs erste keine Rolle zu spielen. Im Verlauf einer Besichtigungsreise fliegen die Russen Spannocchi aber auch zu jenem Platz, wo er 1942 mit seinen Panzern nicht mehr weiterkam und den Rückzug antreten mußte. Die Stimmung ist eher gespannt, und der General sucht krampfhaft nach einer Möglichkeit, mit einer rhetorischen Offensive diese heikle Situation zu bewältigen. Da wendet sich Spannocchi an seine sowjetischen Gastgeber: „Ich gebe namens der österreichischen Regierung die feierliche Erklärung ab, daß wir nie wieder so weit vorstoßen werden!“
„WIR EUCH AUCH NICHT“ Ähnlich ging es - nur mit umgekehrten Vorzeichen - beim Besuch einer sowjetischen Militärdelegation auf dem Truppenübungsplatz Wattener Lizum in Tirol zu. Für die Betreuung derartiger Gäste wurden natürlich geeignete Offiziere ausgewählt, die auch härtesten gesellschaftlichen „Proben“ gewachsen schienen. Nachdem der russische General den 141
köstlichen Vogelbeerschnaps ausreichend verkostet hatte, wandte er sich an den ihm vis-a-vis sitzenden Oberstarzt Dr. Riemer, ein Tiroler Original mit markantem Schnauzbart: „Briderchen Doktor, ich dir versprechen, daß Sowjetarmee wird niemals angreifen Österreich, chier meine Hand darauf!“ Darauf „Charly“ Riemer mit einer saftigen Umarmung für den Sowjet: „Und ich, Kamerad General, verspreche dir, daß auch wir Österreicher euch Sowjets nie angreifen werden!“ Der „Friedensvertrag von der Lizum“ wurde mit einem gewaltigen „Vernichtungstrinken“ beschlossen und hält heute noch.
BEFEHL IST BEFEHL Der sowjetische Verteidigungsminister Marschall Malinowski, der übrigens sehr gut Deutsch sprach, besuchte in seiner langen Amtszeit das österreichische Bundesheer zweimal. Bei der ersten Visite interessierte er sich besonders für die Gebirgsausbildung und wurde daher mit einem Hubschrauber nach Saalfelden zur Jägerschule geflogen. Beim Start bemerkte Pilot Major Stangel, daß der hohe Gast nicht angeschnallt war. Er ließ seinen CoPiloten aussteigen (damals gab es im Hubschrauber noch keine direkte Sprechverbindung), um den Marschall zum Anlegen der Gurte aufzufordern. Keine Reaktion. „Anschnallen“, rief Hauptmann H. nochmals. „Nitschewo“, tönte es zurück. In seiner Verzweiflung schrie der österreichische Offizier: „Befehl! Anschnallen!“ „Ah! Befehl“ kam es nun verständnisvoll zurück, und der sowjetische Marschall schnallte sich vorschriftsmäßig an.
„IST DAS EIN BEFEHL?“ Eine österreichische Offiziersdelegation besuchte eine Waffenschule der US Army in Amerika. 142
Bei einem Gesellschaftsabend, an dem auch Damen teilnahmen, wurden verschiedene Toasts ausgebracht. Der damalige Oberstleutnant Vlach wollte besonders charmant sein und erhob mit den Worten: „Upon the ladies“ sein Glas auf die anwesenden Damen. Dieses „upon“ heißt aber nicht einfach „Auf die Damen“, also „Auf das Wohl der Damen“, sondern vielmehr „Drauf auf die Damen“. Kein Wunder, daß auf diesen Trinkspruch allseits betretenes Schweigen herrschte, bis der amerikanische Gastgeber den Bann brach, indem er fragte: „Is this an order, Colonel?“ („Ist das ein Befehl, Herr Oberst?“)
FREMDE SPRACHE -SCHWERE SPRACHE Tausende Berufssoldaten und Reservisten taten in den letzten zwanzig Jahren Dienst in einer der UNO-Friedenstruppen: entweder auf Zypern, an der Grenze zwischen Israel und Syrien oder m Ägypten, am Sinai und am Suezkanal. Die Österreicher schlugen sich dabei ganz ausgezeichnet. Talent, Neigung, aber auch die über Generationen vererbte Toleranz, ohne die man in einem Vielvölkerstaat nicht existieren kann, waren die Grundlagen, welche die alpenländischen Soldaten zu erfolgreichen Vermittlern zwischen den Streitparteien machten. Einziges Problem: Der Österreicher hat kein besonderes Talent für Fremdsprachen. Darin lag die Wurzel für viele lustige Mißverständnisse. Jetzt einige Erzählungen aus dem AFH (Austrian Field Hospital), dem österreichischen Feldspital auf Zypern. Ein österreichischer Arzt des AFH verabschiedete sich nach einer Einladung von seinen Gastgebern mit den Worten: „Thank you for your hostility“, worauf diese erstarrten. Er hatte nämlich hospitality (Gastfreundschaft) mit dem ähnlich klingenden Wort hostility (Feindschaft) verwechselt. Ein anderer Arzt sprach an einen schwedischen Offizier folgende Einladung aus: „When you are dirty, come in our mess und have a drink.“ Er meinte natürlich thursty (durstig) und nicht dirty (dreckig). 143
Die übliche Frage der Vermittler in der Telephonzentrale der UNOTruppen auf Zypern lautete: „Are you finished?“ Auf gut Deutsch: „Sprechen Sie noch?“ Ein neuer österreichischer Vermittlungsmann mit noch schwachen Englischkenntnissen antwortete auf die Frage: „Are you finished?“ in der Meinung, er werde gefragt, ob er Finne sei, mit: „No, I am Austrian.“ Das österreichische Feldspital war in einem ehemaligen britischen Lager untergebracht, umgeben von doppeltem, übermannshohem Stacheldraht. Es lag in einer trostlosen staubigen Steppenlandschaft nahe der Hauptstadt Nikosia. Ob diese äußeren Umstände dazu beitrugen oder ob an folgendem Vorfall hauptsächlich der Alkohol schuld war, konnte nie restlos geklärt werden. Eines Tages jedenfalls wollte ein irischer Soldat nicht länger Patient der österreichischen Sanität sein und spazierte mit einer halbvollen Whiskyflasche unter dem Arm am Torposten vorbei aus dem Spital hinaus. Der Posten rief dem „Freigänger“ das übliche „Halt“ nach und gab, als der Ruf keine Wirkung zeitigte, einen Warnschuß in die Luft ab. Darauf ging der Ire in Deckung, ohne daß sein wichtigstes Utensil, die Whiskyflasche, zerbrach. Die Sache nahm ein glimpfliches Ende; die Österreicher hatten allerdings lange unter dem Spott der Briten zu leiden. Diese betrieben nämlich auf der Insel zwei große Militärspitäler, die - da englische Ärzte und Sanitäter nicht den besten Ruf hatten - meist leer waren. Nun konnten die Briten erzählen, die Österreicher müßten auf ihre Patienten schießen, damit diese ihnen nicht davonliefen.
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DER GOTTÖBERSTE
„WIR TRAGEN DOCH ALLE DIE GLEICHE UNIFORM“
WIE SICH DIE BILDER GLEICHEN 1848-1987
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Das letzte Kapitel dieses Büchleins soll Sie noch einmal an das Motto dieser Anekdotensammlung erinnern - an die Tatsache, daß sie nicht aufgehört haben zu existieren: Roda Rodas Erben. Wir haben uns bemüht, dies für Sie mit den folgenden Erzählungen zu belegen, daß es wohl an der Institution selbst liegen muß, wenn sie immer wieder - trotz unterschiedlicher gesellschaftlicher und politischer Bedingungen - fast ident Schrulliges und Heiteres gebiert. Anekdoten also aus drei österreichischen Armeen - nun direkt gegenübergestellt.
WEIT GEBRACHT Während seiner achtundsechzigjährigen Regierungszeit verbrachte Kaiser Franz Joseph fast jeden Sommer in Bad Ischl. In den ersten Jahren nach seinem Regierungsantritt sah man dem jugendlichen Stammgast seine kaiserliche Würde gar nicht an. Dies ist der Hintergrund folgender Geschichte: Eines Morgens saß der junge Monarch auf einer Bank auf der Ischler Esplanade, als sich ein wohlbeleibter, elegant gekleideter Herr zu ihm setzte, dem man den Ungarn sofort ansah. Er knüpfte mit dem jungen Mann ein Gespräch an, erzählte von seinem großen Gutsbetrieb und der einträglichen Schweinezucht. In Bad Ischl weile er zu einer Molkekur, denn durch den Genuß von zuviel Paprika habe er sich ein Magenleiden zugezogen. Franz Joseph hörte aufmerksam zu, war aber nicht sehr gesprächig. Der Madjar wollte ihn nun aus der Reserve locken und fragte ihn: „So, mein junger Herr, jetzt wissen Sie, wer ich bin, nun sagen Sie mir aber auch, wer Sie sind!“ Das belustigte den Kaiser, er hatte aber nicht gleich eine Antwort parat. Der Ungar wollte ihm weiterhelfen: „Nun, Sie sind Offizier, das sieht man an der Uniform. Sind Sie Fähnrich oder Leutnant?“ „Mehr“, antwortete der Kaiser einsilbig. „Also Oberleutnant - oder Rittmeister?“ „Noch mehr!“ 146
„Major? - Oberst? - General? - Also sagen Sie mir doch schon, was Sie sind!“ „Oberster Kriegsherr!“ Da klopfte ihm der Ungar gönnerhaft auf die Schulter und sagte: „Bravo, junger Mann, weit gebracht!“
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„HOHE FRAU“ In der Ersten Republik, wenige Jahre nach Abschaffung des Adels, herrschte natürlich noch Unsicherheit, wie man nun höhere Herrschaften titulieren sollte. Bald bürgerte sich still wieder ein, Generäle mit dem in der Republik abgeschafften Titel „Exzellenz“ anzusprechen. Bei einem Manöver in Tirol, zu dem der damalige Verteidigungsminister Vaugoin auch Gattinnen und Töchter politischer Freunde auf das „Schlachtfeld“ geladen hatte, rätselte man im Innsbrucker Offizierskasino lange, wie man die hohen Herrschaften republikanisch und doch traditionsbewußt ansprechen sollte. Beim Minister, da auch General, war es ja noch einfach: Man sagte - verbotenerweise Exzellenz. Aber wie sollte man seine Frau ansprechen? Da kam einem Major die zündende Idee: Paula Vaugoin wurde schlicht „Hohe Frau“ tituliert.
SCHWER ZU ÜBERZEUGEN 1981 löste General Ernest Bernadiner den in der Öffentlichkeit sehr bekannten Armeekommandanten Emil Spannocchi ab. Bernadiner war vorher jahrelang als Militärattache im Ausland gewesen; zuletzt hatte er im Stab des Armeekommandos Dienst getan und war daher in der Öffentlichkeit eher unbekannt. Mit äußeren Attributen eines Generals ausgestattet, also den roten Generalslampassen an den Hosen und den drei Generalssternen im Eichenlaubkranz, saß Bernadiner erstmals im Offizierskasino der MariaTheresien-Kaserne im Wiener Fasangarten. Eine junge Offiziersordonnanz fragte den neuen Gast nach dessen Wunsch: „Herr Hauptmann, was darf es sein?“ „Ich bin nicht Hauptmann!“ schallte es kurz angebunden zurück. „Entschuldigen, Herr Major“, bemühte sich der Soldat, den Fehler auszubessern. „Ich bin auch nicht Major!“ kam es schnarrend retour. „Bitte um Verzeihung, Herr Oberst“, versuchte die Ordonnanz den aufbrausenden Gast zu besänftigen. 148
Da riß Bernadiner die Geduld: „Ich bin Armeekommandant General Bernadiner, damit Sie es wissen!“ Der junge Soldat, noch immer nicht überzeugt, legte den Kopf schief und meinte schnippisch: „Ah geh?“
DER UNIFORMKNOPF Bei einer Truppenbesichtigung im Militärlager Bruck an der Leitha, wo auch heute noch viele Soldaten ihren Schweiß vergießen, wurde für den Kaiser ein Oberleutnant der Infanterie als Ordonnanzoffizier eingeteilt. Damit verbunden war auch die Auszeichnung, an der Hoftafel teilnehmen zu dürfen. Schon während des Diners ruhte der Blick des Kaisers strafend auf diesem Adjutanten, der es mit Schrecken bemerkte, sich aber keiner Schuld bewußt war. Nachdem die Tafel aufgehoben worden war, ging der Kaiser auf den Oberleutnant zu und schnauzte ihn an: „Wie können Sie sich unterstehen, in unvorschriftsmäßiger Adjustierung hier zu erscheinen?“ Der Offizier wurde blaß und begriff nicht, warum er getadelt wurde. Der Kaiser erkannte dies und fuhr in noch gereizterem Ton fort: „Sie haben ja keine Knöpfe an den Blusenärmeln. Haben Sie denn das gar nicht bemerkt?“ „Nein, Majestät, wahrhaftig nicht!“ stotterte der Oberleutnant. Zornig erwiderte der Kaiser: „Unerhört, nicht einmal die Adjustierungsvorschriften kennen Sie!“ Fast ein Jahrhundert später wurden eben diese Blusenknöpfe durch einen republikanischen Erlaß abgeschafft. Ihre Funktion hatten sie ja eigentlich schon längst verloren. Ursprünglich sollten sie in der kalten Jahreszeit dem Soldaten die Möglichkeit bieten, die damals noch sehr weit geschnittenen Ärmel am Handgelenk zu schließen. Dafür war der entsprechende Knopf samt Knopfloch vorgesehen. Die Uniformärmel wurden im Wandel der Zeit schmäler, der Knopf degenerierte zum Zierstück. Ein hoher Wirtschaftsoffizier des Bundesheeres stellte eines Tages die Rechnung auf, man könnte langfristig Millionen einsparen, 149
würde man auf diese beiden Knöpfe verzichten. Die Knöpfe wurden verboten! An der Militärakademie in Wiener Neustadt war man bereits der ministeriellen Weisung gefolgt, als der gefürchtete Generaltruppeninspektor Erwin Fussenegger zur Inspektion angesagt war. Alle Offiziere und Militärakademiker hatten zur Schere gegriffen und die Knöpfe abgeschnitten. Und dann passierte es wie zu Kaisers Zeiten. Neben den höchsten Offizier des Heeres kam der Lehrer für Panzerwaffen, Major Holzer, zu sitzen. Plötzlich musterte Fussenegger die Blusenärmel des Majors und fragte: „Holzer, du hast ja keine Knöpfe an den Ärmeln?“ „Herr General“, antwortete der Stabsoffizier pflichtgemäß, „die mußten wir einem Erlaß des Ministeriums gemäß abschneiden!“ Fussenegger schüttelte unwirsch den Kopf und bohrte weiter: „Sag, welcher Trottel hat denn diesen Erlaß unterschrieben?“ Major Holzer, ohne auch nur einen Augenblick zu zögern: „Sie, Herr General!“
PROMINENTE UND PROMILLE Der k. u. k. Generalmajor Globučin wird am Schluß der Übung auf dem Manöverfeld zum Divisionskommandanten befördert. Er lädt seinen Adjutanten und andere Offiziere des Stabes zu einem Mittagessen im nächsten Gasthof ein, um dieses freudige Ereignis nach Gebühr zu feiern. Seinen Burschen schickt er mit den Pferden in die Garnison zurück; vorher drückt er ihm noch drei Gulden in die Hand, mit der Aufforderung, sich einen vergnügten Tag zu machen. Zwei Tage darauf meldet sich ein höherer Offizier der Garnison bei Seiner Exzellenz und erklärt, er hielte es für seine Pflicht, mitzuteilen, daß er vorgestern den Burschen Seiner Exzellenz in total betrunkenem Zustand angetroffen habe. „Wann war das?“ fragte Seine Exzellenz. „Vorgestern, gegen sechs Uhr nachmittags.“ „Gegen sechs?“ erkundigte sich der General und fügte lachend hinzu: „Na, da hätten S’ mich erst sehen sollen!“ 150
An diese Geschichte wurden die Autoren erinnert, als der freiheitliche Verteidigungsminister Friedhelm Frischenschlager in schwer vergripptem Zustand bei einer Gesellschaft eintraf. Um die Unpäßlichkeit zu kurieren, bat er, ausnahmsweise nur Tee trinken zu dürfen. Die wohlmeinende Gastgeberin schmuggelte aber laufend Slibowitz in das Getränk. Frischenschlager mundete die Kombination; er wurde sichtlich aufgekratzt. Der neben dem Minister sitzende Oberstarzt Dr. Rainer, in Sorge um das Wohl seines obersten Chefs: „Wenn ich so viel getrunken hätte wie Sie in der letzten Stunde, dann wäre ich längst betrunken!“ Betretenes Schweigen in der Tischgesellschaft; doch Frischenschlager antwortete seelenruhig: „No, was glauben Sie, was ich bin, Herr Doktor?“
FARBENSPIELE Der spätere Armeekommandant General Spannocchi hatte seine Pläne zur Heeresreform bereits in der Zeit der ÖVP-Alleinregierung unter Kanzler Klaus und Verteidigungsminister Prader entwickelt. Sie waren aber von Prader und den ihm nahestehenden konservativen Generälen verworfen worden. Erst die sozialistische Alleinregierung griff Spannocchis Idee von der Raumverteidigung auf. Auch sonst kam der Graf sehr gut mit den sozialistischen Machthabern, vor allem mit Bundeskanzler Bruno Kreisky, zurecht. Dies trug ihm von vielen alten Kameraden den Vorwurf ein, das politische Lager gewechselt zu haben. Spannocchi unter Anspielung auf seine Mitgliedschaft im ÖVPBauernbund: „Ich bin kein Bauerngeselchtes. Außen schwarz und innen rot.“ Eine ähnliche Anekdote wird über den ersten Oberbefehlshaber des 2. Bundesheeres, den ehemaligen k. u. k. Generalstabsobersten und späteren Generalmajor des 1. Bundesheeres, Theodor Körner, erzählt. Als Bundespräsident oblag ihm die Aufgabe, den als päpstlichen Legaten zum gesamtösterreichischen Katholikentag eintreffenden Wiener Erzbischof Innitzer zu begrüßen. 151
Körner, wie immer in schlichtem schwarzem Anzug ohne Hut, zu dem im Kardinalspurpur erscheinenden Innitzer: „Eminenz, wir beide heißen zwar Theodor, es ist aber doch ein großer Unterschied zwischen uns beiden. Sie, Herr Kardinal, sind außen rot und innen schwarz, ich aber bin außen schwarz und innen rot.“
VERFALL DER SITTEN Die folgende Anekdote stammt zwar aus dem Wilhelminischen Deutschland; wir bringen sie aber vor allem deshalb, weil es dazu ein österreichisches Pendant gibt: Der Oberst eines in der tiefsten pommerschen Provinz garnisonierenden Infanterieregiments wendet sich in seiner inneren Unsicherheit, ob seine Offiziere beim Kegeln den Waffenrock ablegen dürfen, an den seiner Ansicht nach einzig Kompetenten, den Kommandeur des feudalsten preußischen Regiments, der Potsdamer „Garde du Corps“. Dessen klassische Antwort: „Wenn Se schon kejeln müssen, dann können Se ooch in Hemdsärmeln kejeln.“ Mehr als ein halbes Jahrhundert später führte das republikanische Bundesheer nach langen internen Diskussionen das Uniformhemd als oberstes Bekleidungsstück für die Sommermonate ein. Bis dahin mußten die Soldaten, selbst bei großer Hitze, Krawatte und Uniformbluse tragen. General Zdenko (von) Paumgartten (der letzte k. u. k. General, wie ihn viele nannten) ging diese „Marscherleichterung“ gegen sein Selbstwertgefühl als Gentleman in Uniform. Als oberster Soldat der Festspielstadt Salzburg fühlte er sich zudem verpflichtet, gegen diesen Verfall der Umformsitten zu protestieren. Auf den Befehl aus dem Wiener Ministerium, der das Hemd salonreif machen sollte, schrieb er bissig: „Warum hat man uns nicht gleich die kurze Hose verordnet?“
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ÄRARISCHE FASTENPREDIGT In einer ungarischen Garnison predigte der Militärkurat vor seinen Schützlingen in Uniform: „. . . Meine Getreuen! Hütet euch vor dem Weibe, alles Unheil kommt vom Weibe, aller Sünden Quelle ist das Weib, aus dem Weibe lockt und seufzt und buhlt der Teufel!“ Und als er etwas Unruhe unter seinen Schafen spürte: „Lächelt nicht, meine Lieben . . . ich weiß das nicht aus eigener Erfahrung, aber ich habe sehr gute Freunde und Kameraden im Spital . . .“
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VOR SOLDATEN WIRD GEWARNT Zwischen 1952 und 1955 - zur Zeit der sogenannten „B-Gendarmerie“ waren in dem großen Kasernenkomplex an der Bundesstraße l in LinzEbelsberg zwei Gendarmerieschulen mit mehr als 1000 Mann untergebracht. Dieses „Potential“ blieb natürlich nicht ohne Einfluß auf die holde Weiblichkeit der näheren und weiteren Umgebung. Der Zauber der Uniform war offenbar so groß, daß sich der Pfarrer von Ebelsberg (Militärpfarrer gab es damals noch keinen) veranlaßt sah, seine Gemeinde in einer Predigt zu warnen. Und das hörte sich in der Philippika des geistlichen Herrn so an: „Mütter, hütet eure Töchter vor denen da draußen“ - dabei zeigte er mit ausgestrecktem Arm in Richtung Kaserne -, „die zu unserem täglichen Brot Bims sagen.“
BALLGEFLÜSTER Leutnant Kurt Tarbuk von Sensenhorst war alles andere, nur kein „Balltiger“. Trotzdem blieb es ihm nicht erspart, 1936 auf einem Offiziersfest die Gattin des Regimentskommandanten zu „bewegen“. Während des Tanzes kam die Konversation nur sehr schleppend in Gang, um schließlich in folgendem Dialog ein rasches Ende zu finden. Leutnant T.: „Gnädige Frau erinnern mich frappant an meine Großmama!“ Eisiges Schweigen und ein Blick, der selbst im Frieden einen Leutnant töten konnte, waren die Reaktion der Kommandeuse. Darauf Leutnant T., in dem Bemühen, seinen Fauxpas zu verbessern: „Natürlich, als sie noch jünger war, meine Frau Großmama!“ Am ersten Garnisonsball in Wiener Neustadt holte ein schon etwas älterer und zudem noch korpulenter Leutnant die hübsche Frau eines Kameraden zum Tanz. Dabei gelang es dem Tolpatsch (das Wort stammt übrigens aus dem Ungarischen und bedeutet soviel wie: breitfüßiger Infanterist), seiner Partnerin so ungeschickt auf den Fuß zu treten, daß diese ihren Schuh verlor. Während die Tänzerin - einem Storch gleich auf einem Bein stehenblieb, apportierte der ungeschickte Leutnant - wie 154
ein Jagdhund - den über das Parkett schlitternden Ballschuh. Beim nächsten Tanz wurde die junge Offiziersfrau von einem Rekruten aufgefordert. Der hatte den Vorfall lächelnd mitverfolgt und fragte nun vorsichtig: „War das Ihr Mann?“ Als die Frau verneinte, meinte er treuherzig und erleichtert: „Gott sei Dank, weil sunst hättn S’ ma lad tan!“
ORDENS(AUS)TAUSCH König Nikita von Montenegro (das karstige Balkanland war bis 1918 ein selbständiges Königreich) konsultierte bei seinen Besuchen in der alten Hafenstadt Ragusa (dem heutigen Dubrovnik) den dort stationierten k. u. k. Regimentsarzt. Da Nikita bekannt geizig war und dem jüdischen Arzt kein Honorar zahlen wollte, verlieh er ihm - in Anerkennung seiner Verdienste um die Person des Königs - einen Brustorden, der sich auf dem Uniformrock gut ausnahm, obwohl er nur aus Blech war. Der jüdische Stabsarzt, sehr begütert und ebenso eitel, ließ sich anläßlich eines Besuches in der Haupt- und Residenzstadt Wien im vornehmsten Juwelierladen am Kohlmarkt den Orden in Gold nachmachen und mit Brillanten „aufbessern“. Diese Wertsteigerung wurde dem geizigen Monarchen hinterbracht, worauf er bei seinem nächsten Besuch in Ragusa stante pede den Äskulapjünger aufsuchte. Der war aber nicht in seiner Ordination, sondern saß selbstbewußt, den glänzenden Bruststern auf der Uniformbluse, in einem Kaffeehausgarten. Nikita steuerte den Doktor an und sagte laut coram publico: „Liba Freind, hob i doch in meina Zerstreitheit Ihnen zu niedrigen Orden verlieh’n. Entschuldigen, bitta sehen!“ Er griff in seine Rocktasche, holte aus dieser einen großen, allerdings blechernen Halsorden heraus und verlieh ihn dem sprachlosen Regimentsarzt. Bevor sich dieser für die hohe Ehre noch bedanken konnte, hatte ihm Nikita den niederen, güldernen und mit Brillanten besetzten Orden bereits mit dem Hinweis abgenommen, daß bei der Verleihung eines höheren Ordens der niedrigere stets eingezogen werden müsse. 155
ORDEN UND HÜHNERAUGEN Der einstige kaiserliche Generalstabsoberst Theodor Körner Edler von Siegringen hatte es nicht gerne, wenn man ihn auf Auszeichnungen - er selbst trug einige der höchsten aus dem Ersten Weltkrieg - ansprach. Die Verleihung der wohl gefragtesten Auszeichnung, des Maria-TheresienRitterordens, für den Körner eingegeben war, scheiterte zum Teil daran, daß sich der damalige Generalstabschef der Isonzoarmee weigerte, die vom Ordenskapitel gewünschte Begründung seiner Heldentaten selbst zu liefern. 1920, als das Ordenskapitel den Antrag endgültig verwarf, war dafür wohl Körners negative Einstellung zu Orden - deren Tragen er nach dem Kriegsende als monarchistische Tradition ablehnte - mitentscheidend. Körner also, angesprochen auf seine Kriegsauszeichnungen: „Bitte, treten Sie mir nicht auf die Hühneraugen!“
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PLATZVÖGEL
Welch seltsame Vögel in Gottes großem Tiergarten Platz haben, sollen die folgenden Zeilen über die sogenannten „Platzvögel“ belegen. Nicht nur der Kaiser von Österreich hielt sich dergestaltes Getier - nein, auch in republikanischen Zeiten ist diese Gattung nicht ausgestorben. Das sonderbare Federvieh war in den einzelnen Garnisonen für die Einhaltung der vielfältigen Adjustierungsordnung zuständig - also für eine ganz wesentliche, man möchte fast sagen: kriegsentscheidende Aufgabe abgestellt. Sie hatten ihre beste Zeit, als die Ringstraße in Wien, aber auch so manche staubige Garnisonsstraße noch nicht vom Autoverkehr, sondern von flanierenden und flirtenden Menschen beherrscht wurden. Da musterten sie geckenhafte junge Offiziere, ob auch die Höhe des Uniformkragens, die Neigung des Kappenschildes, der Haarschnitt und was sonst noch zu beachten war, dem k. u. k. Dienstreglement entsprachen.
MÜHSAMER SCHRIFTVERKEHR Exzellenz Galgotzy, ebenso knorrig wie schreibunwillig, war Korpskommandant irgendwo im Süden des großen Reiches. Um seinen Offizieren, die er bei aller Grobheit zärtlich liebte, die mörderische Hitze erträglich zu machen, erlaubte er ihnen, weiße Uniformen und weiße Kappen zu tragen. Ein junger Leutnant, der mit dem eingangs erwähnten Federvieh noch nie etwas zu tun gehabt hatte, fuhr ahnungslos in die Haupt- und Residenzstadt, um dort mit der ungewöhnlichen Adjustierung - vor allem mit der weißen Kappe - zu paradieren. Er paradierte nicht lange; Ein gestrenger Platzvogel erspähte ihn und stellte ihn zur Rede. Der Leutnant meldete knapp, Exzellenz Galgotzy 157
habe dies erlaubt. Also: Dienstzettel an General Galgotzy, ob diese Behauptung richtig sei. Keine Antwort. Neuerlicher Dienstzettel. Wieder keine Antwort. Erst auf das dritte, schon recht eindringlich gehaltene Schreiben kritzelte Galgotzy mürrisch hin: „Ja, Galgotzy.“ Vom Wien-Urlaub zurück, wurde der Leutnant sofort vor seinen obersten Dienstherrn zitiert. Glagotzy musterte den Übeltäter von oben bis unten und brummte dann: „Was Sie für a Kappel tragen, ist mir Wurscht; aber daß Sie mir damit die viele Schreiberei verursacht haben, verzeih’ ich Ihnen nie!“
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DER AMBROS WAR’S Fast hundert Jahre später „regierte“ in der größten Kaserne des jungen Bundesheeres, dem einstigen Camp Roeder der amerikanischen Besatzungsmacht, später auf den ehrwürdigen österreichischen Kriegshelden Fürst Schwarzenberg umgetauft, ein legendärer Nachfolger dieser einzigartigen Gattung: Oberst Eduard Ambros. Wie schon ein berühmtes Vorbild, der berüchtigte Major Brasseur, der um die Jahrhundertwende am Wiener Glacis mit dem Zollstab in der Revolvertasche herumlief, war Ambros mit Habichtsaugen ausgestattet, die auch nur den kleinsten Adjustierungsfehler erspähten. Zweihundertprozentig in seiner Dienstauffassung, unbestechlich und penibel . . . die Liste versunkener Soldatentugenden ließe sich noch fortsetzen. Besser als alle Adjektiva spricht aber die nachstehende Anekdote für den unbeugsamen Charakter dieses Mannes: Oberst Ambros begegnete auf seinem täglichen Inspektionsgang durch die Kaserne einem Soldaten mit besonders kurz geschnittenen Haaren. „Kamerad, so ein Haarschnitt gefällt mir, melde dich bei deinem Kommandanten, er soll dir einen Tag Sonderurlaub geben!“ Der Soldat schien nicht sonderlich begeistert über das unerwartete Geschenk eines dienstfreien Tages, daher fragte ihn der Oberst: „Freust du dich nicht darüber?“ „Herr Oberst“, kam es zaghaft zurück, „i versteh’ die Wölt nimma. Grad hob i für den Haarschnitt, für den Sie mi belobigt hab’n, drei Tage Arrest ausg’faßt. Mein Kommandant ist nämlich der Meinung, weil i mir a Glotz’n hob rasieren lossen, hob i des Ansehen vom Bundesheer geschädigt.“
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DER PFEIFENDECKEL
Wer behauptet, daß es in allen drei österreichischen Armeen eine derartige Rangstufe nicht gegeben hätte, der hat unbedingt recht. Es war dies nur ein Pseudonym für eine andere Bezeichnung, eigentlich ein Künstlername, und letzteres mit Recht, wie Ferdinand Fauland in seinem Büchlein: „In Kaisers buntem Rock“ so treffend meint. Denn er mußte ein Künstler sein, der sich in allen Lebenslagen zu Nutz und Frommen seines Herrn zurechtzufinden hatte. Im Dienstreglement hieß er zuerst Offiziersdiener, dann - eingedeutscht - Offiziersbursche; schließlich wurde er republikanisch abgeschafft, ist aber nichtsdestotrotz immer noch lebendig. Dazu zwei Geschichten, die, wenn sie erfunden sein sollten, auch wahr sein könnten. 160
BEI DER KOMMANDEUSE
IN PENSION
Leutnant M. erhält Ende April abends auf der Straße das Telegramm, das ihm seine Beförderung anzeigt. Er läßt sich im Vorübergehen beim Regimentsschneider den zweiten Stern aufnähen und beschließt, das Avancement im Kreise Gleichgesinnter entsprechend zu feiern. Nach langer und schwerer Sitzung kehrt er spät nachts nach Hause zurück, und es kommt ihm der Gedanke, seinem braven Burschen das freudige Ereignis vor Augen zu führen. Der biedere Steirer wird geweckt, und als er verschlafen aufspringt „Befehl’n Herr Leitnand?“ - schlägt sein Herr den Mantel zurück. Es entspinnt sich folgender Dialog: „Bemerkst du nichts an mir, Sepp?“ „Nein, Herr Leitnand.“ „Sieh mich nur genau an, du mußt etwas bemerken.“ „Jo . . . holt b’soffen sein S’, Herr Leitnand.“
LAUTER LÖCHER Obwohl offiziell verboten, war es in den Anfangsjahren des 2. Bundesheeres noch absolut üblich, daß das Zimmer und die Uniform der Herren Offiziere durch einen Rekruten in Ordnung gehalten wurden, nach dem Vorbild des Offiziersburschen der alten k. u. k. Armee. Eines Tages sagte Leutnant D. zu seinem „Burschen“, er solle aus dem Pappkarton die schwarzen Socken mit großen Löchern heraussuchen und wegwerfen, die guten aber bis zum Abend waschen und trocknen. Als sich der Leutnant abends zum Ausgang bereitmachen wollte, war die Sockenschachtel leer. Darob zur Rede gestellt, meinte der Soldat treuherzig, er habe alle Socken weggeworfen, da alle große Löcher gehabt hätten.
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PENSIONSSCHOCK
Seit Menschengedenken haben sich Militärs, vor allem in den oberen Rängen, schwer getan, in Pension zu gehen - genauer gesagt: vom Aktivin den Ruhestand überzuwechseln (damit ist schon eher der Kern der Sache getroffen). Zu schwer fiel ihnen der Verzicht auf die mit der Stellung eines Obersten oder gar Generals verbundenen Attribute: die prächtige Uniform, den damit verbundenen gesellschaftlichen Rang, das Bedientwerden im Kasino, das Dienstpferd (so vorhanden) und auf noch vieles mehr. Sie trennten sich also nur ungern und daher so spät wie möglich von diesen Dingen; war es endlich nicht mehr zu umgehen, mußte man es ihnen sehr behutsam nahebringen.
ICH BIN’S NICHT Ein k. u. k. General sollte pensioniert werden. Anton von Galgotzy, hier nicht zum erstenmal zitiert, erhielt den nicht einfachen Auftrag, den Ahnungslosen auf das Unvermeidliche vorzubereiten. Aber schonend, besonders schonend, denn der Kandidat für den „Zylinder“ (vordergründige Umschreibung für den Wechsel ins Privatleben), also der zu Pensionierende, war trotz minderer militärischer Fähigkeiten wegen seiner charmanten Art auf Tanz- und sonstigen Gesellschaften in hohen und höchsten Kreisen gar wohlgelitten. Ob Galgotzy für diese heikle Mission der Richtige war, bleibe dahingestellt. Er entledigte sich der zweifelhaften Ehre mit bekannter Raschheit, indem er sich auf die Promenade begab, wo er sicher war, den Gesuchten zu treffen. Galgotzy trat auf ihn zu und sagte kurz angebunden: „Servus! Gut, daß ich dich treffe! Einer von uns zwei muß in Pension gehen. Ich bin’s nicht. Servitore!“ 162
Irgendwann war es dann soweit, daß auch Galgotzy in Pension gehen sollte. Aber wie es ihm sagen? Es hatte einfach niemand den Mut, dem alten Haudegen diese Hiobsbotschaft auch nur andeutungsweise nahezubringen. So verfiel man auf den Gedanken, den alten Erzherzog Rainer, seit Jahrzehnten mit Galgotzy innig befreundet, mit dieser heiklen Mission zu betrauen. Seufzend übernahm der alte Herr das schwere Amt und suchte den Waffengefährten auf. Er ward herzlich aufgenommen, man sprach von diesem und jenem, dann lenkte der hohe Besuch das Gespräch diplomatisch auf Jugend und Leben und wie vergänglich sie wären. Der Erzherzog wurde geradezu lyrisch, aber Galgotzy, längst hellhörig geworden, wurde immer wortkarger und hörte zum Schluß nur noch in feindseligem Schweigen zu. Endlich ging der Erzherzog zum Generalangriff über: „Ja, ja mein lieber Galgotzy“, seufzte er, „man wird halt alt!“ „Und blöd“, ergänzte Galgotzy trocken. Die Pensionierung unterblieb.
„SO WAS SCHICKEN SIE IN PENSION?“ In den dreißiger Jahren der Ersten Republik diente beim Infanterieregiment Nr. 6, das die Tradition der berühmten Hesser fortführte, ein nicht mehr ganz junger Oberst namens Zimmermann. Dieser Offizier war trotz seiner Jahre körperlich und geistig noch voll auf der Höhe. Ja er war, da begeisterter Sportler, so durchtrainiert, daß er noch viele junge Soldaten mit seiner Kondition in den Schatten stellte. Eines Tages wurde er, für ihn völlig überraschend, in Pension geschickt. Oberst Z. fuhr stante pede ins Heeresministerium nach Wien und ließ sich beim obersten Personalchef melden. Als er das Zimmer des Generals betrat, salutierte er stramm, griff dann in seine Hosentaschen, legte Taschentuch, Taschenmesser und Feuerzeug auf den Tisch des verdutzten Generals, trat drei Schritt zurück, machte einen Handstand, dann einen Salto, nahm Haltung an, verstaute seine Sachen wieder in den Hosentaschen und sagte zu dem General: „Und so was schicken Sie in Pension?“ 163
Bevor der General noch etwas erwidern konnte, hatte Z. absalutiert und den Raum verlassen. Es wird erzählt, daß Oberst Z. noch viele Jahre, als Zivilist durch den Kasernenzaun blickend, die Soldaten bei ihren Turnübungen beobachtete.
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REDNER SIND SIE KEINE
Soldaten haben zwar meist eine kräftige Stimme und sind auch geübt, militärische Befehle laut zu geben. Ansprachen - zu welchen Anlässen auch immer - sind nicht ihre Stärke. Die folgenden Beispiele aus dem 1. und 2. Bundesheer bestätigen dies nachdrücklich.
DEITSCHE SPRACHE Zum Abschluß der Sommermanöver marschierte das Infanterieregiment Nr. 5 Carl Vaugoin jedes Jahr samt Musik in einem Zug vom Truppenübungsplatz Bruck-Neudorf im Fußmarsch nach Wien und nahm, schon stark angeschlagen, nach einem Vorbeimarsch an dem Regimentskommandanten im Kasernenhof Aufstellung. Kommandant des Regiments war damals Oberst Orestes Adasiewitz, ein echtes Kind des versunkenen Vielvölkerstaates. Die auf den Vorbeimarsch folgende Ansprache endete mit schöner Regelmäßigkeit mit folgenden Worten: „Leite, auf dieser Straße (gemeint war die Römerstraße von Carnuntum nach Wien) sind marschiert remische Legionen von Eiropa nach Asien und von Asien nach Eiropa; schwer beladen mit Gepäck. Und bei eich wird vorn und hinten geblasen (er spielte auf die Regimentsmusik an), und ihr fällt’s um wie tote Fliegen.“ Dann machte er eine demonstrative Pause, wollte die Wirkung seiner Worte prüfen, um zu schließen: „Der Esterreicher hat ein Vaterland und liebt’s und hat auch Ursach, es zu lieben, wie unser deitscher Dichter Schiller so schen sagt. Seid’s miad, Leitln? Einricken!“
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DER APPELL Oberst Schönböck, der erste Alpininspektor des Bundesheeres, glaubte am Ende eines Schilehrerkurses in St. Christoph am Arlberg eine zündende Rede halten zu müssen. Sie gipfelte in dem Appell: „Wir brauchen Schilehrer und nochmals Schilehrer - vor allem im Winter!“
GRABREDE Im Jahre 1975 fand in einem Dorf in der Nähe von Korneuburg das Begräbnis eines Mitgliedes des Kameradschaftsbundes statt, an dem auch eine Abordnung der Garnison teilnahm. Der Obmann des Kameradschaftsbundes würdigte am offenen Grab in einer schneidigen Ansprache Leben und Wirken des Verstorbenen. Breiten Raum nahmen dabei die tapferen Leistungen des Toten im vergangenen Weltkrieg ein. Plötzlich riß dem Redner der Faden, und er wußte nicht mehr weiter. Daraufhin salutierte er militärisch stramm und sagte: „Und nun wollen wir unserem Kameraden die letzte Ehre erweisen. Pfiat di Gott, Karl, und bleib g’sund!“
„OJE“ Oberst W. war alles andere als ein begnadeter Redner, und alle wußten, daß, wenn er schon eine Rede halten mußte, sie aus der Feder seines Adjutanten, eines studierten Theologen, stammte. Dieser folgte seinem Chef bei allen öffentlichen Auftritten wie ein treuer Schatten. Es war knapp vor Weihnachten, und der diensteifrige Adlatus lag mit Grippe darnieder, als der Oberst ohne Begleitung vor die angetretenen Soldaten trat. Das Fehlen des Majors machte alle stutzig; die Reaktion sollte der Oberst gleich spüren. Er begann seine Ansprache mit den Worten: „Ich habe mir soeben ein paar Gedanken gemacht ...“ Da kam aus der letzten Reihe ein nicht zu überhörendes: „Oje!“
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DIE FRAU OBERST Oberstleutnant W., ein gemütlicher Wiener, dem jede Förmlichkeit fremd war, gelang einmal ein besonders peinlicher Versprecher. Als Kommandant des Fliegerhorstes Zeltweg hatte er auf dem Garnisonsball den Militärkommandanten der Steiermark, Oberst Pommer, zu begrüßen. Nachdem er sich vor Aufregung einige Male geräuspert hatte, hob er schließlich an: „Ich begrüße den Herrn Pommer und die Frau Oberst.“ Natürlich war ihm eine der berüchtigten Freudschen Fehlleistungen passiert, denn in der energischen Frau Pommer sahen viele den wahren Oberst . . .
SABOTEUR Bei einem großen Pioniertreffen in Salzburg waren Soldaten aller drei Armeen, des ersten und des zweiten Bundesheeres, aber auch der kaiserlichen Armee des Ersten Weltkrieges versammelt. Während man in der Monarchie die Pioniere streng nach ihren Aufgaben trennte - etwa in Sturm- und Festungspioniere, Mineure und Sappeure -, wurde im gegenwärtigen Bundesheer alles in einer Waffengattung zusammengefaßt: den Pionieren. Der Militärkommandant von Salzburg, Divisionär Riedl, wollte bei seiner Begrüßungsansprache auf diesen Umstand eingehen und begann daher mit dem Ruf: „Pioniere!“ Nach einer kurzen Pause wollte er mit „Sappeure“ fortsetzen, aber der kaum mehr gebrauchte Ausdruck kam ihm nicht über die Lippen. Dafür aber laut und deutlich: „Saboteure!“
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ABSTAMMUNGSREGISTER
Die beiden letzten Beiträge sollen uns noch einmal an unsere Wurzeln erinnern, daß wir fast alle aus einer großen Völkerschmelze stammen, auch wenn wir nun zu einem neuen, erfreulichen Patriotismus eines (fast) einsprachigen Kleinstaates gefunden haben.
„SAN WIR A IN ÖSTERREICH?“ Beim Standortoffizier in Langenlebarn schrillt das Telefon: „Hier Oberleutnant Majevsky, Fliegerhorst Brumovsky.“ Am anderen Ende der Leitung bittet ein besorgter Vater eines Rekruten um eine Auskunft. Der Oberleutnant: „Da müssen Sie den Oberstleutnant Stanslitzky fragen.“ Antwort des verdutzten Mannes: „San wir a in Österreich?“
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IN IHREM LAGER IST ÖSTERREICH Auszug aus dem Personalstandesverzeichnis der Offiziere der Gruppe III von Oberst d. G. Vymetal Es ist int’ressant von den Offizieren das Standesverzeichnis genau zu studieren. Bei der Lektüre wird bildhaft sie die große, glorreiche Monarchie. Doch woher die Namen kamen weiß man oft nicht; denkt nur an Skamen oder spricht wo tut man hin Wurian und Palatin, Tscharnon, Hillek oder Sima? g’hörn die zu Germanen nimma? Doch denkt man gleich an Italiano liest man Pischi, Palmisano, Perisutti, Paravicini, Getti, Zanetti und Lachini. Gallisch wird es bei Duchet, Renotiere und Forestier. Damit auch keiner vergessen sei höret nun die Litanei: Guritsch, Duić, Erdelitsch, Buketitś und Graberitsch, Kausitz, Krysl, Krapitek, Lovcik, Rerich, Kaczirek, Slawik, Kralik, Konetschnik, Triebnig, Dobnik, Szedenik. Chmyral, Nowak, Pantlischko, Zischka, Janschitz klingen so, 169
als läge unsere Gruppe drei irgendwo in der Tschechei, in Polen und Rumänien, Kroatien und Slowenien. Denn Gruppenarzt, vor wenig Jahr’ Walter Pervulesko war. Doch schließlich sei zu guter Letzt die Litanei froh fortgesetzt: Machek, Buzek, Novotny, Dvorak, Schiedek, Wessely, Lawatsch, Benesch, Zawazal, Pribil, Coufal, Vymetal! Wenn das man hört, weiß jeder gleich: „In ihrem Lager ist Österreich!“
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DANKSAGUNG
Daß so ein Büchlein entsteht, ist natürlich nicht ausschließlich Verdienst der Autoren. Viele, zu viele, daß wir sie alle namentlich nennen könnten, haben mitgeholfen, daß diese Sammlung so reichhaltig wurde, indem sie uns ihre Erinnerungen mündlich, telefonisch oder schriftlich übergaben. Trotzdem wollen wir jetzt ein paar Persönlichkeiten namentlich anführen, da ihr Beitrag weit über diesen Rahmen hinausging. Wir danken besonders Oberst i. R. Fred Mannsbart, daß er uns seine in Zusammenarbeit mit General d. IntD. Dr. Rudolf Forenbacher erstellte Sammlung plündern ließ. Viele ausgezeichnete Erzählungen, besonders über das Bundesheer der Ersten Republik, stammen aus dieser Sammlung. Auch Brigadier i. R. Alfred Bauer und General i. R. Hellmut Berger haben uns bei Kapiteln geholten, bei denen das Material nur spärlich vorlag. Letztlich sind wir unserer beruflichen Umgebung zu Dank verpflichtet, daß sie in den Wochen der Fertigstellung manch Auge zugedrückt hat. Unser besonderer Dank gilt den Damen Gertrude Körner und Christiana Eichberger und Herrn Vizeleutnant Franz Korbej. Bedankt sei auch Major dRes. Franz Schneider für sein hervorragendes ehrenamtliches Lektorat.
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QUELLENHINWEISE
„Habt Acht! Heiteres aus dem Soldatenleben“, Verlag Moritz Perler, Wien 1890 „Der Witz der Österreicher“, von Richard Heinersdorf, Desch-Verlag, München 1971 „Hohes Haus oder Politik in Anekdoten“, von Georges Hoyan, Paul Neff Verlag, Wien 1976 „Hoffnungslos, aber nicht ernst, Der politische Witz in Österreich seit 1918“, von Johannes Kunz, Molden Verlag, Wien 1976 „K. u. K. Raritäten, Anekdoten aus der alten Armee“, von Ferdinand Fauland, Verlag Styria, Graz 1974 „Geschichten aus dem Wienerwald“, von Mirko Jelusich, F. Speidel’sche Verlagsbuchhandlung Wien und Leipzig, 1940 „In Kaisers buntem Rock“ und „Altösterreichischer Bilderbogen“, beide von Ferdinand Fauland, Verlag Styria, Graz 1973 und 1975 „Gott erhalte - Biographie einer Epoche“, von Heinrich Drimmel, Amalthea Verlag, Wien-München 1976 „Kaiser Franz Joseph-Anekdoten“, von Heinz Richter, Verlag Styria, Graz 1979 „Lachendes Österreich“, von Kurt Eigl und Wolfgang Klesl, Verlag Kremayr & Scheriau, Wien 1978 „Gebirgsjäger zwischen Kreta und Murmansk“, von Karl Ruef, Leopold Stocker Verlag, Graz und Stuttgart „Anekdotenschatz von der Antike bis auf unsere Tage“, Verlag praktisches Wissen, Berlin „Und die Größe ist gefährlich“, von Gottfried Heindl, Paul Neff Verlag, Wien 1969
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