Fidel 1. Januar 1999 Rede des Comandante en Jefe Fidel Castro Ruz, Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistisch...
5 downloads
1077 Views
1MB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Fidel 1. Januar 1999 Rede des Comandante en Jefe Fidel Castro Ruz, Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas und Vorsitzender des Staatsund des Ministerrates, anläßlich der Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag des Sieges der Revolution im Céspedes-Park von Santiago de Cuba, am 1. Januar 1999, "Jahr des 40. Jahrestages des Sieges der Revolution" (Mitschrift durch den Stenographischen Dienst des Staatsrates) Santiagueros, Landsleute aus ganz Kuba! Ich versuche mich an jenen Abend des ersten Januars 1959 zu erinnern -ich spüre und erlebe dabei noch einmal die Eindrücke und Geschehnisse als ob sie gerade jetzt passieren würden. Es scheint unwirklich zu sein, daß uns das Schicksal das seltene Privileg hat zukommen lassen, vierzig Jahre später erneut zur Bevölkerung von Santiago de Cuba vom selben Ort aus zu sprechen. Vor dem Morgengrauen jenes Tages spürte ich für einen Moment lang eine seltsame Leere, als die Nachricht kam von der Flucht des Tyrannen und der wichtigsten Funktionäre seines erdrückenden Regimes vor dem unaufhaltsamen Vormarsch unserer Truppen. Wie ist dieser unglaubliche Sieg in etwas mehr als 24 Monaten nur möglich gewesen - von dem Augenblick an, dem 18. Dezember 1956 -, als wir nach einem harten Rückschlag, der unser Kommando quasi ausgelöscht hatte, wieder sieben Gewehre beisammen hatten, um erneut den Kampf aufzunehmen gegen eine militärische Streitmacht von 80.000 Soldaten mitsamt ihren Waffen, Tausenden von Führungskadern aus Militärakademien, ihrer starken Moral, attraktiven Privilegien, dem nie in Frage gestellten Mythos der Unbesiegbarkeit und einer verläßlichen militärischen Beratung sowie gesicherten Waffenlieferungen aus den Vereinigten Staaten? Gerechte Ideale, die sich das Volk zu eigen gemacht hatte, vollbrachten das militärische und politische Wunder. Spätere- vergebliche und lächerlicheVersuche, das zu retten, was übrig war von diesem ausbeuterischen und repressiven System, wurden von der Rebellenarmee, den Arbeitern und dem Volk generell innerhalb von 24 Stunden zerschlagen. Der Anflug von Traurigkeit, der uns nach dem Sieg erfaßte, war Folge der noch frischen Erinnerungen an die im Laufe des Kampfes gefallenen Kameraden - im vollen Bewußtsein, daß jene so außerordentlich schwierige und widrigen Jahre uns zwangen, besser zu sein als wir es waren und unser schöpferisches Potential auszunutzen. Wir mußten unsere Berge, unsere Felder verlassen und unser Leben in absoluter und unumgänglicher Enthaltsamkeit aufgeben - ein Leben, stets auf der Hut vor dem Feind, der jederzeit in den 761 Tagen, die der Krieg dauerte, zu Land oder aus der Luft angreifen konnte. Ein gesundes, hartes, reines Leben voller gemeinsam erlebter Entbehrungen und Gefahren, das die Menschen zusammenschweißt und in ihnen nobelste Tugenden entwickelt: eine grenzenlose Opferbereitschaft und Selbstlosigkeit, die in jedem Menschen stecken können. Die enorme Überlegenheit des Feindes an Waffen und Soldaten zwang uns, Unmögliches zu vollbringen. Man muß sich nur einmal vor Augen halten, daß wir den Krieg mit Gewehren und Panzerminen gewonnen haben. Wir hatten dabei in jeder bedeutenden Schlacht stets gegen Artillerie, Panzer und vor allem gegen die feindliche Luftwaffe zu kämpfen, die bei jeder Kriegshandlung sofort zur Stelle war. Die Gewehre und andere halbautomatische und automatische leichte Geschütze, die wir besaßen, hatten wir dem Feind zuvor im Kampf abgenommen. Der Sprengstoff, aus dem wir in einfachen Werkstätten Panzer- und Antipersonenminen herstellten, entnahmen wir stets einigen Blindgängern nach Bombenangriffen, die sie gegen uns führten. Unsere verläßliche Taktik, den Feind stets bei Truppenbewegungen anzugreifen, spielte dabei eine Schlüsselrolle. Die Kunst, ihn zu provozieren, um ihn aus seinen gut befestigten und in der Regel uneinnehmbaren Stellungen zu locken,
wurde so zu einer der wichtigsten Fähigkeiten unserer Führung. Die feindlichen Kampfeinheiten oder Garnisonstruppen wurden von uns belagert und ihre Verstärkungstruppen zerstört. Sie sahen sich aus Hunger und Durst gezwungen, sich zu ergeben - und das unter ständiger Befeuerung durch unsere Schützen, die den Belagerungsring jeden Tag enger schnürten, dabei aber auf Frontalangriffe verzichteten, die nur unnötig viele Kameraden das Leben gekostet hätte, da wir dazu nicht über genügend Mann und Waffen verfügten. Was wir in den Bergen und dichten Wäldern gelernt hatten, wendeten wir anschließend auch im Flachland an - neben asphaltierten Überlandstraßen, im Schatten von Zitronen- und Orangenpflanzungen, Obstbäumen und sogar in Zuckerrohrfeldern, die als Tarnung dienten für unsere - in der Regel unerfahrenen - Truppen, was auf das rasche Anwachsen unserer Armee zurückzuführen war, in dem Maße wie neue Waffen erbeutet werden konnten. Die Führung bei Überraschungsangriffen auf die Verstärkungstruppen wurden jedoch immer von erfahrenen Kämpfern übernommen. Die gleiche Methode wurde dann auch in den Städten praktiziert, wozu die einzelnen Truppenstandorte isoliert wurden. So konnte in nur drei Tagen die Stadt Palma Soriano eingenommen werden, und so wurde auch der Angriffsplan für die 5000 Mann starke Garnison von Santiago de Cuba entworfen, die durch 1200 Rebellenkämpfer zur Aufgabe gezwungen wurde. Über die Bucht von Santiago de Cuba konnten dazu zuvor hundert Waffen eingeschmuggelt werden, die dort erbeutet worden waren, um den Aufstand am fünften Tag nach dem Beginn der Operationen auszulösen, die nacheinander die vier Bataillone belagerten, die den Stadtrand von Santiago verteidigten. Ich lasse hierbei die Details des Angriffsplans aus und möchte nur darauf hinweisen, daß auf einen Rebellen vier feindliche Soldaten kamen. Nie zuvor hatten wir ein günstigeres Kräfteverhältnis gehabt. Wenige Kilometer von Bayamo entfernt wurde der Kampf in Guisa mit 180 Kämpfern aufgenommen, die gegen die Verstärkung zu kämpfen hatten, die auf einer asphaltierten Landstraße und auf anderen Wegen aus jener Stadt vorrückten, in der sich die Kommandantur der feindlichen Armee befand und Tausende ihrer besten Soldaten stationiert waren, die über schwere Kriegspanzer verfügten. Nach intensiven Gefechten, die sich über elf Tage erstreckten, in denen unsere Armee dank der Waffen anwuchs, die beschlagnahmt werden konnten und dank einiger kleiner Verstärkungstruppen, fiel Guisa am 30. November 1958 in unsere Hände. Dieser Kampf war einmal mehr Beweis der außerordentlichen Schlagkraft, die unsere Soldaten erworben hatten, sowie der Schnelligkeit, mit der sie vorgingen. Fünf Monate zuvor, im Juni jenes Jahres, startete der Feind seine letzte und augenscheinlich unaufhaltsame Offensive gegen die Generalkommandantur in La Plata in der Sierra Maestra. Allerdings waren wir zu diesem Zeitpunkt nicht mehr die unerfahrenen Kämpfer, die am 2. Dezember 1956 in Kuba an Land gegangen waren. Auf der anderen Seite waren wir jedoch zahlenmäßig nicht besonders stark. Die Verteidigung begannen wir mit ungefähr 170 Kämpfern. Die immer noch sehr dezimierten Truppen von Che, Camilo, Ramiro und Almeida wurden zusammengeschlossen. Sie hatten zuvor die Anweisung erhalten, sich zu den Stellungen der 1. Kolonne zu begeben, die das strategische Ziel der Feindesoffensive darstellte. Das heißt also, bis auf die 2. Ostfront unter dem Befehl von Raúl, die in den Bergen des Nordostens zu weit entfernt war, um unsere Front zu unterstützen, zählten vier Wochen später alle unsere Kolonnen zusammengenommen aus etwa 300 Kämpfer. Hunderte von freiwilligen Jugendlichen ohne Waffen wurden in der Rekrutenschule von Minas del Frío ausgebildet. Nach 74 Tagen intensiver Gefechte hatten die feindlichen Bataillone durch Gefallene, Verletzte und Gefangene ungefähr 1000 Verluste zu verzeichnen. Mehr als 440 Kriegsgefangene verblieben in unserer Hand und wurden einige Tage später über das Internationale Rote Kreuz ausgeliefert. Ich schreibe das, woran ich mich erinnere. Die Historiker können diese Daten anhand von unseren Unterlagen, die
erhalten geblieben sind und später in den Archiven des Feindes gefunden wurden, vielleicht noch genauer angeben. Ich kann aber mit Sicherheit behaupten, daß mehr als 500 Waffen erbeutet wurden, mit denen die Rekruten ausgerüstet wurden, in dem Maße wie wir sie dem Feind abnahmen. Am Ende der Kämpfe betrieben waren wir nur 900 Mann unter Waffen, die wir uns unverzüglich in verschiedene Richtungen begaben. Die Rebellenkolonnen drangen in dem vom Feind kontrollierten Gebiet bis zur Landesmitte vor - mit Ausnahme des großen östlichen Gebietes, das bereits unter fester Kontrolle von der 2. Ostfront Frank País stand, und schufen neue Kriegsfronten, die schnell größer wurden. Ich blieb mit einigen wenigen Kameraden im Befehlsstand. Als gerade diese Operationen durchgeführt wurden, als Che und Camilo mit ungefähr 140 Mann ersterer - nach meiner Erinnerung, ohne daß ich ein entsprechendes Dokument nachgeschlagen habe - und etwa 100 Mann der zweite, eine der größten Heldentaten vollbrachten unter all den vielen, von denen ich in den Geschichtsbüchern gelesen habe, nämlich von der Sierra Maestra nach einem Hurrikan 400 Kilometer bis zum Escambray-Gebirge, wobei sie Flachland und Sumpfgebiete zu durchqueren hatten, die von Moskitos und feindlichen Soldaten nur so wimmelten. Sie wurden ständig von der Luft aus überwacht, hatten keine Führer, keine Nahrungsmittel und konnten auch nicht auf die logistische Unterstützung unserer Untergrundbewegung zurückgreifen. Sie waren auf ihrem langen Marsch durch dieses Gebiet nur schwach organisiert. Mit List und Geschick entgingen sie Belagerungen, Hinterhalten, aufeinanderfolgenden Absperrungslinien und Bombardierungen und erreichten ihr Ziel. Durch unser großes Vertrauen in die Kämpfer schlugen sie die Feindesoffensive nieder. Das wichtigste dabei war, daß sie ein grenzenloses Vertrauen in sich selbst und ihre legendären Befehlshaber hatten. Es waren Männer aus Stahl. Den Jugendlichen empfehle ich, die wundervollen Erzählungen aus dem Buch Pasajes de la guerra revolucionaria (Vom Revolutionskrieg), das Che geschrieben hat, zu lesen oder wiederzulesen. Wo ich mich beinahe unfreiwillig in diese Gedanken über unsere Gefechte in den Bergen vertieft habe, will ich euch, um die Geschichte der Ereignisse zu beenden, die mich erneut in diese geliebte Stadt an jenem ersten Januar geführt haben, dessen 40. Jahrestag wir heute feiern, erzählen wie ich am 11. November aus La Plata mit 30 bewaffneten Männern und 1000 Rekruten ohne Waffen aufbrach. Jene mutigen und selbstlosen jungen Männer waren besser geschult im Ertragen von Hunger, Bombardierungen und Mangel als im Umgang mit Waffen, da für Übungsschießen niemals eine echte Patrone vorhanden war. Aus allen Teilen des Landes kamen sie massenweise voller Begeisterung in die Guerillaschulen. Damals konnte aber nur jeder zehnte diese Bedingungen ertragen. Sie füllten unsere Reihen auf, sie waren furchtsamer als unseren alten Kämpfer. Ermuntert von den Traditionen und Geschichten, die sie hörten, wollten sie an einem Tag vollbringen, wozu andere Jahre benötigt hatten. Unsere große Kolonne nahm kleine Rebelleneinheiten entlang des Vormarschs auf und erbeutete Waffen zweier feindlicher Trupps, die in unsere Reihen überliefen, wozu sie von dem damaligen Kommandanten Quevedo überzeugt wurden, der uns ein würdiger und mutiger Gegner in der Schlacht von Jigüe gewesen war. Es war vereinbart worden, daß sie nicht gegen ihre ehemaligen Waffengefährten kämpfen mußten. So erhielt unsere große Kolonne eine Vorhut 180 mit Kriegswaffen ausgerüsteten Mann. In Guisa, Baire, Jiguaní, Maffo und Palma Soriano - allesamt Schauplätze zahlreicher Gefechte - erfüllte sich mit der Unterstützung anderer Einheiten, die im Laufe des Vormarsches zu uns stießen, der Traum der Rekruten auf einen Kampfeseinsatz. Nachdem Palma eingenommen worden war, besaßen nun alle Rekruten, die mit mir zusammen sechs Wochen zuvor aus La Plata aufgebrochen waren, eigene Waffen und bildeten eine hervorragende Truppe. Sie waren teilweise nachgerückt für gefallene, verletzte oder kranke Kameraden, die bereits eine Ausrüstung gehabt hatten und erhielten die erbeuteten neuen Waffen, deren Zahl sich etwa auf 700 belief. Allein in Palma wurden 350 Waffen erbeutet. Ich muß betonen, daß nicht alle Waffen, die dazu beitrugen, die jungen Männer aus
der Guerillaschule Minas del Frío zu Soldaten an forderster Front zu machen, ausschließlich bei unseren Siegen erbeutet wurden. Mitte Dezember erhielten wir nämlich die meiner Meinung nach wichtigste Waffenunterstützung aus dem Ausland: 150 halbautomatische Gewehre und ein FAL-Automatikgewehr für mich, die im Namen des venezolanischen Volkes von Konteradmiral Larrazábel und der Revolutionsjunta geschickt wurden, die einige Monate vor dem kubanischen Sieg die Macht in Venezuela übernommen hatte. Wie man sich denken kann, sind die Waffen schnell zum Einsatz gekommen und fanden Verwendung in den Gefechten von Jigauní, Maffo und Palma Soriano. Daher waren nach der Einnahme von Palma und Maffo unsere Waffen nicht nur ausreichend, sondern konnten auch an die bis dahin nicht bewaffneten Kämpfer verteilt werden. So konnten wir für den Aufstand in Santiago zusätzlich 100 Waffen entsenden sowie eine beträchtliche Anzahl nach Belarmino Castillo, wo dem Bataillon, das sich in Mayarí befand, der Rückweg abgeschnitten werden sollte. Ich habe also die Unterstützung aus Venezuela erwähnt habe, muß aber hinzufügen, daß wir während unseres revolutionären Kampfes nur in einigen wenigen Fällen durch Waffen und Munition aus dem Ausland unterstützt wurden, von denen die Lieferung aus Venezuela die weitaus die größte war. Ich erinnere mich oder habe doch gehört, daß sie fast genauso umfangreich war, wie alle anderen zusammengenommen. Mehr als 90 Prozent der Waffen und Munition, mit der wir den Krieg geführt und gewonnen haben, hatten wir dem Feind im Kampf entrissen. Es waren nur wenige Tausend, doch einem obersten Prinzip folgend wurden ausnahmslos alle an vorderster Front eingesetzt. Im Verlauf des gerade zu Ende gegangenen Jahres hat man der Geschehnisse gedacht, von denen ich hier nur sehr wenige in Erinnerung gerufen habe. Ehre und ewiger Ruhm, unendlicher Respekt und Liebe jenen, die damals gefallen sind für die endgültige Unabhängigkeit des Vaterlandes zu; allen, die jenes Heldenepos in den Bergen, den Ebenen und den Städten geschrieben haben Guerilleros und Untergrundkämpfer; jenen, die nach dem Sieg bei anderen ruhmreichen Missionen ihr Leben gelassen oder in Treue ihre Jugend und ihre Energie in den Dienst der Gerechtigkeit, der Souveränität und der Erlösung ihres Volkes gestellt haben; jenen, die bereits verstorben sind und jenen, die noch leben. Wenn man nämlich an jenem 1.Januar von dem Sieg reden konnte, der fünf Jahre, fünf Monate und fünf Tage nach dem 26. Juli 1953 errungen wurde, so muß man am heutigen Jahrestag, nimmt man das gleiche Datum als Ausgangspunkt, von einem heldenhaften und bewundernswerten Kampf sprechen, der seit 45 Jahren, fünf Monaten und fünf Tagen andauert. (Beifall) Für die jüngsten Generationen beginnt die Revolution heute gerade erst. Ein Tag wie der heutige hätte keinen Sinn, wenn man sich nicht an sie richtet. Wer ist heute hierhergekommen? Es sind überwiegend nicht die gleichen Männer, Frauen und Jugendlichen jenes 1. Januars. Das Volk, zu dem ich spreche, ist nicht das Volk jenes 1. Januars. Es sind nicht die gleichen Männer und Frauen. Es ist ein anderes Volk, aber gleichzeitig doch das gleiche ewige Volk. (Beifall) Derjenige, der hier von dieser Tribüne aus spricht, ist auch nicht genau derselbe wie damals. Es ist nur jemand, der wesentlich weniger jung ist, den gleichen Namen trägt, die gleiche Uniform anhat, gleich denkt und die gleichen Träume hat. (Beifall) Von den 11 142 700 Einwohnern, die die heutige Bevölkerung des Landes ausmachen, waren 7 190 400 an jenem Tag noch nicht geboren und 1 359 698 waren noch keine 10 Jahre alt. Die große Mehrheit derjenigen, die damals 50 Jahre alt waren und jetzt mindestens 90 Jahre alt wären - wenn auch immer mehr dieses Alter erreichen - ist bereits verstorben. 30 % jener Landsleute konnten weder lesen noch schreiben. Ich denke, daß vielleicht weitere 60 Prozent keinen Volksschulabschluß hatten. Es gab nur einige Dutzend technische Fachschulen, Gymnasien - die nicht alle dem Volk zugängig waren -, Lehrerbildungsinstitute, drei staatliche und eine private Universität. Insgesamt gab es 22.000 Dozenten und Lehrer. Knapp 5 % aller Erwachsenen, d.h.
ungefähr 250 000 Menschen besaßen eine Bildung, die über den Volksschulabschluß hinausreichte. Ich habe einige Zahlen im Gedächtnis. Heute gibt es 250 000 erwerbstätige Lehrer und Dozenten mit viel höherem Ausbildungsniveau. Es gibt 64 000 Ärzte, 600 000 Hochschulabsolventen. Es gibt keinen Analphabeten, kaum jemand, der nicht mindestens die 6. Klasse abgeschlossen hat. Schulpflicht besteht bis zum 9. Schuljahr. Alle, die den Abschluß schaffen, ausnahmslos alle, können kostenlos die Sekundarstufe II absolvieren. Es ist nicht der Mühe wert, auf absolut präzise und exakte Daten zurückzugreifen. Es gibt Tatsachen, die sich niemand wagt, in Zweifel zu ziehen. Wir sind heute mit Stolz das Land in der Welt mit den meisten Dozenten, Ärzten und Sportlehrern pro Kopf sowie das Dritte-Welt-Land mit der niedrigsten Kinder- und Müttersterblichkeitsrate. Jedoch will ich hier nicht von diesen oder von vielen anderen sozialen Fortschritten sprechen. Es gibt viel wichtigere Dinge. Unzweifelhafte Realität ist, daß es unmöglich ist, das Volk von damals mit dem von heute zu vergleichen. Das Volk von gestern, in dem es Analphabeten und Halbanalphabeten gab, in dem es kaum eine echte politische Kultur gab, war in der Lage, die Revolution zu vollbringen, das Vaterland zu verteidigen, im Anschluß ein außergewöhnliches politisches Bewußtsein zu erlangen und einen revolutionären Prozeß einzuleiten, zu dem es weder auf dieser Erdhälfte noch sonstwo auf der Welt Parallelen gibt. Das sage ich nicht etwa aus einem lächerlichen Chauvinismus oder dem absurden Vorhaben heraus, uns glauben zu machen, besser als andere zu sein. Ich sage es, weil der Zufall oder das Schicksal es so wollte, daß dieser Revolution, die an jenem ersten Januar geboren wurde, die härtesten Proben auferlegt wurden, die jemals auf der Welt ein revolutionärer Prozeß zu bestehen hatte. Unser heldenhaftes Volk von gestern und von heute, unser ewiges Volk, hat unter der Beteiligung von mittlerweile bereits drei Generationen 40 Jahre lang Aggressionen, einer Blockade sowie einem wirtschaftlichen, politischen und ideologischen Krieg der mächtigsten und reichsten imperialistischen Macht widerstanden, die je in der Geschichte der Menschheit existiert hat. Die außergewöhnlichste Seite voller Ruhm und patriotischer und revolutionärer Standhaftigkeit ist in diesen Jahren der Spezialperiode geschrieben worden, seitdem wir völlig allein unter den westlichen Ländern dastehen - 90 Meilen entfernt von den Vereinigten Staaten - und trotzdem entschieden haben, weiterzumachen. Unser Volk ist nicht besser als andere Völker. Seine immense historische Größe rührt von dem einmaligen Umstand, sich dieser Probe unterzogen und standgehalten zu haben. Es handelt sich nicht von vornherein um ein großes sondern um ein Volk, das durch sich selbst gewachsen ist. Aus dieser Fähigkeit entspringt die Größe der Ideale und der gerechte Charakter der Sache, die es verteidigt. Es gibt keine andere Sache wie diese, es hat sie nie gegeben. Es geht heute nicht darum, aus purem Egoismus eine nationale Sache zu verteidigen. In der Welt von heute kann eine ausschließlich nationale Sache für sich allein keine große Sache sein. Unsere Welt wird aufgrund ihrer eigenen Entwicklung und historischen Evolution auf schnelle, unaufhaltsame und unumkehrbare Art und Weise globalisiert. Ohne nationale und kulturelle Identitäten oder etwa die legitimen Interessen der Völker eines jeden Landes zu vernachlässigen, gibt es keine wichtigere als die globale Sache, d.h. die Sache der Menschheit selbst. Auch ist es weder unsere Schuld noch unser Verdienst, daß für das Volk von heute und von morgen der am 1. Januar begonnene Kampf unweigerlich zu einem Kampf für die Interessen der gesamten Menschheit werden muß, der gemeinsam mit anderen Völkern zu führen ist. Kein Volk, so groß und reich es auch sein mag -und weniger noch ein mittleres oder kleines Land-kann von sich aus und für sich allein seine Probleme meistern. Das Verleugnen dieser Realität zeugt von einer begrenzten Vision, politischer Kurzsichtigkeit oder Blindheit oder dem völligen Fehlen von Besorgnis oder Mitgefühl für das Schicksal der Menschen.
Doch die Lösungen für die Menschheit sind nicht dem guten Willen derer zu verdanken, die sich heute der Welt bemächtigen und sie ausbeuten, wenngleich sie auch nichts anderes erträumen oder begreifen können als die Fortdauer dessen, was für sie den Himmel bedeutet und für die übrige Menschheit die Hölle, ein reales Inferno ohne möglichen Ausweg. Die heute auf unserem Planeten vorherrschende Wirtschaftsordnung wird unweigerlich zusammenbrechen. Das kann sogar von einem Schüler begriffen werden, der gut genug addieren, subtrahieren, multiplizieren und dividieren kann, um im Fach Rechnen ein einfaches Bestanden zu erhalten. Viele sind derartig infantil, daß sie jene als Skeptiker bezeichnen, die diese Themen ansprechen. Andere träumen sogar von der Errichtung von Kolonien auf dem Mond oder dem Mars. Ich kritisiere nicht die Tatsache, daß sie träumen. Sollten sie es erreichen, so wäre es vielleicht der Ort, an den sich so mancher flüchten könnte, wenn die brutale und immer stärker werdende Aggression auf unseren Planeten nicht gestoppt werden kann. Das gegenwärtige System ist unhaltbar, denn es fußt auf blinden, chaotischen, verderblichen und destruktiven Gesetzen der Gesellschaft und der Natur. Selbst die Theoretiker der neoliberalen Globalisierung, ihre besten Leute, Verkünder und Verfechter des Systems, zeigen sich unsicher, schwankend, widerspruchsvoll. Es gibt tausend Fragen, auf die man keine Antwort hat. Es ist heuchlerisch, wenn gesagt wird, daß die Freiheit des Menschen und die absolute Freiheit des Marktes untrennbare Begriffe sind, als ob die Gesetze des letzteren, die die egoistischsten, ungleichsten und erbarmungslosesten Sozialordnungen hervorgebracht haben, mit der Freiheit des Menschen vergleichbar wären, der vom System zu einer bloßen Ware herabgestempelt wird. Viel richtiger wäre es zu sagen, daß es ohne Gleichheit und Brüderlichkeit, unantastbare Parolen der bürgerlichen Revolution, nie Freiheit geben kann und daß Gleichheit und Brüderlichkeit mit den Gesetzen des Marktes absolut unvereinbar sind. Die Millionen Kinder auf der Welt, die gezwungen sind, für ihren Lebensunterhalt zu arbeiten, sich zu prostituieren, Organe zu spenden und Drogen zu verkaufen; die Abermillionen Beschäftigungslosen, die kritische Armut, der Handel mit Drogen, Immigranten und menschlichen Organen sind, wie der Kolonialismus von gestern und seine dramatische Folgeerscheinung der heutigen Unterentwicklung und was es sonst noch in der Welt von heute an sozialem Übel gibt, das Produkt von Systemen, deren Fundament diese Gesetze waren. Es ist unmöglich zu vergessen, daß der Kampf um die Märkte die Ursache für das schreckliche Massenmorden beider Weltkriege dieses Jahrhunderts war. Auch ist nicht zu verkennen, daß die Marktprinzipien Bestandteil der historischen Entwicklung der Menschheit bilden, doch ist es das gute Recht eines jeden vernünftigen Menschen, den angestrebten Fortbestand solcher Prinzipien gesellschaftlichen Charakters als Grundlage der Weiterentwicklung des Menschen abzulehnen. Die fanatischsten Verfechter und Anhänger des Marktes haben diesen zu einer neuen Religion werden lassen. So kommt es zur neuen Glaubenslehre des Marktes. Ihre Wortführer sind mehr Theologen als Wissenschaftler. Für sie ist es eine Glaubensfrage. Aus Achtung vor den eigentlichen Religionen, die weltweit von Milliarden Menschen achtbar ausgeübt werden, und vor den echten Theologen müssen wir noch hinzufügen, daß die Theologie des Marktes sektiererisch, fundamentalistisch und antiökumenisch ist. Die heutige Weltordnung ist aus noch vielen anderen Gründen unhaltbar. Ein Biotechnologe würde sagen, daß ihre Erbanlagen zahlreiche Gene enthalten, die sie zu ihrer eigenen Zerstörung führen. Neue und unerwartete Phänomene treten auf, die sich jeglicher Kontrolle seitens der Regierungen und internationalen Finanzorgane entziehen. Es geht bereits nicht mehr nur um die künstliche Schaffung unermeßlichen Reichtums ohne jegliches
Verhältnis zur realen Wirtschaft. Das trifft auf die Hunderte neuer Multimillionäre zu, die im Zuge der in den letzten Jahren erfolgten Verdoppelungen der Aktienpreise an den New Yorker Wertpapierbörsen wie ein Riesenballon entstanden, der bis ins Absurde aufgeblasen wird und das große Risiko in sich birgt, früher oder später zu platzen. So war es schon einmal 1929 und bewirkte eine tiefe, ein ganzes Jahrzehnt andauerne Depression. Allein die Finanzkrise Rußlands, auf das nur 2 % des Bruttoinlandsproduktes aller Länder der Welt fallen, bewirkte ein Sinken des Dow-Jones-Index an der New Yorker Wertpapierbörse um 512 Punkte an nur einem Tag. Panik brach aus, es drohte ein Südostasien in Lateinamerika und damit ein großes Risiko für die nordamerikanische Wirtschaft. Mit Mühe und Not konnte bislang die Katastrophe abgewendet werden. In diesen an den Börsen notierten Aktien sind die Ersparnisse und Pensionsfonds von 50 % der Nordamerikaner angelegt. Während der Krise von 1929 waren es nur 5 %, wobei es damals schon zu zahlreichen Suiziden kam. In einer globalisierten Welt hat jedes Ereignis, ganz gleich wo es eintritt, sofortige Auswirkungen auf den restlichen Teil des Planeten. Der kürzlich erlebte Schrecken war stark. Die von den Vereinigten Staaten einberufenen reichsten Länder der Welt machten Ressourcen flüssig, um den Brand zu löschen oder einzudämmen. Doch man will Rußland weiterhin am Rande des Abgrunds halten, und Brasilien werden unnötig harte Bedingungen auferlegt. Der Internationale Währungsfonds weicht nicht einen Millimeter von seinen fundamentalistischen Prinzipien ab. Die Weltbank wird ungehorsam und denunziert. Alle Welt spricht von einer internationalen Finanzkrise. Die einzigen, die noch nichts darüber erfahren haben, sind die nordamerikanischen Bürger. Sie haben mehr denn je ausgegeben und schreiben bereits rote Zahlen. Doch das macht nichts. Ihre transnationalen Konzerne investieren das Geld der anderen. Auch das bereits 240 Milliarden betragende Handelsbilanzdefizit ist unwichtig. In Krisenzeiten setzt die Massenflucht der Spekulanten in Richtung Schatzanweisungen ein. Da der Binnenmarkt groß ist und hier mehr ausgegeben wird, hält sich die Wirtschaft anscheinend gut, wenngleich die Gewinne der Konzerne gesunken sind. Megafusionen, Euphorie: Die Aktienpreise steigen erneut. Noch einmal wird russisches Roulett gespielt. Die Theoretiker des Systems haben den Stein der Weisen entdeckt. Sämtliche Zugänge werden überwacht, damit keine den Traum störende Gespenster eindringen können. Schon wird das Unmögliche möglich. Nie wird eine Krise eintreten. Doch ist etwa der größer werdende Ballon die einzige Bedrohung und das einzige Spekulationsspiel? Ein Phänomen, das täglich riesige und unkontrollierbare Ausmaße annimmt, sind die Spekulationsgeschäfte mit den Währungen. Sie belaufen sich auf mindestens eine Billion Dollar täglich. Einige behaupten, es seien 1,5 Billionen. Vor noch knapp 14 Jahren betrug diese Spekulationssumme noch 150 Milliarden im Jahr. Die Zahlen können möglicherweise zu Verwechslungen führen. Es ist schwer, sie auszudrücken, und noch schwieriger ist es, sie von der englischen in die spanische Sprache zu übersetzen. Was im Spanischen eine Billion, das heißt eine Million Millionen ist, ist im Englischen eine Trillion, und eine Billion bedeutet im Englischen 1000 Millionen. Nun wird die Milliarde erfunden, die sowohl im Spanischen als auch im Englischen 1000 Millionen bedeutet. Diese Sprachprobleme veranschaulichen, wie schwierig es ist, die Riesenbeträge zu verfolgen und zu begreifen, die den Grad der Spekulation in der gegenwärtigen Weltwirtschaftsordnung widerspiegeln. All das bezahlen die immense Mehrheit der Völker der Welt bei dem steten Risiko ihres Zusammenbruchs. Bei der geringsten Unvorsichtigkeit entwertet der Ansturm der Spekulanten die Währung eines jeden ihrer Länder. Sie lösen in nur wenigen Tagen ihre vielleicht jahrzehntelang angesammelten Devisenreserven auf. Die Weltordnung hat dafür die Bedingungen geschaffen. Absolut niemand ist sicher oder kann es sein. Die Wölfe, in Rudeln und auf Computerprogramme gestützt, wissen, wo, wann und warum sie angreifen. Ein Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften schlug vor vierzehn Jahren vor,
als diese Spekulationen ein Zweitausendstel der heutigen betrugen, jedes Spekulationsgeschäft dieser Art mit 1 % zu besteuern. Heute wäre dieses 1 % ausreichend für die Entwicklung sämtlicher Länder der Dritten Welt. Es wäre eine Form der Regulierung und Eindämmung einer derart schädlichen Spekulation. Doch regulieren? Das kollidiert mit der lautersten fundamentalistischen Doktrin. Bestimmte Wörter wie Regulierung, Unternehmen der öffentlichen Hand, wirtschaftliches Entwicklungsprogramm, jegliche Form der Mindestplanung, Beteiligung oder Einflußnahme des Staates im Bereich der Wirtschaft dürfen im Tempel der Fanatiker der bestehenden Weltordnung nicht ausgesprochen werden. All das stört den idyllischen Traum vom Paradies des freien Marktes und des privaten Unternehmertums. All das ist zu deregulieren, sogar der Arbeitskräftemarkt. Die Arbeitslosenunterstützung ist auf das unbedingt Erforderliche und ein Mindestmaß zu reduzieren, um nicht für "Bummelanten" und "Faulenzer" zu sorgen. Das Rentensystem ist umzustrukturieren und zu privatisieren. Der Staat hat sich nur mit Polizei und Armee zu befassen, um für Ordnung zu sorgen, Protestaktionen zu unterdrücken und Krieg zu führen. Es ist nicht einmal zulässig, daß er an der Währungspolitik der Zentralbank teilhat. Diese hat absolut unabhängig zu sein. Luis XIV. würde sehr leiden, denn er hatte ja einmal gesagt: "Der Staat bin ich"; und nun müßte er hinzufügen: "Ich bin überhaupt nichts." Neben der phänomenalen Währungsspekulation ist ein beschleunigtes und unglaubliches Anwachsen der sogenannten Einlösungsfonds und des Marktes der Derivate -ein weiterer ziemlich neuer Begriff- zu beobachten. Ich will nicht versuchen, ihn zu erklären. Es ist kompliziert. Es genügt zu wissen, daß es sich um ein zusätzliches System von Spekulationsspielen handelt, ein weiteres Riesenkasino, in dem mit allem und auf alles gesetzt wird, gestützt auf raffinierte Risikoberechnungen unter Einsatz von Computern, hochkaratigen Programmierern und eminenten Ökonomen. Sie nützen die Unsicherheit aus und benutzen das Geld der Sparer der Banken. Sie unterliegen faktisch keinerlei Restriktionen, erzielen Riesengewinne und können Katastrophen auslösen. Daß die gegenwärtige Wirtschaftsordnung unhaltbar ist, zeigt die Verletzlichkeit und Schwäche des Systems, das unseren Planeten in ein gigantisches Kasino, Millionen Menschen und gelegentlich sogar ganze Gesellschaften in Glücksspieler verwandelt und die Funktion des Geldes und der Investitionen verfälscht hat, denn ihr Streben ist weder auf die Produktion noch auf das Anwachsen der Güter der Welt gerichtet, sondern darauf, um jeden Preis Geld mit Geld zu gewinnen. Eine derartige Deformation führt die Weltwirtschaft zum unvermeidbaren Desaster. Ein noch nicht lange zurückliegendes Ereignis in den Vereinigten Staaten war Anlaß für einen Skandal und tiefe Besorgnis. Einer der erwähnten Einlösungsfonds, deren Kern ich versucht habe zu erklären, ausgerechnet der berühmteste dieser Fonds der USA, dessen Name, ins Spanische übersetzt, Verwaltung Langfristigen Kapitals lautet und zu dem zwei Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften und mehrere der besten Programmierer der Welt gehören und dessen Jahresgewinne 30 % übersteigen, stand kurz vor dem Zusammenbruch, dessen Folgen unberechenbar gewesen wären. Mit einem Eigenkapital von lediglich 4,5 Milliarden Dollar stützte sich der Einlösungsfonds auf das erlangte Prestige und vertraute blind auf die Unfehlbarkeit seiner berühmten Programmierer und seiner Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften und machte Kapital von 75 verschiedenen Banken in Höhe von 120 Milliarden Dollar für seine Spekulationsgeschäfte flüssig, das heißt, er erhielt für jeden Dollar Eigenkapital über 25 Dollar Anleihe. Diese Verfahrensweise durchbrach sämtliche Parameter und vermeintliche Finanzpraktiken. Die Berechnungen und Programme schlugen fehl. Die Verluste waren beträchtlich; der Bankrott, ein dramatisches Wort in diesem Bereich, unvermeidbar. Es war nur noch eine Frage von Tagen. Das Federal Reserve System (System der Staatsrücklagen) der Vereinigten Staaten eilte dem Einlösungsfonds zu Hilfe. Das stand im Widerspruch zu all dem, was die USA predigen, die an der neoliberalen Philosophie
festhalten, wonach dies als ein unverantwortliches Verhalten einer Institution dieser Art gilt. Den etablierten Prinzipien gemäß hätte der berühmte Reservefonds in Konkurs gehen müssen, das Gesetz des Marktes hätte ihm mit Verhängen der entsprechenden Strafe eine Lektion erteilt. Der Senat lud Greenspan, Direktor des Federal Reserve System, zur Aussage vor. Dieser in der Wall Street groß gewordene hohe Staatsbeamte gilt als einer der sachkundigsten und eminentesten Verantwortlichen der US-amerikanischen Wirtschaft. Ihm wird das Hauptverdienst der wirtschaftlichen Erfolge der gegenwärtigen Regierung zugesprochen, und zur Zeit wird ihm eine Sonderhommage in den Finanzkreisen und in der Presse zuteil als der Mann, der es nicht zur Börsenkrise in den Vereinigten Staaten kommen ließ, indem er dreimal nacheinander den Zinssatz senkte. Er gilt nach dem Präsidenten als der zweitwichtigste Mann des Landes. Nun gut, dieser berühmte und anerkannte Direktor erklärte dem Senat, daß, sollte er den Fonds nicht retten, es zu einer Wirtschaftskatastrophe kommen würde, von der die USA und die ganze Welt betroffen wären. Wie beständig also ist eine Wirtschaftsordnung, in der eine als abenteuerlich und unverantwortlich bezeichnete Aktion einer Spekulationsinstitution mit einem Eigenkapital von nur 4,5 Milliarden die Vereinigten Staaten und die Welt in ein Wirtschaftsdesaster führen kann? Führt man sich eine derartige Kraftlosigkeit und Immunschwäche des Systems vor Augen, so könnte man ihm die Diagnose stellen, daß es an etwas Ähnlichem wie dem AIDS-Virus leidet. Ich möchte hier bei dieser Gelegenheit keine weiteren Argumente anführen. Es gibt noch viele andere Probleme in der Weltwirtschaft. Die vorherrschende Ordnung hat zu kämpfen mit Inflation, Rezession, Deflation, möglichen Überproduktionskrisen, einem anhaltenden Sinken der Produkte des Grundbedarfs. So unendlich reiche Länder wie Saudi Arabien haben bereits Haushalts- und Handelsbilanzdefizite, obwohl sie 8 Millionen Barrels Erdöl pro Tag exportieren. Die optimistischen Wachstumsprognosen lösen sich in Rauch auf. Es gibt nicht die geringste Vorstellung, wie die Probleme der Dritten Welt zu lösen sind. Welches Kapitalvermögen, welche Technologien, Vertriebsnetze, Exportkredite stehen diesen Ländern zur Verfügung, um sich Zutritt zu Märkten zu verschaffen, zu konkurrieren und zu exportieren? Wo sind die Verbraucher ihrer Produkte? Wie können die Mittel für das Gesundheitswesen in Afrika bereitgestellt werden, wo 22 Millionen Menschen HIV-positiv sind und die Bekämpfung nur dieser einen Krankheit nach dem heutigen Preisniveau 200 Milliarden Dollar jährlich kosten würde? Wieviel werden noch sterben müssen, bis ein schützender Impfstoff oder ein die Krankheit heilendes Medikament zur Verfügung steht? Die Welt braucht eine gewisse Führung, um ihre gegenwärtigen Realitäten meistern zu können. Wir sind bereits 6 Milliarden, die wir unseren Planeten bevölkern. Es ist fast sicher, daß es in nur fünf Jahrzehnten 9,5 Milliarden sein werden. Die Gewährleistung von Nahrungsmitteln, Gesundheit, Bildung, Beschäftigung, Kleidung, Schuhwerk, Wohnraum, Trinkwasser, Elektrizität und Transport für eine derart große Anzahl von Personen, die ausgerechnet in den ärmsten Ländern leben werden, wird eine kolossale Herausforderung sein. Man wird zuerst die Konsumptionsmuster definieren müssen. Wir dürfen nicht weiterhin den Geschmack und den Lebensstil nachahmen wollen, die sich am Verschwendungsmodell der Industriegesellschaften orientieren. Das wäre zum einen unmöglich und zum anderen Selbstmord. Die Entwicklung der Welt muß programmiert werden. Diese Aufgabe darf nicht den Transnationalen Konzernen und den blinden und chaotischen Gesetzen des Marktes überlassen werden. Die Vereinten Nationen sind ein guter Startblock dafür. Sie verfügen bereits über umfassende Information und Erfahrung. Es muß nur ihre Demokratisierung durchgesetzt werden, das Ende der Diktatur des Sicherheitsrates sowie der Diktatur innerhalb des Rates selbst; zumindest soll er durch neue ständige Mitglieder eine Erweiterung erfahren, unter denen die Dritte Welt entsprechend vertreten ist, und zwar mit sämtlichen Vorrechten wie sie auch die gegenwärtigen
Mitglieder besitzen. Auch die Regeln für die Entscheidungsfindung sind zu modifizieren. Außerdem sind die Funktionen und das Ansehen der Vollversammlung zu stärken. Es werden hoffentlich keine katastrophalen Wirtschaftskrisen sein, die zu Lösungen führen. Milliarden Menschen in der Dritten Welt wären die am meisten Betroffenen. Das elementare Wissen um die technologischen Realitäten und die Zerstörungskraft der modernen Waffen zwingt uns, alles zu tun um zu verhindern, daß die unvermeidbar ausbrechenden Interessenkonflikte blutige Kriege auslösen. Die Existenz nur einer Supermacht, einer globalen und erstickenden Wirtschaftsordnung macht es schwer -vielleicht auch unmöglich-, daß eine Revolution wie sogar die unsrige, sollte sie heute einsetzen und nicht als sie in einer damals bipolaren Welt Unterstützung fand, überleben kann. Unserem Land stand also die notwendige Zeit zur Verfügung, um ein unbezwingbares Durchhaltevermögen zu entwickeln und gleichzeitig auf internationaler Ebene den starken Einfluß seines Beispiels und seines Heldentums wirken zu lassen, um auf allen Tribünen die große Schlacht der Ideen zu schlagen. Die Völker werden kämpfen. Eine bedeutende und entscheidende Rolle in diesen Kämpfen werden die breiten Massen spielen, und das wird im Grunde ihre Antwort auf die Armut und die Leiden sein, die ihnen auferlegt wurden. Es wird Tausende neue und findige Formen des politischen Drucks und der politischen Aktion geben. Viele Regierungen werden durch die Wirtschaftskrisen und die Ausweglosigkeit aus dem etablierten Weltwirtschaftssystem eine Destabilisierung erfahren. Wir durchleben eine Etappe, in der die Ereignisse dem Bewußtsein der Realitäten, die uns berühren, vorauseilen. Es müssen Ideen verbreitet, Betrug, Spitzfindigkeiten und Heucheleien entlarvt werden unter Einsatz von Methoden und Mitteln, die der Desinformation und den institutionalisierten Lügen entgegenwirken. Die im Verlaufe von vierzig Jahren über Kuba wie Regengüsse niedergeprasselten Verleumdungen haben uns gelehrt, dem Instinkt und Intellekt der Völker zu vertrauen. Die europäischen Länder haben der Welt ein gutes Beispiel dessen geliefert, was man mit Vernunft und Intelligenz erreichen kann. Nachdem sie sich jahrhundertelang bekriegt hatten, haben sie nun begriffen, daß auch sie als reiche und industrialisierte Länder nicht isoliert überleben können. Soros, eine bekannte Persönlichkeit der Finanzwelt, und seine Gruppe zwangen Großbritannien auf die Knie, einstiger Herrscher über ein großes Imperium, unangefochtener Finanzkönig und Besitzer der Reservewährung, eine Rolle, die heute dem Dollar und den USA zukommt. Der Franc, die Peseta und die Lira bekamen die Schläge der Spekulation ebenfalls zu spüren. Der Dollar und der Euro bewachen sich gegenseitig. Vor der privilegierten nordamerikanischen Währung wurde ein zukunftsträchtiger Gegner aus der Wiege gehoben. Die USA setzen sehnlichst auf seine Schwierigkeiten und sein Scheitern. Betrachten wir die Ereignisse aus der Nähe. In ihrer Angst, Unsicherheit und ihren Zweifeln suchen einige nach eklektischen Alternativen. Der neoliberalen entmenschlichten, moralisch und gesellschaftlich unakzeptierbaren, ökologisch und ökonomisch unhaltbaren Globalisierung gegenüber bleibt der Welt keine andere Alternative als eine gerechte Verteilung der Güter, die die Menschen mit ihren fleißigen Händen und ihrer fruchtbaren Intelligenz in der Lage sind zu schaffen. Stop der Tyrannei einer Ordnung, die blinde, anarchische und chaotische Prinzipien aufzwingt und unsere Gattung an den Abgrund führt! Rettung der Natur! Wahrung der nationalen Identität! Schutz der Kultur eines jeden Landes! Es herrsche Gleichheit und Brüderlichkeit und mit ihnen die wahre Freiheit. Die gewaltigen Unterschiede zwischen Reichen und Armen innerhalb eines jeden Landes und zwischen den Ländern dürfen nicht noch größer werden, sonder sie müssen sich ganz im Gegenteil allmählich verringern und eines Tages ganz verschwunden sein. Die Grenze der Unterschiede ist nicht von Raub, Spekulation und Ausbeutung der Schwächeren zu setzen, sondern von den Verdiensten, den Fähigkeiten, dem kreativen Geist und all dem, was der Mensch real zum Allgemeinwohl beiträgt. Der Humanismus ist aufrichtig zu praktizieren, mit
Taten und nicht mit heuchlerischen Losungen. Liebe Landsleute! Das Volk, das den heldenhaften Kampf der Spezialperiode kämpft, um das Vaterland, die Revolution und die Errungenschaften des Sozialismus zu retten, schreitet unaufhaltsam in Richtung seiner gestellten Ziele voran, gleich den Kämpfern um Camilo und Che in der Sierra Maestra und dem Escambray-Gebirge. Wie Mella sagte, hat jede Zukunft besser zu sein. Laßt uns dieses mit den Zielen bestätigen, die wir uns für 1999 gestellt haben. Wir wollen festigen und vertiefen, arbeiten und mit dem gleichen Mut kämpfen wie unsere heldenhaften Kämpfer bei Uvero in den ruhmreichen Tagen der großen feindlichen Offensive, in den Schlachten und Aktionen, derer wir heute gedacht haben. Den Rückschlag von Alegría de Pío haben wir bereits hinter uns gelassen, sind an Cinco Palmas vorbei und haben wieder Kräfte gesammelt. Wir sind schon wieder in der Lage zu siegen so wie 300 über 10 000 gesiegt haben; wir sind schon wieder viel stärker und uns des Sieges sicher. (Beifall) Allen unseren Landsleuten, doch besonders der Jugend versichere ich, daß die kommenden vierzig Jahre für die Welt entscheidend sein werden. Vor ihnen stehen unvergleichlich komplexere und schwierigere Aufgaben. Sie erwarten neue ruhmreiche Ziele; die überaus große Ehre, kubanische Revolutionäre zu sein, verlangt von ihnen die Realisierung dieser Aufgaben. Kämpfen wir für unser Volk und für die Menschheit. Unsere Stimme kann und wird sehr weit zu vernehmen sein. Die Schlacht von heute ist hart und schwer. Wie im kriegerischen gibt es auch im ideologischen Kampf Verluste. Zum Durchstehen harter Zeiten und schwerer Bedingungen hat nicht jeder die erforderliche Veranlagung. Heute hatte ich daran erinnert, daß während des Krieges bei Luftangriffen und aller Art von Entbehrungen von den freiwilligen Jugendlichen, die in unsere Guerillaschule kamen, nur einer von zehn dies alles ertrug; doch dieser Eine war zehn, hundert, tausend Mann wert. Vertiefen im Bewußtsein, Formung des Charakters, Erziehung in der harten Schule des Lebens unserer Epoche, Verbreiten stichhaltiger Ideen, Benutzen von unwiderlegbaren Argumenten, Überzeugen mit eigenem Beispiel und Vertrauen auf die Ehre des Menschen; damit kann erreicht werden, daß von zehn neun auf ihrem Kampfposten bleiben, eng verbunden mit der Fahne, der Revolution und der Heimat. (Beifall) Sozialismus oder Tod! Vaterland oder Tod! Wir werden siegen!
Fidel 3. Februar 1999 EINE REVOLUTION KANN NUR DIE TOCHTER VON KULTUR UND IDEALEN SEIN Rede des Präsidenten des Staatsrates der Republik Kuba, Fidel Castro Ruz, in der Aula Magna der Zentraluniversität von Venezuela am 3. Februar 1999 Kurzes Vorwort des Verfassers AN DIEJENIGEN, DIE DIE FREUNDLICHKEIT UND DIE GEDULD BESITZEN, DIESES MATERIAL ZU LESEN Diese Rede in der Aula Magna der Zentraluniversität von Venezuela ist für mich von besonderer Bedeutung. Ich hielt diese Rede vor knapp eineinhalb Monaten am 3. Februar 1999. Ich weiß nicht, wieviele Sterbliche wohl jemals eine so einzigartige und unvergleichliche Erfahrung gemacht haben, wie ich an jenem Nachmittag.
Ein neuer und junger Präsident hatte vor knapp 24 Stunden nach einem spektakulären Sieg, der von einem riesigen Volk unterstüzt wurde, sein Amt übernommen. Anläßlich des Besuches, den ich aus diesem Grund diesem Land abstattete, beharrten die Behörden und die Studenten der besagten Universität darauf, daß von vielen anderen geladenen Gästen ausgerechnet ich einen Vortrag halten sollte, den man als Meistervorlesung bezeichnet, deren Name allein schon vor allem uns, die wir keine Akademiker sind, oder etwa gelernt hätten etwas anderes zu tun, als den bescheidenen Beruf, das Wort dazu zu gebrauchen, um in unserem eigenen Stil und unserer eigenen Art das zu vermitteln, was wir denken, die Röte ins Gesicht treibt und Angst macht. Nachdem mein immerwährender Widerstand gegen solche Abenteuer gebrochen war, nahm ich die Verpflichtung an, die für jemanden, der als offizieller Gast ein Land inmitten eines politischen Aufbrausens besucht, stets Risiken birgt und stets heikel ist. Dazu verpflichtete mich außerdem auf unabänderliche Weise die stets unumstößliche Solidarität mit Kuba seitens derjenigen, die mich zu dem Vortrag eingeladen hatten. Ich war zuvor schon einmal dort gewesen, was ich nie vergessen hatte. Ich fühlte mich, als ob ich die gleichen Leute dort wiedertreffen würde. Kurz bevor ich in die Universität aufbrechen wollte, kam mir plöztlich eine Erinnerung: Die Zeit vergeht und wir merken es gar nicht. Vierzig Jahre und zehn Tage genau waren vergangen, seitdem ich das Privileg hatte, in jener eindrucksvollen Aula Magna der kampfeslustigen und angesehenen venezolanischen Universität vor den Studenten zu sprechen an jenem 24. Januar 1959. Einen Tag zuvor, am 23. Januar in jenem Jahr, war ich nach Venezuela gekommen. Man gedachte des ersten Jahrestages des Sieges des Volkes über eine autoritäre Militärregierung. Unser eigener revolutionärer Sieg vom 1. Januar 1959 lag gerade einmal drei Wochen zurück. Eine riesige Menge erwartete mich auf dem Flughafen und belagerte mich überall wo ich hinkam in diesen Tagen, in denen ich mich dort aufhielt. Das unterscheidete sich überhaupt nicht von der Erfahrung, die ich in meinem eigenen Vaterland gemacht hatte. Ich versuche mich so genau wie möglich daran zu erinnern, was in mir vorging. Es mischten sich soviele Ideen, Gefühle und Emotionen, die ich im Kopf und im Herzen trug! Bei diesem Strudel an Erinnerungen kann ich wohl eher der Logik als der Erinnerung vertrauen. Ich war damals 32 Jahre alt. Wir hatten innerhalb von 24 Monaten und 13 Tagen eine Streitkraft von 80.000 Männern - ursprünglich mit nur 7 Gewehren - besiegt, die nach unserem Rückschlag unseres kleinen Kommandos aus 82 Männern drei Tage nach unserer Landung am 2. Dezember 1956, aufgestellt worden waren. Voller Ideen und Träume, aber noch überaus unerfahren, nahmen wir an jenem 23. Januar an einem riesigen Festakt auf dem Platz des Schweigens teil. Am nächsten Tag besuchten wir die Nationaluniversität - die traditionelle Bastion der Intelligenz, der Rebellion und des Kampfes des venezolanischen Volkes. Ich selbst fühlte mich immer noch wie ein Student, der kürzlich erst vor knapp 8 Jahren die Hörsäle der Universität verlassen hatte. Von dieser Zeit hatte ich - seit dem verräterischen Staatsstreich vom 10. März 1952 - fast sieben Jahre zugetragen mit dem Aufbau des bewaffneten Widerstands, saß im Gefängnis, im Exil - dann die Rückkehr und der siegreiche Kampf. In dieser Zeit hatte ich jedoch nie den Kontakt zu Studenten unserer höchsten Bildungseinrichtungen verloren. Bei jenem Anlaß sprach ich vor den Professoren und Studenten von der Befreiung der unterdrückten Völker unseres Amerikas. Diesmal kam ich zurück mit dem gleichen revolutionären Fieber von damals und zusätzlich mit der geballten Erfahrung aus 40 Jahren eines von unserem Volk geführten epischen Kampfes gegen die mächtigste und egoistischste Macht, die es jemals gab. Trotzdem sah ich mich einer großen Herausforderung gegenüber. Die Professoren und Studenten waren nicht dieselben; Venezuela war nicht dasslbe; die Welt war nicht dieselbe. Wie würden jene Jugendlichen wohl denken? Welche Probleme würden sie wohl am meisten beschäftigen? Inwieweit teilten sie oder wichen sie ab
von dem aktuellen Prozeß? In welchem Grad waren sie sich der objektiven Lage der Welt und ihres Landes selbst bewußt? Als ich zwei Tage zuvor in Venezuela angekommen war, nahm ich die freundliche und freundschaftliche Einladung sofort an. Mir stand nicht ein Mindestmaß an Zeit zur Verfügung, um mich gebührend zu informieren. Was würde sie wohl interessieren? Worüber sollte ich zu ihnen sprechen? Mit wieviel Freiheit konnte das ein geladener Gast tun während eines Regierungswechsels, der außerdem aufgrund eines elementaren Sinns der Achtung vor der Souveränit und dem Stolz des Landes, das unsere Unabhängigkeitskämpfe begonnen hatte, dazu verpflichtet war, sich nicht in dessen innere Angelegenheiten einzumischen? Wie würden meine Worte wohl ausgelegt werden können in den so unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen, Institutionen und politischen Parteien? Trotzdem hatte ich keine andere Alternative. Ich mußte zu ihnen sprechen und hatte das mit aller Aufrichtigkeit zu tun. Mit einigen Eckdaten im Kopf, mit vier oder fünf Thesenblättern, die unvermeidlich ins Reine übertragen werden mußten, um sie präzise zitieren zu können, sowie mit drei oder vier Grundideen, sah ich dem Treffen mit den Studenten entschlossen entgegen. Sie hatten mich darum gebeten, die Rede unter freiem Himmel zu halten, um mehr Platz zur Verfügung zu haben. Ich bestand darauf, daß es besser wäre, sie innerhalb des Gebäudes in der Aula Magna zu halten, da dies meiner Meinung nach der Ort wäre, der sich am ehesten für den Austausch und die Reflexion eignet. Als ich auf dem Campus ankam, sah ich Tausende von Stühlen auf unterschiedlichen Plätzen unter freiem Himmel, die vollends von Studenten besetzt waren, die vor riesigen Bildschirmen saßen und darauf den Vortrag verfolgen wollten. Die 2.800 Plätze in der Aula Magna waren besetzt. Nun also begann die schwierige Probe. Ich sprach in aller Offenheit zu ihnen und gleichzeitig unter Achtung aller Normen, die ich als für mich verbindlich erachtete. Ich brachte zusammenfassend meine Grundideen dar - das was ich von der neoliberalen Globalisierung denke; von der absoluten gesellschaftlichen und ökologischen Nichttragbarkeit der Menschheit aufgezwungenen Wirtschaftsordnung; dem Ursprung derselben, die auf die Interessen des Imperialismus zurechtgeschnitten ist und angetrieben wird von dem Fortschritt der Produktivkräfte und der beschleunigten Entwicklung von Wissenschaft und Forschung; von ihrem vorübergehenden Charakter und ihrem unweigerlichen Verschwinden aufgrund von historischen Gesetzmäßigkeiten; den Betrug der Welt und die unbegreiflichen Privilegien, die die USA an sich gerissen haben. Ich unterstrich dabei besonders den Wert der Ideale; die Demoralisierung und Ungewißheit der Systemtheoretiker; Kampftaktiken und strategien; den wahrscheinlichen Verlauf der Ereignisse; das volle Vertrauen auf die menschliche Überlebensfähigkeit. Gespickt mit Anekdoten, Geschichten, höchst auotobiographischen Verweisen, die im Verlauf der Überlegungen allmählich aufkamen, machte das meinen alles andere als meisterlichen Vortrag aus, mit dem ich dem gerecht wurde, was mir angetragen worden war. Ich stellte ihnen mit der gewohnten Inbrunst und Hingabe und in einer so tiefen Überzeugung wie noch nie, die Ideale dar, die ich mit kühlem und nachdenklichem Fanatismus vertrete. Als Kämpfer, der nie aufgehört hat zu kämpfen, hatte ich in dem langen Zeitraum von 1959 bis 1999 das seltene Privileg, mich in einer geschichtsträchtigen und angesehenen Universität mit zwei verschiedenen Generationen von Studenten in zwei radikal verschiedenen Welten zu treffen. Beide Male nahmen sie mich mit derselben Warmherzigkeit und demselben Respekt auf. Man könnte ja vielleicht schon abgehärtet sein durch alle Emotionen, die man erlebt hat - ich war es aber nicht. Die Stunden waren vergangen. Am Ende versprach ich ihnen, daß ich mich in vierzig Jahren bei unserem Wiedersehen kürzer fassen würde. Viele aus der begeisterten und kampfeslustigen Menge blieben bis zum Schluß mit Interesse und Aufmerksamkeit auf ihren Plätzen. Einige gingen fort - vielleicht war es ja schon zu spät. Ich werde jenes Treffen niemals vergessen.
Fidel Castro Ruz 18. März 1999 Ich habe keine schriftliche Rede mitgebracht - leider (Lachen) - aber ich habe mir einige Notizen gemacht, die ich für geeignet erachte, genauer zu erörtern. Und trotz allem - wie dumm (Lachen) - ist mir aufgefallen, daß ich eine Broschüre vergessen habe, die ich sehr aufmerksam gelesen hatte, in der ich Textstellen markiert und Anmerkungen an den Rand geschrieben habe - ich habe sie im Hotel vergessen (Lachen und Beifall). Ich habe jemanden losgeschickt, um sie herzubringen und hoffe, daß sie auftaucht, weil das andere Exemplar eine Kopie ist, in der ich nichts unterstrichen habe. Ich muß mich nun aber wenigstens förmlich an unsere Zuhörerschaft wenden, oder? (Lachen). Ich werde keine Liste unserer vortrefflichen und zahlreichen Freunde, die wir hier haben, verlesen (jemand aus dem Publikum sagt "Wir können hier nichts verstehen!"). Schau mal, meine Stimme reicht nicht aus, um bis dorthin zu kommen (Lachen und Beifall), denn wenn ich schreie... Ich dachte eigentlich, daß ihr hier bessere Mikrofone hättet (Lachen). Wer kann da drüben nichts verstehen? Hebt bitte die Hände (sie heben die Hände). Wenn das nicht behoben werden kann, können wir euch einladen, nach vorne zu kommen oder euch irgendwo hinzusetzen, wo ihr hören könnt (Beifall). Ich werde versuchen, noch näher an dieses kleine Mikrofon zu treten, oder?, aber laßt mich erst einmal beginnen, so wie es sich gehört. Liebe Freundinnen und Freunde (Beifall), Zuerst einmal wollte ich euch sagen, daß es heute, am 3. Februar, genau 40 Jahre und 10 Tage her ist, daß ich zu Besuch in dieser Universität war, wo wir uns heute zusammengefunden haben. Ich bin schon ein bißchen bewegt, wie ihr verstehen werdet, - zwar nicht so melodramatisch wie in einigen zeitgenössischen Romanen (Lachen) - angesichts der Tatsache, nach so vielen Jahren wieder zurückgekommen zu sein an diesen Ort, was ich mir damals niemals hätte vorstellen können. Vor einigen Wochen, als wir in Santiago de Cuba am ersten Januar 1999 an den 40. Jahrestag des Sieges der Revolution erinnerten, dachte ich von dem gleichen Balkon des gleichen Gebäudes, von dem ich an jenem 1. Januar 1959 sprach, mit dem dort versammelten Publikum darüber nach, daß unser Volk von heute nicht das gleiche Volk von damals sei, da von den heute 11 Millionen Landsleuten 7.190.000 nach jenem Tag geboren wurden. Daß es sich um zwei verschiedene Völker handelte, es gleichzeitig aber das gleiche ewige Volk Kubas sei. Ich erinnerte ebenso daran, daß diejenogen, die damals 50 Jahre alt waren, zum Großteil nicht mehr unter uns weilten, und daß die Kinder von damals heute älter als 40 seien. Seht nur, wieviele Veränderungen stattgefunden haben, welche Unterschiede es heute gibt und wie wichtig es für uns war, daß dort ein Volk war, das eine tiefgreifende Revolution begann, als es praktisch aus lauter Analphabeten bestand, als 30% der Erwachsenen weder Lesen noch Schreiben konnten und als zusätzlich vielleicht 50% nicht das fünfte Schuljahr erreicht hatten. Vielleicht sogar noch weniger. Wir haben einmal nachgerechnet, daß bei einer damaligen Bevölkerung von 7 Millionen Einwohnern nicht mehr als 250.000 nach dem fünften Schuljahr weiter zur Schule gegangen sind - heute gibt es allein 600.000 Hochschulabgänger und insgesamt 300.000 Hochschuldozenten und Lehrer. Ich sagte meinen Landsleuten in Ehrung eines Volkes, daß seinen ersten großen Sieg vor 40 Jahren trotz seines enormen Ausbildungsrückstandes erreicht hatte, daß dieses Volk in der Lage war, eine außergewöhnliche revolutionäre Heldentat zu vollbringen und zu verteidigen. Mehr noch: Es ist möglich, daß seine politische Kultur sogar noch hinter dem Ausbildungsniveau lag. Es war die Zeit eines erbitterten Antikommunismus, es waren die letzten Jahre der Mc Carthy-Ära, in der jener
mächtige imperiale Nachbar auf jede nur erdenkliche Art und Weise versucht hatte, unserem edlen Volk alle möglichen Lügen und Vorurteile einzutrichtern, so daß ich oft, wenn ich einen normalen Bürger traf, eine Reihe von Fragen stellte: Ob er denke, daß wir eine Landreform durchführen sollten. Ob es nicht gerecht wäre, daß die Familien eines Tages Eigentümer ihrer Wohnungen wären, für die sie manchmal bis zur Hälfte ihres Einkommens an die großen Hausbesitzer bezahlten. Ob er es nicht für richtig erachte, daß all die Banken, auf die die Bürger ihr Geld eingezahlt hatten, anstelle privaten Institutionen zu gehören, Eigentum des Volkes sein sollten, um mit diesem Geld das Land zu entwickeln. Wenn jene Großfabriken, die zum Großteil in ausländischem Besitz waren - einige gehören auch kubanischen Firmen dem Volk gehören würden und für das Wohl des Volkes produzieren würden. In dieser Art konnte ich zehn oder fünfzehn ähnliche Fragen stellen und er war jedesmal absolut einverstanden: "Ja, das wäre ausgezeichnet." Also schließlich, wenn all die großen Warenhäuser und all die fetten Geschäfte, die allein ihre privilegierten Besitzer reicher machten, dem Volk gehören würden, um das Volk zu bereichern, wärst du damit einverstanden? "Ja, ja", antwortete er sofort. Er war hundertprozentig einverstanden mit jeder dieser kleinen Vorschläge. Dann fragte ich ihn plötzlich: Wärst du mit dem Sozialismus einverstanden? (Beifall) Antwort: "Sozialismus?" Nein, nein, nein, mit dem Sozialismus nicht." So tief saßen die Vorurteile... Ganz zu schweigen von Kommunismus, das noch ein viel furchteinflößenderes Wort war. Die revolutionären Gesetze waren es, die am meisten dazu beigetragen haben, in unserem Land ein sozialistisches Bewußtsein zu schaffen. Und es war genau dieses anfangs aus Analphabeten und Halbanalphabeten bestehende Volk, das vielen seiner Söhne Lesen und Schreiben beibringen mußte, das aus reiner Liebe zur Freiheit und dem Drang nach Gerechtigkeit die Tyrannei besiegte und die tiefgreifendste gesellschaftliche Revolution in diesem Teil der Welt vollbrachte und verteidigte. Knapp zwei Jahre nach dem Sieg schafften wir es 1961, rund eine Million Menschen mit der Unterstützung von jungen Studenten, die zu Lehrern wurden, zu alphabetisieren. Sie gingen auf das Land, in die Berge, in die entlegendsten Gebiete und unterrichteten dort Lesen und Schreiben - darunter sogar 80jährige. Anschließend gab es Folgekurse und es wurden die notwendigen Schritte eingeleitet und ununterbrochenene Anstrengungen unternommen, um das zu erreichen, was wir heute haben. Eine Revolution kann nur die Tochter von Kultur und von Idealen sein. Kein Volk wird durch Gewalt revolutionär. Derjenige, der Ideale aussät, braucht das Volk nicht zu unterdrücken. Die Waffen in den Händen eben dieses Volkes sind dazu da, gegen diejenigen zu kämpfen, die von außen versuchen, ihm seine Errungenschaften zu entreißen. Entschuldigt, daß ich über dieses Thema gesprochen habe, weil ich nicht hergekommen bin, um über den Sozialismus oder Kommunismus zu predigen - daß mich niemand falsch versteht -, ich bin auch nicht hergekommen, um radikale Gesetze vorzuschlagen oder ähnliche Dinge. Ich dachte lediglich über erlebte Erfahrungen nach, die uns gezeigt haben, wie wertvoll die Ideale waren, wie wertvoll der Glaube an den Menschen, wie wertvoll das Vertrauen in die Völker war, was außerordentliche wichtig ist in einer Epoche, in der die Menschheit sich einer so komplizierten und schwierigen Zeit gegenübersieht. Natürlich war es am ersten Januar dieses Jahres in Santiago de Cuba nur mehr als gerecht, auf ganz besondere Weise anzuerkennen, daß jene Revolution, die 40 Jahre lang Widerstand geleistet hat, die es geschafft hatte, diesen Jahrestag zu erreichen, ohne ihre Fahne zu streichen, ohne zu kapitulieren, vor allem jenem dort versammelten Volk zu verdanken war - junge Menschen und reifere Männer und Frauen, die mit der Revolution aufgewachsen sind und in der Lage waren, diese Heldentat durchzuführen. Sie schrieben Seiten vollen edlen und verdienten Ruhms für unser Volk und unsere Brüder in Amerika.
Wir könnten sagen, daß diese Art Wunder, angesichts der mächtigsten Macht, dem größten Imperium, daß es jemals in der Menschheitsgeschichte gegeben hat, daß unser kleines Land eine so harte Probe bestanden und siegreich daraus hervorgegangen ist, dank der Anstrengung von drei Generationen erreicht wurde. Besonders anerkannt haben wir in noch stärkerem Maße jene Landsleute, die in den letzten zehn Jahren, um es genau zu sagen in den letzten acht Jahren, in der Lage waren, der doppelten Blockade zu widerstehen, nachdem das sozialistische Lager in sich zusammenbrach, die UdSSR auseinanderbrach und jener Nachbar als einzige Weltmacht in einer unipolaren Welt ohne Rivalen auf politischer, wirtschaftlicher, militärischer, technologischer und kultureller Ebene übrigblieb. Ich nehme damit keine Bewertung der Kultur vor, ich bewerte lediglich die immense Macht, mit der sie ihre Kultur dem Rest der Welt aufdrücken wollen (Beifall). Sie konnten unser vereintes und mit gerechten Idealen bewaffnetes Volk nicht besiegen. Ein Volk, das ein großes politisches Bewußtsein besitzt, denn diesem Aspekt schenken wir größte Wichtigkeit. Wir haben über die ganzen Jahre Widerstand geleistet und sind dazu bereit, die Zeit, die es weiterhin bedarf, Widerstand zu leisten (Beifall), und zwar aufgrund des Keims, der sich im Laufe dieser Jahrzehnte entwickelt hat, aufgrund der Ideale und des Bewußtseins, das sich in dieser Zeit entwickelt hat. Das war unsere beste Waffe und unsere Hauptwaffe und sie wird es auch weiterhin sein - selbst im Atomzeitalter. Wo ich gerade bei dem Thema bin - sogar Erfahrungen in bezug mit Waffen dieser Art hatten wir, denn zu einem bestimmten Zeitpunkt waren ich weiß nicht wieviele Bomben und wieviele Atomraketen während der berühmten Kuba-Krise 1962 auf unsere kleine Insel gerichtet. Selbst in der Zeit von intelligenten Waffen, die sich trotzdem hin und wieder irren und ihr anvisiertes Ziel um 100 oder 200 Kilometer verfehlen (Lachen), wenn sie auch über eine gewisse Treffsicherheit verfügen, wird die Intelligenz des Menschen immer noch diesen intelligenten Waffen überlegen sein (Beifall und Ausrufe). Die Art und Weise, einen Kampf zu führen, wird zu einer Frage von Konzepten. Das gilt für die Verteidigungsdoktrin unseres Landes, das sich heute noch stärker fühlt, weil es diese Konzepte perfektionieren mußte und weil wir zu der Überzeugung gelangt sind, daß letztlich der Kampf in der Endphase für die Invasoren ein Kampf Körper gegen Körper, Mann gegen Mann und Frau gegen Invasor oder Mann gegen Frau sein wird (längerer Beifall). Einen Kampf, der noch schwieriger zu führen ist, hat man beginnen müssen und wird ihn auch in der Zukunft weiterführen gegen dieses überaus starke Imperium. Ich rede von dem ideologischen Kampf, der pausenlos geführt wird und den sie nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers, als wir uns entschieden, fest überzeugt von unseren Idealen, weiter unseren Weg zu gehen, immer stärker vorantreiben mit all den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln. Mehr noch, wir mußten diesen Weg alleine weitergehen. Wenn ich alleine sage denke ich an staatliche Stellen, ohne dabei die immense und unbeirrbare solidarische Unterstützung der Völker zu vergessen, die uns seit jeher begleitet haben, weswegen wir umso stärker in ihrer Pflicht stehen, zu kämpfen (Beifall). Wir haben ehrenhafte internationalistische Missionen erfüllt. Mehr als 500.000 unserer Landsleute haben an harten und schwierigen Missionen dieses Charakters teilgenommen - Söhne jenes Volkes, das weder Lesen noch Schreiben konnte, und das diesen hohen Bewußtseinsgrad erreichte, der es in die Lage versetzte, Schweiß und sogar sein eigenes Blut für andere Völker zu vergießen. In zwei Worten gesagt für jedes Volk der Erde (Beifall). Ab Beginn der Spezialperiode haben wir dann gesagt: "Unsere erste internationalistische Pflicht ist es in diesem Augenblick, diesen Schützengraben hier zu verteidigen", den Schützengraben, von dem Martí sprach in den letzten Worten, die er am Vorabend seines Todestages schrieb, als er sagte, daß das Hauptziel seines Kampfes im Stillen zu liegen habe, weil Martí nicht nur sehr martianisch war, sondern weil er noch mehr bolivarianisch war als martianisch (Beifall), und dieses
Ziel, das er sich gesetzt hatte, war nach seinen eigenen Worten, "rechtzeitig mit der Unabhängigkeit Kubas zu verhindern, daß sich die Vereinigten Staaten über die Antillen ausbreiteten und so mit noch mehr Wucht über unsere amerikanischen Bruderländer fallen. All das, was ich bis heute getan habe und weiterhin tun werde, dient diesem Ziel" (Beifall). Es war sein politisches Vermächtnis, das er uns in seinem Lebensziel zum Ausdruck bringt: den Fall jenes ersten Schützengrabens zu vermeiden, den die Nachbarn aus dem Norden schon so oft einnehmen wollten und der immer da steht und dastehen wird mit einem Volk, das bereit ist, bis zum Tod zu kämpfen, um zu verhindern, daß dieser Schützengraben Amerikas fällt (Beifall). Ein Volk, das in der Lage wäre, sogar diesen letzten Schützengraben zu verteidigen, weil derjenige, der den letzten Schützengraben verteidigt und es nicht zuläßt, daß er in die Hände von irgendeinem anderen fällt, bereits von diesem Augenblick an begonnen hat, den Sieg davonzutragen (Beifall). Genossinnen und Genossen - erlaubt mir, daß ich euch so nenne -, weil wir das hier und jetzt sind, und ich denke, daß wir auch hier und jetzt dabei sind, einen Schützengraben zu verteidigen (Beifall), und zwar ideologische Schützengräben entschuldigt, daß ich einmal mehr auf Martí verweise, der sagte, daß sie mehr wert seien als die Schützengräben aus Stein (Beifall). Wir haben hier von Idealen zu sprechen, und ich komme damit zurück auf das, was ich vorhin ansprach, nämlich daß in diesen 40 Jahren viele Dinge geschehen sind. Das Wichtigste aber ist, daß diese Welt sich verändert hat. Diese Welt von heute, in der ich zu euch spreche, da ihr an jenem Tag noch gar nicht geboren wart und viele noch lange nicht geboren werden sollten, hat überhaupt nichts mehr mit der Welt von damals zu tun. Ich habe versucht, eine Zeitung aufzutreiben, um zu sehen, ob es dort eine Notiz jener Veranstaltung in der Universität gegeben hat. Glücklicherweise haben wir über die gesamte Rede auf der Plaza del Silencio gesprochen. Mit jenem revolutionären Fieber, mit dem wir einige Tage zuvor aus den Bergen kamen, sprachen wir von den Befreiungsprozessen in Lateinamerika und legten das Hauptmerkmal dabei auf die Befreiung des Volkes der Dominikanischen Republik aus den Klauen Trujillos. Ich glaube, daß jenes Thema fast die gesamte Zeit in Anspruch nahm oder wenigstens einen Teil der Zeit dieses Treffens, wobei es auf allen Seiten eine enorme Begeisterung gab. Heute könnte man hier nicht von so einem Thema sprechen. Heute nämlich gilt es nicht, ein Volk zu befreien, es gilt nicht ein Volk zu retten, heute geht es darum, eine Welt und eine Menschheit zu befreien und zu retten (Beifall), und das ist nicht unsere Aufgabe, das ist eure Aufgabe (Beifall). Damals gab es keine unipolare Welt, also eine einzige hegemonische Supermacht. Heute wird die Welt und die Menschheit von einer enormen Supermacht beherrscht und trotzdem sind wir davon überzeugt, den Kampf zu gewinnen (Beifall), und das ohne jeden panglossianischen Optimismus - ich glaube, das ist ein Wort, das Schriftsteller manchmal benutzen (Lachen) -, sondern weil man sicher sein kann, daß wenn man dieses Büchlein hier (zeigt das Büchlein) losläßt, daß es dann in Sekundenbruchteilen runterfällt, daß wenn es nicht diesen Tisch geben würde, das Büchlein auf dem Boden liegen würde. Dieser Tisch, auf dem es liegt, diese mächtige Supermacht, die die unipolare Welt bestimmt, ist objektiv gesehen im Verschwinden begriffen (Beifall). Es gibt objektive Gründe dafür und ich bin sicher, daß die Menschheit ihren unverzichtbaren subjektiven Teil dazu beitragen wird. Dazu bedarf es keiner Atomwaffen oder großer Kriege - was man dazu braucht sind Ideale (Beifall). Das sage ich im Namen dieses kleinen Landes, über das wir vorhin sprachen und das den Kampf standhaft und unbeirrbar während 40 Jahren geführt hat. Ihr habt mich, was mich in Verlegenheit gebracht hat, mit dem Namen genannt, unter dem ich bekannt bin - ich meine meinen Vornamen Fidel, weil ich tatsächlich keinen anderen Titel innehabe. Ich verstehe ja, daß das Protokoll dazu anhält, Seine
Exzellenz, Herr Präasident und noch andere solche Dinge zu verwenden (Beifall und "Fidel, Fidel!"-Rufe) - und als ich hörte, wie ihr jenes "Fidel, Fidel, was hat Fidel, daß die Amerikaner nicht mit ihm klarkommen?" (Rufe: "Fidel, Fidel, was hat Fidel, daß die Amerikaner nicht mit ihm klarkommen?"), fiel es mir ein, und ich wendete mich an meinen rechten Nachbarn, d.h. der Nachbar, der geografisch gesehen rechts neben mir saß, oder? (Lachen und Ausrufe) - einige dort machen Zeichen, die ich nicht verstehe, aber ich sagte ja, daß wir uns hier alle in der gleichen Kampfeinheit befinden (Beifall) - und so kam es mir in den Sinn, ihm zu sagen: "Verdammt nochmal, die Frage, die man sich eigentlich stellen müßte, lautet: Was haben die Amerikaner, daß sie nicht mit ihm klarkommen? (Lachen und Beifall), und wenn man statt "ihm" sagt: Was haben die Amerikaner, daß sie nicht mit Kuba klarkommen?, wäre das gerechter (Beifall). Ich weiß, daß man Wörter benutzen muß, um Ideen zu symbolisieren. In diesem Sinne habe ich das immer verstanden. Ich kann mir das niemals alleine zuschreiben, noch kann ich mir solche Verdienste zuschreiben (Rufe: "Es lebe Fidel"). Ja, wir alle haben die Hoffnung, unser Leben zu leben - wir alle - (Beifall) nach den Idealen, für die wir kämpfen und in der Überzeugung, daß diejenigen, die nach uns kommen, in der Lage sind, sie zu vollenden, wenn auch - was man nicht verschweigen darf - die Aufgabe, die auf euch zukommt, schwieriger ist als diejenige, die wir hatten. Ich sagte euch, daß wir in einer sehr veränderten Welt leben. Unsere erste Pflicht ist, das zu begreifen. Ich habe ja bereits einige bestimmte politische Eigenschaften erläutert. Außerdem aber handelt es sich um eine globalisierte Welt - eine wirklich globalisierte Welt. Eine Welt, die dominiert wird von der Ideologie, den Vorschriften und den Prinzipien einer neoliberalen Globalisierung. Die Globalisierung ist unserer Meinung nach nicht einfach eine Laune von irgendjemandem, sie ist nicht einmal von irgendjemandem erfunden worden. Die Globalisierung ist eine historische Gestzmäßigkeit und die Folge der Entwicklung der Produktivkräfte - und entschuldigt mich, daß ich diesen Satz verwende, der einige vielleicht immer noch wegen seines Autors erschreckt -, sie ist Folge der Entwicklung der Wissenschaften und der Technik und hat ein solches Ausmaß angenommen, das sich selbst der Verfasser dieses Satzes, Karl Marx (Beifall), der großes Vertrauen in die menschlichen Fähigkeiten hatte, nicht hätte ausmalen können. Es gibt einige andere Dinge, die mich an die Grundideen jenes großen Denkers erinnern. Es kommt einem nämlich die Idee, daß das, was er sogar als Ideal für die menschliche Gesellschaft angesehen hat, und was immer deutlicher wird, nur in einer globalisierten Welt zu verwirklichen ist. Nicht eine Sekunde lang dachte er, daß man auf dem so kleinen Inselchen Kuba versuchen könnte, eine sozialistische Gesellschaft aufzubauen oder den Aufbau des Sozialismus zu wagen, umso weniger noch in Anbetracht der Nachbarschaft des so mächtigen kapitalistischen Nachbarn. Nun gut, ja, wir haben es versucht - mehr noch, wir haben es getan und wir haben es verteidigen können. Und wir haben auch 40 Jahre Blockade, Drohungen, Aggressionen und Leiden kennengelernt. Heute, wo wir alleine dastehen, setzten die Vereinigten Staaten all ihre Propaganda, alle Massenmedien, die sie auf der Welt kontrollieren, in ihrem politischen und ideologischen Krieg gegen unseren revolutionären Prozeß ein und richten auf die gleiche Weise ihre immense Macht auf allen Gebieten, vor allem im Wirtschaftsbereich, sowie ihren weltweiten politischen Einfluß in ihrem Wirtschaftskrieg gegen Kuba ein. Man redet von Blockade, aber Blockade sagt gar nichts. Wenn wir doch nur eine Wirtschaftsblockade hätten: was unser Land nämlich in all dieser langen Zeit hat ertragen müssen, ist ein wahrer Wirtschaftskrieg. Soll ich das zeigen? Geht nur einmal irgendwo auf der Welt zu einer Fabrik, die einem US-Amerikaner gehört, um ein Mütze oder ein Halstuch zu kaufen, das ihr nach Kuba exportieren wollt. Selbst wenn es dort die Bürger des betreffenden Landes herstellen und das Rohmaterial
aus dem Land selbst stammt, verbietet die Regierung der Vereinigten Staaten in tausenden von Meilen Entfernung, die Mütze zu verkaufen oder das Halstuch zu verkaufen. Ist das Blockade oder ist das Wirtschaftskrieg? Wollt ihr noch ein zusätzliches Beispiel?: Wenn zufällig jemand von euch in der Lotterie gewinnen sollte - ich weiß nicht ob es hier eine Lotterie gibt - oder einen Schatz findet - das ist ja durchaus möglich - und nun entscheidet, eine kleine Fabrik in Kuba zu bauen, hat er mit Sicherheit sehr schnell Besuch eines bedeutenden Beamten der US-Botschaft oder sogar des US-Botschafters selbst, der ihn versuchen wird zu überreden, ihn drängen wird oder ihn mit Repressalien bedrohen wird, damit er diesen kleinen Schatz nicht in eine kleine Fabrik in Kuba investiert. Ist das Blockade oder Wirtschaftskrieg? Ebensowenig erlauben sie es, daß man Kuba Medikamente verkauft, selbst wenn dieses Medikament unverzichtbar ist, um ein Leben zu retten. Die Beispiele, die wir in diesem Sinne nennen können, sind nicht gerade wenige. Wir haben diesen Krieg überlebt und wie in jedem Krieg, egal ob militärisch, politisch oder ideologisch, gibt es Verluste. Es gibt einige, die vielleicht verwirrt sind und es auch sind, oder weich geworden oder schwach geworden sind angesichts der verschiedenartigen wirtschaftlichen Engpässe, der materiellen Entbehrungen, der Zurschaustellung des Luxus der Konsumgesellschaften und der verfaulten, aber zuckersüß dargebrachten, Vorstellungen von den fabelhaften Vorteilen ihres Wirtschaftssystems, ausgehend von dem armseligen Standpunkt, daß der Mensch ein Tierchen sei, das sich nur dann in Bewegung setzt, wenn man ihm eine Möhre vor die Nase hält oder ihn mit der Peitsche antreibt. Wir könnten sagen, daß sie ihre gesamte ideologische Strategie auf diese Grundlage stellen. Es gibt Verluste, aber wie in allen Kriegen und in allen Kämpfen wird in anderen Menschen die Erfahrung weiterentwickelt, werden die Kämpfer zu Veteranen, vermehren sie ihre Qualitäten und erlauben es dadurch, die Moral und die notwendige Kraft für den weiteren Kampf aurechtzuerhalten und zu erhöhen. Wir sind dabei, den Kampf der Ideale zu gewinnen (Beifall). Trotzdem ist unsere kleine Insel nicht das einzige Schlachtfeld, wenn man auch auf der kleinen Insel kämpfen muß. Das Schlachtfeld ist heute die gesamte Welt, überall, auf allen Kontinenten, in allen Institutionen, auf allen Bühnen. Das ist das Gute des globalisierten Kampfes (Lachen und Beifall). Man muß die kleine Insel verteidigen und gleichzeitig an allen Ecken und Enden dieser immensen Welt kämpfen, die sie fast vollständig beherrschen oder beherrschen möchten. Auf vielen Gebieten beherrschen sie sie fast vollständig, aber nicht auf allen Gebieten, auch nicht überall im gleichen Maße, noch in absolut allen Ländern. Sie haben sehr intelligente Waffen entdeckt, aber wir Revolutionäre haben eine Waffe entdeckt, eine viel mächtigere Waffe! - daß der Mensch denkt und fühlt (Beifall). Das lehrt uns die Welt, das lehren uns die unzählbaren internationalistischen Missionen, die wir hier und da auf der Welt erfüllt haben. Dazu nur eine Zahl: 26.000 kubanische Ärzte haben an diesen Missionen teilgenommen, wobei das Land 3.000 von den 6.000 Ärzten verlassen hatten, die Kuba nach dem Sieg der Revolution hatte, von denen viele arbeitslos waren, aber immer schon den Wunsch hatten, auszuwandern, um soundsoviel Gehalt und soundsoviele Einnahmen zu erreichen. Die 3.000 , die uns verlassen hatten, konnte die Revolution vervielfachen, und allmählich Ärzte und immer mehr Ärzte ausbilden, die zunächst mit dem ersten oder zweiten Schuljahr in den Schulen begannen, die sofort überall im Land errichtet wurden. Ihre Opferbereitschaft und ihre Solidarität ist so groß, daß 26.000 von ihnen internationalistische Missionen erfüllt haben (Beifall), genauso wie, worauf ich bereits hingewiesen habe, Hunderttausende von Landsleuten als Techniker, Lehrer, Bauarbeiter und Kämpfer gearbeitet haben. Ja, Kämpfer, und das sagen wir mit Stolz (Beifall), weil der Kampf gegen die Soldaten des Faschismus und des Rassismus der Apartheid und sogar der Beitrag zum Sieg der Völker Afrikas, die in diesem System ihre größte Schande sahen, stets ein Grund zum Stolz sein wird (Beifall).
Aber durch diese Anstrengung, die gar nicht wahrgenommen wurde, ja ignoriert wurde, haben wir viel von den Völkern gelernt. Wir haben gelernt, die Völker und ihre außergewöhnlichen Eigenschaften kennzulernen und u.a. haben wir nicht nur durch abstrakte Ideen, sondern durch das praktische und alltägliche Leben gelernt, daß wir Menschen nicht alle in unseren äußeren Merkmalen gleich sind, daß wir Menschen aber alle gleich sind in bezug auf Talent, Gefühle und in bezug auf alle anderen Tugenden, die notwendig sind, um zu zeigen, daß wir in puncto moralische, gesellschaftliche, intellektuelle und menschliche Fähigkeit alle genetisch gleich sind (Beifall). Das genau war der Fehler von vielen, die dachten, eine überlegene Rasse zu sein. Wie ich euch sagte, hat das Leben uns viele Dinge gelehrt, und das ist es, was unseren Glauben an die Völker nährt, unseren Glauben an die Menschen. Das haben wir nicht in einem kleinen Buch nachgelesen - wir haben es selbst erlebt, wir haben das Privileg gehabt, es zu erleben (Beifall). Ich bin etwas bei diesen ersten Ideen ausgeschweift wegen der Broschüre, die mir abhanden gekommen ist und wegen der Probleme mit dem Mikrofon (Lachen), deswegen werde ich mich bei anderen Themen kürzer fassen müssen. Ja, es ist meine Pflicht, mich kürzer zu fassen, u.a. aus persönlichem Interesse: nachher muß ich nämlich noch einmal das durchgehen, was ich hier gesagt habe (Lachen), schauen, ob ein Komma fehlte, ein Punkt, ob eine Zahl falsch war. Und ich sage euch, daß ich für jede Stunde einer leicht erscheinenden Rede, die ich halte, zwei oder drei Stunden für die Durchsicht brauche. Es könnte ein Wort fehlen. Niemals lasse ich eine Idee aus, die ich zum Ausdruck gebracht habe, manchmal aber muß ich sie zuende führen oder sie erläutern, weil gesprochene und geschriebene Sprache nicht das gleiche ist. Wenn ich auf meinen Nachbarn zeige, dann versteht das der Zeitungsleser nicht, der das nachliest (Lachen) oder er wird das kaum verstehen. Der geschriebenen Sprache stehen nur Ausrufezeichen und die Anführungszeichen zur Verfügung. Weder der Tonfall, noch die Bewegung der Hände oder das Gefühl, das man zum Ausdruck bringt, können schriftlich vermittelt werden. Ich mußte diesen Unterschied erst entdecken. Jetzt achten wir sehr auf die schriftliche Fassung der Dinge und überprüfen sie anschließend, weil die Themen, die wir behandeln von Bedeutung und objektiv gesehen wichtig sind und außerdem, weil man auf eine unendliche Zahl von Dingen aufpassen muß, die ihr euch gar nicht vorstellen könnt. Als ich an den Festakt dachte, an dem ich zusammen mit euch um 5 Uhr nachmittags teilnehmen würde, fragte ich mich: Worüber rede ich zu den Studenten? (Beifall) Bis auf einige Ausnahmen, kann ich keine Namen nennen. Ich kann kaum Länder nennen, denn manchmal ist es so, daß wenn ich auf etwas mit der besten Absicht der Welt hinweise, um eine Idee zu veranschaulichen, laufe ich Gefahr, daß man unmittelbar das, was ich gesagt habe, aus dem Zusammenhang löst, das auf der Welt verkündet und uns damit eine Menge diplomatische Probleme schafft (Beifall). Und weil wir vereint in diesem globalen Kampf arbeiten müssen, kann man es dem Feind und seinen gut ausgearbeiteten und wirksamen Propagandamechanismen nicht noch erleichtern, ständig Verwirrung und Desinformation hervorzurufen, da die, die sie bereits verursacht haben, schon sehr groß ist, wenn auch nicht ausreichend, versteht ihr? Nicht ausreichend (Lachen). Aus diesen Gründen muß man sich sehr beschränken, weswegen ich euch um Nachsicht bitte. Ich muß hier nicht erst groß erklären, was Neoliberalismus ist. Wie kann ich ihn kurz beschreiben? Nun gut, ich würde zum Beispiel sagen: Die neoliberale Globalisierung will alle Länder, vor allem alle unsere Länder, zu Privateigentum machen. Was werden sie uns von all ihren enormen Finanzmitteln dalassen? Sie haben ja nicht nur immense Reichtümer durch die Plünderung und Ausbeutung der Welt angehäuft, sondern sogar dadurch, indem sie das Wunder vollbracht haben, das die Alchimisten des Mittelalters anstrebten, nämlich Papier in Gold zu verwandeln.
Gleichzeitig waren sie in der Lage, Gold zu Papier zu machen (Lachen). Danmit kaufen sie alles - alles bis auf die Seelen, bis auf - um es korrekter auszudrücken die überwiegende Mehrheit der Seelen. Sie kaufen Naturressourcen, Fabriken, ganze Kommunikationssysteme, Dienstleistungen, etcetera, etcetera, etcetera. Sogar Land kaufen sie rings um die Welt, weil sie denken, daß der Grund und Boden, der billiger ist als in ihren eigenen Ländern, eine gute Investition in die Zukunft sei. Ich frage mich: Was wollen sie für uns übriglassen, nachdem sie uns praktisch zu Bürger zweiter Klasse - es wäre wohl besser von Parias zu sprechen - in unseren eigenen Ländern gemacht haben? Sie wollen die Welt zu einer riesigen Freihandelszone machen - vielleicht versteht man das dadurch noch besser -, weil: Was ist eine Freihandelszone? Ein Ort mit besonderen Merkmalen, an dem keine Steuern entrichtet werden, zu dem Rohstoffe geliefert werden, Einzelteile, Bauteile, die dort zusammengebaut werden oder wo verschiedenartige Waren produziert werden - vor allem in jenen Bereichen, für die man besonders viele billige Arbeitskräfte braucht, für die sie oft nicht mehr als 5% des Gehalts zahlen, das sie in ihren Ländern zahlen und das einzige, was sie uns hinterlassen, sind diese erbärmlichen Löhne. Trauriger noch: Ich habe gesehen, wie sie viele von unseren Ländern dazu gebracht haben, gegeneinander zu konkurrieren, um zu sehen, welche Länder ihnen die besseren Bedingungen und mehr Steuerbefreiungen für Kapitalanlagen bieten. Sie haben die Länder der Dritten Welt dazu gebracht, um Investitionen und Freihandelszonen zu konkurrieren. Es gibt Länder - die ich kenne - die eine große Armut und Arbeitslosenrate aufwiesen und deshalb gezwungen waren, Dutzende von Freihandelszonen zu errichten, was innerhalb der bestehenden Weltordnung die vorzuziehende Lösung war, anstatt nicht einmal die Fabriken der Freihandelszonen zu haben, die Arbeitsplätze zu bestimmten Lohnsätzen schaffen, wenn sie auch nur 7%, 6%, 5% oder weniger des Lohnsatzes ausmachen, den die Eigentümer dieser Fabriken in ihrer Heimatländern zahlen müßten. Das haben wir vor der Welthandelsorganisation in Genf vor einigen Monaten geschildert. Sie wollen uns in eine riesige Freihandelszone verwandeln, genau dazu wollen sie uns machen. Mit ihrem Geld und ihrer Technologie werden sie allmählich alles aufkaufen. Wir werden ja sehen, wieviele Fluglinien noch in nationaler Hand bleiben werden, wieviele Seefrachtlinien, wieviele Dienstleistungen in der Hand des Volkes oder der Nation verbleiben. Das ist die Zukunft, die uns die neoliberale Globalisierung verspricht, glaubt nicht, daß das nur für die Arbeiter gilt. Sogar auch die nationalen Unternehmer, die kleinund mittelständischen Betriebe, die mit der Technologie der transnationalen Unternehmen zu konkurrieren haben werden, mit ihren hochentwickelten Geräten, ihren weltweiten Vertriebsnetzen. Sie werden neue Märkte erschließen müssen, ganz zu schweigen von den üppigen Handelskrediten, die ihre mächtigen Konkurrenten bekommen, um ihre Produkte abzusetzen. Wir können in Kuba über eine großartige Fabrik verfügen, sagen wir eine Kühlschrankfabrik. Wir haben eine, aber sie ist nicht großartig und weit davon entfernt, die modernste der Welt zu sein. Es geht in Anbetracht der zunehmenden Erwärmung in den Tropen natürlich sehr gut dort mit der Fabrik. Nehmen wir nun einmal an, daß Länder der Dritten Welt Kühlschränke akzeptabler Qualität und sogar zu niedrigeren Preisen herstellen. Ihre mächtigen Konkurrenten erneuern ständig das Design, investieren unglaubliche Summen in der Anhebung ihres Markenprestiges, sie produzieren in vielen Freihandelszonen zu niedrigen Lohnkosten oder sonstwo, sind von Steuerzahlungen befreit, verfügen über ein üppiges Kapital oder Finanzmechanismen zur Einräumung von Krediten, die sich innerhalb von einem, zwei, drei oder wievielen Jahren auch immer amortisieren. Märkte, die gesättigt sind mit Haushaltsgeräten, die wiederum die Frucht sind von Anarchie und Chaos bei der weltweiten Verteilung des Investitionskapitals unter der
verallgemeinerten Losung des Wachstums und der Entwicklung auf Grundlage von Exporten, so wie es der Internationale Währungsfonds rät. Welcher Spielraum bleibt dabei für die nationalen Industrien, für wen und wie werden sie exportieren, wo sind die potentiellen Verbraucher unter den Milliarden von Armen, Hungernden und Arbeitslosen, die einen großen Teil unseres Planeten bewohnen? Soll man etwa darauf hoffen, daß sich alle einen Kühlschrank leisten können und einen Fernseher, ein Telefon, eine Klimaanlage, ein Auto, Elektrizität, Treibstoff, einen Computer, ein Haus, eine Garage, eine Arbeitslosenversicherung, Aktien an der Börse und eine abgesicherte Rente? Ist das der Entwicklungsweg, wie sie es uns Millionen Male über alle zur Verfügung stehenden Medien versichern? Was wird vom Binnenmarkt übrigbleiben, wenn ihm ein beschleunigter Abbau der Zolltarife verordnet wird, die für viele Länder der Dritten Welt darüberhinaus eine wichtige Einnahmequelle für den Staatshaushalt darstellen? Die Theoretiker des Neoliberalismus haben zum Beispiel nicht das große Problem der Arbeitslosigkeit in der überwiegenden Mehrzahl der reichen Länder lösen können, ganz zu schweigen von den Länder, die sich in ihrer Entwicklung befinden, und mit einem so absurden Konzept werden sie es auch niemals lösen können. Es ist ein gewaltiger Widerspruch des Systems, das umso mehr Menschen auf die Straße setzt, desto mehr investiert und technisiert wird. Produktivität der Arbeit, hochgzüchtetste Geräte, die dem menschlichen Geist entspringen und die materiellen Reichtümer mehren, gleichzeitig aber auch die Armut und Entlassungen verursachen - welchen Nutzen haben sie für die Menschheit? Vielleicht den, das sie Arbeitszeit verkürzen, um über mehr Freizeit zu verfügen zur Entspannung, Sport, kulturelle und wissenschaftliche Weiterbildung? Unmöglich, die hochheiligen Gesetze des Marktes und die immer mehr imaginären als realen Prinzipien der Konkurrenz in einer transnationalisierten und megafusionierten Welt erlauben das immer weniger und unter keinen Umständen. Wer ist es denn eigentlich, der miteinander wo konkurriert? Riesen gegen Riesen, die auf Fusion und Monopol zusteuern. Für die anderen angenommenen Akteure in diesem Wettbewerb gibt es auf der Welt keinen Platz. Für die reichen Länder die Spitzentechnologie; für die Arbeiter der Dritten Welt das Zusammennähen von Jeans, T-Shirts, Kleidung, Schuhen, das Aussäen von Blumen, exotischen Früchten und anderen Produkten steigender Nachfrage in den Industriestaaten, weil sie sie selbst dort nicht anbauen können, obwohl wir wissen, daß sie in den Vereinigten Staaten z.B. sogar Marihuana in Treibhäusern (Lachen und Beifall) oder im Innenhof ihrer Häuser anbauen, und daß der Wert des Marihuana, das sie herstellen, über dem Wert ihrer gesamten Maisproduktion liegt dabei sind sie der größte Maisproduzent der Welt (Lachen). Letztlich sind ihre Labors die größten Rauschmittelproduzenten des Planeten oder sind auf dem Weg dazu, was jetzt noch getarnt wird als Produktion von Beruhigungsmitteln, Antidepressiva und anderen Tabletten und Produkten, von denen die Jugendlichen gelernt haben, sie auf sehr unterschiedliche Art und Weise zu kombinieren und zu mischen. Wie werden in der glücklichen entwickelten Welt die harten Arbeiten in der Landwirtschaft, wie etwa die Tomatenernte, gelöst, für die man noch keine perfekte Maschine entwickelt hat - einen Roboter, der loszieht und die Tomaten je nach Reifegrad, Größe und anderen Eigenschaften pflückt? Wer wird die Straßen säubern und andere unliebsame Arbeiten ausführen, die in den Konsumgesellschaften niemand übernehmen möchte? Ah ha, dafür sind dann die Zuwanderer aus der Dritten Welt gut. Sie erledigen diese Art von Arbeit nicht. Und wir, die wir Ausländer innerhalb unserer eigenen Grenzen sein werden, können, wie ich bereits erwähnte, Hosen zusammennähen und ähnliche Tätigkeiten verrichten. Kraft ihrer "wunderbaren" Wirtschaftsgesetze aber veranlassen sie uns dazu, soviele Hosen zu produzieren, als ob es auf der Welt bereits 40 Milliarden Einwohner gäbe und jeder von ihnen das nötige Geld hätte, um sich so eine Jeans zu kaufen. Ich will nicht die Jeans kritisieren, sie steht den Jugendlichen sehr gut - vor allem den weiblichen
Jugendlichen (Lachen und Beifall). Nein, ich will das Kleidungstück als solches nicht kritisieren, ich kritisiere die Arbeit, die sie für uns übrig lassen wollen, die absolut nichts mit Spitzentechnologie zu tun hat. Daher werden unsere Universitäten überflüssig sein oder sie werden lediglich dazu dienen, um zu niedrigen Kosten technisches Personal für die entwickelte Welt zu produzieren. Ihr habt in den letzten Tagen sicherlich in der Presse gelesen, daß die Vereinigten Staaten im Hinblick auf die Nachfrage ihrer Computerindustrie, ihrer elektronischen Industrie, etcetera, etcetera, sich vorgenommen haben, auf dem internationalen Markt, sagen wir besser in der Dritten Welt, 200.000 hochqualifizierte Arbeiter für ihre Spitzenindustrien anzuwerben und Visa zu erteilen. Paßt also gut auf, denn sie suchen fähige Leute (Lachen), und diesmal nicht um Tomaten zu ernten. Weil sie selbst nicht allzu sehr gebildet sind, was viele unter Beweis stellen, die Brasilien mit Bolivien oder Bolivien mit Brasilien verwechseln (Lachen und Beifall), oder wenn sich in Umfragen herausstellt, daß sie nicht einmal viele Dinge über die USA selbst wissen oder nicht einmal wissen, ob ein lateinamerikanisches Land, von dem sie gehört haben, sich in Afrika oder in Europa befindet - und dabei übertreibe ich nicht (Lachen und Beifall). Sie haben nicht genug Spitzenleute oder hochqualifizierte Arbeiter für ihre Spitzenindustrien und kommen daher in unsere Welt, um einige Arbeiter zu rekrutieren, die dann für immer verloren sind. Wo befinden sich nämlich die besten Wissenschaftler unserer Länder? In welchen Labors? Welches Land von uns besitzt genügend Labors für alle Wissenschaftler, die es ausbilden könnte? Wieviel können wir diesem Wissenschaftler zahlen und wieviel können sie ihm zahlen? Wo sind sie? Ich kenne viele berühmte Lateinamerikaner, die dort sind. Wer hat sie ausgebildet? Ah ha, Venezuela, Guatemala, Brasilien, Argentinien, irgendein Land Lateinamerikas. In ihrer eigenen Heimat aber haben sie keine Chance. Die Industriestaaten besitzen das Monopol über Labors, Geld, und so nehmen sie sie unter Vertrag und entreißen sie den armen Nationen. Aber das gilt nicht nur für Wissenschaftler, sondern auch für Sportler. Nein, sie würden unsere Baseballspieler gerne kaufen, so wie man früher Sklaven auf diesen Holztribünen, was weiß ich wie die heißen, (Lachen und Beifall) versteigert hat. Sie sind perfide, weil es immer eine Seele gibt, die man verführen kann - so wie es schon in der Bibel heißt von den ersten Menschen, von denen man annehmen konnte, daß sie die besten sein sollten, nicht wahr? Denn sie sollten eigentlich nicht soviel Bösartigkeit besitzen oder die Konsumgesellschaften kennen. Es gab auch noch keinen Dollar (Lachen). Plötzlich zahlen sie einem Athleten, der nicht aus der besten Kategorie stammt, mehrere Millionen - vier, fünf oder sechs Millionen. Sie veranstalten eine riesige Werbung für ihn und weil es scheint, als seien die Spieler der Großen Ligen ziemlich schlecht, erzielen sie einige Erfolge. Es liegt nicht im entferntesten in meiner Absicht, US-amerikanische Profisportler zu beleidigen - sie sind Menschen, die hart arbeiten und sehr gut bezahlt werden. Waren, die ebenfalls auf dem Markt an- und verkauft werden, wenn auch zu einem hohen Preis. Sie müssen aber wohl einige Schwächen beim Training zeigen, weil sie einige kubanische Pitcher ins Land schmuggeln, die z.B. erster, zweiter oder dritter Kategorie sein können, oder einen shortstop, einen Third Base. Sie kommen ins Land und der Pitcher trickst die besten einheimischen Spieler aus und der shortstop läßt keinen Ball durchgehen (Beifall und Ausrufe). Wir könnten fast reich werden, wenn wir eine Auktion von kubanischen Baseballspielern veranstalten würden (Lachen und Beifall). Sie wollen nicht länger für die US-amerikanischen Baseballspieler zahlen, weil sie sehr teuer kommen. Sie haben in unseren Ländern Akademien aufgebaut, um sie kostengünstig auszubilden und sie mit weniger Lohn abfinden zu können, wenn wir hier auch noch von einem Jahresgehalt in Millionenhöhe sprechen. Dazu kommt noch das ganze Werbefernsehen, Autos, die so lang sind wie von hier bis dort (er zeigt mit den Händen), bildhübsche Frauen aller Ethnien, die mit der Autowerbung verbunden werden (Lachen), und der Rest der Werbung, die ihr in einigen Klatschzeitschriften
und Konsumzeitschriften sehen könnt, können mehr als einen unserer Landsleute in Versuchung führen. In Kuba stecken wir weder Geld noch andere Mittel in solche Werbefrivolitäten. Die wenigen Male, die ich notwendigerweise das US-Fernsehen anschaue, kann ich es kaum ertragen, weil alle drei Minuten eine Unterbrechung kommt, um eine Werbung einzuschieben und z.B. einen Mann darzustellen, der auf einem Radtrainer trainiert, was so ziemlich das langweiligste ist, was es auf der Welt gibt (Beifall und Ausrufe). Ich sage ja nicht, daß es etwas schlechtes sei, ich meine nur, daß es langweilig ist. Jedes Programm, sogar die melodramatischen Fernsehserien werden an den entscheidensten Liebesszenen unterbrochen (Lachen). Nach Kuba kommen einige Fernsehserien aus dem Ausland, ich will das gar nicht leugnen, weil wir nicht in der Lage gewesen sind, die notwendige Anzahl selbst zu produzieren. Einige der Serien, die in Lateinamerika hergestellt werden, verführen so sehr unsere Zuschauer, daß sie sogar die Arbeit stehen und liegen lassen. Aus Lateinamerika bekommen wir manchmal auch gutes filmisches Material, aber fast alles, was es auf der Welt gibt, ist reine Yankee-Produktion, Einheitskultur. In unserem Land wird das wenige Papier, das wir haben, für Schulbücher und unsere wenigen, wenige Seiten starken Zeitungen verwendet. Wir können keine Mittel dafür aufwenden, diese Zeitschriften aus weichem, speziellem Papier - ich weiß nicht, wie man es nennt - herzustellen, die viele Illustrationen haben und die von den Bettlern in den Straßen unserer Hauptstädte gelesen werden, in denen ihnen dieses luxuriöse Automobil samt weiblicher Begleitung oder sogar eine Yacht oder ähnliche Dinge - oder? - (Lachen) angepriesen werden. So werden die Leute allmählich vergiftet von dieser Werbung, so daß sogar die Bettler auf brutale Weise beeinflußt und dazu gebracht werden, vom Himmel auf Erden zu träumen, den ihnen der Kapitalismus anbietet und der ihnen verschlossen bleibt. Ich versichere euch, daß wir uns in unserem Land mit anderen Dingen beschäftigen. Trotzdem üben sie mit dem Bild einer Art von Gesellschaft Einfluß aus, die nicht nur Entfremdung, Ungleichheit und Ungerechtigkeit hervorbringt, sondern auch wirtschaftlich, gesellschaftlich und ökologisch nicht tragbar ist. Ich führe gewöhnlich dazu das Beispiel an, daß wenn das Ziel des Konsummodells sein soll, daß es in jedem Haushalt der Bürger von Bangladesch, Indien, Indonesien, Pakistan oder China ein Auto geben soll - diejenigen unter euch, die ein Auto haben, mögen mich bitte entschuldigen, es scheint ja, daß es keine andere Lösung gibt, da es so viele Alleen gibt und die Entfernungen so groß sind. Ich kritisiere nicht, ich warne lediglich vor einem Modell, das unmöglich auf die Welt angewandt werden kann, die dabei ist, sich zu entwickeln (Lachen). Ihr werdet mich gut verstehen, da auch Caracas nicht mehr viel Platz für noch mehr Autos hat. Ihr werdet wohl drei- und vierstöckige Straßen bauen müssen (Lachen), versteht ihr? Ich stelle mir vor, daß wenn man das in China machen würde, die 100 Millionen Hektar, die sie zur Verfügung stehen haben zur Produktion von Nahrungsmitteln, mit Autobahnen, Garagen und Parkplätzen zuzubauen, würde es keinen Platz mehr geben, um auch nur ein Reiskorn anzubauen. Das Konsummuster, das sie der Welt aufdrücken, ist verrückt, ja sogar chaotisch und absurd (Beifall). Ich beabsichtige nicht, aus diesem Planeten ein Kloster von Kartäusermönchen zu machen (Lachen), aber denke sehr wohl, daß dieser Planet keine Alternative dazu hat, festzulegen, welche erreichbaren und tragbaren Konsummuster oder -modelle zu verfolgen sind, nach denen die Menschheit gebildet werden soll. Immer weniger Menschen nehmen heute ein Buch in die Hand. Warum soll man aber den Menschen des Genusses berauben, z.B. ein Buch zu lesen oder vieler andere Genüsse aus dem kulturellen Bereich und der Freizeit, und dies in einem Klima nicht nur materieller, sondern auch geistiger Bereicherung? Ich denke nicht an Menschen, die wie zu Zeiten Engels 14 oder 15 Stunden am Tag arbeiteten. Ich denke an Menschen, die vier Stunden täglich arbeiten. Warum auch die gleiche Arbeit auf acht Stunden ausdehnen, wenn es die Technologie erlaubt? Das
logischste und grundlegendste dabei ist, daß mehr Produktivität und weniger körperliche oder geistige Anstrengung zu weniger Arbeitslosigkeit und mehr Freizeit für den Menschen führen sollte (Beifall). Denjenigen, der nicht die ganze Woche arbeiten muß, nennen wir einen freien Menschen, inklusive Samstag, Sonntag und doppelte Arbeitsschichten, weil er mit dem Geld nicht auskommt. Per U-Bahn oder Bus eilt er pausenlos durch die Großstädte. Wem kann man da vormachen, daß dieser Mensch frei ist (Beifall)? Wenn Computer und Automaten Wunder in der Herstellung von materiellen Gütern und Dienstleistungen bewirken können, warum kann sich dann der Mensch nicht zum Wohle der Menschheit der Wissenschaft bedienen, die er mit seiner Intelligenz geschaffen hat? Warum muß der Mensch von heute aufgrund von ausschließlich wirtschaftlichen Gründen, den Gewinnen und Interessen superprivilegierter und mächtiger Eliten unter der Herrschaft von chaotischen Wirtschaftsgesetzen und Institutionen, die nicht ewig sind, es nie waren und es auch nie sein werden, wie das berühmte Gesetz des Marktes, der Gegenstand der Vergötterung geworden ist - hochheiliges Wort, das allzeit tagein tagaus erwähnt wird -, Hunger, Arbeitslosigkeit, frühzeitigen Tod, heilbare Krankheiten, Ignoranz, Unbildung und anderes menschliches und gesellschaftliches Unheil ertragen, wo man doch all die notwendigen Reichtümer schaffen könnte, um gerechtfertigte menschliche Bedürfnisse zu befriedigen, die vereinbar sind mit dem Schutz der Umwelt und dem Leben auf unserem Planeten? Man muß darüber nachdenken, muß zu Definitionen gelangen. Es scheint natürlich grundlegend gerechtfertigt, daß der Mensch über Nahrung, Gesundheit, ein Dach über dem Kopf, Kleidung, Bildung, ein angemessenes, sicheres und vertretbares Verkehrswesen, Kultur, Erholungsangebote, eine breite Palette von Wahlmöglichkeiten für seinen Lebensverlauf und noch tausend andere Sachen verfügt, die der Mensch erreichen könnte, wozu natürlich kein Privat-Jet und keine Yacht für jeden einzelnen der 9,5 Milliarden Menschen zählt, die in nicht mehr als 50 Jahren die Erde bewohnen werden. Sie haben den menschlichen Geist verunstaltet. Gott sei Dank gab es in der Zeit des Gartens Eden und der Arche Noah, von der uns das Alte Testament berichtet, keine dieser Dinge. Ich kann mir vorstellen, daß es sich damals ein bißchen beschaulicher lebte (Lachen). Nun gut, es gab eine Sintflut, aber auch wir haben sie und zwar ziemlich häufig. Schaut nur, was kürzlich in Mittelamerika passiert ist. Und bei den ganzen Klimaveränderungen weiß niemand, ob wir uns letztlich nicht den Eintritt für eine Arche kaufen, erwerben oder dafür anstehen müssen (Lachen). So ist es, all das haben sie den Menschen eingeschärft; sie haben Millionen, Dutzende von Millionen und Hunderte Millionen Menschen entfremdet, und sie leiden umso mehr, desto weniger sie in der Lage sind, ihre Grundbefürfnisse zu befriedigen, weil sie nicht einmal einen Arzt und keine Schule haben. Ich habe die anarchische, irrationale und chaotische Formel angesprochen, die der Neoliberalismus gebracht hat: Die Investition von Hunderten von Milliarden ohne irgendeine Ordnung oder Einklang; Dutzende von Millionen Arbeiter, die alle die gleichen Sachen herstellen: Fernseher, Computerteile, Clips oder Chips, wie sie auch immer heißen (Lachen), eine endlose Zahl von Artikeln und Gegenständen, darunter auch Berge von Automobilen. Alle machen das gleiche. Sie haben das Doppelte der notwendigen Kapazität geschaffen, um Autos zu bauen. Woher kommen die Kunden für die Autos? Sie sind in Afrika, in Lateinamerika und in vielen anderen Teilen der Welt, nur haben sie keinen Pfennig, um sie zu kaufen, auch nicht um Benzin, Autobahnen oder Werkstätten zu erwerben, die die Länder der Dritten Welt nur noch mehr ruinieren, Ressourcen verschwenden, die für die gesellschaftliche Entwicklung benötigt werden und die Umwelt noch mehr zerstören würden. Durch die Schaffung von untragbaren Konsummustern in den Industriestaaten und durch das Wecken von unerfüllbaren Träumen auf dem Rest des Planeten, hat das
entwickelte kapitalistische System der Menschheit bereits einen großen Schaden zugefügt. Es hat die Atmosphäre verschmutzt und riesige nicht nachwachsende Naturressourcen erschöpft, die das menschliche Geschlecht in der Zukunft bitter nötig haben wird. Denkt bitte nicht, daß ich jetzt an eine idealistische, unmögliche und absurde Welt denke. Ich versuche darüber nachzudenken, was eine reale Welt und ein glücklicher Mensch sein kann. Dazu muß man wohl keine Ware als Beispiel anführen - ein Begriff reicht aus: die Ungleichheit macht jetzt bereits 80% der Erdenbewohner unglücklich, und das ist nur ein Begriff. Man muß Konzepte suchen und man muß Ideen haben, die eine machbare Welt, eine nachhaltige Welt, eine bessere Welt erlauben. Was viele der Theoretiker des Neoliberalismus und der neoliberalen Globalisierung schreiben, ist für mich unterhaltsam. Ehrlich gesagt habe ich auch nur wenig Zeit, um ins Kino zu gehen - fast nie - oder Videos, selbst wenn sie gut sind, zu sehen. Es gibt einige gute. Ich lese die Artikel dieser Herren, wenn ich Abwechslung brauche (Lachen). Ich lese ihre scharfsinnigsten, gebildetsten Analysten und Kommentatoren und sehe, wie sie sich in eine Menge Widersprüche und Verwirrungen verwickeln sogar in Verzweiflung, weil sie die Quadratur des Kreises erzwingen wollen. Das muß für sie schrecklich sein (Beifall). Ich erinnere mich, daß man mir einmal eine kleine quadratische Figur gezeigt hat, die oben solche zwei Linien hatte, eine in der Mitte und eine andere nach unten (er beschreibt die Figur), es ging nun darum, sie zu zeichnen, ohne den Bleistift abzusetzen. Ich weiß nicht, wieviel Zeit ich damit verloren habe (Lachen), dies zu bewerkstelligen, anstatt die Hausaufgaben zu machen, Mathematik, Spanisch und andere Dinge zu lernen, weil es damals noch nicht diese kleinen Spielzeuge gab, die die Industrie erfunden hat, um die Schüler vom Unterricht abzulenken, damit sie in der Schule durchfallen, haben wir zu meiner Zeit selbst Dinge erfunden, mit denen wir ziemlich viel Zeit verloren haben. Aber ich werde unterhalten, habe Spaß und genieße die Lektüre, wenigstens das verdanke ich ihnen (Lachen und Beifall). Aber ich danke ihnen auch für das, was sie mich lehren. Und wißt ihr, wer mich mit am meisten mit seinen Artikeln und Analysen unterhält? Jawohl!, die am aller Konservativsten, die nicht einmal das Wort Staat hören wollen, nicht einmal die Erwähnung des Wortes! Diejenigen, die eine Zentralbank auf dem Mond anstreben (Lachen), damit es auch ja keinem Menschen in den Sinn kommt, die Zinsen zu senken oder zu erhöhen. Es ist unglaublich. Das sind diejenigen, die mich am glücklichsten machen, weil ich mir bei manchen Dingen, die sie sagen, denke: Habe ich mich etwa geirrt, hat diesen Artiklel vielleicht etwa ein Linksextremist, ein Radikaler geschrieben? (Lachen) Aber was ist das? - da ist Soros, der ein Buch nach dem anderen schreibt. Und das letzte Buch habe ich auch lesen müssen, denn mir blieb nichts anderes übrig, weil ich mir sagte: das ist ein Theoretiker, darüberhinaus ist er aber auch Akademiker und hat daneben ich weiß nicht wieviele Milliarden aus Spekulationsgeschäften gewonnen. Der Mann muß also etwas verstehen von den Mechanismen, den Tricks. Aber der Titel, Krise des globalen Kapitalismus hat er sein Buch genannt, ein wahrhaft poetischer Name. Er sagt das mit großem Ernst (Lachen) und anscheinend mit einer so starken Überzeugung, das ich mir sage: Verdammt noch mal!, es scheint so, daß ich nicht der einzige Verrückte auf dieser Welt bin! (Lachen und Beifall). Es gibt viele, die eine ähnliche Besorgnis zum Ausdruck bringen und ich schenke ihnen noch mehr Aufmerksamkeit als den Gegnern der bestehenden Weltwirtschaftsordnung. Der Linke wird auf alle Fälle beweisen wollen, daß das untergeht (Lachen). Das ist logisch, das ist seine Pflicht und außerdem hat er Recht (Lachen); aber der andere will das auf gar keinen Fall. Angesichts von Katastrophen, Krisen, Bedrohungen jeglicher Art, geraten sie in Verzweiflung und schreiben viele Sachen. Sie sind verwirrt - mindestens das kann man feststellen. Sie haben den Glauben an ihre Doktrin verloren. Wir also, die wir uns entschlossen, einsam Widerstand zu leisten - und ich rede nicht von der geographischen Einsamkeit, sondern von der beinahe ausschließlichen
Einsamkeit auf dem Gebiet der Ideen, weil Unglücke Folgen haben, Skepsis, die vervielfacht wird von der erfahrenen und mächtigen Werbemaschinerie des Imperiums und seiner Alliierten. Das alles führt bei vielen Menschen zu Pessimismus und Verwirrung. Sie haben nicht das nötige Urteilsvermögen, um Situationen mit einer historischen Perspektive zu untersuchen und verlieren so den Mut. Ach, wie bitter waren jene Tage, jene ersten Tage und die Zeit vor den ersten Tage, als wir viele Leute hier und dort sahen, die ihre Hemden wechselten - ich will wirklich niemanden kritisieren, ich kritisiere die Hemden (Lachen und Beifall). Ach, in wie kurzer Zeit haben wir gesehen, wie sich alles ändert, und jene Illusionen sind in Vergessenheit geraten, haben - wie man in Kuba sagt und ich weiß nicht, ob man das hier auch kennt - weniger Zeit überdauert als ein Baiser an der Schulpforte (Lachen). Dort, in der ehemaligen UdSSR, kamen sie mit ihren neoliberalen Marktrezepten an und haben unglaublichen Schaden angerichtet, wirklich unglaublich! Sie haben Nationen zerschlagen, Republikföderationen wirtschaftlich und politisch auseinandergetrieben. Sie haben in einigen der Republiken die Lebenserwartung um 14 und 15 Jahre gesenkt, sie haben die Kindersterblichkeit verdrei- oder vervierfacht, sie haben gesellschaftliche und wirtschaftliche Probleme geschaffen, die sich nicht einmal Dante ausmalen könnte, wenn er denn wiederauferstehen würde. Es ist wirklich traurig, und diejenigen von uns, die versuchen, so gut wie möglich informiert zu sein über das, was überall auf der Welt geschieht - uns bleibt ja nichts anderes übrig als es in Erfahrung zu bringen, wenn wir nicht desorientiert sein wollen, d.h. uns mehr oder weniger, genauer oder weniger genau zu informieren -, haben unserer Meinung nach eine ziemlich genaue Vorstellung von dem Unglück, das der Gott des Marktes mit seinen Gesetzmäßigkeiten, seinen Prinzipien und den vom Internationalen Währungsfonds und den anderen neokolonialisierenden oder rekolonialisierenden Institutionen des Planeten empfohlenen und aufgezwungenen Rezepten für praktisch alle Länder verursacht hat. Das geht sogar soweit, daß reiche Länder wie die europäischen Staaten gezwungen werden, sich zusammenzuschließen und eine gemeinsame Währung zu schaffen, damit so ausgebuffte Männer wie Soros nicht sogar das Pfund Sterling zugrunde richten, das vor nicht all zu langer Zeit die Königin unter den Tauschmitteln war - Waffe und Symbol des herrschenden Empires und weltweite Reservewährung. All diese Privilegien besitzen heute die Vereinigten Staaten. Die Engländer mußten sogar noch die Schmach ertragen, ihr Pfund Sterling auf dem Boden zu sehen. Das gleiche hat man mit der spanischen Pesete gemacht, mit dem französischen Franc, der italienischen Lira - sie spielten mit dem dicken Polster ihrer Milliarden im Rücken, weil Spekulanten Spieler sind, die mit gezinkten Karten spielen. Sie besitzen die gesamte Information und die erfahrendsten Ökonomen und Nobelpreisträger, wie etwa jene von diesem berühmten Unternehmen, das einmal das angesehendste der gesamten USA war, mit dem Namen Verwaltungsgesellschaft für langfristig angelegtes Kapital. Auf Englisch sagt man glaube ich Long-Term Capital Management - entschuldigt meine "ausgezeichnete" Aussprache im Englischen (Lachen). Ich bevorzuge die spanische Bezeichnung, aber man kennt die Gesellschaft überall auf der Welt bereits unter ihrem ursprünglichen Namen, der fast schon fester Bestandteil des Spanischen ist. Mit einem Fonds von insgesamt 4,5 Milliarden Dollar bewegten sie 120 Milliarden, um damit Spekulationsgeschäfte zu betreiben. Auf ihrer Gehaltsliste standen zwei Nobelpreisträger sowie die erfahrendsten Computerprogrammierer und trotzdem könnt ihr sehen, daß sich die erlauchten Gentlemen geirrt haben, denn es passieren soviele seltsame Dinge, mit denen sie nicht immer gerechnet haben: Wenn der Unterschied zwischen den auf 30 und 29 Jahre angelegten Schatzanweisungen etwas aus dem annehmbaren Rahmen fiel, entschieden unverzüglich alle Computer und sämtliche Nobelpreisträger, davon soundsoviel und auf Kosten der anderen soundsoviel verkaufen zu müssen. Sie
bekamen dann aber Probleme mit der Krise, die sie ausgelöst hatten und die sie auch nicht erwartet hatten. Sie dachten, schon das Wunder eines wachsenden, wachsenden und immer weiter wachsenden Kapitalismus gefunden zu haben, in dem es keine einzige Krise mehr geben würde.... Zum Glück ist ihnen das nicht vor zweitausend oder dreitausend Jahren in den Sinn gekommen! Wir haben Glück gehabt, daß es so lange gedauert hat, bis Kolumbus diesen Kontinent entdeckte (Lachen), und man bestätigte, daß die Erde rund ist. Zudem verzögerten sich noch andere wirtschaftliche, gesellschaftliche und wissenschaftliche Fortschritte, auf die dieses System wurzeln konnte, das gerade untrennbar mit Krisen einhergeht, weil es anderenfalls vielleicht keine Menschen mehr auf diesem Planeten geben würde. Es wäre möglich, daß dann überhaupt nichts mehr existieren würde. Die von Long-Term, wie man sie umgangssprachlich nennt, haben sich geirrt und haben Verluste gemacht. Eigentlich schon mehr eine Katastrophe. Um die Krise zu meistern, mußten sie gegen alle ethischen, moralischen und finanziellen Regeln verstoßen, die die USA der Welt aufgezwungen hat und der Präsident der Federal Reserve Bank mußte vor dem Senat erklären, daß es unweigerlich zu einer wirtschaftlichen Katastrophe in den Vereingten Staaten und dem Rest der Welt kommen würde, wenn man diesen Fonds nicht retten würde. Eine andere Frage: Was ist das für eine Wirtschaft, die heute die Vorherrschaft ausübt und in der drei oder vier Multimillionäre - und nicht einmal die großen wie Bill Gates oder andere ähnliche Männer - nein, Bill Gates besitzt etwa fünfzehn Mal mehr das Startkapital von Long-Term, mit dem diese Gesellschaft enorme Summen der Sparer bewegt hat und ihr dabei Kredite von mehr als 50 Banken eingeräumt wurden - eine Wirtschaftskatastrophe in den Vereinigten Staaten und im Rest der Welt verursachen können? Ja, Ja, die Weltwirtschaft wäre zusammengestürzt, wenn man sie nicht gerettet hätte - das hat einer der kompetentesten und intelligentesten Männer gesagt, die die USA haben, der Präsident der Federal Reserve Bank. Dieser vornehme Mann weiß mehr als nur vier Sachen, er verrät sie nur nicht alle, weil das Teil der Methode ist, bei der es absolut keine Transparenz gibt und immer dann, wenn Panik ausbricht, große Mengen von Beruhigungsmitteln sowie süße und aufbauende Worte verschrieben werden: "Alles ist in Ordnung, der Wirtschaft geht es ausgezeichnet", etc. Das ist die Technik, die allseits anerkannt ist und stets angewandt wird. Aber der Präsident der Federal Reserve Bank mußte vor dem Senat der Vereinigten Staaten zugeben, daß es zu einer Katastrophe kommen würde, wenn man nicht das gemächt hätte, was gemacht wurde. Das sind die Grundlagen der neoliberalen Globalisierung. Zählt eine weniger, ihr könnt auch noch 20 mehr von ihrem schwachen Gerüst abziehen, keine Sorge. Was sie geschaffen haben, ist untragbar! Aber sie haben damit viele Menschen in vielen Teilen der Welt in Not gebracht, sie haben mit den Formeln des Internationalen Währungsfonds ganze Nationen ruiniert und ruinieren immer mehr Staaten. Sie können den Ruin dieser Staaten nicht vermeiden, sie treiben weiterhin ihre Verrücktheiten. An den Börsen haben sie den Wert der Aktien in die Höhe getrieben und treiben ihn weiterhin bis ins Unendliche in die Höhe. An den Wertbörsen der Vereingten Staaten haben die US-amerikanischen Familien mehr als ein Drittel ihrer Ersparnisse und 50% der Pensionsfonds in Aktien angelegt. Stellt euch nur einmal eine Katastrophe wie die von 1929 vor, als nur 5% ihre Ersparnisse in Börsenpapieren angelegt hatten. Sie machen heute einen großen Schrecken durch, sie laufen wild umher, so wie nach der Krise letzten August in Rußland, dessen Anteil am weltweiten Bruttoinlandsprodukt nur 2% ausmacht, die aber den Dow-Jones-Index, den Star-Index an der New Yorker Börse, an einem Tag um 500 Punkte fallen ließ. Um 512 Punkte, um genau zu sein. Daraufhin gab es dann ein hektisches Durcheinander. Was wir mit Sicherheit von den Führungskräften dieses herrschenden Systems sagen können, ist, daß sie den ganzen Tag über auf der ganzen Welt zwischen Banken und Instituten hin und her eilen (Lachen). Als sie sahen, was in Rußland geschah, kam es zu einer wahren Laufolympiade. Sie trafen sich beim Rat des
Außenministeriums in New York; Clinton hielt eine Rede, in der er behauptete, daß die Gefahr nicht in einer Inflation läge, sondern in einer Rezession und so haben sie in wenigen Tagen, praktisch in einigen Stunden, eine 180-Grad-Drehung vollzogen und den Zinssatz gesenkt, anstatt ihn, wie geplant, heraufzusetzen. Sie haben am 5. und 6. Oktober vergangenen Jahres sämtliche Direktoren von Zentralbanken in Washington zusammengerufen, Reden gehalten, ich weiß nicht wieviel Kritik am Internationalen Währungsfonds geübt und vermeintliche Maßnahmen getroffen, um zu sehen, wie sie die Gefahr bannen konnten. Einige Tage später rief die Regierung der Vereinigten Staaten die G-7-Gruppe zusammen, die entschied, 90 Milliarden Dollar dazu beizutragen, damit sich die Krise nicht auf Brasilien und über Brasilien auf ganz Südamerika ausbreiten sollte. Sie versuchten damit zu vermeiden, daß das Feuer die eigenen superaufgeblähten Börsen der Vereinigten Staaten erreichte, da es nur einer Nadel, eines kleinen Löchleins bedarf, damit der Ballon in sich zusammenfällt. Da seht ihr die Risiken der neoliberalen Globalisierung. All das haben sie gemacht und als sogar einige von uns dachten, wie ich selbst auch, - ich brachte dies zum Ausdruck -: "Sie besitzen die Mittel und die Einflußmöglichkeiten, um die große Krise noch ein wenig aufzuschieben" -, ja, aufzuschieben, nicht aber, um sie letztlich zu vermeiden, so dachte ich über das Problem nach und ich sagte mir: Es scheint so, als hätten sie es mit all den getroffenen oder aufgezwungenen Maßnahmen geschafft: das Senken des Zinssatzes, die 90 Milliarden zur Unterstützung des Fonds, der über keine Fonds mehr verfügte (Lachen), die Schritte Japans zur Bekämpfung der Bankenkrise, die Verlautbarung Brasiliens, starke wirtschaftliche Maßnahmen zu treffen, die gelegene Mitteilung, daß die US-Wirtschaft im dritten Quartal mehr als erwartet gewachsen ist. Es schien so, als ob sie die Sache aufhalten könnten. Und jetzt, vor einigen Tagen erst, sind wir alle wieder überrascht von den Nachrichten aus Brasilien über die wirtschaftliche Lage, die eingetreten ist, was uns aus Gründen, die mit dieser Frage zu tun haben, wirklich sehr schmerzt, denn im Hinblick auf die notwendigen Anstrengungen unserer Völker, um Kräfte zu vereinen und den harten Kampf aufzunehmen, der uns erwartet, wäre eine vernichtende Krise in Brasilien für Lateinamerika äußerst negativ. Trotz aller Maßnahmen, die sie eingeleitet haben, sehen sich die Brasilianer zur Zeit einer schwierigen wirtschaftlichen Lage gegenüber, wobei die Vereinigten Staaten und die internationalen Finanzorganisationen einen Großteil ihrer Munition verschossen hatten und mit ihrem Latein fast am Ende waren. Jetzt, wo die ersten Monate nach dem großen Schrecken vorüber sind, fordern sie neue Bedingungen und scheinen dem Schicksal Brasiliens noch gleichgültiger gegenüberzustehen. Rußland wollen sie weiterhin am Rande des Abgrundes halten. Es ist kein kleines Land, es ist das flächenmäßig größte Land der Welt und es leben dort 146 Millionen Menschen, es gibt Tausende von Atomwaffen und eine gesellschaftliche Krise, ein innerer Konflikt oder irgend etwas anderes kann schreckliche Schäden anrichten. Diese Herren, die die Weltwirtschaft lenken, sind so verrückt und so verantwortungslos, daß es ihnen, nachdem sie das Land mit ihren Rezepten ruiniert haben, nicht einmal in den Sinn kommt, ein wenig von diesen Papieren, die sie gedruckt haben - das nämlich sind letzenendes die Schatzanweisungen, wenn die erschreckten Spekulanten sich vor jedem etwaigen Risiko schützen, indem sie Schatzanweisungen der Vereinigten Staaten kaufen -, es ihnen nicht in den Sinn kommt, ein wenig der 90 Milliarden Unterstützung für den Fonds dafür zu verwenden, um eine wirtschaftliche und politische Katastrophe in Rußland zu vermeiden. Dazu fällt ihnen nur ein, ihnen eine Menge von Bedingungen zu stellen, die sie unmöglich anwenden können. So verlangen sie von ihnen Haushaltskürzungen, die jetzt bereits unterhalb der Mindestgrenze liegen. Sie verlangen eine freie Konvertierbarkeit, die unverzügliche Begleichung riesiger Schulden, d.h. all jene Maßnahmen, die sämtliche Reserven aufbrauchen, über die ein Land verfügen kann. Sie überlegen nicht, sie haben nichts dazu gelernt. Sie wollen Rußland einer prekären Situation am Rande des Abgrundes überlassen,
humanitäre Hilfe leisten, Konditionen verlangen und schaffen letztlich wirklich ernsthafte Probleme. Weder das Problem Rußlands ist gelöst - ein Land, das sie durch ihre Berater und ihre Formeln ruiniert haben -, noch haben sie das Brasiliens gelöst - ein Problem, an dessen Lösung sie sehr wohl interessiert waren, weil es sie selbst hätte treffen können. Mir schien es z.B., daß Brasilien der letzte Schützengraben war, der vor den Börsen der Vereinigten Staaten lag. Sie haben einen großen Schrecken davongetragen. Durch einige der getroffenen Maßnahmen haben sie die Börsen etwas stabilisiert. Erneut ging das An- und Verkaufen von Aktien los und erneut bestreiten sie einen Wettlauf in sphärische Höhen und schaffen dadurch die Bedingungen für eine größere und relativ baldige Krise. Man weiß nicht, welche Folgen sie für die Wirtschaft und die Gesellschaft der Vereinigten Staaten haben wird. Es ist unmöglich, sich vorzustellen, was passieren würde, wenn es dort zu einer Krise wie 1929 kommen würde. Sie glauben, daß sie die Risiken einer Krise wie die von 1929 aus dem Weg geräumt haben, es zeigt sich aber, daß nichts aus dem Weg geräumt ist. Sie haben nicht einmal die Brasilienkrise vermeiden können und können foglich dem gesamten Integrationsprozeß Südamerikas Schaden zufügen, dem gesamten lateinamerikanischen Integrationsprozeß sowie den Interessen all unserer Länder. Daher sprach ich auch von der soeben erhaltenen schlechten Nachricht. Aber für alles gibt es einen Grund, eine Erklärung und wenn man nur genau darauf achtet, was sie denken, was sie sagen, was sie machen, schafft man es, zu erraten, was sie wirklich im Schilde führen. Das Wichtigste ist, daß man diesen Leuten nicht abnimmt, was sie erzählen, sondern ausgehend von dem, was sie sagen, versucht in ihren Kopf vorzudringen - mit dem geringstmöglichen Trauma, die Armen, um ihnen keinen Schaden zuzufügen (Lachen) -, um zu erfahren was sie denken, zu wissen, was sie nicht gesagt haben und warum sie es nicht gesagt haben. So verhalten sie sich. Daher ist es wirklich äußerst interessant, bietet uns eine bereichernde Reflexion und eine Bestätigung unserer Überzeugungen in diesen Tagen der Ungewißheit, von der ich sprach, der Verbitterung, des Glaubensverlustes nicht weniger Menschen mit progressiven Ideen, zu sehen, wie jetzt viele Wahrheiten deutlich werden, viele Leute allmählich tiefer nachdenken und jene, die sich mit dem Ende der Geschichte und dem endgültigen Sieg ihrer anachronistischen und egoistischen Konzepte brüsteten, heute auf dem absteigenden Ast und offenkundig demoralisiert sind. Diese acht Jahre - sagen wir von 1991 an, d.h. seit dem Zusammenbruch der UdSSR bis heute - waren für uns in jedem Sinne harte Jahre. Aber auch im diesem Sinne, in bezug auf Ideale, Konzepte. Und jetzt sehen wir, wie die Supermächtigen, die glaubten, ein tausendjähriges System, ja sogar Imperium geschaffen zu haben, zu bemerken beginnen, wie das Fundament dieses Imperiums und dieses Systems, dieser Ordnung, bröckelt. Was hat uns dieser globale Kapitalismus oder diese neoliberale kapitalistische Globalisierung gebracht? Nicht nur ausgehend von diesem uns bekannten, sondern angefangen von der Wurzel selbst. Jener Kapitalismus, aus dem der zur Zeit beherrschende hervorging, der gestern noch progressiv und heute reaktionär und untragbar ist. Was hat er uns im Laufe eines Prozesses gebracht, den viele von euch, die Historiker und selbst diejenigen, die keine sind, wie etwa die Studenten der Wirtschaftswissenschaften, kennen müßten: Ein Prozess mit einer 250 bis 300jährige Geschichte, deren grundlegender Theoretiker, Adam Smith, im Jahre 1776 - im selben Jahr der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten - sein allseits bekanntes Buch veröffentlichte. Zweifellos ein großes Talent, ein großer Intellektueller; ich glaube nicht ein großer Sünder, ein Schuldiger, ein Gauner. Er war Gelehrter jenes Wirtschaftssystems, das in Europa entstand und gerade in voller Blüte stand. Er dachte nach, forschte und legte das theoretische Fundament des Kapitalismus - des Kapitalismus jener Zeit, denn den von heute hätte sich Adam Smith nicht einmal erträumen können.
In jener Zeit der winzigen Werkstätten und kleinen Fabriken, ging er davon aus, daß die Hauptmotivation für die wirtschaftliche Aktivität aus dem individuellen Interesse entspringe, und daß das private Verfolgen dieses Ziels im Wettbewerb der größte Quell des öffentlichen Wohlstands sei. Es bedurfte nicht der Menschenfreundlichkeit des Menschen, sondern der Liebe zu sich selbst. Das Eigentum und das private Unternehmen war die einzige kompatible Form mit jener Welt der Kleinindustrien, die Adam Smith kannte. Er erlebte nicht einmal mehr die großen Fabriken und die eindrucksvollen Arbeitermassen, die noch gegen Ende des 18. Jahrhunderts auftauchten. Umso weniger noch konnte er sich die riesigen modernen Kapitalgesellschaften und transnationalen Unternehmen mit Millionen von Aktien vorstellen, deren Verwalter professionelle Manager sind, die nichts mit dem Eigentum derselben zu tun haben und deren Arbeit sich darauf beschränkt, ab und an den Aktionären einen Rechenschaftsbericht zu liefern. Sie sind diejenigen, die entscheiden, welche Dividenden ausgezahlt werden, wieviel und wo investiert wird. Diese Form des Eigentums, der Führung und des Anteils an den Reichtümern hat nichts zu tun mit der Welt, die er kannte. Das System aber entwickelte sich weiter und nahm einen beachtlichen Aufschwung mit der industriellen Revolution in England. Die Arbeiterklasse entstand und es kam jemand auf, der meiner Meinung nach in jeglichem Hinblick auf wirtschaftlichem und politischem Gebiet der größte Denker war - Karl Marx. Niemand lernte sogar mehr über die Gesetzmäßigkeiten und die Prinzipien des kapitalistischen Systems als Marx. Geängstigt von der aktuellen Krise lesen nicht wenige Mitglieder der kapitalistischen Elite Marx, weil sie bei ihm Diagnosen und mögliche Heilmittel für die Übel von heute suchen. Mit ihm war das sozialistische Konzept als Gegenentwurf des Kapitalismus entstanden. Der Kampf zwischen diesen Ideen, die beide Denker symbolisierten, hat lange Zeit angedauert und dauert noch immer an. Der ursprüngliche Kapitalismus hat sich unter den Prinzipien seines berühmtesten Theoretikers weiterentwickelt - wir könnten sagen bis zum Ersten Weltkrieg. Es gab bereits vor dem Ersten Weltkrieg ein gewisses Niveau der Globalisierung. Es gab im internationalen Währungssystem den Goldstandard. Danch kam die große Krise von 1929 mit der großen Rezession, die mehr als 10 Jahre dauerte. Mit großer Kraft trat dann als einer der vier Grundpfeiler des Wirtschaftsdenkens der letzten drei Jahrhunderte, mit seiner enormen politischen Bedeutung, ein anderer Denker auf, der den unauslöschlichen Stempel seiner Vordenker trug - John Maynard Keynes. Für seine Zeit besaß er fortschrittliche Ideen - nicht so wie die von Marx, ganz und gar nicht, wenn er Marx gegenüber auch einen ziemlichen Respekt zollte und mit ihm in einigen Punkten übereinstimmte. Er sollte die Formel ausarbeiten, die die Vereinigten Staaten aus der großen Depression führte. Nicht er allein natürlich. Es gab eine Gruppe von Akademikern, die mit ihm übereinstimmten oder doch ziemlich von ihm beeinflußt waren. In jener Zeit gab es kaum Ökonomen, auch wurde ihnen nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt - ich weiß nicht, ob das nun gut oder schlecht war, das hängt vom Standpunkt ab (Lachen). Aber es kamen bereits gut ausgebildete Gruppen auf, die über viele statistische Informationen verfügten und große Untersuchungen durchführten. Während der Regierungszeit von Roosevelt waren viele von ihnen in einem Land, das ausgezehrt war und Angst hatte vor einer endlosen Rezession. Herausragende Mitglieder des Kabinetts oder anderer Institutionen und die Theorien von Keynes halfen, den Kapitalismus aus seiner bis dahin schwersten Krise zu führen. Der Goldstandard wurde zeitweilig ausgesetzt und später durch Roosevelt, wenn ich mich recht erinnere, 1934 wieder eingeführt. Ich weiß, daß er bis 1971 beibehalten wurde. Ich glaube, er hat ohne Unterbrechungen 37 Jahre lang gegolten, bis Herr Nixon kam und uns das große Imperium allesamt betrog (Lachen). Ihr fragt euch vielleicht zu Recht, warum ich euch davon erzähle. Ich habe diese Persönlichkeiten erwähnt - wenn mir auch noch die vierte fehlt -, weil es für uns sehr wichtig ist, zu versuchen, gut die Geschichte des Systems kennenzulernen, das in
diesem Augenblick die Welt regiert mitsamt seiner Anatomie, seinen Prinzipien, seiner Entstehungsgeschichte und seinen Erfahrungen, um vollends zu begreifen, daß jene Kreatur, die vor rund drei Jahrhunderten zur Welt kam, in seinen Endzügen liegt (Beifall). Es ist gut, sie zu kennen und man muß sich beinahe beeilen, die Autopsie durchzuführen, bevor sie vollends dahingeschieden ist, falls mit ihr zusammen auch viele von uns sterben werden oder falls es mit dem Sterben etwas länger als erwartet dauert, wir alle verschwinden (Lachen und Beifall). Ich sprach von dem Goldstandard, weil er in bezug auf die Probleme, mit denen wir es heute zu tun haben, eine sehr wichtige Rolle gespielt hat. Gleich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges versuchte man eine Institution zu schaffen, die den Welthandel regulieren und antreiben sollte. Die wirtschaftliche Lage war als Folge des langen, zerstörerischen und blutigen Krieges wirklich verheerend. So kam es zu dem berühmten und bekannten Abkommen von Bretton Woods, das von einigen Ländern - unter ihnen die einflußreichsten und reichsten - ausgearbeitet wurde. Das reichste von allen waren bereits die Vereinigten Staaten, die zu dieser Zeit 80% des auf der Welt existierenden Goldes besaßen. Sie schufen eine Währung mit einem festen Wechselkurs auf der Grundlage des Goldes, den sogenannten GoldDollar-Standard, wie man sagen könnte, weil das Gold mit der US-Währung verbunden wurde, die daraufhin zur internationalen Reservewährung wurde. Das verlieh den Vereinigten Staaten eine enorme Machtfülle und ein besonderes Privileg, das sie bis jetzt für ihre eigenen Interessen genutzt haben. Es gab ihnen die Macht, die Weltwirtschaft zu steuern, Regeln einzuführen und den Internationalen Währungsfonds zu beherrschen, wo es 85% aller Stimmen bedarf, um einen Beschluß zu fassen, sie aber mit 17,5% jede Entscheidung dieser Institution blockieren können und daher den Währungsfonds dominieren, ja praktisch sein Besitzer sind. Sie haben das letzte Wort und haben es geschafft, die Weltwirtschaftsordnung durchzusetzen, unter der wir zu leiden haben. Vorher bediente sich Nixon jedoch eines Tricks: Anfänglich besaßen sie 30 Milliarden Dollar in Gold, dessen Preis sie mittels einer strikten Marktkontrolle bei 35 Dollar pro sogenannter Troy-Unze stabil hielten. Bald darauf begannen sie ohne zusätzliche Steuereinnahmen Ausgaben zu tätigen, Kriege zu führen ohne Steuereinnahmen. Bei dem Abentuer in Vietnam gaben sie mehr als 500 Milliarden Dollar aus und es ging ihnen das Gold aus. Es blieben ihnen noch 10 Milliarden und es wäre ihnen auch das noch ausgegangen, wenn sie so weitergemacht hätten. Bei einer Rede - ich glaube es war der 17. August 1971 - erklärte er dann öffentlich, daß er die Konversion der US-Währung in Gold aufhebe. Sie hielten, wie ich bereits sagte, mittels einer strengen Marktkontrolle den Goldpreis immer gleich - die bereits erwähnten 35 Dollar pro Unze. Gab es ein übergroßes Goldangebot kauften sie. Letztlich kostete es sie ja auch nichts, sie lieferten jene Scheine ab und nahmen das Gold, um zu vermeiden, daß der Preis fiel. Gab es eine übergroße Goldnachfrage, die drohte, den Preis in die Höhe zu treiben, machten sie das Gegenteil, sie verkauften Gold aus ihren großen Reserven, um es billiger zu machen. Viele Länder stützten ihre Währungen mit Gold- oder US-Dollarreserven. Es gab zumindest ein relativ stabiles Währungssystem für den Handelsaustausch. Von dem Augenblick an, als Nixon alle Welt betrog - jeden, der einen solchen Geldschein besaß, und es gab Hunderte Milliarden auf der ganzen Welt als Reserven in den Zentralbanken -, sagt er allen, daß sie kein Recht mehr besäßen, in echtem Gold den Gegenwert ausbezahlt zu bekommen, den jeder US-Geldschein besaß. Das geschah einseitig per Präsidentendekret oder ich weiß nicht durch welchen Rechtserlaß auch immer. Es war nicht einmal eine Entscheidung des Kongresses. Auf diese Weise hob er die heiligste, mittels eines internationalen Abkommens eingegangene, Verpflichtung auf. Das Gold haben sie behalten. Danach zog der Preis an. Das Gold, das sie noch über einen Wert von 10 Milliarden Dollar besaßen, war letztlich viel mehr wert als die 30 Milliarden, die sie anfangs in echtem Gold besaßen. Außerdem behielten sie sämtliche Privilegien des Systems, dem Wert ihrer Schatzanweisungen, ihrer
Geldscheine, die gezwungenermaßen auch weiterhin die Reservewährung der Zentralbanken verschiedener Länder war, die ihre gesamten Ausfuhren für den Erwerb der Scheine aufbringen mußten, wohingegen die Vereinigten Staaten sie nur drucken mußten. So erlangten sie eine noch größere wirtschaftliche Macht. Im Gegenzug begannen sie, die Welt zu destabilsieren. Wie? Die anderen Währungen begannen zu schwanken, ihr Wert änderte sich ständig, es kam zu Währungsspekulationen, Spekulationsgeschäften mit dem An- und Verkauf von Währungen, die heute bereits kolossale Ausmaße angenommen haben und auf dem ständigen Schwanken ihres Wertes basieren. Es war ein neues Phänomen entstanden, das nicht mehr aufzuhalten ist. Die Währungsspekulation, die erst vor 14 Jahren pro Jahr 150 Milliarden Dollar ausmachte, bewegt heute eine Geldmenge von einer Million Millionen täglich. Ihr merkt, daß ich extra nicht das Wort Billion benutze, weil es zwischen Billion im Englischen und im Spanischen ständig zu Verwechslungen kommt (Lachen). Die erste entspricht einer Milliarde, die zweite einer Million Millionen. Diese Zahl nennt man in den Vereinigten Staaten Trillion. Im Spanischen gibt es seit kurzem auch das Wort Milliarde, dem auch 1.000 Millionen entsprechen, um zu versuchen, sich in diesem wahrhaften babylonischen Turm aus Zahlen und Nummern zu verstehen, der zu zahlreichen Verwechslungen sowie Übersetzungs- und Verständnisfehlern führt. Ich sagte, was ich noch einmal wiederhole, damit es klar wird, daß die Währungsspekulation schon mehr als eine Billion Dollar pro Tag bewegt. In 14 Jahren hat ihr Volumen zweitausend Mal zugenommen. Der Grund dafür liegt in dieser Maßnahme, die die Vereinigten Staaten 1971 trafen, die allen Währungen innerhalb gewisser Grenzen oder völlig frei Schwankungen unterwarf. Daher haben wir es jetzt innerhalb des Kapitalismus mit diesem neuen Phänomen zu tun, das Adam Smith nicht einmal in seinen schrecklichsten Alpträumen in den Sinn gekommen wäre, (Lachen), als er sein Buch über den Reichtum der Nationen schrieb. Daneben kam es zu anderen, neuen und unkontrollierbaren Phänomenen - eines sprach ich bereits an - die Einlösungsfonds. Jawohl, davon gibt es Hunderte oder Tausende. Rechnet einmal aus, was dort vor sich gehen muß und denkt daran, was es bedeutet, wenn der Präsident der Reservebank der Vereinigten Staaten gesagt hat, daß einer davon zu einer Wirtschaftskatastrophe in den Vereingten Staaten und der Welt geführt haben könnte. Er muß die Realität schließlich genau kennen. Man ahnt es aufgrund von bestimmten Artikeln einiger konservativer Zeitschriften, weil sie Bescheid wissen und manchmal etwas sagen müssen, um ihre Argumentation zu stützen. Sie versuchen jedoch äußerst diskret zu sein. Trotzdem gibt es nicht mehr so viele dumme Leute auf der Welt (Lachen) und es nicht schwer zu erahnen, was sie nicht mitteilen wollten. Es gibt einen interessanten Satz aus einer sehr bekannten britischen Zeitschrift, in dem die Maßnahme Greenspans in bezug auf den berühmten Fonds kritisiert wird. Es heißt dort ungefähr so: Greenspan verfügte vielleicht über Zusatzinformationen. Es war tatsächlich ein Satz, an den ich mich jetzt nicht genau erinnern kann, er war noch subtiler, aber in dieser Zeitschrift, die keine Dinge erfindet und sich sehr gut auskennt, konnte man erfahren, daß er mehr wußte, als er sagte, und wenn sie auch nicht seine Entscheidung teilte, wußte sie gut, warum der Präsident der Federal Reserve sagte: "Man muß diesen Fonds retten". Es steht außer Zweifel, daß sowohl die Zeitschrift als auch Greenspan wußten, weshalb er dachte, daß es zu einer Kettenreaktion von Bankrotten wichtiger Banken in strategischen Zentren kommen könnte. Die vierte Persönlichkeit, die eine unverwechselbare Spur in der jüngsten Geschichte der Entwicklung des kapitalistischen ökonomischen Denkens hinterlassen hat, ist Milton Friedman - Vater des strikten Monetarismus, der heute in vielen Ländern der Erde angewandt wird, und den der Internationale Währungsfonds auf besondere Weise als letztes Mittel gegen das Phänomen der Inflation verteidigt, die nach Keynes mit außergewöhnlicher Kraft erneut auftauchte.
Heute gibt es alles: Depression in einigen Ländern, Inflation in anderen, Rezepte und Maßnahmen, die Regierungen destabilisieren. Jeder auf der Welt begreift bereits, daß der Internationale Währungsfonds jedes Land, das er unterstützt, jedes Land, das er vorgibt zu unterstützen, wirtschaftlich ruiniert und politisch destabilisiert. Niemals ist es deutlicher geworden, daß die Unterstützung des Internationalen Währungsfonds ein Kuß des Teufels ist (Beifall). Erlaubt mir, auf einige Tatsachen hinzuweisen, die ihr euch merken solltet und die folgende Frage zu beantworten, die ich mir stellte, als ich sagte: Was hat uns der Kapitalismus und die neoliberale Globalisierung gebracht? Nach 300 Jahren Kapitalismus gibt es auf der Welt 800 Millionen Hungerleidende - jetzt, in diesem Augenblick, 1 Milliarde Analphabeten, 4 Milliarden Arme, 250 Millionen Kinder, die einer regelmäßigen Arbeit nachgehen, 130 Millionen Menschen ohne Zugang zur Bildung, 100 Millionen, die auf der Straße leben, 11 Millionen Kinder unter fünf Jahren, die jährlich an Unterernährung, Armut und Krankheiten sterben, die vermeidbar oder heilbar sind. Der Unterschied zwischen Reichen und Armen wird innerhalb der einzelnen Länder und zwischen den verschiedenen Ländern immer größer. Die Natur wird erbarmungslos auf beinahe unumkehrbare Weise zerstört, nicht nachwachsende Naturresourcen werden in zunehmenden Maße verschwendet und aufgebraucht. Die Luft wird verschmutzt, das Grundwasser, die Flüsse, die Meere. Es kommt zu Klimaänderungen mit unvorhersehbaren und bereits sichtbaren Folgen. Im letzten Jahrhundert verschwanden mehr als 1 Milliarde Hektar Urwald und eine ähnlich große Fläche hat sich in Wüsten oder nutzlose Fläche verwandelt. Vor 30 Jahren sprach fast niemand dieses Thema an. Heute ist es zu einer lebenswichtigen Fragestellung für das Menschengeschlecht geworden. Ich will nicht noch mehr Zahlen nennen. Ich glaube, daß diese Daten ausreichen, um ein System zu beurteilen, das die Führungsrolle anstrebt, um ihm 100 Punkte, 90, 80, 50, 25 oder vielleicht weniger als 25 zu geben. Alles kann man auf sehr einfache Art beweisen. Die verheerenden Ergebnisse dieses Systems können als offenkundige Wahrheiten begriffen werden. Angesichts dessen fragen sich viele, was zu tun ist. Nun gut, die Europäer haben ihr Rezept erfunden und sind jetzt dabei, sich zu vereinigen. Sie haben von einer gemeinsamen Währung gesprochen, sie haben sie beschlossen und sie kommt jetzt bereits zur Anwendung. Sie genießen dabei große Sympathie seitens der Vereinigten Staaten, wie es die Sprecher dieses Landes erklärt haben, die genauso groß wie heuchlerisch sind (Lachen), weil wir doch alle wissen, daß sie am liebsten hätten, daß der Euro komplett baden geht. Währenddessen behaupten sie: "Eine großartige Sache, der Euro ist sehr gut, eine ausgezeichnete Idee". Nun gut, das ist Europa - reich, entwickelt und mit einem jährlichen Brutto-Pro-Kopf-Einkommen, das in einigen Ländern bei 20.000 Dollar liegt und in anderen 25.000 oder 30.000 erreicht. Vergleicht sie dazu nur einmal mit Ländern unserer Welt, die es auf 500, 600 oder 1.000 bringen. Was sollen wir tun? Das ist eine Frage, die wir uns innerhalb dieses Szenarios stellen müssen in einem Augenblick, in dem sie uns verschlingen wollen. Es sollte keiner Zweifel daran haben, daß sie uns verschlingen wollen, und wir dürfen nicht auf ein weiteres Wunder hoffen, so wie jenes, als man einen Propheten aus dem Bauch eines Wals geholt hat (Lachen), weil der Wal an unserer Seite uns nämlich auch vollständig in aller Schnelle verdauen wird, wenn er uns erst einmal verschluckt hat. Ja, das ist unser Kontinent und wir reden hier in keinem bedeutenderen Land als Venezuela - in dem ruhmreichen Land, in dem Bolívar geboren wurde, in dem Bolívar träumte (Beifall) von der Einheit unserer Länder, die er ersann und an der er arbeitete, zu einer Zeit, als ein Pferd drei Monate brauchte, um von Caracas nach Lima zu kommen. Damals gab es keine Handys, keine Flugzeuge, keine Landstraßen, keine Computer - nichts von alledem. Und trotzdem nahm er bereits die Gefahr wahr, die von jenen Kolonien ausgehen könnnte, die gerade erst dort im fernen Norden ihre Unabhängigkeit erlangt hatten. Er sah dies voraus, er war ein
Prophet. "Die Vereinigten Staaten scheinen von der Vorsehung dazu bestimmt zu sein, Amerika mit Unglück im Namen der Freiheit zu überziehen", wie er einmal sagte. Er verbreitete die Idee der Einheit unserer Völker und kämpfte dafür bis zu seinem Tod. Was damals ein Traum war ist heute von vitaler Notwendigkeit (Beifall). Welche Lösungen kann es unserer Meinung nach geben? Sie sind schwierig, sehr schwierig. Die Europäer haben, wie ich bereits sagte, ihren Weg entworfen und befinden sich in starker Konkurrenz zu unserem Nachbarn im Norden. Das ist glasklar - eine sehr starke und wachsende Konkurrenz. Die Vereinigten Staaten wollen nicht, daß irgendjemand ihre Interessen stört in diesem Kontinent, den sie als den ihren betrachten. Sie wollen absolut alles für sich. China bildet auf der anderen Seite im Fernen Osten eine riesige Nation. Japan ist ein mächtiger Industriestaat. Da ich denke, daß die Globalisierung ein unumkehrbarer Prozeß ist, und daß das Problem nicht bei der Globalisierung liegt, sondern bei dem Typ von Globalisierung, scheint es mir, daß es auf diesem schwierigen und harten Weg, für den die Völker von meinem Standpunkt aus gesehen wirklich nicht viel Zeit haben, zu Vereinigungen, Beschlüssen, regionalen Integrationen kommen muß und die Lateinamerikaner sind beinahe diejenigen, die sich am meisten beeilen müssen bei dem Kampf um die Integration. Aber nicht nur um die Integration Lateinamerikas, sondern die Integration von Lateinamerika und der Karibik (Beifall). Da sind unsere anglophonen Brüder der Karibik, die winzigen Länder des CARICOM, die gerade einmal seit ein paar Jahren unabhängig sind und sich mit beeindruckender Würde verhalten haben. Das sage ich wegen des Verhaltens gegenüber Kuba. Als alle in Lateinamerika auf Druck der Vereinigten Staaten die Beziehungen zu uns unterbrachen, alle mit Ausnahme von Mexiko, waren es die Karibikstaaten, die nach einigen Jahren zusammen mit Torrijos die Bresche schlugen und dafür kämpften, die Isolierung Kubas aufzubrechen bis zum heutigen Tag, wo Kuba bereits zu der großen Mehrheit der lateinamerikanischen und karibischen Ländern Beziehungen unterhält (Beifall). Wir kennen sie und schätzen sie, sie dürfen nicht in Vergessenheit geraten, sie dürfen nicht in den Händen der Welthandelsorganisation mit seinen Beschlüssen zurückbleiben. Sie dürfen nicht den transnationalen US-Bananenunternehmen ausgeliefert werden, die versuchen, ihnen die kleinen Präferenzen zu entreißen, die sie so sehr brauchen. Diese Welt kann man nicht in Ordnung bringen, in dem man alles platt macht - das ist die Yankee-Methode, alles mit der Wurzel auszureißen. Mehrere dieser Länder leben von ihren Pflanzungen, sie produzieren nur 1% der Bananen, die gehandelt werden, maximal 2%. Das ist nichts. Und die Regierung der Vereinigten Staaten hat zum Schutz eines transnationalen US-Unternehmens, das Pflanzungen in Mittelamerika besitzt, Beschwerde vor der Welthandelsorganisation eingereicht und obendrein auch noch gewonnen. Jetzt sind die Karibikländer sehr besorgt, weil man ihnen auf diesem Weg die Präferenzen wegnimmt und weil man versucht, das Lomé-Abkommen auszuhebeln, kraft dessen sie als ehemalige Kolonien und Länder, die verzweifelt Mittel zur Entwicklung benötigen, einige minimale Präferenzen genießen, und es ungerecht wäre, sie ihnen wegzunehmen. Man kann nicht alle Länder mit sehr verschiedenen Entwicklungsniveaus gleich behandeln. Man kann die Ungleichheiten nicht leugnen. Es gibt kein einheitliches Rezept für alle. Man kann nicht einen einzigen Weg aufzwingen. Und Formeln zur Regulierung und Entwicklung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen taugen nichts, wenn sie ausschließlich den Reichsten und Mächtigsten dienen. Sowohl der Währungsfonds als auch die Welthandelsorganisation wollen alles niedermachen. Die OECD, ein exklusiver Club der Reichen, war dabei, praktisch insgeheim ein multilaterales Abkommen über supranationale Investitionen auszuarbeiten, um Gesetze bezüglich ausländischer Investitionen zu schaffen - sagen wir eine Art Helms-Burton-Gesetz auf Weltebene. Klammheimlich hatten sie es schon fast vollständig ausgearbeitet, bis sich eine nicht-regierungsgebundene Organisation eine Kopie des Projekts besorgte, sie ins Internet stellte und somit aller Welt zugänglich machte. Es kam daraufhin zu einem Skandal in Frankreich, das das
Abkommensprojekt ablehnte, sie lehnten jenes Abkommen ab - offensichtlich hatten sie dem, was in der OECD zusammengebräut wurde, nicht viel Beachtung geschenkt. Ich glaube, daß später die Australier dasselbe gemacht haben und das Projekt, das so geheim ausgearbeitet worden war, wurde verrissen. Auf diese Weise planen sie und arbeiten bedeutende und entscheidende internationale Abkommen aus. Anschließend legen sie es auf den Tisch, damit wer will es unterschreiben kann und wer dies nicht will, weiß dann, was ihm blüht (Lachen). Sie haben kein Wort mit den Ländern diskutiert, die so unumgängliche Vorschriften anwenden mußten. So werden wir behandelt. So wird mit den vitalsten Interessen unserer Völker umgegangen. Sie werden damit weitermachen. Wir werden die Augen weit offen halten müssen und vor diesen Institutionen stets auf der Hut sein. Man muß festhalten, daß die große Falle, die sie uns stellen wollten, für den Moment verhindert wurde. Aber sie werden auch weiterhin Dinge erfinden, die unsere Lebensbedingungen noch schwieriger gestalten werden. Es ging nicht mehr nur darum, uns gegeneinander konkurrieren zu lassen, weshalb alle verzweifelte Konzessionen auf allen Gebieten eingeräumt hatten. Mit dem multilateralen Investitionsabkommen beabsichtigte man, zu den Bedingungen, die ihnen paßten, zu investieren unter Achtung, wenn ihr so wollt, der Umwelt oder aber unter Vergiftung aller Flüsse irgendeines Landes und der Zerstörung der Natur, ohne daß niemand etwas von ihnen fordern könnte. Trotzdem sind wir Länder der Dritten Welt in der Welthandelsorganisation in der Mehrheit und können für unsere Interessen kämpfen, wenn wir es schaffen, zu verhindern, daß sie uns täuschen und uns teilen. Kuba konnte nicht ausgeschlossen werden, da es vom Gründungstag an Mitglied war. Die Chinesen will man nicht reinlassen - wenigstens leistet man ihnen ganz schönen Widerstand (Lachen). Die Chinesen unternehmen große Anstrengungen, um in die WTO aufgenommen zu werden, weil man einem Land, das nicht dieser Institution angehört, eine Zollgebühr von 1.000 zu 100 erheben oder seine Exporte komplett blockieren kann. Die reichsten Länder stellen die Regeln auf und geben die Bedingungen vor, die ihnen am meisten zusagen. Was sagt ihnen zu? Was streben sie an? Daß es eines Tages keine Zolltarife mehr gibt. Das gehört mit zu dem Traum, daß sie für ihre Investitionen dem nationalen Fiskus keine Steuern zahlen müssen oder mittels Knüppelkonzessionen, die sie der unterentwickelten, um Investitionen buhlende Welt entrissen haben, einige lange Jahre Steuerbefreiung genießen. Das ist ein Freirecht, wodurch sie ohne jede Einschränkung mit ihren Investitionen in unseren Ländern machen können, was sie wollen. Freier Kapital- und Warenfluß auf der ganzen Welt, natürlich mit der Ausnahme der Ware, die man Menschen der Dritten Welt nennt - der moderne Sklave, die billige Arbeitskraft, von dem es so viele auf unserem Planeten gibt und der die Freihandelszonen in seinem eigenen Land überschwemmt oder Straßen kehrt, Obst und Gemüse erntet und die mühsamsten und am schlecht bezahltesten Arbeiten verrichtet, wenn man ihn legal oder illegal in den alten Konsumstädten und -gesellschaften duldet. Das ist der Typ globaler Kapitalismus, den man uns aufzwingen will. Unsere mit Freihandelszonen zugepflasterten Länder hätten dabei nur die mageren Gehälter derjenigen, die das Privileg haben, Arbeit zu finden, während eine Menge Multimillionäre Reichtümer über Reichtümer anhäufen, von denen man nicht einmal weiß, wie weit sie sie noch steigern werden. Die Tatsache, daß ein US-Bürger, ganz egal wie talentiert und klug er auf technischem Gebiet und beim Verhandeln auch immer sein mag, ein Vermögen von 64 Milliarden Dollar besitzt, was dem jährlichen Einkommen von mehr als 150 Millionen Menschen aus den ärmsten Ländern entspricht, ist und bleibt schrecklich ungleich und ungerecht. Daß dieses Kapital sich in einigen wenigen Jahren angehäuft hat, weil sich alle drei oder vier Jahre der Wert der Aktien der großen USUnternehmen kraft des Spiels der Börsengeschäfte verdoppelt hat, die den Wert des
Anlagevermögens bis ins Unendliche aufblähen, zeigt eine Wirklichkeit, die nicht vernünftig, nachhaltig und erträglich ist. Jemand muß für all das zahlen - das ist die Welt mit astronomischen Zahlen von Armen und Hungernden, Kranken, Analphabeten und Ausgebeuteten, die unsere Erde bevölkern. Welches Jahr 2000 werden wir feiern? In welch einem neuen Jahrhundert werden wir leben? Nebenbei gesagt geht dieses Jahrhundert nicht am 31. Dezember zuende. Die Leute haben sich betrogen, weil sie das so wollten, weil das letzte Jahr dieses Jahrhunderts tatsächlich das Jahr 2000 und nicht etwa 1999 ist (Beifall). Trotzdem wird es Feiern geben und ich denke, daß einige ganz besonders zufrieden sein werden mit den Feiern am 31. Dezember 1999 und am 31. Dezember 2000, und diejenigen, die Süßigkeiten, Getränke, Weihnachtsgeschenke, Weihnachtsmänner und all diese Sachen verkaufen, einen großes Geschäft machen in zwei Jahren des Jahrhundertwechsels anstatt nur einem (Lachen). Frankreich wird mehr Champager als je zuvor verkaufen. Ich bleibe ruhig. Bereits den Jahreswechsel, der uns das Jahr 1999 beschert hat, habe ich damit zutragen müssen, eine Rede zu schreiben, was gewisse Vorteile hat, weil es einem dadurch nicht in den Sinn kommt, zusätzliche Argumente und Themen aufzugreifen und man sich strikt an das hält, was man sich vorgenommen hat. Damit war ich um 24.00 Uhr an diesem 31. Dezember beschäftigt. Aber ich war zufrieden, wir waren dabei, 40 Jahre einer Revolution rundzumachen, die man nicht besiegen konnte (längerer Beifall). Was soll ich euch sagen, ich war wirklich glücklich. Die Welt wird das 21. Jahrhundert erwarten und dabei werden einige Menschen unter den Brücken von New York leben, eingewickelt in Papier, während andere aus riesigen Vermögen schöpfen. In diesem Land gibt es viele Milliardäre, aber unvergleichlich mehr leben unter Brücken, in Häusereingängen oder in verfallenen Wohnungen. Millionen Menschen in den USA selbst leben in kritischer Armut, was die fanatischen Verteidiger der Wirtschaftsordnung nicht mit Stolz erfüllen kann, die der Menschheit aufgezwungen wurde. Vor einigen Tagen sprach ich mit einer Delegation aus den USA, die uns in Kuba besucht hat. Es waren wirklich informierte, freundschaftliche und herausragende Personen. Es gab auch Priester und Wissenschaftler in dieser Gruppe. Sie erzählten mir, daß sie in der Bronx den Bau eines Kinderkrankenhauses förderten. Daraufhin fragte ich sie: "Gibt es denn in der Bronx kein einziges Kinderkrankenhaus?" Ihre Antwort: "Nein". "Und wieviele Kinder gibt es in der Bronx?", fragte ich sie. Sie antworteten: "Vierhunderttausend Kinder". Das heißt also, daß es dort, in einer Stadt wie New York, 400.000 Kinder gibt, viele von ihnen von puertorikanischer Herkunft, vor allem Hispanos und Schwarze, die kein Kinderkrankenhaus haben. Aber noch etwas verrieten sie mir: "Es gibt 11 Millionen US-amerikanische Kinder, die keinen Krankenversicherungsschutz haben". Dazu muß man sagen, daß es sich im allgemeinen um farbige Kinder, Mischlinge, Indianer oder Einwandererkinder lateinamerikanischer Herkunft handelt. Glaubt nicht, daß in dieser Gesellschaft die Diskriminierung nur mit der Hautfarbe zu tun hat, nein, nein, nein. Ganz egal ob schwarzhaarig oder blond, Frauen oder Männer, oft wird man einfach nur deshalb verachtet, weil man Lateinamerikaner ist (Beifall). Als ich mich damals einmal in diesem Land aufhielt und in eine Cafeteria ging oder in einem dieser Motels am Rande der Landstraßen abstieg, bin ich mehr als einmal herablassend behandelt worden. Fast wären sie wütend geworden, als ein Latino dort abstieg. Ich hatte den Eindruck, daß es in dieser Gesellschaft viel Haß gab. Die 11 Millionen Kinder ohne gesicherte medizinische Betreuung gehören zum großen Teil diesen Minderheiten an, die es in den Vereinigten Staaten gibt. Das sind diejenigen, die die höchsten Kindersterblichkeitsraten aufweisen. Ich fragte sie, wie hoch sie in der Bronx wäre, und sie sagten mir, daß sie glaubten, sie läge um die 20 oder 21 im ersten Lebensjahr, und daß es noch andere schlechtere Ergebnisse gäbe - in Washington selbst weiß ich nicht, wie hoch sie ist -, und daß in Gebieten mit spanisch-amerikanischen Einwanderern 30 oder mehr stürben. Das ist keine gleichmäßige Verteilung.
Ihre Kindersterblichkeitsrate liegt über der Kubas. Das Land, über das eine Blockade verhängt wurde, dem der Krieg erklärt wurde und dem 3.000 Ärzte gestohlen wurden, weist heute eine Kindersterblichkeitsrate von nur 7,1 pro 1.000 Lebendgeborenen im ersten Lebensjahr auf (Beifall). Unsere Kennziffern sind besser und das Niveau ist auf Landesebene ziemlich ähnlich. In einigen Provinzen liegt die Rate bei 6 - und das nicht einmal in der Hauptstadt. In anderen Provinzen liegt sie um die 8, aber sie bewegt sich innerhalb dieser Spanne von zwei oder drei Punkten Unterschied im Vergleich zum landesweiten Durchschnitt, weil es eine wirklich flächendeckende medizinische Versorgung gibt, in deren Genuß alle Gesellschaftsschichten und Regionen kommen. Seit Beginn der Spezialperiode konnten wir in diesen schrecklichen acht Jahren trotzdem diese Rate von 10 auf 7,1 senken - das Ergebnis von 1998 (Beifall). Eine Verringerung um 30% trotz der Tatsache, wie ich euch sagen muß, daß als diese schwierige Prüfung mit dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers und vor allem der UdSSR begann, mit dem wir den größten Teil unseres Handels abwickelten, und während sich andereseits der Wirtschaftskrieg der Vereinigten Staaten gegen Kuba verschärfte, hatte sich z.B. trotz vieler Anstrengungen, die wir unternahmen, der tägliche Kalorienverbrauch pro Kopf von 3.000 auf 1.863, bzw. der tägliche Verbrauch von pflanzlichen oder tierischen Proteinen von 75 Gramm auf zirka 46 Gramm verringert. Oh, u.a. wesentlichen Dingen aber wurde der Liter Milch sehr billig und subventioniert für alle Kinder bis 7 Jahre um jeden Preis aufrechterhalten (Beifall). Wir haben uns so arrangiert, damit wir die am Verletztbarsten unterstützen konnten. D.h. im Falle einer schweren Dürre oder einer anderen Naturkatastrophe alle zu schützen, aber besonders Kinder und ältere Menschen, und dafür einige Mittel woher auch immer zu beschaffen. Zu den Fortschritten unserer Revolution inmitten der Spezialperiode zählt die Schaffung einer Zahl von neuen Wissenschaftsinstituten großer Bedeutung. Unser Land stellt 90% der Medikamente, die es verbraucht, selbst her, wenn es auch bestimmte Rohstoffe einführen muß und sie aus fernen Ländern beschaffen muß. Es gibt einen Mangel an Medikamenten, das will ich gar nicht bestreiten, aber es wurde das Möglichste unternommen, damit die grundlegendsten Arzneimittel niemals fehlen - eine zentrale Reserve, falls eines Tages einmal eines ausfallen oder ausgehen sollte. Wir versuchen außerdem, eine zweite einzurichten. Das sind vorausschauende Maßnahmen, weil man diejenigen schützen muß, die am meisten Probleme haben könnten. Natürlich ist es auch möglich, Medikamente von Familienangehörigen aus dem Ausland zu empfangen. Dazu stellen wir die Bedingungen bereit. Dafür wird absolut nichts in Rechnung gestellt. Dafür muß man nichts zahlen. Wir arbeiten aber weiterhin daran, daß der Staat diese Mittel unserer gesamten Bevölkerung zur Verfügung stellen kann. Trotz besagter Lebensmittelrationierung konnten wir die Kindersterblichkeitsrate, wie ich bereits sagte, um 30% senken. Wir konnten die Lebenserwartung halten und sogar erhöhen. Auf der anderen Seite wurde keine einzige Schule geschlossen (Beifall), es wurde keine einzige Lehrerstelle gestrichen - im Gegenteil: die pädagogischen Hochschulen stehen allen offen, die sich immatrikulieren wollen (Beifall). Damit es keine Mißverständnisse gibt, muß ich darauf hinweisen, daß wir nicht genauso mit allen Studiengängen verfahren konnten. In Medizin mußten wir bereits gewisse Zusatzbeschränkungen einführen. Gleichzeitig versuchen wir aber die Medizinstudenten besser vorzubereiten, mit mehr Qualität, weil wir in unserm Kampf gegen den Nachbarn viele Mediziner ausgebildet und ihnen sogar die Erlaubnis erteilt haben, auszuwandern, wenn sie dies wünschten. Im Laufe des Kampfes konnten wir 21 Medizinfakultäten errichten (Beifall). Gerade jetzt bieten wir jungen Mittelamerikanern 1.000 Stipendien an, damit sie in unserem Land zu Ärzten ausgebildet werden (Beifall), wozu während 10 Jahren noch 500 zusätzliche Stipendien jährlich kommen. Wir sind im Begriff, eine
lateinamerikanische Medizinische Fakultät zu schaffen (Beifall und Ausrufe). Durch die eingeleiteten Ausgabenkürzungen, trotz der uns bedrohenden Gefahren sogar im Verteidigungsetat, werden die neuen Gebäude einer ausgezeichneten Akademie zur Ausbildung von Kapitänen und Schiffahrtstechnikern, sowohl aus dem zivilen als auch aus dem militärischen Bereich, die in ein anderes Gebäude umziehen, für die neue Medizinische Fakultät zur Verfügung gestellt. Im März wird sie fertiggestellt sein und die ersten Studenten aus Mittelamerika werden für einen sechsmonatigen medizinischen Vorbereitungskurs erwartet, um ihre Kenntnisse aufzufrischen und akademisches Massensterben zu verhindern. Im September werden mehr als 1.000 Jugendliche aus Mittelamerika ihr erstes Studienjahr in Medizin aufnehmen (Beifall). Ich weiß nicht, ob ich hinzufügen muß, daß es absolut kostenlos ist (Beifall). Vielleicht - und versteht das nicht falsch als Werbung für Kuba, es hat vielmehr mit den Ideen zu tun, die ich vorschlage, was man mit sehr wenig bewerkstelligen kann sollte ich euch sagen, daß wir den mittelamerikanischen Ländern, die von dem Hurrikan Mitch betroffen wurden, 2.000 Ärzte angeboten haben (Beifall). Wir haben ihnen versichert, daß unser medizinisches Personal bereit ist, daß wenn ein oder mehrere entwickelte Länder - und es gab schon bestimmte Antworten - die Medikamente lieferten, wir in Mittelamerika jedes Jahr - denkt einmal - jedes Jahr! soviele Leben retten könnten, wie der Hurrikan gefordert hat, wenn wir von einer Opferzahl von nicht weniger als 30.000 Menschen durch den Hurrikan ausgehen, wie bereits gesagt, und daß davon rund 25.000 Kinder sein würden. Wir haben nachgerechnet und die Medikamente, um ein Kind zu retten, kosten oftmals Pfennigbeträge. Was man mit keinem Geld bezahlen kann ist der Arzt, der in einem Bewußtsein ausgebildet wurde, das ihn in den Bergen arbeiten läßt (Beifall), in den entlegendsten Gebieten, in Sumpfgebiet, die von sovielen Insekten wimmeln, wie es nur geben kann, Schlangen, Moskitos und einigen Krankheiten, die es in unserem Land nicht gibt - und keiner von ihnen zweifelt dabei. Die große Mehrheit der Ärzte, die sich freiwillig für diese Aufgabe gemeldet haben, stehen bereit und es gibt in diesem Augenblick bereits zirka 400, die in Mittelamerika und in Haiti arbeiten, dem wir nach dem Hurrikan Georges das gleiche Angebot gemacht haben. Dort befinden sich ungefähr 250 Ärzte. In Haiti liegt der Prozentsatz an Leben, das man retten könnte, noch höher, weil die Kindersterblichkeit in den ersten Lebensjahren 130 oder 132 beträgt, d.h. wenn man sie auf 35 senken würde - und in unserem Land weiß man auswendig, wie das geht könnten jedes Jahr rund 100 Kinder pro 1.000 Lebendgeborenen gerettet werden. Daher ist das Potential größer. Es gibt dort 7,5 Millionen Einwohner, eine sehr hohe Geburtenrate, weswegen ein Arzt dort mehr Leben retten kann. In Mittelamerika liegt der Durchschnittswert in den vom Hurrikan verwüsteten Ländern zwischen 50 und 60 - das ist fast die Hälfte des Potentials von Leben, die man retten kann. Ich muß euch sagen, daß dies vorsichtige Rechnungen sind, es gibt eine Spanne oberhalb der erwähnten Zahlen und eine Überlegung: Wir wollen unsere Ärzte nicht in den Städten, wir wollen sie nicht auf dem Asphalt, weil wir nicht wollen, daß sich irgendein Arzt in diesen Ländern auf irgendeine Weise bedrängt fühlt durch die Gegenwart der kubanischen Ärzte, weil sie ihren Dienst in jenen Gebieten leisten werden, wo es keinen Arzt gibt und wo keiner hinmöchte. Im Gegenteil - wir haben die besten Beziehungen, die beste Zusammenarbeit zu den Ärzten vor Ort - ganz gleich, ob es sich um einen Privatarzt handelt oder nicht. Wenn sie einen Patienten übernehmen wollen, sollen sie ihn übernehmen. Wir haben gesagt, daß die Zusammenarbeit mit den Ärzten unverzichtbar ist, wie auch die Zusammenarbeit mit allen Bereichen. Unsere Ärzte gehen nicht dorthin, um politische Ideen zu predigen, sie erfüllen dort eine humanitäre Mission, das ist ihre Aufgabe. Genauso wie die Zusammenarbeit mit Priestern und Pastoren, denn es gibt viele von ihnen, die ihre Mission in abgelegenen Gebieten erfüllen. Einige unserer ersten Ärzte übernachteten in Pfarrgebäuden. So arbeiten sie tatsächlich in guter Koordinierung, was uns sehr mit Freude erfüllt. Sie arbeiten in unwegsamem Gelände, wo es Indios gibt, die ihre eigene Sprache
mit großer Würde sprechen, sowie Bauern, die in Dörfern wohnen, in denen die Arbeit einfacher ist als in Kuba selbst, weil sie in unserem Land einsam in den Bergen wohnen und der Arzt ihnen regelmäßig einen Hausbesuch abstatten muß normalerweise hat er dabei weit zu Fuß zu gehen. Ein Dorf dagegen kann bis zu drei Mal am Tag abgegangen werden. Dort wird ein Programm durchgeführt, das ein deutlicher Beweis dafür ist, was man mit geringem materiellem Aufwand leisten kann - und das wichtigste - das wissen jene Gentlemen nicht, die Herren, die die Finanzinstitute leiten, die ich erwähnt habe - ist, daß es ein Kapital gibt, daß viel mehr wert ist als alle ihre Millionen - das ist das menschliche Kapital (Beifall). Jeden Tag treffe ich einen dieser Gehilfen von Bill Gates, den Computerchampion, und ich frage ihn: Könnten sie einmal schätzen, wieviele US-Amerikaner im Ausland Dienst geleistet haben, seitdem die Friedenkorps ins Leben gerufen wurden?, um zu sehen, ob es zufällig mehr sind als die Anzahl der Kubaner, die das getan haben als Frucht des großzügigen und solidarischen Geistes dieser Insel und dieses Volkes, das so sehr verleumdet und ignoriert wird und gegen das ein Krieg geführt wird, der nicht einmal gegen die Faschisten der Apartheid geführt wurde - damit meine ich den Wirtschaftskrieg. Ich kenne anständige US-Amerikaner, selbstlose Menschen. Ich kenne sie. Es ist ein großes Verdienst, daß dort, wo das System nur Egoismus und das Gift des Individualismus sät, es aus dem einen oder anderen Grund viele selbstlose Menschen gibt. Ich achte diese US-Amerikaner. Ich habe einige von ihnen kennengelernt, die in den Friedenkorps waren. Aber ich bin sicher, daß sie seitdem sie gegründet wurden, nicht soviel mobilisieren konnten wie Kuba. Als in Nicaragua einmal 1.000 Lehrer gebraucht wurden - danach waren es ein bißchen mehr - baten wir um Freiwillige und es meldetetn sich 30.000. Als dann die Banden des schmutzigen Krieges gegen die Sandinisten, die von den USA aufgebaut und ausgestattet wurden, einige unserer Lehrer umbrachten - sie waren nicht in den Städten, sondern in den entlegendsten Winkeln des Landes und lebten unter den Bedingungen, in denen die Bauern lebten - haben sich 100.000 gemeldet (Beifall). Das meine ich damit! Ich muß noch hinzufügen, daß die Mehrheit derjenigen, die dorthin gereist sind, Frauen waren, weil die Frauen in diesem Beruf die Mehrheit stellen (Beifall). Daher spreche ich von Idealen, deswegen spreche ich von Bewußtsein, deswegen glaube ich an das, was ich sage, deswegen glaube ich an den Menschen, denn wenn so viele unserer Landsleute in diese Region gereist sind oder bereit waren, zu reisen, hat sich gezeigt, daß das Bewußtsein und die Idee der Solidarität und des Internationalismus viele Menschen erreichen können (Beifall). Um die Idee zuendezuführen. Ich habe euch ja bereits gesagt, daß sie uns die Hälfte der Ärzte wegnahmen und mehr als die Hälfte der Dozenten der einzigen Medizinischen Fakultät, die es in Kuba gab. Wir haben uns der Herausforderung gestellt. Es gibt nichts Größeres als eine Herausforderung und Kuba verfügt heute über 64.000 Ärzte - ein Arzt auf 176 Einwohner (Beifall). Das sind zwei Mal soviele Ärzte pro Kopf, wie in dem am weitesten industrialisierten Land der Ersten Welt. Was ich euch nicht gesagt habe, ist daß seit Beginn der Spezialperiode bis heute 25.000 neue Ärzte in das Gesundheitssystem eingegliedert wurden - vor allem in die Gemeinden im ganzen Land, in Städten, auf dem Land, den Flachebenen und in den Bergen. Das nennt man Humankapital! Der Mensch kann viel einfacher erorbert als gekauft werden (Beifall). Es ist glücklicherweise viel einfacher, ihn zu erobern, weil die Exekutive der Vereinigten Staaten mit ihrer sogenannten Flexibilisierung der Blockade, die in Wirklichkeit die ganze Welt an der Nase herumführt, praktisch vorgeschlagen hat, daß jeder USAmerikaner einen Kubaner kauft (Lachen). Ich meine: Nun gut, unser Preis wird höher (Lachen), weil 27 US-Amerikaner auf jeden Kubaner kommen. Dieser Regierung ist nach all dem, was es gegen unser Land unternommen hat und nach der Verschärfung ihres Wirtschaftskrieges unter dem Druck der extremen Rechten, ein letzter Einfall gekommen: Zu schauen, wie sie uns einem nach dem anderen
kaufen (Lachen). Aber nicht mehr nur einen Minister oder eine andere Führungspersönlichkeit aus der Staatsverwaltung oder einen Politiker, sondern den ganz gewöhnlichen Bürger, indem jeder US-Amerikaner jetzt die Erlaubnis besitzt natürlich immer erst nach ihrer Zustimmung - den Kubanern Geld zu schicken, selbst wenn er in keinstem Grade mit ihm verwandt ist. Ich sage: Sehr gut, jetzt wissen wir wenigstens, daß wir etwas wert sind (Lachen), weil es Leute gibt, die etwas für uns zahlen wollen, eine sehr reiche Regierung, die die Losung ausgegeben hat, uns zu kaufen. Es gibt 4 Milliarden Arme auf der Welt, für die sie keinen Pfennig ausgeben (Lachen und Beifall). Sie haben unseren Marktwert erhöht. Ich erzähle euch das, weil wir unser Programm der ärztlichen Unterstützung auf Surinam ausweiten, das bereits um mehr als 60 Ärzte nachgefragt hat. Sogar die Behörden einer Region in Kanada, einer autonomen Provinz, haben um Ärzte nachgefragt. Sie sagen: Wir haben hier einfach keine Ärzte, die am nördlichen Polarkreis Dienst leisten möchten, sie wollen dort nicht hin. Daraufhin antworteten wir ihnen unverzüglich: Ja. Besprecht das mit eurer Regierung, weil das eure Angelegenheit ist. Natürlich müßten unsere Ärzte dort unter anderen Bedingungen hinreisen, und nicht etwa der Geschäfte wegen, sondern einfach aus der elemtaren Logik heraus, daß es sich um einen Industriestaat handelt. Ihre Dienste dort wären durchaus gerechtfertigt, wenn sie auch bescheiden vergütet würden, da es kein wirtschaftliches Interesse ist, das unser Verhalten bestimmt, sondern der aufrichtige Wunsch einer internationalen Kooperation im medizinischen Bereich, wo wir über ausreichende Arbeitskräfte verfügen. Wenn es der kanadische Verantwortliche schafft, die Hindernisse aus dem Weg zu räumen, damit unsere Ärzte dorthin reisen, wird es kubanische Ärzte vom Amazonasdschungel bis zum nördlichen Polarkreis geben (Beifall). Unser Hauptaugenmerk gilt aber der Dritten Welt. Wir zahlen unseren Ärzten dort das bescheidene Gehalt, das sie in unserem Land erhalten. Das ist gut, wir freuen uns, denn die Ärzte sind sehr zufrieden mit ihrer Aufgabe. Sie besitzen eine hohe Moral und eine lange internationalistische Tradition. Auch aus anderen Teilen der Welt hat man uns schon um Zusammenarbeit gebeten. So merken wir, daß die Idee, die aufkam, um Haiti zu helfen und sich dann auf Mittelamerika ausdehnte, sich nun auch auf andere Länder Lateinamerikas und der Karibik erstreckt. Wir haben kein Geld, aber wir haben viel Humankapital (Beifall). Haltet das nicht für Prahlerei, aber man müßte schon sämtliche Ärzte der Vereinigten Staaten zusammennehmen, ich weiß nicht wieviele, um zu sehen, ob sie 2.000 Freiwillige zusammenbekommen, die bereit sind, in die Sümpfe zu marschieren, in die Berge und in unwirtliche Gegenden, wo unsere Ärzte hingehen. Es wäre schon eine kleine Probe wert, um das festzustellen, obwohl ich weiß, daß es auch dort selbstlose Ärzt gibt - ich will das gar nicht bestreiten. Aber 2.000 zusammenzubekommen und diesen Lebensstandard der Konsumgesellschaft zu verlassen, um in so einen Sumpf in Moskitoland zu gehen, den nicht einmal die spanischen Konquistadoren ertrugen, ist schon gelinde gesagt (Lachen und Beifall) fast ein Ding der Unmöglichkeit. Dort sind aber die kubanischen Ärzte Humankapital. Wenn wir von drei Ärzten einen dazu abstellen würden, könnten wir das Programm, das wir Haiti und Mittelamerika angeboten haben, dem ganzen Rest Lateinamerikas anbieten, in denen ähnliche Bedingungen herrschen - überall dort, wo Kinder sterben und wo ältere Menschen sterben, weil sie keine ärztliche Betreuung erfahren, und weil dort niemand hingeht. Wir haben das vorgeschlagen. Dieser Weg ist lang, aber wie ich merke, kann unser Land darauf eine Antwort geben. Schaut nur wieviel Humankapital man zusammentragen kann! Wieviele Leben können gerettet werden? Wir haben öffentlich die Idee vorgestellt und vorgeschlagen, daß die Länder unserer Region sich vornehmen sollten, eine Million Leben pro Jahr zu retten - darunter das von Hunderttausenden von Kindern. Man kann sogar präzise ausrechnen, wieviel es kostet, eine Million Leben zu retten.
Dabei sind die Kinderleben diejenigen, die am wenigsten Kosten verursachen, weil wir, wenn wir älter werden, bereits mehr Röntgenaufnahmen benötigen sowie Laboranalysen. Wir müssen dann mehr Medikamente kaufen und all das. Die Kleinen überleben fast von alleine, wenn sie die ersten Jahre überstanden haben. Man kann durch eine Impfung, die nur einige Pfennige kostet, ein Leben retten. Die Impfung gegen Kinderlähmung ist ein Beweis dafür. Wir haben diese Idee vorgestellt, daß man mit ein bißchen Geld jedes Jahr eine Million Leben retten kann - von diesem Geld, das haufenweise für Luxusgüter verschwendet wird - denn die Ärzte dafür sind bereit. Man kann alle Medikamente Europas zur Verfügung haben und trotzdem keine Million Menschenleben retten, wenn es keine 15.000 oder 20.000 Ärzte gibt, die notwendig wären, um ein solches Programm umzusetzen. Ich rede davon, das müßt ihr einmal überlegen, damit ihr wißt, was Kuba heute ist, warum Kuba so ist und welche die Normen sind, die in Kuba vorherrschen, das so schändlich in Bezug auf Menschenrechte verleumdet wird. Ein Land, in dem in 40 Jahren Revolution niemals jemand beseitigt wurde, wo niemals jemand gefoltert wurde (Beifall), wo es keine Todesschwadronen gibt und es jemals einen politisch motivierten Mord gegeben hätte oder ähnliche Dinge. Genausowenig wie es schutzlose alte Menschen gibt, auf der Straße lebende Kinder oder Schulen ohne Lehrer und Menschen, die vergessen oder ihrem Schicksal selbst überlassen wären. Wir wissen nur zu genau, was an einigen Orten geschehen ist, wo unsere Nachbarn aus dem Norden hingingen, wie z.B. diejenigen, die in Mittelamerika den Sturz der Regierung eines der wichtigsten Länder der Region im Jahre 1954 organisiert haben. Dort richteten sich ihre Berater mit ihren Handbüchern über Folter, Repression und Tod ein. Jahrelang gab es die Bezeichnung Gefangener nicht, man kannte sie nicht, nur Tote und Verschwundene. Hunderttausend in einem einzigen Land! - und dazu noch 50.000 Tote zusätzlich. Wir könnten noch das hinzufügen, was in vielen anderen Ländern geschehen ist bezüglich Folter, Morden, Verschwundenen, wiederholte militärische US-Interventionen unter irgendwelchen Vorwänden oder ohne jeden Vorwand. Sie erinnern sich nicht, davon sprechen sie nicht, sie haben das Gedächtnis verloren. Wir haben sie angesichts der schrecklichen Lebenserfahrungen der Völker unseres Amerikas herausgefordert. Wir werden mit Tatsachen, mit Realitäten beweisen, wer von wirklich humanitären Gedanken angetrieben ist, wer einen wirklichen Sinn für Humanität besitzt und wer in der Lage ist, etwas für den Menschen zu tun, außer Lügen, Losungen, Desinformation, Heuchelei, Täuschungen und all das, was sie in unserer Region im Laufe dieses Jahrhunderts verbreitet haben (Beifall). Ich weiß, daß ich euch das nicht erst klarmachen muß, aber da ich schon einmal dieses Thema angesprochen habe, fühle ich mich verpflichtet, es auszusprechen, denn wie oft habt ihr nicht bestimmt schon desinformierte Personen getroffen, die selbst wenn nur einen Teil - der Tonnen von Lügen und Verleumdungen glauben, die sie über unser Land verbreitet haben, um uns zu treffen, um uns zu schwächen, uns zu isolieren, um uns zu spalten. Sie haben es nicht geschafft, uns zu spalten und werden es auch nicht schaffen! (Beifall). Ich habe euch diese Dinge fast ganz vertraulich gesagt. Ich konnte nicht herkommen und wie im Jahre 1959 davon sprechen, eine Expedition zu organisieren, um die Probleme in einem benachbarten Land zu lösen (Lachen). Wir wissen nur zu gut, daß heute kein Land alleine und auf sich selbst gestellt seine Probleme lösen kann. Das ist die Realität in dieser globalisierten Welt. Hier kann man sagen: Wir retten uns alle oder wir gehen alle unter (Beifall). Martí sagte: "Das Vaterland ist die Menschheit", einer der außerordentlichsten Sätze, die er verfaßt hat. Wir müssen so denken - Das Vaterland ist die Menschheit! Ich erinnere mich bei der Geschichte Kubas an den Fall eines spanischen Offiziers, der während des Zehnjährigen Krieges, dem ersten Kampf Kubas für die Unabhängigkeit, als die spanische Regierung acht unschuldige Medizinstudenten erschoß, weil sie angeklagt wurden, das Grab eines Rechtsextremisten geschändet
zu haben, der daraufhin in einem unvergeßlichen Anflug der Bestürzung und des Protests sein Schwert zerbrach und ausrief: "Vor dem Vaterland kommt die Menschheit" (Beifall). Natürlich gibt es Teile dieser Menschheit, die näher liegen, andere die weiter entfernt liegen. Wenn wir von Menschheit sprechen, denken wir zuerst einmal an unsere lateinamerikanischen und karibischen Brüder, die wir niemals vergessen (Beifall). Anschließend, bezüglich des Rests dieser Menschheit, die unseren Planeten bevölkert, werden wir wohl dieses Konzept lernen müssen, diese Prinzipien - nicht nur lernen, sondern auch spüren und anwenden -, die in dem Satz von Martí enthalten sind. Erstens haben wir, die lateinamerikanischen Völker, die Pflicht, ohne auch nur eine Minute zu verlieren, uns zusammenzuschließen. Die Afrikaner versuchen dies, zu erreichen. Die südostasiatischen Staaten haben den ASEAN und suchen nach Wegen zu einer wirtschaftlichen Integration. In Europa geschieht dies bereits sehr schnell. Das heißt, daß es in den verschiedenen Erdteilen subregionale und regionale Gemeinschaften geben wird. Bolívar träumte von einer großen regionalen Gemeinschaft von Mexiko bis Argentinien. Wie ihr wißt, wurde der Amphiktyonische Kongreß von den Gentlemen im Norden sabotiert, die sich außerdem der Bolivarianischen Idee widersetzten, eine Expedition unter der Führung von Sucre loszuschicken, um die Insel Kuba zu befreien, was unverzichtbar war, um jegliches Risiko einer Bedrohung oder eines Gegenangriffs des gefürchteten und hartnäckigen spanischen Mutterlandes auszuschalten. So wurden wir also nicht vergessen von der venezolanischen Geschichte (Beifall). Heute, wo wir es geschafft haben, diese Insel aus der Vorherrschaft einer noch viel größeren Macht zu befreien, ist es unsere heiligste Pflicht, sie um der Interessen und der Sicherheit selbst unserer Brüder auf diesem Kontinent willen zu verteidigen. Es ist klar, daß man auf möglichst verschiedene Weise an der Kooperation und Integration arbeiten muß. Schritt für Schritt - aber mit schnellen Schritten, wenn wir denn als regionale Einheit überleben wollen, die über dieselbe Sprache, Kultur und soviele andere gemeinsame Sachen verfügt, wie sie es in Europa nicht gibt, weil ich nicht weiß, wie sich ein Italiener mit einem Österreicher versteht (Lachen) oder mit einem Finnen, ein Deutscher mit einem Belgier oder einem Portugiesen. Trotzdem hat die Europäische Union es geschafft und bewegt sich mit schnellen Schritten auf eine noch größere wirtschaftliche und eine vollständige Währungsunion zu. Warum sollten wir uns für unfähig halten, nicht wenigstens an solche Möglichkeiten zu denken? Warum sollten wir nicht in allen Ländern mit unserer Sprache, unserer Kultur, unseren Glaubensüberzeugungen, unserem Mischlingsblut, das in den Adern der überwiegenden Mehrheit fließt, unitarische und integrationistische Tendenzen fördern? Und wenn das Mestizentum im Blut nicht existiert, muß es in der Seele vorhanden sein (Beifall). Was waren denn diejenigen, die die Schlacht von Ayacucho schlugen? Es waren Venezolaner aus Caracas und aus den Provinzen im Osten und Westen des Landes, Kolumbianer, Peruaner und Ecuadorianer. Vereint waren sie fähig, das zu tun, was sie taten. Und es fehlte auch nicht die unvergessene Kooperation der Argentinier und Chilenen. Unsere größte Sünde ist, daß wir danach fast 200 Jahre verloren haben. In 11 Jahren wird genau der 200. Jahrestag der venezolanischen Unabhängigkeitserklärung und darauf folgend derjenige der anderen Länder begangen. Fast zweihundert Jahre! Was haben wir in diesen zweihundert Jahren gemacht, so gespalten, zersplittert, balkanisiert und unterworfen, wie wir waren? Es ist leichter, die sieben Zwerge zu beherrschen als einen Boxer, auch wenn wir sagen, es handele sich um ein Leichtgewicht (Lachen). Sie wollten uns als zwergenhafte und gespaltene Nachbarn beibehalten, um uns dauerhaft zu beherrschen. Ich sprach nicht nur von der Notwendigkeit der Einheit Südamerikas, sondern auch
von Zentralamerika und der Karibik, und gerade angesichts der aktuellen Ereignisse in Venezuela befinden wir uns in einem besonderen Augenblick, um dies zu betonen. Sie wollten uns spalten. Die Großmacht im Norden will einzig und allein das Freihandelsabkommen für Amerika und sonst nichts. Freihandelsabkommen und fast track - fast track bedeutet schnell, wie ich verstanden habe, nicht wahr? -, einen schnellen Schritt. Ja, ich schlage für uns auch einen fast track vor, einen schnellen Schritt, um uns zu vereinigen (Applaus). Die lateinamerikanische Antwort auf den fast track des Nordens muß ein fast track des Zentrums und des Südens sein (Applaus). Man muß Brasilien helfen und dem Land Mut geben. Wir wissen sehr gut, daß den Vereinigten Staaten nicht einmal die Existenz eines MERCOSUR gefällt. Diese Vereinigung stellt die Keimzelle einer erweiterten Einheit dar und kann noch wachsen. Es gibt schon andere Nachbarstaaten, die nicht weit davon entfernt sind, sich dem MERCOSUR anzuschließen. Wir betrachten ihn als eine subregionale Vereinigung und als einen Schritt hin zu einer Regionaleinheit, die sich zunächst auf Südamerika und dann schnellstmöglich auch auf die Karibik und Zentralamerika erstreckt. Wir denken hierbei an die Notwendigkeit, die Kontakte, Konzeptionen, konzertierte Aktionen und alle möglichen praktischen Schritte in diese Richtung zu intensivieren, bevor wir uns den Luxus leisten können, die Schaffung einer gemeinsamen Währung ins Auge zu fassen. Die Entwicklung von Ideen und Konzepten ist unserer Ansicht nach in diesem Bereich das, was wir jetzt unmittelbar tun können. Unterdessen muß um jeden Preis der politische und ökonomische Selbstmord eines Ersetzens unser nationalen Währungen durch diejenige der Vereinigten Staaten verhindert werden, wie auch immer die Schwierigkeiten und Schwankungen aussehen mögen, die uns die momentane Wirtschaftsordnung aufzwingt. Denn diese Währungsübernahme würde schlicht und einfach die Annektierung Lateinamerikas durch die Vereinigten Staaten bedeuten. Wir würden nicht mehr als unabhängige Nationen anerkannt werden und damit auf jede Möglichkeit einer Teilnahme an der Gestaltung der Welt von morgen verzichten. Unter den aktuellen Umständen ist es unumgänglich, uns zu vereinigen, unsere Kräfte zu bündeln und unseren Einfluß zu erweitern. Im April wird in der Dominikanischen Republik die Tagung der Staaten des karibischen Beckens stattfinden, worauf sich fast unmittelbar danach das Treffen mit der Europäischen Union in Rio de Janeiro anschließt. Wir teilen bestimmte Interessen mit den Europäern. Es gibt Dinge von uns, die sie interessieren, und umgekehrt interessieren wir uns für bestimmte Dinge von ihnen. Es ist eine Tragödie, von einer einzigen Währung versklavt zu sein, wie wir es im Moment sind, und wir freuen uns deshalb, daß dem Olympiasieger mit seiner Goldmedallie durch den Euro jetzt ein Rivale erwächst (Lachen). Die Stärkung der Vereinten Nationen ist eine weitere unaufschiebbare Notwendigkeit. Man muß die Vereinten Nationen demokratisieren und der Generalversammlung, in der alle Mitgliedsländer vertreten sind, die höchste Autorität verleihen und ihr die Funktionen und die Rolle zusprechen, die ihr zustehen. Man muß die Diktatur des Sicherheitsrates und die Diktatur der Vereinigten Staaten innerhalb des Sicherheitsrates beenden (Beifall). Wenn man schon nicht das Vetorecht abschaffen kann, weil diejenigen, die das letzte Wort bei einer Reform dieses Typs haben, genau die sind, die das Recht haben, eine solche Reform per Veto zu blockieren, dann sollten wir wenigstens vehement einfordern, daß das Privileg des Vetos geteilt wird und daß die Anzahl der fünf ständigen Mitglieder entsprechend angehoben wird. Dies muß in Übereinstimmung mit der Art und Weise der Aufstockung der Anzahl der Mitglieder des Sicherheitsrates und den Veränderungen in den letzten 50 Jahren geschehen, so daß die Dritte Welt, wo seit dem Zweiten Weltkrieg eine große Zahl von Ländern als unabhängige Staaten entstanden sind, mit gleichen Vorrechten in diesem wichtigen Organ der Vereinten Nationen teilnehmen kann. Wir haben die Idee verteidigt, als Minimum zwei ständige Sicherheitsratssitze für Lateinamerika die
Karibik, zwei für Afrika und zwei für die unterentwickelten Regionen Asiens zu fordern. Wenn zwei nicht ausreichen, könnte man in einigen oder mehreren der genannten Regionen die Zahl auf drei erhöhen. Wir stellen die überwiegende Mehrheit der Staaten in der Vollversammlung der Vereinten Nationen und können deshalb nicht zulassen, daß wir weiterhin ignoriert werden. Wir würden uns der Einbeziehung weiterer Industriestaaten in den Sicherheitsrat nicht entgegenstellen, doch die absolute Priorität hat für uns die Präsenz von ständigen Mitgliedern aus Lateinamerika, der Karibik und den anderen erwähnten Regionen in diesem Organ, wobei sie die gleichen Vorrechte wie die weiteren ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates haben müssen (Beifall). Wenn dies nicht geschieht, werden wir drei Kategorien von Mitgliedern haben: Die ständigen Mitglieder mit Vetorecht, diejenigen ohne Vetorecht und die nichtständigen Mitglieder. Dem wurde eine Verrücktheit hinzugefügt, oder vielmehr eine Erfindung der Vereinigten Staaten, um zu spalten und damit die Privilegien ihres momentanen Status bei gleichzeitiger Verringerung der Vorrechte von möglichen neuen ständigen Mitgliedern beizubehalten: die Idee, die Mitgliedschaft zwischen zwei oder mehr Staaten pro Region rotieren zu lassen und damit letztlich diese lebenswichtige Reform auf Null zu reduzieren, auf das Nichts, auf einfaches Salz und Wasser. Wenn man will, soll man doch das ärgerliche Vetorecht auf andere Art und Weise regeln, eine größere Anzahl von Mitgliedern für seine Anwendung einfordern und der Vollversammlung die Möglichkeit der Teilnahme an diesen grundlegenden Entscheidungen einräumen. Wäre das nicht die demokratischste und gerechteste Lösung? Dort muß ein Kampf geführt werden. Man braucht die Einheit aller Länder der Dritten Welt, das haben wir den Afrikanern gesagt, als wir uns mit ihnen trafen, den Asiaten, den Karibikstaaten, allen Vertretern in den internationalen Organisationen: in den Vereinten Nationen, bei den Tagungen der Blockfreienbewegung und der LoméStaaten, in der Gruppe der 77, überall. Wir sind eine große Gruppe von Ländern mit gleichen Interessen und der Sehnsucht nach Fortschritt und Entwicklung. Wir bilden die absolute Mehrheit in fast allen internationalen Institutionen und ihr könnt sicher sein, daß man voranschreitet bei der Bewußtwerdung des Schicksals, das sie für uns vorgesehen haben. Man muß arbeiten, überzeugen, kämpfen, hartnäckig bleiben und niemals den Mut verlieren. Die Nachbarn aus dem Norden spinnen permanent Intrigen, um uns zu spalten. Ich werde dafür vier Beispiele in bezug auf Lateinamerika anbringen. Ihnen mißfällt der MERCOSUR, der bereits wirtschaftliche Erfolge erreicht hat, auch wenn er bisher nicht mehr ist als eine Keimzelle für die große regionale Integration, die wir anstreben und die sie absolut nicht wünschen. Was erfinden sie? Gut, viele Dinge. Zunächst erfinden sie diese Tagungen auf Kontinentalebene, von denen Kuba ausgeschlossen ist, als eine Art von Antwort auf den Ersten Iberoamerikanischen Gipfel in Guadalajara. Sie erfinden die Idee, daß es nicht mehr als einen Sitz für Lateinamerika als ständiges Mitglied geben soll, mit dem Ziel, mehrere wichtige Vertreter unserer Region gegeneinander auszuspielen. Und plötzlich fügen sie die Bestimmung hinzu, Brasilien, Argentinien und Mexiko bei der Besetzung des Sitzes rotieren zu lassen, selbstverständlich ohne Vetorecht. Prompt erfinden sie die spezielle Kategorie des strategischen Allierten für Argentinien, was Verdächtigungen und Unbehagen bei wichtigen befreundeten Nachbarstaaten hervorruft, und zwar genau in dem Moment, als sie angesichts des fortschreitenden MERCOSUR aufgerufen sind, sich weiter zu vereinen und eng zu kooperieren. Sie erfinden die maquiavellische Entscheidung, den Verkauf von hochtechnologischen Waffen an die Länder der Region freizugeben, was einen kostspieligen, ruinösen und spaltenden Rüstungswettlauf zwischen ihnen entfesseln könnte. Wozu dienen diese Waffen, wo es doch keinen Kalten Krieg mehr gibt und weder das Gespenst der UdSSR noch eine andere äußere Sicherheitsbedrohung
existiert, die nicht von den USA selbst ausgeht? Können diese Waffen etwa zur Einheit, der Kooperation, der Integration, dem Fortschritt oder dem Frieden zwischen uns beitragen? Was brauchen wir, um die Augen zu öffnen und endlich zu begreifen, welche die geostrategischen Ziele dieser Politik sind? Unser kleines Land konnten sie nicht überall weiter ausschließen. Wir nehmen bereits an den Iberoamerikanischen Gipfeln teil, sind Mitglieder der Vereinigung der Karibischen Staaten, gehören zum SELA, wurden in die ALADI eingegliedert, haben exzellente Beziehungen zur CARICOM, sind beim großen Gipfel der Europäischen Union, Lateinamerikas und der Karibik präsent, der in Rio de Janeiro stattfindet, wurden als Beobachter im Kreis der Staaten des Lomé-Abkommens zugelassen, sind aktive Mitglieder der Gruppe der 77 und nehmen als Gründungsmitglieder einen herausragenden Platz in der Blockfreienbewegung ein. Wir gehören zudem der WTO an und arbeiten aktiv in den Gremien der Vereinten Nationen mit, die eine große Tribüne und eine Institution darstellen, die nach erfolgter Demokratisierung ein Grundpfeiler einer gerechten und menschlichen Globalisierung sein könnte. Was machen wir dort? Wir reden, erklären und sprechen Probleme an, von denen wir wissen, daß sie einen großen Teil der Menschheit eng betreffen. Wir tun dies mit der Freiheit dessen, der dies so ohne Druck vortragen kann, denn es gibt befreundete Staaten in Afrika, Asien, Lateinamerika und anderen Regionen, die gerne viele Dinge energisch vorbringen würden, aber nicht die Möglichkeiten von Kuba haben, das bereits aus allen internationalen Finanzorganisationen ausgeschlossen ist, blockiert wird und einem Wirtschaftskrieg ausgesetzt ist, weshalb es unverwundbar gegenüber jeglicher Repressalie dieser Art ist und zudem durch einen vierzigjährigen harten Kampf gestärkt wurde, was uns die absolute Freiheit gibt, so zu handeln. Die anderen Staaten haben möglicherweise ein vitales Bedürfnis nach einem Kredit der Weltbank, der Interamerikanischen Bank, einer anderen Regionalbank, einer Verhandlung mit dem Internationalen Währungsfonds oder einem Exportkredit, was einer der vielen von den USA angewendeten Mechanismen ist, so daß dadurch ihr Handlungsspielraum eingeengt ist. Kuba hat deshalb oftmals die Aufgabe übernommen, in aller Freiheit die großen Menschheitsprobleme anzusprechen. Trotz alldem gibt es in unseren armen Ländern mutige Menschen, so zum Beispiel dieses Jahr in den Vereinten Nationen, als der kubanische Antrag gegen die Blockade die Unterstützung von 157 Stimmen bei nur 2 Gegenstimmen bekam (Beifall). Sieben Jahre machen wir dieses Spiel jetzt schon. Beim ersten Mal waren es etwa 55 Ja-Stimmen und 4 oder 5 Nein-Stimmen. Der Rest enthielt sich oder war abwesend. Denn wer wollte sich schon ein Problem mit den Yankees einhandeln? Denn dort wird offen mit Handzeichen abgestimmt (Lachen). Aber die Angst läßt nach, sie ließ in der Tat nach. Die Würde kann anwachsen, und sie wächst in der Tat. Im darauffolgenden Jahr waren es schon mehr als 66 JaStimmen, im Jahr darauf über 70, später wuchs die Zahl über einhundert, und jetzt, wo wir die Unterstützung von fast 160 Staaten gegenüber 2 Gegenstimmen haben, kann die Zahl nicht mehr wachsen, denn am Ende wird mit Ausnahme der USA niemand mehr übrigbleiben, der die unmenschliche, grausame und unendliche Blockade unterstützt, es sei denn, die Vereinigten Staaten stimmen eines Tages für uns und helfen dem kubanischen Anliegen (Lachen und Beifall). Es geht voran, man gewinnt an Boden. Die Völker wissen aus Intuition oder Instinkt, daß oftmals verleumderische Beschuldigungen erhoben werden. Die Völker haben einen augeprägten Instinkt! Außerdem kennen sie die Verleumder, die überall zugegen sind, Menschen mißhandeln und Egoismus und Haßgefühle säen. Sie kennen sie. Es ist schwierig, die Geringschätzung zu verbergen, und die Länder der Dritten Welt leiden sehr unter der Arroganz und der Geringschätzung. Die Regierungen der Vereinigten Staaten haben uns die Möglichkeit gegeben, in die höchsten Stadien des Kampfes einzutreten, indem sie uns blockieren, permanent anfeinden und überall ausschließen wollen. Aber wir sind sogar glücklich darüber, überall ausgeschlossen zu sein, denn das gibt uns im Gegenzug die Freiheit, ohne
Rücksichtnahme auf jeder Bühne der Welt zu sprechen, wo es so viele gerechte Anliegen zu verteidigen gibt (Beifall). Wir können im Allgemeinen eine gewisse Rücksicht gegenüber anderen Ländern zeigen, aus den Gründen, die ich bereits erläutert habe, aber ihnen gegenüber, dem Grundpfeiler der Reaktion und der Ungerechtigkeit in unserer Epoche, können wir die Wahrheit und immer nur die Wahrheit sagen, mit Beziehungen und ohne Beziehungen, mit Blockade und ohne Blockade. Sie sollen sich nicht die geringste Illusion machen, daß Kuba im Falle einer Aufhebung der Blockade aufhören würde, mit der gleichen Offenheit und der gleichen Ehrlichkeit zu sprechen, mit der es in den letzten vierzig Jahren gesprochen hat! (Beifall und Ausrufe) Dies ist eine historische Pflicht. Ich werde bald Schluß machen, wenn ihr es mir erlaubt (Ausrufe: "Nein"). Denkt daran, daß ich hier zu Besuch bin (Lachen), und ich bin hier unter euch, den Studenten, ich bin hier in diesem Land, das ich ehrlich bewundere und sehr liebe (Beifall und Ausrufe). Das sind nicht die Worte eines Schmeichlers. Ich war immer begeistert von der Geschichte. Das erste, was ich studierte, war genau Geschichte, denn als ich in die erste Klasse kam, gaben sie mir direkt ein Buch über die biblische Geschichte davon habe ich einige Dinge gelernt, an die ich mich noch heute erinnere (Lachen) und selbstverständlich die Geschichte der Arche Noahs, des Auszugs aus Ägypten, der Schlachten und der Überquerung des Roten Meeres. Manchmal unterhalte ich mich mit einigen befreundeten Rabbinern und sage ihnen: "Erzählt mir, wo sie umgekehrt sind" (Lachen). Spaß beiseite, ich respektiere wirklich die Religionen, denn ich habe es immer als eine elementare Pflicht angesehen, den Glauben jedes einzelnen zu respektieren. Manchmal diskutiere ich sogar über relativ theologische Fragen der Weltbetrachtung und des Universums. Aus Anlaß des Papstbesuches hatte ich das Vergnügen und die Gelegenheit, einige wirklich sehr intelligente Theologen kennenzulernen, die ich mit Fragen jeder Art bombardierte (Lachen und Beifall). Ich traute mich nicht, einem von ihnen Fragen über Dogmen oder Glaubensfragen zu stellen, aber sehr wohl Fragen anderen Typs, wie z.B. über den Weltraum, das Universum und die Theorien über deren Ursprung sowie die Möglichkeiten der Existenz von Lebewesen auf anderen Planeten und andere Dinge, über die man sich mit sehr viel Ernst unterhalten kann. Mit Ernsthaftigkeit und Respekt kann man über jedes Thema sprechen, und ausgehend von diesem Respekt stellen wir Fragen und machen sogar manchmal Scherze. Gut, also ich war jetzt hier, und ich wollte euch erzählen, daß ich etwas über Venezuela sagen muß, nicht wahr? Wenn ihr es mir erlaubt (Beifall und Ausrufe: "Ja!"). Ihr werdet sagen: "Er kam nach Venezuela und hat nichts über uns gesagt". Ich warne euch alle, daß dies nicht leicht ist, aus den Gründen, die ich bereits erwähnt habe. Ich fing schon an zu erzählen, daß dies immer ein Land war, das ich sehr mochte, denn hier hatte die Geschichte meiner Leidenschaft für die Geschichte ihren Ausgangspunkt, für die Menschheitsgeschichte, die Geschichte der Revolutionen und Kriege, die Geschichte Kubas, die Geschichte Lateinamerikas und hierbei speziell die von Venezuela. So kam ich dazu, mich stark mit dem Leben und den Ideen Bolivars zu identifizieren. Der Zufall wollte es, daß Venezuela das Land war, das am meisten für die Unabhängigkeit dieser Hemisphäre gekämpft hat (Beifall). Es begann hier und sie hatten mit Miranda einen legendären Vorreiter, der sogar eine französische Armee im Krieg befehligte und berühmte Schlachten schlug, die eine Invasion des Territoriums der französischen Revolution verhinderten. Vorher hatte er in den Vereinigten Staaten für die Unabhängigkeit jenes Landes gekämpft. Ich besitze eine große Sammlung von Büchern über das sagenhafte Leben Mirandas, auch wenn ich noch nicht alle habe lesen können. Die Venezolaner hatten also Miranda, den Vorreiter der Unabhängigkeit Lateinamerikas, und danach Bolívar, den Befreier, der
für mich immer der größte unter den großen Gestalten der Geschichte war (Aus dem Publikum rufen sie ihm zu: "Auch Fidel!"). Stuft mich doch bitte auf dem vierzigtausendsten Rang ein. Ich erinnere mich immer an einen Satz Martís, der mir am meisten im Gedächtnis hängengeblieben ist: "Der gesamte Ruhm der Welt hat in einem Maiskorn Platz". Viele der großen geschichtlichen Persönlichkeiten sorgten sich sehr um den Ruhm, und das ist kein Grund, sie zu kritisieren. Das Konzept der Zeit, des Sinns der Geschichte, der Zukunft, der Bedeutung und des Überdauerns der Geschehnisse seines Lebens, das ein Mensch haben kann, vielleicht war es das, was sie unter Ruhm verstanden. Das ist natürlich und erklärbar. Bolívar sprach gerne vom Ruhm und er redete sehr entschieden von Ruhm. Dafür kann man ihn nicht kritisieren, denn ein großer Nimbus wird immer seinen Namen begleiten. Martís Konzept des Ruhms, das ich vollkommen teile, kann mit der persönlichen Eitelkeit und der Selbstverherrlichung des einzelnen in Verbindung gebracht werden. Die Rolle des Individuums bei wichtigen geschichtlichen Ereignissen wurde sehr oft diskutiert und sogar zugestanden. Was mir besonders an dem Satz Martís gefällt, ist die Idee der Unbedeutsamkeit des Menschen an sich im Angesicht der enormen Transzendenz und Bedeutung der Menschheit und der unermesslichen Weite des Universums, sowie die Tatsache, daß wir im Grunde nichts weiter sind als ein winziges im All schwebendes Staubpartikel. Diese Realität verringert aber nicht im Geringsten die Größe des Menschen, sondern erhöht sie im Gegenteil vielmehr, wenn der Geist dieses Menschen, wie im Falle Bolívars, von einem ganzen Universum an gerechten Ideen und noblen Gefühlen bestimmt war. Deshalb bewundere ich Bolívar so sehr und sehe sein Lebenswerk als so enorm an. Er gehört weder zum Stamm der Eroberer von Territorien und Nationen noch zu dem der Gründer von Imperien, der anderen Ruhm verliehen hat. Er bildete Nationen, befreite Territorien und zerstörte Imperien. Er war außerdem ein brillianter Soldat, herausragender Denker und Prophet. Heute versuchen wir das zu tun, was er tun wollte und was bisher noch nicht erreicht wurde, nämlich die Vereinigung unserer Völker unter Befolgung der Leitlinien jenes Einheitsdenkens, welches das einzige darstellt, das unserer Kultur und unserer Epoche angemessen ist, damit die Menschen morgen in einer vereinten, brüderlichen, gerechten und freien Welt leben und sich kennenlernen können, wie Bolívar es für die aus Weißen, Schwarzen, Indianern und Mestizen zusammengesetzten Völker unseres Amerikas vorgesehen hatte. Wir befinden uns hier in dem Land, für das wir besondere Bewunderung, Respekt und Zuneigung empfinden. Als ich vor 40 Jahren hierher kam, drückte ich es so mit tiefster Dankbarkeit aus, denn nirgendwo wurde ich besser und mit soviel Herzlichkeit und Enthusiasmus empfangen. Das einzige, wofür ich mich schämen kann, ist die Tatsache, daß ich damals beim ersten Treffen in dieser angesehenen Universität wirklich noch im Kindergartenalter war (Lachen und Beifall). Nachdem ich dies gesagt habe, möchte ich nun so zusammengefaßt wie möglich den Gedanken ausführen, den ich in bezug auf Venezuela vortragen wollte. Wahrscheinlich werden nicht alle damit einverstanden sein. Das Wichtigste ist, daß jeder ihn mit Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit und Objektivität analysiert. Die Zahlen und Angaben, die dieser Besucher versucht hat, zu analysieren, bringen ihn zu der Schlußfolgerung, daß das venezolanische Volk in dieser neuen Epoche mit Mut und Intelligenz die ernsthaften Schwierigkeiten bewältigen muß, die aus der aktuellen wirtschaftlichen Situation entstehen. Warenexporte, gemäß dem Bericht der Zentralbank: 1997: 23,4 Milliarden Dollar (hier werden die Dienstleistungen nicht einbezogen, die in bezug auf Einnahmen und Ausgaben mehr oder weniger ein Gleichgewicht aufzeigen). 1998: 17,32 Milliarden Dollar. Das bedeutet, daß der Wert der Exporte in einem einzigen Jahr um 6,08 Milliarden Dollar gesunken ist. Erdöl (Hauptexportgut) - Preise: 1996: etwa 20 Dollar pro Barrel; 1997: 16,5 Dollar;
1998: etwa 9 Dollar. Die wichtigsten Bergbauprodukte: Eisen, Aluminium, Gold und Derivate wie Stahl. Die Preise für alle diese Produkte sind in größerem oder kleinerem Ausmaß spürbar gesunken. Beide Branchen stellen 77% der Exporte, das heißt Erdöl und Bergbauprodukte. Positive Handelsbilanz: 1996 - 13,6 Milliarden Dollar 1998 - 3,4 Milliarden Dollar Differenz: 10,2 Milliarden Dollar in nur 2 Jahren. Zahlungsbilanz: 1996 - 7 Milliarden Dollar im Plus für Venezuela 1998 - 3,418 Milliarden Dollar im Minus für das Land. Differenz: mehr als 10 Milliarden Dollar. Verfügbare internationale Reserven: 1997: 17,818 Milliarden Dollar 1998: 14,385 Milliarden Dollar Nettoverluste: etwa 3,5 Milliarden Dollar in einem Jahr. Außenverschuldung: 1998: 31,6 Milliarden Dollar, wobei die kurzfristigen privaten Finanzschulden nicht einbezogen sind. Fast 40% des Staatshaushalts wird für die Bedienung der Außenschuld aufgewendet. Soziale Situation, gemäß verschiedenen nationalen und internationelen Quellen, die gestern vom Präsidenten Chávez wörtlich bestätigt wurden (Beifall): Arbeitslosigkeit - gemäß seinen Worten -: Offizielle Zahlen sprechen von 11-12%. Es gibt andere Angaben, die auf eine Rate von 20% hinweisen. Die Unterbeschäftigung (welche die Arbeitslosigkeit miteinschließt, wie anzunehmen ist) -die Anmerkung in Klammern habe ich hinzugefügt - bewegt sich um 50% herum. Fast eine Million Kinder müssen um ihr Überleben kämpfen - das sind die Worte, die er gebrauchte. Die Kindersterblichkeit beträgt fast 28 pro 1000 Lebendgeborenen. 15% der Todesfälle ist auf Unterernährung zurückzuführen. Wohnungsdefizit: 1.500.000. Nur eines von fünf Kindern beendet die Grundschule; 45% der Jugendlichen absolviert nicht die Sekundarstufe. Wenn ihr es mir erlaubt, um ein Beispiel aufzuzeigen, sage ich, daß in Kuba etwa 95% der Jugendlichen dieser Altersstufe die Sekundarstufe absolvieren. Das ist fast das Maximum, das man erreichen kann. Ich sage dies, da die Zahl von 45% für die Kinder, die nicht zur Schule gehen, wirklich beeindruckend ist. Zu diesen Daten, die der Präsident in seiner komprimierten Synthese aufgezeigt hat, könnten noch weitere aus verschiedenartigen und glaubwürdigen Quellen entstammende Daten hinzugefügt werden. Mehr als eine Million Kinder sind in den Arbeitsmarkt einbezogen und mehr als 2,3 Millionen Kinder aus dem Schulsystem ausgeschlossen und ohne jegliche Beschäftigung. In den letzten 10 Jahren sind mehr als eine Million Venezolaner aus der Kategorie "C" der Mittelschicht - wie ihr seht, sind wir auch in der Mittelschicht in Kategorien eingeteilt - in die Kategorie der Armen und Bedürftigen abgerutscht, die heute bereits 77% der Venezolaner aufgrund des Einkommensrückgangs, der Arbeitslosigkeit und den Auswirkungen der Inflation umfaßt. Das bedeutet, daß "c", "d" und "e" die Kategorien sind, die heutzutage von den Armen bis zu den Bedürftigen alle erfassen. Dies geschah, wie es Präsident Chávez mit bewegenden und bitteren Worten ausdrückte, im ursprünglichen Vaterland von Bolívar, der am reichsten mit Naturschätzen ausgestattetsten Nation von Amerika mit einer Fläche von fast einer Million Quadratkilometern und nicht mehr als 22 Millionen Einwohnern. Ich versuche, darüber nachzudenken. Ich muß zunächst und vor allem sagen, daß ich ein Freund von Chávez bin (Beifall).
Aber niemand hat mich darum gebeten oder mich gedrängt, über ein bestimmtes Thema zu sprechen. Keine Führungspersönlichkeit seines Teams und kein venezolanischer Politiker oder Freund wußte irgend etwas davon, worüber ich am heutigen Abend hier an einem so neuralgischen und strategischen Ort wie der Zentraluniversität von Venezuela sprechen würde. Die hier ausgedrückten Gedanken unterliegen meiner totalen und absoluten Verantwortung und werden in der Hoffnung geäußert, daß sie von Nutzen sein könnten. Was besorgt uns? Mir scheint es, daß ich in diesem Moment eine außergewöhnliche Situation in der Geschichte Venezuelas vor mir sehe. Ich habe zwei besondere Augenblicke miterlebt: zunächst jenen im Januar 1959 und dann 40 Jahre später die außerordentliche Erregung des Volkes am 2. Februar 1999. Ich habe ein wiederauflebendes Volk gesehen. Ein Volk, wie ich es damals auf dem Platz der Stille sah, wo ich ein bißchen stiller war als hier (Lachen) und wo ich einem wunderbaren Bewohner von Caracas sogar eine Widerrede geben mußte, weil ich ausgehend von einer elementaren Pflicht als Besucher einige Persönlichkeiten der Regierung erwähnte, beginnend beim Admiral Larrazábal, und als ich eine andere in jenem Augenblick wichtige politische Persönlichkeit erwähnte, gab es dort im Publikum Lärm und Proteste, die mich meinerseits zwangen, ebenfalls zu protestieren. Ich beschwerte mich, da es mir ungemein peinlich war und ich glaube, daß ich sogar errötete. Und ich sagte ihnen: "Ich erwähne doch hier keine Namen, damit ihr ihn dann auspfeift". Ich übermittelte der gewaltigen Menschenmasse auf dem Platz der Stille meine Beschwerde. Diese Massen waren unzweifelhaft revolutionär eingestellt. Ich fand jetzt wieder das Bild eines Volkes in einer außergewöhnlichen Stimmung vor, diesmal allerdings unter anderen Umständen. Damals vor 40 Jahren waren die Hoffnungen zurückgeblieben. Ich möchte jetzt hier jetzt nicht die Gründe erklären. Das überlasse ich den Historikern. Diesmal schreiten die Hoffnungen voran, ich sehe hier eine wirkliche Wiederaufersteheung Venezuelas, oder wenigstens eine außerordentlich große Gelegenheit für Venezuela. Ich sehe dies nicht nur im Interesse Venezuelas, sondern auch der Lateinamerikaner und der anderen Völker der Welt, angesichts der Art und Weise, wie die Welt hin zu einer umfassenden Globalisierung voranschreitet, denn daran geht kein Weg vorbei. Dafür gibt keinen Ausweg und keine Alternativen. Damit kann ich also nicht beabsichtigen, euch zu schmeicheln, sondern ich will euch vielmehr an eure Pflicht und die Pflicht der Nation, des Volkes und all derer erinnern, die nach jenem Besuch geboren wurden, an die Pflicht der Jüngsten und der Reifsten, die wirklich eine Aufgabe von enormer Verantwortung vor sich haben. Ich glaube, daß schon einige Male Gelegenheiten verschenkt wurden, aber euch würde man nicht verzeihen, wenn ihr diese verschenkt (Beifall). Es spricht eine Person zu euch, die das Privileg und die Gelegenheit gehabt hat, einige politische Erfahrung gesammelt und einen revolutionären Prozess in seiner Gesamtheit durchlebt zu haben, und dies sogar in einem Land, in dem die Leute nichts von Sozialismus hören wollten, wie ich euch bereits erzählte. Wenn ich hier von den Leuten spreche, meine ich die große Mehrheit der Bevölkerung. Dieselbe Mehrheit unterstützte die Revolution, unterstützte die Führer, unterstützte die Rebellenarmee, aber es gab Gespenster, die sie in Angst und Schrecken versetzten. Das, was Pavlov mit den berühmten Hunden machte, war das, was die Vereinigten Staaten mit vielen von uns und mit wer weiß wie vielen Millionen Lateinamerikanern machten. Sie schufen bedingte Reflexe in uns. Wir mußten viel gegen die Mängel und die Armut kämpfen und lernen, aus wenig viel zu machen. Wir haben bessere und schlechtere Augenblicke erlebt, vor allem als wir Handelsverträge mit dem sozialistischen Lager und der Sowjetunion erreichten und gerechtere Preise für unsere Exportprodukte forderten, da wir erkannten, daß der Preis ihrer Lieferungen anstieg und der Preis unserer Produkte im Falle eines Fünfjahresvertrages während dieses Zeitraums unverändert blieb, so daß wir am Ende der fünf Jahre über eine geringere Kaufkraft verfügten. Wir
schlugen die Gleitklausel vor, die besagte, daß im Falle eines Preisanstiegs ihrer nach Kuba exportierten Produkte die Preise unserer Lieferungen automatisch anstiegen. Wir griffen zur Diplomatie, zur Doktrin und zur Redegewandheit, die bei Revolutionären eines Landes, das so viele Hindernisse zu überwinden hatte, erwartet werden kann. Die Sowjets hatten wirklich Sympatie für Kuba und eine große Bewunderung für unsere Revolution, weil es sie in Erstaunen versetzte, nach so vielen Jahren dort neben den Vereinigten Staaten ein kleines Land zu sehen, das sich gegen die gewaltige Supermacht erhob, was sie sich niemals hatten vorstellen können und wozu sie niemals jemandem geraten hätten. Zum Glück haben wir niemanden um Rat gefragt (Lachen), auch wenn wir damals bereits fast die gesamte Bibliothek der Werke von Marx, Engels, Lenin und anderer Theoretiker gelesen hatten. Wir waren überzeugte Marxisten und Sozialisten. Mit diesem Fieber und diesen Masern, die wir Jugendlichen gewöhnlich haben, und oftmals sogar die Alten (Beifall), übernahm ich die Grundprinzipien, die ich in dieser Literatur gelernt hatte und die mir halfen, die Gesellschaft zu verstehen, in der ich lebte und die bis dahin für mich ein unwegsames Gestrüpp darstellte, das keine überzeugende Erklärung irgendeiner Art anbot. Und ich muß sagen, daß das berühmte 'Kommunistische Manifest', für dessen Abfassung Marx und Engels so viele Monate gebraucht hatten - man merkt, daß der Hauptautor gewissenhaft arbeitete, wie er oftmals betonte, und daß er das Werk öfter überarbeitet haben muß als dies Balzac mit einer Seite von irgendeinem seiner Romane tat - einen großen Eindruck auf mich machte, da ich zum ersten Male in meinem Leben eine Reihe von Wahrheiten erkannte, die ich nie zuvor gesehen hatte. Davor war ich eine Art von utopischer Kommunist. Ich studierte einen 900-seitigen dicken Wälzer, der auf Handautographblätterm gedruckt war und den ersten Kurs für Politische Ökonomie enthielt, den sie an der Juristischen Fakultät unterrichteten. Es war eine von den Ideen des Kapitalismus inspirierte Politische Ökonomie, die aber die verschiedenen Schulen und Kriterien erwähnte und knapp analysierte. Indem ich später im zweiten Kurs dem Thema ein großes Interesse widmete und ausgehend von rationalen Gesichtspunkten meine Überlegungen anstellte, zog ich meine eigenen Schlußfolgerungen und wurde zu einem utopischen Kommunisten. Ich bezeichne dies so, weil meine Anschauungen nicht auf irgendeiner wissenschaftlichen oder historischen Grundlage basierten, sondern den guten Wünschen jenes kurz zuvor graduierten Absolventen der Jesuitenschule entsprangen. Den Jesuiten bin ich sehr dankbar, da sie mir einige Dinge gezeigt haben, die mir im Leben weitergeholfen haben, vor allem die Austattung mit einer gewissen körperlichen Stärke, einen Sinn für Humor und bestimmte ethische Prinzipien, welche die spanischen Jesuiten den Schülern einschärften, wenn sie auch weit entfernt von meinen jetzigen politischen und sozialen Überzeugungen waren. Ich verließ die Jesuitenschule als Sportler, Pfadfinder und Bergsteiger und trat als politischer Analphabet in die Universität von Havanna ein, ohne das Glück, über einen revolutionären Lehrmeister zu verfügen, der in jener Etappe meines Lebens so nützlich für mich gewesen wäre. Auf diesen Wegen gelangte ich zu meinen Ideen, die ich mit Treue und wachsender Inbrunst beibehalte, vielleicht deshalb, weil ich über etwas mehr Erfahrung und Kenntnisse verfüge und vielleicht auch aus dem Grund, daß ich die Möglichkeit gehabt habe, über neue Probleme nachzudenken, die in der Epoche von Marx noch nicht einmal existierten. Das Wort Umwelt zum Beispiel dürfte niemand zu Lebzeiten von Karl Marx jemals ausgesprochen haben, mit Ausnahme von Malthus, der davon sprach, daß die Bevölkerung geometrisch anwachsen und die Nahrung nicht für so viele Menschen ausreichen würde, womit er sich so in eine Art von Vorläufer der Ökologiebewegung verwandelt hatte, wenn er auch Ansichten über Ökonomie und Löhne aufrechterhielt, mit denen man nicht einverstanden sein kann (Lachen).
So habe ich also das gleiche Hemd an, mit dem ich vor 40 Jahren diese Universität besuchte (Beifall), mit dem wir die Moncada-Kaserne angriffen und mit dem wir mit der 'Granma' landeten (Beifall). Ich würde sogar behaupten, daß ich trotz der vielen abenteuerlichen Kapitel, die jedermann in meinem revolutionären Leben finden kann, immer versucht habe, weise und mit Vorsicht zu agieren, wenn ich vielleicht auch letztlich mehr weise als vorsichtig war. In der Konzeption und der Entwicklung der Kubanischen Revolution haben wir so gehandelt, wie Martí es ausdrückte, als er kurz vor seinem Tod auf dem Schlachtfeld vom großen antiimperialistischen Ziel seiner Kämpfe sprach: "In der Stille und unter Vermeidung jeder Direktheit mußte es vor sich gehen, weil es Dinge gibt, die zum Zweck ihres Erreichens im Dunkeln belassen werden müssen, denn wenn man ihr wahres Wesen verkündete, würde man zu große Schwierigkeiten heraufbeschwören, um das Ziel nach deren Bewältigung noch zu erreichen". Ich war diskret, wenn auch nicht so, wie ich hätte sein müssen, denn ich erklärte allen Leuten, die ich traf, die Ideen von Marx und von der Klassengesellschaft, so daß mir in der Volksbewegung, deren gegen die Korruption gerichtete Kampfparole "Scham gegen Geld" lautete und in die ich mich kurz nach meinem Eintritt in die Universität eingliederte, der Ruf eines Kommunisten nachhing. Aber bereits in den letzten Jahren meines Studiums war ich nicht mehr ein utopischer Kommunist, sondern diesmal ein atypischer Kommunist, der frei agierte. Ich ging von einer realistischen Analyse der Situation unseres Landes aus. Es war die McCarthyEpoche mit einer fast vollständigen Isolierung der Sozialistischen Volkspartei, wie sich die marxistische Partei in Kuba damals nannte, und es gab dagegen in der Bewegung, der ich mich angeschlossen hatte und die bereits zur Partei des Kubanischen Volkes geworden war, eine große Masse von Aktivisten, die meiner Meinung nach über einen Klasseninstinkt, wenn auch nicht über ein Klassenbewußtsein, verfügten. Es waren Bauern, Arbeiter, Facharbeiter, Vertreter der Mittelschicht, gute, aufrichtige und potentiell revolutionäre Menschen. Der Gründer und Führer dieser Partei war ein Mann von großem Charisma, der sich Monate vor dem Sttaatsstreich von 1952 in dramatischer Art und Weise das Leben nahm. Aus den Reihen der jugendlichen Mitglieder dieser Partei nährte sich später unsere Bewegung. Ich arbeitete in dieser politischen Organisation mit, die in Wirklichkeit bereits dabei war, in die Hände von reichen Personen zu fallen, wie es mit allen Parteien geschah, und ich konnte bereits voraussehen, was nach dem damals unvermeidlichen Triumph an den Wahlurnen geschehen würde. Dennoch hatte ich auf eigene Faust - ein Utopiker kommt auf alle möglichen Ideen, stellt euch das mal vor - schon einige Konzepte darüber entwickelt, was man in Kuba in Angriff nehmen kann und wie dies trotz der Vereinigten Staaten durchzuführen sei. Die Massen mußten auf einen revolutionären Weg geführt werden. Das war vielleicht der Verdienst der von uns eingeschlagenen Taktik. Klar, wir bewegten uns natürlich immer mit den Büchern von Marx, Engels und Lenin. Als uns während des Sturms auf die Moncada-Kaserne ein Buch von Lenin verlorenging, war das erste, was die Propaganda des Batista-Regimes im Laufe des Prozesses behauptete, daß es sich um eine Konspiration von korrumpierten PrioAnhängern aus dem Umfeld der kurz zuvor gestürzten Regierung handelte, die mit Geldmitteln dieser Leute ausgestattet und zudem kommunistisch sei. Es ist unklar, wie man diese beiden Kategorien vereinbaren konnte. Während des Prozesses übernahm ich meine eigene Verteidigung. Nicht weil ich mich für einen guten Anwalt hielt, sondern weil ich glaubte, daß ich selbst in diesem Moment der Beste sei, der mich verteidigen könnte. Ich zog mir eine Robe über und nahm den für die Anwälte bestimmten Platz ein. Es handelte sich mehr um einen politischen Prozess als um einen Strafprozess. Mir ging es nicht darum, einen Freispruch zu erreichen, sondern Ideen zu verbreiten. Ich begann, alle die Kriminellen zu verhören, die Aberdutzende von unseren Gefährten ermordet hatten und die als Zeugen auftraten. Der Prozess richtete sich im Grunde genommen
gegen sie (Beifall). So kam es dazu, daß sie mich am nächsten Tag vom Prozess entfernten und für krank erklärten (Lachen). Das war das letzte, was sie taten, da sie eine große Lust hatten, mich ein für alle Mal zu eliminieren. Aber gut, ich wußte sehr gut, warum sie sich zurückhielten. Ich kannte und kenne bis heute die Psychologie aller dieser Leute, ihre Stimmung, die Situation des Volkes sowie die Ablehnung und enorme Abscheu, welche die Morde auslösten. Außerdem hatte ich auch ein bißchen Glück, aber die Tatsache ist die, daß in den ersten Stunden, während sie mich verhörten, das Buch von Lenin auftaucht und jemand es mir vor die Nase hält: "Sie hatten ein Buch von Lenin dabei". Wir erläuterten, daß wir Anhänger Martís seien, was die Wahrheit war, daß wir nichts mit jener korrupten Regierung zu tun hatten, die sie von der Macht vertrieben hatten, und daß wir uns diese und jene Ziele vorgenommen hatten. Eines war klar, von Marxismus-Leninismus erwähnten wir nicht ein Wort und hatten außerdem auch keinen Grund, ihnen irgendetwas zu erzählen. Wir sagten das, was wir ihnen sagen mußten, doch als während der Verhandlung das erwähnte Buch auftauchte, fühlte ich in diesem Augenblick einen wirklichen Zorn und sagte: "Ja, dieses Buch von Lenin gehört uns, denn wir lesen die Bücher von Lenin und anderen Sozialisten, und der, der sie nicht liest, ist ein Ignorant." So erklärte ich es vor den Richtern und weiteren Prozeßteilnehmern an jenem Ort (Beifall). Das war unerträglich. Wir sagten nicht: "Schauen Sie, dieses Büchlein hat irgendjemand dort hingesteckt." Nein, nein (Lachen). Danach lag unser Programm offen vor, als ich mich im dem Prozess verteidigte. Wer nicht über unsere Überzeugungen Bescheid wußte, wollte dies nicht wissen. Vielleicht wollte man jene unter dem Titel "Die Geschichte wird mich freisprechen" bekannt gewordene Rede ignorieren, mit der ich mich dort allein verteidigte, denn sie entfernten mich aus der Verhandlung und erklärten mich für krank, wie ich bereits vorher erwähnte, und führten den Prozess gegen alle anderen fort, während sie mich in ein Krankenhaus schickten, um mich dort in einem kleinen Saal abzuurteilen. Sie lieferten mich nicht direkt ins Krankenhaus ein, sondern steckten mich in eine isolierte Zelle des Gefängnisses. In dem Krankenhaus befand sich ein winziger Saal, der in einen Gerichtsaal umgewandelt wurde, in dem sich das Gericht und einige wenige Personen, fast alles Militärs, zusammendrängten und wo ich letztlich abgeurteilt wurde. Ich hatte dort das Vergnügen, alles was ich dachte, in ausführlicher und ziemlich herausfordernder Weise zu äußern. Ich frage mich, wieso sie nicht herausfanden, welcher unser Denkansatz war, denn es lag alles offen vor. Man kann sagen, daß die Rede die Grundpfeiler eines sozialistischen Regierungsprogramms enthielt, auch wenn wir selbstverständlich überzeugt waren, daß dies nicht der geeignete Moment sei, um dies offen auszusprechen, denn das würde in Etappen verlaufen und seine Zeit brauchen. Wir sprachen damals bereits von der Agrarreform und neben anderen sozialen und ökonomischen Aspekten sogar davon, daß der gesamte Mehrwert - selbstverständlich ohne dieses Wort zu erwähnen (Lachen) -, das heißt alle die Gewinne jener Herrschaften, die über so viel Geld verfügten, für die Entwicklung des Landes verwendet werden müßte, und ich gab zu verstehen, daß die Regierung verantwortlich für diese Entwicklung und die Verwendung der besagten Geldüberschüsse sei. Ich sprach sogar vom Goldenen Kalb. Wieder erinnerte ich an die Bibel und wies auf diejenigen hin, "die das Goldene Kalb anbeteten", wobei ich mich eindeutig auf diejenigen bezog, die alles vom Kapitalismus erwarteten. Es gab also eine genügend große Anzahl von Hinweisen darauf, wie wir wirklich dachten. Später bin ich zu dem Schluß gekommen, daß möglicherweise viele derer, die von einer wirklichen Revolution betroffen gewesen wären, uns absolut nicht glaubten, denn in 57 Jahren als US-amerikanische Neokolonie wurde mehr als ein fortschrittliches oder revolutionäres Programmm verkündet, weshalb die herrschenden Klassen das unsere niemals als durchführbar oder von den Vereinigten Staaten tolerierbar ansahen, ihm keine größere Aufmerksamkeit schenkten, es hinnahmen und sich sogar darüber amüsierten. Am Ende würden alle
Programme aufgegeben werden und die Leute sich korrumpieren lassen, und möglicherweise sagten sie: "Die Illusionen dieser romantischen Jugendlichen sind sehr hübsch und sympathisch. Warum sollen wir dem eine große Beachtung schenken?" Sie fühlten eine Antipathie gegenüber Batista, bewunderten die Frontalattacke gegen sein willkürliches und korruptes Regime und unterschätzten möglicherweise das in jener Verteidigungsrede enthaltene Denken, in dem die Grundlagen dessen zu finden waren, was wir danach taten und woran wir heute glauben, allerdings mit dem Unterschied, daß die langjährigen Erfahrungen unsere Kenntnisse und Wahrnehmungsweisen in bezug auf alle diese Themen bereichert haben. So ist dies also mein Denken, seit damals habe ich es offen verkündet. Wir haben die harte Erfahrung eines langen revolutionären Abschnitts durchlebt, vor allem in den letzten 10 Jahren, als wir uns unter schwierigsten Umständen extrem mächtiger Kräfte erwehren mußten. Gut, ich werde die Wahrheit sagen: wir haben das geschafft, was unmöglich erschien. Ich würde fast sagen, daß Wunder vollbracht wurden. Selbstverständlich beschlossen wir damals die Gesetze so, wie sie vorher versprochen wurden, und es kam die wie immer hochmütige und arrogante Oppostion der Vereinigten Staaten auf, die sehr viel Einfluß in unserem Land hatten. Der Prozess radikalisierte sich angesichts von jedem Schlag und jeder Aggression, denen wir ausgesetzt waren. So begann der lange Kampf, der bis heute andauert. Die gesellschaftlichen Kräfte in unserem Land polarisierten sich, wobei die überwiegende Mehrheit auf seiten der Revolution stand und eine Minderheit von etwa 10% oder weniger sie ablehnte, so daß es bis heute immer einen großen Konsens und eine gewaltige Unterstützung in diesem gesamten Prozeß gegeben hat. Man weiß, um welche Dinge man sich kümmern kann, denn wir unternahmen eine große Anstrengung zur Überwindung der bestehenden Vorurteile, zur Übermittlung von Ideen und zur Bildung von Bewußtsein bei den Menschen, was eine schwierige Aufgabe war. Ich erinnere mich an das erste Mal, als ich über Rassendiskriminierung sprach und dreimal im Fernsehen erscheinen mußte. Mich erstaunte, bis zu welchem Ausmaß die von den Nachbarn im Norden mitgebrachten Vorurteile in der Bevölkerung verankert waren, was unsere Vermutungen übertraf: Daß bestimmte Clubs für Weiße reserviert waren und die anderen dort nicht hingehen konnten, daß bestimmte Strände, vor allem in der Hauptstadt waren es fast alle Strände, nur für Weiße vorgesehen waren und daß sogar nach Rassen getrennte Parks und öffentliche Promenaden existierten, auf denen die einen in die eine Richtung gingen und die anderen in die andere, je nach Hautfarbe. Wir öffneten alle Strände für die gesamte Bevölkerung und verboten von Beginn an die Diskriminierung in allen Erholungsstätten, Parks und Promenaden. Diese erniedrigende Ungerechtigkeit war absolut unvereinbar mit der Revolution. Eines Tages sprach ich davon und erklärte diese Dinge. Was für eine gewaltige Reaktion und wieviele Gerüchte und Lügen rief das hervor! Sie sagten, wir würden weiße Männer zwingen, schwarze Frauen zu heiraten und umgekehrt. Gut, genauso wie diese Abstrusität, die sie eines Tages erfanden, nach der wir den Eltern die elterliche Sorge entziehen würden. Ich mußte wieder im Fernsehen über das Thema der Diskriminierung sprechen, um auf alle diese Gerüchte und Intrigen zu antworten und zum wiederholten Male die Sachlage zu erklären. Es kostete viel Arbeit, dieses Phänomen zu überwinden, das nicht mehr war als der Ausdruck einer aufgezwungenen rassistischen Kultur und eines erniedrigenden und grausamen Vorurteils. Das bedeutet, daß wir in jenen Jahren einen Großteil unserer Zeit für zwei Dinge verwendeten, nämlich zum einen die Bildung von Bewußtsein und zum anderen die Verteidigung gegen Expeditionen, Drohungen mit äußerer Agression, den schmutzigen Krieg, Attentatspläne, Sabotageakte etc.. Es gab in allen Provinzen unseres Landes bewaffnete Söldnerbanden, die von der Regierung der Vereinigten
Staaten gefördert und finanziert wurden, aber wir durchkreuzten ihre Pläne und gaben ihnen keine Zeit, so daß sie nicht die geringste Chance hatten, sich zu entfalten, denn unsere eigene Erfahrung mit irregulärer Kriegsführung lag erst kurz zurück und praktisch waren wir eines der wenigen revolutionären Länder, das die konterrevolutionären Banden trotz deren logistischer Unterstützung aus dem Ausland total vernichten konnte. Dafür haben wir viel Zeit verwendet. Ein Problem und eine konkrete Besorgnis, die ich habe, ist das, was man jetzt überall sieht und was ganz natürlich ist, nämlich daß aufgrund des außergewöhnlichen Wahlergebnisses viele Erwartungen in Venezuela aufgekommen sind. Worauf beziehe ich mich? Auf die natürliche und logische Tendenz der Bevölkerung, zu träumen und zu hoffen, daß die große Anzahl von aufgestauten Problemen innerhalb von einigen Monaten gelöst werden. Als euer aufrichtiger Freund und ausgehend von meiner Erfahrung denke ich, daß es Probleme gibt, die weder in Monaten noch in Jahren gelöst werden können (Beifall). Deshalb habe ich die Zahlen vorgelesen, denn wir sehen und analysieren täglich ähnliche Daten in unserem Land, wie z.B. die Frage nach der Höhe des Nickel- oder Zuckerpreises, den Hektarerträgen im Zuckersektor, dem Eintreten oder Ausbleiben von Trockenperioden, den Einnahmen, den Schulden, den dringenden Einkaufsprioritäten, dem Preis des Milchpulvers, des Getreides, der unerläßlichen Medikamente, der produktiven Inputs und all der andern Dinge sowie der zu ergreifenden Maßnahmen. Zu bestimmten Zeiten konnten wir die Zuckerproduktionen steigern und sie praktisch verdoppeln, erzielten gute Preise, erwarben Maschinen und begannen mit dem Ausbau der Infrastruktur. Die Investitionen in der Industrie und der Landwirtschaft wurden gesteigert, was nur durch die technologischen Ressourcen der Sowjetunion begrenzt war, die in einigen Bereichen fortgeschrittener und in anderen rückständiger waren, wobei sie im Allgemeinen sehr viel Brennstoffe verbrauchten. Aber wir kauften so viel Stahl, wie wir über die inländische Produktion hinaus brauchten. Jedes Jahr kam eine halbe Million Kubikmeter Holz aus Sibirien in Kuba an, das mit Zucker, Nickel und anderen Produkten in Übereinstimmung mit dem Abkommen über Gleitpreise bezahlt wurde, das vor der Ölpreisexplosion geschlossen wurde und gemäß dem der Preis für Zucker und andere Exportgüter in demselben Maß anstieg wie der Ölpreis (Beifall). Und wißt ihr, wieviel Öl wir verbrauchten? Dreizehn Millionen Tonnen jährlich an Brennstoffen, nicht nur bestimmt für den Transport, die Mechanisierung der Landwirtschaft, den Straßenbau, die Hafenanlagen, Tausende Kilometer an Straßen, Hunderte von Stauseen und Mikrostauseen, die hauptsächlich der Landwirtschaft dienten, Wohnungen, mit mechanischen Melkanlagen ausgestattete Rinderfarmen, eine große Anzahl von Schulen, Tausende von Schulen und anderen sozialen Einrichtungen, sondern auch für den Energieverbrauch der Industrie und der Privatwohnungen. Die Elektrifizierung des Landes erreichte 95% der Bevölkerung. Es standen viele Ressourcuen zur Verfügung, und man kann sagen, daß wir nicht einmal fähig waren, diese mit der größtmöglichen Effizienz zu verwalten. Jetzt haben wir sehr wohl dazugelernt. Im Zeitalter der fetten Kühe lernt man nicht viel dazu, während man jedoch im Zeitalter der dürren, und wirklich spindeldürren Kühe erheblich dazulernt. Aber wir haben viele Dinge getan, die uns diese Resultate in wirtschaftlichen, sozialen und anderen Bereichen, von denen ich gesprochen habe, erlaubt haben. Unser Land nimmt auch den ersten Rang im Bildungssektor in bezug auf den Pro Kopf-Anteil an Lehrern ein. Kürzlich erstellte die UNESCO einen Bericht, der uns sehr befriedigte. In 14 Ländern Lateinamerikas, darunter auch die am weitesten entwickelten, wurde eine Umfrage unter 54.000 Kindern der dritten und vierten Klasse über ihre Mathematik- und Sprachkenntnisse durchgeführt und ein Durchschnittswert errechnet. Einige Länder bewegten sich unterhalb und einige oberhalb des Durchschnitts, doch Kuba nahm mit großem Abstand den ersten Rang mit einem fast doppelt so großen Wert wie der Durchschnitt für den Rest
Lateinamerikas ein (Beifall). Bei allen Kennziffern wie dem Alter der Schüler pro Jahrgang, dem Zurückbleiben, den Nichtwiederholern und anderen Meßfaktoren für die Qualität der Grundausbildung nahmen wir ohne Ausnahme den Ehrenplatz ein, was unser Land als einzigstes in die Kategorie 1 einstuft. Es gibt in Kuba sowohl eine große Masse von Lehrern, die mit jedem Jahr mehr Wissen und Erfahrung anhäufen, als auch eine große Masse von Ärzten, die ebenfalls Jahr für Jahr ihre Kenntnisse erweitern. Das trifft auch auf die Berufstätigen im Allgemeinen und auf viele andere Bereiche zu. Der Prozentsatz des Bruttoeinkommens, den wir in die Wissenschaft investieren, ist unvergleichlich höher als in den entwickeltsten Ländern Lateinamerikas. Wir verfügen über viele Tausende von Wissenschaftlern, von denen viele Postgraduiertendiplome und ständig wachsende Kenntnisse besitzen. Wir haben vieles gemacht und vor allem in das Humankapital investiert. Was kann eine Gefahr darstellen? Ich sage das hier in aller Offenheit und bin bereit, es auch überall sonst auszusprechen. Ihr habt das Zeitalter der fetten Kühe erlebt (ihm wird gesagt, daß dies bereits lange Zeit zurückliegt), vor langer Zeit, einverstanden. 1972 betrug der Preis für ein Barrel Erdöl 1,90 Dollar. Kuba kaufte z.B. nach dem Sieg der Revolution mit dem Erlöß von nur wenigen Hunderttausend Tonnen Zucker die 4 Millionen Tonnen Bennstoffe, die es verbrauchte, und das bei dem damaligen normalen Weltmarktpreis für Zucker. Beim plötzlichen Anstieg der Ölpreise rettete uns der erwähnte Gleitpreismechanismus, aber als die Krise kam, löste sich die UdSSR auf und wir verloren damit unseren Hauptmarkt und jede Art von Preisvereinbarungen, so daß wir den Verbrauch von 13 Millionen Tonnen Bennstoff um die Hälfte reduzieren und einen Großteil unserer Exporterlöse für diese Brennstoffe aufwenden mußten. Zudem lernten wir, zu sparen. Ich habe euch bereits von den Baseballspielern erzählt, aber ich kann hinzufügen, daß es in jeder Bauernhütte und in jedem Gehöft Baseballspieler gab, so daß die Spieler, Fans und sonstwer mit dem Traktor zum Spiel gekarrt wurden, und es gab sogar viele Arbeiter, die mit dem Traktor ihre Freundin besuchen fuhren (Lachen). Wir hatten die Zahl der Traktoren von 5.000 auf 80.000 erhöht. Dem Volk gehörte alles und wir hatten zwar das System verändert, doch kaum gelernt, wie man dies alles kontrolliert und verwaltet und begingen zudem einige idealistische Fehler. Aber wir hatten mehr Dinge zu verteilen als wir es heute haben. Mehr als ein Besucher sagte, daß Kuba "die Armut sozialisiert" habe. Wir antworteten ihnen: "Ja, es ist besser, die Armut zu sozialisieren als die wenigen Reichtümer unter einer kleinen Minderheit zu verteilen, die alles an sich reißt, während der Rest des Volkes nichts erhält." Heute sehen wir uns mehr denn je gezwungen, unsere Güter mit einer größtmöglichen Gleichheit zu verteilen. Trotzdem sind in unserem Land aufgrund von für uns unvermeidbaren Faktoren Privilegien entstanden, so z.B. durch Geldüberweisungen aus dem Ausland, den Tourismus und die Öffnung bestimmter Wirtschaftszweige für ausländische Investitionen. Diese Dinge haben uns die Aufgaben im politischen und ideologischen Bereich erschwert, weil die Ausstrahlungskraft des Geldes groß und nicht zu unterschätzen ist. Wir mußten viel gegen all dies ankämpfen, aber wir haben die Schlußfolgerung gezogen, daß man in einem Glaskasten zwar in großer Reinheit und in absoluter Asepsis leben kann, beim Verlassen desselben aber von einer Mücke, einem Insekt oder einer Bakterie getötet werden kann, so wie die vielen Bakterien, Parasiten und Viren, welche die Spanier einschleppten, eine große Anzahl von Ureinwohnern in dieser Hemisphäre umbrachten, weil Ihnen die Immunität gegen diese Krankheitserreger fehlte. Wir sagten: "Wir werden lernen, unter schwierigen Bedingungen zu arbeiten, da die Tugend sich letztlich im Kampf gegen das Laster herausbildet." Und so mußten wir unter den momentanen Umständen vielen Problemen begegnen. Ihr hattet eine Etappe von enormen Einnahmen, als der Ölpreis von 1,90 Dollar pro Barrel im Jahr 1972 über 10,41 Dollar im Jahr 1974, 13,03 Dollar im Jahr 1978 bis
auf 29,75 Dollar im Jahr 1979 anstieg, bis er 1980 die unglaubliche Zahl von 35,69 Dollar erreichte. In den darauffolgenden 5 Jahren zwischen 1981 und 1985 betrug der Durchschnittspreis pro Barrel 30,10 Dollar, was einen wahrhaften Fluß von Deviseneinnahmen als Konsequenz dieses Preisniveaus hervorrief. Ich kenne die Geschichte dessen, was danach geschah, denn ich habe viele Freunde, die berufstätig sind und die ich bei jedem Zusammentreffen über ihre Situation, ihr Gehalt und die Entwicklung ihres Realeinkommens in den vorherigen 10 Jahren befragte. Ich war Zeuge dessen, wie sie Jahr für Jahr bis heute abgerutscht sind. Es steht mir nicht zu, eine andersartige Analyse vorzunehmen. Immer wenn ich den Venezolanern diese Frage stellte, dachte ich an die Situation ihres Landes. Weder für Venezuela noch für die Welt sind dies heutzutage Zeiten der fetten Kühe. Ich erfülle eine aufrichtige Pflicht, eine Pflicht als Freund und Bruder, wenn ich euch vorschlage, eine mächtige intellektuelle Vorhut zu bilden und fundiert über diese Probleme nachzudenken und wenn ich euch unsere Besorgnis darüber ausdrücke, daß diese logische, natürliche und allzumenschliche Hoffnung, die aus einer Art von politischem Wunder, das sich in Venezuela ereignet hat, geboren wurde, innerhalb von kürzester Zeit in Enttäuschungen und eine Schwächung dieses außergewöhnlichen Prozesses umschlagen kann (Beifall). Ich muß mich fragen: Welche unmittelbaren Großtaten und ökonomischen Wunder kann man angesichts der niedrigen Preise für die wichtigsten Exportgüter Venezuelas und einem Ölpreis von 9 Dollar pro Barrel erwarten, das heißt angesichts des niedrigsten Ölpreises der letzten 25 Jahre, einem Dollar mit sehr viel weniger Kaufkraft als damals, einer sehr viel größeren Bevölkerung, einer ungeheuren Anhäufung von sozialen Problemen, einer internationalen Wirtschaftskrise und einer neoliberal globalisierten Welt? Ich kann und darf nicht ein Wort darüber verlieren, was wir angesichts solcher Umstände machen würden. Ich kann dies nicht tun, da ich mich hier als Besucher und nicht in einer Eigenschaft als Ratgeber, Gutachter oder etwas ähnlichem aufhalte. Ich denke schlicht und einfach nach. Erlaubt mir zu sagen, daß ich keine Länder erwähnen will, doch es gibt eine Reihe von sehr bedeutenden Ländern mit einer schwierigeren Situation als die eure und ich hoffe, daß sie die Schwierigkeiten überwinden können. Eure Situation ist schwierig, aber nicht katastrophal. So würden wir es an eurer Stelle sehen. Ich will euch mit der gleichen Offenheit darüberhinaus noch etwas sagen, nämlich daß ihr nicht das machen könnt, was wir im Jahr 1959 machten. Ihr müßt sehr viel mehr Geduld haben als wir, und ich beziehe mich hierbei auf den Teil der Bevölkerung, der begierig nach unmittelbaren und radikalen sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen ist. Würde die Kubanische Revolution in einem Moment wie diesem gesiegt haben, hätte sie sich nicht halten können. Die gleiche Kubanische Revolution mit dem, was sie tat. Sie entstand nicht als Produkt eines Kalküls, sondern aus einer besonderen geschichtlichen Konstellation, 14 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg in einer bipolaren Welt. Wir kannten damals nicht einen Sowjetrussen und erhielten nicht eine einzige Patrone von einem Sowjetrussen, um unseren Kampf und unsere Revolution voranzubringen. Ebensowenig erlaubten wir irgendeine politische Beratung nach dem Sieg der Revolution, was auch niemand je versuchte, denn wir reagierten sehr widerspenstig darauf. Besonders uns Lateinamerikanern gefällt es nicht, wenn uns Ideen und andere Dinge vorgeschlagen oder aufgezwungen werden. Zur damaligen Zeit gab es selbstverständlich einen anderen Machtpol und wir warfen unseren Anker in diesen Pol, der eben auch aus einer großen sozialen Revolution entstanden war. Dieser Anker half uns viel im Kampf gegen das Monster, dem wir entgegenstanden und das bereits unmittelbar nach der Durchführung der Agrarreform die Lieferungen von Erdöl und anderen lebenswichtigen Produkten abschnitt und seine Zuckerimporte schrittweise bis auf Null reduzierte, wodurch wir innerhalb von Minuten einen Markt verloren, der sich in einem Zeitraum von mehr als hundert Jahren herausgebildet hatte. Die Russen verkauften uns dagegen Erdöl zum
Weltmarktpreis, jawohl, zu bezahlen mit Zucker, jawohl, zum Weltmarktpreis, jawohl. Der Zucker wurde in die UdSSR exportiert und es kamen das Erdöl, Rohstoffe, Nahrungsmittel und viele Sachen mehr. Dies gab uns Zeit, um Bewußtsein zu bilden, Ideen zu säen und eine neue politische Kultur zu schaffen (Beifall). Dies gab uns Zeit! Genügend Zeit, um die Stärke herauszubilden, die es uns später erlaubte, in den mit unglaublichsten Schwierigkeiten behafteten Zeiten zu widerstehen. Auch der ganze Internationalismus, den wir praktizierten und den ich bereits erwähnte, gab uns Kraft. Ich glaube, daß kein Land jemals schwierigere Umstände durchlebt hat. Es ist keine Eitelkeit, wenn ich euch sage, wobei ich versuche, objektiv zu sein, daß kein anderes Land der Erde widerstanden hätte. Es kann durchaus eines geben, wenn ich zum Beispiel an die Vietnamesen denke, denn ich glaube, daß die Vietnamesen zu jedem Widerstand fähig waren (Beifall). Ich denke an die Chinesen, die ebenfalls zu jeder Großtat fähig waren. Es gibt Völker, die besondere Eigenschaften und Bedingungen vereinen. Es handelt sich hierbei wirklich um verwurzelte und sehr eigenständige Kulturen, deren Erbe aus jahrtausendealten Vorläufern stammt, was eine enorme Widerstandsfähigkeit hervorbringt. In Kuba handelte es sich um eine Kultur, die zum größten Teil aus der Konfrontation mit einer feindselig werdenden Umwelt entstanden war, da wir von allen Seiten durch feindliche Regime, feindselige Kampagnen, Blockade und ökonomischen Druck jeder Art umzingelt waren und sind, was unsere revolutionäre Aufgabe außerordentlich verkompliziert hat. Sechs Jahre Kampf gegen die Banden, mit denen der mächtige Nachbar seine Taktiken des schmutzigen Krieges umsetzte, viele Jahre des Kampfes gegen Terroristen und Attentatspläne, das muß ich euch ja nicht erzählen. Ich will euch einzigst und allein sagen, daß ich mich sehr privilegiert fühle, weil ich nach 40 Jahren zu diesem für mich unvergessenen und geliebten Ort zurückkehren konnte (Beifall), und zwar als Beweis der Ineffizienz und des Scheiterns derer, die schon so viele Male versucht haben, an meiner Person den natürlichen und unvermeidbaren Prozeß des Todes vorwegzunehmen. Jetzt können wir das sagen, was mir der Leutnant sagte, der mich einige Tage nach dem Sturm auf die Moncada-Festung im Morgengrauen in einem bei Santiago de Cuba gelegenen Wald gefangennahm. Wir hatten den Fehler begangen - immer gibt es einen Fehler -, in einem dort befindlichen kleinen mit Palmblättern bedeckten Unterstand zu schlafen, weil wir es leid waren, uns auf Steinen und Wurzeln auszuruhen. So kam es, daß uns ein glücklicherweise schwarzer Leutnant und einige blutrünstige Soldaten mit geschwollenen Arterien aufweckten, indem sie mit ihren Gewehren auf unsere Brust zielten, ohne daß sie wußten, wer wir waren. Wir waren noch nicht identifiziert worden. Zunächst erkannten sie uns nicht und fragten uns nach unseren Namen, worauf ich einen beliebigen Namen nannte. Vorsicht, was! (Lachen) Klugheit, nicht wahr? (Beifall) Vielleicht war es Intuition oder Instinkt. Ich kann euch versichern, daß ich keine Angst hatte, denn es gibt solche Momente im Leben, wenn sich einer bereits mit dem Tod abgefunden hat und dann mit umso mehr Ehre, Stolz und Würde reagiert. Wenn ich meinen Namen genannt hätte, hätte es mehrmals geknallt und unsere kleine Gruppe wäre sofort ausgelöscht worden. Einige Minuten danach fanden sie in der Nähe zahlreiche Waffen, die einige Kampfgefährten dort liegengelassen hatten, welche körperlich nicht mehr in der Lage waren, weiterzukämpfen, wobei einige von ihnen verletzt waren, weshalb sie mit Zustimmung aller in die Stadt zurückkehrten, um sich dort direkt den Justizbehörden zu stellen. Wir waren drei, die blieben und die auf die beschriebene Art und Weise gefangengenommen wurden. Nur drei bewaffnete Kameraden! Aber jener Leutnant - das habe ich öffentlich noch nie im Detail erzählt - beruhigte die Soldaten, bis ihm das fast nicht mehr gelang. Welch unglaubliche Sache! In dem Moment, als die Soldaten die Waffen der anderen Kameraden in der Nähe fanden, wurden sie fuchsteufelswild. Wir waren gefesselt und sie zielten auf uns mit den geladenen Gewehren. Aber dieser Leutnant bewegte sich hin und her, um seine
Soldaten zu beruhigen, wobei er mit leiser Stimme wiederholte: "Ideen tötet man nicht, Ideen tötet man nicht." Was brachte jenen Mann dazu, das zu sagen? Er war bereits ein reiferer Mann, der ein wenig in der Universität studiert und dort einige Kurse besucht hatte. Aber er hatte diese Idee im Kopf und spürte die Notwendigkeit, sie mit leiser Stimme zu äußern, als ob er mit sich selbst sprechen würde: "Ideen tötet man nicht". Gut, als ich diesen Mann also beobachtete und jene Haltung wahrnahm, wobei dies ein kritischer Moment war und es ihm nur mühsam gelang, jene wütenden Soldaten vom Schießen abzuhalten, erhob ich mich und sagte - nur zu ihm, selbstverständlich: "Leutnant, ich bin der und der, Hauptverantwortlicher für die Aktion. Nachdem ich ihr edelmütiges Verhalten gesehen habe, kann ich Sie nicht weiter täuschen. Ich will, daß Sie wissen, wen Sie als Gefangenen haben." Und der Mann sagt mir: "Sagen Sie es niemandem!". "Sagen Sie es niemandem!" (Beifall). Ich applaudiere jenem Mann, weil er mir innerhalb von einigen Stunden dreimal das Leben rettete. Einige Minuten danach führten sie uns ab, wobei die Soldaten immer noch sehr gereizt waren. Als nicht weit von dort einige Schüsse fielen, gingen sie in Gefechtsposition und sagten uns: "Werft euch auf den Boden, werft euch auf den Boden!" Ich blieb stehen und sagte: "Ich werfe mich nicht auf den Boden!". Es erschien mir wie eine List, um uns zu eliminieren, weshalb ich erklärte: "Nein". Ich sagte es auch dem Leutnant, der darauf bestand, daß wir uns schützten. Ich wiederholte: "Ich werfe mich nicht auf den Boden, wenn ihr schießen wollt, schießt." Darauf sagte er mir - stellt euch mal vor, was er sagte: "Ihr seid sehr mutig, Jungs". Welch eine unglaubliche Reaktion! Ich will nicht behaupten, daß er mir in diesem Moment das Leben rettete, sondern nur, daß er diese Geste zeigte. Danach kamen wir an der Hauptstraße an und sie luden uns auf einen Lastwagen. In der Nähe befand sich ein als sehr blutrünstig bekannter Kommandant, der bereits zahlreiche Kampfgefährten ermordet hatte und forderte, daß ihm die Gefangenen übergeben würden, worauf der Leutnant sich weigerte und sagte, daß dies seine Gefangenen seien und daß er sie nicht übergebe. Er setzte mich vorne in die Fahrerkabine. Der Kommandant wollte, daß man uns in die Moncada-Kaserne brachte, und der Leutnant übergab uns weder dem Kommandanten - hierbei rettete er uns zum zweiten Mal das Leben - noch brachte er uns in die Moncada-Kaserne. Er brachte uns zum in der Stadtmitte gelegenen Gefängnis und rettete uns damit zum dritten Mal das Leben. Ihr seht schon, er war ein Offizier der Armee, gegen die wir kämpften. Nach dem Sieg der Revolution beförderten wir ihn zum Hauptmann und er wurde Assistent des ersten Präsidenten des Landes nach dem Sieg. So wie dieser Leutnant sagte, daß man die Ideen nicht tötet (Beifall), so starben unsere Ideen nicht und konnten von niemandem getötet werden. Und die Ideen, die wir in den mehr als 30 Jahren bis etwa 1991, als die Spezialperiode begann, säten und entwickelten, haben uns die Kraft gegeben, zu widerstehen. Ohne jene Jahre, die wir für die Bildung und die Verbreitung von Ideen, Bewußtsein, Gefühlen von tiefer Solidarität und einem edelmütigen internationalistischen Geist im Schoß der Bevölkerung verwendet haben, hätte unser Volk keine Kräfte gehabt, um zu widerstehen. Ich spreche von Dingen, die ein wenig mit sehr komplizierten Fragen der politischen Strategie zusammenhängen, denn sie können auf die eine oder andere Weise interpretiert werden und ich weiß sehr gut, was ich ausdrücken will. Ich habe dargelegt, daß nicht einmal eine Revolution wie die unsere mit der Unterstützung von mehr als 90% der Bevölkerung, einem einmütigen und enthusiastischen Rückhalt, einer großen nationalen Einheit und einer gewaltigen politischen Stoßkraft hätte widerstehen können, und daß wir die Revolution unter den aktuellen Umständen dieser globalisierten Welt nicht hätten bewahren können. Gerade heutzutage sind wir in einen großen Kampf der Ideen verwickelt, so daß unsere Arbeit in der Übermittlung von Ideen in alle Welt besteht. Heutzutage würde es uns nicht einfallen, jemandem zu sagen, daß er eine Revolution wie die unsere
machen sollte, da wir ausgehend von den uns gut bekannten Umständen und den daraus resultierenden Bewertungen nicht vorschlagen könnten, daß andere das gleiche wie wir machen sollen. Wenn wir uns in einer anderen Epoche befänden, würden wir vielleicht vorschlagen, dasselbe wie wir zu tun, doch in der damaligen Zeit war die Welt eine andere und die Erfahrungen waren verschieden. Wir haben jetzt sehr viel mehr Kenntnisse und ein größeres Problembewußtsein, und selbstverständlich stehen für uns der Respekt und die Besorgnis für die Mitmenschen immer an erster Stelle. Zu Zeiten der revolutionären Bewegungen in Mittelamerika, als die Situation sehr schwierig geworden war, weil bereits die unipolare Welt existierte und nicht einmal die Revolution in Nicaragua die Macht behaupten konnte, wurde viel über Friedensverhandlungen debattiert und diese Revolutionäre besuchten uns oft, um uns um unsere Meinung zu fragen, denn sie waren seit langem mit Kuba befreundet. Wir sagten ihnen: "Bittet uns nicht um unsere Meinung darüber. Wenn wir an eurer Stelle wären, wüßten wir, was zu tun wäre oder wir könnten darüber nachdenken, was zu tun sei. Aber man darf anderen keine Ratschläge erteilen, wenn diese selbst Meinungen oder Kriterien anwenden müssen, die Aspekte von so lebenswichtiger Bedeutung betreffen wie die Frage, ob bis zum Tod weitergekämpft oder verhandelt werden soll. Das können nur die Revolutionäre selbst in jedem Land entscheiden. Wir unterstützen jede Entscheidung, die ihr trefft." Das war eine einzigartige Erfahrung und ich erzähle auch davon hier zum ersten Mal in der Öffentlichkeit. Jeder hat bestimmte Optionen, aber niemand hat das Recht, anderen seine eigene Philosophie bei Fragen von Leben und Tod zu vermitteln. Deshalb betone ich, daß es so heikel ist, Ratschläge zu erteilen. Anders verhält es sich im Fall von Kriterien, Standpunkten, Meinungen, Taktiken und empfehlenswerten Kampfstrategien in bezug auf globale Fragen, die den Planeten betreffen. Als Bürger der Welt und Mitglieder der menschlichen Spezies haben wir das Recht, jedem mit vollkommener Klarheit unser Denken zu vermitteln, der dies hören will, sei er Revolutionär oder nicht. Seit langer Zeit schon haben wir gelernt, wie die Beziehungen zu den fortschrittlichen und revolutionären Kräften aussehen müssen. Hier vor euch beschränke ich mich darauf, Ideen, Überlegungen und Konzepte zu vermitteln, die mit unserem gemeinsamen Status als lateinamerikanische Patrioten zu vereinbaren sind, weil ich, wie ich wiederhole, den Anbruch einer neuen Stunde in Venezuela sehe, das ein unverrückbarer und untrennbarer Pfeiler der Geschichte und Zukunft Lateinamerikas ist. Man hat das Recht, auf die Erfahrung oder seinen Standpunkt zu vertrauen, nicht weil wir unfehlbar oder etwas dergleichen wären oder weil wir keine Fehler begangen hätten, sondern weil wir die Gelegenheit gehabt haben, lange Zeit in der Akademie von 40 Jahren Revolution zu studieren. Deshalb hatte ich euch gesagt, daß ihr keineswegs eine katastrophale Situation oder etwas dergleichen durchlebt, wenn es auch sehr wohl eine schwierige wirtschaftliche Situation ist, die Risiken für das beinhaltet, was wir zu erkennen glauben. Es gibt einige beeindruckende Zufälligkeiten. Diese Situation in Venezuela entstand während einem kritischen Zeitpunkt für die Integration Lateinamerikas. Es ist ein besonderer Moment, bei dem die südlicheren Länder für ihre Vereinigungsanstrengung die Hilfe der Länder des Nordens von Südamerika benötigen (Beifall), das bedeutet, daß sie eure Hilfe brauchen. Es ist der Augenblick gekommen, daß die Karibik eure Hilfe braucht. Es ist der Moment gekommen, da ihr eine Verbindung, Brücke, Scharnier - wie immer ihr es nennen wollt - oder Stahlbrücke zwischen der Karibik, Zentralamerika und Südamerika sein könnt. Niemand verfügt über solche Vorraussetzungen wie ihr, um in diesen schwierigen Zeiten für etwas so wichtiges und erstrangiges zu kämpfen wie die Einheit, die Integration und falls ihr wollt, sagen wir sogar das Überleben, nicht nur von Venezuela, sondern aller Länder unserer Kultur, unserer Sprache und unserer Rasse (Beifall). Heute muß man mehr als je zuvor Anhänger Bolívars sein und die Fahne hissen, auf
der steht, daß Vaterland Menschheit bedeutet, wobei wir uns darüber bewußt sind, daß wir uns nur retten können, wenn sich die Menschheit rettet (Beifall), und daß wir nur frei sein können, wenn die Menschheit frei ist, wovon wir jedoch noch sehr weit entfernt sind. Wenn wir wirklich eine gerechte Welt erreichen wollen, was möglich und wahrscheinlich ist, so bin ich, wenn auch durch Erkennen, Überlegen und Lesen, zu der Schlußfolgerung gekommen, daß der Menschheit nicht viel Zeit bleibt, um dies zu schaffen. Ich gebe euch nicht nur mein Kriterium, sondern das von vielen Experten, deren Analysen ich zusammengetragen habe. Wir veranstalteten vor kurzem einen Kongreß mit 1.000 Wirtschaftswissenschaftlern, von denen 600 aus mehr als 40 Ländern kamen und worunter sich viele herausragende Persönlichkeiten befanden. Wir diskutierten mit ihnen die Vorträge, wobei über 55 eingeplante Vorträge Diskussionen abgehalten wurden. Man debattierte über die Probleme der neoliberalen Globalisierung, die internationale Wirtschaftskrise und die damit zusammenhängenden Geschehnisse. Denn ich hätte anfügen müssen, daß ich leider nicht viel Hoffnung habe, daß die Preise für eure Exportprodukte im nächsten Jahr oder in den nächsten zwei oder drei Jahren ansteigen. Wir haben auch das Problem mit dem Nickel, dessen Preis um die Hälfte gefallen ist. Stellt euch vor, der Preis betrug noch vor kurzem 8.000 Dollar pro Tonne und jetzt liegt er bei 4.000 Dollar. Der Zuckerpreis lag vor zwei Tagen bei 6,5 Cents, was nicht einmal die Produktionskosten und die Ausgaben für Brennstoffe, Ersatzteile, Arbeitskraft, produktive Inputs etc. abdeckt. Das ist nicht nur ein ökonomisches, sonderm auch ein soziales Problem, denn Hunderttausende von Arbeitern leben an diesen Orten mit großer Liebe zu ihrer Arbeit und verwurzelten Traditionen der Zuckerproduktion, die von Generation zu Generation weitervermittelt wurden, und wir werden diesen Menschen nicht die Fabriken schließen, auch wenn die Zuckerproduktion in diesem Moment sehr wohl Verluste einfährt. Wir haben einige Ressourcen. Der Tourismus, der hauptsächlich mit unseren eigenen Mitteln entwickelt wurde, hat in diesen Jahren einen großen Aufschwung verzeichnet und wir haben eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die effektiv waren. Ich werde euch nicht erklären, wie wir es zustandegebracht haben, alle die bereits erwähnten Ergebnisse ohne Maßnahmen wie die berühmten Schocktherapien zu erreichen, die mit solch großer Gefühllosigkeit in anderen Ländern angewendet wurden, sondern stattdessen mit Sparmaßnahmen, die mit der gesamten Bevölkerung abgestimmt waren. Bevor die Entscheidungsträger ins Parlament gingen, wandten sie sich an das Volk und diskutierten in Tausenden von Versammlungen mit allen Gewerkschaften, allen Arbeitern, allen Bauern und allen Studenten darüber, was mit einem bestimmten Preis zu geschehen habe, welcher angehoben werden müsse und welcher nicht und aus welchen Gründen dies jeweils zu geschehen habe. Danach gingen sie in die Nationalversammlung und kehrten danach nochmals zur Basis zurück, wo jede getroffene Maßnahme diskutiert wurde, weil das, was angewendet wird, ein Produkt des Konsens ist. Das kann niemand durch Gewalt erreichen. Die Schlaumeier im Norden glauben oder geben vor zu glauben, daß eine Kubanische Revolution nur durch Gewalt existiert. Sie haben nicht genügend Grips, um zu bemerken, daß so etwas in unserem Land, dessen Bewohner durch erhabene revolutionäre und menschliche Konzepte gebildet wurden, unmöglich wäre, absolut unmöglich (Lachen und Beifall). Das erreicht man nur durch Konsens und sonst nichts weiter. Dies kann niemand auf der Welt schaffen, wenn er nicht auf die maximale Unterstützung und Kooperation des Volkes bauen kann. Aber der Konsens hat seine Voraussetzungen. Wir haben gelernt, ihn zu schaffen, beizubehalten und zu verteidigen. Man muß also erkennen, was die Kraft eines geeinten Volkes ist, das bereit ist, zu kämpfen und zu siegen. Einmal gab es einen kleinen Tumult, der seinem Wesen nach keinen politischen Charakter hatte. Das war in dem Moment, als die Vereinigten Staaten mit allen Mitteln die illegale Ausreise in Richtung ihres Territoriums förderten. Dort erhielten
die Kubaner das automatische Aufenthaltsrecht - was sie keinem Bürger eines anderen Landes der Welt gewährten -, so daß jedermann angeregt wurde, ein Floß zu bauen, daß sogar noch sicherer als die 'Kon-Tiki' war, um damit mithilfe des Golfstroms in das wohlhabende Land zu reisen, oder ein Motorboot zu benutzen, denn es gibt viele Leute, die Sportboote besitzen. Die Yankees empfingen sie mit allen Ehren. Sie stahlen Boote und wurden dort wie Helden aufgenommen. Im Zusammenhang mit dem zu Auswanderungszwecken geplanten Raub eines Passagierbootes im Hafen von Havanna gab es einen Vorfall, bei dem es zu einer gewissen Störung der öffentlichen Ordnung aufgrund des Problems mit den Booten kam und bei dem einige Personen anfingen, mit Steinen Scheiben einzuwerfen. Was war nun unsere Methode? Niemals haben wir einen Soldaten oder Polizisten gegen Zivilpersonen eingesetzt. Nie gab es hier Feuerwehrautos, die kräftige Wasserstrahle auf Menschen richteten, wie dies selbst in Europa fast jeden Tag in den Fernsehbildern zu sehen ist, oder Polizisten mit taucheranzugähnlichen Ausrüstungen, die scheinbar zu einer Reise ins Weltall aufbrechen (Lachen und Beifall). Nein, es ist der Konsens, der die Revolution aufrechterhält und ihr Kraft verleiht. Ich erinnere mich, daß ich an jenem Tag um die Mittagszeit in mein Büro kam und die Nachricht erhielt. Ich rief die Leibwächter, die Waffen trugen, zu einer Versammlung zusammen und sagte ihnen: "Wir werden zum Ort der Ausschreitungen gehen. Es ist strengstens verboten, Waffen einzusetzen!" Ich bevorzugte wirklich, daß sie auf mich schossen, als daß Waffen in einer Situation dieser Art eingesetzt würden, weshalb ich ihnen kategorische Anweisungen erteilte und sie danach mit äußerster Disziplin mit mir zusammen dorthin gingen. Wie lange dauerten die Ausschreitungen noch an, nachdem wir dort ankamen? Eine Minute, vielleicht Sekunden. Die Anwohner standen auf ihren Balkonen, sie stellten die Mehrheit der Versammelten dar - aber sie schienen ein wenig niedergeschmettert und überrascht zu sein. Einige asoziale Elemente warfen Steine und plötzlich geschah es, daß die gesamte Menschenmasse sich in Bewegung setzte und selbst die Steinewerfer anfingen, zu applaudieren. Man muß sich mal vorstellen, wie eindrucksvoll das war. Die Reaktion des Volkes, als es von einer gegen die Revolution gerichteten Aktion erfährt! Gut, ich hatte vor, zum Museum der Stadt Havanna zu gelangen, wo sich der Stadthistoriker befand. Ich fragte mich: "Wie geht es wohl Leal? Man sagte, daß er im Stadtmuseum belagert sei. Doch schon nach wenigen Straßenzügen gelangten wir in Begleitung einer großen Menschenmenge in die Nähe der MaleconUferpromenade und stellten dort keinerlei Anzeichen von Gewaltanwendung fest. Ich hatte angeordnet: "Keine Einheit, keine Waffe und kein Soldat darf bewegt werden." Wenn es Vertrauen im Volk gibt und ihm mit Moral begegnet wird, muß man niemals Waffen einsetzen. In unserem Land haben wir nie Waffen eingesetzt (Beifall). Was man folglich benötigt, ist die Einheit, politische Kultur und die bewußte und entschiedene Unterstützung des Volkes. Wir konnten dies in langen Jahren der Arbeit erreichen. Ihr, die Venezolaner, könnt das weder in einigen Tagen noch in einigen Monaten schaffen. Wenn hier anstatt eines alten Freundes, dem ihr die so große Ehre erwiesen habt, ihn mit viel Zuneigung und Vertrauen zu empfangen, wenn also anstatt dieses alten und bescheidenen Freundes - das sage ich in aller Offenheit und mit absoluter Überzeugung - einer der Väter des venezolanischen Vaterlandes vor euch stehen würde, und ich gehe sogar noch weiter, wenn jener Mann von so bedeutender Größe und Fähigkeit, der die Einheit Lateinamerikas erträumte, hier in diesem Augenblick zu euch spräche, würde er euch sagen: "Rettet diesen Prozeß! Rettet diese Gelegenheit!" (Langer Beifall) Ich glaube, daß ihr glücklich sein könnt und euch angesichts der vielen zu verwirklichenden Dinge glücklich fühlen werdet. Viele dieser Dinge sind greifbar nahe und hängen nur von subjektiven Faktoren und sehr wenigen Mitteln ab. Das haben wir gemacht, aber man kann hierbei wirklich nicht auf viele Mittel zählen.
Einige kleine Summen und Restbeträge genügen, um zu verstehen. Ihr könnt bei vielen Dingen Geldmittel auftreiben, um vorrangige, grundsätzliche und wesentliche Probleme in Angriff zu nehmen. Aber man kann nicht einmal davon träumen, daß die venezolanische Gesellschaft einstweilen wieder über die Mittel verfügt, die sie in einem bestimmten Moment hatte und die ihr damals unter sehr unterschiedlichen Umständen zuflossen. Heute befindet sich die Welt in einer Krise und die Preise der Exportgüter sind extrem niedrig. Der Feind würde versuchen, dies auszunutzen. Ihr könnt sicher sein, daß unsere Nachbarn aus dem Norden weder glücklich über den Prozeß sind, der in Venezuela stattfindet (Beifall), noch ihm Erfolg wünschen. Ich bin nicht hierher gekommen, um Zwietracht oder etwas dergleichen zu säen. Im Gegenteil, ich würde sogar zu Weisheit gepaart mit Vorsicht raten, gepaart mit der notwendigen Vorsicht, die notwendige und nicht mehr als die notwendige. Aber ihr müßt geschickte Politiker und sogar geschickte Diplomaten sein. Ihr dürft nicht viele Leute erschrecken. Mehr aufgrund meines Alters als aus teuflichen Motiven schlage ich euch vor, so wenig Leute wie möglich aus dem Prozeß auszuschließen (Lachen und Beifall). Bei einer Transformation, einem Wechsel und einer Revolution in ihrem heutigen Wortsinn, wenn man über das Stück Erde, auf dem wir geboren wurden, hinaussieht, muß man Menschen einbeziehen. Integriert und schließt nicht aus. Schaut, jener Leutnant, welcher den Trupp befehligte, der mich gefangennahm, integrierte sich und blieb nicht außen vor (Beifall). Ich war fähig, diesen Mann so zu verstehen, wie er war. Und so habe ich eine ganze Reihe von Menschen in meinem Leben zu erkennen gelernt, man könnte sogar sagen, daß es viele waren. Es ist zwar wahr, daß der soziale Status und die soziale Situation am meisten zur Herausbildung des Bewußtseins der Leute beiträgt, doch ich war letztendlich der Sohn eines Großgrundbesitzers, der gemessen an der Größe Kubas - im Fall Venezuelas vielleicht nicht - viel Land besaß, wobei er über etwa 1.000 Hektar eigenes Land und 10.000 Hektar von ihm bewirtschaftetes Pachtland verfügte. Er wurde in Spanien geboren und als junger und armer Bauer auf die Insel gebracht, um gegen die Kubaner zu kämpfen. Kürzlich veröffentlichte jemand in einer nordamerikanischen Zeitschrift einen sehr harten gegen Spanien gerichteten Artikel, in dem er versuchte, die Spanier zu beleidigen, da er verärgert darüber war, daß diese ihre Investitionen in Lateinamerika steigerten. Man sah, daß sie in den Vereinigten Staaten wütend waren, alles für sich beanspruchten und nicht wollten, daß auch nur eine Pesete in diesen Gefilden, und weniger natürlich in Kuba, investiert würde. Sie schrieben unter anderem: "Trotz seiner Angriffe auf den Imperialismus ist Fidel Castro ein Bewunderer der 'reconquista'." Sie stellten das Ganze als eine Wiedereroberung der Spanier dar, weshalb der Titel des Artikels "Auf der Suche nach dem neuen El Dorado" lautete, und in einem Moment ihres furiosen Angriffs fügten sie hinzu: "Der kubanische Regierungschef, Sohn eines während des Unabhängigkeitskrieges auf der falschen Seite kämpfenden spanischen Soldaten, kritisiert die Wiedereroberung nicht." Ich denke an meinen Vater, der mit etwa 16 oder 17 Jahren in Spanien rekrutiert und gemäß den damaligen Gepflogenheiten nach Kuba geschickt wurde, wo er in einer spanischen Festungslinie eingesetzt wurde. Kann man meinen Vater wirklich beschuldigen, auf der falschen Seite gekämpft zu haben? Nein. Er kämpfte auf jeden Fall auf der richtigen Seite, auf der Seite der Spanier. Was wollten sie? Daß mein Vater in Marxismus, Internationalismus und Millionen anderen Dingen hätte bewandert gewesen sein müssen, wo er doch kaum Lesen und Schreiben konnte? (Beifall) Ja, sie erfassten ihn fürs Militär, aber ich habe darüber nachgedacht und bin zu dem Schluß gekommen, daß er in jedem Fall auf der richtigen Seite kämpfte, und daß die Verfasser der Yankee-Zeitschrift im Irrtum sind. Denn wenn er auf der Seite der Kubaner gekämpft hätte, wäre er auf der falschen Seite gewesen, weil Kuba nicht sein Land war und er weder etwas von der ganzen Problematik wußte noch die Gründe verstand, warum die Kubaner kämpften. Er war ein einfacher Rekrut und
wurde wie Hunderttausende von anderen hierhergebracht. Nach dem Ende des Krieges repatriierten sie ihn nach Spanien, von wo er kurz darauf nach Kuba zurückkehrte, um dort als Landarbeiter zu arbeiten. Später entwickelte sich mein Vater zu einem Großgrundbesitzer. Ich wurde in einem Latifundium geboren und wuchs dort auf, was mir nicht geschadet hat, da es mir den Kontakt zu meinen ersten Freunden ermöglichte, den armen Jungen des Ortes, die Söhne von Lohnarbeitern und bescheidenen Bauern waren - alle Opfer des kapitalistischen Systems. Später absolvierte ich eher als Eliteschulen zu bezeichnende Bildungseinrichtungen, aber ich bestand glücklicherweise gut. Ich sage wirklich glücklicherweise. Ich hatte das Glück, der Sohn und nicht der Enkel des Großgrundbesitzers zu sein, denn als Enkel wäre ich möglicherweise in irgendeiner Stadt geboren worden und zwischen reichen Kindern in einem noblen Viertel aufgewachsen. Nie hätte ich später meine Ideale eines utopischen Kommunisten, marxistischen Kommunisten oder etwas ählichem ausprägen können, denn im Leben wird niemand als Revolutionär, Dichter, Soldat oder etwas dergleichen geboren, weil es die Umstände sind, die den Menschen prägen und ihm die Möglichkeit geben, das eine oder das andere zu sein. Wäre Kolumbus ein Jahrhundert vorher geboren worden, hätte niemand je etwas von Kolumbus gehört. Spanien war damals zum Teil noch von den Arabern besetzt. Wenn Kolumbus sich nicht geirrt und wirklich ein direkter Seeweg nach China existiert hätte, ohne auf einen unvorhersehbaren Kontinent zu stoßen, wäre er an den Küsten Chinas kaum mehr als 15 Minuten am Leben geblieben, denn wenn die Spanier Kuba auch mit 12 Pferden eroberten, so verfügten die Mongolen schon zu jener Zeit über berittene Heere mit Hundertausenden von Soldaten (Beifall). Stellt euch mal vor, so liegen die Dinge also. Über Bolívar sage ich nichts, denn Bolívar wurde am richtigen Ort geboren, zur richtigen Stunde und auf die richtige Art und Weise, und jetzt Schluß damit! (Beifall) Ich lasse die Hypothese dessen beiseite, was geschehen wäre, wenn er 100 Jahre vorher oder 100 Jahre danach geboren worden wäre, denn das war unmöglich (Lachen) (Aus dem Publikum wird ihm zugerufen: "Che"). Che? Che war in jeder Sekunde meiner Rede hier anwesend und hat von hier aus gesprochen! (Langer Beifall) Jetzt werde ich doch zum Schluß kommen. Da gibt es einige Industrielle, die mich erwarten (Lachen). Wie verändere ich denn jetzt die Rede? Nun, schaut, ich werde ihnen das gleiche erzählen, vor allen Dingen mit äußerster Offenheit (Lachen). Ich glaube, daß es in diesem Land für alle anständigen Menschen einen Platz gibt, für alle sensiblen Menschen und für alle, die fähig sind, die Botschaft des Vaterlandes und der aktellen Notwendigkeiten anzuhören. Ich würde sagen, daß dies die Botschaft der Menschheit ist, und daß ihr diese euren Landsleuten vermitteln müßt. Ich erzählte euch ja bereits von einem Treffen, an dem 600 Wirtschaftswissenschaftler aus zahlreichen Ländern teilnahmen. Es kamen viele intelligente Leute der unterschiedlichsten Denkschulen und wir analysierten alle diese Probleme von Grund auf. Wir wollten keine sektiererische Versammlung der Linken oder der Rechten veranstalten, so daß wir sogar Friedman einluden, aber mit seinen 82 Jahren entschuldigte er sich natürlich und sagte, daß er nicht kommen könne. Sogar Herrn Soros luden wir ein, damit er dort seine Standpunkte verteidigen könne, ebenso wie die Chicago-Boys, die Monetaristen und die Neoliberalen, denn wir wollten diskutieren und es wurde in der Tat 5 Tage lang diskutiert - es begann am Montag und endete am Freitag. Dieses Treffen entstand aus einem Vorschlag, den ich während einer früheren Versammlung der lateinamerikanischen Wirtschaftswissenschaftler machte. Es wurde damals von vielen Dingen gesprochen und ich sagte ihnen: "Aber warum konzentrieren wir uns nicht angesichts der Probleme, die wir jetzt vor uns haben, auf die Wirtschaftskrise und die Aspekte der neoliberalen Globalisierung?" Und so wurde es gemacht. Aus den Hunderten von eingeschickten Referaten wählte man 55 aus, die alle debattiert wurden. Diejenigen, die nicht diskutiert wurden, werden gedruckt.
Die Referate waren sehr interessant und lehrreich. Wir wollen dieses Treffen jetzt jedes Jahr abhalten. Da es ja dort in Davos bereits ein Forum gibt, wo sich eine große Anzahl von Repräsentanten der transnationalen Konzerne und aller Reichen dieser Welt treffen, kann Kuba ein bescheidener Ort sein, an dem wir uns versammeln, die wir keine Besitzer von transnationalen Konzernen oder ähnlichem sind. Aber wir werden das Treffen ausgehend von den gemachten Erfahrungen jetzt jedes Jahr veranstalten. Ich mußte die Abschlußrede jenes Treffens halten. Wir hatten vorher gesagt:"Paßt auf, es wird hier keine einzige Gitarre am Anfang dieses Treffens geben, denn immer beginnen Veranstaltungen dieser Art, wie ihr wißt, mit einer Gitarre, einem Chor...." Ah, na gut, hier ist ein Chor aufgetreten, sehr gut, ein sehr guter Chor (Lachen). Aber ich sagte ihnen, daß dies ab dem Zeitpunkt gelte, als das Treffen pünktlich mit der Diskussion des ersten Vortrages beginnen sollte. Und so haben wir 5 Tage diskutiert, morgens, mittags und abends. Sie gaben mir die Aufgabe, jenes Treffen abzuschließen, und ich sprach zu ihnen, um die Veranstaltung abzuschließen. Es war bereits gegen Mitternacht. Wenn ihr mir erlaubt, denn es handelt sich nur um einige Minuten, weil es eine sehr kurze Rede war (Lachen), möchte ich hier jetzt das wiederholen, was ich damals vortrug, denn es faßt in sehr komprimierter Form die Essenz von vielen Dingen zusammen, die ich euch erzählt habe: "Sehr geehrte Delegierte, Beobachter und Gäste: Da Sie mir diese Ehre erwiesen haben, werde ich keine Rede halten, sondern mich auf den Vortrag eines Referates beschränken. Ich mache dies im Telegrammstil und es handelt sich zum Großteil um einen Dialog mit mir selbst. Juli: Treffen der Wirtschaftswissenschaftler Lateinamerikas und der Karibik. Thema: Schwerwiegende Weltwirtschaftskrise in Sicht. Notwendigkeit der Einberufung einer internationalen Konferenz. Hauptthema: Die Wirtschaftskrise und die neoliberale Globalisierung. Breite Debatte. Alle Denkschulen. Austausch von Argumenten. Es wurde in diese Richtung gearbeitet. Größtmögliche Reduzierung der Ausgaben für alle Teilnehmer. Arbeitssitzungen am Morgen, Nachmittag und Abend. Diese fünf Tage waren von einer außergewöhnlichen Ernsthaftigkeit und Disziplin bestimmt. Alle sprachen wir mit absoluter Freiheit. Das haben wir geschafft und sind dankbar dafür. Wir haben viel beim Zuhören ihrer Beiträge gelernt. Große Vielfalt und Verschiedenheit von Ideen. Außerordentliche intellektuelle Demonstration von Fleiß, Talent, Klarheit und sprachlicher Schönheit. Alle haben wir Überzeugungen. Alle können wir aufeinander einwirken. Alle gelangen wir auf lange Sicht zu ähnlichen Schlußfolgerungen. Meine tiefsten Überzeugungen: die unglaubliche und noch unvollendete Globalisierung, die uns beschäftigt, ist ein Produkt der geschichtlichen Entwicklung und eine Frucht der menschlichen Zivilisation. Sie wurde im sehr kurzen Zeitraum von nicht mehr als 3.000 Jahren während des langen Lebens unserer Vorfahren auf dem Planeten erreicht. Der Mensch von heute ist nicht intelligenter als Perikles, Plato oder Aristoteles, auch wenn wir noch nicht wissen, ob er genügend intelligent ist, um die äußerst komplexen Probleme der Gegenwart zu lösen. Wir wetten darauf, daß er es schafft. Darum ging es bei unserem Treffen. Eine Frage: Handelt es sich um einen umkehrbaren Prozess? Meine Antwort, die ich mir selbst gebe, lautet: Nein. Was für eine Art von Globalisierung haben wir heute? Eine neoliberale
Globalisierung, wie viele von uns sie nennen. Ist sie tragbar? Nein. Kann sie lange Zeit bestehen? Absolut nicht. Ist dies eine Frage von Jahrhunderten? Ein kategorisches Nein. Wird sie nur Jahrzehnte andauern? Ja, nur Jahrzehnte. Aber eher früher als später wird sie aufhören, zu existierten. Halte ich mich etwa für eine Art von Prophet oder Hellseher? Nein. Verstehe ich viel von Ökonomie? Nein. Fast gar nichts. Um das zu bekräftigen, was ich sagte, reicht es, summieren, substrahieren, multiplizieren und dividieren zu können." (Beifall) "Das lernen die Schüler in der Grundschule. Wie wird der Übergang aussehen? Wir wissen es nicht. Durch weitreichende gewaltsame Revolutionen oder große Kriege? Das erscheint unwahrscheinlich, irrational und selbstmörderisch. Durch tiefgehende und katastrophale Krisen? Leider ist dies das Wahrscheinlichste, fast unvermeidbar, und es wird in verschiedenen Ausprägungen und Kampfformen vonstattengehen. Was für eine Art von Globalisierung wird danach kommen? Es kann keine andere sein als eine solidarische, sozialistische, kommunistische oder wie auch immer Sie sie nennen wollen." (Beifall) "Verfügt die Natur und mit ihr die menschliche Spezies über viel Zeit, um das Ausbleiben eines solchen Umbruchs zu überleben? Sie verfügt über sehr wenig Zeit. Wer wird diese neue Welt schaffen? Die Männer und Frauen, die unseren Planeten bewohnen. Welches werden die wichtigsten Waffen sein? Die Ideen und Überzeugungen. Wer wird diese säen, pflegen und unbesiegbar machen? Sie. Handelt es sich um eine Utopie und nur einen Traum mehr unter vielen anderen? Nein, weil es objektiv unvermeidbar ist und keine Alternative dazu existiert. Es wurde schon vor nicht allzu langer Zeit erträumt, wenn es auch damals vielleicht auch verfrüht war. So wie es der erleuchtetste Sohn dieser Insel, José Martí, ausdrückte: 'Die Träume von heute werden die Realitäten von morgen sein.' Ich habe mein Referat beendet. Vielen Dank." (Langer Beifall) Entschuldigt den Mißbrauch, den ich mit euch getrieben habe. Ich verspreche, daß ich mich kürzer fassen werde, wenn ihr mich in 40 Jahren wieder einladet (Beifall und Rufe: "Fidel, Fidel, Fidel!") Glück für euch, daß ich nicht diese berühmte Broschüre erwähnt habe. Wißt ihr, was das war? Das Dokument der Synode von Rom, das in Mexiko veröffentlicht wurde (Aus dem Publikum wird ihm etwas gesagt). Ich werde es nicht vorlesen, aber ein Großteil der Dinge, die ich bei der Lektüre dieser apostolischen Bußpredigt unterstrich, stimmen mit vielen Ideen überein, die ich hier vorgetragen habe. Ich wollte es als Beweis dafür benutzen, daß vieles von dem, was heutzutage auf der Welt über das zerstörerische herrschende System gedacht wird, nicht nur aus Quellen der Linken oder politischen Quellen stammt. Die Argumente, Empfehlungen oder Behauptungen, welche Armut, Ungerchtigkeiten, Ungleichheiten, Neoliberalismus, Verschwendungssucht der Konsumgesellschaften und viele andere soziale und menschliche Abscheulichkeiten verurteilen, die von der aktuellen der Welt aufgezwungenen Wirtschaftsordnung erzeugt werden, kommen auch von marxismusunverdächtigen Institutionen wie der Römisch-Katholischen Kirche. Genauso denken auch viele andere christliche Kirchen. Vielleicht wäre es das Beste gewesen, wenn ich mit diesem Dokument gekommen wäre, das Unterstrichene vorgelesen hätte und ihr viereinhalb Stunden früher hättet gehen können (Lachen). Vielen Dank.
Fidel 4. Mai 1999
Ansprache des Comandante en Jefe Fidel Castro Ruz, Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas und Vorsitzender des Staatsund Ministerrates, während des Empfangs für die Sportdelegation, die die Stadt Baltimore besucht hat, der auf der Freitreppe der Universität von Havanna am 4. Mai 1999, "Jahr des 40. Jahrestages des Sieges der Revolution", stattgefunden hat. (Mitschrift durch den Stenographischen Dienst des Staatsrates) Liebe Genossinnen und Genossen! Ich wußte, daß ich der Möglichkeit, einige Worte bei dieser Veranstaltung zu sprechen, nicht entgehen konnte und es gibt einiges, das ich Euch sagen könnte: Als erstes natürlich die Tatsache, daß niemand seit unzähligen Stunden ein Auge zugedrückt hat, das heißt, daß keiner eine Minute geschlafen hat vor lauter Aufregung wegen des gestrigen Spieles, das wirklich unglaublich war aufgrund der Kälte, des Regens, der Unterbrechung des Spieles und der ganzen Nachteile, die damit für die Strategie und die Taktik unserer Mannschaft entstanden. Deshalb, wenn Ihr etwas Geduld habt und einige dort drüben Ruhe geben, obwohl sie nichts hören können, dann denke ich, einiges sagen zu müssen. Erstens ist dies keine übliche Freude, denn dieser sportliche Sieg ist etwas, das wir wirklich als historisches Ereignis bezeichnen könnten. Aus vielen Gründen kann man von einem historischen Ereignis reden, unter anderem deshalb, weil sich erstmals in der Geschichte dieser Hemisphäre eine Amateur-Mannschaft, die in diesem Fall aus bescheidenen und jungen Landsleuten besteht, in einem Spiel gegen eine Mannschaft der Major League der USA gemessen hat. Seit langer Zeit haben wir uns eine Möglichkeit gewünscht, um den erreichten Fortschritt unseres Sports zu überprüfen und wir überlegten, was geschehen würde, wenn wir ein solches Spiel veranstalten könnten. Die Bezeichnung Major League bedeutet alles, Major League bedeutet, das Allerheiligste zu nennen, die Crème de la Crème dieser Sportart, la pelota oder der Baseball, wie sie es dort nennen, die beliebteste, traditionsreichste und berühmteste Sportart in den USA. Als wir wie ihr Studenten waren, war die Major League das Nonplusultra, und Amateur zu sein ist sogar bis heute so, als ob man von Amateuren sprechen würde, die unfähig sind, sich mit einer Profimannschaft zu messen. In vielen Sportarten, z.B. beim Boxen, haben wir gegen starke nicht-professionelle US-Mannschaften gekämpft. Jahrelang haben wir den ersten Platz in der Welt in dieser Sportart eingenommen und wir verfügen über eine starke und wachsende Kraft. Wir haben viele Spiele gegen die US-Amerikaner bestritten, sowohl dort als auch hier, auch im Volleyball, der Leichtathletik und vielen anderen Sportarten. Doch es gibt solche, die besondere Eigenschaften haben, zu einer großen Show werden, viele Zuschauer auf der ganzen Welt haben und deshalb große Einnahmen erzielen können. Es ist schwerlich möglich, daß ein Bogenschütze, Gewichtheber, ein Leichtathlet oder ein Radrennfahrer große Einnahmen erzielten, und es ist schwer, den Radrennsport auf einen professionellen Stand zu bringen. Andere Sportarten haben aus dem erwähnten Grund verschiedene Merkmale, der Fußball ist eine von ihnen. Großartige Fußballspieler werden gut bezahlt, großartige Baseballspieler - ich werde diese Bezeichnung nehmen - werden gut bezahlt, und auch andere, wie die Boxer. Aber der Baseball ist die beliebteste Sportart der Nation mit den größten wirtschaftlichen Ressourcen, der reichsten Nation der Welt und außerdem der Nation mit den wichtigsten Rundfunkstationen, Fernsehkanälen und Zeitungsketten, d.h. der Nation, die die Massenmedien beherrscht, weshalb diese Nation über all das Geld verfügt, das sie braucht, um die Welt zu bereisen und Sportler zu kaufen, genauso wie sie die Welt bereist, um Wissenschaftler, Forscher
und Künstler aufzukaufen. Es ist schwierig, mit ihr zu konkurrieren. Was können wir unseren Sportlern anbieten und was haben wir ihnen in allen diesen Jahren nach dem Sieg der Revolution angeboten? Anstrengung, Aufopferung und ein bescheidenes Leben. Außerdem die Möglichkeit, sich auszubilden, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und ihre Lieblingsdisziplin auszuwählen. Ich erinnere mich an die Zeit, als sich der Sport mit größerer Kraft zu entwickeln begann. Diejenigen, die an diesen Wettkämpfen teilnahmen, waren Beschäftigte einer Fabrik oder Angestellte. Sie wurden von der Arbeit befreit und sie erhielten weiter ihre Löhne. Später hat sich jede Disziplin spezialisiert, darunter auch der Baseball. Gut, nach den ersten Jahren kamen die Sportler nicht mehr vorwiegend aus den Fabriken, sondern aus den Schulen, weil in den Schulen von allen Schülern Sport getrieben wurde. Einige haben ganz früh angefangen und es kamen Sportler aus den Sportschulen des mittleren Niveaus oder aus der Sporthochschule. Wir sagten: Was können wir diesen jungen Sportlern anbieten? Die Möglichkeit, an der Universität ein Studium auf dem Gebiet der Körperkultur und des Sports aufnehmen, das ihnen ermöglicht, ein würdiges Leben als Sportlehrer oder als Forscher auf diesem Gebiet zu führen, oder als Ausbilder neuer Sportler. Deshalb waren die meisten der herausragensten Sportler der verschieden Disziplinen zugleich Studenten der Hochschule für Körperkultur und Sport "Manuel Fajardo". Unsere erste Sorge war, daß jeder ein Studium an der Universität aufnehmen konnte. Die Zahl der Sportschulen hat sich vervielfacht, weil wir den Sport nicht als einen Beruf betrachtet haben- wie man oft sagte-, sondern als ein Recht des Volkes, eine Errungenschaft des Volkes, ein Recht, das alle Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen und sogar die Älteren haben, wenn sie schon nicht eine Sportart betreiben, so doch zumindest sich der Körperkultur zu widmen. Die gesamte Jugend sollte die Möglichkeit haben, im Dienste der Gesundheit und des Wohlstandes der Bevölkerung Sport zu treiben. In all den Jahren haben mehr als 30.000 Sportlehrer das Studium in unserem Lande abgeschlossen. Ich weiß nicht, wieviele es in der Sportschule "Fajardo" abgeschlossen haben, aber es müssen einige Tausende sein (jemand ruft 35.000). In der Sporthochschule "Fajardo"?(Fernández sagt, daß es von der Sporthochschule "Fajardo" 25.000 Absolventen waren). Ja, ich weiß, sie sind aus der ganzen Republik, weil sich die Zahl der Schulen erhöht hat. Ihr bezieht darin die Ausbilder für Körperkultur und Sport ein? (Fernández sagt ihm, daß im "Fajardo"-Sportinstitut 25.000 Trainer und Ausbilder für Körperkultur ihren Abschluß gemacht haben, wobei die Jungen graduierten und den Älteren die Möglichkeit gegeben wurde, zu studieren.) Ah, der Oberstufe, aber die Mittelschulen graduierten Zehntausende (Ihm wird gesagt, daß es mehr als 30.000 waren). Mehr als 30.000, das ist korrekt. Das ist die Anstrengung, die wir ausgehend von einer Konzeption machten, und unser Land ist ohne Zweifel dasjenige, das den weltweit höchsten Pro-Kopf-Anteil an Lehrern für Körperkultur und Sport innehat, so wie wir bereits bei den Lehrern und den Ärzten den weltweit höchsten Pro-KopfAnteil aufweisen. Das wurde für das Volk gemacht und niemals als ein Beruf konzipiert, und zu der Zeit, als die Revolution aufblühte und dem Sport einen Impuls verlieh, gab es noch wirklich den Amateurstatus bei den internationalen Wettkämpfen und bei den Olympischen Spielen nahmen nur Amateursportler teil, so wie die Idee der Olympiade seit der Epoche der Alten Griechen erdacht war. Aber diese Ideale wurden vom Merkantilismus verzerrt, verändert und korrumpiert, und was in den letzten Jahren weit entfernt vom Schutz des Amateursportler-Konzepts geschehen ist, ist daß praktisch alle Sportarten professionalisiert wurden und Profisportler das Recht haben, an den olympische Wettkämpfen teilzunehmen, weshalb die sogenannten Dream Teams wie das US-Basketballteam dort in Barcelona auftauchten, das eine Auswahl der besten Profisportler der Vereinigten Staaten war, was oftmals zu nicht mehr dient als der Erniedrigung der Länder, die über wenige Ressourcen verfügen und weder Ausbilder, Sportlehrer,
Ausbildungsstätten und Sportanlagen noch diejenigen Dinge haben, die z. B. unser Land heute besitzt, obwohl es ein Land der Dritten Welt ist. Diese Wettkämpfe dienen oftmals dazu, den Versuch zu unternehmen, die nationale und sogar rassische Überlegenheit der reichen Länder und der entwickelten Nationen zu beweisen und die anderen Völker zu demütigen, obwohl einige der besten Athleten häufig aus armen Ländern stammen, so daß es für ein afrikanisches Volk sehr schwer ist, eine Mannschaft zusammenzustellen und die Mittel für eine gute Fußballmannschaft aufzubringen. Trotzdem haben die afrikanischen Sportler nur die Gelegenheit, in Mannschaften der Industriestaaten ihren Sport auszuüben. Diese Teams haben Mittel und Geld und nehmen sich die Sportler mit. So mußten wir über Jahre sehr hart in diesem immer ungleicheren Wettbewerb gegen die Politik kämpfen, die darin bestand, anderen Ländern ihre Sportler zu entreißen. Kuba hat niemals irgendeinem Land der Welt irgendeinen Sportler entrissen, und unsere Sportlehrer und Ausbilder haben zu Tausenden in anderen Ländern gearbeitet. Hier sind viele Athleten ausgebildet worden, es wurden Ausbilder überallhin geschickt und wir haben niemals einen Sportler eines anderen Landes gestohlen. Wir haben unsere Sportler ausgebildet, damit sie dem Volk dienen und ihm Freude, Ruhm und Ehre verleihen, und wir können sagen, daß unsere Athleten zuallererst unserem Volk viel Ruhm, viel Ehre und unendliche Befriedigung und Freude gebracht haben (Beifall). Der hier sprach, war nicht Omar Linares - oder Niño Linares, wie ihr ihn liebevoll nennt -, sondern es war derjenige, der ein Sohn dieses Landes ist und einen 40 Millionen Dollar-Vertrag zum Eintritt ins Profilager ablehnte (Beifall und Ausrufe). Es hätte auch Stevenson im Namen der ehemaligen Athleten sprechen können, der Millionenangebote ablehnte (Beifall), ebenso wie viele andere, die ähnlich handelten. Also gut. Was geschieht mit dem Baseball? Er ist der weitverbreiteste Zeitvertreib, den das Land hat. Da wir blockiert werden, haben wir nicht einmal die Möglichkeit, andere Einnahmequellen für sie zu suchen, jetzt, da alles professionalisiert wurde, wie wir bereits erwähnten. In der nächsten Zeit muß sich das Team für die Olympischen Spiele vorbereiten, oder mehr noch als für die Olympiade für die Panamerikanischen Spiele in Winnipeg, die ein Zwischenschritt sind, um das Recht zur Olympiateilnahme zu erwerben, und wir wissen, was einige Länder mit Blick auf Winnipeg machen. Sie rekrutieren auf Gedeih und Verderb Profis mit dem Gedanken, Kuba auf diese Weise seinen Platz zur Teilnahme an den Olympischen Spielen zu entreißen. Ich hoffe, daß diese Idee seit gestern abend vollkommen aus ihrem Kopf verschwunden ist. Wenn sie auch beabsichtigen, was weiß ich, alle diejenigen Spieler zusammenzutrommeln, die sie wollen, so wird dies doch am Ende keiner schaffen. Es besteht kein Zweifel, daß das Team der Vereinigten Staaten sehr stark sein kann. (Ihm wird etwas gesagt). Gut, aber andere Teams aus Ländern wie sogar denen des Karibischen Beckens sind dabei, sich die Zähne zu schärfen mit Plänen, Profis einzusetzen, um einen der beiden der Hemisphäre zustehenden Plätze für die kommende Olympiade zu erreichen und uns zu überholen. Wie ich Euch bereits sagte, stehen unsere Baseballspieler die meiste Zeit des Jahres im Zentrum der sportlichen Aufmerksamkeit des Landes. Das ist die Realität. Das was der Fußball in einem anderen Land erreicht hat und die Rolle, die er in vielen anderen Ländern spielt, spielt hier diese Sportart. Wir brauchen sie hier in unserem Land. Wir wissen nicht, wie die Entwicklung des Sports in den kommenden Jahren verlaufen wird. Doch im Moment müssen wir gegen den Versuch kämpfen, uns unsere Athleten zu entreißen. Der erste Wettbewerb ist der Kampf gegen diese Banditen, die Scouts genannt werden. Ich will damit nicht sagen, daß alle Scouts Banditen sind, aber wir kennen sehr wohl eine Anzahl von Banditen, die sich der krämerischen und gleichzeitig politischen Aufgabe widmen, zu versuchen, unsere kubanischen Athleten zu kaufen. Das ist die vorrangige Schlacht. Die Vereinigten
Staaten unterstützen diese Scouts offensichtlich aus Gründen der Feindseligkeit und der konterrevolutionären Propaganda. Warum haben wir trotzdem so viele und so gute Athleten in dieser Sportart? Weil wir glücklicherweise auf viele Jugendliche mit außergewöhnlicher Würde und mit außergewöhnlichem Patriotismus zählen können (Beifall). Sie verdienen die Anerkennung des Volkes. Bei dieser Gelegenheit, als man beabsichtigte, dieses historische Spiel durchzuführen, erinnerte man sich deshalb als eines der ersten Dinge, die man unternahm, an viele, die brilliante Baseballspieler waren und unserem Land großen Ruhm verliehen, weshalb mehr als 100 zurückgetretene oder ehemalige Athleten einen Teil der Delegation bildeten, die unser Team dort im Stadion von Baltimore anfeuerten. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie glücklich sie sich fühlten, als sie sahen, daß man sich an sie erinnert hatte, um an einer Art von Spiel teilzunehmen, wie sie es während ihrer aktiven Zeit nicht sehen konnten und woran sie nicht hatten teilnehmen können, da sie nie ihre Kräfte mit jenen Teams messen konnten. Es vergingen die Jahre und es wuchs eine neue Generation von Athleten heran, die das Vergnügen hatten, dort in der ersten Reihe zusammen mit den neuen Werten bei diesem historischen Ereignis dabeizusein. Sie sind keine Besitzer von materiellen Reichtümern, sondern Eigentümer eines Vaterlandes ohne Gebieter, das sie bewundert und sich immer an sie erinnern wird. Wir haben gesagt, daß wir niemals diese ehemaligen Sportler vergessen können. Wir können ihnen nicht die Millionen geben, die ihnen die Scouts anboten, aber wir können ihnen sehr gut alle Anerkennung der Welt, alle verdienten Ehren und alle materiellen Befriedigungen, die sie benötigen, zukommen lassen. Die sie benötigen, was nicht Ambition nach Reichtum bedeutet, nein. Aber man wird sich immer an sie erinnern, und in der Weise, wie das Land seine wirtschaftliche Situation verbessert, wird sich vorrangig auch das Leben dieser Sportler verbessern, die soviel für ihr Land getan haben und die niemand für irgendein Geld der Welt kaufen konnte (Beifall). Der Sport hat dem Land viel Prestige verliehen und das Land muß deshalb diese Athleten entschädigen, ob sie aus hoch auf dem Markt bewerteten Disziplinen kommen oder nicht. Somit werden diejenigen Athleten, die so viele Beweise ihrer Vaterlandstreue und ihrer Uneigennützigkeit erbracht haben, den würdigen Platz einnehmen, der ihnen in der Gesellschaft zusteht, und ihr Volk wird sich mit Liebe an sie erinnern, auch wenn sie nicht mehr leben. Wir verleihen diesem historischen Spiel eine außergewöhnliche Wichtigkeit, weil es die Größe der menschlichen und moralischen Werte aufzeigt. Es ist ein sehr großes Beispiel, das sie gegeben haben. Ich frage mich, ob es auf der Welt ähnliche Beispiele wie die Fälle gegeben hat, die ich hier zitiert habe, und ob aus einem Land, das nicht patriotisch und wahrhaft würdig und revolutionär ist, diese Werte hervorgehen können. Denn die Fahne verkauft man nicht, das Vaterland verkauft man nicht, die Treue des Volkes verkauft man nicht, und der höchste Ruhm unserer größten und bewundertsten Athleten ist der, daß sie Athleten sind, die sich nicht verkaufen! (Beifall) Deshalb hat ihnen die höchste Anerkennung zu gelten. Wir konnten die Kräfte jener Männer ermessen, die Fähigkeit jener Männer, mit der Kraft und der Fähigkeit eines großen Teams, und das in einem Land, in dem dieser Sport, wie ich bereits sagte, der Favorit ist und über unbegrenzte Mittel verfügt. Die Gehaltsliste jedes der Teams der Major League beläuft sich auf Dutzende und Aberdutzende Millionen Dollar pro Jahr, und in einigen Fällen überschreitet sie 40 Millionen, 50 Millionen, 60 Millionen oder mehr. Es ist ein Konzept. Man kann sagen, daß dort ein Wettbewerb zwischen zwei Konzeptionen stattfand: unser Konzept des Sports und das Konzept des Profisports, das Konzept des Sports als Recht des Volkes, Privileg und Quelle von Gesundheit und Wohlergehen des ganzen Volkes gegenüber dem Sport als Objekt des Marktes und Quelle von Einnahmen und persönlichen Reichtümern. In dem Spiel von gestern abend konkurrierten diese zwei Ideen.
Jetzt kann man nicht mehr die Amateursportler herabwürdigen und sie unterschätzen. Man muß sehen, wie sich der weltweite Sport entwickelt. Niemand weiß, wo wir mit dieser im Moment unumkehrbaren traurigen Verwandlung des Amateursports und der Olympischen Spiele in Profiwettbewerbe am Ende hinkommen. Ich frage mich, welche Möglichkeiten den armen Ländern bleiben, das heißt, der überwiegenden Mehrheit der Länder. Kuba hat mit seiner revolutionären Konzeption des Sports die Ehre, das einzige lateinamerikanische Land gewesen zu sein, das die Vereinigten Staaten bei einem panamerikanischen Wettbewerb übertraf, der genau hier in unserem Land stattfand. Es war das einzige Mal in der Geschichte und ein Beweis der unternommenen Anstrengungen, der Qualität unserer Athleten und des aufgebauten Sportsystems. Obwohl es ein blockiertes und kleines Land ist, stellt Kuba heute wirklich ohne Diskussion den einzigen sportlichen Rivalen dar, den die USA in dieser Hemisphäre haben (Beifall). Und das erworbene Prestige ist so groß, daß sich das Stadium in Baltimore komplett füllte und einige Tage vor dem Spiel alle Eintrittskarten ausverkauft waren. Warum? Weil Millionen von US-Amerikanern auch den Wunsch hatten, ein Team der Major League im Wettbewerb mit einer Mannschaft eines Landes zu sehen, das Amateurweltmeister ist und dies über viele Jahre hinweg gewesen ist. Zum ersten Erstaunen kam es anläßlich des ersten Spiels in Havanna. Doch wie ihr wißt, befanden wir uns noch inmitten unserer Saison, die eine exzellente Saison war und die Massen in die Stadien lockte. Seit langer Zeit hatte sich das Estadio Latinoamericano nicht mehr komplett gefüllt. Am Tag des letzten Spiels zwischen Industriales und Santiago kamen trotz der momentanen Transportschwierigkeiten wahrscheinlich mehr Menschen ins Stadium als beim ersten Spiel gegen die Orioles, und das waren bereits sehr viele. Wir konnten unsere Saison nicht unterbrechen, denn man hatte das Spiel kurzfristig ausgemacht und es war notwendig, Konzeptionen zu verändern. Was tun? Was tun? In diesem ersten Spiel mußten wir die hölzerne Schlagkeule verwenden. Seit 20 Jahren hat man aber hier die Aluminiumkeule verwendet und viele Taktiken und Strategien sind von der Frage 'Aluminium oder Holz' bestimmt. Hier hat man die Gewohnheit verloren, den Ball mit der Schlagkeule abprallen zu lassen. Ich sage es unseren eigenen Athleten: Ihr könnt bisher noch nicht den Ball prallen lassen. Urquiola diskutierte mit mir und behauptete, daß dies doch der Fall sei, daß sie viel vom Prallenlassen wissen, ich hingegen weiß sehr gut, daß sie viel daran trainieren müssen, daß man das Prallenlassen manchmal braucht, auch wenn diese geradlinigen Schläge, mit denen sie gestern abend so glänzten, sehr viel besser sind. Aber man muß das Prallenlassen beherrschen, denn in bestimmten Augenblicken braucht man es. Das Aluminium hat das Prallenlassen und viele Spielzüge eliminiert und jetzt haben diejenigen, die in diesen Fragen des Sportes bestimmen und leiten, die Verwendung der neuen hölzernen Schlagkeule festgelegt und deshalb müssen wir eben mit ihr klarkommen. Wie viele Tage hatten wir, um uns daran zu gewöhnen? Denn wir befanden uns doch inmitten der Saison. Wir mußten die besten Sportler der acht Mannschaften, die bei den Play-Offs ausgeschieden waren, zusammenrufen und damit beginnen, ein Team zu organisieren mit den wenigen hölzernen Schlagkeulen, über die wir verfügten und uns beeilen, weitere zu besorgen. Und als vier der acht Mannschaften übrigblieben, die den Wettbewerb fortgesetzt hatten, mußten wir einige weitere der Spieler von ausgeschiedenen Teams einbauen, damit sie mit dem Training begannen. Als zwei Teams übrigblieben, riefen wir von den anderen beiden, die nicht das Finale erreicht hatten, weitere Spieler und so hatten wir nach und nach Stückchen aus den ausgeschiedenen Mannschaften hinzugefügt. Aber die Saison wurde weitergeführt. Es muß eine große Befriedigung für die Fans gewesen sein, daß trotz der
Bedeutung des Spiels gegen Baltimore die hiesige Saison nicht unterbrochen wurde und sie bis zum Ende weitergeführt wurde. Und als die Saison beendet wurde, stieß eine Gruppe von Spielern von denjenigen Teams, welche die beiden ersten Plätze belegt hatten und nicht am ersten Spiel hatten teilnehmen können, zur Gruppe, die bereits im Training war. Wieviel Zeit stand uns zur Verfügung? Drei Trainingswochen, um sich an die hölzerne Schlagkeule zu gewöhnen, nur drei Wochen! Aber wir hatten schon mit den ersten ins Team eingebauten Spielern ein große Partie geliefert, von der die Weltpresse berichtete und über die die US-amerikanische Presse viel schrieb. Es gab keine Zeitung, die nicht über das vorherige Spiel berichtet oder die Kraft unserer Mannschaft bewundert hätte. Als die weiteren Sportler hinzustießen, denn alle stießen gruppenweise hinzu, konnten sie drei Wochen trainieren, so daß wir die Ergebnisse gestern sehen konnten. Nie zuvor wurde ein so strenges Training mit so hoher Qualität durchgeführt wie bei dieser Gelegenheit, und dies in einer so kurzen Zeit! Dort konnten wir einschätzen, was diese Techniker mit Hochschulausbildung sind, die ihr Studium an dieser Schule absolvierten, über die wir sprachen, die Kenntnisse, die sie besitzen, die Erfahrungen, die sie erworben haben, und ich kann euch versichern, daß es sich um eine außerordentliche Quelle von Reichtum handelt, auf die wir bauen. Ich kann euch versichern, daß wir nicht nur eine, sondern zwei, drei oder vier Mannschaften zusammensetzen können, die in der Major League teilnehmen könnten. Eines Tages gibt es vielleicht Frieden und normale Beziehungen zum Nachbarn im Norden und die Möglichkeit, daß wir an diesen Wettkämpfen teilnehmen dürfen, und in der Weise, in dem dies geschafft wird, könnten wir die heute äußerst bescheidenen Einkommen unserer Sportler beträchtlich steigern. Gut, nicht alle Sportarten haben die gleiche Anziehungskraft, sagen wir, im Sinne einer großen Anhängerschaft und von Profitmöglichkeiten. Es geschieht dasselbe wie bei der Kunst, so daß man nicht bei allen Kunstgenres und Ergebnissen der intellektuellen Arbeit große Einkommen gewinnen kann. Natürlich gibt es in unserem Land viele und sehr gute Schriftsteller, aber wie schwer ist es, zu erreichen, daß ein guter Schriftsteller in unserem Lande verhältnismäßig hohe Einkommen erlangen kann. Einigen gelingt es, aber das ist viel schwieriger. Ein guter Maler kann bedeutende Einkommen erlangen, aber im allgemeinen kommt sein großer Ruhm später, wenn viel Zeit vergangen ist. Die Musiker haben mehr unmittelbare Möglichkeiten im Vergleich zu den Schriftstellern, und zwar aufgrund der riesigen Macht der gegenwärtigen Massenmedien, die aus der Musik eine große Industrie gemacht haben. Die Einkommen, die einige hervorragende Komponisten und Musiker erlangen können, mögen hoch sein, sogar sehr hoch, und sie erzielen diese innerhalb von kürzester Zeit. In unserem Lande gibt es einige, die sehr hohe Einkommen für ihre Musikproduktionen erlangen. Sie beziehen diese Einnahmen und bezahlen einen Teil davon als Steuern, was einen Beitrag für das Land darstellt. Hoffentlich kommt der Tag, an dem auch wir unseren hervorragendsten Sportlern auf irgendeinem Weg viel höhere Einkommen zur Verfügung stellen können als die, welche sie heute erlangen können. Ich bin sicher, daß dieser Tag in der einen oder anderen Form kommen wird, und zwar einfach dank der großartigen Qualität unseres Sportes. Wenn sie unser Land in Frieden leben ließen, gäbe es verschiedene Formen zur Stimulierung des Talentes, der Aufopferung und der Heldentaten, zu denen sie imstande sind. Es gibt mit dem Volleyball zum Beispiel eine Sportart, bei der unsere Athleten einen Teil des Jahres im Ausland trainieren, Wettkämpfe durchführen, in verschiedenen Teams spielen und damit ihre persönlichen Einkommen verbessern. Aber sie sind und bleiben kubanische Sportler. Wenn die Wettkämpfe hier im Land stattfinden, sind sie auf ihrem Posten. Die nationalen Wettkämpfe im Volleyball dauern hier nur sehr wenig Zeit, aber unsere Baseballiga dauert monatelang, denn aufgrund der
Tradition und steigenden Qualität ist sie das Unterhaltungsangebot Nummer eins für die Bevölkerung. Die lokalen und nationalen Anhänger wollen sie sehen und ihre Qualität genießen. Wenn man dazu noch die ständige Feindlichkeit und den Mangel an internationalen Normen hinzufügt, wird es noch schwieriger, praktische Formeln zu finden. Wir haben es analysiert und sind der Meinung, daß wir eines Tages mit den eigenen Ressourcen des Landes ihre Einkommen steigern können, weil sie wegen ihrer Fähigkeiten, Aufopferung und Disziplin würdig sind, höhere Einkommen zu erlangen als diejenigen, die sie heute bekommen. Dies alles erschwert sich inmitten der Blockade, und die Skrupellosen sowie die Sucher nach Hirnen und Sportlern tun nichts weiteres als einen ständigen Angriff durchzuführen, um irgendeinen unserer Sportler zu verführen, zu verderben und zu kaufen. Ich erkläre euch das, damit ihr versteht, warum wir der Meinung sind, daß das Spiel von gestern abend in vielerlei Hinsichten ein historisches Treffen war. Wieviele Bürger der USA sind heute noch erstaunt, die Performance unserer Mannschaft vor ca. 50.000 Zuschauern dort in einem Sportstadion der Vereinigten Staaten selbst gesehen zu haben! Man wird tagelang viele Berichte und Kommentare von Nachrichtenagenturen lesen müssen. Und unter welchen Bedingungen wurde dies erreicht? Drei Trainingswochen mit den hölzernen Schlagkeulen! Deshalb mußten wir unsere Vorstellungskraft vervielfältigen. Es war die Frage, wie wir diese Situation bewältigen konnten, nämlich innerhalb einer so kurzen Zeit an dem Spiel teilzunehmen und außerdem von einem regnerischen kalten Tag überrascht zu werden, ohne zu wissen, was mit diesem Spiel geschehen sollte, das so schwer zu organisieren und zu vereinbaren gewesen war. Und noch schlimmer: Der meteorologische Dienst in den Vereinigten Staaten gab bekannt, daß es keinen Regen am Abend geben würde. Und dann begann es kurz nach Beginn des Spiels zu regnen und die Nachrichten im Fernsehen meldeten eine Temperatur von 12 Grad. Man konnte dort unsere Leute vor Kälte zittern sehen. Was würde mit unseren Sportlern geschehen? Ein hervorragender Pitcher muß dort unter diesen Bedingungen von Kälte und Regen das Spiel eröffnen. Das Spiel wird für eine Stunde unterbrochen, und wir wissen ausgehend von dem, was wir von den Technikern gelernt haben, sehr genau, welche Regeln heute gültig sind, wie lange er seinen Arm ausruhen muß, wieviele Bälle ein Pitcher werfen muß, und was danach gemacht wird, nachdem ein Pitcher drei oder vier Runden geworfen hat, und wie das Eis benutzt wird, verschiedene Behandlungsformen, die Massage, die Ruhe, und ein Spitzenpitcher, der eine Stunde warten muß und dorthin in den Regen und die Kälte mit einer Mannschaft als Gegenüber zurückkehren muß, die sehr gut den Ball schlagen kann und wirklich ausgezeichnet spielt. In diesem Moment entstehen Schwierigkeiten. Mit Sicherheit haben alle der dortigen Fans gedacht, daß wenn unser hervorragender das Spiel eröffnender Pitcher, der sich hier in dem in der Hauptstadt durchgeführten Spiel mit Ruhm überschüttete, Probleme habe, dann hätten die Kubaner verloren. Was sie nicht wußten, ist die Tatsache, daß bevor sie das gedacht hatten, schon alle Möglichkeiten vorausgesehen waren. Ich kann mich daran erinnern, daß ich während einer Versammlung mit Ausbildern, Technikern und Managern die Frage gestellt habe: Was würden sie tun, wenn Contrera im zweiten Inning Probleme hat, die Kontrolle verliert und seine Würfe geschlagen werden? Ich habe den Technikern, Ausbildern und Trainern wirklich viele Fragen gestellt. Ich bin kein Lehrer weder in dieser Sportart noch in einer anderen, aber ich kenne zumindest die Kunst der Fragestellung und der Beschäftigung mit den Details. Als sie mir antworteten, daß sie dieses und jenes tun würden, habe ich weiter gefragt: Warum? Darauf sagten sie mir: "Aus diesen und jenen Gründen. Wir haben andere Stars in der Mannschaft". Sie zählten die Merkmale eines jeden dieser Stars auf. Einige Analytiker diskutierten darüber, ob Contrera eröffnen sollte oder nicht, da sie ihn schon kannten. Wir haben Contrera im Training gesehen und er war jederzeit in
der Lage, jedem unserer Batter, die ihn sehr gut kennen, eine Glückssträhne zu unterbrechen. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was für eine Anzahl an guten Pitchern wir haben, was für Fähigkeiten sie haben, und wir haben einige neue, die sogar leicht 97 Meilen erreichen können und die nie den Ball mit unter 90 Meilen werfen, es sei denn, sie tun es absichtlich, um den Batter in Verwirrung zu bringen. Aber die Leitung des Teams hatte alles vorausgesehen, was in jedem Fall zu tun war, und alles wurde exakt so erfüllt, wie es für jede Situation vorgesehen war. Der Gegner hatte schon zwei Läufe Vorsprung, als das zweite Inning begonnen wurde. Wir wußten, wie gut diese Spieler den Ball schlagen, weil wir es wirklich gesehen hatten. Was mich an meisten beeindruckt hatte, war der Löwen- und Tigergeist, mit dem sie reagierten. Es scheint, als ob die anderen um den Sieg angegriffen hätten und als sie gegenüber uns zwei Läufe Vorsprung hatten, griffen die Tiger an und machten im gleichen zweiten Inning vier Läufe. Diese Reaktion und dieser Kampfgeist waren wirklich eindrucksvoll (Beifall). So blieb es das ganze Spiel hindurch. Ich bedauere wirklich nur, daß sie, die guten Reserven hatten, inmitten dieser fürchterlichen Kälte und dieses schrecklichen Regens nicht das getan haben, was sie mit Contrera während des Spieles in Havanna gemacht hatten. Sie hatten nur drei Hits und die erschöpfende Anstrengung aufgrund der Anzahl der von Vera, dem Genossen, der die Fahne getragen hatte, geworfenen Bolas war schon eindeutig, so daß sich dieser das Recht verdient hat, genauso wie die anderen, die ihn begleitet haben, und weitere, wie Linares, der hier gesprochen hat. Er wurde nicht ein einziges Mal ins Out gestellt (Beifall). Ich habe gesagt, daß es uns gefallen hätte, daß sie mit Vera das selbe gemacht hätten, was sie mit Contrera getan haben, weil dieser in Havanna so ein glänzendes Spiel als Pitcher gespielt hatte, so daß es nach einer solcher Anstrengung von über 100 Ballwürfen schmerzlich war, weswegen er rechtzeitig ersetzt wurde, weil schon zu bemerken war, daß er nicht mehr die gleiche Kontrolle über die Ballwürfe besaß und einige Bälle ein bißchen höher kamen, er selber hatte es gesagt. Danach haben einigen den Manager kritisiert, weil er ihn ersetzt hatte. Unter solcher Umständen wäre es das Traurigste gewesen, daß die glänzende Rolle, die er gespielt hatte, beeinträchtigt würde, weil die Gegner diese Umstände genutzt hätten. Manchmal gibt es den Standpunkt, daß der Pitcher ersetzt werden soll. In der Tat hätten wir es mit solch einem Vorsprung gerne gehabt, ihn im letzten Inning, besonders nach zwei aufeinanderfolgenden Hits, nicht zu ersetzen, denn wir hatten einen Vorsprung von 12 zu 3 und noch viele Reserven, ihr könnt euch nicht vorstellen, was für eine Reserve wir bei den Pitchern zur Verfügung hatten. Vera hatte vom ersten Out des zweiten Inning bis zum ersten Out des neunten Inning gegen die Orioles-Mannschaft eine Bilanz von einem no Hit und keinem Run. Kein Hit, kein Lauf -das muß in das Rekordbuch geschrieben werden-; aber wir kannten alle die Ressourcen genau, die dort beim Gegner vorhanden waren, und wäre für uns ehrlich schmerzhaft gewesen, wenn seine unglaubliche Heldentat nicht vollständig gesichert worden wäre. Hör mal, Urquiola, und auch die Techniker und das Führungspersonal, ihr sollt das nicht als Kritik verstehen, nein, nein. Ich bringe nur ein Gefühl zum Ausdruck. An dem Tag der Dankbarkeit und der Ehre, den ihr euch verdient habt, darf man keine Kritik üben, versteht ihr? Einige verstanden die Zusammensetzung der Mannschaft nicht richtig. Es gab welche, die sagten: Sie haben vier Third bases und einen Short mitgenommen. Ja, wir hatten vier Third bases, aber eine von diesen war der ausgewählte Batter und das war der, der den riesigen 400 Fuß-Homerun geschlagen hat (Beifall). Er hat die Rolle des Schlagmannes ausgezeichnet erfüllt (Beifall). Unter diesen vier Third bases war ein hervorragender Ersatzspieler namens Pierre (Beifall). Unter diesen vier Third bases war Michel Enríquez, der den Short hätte spielen können, wenn es erforderlich gewesen wäre, und einen weiteren, und selbst Linares, der dies im Falle der Verletzung des ausgewählten Shortspielers manchmal getan hat und der sich während des Trainings als ein konstanter, sicherer und furchbarer Batter zeigte.
Das Grundkonzept für dieses Spiel war, kräftig in der Defensive, aber auf jeden Fall sehr stark in der Offensive zu sein. Dieses Spiel mußte mit großer Kraft und unfehlbarem Fingerspitzengefühl beim Ballschlagen gewonnen werden, mit Hits, Two-bases, Three-bases und Homeruns, mit allem, was erscheinen konnte. Und diese Mannschaft war eine Fabrik davon und von allen möglichen Dingen. Man berücksichtigte die Geschwindigkeit. Es wurde ein Spieler mitgenommen, dessen Grundmerkmal die Geschwindigkeit war, um das Spiel mindestens durch einen Baserun zu entscheiden. Es gab ungünstige Faktoren: nicht nur die Kälte, nicht nur der Regen, nicht nur die hölzerne Schlagkeule, sondern auch die Tatsache, daß wir bei Nässe des Spielfeldes einen unserer Vorteile, die Geschwindigkeit, verloren. All dies wurde seitens derjenigen streng analysiert, die verantwortlich dafür waren, die Mannschaft zusammenzustellen, und die die Erfahrung dafür hatten. Man hatte auf die Ergebnisse warten müssen: Sie waren die Frucht von neuen Vorstellungen und neuen Trainingsmethoden gewesen, und die Spieler mußten bis zum Ende um ihre Teilnahme an diesem Spiel kämpfen. Es war nicht leicht. Erst am Samstagabend wurde bekannt, aus wem sich die Mannschaft zusammensetzte. Achtundvierzig Sportler hatten trainiert, und es war auf keinen Fall für den Vorstand der Mannschaft leicht gewesen, die Auswahl durchzuführen. Sie wurde aber auf der Grundlage von Normen, Kriterien und Grundsätzen durchgeführt. Wir wußten, daß diese Mannschaft in der Lage war, so viele Hits wie nötig zu schlagen und sich selbst zu übertreffen, wenn es erforderlich wäre, und deshalb errang die Mannschaft einen Sieg, den wir als spektakulär bezeichnen können, und diese Mannschaft -ich sage es euch- fängt jetzt erst an. Nein! Laßt bloß die panamerikanischen Spiele von Winnipeg und später die Olympischen Spiele kommen. Trotz der vielen Superprofis, die sie vielleicht versammeln, können wir mit vollkommen geschlossenen Augen Vertrauen in unsere Mannschaft haben. Der Grundsatz Nummer Eins ist die Disziplin, die Aufopferung und die totale Hingabe. (Die Zuhörer sagen ihm: "Und die Haltung des Schiedsrichters"). Laß das Thema für später, wenn du willst. Es gibt jetzt interessantere Dinge. Ich wollte euch sagen, welche die Perspektiven sind. Manchmal dachten wir: Wie gut wäre es, wenn das Volk das Training beobachten könnte. Aber Publikum und Training sind zwei Dinge, die manchmal nicht zusammenpassen. Wir hatten den Wunsch, daß die Nation die Sportler während ihrer Vorbereitung im Fernsehen sehen könnte. Die Nation würde sie sehen, aber die Gegner auch, und sie würden auch alle Pitcher und jeden der Batter kennenlernen, wer auf welchen der verschiedenen Ballwürfe am besten mit welchem Schlag reagieren kann. Deshalb sagten wir: Baseballgeheimhaltung. Die Journalisten wollten es wissen, sie gingen zum Training und beobachteten es. Sie haben die Strategie verstanden. Aber wir konnten keine öffentliche Spiele durchführen, die wirklich interessant gewesen wären. Wenn wir vor wichtigen Wettkämpfen stehen, müssen wir dem Training den Vorrang vor dem Spektakel einräumen. Es könnte sein, daß man an einem Tag in den nächsten zwei Trainingsmonaten -es könnte sein, man darf keine Versprechungen machen- bei einer Gelegenheit die Anwesenheit des Publikums zugelassen wird und das eine oder andere Spiel im Fernsehen gezeigt werden kann, weil man die Technik und die Kunst anwenden muß, um den Gegner in Verwirrung zu bringen. Das war ein Schlüsselfaktor gewesen. Aufgrund der Notwendigkeit, die Mannschaft für dieses Spiel unter so ungünstigen Bedingungen vorzubereiten, sind eine Reihe von Ideen entstanden. Denn dort in den USA war es ein anderes Volk, ein anderes Publikum, Zehntausende von Fans, die ihr Team unterstützten, die allzugut bekannten Provokateure, Kälte, außerdem noch Regen und die hölzerne Schlagkeule, die man in diesem Land, wie ich bereits sagte, seit 20 Jahren nicht gesehen hat. Haben sich unsere Sportler, die diese Prüfung durchliefen, die Sporen verdient oder nicht? Ich sagte: Das Spiel, das bei uns gespielt wurde, ist nicht das wichtigste. Hier wurden die größtmögliche Höflichkeit gegenüber unseren Gästen, die
Wohlerzogenheit unseres Publikum, seine Kenntnisse über diese Sportart und sein Respekt von einer bedeutenden Anzahl von US-Bürgern und -Journalisten bewundert, die zu diesem Spiel gekommen waren. Wir sind kein Volk von Wilden, wie einige sich das vorstellen, die durch die Yankeelügen in Verwirrung geraten sind. Dies ist zweifellos eines der wohlerzogensten, kultiviersten und gebildetsten Völker der Welt, pfiffig, würdig, intelligent und rücksichtsvoll. Wir waren absolut davon überzeugt, daß in unserem Sportstadion kein einziges Wort der Beleidigung für die Sportler fallen würde, die uns besucht hatten, so etwas ist hier noch nie geschehen. Der totale und strikte Respekt gegenüber den Gästen, diese Fähigkeiten, einen der Spielzüge der Gäste zu beklatschen, ihre Nationalhymnen mit Respekt zu hören, ihre Fahne respektvoll zu grüßen, all dies zeichnet zivilisierte und gebildete Völker aus, und wir haben nicht nur vom Sport etwas gelernt. Durch neueste Forschungen ist bewiesen worden, daß die Kinder in der dritten, vierten und fünften Klasse in unserem Land einen unvergleichbar höheren Kenntnisstand im Vergleich mit dem der Kinder in den restlichen Ländern Lateinamerikas besitzen. In bezug auf die Qualität des Bildungswesens ist Kuba absolut an der Spitze. Kuba ist auch bezüglich vieler anderen Dinge an der Spitze: im Sport mit der größten Anzahl an Medaillen pro Kopf bei der Olympiade, im Gesundheitswesen mit der niedrigsten Kindersterblichkeitsrate in dieser Hemisphäre, die Vereinigten Staaten einbezogen, vielleicht mit der Ausnahme von Kanada. Aber es ist nicht nur das. Dieses Land hat ein Bewußtsein, eine allgemeine Kultur und Politik und einen Sinn für die Würde und den Respekts erlangt. Deshalb hat niemand in unserem Land jemals einen US-amerikanischen Staatsbürger beleidigt, denn diese Revolution wurde weder auf der Grundlage des Fanatismus, noch eines irgendwie gearteten Dogmas und viel weniger des Hasses und der Vorurteile, sondern auf der Grundlage der Ideen, des Bewußtseins und der Kultur durchgeführt und entwickelt. Es lernte denken. Wir tragen den revolutionären Geist in der Seele und der Revolutionär ist nicht der, der beleidigt, sondern der, welcher weiß, daß er im Besitz der Wahrheit ist und die Fähigkeit hat, diese aufrechtzuerhalten und zu verteidigen. Das ist unser Volk. Kein Land der Welt kann das Beispiel abgeben, das Kuba als Vorbild der Gastfreundschaft und des Respekts gegenüber dem Besucher abgibt. Nie haben wir Haß gegen das US-amerikanische Volk oder gegen den USamerikanischen Staatsbürger eingetrichtert. Immer haben wir die Verantwortung dem System zugeschrieben, in erster Linie dem System. Es ist sehr schwierig, daß ein solches System gute Regierungen hervorbringt, mit der Ausnahme von einigen brillianten Staatsmännern wie Roossevelt, der in Momenten der tiefen Krise des Kapitalismus, des Aufschwungs des Faschismus in Europa und des ernsten Risikos eines Weltkonflikts wirkte. Einige mehr und andere weniger mit Skrupeln behaftet, einige mit mehr und andere mit weniger Ethik, einige intelligenter als andere, einige mit großem geschichtlichem Bewußtsein oder mit einem hohen Verantwortungssinn, andere mit weniger oder keinem von beiden. Das in diesem Land angewandte System selbst, seine Macht, sein Reichtum und seine wirtschaftlichen und sozialen Grundlagen verursachen Egoismus, Arroganz, Übermachtstreben und bildet Regierungen fast ausschließlich mit dem Ziel, ein großes Imperium aufrechtzuerhalten und auszuweiten. Aber nie haben wir dem nordamerikanischen Volk die Schuld für sein System und seine Regierungen gegeben. Oftmals können die einzelnen Menschen nichts machen, aber sie haben die Macht, um viele andere Sachen durchzuführen. Das ist die Realität. Jenes sportliche Zusammentreffen vom 28. März in Havanna hat dazu beigetragen, daß viele Leute in den USA einen unmittelbaren Eindruck von Kuba haben konnten. An diesem selben Abend gab es zwei Empfänge, - da sie am Montag zurückflogen : Für alle, die mit dem Team der Orioles gekommen waren, Hunderte von Personen, um 19:30 Uhr bzw. um 1:00 Uhr nachts für eine große Anzahl von Künstlern, nordamerikanischen Musikern, die mit den kubanischen Künstlern und Musikern
gespielt hatten. Glaubt mir: Ihr stellt euch nicht vor, wieviel Lobesworte ich an diesem Tag über Kuba gehört habe!. Als die Mannschaft und alle, die mit der Sportart zu tun hatten, vorbeischritten, hörte ich nichts weiter als Lobeshymnen voller Bewunderung für unsere Sportler, unser Publikum und unser Volk. Und sie sagten keine Lügen oder Sachen, um uns zu schmeicheln, wie dies oftmals geschieht. Im Gegenteil, wenn man sieht, wie sie mit großer Herzlichkeit diese Gedanken äußern, merkt man, daß sie einen angenehmen und vielleicht für die überwiegende Mehrheit überraschenden Eindruck über unseres Volk gewonnen haben. Danach schritten die Künstler und Musiker vorbei und es geschah genau das gleiche. Ich mußte unzähligen Leute an diesem Abend die Hand schütteln und jeder ist eine Minute stehengeblieben, um mit mir über die Musiker zu sprechen. Sie und die kubanischen Musiker gingen zum Empfang: Eindrucksvoll!. Diese bewunderten den Sport und jene bewunderten die Kultur unseres Landes, die Kunst unseres Landes, die Entwicklung der Musik in unserem Land und nicht umsonst gibt es auch eine Kunsthochschule und zahlreiche Kunstschulen. In vielen Bereichen ist unser Land außerordentlich vorangeschritten und sein größter Verdienst ist, daß selbst in diesen schwierigsten Jahren nichts davon verlorenging. Sogar jenes berühmte Theater, das durch einen Brand zerstört wurde, hat man wieder aufgebaut und neulich eröffnet. Und es wird das alte Museum wieder aufgebaut und ein anderes gebaut. Wir werden zwei ausgezeichnete Museen haben. Unser Land verfügt über einen großen Schatz von Kunstwerken, die im Dienst des Volkes stehen werden, damit es in dieser Materie immer mehr Kenntnisse und Bildung erlangt. Es gibt viele Bereiche. In diesen Jahren hat man keine Schule geschlossen und Tausende und Abertausende von neuen Lehrern mit den vorher erlangten Diplomtiteln in die Grundschulausbildung eingegliedert. Es wurde keine Poliklinik geschlossen. In diesen Jahren der Spezialperiode sind ca. 30.000 neue Ärzte in unsere Gesundheitsdienste eingetreten. Welches anderes Land könnte dies inmitten der Blockade und nach dem Verschwinden der UdSSR und des sozialistischen Lagers schaffen? Das sind die großen Verdienste unseres Volkes. Ich glaube, daß wir dies an einem Tag wie heute hervorheben müssen, da es ein Werk von allen ist. Gut, muß man gerecht sein. Wir haben einen Sieg errungen, einen großen Sieg über die Mannschaft der Orioles. Einige Presseagenturen bezeichnen ihn als einen überwältigenden Sieg. Wir möchten ihn nicht so bezeichnen. Ich sage, daß es ein historischer Sieg war, ein guter Sieg, aber nie werden wir das Wort überwältigend benutzen. Wir möchten niemanden überwältigen und viel weniger eine Mannschaft, dank deren Unterstützung dieses Zusammentreffen zwischen beiden Sportkonzeptionen stattfinden konnte, zwischen einem großen Team der Major League und einer nichtprofessionellen Mannschaft des kleinen Kubas (Beifall). Dies geschah dank der Bemühungen der Leitung jenes Teams, des Hauptaktionärs und des Hauptmanagers der Orioles. Er hat Jahre gekämpft, bis dieses Spiel akzeptiert wurde. Es wurde darüber viel diskutiert. Glaubt nicht, daß es einfach war. Es gab diejenigen, die gegen das Spiel waren. Ich beziehe mich in diesem Fall nicht auf die traditionellen Provokateure, sondern auf wichtige Politiker, die gegen das Spiel waren. Es gab andere, die es unterstützten. Unter diesen Bedingungen war sehr schwer, die Abhaltung des Spieles hier zu vereinbaren. Es wurde viel darüber diskutiert, wofür die Einkommen bestimmt werden sollten und auf welche Art und Weise. Es ging nicht um die Höhe der Einnahmen, sondern um die Regelungen der Blockade, wozu noch andere willkürliche Forderungen traten, und eben nicht von seiten der Orioles, nein. Diejenigen, die Hindernisse aufbauen wollten, versuchten, unannehmbare Bedingungen zu stellen. Die Leitung des Orioles-Teams und die anderen Führungspersönlichkeiten der Major League unterstützten das Spiel. Es wurde viel diskutiert, und um den 10. März herum, zweieinhalb Wochen vor dem erstem Spiel, konnte man schon sagen, daß
es im wesentlichen zu einer Vereinbarung gekommen war, aber es gab noch einige Fragen zu klären. Es wurden alle Hindernisse beseitigt und das Spiel fand statt. Das zweite Spiel gestaltete sich wegen verschiedener Details schwierig. Es war notwendig, wichtige Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Eines der ersten wirklichen Hindernisse war, daß wir mit dem Orioles-Team vereinbart hatten, daß jede Mannschaft sich bei diesem Spiel mit den jeweiligen einheimischen Fluggesellschaften in das andere Land begeben sollte. Dies wurde von den US-Behörden akzeptiert. Deshalb war anzunehmen, daß die Kubaner mit unseren eigenen Flugzeugen reisen würden, mit Flugzeugen unserer Fluggesellschaften. Plötzlich entstand ein Problem, das sie angeblich nicht bemerkt haben - Sie haben soviele Gesetze, Gesetzesänderungen und mehr Gesetzesänderungen erlassen, die solche Situationen verursacht haben, die wirklich absurd sind - . Das Problem des Risikos in dem Fall, daß zwei kubanische Flugzeuge ankamen. Eben in diesen zwei Flugzeugen wollten wir die Sportler und die anderen Mitglieder der Delegation nach Baltimore schicken. Unmittelbar nach der Landung auf dem Flughafen könnten sie Reklamationsziel seitens irgendeines Banditen oder irgendeines derjenigen berühmten Individuen sein, die kubanische Staatsbürger und Eigentümer von Zuckerrohrfabriken, großen Grundflächen, Industrien und mehrerer Besitztümer waren und in die USA im Glauben ausreisten, daß die Revolution nur einige wenige Monate dauern würde. Dies alles im Einklang mit dem sehr berühmten HelmsBurton-Gesetz, das ihnen den Charakter von betroffenen nordamerikanischen Eigentümern zuerkennt. Es gibt andere Regelungen und andere Gesetzesänderungen, die neulich erlassen wurden, ohne daß jemand davon erfuhr, weil unglücklicherweise viele von den Gesetzen wie das Haushaltsgesetz jedes Jahres - und Alarcón weiß das 4000 oder 5000 Seiten umfassen und niemand liest es und über alles, was hinzugefügt wird und als gegen Kuba gerichtet erscheint, machen sie sich keine Sorge. Die eine oder andere Änderung wird immer wieder mal verabschiedet. Sie haben ein solches Durcheinander in diesem Land veranstaltet, das wir heute die Folgen davon sehen. Neulich wurden die Telefonverbindungen unterbrochen. Ach ja, wegen der Entscheidungen von einem Richter, der Klagen von einer Anwaltsgruppe und Verwandten von drei Personen bearbeitete, die wegen des provozierten Zwischenfalles, des berühmten Zwischenfalles der Kleinflugzeuge, starben. Das geschah weder an den Küsten Washingtons, noch Floridas, noch Key Wests, sondern einige Meilen vor unserer Küste. Sie haben den Luftraum des Landes wiederholt verletzt und manchmal sind sie über das Territorium geflogen, was kein Land der Welt erlaubt oder erlauben kann. Und das war Motiv von ungezählten Warnungen, die besagten, daß dieses Verhalten zu einem Zwischenfall wie demjenigen führen könnte, wie er sich schließlich ereignete. Die Reklamanten verlangten fast 200 Millonen Dollar an Entschädigungen, jeweils über 60 Millonen Dollar für jeden von ihnen. Ah! Aber es ist nicht nur dieser Fall. Jedes Individuum, das hier Grundstücke zurückgelassen hat, die in die Hände der Revolution übergegangen sind, hat das Recht darauf, einen Rechtsanwalt anzustellen, und eine Klage zum Einfrieren, zur Beschlagnahme oder der Einziehung jeglichen kubanischen Grundstückes zu erheben. Mit diesem Verfahren erhoben sie eine Klage zur Beschlagnahme des uns für die Telefon- Verbindungen zu bezahlenden Fonds, weil bei den TelefonVerbindungen zwischen den Ländern jedes Land logischerweise einen Teil für den geleisteten Dienst bekommt. Im diesem Fall sollten wir den Dienst kostenlos leisten, weil einem gaunerhaften Richter und wohlbekanntem Mittäter der Provokationen gegen Kuba angesichts einer ohnmächtigen Regierung eingefallen ist, gemäß aller dieser verrückten Gesetze und Gesetzesänderungen, die sie eingeführt haben, eine Klage zu erheben und den Fonds zu konfiszieren oder zu versuchen, ihn zu konfiszieren. Die Fonds sind während der Laufzeit der Rechtsverfahren eingefroren
und die Monate vergehen, ohne daß man weiß, was am Ende geschehen wird. Sie haben die im Dezember fälligen Forderungen eingefroren. Wir warnten davor, daß wir Maßnahmen ergreifen würden, wenn diese eingefroren und uns nicht ausgezahlt werden. In der Tat blieb uns nichts anderes übrig, als die entsprechenden Maßnahmen zu treffen, d.h. die Fernsprechverbindungen mit den für diese Dienstleistungen zuständigen US-Firmen wurden im Einklang mit von der US-Regierung genehmigten und mit Kuba unterzeichneten Vereinbarungen unterbrochen, mit Ausnahme von denjenigen einer Firma, die der Richter oder die Anwälte übersehen haben oder sonst aus einem anderen Grund, den wir uns noch nicht erklären können. Die Verbindung mit dieser Firma wurde nicht unterbrochen, da sie ihre Zahlungspflicht erfüllt hat. Die Anrufe aus den Vereinigten Staaten müssen die Menschen jetzt über Spanien, Italien, Portugal oder über andere Drittländer machen. Sie müssen abenteuerliche Umwege machen. Obwohl die Leute weiter anrufen, ist der Service nicht mehr so leistungsfähig und er ist teurer für diese US-Firmen. Wir haben ein Joint Venture-Unternehmen, in dem die Mehrheit der Aktien natürlich der kubanischen Regierung gehört, das die Telefonanlagen des Landes verwaltet. Dieses hat Verträge mit einigen US-Firmen. Was wollten sie in dem Moment, in dem der Richter ihnen befahl, nicht zu zahlen? Daß wir die Serviceleistungen weiter erbringen? Die Verbindungen wurden unterbrochen, es war unannehmbar. Ich weiß nicht, ob es einen Idioten gab, der glaubte, daß dies falsch gewesen wäre. Das Dumme und Falsche wäre in Wirklichkeit, einen Service weiter zu leisten, der uns Arbeit, Energie und Ressourcen kostet, damit ein Herr Richter dort diese Geldmittel einfriert. Nein, mein Herr, mal sehen, wie dieses Problem gelöst wird. Aber es ist nicht nur das. Sie haben eine neue Politik, nämlich unsere Patente der angesehensten Marken, z.B. des Havanna Club-Rums, praktisch zu konfiszieren. Dies geschieht im Einklang mit einer Klage gerade von denjenigen, die am meisten Geld für die Verabschiedung des Helms-Burton- Gesetzes gegeben haben, und zwar die Firma Bacardí, die sich der Marke des Havanna Club-Rums, eines der angesehensten der Welt, bemächtigt haben, weil es ihr danach war. Weil es ihr danach war! Sie haben sich in den Kampf mit dem französichen Unternehmen gestürzt, das bei der Vermarktung dieses Rums Partner von Kuba ist. Wie Sie verstehen werden, haben wir keine einzige Möglichkeit, in den USA Klagen zu erheben und schon gar nicht, einen Richter zu finden, der uns Recht gibt. Das wäre eine Illusion. Das ist nie geschehen! Zur Zeit richten sie über eine Gruppe von Kumpeln der US-Regierung, Mitglieder der berühmten Kubanischen Amerikanischen Stiftung, wegen des Attentates, das sie auf mich auf der Isla Margarita verüben wollten. Zufällig hat eine amerikanische Küstenwache, die auf der Suche nach Drogenschmuggler war, sie überrumpelt. Sie sind jetzt im Gefängnis und werden vor Gericht gestellt. Mal sehen, was für ein Ende diese Geschichte hat, weil diese Typen auf der einen Seite in der Gerichtsverhandlung auftauchen und anderseits auf Fotos zusammen mit hohen politischen Persönlichkeiten der US-Regierung erscheinen. Nein, kein Richter hat uns jemals in jenem Land Recht gegeben. Die Franzosen streiten vor Gericht; aber vor kurzem haben sie den Franzosen das Recht abgesprochen und das französische Unternehmen legt im Moment Rechtsmittel ein. Gut, es gibt keine Anerkennung der Marke mehr. Es handelt sich um eine unverschämte Verletzung der internationalen Gesetze, eine Verletzung eines anerkannten Rechtes. So tun sie es oder können es mit anderen Marken tun. Ich hoffe, daß keiner sich beschwert, wenn wir eines Tages mit der Herstellung von Coca-Cola anfangen -vielleicht können wir es sogar besser- und auf diese Büchsen schreiben: Kubanische Coca-Cola, und vielleicht gibt es ja sogar jemanden, der sie testweise verkauft. Es gibt da nämlich einen Italiener, der auch in einer Gesellschaft Geschäfte mit einem kubanischen Unternehmen macht - er verkauft Wein, und der ist von ziemlich guter Qualität.
Ich sagte zu mir: Ist dieser Italiener etwa verrückt?! Nein. Die Trauben waren noch nicht ausgesät, da hatte er schon die Fabrik fertig und in Betrieb genommen. Dazu nahm er dann konzentrierten Importtraubensaft. Er treibt die Pflanzung voran und hat einen Wein aus Trauben von guter Qualität produziert. Er sagte, daß er eines Tages so eine Flasche für ich weiß nicht wieviel Dollar - ich glaube für 100 verkaufen würde. Kürzlich verkaufte er auf einer Ausstellung, die er machte, einige Flaschen für 80 Dollar. Einige Leute sagen, daß wenn Kuba so hochwertigen Rum produziert und so sehr wegen seines Rums und seiner Zigarren berühmt ist, muß dieser Wein wohl gut sein. Der Wein war keinesfalls schlecht aber er verkaufte den Wein. Das Prestige ist das Prestige, und der Ruhm eines Landes ist der Ruhm eines Landes. Es mag jemanden geben, der sagt: Verdammt! Probieren wir mal die kubanische Coca-Cola. Oder wenn nicht die, so doch Parfümerieartikel oder viele andere Marken des Duty-Free-Verkaufs, wie man das so nennt. Nein, sie sollen nicht klagen, wenn wir beginnen, US-amerikanische Marken zu verwenden, um Produkte zu produzieren und zu vermarkten. Wie man sich vorstellen kann, werden wir dem nämlich bestimmt nicht tatenlos zusehen. Aber es kommt noch schlimmer: der Gipfel war, daß unser Team nicht mit kubanischen Flugzeugen fliegen durfte, was die Spiele ernsthaft gefährdete. Es war ein Grund zur Besorgnis seitens der US-Behörden, weil in diesem Gestrüpp, in diesem Spinnennetz, das sie über Jahre gesponnen haben, sie nicht in der Lage sind zu verhindern, daß irgendein Taugenichts Klage erhebt gegen die kubanischen Flugzeuge. Soweit ist es schon gekommen und auf diesem Weg ist wirklich nicht einmal das Gepäck eines Unternehmensfunktionärs oder das eines Funktionärs der öffentlichen Verwaltung Kubas sicher, der in die USA reist. Eines schönen Tages kann auch dem Genossen Alarcón, dem Präsidenten der Nationalversammlung, der oft reisen muß, um verschiedene Fragen bezüglich der Migrationsbeschlüsse und andere Sachen zu diskutieren, das Handgepäck beschlagnahmt werden. Das ist unglaublich, lächerlich und ungewöhnlich. Stellen Sie sich jetzt nur einmal vor, was es bedeuten würde, wenn das ganze Team zusammen mit der gesamten Delegation aufbrechen würde - mit ehemaligen und jetzigen Sportlern, mit verdienten Arbeitern, Studenten und Jugendlichen - und wenn dann das Flugzeug beschlagnahmt würde. Können Sie sich wirklich den weltweiten Skandal vorstellen? Mündel im Hotel. Ja, es wären wirklich Kostgänger, sie hätten kein Flugzeug für den Rückflug und möglicherweise hätten sie versucht, in ihrem eigenen Flugzeug zurückzukehren. Man würde ihnen Unterkunft bieten. Ich weiß nicht, wer das zahlen würde. Möglicherweise auch das Essen. Vielleicht hätten sie keinen Hunger, keinen Appetit oder weigerten sich, die Lebensmittel anzunehmen. Können Sie sich den Skandal vorstellen? Ich glaube, daß die Regierung der USA sich wirklich Sorgen wegen dieses Problems gemacht hat, weil sie es nicht zu lösen wußte. Aus verschiedenen Gründen haben wir unsere Airlines vorgezogen. Wir haben großes Vertrauen zu unseren Piloten, die Spanisch sprechen, zu dem Flugpersonal, den Flugbegleiterinnen und anderen Mitarbeitern der Fluggesellschaften. Wir haben die unseren vorgezogen, die Spanisch sprechen. Ich glaube, daß das psychologisch von Bedeutung ist, ob man in einem Flugzeug aus seinem Land reist - es weckt mehr Vertrauen. Vor allem, wenn es sich um ein Land wie dieses handelt, das so bittere Erfahrungen machen mußte wie das brutale und monströse Attentat, das auf ein in der Luft befindliches Zivilflugzeug verübt worden ist, bei dem unser gesamtes Juniorenfechtteam den Tod fand, das bei einigen internationalen Wettbewerben siegreich war und gerade voller Medaillen auf dem Rückweg nach Kuba war. Wir fühlen uns wirklich sicherer, wenn die Besatzung aus unserem Land kommt, es gibt dann eine größere Vorkehr in jeder Hinsicht sowie eine größere Kontrolle zur Gewährleistung der Sicherheit der Flugzeuge. Es kam nun also zu einem ernsthaften Problem. Was tun? Es war für uns nicht nur
demütigend, sondern auch ungerecht, bei einem ausländischen Unternehmen ein oder zwei Flugzeuge zu chartern, um unsere Delegation zu befördern, wobei die Reise ernsthaft in Gefahr kam. Sie warnten uns davor, daß es dieses Risiko geben würde, und daß es praktisch so kommen müßte, daß sie aber nichts unternehmen könnten. Darauf haben sie uns tatsächlich einige Tage vor der Reise hingewiesen. Wir mußten eine Entscheidung treffen und so dachten wir, daß es wirklich wichtig wäre, daß es zu diesem Spiel kommt. Viele Leute hatten gewissenhaft daran gearbeitet, daß es zu diesem Spiel kommen konnte - nur die starrköpfigsten Feinde Kubas widersetzten sich dem. Wir haben gut nachgedacht. Wenn es schwer für uns sein sollte, auch wenn es sehr schwer sein sollte, auf dieses vereinbarte Recht zu verzichten, würde es aus den bereits genannten Gründen unweigerlich zu einem ernsthaften Konflikt kommen, wenn wir darauf bestünden. Es würde sehr schade sein, wenn das, was als freundschaftliche Begegnung oder Freundschaftsspiel geplant war - auch wenn es nicht das erste war, es gab bereits viele zuvor -, zu einem Konflikt ausarten würde, in ein Problem, daß nur diejenigen glücklich machen würde, die sich mit so viel Wut dem Treffen widersetzt haben. Vollkommen überlegt und mit der notwendigen Verantwortung gewöhnten wir uns an die Vorstellung, die Reise nicht in unseren Flugzeugen anzutreten und so charterten wir ein Flugzeug einer ausländischen - in diesem Fall einer kanadischen - Fluglinie, um reisen zu können. Eiligst haben wir dann das Flugzeug gechartert. Es tauchte ein großes Flugzeug auf mit einer Kapazität für über 300 Passagiere anstelle von zwei kleineren Flugzeugen, die ich vorgezogen hätte. Man zittert vor Angst, wenn man an die Ladung dieses Flugzeuges denkt: außer dem Team flogen mehr als 100 ehemalige und ausgezeichnete Athleten sowie unzählige Genossen, herausragende, ausgezeichnete Arbeiter und herausragende Jugendliche mit. Als ich tatsächlich dann sah, wie diese Maschine abhob, hätte ich mir gewünscht, daß es zwei kleinere gewesen wären. Gut, das Problem wurde gelöst. Aber schaut nur einmal auf die jetzige Situation. Dieses Maßnahmenpaket gegen unser Land ist nicht hinnehmbar. Wir sind schließlich auch kein wehrloses Land, unser Land kann sich verteidigen. Sie schaffen Präzedenzfälle, die sich eines Tages gegen sie richten können. Wir verfügen auch über fähige Anwälte, wir haben eine hohe Moral, viele moralische und rechtliche Mittel, um dieser abscheulichen Offensive gegen die Interessen unseres Landes zu begegnen. Wir müssen folgendes einmal festhalten: Die Behörden - sagen wir die Regierung, wenn es dort auch ich weiß nicht wieviele Regierungen, wieviele Interessen und wieviele Politikansätze gibt - haben bei dieser Frage aufrichtig gehandelt. Die Meinung in den USA war nicht einstimmig, aber wir wissen, daß sie ein Interesse daran hatten, eine Lösung für diese Probleme zu finden. Wir für unseren Teil haben bei dieser Lösung kooperiert. Schließlich gab es noch einige Probleme mit den Visa, wirklich. Fast wäre es zu einem weiteren Hindernis gekommen, das in diesem Fall unüberwindbar gewesen wäre. Es fehlten die Visa für über ein Drittel der Delegation. Das konnten wir nun wirklich nicht akzeptieren, weil es kein Argument, keinen Grund und überhaupt nichts gab, was das gerechtfertigt hätte. So hatten wir uns entschlossen, daß die Delegation nicht reisen würde, wenn die beantragten Visa nicht erteilt würden. Unter anderem wurde von der Zeit gesprochen, in der sie beantragt wurden. Die letzten Visa wurden ungefähr 72 Stunden vor dem Spiel beantragt. Wir hier in Havanna haben innerhalb weniger Stunden die Landeerlaubnis erteilt für Flugzeuge, die noch im letzten Moment kommen wollten. Visa, die nur 6 Stunden zuvor beantragt wurden. Die Zeit konnte nicht als Vorwand dienen. Unsere Delegation wäre also vor der Abreise nach Baltimore noch nicht vollständig gewesen, als bereits alle Genossen benachrichtigt worden waren und sie die Kleider und alle anderen notwendigen Artikel für eine Kurzreise gepackt hatten, aber vor allem mit dem Enthusiasmus von Aberdutzenden von Genossen, ehemaligen Sportlern, Jugendlichen, Studenten und Arbeitern, die glücklich waren, daß man
ihnen die Möglichkeit gegeben hätte, dort zu sein. Wir sagten uns: Was? Sind das vielleicht Menschen, die irgendein Verbrechen begangen haben oder sich etwas zu Schulden haben kommen lassen? Gibt es auch nur einen einzigen, dem man eine unmoralische oder illegale Tat anrechnen könnte, die die Verweigerung eines Visums rechtfertigt? Und was wirklich außergewöhnlich ist - gut, wir mußten kämpfen -, war als sie schließlich meinten, daß es einige straffällige Genossen gebe. Wir fragten: Welcher Genosse ist straffällig? Ah, nein, Ordaz darf nicht reisen! Ordaz darf nicht reisen? Was hat Ordaz gemacht? Ich kenne Ordaz zu gut, weil ich sah, wie er dort mitten im Krieg Krankenhäuser aufgebaut hat, wie er mit seinen eigenen Händen Krankenhäuser aus Palmenblättern und Holz gebaut hat, die vielen das Leben gerettet haben. Und nach dem Sieg der Revolution hat er 40 Jahre in diesem Hospital gearbeitet, das während des Kapitalismus eine schreckliche Verwahranstalt für Geisteskranke war, in der die Kranken massenweise starben, und das heute eines der angesehensten Psychiatrischen Institute der Welt ist - hören Sie genau hin: eines der angesehensten und anerkanntesten der Welt - von vielen Menschen bewundert. Derjenige, der es vier Jahrzehnte lang geleitet hat, ist eine der humansten, geachtetsten und von der gesamten Bevölkerung geliebte Persönlichkeit. Er hat unzählige Menschen gesund gemacht. Vorbildliches Verhalten, vollkommene und absolute Aufopferung für seine edle Arbeit zeichnen ihn aus. Was hat Ordaz verbrochen, daß er einen solchen Ausschluß verdient? Vielleicht etwa deswegen, weil so eine Banditin, Tochter eines Batista-Schergen, der Dutzende von Jugendlichen ermordert hat, bevor er sich in die USA absetzte, die Niederträchtigkeit besessen hat zu sagen, daß dieses Hospital ein Folterzentrum sei? Solche Verleumdungen sind einfach ekelhaft und noch ekelhafter ist, daß es einige Leute gibt, die sie glauben, oder sich angesichts solcher Behauptungen ducken oder verzagen, selbst wenn sie wissen, daß sie völlig falsch sind. Es war so entwürdigend, daß man einen solchen Ausschluß nicht hinnehmen konnte. Wir hatten die moralische Verpflichtung, unverzüglich jene von der Delegation auszuschließen, denen man ein Verbrechen nachweisen konnte, Drogenschmuggler, Lasterhafte oder Unmoralische. Hinzunehmen jedoch, daß ein Genosse, der dieses Hospital vierzig Jahre lang geleitet hat, nicht reist, war unmöglich. Und ich fragte mich: Ist es vielleicht deshalb so, weil das Volk ihn zum Mitglied der Nationalversammlung gewählt hat? Ich sagte also: Aber Fernández ist ebenfalls Mitglied. Linares und Pacheco, Athleten aus dem Team, sind es ebenfalls. Das war nicht möglich. Die ersten Probleme traten mit Alarcón auf: "Bitte, es ist besser, daß der Visaantrag zurückgezogen wird." Fernández machte ihnen ebenfalls Sorgen, aber Alarcón eher wegen seines Amtes. Na gut. Alarcón? Kein Problem, antworteten wir, Alarcón ist in London. Wenn er zurück ist, werden wir mit ihm darüber diskutieren. Er wäre nicht auf eigene Faust gereist - mehrere Führungspersönlichkeiten aus der Major League hatten ihn eingeladen. Wir würden ihn davon überzeugen, daß es angebracht ist, die Einladung zurückzuweisen. Schon war das Problem mit Alarcón gelöst. Dann war da noch das Problem mit Fernández, der Vorsitzender des Olympischen Komitees war. Aber es tauchte das Problem mit den Flugzeugen auf, was viel komplizierter war als das mit Fernández. Wir zeigten eine gute Geste und lösten das Problem mit den Flugzeugen, aber das größte Problem war das, das in letzter Minute mit den Visa der Delegation auftauchte. Es war offensichtlich, daß da jemand am Werke war, der uns ärgern wollte. Ich traf mich mit allen Genossen der Delegation. Es war wirklich ein bewegendes Treffen. Dort waren die Athleten, die bereits ausgewählt waren. Das war am Samstag, am ersten Mai, nach dem grandiosen Marsch als Ausdruck des Geistes unseres Volkes und unserer Arbeiter, des wachsenden Kampfgeistes unseres Volkes. Nach dieser Kundgebung hat diese heikle Visageschichte fast die ganze Zeit in Anspruch genommen. Dazu kam es ungefähr um 15.30 Uhr. Die Delegation sollte am nächsten Morgen abreisen. Mit derselben war zuvor bereits ein Treffen für 18.00
Uhr vorgesehen. Ich entschloß mich, das Problem den Athleten und allen Delegationsteilnehmern vorzutragen: Ich komme, um eine Delegation zu verabschieden, von der ich noch nicht weiß, ob sie reisen wird oder nicht. Es gibt folgende Probleme. Ich erklärte ihnen genau, was mit den Visa los war. Ich sagte: Entweder fliegen wir alle oder keiner (Beifall). Das was ihr jetzt macht, ist das, was sie taten. Alle Mitglieder der Delegation und sämtliche Athleten applaudierten mit großem Nachdruck. So also kam es dazu, daß man nicht wußte, wann sie abreisen würden, wobei wir die Hoffnung nicht aufgegeben hatten, daß sie doch noch fliegen könnten, weil unsere Position so vernünftig war, daß wir auf eine Lösung hofften. Nun gut, der vorgesehene Plan war, um 10 Uhr am Sonntagmorgen abzureisen. An diesem Tag konnte man nicht mehr um 10 Uhr morgens abreisen. Zu dem Zeitpunkt, an dem wir uns am Nachmittag des Vortages mit der Delegation getroffen hatten, konnte man noch keine Antwort wissen. Man mußte ein Training durchführen, was eigentlich am Sonntagnachmittag in Baltimore gemacht werden sollte. Falls diese fehlenden Visa nicht vor 10.00 Uhr morgens ankommen sollten, würden wir das Training hier und dort verlieren. Es wurde dann beschlossen, das Training am Sonntagmorgen in Cuba durchzuführen. Auf unserem Treffen von 18.00 bis 21.00 Uhr am Samstagabend gab es noch keine Lösung. Wir schmiedeten also einen Plan: Wenn bis 24.00 Uhr keine Antwort vorliegt, streichen wir die Abreise um 10.00 Uhr. Wenn wir bis 12.00 Uhr Sonntag keine Antwort haben, würden wir die Abreise am Nachmittag streichen und würden bis 10.00 Uhr am Montagmorgen warten. Ich fragte die Athleten, vor allem die Pitcher: Wenn wir um 13.00 Uhr des Spieltags abreisen und um 17.00 Uhr im Hotel ankommen würden und es dann nach der Reise und dem Hotel notwendig wäre, auf das Spielfeld zu gehen, um kurz das Gelände kennenzulernen und sich auf das Spiel vorzubereiten, glaubt ihr, daß ihr dann die gleiche Leistung und die gleiche Kontrolle hättet? Würde euch das nicht zum Nachteil gereichen? Darauf sagten alle: "Das können wir schaffen; selbst wenn wir eine lange Reise um 13.00 Uhr starten müssen, sind wir bereit, direkt ins Stadion zu gehen, um dort präsent zu sein." So also behielten wir uns die Möglichkeit vor, bis zum Montag um 10.00 Uhr zu warten, wobei wir nur über drei Stunden verfügen würden, um zum Flughafen zu fahren, die grundlegendste Abfertigung hinter uns zu bringen und das Flugzeug zu besteigen. Es war möglich, daß unser Team neben allen Problemen, die ich angesprochen habe, hätte reisen und vom Flughafen direkt zum Stadion fahren müssen. Wir waren bereit - wenn es eine vernünftige Antwort gab - unsere Verabredung einzuhalten und wir gaben die Hoffnung nicht auf, daß man über das Thema nachdenken würde. Wir konnten warten. Die einzige Folge daraus war, daß wir anstatt morgens am Sonntagnachmittag um 17.00 Uhr abreisten. Ich meine, wir reisten ab, weil ich im Geiste mit ihnen reiste, nicht wahr? (Ein Mitglied der Delegation sagt: "Das hätten wir gerne gehabt".) Von hier aus konnte ich mehr für euch tun. Sie brachen um 17.00 Uhr auf und kamen um 21.00 Uhr im Hotel an - direkt ab ins Bett. Und ich weiß, daß sie so um die 12 Stunden geschlafen haben, weil das das Wichtigste war. Morgens absolvierten sie ihr Training, dann fuhren sie in die Sportlerunterkunft, um anschließend zu Mittag zu essen und sich ein wenig auszuruhen. Anschließend brachen sie zum Flughafen auf, gingen an Bord des Flugzeugs, kamen zu der geplanten Zeit im Hotel an, aßen zu Abend und gingen ins Bett - mindestens 12 Stunden -, das konnte man an den gewaltigen Schlägen sehen, die sie gestern zeigten. Nach dem Mittagessen ruhten sie sich erneut aus, um dann ins Stadion zu fahren. All diese Probleme gab es. Glücklicherweise kam dann bereits gegen 22.30 Uhr am Samstagabend - wir waren gerade auf dem Festakt des Gewerkschaftsbundes - die Nachricht einer positiven Antwort, die besagte, daß alle fehlenden Visa erteilt werden würden. Zufälligerweise war Ordaz letztes Jahr in Washington gewesen, um nichts
geringeres als einen Preis der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation entgegenzunehmen. Es gab nicht das geringste Problem mit seinem Visum. Welch schreckliche Dinge hat Ordaz wohl getan, daß er nicht nach Baltimore durfte, wo ihm doch die Panamerikanische Gesundheitsorganisation in Washington einen Preis verliehen hat? Ohne Zweifel hatte das weder Hand noch Fuß. Man sagte uns, daß man große Anstrengungen unternehmen würde, damit um 10.00 Uhr morgens alle Visa fertig wären. Das allein schon zwang uns auf alle Fälle zu der Variante, das Training morgens in Cuba durchzuführen, denn wie ich sagte, wenn wir die Leute schon morgens früh in Richtung Flughafen in Bewegung setzten, würden sich die Visa verzögern und wir das Training hier wie dort verpassen. Wir sagten: Am Morgen hier das Training und die Abreise am Nachmittag. Und tatsächlich haben sie ihr Wort gehalten und alle Visa erteilt. Ich habe wirklich den Eindruck, daß jemand diese absurde Entscheidung getroffen hat, aber sie wurde nicht auf höchster Regierungsebene getroffen. Direkt nachdem viele Personen dort - Kongreßabgeordnete und einflußreiche Persönlichkeiten - von der Nachricht erfahren hatten und die Führungspersönlichkeiten der Major League selbst von der Nachricht erfuhren, bewegten sie sich und gaben Erklärungen ab. Fest steht, daß die Antwort ungefähr sechs Stunden gedauert hat, aber immer noch so unpräzise war, daß es hieß, man würde Anstrengungen unternehmen, damit sie zu der genannten Zeit fertig wären. Das ist die ganze Geschichte. Man müßte einmal erfahren, von wem die absurde Idee stammte, ein Drittel der Delegation auszubooten, ohne auch nur eine Rechtfertigung dafür zu haben. Von daher haben wir alle gemeinsam beschlossen, keinen ungerechtfertigten Ausschluß hinzunehmen. Das war keine Entscheidung der Regierung, sie wurde mit allen diskutiert und von ihnen allen angenommen. Bevor sie um 24.00 Uhr ins Bett gingen, informierten wir sie darüber, daß das Problem gelöst sei, daß es aber nicht angebracht sei, morgens abzureisen aufgrund der Risiken, die eine etwaige Verzögerung der Ausgabe der Visa bedeutet hätte. Das war das letzte Hindernis, das aus dem Weg geräumt werden mußte. Man muß ehrlich anerkennen, daß die hohen US-Behörden, die sich wegen der ein oder anderen Sache Schwierigkeiten gegenüber sahen, zu jeder Zeit die Absicht bekräftigten, das Spiel zustandekommen zu lassen und daß sie im Rahmen des Möglichen entschlossen waren zu antworten. Die Frage mit den Flugzeugen wurde dabei zu einem Ding des Unmöglichen. Man muß anerkennen, daß die Zollbehörden in Baltimore alles taten und schnell abfertigten, damit unsere Athleten um 21.00 Uhr im Hotel sein könnten. Auch die Sicherheitsbehörden kooperierten und erleichterten das ganze. Auf tausend furchterregende Dinge ist aufmerksam gemacht worden, aber niemand kann sich daran erinnern. Es ist nämlich absolut unmöglich, daherkommen zu wollen, um einen Athleten oder ein Mitglied dieser Delegation zu erschrecken. Der Bürgermeister von Baltimore - er ist jahrelang schon der Bürgermeister, eine großartige Person, er hat unser Land besucht, er war zum Spiel bei uns - war einer derjenigen, der sich dafür eingesetzt hat, eine Lösung für die Probleme zu finden - er hat soweit wie möglich kooperiert. Die Bevölkerung von Baltimore war sehr gastfreundlich, respektvoll und interessierte sich sehr für das Spiel und wollte, daß es friedlich verlief. Sie waren an dem Sport interessiert, nicht an den Grüppchen von Politgaunern, die die Ordnung stören wollten und die das tatsächlich mehr als einmal versuchten. Genau über dieses Thema sprach hier der Genosse vor ein paar Minuten. Besonders hervorgetan hat sich mit seinem guten und mutigen Verhalten Herr Peter Angelos, der Hauptaktionär und Präsident der Orioles. Sowohl in der letzten Zeit als auch in den Jahren, in denen er für dieses Zusammentreffen kämpfte, wie etwa bei seinem Engagement zur Beseitigung von Schwierigkeiten und bei der Durchführung des Spiels in Havanna, selbst dann, als sie kurz vor dem Beginn der Meisterschaft standen, selbst als dieses Spiel mitten in der Saison stattfinden sollte, hat er sein Bestes gegeben, hat er sich dafür eingesetzt. Er verließ unser Land, nachdem er
zuvor wirklich dankbar war und unsere Betreuung und Gastfreundschaft anerkannte. Er war die Nummer eins in dem Kampf für das Zustandekommen dieses Spiels. Ich erinnere mich, daß er während des Spiels hier in Havanna rechts neben mir saß und als es so richtig spannend wurde und er mir angespannt zu sein schien, weil man nicht wußte, wer das Spiel für sich entscheiden würde, sagte ich schließlich: "Nun gut, nach all den Anstrengungen, die ihr unternommen habt, wäre es doch wirklich schade..." Ich scherzte mit ihnen und sagte: "Solltet ihr das Spiel verlieren, werden die Unternehmensaktien fallen." Wir wollten es eigentlich gewinnen, aber wir haben es verloren. Ich tröstete mich, indem ich bei mir dachte: Es ist besser, daß sie dieses Spiel gewinnen, das ist fast ein verdienter Preis für jemanden, der so lange für dieses Spiel gekämpft hat - vielmehr mehr als wir. Das Spiel, das wir gewinnen müssen, ist das Rückspiel dort, dort müssen wir gewinnen. Er hat sich sehr gut verhalten, und ich meine auch andere Mitglieder, Persönlichkeiten und Manager der Major League. Die dortige Zuschauermenge war respektvoll und bekundete ihre Begeisterung. Auch unsere Leute haben Hörner, Becken und alles andere mögliche mitgebracht, dabei jedoch stets ein Prinzip gewahrt: nichts zu tun, was die Arbeit der Sportler behindern oder beeinträchtigen könnte. Wenn ein Homerun gelandet wird, können alle jene Instrumente benutzt werden, solange die Bases in Bewegung sind - oder zwischen Inning und Inning können alle hupen und auch wir haben Hörner und alles hier gehört. Ich glaube sie hatten dort ein richtiges Signalhorn (Man sagt ihm, daß man dort Hörner gehabt hat). Die Hörner, dort war Armandito, der Färber, unter den berühmtesten Mitgliedern der Delegation und hat das Orchester dirigiert (Beifall). Aber vor allem wohlerzogen: vor allem wohlerzogen, nichts machen, was gegen die Gepflogenheiten verstößt. Wenn die Gepflogenheiten dort sind, den Mund zu halten, solange der Ball im Spiel ist, sind alle ruhig, ruhig. Und ich empfehle dabei, daß man sogar Mut faßt und soviel Lärm wie möglich macht, in dem Moment, wenn es absolut niemanden stört. Macht nichts, was die Empfindsamkeit jenes Publikums stören kann. Das war das wichtigste. Das zweite war, sich nicht provozieren zu lassen, ihnen nicht die Freude zu bereiten, daß ihr dort einen Kraftakt anstellen müßtet. Wenn sie an euch vorbei gehen, seid ihr still. Wenn sie Blödsinn von sich geben, schweigen. Soviel Ernsthaftigkeit wie möglich, Gelassenheit. Ihr kennt gut unsere Leute, denen es nicht gefällt, wenn man sie beleidigt. Und doch sagte ich euch: Sogar eine Beleidigung könnt ihr überhören, ihr stellt euch einfach taub, es sei denn, ihr werdet tätlich angegriffen. Wenn man euch körperlich angreift, dann wehrt euch mit aller gebotenen Kraft. So wurde es dann auch gemacht (Beifall). Laßt mal die Hörner tuten, wir haben sie nämlich nicht gut hören können (die Hörner werden geblasen). (Beifall) Es hört sich wie ein Zug, wie eine Lokomotive an (erneut werden die Hörner geblasen). Hör mal, wir sind jetzt nicht zwischen zwei Innings, wir sind hier gerade beim Schlag (Lachen und Beifall). Ich habe es dir schon einmal gesagt, blas es nicht noch einmal. Sie haben sich alle ganz anständig verhalten, sie haben das Team unterstützt. Es waren 300 und es schien so, als wären es Tausende gewesen. Außerdem kamen zirka 3.000 Zuschauer aus verschiedenen Ländern ins Stadion, die in den USA wohnen, sogar Kubaner, und unterstützten das Team. Ich habe euch ja schon gesagt, daß das Publikum sehr respektvoll war. Bei mehreren Malen, als bestimmte Individuen auf das Spielfeld stürmten, um Provokationen zu verbreiten, hat das Publikum sie ausgepfiffen, sie verurteilt. Es war wie immer eine Idiotie von diesen Herren, die glauben, damit etwas zu erreichen. Was sie gewannen, war die Antipathie der Fans. Der Fall, auf den sich der Genosse bezieht, war jener, als der Schiedsrichter, der an der Second Base stand, eines von diesen verrücktgewordenen Individuen auf sich zulaufen sah. Da schauen alle hin. Im Fernsehen, in dem alle das Spiel verfolgt haben, taucht die Eingangsszene nicht auf. Später aber hat sie CNN gesendet, die einige Einstellungen von diesem Augenblick eingefangen hatte, als das Individuum
auf den Schiedsrichter zuläuft. Nachdem wir das gesehen hatten, haben wir es später analysiert, d.h. den genauen Ort, wo sich der Vorfall zuträgt, die aggressive Haltung, mit der sich das Individuum dem Schiedsrichter von hinten nähert und mit einem Schild über ihn herfällt, das sah so aus - darauf hafteten alle Blicke, ich empfahl, sie zu veröffentlichen. Ich unterhielt mich mit ihnen, damit sie sie veröffentlichen sollten und ich glaube, daß das Fernsehen sie gebracht hat - diesen kurzen Moment, in dem er auf ihn zurennt, wie es zu einer Art Ringkampf zwischen dem Schiedsrichter und dem Typen kommt. Dieser Typ hatte sogar ein bißchen Ahnung von einem Kampfsport, denn es kommt zu der Szene, in der der Provokateur dem Schiedsrichter einen Armschlüssel anlegt. Dieser aber ist schnell und vielleicht ein wahres Ass in Sachen Judo oder im Ringen - ich weiß nicht, was das wohl ist - (Beifall). Er schaffte es, ihn von seinem Rücken zu bekommen, ihn unter Kontrolle zu bringen, obwohl er ganz schön kräftig war, und ihn "sanft" (Lachen und Beifall) auf den "Rasen" zu befördern. Wirklich sehr elegant. Dort hielt er ihn am Boden, nicht einen Schlag, nicht ein Tritt, ein wahrer Meister der Gelassenheit, obwohl ich weiß, weil ich es gesehen habe, daß er wirklich beleidigt und verärgert war. Man kann nicht verstehen, daß jemand auf das Feld bis zur Second Base, wo der Schiedsrichter stand, stürmen und ihn dort angreifen kann. Hätte er nur ein Zettelchen dabei gehabt... Nein, er wollte es ihm fast ins Gesicht reiben. Man sieht deutlich alles dort auf dem Bild. Nun, welch eine Gelassenheit. Daher hat er ihn unter Kontrolle gebracht und anschließend der Polizei taktvoll jenen Fetzen übergeben, den er bei sich hatte. Das war der Vorfall. Er sagte sogar, daß die Polizei nicht das getan hätte, was sie tun sollte. Ich sagte ihm, daß man sich nur einmal in die Lage jener Polizei versetzen solle - die Toleranz, die diese Leute immer haben: von überall her laufen sie aufs Feld und überraschen sie; sie könne nicht vermeiden, daß sie solche Blödheiten machen, weil, nun gut, er kam bis zur zweiten Base. Was hat das Publikum gemacht? Es hat jenen Gentleman ausgepfiffen. Ich hoffe, daß ihr ein paar gute Fotos schießt von dieser Kampfsportart, mit der unser Schiedsrichter angesichts des Angreifers die Ordnung wiederhergestellt hat. Ich glaube, daß sich die Polizei danach bei ihm für seine Mithilfe bedankt hat. Die Athleten haben dies beobachtet, aber sich gelassen an alle Anweisungen gehalten. Die Orioles haben Vertrauen in unsere Schiedsrichter und das ehrt uns, weil sie unseren Schiedsrichter beim Hinspiel gesehen haben und wollten, daß er auch der Schiedsrichter des Rückspiels sein sollte. Warum? - Wegen seiner Seriösität, seiner Unparteilichkeit bei den Entscheidungen. Sie haben großes Vertrauen in unsere Schiedsrichter wegen deren Unparteilichkeit, was ein Grundprinzip unseres Sports ist. Das war der einzige sichtbare Zwischenfall, bei dem sich die Provokateure lächerlich gemacht haben. Uns kann man dafür nicht im geringsten verantwortlich machen, weil das ein Schiedsrichter ist, über den man bei der Base herfällt, an der er arbeiten muß. Es war nicht an der First Base oder der Third Base, weder an der Linie des rechten noch des linken Feldes - es war im Zentrum des Feldes. Das ist die ganze Geschichte. Man muß sehen, was das Fernsehen hat - ob man den Moment sehen kann, in dem er auf ihn losgeht. Sehr kurzer Moment. Auf der anderen Seite ist dieser Kampf, zu dem es kommt, vollkommen aufgezeichnet. Er hat wohl so eine Minute lang gedauert. Mir scheint es, als habe er mindestens eine Minute gedauert, solange bis wieder Ordnung herrschte und er auf seinen Platz ging. Ich habe gehört, daß die Polizei eine Gruppe festgenommen hat von denen, die mehr als einmal auf das Spielfeld gestürmt sind. Es ist möglich, daß sie schnell wieder laufen gelassen werden. Das ist auch gar nicht weiter schlimm. Aber eine Geste ist eine Geste: Die Verhaftung von vier unverschämten Spitzbuben, die sich über alle Vorschriften hinwegsetzen und die Staatsgewalt in einem schlechten Licht stehen lassen. Das ist ihnen ganz egal. Alle diejenigen, die dabeigewesen sind, waren daran interessiert, daß das Spiel
erfolgreich war. Sie waren daran interessiert, eine Sportveranstaltung zu sehen, wenn sie auch kostenlos einem Freikampf mitten im Spiel beigewohnt haben (Beifall). Das ist die ganze Geschichte. Wir können noch etwas weiteres hinzufügen. Ihr habt gesehen, daß es eine große Delegation war und ihr werdet sagen: Wieviel Geld hat das Land wohl ausgegeben, um eine so große Delegation zu schicken! In den Gesprächen mit Herrn Peter Angelos, der stets seine Hilfe angeboten hat, wurde viel darüber gesprochen, wofür die Einnahmen verwendet würden. Schließlich wurde beschlossen, daß jeder selbst über seine Einkünfte verfügt. Unsere waren gering - nun gut, dort ist der Eintritt sehr teuer. Die billigste Eintrittskarte kostet 10 Dollar; zu 10 bis 35 Dollar werden die 48.000 Sitzplätze verkauft, so daß allein dadurch zirka eine Million Dollar eingenommen wurden. Dazu kommen noch die Werbeeinnahmen, Einnahmen durch die Fernsehrechte, Anzeigen und andere Dinge. Nichts von dem gab es hier. Es gab nicht einmal die Zeit dazu, das vorzubereiten. Das, was hier durch das Fernsehen eingenommen wurde, reichte kaum aus, um die Ausgaben zu decken. Dort aber waren die Einnahmen sehr hoch und es wurde beschlossen, daß ein Teil der Einnahmen dazu verwendet würde, die Reisekosten unseres Teams und unserer Delegation zu decken, d.h. daß die Orioles die Flugkosten übernommen haben, die Hin- und Rückreise und die Zeit, die dort verbracht wurde. Ich kann euch sagen, daß dieses große Flugzeug um die 200.000 Dollar gekostet hat. Genauso haben sie auch alle Hotelrechnungen beglichen, alle Ausgaben, die ihr dort in Baltimore hattet, so daß die Reise dieser würdigen und großen Delegation keinen Pfennig gekostet hat. Keiner soll denken, daß das Land dafür auch nur einen Pfennig ausgegeben hätte. Sehr gut. Sie haben sich strikt an alles gehalten, sie haben sich an Zuvorkommenheit überboten, sie haben eine Kinderdelegation von Sportlern eingeladen, Baseballspieler aus zwei Kategorien, aus zwei Jahrgängen für ein Spiel. Haben sie sich abgesprochen oder haben sie selbst es vorgeschlagen, daß sie untereinander spielen sollten? (Man sagt ihm, daß sie es vorgeschlagen hätten.) Es ist gut, daß es einen Wettbewerb unter bereits erwachsenen Athleten gibt, aber unter Kindern würden sie nicht hier ein kleines Team und dort ein anderes kleines Team aufstellen. Die Idee, daß sie sich vermischen sollten, schien mir gut zu sein. Sie haben auch Kinder hierher gebracht, sie erwiderten mit ihrer Einladung unserer Kinder also diesen Aufenthalt. Die Athleten der Orioles haben sich sehr freundschaftlich, respektvoll und taktvoll gegenüber unseren Teammitgliedern verhalten, die sich beleidigt fühlten durch jene Provokationen - vor allem aufgrund des Zwischenfalls, den das Individuum verursacht hat, das bis zum Schiedsrichter vorgedrungen war. All das muß man anerkennen. Ich denke, daß die Fans in den USA die Chance gehabt haben, ein großartiges Spiel zu sehen. Auf allen Karibikinseln, in Mittelamerika, überall - es ist möglich, daß es auch in Europa Baseballfans gibt, in Italien, in Holland, in Japan -, ich kann mir vorstellen, daß in all diesen Ländern Dutzende Millionen von Menschen dieses historische Spiel gesehen haben. Wir haben damit nichts bezweckt, das ist ganz klar: noch haben wir damit wirtschaftliche Vorteile, noch haben wir damit irgendwelche politischen Vorteile verfolgt. Auch Eigenwerbung wollten wir nicht machen. Mehr Werbung, als sie die Feinde dieser Revolution vierzig Jahre lang mit ihren Dummheiten für uns gemacht haben, kann man gar nicht machen. Das ist wie ein Bumerang, der auf sie zurückfällt. Wenn sie hierherkommen und ein Spiel sehen und ein Volk sehen, wie jenes, das sie bei dem ersten Zusammentreffen vorgefunden haben, staunen sie. Wenn sie die Qualität unseres Teams sehen, das Verhalten unserer Athleten, staunen sie, dann verspüren sie mehr Achtung gegenüber unserem Land. Wir sahen diese Veranstaltung, die seit langem schon vorbereitet wurde, sagen wir einmal als eine positive, konstruktive, friedliche Handlung und ich glaube, das war auch das Spiel von gestern. Wir dürfen uns nicht mit dem Erfolg brüsten, weil wir uns einem ausgezeichneten
Team gestellt haben, das über eine große Anzahl von Spielern mit vielen Homeruns verfügt - einer von ihnen hat in der letzten Saison 50 Homeruns geschlagen. Es ist ein starkes Team, das starke Batter hat, viele und ausgezeichnete Pitcher. Sie stritten in einem ehrlichen Kampf, genau wie wir auch. Diesmal haben wir große Schwierigkeiten überwunden - ich nannte sie ja bereits, Schwierigkeiten jeglicher Art - und so unsererseits einen überzeugenden Sieg davongetragen. Was zeigt uns das? Daß wir uns nicht auf den Lorbeeren ausruhen dürfen, weil wir gerade erst anfangen. Daß wir mehr und mehr Athleten ausbilden müssen. Daß wir unsere Qualitäten perfektionieren müssen, unsere Fertigkeiten, unsere Fähigkeiten in dieser Sportart, die trotz des Umstands, daß alle Sportbereiche unserem Land zur Ehre gereicht haben, in diesem Fall unsere Athleten und ihre Begleiter Protagonisten eines in aller Hinsicht wahrhaft historischen Ereignisses waren. Was hier über diese Begegnung gesagt und herausgestellt werden muß, ist ihre Bedeutung als konstruktives Element, als Beispiel von friedlichem und zivilisiertem Verhalten. Viel Zeit muß wohl noch vergehen, bis die Differenzen zu diesem Land überwunden sind. Aber es ist sehr wichtig, daß dieses Land uns respektiert und lernt, uns zu respektieren. Kürzlich haben wir einen harten Kampf dort in Genf losgetreten, dort wo sie auf schändliche Art und Weise einen Pyrrhussieg erzielt haben - das ist die Wahrheit. Einige Stunden vor der Abstimmung hatte Kuba ungefähr fünf Stimmen mehr als sie. Am letzten Abend und am Morgen waren sie kurz davor, eine demütigende Niederlage einzustecken, was sie bemerkten und sich somit veranlaßt sahen, brutalen Druck auszuüben auf zahlreiche Länder der Dritten Welt, wodurch sie erreichten, daß fünf, die für Kuba gestimmt hätten, sich der Stimme enthielten und eines, das sich der Stimme enthalten hätte, gegen uns stimmte. Zusammen mit der einstimmigen Unterstützung aller NATO-Mitglieder und einiger bedingungsloser Alliierter hat dies den Ausschlag gegeben für den Unterschied von einer Stimme zu ihren Gunsten. Ich nenne das nur als Beispiel; ihr wißt um die Achtung und die Unterstützung, die Kuba in der Welt erfährt. Ich glaube, daß dieser Moment wichtiger denn je ist, damit es zu solchen Veranstaltungen wie das Spiels von gestern in Baltimore kommt, die als Beispiel dienen können, als Inspiration und als Beweis dafür, daß man mit verantwortlichem und vernünftigem Handeln Dinge erreichen kann, wichtige Schritte unternommen werden können für die Verständigung, die Achtung und den Frieden unter den Völkern. Dies ist eine sportliche Veranstaltung, sie hat eine Bedeutung, wie ich euch erläutert habe, auf der Ebene von Konzepten und Ideen. Es gibt einen sehr viel wichtigeren Konflikt. In diesem Moment finden in Europa brutale Luftangriffe statt, brutale und zerstörerische Angriffe im Herzen Europas, die in einer Bevölkerung von vielen Millionen Menschen Verzweiflung, Tod und Terror säen. Dies hat die religiösen und ethnischen Konflikte, die zusammen mit dem Terror der Bomben und dem Krieg zur massiven Auswanderung von Hunderttausenden von Männern, Frauen und Kindern geführt haben, auf ungewöhnliche Weise verschärft. Es ist gewiß, daß die NATO und ihre Mitglieder, einschließlich der USA, am Vorabend des neuen Jahrtausends in etwas verwickelt sind, das man als Völkermord bezeichnen kann, ob es ihnen gefällt oder nicht. Denn das in einer einzigen Nacht Millionen Menschen betreffende Unterbrechen der Elektrizität und der Beheizung, und das mitten im Winter, das Abschneiden aller Kommunikationsverbindungen, Energiequellen und Transportwege, die Zerstörung von zivilen Einrichtungen, die lebenswichtige Dienste für die gesamte Bevölkerung leisten und die Verwandlung von allen durch die Nation geschaffenen Lebensgütern in Ruinen, während sie gleichzeitig in ihrer Zerstörungswut irrtümlich oder aus Verantwortungslosigkeit Tausende von Zivilisten direkt töten oder verletzen und während sie die Massenmedien zerstören und den psychologischen Krieg intensivieren, um zu versuchen, das Land auf der Basis von Technologien und Bomben zur Aufgabe zu zwingen, ist ein großer Völkermord, ohne daß es möglich
wäre, gegen diese Bezeichnung etwas einzuwenden. Europa ist in einen Konflikt verwickelt, der für den Kontinent selbst und für die Welt gefährlich ist. Man ist dabei, einen schwerwiegenden Präzedenzfall der Mißachtung der internationalen Gesetze und der Vereinten Nationen zu setzen, was die Situation immer komplizierter macht. Unserer Meinung nach ist in dieser Situation nur eine politische und nichtmilitärische Lösung auf der Grundlage des Respekts vor den Rechten aller Nationen der Region und ihrer Religionen, Ethnien und Kulturen möglich, eine Lösung für die Serben und die Kosovaren. Ich bin absolut davon überzeugt, daß dieses Problem nicht mit Gewalt gelöst werden kann. Ich bin ebenso absolut davon überzeugt, daß alle Militärtechnologien abprallen am Widerstandswillen eines jeden Volkes, das zum Kampf bereit ist. Ich habe die Überzeugung, genauso wie wir sie in bezug auf unser eigenes Land haben, daß kein noch so mächtiger Staat ein zum Kampf bereites Volk niederringen kann. Die Angreifer von Serbien glaubten, daß es sich um einen einfachen Spaziergang und ein dreitägiges Abenteuer handelte und daß die Serben sich nach den ersten Bomben ergeben würden. Es sind mehr als 40 Tage vergangen und es wurden Tausende und Abertausende von Bomben abgeworfen, und wir sind mit den drei dort ausharrenden diplomatischen Vertretern Kubas über deren Handy - als einzige Kommunikation - verbunden, um zu erfahren, was in Belgrad jeden Tag geschieht. Nach jeder Nacht mit dantesken Bombardierungen bemerken wir kein Symptom der Schwächung des Kampfwillens und sie schildern uns die außergewöhnliche Moral des serbischen Volkes im allgemeinen und der Bevölkerung Belgrads im besonderen, wo permanent Flugzeuge auf niedriger Höhe die Stadt überfliegen, den Himmel mit Lärm erfüllen, Terror säen und die Kinder, Frauen und Alten durch den Lärm der Explosionen und die unaufhörlichen Angriffe, die laut Ankündigung immer grausamer werden sollen, traumatisieren. Es sind Hunderttausende und Millionen von Kindern und Jugendlichen, die vielleicht für das ganze Leben traumatisiert werden. Auf diese Weise, ich wiederhole es noch einmal, werden sie das Problem nicht lösen. Es ist meine Überzeugung, daß allen Beteiligten keine andere Alternative bleibt, als eine politische Lösung zu suchen, und das ist möglich, wenn man ein wenig den gesunden Menschenverstand und die Vernunft einsetzt. Als wir sahen, daß diese Angriffe begonnen wurden, begriffen wir sofort, daß sie unnütz sein und eine Katastrophe auslösen würden. Wir kennen die Geschichte des Zweiten Weltkrieges, die Invasion Jugoslawiens durch die Nazi-Truppen und die Art und Weise, wie sie über Jahre hinweg widerstanden. Jetzt wollen die Angreifer nicht einmal Bodentruppen einsetzen, weil sie glauben, daß die intelligenten Bomben und die ferngelenkten Raketen das Problem lösen. Doch das Problem wird weder durch Raketen noch durch Bomben oder Bodentruppen gelöst, weil ein kampfbereites Volk überall und aus allen Richtungen kommend kämpft, jedes Haus sich in eine Festung verwandeln kann und jeder Mann und jede Frau zu Einzelkämpfern werden. Es ist keine Frage von gepanzerten Divisionen, Artilleriegruppen oder See- und Luftflotten. Wir wissen sehr gut, wie wir den Kampf in unserem Land unter ähnlichen Bedingungen zu führen haben, genauso wie es hier Millionen von Menschen wissen, so daß diese Vorgehensweisen den Angreifern nichts nützen würden. Dieses Land kann niemand erobern. Niemand kann ein zum Kampf bereites Land erobern. Es ist ein Fehler. Das geschah schon mit Vietnam und sie wurden erst davon überzeugt, als sie 50.000 Menschenleben verloren hatten, nachdem sie bereits 4 Millionen Vietnamesen getötet hatten. Also gut, sie haben dort eine ähnliche Situation, die sich noch ernsthaft verkomplizieren kann, wenn sich die außerhalb des Landes lebenden Serben mit ihren Landsleuten in Serbien solidarisieren. Die politische Situation Rußlands würde unter diesen Umständen unhaltbar werden, weil die ethnischen Bindungen zwischen beiden Völkern sehr stark sind. Die anderen Völker werden daraus ihre Schlüsse ziehen. Ich stelle mir vor, daß die Russen ihre eigenen Schlüsse ziehen aus alldem, was ihnen geschehen ist und was
ihnen in der Zukunft noch geschehen kann, wenn sie sehen, wie die Bomben einer Militärallianz niederregnen, die immer arroganter, hochmütiger und wütender wird angesichts des von ihnen nicht erwarteten Widerstandes. Europa und die NATO sind zu Geiseln eines subjektiven Faktors geworden, nämlich der Entscheidung, bis zum Ende durchzuhalten, welche die Serben treffen oder nicht treffen, wobei man annehmen kann, daß sie keinesfalls geneigt sind, sich nach der totalen Zerstörung ihres Landes zu ergeben. Für uns war es offensichtlich, daß das geschehen würde, was jetzt geschieht. Das bedeutet nicht, daß wir gegen die Rechte von irgendjemandem sind, wir unterstützen sowohl die Rechte der Serben als auch die der Kosovaren. Als wir vor kurzem darüber informiert wurden, daß man den Marinestützpunkt von Guantánamo dazu benutzen wollte, um 20.000 Kosovo-Flüchtlinge zu beherbergen, waren wir sofort einverstanden, und ich glaube, daß es das einzige Mal im Leben war, daß wir mit etwas einverstanden waren, das die Vereinigten Staaten auf diesem Stützpunkt machten. Es ist nicht so, daß sie unsere Erlaubnis oder unser Einverständnis beantragten, sondern sie hatten in Wirklichkeit die schlichte Freundlichkeit, uns darüber zu informieren, und sie erläuterten ihre Absichten, daß es sich um eine begrenzte Zeit handeln würde, solange man den Konflikt löste etc. etc.. Was sie am wenigsten erwarteten - sie kennen dieses Land nicht - war, daß wir ihnen sagten: "Wir sind nicht nur damit einverstanden, daß 20.000 KosovoFlüchtlinge oder mehr dort untergebracht werden, sondern wir sind darüber hinausgehend sogar bereit, soweit wie möglich bei der Betreuung dieser Flüchtlinge mitzuarbeiten und unsere Krankenhausdienste, Ärzte und jegliche uns zur Verfügung stehende Kooperation bereitzustellen, wenn dies nötig ist. Schließlich schickten sie die Flüchtlinge nicht und es war intelligent, diese Entscheidung zu ändern, weil sie sich viele Kritiken einhandeln würden, da in Wirklichkeit niemand von den NATO-Staaten, die dort so viele Bomben abwerfen, Flüchtlinge aufnehmen will. Es gibt im Westen viel Fremdenfeindlichkeit und Egoismus. Sie boten an, 80.000 bis 100.000 aufzunehmen, doch sie haben bis jetzt nur wenige Tausend entgegengenommen, weil sie keine Kosovo-Flüchtlinge auf ihren eigenen Territorien haben wollen, sie haben nichts Bedeutsames getan. Es war ein politischer Fehler, aber uns haben sie informiert und wir sagten: Einverstanden. Ich werde Euch noch etwas mehr sagen: Es gibt eine internationale humanitäre Institution mit dem Namen Comunidad de San Egidio, die sich der Betreuung von Flüchtlingen widmet, Beziehungen zur Katholischen Kirche unterhält und die immer dann viel bei Hilfsaktionen arbeitet, wenn Flüchtlingsprobleme auftreten. Wir, die wir die brutalen und völkermörderischen Attacken gegen die serbische Bevölkerung energisch verurteilen, teilen trotzdem das Leid von jenen Hunderttausenden von Flüchtlingen, die das Resultat sind von einer Serie von nicht nur historischen und weit zurückreichenden Faktoren, sondern auch von der Auflösung Jugoslawiens, das in den 40 Jahren nach dem zweiten Weltkrieg in Frieden lebte. Diejenigen, die Jugoslawien zersplitterten und die nationalen, ethnischen und religiösen Konflikte schürten, sind hauptsächlich dafür verantwortlich, was heute geschieht. Die Verantwortung, die Europa in diesem Prozeß zukommt, wurde von vielen seiner Staatsmänner und von in der Öffentlichkeit stehenden Personen bekanntgemacht. Diejenigen, die jetzt mit Leichtigkeit vereinbarten, all ihre gewaltige und hochentwickelte Militärtechnologie gegen das einzusetzen, was vom ehemaligen Jugoslawien übriggeblieben war, tragen eine bedeutende Verantwortung für das, was dort geschieht, und für die Leiden jener Hunderttausenden von Flüchtlingen. Wenn wir Lösungen vorschlagen, schlagen wir Lösungen für alle vor, nämlich für die Flüchtlinge, die Bürger des Kosovo, die dort lebenden Serben und anderen Nationalitäten und alle Nationen, die das bilden, was heute noch von Jugoslawien bleibt. Das heißt, daß wir uns vom menschlichen Gesichtspunkt aus mit den Leiden
von allen Personen dort solidarisieren, und das ist auf eine solche Art so, daß wir der besagten Comunidad de San Egidio, deren Führungspersönlichkeiten uns vor einigen Wochen, Anfang April, besuchten und die das erklärten, was sie für die Betreuung und Unterstützung von jenen leidenden Flüchtlingen taten, wofür sie über etwa 30 Ärzte verfügten, das Folgende sagten - Gut, wir haben es bisher nicht erzählt und ich werde das, was schon Wochen zurückliegt, jetzt hier zum ersten Mal sagen - : "Schaut, wir haben nicht viele Mittel, aber wir verfügen über ein Humankapital. Wenn für die Betreuung von diesen Hunderttausenden von Flüchtlingen, die in Notunterkünften leben, medizinisches Personal gebraucht wird, wäre unser Land bereit, mit einem Beitrag von 1000 Ärzten in absolut kostenloser Form zu kooperieren, um die Kosovo-Flüchtlinge zu behandeln (Beifall). Wir wissen aus langjähriger Erfahrung, daß die Sprache in diesen Fällen kein Hindernis darstellt. Ein sechs Monate altes Kind spricht keine Sprache und kann trotzdem perfekt von einem Arzt behandelt werden. Dieses Angebot haben wir der Führung der Comunidad de San Egidio genau am Abend des 5. April mitgeteilt, das heißt, 12 Tage nach dem Beginn der NATO-Angriffe. Ihr wißt, welche Macht unser Land im medizinischen Bereich hat und daß jetzt eine wachsende Anzahl von unseren Ärzten an den unglaublichsten Orten tätig ist. Ich wünschte wirklich, daß die Jugendlichen einen Eindruck von den Bedingungen bekommen könnten, unter denen die kubanischen Ärzte in Mittelamerika arbeiten, wenn man ein Beispiel haben will für das, was sie machen können. Das, was diese selbstlosen Ärzte an entlegenen Orten leisten, ist dessen würdig, was unsere Sportler machen und unsere ehemaligen Genossen Sportler getan haben, die auf Dutzende Millionen Dollar verzichtet haben, wenn diese Ärzte an Orten arbeiten, wo es oftmals keinen Strom, keine Kommunikationsverbindungen oder sonst etwas gibt und wo sie nur sehr selten einen Brief bekommen, auf welche Art und Weise sie sich mit den dortigen Problemen identifiziert haben und welche Dienste sie dort leisten, wobei sie durch etwas entschädigt werden, das sie sehr glücklich macht, nämlich die Anerkennung und die Dankbarkeit der Bevölkerung, die sie dort behandeln. Ich habe mit einigen von ihnen gesprochen und wenn man die Gelegenheit hat, Beispiele dieser Art zu sehen, wird man sich dessen bewußt, zu was der Mensch fähig ist, wenn man in ihm die besten Gefühle und die besten Qualitäten sät, was bei denjenigen Ärzten der Fall ist, die in Mittelamerika, in Haiti und in Afrika tätig sind und bei denjenigen, die noch ihre Dienste leisten werden. Manchmal haben wir als Beweis für das von der Revolution geschaffene Humankapital gesagt, daß wenn einige industrialisierte und reiche Staaten sich vornehmen, 2.000 Freiwillige zu versammeln, um an diesen Orten zu arbeiten, sie diese nicht finden und versammeln werden. Ich traue mich, dies kategorisch so zu behaupten. Die USA könnten keine 2.000 freiwillige Ärzte zusammenbringen, um dort zu arbeiten, wo unsere Ärzte arbeiten. Ich sage es, da es wirklich beeindruckt. Es macht Eindruck, in Details kennenzulernen, was diese Ärzte gerade machen. Daran liegt es, daß unser Land von 100, 200, 500 und 1 000 Ärzten sprechen kann, weil ich dessen sicher bin, daß, falls es notwendig wäre, die Freiwilligen nicht fehlen würden, die sofort dazu bereit wären, nach Albanien, Mazedonien oder jeden anderen Ort zu gehen, wo es Flüchtlinge gibt, sogar dort drinnen im Kosovo, denn was hier niemals gefehlt hat und nie und nimmer fehlen wird, ist der Mut (Beifall), und wir haben es gesehen. Wenn einem Kubaner gesagt wird: Hör mal, es gibt zwei Plätze: Man soll hierhin oder dorthin gehen. Dort ist es gefährlicher als hier, wohin möchtest du lieber? Sofort antwortet er: Dorthin. So ist die heroische Tradition. Und nicht nur die Männer, sondern ebenso auch die Frauen, was sehr ermutigend ist. Viele dieser Ärzte an diesen Orten sind Frauen. In Nikaragua waren sie auch, ihr erinnert euch daran, 2.000 Lehrer in den entlegensten Gebirgen. Das wird man nie vergessen, und jetzt, anläßlich der ärztlichen Programme unseres Landes im Ausland, hat die Gewerkschaft des
Gesundheitswesens mehrere Bücher übergeben, in denen die Unterschriften von über 300 000 Mitarbeitern des Gesundheitswesens enthalten sind, von Ärzten, Krankenpflegern, Technikern sogar denjenigen, die sich mit den Dienstleistungen und Aktivitäten in Krankenhäusern beschäftigen, mit denen alle diese Personen ihre Bereitschaft dazu ausdrücken, irgendeinen solcher Dienste zu erbringen. Unsere Gesundheitssystem wird dadurch überhaupt nicht beeinträchtigt werden. Mit Stolz können wir sagen, daß die Escuela Latinoamericana de Medicina (Lateinamerikanische Schule für Medizin) bereits ihre Tätigkeit begonnen hat und jährlich 1.250 Studenten aus Lateinamerika empfangen wird (Beifall), ein großer Teil davon aus von Indios bewohnten Gebieten und aus armen Orten. Das Angebot von Stipendien zum Studieren an dieser Schule hat in vielen Ländern Eindruck erweckt. Viele Leute interessieren sich dafür und besuchen sie. Sie wurde noch nicht eingeweiht und ich bin mir sicher, daß sie eine hervorragende Schule sein wird, die fähig sein wird, die kubanischen Konzeptionen über die Rolle des Arztes und den Charakter der Mission des Arztes zu verbreiten. Das ist das wichtigste, Jugendliche aus allen Teilen Lateinamerikas, die einander kennenlernen werden. Die Nachrichten, die wir über diese Schule haben, sind wirklich sehr gut, und ich hoffe, daß diese Studenten besser als die kubanischen Studenten sein werden, denn die Kubaner haben sich auf die eine oder andere Weise daran gewöhnt, jede Art von Stipendien und Möglichkeiten zu haben, und jene Jungen, die aus sehr bescheidenen und sehr armen Gegenden kommen und im allgemeinen Kinder von ganz armen Familien sind, haben nicht von der Möglichkeit geträumt, oder allenfalls geträumt, wobei es beim Traum blieb, Medizin zu studieren. Und die Medizin unseres Landes hat ein hohes und zunehmendes Ansehen in der Welt. Sie werden bessere Studenten als unsere sein, und das entspricht sehr unseren Wünschen, weil es so sein muß. Sie werden Träger sein des Konzepts der Pflicht des Arztes als Behüter der Gesundheit, als Missionar der Gesundheit und des Lebens. Manchmal habe ich ein kirchliches Wort benutzt, um das auszudrücken: ein Priester der Gesundheit und des Lebens. Und deswegen können wir durchaus sicher sein, das zu tun, was eine Nation von zirka 300 Millionen Einwohnern, die reichste Nation der Welt, nicht bewerkstelligen könnte: 2.000 Freiwillige für diesen Zweck zu finden. Wieviele Ärzte kann dieses Land mobilisieren? Und wenn es auch nur 2.000 wären!. So viel haben wir Mittelamerika angeboten, das noch nicht über 2.000 Ärzte verfügt. Es beansprucht Zeit. Es hängt nicht von uns, sondern von ihnen ab, die Bedingungen zu schaffen. Wenn es nach uns ginge, wären alle schon dort. Wir haben jetzt 2.000 geschickt und in August werden 2.500 ihren Abschluß machen. Und die Schmiede, die Fabrik zur Herbeischaffung von Ärzten, von guten Ärzten, liegt in unseren 21 medizinischen Fakultäten, von denen keine nicht einmal während der Spezialperiode geschlossen worden ist. Mit der lateinamerikanischen Schule sind es jetzt insgesamt 22 Fakultäten (Beifall). Ein gewaltiges Potential, nicht nur, was den Sport betrifft, sondern auch auf wissenschaftlichem und ärztlichem Gebiet. Ich habe wirklich gewagt, es euch zu erklären, da ich, wenn ich auch das zur Zeit gegen eine Nation begangene Verbrechen energisch und aus tiefster Seele verurteile, die Rechte derjenigen verteidige, die aus dem einen oder anderen Grund schrecklichen Leiden unterworfen sind. Nutzen wir diese Gelegenheit, unsere Bereitschaft zu bestätigen, die in allen Lagern der Kosovo-Flüchtlingen notwendigen Ärzte zu schicken, bis sie in ihr Land zurückkehren. Und wenn dieser Tag kommt wir haben keinen Zweifel daran, daß es bald wäre, wenn man ohne Stolz und Überheblichkeit die politische Lösung suchen würde -, sind wir bereit, mit ihnen zusammen voranzugehen, um ihnen bei der Wiederansiedlung im Territorium des Kosovos zu helfen. Das war der abschließende Idee, die ich aussprechen wollte. Wie schätzen wir das Spiel und den sportlichen Erfolg ein, den wir heute feiern? Wie wollen wir, daß ihr ihn betrachtet? Als konstruktives Geschehen und als ein Beispiel, das der Urteilsfähigkeit und der Verantwortung derjenigen Anreiz geben soll, die es in ihren Händen haben, eine Lösung zu finden. Unser kleines Vorbild, unser kleines
Spiel dort in Baltimore, freundschaftlich, friedlich, trotz der riesigen Differenzen, die wir mit diesem Land haben, ist auch in diesem Sinne ein historisches Ereignis. Deswegen konnten wir nicht die Hände in den Schoß legen, als dieses Spiel nach Mitternacht zu Ende ging, und zwar auf diese Weise. Dort wurden viele Sachen bewiesen, die unsere Überzeugung verstärkten, daß wir in diesem Bereich weiter und weiter voranschreiten werden, und daß wir in der Zukunft mehr als eine Gelegenheit haben werden, um unseren Sportlern in dieser und in anderen Sportarten zu gratulieren, und wir sagten: Wir können uns nicht nur darauf beschränken, den Genossen durch die Zeitungen einen einfachen Glückwunsch zu schicken. Dies war um 1:00 Uhr nachts, wir hatten kürzlich eine enorme Massenmobilisierung anläßlich des Erstens Mai und heute war ein Arbeits- und Schultag. Dennoch sagten wir: Man muß die Sportler empfangen (Beifall). Innerhalb von zwei Stunden wurde die Mobilisierung organisiert, alle Kräfte bewegten sich, die Arbeiter, die Massenorganisationen, die Partei, niemand schlief; weder Lazo, noch die Parteikader und die Genossen der Massenorganisationen, schliefen eine einzige Sekunde. Die großartige Maschine, die dieses vereinigte Volk darstellt, setzte sich in Bewegung und mobilisierte in wenigen Minuten wer weiß wieviele Menschen. Wir sind vor den Athleten vom Flughafen abgefahren, um früher an der Universität anzukommen und auf dieser Allee befand sich eine Unmenge von Leuten. Wir wußten nicht, wie wir hierhin kommen könnten. Es war wirklich ein Meer von Volk, das sich mobilisierte. Und hier weiß man nicht, wieviele es sind, von hier aus sieht man es nicht. Das ist nicht wie der Revolutionsplatz, weil ich von hier aus diejenigen nicht sehen kann, die sich hinter diesem Freitreppenabsatz befinden. Es ist sehr unangenehm, mit jemandem zu sprechen, den man nicht sieht, denn wenn sich ansonsten jemand mit etwas anderem ablenkt, merkt man das und man winkt ihm, so daß er ein bißchen beschämt wird, und danach ist alles wieder in Ordnung und es kehrt wieder Ruhe ein, so wie es im diesem Moment hier der Fall ist. Ich bitte euch um Entschuldigung dafür, daß ihr wegen mir solange in der Sonne stehen mußtet, aber ich denke, daß sich diese Mobilisierung gelohnt hat. (Beifall und Ausrufe: "Fidel, Fidel!") Die Athleten sind begierig, sich mit ihren Familien zu treffen. Von hier fahren sie in die Sportlerunterkunft, um einige Sachen abzuholen und von dort fahren sie dann nach Hause. Sie haben jetzt schon ihre Verpflichtungen. Heute ist der 4. Mai. Ungefähr in 15 Tagen, am Mittwoch, muß die Truppe wieder versammelt sein, um mit dem Kampf um einen Platz in der Mannschaft Kubas zu beginnen. Die Mannschaft Kubas ist noch nicht gebildet worden und es gibt viele Anwärter mit Möglichkeiten, aber sie beginnen sofort nach ihrer Pause mit dem Training. Man muß der Bevölkerung Havannas wirklich gratulieren - wir erwarteten nichts anders-, sie hat einen Rekord aufgestellt. Ich glaube, daß noch nie eine so große Mobilisierung in einer so kurzen Zeit organisiert wurde. Die Mitarbeiter des Kubanischen Instituts für Rundfunk und Fernsehen (ICRT) liefen in den frühen Morgenstunden los. Sie weckten den Rektor der Universität und alle anderen auf. Auch ich habe einige Leute aufgeweckt. Ich habe sie fast eingeschlafen vorgefunden und sie drückten immer noch ihre Freude über den Sieg aus. Ich sagte zu ihnen: Wartet mal! Das ist nicht das Problem. Wir müssen uns beeilen. Man muß alle Journalisten, Rundfunksender, das Fernsehen, die Morgensendung, rufen. Es ist unmöglich zu sagen, wieviele Leute innerhalb von Stunden mobilisiert worden sind. Wir dachten sogar an den Platz der Revolution, aber dieser ist sehr groß und es wäre unmöglich gewesen, da die geeigneten technischen Anlagen in einer so kurzen Zeit aufzubauen. Ich weißt nicht, wo sie dieses Rednerpult hätten installieren sollen. Vielleicht da oben oder irgendwo, um diejenige, die hinter euch sind, sehen zu können. Ich kann sogar den Gehweg der Freitreppe da unten nicht sehen. Die Jugendlichen der "Lenin"-Schule sollten irgendwohin gehen und daraufhin beschloß Lazo, sie hierher zu bringen, damit sie in der ersten Reihe sein könnten
(Beifall). Es freut mich sehr, euch hier zu sehen. Ich gratuliere euch außerdem für den Marsch am 1. Mai. Der massive Marsch der Schule war sehr beeindruckend (Beifall). Deswegen kann keiner uns für Träumer halten. Ja, man muß Träumer sein, man muß von Sachen träumen, aber man muß gleichzeitig die Sachen, von denen man träumt, verwirklichen. Ich erinnere mich an den Traum von einer Schule wie dieser, mit einer für 4.500 Schüler ausgerichteten Kapazität, als der Ort ausgewählt wurde, als die Baubrigaden angestellt wurden, als die Entwürfe der Schule erstellt wurden, dort neben dem Botanischen Garten und in der Nähe des "Lenin"-Parks, und ich kann euch versichern - das sage ich ganz ehrlich -, daß diese Schule noch besser ist, als die, von der wir eines Tages träumten (Beifall). Und wir möchten euch immer in der Vorhut und in der ersten Reihe sehen. Es wäre ein großer Fehler von Lazo gewesen, euch zu stören, indem ihr Euch an einer Allee entlang aufstellt, und nicht zu dieser Freitreppe zu bringen, damit ihr euch als herausragende Schüler in der ersten Reihe aufstellt (Beifall). Es gibt keinen besseren Ort zur Ehrung unserer heldenhaften Athleten als diese Universitätsfreitreppe, wo viele Seiten in der Geschichte unseres Landes geschrieben wurden. Hier, neben der Alma Mater, an dieser Universität von Mella und José Antonio Echeverría, an dieser Universität von vielen heldenhaften Kämpfern. Es gibt keinen symbolischeren Ort als diesen, damit sie hierherkommen, um ihre Fahne mitzubringen und abzusetzen. Wenn diejenige, die eine Entscheidung treffen müssen, meinen Vorschlag erlauben, schlage ich vor, daß diese Fahne an dieser Universität verbleibt (Beifall). Und all das, was sie gestern gemacht haben, alles was ihr gestern gesehen habt, beweist, daß es wahr ist, wenn wir ausrufen: Sozialismus oder Tod!, Vaterland oder Tod! Wir werden siegen!
Fidel 4. Mai 1999 Auszug aus der Ansprache des Genossen Fidel Castro, die am 4. Mai 1999 auf der Freitreppe der Universität vön Havanna im Rahmen einer Massenkundgebung gehalten wurde und in der er sich auf den in Jugoslawien entfesselten Krieg bezieht. Es gibt einen sehr viel wichtigeren Konflikt. In diesem Moment finden in Europa brutale Luftangriffe statt, brutale und zerstörerische Angriffe im Herzen Europas, die in einer Bevölkerung von vielen Millionen Menschen Verzweiflung, Tod und Terror säen. Dies hat die religiösen und ethnischen Konflikte, die zusammen mit dem Terror der Bomben und dem Krieg zur massiven Auswanderung von Hunderttausenden von Männern, Frauen und Kindern geführt haben, auf ungewöhnliche Weise verschärft. Es ist gewiß, daß die NATO und ihre Mitglieder, einschließlich der USA, am Vorabend des neuen Jahrtausends in etwas verwickelt sind, das man als Völkermord bezeichnen kann, ob es ihnen gefällt oder nicht. Denn das in einer einzigen Nacht Millionen Menschen betreffende Unterbrechen der Elektrizität und der Beheizung, und das mitten im Winter, das Abschneiden aller Kommunikationsverbindungen, Energiequellen und Transportwege, die Zerstörung von zivilen Einrichtungen, die lebenswichtige Dienste für die gesamte Bevölkerung leisten und die Verwandlung von allen durch die Nation geschaffenen Lebensgütern in Ruinen, während sie gleichzeitig in ihrer Zerstörungswut irrtümlich oder aus Verantwortungslosigkeit Tausende von Zivilisten direkt töten oder verletzen und während sie die Massenmedien zerstören und den psychologischen Krieg intensivieren, um zu versuchen, das Land auf der Basis von Technologien und Bomben zur Aufgabe zu zwingen, ist ein großer Völkermord, ohne daß es möglich wäre, gegen diese Bezeichnung etwas einzuwenden Europa ist in einen Konflikt verwickelt, der für den Kontinent selbst und für die Welt
gefährlich ist. Man ist dabei, einen schwerwiegenden Präzedenzfall der Mißachtung der internationalen Gesetze und der Vereinten Nationen zu setzen, was die Situation immer komplizierter macht. Unserer Meinung nach ist in dieser Situation nur eine politische und nichtmilitärische Lösung auf der Grundlage des Respekts vor den Rechten aller Nationen der Region und ihrer Religionen, Ethnien und Kulturen möglich, eine Lösung für die Serben und die Kosovaren. Ich bin absolut davon überzeugt, daß dieses Problem nicht mit Gewalt gelöst werden kann. Ich bin ebenso absolut davon überzeugt, daß alle Militärtechnologien abprallen am Widerstandswillen eines jeden Volkes, das zum Kampf bereit ist. Ich habe die Überzeugung, genauso wie wir sie in bezug auf unser eigenes Land haben, daß kein noch so mächtiger Staat ein zum Kampf bereites Volk niederringen kann. Die Angreifer von Serbien glaubten, daß es sich um einen einfachen Spaziergang und ein dreitägiges Abenteuer handelte und daß die Serben sich nach den ersten Bomben ergeben würden. Es sind mehr als 40 Tage vergangen und es wurden Tausende und Abertausende von Bomben abgeworfen, und wir sind mit den drei dort ausharrenden diplomatischen Vertretern Kubas über deren Handy - als einzige Kommunikation - verbunden, um zu erfahren, was in Belgrad jeden Tag geschieht. Nach jeder Nacht mit dantesken Bombardierungen bemerken wir kein Symptom der Schwächung des Kampfwillens und sie schildern uns die außergewöhnliche Moral des serbischen Volkes im allgemeinen und der Bevölkerung Belgrads im besonderen, wo permanent Flugzeuge auf niedriger Höhe die Stadt überfliegen, den Himmel mit Lärm erfüllen, Terror säen und die Kinder, Frauen und Alten durch den Lärm der Explosionen und die unaufhörlichen Angriffe, die laut Ankündigung immer grausamer werden sollen, traumatisieren. Es sind Hunderttausende und Millionen von Kindern und Jugendlichen, die vielleicht für das ganze Leben traumatisiert werden. Auf diese Weise, ich wiederhole es noch einmal, werden sie das Problem nicht lösen. Es ist meine Überzeugung, daß allen Beteiligten keine andere Alternative bleibt, als eine politische Lösung zu suchen, und das ist möglich, wenn man ein wenig den gesunden Menschenverstand und die Vernunft einsetzt. Als wir sahen, daß diese Angriffe begonnen wurden, begriffen wir sofort, daß sie unnütz sein und eine Katastrophe auslösen würden. Wir kennen die Geschichte des Zweiten Weltkrieges, die Invasion Jugoslawiens durch die Nazi-Truppen und die Art und Weise, wie sie über Jahre hinweg widerstanden. Jetzt wollen die Angreifer nicht einmal Bodentruppen einsetzen, weil sie glauben, daß die intelligenten Bomben und die ferngelenkten Raketen das Problem lösen. Doch das Problem wird weder durch Raketen noch durch Bomben oder Bodentruppen gelöst, weil ein kampfbereites Volk überall und aus allen Richtungen kommend kämpft, jedes Haus sich in eine Festung verwandeln kann und jeder Mann und jede Frau zu Einzelkämpfern werden. Es ist keine Frage von gepanzerten Divisionen, Artilleriegruppen oder See- und Luftflotten. Wir wissen sehr gut, wie wir den Kampf in unserem Land unter ähnlichen Bedingungen zu führen haben, genauso wie es hier Millionen von Menschen wissen, so daß diese Vorgehensweisen den Angreifern nichts nützen würden. Dieses Land kann niemand erobern. Niemand kann ein zum Kampf bereites Land erobern. Es ist ein Fehler. Das geschah schon mit Vietnam und sie wurden erst davon überzeugt, als sie 50.000 Menschenleben verloren hatten, nachdem sie bereits 4 Millionen Vietnamesen getötet hatten. Also gut, sie haben dort eine ähnliche Situation, die sich noch ernsthaft verkomplizieren kann, wenn sich die außerhalb des Landes lebenden Serben mit ihren Landsleuten in Serbien solidarisieren. Die politische Situation Rußlands würde unter diesen Umständen unhaltbar werden, weil die ethnischen Bindungen zwischen beiden Völkern sehr stark sind. Die anderen Völker werden daraus ihre Schlüsse ziehen. Ich stelle mir vor, daß die Russen ihre eigenen Schlüsse ziehen aus alldem, was ihnen geschehen ist und was ihnen in der Zukunft noch geschehen kann, wenn sie sehen, wie die Bomben einer Militärallianz niederregnen, die immer arroganter, hochmütiger und wütender wird
angesichts des von ihnen nicht erwarteten Widerstandes. Europa und die NATO sind zu Geiseln eines subjektiven Faktors geworden, nämlich der Entscheidung, bis zum Ende durchzuhalten, welche die Serben treffen oder nicht treffen, wobei man annehmen kann, daß sie keinesfalls geneigt sind, sich nach der totalen Zerstörung ihres Landes zu ergeben. Für uns war es offensichtlich, daß das geschehen würde, was jetzt geschieht. Das bedeutet nicht, daß wir gegen die Rechte von irgendjemandem sind, wir unterstützen sowohl die Rechte der Serben als auch die der Kosovaren. Als wir vor kurzem darüber informiert wurden, daß man den Marinestützpunkt von Guantánamo dazu benutzen wollte, um 20.000 Kosovo-Flüchtlinge zu beherbergen, waren wir sofort einverstanden, und ich glaube, daß es das einzige Mal im Leben war, daß wir mit etwas einverstanden waren, das die Vereinigten Staaten auf diesem Stützpunkt machten. Es ist nicht so, daß sie unsere Erlaubnis oder unser Einverständnis beantragten, sondern sie hatten in Wirklichkeit die schlichte Freundlichkeit, uns darüber zu informieren, und sie erläuterten ihre Absichten, daß es sich um eine begrenzte Zeit handeln würde, solange man den Konflikt löste etc. etc.. Was sie am wenigsten erwarteten - sie kennen dieses Land nicht - war, daß wir ihnen sagten: "Wir sind nicht nur damit einverstanden, daß 20.000 KosovoFlüchtlinge oder mehr dort untergebracht werden, sondern wir sind darüber hinausgehend sogar bereit, soweit wie möglich bei der Betreuung dieser Flüchtlinge mitzuarbeiten und unsere Krankenhausdienste, Ärzte und jegliche uns zur Verfügung stehende Kooperation bereitzustellen, wenn dies nötig ist. Schließlich schickten sie die Flüchtlinge nicht und es war intelligent, diese Entscheidung zu ändern, weil sie sich viele Kritiken einhandeln würden, da in Wirklichkeit niemand von den NATO-Staaten, die dort so viele Bomben abwerfen, Flüchtlinge aufnehmen will. Es gibt im Westen viel Fremdenfeindlichkeit und Egoismus. Sie boten an, 80.000 bis 100.000 aufzunehmen, doch sie haben bis jetzt nur wenige Tausend entgegengenommen, weil sie keine Kosovo-Flüchtlinge auf ihren eigenen Territorien haben wollen, sie haben nichts Bedeutsames getan. Es war ein politischer Fehler, aber uns haben sie informiert und wir sagten: Einverstanden. Ich werde Euch noch etwas mehr sagen: Es gibt eine internationale humanitäre Institution mit dem Namen Comunidad de San Egidio, die sich der Betreuung von Flüchtlingen widmet, Beziehungen zur Katholischen Kirche unterhält und die immer dann viel bei Hilfsaktionen arbeitet, wenn Flüchtlingsprobleme auftreten. Wir, die wir die brutalen und völkermörderischen Attacken gegen die serbische Bevölkerung energisch verurteilen, teilen trotzdem das Leid von jenen Hunderttausenden von Flüchtlingen, die das Resultat sind von einer Serie von nicht nur historischen und weit zurückreichenden Faktoren, sondern auch von der Auflösung Jugoslawiens, das in den 40 Jahren nach dem zweiten Weltkrieg in Frieden lebte. Diejenigen, die Jugoslawien zersplitterten und die nationalen, ethnischen und religiösen Konflikte schürten, sind hauptsächlich dafür verantwortlich, was heute geschieht. Die Verantwortung, die Europa in diesem Prozess zukommt, wurde von vielen seiner Staatsmänner und von in der Öffentlichkeit stehenden Personen bekanntgemacht. Diejenigen, die jetzt mit Leichtigkeit vereinbarten, all ihre gewaltige und hochentwickelte Militärtechnologie gegen das einzusetzen, was vom ehemaligen Jugoslawien übriggeblieben war, tragen eine bedeutende Verantwortung für das, was dort geschieht, und für die Leiden jener Hunderttausenden von Flüchtlingen. Wenn wir Lösungen vorschlagen, schlagen wir Lösungen für alle vor, nämlich für die Flüchtlinge, die Bürger des Kosovo, die dort lebenden Serben und anderen Nationalitäten und alle Nationen, die das bilden, was heute noch von Jugoslawien bleibt. Das heißt, daß wir uns vom menschlichen Gesichtspunkt aus mit den Leiden von allen Personen dort solidarisieren, und das ist auf eine solche Art so, daß wir der besagten Comunidad de San Egidio, deren Führungspersönlichkeiten uns vor
einigen Wochen, Anfang April, besuchten und die das erklärten, was sie für die Betreuung und Unterstützung von jenen leidenden Flüchtlingen taten, wofür sie über etwa 30 Ärzte verfügten, das Folgende sagten - Gut, wir haben es bisher nicht erzählt und ich werde das, was schon Wochen zurückliegt, jetzt hier zum ersten Mal sagen - : "Schaut, wir haben nicht viele Mittel, aber wir verfügen über ein Humankapital. Wenn für die Betreuung von diesen Hunderttausenden von Flüchtlingen, die in Notunterkünften leben, medizinisches Personal gebraucht wird, wäre unser Land bereit, mit einem Beitrag von 1000 Ärzten in absolut kostenloser Form zu kooperieren, um die Kosovo-Flüchtlinge zu behandeln (Beifall). Wir wissen aus langjähriger Erfahrung, daß die Sprache in diesen Fällen kein Hindernis darstellt. Ein sechs Monate altes Kind spricht keine Sprache und kann trotzdem perfekt von einem Arzt behandelt werden. Dieses Angebot haben wir der Führung der Comunidad de San Egidio genau am Abend des 5. April mitgeteilt, das heißt, 12 Tage nach dem Beginn der NATO-Angriffe.
Fidel 11. Juni 1999 Abschlußrede des Comandante en Jefe Fidel Castro Ruz, Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas und Vorsitzender des Staatsund Ministerrates, anläßlich des Ersten Internationalen Kongresses über Kultur und Entwicklung, die am 11. Juni 1999, "Jahr des 40. Jahrestages des Sieges der Revolution" in der Kongreßhalle, Palacio de las Convenciones, gehalten wurde. (Mitschrift durch den Stenographischen Dienst des Staatsrates) Werte Minister und Verantwortlichen des Kulturbereiches aus den lateinamerikanischen oder iberoamerikanischen Ländern! Werte Gäste! Liebe Teilnehmer am Ersten Internationalen Kongreß über Kultur und Entwicklung! Sie, die Teilnehmer des Kongresses, haben 4 Tage lang getagt, und zum Glück überschnitt sich die Tagung mit dem zweitägigen Treffen der Kulturminister und Verantwortlichen des Kulturbereichs am 10. und 11. Juni, das der im November stattfindenden Iberoamerikanischen Gipfelkonferenz vorrausgeht. Wir haben versucht, gewisse Informationen darüber zu bekommen, über was sie debattiert haben und wie die Diskussionen verlaufen sind. Meinem Anschein nach haben die Veranstalter Genugtuung angesichts des Verlaufs der beiden Veranstaltungen empfunden. Unter den Debatten gab es zweifelsohne viele Themen von großem Wert, wobei einige davon meine Aufmerksamkeit besonders erregt haben. Wir könnten sagen, daß ich persönlich sie unter den Themen bezüglich von Kultur und Politik eingliedern muß, die ich sehr schätze. So zum Beispiel die folgenden Themen: Die Staaten müssen eine richtige Erziehungspolitik für die Umwelt begünstigen; die Bedeutung der Geschichte für die Übermittlung von Werten und die Verteidigung der Identität der Völker; die Notwendigkeit, die kolonialen oder hegemonistischen Modelle zurückzuweisen; der Tourismus darf die nationale Identität nicht beeinträchtigen; die Notwendigkeit, über die gegenwärtige Welt neu nachzudenken, Meinungsäußerungen zu tätigen und Ideen zu übermitteln - das ist meiner Meinung nach das Hauptanliegen -; dringende Notwendigkeit, mit der Erziehung und der Schaffung einer richtigen Kulturpolitik eine wirklich ethische Revolution im Menschen zu begünstigen. Es ist wirklich das erste Mal, daß dieses Thema treffend behandelt wird. Ich weiß nicht, ob wir alle damit einverstanden sind, ich jedoch bin zumindest einverstanden, und zwar bezüglich des Punktes 12, der folgendes aussagt: Die kapitalistische Wirtschaft wird die perspektivische Entwicklung der Menschheit nicht garantieren, weil sie die kulturellen und menschliche Verluste ihrer eigenen
Ausdehnung nicht berücksichtigt. Ich denke etwas weiter, denn sie garantiert nicht nur keine perspektivische Entwicklung der Menschheit, sondern sie setzt als System das eigene Dasein der Menschheit aufs Spiel. Am Eröffnungstag des Kongresses drängten Sie mich dazu, ein paar Worte zu sagen, und ich behandelte einen wichtigen Aspekt über die Vermittlung von Ideen. Ich weiß nicht, wie lange Sie das Thema bezüglich der Umsetzung dieses Prinzips behandelt haben. Ich weiß, daß Sie als Grundelement und als Hauptpolitik der Integration, von der gesprochen wird, die Tatsache genannt haben, daß es notwendig sei, daß die Kultur eine vorrangige Position unter den Zielen dieser Integration einnimmt. Zusammen wären wir wie eine Gesamtsumme von vielen und sehr reichen Kulturen. In diesem Zusammenhang denken wir an unser Amerika, wie Marti es genannt hat, dieses Amerika, das beim Río Bravo anfängt, obwohl es an der Grenze zu Kanada anfangen sollte, denn dieses Gebiet gehörte auch zu unserem Amerika, bis einige unersättliche expansionslustige Nachbarn sich des Territoriums des westlichen Teils der heutigen USA bemächtigten. Ich beziehe mich heute auf diese Integration, einschließlich der Karibik. Noch sind die Karibikstaaten bei diesen Iberoamerikanischen Gipfeltreffen nicht vertreten. Zum Glück werden alle lateinamerikanischen und karibischen Länder mit den Ländern der Europäischen Union am 28. und 29. Juni in Rio de Janeiro erstmalig zusammenkommen. Wir haben angefangen, die Familie zu vergrößern. Im Allgemeinen waren die karibischen Länder in Vergessenheit geraten, weil auch wir lateinamerikanische Länder in Vergessenheit geraten waren und noch heute ignoriert werden. Die Summe aller unserer Kulturen würde eine enorme Kultur und eine Vermehrung unserer Kulturen ergeben. Die Integration darf die Kultur jedes unserer Länder nicht beeinträchtigen, sondern muß sie bereichern. Wenn wir heute in diesem Sinn von Einheit sprechen, dann tun wir das noch im engeren Rahmen. Ich glaube vielmehr an die Einheit aller Länder der Welt, an die Einheit aller Völker der Welt und an die frei, wirklich freie, Einheit; nicht an die Fusion, sondern an die freie Vereinigung aller Kulturen, an eine wirklich demokratische Welt, an eine Welt, in der eine solche Globalisierung anzuwenden ist wie die, die Karl Marx zu seiner Zeit erwähnt hat und von der Johannes Paul II heute spricht, wenn er die Idee der Globalisierung der Solidarität zum Ausdruck bringt. Wir haben noch die Aufgabe, genau zu definieren, was Globalisierung der Solidarität bedeutet. Wenn wir diesen Gedanken bis zur letzten Konsequenz verwirklichen, dann werden wir feststellen, daß der Punkt 12 eine Realität ist, denn ich frage mich, ob das kapitalistisches System die Globalisierung der Solidarität garantieren kann. Man spricht nicht von der Globalisierung der Wohltätigkeit, die so weit sehr gut wäre. Hoffentlich kommt jedoch der Tag, an dem die Wohltätigkeit nicht nötig sein wird. An diesem Tag wird die Solidarität einen universellen Sinn erlangen und der Geist der Solidarität wird sich im globalen Rahmen verbreitet haben. Ich habe das gesagt, um zu beweisen, daß ich auf keinem Fall ein strenger Nationalist oder Chauvinist bin. Ich habe eine viel höheres Konzept des Menschen und noch anspruchsvollere Träume über die Zukunft des Menschengeschlechts, das mit großer Mühe das erreicht hat, was es heute ist und weiß. Und trotzdem ist es heute noch nicht einmal der Bezeichnung eines wirklich menschlichen Geschlechts würdig. Was wir heute sehen, ist weit davon entfernt, aber vielleicht ist es desto näher, je weiter entfernt es erscheint, denn diese Menschheit steckt in einer riesigen Krise und nur aus riesigen Krisen können große Lösungen erwachsen. Dies hat uns die Geschichte bis jetzt gelehrt, bis zum diesem Augenblick, in dem die reale Globalisierung, die man bis vor kurzer Zeit nicht einmal erwähnt hat, und die enormen Fortschritte der Wissenschaft und der Technik sowie der Kommunikationsmittel das möglich und unvermeidlich machen. Die Menschen können innerhalb von Sekunden kommunizieren, egal wo sie sind. Zum Beispiel ist es für mich einfacher, mit unserem Botschafter in der UNO Kontakt aufzunehmen als mit unserem Außenminister. Der Botschafter hat dort ein Handy
und wenn er in einem Saal neben seinem Partner, dem US-Botschafter, sitzt, und ihn ein leerer Stuhl von diesem trennt, kann er sprechen, genauso wie heute, als ich mit ihm telefonierte und ihn fragte, wo er sei, ob in der diplomatischen Mission, zu Hause oder in der UNO, und er erwiderte: "In sitze im Auto". Ich sagte "Wieso im Auto? Man hört Dich sehr gut!" Darauf sagte er: "Ja, jetzt stehen wir vor der Ampel" und wir haben uns einige Minuten lang weiter unterhalten. Es ist wirklich unglaublich. Die technologischen Fortschritte erklären die Genauigkeit, mit der die berühmten Satelliten die Raketen und die intelligenten Waffen lenken. Sie sind nicht so intelligent, daß sie nicht mit einer besorgniserregenden Häufigkeit ihr Ziel verfehlen würden, wenn es sich wirklich um Fehler und nicht um Absichten handelt. Der Fall der chinesischen Botschaft erschien etwas merkwürdig, so merkwürdig, daß sie beim Versuch, es zu erklären, sagten, daß sie bei der Bombardierungen alte Landkarten benutzt hätten. So hätte eine Bombe aufgrund nicht aktualisierter Landkarten auch hier auf diesen Konferenzsaal fallen können. Mit der selben Geschwindigkeit bewegt sich das Geld und werden Spekulationsoperationen mit den Währungen in einer Größenordnung von einer Billion US-Dollar täglich durchgeführt. Das sind nicht die einzigen Spekulationsoperationen, die stattfinden, und außerdem werden sie nicht nur mit den Währungen durchgeführt. Zu Magallans Lebzeiten dauerte eine Weltreise viele Monate lang und heute kann man in knapp 24 Stunden um die Welt reisen. Vor kurzer Zeit bin ich auch um die Welt gereist, mit Zwischenstationen in Dänemark, China, Vietnam, Japan, Kanada, und zurück nach Havanna. Mir war danach, mit Zahlen zu spielen und zu rechnen. Wenn man Richtung Osten mit einer schnelleren Maschine fliegt, kann man in China am Montag frühmorgens abfliegen und am Sonntag nachmittag in Havanna ankommen. Wir haben gesehen, wie sich die Welt in ein paar Jahrzehnten verändert hat. Wenn sie einverstanden wären, würde ich ein Thema einführen, genau wie sie mehrere Themen eingeführt haben, und dieses Thema könnte heißen: Kultur und Souveränität. Ich gründe meine Ausführungen auf konkrete Fakten, denn es geht nicht um theoretische Überlegungen, sondern um Fakten, die wir sehen können und die sogar ein Kurzsichtiger sehen kann: Ohne Souveränität kann es keine Kultur geben. Abel erläuterte, wie es einer Handvoll brillianter Persönlichkeiten gelungen ist, trotz des Neokolonialismus und des US-Hegemonismus in Kuba die nationale Kultur zu retten. Es gibt ein weiteres Land, das noch mehr Verdienste hat als wir, nämlich Puerto Rico. Seit 100 Jahren ist es eine US-Kolonie und sie konnten weder die Sprache noch die Kultur Puerto Ricos vernichten. Es ist bewundernswert! (Beifall) Gewiß, heute verfügt der Imperialismus über mächtigere Mittel zur Vernichtung von Kulturen, zur Durchsetzung von Kultur und zur Homogenisierung von Kultur. Vielleicht kann er heute in zehn Jahren einen noch größeren Einfluß als in den letzten 100 Jahren ausüben. Das von mir genannte Beispiel gibt eine Vorstellung vom Widerstandsvermögen der Völker und dem Wert der Kultur. Man hat sie ihrer Souveränität beraubt und trotzdem haben sie den Widerstand aufrechterhalten. Wenn es jedoch möglich ist, Beispiele dafür zu nennen, daß es ohne Souveränität Kultur oder zumindest ein gewisses Kulturniveau geben kann, so kann man in der heutigen oder zukünftigen Welt Souveränität ohne Kultur weder verstehen noch es sich vorstellen. Während sie, die Kongreßteilnehmer, die Kulturminister und die Verantwortlichen des Kulturbereichs im Iberoamerika, gestern hier debattierten, wurde dort in der UNO ein gewaltiger Kampf um die Souveränität geführt. Und gleichzeitig würden wir sagen, daß es sogar ein gewaltiger Kampf um die Kultur war. Ja, weil ich sage, daß die Mittel, über die diejenigen verfügen, die die Welt wirtschaftlich und fast politisch beherrschen, sehr viel mächtiger als je zuvor sind. Dieser gewaltige Kampf wurde im Rahmen der Versammlung des Sicherheitsrates geführt, um einen Resolutionsentwurf über den gegen Jugoslawien und besonders
gegen Serbien ausgelösten Krieg zu debattieren. Meines Erachtens geht es um eine historische Schlacht, weil der Imperialismus und seine Alliierten - man könnte sagen, der Imperialismus und diejenigen, die ihn unterstützen, wenn auch gegen ihre eigenen Interessen - tatsächlich einen gewaltigen Kampf gegen das Prinzip der Souveränität führen, es ist eine beeindruckende Offensive gegen dieses Prinzip. Das hat man kommen sehen. Als das sozialistische Lager zusammenbrach, die UdSSR aufgelöst wurde und in der Welt nur noch eine einzige Supermacht übrig blieb, ahnte man bereits, daß eben diese Supermacht, deren Ursprünge gut bekannt und deren Prinzipien und diabolische Methoden überaus bekannt sind, nicht aufhören konnte, zu versuchen, ihre gigantische Macht zur weltweiten Durchsetzung ihrer Normen und ihrer Interessen zu verwenden, zuerst mit vorsichtigen und später dann mit schärferen Mitteln. Wir betrachten einen Imperialismus, der seine ganzen Macht und Kraft einsetzt, um alles wegzufegen, was ihm im Weg steht. Die Kultur gehört zu den Dingen, die ihm im Weg stehen. Überdies sind sie die Eigentümer der großen Mehrheit der Kommunikationsmittel, weil sie über 60% des Kommunikationsnetzes der Welt und über die mächtigsten Fernsehketten verfügen, die keinen Rivalen haben. Faktisch besitzen sie das Monopol über die Filme, die auf der Welt gezeigt werden. Wir können sagen, daß Frankreich, das einen beinahe heroischen Kampf um die Aufrechterhaltung seiner Kultur gegenüber der US-Kulturinvasion führt, nach meiner Kenntnis das einzige europäische Land ist, wo die US-amerikanischen Filme weniger als 50 % aller dort gezeigten Filme ausmachen. In den anderen Ländern des Alten Kontinents überschreitet die Zahl 50%, 60%, 65%, 70% und sogar 80% in einigen Ländern. Bei Fernsehserien beträgt der Anteil 60%, 70%, 80%, 90%, so daß ca. 70% der gesendeten Fernsehserien und 75% der im Umlauf befindlichen Videokassetten US-amerikanischer Herkunft sind. Das sind Zahlen, die sie sicherlich gelesen haben. Ramonet spricht über sie. Es ist ein fast absolutes Monopol. Es gibt bedeutende lateinamerikanische Länder, wo 90% der gesendeten Filme und Fernsehserien US-amerikanisch sind und Sie wissen, was in den Filmen gezeigt wird. Aus Europa kommt wenig Filmmaterial. Es ist eine totale US-amerikanische Kulturkolonisierung auf diesem Gebiet. Er reicht, Ihnen zu sagen, daß wir uns im unserem Fall sehr anstrengen müssen, um wertvolle Filme zu finden, die eine moralische und kulturelle Qualität haben. Wie können wir den Filmen entgehen, die ausschließlich von Gewalt, Mafia und Sex handeln? Wie können wir so vielen entfremdenden Filmen und dem Gift, das sie in der Welt versprühen, entkommen? Es ist nicht einfach für unser Fernsehen, das mit einigen Ausnahmen keine Werbung betreibt, einen Film für die Freitage und die Sonnabende zu finden, es ist überaus schwierig. Und die Bevölkerung kritisiert immer häufiger die gezeigten Filme. Obwohl wir sie kopieren, denn wir müssen mit aller Aufrichtigkeit sagen, daß sie in dem gleichen Maße, wie sie über uns die Blockade verhängt haben, jegliche Importe verhindern, so daß wir uns zum Kopieren der Filme gezwungen sahen. Es gibt Dinge, die sehr leicht zu kopieren sind, darunter die Filme, und ich glaube, daß die Mitarbeiter des angesehenen ICAIC (Kubanisches Institut für die Filmindustrie) sich in den ersten Jahren - und es ist mit gutem Recht ein historisches Verdienst- auf das Kopieren von amerikanischen Filmen spezialisierten, als es einige gute Filme gab. Früher gab es mehr US-Filme von Qualität, genauso wie europäische Filme. Man konnte sie sich anschauen. Der kommerzielle Geist ist derart eingedrungen, daß er sich vernichtend für die Kultur auswirkt. Welches europäische Land kann 300 Mio. US-Dollar oder mehr für einen Film ausgeben? Welches europäische Land kann mit einem einzigen Film einen Profit von 500 Mio. erzielen oder 1,2 Milliarden umsetzen? Das sind Unternehmen, die aus allem Profite erzielen: durch den Warenverkauf im Zusammenhang mit einem kostspieligen und mit guter Promotion ausgestatteten Film gewinnen sie mehr als durch die Vorführung des Filmes. Außerdem können sie mit diesem Filmen allein auf dem US-Markt die Kosten
decken und sie erzielen große Gewinne. Schätzen Sie mal, sie können sie später überall in Europa oder weltweit billiger verkaufen. Wer kann mit ihnen konkurrieren? Und diese europäischen Länder, von denen einige unter einem wirklich kulturellen Trauma leiden, während andere dem Phänomen ziemlich gleichgültig gegenüberstehen, die mit ihrer Einheit und Integration danach streben, ihre wirtschaftlichen, technologischen, wissenschaftlichen und kulturellen Möglichkeiten als eine Frage des Überlebens zu entwickeln, - und es geht nicht um kleine Länder, kleine Inseln oder sehr arme, unterentwickelte Länder, deren Bruttoinlandsprodukt pro Kopf 200 oder 300 US-Dollars jährlich beträgt, sondern um Länder mit einem Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt von 20.000, 25.000, 30.000 und sogar 40.000 USDollar - unterstützen die imperialistische Politik, unterstützen heute die Politik, die Prinzipien der Souveränität wegzufegen. Sie geben gewiß nationale Souveränitätsrechte auf, denn indem sie sich einigen, öffnen sie die Grenzen, lassen das Kapital frei umlaufen, lassen den Arbeitnehmern, dem Fachpersonal und gemeinsamen Einrichtungen, die ausschließlich für die europäischen Länder Vorteile bringen, die freie Entfaltung, und die Menschen aus den südlichen Ländern müssen mit kleinen Booten anreisen und das Land auf illegale Weise betreten. Jene Länder verzichten allmählich auf die nationale Währung, und dies mit einer guten Logik, um eine gemeinsame Währung zu verwenden. Das ist nicht dasselbe als eine ausländische Währung zu übernehmen, die von der Federal Reserve der USA dominiert ist, was faktisch bedeutet, das Land an die USA anzuschließen. Was würde mit uns geschehen, die wir zumindest bewiesen haben, daß man gegenüber einer doppelten Blockade und in einer sehr schwierigen Zeit durchhalten kann? Wie wäre dies möglich gewesen, wenn wir unsere eigene Währung nicht gehabt hätten? Ich kann hinzufügen, daß wir sie um das 7fache aufgewertet haben. Von 1994, als man für einen US-Dollar 150 Peso erhielt, bis 1999, oder besser gesagt Ende 1998,- ca. 5 Jahre, denn man muß 1994 komplett miteinberechnen-, haben wir sie um das 7fache aufgewertet. So kann man heute für 1 US-Dollar nur 20 Peso bekommen. Kein einziges Land hat so etwas geschafft, ich sage es Euch: Keines! Die Formeln des Währungsfonds, alle Rezepte, die er durchsetzen will, sie wissen es genau. Wo führen sie hin? Zu manchmal enormen Summen als Reserve, um die Währung zu schützen, und trotz alledem können diese Reserven in paar Tagen oder Wochen verschwinden, als Früchte von Ersparnissen und Privatisierungen. Wir haben das innerhalb von Tagen gesehen. Wir haben diese enormen Reserven nicht und brauchen sie auch nicht. Andere haben sie und verlieren sie. Es gibt ein einziges Land, nur ein einziges auf der Welt, das keine Reserven braucht, weil es die Banknoten, die auf der ganzen Welt im Umlauf sind, druckt - wie wir des öfteren gesagt haben-. Zunächst verwandelte es das Gold an dem Tag in Papier, als es einseitig die freie Konversion seiner Scheine suspendierte, der Tausch des Goldes aus den Reserven gegen das Papiergeld, das sie druckten, das von allen aufgrund seines entsprechenden Goldwertes akzeptiert war, und als es später das Geld in Gold verwandelte, schaffte es das gleiche Wunder, das die Alchimisten seit dem Mittelalter angestrebt haben, d.h., sie drucken ein Papiergeld, das sich im Umlauf befindet, als ob es Gold sei. Ich erkläre das Phänomen auf eine einfache Art und Weise, obwohl die Prozedur komplizierter ist. Sie verwenden die Gutscheine des Schatzamts und setzen verschiedene Mechanismen ein. Der Sinn ist im wesentlichen, daß solche können sich das leisten können, die das Geld drucken, das auf der Welt umläuft, und die die Geldscheine der Bankreserven aller Länder der Welt drucken. Sie drucken das Papiergeld, kaufen und andere heben das Papiergeld auf- zum großen Teil, natürlich nicht alles. Dementsprechend sind sie diejenigen, die die Reservewährung der Welt drucken. Das ist einer der Gründe für die Entstehung des EURO, sagen wir, um aufgrund dieses Privilegs und dieser Währungsmacht zu überleben. Auf daß kein Spekulant komme, um einem europäischen Land das gleiche anzutun, wie sie mit
Großbritannien, Frankreich, Spanien und anderen gemacht haben, deren Währungen sie abwerteten und die sie zu Opfern großer Spekulationsoperationen machten, denn wenn sich ein paar US-amerikanische multimillionenschwere Wölfe treffen, gibt es kein Land, das ihren Spekulationsattacken widerstehen kann. Das Pfund Sterling, einst Königin der Währungen, - das liegt noch nicht sehr weit zurück - wurde innerhalb weniger Tage in die Knie gezwungen. Dies kann einen Eindruck verschaffen von dem, was ich meine. Und dieses Land, man braucht es kaum zu sagen, sind die Vereinigten Staaten. Es ist das einzige Land, das geschützt ist. Das ist es, was einige verzweifelt zu dem Gedanken führt - in Anbetracht der ständigen Abwertungen, Krisen, Katastrophen und Kapitalfluchten -, die nationale Währung abzuschaffen und sich den Dollar als nationale Währung, verwaltet von der Federal Reserve der Vereinigten Staaten, zu eigen zu machen. Hätten wir ein solches System, nur als Beispiel, und wäre unsere Währung der Dollar, und müßten wir, die wir blockiert sind und keinen Zugang zu den Dollars haben, den Bauern ihre Produkte, ob ein Huhn, ein Ei, eine Mango oder 100 Mangos, gegen Dollars abkaufen, könnte dieses Land dann existieren? Unter den hiesigen Bedingungen, nach dem, was wir durchmachen mußten und aufgrunf dessen, was wir daraus gelernt haben, werden wir uns darüber klar, daß wenn wir unseren sehr bescheidenen Peso nicht hätten, den wir - wie ich schon sagte - um das Siebenfache aufgewertet haben, hätten wir ihn überhaupt nicht aufwerten können. Hier hätte man alle Schulen schließen müssen und bis jetzt wurde keine geschlossen; auch die Krankenhäuser hätte man schließen müssen, jedoch wurde noch keines geschlossen. Im Gegenteil, in dieser Spezialperiode haben wir die Anzahl der Ärzte erhöht, vor allem die Ärzte, die in der Gemeinde arbeiten, und auch diejenigen, die in den Krankenhäusern arbeiten, und zwar um rund 30.000 neue Ärzte, und dies trotz unserer großen Wirtschaftsschwierigkeiten und dem Mangel an Ressourcen und öfter auch an Medikamenten, obwohl wir die wichtigsten haben. Heute wurde in der Zeitung veröffentlicht, daß in einer Provinz in der Mitte des Landes, also nicht in der Hauptstadt, sondern in Villa Clara, die Kindersterblichkeitsrate bei Kindern unter einem Jahr bei 3,9 pro 1000 Lebendgeborenen liegt. Wenn wir zum Beispiel an Washington denken, die Hauptstadt der Vereinigten Staaten, so dürfte dort die Kindersterblichkeit vier oder fünf Mal höher als in Villa Clara sein. Es gibt ein Viertel, die Bronx, das eine Rate von 20 pro 1000 aufweist, und es gibt Orte in den Vereinigten Staaten mit 30 pro 1000. Die Kindersterblichkeit in Kuba liegt im Landesdurchschnitt mindestens zwei oder drei Punkte unter dem Landesdurchschnitt der Vereinigten Staaten. Dort liegt sie wahrscheinlich bei 10 oder 11, und wir hoffen, sie dieses Jahr auf 7 reduzieren zu können, wobei letztes Jahr die Kindersterblichkeitsrate 7,1 betrug. Dank der unternommenen Anstrengungen wurde kein Kindergarten geschlossen. Davon könnte man ein Lied singen. Es wurde keine Praxis eines Familienarztes geschlossen. Die Zahl der Arztpraxen ist um mehrere Tausend während der Spezialperiode gewachsen. Und das konnten wir selbstverständlich schaffen, weil es eine Revolution und ein geeintes Volk gibt, sowie eine weit verbreitete politische Kultur, denn wenn man von Kultur spricht, darf man die politische Kultur nicht vergessen. Das ist ein Bereich, dessen Weiterentwicklung wir sehr benötigen und an dem es in der Welt sehr fehlt. Man sollte nicht denken oder sich vorstellen, daß der durchschnittliche US-Amerikaner eine politische Kultur habe oder daß er über eine größere politische Kultur als ein Kubaner oder ein Europäer verfüge. Ich gebe zu, daß die Europäer eine höhere politische Kultur als die Amerikaner haben, jedoch haben die Europäer im allgemeinen keine höhere politische Kultur als die Kubaner, ganz bestimmt nicht. Man könnte sogar ein Wettbewerb zwischen dem europäischen und dem kubanischen Durchschnitt bezüglich politischer Kenntnisse austragen, zwischen Menschen, die aus Tausenden von Gründen nicht entfremdet leben, und anderen, die es leider tun.
In unseren lateinamerikanischen Ländern zwingen uns manchmal die Not und die Armut dazu, die politische Kultur mehr zu entwickeln als in jenen reichen Ländern, die nicht die Nöte haben, unter denen wir leiden müssen. Daher wird auf den in Kuba stattfindenden lateinamerikanischen Lehrerkongressen mit der Beteiligung von Tausenden von Lehrern, ständig vom Neoliberalismus gesprochen, der ihnen das Budget sperrt; und auf den Ärztekongressen werden Horrorgeschichten erzählt, oder auf den Kongressen der Studenten, oder auf Kongressen jeder Art, denn sie erleben das jeden Tag und werden sich dessen bewußt. Selbstverständlich gibt es in Lateinamerika grauenhafte Dinge, die man in Europa längst vergessen hat, wo sie, wie einige erzählen, sogar Subventionen bekommen können, die es ihnen ermöglichen, für 15 Tage ins Ausland in den Urlaub fahren, und das nicht nur einmal im Jahr. Wo es nichts dergleichen gibt, leiden die Menschen viel mehr. Wir haben einen fruchtbareren Boden, um uns eine politische Kultur erarbeiten zu können. In unserem Fall hat das Land sogar Erfahrungen aus sehr harten Schlachten gegen die Aggressionen des Imperiums und die daraus resultierenden großen Schwierigkeitenn gesammelt, denn auch durch Schwierigkeiten werden die Kämpfer geschmiedet. Aber auerdem könnten wir nichts von dem tun, was ich Ihnen sage, wenn wir nicht viele Dienstleistungen und eine nationale Währung hätten, die uns dabei hilft, umzuverteilen. Wenn man sie aber mit dem Dollar vergleicht, kommt man natürlich zu der täuschenden Formel des Kurses des Dollars zum Peso in den Wechselstuben. Wenn der Kurs 20 zu 1 steht, so sagen sie, daß jemand, der ein Gehalt von 300 Peso hat, 15 Dollar verdiene. Wenn dies in New York wäre, müßte man zu den 15 Dollar weitere 1.000 oder 1.500 Dollar des Lohnes für die Mietzahlung hinzufügen, weitere 500 für die Zahlung der ärztlichen Betreuung damit kämen wir auf 2.000 -, dazu zwischen 500 und 1000 oder auch mehr für die Schuleinschreibung. Es kommt hierbei auf das Schulniveau an, denn es gibt Immatrikulationen an den Universitäten, die 30.000 Dollar im Jahr kosten. Dazu werden 750 Dollar für die Bildung, die die Kinder und Jugendlichen unentgeltlich bekommen, hinzugezählt. So könnte die Gesamtsumme rund 2.750 Dollar ausmachen. Mit den besagten 15 wären das 2.765 Dollar. Alles wirkt sehr täuschend, nicht wahr? Wenn Sie berücksichtigen, da alle Kinder in Kuba bis zum siebten Lebensjahr einen Liter Milch für 25 Centavos bekommen, so heit dies, da ein Kind oder eine Familie von den vermeintlichen 15 Dollar nur 1,3 Cents für einen Liter Milch zahlt, und so ist es auch im Falle anderer wichtiger Nahrungsmittel. Leider sind diese nicht ausreichend vorhanden, selbstverständlich nicht, aber es gibt eine Reihe von Nahrungsmitteln, die man zu sehr niedrigen Preisen bekommt, wenn man diese in Dollar umrechnet. In unserem Stadion können Sie ein wichtiges Baseballspiel für 50 Centavo oder maximal einen Peso sehen. Wenn Sie nach Baltimore schauen, dort, wo das Spiel zwischen unserer und der US-amerikanischen Mannschaft stattgefunden hat, so mußte derjenige der 45.000 dort versammelten Zuschauer, der den niedrigsten Preis bezahlte, 10 Dollar ausgeben. Und der höchste Preis lag bei 35 Dollar. Um also ein solches Spektakel hundertmal im Jahr zu sehen, zahlt ein Kubaner maximal 100 Peso, während ein US-Amerikaner 3.500 Dollar entrichten mu. Das gleiche geschieht bei anderen Veranstaltungen und Dienstleistungen. Unser System mit all seinen Besonderheiten könnte dies jedoch nicht schaffen, wenn es keine nationale Währung hätte. Gut, dies war eine lange Abhandlung über das Problem, das eine nationale Währung in sich birgt, und über die Wahnsinnsideen, auf die diejenigen kommen, die die nationale Währung abschaffen wollen. Jene, die in Europa über Souveränität sprechen, können nicht das gleiche Konzept darüber haben wie wir. Sie vereinigen sich und übertragen einem supranationalen Staat viele der Befugnisse des Nationalstaates. Die anderen Länder in anderen
Teilen der Welt müssen es tun und wir Lateinamerikaner müssen es tun, sonst werden wir keinen Schritt weiter vorankommen, oder besser gesagt, wir werden stattdessen jedes Jahr um mehrere Schritte zurückgehen, wenn wir uns nicht integrieren. Man darf keine Predigt halten, sondern man mu Bewutsein darüber schaffen, einen Gedanken vermitteln, der grundlegend ist, wenn man sich das anschaut, was in der Welt geschieht. Es gibt in der Tat jemanden, der uns integrieren will, und zwar ein sehr mächtiger und sehr nahgelegener Nachbar, der uns zweifelsohne in sich integrieren will, um über die natürlichen Ressourcen und die billige Arbeitskraft von Hunderten von Millionen von Lateinamerikanern zu verfügen, damit diese Jeanshosen, Schuhe und T-Shirts produzieren, alles handgefertigte Produkte, die viele Arbeitskräfte verlangen. Die gehen alle dorthin zu den Spitzenindustrien - wie sie sie nennen -, was zu einem fortgesetzten Brain Drain führt. Gerade jetzt wollen sie 200.000 hochqualifizierte ausländische Arbeitskräfte, vorzugsweise Lateinamerikaner, in ihrer elektronischen Industrie einstellen. So nehmen sie dieses hochqualifizierte Personal, die Sie in den Universitäten ausbilden, weg, und zwar diejenigen mit dem gröten wissenschaftlichen Talent. Diesen erteilen sie sehr wohl Visa, so daß sie weder Wet Backs noch illegale Einwanderer zu sein brauchen. Wenn es einen guten Künstler gibt, einen ausgezeichneten Künstler, von dem man kommerziell profitieren kann, nehmen sie ihn weg. Einen großen Schriftsteller wie García Márquez können sie nicht wegnehmen, es könnte höchstens vorkommen, daß García Márquez sie wegnimmt (Beifall), oder daß er ihnen aufgrund des hohen Wertes seiner Werke mindestens einen wesentlichen Teil der gedruckten Geldscheine wegnimmt. Ein guter Schriftsteller kann in seinem eigenen Land arbeiten. Er braucht nicht auszuwandern. Aber bei vielen Gattungen der Kunst ist dies nicht der Fall und so nehmen sie die besten Talente weg, viele, aber natürlich nicht alle. Ein Guayasamín konnte nicht einmal mit dem ganzen Geld gekauft werden, das von der Federal Reserve gedruckt wird. Es gibt Männer, die man mit keinem Geld verführen kann, Männer und Frauen - um nicht als Diskriminierer bezeichnet zu werden, ziehe ich es vor, diese zwei Wörter hinzuzufügen -, und hier haben wir sie. Wir haben sie hier! Ich brauche keine Namen zu erwähnen, aber es gibt Männer und Frauen, die mehr wert sind als das ganze Gold der Erde. Das ist die Realität. Diese Sachen, die ich Ihnen erläutere, sind Realitäten, die uns dabei helfen, diese Phänomene der Souveränität und diesen Kampf besser zu verstehen, denn es gibt so viele Lügen, so viel Demagogie, so viel Verwirrung und so viel überdachte Methoden, die zur Verbreitung bestimmt sind, daß enorme Anstrengungen erforderlich sind, um eine ständige Aufklärung zu gewährleisten. Wenn man die einen Sachen nicht versteht, können die anderen auch nicht verstanden werden. Man spricht von einer Kapitalflucht, von flüchtigem Kapital, wie zum Beispiel den kurzfristigen Anleihen, als handele es sich bei diesen um das einzige flüchtige Kapital. In jedem lateinamerikanischen Land fließen plötzlich die flüchtigen Kapitalien ab, aber zusammen mit den flüchtigen Kapitalien fließt auch das ganze von den Sparern des Landes angesparte Geld ab. Denn, während so manche das Geld aus Angst vor einer Abwertung oder etwas ähnlichem mitnehmen, eilen die anderen zur Bank, tauschen es in die US-amerikanische Währung um und überweisen es in die Vereinigten Staaten, wo sie höhere oder niedrigere Zinsraten bekommen, je nach der Situation. Aber das ganze Geld aus Lateinamerika und der Karibik ist an und für sich flüchtiges Kapital, das sollten wir begreifen. Nicht nur die kurzfristigen Anleihen mit hohen Zinsraten, die dann beim kleinsten Risiko schnell von den Eigentümern fortgeschafft werden, sind flüchtiges Kapital. Unser Geld wird flüchtig, mit Ausnahme des kubanischen Geldes denn es gibt keinen Weg, unser Geld flüchtig zu machen. Ah, wenn sie es mitnehmen wollen, meinetwegen. Wir freuen uns darüber. Dies würde den Geldumlauf verringern und den Peso aufwerten. Nun vereinigen sich die Europäer, stimmt´s? Und zwar, um mit ihrem Konkurrenten in einen Wettbewerb einzutreten. Sie sprechen davon, Partner zu werden, und jener
will aber der Partner von niemandem sein. Allenfalls will unser Nachbar der begünstigte Partner sein. Ständig ergreifen sie Maßnahmen gegen Europa: sie verbieten den Europäern aus diesem oder jenem Grund, Käse zu exportieren oder auch Fleischprodukte, weil sie ein bestimmtes Futter einsetzen. Sie lassen sich immer etwas einfallen. Gerade jetzt, im Rahmen der Bananen-Krise und als Folge einer Resolution der keineswegs unparteiischen Welthandelsorganisation, haben sie Europa im Bereich seiner Exporte eine Strafe in Höhe, wenn ich mich richtig erinnern kann, von 500 Millionen Dollar auferlegt. Sie ergreifen jeden Tag Maßnahmen oder sie drohen damit, Maßnahmen zu ergreifen. Mit dieser Waffe fuchteln sie immer herum. Das heißt, daß jedem, der ein bißchen denken kann, klar sein muß, daß Europa einen sehr harten Wettbewerb mit ihnen zu führen hat. Wir sehen sogar diesem Gipfel der lateinamerikanischen und karibischen Staaten mit der Europäischen Union, den ich vorhin bereits erwähnte, mit Genugtuung entgegen. Er ist gut und nützlich. Meines Erachtens ist er sowohl für Europa als auch für die Karibik und für Lateinamerika nützlich. Und hoffentlich festigt sich der Euro, denn er hat sich jetzt ein wenig abgeschwächt. Er leidet unter den Folgen des abenteuerlichen und völkermörderischen Krieges, um ihn neben der Bezeichnung 'aberteuerlich' bei seinem richtigen Namen zu nennen. Es ist zweckmäßig, daß es eine andere Reservewährung gibt, damit es zwei und nicht nur eine auf der Welt gibt. Schön wäre es, wenn es drei gäbe. Für uns ist es nützlich, daß es mehrere harte und stabile Währungen gibt. Ich hoffe, daß wir nach den vielen Wahnsinnstaten, die wir in der Geschichte begangen haben, nicht auch noch zum Schluß kommen, den Dollar als Umlaufwährung dieser Hemisphäre annehmen, der vollkommen von der Federal Reserve der Vereinigten Staaten vollkommen verwaltet werden würde, denn sie werden dort keinen lateinamerikanischen Vertreter zulassen. Denn würden sie in ihr System der Federal Reserve einen Vertreter jedes lateinamerikanischen Landes aufnehmen, so würden sogar wir einen dorthin entsenden, wenn sie das gestatten. Das ist sicher eine Utopie, keine Frage. Sie werden keinen Vertreter aufnehmen, nicht einmal einen aus den reichsten Ländern, aus jenen Ländern mit der größten Entwicklung und dem höchstem BIP wie Brasilien, Argentinien oder Mexiko, um nur die größten Bruderländer in Lateinamerika zu erwähnen. Sie werden niemals einen Vertreter im System der Ferderal Reserve akzeptieren. Das Schicksal Lateinamerikas und der Karibik ist vielmehr gefährlich, aber es ist überhaupt nicht verloren, es kann noch gekämpft werden. Das Konzept der Souveränität, bitte verstehen Sie das, meine europäischen Kollegen, kann nicht das Konzept sein, das gestern zum ersten Mal - seitdem Ideen debattiert und Doktrine gegen die Souveränität entwickelt werden - von einem europäischen Vertreter in offener und unverschämter Weise vorgetragen wurde. Im allgemeinen ist Europa sehr verstrickt in diese gegen die Souveränität gerichtete Doktrin, die vom Imperialismus der Supermacht vorangetrieben wird. So leuchtet es ein, wenn ein europäisches Land, dessen Botschafter in einer nie zuvor dagewesenen Art und Weise vor den Vereinten Nationen sprach, die UNOCharta und den Grundsatz der Souveränität und der Nichteinmischung, ein grundlegendes Prinzip des Völkerrechts, als anachronistisch bezeichnete. Diejenigen, die sich so ausdrücken, haben im Grunde genommen auf die Souveränität verzichtet und werden in einer immer unmittelbareren Zukunft schlicht eine nationale Autonomie im Rahmen eines surpranationalen Staates mit einem supranationalen Parlament und einer supranationalen Exekutive haben. Selbst jetzt haben sie als Belohnung für seine glorreichen Kriegstaten und ohne sich an die Toten und an die Millionen zu erinnern, die gelitten haben und für das ganze Leben Spuren tragen werden, das Amt von einer Art von europäischem Außenminister geschaffen, um einen Herren auszuzeichnen, der sich wirklich für etwas hält, was er nicht ist, und der so handelt wie das, was er ist. Ich beziehe mich auf den großen Marschall und NATO-Generalsekretär. Ach! Sie wissen nicht, wen ich meine? Sie haben noch nie von ihm gehört? Er ist Kulturminister in einem
europäischen Land gewesen, ja, Javier Solana. Wußten sie nicht, daß er Kulturminister war? Als ich ihn kennenlernte - es war bei einem iberoamerikanischen Gipfel, der in Spanien abgehalten wurde; er hat mich am Flughafen empfangen, sie schickten verschiedene Minister - sprach ich protokollmäßig einige Minuten mit ihm. Damals war er ein friedlicher Minister, der Plakaten hochhielt und aktiv an den Demonstrationen gegen die NATO teilnahm, und heute ist er der Generalsekretär der NATO, ein Feldmarschall - er muß mindestens Feldmarschall sein, um den USamerikanischen Generälen Befehle erteilen zu können -, und jetzt wird er in eine Art europäischer Außenminister verwandelt. Einige Kollegen von uns werden von der Presse gefragt: Sind Sie nicht darum besorgt, daß er zum Außenminister Europas ernannt wurde? Eigentlich machen wir uns um nichts Sorgen und wir tauschen auch keine Prinzipien gegen Interessen oder gegen Vorteile. Aber wir könnten darauf antworten, daß wir ihn lieber als Außenminister anstatt als Feldmarschall der NATO hätten. Ich weiß zwar nicht, welche Befugnisse er als Außenminister haben wird, jedoch wissen wir ganz genau, welche er angeblich als Generalsekretär der NATO hat. Ach, ja! Wir haben hier all die Erklärungen, die er gemacht hat, und zwar die vor dem Krieg und die während des Krieges getätigten Aussagen. Und ich kenne wenige Menschen, die so auf der Doktrin der Gewalt beharren, mit einem so drohenden Stil und mit einer so schonungslosen und harten Ausdrucksweise. Zweifelsohne hat er eine sehr große Verantwortung und die hat er auf sich genommen, als er dem General Clark, dem Chef der NATO-Streitkräfte in Europa, formell den Befehl erteilte, die Bombardierungen zu jener Stunde und an jenem Ort zu beginnen. Dies geschah, nachdem die NATO-Mitglieder ihren Generalsekretär ermächtigt hatten, den Krieg zu beginnen, wenn seiner Ansicht nach die diplomatischen Verfahren erschöpft worden waren. Als Generalsekretär erteilte er die Befehle und gab im Laufe von über 70 Tagen brutaler Bombardierungen fast ständig Erklärungen ab. Alle diese Erklärungen waren drohend, anmaßend und widerrechtlich und fast alle waren zynisch. Und nach der gestrigen Sitzung des Sicherheitsrates kam der letzte seiner angeblichen Befehle: die Einstellung der Bombardierungen. Alles im Rahmen eines großen Theaters. Wie gehorsam doch die US-Generäle sind! Ein Vorbild an Disziplin, wie es das niemals in der Geschichte gegeben hat. Sie greifen sofort an oder sie stellen die Angriffe sofort ein, weil ihnen ein erlauchter Ex-Kulturminister den Befehl dazu erteilt hat. Können die Länder der Europäischen Union unter Souveränität das gleiche verstehen wie Mexiko, Kuba, die Dominikanische Republik oder irgendeine kleine karibische Insel, wie ein mittelamerikanisches Land, wie Venezuela, Kolumbien, Ekuador, Peru, Brasilien, Argentinien oder wie ein Land Südostasiens, wie Indonesien, Malaysia oder Philippinen? Können sie das gleiche Konzept haben wie die überwiegende Mehrheit der Länder der Welt, die nicht integriert sind? Wenn wir alle in einem einzigen vereinten Lateinamerika und einer vereinten Karibik integriert sind, wird unser Konzept der Souveränität eine anderes sein. Wir werden viele von diesen Prinzipien aufgeben müssen, um die Gesetze, Verwaltungsanordnungen und Entscheidungen eines supranationalen Staates zu befolgen. Noch etwas: ein Marxist darf niemals ein engstirniger Chauvinist sein. Er kann ein Patriot sein, was nicht das gleiche ist. Er kann Liebe für sein Vaterland empfinden, was ebenfalls nicht das gleiche ist. In einer weit zurückliegenden Zeit, fast vor 200 Jahren, gab es Männer, die wie Bolívar von einem vereinten Lateinamerika träumten. Es gab Männer, die wie Martí vor über 100 Jahren von einem vereinten Lateinamerika träumten. Und wenn ich von Lateinamerika spreche, muß man bedenken, daß zu Zeiten von Bolívar, als er seine Träume offenbarte, dieses noch nicht aus unabhängigen Ländern bestand. Das erste unabhängige Land nach den Vereinigten Staaten war gerade Haiti, das Bolívar bei seinem Kampf um die Unabhängigkeit Lateinamerikas materiell half und
diesen auch durch seine Ideen und Anregungen in seiner Überzeugung über die unübergehbare Pflicht festigte, die Sklaverei abzuschaffen, was als Folge der ersten siegreichen Unabhängigkeitsbewegung in Venezuela nicht geschehen war. In den Vereinigten Staaten gab es - wie Sie wissen - einen Unabhängigkeitskrieg und eine Grundsatzerklärung im Jahre 1776, doch erst nach fast 90 Jahren, nach einem blutigen Krieg, wurde formell die Abschaffung der Sklaverei ausgerufen. Nur, den Sklaven ging es daraufhin oftmals noch schlechter, denn da sie nicht mehr das Eigentum eines Herren waren und nicht zum Kapital eines Besitzers gehörten, verloren diese keinen Cent, wenn ein Ex-Sklave starb. Zuvor verlor der Besitzer beim Tode eines Sklaven das Geld, für das er diesen in der berühmten Versteigerung gekauft hatte. Später ist es den ehemaligen Sklaven praktisch schlechter ergangen. Genauso war es sowohl hier als auch überall anders. Die Sklaverei als Gesellschaftsordnung wurde in Lateinamerika früher als in den Vereinigten Staaten abgeschafft. Es gab Männer, die davon träumten. Es gab Männer, die im Sinne der Gründung einer vereinten und starken Republik davon träumten, daß jedes unserer gegenwärtigen Länder ihre Ansprüche und ihren Wunsch nach nationaler Unabhängigkeit von sich aus beiseitelegen könnte, ohne auf ihr nationales Empfinden verzichten zu müssen. Es gab noch nicht einmal unabhänhige Staaten, als Bolívar von einem in einem großen und mächtigen Staat vereinten Lateinamerika träumte. Dieser Traum beruhte auf der Tatsache, daß wir uns wie keine andere Ländergemeinschaft in der Welt ähnlich sind, in erster Linie wegen der Sprache, wegen Ethnien ähnlichen Ursprungs, aufgrund des gleichen religiösen Glaubens und der Kultur im allgemeinen. Die Religion gehört auch zur Kultur. Wenn wir alle über das Phänomen der Invasion Lateinamerikas durch fundamentalistische Sekten nachdenken - das sind alles bekannte Sachen; wie wir wissen, sind diese Ideen während des kalten Krieges entstanden -, so frage ich mich: Warum diese Invasion, mit der man uns in Tausend Stücke spalten will? Warum dieses Eindringen von Fundamentalisten? Es geht um Hunderte, sogar Tausende, von keineswegs ökumenischen religiösen Strömungen, die sich von den traditionellen christlichen Strömungen mit ihrem immer ökumenischeren Geist unterscheiden. Als ich zur Schule ging, waren sie keineswegs ökumenisch. Anläßlich des Papstbesuches lobte ich in der Tat in meinen Begrüßungsworten den gegenwärtigen ökumenischen Geist seiner Kirche. Ich erinnerte daran, daß dies in meiner Schulzeit nicht so war, und zwar von der ersten Klasse bis zum Abitur. Diese ganze Zeit besuchte ich katholische Schulen, die zudem in der Regel Internate waren, mit Ausnahme von kleinen Zeiträumen, in denen ich außerhalb wohnte. Seitdem haben sich die Verhältisse zwischen den traditionellen Kirchen sehr verändert. Ich frage mich jetzt: Warum will man uns mit dieser Invasion von gegen die Einheit gerichteten Sekten zerspalten? Wir können besser verstehen, daß der einheitliche religiöse Glaube in Lateinamerika ein Element der Kultur, Identität und Integration darstellt. Es geht überhaupt nicht darum, daß nur eine Kirche existieren muß, sondern es müssen einheitliche Kirchen, ökumenische Kirchen, sein. Wir müssen diese Faktoren bewahren. Wir Lateinamerikaner haben viel mehr gemeinsam als die Europäer. Bis vor kurzem haben sie Kriege gegeneinander geführt und dies hat Jahrhunderte lang angehalten. Es gab einen Krieg, den sie den Hundertjährigen Krieg nannten. Es gab jede Art von Kriegen: religiöse, nationale und ethnische Kriege. Diejenigen, die sich ein bißchen mit der Geschichte auskennen, wissen es genau. Die Europäer haben das überstanden, weil sie sich der Einheit bewußt geworden sind. Es muß gesagt werden, daß die Europäer - ihre Politiker im allgemeinen - sich der Notwendigkeit bewußt geworden sind, sich zu einigen und zu integrieren, und sie arbeiten bereits rund 50 Jahre daran. Wir machen haben praktisch noch nicht einmal begonnen. Die Uno-Charta und die Grundsätze der Souveränität sind unbedingt notwendig und
lebenswichtig für die überwiegende Mehrheit der Völker der Welt, besonders für die kleinsten und schwächsten, die in der gegenwärtigen Etappe der äußerst ungleichen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung der menschlichen Gemeinschaft noch nicht in einer starken supranationalen Einheit integriert sind. Die Vereinigten Staaten, Kapitän und Anführer der Doktrine, die im Rahmen der NATO ausgefochten werden, will die nationalen Souveränitäten bis zu den Fundamenten wegfegen, um sich einfach die Märkte und natürlichen Ressourcen der Dritten Welt, einschließlich diejenigen der ehemaligen Sowjetunion, Aserbeidschans, Usbekistans, Turkmenistans und anderer anzueignen, wobei sie fast schon Eigentümer der großen Ölreserven des kaspischen Meeres geworden sind, um die Rolle eines neuen weltweiten römischen Superimperiums einzunehmen, das selbstverständlich viel weniger dauern wird als das Römische Imperium, und zwar in einem umgekehrt proportionellen Verhältnis zur Größe ihres Ehrgeizes, ihrer Ungeschicklichkeit und zur Größe des universellen Widerstandes, auf den sie treffen werden. Aber sie bereiten sich auf die Entwicklung, Konsolidierung und Umsetzung des grenzenlosen Imperiums vor. Einige US-amerikanische Analytiker und Schriftsteller aus der gleichen Gruppe Ramonets und er selbst verurteilen die kulturelle Invasion, die beinahe absolute Kontrolle über die Massenmedien und das Kulturmonopol, das sie der Welt auferlegen wollen. Dabei weisen sie nach, daß die eifrigsten Theoretiker des Imperiums die Kultur als die Atombombe des 21. Jahrhunderts ansehen. Man braucht es sich aber nicht viel dokumentieren, um es zu glauben, denn man sieht es ja deutlich an allem, was sie tun und wie sie es tun. Vorwände des Imperiums? Humanitäre Gründe; die Menschenrechte, was eines ihrer Argumente ist, um die Souveränität abzuschaffen; die internen Konflikte, die mit Bomben und "intelligenten" Raketen zu lösen sind. Wer sagt das? Wenn wir auf die Geschehnisse der letzten Jahrzehnte in unserer Hemisphäre zurückblicken, wer war der Vater aller Staatsstreiche? Wer trainierte alle Folterer in den modernsten Techniken? Wer war verantwortlich dafür, daß es relativ kleine Länder gibt, in denen über 100.000 Menschen verschwanden und rund 150.000 ums Leben kamen, oder dafür, daß in anderen Nationen Abertausende von Männern und Frauen das gleiche Schicksal erfahren haben? In diesem Fall spreche ich nur von Menschen, die nach scheußlichen Folterungen verschwanden. Wer bildete ihre unheivollen Autoren aus? Wer bewaffnete sie? Wer unterstützte sie? Wie können sie jetzt mit der Geschichte kommen, daß man die nationale Souveränität in Namen der Menschenrechten auslöschen muß? Vor einigen Jahren töteten sie vier Millionen Vietnamesen. Dabei warfen sie Millionen von Tonnen Sprengstoff über einem 15.000 oder 20.000 Kilometer entfernten Land ab, das über eine lange Zeit grausam bombardiert wurde. Es waren 4 Millionen Tote, ohne die zeitlebens Behinderten zu zählen, und jetzt bitten sie darum, die nationale Souveränität im Namen der Menschenrechte auszulöschen. Wer hat zum Beispiel die UNITA in Angola bewaffnet, die 20 Jahre lang ganze Dörfer massakriert und Tausende von Angolanern getötet hat? Wir wissen es genau, weil wir dort lange Zeit gewesen sind, um das angolanische Volk beim Kampf gegen die rassistische südafrikanische Aggression zu unterstützen. Sie bringen dort noch immer Personen um. Ihr Lieblingsführer besitzt viele Millionen Dollar auf den Banken. Ich weiß nicht, wer ihm dieses Geld gewaschen hat. Damit kauft er zum Teil Waffen, was besonders angenehm für die Waffenproduzenten ist. Er kontroliert sehr weite und an Diamanten reiche Zonen und besitzt Hunderte Millionen Dollar als persönliches Vermögen. In derselben Weise hat es auf dieser Welt keine repressive Regierung gegeben, die nicht von ihnen unterstützt worden wäre. Warum konnte die Apartheid über sieben Atomwaffen verfügen? Sie hatten sieben solcher Waffen, als wir dort an der Grenze zu Namibia waren. Ach! Das wußte der Geheimdienst der Vereinigten Staaten, der alles weiß, nicht. Wußte er es nicht? Wie kamen diese Waffen dorthin? Man kann sagen, daß dies eines der Themen ist, die berücksichtigt werden müssen. Und es
eine der Fragen, die gestellt werden können, sowie eines der Dinge, das man eines Tages genau wissen wird, wenn einige Dokumente veröffentlicht werden, denn es kommt der Tag, an dem man absolut alles wissen wird. Man könnte sich sogar fragen, wo diese sieben Atomwaffen geblieben sind, weil diejenigen, die sie herstellten, sagen, daß sie sie zerstörten. Das ist das einzige, was die Vertreter der Apartheid behaupten. Die ANC-Führer wissen es nicht. Niemand hat diese Frage beantwortet. Es bleiben noch viele Fragen, die nie beantwortet worden sind. Wer hat Mobuto unterstützt? Die Vereinigten Staaten und Europa. Wo sind die Milliarden, die Mobuto aus dem Kongo mitgenommen hat? Auf welcher Bank sind sie? Wer hat ihn geschützt und wer hat sein riesiges Vermögen geerbt? So könnte ich noch viele weitere Beispiele erwähnen. Wer hat die Aggressionen gegen die arabischen Länder unterstützt? Es waren die Vereinigten Staaten. Ich bin absolut kein Antisemit, aber wir sind gegenüber den Kriegen gegen die arabischen Länder, den masssiven Vertreibungen und der Diaspora der Palästinenser sowie anderer arabischer Völker sehr kritisch gewesen. Wer hat diese Kriege unterstützt? Es gibt noch viele andere offene und schmutzige Kriege und andere ähnliche Taten, die ich nicht erwähnen werde. Diese Kriege wurden und werden von denjenigen geführt, die die Souveränität oder die Prinzipien der Souveränität aus humanitären Gründen wegfegen wollen. Dies ist natürlich einer der Vorwände, wobei ich mich vor allem auf die Geschehnisse in Afrika beziehe. Die Afrikaner selbst sind zu Recht besorgt darum, die Probleme des Friedens auf ihrem Kontinent zu lösen. Sie versuchen, sich zu vereinigen, und haben ein starkes Einheitsbewußtsein sowie ihre regionalen Gruppierungen. Sie versuchen, eine Lösung für die Konflikte zu finden. Wer hat aber Afrika jahrhundertelang besetzt und ausgebeutet? Wer hat dort die Armut und die Unterentwicklung aufrechterhalten? Wer hat diese Grenzen festgelegt, die ganze Ethnien trennen, so daß Menschen der gleichen Ethnie auf beiden Seiten dieser Grenzen leben? Seitdem die Afrikaner sich in unabhängige Staaten aufgegliedert hatten, hoben sie mit viel Klugheit das Prinzip der Unantastbarkeit der vererbten Grenzen hervor, d.h., die Grenzen waren heilig, denn sonst wäre die Zahl der in Afrika ausgelösten Konflikte einfach enorm groß gewesen. Die Kolonialmächte haben diese Situation geschaffen. Sie sind verantwortlich für die jahrhundertelange Ausbeutung, den Rückstand und die Armut. Oder wollen wir etwa eine rassistische Auslegung der Ursachen der Armut dieser afrikanischen Völker suchen, wenn man weiß, daß auf diesem Kontinent schon hochentwickelte Zivilisationen existierten, als in Berlin, Paris oder anderen Orten des hervorragenden Europas noch Volksstämme vagabundierten? Schon mehr als eintausend Jahre zuvor existierten Zivilisationen in Ägypten, Äthiopien sowie an anderen Orten Afrikas. Die Vereinigten Staaten entstanden 20 Jahrhunderte später. Wo liegt die Ursache für diese Armut, wenn nicht in den kolonialistischen, sklavenhalterischen, neokolonialistischen, kapitalistischen und imperialistischen Systemen, die in den letzten Jahrhunderten auf der Welt herrschten. Warum konnten diese Völker keinen Nutzen aus den Früchten der Wissenschaft und des menschlichen Fortschrittes ziehen? Die einzigen Schuldige daran sind diejenigen, die sie jahrhundertelang ausgebeutet haben. Es gab eine Zeit, als sie auch China halbkolonisiert und gedemütigt hatten. Man weiß, daß sie im vergangenen Jahrhundert mit Kanonenschüssen die japanischen Häfen dem Welthandel öffneten. Man weiß, daß das britische Reich seine Soldaten zur Eroberung eines Stückes des chinesischen Territoriums schickte und in Koalition mit anderen europäischen Mächten und sogar den Vereinigten Staaten entsandten die Briten Truppen nach Peking. Es kam zum Opiumkrieg und es fanden Invasionen und Kriege statt, um Opium zu verkaufen. Jetzt wollen sie Invasionen unternehmen, weil in einem Land Mohn angebaut wird, und manchmal handelt es sich nicht um das Land, sondern um eine Anzahl von hungrigen und hoffnungslosen Menschen. Angesichts des enormen Drogenmarktes
in den Vereinigten Staaten, der weder von einem lateinamerikanischen Land noch von einem anderen Land der Welt geschaffen wurde, bauen verarmte Nationen Mohn oder Koka für den kolossalen Verbrauch der industrialisierten und reichen Länder an. Man könnte fragen, wieviele Drogen pro Person in den Vereinigten Staaten und in Europa verbraucht werden. Wahrscheinlich werden dort viel mehr Drogen als in Brasilien, Argentinien, Uruguay, Paraguay, Mittelamerika, Mexiko und sogar in Kolumbien selbst verbraucht. Der Markt für diese Länder liegt im Norden. Das Vorhandensein einer großen Nachfrage in den USA war das Unglück der Länder, in denen sich der Anbau entwickelte. Das ist wichtig, weil es gestern praktisch das erste Mal war, daß sie versucht haben, diejenige Doktrin öffentlich vorzustellen, die sie gegen die Souveränität entwickelt haben, die sie untereinander und mit den anderen Mitgliedern der NATO diskutiert haben und die sie allmählich und tröpfchenweise angedeutet haben. Es gibt das, was heutzutage globale Drohungen genannt wird. Das sind Gründe, die eine Intervention völlig rechtfertigen könnten. Davon erwähne ich vier: Die Droge, der Terrorismus und der Besitz von Massenvernichtungswaffen. Dies gilt nicht für sie. Sie können alle Massenvernichtungswaffen besitzen, die sie wollen. Sie können, wie die Vereinigten Staaten, Tausende von Atomwaffen und Raketen besitzen, die sie mit großer Präzision an jeden beliebigen Ort der Welt einsetzen können. Ein riesiges Arsenal von Laboratorien zur Entwicklung biologischer Waffen und Waffen jeder Art. Gegen uns haben sie biologische Waffen eingesetzt. Sie haben untereinander Vereinbarungen zur Beseitigung der chemischen und biologischen Waffen unterzeichnet, aber zur gleichen Zeit entwickeln sie sogar andere noch tödlichere Waffen. Besitzt ein Land der Dritten Welt eine Atomwaffe, kann dies gemäß der erwähnten Doktrin die Ursache für einen blitzartigen Luftangriff und eine Invasion sein. Und was passiert mit all diesen Leuten, die die Atomwaffe besitzen? Es handelt sich um vorbeugende oder bestrafende Kriege, um das Monopol der Atomwaffen und anderer schwer als humanitär zu bezeichnender Massenvernichtungswaffen zu bewahren. Die massiven Verletzungen der Menschenrechte bilden den vierten Grund. Bisher waren die Vereinigten Staaten der große Anstifter, der große Pate, der große Erzieher und Vater sowie der Verteidiger von denen, die massive Verletzungen der Menschenrechte und massive Zerstörungen der Infrastruktur und der Wirtschaft eines Landes begangen haben, wie es gerade in Serbien geschehen ist. Es handelt sich um Völkermord mit Bombeneinsatz, um Millionen von Personen ihre lebenswichtigen Einrichtungen und Diensleistungen zu entziehen. Sie waren die Anstifter von völkermordenden Kriegen, wie dem in Vietnam stattgefundenen Krieg. Ich spreche nicht von der Zeit der Eroberung von mehr als der Hälfte von Mexiko und auch nicht von Hiroshima und Nagasaki, dem terrorristische Experiment über die Wirkungen der Atombombe in Städten, in denen Tausende von Personen wohnten. Ich spreche von Begebenheiten, die nach dem Zweiten Weltkrieg geschehen sind. Wer waren ihre Alliierten? Warum hielt sich die Franco-Regierung in Spanien praktisch 30 Jahre nach der Beendigung eines Weltkrieges an der Macht, der sechs blutige Jahre gedauert und rund 50 Millionen Menschenleben gekostet hatte? Wegen der Unterstützung der Vereinigten Staaten, die das Ziel hatte, dort über militärische Stützpunkte zu verfügen. Wer hat zum Beispiel die besonders repressiven Regierungen in einem Land wie Korea unterstützt? Sie waren es. Wer hat in der Wirklichkeit den Massenmord an Ethnien wie zum Beispiel von Chinesen und das Massaker an Kommunisten und Linken aus Indonesien unterstützt? Sie waren es. Wer hat das schreckliche Apartheidregime unterstützt? Sie waren es. Es gab keine blutrünstige, repressive und die Menschenrechte verletzende Regierung, die nicht ihre Alliierte gewesen war und die nicht von ihnen unterstützt wurde. Um ein nahes Beispiel zu erwähnen: Wer hat Duvalier unterstützt? Bis sie eines Tages Haiti besetzten, um ihn aus humanitären Gründen zu stürzen. Merken Sie es? Es geht um die Entwicklung einer ganzen Philosophie mit dem Ziel,
die UNO-Charta und die Prinzipien der nationalen Souveränität zu wegzufegen. Die Doktrin läßt sich in drei Interventionskategorien unterteilen: humanitäre Interventionen aufgrund von internen Konflikten, Interventionen wegen globalen Drohungen, die wir schon erwähnt haben, und Interventionen aufgrund von externen Konflikten. Dazu kommt die sehr konfuse US-amerikanische Auffassung der "Diplomatie unter dem Schutz der Gewalt". Das heißt zum Beispiel, daß falls Kolumbien nicht die schwierige Schlacht zur Lösung der internen Konflikte gewinnen kann und wenn es nicht den Frieden erreichen kann, um den viele -darunter Kubakämpfen, dann kann dies Ursache einer Intervention sein. Schafft Kolumbien es nicht, den Drogenanbau zu stoppen, kann dies gleichfalls zu einer bewaffneten Intervention führen. Ich habe versucht, präzise Informationen hinsichtlich der Drogen in Kolumbien, ihres Umfanges und der Anzahl von Hektar Land, auf dem Koka angebaut wird, zu sammeln. Einige Personen haben mir gegenüber geäußert, daß es ungefähr 80 000 Hektar Land gibt, das ausschließlich mit Koka bebaut ist. Diese Flächen sind größer geworden. Es wurde mir auch gesagt, daß bis zu einer Million Personen bei der Ernte und dem Anbau von Koka arbeiten. Ich habe nach dem Kaffee gefragt und es wurde mir folgendes gesagt: Es gibt Probleme, weil das Gehalt eines Kaffeepflückers 10 oder 12 Dollar betragen kann, während der Arbeiter, der die Kokablättler einsammelt, die Plantage reinigt oder ähnliche Aktivitäten durchführt, fünf- oder sechsmal mehr verdient. Das einzige, was ich bisher nicht weiß, ist, ob Düngemittel bei diesem Anbau eingesetzt werden. Es scheint, daß sie wild wächst. Vielleicht entwickelt sie eine Art von eigenen Düngemittel unter bestimmten Wetterbedingungen. Es kann sein, daß sie die Eigenschaften des Marabú besitzt. Der Marabú ist sehr schädlich für die Landwirtschaft. Er ist einfach schrecklich, hat viele Stacheln und verbreitet sich wie die Pest. Er dient nicht als Futter für die Tiere, aber er ist eine Hülsenfrucht. Niemand braucht ihn zu düngen und seine Nahrung erfolgt durch den Stickstoff, der aus den nodularen Bakterien seiner Wurzeln kommt. Es scheint, daß etwas ähnliches bei der Koka passiert. Stellen Sie sich vor, wie die Lage eines Landes aussehen kann, in dem eine Million Personen in ländlichen Gebieten beim Kokaanbau 50, 60 oder 70 Dollar während der selben Arbeitszeit verdienen können, in der man bei anderen Anbauen maximal 10 Dollar erlangt? Während der Erntezeit -die Koka wird dreimal im Jahr geerntet besteht die Arbeit aus dem Einsammeln von Blättchen. Ich habe unendlich geforscht, bin fast ein Experte geworden und habe viele Fragen gestellt. Sagen Sie mir, erzählen Sie mir: Sind alle Plantagen klein? Es wird mir gesagt: "Nein, es gibt Latifundien von Hunderten von Hektar und Plantagen von Tausenden von Hektar". Ich habe gefragt: Welch ein Einkommen bezieht zum Beispiel jemand, der einen mit Koka bebauten Hektar Land hat? Es ist er, der am wenigsten verdient. Der andere, der die Grundpaste vorbereitet, verdient mehr, genauso wie der nächste, der sie raffiniert und vor allen diejenigen, die sie vermarkten. Vor dieser Phase beziehen ein Haufen von Luftfahrt-, Transport- und andere Unternehmen hohe Einnahmen. Ein solches Übel dringt in eine Gesellschaft ein und wird in jedem Sinn zu einer Tragödie, denn durch all dies wird die Gefahr vervielfacht, daß zudem der Komsum im Land wächst. Wir selbst kämpfen dagegen. Sie sagten, daß der Tourismus die Kultur und nationale Identität nicht beeinträchtigen dürfe. Er kann zum Beispiel die Gesundheit gefährden, wenn die Prostitution begünstigt wird. Als ich über den Dollar sprach, sagte ich, daß diese Währung hier im Umlauf ist. Die Maßnahmen, die wir treffen mußten, machten diesen Umlauf notwendig. Aber das ist ein Dollar, der nicht flüchtet und sich nicht verflüchtigt. Das ist etwas anderes und es entspricht einer geschichtlichen Epoche. Es ist ein Dollar, der hier im Umlauf ist und der jeden Tag weniger Wert hat, und zwar so, daß wir zur Zeit nicht so sehr daran interessiert sind, seinen Wert herabzusetzen. Wir sind eher daran interessiert, je nachdem über welche Mittel wir verfügen können, die Gehälter in Peso zu erhöhen,
ohne daß er seinen jetzigen Tauschwert gegenüber dem Dollar verliert. Es ist toll, wenn man kein Mitglied des Internationalen Währungsfonds ist! Aber es ist eine Tatsache, daß der Dollarumlauf neben der freien Ein- und Ausreise vieler Besucher den Handel und den Anbau von Drogen stimulieren kann, weswegen wir wachsam bleiben müssen. Zum Problem in Kolumbien sagte mir jemand: "Ein Hektar Koka kann Erträge in Höhe von 4.000 Dollar einbringen". Dazu fragte ich: Was würde geschehen, wenn dieser Hektar Land mit Mais auf einem regnerischen und tropischen Flachgebiet bebaut wird. Sie wissen, daß das Flachland in Kolumbien kein Maisanbaugebiet ist. Das Maisanbaugebiet liegt nördlicher, in Richtung der Vereinigten Staaten, in der Mitte der Vereinigten Staaten und auch in Richtung Europa, obwohl der Mais aus dieser Hemisphäre kommt. Baut man dort einen Hektar Mais ohne Dünger oder sonstige Mittel an, wäre es einfach viel, wenn ein Bauer eine Tonne Mais pro Hektar erwirtschaften würde, das versichere ich Ihnen. Eine Tonne Mais kostet auf dem Weltmarkt ungefähr 100 bis 150 Dollar. In Argentinien und an anderen Orten hat der Exportpreis 90 Dollar erreicht. Wir selbst importieren es und wissen, was jedes dieser Getreide kostet. Ich spreche nicht gleich von Weizen, den man nicht aussäen kann, sondern davon, Mais zum Beispiel für die Selbstversorgung oder für die Vermarktung auszusäen. Wieviel bezahlen sie ihm für seine Tonne, damit der Zwischenhändler später auf dem Markt verkaufen kann? Denn wenn die Zollschranken beseitigt werden, können die im Ausland hergestellten Körner frei eingeführt werden. Die USA versuchen dies in den Handelsabkommen mit Lateinamerika zu erreichen. Der Kolumbianer verbraucht in diesem Fall den US-amerikanischen Mais, weil dieser billiger als der kolumbianische Mais hergestellt wird. Sie bringen sechs, sieben oder mehr Tonnen ein, da der Anbau sehr mechanisiert ist. Sie produzieren den Mais billiger als die Franzosen. Die Franzosen müssen sich um den nordamerikanischen Mais Sorgen machen, da dieser in Frankreich billiger verkauft wird als die Kosten für die Produktion von einer Tonne Mais in Frankreich. Deshalb werden die landwirtschaftlichen Fragen zu großen Hindernissen für die Freihandelsabkommen. Die Yankees berechnen: "Ich werde dir so schnell wie möglich einige industrielle Vorteile gewähren. Dafür werde ich dir eine unbestimmte Anzahl von Jahren Zeit geben, damit du die Tarife der Maiskörner absenken kannst, bis die Einfuhr eines Tages frei ist". Wir wissen genau, was passieren wird: sie werden ohne Maisanbau bleiben und eines Tages wird der Mais sehr teuer, und in dem Maße, in dem der Preis steigt, werden sie keinen anderen Mais als diesen haben. Aber wieviel wird unserer Landwirt verdienen, der einen Hektar Koka für einen Hektar Mais tauscht? Anstelle von 4.000 Dollar wird er das verdienen, was ihm ein Vermittler oder eine der Vermittlerketten für seinen Mais dort bezahlt. Es können 60 oder 100 Dollar sein. Wo sind also die Möglichkeiten von Ersatzanbauten?. Sie haben schon eine Drogenkultur geschaffen und Millionen von Personen mit ihrem gefräßigen Markt und mit ihrer Geldwäsche entfremdet, da es die USamerikanischen Banken waren, die die überwiegende Mehrheit der aus dem Drogenhandel stammenden Gelder gewaschen haben. Sie waren nicht nur ein Markt, sondern in der Praxis Finanziers, Geldwäscher der Drogengewinne. Außerdem möchten sie kein Geld ausgeben, um den Koka- oder Mohnanbau tatsächlich zu beseitigen, obwohl sie Milliarden Dollar in Unterdrückungsmethoden investieren. Ich bin der Meinung, daß man eine theoretische Lösung finden kann. Ach! Aber das kostet Milliarden von Dollars, wenn diese Mittel rationell eingesetzt werden. Was werden sie mit den Menschen machen, die im großem Maße vom Anbau leben, werden sie sie vernichten?. Sie selbst kommen und überfallen jenes Land, weil eine "globale Bedrohung" vorhanden sei und weil das Drogenproblem nicht mit einfachen Unterdrückungsmaßnahmen kontrolliert werden kann. Selbstverständlich, das Land zu überfallen würde eine Verrücktheit sein, da die Soldaten, die gewohnt sind, während der Einsätze Coca-Cola zu trinken, zu jeder Zeit kaltes Wasser zu haben
und Eis der besten Qualität zu genießen, unter der Hitze des Urwaldes des kolumbianischen Flachlandes leiden würden. Nein, nein, nein, man weiß, wie es in Vietnam war, und sie gewöhnen sich immer mehr an alle Arten von Luxus und Behaglichkeit. Die Stechmücken und die Hitze können fast allein mit ihnen aufräumen, und niemand stellt sich die Katastrophe vor, die geschehen kann, wenn sie eines Tages intervenieren, um die Drogen zu beseitigen. Dort würde es sich nicht um diesen Krieg der Angriffe mit B2-Bombern und um ähnliche Sachen handeln, weil man die Kokafelder mit Laserbomben, mit intelligenten Raketen und mit Flugzeugen nicht bekämpfen kann. Dort muß man auf dem Landweg eingreifen, sowohl zur Vernichtung der irregulären Kräfte im Dschungel als auch für die Zerstörung der Felder. Da sie den Guerillakampf als Terrorismus, Aufstand und großes Risiko, was in der Praxis globale Bedrohungen darstellen, haben wir hier ein Land mit zwei Ursachen, die Vorwände für eine Intervention liefern könnten -ich erwähne zwei Kategorien- interne Konflikte und Drogen. Zwei Ursachen einer Intervention, gemäß den Theorien, die sie anzuwenden versuchen. Würde der interne Konflikt durch eine Invasion oder eine Bombardierung Kolumbiens gelöst?. Ich frage mich folgendes: ¿Könnte die NATO dieses Problem lösen, und zwar gerade jetzt, da sie das Recht festgelegt hat, außerhalb ihrer Grenzen zu agieren?. Das vereinbarten sie im Prinzip während der Feier des 50. Jubiläums. Und ausgehend davon könnten sie sich eine Reihe von Fällen vorstellen. Kann jemand sich vorstellen, daß dies die Lösung sein kann? Und ich weiß aus Umfragen, daß wegen der Verzweiflung angesichts der Gewalt und den Problemen des Landes die Anzahl der Personen in Kolumbien nicht gering ist, die sich auf Befragen einverstanden erklären, daß das Problem der Gewalt durch eine Intervention von ausländischen Streitkräften gelöst werde, wenn es keinen anderen Ausweg gibt. Eine bemerkenswerte Anzahl, die beachtet werden muß. Selbstverständlich darf man die patriotische Kampftradition des kolumbianischen Volkes nicht vergessen. Ich bin überzeugt davon, daß eine solche Verrücktheit, wie sie sie in Serbien gemacht haben, in Kolumbien eine Katastrophe nach sich ziehen würde, es wäre eine Verrücktheit. Aber da sie verrückt sind, kann niemand eine Sicherheit haben, wenn sich die Sicherheit nicht auf internationalem Recht, den Prinzipien der Achtung der Souveränität und der Charta der Vereinten Nationen grübdet. Und es kann eine Entscheidung auf eigene Faust der bis an die Zähne bewaffneten Mafia sein, was etwas ist, in das sich die NATO verwandelt hat. Wir anderen Länder haben keine Sicherheit. Keine! Und es existiert das Risiko von Verrücktheiten, die Millionen Menschenleben kosten können. Ich bin überzeugt davon, daß zum Beispiel eine Invasion in Kolumbien, die Anwendung dieser Doktrin in Kolumbien, Millionen Tote verursachen würde, denn es ist ein Land, wo es viel Gewalt gibt und wo jedes Jahr 30.000 Personen als Folge von Gewalt sterben. Das sind Zahlen, die ziemlich weit über dem lateinamerikanischen Durchschnitt der Todesfälle durch Gewalt liegen. Wird also die Invasion der Nato-Truppen das Problem lösen? Um dann später zu sagen - wie Solana -: "Es wurden die diplomatischen und friedlichen Möglichkeiten ausgeschöpft". Als Lateinamerikaner müssen wir versuchen, mit Kolumbien zusammenzuarbeiten, mit dem Land (Beifall). Es geht darum, dem Land zu helfen, damit es einen gerechten Frieden erlangen kann, einen Frieden, der selbstverständlich alle begünstigt. Nach meiner Meinung gibt es so komplizierte und schwierige Formeln, daß ich sie als utopisch bezeichne, weil es dort nicht einen Krieg, sondern drei oder vier Kriege gibt. Es gibt wichtige Guerillastreitkräfte, die Ziele von politischem Charakter verfolgen, aber sie sind in zwei Organisationen getrennt, von denen jede auf ihre eigene Rechnung kämpft; es gibt paramilitärische Kräfte im Dienst der Großgrundbesitzer, die sehr repressiv sind, Streitkräfte der Drogenbauern mit Leuten, die zum Beispiel bewaffnet sind, um auf die Hubschrauber, die
Schädlingsbekämpfungsmittel versprühen, zu schießen. Tatsächlich ist es eine komplizierte Situation in Kolumbien. Ich zitiere den Fall, wobei ich an die Theorien, auf die ich mich bezogen habe, und an die möglichen Folgen, denke. Lassen Sie uns helfen!. Sagen wir nie, daß die diplomatischen und friedlichen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Diskutieren und wieder diskutieren. Es begann ein Friedensprozeß in dieser komplizierten Situation. Venezuela möchte zusammenarbeiten. Wir arbeiten im Rahmen unserer Möglichkeiten zusammen, genauso wie andere Länder, aber für die internen Probleme von Kolumbien gibt es keine andere als eine politische und friedliche Lösung. Das ist sehr klar für mich. Helfen wir den Lateinamerikanern, die Lösungen zu finden. Wenn wir eines Tages eine Föderation der lateinamerikanischen Nationen, eine Einheit, schaffen und viele von den Attributen unserer Souveränität überlassen, und wenn die interne Ordnung das Vorrecht unseres supranationalen Staates und nicht das einer ausländischen Supermacht ist, die mit uns nicht zu tun hat ( Beifall) oder des mächtigen Europas, mit dem wir Freundschafts-, Handels-, Wissenschafts-und Technologiebeziehungen entwickeln möchten, das aber absolut nichts mit den internen Ordnungsproblemen unserer Länder zu tun hat, dann würden wir sicherlich fähig sein, diese Probleme politisch und ohne Bombardierungen, Zerstörung und Blutvergießen zu lösen. Wir haben nicht es nötig, daß jemand dies an unserer Stelle erledigt. Warum werden die Prinzipien der UNO zertrümmert? Nun könnte ich Beispiele nennen. Es käme mir die Idee, die Frage zu stellen, wie die NATO-Doktrin zum Beispiel in Rußland angewandt würde, wenn ein Konflikt wie der in Tscheschenien entstünde, oder einige andere, die aufgrund dessen entstehen können, daß dieser Staat aus zahlreichen unterschiedlichen etnische Gruppen, die auch verschiedenen Glaubensrichtungen anhängen, gegründet ist, oder weil es einen inneren Konflikt zwischen den slawischen Russen selbst entsteht, weil einige Kommunisten und andere Liberale oder Neoliberale sind, oder irgendwelche zwischen diesen beiden Positionen befindliche Denkweise annehmen. Was dann? Wird man in Rußland einmarschieren? Wird man einen Atomkrieg entfesseln? Rußland war eine Supermacht. Es gab früher zwei Supermächte und heutzutage sind es eine Supermacht und eine Macht. Worin besteht der Unterschied? Daß die Macht die Supermacht drei oder vier Mal und die Supermacht die Macht zwölf oder vierzehn Mal zerstören kann. Das heißt, es bleiben einige Male übrig, aber mit einem Mal reicht es aus. Können solche Theorien gegenwärtig angewandt werden? Es hat im Sicherheitsrat heftige Diskussionen gegeben und dieses Organ verabschiedete einen Resolutionsentwurf, und wenn Sie wirklich Geduld haben, hätte ich Ihnen noch einige interessante Dinge zu erzählen; ich möchte aber die Frage der Doktrin, die entwickelt werden, abschließen, weshalb ich die vorherige Frage stelle. Ich stelle eine andere Frage: Wenn ein Konflikt in Indien entsteht, der ein Grenzkonflikt sein kann, zur Zeit fallen dort im Grenzgebiet zwischen Pakistan und Indien Schüsse, sogar von Artillieriegeschützen, kann man vielleicht die Doktrin dort anwenden, wo es über 100 Millionen Pakistaner und außerdem auf der anderen Seite ca. 1 Milliarde Inder mit vielen unterschiedlichen Ethnien gibt? Kann man vielleicht eine solch blödsinnige Theorie in Ländern anwenden, die zudem Atomwaffen besitzen? Ich weiß nicht, ob es 50, 100 oder 20 sind, aber nur 20 wäre schon eine kolossale Zahl und das Ganze verwandelt sich in einen Atomkrieg. Wieviele würden bei der Anwendung dieses US-amerikanischen und unerklärbarerweise auch europäischen Rezepts ums Leben kommen? Totaler Wahnsinn! Ich gehe ein bißchen weiter: Und wenn der Konflikt in China stattfindet, wo es unterschiedliche Ethnien gibt, in einem Land mit einer Bevölkerung von 1.25 Milliarden Einwohnern, einer außerordentlichen Kriegserfahrung, Tapferkeit und Kampfkraft? Wie selbstverständlich alle Völker, aber sie waren gezwungen, sich mit
vielen Aggressionen und Schwierigkeiten auseinanderzusetzen. Wir erinnern uns sogar daran, als sich die MacArthur-Truppen während des Koreakrieges der chinesischen Grenze näherten und manche schon über einen Angriff auf die andere Seite der Grenze redeten, wie eine Million chinesische Kämpfer die Grenze überschritten und bis an die gegenwärtige Grenzlinie vorrückten, eine Million! Natürlich konnte die Zahl der tödlichen Verluste - ich bin nicht der Exaktheit verpflichtet - bis zu 200.000 chinesische Kämpfer betragen. Die Vereinigten Staaten besaßen schon alle Arten von Bombern und alle Arten von Waffen, und diese Menschenmasse konnte nicht aufgehalten werden und sie hätten es auch mit Atomwaffen nicht schaffen können. Wie wird die Doktrin in China angewandt, das ständig mit Menschenrechtskampagnen angegriffen wird, wie es auch mit unserem Land gemacht wird? Dort sind einige Probleme von gewisser Bedeutung entstanden, die die westliche Propaganda sehr stark ausgenutzt hat. Aber stellen sie sich mal vor, was für eine Desorientierung von jenen Jungen ausgegangen wäre, die die Freiheitsstatue als Symbol genommen hatten, welche sich am Eingang der Bucht von New York befindet. Es mußte eine Entfremdung in großem Umfang gegeben haben, um das als Symbol zu wählen, was sich in das durch die Heuchelei und die Gefräßigkeit eines Imperiums befleckte Symbol verwandelt hat, das überall jede Idee von Gerechtigkeit und der wirklichen Freiheit der Menschen erstickt und beleidigt. Es fällt auf, daß dies in einem Volk mit einer jahrhundertealten Kultur und mit einer viel gefestigteren Identität als irgendeiner der unseren geschehen ist, das integrierter und das in der Sprache, in der Kultur, in den Traditionen und in weiteren Dingen sehr viel weiter vom Westen entfernt ist. Es handelt sich nicht um ein Land wie unser Land, das so viele Zutaten der westlichen Gewohnheiten und Kultur hat, sondern um das so oft erniedrigte Land, wo eine außerordentliche gesellschaftliche Revolution die jahrhundertelange Hungersnot ausrottete und das es in kaum 50 Jahre zu dem Prestige gebracht hat, das es heute genießt, und zu dem eindrucksvollen Stellenwert, den es heute auf der Welt einnimmt. Wie müßten sie das Problem lösen? Wenn sie dies wollen, können die Imperialisten und ihre Alliierten jedes Ereignis als massive Verletzung der Menschenrechte erklären, das in denjenigen Gebieten China geschieht, die zum Zankapfel geworden sind. Es werden zum Beispiel der Tibet mit seiner buddhistischen Religion und bestimmte im Nordosten lebende moslemische Minderheiten zitiert. Wir verfolgen sehr aufmerksam die Nachrichten über die ständigen Angriffe des Westens gegen China. Sie können sich einfallen lassen, daß jedes interne politische Problem eine massive Verletzung der Menschenrechte ist. Sie geben sich sogar die größte Mühe, um dieses Problem zu verursachen, wobei sie von erbärmlichen propagandistischen Zielen und dem dummen Versuch bewegt werden, das mit China zu machen, was sie mit der UdSSR getan haben. Sie fürchten schlichtweg diese große Nation. Natürlich sind die Chinesen weise Politiker - nicht umsonst wird von der chinesischen Weisheit geredet - und sie begehen so leicht keine Irrtümer, die kein ernsthaftes und fähiges Team von Führungskräften begeht. Sie marschieren in kein Land ein, um es an sich zu reißen. Sie sind im Gegenteil in den Fragen sehr eifrig, die ihre inneren Angelegenheiten betreffen. Sie richten sich streng nach dem Grundsatz der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der anderen Länder. Lange Jahre schon reklamieren sie die Wiedereingliederung Taiwans in das chinesischen Territorium, aber sie sind in der Lage, mit Ruhe 100 Jahre lang darauf zu warten. Dies ist eine Mentalität der jahrhundertelangen Geduld. Sie sprechen über das, was sie in 50 oder 100 Jahren vor haben, als ob es morgen oder übermorgen wäre. Jedes dieser Probleme kann zu einem Vorwand werden, um B-2-Bomber, Raketen jeden Typs und Laserbomben zu schicken. Einige der Grundsätze ihrer absurden und hochmütigen Doktrin könnten als Vorwand einer Aggression gegen China dienen. Ist das, was sie verkünden, nicht ein Wahnsinn? Jetzt rede ich nicht mehr über Kolumbien, sondern ich spreche über China und über Rußland oder Indien,
oder über den Konflikt zwischen Pakistan und Indien. Wollen wir mal sehen, ob die NATO und ihr Marschall, ihr Chef, oder ihr Marschall Generalsekretär, wirklich in Stimmung sind, mit einem "humanitären Einsatz" den Konflikt in Kaschmir zu lösen. Ich stelle die Fragen: Wozu diese Doktrin? Warum muß man an solche Methoden denken? An wem wird man sie anwenden? Nur an den kleinsten Ländern, die keine Atomwaffen besitzen, am Rest der Welt, wo irgendeines derjenigen Problem vorhanden sein kann, die ständig auftauchen. Rezepte, selbstverständlich, daß in unserem Fall - falls irgendjemand denkt, daß wir uns Sorgen machen über das, was uns geschehen kann - na ja, ohne Aufgeblasenheit oder Ruhmsucht, in unserem Land, das so harte Proben bestanden hat, das Piratenlied wiederholt werden kann: Und wenn ich sterbe/ was ist schon das Leben?/ ich hatte es schon als verloren aufgegeben/ als ich mich vom Sklavenjoch/ wie ein tapferer Held befreite. Ich erinnere mich noch an einige derjenigen Verse, die unter den 100 besten Gedichten der kastillischen Sprache waren. Die sind hier zur Zeit ganz selten zu finden. Damals besaßen wir aber keine literarischen Werke, und ich kam auf die Idee, diese Gedichte fast auswendig zu lernen, mir ist zumindest eine Idee davon geblieben. Wir kubanischen Revolutionäre können sagen: Wenn wir sterben, was ist schon das Leben?, und wir kubanischen Revolutionäre sind viele. Wir wissen, daß keiner der wirklichen Revolutionäre und der wirklichen Führungskräfte der kubanischen Revolution zögern würde, sein Leben zu opfern, wenn unser Land das Ziel von solch einer Aggression wäre (Beifall). Ich sage noch etwas mehr, weil wir alle ihrer Technologien und Taktiken viel analysierten und es keinen dieser winzigen Kriege, oder Kriege, oder Riesenkriege, oder keine dieser kriminellen und feigen Bombardierungen gibt, die wir nicht sorfältig studiert hätten. Abgesehen davon, daß sie so leicht keinen Vorwand bekommen. Jeden Tag provozieren und erfinden sie etwas anderes gegen Kuba, indem sie Konflikte im Inneren unseres Landes zu verursachen versuchen. Sie investieren enorme Anstrengungen, um bei uns jegliche inneren Konflikte hervorzurufen, die ihre grausamen Verbrechen wie diejenigen rechtfertigen, die sie gerade gegen das serbische Volk begangen haben. Bei uns spielen die verantwortungslosen Menschen, die sich mittels eines Lohnes der Interessenvertretung der Vereinigten Staaten in den Dienst der USA stellen, wirklich mit heiligen Dingen und mit dem Leben unseres Volkes, und darüber müssen sie sich bewußt sein. Das Imperium sehnt sich mit seiner Blockade, seiner Propaganda und seinem Geld nach der Sammlung von genügend Kraft, um innere Konflikte zu schüren, wobei es weiß, daß keine Form existiert, um Kuba zu bezwingen. Es handelt sich nicht um familiäre Geldsendungen, sondern um Geld der Regierung der Vereinigten Staaten, das wurde dort öffentlich und in ihren eigenen Gesetzen oder Gesetzesänderungen zugegeben. Neulich erklärten sie, daß jeder US-Amerikaner einem Kubaner Geld überweisen kann, womit sie praktisch erklärt haben, daß jeder US-Amerikaner einen Kubaner kaufen soll. Donnerwetter, habe ich mir gesagt, wir steigen im Preis an (Lachen), weil ein Kubaner auf 27 USAmerikaner kommt. Sie genehmigen familiäre Geldsendungen, aber nur in Höhe von nicht über 300 Dollar alle drei Monate. Wir sind das einzige Land der Welt, das einer solchen Beschränkung unterworfen ist. Nein, sie erhöhen die genehmigte Begrenzung nicht um einen Cent, und das im Fall von Personen kubanischer Herkunft, die ihren Familien Geldsendungen schicken wollen. Sie laden im Gegenteil US-Amerikaner ein, irgendeinem Kubaner Geldsendungen zu schicken, sie werden ihn wohl durch das Telefonbuch suchen, ich weiß nicht, und jeglichen Grüppchen und Gruppierung. Sie haben es erklärt und gesetzlich geregelt, Geld senden, und zwar in ihrem Bestreben, uns Konflikte zu bereiten. Das ist schwerwiegend, das ist schwerwiegend! In ihrem Übermut und in ihrem Übermachtstreben finden sie sich nicht damit ab, daß
Kuba widersteht, und es ist schwer für sie, sich mit dieser Idee abzufinden. Sie würden uns gerne von der Erdfläche verschwinden lassen, wie sie es mit Serbien versucht haben. Es ist nur so, daß hier ein Unterschied besteht. Nein, es besteht kein Unterschied. Ich werde nicht im geringsten das Heldentum und die Tapferkeit des serbischen Volkes in Frage stellen. Nein, ich werde es nicht im geringsten in Frage stellen. Es gibt kein tapfereres Land in Vergleich zu einem anderen. Es sind die Überzeugungen und bestimmte moralische Werte, die den Mensch tapfer machen (Beifall). Manchmal kann es sogar eine religiöse Überzeugung sein, die ihn zum Märtyrertod führt, oder eine politische Überzeugung, der man mit religiösem Eifer dient. Unsere Ärzte, die sich zum Beispiel an sehr entlegenen Orten einiger Länder des Kontinents oder im Nachbarland Haiti befinden, wohin, wie ich heute gelesen habe, einige Journalisten gereist sind, um das Volk und die Familien der Ärzte über die von ihnen verrichtete Arbeit zu informieren, legen in den entlegensten Ortschaften ein heldenhaftes Verhalten und eine Missionarsmoral von wirklichen Priestern der menschlichen Gesundheit, von Pastoren im Dienst des Lebens, ja, aufgrund ihrer inneren Werte, an den Tag. Viele dieser Ärzte sind Frauen - manche haben Kinder, die hier sind - und arbeiten in tiefverborgenen Ortschaften, wo man manchmal drei Tage benötigt, um über sumpfige Wege anzukommen. Es gibt einige die bestreiten - oder vielmehr Beunruhigung erwecken -, einige Leute, die Beunruhigung unter den Ärzten in einem dieser Bruderländer erweckten, indem sie den Titel unserer Ärzte in Frage gestellt haben. Ah!, nein, wir schicken auf Antrag sofort den Lebenslauf jedes dieser Ärzte, die von ihm während des Abiturs und des Universitätsstudiums erlangten Zensuren, die Fächer, die er bestanden hat, die chirurgischen Operationen, die er durchgeführt hat und die von ihm geretteten Leben. Ah! Es wäre etwas Wunderbares, die Personalakte von jedem von ihnen schicken zu dürfen. Unsere Ärzte sind dort mit Bescheidenheit, Fleiß und aufgrund von Regierungsvereinbarungen. Sie befinden sich nicht auf unsere Rechnung dort, und wenn irgendwelche Regierung uns sagt, daß es nicht zweckmäßig ist, daß sie im Land weilen, oder daß sie ihnen politische Schwierigkeiten bereiten, ziehen wir sofort unsere Ärzte zurück. So ist es. Aber die von ihnen verrichtete Arbeit ist Missionarsarbeit, Märtyrerarbeit, die Arbeit von wirklichen Helden. Wir kennen sie sehr wohl, weil wir über das, was sie tun, informiert werden, und wir unterhalten uns sehr viel, wenn einer kommt, der für die Führung ihrer Tätigkeit verantwortlich ist. Sie legen ihre inneren Werte an den Tag. Wir können mit Genugtuung sagen, daß wenn 10.000 Ärzte in Lateinamerika für ein Gesundheitsprogramm erforderlich sind, das die Weltgesundheitsorganisation entwickelt, oder Europa, wenn es das wünscht, oder sogar unsere Nachbarn aus dem Norden, um die Schulden mit ihrem eigenen Gewissen ein wenig zu begleichen, und wenn sie in der Lage wären, mit Medikamenten einen Beitrag zu leisten, dann können wir die Ärzte schicken. Wir haben auch Ärzte im nördlichen Teil von Schwarzafrika, die dort kostenlos in einem anspruchsvollen Gesundheitsprogramm arbeiten. Und wenn dieses Land -ich muß es noch einmal wiederholen- jeden dritten Arzt zu solchen Einsätzen schicken sollte, erfüllen die zwei restlichen ihre Aufgaben und das Gesundheitswesens in unserem Land wird nicht beeinträchtigt. Und wenn wir jeden dritten Arzt schicken würden, blieben wir immer noch das Land mit den höchsten Pro Kopf-Anteil an Ärzten von allen Ländern der Welt, mehr als das industrialisierte Europa, mehr als Schweden, mehr als Dänemark, natürlich mehr als die Vereinigten Staaten, Kanada und weitere ruhmreiche industrialisierte Länder. Ja, auch ein armes und blockiertes Land kann Dinge tun, das ist bewiesen worden. Und den höchsten Anteil an Lehrern sowie möglicherweise pro Kopf mehr Kunstausbilder als jedes andere Land. Ich behaupte es auch für den Bereich des Sports, da wir über ca. 30.000 Lehrer für Körperkultur und Sport verfügen, von denen die Mehrheit ein Hochschulstudium
abgeschlossen hat, so daß es ihnen nicht nur gelingt, einen Muskel zu tasten, sondern sie wissen auch, welcher Muskel es ist, eben wegen ihres Hochschulbildungsniveaus. Wir haben aber auch einen anderen kleinen Pro Kopf-Verdienst, nämlich die bei den Olympiaden größte erreichte Zahl von Goldmedaillen pro Kopf, die wir weiterhin erhalten werden, auch wenn die anderen sich professionalisieren, denn wir haben gerade gezeigt, daß sich unser bescheidene Amateur-Sport mit großartigen Profimannschaften messen kann. Es ist klar, daß ein kleines und armes Land auch Dinge vollbringen kann. Sie irren sich, wenn sie es unterschätzen. Eigentlich gibt es vieles, - und ich sage es nicht, weil wir über uns Propaganda machen wollen. Im Gegenteil, wir bevorzugen, über unsere Fehler und unsere Schwäche zu reden - also, wenn wir die Unverschämtheit, die Demagogie, die Lüge und die Verleumdungen gegen Kuba sehen, dann bleibt uns kein anderer Weg übrig, als über einige der von uns vollbrachten Dinge zu sprechen. Alles andere ist eine Dummheit, also uns angesichts der von uns hier vollbrachten Dinge zu rühmen; im Gegenteil, was wir können, ist, uns stark zu kritisieren, weil wir nicht mehr und Besseres getan haben. So ist es. Ich sage es ganz offen. Und ich glaube, daß einer der Gründe dafür, weshalb die Revolution überleben und widerstehen konnte, die ewige Unzufriedenheit ist, die wir Führungskräfte empfinden. Wir streben danach und träumen davon, daß sie diese Unzufriedenheit auch in der Zukunft weiter empfinden, und selbstverständlich haben wir großes Vertrauen in unser Volk. Ich sagte ihnen, daß wenn sie auf eine solche Verrücktheit mit uns kommen, sie nicht nur Leuten begegnen wie denjenigen, von denen ich ihnen erzählte, sondern auch Leuten mit einer soliden politischen Kultur, die wichtige und heilige Werte zu verteidigen haben. Man hat diesen Kampf während vieler Jahre geführt, und doch kann ich ihnen sagen, daß es mit uns keine Waffenruhe gibt, keine Waffenruhe! (Beifall), und daß die für diese Revolution verantwortlichen Menschen solche sind, die lieber sterben, als dem Imperium in einem einzigem Prinzip nachzugeben. (Beifall) Bevor wir, die Menschen, die für die Führung unseres Volkes im Krieg und im Frieden und bei jeglicher Aufgabe verantwortlich sind, auch nur auf ein Atom unserer Souveränität verzichten, sind wir Menschen, die eine Kapitulation nicht überleben würden. Wir sind Menschen, die dem sehr verpflichtet sind, was wir ein Leben lang getan haben, und weil wir es sehr tief empfinden und von Überzeugungen und Werten ausgehen, sind wir bereit, uns sogar den Bomben auszusetzen, anstatt zu kapitulieren. Es ist nicht schwierig, bei einem derartigen Abenteuer zu sterben. Welch einen größeren Ruhm kann es geben! Damit würden wir wenigstens anderen ein Beispiel geben. Und das jugoslawische Volk hat es gegeben. Es widerstand fast 80 Tage lang den unglaubigsten Bombenangriffen, und zwar ohne zu schwanken. Da wir dort unsere diplomatischen Vertreter haben, wissen wir, was der Geist des Volkes war. Ich kritisiere bei weitem niemanden und respektiere die von irgendeiner Regierung getroffenen Entscheidung. Ich bemerke, daß es sehr schwierig ist, unter bestimmten Umständen Entscheidungen zu treffen. Doch es wird für uns überhaupt nicht schwierig sein, denn dies ist schon seit langen ein gelöstes Problem. Ich möchte noch etwas sagen: Wenn sie das tun, dann werden sie einfach geschlagen werden. Auch wenn sie einen Massenmord begingen, denn sie sind in ihrer Fähigkeit, Verbrecher zu sein, und in ihrer Fähigkeit zu töten, begrenzt. Und ich bin davon überzeugt, daß wenn die Aggressoren jene Bombenangriffe noch um weitere 15 oder 20 Tage hätten verlängern müssen, hätte die Weltöffentlichkeit und Europa dies nicht akzeptiert. Die Unzufriedenheit war bereits einige Tage vor dem Moment wachsend -irgendwo habe ich eine ganze Menge von Artikeln darüber-, als Jugoslawien die berühmte Friedensformel aufgezwungen wurde. Selbstverständlich gebe es keinen, der sie uns aufzwingen könnte, denn seit langer Zeit sind wir hier ganz alleine, und zwar in der Nähe der größten Macht aller Zeiten. Also, wer könnte uns sie aufzwingen?
Nein, wir brauchen auch nicht irgendeinen Vermittler. Über die Ehre wird nicht verhandelt!, Über die Heimat wird nicht verhandelt!, Über die Würde wird nicht verhandelt!, Über die Unabhängigkeit, die Souveränität, die Geschichte und den Ruhm wird nicht verhandelt! (anhaltender Beifall). Mit uns braucht man nicht über die Einstellung der Bombenangriffe zu verhandeln. Ich sage es schon im voraus, wenn sie damit eines Tages beginnen würden, müßten sie noch 100 Jahre lang damit weitermachen, falls sie einen kleinen Krieg per Luft führen wollten, oder mit dem Abwerfen der Bomben aufhören, weil solange einige Kämpfer auf diesem Land noch am Leben wären, müßten sie eine kleine Bodentruppe einmarschieren lassen. Ich möchte mal wissen, was geschehen würde, wenn sie es täten. Wie gesagt, wir begehen ja keine Dummheit, die ihnen als Vorwand dient. Schauen Sie mal, wie geduldig wir mit diesem Marinestützpunkt gewesen sind. Es ist ein Stückchen des kubanischen Bodens und wir haben alle Rechte auf seine Rückgabe. Und die Leute haben eine ziemlich radikale Haltung gehabt. Wir nicht, wir sind geduldig. Wir sagten: Nein, es ist viel wichtiger, daß sich zuerst die Welt befreit, als dieses kleine geliebte Stück Boden, auf das man nicht verzichten kann. Doch sie hätten wohl gemocht, daß wir eine starke Nationalbewegung auslösten, mit der wir die Marinebasis züruckforderten, womit sie einen leichten Anlaß gehabt hätten, Abenteuer zu unternehmen, die US-amerikanische und die Weltöffentlichkeit zu betrügen und zu behaupten, daß wir sie angegriffen haben. Bevor ich Schluß mache, möchte ich einiges diesbezüglich erzählen. Doch sie haben niemals die geringste Möglichkeit gehabt, zu sagen, daß Kuba aggressiv und feindlich gegenüber dem dort eingesetzten US-amerikanischen Militärpersonal gewesen sei. Was können sie von uns im bezug auf humanitäre Fragen sagen? Daß wir keinen Analphabeten haben, kein einziges Kind ohne Schule, keinen einzigen Kranken ohne medizinische Betreuung. Hier gibt es keinen Bettler. Es gibt unverantwortliche Familien, die manchmal die Kinder zum Betteln schicken. Das kann auch mit dem Fremdenverkehr verbunden sein, und es schadet, wenn nicht unserer Identität, dann wenigstens unserer Würde. Hier gibt es keine vernachlässigte Person auf der Straße. Was können sie sagen? Daß wir über Massen von hervorragenden Ärzten verfügen, auf die ich mich bereits bezogen habe. Was können sie sagen? Daß wir jährlich Hunderttausenden in unserer Hemisphäre und in Afrika das Leben retten können. Was haben wir den Haitianern gesagt? Wir schlagen ihnen ein Programm vor, mit dem sie jährlich ca. 30.000 Personen, davon 25.000 Kinder, das Leben retten können. Was haben wir den Mittelamerikanern vorgeschlagen? Ein Programm, mit dem sie so vielen Personen jährlich das Leben retten könnten, wie die Zahl derjenigen, die ihr Leben durch das Hurrikan verloren haben, wenn es wirklich 30.000 gewesen wären, die starben. Diese Zahl hat sich dann nach und nach reduziert, da viele von denen, die für vermißt gehalten wurden, wieder erschienen. Jedes Jahr können, wie gesagt, so viele Personen wie die Zahl der während des Hurrikans ums Leben gekommenen Menschen gerettet werden, wenn es sich um die höchste bekanntgegebene Zahl handelt, und das war eine konservative Zahl. Tatsächlich waren wir im Rahmen dieses Programms bereit, die benötigten Fachkräfte zur Verfügung zu stellen, und baten darum, daß irgendein Industrieland die Medikamente bereitstellte. Warum verwenden alle diejenigen, die so viele Milliarden für Bomben und Völkermord ausgeben, nicht ein wenig Geld, um Menschenleben zu retten? Ich habe ihnen schon mal erzählt, wie wir schändlicher Taten bezichtigt werden, und ich habe einiges erwähnt. Ich sagte es ihnen, und sage es nochmal hier: In diesem Land gibt es keine einzige gefolterte Person, keine einzige Ermordung aus politischen Gründen, keinen einzigen Verschwundenen! Und es sind schon 40 Jahre seit dem Sieg der Revolution vergangen, trotz aller Verschwörungen und trotz aller
von ihnen unternommenen Bemühungen, uns zu spalten und die Revolution zu stürzen. Sie sind auf die eiserne Einheit, den genügend großen Patriotismus und die politische Kultur unseres Volkes geprallt, und das unter sehr schwierigen Umständen. Ich bin ganz sicher, daß es sehr wenige Völker gibt, die wie wir fast 10 Jahre lang widerstehen können, und zwar nach dem Verlust aller unserer Märkte, unserer Versorgungsquellen und bei einer Verschärfung der Blockade. Sie haben uns unterschätzt. Auch wenn sie so eine der erwähnten Verrücktheiten unternehmen würden, würden sie uns unterschätzen, und ich glaube nicht, daß sie uns wirklich so sehr unterschätzen. Verstehen Sie? Ich sage nichts weiter. Also, wir sagen es nicht wegen uns. Wir verteidigen das Recht anderer Völker, die nicht unsere Möglichkeiten haben und auch nicht unsere Geschlossenheit und unsere Fähigkeit, zu kämpfen, also all das, was ein ganzes organisiertes und vorbereitetes Volk ausmacht. Ich sagte es Ihnen bereits, ohne Dramatik irgendeiner Art, daß wir nicht viele dieser Spezialisten dieser Art brauchen, die während dieses Krieges in Jugoslawien als Vermittler auftauchten. Sie können kommen, um anzukündigen, daß sie zur Einstellung der Bombardierungen, zum Rückzug der Truppen oder zur Beendigung jeder Feindseligkeit übergehen. Es gibt noch keine Waffe, die fähig ist, den Menschen zu besiegen! Das ist etwas, was wir zu behaupten wagen. Und diese ekelhaften und feigen Kriege, ohne ein einziges Leben zu riskieren, schüchtern uns nicht ein. Was sie in uns hervorrufen, ist Ekel und Widerwille. Sie machen uns damit noch sozialistischer und revolutionärer. So ist es. (Beifall). Ich sagte euch kürzlich, daß in den Vereinten Nationen eine wichtige Schlacht geschlagen wurde. Hier ist die berühmte Resolution. Sie sind unverbesserliche Betrüger, mittelmäßige und unfähige Politiker. Ich habe mehrere Papiere mitgebracht, aber ich werde nur einige unterstrichene Dinge zitieren. Na ja, hier ist das Abkommen, das verabschiedet wurde, die Resolutionsvorlage. Wer schlägt sie vor? Deutschland, ein NATO-Land; Kanada, ein NATO-Land; die USA, ein führendes Land und Chef der NATO. Die Russen zählen zu denjenigen, die sie auch vorschlagen, da sie mit den G8-Staaten Vorvereinbarungen getroffen hatten. Allerdings war ihre Rede dort kritisch. Frankreich, ein NATO-Land; Italien, ein NATO-Land; Niederlande, ein NATO-Land; Großbritanien und Nordirland, ein NATOLand. Ich fing an, zu rechnen, und sah sieben NATO-Länder unter den 12, die die Vorlage vor dem Sicherheitsrat eingebrachten, sieben Länder, die an der Aggression teilnahmen. Außerdem, na ja, Gabun, ein neokoloniales französisches Herrschaftsgebiet; Slowenien, eine Ex-Republik Jugoslawiens, die erste, die einseitig und ohne Rechtsformalitäten, ermutigt durch Deutschland und Österreich, ihre Unabhängigkeit erklärte, wobei sie Verfassungsnormen mißachtete, die bei der Gründung der jugoslawischen Föderation festgesetzt wurden, und die das Recht auf Abtrennung und zudem das Verfahren dazu anerkannte. Ja, es ist unbestreitbar, daß es eine vorherige Arbeit gab, dies war die Zeit der Desintegrationen. Es gibt eine der Republiken, die sich verfassungsgemäß durch eine Volksabstimmung trennt, diese war Mazedonien; aber Slowenien erklärt am 25. Juni 1991 seine Unabhängigkeit. In Europa gab es Zögern über das, was zu tun war. Später erfolgte die Unabhängigkeitserklärung Kroatiens - zwei Entwurzelungen ohne jegliche Verfassungsformalitäten -, die, wie unsere Botschafter bei den Vereinten Nationen sagte, von mehreren europäischen Ländern gefördert und danach einstimmig durch den Westen unterstützt wurde. Das ist wichtig, denn zur Zeit der Gründung dieses Landes, des heroischen Jugoslawiens, das die Truppen Hitlers aufhielt, lebte die Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien in Frieden, trotz der jahrhundertlangen nationalen, ethnischen, kulturellen und religiösen Kämpfe. Dies war das Schlachtfeld, dieses Gebiet Jugoslawiens, zwischen dem Osmanischen Reich und dem Österreichisch-
Ungarischen Imperium. Es ist bekannt, daß die Osmanen bis in die Nähe Wiens gelangten. Das ist eine bekannte Geschichte. Wir haben viel Information über all diese Vorgeschichten herausgefunden, und die sogenannten ethnischen Kriege, die in den 90er Jahren ausgelöst wurden, haben in der Tat ihre Verantwortlichen, die sicherlich unbewußt dabei geholfen haben - ich schreibe das nicht einer vorgeplanten und zynischen Konzeption zu, aber doch einer unverantwortlichen Handlung -, die Zersplitterung Jugoslawiens auszulösen, und die Sache begann, wie gesagt, am 25. Juni 1991 in Slowenien. Die Teilrepubliken erklären sich ohne weitere Formalitäten unabhängig, und ihre Führungsfiguren übernehmen den Oberbefehl der Truppen, die zu jeder Teilrepublik gehörten, denn jede Teilrepublik hatte ihre Selbstverteidungstruppen. Es waren ungefähr 40.000 Mann. Aus einer Nachbarrepublik, Kroatien, gingen etwa 2.000 Mann nach Slowenien, soweit ich verstanden habe, Jugendliche, Rekruten, und es gab praktisch keine Gefechte. Es gab nur Druckausübungen dieser Art. Das Übel begann sich zu verbreiten und eine andere Teilrepublik, Kroatien, macht es auch. Bereits in diesem Fall kommt es zu gewaltsamen Konflikten. Was geschieht? Diese Republiken hätten vollkommen den Verfassungsformalitäten folgen können. Zu dieser Zeit war Jugoslawien nicht einmal mehr ein sozialistisches Land, es war ein Land, das alle kapitalistischen und marktspezifischen Normen festgesetzt hatte. Es war nicht das ehemalige Jugoslawien der Tito-Ära und eines späteren Zeitraums, sondern ein kapitalistisches Land, sogar mit dem gewöhnlicherweise vom Westen empfohlenen Mehrparteiensystem. In Fall Sloweniens kommt hinzu, daß sein Bruttoinlandsprodukt des Jahres 1981 das heißt, 10 Jahre vor den erwähnten Geschehnissen - fünfmal größer als das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf des restlichen Jugoslawiens war, so daß es das Bestehen anderer ärmerer Republiken als Last empfand und sich zu einer größeren ökonomischen Integration in den Westen ermutigt fühlte. Es gab diejenigen, die es unterstützten; es gab diejenigen - wie gesagt -, die den Slowenen in dieser Zeit Waffen lieferten, und zwar sogar bevor sie sich unabhängig erklärten. Und das wird von einer der Führungspersönlichkeiten anerkannt. In einem Programm des Fernsehens von Ljubljana am 21. Juni 1996, das besonders dem fünften Jahrestag der Unabhängigkeit gewidmet war, gab der Präsident Kucan zu, daß "Slowenien sich bereits vor 1990 bewaffnete, weil es einen Krieg voraussah." Im selben Interview fügte der slowenische Präsident hinzu: "Die Europäische Union spielte eine große Rolle beim Ermöglichen der Auflösung Jugoslawiens." Das ist historisch, ich will niemanden beleidigen und ich habe keine Absicht, jemanden zu verletzen. Ich halte mich an historische Ereignisse und Angaben, die wir sorgfältig herausgesucht haben, abgesehen von einigen Informationen, die wir bereits hatten, als dieser Konflikt entbrannte. Es war also unverantwortlich und wirklich kriminell, die Desintegration dieses Landes zu fördern und zu unterstützen, das das Wunder vollbrachte, während 45 Jahren in Frieden zu leben. Es gab mehrere Faktoren, hier gab es ökonomische und nationalistische Faktoren, die Einfluß ausübten. Aber es gab viele Leute in Europa, die die möglichen Folgen verstanden. Ich habe mich mit europäischen Führungspersönlichkeiten und europäischen Politikern unterhalten, die verstanden, daß das sehr riskant war. Trotzdem erkannten eines Tages zwei Länder, eben Österreich und Deutschland, Slowenien und Kroatien an und unmittelbar darauf sah sich der Rest Europas zur Anerkennung gezwungen, und von da an begannen die schon bekannten Konflikte. Im Kosovo gab es Schwierigkeiten, denn es bestand eine starke nationalistische Bewegung, die Kosovo-Albaner oder Albaner-Kosovaren waren bereits eine breite Mehrheit und viele Serben waren sogar nach Serbien ausgewandert, denn sie fühlten sich unsicher, ich erinnere mich daran, dies war noch zu Lebzeiten Titos. Aber 1974 wurde die Verfassung überarbeitet und sie gaben dem Kosovo die Autonomie. In der Tat habe ich diese Verfassung noch nicht gelesen. Gerade von dieser Zone stammten die Serben ab und dort gibt es viele von ihnen hoch
geschätzte historische Orte, wobei einige von diesen Orten unter den Bombardierungen litten, aber ich weiß nicht, ob diese Verfassung - die ich versuche zu besorgen -, die der Provinz Kosovo die Autonomie erteilte, das Recht auf die Trennung gestattete, wie es die Teilrepubliken hatten. Der Kosovo wurde nicht zur Teilrepublik erklärt, sondern zur autonomen Provinz, und ich nehme an, daß die Provinz dieses Recht nicht anerkannt hätte und daß es in jedem Fall einen Prozeß gegeben hätte wie denjenigen, den Mazedonien benutzte. Das, was 1991 begann, ist bis heute so weitergegangen und niemand weiß, wann es endet. Es gab Kriege aller Art, die blutig waren, und zwar beiderseits, das ist unbestreitbar die Wahrheit, so wie ich es sehe. Nun, anstatt damit zu beginnen, diese Länder wieder in Ordnung zu bringen, wäre es besser gewesen, sie nicht in Unordnung gebracht und desorganisiert zu haben. Selbstverständlich waren die Lebensniveaus ungleich, die von Mazedonien und Slowenien waren sehr unterschiedlich. Aber sie hatten jene Verfassung, kraft derer die Sozialistische Föderative Republik gegründet wurde - sie trug den Namen 'sozialistisch', und mehr oder weniger nach der Perestroika und all diesen Dingen nahmen sie ihr sogar den Name weg, das ist klar. Der gegenwärtige Name ist heute Föderative Republik Jugoslawien, das, was bleibt, heißt so, denn was blieb, war Serbien und Montenegro, weil Kosovo gar keine Teilrepublik war; das ist, was bleibt, und es heißt Föderative Republik Jugoslawien, ist es so? Hier habe ich Papiere, aber ich wollte den genauen Namen nicht so viel nachsuchen. Hier steht es, und sogar in der Resolution des Sicherheitsrates: Föderative Republik Jugoslawien, der Zusatz 'sozialistisch' ist seit langem verschwunden. Die Regierung kann sich sozialistisch nennen, denn Sie wissen, daß es viele Regierungen gibt, in denen sozialistische Parteien vertreten sind, aber die Länder sind nicht sozialistisch. Es gibt sozialistische Parteien in vielen Orten, und in der Regierung, aber das bedeutet nicht, daß das Land sozialistisch ist, oder daß es wirklich vorhat, sozialistisch zu sein. Sie sind Länder des freien Untenehmertums, des Neoliberalismus und des reinen Kapitalismus. Unsere Position geht von Prinzipien aus, und zwar von Prinzipien sowohl in bezug auf die Serben als auch in bezug auf die Kosovaren, wir verteidigen ihr Recht auf die Autonomie. Wir sagten sogar, daß wir nicht nur das Recht auf ihre Kultur, ihren religiösen Glauben, ihre nationalen Gefühle und Rechte respektieren, sondern daß wir die Kosovaren aller Ethnien und die restlichen Serben, wenn sie eines Tages, an dem man einen gleichen, gerechten und nicht vom Ausland durch einen Krieg aufgezwungenen Frieden erreicht, entscheiden, sich friedlich und demokratisch zu trennen, dabei unterstützen. Man weiß nicht, was mit Montenegro passieren wird. Inmitten des Krieges verhielt sich Montenegro so gut wie möglich, für den Geschmack der NATO, es hat kritisiert und opponiert, weswegen die Bombenquote wohl niedriger war als die Quote der Bomben, die über Serbien abgeworfen wurden. Ich habe viele von den Aggressoren an Montenegro gerichtete Botschaften gelesen, damit es sich abtrennt, und während des Krieges wurde ihm ein abweichender Sonderumgang zuteil. Alle Bomben waren für Serbien bestimmt. Wenn man in der Vereinbarung der G8-Staaten von wesentlicher Autonomie für die Kosovaren spricht, kann man fragen: Schließt dies die Art Autonomie ein, die Mazedonien hatte? Ich weiß es nicht, wir wissen es nicht, aber gut, in diesem Fall würde ein friedlicher Weg für die Unabhängigkeit bestehen. Es gibt viele Aspekte, über die sich Serben und Kosovaren einigen können. Es ist unbestreitbar, daß die Mehrheit der Bevölkerung des Kosovo nicht serbisch ist, die Serben stellen eine Minderheit dar, und es ist jetzt, nach diesem abscheulichen Krieg, gut möglich, daß sich die serbischen Zivilisten im Gefolge der serbischen Truppen zurückziehen. Wir wissen und haben Nachrichten darüber erhalten, daß sie ihre Tote ausgruben, weil sie die Gewohnheit haben, mit den sterblichen Überreste ihrer Vorfahren auszuwandern, das ist sicher. Ich weiß nicht, was sie machen werden, es werden gerade Nachrichten ausgestreut,
damit es jetzt zu keiner Massenauswanderung kommt und keine Gewalt gegen die dort wohnhaften Serben auftritt. Das sind Gefahren, die es in diesem Moment gibt. Aber, wer erklärt sich schuldig für alle diese Faktoren, die das entschieden haben, was zu dieser Situation und zu allen ethnischen Konflikten führte, wenn es gleichzeitig viele gibt, die den Sieg beanspruchen? Sie bezeichnen ein entsetzliches Verbrechen als Sieg. Ein Sieg, für den sie sich eigentlich schämen sollten, denn vom moralischen Gesichtspunkt aus, wenn man über Sieg und Niederlage spricht, sind die moralisch Besiegten diejenigen, die einen feigen Krieg führten und 23.000 Bomben über Serbien abgeworfen haben, und zwar von den modernsten, zerstörerischsten und technologisch fortgeschrittensten. Sehen Sie welch ein Sieg. Unser UN-Botschafter schätzte, daß das Bruttoinlandsprodukt der NATO-Länder eintausendeinhundertdreizehnmal das Bruttoinlandsprodukt Serbiens ausmacht, und daß die Länder, die zu diesem Militärbündnis gehören, über dreiundvierzigmal mehr reguläre Truppen verfügen. Aber die regulären Truppen zählen gar nichts in einem Luftkrieg wie diesem, der dort geführt wurde, so daß der Unterschied die Spanne von null ins Unendliche ausmachte. Bomber, die aus den USA kamen, konnten ohne die geringste Gefahr die Bomben aus weiter Entfernung abwerfen. In Wirklichkeit wurde ein 80tägiger Krieg geführt, bei dem 23.000 Bomben über einem Land abgeworfen wurden und die Angreifer keinen einzigen Verlust im Gefecht hatten. Das ist etwas, das sich zum ersten Mal in der Geschichte ereignete. Man muß zu diesem Krieg sagen, auf den niemand stolz sein kann, daß er ein feiger Krieg war, der feigste aller Kriege, die jemals geführt worden sind. Der angebliche Sieg ist moralisch ein Pyrrhussieg und es war ein völkermordender Krieg. Warum ist er völkermordend? Was ist der Völkermord? Der Versuch, eine Bevölkerung zu vernichten: entweder ergibst du dich oder ich vernichte dich. Bis wann sollten die Bombardierungen dauern? Sie sagten, bis zum Oktober oder November, das waren leere Worte, denn wir kannten sehr gut die Meinungen vieler europäischer Führungspersönlichkeiten. Und es gibt viele veröffentlichte Artikel über die zunehmende Unzufriedenheit und Oposition in Europa und sogar in den USA gegen die Bombardierungen, und eine noch stärkere Opposition gegen die Beteiligung von Bodentruppen. Meines Erachtens war die NATO bereits nicht mehr in der Lage, mit diesen Bombardierungen viel länger weiterzumachen, denn weder Europa noch die Welt tolerierten dies. Die NATO löst sich auf, wenn sie weiter darauf besteht. Wir sagten Ihnen, daß wir drei Genossen mit einem Handy da haben, die tagsüber und nachts, vormittags und nachmittags, unter Bomben und Alarmsirenen und ohne Strom arbeiteten. Wir fragten sie immer nach der Stimmung und dem Gefühl der Bevölkerung. Die Brücken waren mit Menschenmengen bedeckt, dorthin kamen Männer, Frauen und Kinder, damit die Brücken nicht zerstört würden, wie zum Beispiel die letzte Brücke, die sie in Belgrad hatten. Alle Brücken wurden angegriffen und es gab Momente, in denen vor allem das ganze Stromversorgungsystem angegriffen wurde. Fast alle Kraftwerke wurden zerstört, wobei Millionen von Menschen ohne Strom blieben. Stellen Sie sich die Lage in einem Haus vor, wenn man etwas zum Kochen hat. Womit kocht man, wenn es keinen Brennstoff, keinen Strom und kein Wasser gibt? Alle diese Elektropumpensysteme funktionieren durch Elektromotoren. Nehmen Sie ihnen den Strom weg und es wird kein Wasser in den Städten geben. Zerstören Sie alle Brücken und die Städte werden gar keine Versorgung erhalten. Aber wenn zum Beispiel die Stromversorgung ausfällt, fallen auch jede Menge von grundlegenden Serviceleistungen aus. Stellen Sie sich die Lage in den Intensivstationen ohne Strom und Wasser vor, die Krankenhäuser ohne Strom und Wasser, die Schulen ohne Strom und Wasser, die Wohnungen, die medizinischen und bildungsspezifische Dienstleistungen, alle Dienstleistungen, alles wird unterbrochen. So wurde eine Art Krieg geführt, der nicht gegen die Militärs gerichtet ist, sondern gegen die Zivilbevölkerung. Damals fiel Solana, dem Marschall, ein, eine feierliche Erklärung abzugeben, die
lautete, daß "die Kraftwerke absolut militärische Ziele waren". Man darf nicht so willkürlich mit den Wörtern, mit den Ideen und den Begriffen umgehen, um einen Völkermord zu rechtfertigen. Alle lebenswichtigen Einrichtungen wurden angegriffen, die wichtigsten Arbeitsstellen sind zerstört worden und eine halbe Million serbische Arbeiter verloren ihre Arbeitsplätze. Jetzt weiß man nicht, wie viele es in Zukunft sein werden. Es wurden Krankenhäuser, Schulen, Botschaften, Gefängnisse und Gruppen von Kosovo-Flüchtlingen angegriffen. Man sagte, es wären fehlgeleitete Bomben gewesen. Ich erinnere mich, daß ich eine Nachricht eines Generals der Britischen Luftstreitkräfte las, in der er nach 15 oder 20 Tagen der Bombardierungen sagte: "Na ja, bis jetzt haben wir die Piloten noch sehr zurückgehalten. Ab jetzt wird einfach jedes Flugzeug hinausfliegen, um ein Ziel zu jagen." Sie fliegen hinaus, um ein Ziel zu jagen, wobei sie sowohl auf eine Gruppe von Kosovo-Flüchtlingen trafen, die sie angriffen, weil sie dachten, daß diese eine serbische Truppe sei oder ich weiß nicht was, als auch auf ein Gefängnis, das sie angriffen, wobei sie 87 Menschen in dieser Anlage umbrachten, oder auf Entbindungskrankenhäuser und Kinderkrankenhäuser, es gibt jede Menge Tatsachen solcher Art. Und selbst wenn man annimmt, daß es eine fehlgeleitete Bombe geben könnte, kann die Zerstörung aller Brücken und des ganzen Stromversorgungssystems niemals das Produkt eines Fehlers sein. Was wäre geschehen, wenn die Serben weiterhin Widerstand geleistet hätten? Bis wann hätten sie diese Barbarei verlängern können? Im Sicherheitsrat vereinbaren sie einen Resolutionsentwurf: von den 12 Ländern, die ihn vorlegen, gehören sieben zur NATO, ein anderes Land ist eine Neokolonie von einem der sieben NATO-Mitglieder, die die Resolution vorlegen, ein anderes hat 1991 die Desintegration Jugoslawiens auslöst, und man zählt auch Japan, ein zur G7 gehörendes Land - und dieser Entwurf stammt von den G7-Staaten -, die Russische Föderation, die an der G7- Versammlung plus Rußland teilnimmt, die ein Friedensabkommen vereinbarte und die Gesandten nach Belgrad schickte, um den Plan vorzustellen, und schließlich die Ukraine, die slawisch und von Rußland getrennt ist, obwohl sie normale Beziehungen mit Rußland und sehr gute Beziehungen mit der NATO pflegt. Das sind die 12 Länder, die den Resolutionsentwurf vor dem Sicherheitsrat vorlegen, ausgegangen in diesem Fall von den genannten G8-Staaten. Das heißt, man sieht hier klar, was passierte, in genauer chronologischer Ordnung. Der Marschall Solana befiehlt den Angriff und die disziplinierten US-amerikanischen Generäle, die die Operation leiten, beginnen mit den Attacken in der Nacht des 24. März. Sie waren total sicher, daß die Angriffe nur drei Tage dauern würden. Sehen sie, welche Schwätzer, unvorsichtige und schlechte Rechner und unverantwortliche Personen sind sie: Sie rechneten mit drei Tagen Bombardierungen und Serbien würde unmittelbar darauf aufgeben. Der vierte Tag verging, der fünfte, der sechste, der siebente... Wir haben einige interessante Dokumente, die vielleicht eines Tages veröffentlicht werden, von verschiedenen Botschaften, in verschiedene Richtungen, in denen die Rolle eines Propheten gespielt wird, und alles kam so, genauso wie wir das vorgesehen haben, ausgegangen von einer grundlegenden Rechnung dessen, was sich ereignen würde, da wir die Tradition der Jugoslawen kannten: sie kämpften gegen 40 Divisionen Hitlers, und Jugoslawien war unter den Ländern, die an diesem Krieg teilnahmen, das Land, das den höchsten Prozensatz von Toten im Verhältnis zu seiner Gesamtbevölkerung zu beklagen hatte. Die Sowjetunion mit einer Bevölkerung von zirka 250 Millionen hatte etwa 20 Millionen Toten, nach dem, was immer gasagt wurde. Danach sind höhere Zahlen erwähnt worden, aber die Zahl, die immer bekanntgegeben wurde, war 20 Millionen, eine runde Zahl. Die Serben müssen etwa 1.700 000 Tote in diesem Krieg gehabt haben, ich kann jetzt die exakte Ziffer nicht sicher nennen. Aber ich weiß doch, daß dieses Land die höchste Zahl von Toten im Verhältnis zu seiner Bevölkerung erlitt. Sie kämpften damals mit irregulären Methoden und hatten eine Vorstellung des Kampfes mit Beteiligung des
gesamten Volkes. Gerade jetzt ziehen sich die serbischen Truppen aus Kosovo zurück - ich wundere mich! - mit allen ihren Panzern, ihren Kanonen und ihren Panzerwagen. Es ist erstaunlich, daß sich vollständige Einheiten zurückziehen - sie erscheinen im Fernsehen -, in Anbetracht der Dichte und der Intensität der gegen sie geführten Angriffe. Sie waren perfekt in der Lage, auf dem Boden zu kämpfen. Ich bin wirklich der Meinung, daß sie sogar andere Konzepte hätten erarbeiten sollen, ehrlich gesagt. Es ist ein Thema, über das wir alle viel haben nachdenken müssen. Sie verfügten über ganze Einheiten. Dies war nicht ein Krieg von konventionellen serbischen Einheiten gegen NATO-Einheiten. Man kann Panzer, Kanonen und alles Mögliche benutzen, aber in Gliederung von gar nicht konventionellen Einheiten. Vielleicht und fast sicher hatten sie sie in einer für diese Art von Kriegsführung absolut geeigneten Form angeordnet. Wir verfügen über keine Information über das, was sie getan haben und wie sie es getan haben. Wir wußten, was geschehen würde: Daß sie widerstehen würden. Und ohne die Druckausübungen, denen die serbischen Führungsfiguren von Freunden und Feinden ausgesetzt waren und die allem Anschein nach heftig waren, würden sie wahrscheinlich weiter widerstehen. Ich sage nichts mehr. Das Volk hätte sicherlich ewig widerstanden. Die NATO hätte die Entscheidung treffen müssen, auf dem Boden zu kämpfen - und mit einem Bodenkrieg wäre es für die NATO nicht leicht gewesen, die zunehmenden politischen Hindernisse zu überwinden, und der Krieg wäre niemals zu einem Ende gekommen -, oder die Bombardierungen zu beenden. Das ist meine Ansicht. Also, der Resolutionsentwurf der NATO und der G8-Staaten wurde verabschiedet und die Bombardierungen wurden eingestellt. Einer der Punkte des verabschiedeten Resolutionsentwurfs lautet wortwörtlich: "Er entscheidet den unter der Schirmherrschaft der NATO zu bewerkstelligenden Aufmarsch von internationalen Truppen im Kosovo" - die Worte scheinen harmlos zu sein-, "einer zivilen und einer militärischen, und er nimmt mit Wohlgefallen auf, daß die Föderative Republik Jugoslawien mit dieser Präsenz einverstanden ist." Na ja, es steht da nicht, wessen Präsenz es ist. Internationale Schutztruppen, es steht dort nicht, von wem. Weiter unten heißt es folgendermaßen: "Er bittet den Genaralsekretär darum, daß er in Absprache mit dem Sicherheitsrat einen Sondervertreter ernennt, damit er den Aufmarsch der internationalen zivilen Verbände kontrolliert." Wer befiehlt da? Das ist eine Frage, die man sich stellen muß. Die Vereinten Nationen leiten die zivilen Verbände. "Und er bittet zudem den Generalsekretär darum, daß er seinem Sondervertreter Weisungen erteilt, damit er die Arbeit dieser zivilen Einheiten mit derjenigen der internationalen Schutztruppe eng koordiniert, damit die Tätigkeiten beider Gruppen die gleichen Ziele verfolgen und einander unterstützen." Der Sicherheitsrat bittet seinen Vertreter darum, daß er sich mit den Befehlshabern dieser Truppen, ohne die Truppen zu bestimmen, - eine zivile Führung unter dem Befehl der Vereinten Nationen - koordiniert, und bittet den Zivilvertreter darum, daß er sich mit den Schutztruppen koordiniert, wenn sie ihm überhaupt gehorchen. "Er gestattet den Mitgliedsstaaten und den zuständigen internationalen Organisationen, die im Punkt 4 des 2. Absatzes erwähnte internationale Schutzpräsenz im Kosovo mit allen nötigen Mitteln zu etablieren, damit sie die im Absatz Nr.9 angeführten Pflichten erfüllt. "Er gestattet", sie stehen nicht unter seinem Befehl. "Er lädt ein", wobei man im voraus weiß, wer die "Eingeladenen" sind. Es heißt, daß viele eingeladen und nur wenige eigentlich herzlich eingeladen wurden. "Er behauptet die Notwendigkeit eines schnellen und frühen Aufmarsches der internationalen Zivil- und Schutzpräsenz im Kosovo und verlangt"- ein schrecklich energisches Wort -, "daß die Seiten bei diesem Aufmarsch richtig zusammenarbeiten"; das heißt, daß die verschiedenen Länder richtig
zusammenarbeiten. Sogar wir sind bereit, zusammenzuarbeiten, wenn man uns um Ärzte bittet. Aber wir schicken keinen einzigen Soldaten, da dies weder eine internationalistische noch eine Friedensmission ist, sondern eine imperialistische Mission mit ihren genau bestimmten Zielen. Wir sind bereit, zusammenzuarbeiten, um Leben zu retten. Ansonsten gehen uns die von anderen getroffenen Entscheidungen nichts an. Was sehr wohl bekannt ist, ist die Tatsache, daß die Briten 13.000 Mann - den Hauptanteil - im Kosovo haben werden und daß ein britischer General als Oberbefehlshaber fungieren wird. Wie viele US-Amerikaner es sein werden, weiß man nicht. Es gibt bereits einige Marines, die in Griechenland gelandet sind. Es werden einige Tausend sein, genauso wie die anderen auch, die Franzosen und alle Aggressorländer. Die Zahl der Russen kennt man nicht, was mehr oder weniger bekannt ist, ist die Zahl der Russen, die es dort geben kann. Es kam die Nachricht, daß irgendjemand erklärte, daß es zwischen 2.000 und 10.000 sein können. Wer befiehlt sie? Mal sehen, das ist ein kleiner Punkt des Widerspruchs. Aber bezüglich der Möglichkeiten der Präsenz von russischen Soldaten gibt es eine von dem gegenwärtigen Premierminister abgegebene Erklärung, die lautet: "Die Streitkräfte sind in einer überaus katastrophalen Lage und der Militärisch-Industrielle Komplex und das Heer können kaum überleben. Man muß sich daran bei der Erstellung des Etats im nächsten Jahr erinnern." Auf wieviel wird sich der Etat des nächsten Jahres belaufen? Niemand weiß es. Wenn die Lage katastrophal ist, müßten sie die Kosten der Truppen bezahlen, die 4.000 oder 5.000 Mann stark sind. Wenn es 5.000 sind, wären das nur 10% der sogenannten Schutztruppen. Was bekannt ist, ist, daß die NATO unabhängig von ihren jeweiligen Begleitern 90% der Besatzungstruppen unter ihrem direkten Befehl haben, und nicht nur ihre eigenen Truppen, sondern auch die Begleittruppen aus denjenigen Ländern, die ihre Dienste anbieten. Es wird Länder wie die Ukraine geben, die einige Soldaten anbieten werden, und es kann irgendein lateinamerikanisches Land geben, das ein paar Soldaten dorthin schickt, ein paar rekrutierte Jugendliche. Aber die NATO wird alles dort haben und zudem die 1 000 Flugzeuge, die die Bombardierungen durchführten. Die Russen werden, wenn überhaupt, irgendeinen Hubschrauber dort haben, irgendein Kleinflugzeug, um sich hin und her zu bewegen (Lachen). Die Ukrainer werden vielleicht über ein paar Jeeps und sogar irgendeinen Hubschrauber verfügen. Die NATO hingegen wird alles haben, die See-, Boden- und Luftstreitkräfte, sowie den Befehl über die ganze Aktion. Die Diskrepanz besteht jetzt darin, daß die Russen sich verbittert, erniedrigt und bedroht gefühlt haben, sagen wir die Wahrheit, denn bei einem solchen Präzedenzfall denkt jedermann, daß eines Tages Raketen, Laserbomben und Millionen von anderen Sachen über ihm abgeworfen werden könnten, besonders wenn man anerkennt, daß "die Streitkräfte sich in einer katastrophalen Lage befinden", was nicht ausschließt, daß die strategischen Raketen, von denen sie Millionen haben, funktionieren. Ja, sie besitzen Tausende von strategischen Raketen, sie sind eine Atommacht und all das ist natürlich teuer. " Die Vereinten Nationen registrieren mit Wohlgefallen die von der EU und anderen internationalen Organisationen begonnene Arbeit, um eine komplette Untersuchung der wirtschaftlichen Entwicklung und der Stabilisierung der von der Kosovo-Krise betroffenen Region, einschließlich der Anwendung eines Stabilitätspakts für Südosteuropa mit breiter internationaler Beteiligung, der das Ziel hat, die Demokratie, den ökonomischen Wohlstand, die Stabilität und die Kooperation zu fördern." Das verabschiedete Projekt sagt nicht: die internationale Staatengemeinschaft muß zum Wiederaufbau aller zerstörten Objekte beitragen, seien sie serbischer oder kosovarischer Herkunft. Nein, was die Führungsfiguren der NATO erklären, ist, daß diejenige Regierung, die mit ihnen die Vereinbarung getroffen hat und die den Ratschlägen und Druckausübungen der Vermittler der G8-Staaten nachgegeben hat,
nun in den Ruhestand treten und vor dem Internationalen Jugoslawien-Tribunal erscheinen soll, wo sie angeklagt wird. Vom Wiederaufbau von etwas in Serbien sagen sie nichts. In Montenegro dagegen sehr wohl. Sie erklären, daß Montenegro eine besondere Behandlung zuteil kommen wird, daß es sich gut benommen und Flüchtlinge aufgenommen hat, doch von Serbien sprechen sie nicht. Vorher warfen sie deshalb Bomben, weil die Serben eine bestimmte Regierung hatten, und jetzt helfen sie ihnen nicht, sich zu ernähren, weil sie eine bestimmte Regierung haben, und das, nachdem sie dort alles zerstört haben. Schauen Sie, wie nobel, wie generös, wie humanitär die USA und die NATO sind. Kommt es Ihnen nicht auch so vor? Welche Schuld tragen die dort lebenden Kinder mit einem Alter zwischen 0 bis 1, bis 10, bis 15 Jahren? Welche Schuld tragen die alten Menschen? Welche Schuld tragen die Schwangeren, die Rentner, die einfachen Männer und Frauen des Volkes, nachdem sie das Trauma durchlebt haben? Oftmals sind es die Explosionen und der Lärm, die bei den Bombardierungen am meisten traumatisieren. Die Nazis, die bei diesem erbarmungslosen Krieg ziemlich gut imitiert wurden - ich sage das offen heraus -, verwendeten bei ihren Stuka-Flugzeugen angsterregende Sirenen, als sie ihre Ziele im Steilflug angriffen. Ich erinnere mich an diesen Krieg, bei dessen Ausbruch ich gerade 13 Jahre alt geworden war, doch ich spürte eine Neugier angesichts all der Nachrichten und ich las sie, ich erinnere mich, als ob es gestern gewesen wäre. Sie hatten in ihren Angriffsflugzeugen Sirenen, die einen höllischen Lärm veranstalteten, um Terror und Panik zu säen und die Desorganisierung zu entfesseln, während sie ihre Bombentrauben fallen ließen, die in nichts denen ähnelten, die heutzutage verwendet werden. Es waren Spielzeugbomben im Vergleich mit denjenigen, die von der NATO über Serbien abgeworfen wurden. Der Terror der Bombardierungen traumatisiert die Menschen für das ganze Leben, ein Kind von drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht Jahren, jeden Tag und jede Nacht dem Lärm der Sirenen und der Explosionen ausgesetzt. Würde irgendein Arzt oder Psychologe zu behaupten wagen, daß diesen Kindern und Millionen von Menschen kein Trauma für das ganze Leben bleibt, unabhängig von dem über 80 Tage erlittenen Terror der Sirenen und noch viel mehr dem höllischen Dröhnen der Reaktoren der tieffliegenden Kampfflugzeuge, das sehr viel ohrenbetäubender als die Stuka-Sirenen ist, und den Explosionen, die sehr viel stärker als die der NaziBomben sind? Ah, jetzt muß man sie bestrafen. Es gibt nicht einen Pfennig zum Wiederaufbau einer Schule, nicht einmal einer solchen, die sie irrtümlich zerstörten, eines Krankenhauses oder eines Kraftwerks. Und wovon werden sie leben? Gut, die Bombardierung ist jetzt eine Bombardierung des Hungers. Also, sie unterzeichneten einen Vertrag mit bestimmten Führungspersönlichkeiten. Sie werden die Dinge regeln und wissen, was sie tun. Ich unterstreiche aber sehr wohl, daß es kriminell ist, dem serbischen Volk sogar ein Maiskorn zu verweigern, nachdem man 23.000 Bomben und Raketen auf es abgefeuert hat. Und wenn der Präsident Serbiens drei oder sechs Monate an der Regierung verbleibt oder einfach noch länger, -- ein Jahr, ich weiß nicht, das kann keiner voraussagen -, dann wird dieses Volk ein Jahr lang einem völkermörderischen Krieg unterworfen sein, alle Zivilisten, alle diejenigen, die keinerlei Verantwortung für irgendeine ethnische Säuberung und die Flüchtlingsmassen tragen. Es gab 20.000 Flüchtlinge, und als die massiven Bombardierungen begannen, zogen sich die Menschen aus verschiedenen Gründen zurück, aus Angst oder weil sie vertrieben wurden, weil sie unterdrückt wurden, weil sie sich vor den Bombardierungen fürchten oder weil sie Todesangst verspürten. Aus verschiedenen Gründen, nie kann man davon sprechen, daß es nur ein Grund gewesen sei. Welche Schuld tragen die Kinder, die Zivilisten, die Hunderttausenden, die ohne Arbeit geblieben sind, die anderen Arbeiter, die Bauern, die Landarbeiter, die Rentner und die Zivilbevölkerung im Allgemeinen? Welche Schuld tragen sie in Wirklichkeit? Es
ist ein Verbrechen, sie auch nur einen Tag darauf warten zu lassen, daß es zu einem Regierungswechsel kommt. Sie einen Monat warten zu lassen, ist dreißig Mal krimineller, und im Falle eines Jahres wäre es dreihundertfünfundsechzigmal krimineller, und das gilt für jeden Tag mehr, an dem ihnen die Nahrung verweigert wird. Ich erinnere mich daran, daß wir während unseres Befreiungskampfes einmal eine belagerte Kaserne vor uns hatten, die ohne Wasser und Nahrungsmittel geblieben war, weil wir ihnen bereits die Wasserzufuhr abgeschnitten hatten und ihnen die Lebensmittel ausgegangen waren. Unsere Kämpfer übergaben den geschlagenen und ausgelaugten Soldaten ihre Zigaretten und ihre Lebensmittel, weil in der revolutionären Truppe ein Sinn für Ritterlichkeit geschaffen wurde und weil es sogar eine für den Feind bestimmte Politik gab. Wenn es diese Politik nicht gibt, gewinnt man keinen Krieg. Wenn du sie mißhandelst und folterst, werden sie sich niemals ergeben und bis zur letzten Patrone kämpfen. Wir hatten eine rigorose Politik in bezug darauf, so daß sie in 24 oder 48 Stunden wieder in Freiheit waren. Am Anfang kämpften sie sehr hart und als sie sich danach schon verloren sahen, verhandelten sie und die Offiziere konnten mit ihren Pistolen abziehen. Wir mußten sie weder Hunger leiden lassen noch die wenigen Nahrungsmittel verteilen, über die wir verfügten. Gelegentlich riefen wir das Internationale Rote Kreuz, wie zum Beispiel aus Anlaß der letzten Offensive des Feindes, als wir in zweieinhalb Monaten Kampf Hunderte von Gefangenen machten. Während des Krieges nahmen wir Tausende von Männern im Kampf gefangen, ganze Einheiten wurden eingekesselt und wir ließen ihnen eine exquisite Behandlung zuteil kommen, denn sie waren unsere Waffenlieferanten. Wir erhielten in unserem kurzen aber intensiven Befreiungskrieg von niemandem Waffen, wobei wir gegen ziemlich mächtige Kräfte kämpften. Keinem von uns kam es in den Sinn, sich zu ergeben. Ich blieb mit zwei Gewehren, während andere Kampfgefährten mit fünf verblieben. Wir waren zwei bewaffnete Gruppen, die sich nach einem großen Rückschlag wieder vereinigten, um den Kampf wieder aufzunehmen, nämlich die Gruppe des Genossen Raúl, der über fünf Gewehre und vier Männer verfügte, und die meinige, die aus zwei Gewehren und drei Männern bestand. Insgesamt waren wir sieben Männer mit sieben Gewehren, und dennoch verloren wir nicht den Mut. Vierundzwanzig Monate später hatten wir den Sieg errungen. Dies ist keine Selbstbeweihräucherung. Es war eine Realität, die zu erleben wir das Privileg besaßen, und ich kann nicht aufhören, in diesem Moment daran zu denken. Wenn es einen Willen gibt und der Mensch nicht den Mut verliert, sobald er an das glaubt, was er macht, dann gibt es keinen Rückschlag, der ihn zur Umkehr zwingen könnte. Also, unser Waffenlieferant war die Armee Batistas, die während der ganzen Zeit von US-Offizieren organisiert, ausgestattet, trainiert und zudem beraten wurde. Es war keine vernachlässigenswerte Armee oder ähnliches, denn sie sahen sich als die Herren der Welt an. Wir mußten viele Entbehrungen ertragen, aber wir gaben den feindlichen Gefangenen unsere Lebensmittel und sogar unsere Medikamente. Wir haben das Recht, uns angesichts des von der NATO zerstörten Serbiens folgendes zu fragen: Wird der Westen einer schwangeren Frau nicht einmal ein Maiskorn geben, und das in einem Land, daß sich gemäß ihren Aussagen ergeben und alle Bedingungen erfüllt hat, ja sogar mehr Bedingungen als die, welche die G8Staaten vereinbart hatten? Ist das korrekt? Ist das humanitär? Ich mußte diese Fragen stellen. Ich sagte Ihnen ja bereits, daß sie sich darum stritten, wer die Sicherheitstruppe anführen würde. Klar, da haben wir zunächst an erster Stelle den Botschafter der USA mit der Rede, die er gestern bei den Vereinten Nationen gehalten hat. Denn diese Vereinbarung des Sicherheitsrats sagt in Wirklichkeit nichts darüber aus, unter wessen Kommando diese Schutztruppe stehen wird. Man bittet nur, daß die Verbände dort hineingehen. Man weiß schon im Voraus, wer geht und wer gehen kann.
Die Yankees interpretieren bereits die Vereinbarung, es ist der Moment der Interpretationen gekommen. In dieser Resolution wird eine internationale Schutztruppe für den Kosovo eingesetzt. Und sehen Sie nun, um was für einen Trick es sich handelt. In seiner Rede drückt der Vertreter der Vereinigten Staaten unter anderem folgendes aus: Die Behörden der Föderativen Republik Jugoslawien akzeptierten, daß die KFOR - ich weiß nicht, wie man das ausspricht, aber das ist die Abkürzung, ich weiß nicht, ob in Englisch oder in welcher Sprache -, die Internationale Schutztruppe für den Kosovo, unter der Befehlshierarchie der vereinigten NATO - das war gerade gestern, nach der Resolution - operieren sollte, das heißt unter der politischen Führung des Nordatlantikrats und in Absprache mit denjenigen, die zwar militärische Kräfte beitragen, aber nicht Mitglieder der NATO sind. Es ist die NATO und es wird unter der Führung des Nordatlantikrats vonstattengehen, das heißt unter Führung der NATO. Wer hat ihr die Erlaubnis dazu gegeben? Der Sicherheitsrat? Nein. Diese Forderung war in der Vereinbarung des Treffens der G8-Staaten vom 6. Mai enthalten, denn an diesem Tag, als sie sahen, daß die Bombardierungen länger dauerten, daß bereits ein Teil des März und der ganze April vergangen waren und die Angriffe bereits mehr als 40 Tage andauerten, wobei oftmals drei Tage ohne das geringste Anzeichen eines Aufgebens der Serben verstrichen waren, begannen sie, sich Sorgen zu machen und viele in der NATO erfanden Dinge, so zum Beispiel das Treffen der G8-Staaten, das schließlich am 6. Mai stattfand, also 44 oder 45 Tage nach dem Beginn der Bombenabgriffe, und bei dem bestimmte Vereinbarungen getroffen wurden. Es war zu diesem Zeitpunkt noch nicht zum Wechsel des Premierministers in Rußland gekommen, doch bereits vor diesem Wechsel war jemand zum Sondergesandten der russischen Regierung für die sogenannten Friedensmissionen ernannt worden. Ich kritisiere dies selbstverständlich nicht. Ich glaube, es war sehr korrekt, daß die russische Regierung alles Mögliche tat, um eine politische Lösung des Konflikts zu suchen. Dieser Konflikt konnte keine militärische Lösung haben, denn nicht einmal sie sind in der Lage oder besitzen die Möglichkeiten, den Serben militärisch zu helfen, es sei denn mit Atomwaffen, und so etwas oder ähnliches denkt man sich nicht aus, denn niemand wäre mit der Idee einer Unterstützung mit Atomwaffen einverstanden. Uns würde eine solche Art von Hilfe absolut verrückt und unmöglich erscheinen, denn sie hätte einen weltweiten Selbstmord bedeutet. Doch es war klar, daß die Russen nicht einmal über die Fähigkeit verfügten, um ein Flugzeug zum Transport von Munition in Serbien ankommen zu lassen, sie verfügten über nichts, weder zu Land noch zu Wasser. Dort an der Grenze befinden sich das neue NATOMitglied Ungarn und andere ähnliche Länder. Auf dem Landweg konnten sie nichts nach Serbien bringen, genausowenig wie auf dem Luftweg oder über das Meer, so daß ihnen nichts weiter blieb als die Atomwaffen und eine politische Unterstützung, oder besser gesagt die standhafte Anklage all dieser Dinge. Es kommt zur Vereinbarung der G8-Staaten, gemäß der ein Friedensplan verabschiedet wird, der nach vielen vorangegangenen Diskussionen am 6. Mai unterschrieben und am 3. Juni von den Jugoslawen gebilligt, oder besser gesagt aktzeptiert, wird, also fast einen Monat später. Seit der Verabschiedung im Mai gab es viele Friedensmissionen, so wie die des finnischen Präsidenten Ahtisaari, der genauso kommt und geht wie Chernomirdin. Es kommt zu Gesprächen unter Einschluß von US-amerikanischen und russischen Gesandtern, bis der russische Gesandter und der finnische Präsident während eines Besuchs in Belgrad am 3. Juni den jugoslawischen Präsidenten davon überzeugen, die Formel anzunehmen. Man sagt, daß der russische Gesandte allein geblieben war, nachdem der finnische Präsident den Raum verlassen hatte, und daß er den jugoslawischen Präsidenten letzlich überzeugt habe. Eines Tages wird man mehr oder weniger erfahren, über was sie sprachen, auf welche Art und Weise sie dies taten und was sie genau sagten. Ich kritisiere also die russischen Anstrengungen zur Friedenssuche nicht. Das sind Dinge, die sich sehr von dem Aspekt unterscheiden, daß die
jugoslawischen Führungspersönlichkeiten diese Art von Bedingungen annahmen, die ihnen aufgezwungen wurden. Ich habe meine Meinungen über die verschiedenen Varianten dessen, was ihnen hätte geschehen können. Ich beschränke mich darauf zu sagen, daß die Position der NATO trotz ihrer immensen Macht bereits sehr schwach war, weil man nicht ewig bombardieren und töten kann vor den Augen der Weltöffentlichkeit, die das Spektakel, das vor sich ging, live verfolgte. Es kommt der Moment, in dem das fortwährende Töten zu skandalös und untolerierbar wird. Doch dort wurde nicht davon gesprochen, wer die Truppen schicken würde, denn das würden sie danach diskutieren. Bis zur letzten Minute widersetzten sich die Russen dagegen, daß die Truppen, welche an der Aggression teilgenommen hatten, dort sein würden, was ebenfalls die Position Jugoslawiens war. Gleichfalls widersetzten sie sich gegen Ende, unmittelbar vor der Vorlage der Resolution im Sicherheitsrat, der Idee eines einheitlichen Kommandos unter dem Befehl der NATO. Denn die Vermittler mußten mit den Chinesen Absprache halten und diese waren zu Recht irritiert durch die von der NATO angewandte Methode und Vorgehensweise, die Attacke auf ihre Botschaft und alle diese Faktoren. Sogar die Russen akzeptierten, das Projekt zunächst im Sicherheitsrat zu diskutieren und danach die Modalitäten der Organisation und Verteilung sowie die Frage der Schutztruppen im Kosovo zu besprechen. Es ist keine gute Taktik, zunächst etwas zu gewähren, um danach einen weiteren wichtigen Punkt zu diskutieren. Du gibst nach, und wenn du dann weiter diskutierst, fordern sie danach mehr von dir. Nein, mein Herr, einige Minütchen noch, lassen Sie uns das klarstellen, bevor wir die Vereinbarung unterstützen, auf das Veto verzichten und dafür stimmen. Ich kenne russische Führungspersönlichkeiten, die ernsthafte und ehrliche Anstrengungen unternommen haben, um eine Lösung für die wirklich komplizierte und gefährliche Situation zu finden. Sie haben sich selbst sehr geschwächt und werden nicht mehr wie früher respektiert. Deshalb blieb unklar, wer die Truppen anführen würde. Doch die US-Amerikaner fanden sehr schnell ihre Lösung, was in dem zum Ausdruck kommt, was dort in der Rede des US-Vertreters im Sicherheitsrat geäußert wurde. Schauen Sie, was für eine Erfindung: Sie diskutierten einen ganzen Tag lang in Mazedonien mit den Vertretern der serbischen Truppen im Kosovo, ohne zu einer Lösung zu kommen. Sie nahmen die Gespräche am zweiten Tag wieder auf und nutzten die Gelegenheit, um eine falsche Genehmigung zu beantragen, doch es war eine Entdeckung - das erschien gestern -, denn sie hatten bereits die Genehmigung in der Frage der NATO-Rolle. Es waren weder die G8-Staaten noch die Vereinten Nationen oder die Russen, die ihr Einverständnis erklärt haben, sondern sie diskutierten mit jenen serbischen Armeechefs in Mazedonien und gemäß ihren Aussagen akzeptierten die Behörden der Föderativen Republik Jugoslawien, daß die KFOR mit einer Befehlshierarchie der vereinten NATO unter der politischen Führung des Nordatlantikrats operieren würde, das bedeutet, daß die Jugoslawen ihnen die Genehmigung erteilten, womit sie die Russen komplett hinters Licht führten. Und es gibt Beweise, die aufzeigen, daß ihnen dies nicht sehr gefallen hat, wie heute aus einer Nachricht hervorgeht, die dies belegt. Ich erzähle Ihnen eine Geschichte, womit ich Ihre Geduld ausnutze - auch die Präsenz hier ist freiwillig -. Es bleibt mir keinen Ausweg mehr, als aufzuhören, also dann, wenn ich die Rede beende, nicht wahr? Wenn ich das zu sagen beendet habe, was ich sagen muß (Lachen und Beifall). Glauben Sie nicht, daß mir Überstunden für diese Arbeit bezahlt werden. Ich unternehme eine Anstrengung, denn das, was ich will, da sie mich schon hierher gebracht haben - das ist Ihre Schuld, verstehen Sie? Ich bin nicht freiwillig gekommen (Lachen) - ist, die Ideen zum Abschluß zu bringen, die ich hier ausgebreitet habe und die auch für unser Volk nützlich sind, das ich nicht vergessen kann und das gerne viele Dinge wissen möchte, so daß dies hier eine Gelegenheit ist, auch wenn die Zeit voranschreitet. Sie haben das Problem gelöst. Wer? Die Besiegten und sonst niemand haben ihnen
die Genehmigung erteilt, und zwar den US-Amerikanern und den Vertretern der NATO, in diesem Fall dem englischen General, der mit ihnen diskutierte, wobei diese selbstverständlich strikte Anweisungen des Marschalls Solana befolgten. Mit dem größten Respekt für den neuen Außenminister Europas, des vorvereinigten Europas. Es ist ein Präminister einer supranationalen Präbehörde, das sind mehr oder weniger die Titel, um es in treffenden Worten zu sagen. Sie benötigen nichts mehr. Unmittelbar darauf spricht der Vertreter Großbritanniens, wobei ein weiteres Fragment unterstrichen werden kann: "Die Behörden der Föderativen Republik Jugoslawien und das serbische Parlament haben die in der Erklärung der G8Staaten vom 6. Mai und im Chernomirdin-Ahtasaari-Dokument festgelegten Prinzipien und Erfordernisse akzeptiert." "Die vorliegende Resolution und ihr Anhang führen in aller Klarheit die Schlüsselerfordernisse der internationalen Staatengemeinschaft auf." Sie sind die internationale Staatengemeinschaft, ja, die Staaten der NATO, und die muß Belgrad zufriedenstellen. "Ebenso ist eine internationale zivile Präsenz unter Leitung der UNO vorgesehen, neben einer effizienten internationalen Präsenz im Bereich der Sicherheit, deren Ziel die Wiederherstellung eines sicheren Klimas im Kosovo ist. (...) Deshalb erklärte die NATO ausdrücklich die Bedeutung der Möglichkeit, über eine einheitliche Befehlskette unter der politischen Führung des Nordatlantikrats" - nicht der Vereinten Nationen - "in Absprache mit den nicht der NATO angehörenden Teilnehmern der Aktion zu verfügen. Die besagte Streitmacht mit der NATO im Zentrum untersteht den Befehlen eines britischen Generals. Großbritannien erbringt den Hauptbeitrag mit einem Minimum von 13.000 Soldaten." "Es erforderte eine große diplomatische Anstrengung, um zu diesem Punkt zu gelangen und die Zustimmung Belgrads erreicht zu haben. Meine Regierung lobt Herrn Chernomirdin, den Präsidenten Ahtisaari und Herrn Talbott und dankt ihnen für ihren außergewöhnlichen Beitrag. Die positive Beteiligung der russischen Regierung durch Vermittlung ihres Sondergesandten und ihre Rolle bei der Erarbeitung dieser Resolution zusammen mit den Ministern der G8-Staaten war unumgänglich." Sie gehen davon aus, daß es die Jugoslawen gewesen waren, die die Genehmigung dazu erteilt haben, daß die NATO die Schutztruppe anführt. Sind die Russen etwa zufrieden? Ah, nein, diese Nachricht habe ich nicht mitgebracht, leider. Aber heute kamen Nachrichten aus Europa an, die besagten, daß eine aus etwa 500 Fallschirmjägern bestehende russische Einheit, die in Bosnien stationiert war, mit etwas mehr als 20 Panzerwagen, Lastwagen und einigen Panzern vorrückte, Serbien durchquerte und in Richtung der Grenze des Kosovo voranschritt, um dort auf den Eintritt der verschiedenen Streitkräfte und eine Lösung des Problems der Verteilung derselben zu warten. Es wurde selbstverständlich gesagt, daß die russischen Einheiten den Oberbefehl der NATO nicht akzeptieren werden. Die NATO muß irritiert sein, wenn die Russen ohne Ankündigung und weniger als 24 Stunden nach der Resolution und den US-amerikanischen Interpretationen eine Kolonne von Fallschirmjägern in Panzerwagen schicken. Sie haben bis jetzt noch nicht die Grenze überschritten. Es handelt sich unbestreitbar um eine Antwort auf alle diese Interpretationen. Es verbittert sie, die Idee zu akzeptieren, und ich kann mir vorstellen, daß es in ihrem eigenen Land ein großes Trauma wegen all dieser Dinge gegeben hat. Es ist sehr schwierig für die russische Führung, daß ihre Truppen dort, seien es 2.000, 4.000 oder 5.000 Mann und mit oder ohne Sold, den Befehlen der NATO unterstehen. Es sind nicht mehr als eine Falle nach der anderen, die von denen gelegt wurden, die den schmutzigen Krieg entfesselt haben. So ist das alles gewesen. Die Vereinigten Staaten und Großbritannien sind selbstverständlich die beiden Hauptanführer. Und diese beiden sind es auch, die täglich den Irak bombardieren. Niemand erinnert sich daran. Dies geschieht täglich und ist bereits eine Gewohnheit
und eine tägliche Schießübung, um das Recht aufrechtzuerhalten, jeden Tag Bomben abzuwerfen. Das machen sie auf eigene Faust und niemand erinnert sich angesichts der ganzen aktuellen Probleme überhaupt daran. Wir hatten angeprangert, daß Jugoslawien in einen Schießübungsplatz verwandelt wurde. Es ist eine Erklärung vom 1. Juni, das heißt, sie liegt kaum neun Tage zurück und wurde vor der Einwilligung Jugoslawiens in den G8-Plan abgegeben. Kuba verfasste eine Erklärung, in der sie verschiedene Punkte ansprach: Man führte eine tägliche Auflistung der dortigen Ereignisse mit jedem der Bombardierungsziele an. Diese Erklärung sagte unter anderem folgendes: "Jugoslawien wird zum Versuchsgelände. Flugzeuge, die in den USA starten, lassen ihre tödliche Ladung auf das serbische Volk fallen und fliegen ohne Zwischenlandung zu ihren Stützpunkten zurück, wobei sie in der Luft aufgetankt werden. Raketen werden aus weiter Entfernung außerhalb der Reichweite der Flakgeschütze abgefeuert. Unbemannte Flugzeuge bombardieren mit Patienten besetzte Krankenhäuser, bewohnte Häuser, Brücken mit Passanten und Omnibusse mit Passagieren." Jedermann könnte sagen, daß dies eine willkürliche Erklärung von unserer Seite war, doch der Zufall will es, daß gestern, am 10. Juni - etwa neun Tage danach -, eine aus Washington abgesandte und von Benjamín Kahn verfasste Nachricht der Agentur France Press die folgende Information verbreitet: "Die Bombardierungen der NATO in Jugoslawien gegen militärische Objekte und die zivile Infrastruktur erlaubten der US-Luftwaffe, einige Hochtechnologiewaffen auszuprobieren, die seit dem Krieg gegen den Irak im Jahre 1991 verbessert worden waren. "Die 'intelligenten' Bomben, die entworfen wurden, um ihre Bahn während des Fluges zu verändern, wurden während des Golfkrieges verwendet. Doch die neuen verbesserten Versionen wurden in Jugoslawien eingesetzt, und zwar in größerer Anzahl als je zuvor. "Diese computergesteuerten Bomben ermöglichten es den USA, Tausende von jugoslawischen Soldaten aus großer Entfernung zu töten, ohne ihre Piloten oder Bodentruppen in Gefahr zu bringen." Weiterhin wird folgendes ausgeführt: "Die Experten behaupten, daß der massive Einsatz der neuen Cruise Missiles und anderer technologisch fortgeschrittener Waffen weiterhin zunehmen wird als Folge der Bemühungen der US-Militärs, ihre Fähigkeit zu verbessern, außerhalb der Reichweite der feindlichen Abwehr Angriffe durchzuführen." "Ein weiterer Fortschritt seit dem Golfkrieg war die Verstärkung der Raketenköpfe mit Titan, um ein Eindringen in dichte Zementschichten und eine größere Schäden hervorrufende Detonation zu ermöglichen. "Die neue Generation der B-2-Tarnkappenbomber, die die teuersten aller Kampfflugzeuge sind, gaben ebenfalls in Jugoslawien ihr Debüt. "Die 2,2 Milliarden Dollar pro Stück teuren, mit einer supermodernen Technologie ausgestatteten und von Northrop Grumman, Boeing und General Electric hergestellten B-2-Bomber starteten von einer Luftwaffenbasis im Bundesstaat Missouri, umgingen die jugoslawische Luftabwehr und warfen zahlreiche satellitengesteuerte Bomben während jedes Fluges ab." Es gibt hier noch eine andere Nachricht, die besagt, daß bei drei Einsätzen dieser Bomber nur 20% der Ziele getroffen wurden, das heißt 20% derjenigen Objekte, auf die die Bomben und Raketen gezielt hatten. Davon sprachen sie. Ich glaube, daß Herr Clinton heute in diesem Luftwaffenstützpunkt war, um diejenigen Superhelden herzlich und brüderlich zu beglückwünschen, die immer außerhalb der Reichweite der feindlichen Waffen agierten, Hunderte oder Tausende von Personen töteten und unschätzbare Zerstörungen verursachten. Es war eine Übung mit der neuen Technologie und zudem noch aus der Luft, denn sie machten nirgendwo eine Zwischenlandung. Die direkt aus den USA kommenden B-52-
Bomber warfen unzählige Tonnen von Bomben ab. Man mußte diese Bomben mit realem Feuer gegen reale Ziele testen. "Die von den ebenfalls neuen B-2 JDAM-Kampfflugzeugen verwendeten Bomben funktionieren mit einem GPS-Orientierungssystem. Es wiegt zwischen 450 und 900 Kilogramm und kostet 18.000 Dollar pro Stück." Das ist ziemlich billig für ein Flugzeug, das laut dem aus Washington berichtenden Reporter 2,2 Milliarden Dollar kostet. Auf 2,2 Milliarden Dollar kann man gemäß den Programmen, die ich Ihnen hier erläutert habe, die Kosten für die innerhalb von wenigen Jahren zu bewerkstelligende Rettung des Lebens von Hunderttausenden von Kindern und Menschen im Allgemeinen in Haiti, Mittelamerika und anderen ähnlichen Gegenden veranschlagen. Ja, so ist es wirklich. Man kann fast schon errechnen, wieviele Menschenleben man pro Jahr retten kann (Er rechnet). Es könnten mehr als 400.000 sein. Die Rettung des Lebens eines Kindes kostet niemals mehr als 500 Dollar: Vom Fall eines Kindes, das wegen des Fehlens einer 25 Cent teuren Impfung stirbt, bis zum Besorgen einiger Rehydrierungssalze und anderer Dinge. Nehmen Sie 500 Dollar, als eine hoch veranschlagte Zahl. Mit 500 Millionen Dollar - Mensch, sind das so viele? - könnte man fast eine Million Kinder retten, wenn Ärzte zu ihrer Betreuung und die Medikamente vorhanden sind. Mit einer Milliarde Dollar wären es zwei Millionen Kinder und mit zwei Milliarden Dollar vier Millionen. Mit 2,2 Milliarden Dollar könnte man 4,4 Millionen Kinder retten, und alle Welt sowie die Weltgesundheitsorganisation wissen, daß jährlich etwa 12 Millionen Kinder an heilbaren Krankheiten sterben. Die Zahl bewegt sich zwischen 10 und 12 Millionen, ich erinnere mich nicht genau an die aktuellste Zahl. Fast die Hälfte derjenigen Kinder, die in einem Jahr sterben, könnten mit dem Betrag der Produktionskosten eines einzigen Flugzeuges gerettet werden. Wie humanitär wäre es in Wirklichkeit, den Wertbetrag eines dieser Flugzeuge zu investieren, um fast viereinhalb Millionen Kinder zu retten, und das bei einem überaus hoch veranschlagten Preis! Denn in den Programmen, die wir vorschlagen, kosten die Ärzte nichts, weil wir die Ärzte hier in unserer Landeswährung bezahlen. Wir müssen nicht einen einzigen Dollar ausgeben, denn mit unserer Währung verfügen sie über all das, was sie haben, und allen Ärzten wurde kürzlich sogar das Gehalt erhöht. All das, was die NATO schreibt, ist eine ganze humanitäre Bibel. Das traurige dabei ist die Lüge, die Demagogie und die Manipulation der Leute. Sie sollten wirklich nicht von hier weggehen ohne einige Daten, die ich hier noch vorliegen habe. Es gibt drei grundlegende Ideen. Ich habe von den G8-Staaten gesprochen und erläutert, wer den Antrag vorgelegt hat. Ist das klar? 7 der 12 sind Mitglieder der NATO. Gut, diejenigen, die ich erwähnt habe. Nun, was sind die G8-Saaten? Sie bilden eine Gemeinschaft der Superreichen, ein kleiner Klub, doch da er soviel Einfluß und Geld hat, weil zu ihm neben anderen die ungeheuer reichen Staaten USA, Japan und Deutschland gehören, entwerfen sie Währungspolitiken für den IWF, Maßnahmen zur Bewältigung irgendeiner Krise und bestimmte Vereinbarungen. Dies geschieht dann, wenn es in Südostasien oder Rußland eine Krise gibt oder wenn die Gefahr entsteht, daß diese sich auf Lateinamerika ausweitet. Die sieben Reichen treffen sich jährlich. Doch aufgrund des Verschwindens der UdSSR und der verbesserten Beziehungen zu Rußland laden sie dieses Land gelegentlich zu ihren Treffen ein. Allein aus Rußland hat der Westen, hauptsächlich Europa, 300 Milliarden Dollar herausgesaugt. Klar, sie gingen nicht dahin, um es mit der Androhung einer Pistole zu bekommen. Nicht wahr? Das war auch nicht nötig, denn dort tauchten Leute mit einer sochen Geschicklichkeit in Geschäftsangelegenheiten auf, daß sie innerhalb von wenigen Jahren zu Multimillionären wurden. Als Folge der vom Westen eingeführten Reformen hat Rußland schlimm gelitten, seine Wirtschaft reduzierte sich um die Hälfte und seine Verteidigungsfähigkeit wurde erheblich geschwächt. Für die Erteilung eines 20 Milliarden Dollar-Kredits
zerstückelt der Westen das Land und stellt viele Bedingungen auf, die Rußland nicht erfüllen kann und von denen einige erniedrigend sind. Und was sind die 20 Milliarden Dollar, die sie so dringend nach der August-Krise benötigten und die über das ganze Jahr verteilt ausgegeben wurden, wenn man davon ausgeht, daß dieser Betrag nur den Fünfzehnten Teil der Devisen ausmacht, die in Richtung Westen abgeflossen sind? Aber es ist nicht nur das, sondern auch die Tatsache, daß der Rubel zweimal abgewertet wurde. Früher entsprach ein Rubel einem Dollar und er hatte in Rußland mehr Kaufkraft als der Dollar. Innerhalb von wenigen Jahren sank seine Kaufkraft um das Sechstausendfache, was bedeutet, daß man 6.000 Rubel brauchte, um einen Dollar zu erwerben. Alle diejenigen, die über Ersparnisse verfügten, wie die Rentner und andere, verloren diese. Das ganze Geld einer gesamten Nation verflüchtigte sich als Folge der Abwertung. Sie ergriffen andere Maßnahmen und setzten einen neuen Rubelkurs fest, wobei sie die Nullen strichen, indem sie durch 1.000 teilten, so daß man mit 6 Rubeln einen Dollar erwerben konnte. Gut, dienenigen, die wiederum Rubelersparnisse angesammelt hatten, mußten mitansehen, wie der Umtauschkurs von 6 auf 24 Rubel für einen Dollar absank, womit der Wert auf ein Viertel absackte. Wiederum verloren die Sparer ihre Ersparnisse. Das ist nicht nur Rußland widerfahren, sondern vielen anderen Ländern auch. Lateinamerika kennt diese Erfahrung der regelmäßigen Abwertungen zur Genüge, wie ich erwähnte. Die Währung wird zu einem flüchtigen Kapital. Welcher Bürger will seine Bargeldbestände noch in einheimischer Währung haben, nachdem er in diesem Land zweimal seine gesamten Ersparnisse verloren hat? Auch wenn sie ihm Zinsen von 40%, 50% und bis zu 80% bezahlen. Auf der anderen Seite hält das keine Wirtschaft aus, das ist unmöglich, weil der den Ländern von den Theoretikern des Neoliberalismus und des IWF empfohlene Mechanismus darin besteht, die Zinssätze anzuheben, damit die Menschen ihr Geld nicht abheben. Welcher Haushalt kann das ertragen, wenn der Zinssatz auf 80% angehoben wird? Das ist nicht möglich. Und außerdem kann die Entwertung trotz des Anhebens der Zinssätze auf dieses Niveau 400% oder 500% betragen und damit die Zinserhöhung bei weitem übersteigen. Was macht der Sparer oder derjenige, der irgendein Einkommen bezieht, angesichts des Klimas der Unsicherheit? Er tauscht sein Geld in Dollar um. Es kann keine Bank geben, die das aushält. Wieviel Geld würde das Land benötigen, um die Konvertibilität des Rubels gegenüber der Devise aufrechtzuerhalten? Ein Faß voll Dollar. Wieviele Jahre müssen vergehen, damit der Bürger eines Landes, das unter einem Problem dieser Art leidet, wieder Vertrauen in seine Währung faßt? Und dann kommt dort der IWF und fordert von dem Land die freie Konvertierung und viele andere Bedingungen mehr, die in Wirklichkeit unmöglich anzuwenden sind. Man muß nicht mehr als einige kleine Rechnungen anstellen. Das ist also das Problem. Sie tauschen alles in Dollars um, verwahren diese im Kopfkissen oder bringen sie außer Landes. Auf diese Art verarmt das Land sehr stark und wird abhängig von ausländischen Krediten. Ich glaube dennoch nicht, daß dies zwangsläufig so sein muß. Diejenigen, welche die kubanische Erfahrung durchlebt haben, das heißt ohne Brennstoffe, Stahl oder Holz, ohne alles, wobei wir unsere Angelegenheiten ohne einen Cent von irgendeiner internationalen Organisation geregelt haben, wissen, daß Rußland mit seinen enormen Ressourcen schlichtweg keinen Kredit benötigen müßte. Mehr sage ich nicht. Ich füge nur hinzu, daß wir, wenn wir über solche Ressourcen verfügen würden, in einem überproportionalen Rythmus wachsen würden. Obwohl wir nichts haben und all den Schwierigkeiten sowie der Blockade ausgesetzt sind, haben wir ein Wachstum zu verzeichnen, das in diesem Jahr etwa 3-4% betragen wird. Wir haben das Recht, uns vorzustellen, was man machen kann, und der größte Teil unserer Exporteinnahmen wird allein in Brennstoffe investiert, weil die Revolution die Elektrizität bis in die entlegensten Regionen und in die Berge gebracht hat. 95% der Bevölkerung beziehen Strom, wobei dieser Anteil vor der Revolution noch bei unter
50% gelegen hatte, als das Erdöl sieben Dollar pro Barril kostete und man mit einer Tonne Zucker sieben oder acht Tonnen Erdöl kaufen konnte. Danach, als es zum Zusammenbruch des sozialistischen Lagers kam, waren die Erdölpreise bereits erheblich angestiegen und wir konnten mit dem Erlös aus einer Tonne Zucker gerade noch eine Tonne Erdöl erwerben. Wir verfügen weder über die riesigen sibirischen Wälder und Gas- und Erdölvorkommen noch über wichtige Stahl- und Maschinenbauindustrien. Wenn wir nichts weiter als die Rohstoffe hätten, würde die Wirtschaft dieses Landes - mit unserer heutigen Erfahrung, das muß man hinzufügen, denn wir haben dazugelernt und mußten lernen, viel effizienter zu sein und die Ressourcen besser zu nutzen vielleicht um 12% oder 14% wachsen. Es ist meine Überzeugung, und ich sage das hier zum ersten Mal öffentlich, daß Rußland sich retten kann und nicht notwendigerweise von den Krediten des Westens abhängen muß. Früher oder später werden seine Führungspersönlichkeiten dies begreifen, wenngleich sie heutzutage unbestreitbar noch von den Krediten abhängen. Ich habe die G8-Staaten erwähnt, der die sieben reichsten Ländern der Welt angehören, wovon sechs NATO-Mitglieder sind, die diesen Krieg entfesselt und aktiv daran teilgenommen haben, und eines zwar nicht Mitglied der NATO, dafür aber der strategische Hauptpartner der USA im Pazifik ist, nämlich Japan. Ich habe nicht die Absicht, Japan zu kritisieren, den wir unterhalten gute Beziehungen zu diesem Land und außerdem boten sie nach dem letzten Hurrikan, der uns heimsuchte, und nach einer schweren Dürre, spontan eine Lebensmittelhilfe für den am meisten geschädigten Teil der Bevölkerung an, die einen Umfang von 8 Millionen Dollar hatte, mit denen 30.000 Tonnen Reis gekauft wurden. Das war eine Geste, die wir sehr schätzten. Ich beschränke mich nur darauf, die Tatsachen zu erläutern. Mit Ausnahme von Japan, das kein Mitglied der NATO ist, nahmen alle aus der Gruppe der sieben reichsten Staaten der Welt am Angriff auf Serbien teil. Das achte Land der Gruppe, Rußland, ist ironischerweise dasjenige, das innerhalb der kürzesten Zeit am meisten verarmt ist. Sein Bruttoinlandsprodukt pro Kopf befindet sich auf dem Niveau der Dritten Welt. Ein verarmtes, verschuldetes und von westlichen Krediten abhängiges Land. Trotzdem will ich damit absolut nicht sagen, daß dies die Gründe für die armselige Rolle der Russen in der Gruppe der Acht waren. Ich glaube, sie waren wirklich besorgt angesichts der entstandenen Krise, der Gefährlichkeit dieses abenteuerlichen Krieges, der Auswirkung auf die eigene Bevölkerung und der Erkenntnis dessen, was ihnen eines Tages selbst widerfahren könnte. Sie müssen sich darüber bewußt geworden sein, wieviel Einfluß und Schlagkraft sie verloren haben. In Wirklichkeit müßte ich anerkennen, daß sie als Verfechter von politischen Konfliktlösungen und als Verteidiger der UN-Charta eine korrekte Position einnehmen. Die Rede ihres Vertreters bei den Vereinten Nationen fanden wir kritisch und positiv, aber selbstverständlich handelt es sich auf der anderen Seite um die G8-Staaten. Diese hatten bereits die Gewohnheit aufgegeben, die Russen einzuladen, doch diesmal riefen sie sie und setzten sich mit ihnen zusammen, wobei es dazu kam, daß ..... Mir erschien es angesichts der Nachrichten von heute morgen über den schnellen Vormarsch einer Kolonne von russischen Fallschirmjägern in Richtung Kosovo, daß die NATO und alle Welt davon überrascht wurden. Es ist unbestreitbar, daß dies eine Antwort auf den Betrug war, der darin bestand, mit den Jugoslawen über die Erlaubnis zu verhandeln, damit die NATO im Kosovo die Führung der Schutztruppe übernehmen konnte. Dies wurde nicht von der UNO entschieden und ebensowenig mit Rußland besprochen. Genau darin bestanden die Erniedrigung, der Betrug und die Falle. Zusammengefaßt kann man sagen, daß die NATO angreift und im Schlamm steckenbleibt, daraufhin ein G8-Treffen erfindet und einen Friedensplan fabriziert,
der am Ende nach erheblichen Diskrepanzen und Meinungsverschiedenheiten mit den Russen verabschiedet und dem Sicherheitsrat vorgelegt wird, ohne daß die Frage des Oberbefehls jener Truppe geklärt worden wäre. Diese Frage war bereits entschieden und so erläuterte es der US-Vertreter bei den Vereinten Nationen in seiner Rede in dieser Organisation, gemäß der sie die Erlaubnis der Jugoslawen zur Übernahme der Befehlsgewalt in der jugoslawischen Provinz Kosovo besaßen. So wurde diese Angelegenheit gehandhabt. Mir scheint, daß das jetzt ganz klar ist. Es gibt noch eine weitere Sache, die ich erwähnen will. Wir haben uns so weit wie möglich mit der Geschichte dieser ganzen Region beschäftigt, mit der weiter zurückliegenden und der neueren Geschichte, und wir haben einige interessante Informationen zusammengetragen, doch es gibt besonders eine, die uns speziell aufgefallen ist und die gestern von unserem UN-Botschafter vorgebracht wurde, nämlich die Tatsache, daß Hitler nach der Invasion Jugoslawiens eine faschistische Regierung in Zagreb errichtete, die für Kroatien, Bosnien, Herzegovina und einen großen Teil Voivodinas zuständig war, das heißt für ein Gebiet, das bis vor die Tore Belgrads reichte. Das faschistische Regime von Ante Pavelic führte die sogenannte Doktrin der drei Drittel ein. Was bedeutete das? Ein Drittel der Serben sollte deportiert, ein weiteres Drittel assimiliert und gewaltsam zum Katholozismus bekehrt - dies war die offizielle Religion Kroatiens; die Serben waren zwar auch Christen, gehörten jedoch der Orthodoxen Kirche an, die im Allgemeinen der katholischen Doktrin sehr nahe stand, wenn es auch offensichtliche Spannungen zwischen beiden gab - und das letzte Drittel eliminiert werden. Diese Doktrin wurde zur politischen Orientierung der staatlichen Maschinerie, die sich damit beschäftigte, die drei genannten Dinge zu organisieren, wobei die Ergebnisse eine unterschiedliche Effizienz ausdrückten. Viele der Konvertiten wurden schließlich umgebracht, während die Deportation nicht leicht durchzuführen war, weswegen die physische Auslöschung das Mittel war, das am meisten angewandt wurde. Dies ist eine erstaunliche Sache, die für uns wie eine Entdeckung war, denn es handelte sich um einen Holocaust, einen wirklichen Holocaust von enormem Ausmaß. In bezug auf die damalige Gesamtbevölkerung - der Serben, nicht der Jugoslawen ist es möglich zu sagen - ich sage nur, daß es möglich ist, denn diese Rechnungen habe ich noch nicht mit Exaktheit durchgeführt; man müßte dies machen -, daß im Verhältnis zur in Kroatien, Bosnien und Herzegovina lebenden serbischen Gesamtbevölkerung ein größerer Prozentsatz an Serben umgebracht wurde als der Anteil der im Zweiten Weltkrieg ermordeten Juden im Vergleich zu ihrer damaligen Gesamtzahl. Man muß die Details noch präzisieren. Dieser Holocaust wurde verschwiegen und der Westen wollte ihn nie erwähnen. Wir haben versucht, soviel wie möglich über den Autor der in diesem kleinen Buch enthaltenen Untersuchung herauszufinden: Er ist Journalist, beteiligt sich an vielen humanistischen Organisationen, ist katholisch erzogen worden und steht keineswegs dem Marxismus-Leninismus oder dem Kommunismus nahe. Auf der Suche nach Materialien stießen wir auf dieses Buch und wir sammeln weitere Informationen, denn es gibt einige von ihm veröffentlichte Artikel. Doch dieses Buch ist ohne Zweifel sehr gut aufgebaut und enthält viele interessante Daten. Nun, was sagen die kroatischen Chronisten und was sagen die serbischen Chronisten? Die kroatischen Chronisten erkennen an, daß die Zahl der Opfer sich auf 200.000 belief, was sich auf diejenigen bezog, die im Einklang mit der faschistischen Doktrin der drei Drittel liquidiert wurden. Was sagen die serbischen Chronisten? Sie sprechen von einer Million. Was sagen die vertrauenswürdigsten Quellen? Daß es zwischen 400.000 und 700.000 waren. Was sagt eine Quelle, die als eine der vertrauenswürdigsten angesehen wird, nämlich die Archive des britischen Admiralitätsgerichts? Vergessen Sie nicht, daß Großbritannien in jener Zeit ein Alliierter Jugoslawiens war und an Militäroperationen auf dem Balkan teilnahm, und diese Archive werden als sehr wichtig und seriös
angesehen. Die Darstellung dieses Themas weckt vielleicht das Interesse, damit mehr informierte Menschen über das Thema sprechen. Laut den Archiven des britischen Admiralitätsgerichts wurden 675.000 serbische Zivilisten aller Altersklassen und beiderlei Geschlechts, darunter viele Bauern, kaltblütig in Konzentrationslagern oder an ihren Wohnorten ermordet, wobei ganze Weiler ausgelöscht wurden. Das war die Zahl, die gestern unser Botschafter bei den Vereinten Nationen verwendete, aber es gibt noch andere interessante Daten. Ich habe den Verdacht, daß es mehr waren, daß die Zahl der Opfer höher war. Es gibt eine Bevölkerungsanalyse - es liegen die Daten der Bevölkerung für das Jahr 1941 in den drei Territorien Kroatien, Bosnien und Herzegovina vor - der verschiedenen Kulturen, Ethnien und Nationalitäten, die diese Gebiete bewohnten, wenn man eigentlich auch nicht von ethnischen Differenzen zwischen BosnienHerzegovinern, Serben und Kroaten sprechen kann, da die drei Nationen slawischen Ursprungs sind und sogar die serbo-kroatische Sprache existiert. Der Unterschied ist vielmehr kultureller, religiöser Art und hat einen nationalen Charakter. Eine Ethnie kann verschiedene Nationen haben. In Lateinamerika gibt es neben der Sprache viele gemeinsame ethnische Faktoren. Santo Domingo und Kuba, um ein Beispiel zu zitieren, haben den selben ethnischen Ursprung und bilden doch zwei unabhängige Nationen. Wieviele Kroaten lebten gemäß den statistischen Daten im Jahr 1941, als es dort noch keinen Krieg gab, auf diesem Territorium? Es lebten 3.300.000 Einwohner in diesem Gebiet. Wieviele lebten 40 Jahre später laut einer Volkszählung von 1981 dort? 4.210.000. Eine Steigerung von fast einer Million. Moslems, die ebenfalls Slawen sind, jedoch der islamischen Religion angehören: 1941 waren es 700.000 und 1981 lebten dort 1.629.000, das heißt mehr als das Doppelte. Wieviele Serben gab es 1941 auf dem selben Gebiet? 1.925.000. Wieviele waren es 40 Jahre später bei der Volkszählung von 1981? 1.879.000. Etwa 45.000 weniger. Experten, die ausgehend von diesen Daten die Bevölkerung, die Sitten und Gebräuche sowie das Wachstum untersucht untersuchten, errechneten, daß bei diesem Holocaust zwischen 800.000 und 900.000 Serben um Leben kamen. Alle haben wir von Auschwitz und anderen Konzentrationslagern gehört und einige haben wir die Möglichkeit gehabt, sie zu besuchen und einen niederschmetternden Eindruck davon zu bekommen, was diese Konzentrationslager waren. Und jetzt entdeckten wir bei der Suche nach Informationen, daß es ein Vernichtungslager namens Jasenovac gab, das dem in Auschwitz entsprach, welches dort in Polen stand. In Jasenovac ruhen die sterblichen Überreste von Hunderttausenden von Serben und ebenfalls von Tausenden von Juden, Sinti und Roma und Demokraten aller ethnischer Abstammung. Man sagt, daß dort unter der Erde die größte serbische Stadt nach Belgrad angesiedelt ist. Wieviele von Ihnen wissen das? Wußte es jemand oder hatte von dieser Angabe gehört? Wir nehmen uns vor, da weiterzuforschen. Derjenige von Ihnen, der es wußte, hebe die Hand (Jemand hebt die Hand). Gut, drück den Knopf und erzähl es uns (Einer der Anwesenden erklärt, daß ein Buch über das Thema in Serbien veröffentlicht und in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde, daß jedoch in der europäischen Bevölkerung eine allgemeine Unwissenheit über die Allianz der kroatischen Faschisten mit den Nazis und den von ihnen verübten Völkermord herrsche). Wer war der Autor dieses Buches? (Er sagt ihm, daß die Autoren seinem Anschein nach zwei Serben seien.) Dieses Buch, das ich hier erwähnt habe, aus dem wir die Angabe entnommen haben und das wir noch weiterstudieren - die Tatsache, daß selbst die kroatischen Chronisten eine Zahl zugeben, denn sie erkennen 200.000 an, ist bedeutsam -, ist von Josep Palau, einem Journalisten katalanischer Abstammung, der bereits 1982 eine breite internationale Aktivität im Zusammenhang mit den europäischen Friedensbewegungen entfaltet und repräsentative Ämter in verschiedenen
Nichtregierungs-Organisationen bekleidet hat. Er war Berater der Vereinten Nationen. Ich fragte unseren Botschafter in New York, ob er einige Informationen hätte, denn wir hatten ihm empfohlen, daß er dieses Buch kauft (Er zeigt es). Wir hatten ihm die Daten des Buches übersandt, doch in einer Buchhandlung sagten sie ihm, daß sie es in sechs Wochen beschaffen könnten. Unmittelbar darauf schickten wir ihm gestern eine Kopie aus diesem Druckhaus per E-Mail, so daß er sein Büchlein dort komplett hatte. Dann sagte er mir, daß er einen anderen sehr interessanten Artikel des Autors gelesen hatte und daß dieser als einer derjenigen angesehen wird, die am meisten über die Geschichte des Balkans und diese Probleme im Allgemeinen wissen. Wir kennen sonst nichts mehr. Deshalb hatte ich die Frage gestellt, ob jemand von Ihnen etwas weiß. Man hat selbstverständlich erklärt, daß die jugoslawischen Führungspersönlichkeiten das Thema nicht aufwärmen wollten. Wenn etwas so schreckliches passiert, ist dies nicht möglich. Es hätte ohne Zweifel der Absicht der Schaffung einer soliden Föderation, eines geeinten und gerechten Staates und einer friedlichen Gesellschaft entgegengewirkt, wenn man nach Jahrhunderte andauernden Konflikten in diesen Problemen gewühlt hätte. Aber man kann sich fragen, warum der Westen nicht von diesem Holocaust spricht. Man berücksichtigt dies gerade jetzt, als Tausende und Abertausende von Bomben gegen die selbe Nation abgefeuert wurden. Dem muß hinzugefügt werden, daß es sich nur um die handelt, die auf dem Territorium von Kroatien, Bosnien und Herzegovina starben, da die von Hitler eingesetzte faschistische Regierung ein größeres Gebiet umfaßte und Teile von Voivodina kontrollierte. Doch es scheint, daß die existierenden Daten diejenigen sind, die sich auf die drei erwähnten Gebiete ohne Einschluß von Voivodina beziehen. Man muß sowohl diejenigen miteinrechnen, die in den Landesteilen starben, in denen die Regierung herrschte, als auch diejenigen, die in den zeitweilig von den italienischen Faschisten oder den ungarischen Faschisten besetzten Gebieten ums Leben kamen. Das Massaker muß gegen Ende des Jahres 1942 beendet gewesen sein, denn 1943 gab es bereits viele befreite Gebiete, da die Guerillaarmee sehr stark war. Ich werde versuchen, Daten zu suchen, um zu sehen, wieviel Prozent der Bevölkerung in jener Zeit in den Konzentrationslagern starb. Ich spreche nicht von den im Kampf Gefallenen, sondern von den kaltblütig in den Konzentrationslagern ermordeten Menschen. Ein Holocaust. Warum spricht man nicht davon? Die Geschichten, die über kürzlich geschehene Massaker und ethnische Säuberungen erzählt werden, sind traurig und schmerzhaft, und ich habe nicht den geringsten Zweifel daran, daß diese Dinge geschehen sind. Ich war nicht dort und habe es nicht gesehen, und ich werde um keine Papiere bitten. Mir reicht es, ein wenig über die Geschichte der entfesselten Haßgefühle und die wirklichen Konflikte zu wissen. Aber mir ist auch bekannt, daß in den 45 Jahren der Existenz der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien Frieden zwischen diesen Völkern herrschte. Tito selbst war zwar kroatischer Abstammung, wußte aber die Zuneigung der Serben und aller anderen für sich zu gewinnen, weil die Serben wirklich das Rückrat des Widerstandes waren. Es ist verständlich, daß in der Tito-Epoche nicht viel über die Angelegenheit gesprochen wurde. Heute, in einem zerstückelten Jugoslawien und angesichts der Tatsache, daß in einem seiner Landesteile gerade ein Verbrechen wie das begangen wurde, das wir erlebt haben, lohnt es sich sehr wohl, daß diese Wahrheiten bekannt werden. Ich muß klarstellen, daß ich nicht die geringste Absicht habe, irgendjemanden zu reizen oder zu beschuldigen, und schon gar nicht irgendein Volk. Ich habe nicht die geringste Absicht, die Kroaten dafür zu beschuldigen. Das wäre so, als würde man die Deutschen für die von Hitler begangenen Massaker und den Holocaust an den Juden, Sinti und Roma und vielen anderen, die in den Konzentrationslagern starben,
beschuldigen. Und hierbei handelte es sich um systematische Ermordungen, den kaltblütigen Versuch der Ausrottung einer Volksgruppe, einer Nation, einer multiethnischen Bevölkerung oder einer einzigen Ethnie. Weil er eine solche Zahl von Opfern erreichte, hat der Holocaust eine enorme Bedeutung. Das kroatische Volk zu beschuldigen, wäre das Gleiche, als ob man dem italienischen Volk die Schuld für die Verbrechen des Clowns Mussolini geben würde. Mir fällt keine andere Bezeichnung für ihn ein, weil er zum großen Teil genau das war. Er tötete viele Menschen, führte Invasionen durch, führte diesen ganzen Krieg und schickte Truppen in die Sowjetunion. Es wäre aber ungerecht, dafür das italienische Volk verantwortlich zu machen, denn dies wäre das selbe, als ob man irgendein Volk für die Verbrechen eines faschistischen Systems anklagen würde. Ich möchte dies ehrlich klarstellen. Ich beabsichtige nicht, irgendjemand die Schuld zu geben, sondern ich will mich an die historischen Fakten halten. Man muß auch eine andere Realität nennen: Die Juden, die in Deutschland und anderen Ländern den Holocaust erlitten, entwickelten eine ziemlich starke Freundschaft mit den Serben und waren ihnen dankbar, weil die Serben vielen Juden das Leben gerettet haben. Man erzählt sogar, daß die US-Außenministerin als Kind aus der Tschechoslowakei kommend auf dem serbischen Territorium Zuflucht fand und dort Hilfe und Unterstützung von den Serben erhielt. Die Serben spielten eine historische Rolle und kämpften heldenhaft gegen den Nazismus. Und ich wiederhole, daß unsere Position, die wir jetzt und in Zukunft aufrechterhalten, eine auf Prinzipien gestützte Position ist. Wenn Sie die Gelegenheit haben, können Sie die Rede unseres UN-Botschafters lesen. Dort kommt unsere Position zum Kosovo klar heraus. Wir haben nicht erst jetzt, sondern bereits 12 Tage nach dem Beginn der Bombardierungen, nachdem als direkte oder indirekte Folge der Bombenangriffe - meiner Meinung nach sind es mit Sicherheit in der überwiegenden Zahl der Fälle direkte Folgen - Konflikte jeder Art entfesselt wurden oder sich verschärften, einer katholischen Gemeinschaft, die Flüchtlinge betreut, Ärzte angeboten. Sie erzählten uns von der dortigen Tragödie und wir boten ihnen daraufhin bis zu 1.000 Ärzte an. Zwölf Tage danach! Das ist keine heute oder eine Woche vor der kubanischen UNO-Erklärung ausgedachte Erfindung. Wir verkündeten es nicht öffentlich, weil wir ihnen die Angelegenheit überließen. An einem Tag vor einigen Wochen erklärten wir es dann auch öffentlich. Ebenso verfuhren wir, als die US-Amerikaner, die einen Stützpunkt auf unserem Territorium besetzen, uns darüber informierten - etwas, was sie normalerweise nicht zu tun pflegen - , wobei sie mehr informierten als beantragten, daß sie 20.000 Kosovo-Flüchtlinge auf diesen Stützpunkt bringen würden, was alle Bestimmungen der Vereinbarung verletzt, kraft derer sie dort sind, einer Vereinbarung, die auf viele verschiedene Arten von ihnen verletzt worden ist. Aber wenigstens haben sie die Geste gezeigt, uns zu informieren. Vielleicht dachten sie, daß wir sagen würden, daß sie sie nicht herbringen sollten. Wir sagten ihnen: Wir sind absolut einverstanden damit, daß Ihr sie herbringt. Wir sind bereit, bei allen Dingen zu kooperieren, denn wir können unsere Krankenhäuser und die Wasserzufuhr bereitstellen und alle Hilfe leisten, zu der wir fähig sind. Danach berieten sie sich vielleicht, denn diese Idee, einen Krieg zu entfesseln, der wiederum eine kolossale Emigration und ein menschliches Drama auslöst, und dann diese Flüchtlinge von Albanien zu einem weitentfernten Marinestützpunkt in einem tropischen Land zu bringen, war wirklich unsympatisch. Schließlich nahmen sie 2.000 Flüchtlinge auf und brachten sie, wie ich verstanden hatte, in einem Camp auf ihrem eigenen Territorium unter. Von den eine Million Flüchtlingen haben sie in generöser und humanitärer Art und Weise nicht viel mehr als 2.000 geholfen. Großbritannien nahm ein weiteres winziges Grüppchen auf. Ich glaube, daß die beiden Länder auf einen Anteil von 0,8% oder eine ähnlich unbedeutende Zahl von Flüchtlingen kommen. Wir willigten ein und erklärten unsere Bereitschaft dazu, sie auf dem von den USA besetzten kubanischen Territorium aufzunehmen. Wir boten an, ihnen medizinischen
Beistand zu gewähren, was wir jetzt hier noch einmal wiederholen. Das war unsere klare und kategorische Position: Der Respekt vor ihren kulturellen, nationalen und religiösen Rechten und die Unterstützung der Autonomie. Und wir gingen noch weiter - es ist möglich, daß viele Jugoslawen das nicht verstehen, oder daß die Serben das nicht richtig verstehen -, indem wir sogar die Idee der Unabhängigkeit für den Fall akzeptierten, daß ein gerechter Friede für alle Ethnien im Kosovo erreicht wird und sich die Serben des restlichen Gebietes dieser Teilrepublik friedlich einigen und entscheiden, dies zu tun. Ja, ich erkläre, daß es auf friedliche Art und Weise und im gegenseitigen Einverständnis vonstattengehen muß. Ich glaube, daß diese Möglichkeiten bestehen. Aber gut, wir dürfen uns nicht in dieses delikate Thema einmischen. Wir haben unsere Positionen vorgebracht und unsere Pflicht erfüllt. Wir machen die Dinge weder um Freunde noch um Feinde zu gewinnen. Manchmal tun wir Freunden weh und gewinnen gleichzeitig Feinde hinzu. Doch es gibt etwas, das mehr wert ist als alle vorübergehenden Vorteile, und das ist die Ernsthaftigkeit und Aufrichtigkeit. Ich habe sogar die Europäer mit den von mir verwendeten Worten kritisiert, ohne daß ich irgendein Gefühl der Animosität gegen sie hegen würde. Aber eines Tages werde ich perfekt beweisen können, daß ich sie auf irgendeine Art und Weise gewarnt habe, und zwar nur sieben Tage nach dem Beginn der Angriffe, als ich mit viel Präzision genau das voraussagte, was schließlich geschah. Entschuldigen Sie, daß ich mich zurückhalte und dieses Material nicht veröffentliche. Einer der großen Fehler Europas war, daß sie statt einer Zusammenarbeit mit den moderaten Kräften mit den extremistischsten Elementen kollaborierten, die sie bis vor einigen Monaten als gefährliche Terroristen bezeichneten. Diese Bewegung vefügte 1998 nur über einige Hundert bewaffnete Männer und ihr Personalbestand stieg auf 15.000 bis 20.000 bewaffnete Kämpfer an. Man muß nun herausfinden, was diese berühmte Institution namens CIA gemacht hat, wieviele Männer sie trainierte, wieviele Waffen sie zur Verfügung stellte und welche Aufgaben sie erfüllte. Worüber kein Zweifel besteht ist, daß dieser Krieg wirklich fast programmiert war. Mir scheint, daß die größte Friedensmöglichkeit darin bestand, die moderaten Gruppen anstatt der extremistischen Gruppierungen zu unterstützen, die bis vor kurzem als Terroristen angesehen wurden. Sie benutzen jede Art von Begriff und Bezeichnung. Und warum ist diese Politik sehr besorgniserregend - das ist die letzte Idee, die ich hier vorbringen will -, die Offensive gegen die Souveränität, dieser Versuch, die Prizipien der UN-Charta wegzuwischen? Warum erfindet man alle diese Theorien und von mir erwähnten Doktrinen, so viele Vorwände für humanitäre und gegen globale Gefahren gerichtete Interventionen? Es gibt außerdem etwas, wie ich erwähnt habe, ein anderes Konzept, das 'Diplomatie unter dem Schutz der Gewalt' heißt. Bis wann soll das so weitergehen? Wir haben sehr viele bittere Erfahrungen mit dem Verhalten der führenden USamerikanischen Politiker gesammelt. Gelegentlich wählen sie einen von ihnen, der zum Beispiel eine religiöse Ethik hat. Ich würde es wagen, einen Fall zu zitieren, nämlich Carter. Ich stelle mir vor, daß Carter eine solche Art von völkermörderischem Krieg nicht unterstützen würde. Aber wir haben auch eine Reihe von US-Präsidenten kennengelernt, von denen man nicht das selbe behaupten kann. Wir haben gerade eine Klage gegen die USA auf die Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 181 Milliarden Dollar eingereicht - ich habe Ihnen ja bereits einiges erzählt, hoffentlich wird Ihnen ein Exemplar geschenkt. Ich glaube, Sie hatten eines in den Koffern, aber für den Fall, daß sie es nicht gelesen haben, da Sie nicht über viel Zeit verfügt haben, sage ich etwas dazu -, in dieser Klageschrift gibt es zwei Dinge, zwei hervorragende Beispiele von Zynismus. Wir sprachen hier in der Klage zusammenfassend von folgendem: " Die Unterlagen jener Zeit, ausgestellt von denjenigen, die von den USA aus die Aggressions- und Subversionspolitik gegen Kuba gestaltet haben, weisen die unbestreitbare historische Wahrheit dieser
Vorkommnisse und den Zynismus und die Lügen auf, die immer alle Handlungen der USA gegen Kuba begleiteten." Die Verschwörung gegen Kuba und die Aktionen begannen direkt nach der Einführung eines Agrarreformgesetzes, da es US-Unternehmen gab, die 10.000, 50.000 und einige sogar bis zu 150.000 Hektar Land besaßen, und da wir ein Agrargesetz entwarfen, das logischerweise und unvermeidbar deren Eigentum antastete. Ab diesem Moment begannen ihre Verbrechen gegen Kuba. Bereits im August wurden die ersten terroristischen Akte verübt und die ersten Pläne zur Ermordung von Führungspersönlichkeiten begannen im November 1959, wobei sie mir die Ehre erwiesen, mir eine große Anzahl dieser Pläne zu widmen. Hier in diesem selben Abschnitt ist das aufgeführt. Man hatte noch nicht vom Sozialismus gesprochen, den davon wurde hier ab dem 16. April geredet, als wir darangingen, die Opfer zu beerdigen, die Kämpfer, die als Folge eines Angriffs US-amerikanischer Kampfflugzeuge, die mit kubanischen Söldnern bemannt waren und kubanische Insignien aufgemalt hatten, starben. Und sogar Stevenson ließen sie dort in der UNO, wo dieser als Botschafter fungierte, große Lügen erzählen, die gleiche offizielle Begründung, die in der Behauptung bestand, daß es sich um Flugzeuge mit rebellierenden Piloten unserer Luftwaffe handeln würde. In Wirklichkeit machten sie uns mit dem Luftangriff auf etwas aufmerksam, was wir bereits erwarteten, denn wir erkannten das nahe Bevorstehen der Söldnerlandung in dem Versuch, unsere kleine Luftwaffe zu zerstören, was ihnen aber nicht gelang, da die Kampfflugzeuge verstreut aufgestellt waren und der Stützpunkt von Luftabwehrbatterien verteidigt wurde. Sie zerstörten einen Teil der Flugzeuge, doch es blieben uns immer noch mehr Flugzeuge als Piloten, und die, welche verblieben, reichten für die Dauer des Abenteuers aus. Ich bezog mich darauf. Es ist keineswegs eine Lüge, daß alle Aktivitäten der USA gegen Kuba unveränderlich von finsteren Absichten begleitet waren. In einem der Abschnitte der Klageschrift wird folgendes ausgeführt: "In diesem Zusammenhang sei zur Veranschaulichung für das Gericht zu erwähnen, daß am 17. März 1960, während einer Versammlung mit der Beteiligung des Vizepräsidenten Richard Nixon" - ein Heiliger -, "des Außenministers Christian Herter" -er erreichte später nicht, Präsident zu werden -, "des Finanzministers Robert B. Anderson, des Assistenten des Verteidigungsministers John N. Irwin, des Stellvertreters des Außenministers Livingston T. Merchant, des Assistenten des Außenministers Roy Rubottom, des Admirals des gemeinsamen Generalstabs Arleigh Burke, des Direktors der CIA Allen Dulles, der hohen CIA-Offiziere Richard Bisell und J.C. King und der Beamten des Weißen Hauses Gordon Gray und General Andrew J. Goodpaster, der US-Präsident das von der CIA vorgeschlagene sogenannte 'Programm verdeckter Aktionen gegen die Regierung Castros'" - bereits vorher wurden eine Reihe von brutalen Aktionen erwähnt - "billigt, wodurch u.a. die Bildung einer Geheimorganisation in Kuba zugelassen wird und deren notwendige Finanzmittel der CIA zur Verfügung gestellt werden. In einem kürzlich öffentlich gemachten Memorandum" - denn sie haben schon Dokumente veröffentlicht, da bereits fast 40 Jahre vergangen sind, es ist eine Gewohnheit - "über den Verlauf dieser Versammlung notierte der General Goodpaster" - hören Sie, was der Mann notierte -: "'Der Präsident meinte, er kenne keinen besseren Plan für das Meistern dieser Situation." - es handelt sich um Präsident Eisenhower - "'Das große Problem ist das Einsickern und der Sicherheitsfehler[...]. Alle müssen bereit sein, zu schwören, daß er (Eisenhower) nichts davon weiß. (...) Er sagte, daß unsere Händen in keiner Aktion auftauchen dürften.'" Und es waren bereits schwerwiegende Dinge passiert, denn schon seit August 1959 begannen Angriffe in Piratenmanier, Bombardierungen, das Anzünden von Zuckerrohrfeldern durch aus den USA kommende Flugzeuge und die Sprengung des Schiffes La Coubre, bei der 101 Bürger dieses Landes getötet wurden und die einige Tage vor dem erwähnten Treffen geschah. In Wirklichkeit war es ein formales Treffen, und das noch mehr, da die CIA bereits vor Beendigung des Jahres 1959,
am 11. Dezember, meine Ermordung empfohlen hatte. Der Sieg der Revolution lag zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal ein Jahr zurück. Sehr gut, es gibt andere Dinge, die mehr Abscheu hervorrufen, und diese sind hier aufgeführt für diejenigen, die es noch nicht gelesen haben. Dies hier ist ein anderes für die Öffentlichkeit freigegebenes Dokument. Nixon war nicht mehr Vizepräsident und Eisenhower nicht mehr Präsident. Kennedy hatte dieses Amt inne, und es bezieht sich auf die Zeit nach der Schweinebucht-Invasion: "Am 7. März 1962 bekundete der Rat der Generalstabschefs in einem Geheimdokument, daß 'die Feststellung, daß ein interner Aufstand mit Erfolgsaussichten in den nächsten 9 bis 10 Monaten unmöglich ist, eine Entscheidung der USA in dem Sinne erzwingt, eine 'Provokation' zu fabrizieren, die eine positive US-Militäraktion rechtfertigt.' Am 9. März 1962 legte das Büro des Verteidigungsministers dem Rat der Generalstabschefs unter dem Titel 'Vorwände, um eine militärische Intervention der USA in Kuba zu rechtfertigen' ein Paket von feindseligen Maßnahmen vor, welche das Ziel verfolgten, die Bedingungen für die Rechtfertigung einer Militärinvasion in Kuba zu schaffen." Achten Sie darauf. Immer haben sie versucht, einen Vorwand zu finden. Alles was sie machen, dient dazu, einen Vorwand zu suchen. Unter den in Erwägung gezogenen Maßnahmen befanden sich folgende, die dem Rat der Generalstabschefs vom Büro des Verteidigungsministers vorgelegt wurden: "Es wären eine Reihe von gut koordinierten Zwischenfällen zu planen, damit diese in Guantánamo (im Marinestützpunkt) oder seiner Umgebung mit dem Ziel stattfinden, glaubwürdig den Schein zu erwecken, daß diese Vorkommnisse von feindseligen kubanischen Kräften provoziert wurden." Dies ist eine Variante. "Die Vereinigten Staaten würden mit der Durchführung von Offensivaktionen zur Sicherung der Wasser- und Stromversorgung antworten, wobei sie die Artillerie- und Mörserstellungen vernichten, welche den Stützpunkt bedrohen. Dies würde USamerikanische Militäroperationen großen Ausmaßes auslösen." "Ein Zwischenfall vom Typ "Remember the Maine" könnte auf verschiedene Art und Weise vorbereitet werden." "Wir könnten ein US-Schiff in der Bucht von Guantánamo in die Luft sprengen und Kuba die Schuld dafür geben." "Wir könnten ein unbemanntes Schiff an irgendeinem Punkt der kubanischen Hohheitsgewässer in die Luft sprengen." "Wir könnten es so arrangieren, daß dieser Zwischenfall in der Nähe von Havanna oder Santiago stattfindet, und zwar als ein spektakuläres Resultat eines kubanischen Angriffs aus der Luft oder von der See, oder aus beiden Richtungen." "Die Präsenz von kubanischen Flugzeugen und Schiffen, die sich einfach nur annähern würden, um die Absichten unseres Schiffes zu erkunden, könnte einen ausreichend überzeugenden Grund darstellen, um zu behaupten, daß das Schiff angegriffen wurde." "Die Vereinigten Staaten könnten die Aktion mit einer luft- oder seegestützten Rettungsaktion unter dem Schutz von US-Jagdbombern fortsetzen mit dem Ziel, die restlichen Mitglieder einer nicht existierenden Besatzung zu 'evakuieren." "Die Listen der Toten und Verletzten in der US-Presse könnten eine günstige Welle der nationalen Empörung hervorrufen." "Wir könnten eine kubanisch-kommunistische Terrorkampagne im Gebiet von Miami, in anderen Städten Floridas und in Washington auslösen. Diese Terrorkampagne könnte gegen die kubanischen Flüchtlinge gerichtet sein, die in den USA Asyl suchen." "Wir könnten ein mit Kubanern vollbeladenes Schiff auf der Route nach Florida versenken (in Wirklichkeit und simuliert)." "Wir könnten Angriffe gegen das Leben der kubanischen Flüchtlinge in den USA fördern, sogar bis zu dem Punkt, einige zu verletzen, wobei diese Fälle dann breit veröffentlicht werden würden." "Eine Reihe von Plastiksprengsätzen an sorgfältig ausgewählten Orten explodieren
zu lassen, einige kubanische Agenten festzunehmen und der Öffentlichkeit präparierte Dokumente vorzulegen, welche die kubanische Verstrickung in die Attentate belegen, könnte ebenfalls dabei behilflich sein, die Idee einer unverantwortlichen Regierung zu verbreiten." "Man könnte einen 'von kubanischem Territorium gestarteten und von Castro unterstützten' Feldzug gegen eine Kuba benachbarte karibische Nation simulieren." "Der Angriff gegen zivile Flugzeuge, die Attacken gegen Schiffe und die Zerstörung von unbemannten US-Militärflugzeugen durch Kampfjets vom Typ MIG könnten nützliche Komplementäraktionen darstellen." "Ein entsprechend angestrichener F-86-Bomber könnte die Passagiere eines Zivilflugzeugs davon überzeugen, daß sie eine kubanische MIG sehen, besonders dann, wenn der Pilot des Passagierflugzeugs dies als eine Tatsache hinstellt." "Entführungsversuche von Zivilflugzeugen oder Schiffen könnten wie Aktionen aussehen, die weiterhin von der kubanischen Regierung gefördert werden." "Es ist möglich, einen Zwischenfall zu konstruieren, der auf überzeugende Art beweist, daß ein kubanisches Flugzeug ein ziviles Charterflugzeug, das von den USA nach Jamaica, Guatemala, Panama oder Venezuela flog, angegriffen und abgeschossen hat." "Die Passagiere könnten eine Gruppe von Universitätsstudenten oder jegliche andere Gruppe von Personen mit gemeinsamen Interessen sein, die das Chartern eines Flugzeuges bedingen." "Es ist möglich, einen Zwischenfall zu fabrizieren, bei dem es so scheint, daß kubanisch-kommunistische MIGs ein Flugzeug der US-Luftwaffe über internationalen Gewässern als Produkt einer nicht provozierten Attacke abgeschossen haben." Fünf Monate später," - nach diesen unheilvollen, wirklich unheivollen Varianten, die dem Rat der Generalstabschefs vorgeschlagen wurden - "im August 1962" - achten Sie auf das Jahr -, "bestätigte der General Maxwell D. Taylor, Präsident des Rats der Generalstabschefs, dem Präsidenten Kennedy, daß man keine Möglichkeit sehe, daß die kubanische Regierung ohne eine direkte militärische Intervention gestürzt werden könnte, weshalb die Erweiterte Spezialgruppe vorschlug, den noch aggressiveren Kurs der Operation Mangoose einzuschlagen. Kennedy genehmigte seine Ingangsetzung mit den Worten: 'Es ist eine Angelegenheit der Dringlichkeit.'" 1962. Es kommt zur Oktoberkrise. Es handelte sich schlichtweg darum, daß an die Ohren der Sowjets und an unsere Ohren einige Nachrichten gedrungen waren, jedoch nicht dieses Dokument, das ich gerade vorgelesen habe, denn zumindest wir kannten es nicht. Doch Chruschtschow hatte eine totale Überzeugung. Für uns war es etwas, woran wir gewohnt waren, denn wiederholt waren wir aufgrund der Nachricht einer möglichen Invasion mobilisiert. Uns interessierte nicht, hier strategische Raketen zu haben. Wir waren wirklich mehr am Erscheinungsbild unseres Landes interessiert, damit es nicht so aussah, als ob es sich um einen Stützpunkt unserer sowjetischen Freunde handelte. In diesem Fall war die Entscheidung wirklich von einem Sinn für Solidarität bestimmt, denn sie hatten uns vor der Invasion in Playa Girón viele Waffen geschickt. Wir hatten Hunderttausende von Waffen, die wir bereits im sozialistischen Lager und bei der UdSSR seit jenem 4. März 1960 erworben hatten, als das Schiff La Coubre mit einer Ladung von Waffen aus Belgien explodierte. Im Zeitraum bis zur Schweinebucht-Invasion, das heißt in den darauffolgenden eineinhalb Jahren, empfingen wir Dutzende und Aberdutzende von mit Waffen beladenen Schiffen, die aus der UdSSR über die Tschechoslowakei kamen und Panzer und Kanonen, Luftabwehrgeschütze und Gewehre brachten. Mit großer Geschwindigkeit lernten wir, diese Waffen zu bedienen, denn die schwersten von ihnen kamen hier im ersten Quartal des Jahres 1960 an, und als es zur Schweinebucht-Invasion kam, vefügten wir über einige von der Batista-Armee erbeutete Waffen und einige andere, die wir in Belgien gekauft hatten, denn die Lieferung, die explodierte, war die zweite, die aus Belgien hier ankam. Das heißt,
daß wir ihnen nicht einmal einen Vorwand geben wollten, wie es 1953 in Guatemala geschah, als sie ein mit Waffen für die Arbenz-Regierung beladenes Schiff aus der Tschechoslowakei zum Vorwand nahmen, um es in die Luft zu sprengen. Doch schon zum Zeitpunkt der Invasion hatten wir Hunderttausende von Männern ausgebildet und bewaffnet, Tausende und Abertausende von Artilleriesoldaten für die Bedienung aller dieser Waffen. Sie hatten zwar nicht viel Erfahrung, wußten aber diese Waffen zu bedienen und verfügten über den nötigen Kampfgeist. Die Sowjets waren sehr beunruhigt, weil sie Nachrichten über eine mögliche Invasion erhielten. Sie stellten uns die Quellen zur Verfügung, für mich waren es nicht exakt die Wichtigsten, denn die Informationen, die sie möglicherweise erhielten, war nicht so komplett wie diejenigen, die sie aus ihren mit Kennedy und anderen hochrangigen Persönlichkeiten geführten Gesprächen ableiteten. Bis zum Zeitpunkt der Playa Girón-Invasion hatten sie uns nicht nur Waffen geliefert, sondern auch bereits kräftig klingende Erklärungen abgegeben und sogar von den Raketen gesprochen. Sie waren irritiert, weil die Revolution damals wie eine Art von Wunder aufgetaucht war, das sie sich nicht vorgestellt hatten. Und die Revolution war weder importiert noch von irgendjemandem von außen gefördert worden. Sie war authentisch und allein von uns durchgeführt. Das einzige, was wir wirklich importierten, waren die Ideen, oder die Bücher, mit deren Hilfe wir uns eine revolutionäre politische Kultur aneigneten und der wir einige Ideen hinzufügten, die das Produkt der einheimischen Schöpfung sind, um sie an die Realitäten unseres Landes anzupassen. Denn die These von Engels war, wie ich sagen muß, daß es nach dem Bau der großen Alleen in Paris und der Erfindung eines Gewehrs mit Verschluß zum Abfeuern von 5 Kugeln unmöglich sein würde, einen Aufstand in Paris oder in ähnlichen Städten zu entfesseln. Wir mußten uns ein revolutionäres Bewußtsein aneignen, als es Flugzeuge, Panzer, Kanonen, Kommunikationsverbindungen und viele für uns damals noch nicht einmal vorstellbare Dinge gab, und da wir an eine Reihe von Prinzipien glaubten und von einer Tradition ausgingen, entwickelten wir die Idee des bewaffneten Kampfes und die zu verfolgende Strategie und Taktik. Kein Russe und kein Sowjetbürger hatte irgendetwas damit zu tun und niemand schickte uns Waffen oder gab uns auch nur einen Centavo. Später gab es revolutionäre Bewegungen in dieser Hemisphäre, die über Dutzende von Millionen Dollar vefügten. Ich stellte einmal eine Rechnung über all das auf, was die MoncadaAktion, die Granma-Landung und der Krieg in der Sierra Maestra kosteten, und vielleicht liege ich nicht so falsch, wenn ich nach der Summierung aller Kosten auf einen Betrag von umgerechnet 300.000 Dollar komme. Also können wir uns bezüglich dessen noch ein weiteres Pünktchen gutschreiben und sagen, daß wir die billigste Revolution gemacht haben, die jemals existierte (Lachen und Beifall). Ich bin aufrichtig. Ja, wir waren solidarisch mit der revolutionären Bewegung, das haben wir niemals verschwiegen. Wir haben niemals gelogen. Ebensowenig informieren wir aber den Feind über Dinge, die wir ihn nicht wissen lassen wollen, und damit basta. Niemals kommt aus unserem Mund eine Lüge, nicht gegenüber den Yankees noch gegenüber einem Journalisten oder sonstjemandem. Das ist ein unerschütterliches Prinzip. Ich habe Ihnen die Dinge bezüglich der Oktoberkrise erklärt. Wir verstanden, daß die US-Amerikaner einige Raketen in der Türkei und in Italien stationiert hatten, die Mittelstreckenraketen waren, die wesentlich schneller als die strategischen Projektile und die Bombenwerfer auftreffen. Die Präsenz von 42 Raketen in Kuba garantierte den Sowjets unbestreitbar ein gewisses strategisches Gleichgewicht. So sehr wir auch an der Aufrechterhaltung eines bestimmten Erscheinungsbildes der Revolution interessiert waren, wäre es doch nicht gerecht und ehrenvoll gewesen, wenn wir den Abschluß einer Vereinbarung über die Frage der Mittelstreckenraketen verweigert hätten, nachdem wir die Waffen, die Unterstützung und sogar die Hoffnung erhielten, daß die Sowjets für uns kämpfen würden. In Wirklichkeit hätten wir lieber vorgezogen, das Risiko einzugehen, die Raketen nicht zu haben, auch wenn wir
gemäß unserem heutigen Wissensstand sicher sind, daß die Invasion damals absolut sicher war. Sogar für die damalige Zeit war die Zahl unserer Waffen und unserer militärisch ausgebildeten Menschen beträchtlich, so daß wir also zu einem Vietnam geworden und einen sehr hohen Preis bezahlt hätten. Warum kam es zu keinem Angriff? Schließlich setzte sich die These der Sowjets durch, unabhängig von den Nachrichten, die wir zwar erhielten, aber mit Gleichgültigkeit betrachteten, denn wir bevorzugten andere Dinge und hatte eine Mentalität für diese Art von Risiko entwickelt. Wir hatten bei weitem keine Angst vor dem Imperialismus. Dies war die Erfahrung, die während unseres Krieges entstanden war, der zwar kurz, dafür aber sehr intensiv war und eine unübertreffliche Schule in Dingen darstellte, die diese Erfahrung bereicherten. Die Sowjets hatten eine absolute Überzeugung, die man auf die eben geschilderte Art nicht erlangen kann, eine totale Sicherheit, ohne diese Dokumente und andere Informationsquellen mit Zugang zu sensiblen Daten zu besitzen. Wenn ich mich gut an diese Zeiten erinnere, sehe ich, daß die Empfehlungen zur Schaffung eines Vorwandes vom 9. März 1962 datieren. Wie man weiß, hatten die Sowjets einige Freunde und Mitarbeiter in vielen USInstitutionen, die an gut besuchten Treffen teilnahmen, bei denen stapelweise Papiere ausgegeben wurden, so daß sie in den Besitz dieser Papiere gelangten. Wir kannten zu dieser Zeit diese Dokumente nicht, wie ich bereits sagte. Wenn ich mich genauestens erinnere an die Geschichte der Kontakte mit den Sowjets, an das erste Mal, als sie uns von diesem Thema erzählten, an ihre Gesandten, die nach Kuba kamen, an deren Identität und die Themen, von denen sie sprachen, an das, was sie sagten und die Art und Weise, wie sie es sagten, und an die Art unserer Analyse, dann habe ich keine Zweifel, daß ihre Kenntnisse aus einer sehr sicheren Quelle stammten. Ich erläuterte der revolutionären Führung diese Frage. Zu dieser Zeit waren Che, Raúl und andere Genossen die wichtigsten Führungspersönlichkeiten. Wir analysierten mit ihnen das Problem und trafen die Entscheidung. Die Russen fragen mich, und ich muß es hier sagen, das folgende: "Was kann Eurer Meinung nach diese Invasion verhindern?" Ich sagte ihnen - und ich glaubte sogar daran: "Eine Erklärung der Sowjetunion, die besagt, daß ein Angriff auf Kuba einem Angriff auf die Sowjetunion entspricht." Sie sagen: "Ja, ja. Aber wie machen wir das glaubhaft?" Daraufhin schlagen sie die Idee der Stationierung der Raketen vor. Zu dieser Stunde gingen wir auseinander, um unter uns nachzudenken und zu analysieren, und wir analysierten es aus der Perspektive, die ich Ihnen erläutert hatte, im Sinne der Ehre und der Solidarität. Die Antwort fiel positiv aus. Dies war einige Wochen nachdem die Anleitungen zur Schaffung von Vorwänden für eine Invasion herausgegeben wurden. Ich muß diese Geschichte noch ein wenig rekonstruieren und einige Nachforschungen über Angaben und Daten anstellen. Ich habe Ihnen davon erzählt - ich wollte nur das vorlesen, was ich hier habe - und man muß es noch präzisieren. Denn seit dem Augenblick, als wir eine Vereinbarung über dieses Thema unterzeichneten, war die Schnelligkeit, mit der gearbeitet wurde, eindrucksvoll. Schauen Sie, schon im August akzeptiert Kennedy den Plan, bewilligt ihn und sagt, daß es sich um eine "dringende Angelegenheit" handele. Möglicherweise sind wir damals einer direkten Invasion entgangen. Danach kam es zu Gerüchten über Bewegungen von Waffen und Schiffen und solchen Dingen. Im Juli und August kreisten bereits einige Gerüchte, denn es kamen Mittelstreckenraketen, Luft-Boden-Raketen und eine große Anzahl von Rüstungsgütern, modernen Kampfflugzeugen und vielen anderen Dingen an. Die Krise bricht in Wirklichkeit nach dem 20. Oktober aus. Die Sowjets und Chruschtschow hatten vollkommen recht, doch eine so totale Sicherheit wie die, an die ich mich erinnere, konnte man nur durch die Kenntnis von Dokumenten und Aktivitäten der USA erlangen, und sie hatten sehr viel mehr Mittel zur Verfügung als wir, um diese Information zu bekommen.
Wir hatten einige wichtige Informationen, sogar ziemlich viele, und vor allem viel Intuition. Wir rieten und hatten die Angewohnheit, uns niemals von einem Angriff überraschen zu lassen. Es ist vorzuziehen, zwanzig Mal Mobilisierungen einzuleiten und es passiert nichts, als einmal nicht zu mobilisieren und dann angegriffen zu werden. Man könnte sagen, daß eine mobilisierte Armee und ein mobilisiertes Land zwanzig oder fünfundzwanzig Mal mehr Stärke haben als ein überraschend attackiertes Land. Das passierte den Sowjets im Juni 1941, das passierte Stalin, als er die Rolle des Strausses spielte und den Kopf in den Sand steckte, während die Deutschen 3 Million Soldaten in der Nähe der Grenze konzentrierten, und zusätzlich Zehntausende von Fahrzeugen, Tausende und Abertausende von Panzern, Tausende und Abertausende von Flugzeugen, und als sie an einem Sonntag angriffen, als viele Offiziere und Soldaten Ausgang hatten, worauf fast die gesamte Luftwaffe am Boden zerstört wurde. Diese Geschichte ist unglaublich und wir kennen sie sehr gut, weil wir viel über jenen Krieg gelesen haben, was dazu beigetragen hat, unsere Erfahrung in vielen Bereichen zu bereichern. Aber erst als die US-Amerikaner entschieden, diese Dokumente zu veröffentlichen, erfuhren wir im Detail von diesen makabren Plänen und ihrem unglaublichen Fehlen von Skrupeln. Einer sagt: "Ich weiß nichts, sie müssen schwören, daß ich über nichts Bescheid weiß." Ein anderer empfiehlt schändliche Arten der Provokation von Zwischenfällen, um einen Krieg zu rechtfertigen. Ein anderer wiederum akzeptiert sie. All das hilft uns heute, nach der ganzen Zeit, die verstrichen ist. Es werden weiterhin Dokumente erscheinen, denn sie haben diese Gewohnheit, und dabei haben sie die veröffentlichten Dokumente beigetragen, wie ich Ihnen bereits sagte, und zwar unabhängig von allen Beweisen, über die wie verfügen, nicht wahr? Denn etwas wie Playa Girón ist absolut leicht zu beweisen. Ist es nicht so? Die Geschichte umfaßt alles vom ersten bis zum letzten Aspekt, wer die Söldner rekrutierte, von wo aus sie ihre Befehle erhielten und welche Waffen ihnen übergeben wurden. Wir hatten 1.200 Gefangene hier, die sie gegen Lebensmittel und Medikamente eintauschten. Das war es, was wir machten. Doch sie haben uns Dokumente, Präzedenzfälle und Tatbestände übermittelt. Jetzt sind wir in eine juristische Schlacht verwickelt und ich hoffe, daß sie jetzt keine Invasion starten, weil sie uns als eine globale Bedrohung ansehen. Ich kann Ihnen sehr wohl von einer globalen Bedrohung erzählen: die Ideen, die klaren Ideen, das, was Sie hier analysiert und verabschiedet haben. Lassen Sie uns die Ideen globalisieren und verbreiten. Lassen Sie uns das Wunder schaffen, sie überallhin zu tragen, wie ich Ihnen am ersten Tag gesagt hatte. Das sind die wahren globalen Bedrohungen: sprechen, überlegen, denken, erklären, beweisen. Wenn ich Ihrer Meinung nach zu weit ausgeschweift bin, so empfand ich es nicht so. Und ich habe mit großem Vergnügen über all das zu Ihnen gesprochen und Ihnen einige Dinge erzählt, wovon Teile sogar unveröffentlicht waren. Ich habe es mit großer Freude und Zufriedenheit getan. Das ist das Wenigste, das ich angesichts der Ehre tun kann, die sie mir erwiesen haben, und ihres Besuchs. Sie sind ohne Angst oder Furcht hierhergekommen, denn unter bestimmten Umständen muß man mutig sein, um hierher zu Besuch zu kommen. Ich spreche hierbei die Kongreßteilnehmer an und auch die Minister, auch wenn es sich bei den Ministern nicht um den selben Fall handelt. Sie haben ein bißchen mehr Macht und sind ein bißchen weniger verwundbar als Sie. Wegen des aufrichtigen und solidarischen Geistes der Freundschaft, den wir hier spürten, habe ich mit großer Genugtuung meine Worte an Sie gerichtet, und das während eines Zeitraums, ich weiß nicht, man kann kaum die Anzahl der Stunden kalkulieren. Aber ich kann Ihnen versichern, daß ich um 17.00 Uhr anfing zu reden, weshalb dies noch weit von einem Rekord entfernt ist (Lachen). Hoffentlich ist es nützlich! Vielen Dank
Fidel 28. Juni 1999 REDE SEINER EXZELLENZ DR. FIDEL CASTRO RUZ, PRÄSIDENT DER REPUBLIK KUBAS WÄHREND DES ERSTEN ARBEITSTAGES DES GIPFELTREFFENS DER STAATS-, UND REGIERUNGSCHEFS VON LATEINAMERIKA-KARIBIK UND DER EUROPÄISCHEN UNION. RIO DO JANEIRO, BRASILIEN, AM 28. JUNI 1999. Ich möchte heute eine äußerst wichtige politische Frage in bezug auf das neue strategische Konzept der NATO unbedingt erwähnen. Ich beziehe mich hier auf vier Abschnitten davon: Eins: " Zur Verbesserung von Frieden und Stabilität in Europa und darüber hinaus, stärken die europäischen Verbündeten ihre Handlungsfähigkeit, auch durch eine Verstärkung ihrer militärischen Fähigkeiten". Zwei: "Die Sicherheit des Bündnisses bleibt einem breiten Spektrum militärischer [...? Risiken unterworfen [...? . Zu diesen Risiken gehören Ungewi? heit uns Instabilität im und um den euro-atlantischen Raum sowie die mögliche Entstehung regionaler Krisen an der Peripherie des Bündnisses... " Drei: "Streitkräfteelemente in grö? erer Zahl werden in geeigneten Bereitschaftsgraden zur Verfügung stehen, um längere Operationen durchzuhalten, entweder innerhalb oder au? erhalb des Bündnissgebiets". Vier: Da? es wahrscheinlicher ist, da? die möglichen Androhungen gegen der Sicherheit des Bündnisses aus regionaler oder ethnischer Konflikte, aus anderen Krisen au? erhalb des Bündnissgebiets, sowie aus der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und ihrer Trägermittel erwachsen. Ich würde drei sehr kurzen Fragen stellen die gleichzeitig Überlegungen darstellen: Ertens: Wir möchten wenn es möglich ist, wissen, ob Lateinamerika und der Karibik zu der von der NATO definierten euro-atlantischen Peripherie gehören oder nicht. Zweitens: Nach zahlreichen Debatten hat die europäische Union eine Erklärung dieses Gipfeltreffens unterstützt, wobei festgelegt wird: "Diese strategische Partnerschaft bassiert auf der Achtung des internationalen Rechts und auf der in der Charta der Vereinten Nationen beinhalteten Ziele und Grundsätzen der Nichtintervention, des Respekt der Souveränität, der Gleichheit zwischen den Staaten sowie der Selbstbestimmung". Würde das bedeuten da? die Vereinigten Staaten sich auch zu den in dieser Erklärung ihrer Verbündeten beinhalteten Prinzipien bekennen werden? Wie wird sich Europa verhalten wenn die Vereinigten Staaten auf eigener Rechnung und mit irgendeinem Vorwand die Entscheidung treffen, über einer der hier versammelten Ländern Lateinamerikas und der Karibik ihre Bomben und Raketen zu werfen? Drittens: Für die ganze Welt ist beispielweise bekannt da? Israel über Hunderte von Kernwaffen verfügt die mit westlichen Hilfe hergestellt wurden. Darüber wird seltsamerweise absolut geschwiegen. Würde das bedeuten da? die NATO, gemä? dem o.g. vierten Punkt und als Folge der heimlichen Verbreitung nicht nur der Massenvernichtungswaffen sondern auch der massiven Herstellung von diesen, die Möglichkeit hätte über Jerusalem oder Tel Aviv, über israelischen oder palästinensischen Städten Tausend Bomben zu werfen? Da? sie elektrischen Systemen, Industrien, Autobahnen und alle für das Menschenleben wesentlichen Mitteln zerstören kann? Da? sie Zehntausende unschuldigen Bürgern direkt töten und das Leben der restlichen Bevölkerung bedrohen kann? Kann diese eine zivilizierte Bewältigung solcher Problemen sein? Kann man versichern da? dies nicht zu einem nuklearen Konflikt führen könnte? Wo könnte uns die neue und unvertretbare Doktrin der NATO hinführen? Nachdem ich nur diese kurzen Überlegungen über ein so empfindliches Thema zum Ausdruck gebracht habe, möchte ich nicht Weiteres sagen. Ich bitte um Verzeihung. Vielen Dank
Fidel 29. Juni 1999 REDE VON SEINER EXZELLENZ DR. FIDEL CASTRO RUZ, PRÄSIDENT DER REPUBLIK KUBAS ANLÄSSLICH DES GIPFELTREFFENS DER STAATS-, UND REGIERUNGSCHEFS VON LATEINAMERIKA - KARIBIK UND DER EUROPÄISCHEN UNION. RIO DO JANEIRO. BRASILIEN. AM 29. JUNI 1999. Herr Präsident, Exzellenzen, Lateinamerika und der Karibik bilden eine Ländergruppe die über enormen natürlichen und menschlichen Ressourcen verfügt, Länder die sich vereinigen und entwickeln wollen. Wir sind bereits 499 Millionen Menschen, davon leben 210 unter dem Armutstand, 98 Millionen sind völlig unbemittelt. In den 80er Jahre verloren wir 223 Milliarden Dollars aufgrund der Nettoüberweisungen ins Ausland. Wir schulden über 700 Milliarden und haben in den letzten neun Jahre 850 Milliarden Schuldendienst gezahlt, ohne daß die jährliche Wachstum der Auslandverschuldung sich aufgehalten hätte. Ende der 80er Jahre betrugen die direkten europäischen Investitionen in der Region 54 Prozent des gesamten Investitionsvolumen. Jedoch, zwischen 1990 und 1994 wurde dieser Zahl auf ein bescheidenen 23 Prozent reduziert. Die alten sozialistischen Ländern aus Mittel-, und Osteuropa verlangen heute von der EU zahlreichen Geldmitteln. Rußland, damals eine Supermacht, ist heute ein Teil der Dritten Welt, und es weis niedrigeren Einkommen pro Kopf aus, als die Ländern des CARICOM. Die Gründe dafür liegen nicht nur an der progressiven und ständigen Reduzierung seines Bruttoinlandsproduktes bis fast 50 Prozent in den letzten zehn Jahre, sondern auch an der Flucht von 300 Milliarden Dollars die in europäischen Banken gelangt sind. Ein riesiger Sieg der Marktwirtschaft und der politischen Rezepten des Westens. In fast 80 Tagen unverhältnismäßigen Luftangriffen, hat einen von Niemanden genehmigten Krieg zur Notwendigkeit geführt, enormen Geldsummen auszugeben. geführt. Die Kosten zum Wiederaufbau der von 23 Tausend Bomben und Raketen US-amerikanischer Herkunft verursachten Zerstörung, wird im Voraus von Europa verlangt. Nach so viele Verpflichtungen frage ich mich: Was bleibt der europäischen Union für Investitionen in Lateinamerika und der Karibik übrig? Die Union, die Integration und die gemeinsame Währung der europäischen Ländern, die über Jahrhunderte so blutig unter sich gekämpft haben, die heute jedoch bewußt sind daß diese Union unbedingt notwendig sei um in der heutigen Welt ökonomisch überleben zu können, bedeuten für uns eine Hoffnung und ein Beispiel davon daß das Unmögliche, möglich ist. Der EURO wird uns helfen, uns von dem Privileg und der Tyrannei des US-Dollars zu befreien. Wir bezweifeln nicht daß Europa ein großer, mächtiger und reicher supranationaler Staat wird. Doch wir hoffen er wird ein respektvoller Freund und nicht ein Feind sein der Dritten Welt, der Souveränität der Ländern die sich noch einigen, integrieren und entwickeln sollen. Wir sprechen in diesem Fall in Namen Kubas, ein auf verbrecherischer Art blockiertes Land, welches darüber hinaus, durch nicht besonders ethischen "Verständnisses" bezüglich zynischen überterritorialen Gesetzen, durch ungerechten und ungerechtfertigten "gemeinsamen Einstellungen" die sich letztendlich an den Versuch anschließen uns ökonomisch zu ersticken, noch als Wechselgeld geopfert wird. Ich bringe meine Hoffnung zum Ausdruck, daß es keine neue Weltverteilungen unter den Supermächten geben wird, daß den unmöglichen Wahnsinn uns wieder in Kolonien zu verwandeln, nicht wieder versucht wird. So lange Schwachen und Mächtigen gibt, solange Alle nicht bereit sind auf ihre Souveränität zu verzichten zugunsten der Weltsouveränität, werden wir diese
Souveränität als etwas Heiliges verteidigen. Wenn wir davon ausgehen daß es keine niedrigen oder höheren Rassen gibt, warum sind wir, die Länder von Lateinamerika und der Karibik, arm und unterentwickelt? Wer ist daran schuldig? Vielleicht können die heldenhaften Kinder von Chapultepec, die Millionen Ureinwohner die in diesem Erdteil ausgerottet wurden und die Sklaven die Jahrhunderte lang gefesselt gestorben sind, diese Fragen beantworten. Die in Bretton Woods durchgesetzten Vorrechten sind bereits für die Welt unerträglich. Das Land das die Verantwortung übernommen hat die internationale Reservewährung auszugeben, deren Wert mit wahres Gold garantiert werden sollte, zögerte nicht das Gold an dem Tag in Papier zu verwandeln als es einseitig die freie Konversion des Dollars suspendierte, so übernahm seine Währung seitdem die Rolle des Goldes. Auf dieser Weise bekam sie eine große Kauf-, und Investitionskraft auf der ganzen Welt, doch die durchschnittliche Nettoersparnisse der privaten Haushalten, wichtigste Grundquelle der Kapitalbildung, liegen in diesem Land bereits unter Null, dafür gibt es keine Parallele in der Geschichte des Kapitalismus. Als Herr und Besitzer der Institutionen des internationalen Finanzsystems ist ihm Alles erlaubt. Mehr als eine "neue Architektur" für ein altes und verfallenes System, soll man dringend das etablierte Finanzsystem bis zum Fundamenten niederreißen und ein neues, ehrliches, demokratisches, gerechtes und menschliches System schaffen die einen Beitrag zur Beseitigung der Armut und zur Rettung der Welt leisten kann. Schaffen wir das Wunder das Unmögliches möglich zu machen. Mit offenen Armen sind wir bereit von Europa eine bedingungslose Kooperation und eine Solidarität mit Freiheit zu bekommen. Vielen Dank
Fidel 30. Juni 1999 Ansprache des Comandante en Jefe, Fidel Castro Ruz, Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas und Präsident des Staats- und Ministerrates, während der Veranstaltung zur Verleihung der Medaille "José Bonifacio", im Grad des Großen Offiziers, an der Universität von Rio de Janeiro, Brasilien, am 30. Juni 1999, "Jahr des 40. Jahrestages des Sieges der Revolution" (Mitschrift durch den stenographischen Dienst des Staatsrates) Persönlichkeiten des Bundesstaates und der Stadt; Rektoren; Professoren; Studenten; Arbeiter; Freunde Kubas: Sie haben mich mit sovielen Ehren überhäuft, so weit über das hinaus, was ich tatsächlich verdiene. Ich sehe darin nichts weiter als einen großen Geist der Solidarität und der Großzügigkeit. Sie waren ungeduldig, daß ich einige Worte sage- sagt jemand hier-. Der einzige, der nicht ungeduldig war, war ich (Lachen und Beifall). Ich stand oft auf Rednertribünen, aber selten, vielleicht niemals, sah ich mich vor einer so schwierigen Aufgabe. Es gab meinerseits sogar ein Versprechen, nicht länger als zwei Stunden zu reden (Lachen), und glauben Sie mir, ich werde versuchen, das Versprechen zu halten (Lachen und Ausrufe). Sehen Sie, Sie haben mir so viele Dinge empfohlen, Sie haben mich an viele Momente und Episoden dieser Jahre erinnert, und wenn ich mich von den Erinnerungen leiten lasse, dann würde ich die Rede, was weiß ich, um viele Stunden verlängern. Ich denke, es ist besser, wenn ich mich auf einige wenige Themen
konzentriere. Außerdem beabsichtige ich, die Einladung der Delegierten aller Studenten Brasiliens anzunehmen, mich morgen mit ihnen zu treffen. Ich kann Ihnen nicht alles sagen, was ich an den beiden Orten sagen müßte. Es ist besser, die Rede zu teilen, sonst wäre sie zu lang. Ich mußte über das Thema entscheiden, und in Anbetracht dessen, daß wir uns hier in Rio befinden und daß vor kurzer Zeit die Konferenz stattgefunden hat, ist es meine Pflicht, einige Eindrücke darüber abzugeben. Jedoch nur über einen Teil der Konferenz, wenn man dies so will. Selbstverständlich war es für mich nicht leicht. Wir sind der Dämon (Lachen), Kuba ist ein Inferno (Lachen). Das haben unsere Nachbarn aus vom Norden so oft, so viele Millionen Male, gesagt...Auch wenn es falsch wäre, von unseren Nachbarn aus dem Norden zu sprechen, denn es wäre besser, von unseren Gegnern unter den Nachbarn aus Norden zu sprechen, Nachbarn, die man jahrelang betrogen hat. Das US-amerikanische Volk trägt keine Schuld an den vielen historischen Verbrechen, die dieses Imperium begangen hat, sogar bevor es den Status eines Imperiums bekam. Aus Prinzip haben wir niemals das US-amerikanische Volk beschuldigt. Dabei können wir an jene berühmte Aussage von Lincoln erinnern, die lautet: Es ist möglich, das ganze Volk eine gewisse Zeit zu betrügen oder einen gewissen Teil des Volkes die ganze Zeit zu betrügen, aber es ist nicht möglich, das ganze Volk die ganze Zeit über zu betrügen (Beifall). Wir könnten sagen, daß in der globalisierten Welt von heute auch die Lüge globalisiert worden ist (Beifall). Wir könnten das gleiche sagen: Es ist möglich, einen Teil der Welt die ganze Zeit zu betrügen oder die ganze Welt eine gewisse Zeit zu betrügen. Aber Sie haben heute hier bewiesen, daß es nicht möglich ist, die ganze Welt die ganze Zeit über zu betrügen (Beifall). Das bedeutet den Beginn der globalen Wahrheit und den Beginn des globalen Sieges. Ich lese jeden Tag die Nachrichten, viele Nachrichten, 200, 300, es ist eine alte Angewohnheit. Ich weiß alles, was auf der Welt gesagt wird, und sogar einen Teil davon, was auf der Welt geschieht. Man eignet sich die Fähigkeit an, jede auf der Welt gesagte Lüge zu kennen und zu wissen, wieviele Wahrheiten verschleiert werden und welches die Mechanismen dafür sind. Oftmals finden wir beim Lesen der Nachrichten zunächst einen Titel und lesen daraufhin den Inhalt, der jedoch nichts mit dem Titel zu tun hat. Das sind Methoden zur Manipulation von Nachrichten, so daß zum Beispiel in allen Zeitungen der Welt jener Titel und dann ein anderer Text herausgegeben wird. Es besteht auch die Tatsache, daß es viele Leute auf der Welt gibt, die nur den Titel der Nachrichten und nichts weiter lesen. Es ist traurig, aber wahr. In unserer Welt ist die Gewohnheit des Lesens zurückgegangen. Es gibt andere seriöse Massenmedien, die Ideen verbreiten, nämlich zuerst der Rundfunk und dann das Fernsehen. Aber sie haben sich gleichfalls globalisiert. Es gibt große Ketten, die ihre Nachrichten über einflußreiche audiovisuelle Medien auf der ganzen Welt verbreiten, und der größte Teil davon befindet sich in den Händen unserer Nachbarn aus dem Norden. Sie besitzen die Mehrheit der Massenmedien und der Kommunikationsmittel und fast alle Satelliten, die eines Tages die Sonne verdecken werden (Lachen). Sie besitzen die mächtigste Filmindustrie und die mächtigste Video- und Fernsehserienindustrie. Einige haben dieses Phänomen analysiert und wir müssen uns dessen bewußt sein. Welches von unseren Ländern kann 300 Millionen Dollar für einen einzigen Film ausgeben, seine Kosten innerhalb der USA wiedereinspielen und, nachdem man mit dem Film viel Geld gemacht hat, ihn zum beliebigen Preis auf der Welt vertreiben? Man kennt die Statistiken über den Prozentanteil US-amerikanischer Filme an den von den Lateinamerikanern konsumierten Filmen, den Prozentanteil der USFernsehserien und den Prozentanteil der US-Videofilme auf dem Weltmarkt. Es gibt Länder in dieser Hemisphäre, in denen 90% der ausgestrahlten Kino- oder Fernsehfilme US-amerikanischer Herkunft sind. All dies wird mit kommerziellem Geist erarbeitet oder gestaltet und dient dazu, das zu verbreiten, was wir als die schlimmsten Ansammlungen der Gesellschaft jenes Landes bezeichnen könnten,
wie zum Beispiel Gewalt. Ich glaube, ich habe einmal gelesen, daß 65% des Inhaltes dieser Filme mit Gewalt zu tun hat. Kein anderes Land der Welt produziert Kino-, Fernsehfilme und ähnliches mit so viel Gewalt, Sex und Extravaganz (Beifall). Und mit all dem, was sie mit vorwiegend kommerziellem Geist produzieren, vergiften, verwirren und betrügen sie einen großen Teil der Welt. Vielleicht ist das eines der ernstesten Probleme, die wir heutzutage haben. Ein 300 Millionen Dollar-Film erzielt seine Einnahmen nicht nur durch die Ausstrahlung, sondern er wird zudem mit Werbeprogrammen oder dem Warenverkauf verbunden, so daß einige von diesen Filmen Einnahmen von mehr als einer Milliarde Dollar erzielen. Sie haben alles vermischt. Die großen Unternehmen der Kommunikations- und Filmbranche und ähnlicher Bereiche verfolgen das Ziel, sich zusammenzuschließen. Es ist nicht so, daß wir behaupten wollten, daß es nicht einige gute oder sehr gute Produktionen gäbe, aber es fällt uns schwer, die Filme auszuwählen, die in unseren Kinos oder im Fernsehen gezeigt werden. Jede Woche sind zwei oder drei Filme zu zeigen. Europa, das vor 30 oder 35 Jahren noch gute Filme produzierte, produziert solche von Ausnahmen abgesehen heute nicht mehr, da es von der kulturellen Aggression der USA praktisch zerschmettert worden ist. Es gibt einige Länder wie Großbritanien, wo fast 80% des ausgestrahlten Materials US-amerikanischer Herkunft ist. Andere gebildete europäische Länder beziehen durchschnittlich 70%, 65% oder vielleicht etwas über 60% Filmmaterial USamerikanischer Herkunft. Vielleicht ist Frankreich als Ausnahme das einzige Land, das weniger als 50% US-amerikanisches Material erhält. Das Land versucht, seine Kultur vor dieser Invasion zu retten, und allem Anschein nach zeigt es dabei ein besonderes Bemühen. Während eines vor einigen Monaten stattgefundenen Kongresses der kubanischen Schriftsteller und Künstler, den wir als Kulturkongreß bezeichnen könnten, war die kulturelle Aggression, der Lateinamerika und die Welt ausgesetzt sind, das Hauptthema der Hunderten von dort anwesenden Delegierten. Dieses ganze Material dient einer Ideologie und einem Konsummodell, das im Falle seiner Durchsetzung wirklich das Ende der Geschichte beschleunigen würde. Damit ist aber nicht das Ende der Geschichte gemeint, von dem einige Euphoriker nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers gesprochen haben. Das Ende der Geschichte stellt in diesem Fall den Punkt dar, zu dem uns der Weg führen würde, den die Welt heutzutage beschreitet, nämlich der Weg der Konsumgesellschaft. Jemand sprach davon, wieviele Verhungerte es gebe - ich glaube, es war der Präsident der Versammlung - und wieviele arme Menschen es gebe. Es gibt wirklich viele Angaben darüber. Es sind nicht Hunderte von Millionen, sondern Milliarden. 80% der Weltbevölkerung ist heute arm, ohne die Chinesen einzuschließen, die zwar arm sind, jedoch jeden Tag zu essen haben und über Kleidung, Schuhe, Wohungen, medizinische Betreuung und Bildung verfügen, obwohl es nicht einfach ist, Chinesisch zu lernen (Beifall). Ich habe die Theorie, daß die Chinesen sehr intelligent sind und überall die Gewinner in fast allen Wissenswettbewerben in Mathematik und Physik stellen, weil ihre Intelligenz beim Lernen der Sprache entwickelt wird (Lachen). Venezuela, ein Bruderland, hatte einmal die gute Idee, ein Ministerium zu schaffen, das Ministerium der Intelligenz genannt wurde. Viele lachten über das Ministerium und den Minister. Ich glaube, ich gehörte zu den wenigen auf der Welt, die über keinen von beiden lachten. Ich hatte sogar die Möglichkeit, mich mit ihm über einige seiner Theorien zu unterhalten, die besagten, daß sich die Intelligenz in den ersten Lebensjahren während eines bestimmten Zeitraums entwickele. Es gibt sogar einige Forscher, die Techniken entwickeln, um den Intelligenzkoeffizient zu erhöhen, weil diese Wesen, die wir sind, eine keineswegs belanglose Denkfähigkeit besitzen. Zumindest ist das Gerät in unseren Köpfen installiert, doch man sagt, daß der Mensch nur 10% oder 12% seiner intellektuellen Kapazität nutzt. Und die
durchgeführten Tests haben offensichtlich nachgewiesen, daß bestimmte Lehrmethoden dabei helfen, 15% oder 16% und sogar mehr zu nutzen. Hoffentlich kommt es zu dem Tag, und wehe den Schwindlern, wehe den Lügnern, wehe den Ausbeutern, wenn der Tag kommt, an dem der Mensch 50% seiner Intelligenz benutzen kann! (Beifall). Wir wissen - und es ist kein Sakrileg, es zu sagen -, daß wir ein Produkt der natürlichen Evolution sind. Dies wurde gegen Mitte des vorigen Jahrhunderts entdeckt, vor ungefähr 150 Jahren, und es war eine sehr umstrittene Theorie, es gab viele Kritiken. Aber ich sage, daß es nicht gotteslästerisch ist, denn ich habe vor kurzem gelesen, daß Papst Johannes Paul II erklärte, daß die Entwicklungslehre nicht unvereinbar sei mit der Doktrin der Schöpfung. Ich glaube, daß alle, ob gläubig oder nicht, diese Realität akzeptieren. Der Mensch kann sich jedoch nicht in der gleichen Art und Weise weiter entwickeln, wie er es Hunderttausende von Jahren getan hat. Der große Reichtum in der Zukunft des menschlichen Verstandes besteht im enormen Intelligenzpotential genetischer Veranlagung, das wir nicht nutzen können. Hier ist das, worüber wir verfügen, und dort ist die Zukunft, und wenn man so viele wunderbare Sachen sieht wie diese Telefone, die überall auftauchen, wobei wir nur einen Teil der potentiellen Intelligenz dafür nutzen... (Lachen und Beifall). Vor meiner Abreise nach Rio versuchte ich, eine Rede zu schreiben, denn es wurde mir gesagt: "Man verfügt über fünf Minuten zum Reden" - ich hätte beinahe geschrieben: "Herr Präsident, Ihre Exzellenzen, guten Morgen, vielen Dank" (Lachen und Beifall) -, und ich sammelte viele Angaben und Unterlagen, wobei Sie sich nicht vorstellen können, wieviele Unterlagen man immer dann zusammenbringen muß, wenn eine solche Konferenz stattfindet. Es geht nicht darum, einen talentierten Kollegen zu suchen, der eine Rede schreibt. Wenn derjenige, der die Rede hält, nicht weiß, wovon sie handelt, dann wird er nicht einmal in der Lage sein, eine Idee zu verfechten. Außerdem laufe ich nicht mit einem solchen Telefon herum - ich habe diese Apparate nie verwendet -, denn man muß die Nerven schonen, weil es zu jeder Zeit klingelt, in jedem Augenblick. Man sagt, es gibt einige, die vibrieren. Ich kenne mich da nicht aus, nur hier, ab und zu....Gestern, während ich durch die Straßen fuhr, als wir uns in Richtung des Hotels bewegten, in dem unser Freund, der herausragende venezolanische Präsident Hugo Chávez, untergebracht ist, setzte sich unser Minister mit den Kollegen in Kuba in Verbindung. Er nahm den kleinen Apparat und man konnte viel besser hören, als wenn ich sie von Havanna aus in ihren Büros anrufe (Lachen). Unglaublich! Ich war da und mußte plötzlich ganz schnell einen Befehlsstand herrichten, weil ich feststellte, daß wir über einige Unterlagen nicht verfügten, wie zum Beispiel den genauen Text der am 24. April von der NATO verabschiedeten Dokumente, die uns sehr interessierten. Zum Glück hatten wir sie vorher von unserem Botschafter bei den Vereinten Nationen erbeten, der dort eine Schlacht um die Formulierungen lieferte, die diskutiert wurden, um eine politische Lösung des Konflikts in Jugoslawien zu erreichen. Er hatte diese Dokumente geschickt, aber sie landeten in einem Haufen mit anderen Papieren, die mit diesem Gipfel und anderen Projekten zu tun hatten, so daß ich sie nicht zur Hand hatte. Man mußte das Büro im Staatsrat, das Außenministerium, unseren Minister sowie unseren Botschafter hier in Rio de Janeiro und noch einige andere Stellen anrufen, um verschiedene Angaben und dieses oder jenes Papier zusammenzubekommen, denn es handelte sich selbstverständlich nicht nur um ein einziges Dokument und wir verfügten über kaum 48 Stunden. Dank einem von diesen Telefonen erhielt der Direktor des Zentrums für Weltwirtschaftsforschung, der hier bei uns ist, in der letzten Minute einen Teil der Papiere. Ich bitte ihn: Lies sie sorgfältig - ich hatte keine Zeit, alle zu lesen -, unterstreich die Themen, die mit dieser und jener Frage zu tun haben. Es waren 60 Seiten. Es gab andere Dokumente über verschiedene Themen mit einem Umfang von weiteren etwa 60 Seiten. Gleichzeitig mußten unzählige Unterlagen, frühere Reden
oder Redeentwürfe ins Englische und in andere Sprachen übersetzt werden und man mußte überprüfen, wieviele Exemplare es in den verschiedenen Sprachen gab und wieviele noch fehlten. Sollten wir nämlich zum Beispiel zu dieser Kundgebung an der Universität gehen, mußten einige von diesen Dokumenten verteilt werden, um bestimmte Themen nicht wiederholen zu müssen und um den Teilnehmern ergänzende Anhaltspunkte in schriftlicher Form zu übergeben. Wir übersetzten einige dieser Dokumente in bis zu acht Sprachen: Ins Spanische, die Mehrheit selbstverständlich ins Englische, weil diese Sprache überall am meisten benutzt wird, aber auch ins Deutsche, ins Italienische, ins Russische und diesmal besonders ins Portugiesische. Ich frage: Wenn wir nach Brasilien fliegen, wieviele Kopien nehmen wir mit? Es ist das Land, wo die Konferenz stattfinden wird. Wir sorgen nicht nur dafür, daß die Dokumente übersetzt werden, sondern auch dafür, daß sie gut übersetzt werden, damit sie in der Sprache des Landes verstanden werden können, in dem sie gelesen werden. Ich habe durch Zufall erfahren, daß das Portugiesisch aus Brasilien anders ist als das aus Portugal und daß es zwischen Brasilianern und Portugiesen einen Krieg der Sprache gibt. Ich sage: Nennt mir ein Beispiel. Man antwortet mir: Na ja, zum Beispiel "facto". In Portugal sagt man "facto", genauso mit einem "c" vor dem "t", und in Brasilien sagt man "fato", und so ist es bei vielen Wörtern. Ich wollte nicht, daß sich die Brasilianer wegen einer portugiesischen Übersetzung beleidigt fühlen (Lachen), obwohl ich glaube, daß Sie verstehen, nicht wahr? Wenn Sie einen portugiesischen Roman lesen, verstehen Sie ihn ausgezeichnet, oder? Aber Ihnen gefällt es nicht, wenn die Wörter verwechselt werden, nicht wahr? Gut, sogar auf dieses Detail mußte man aufpassen. Ich rief den Dolmetscher, der mit mir reist, und fragte ihn: Kannst Du alles verstehen? - er ist der Portugiesisch-Dolmetscher. In welche der beiden portugiesischen Sprachen ist diese Übersetzung gemacht worden? (Lachen). Es kann sein, daß in unserem Übersetzungsbüro, das über sehr gute Übersetzer mit ihrem jeweils eigenen Stil und über Korrektoren verfügt, ins Portugiesische aus Portugal übersetzt wurde, und der Dolmetscher, der bei mir ist, kümmert sich darum, das Portugiesische aus Portugal ins Portugiesische aus Brasilien zu übersetzen. Ich frage ihn: Bist Du sicher, daß man das dort versteht und daß wir die Brasilianer damit nicht beleidigen? (Lachen). Er sagt: Nein, nein, es ist gut verständlich (Beifall). Ich nenne dies als Beispiel für die Arbeiten, die man erledigen muß. Aber ich kann Ihnen versichern, daß am Samstag, dem 27. Juni, zwischen 16.00 und 24.00 Uhr Hunderte von Seiten durchgesehen wurden, um viele Angaben und Materialien zu prüfen. Auf dem Flug von Havanna nach Rio de Janeiro - man sagte, daß er acht Stunden dauern würde, und ich habe festgestellt, daß er eigentlich eine Stunde dauert - habe ich mich nach dem Start zum Direktor des Zentrums für Weltwirtschaftsforschung gesetzt und wir haben acht Stunden lang gearbeitet und diskutiert. Wie ein Schüler am Ende des Kurses habe ich unzählige Sachen durchgelesen, die an den vorherigen Tagen unterstrichen worden waren und die ich durchsehen sollte. Er gab sich Mühe, um die Erklärung des Gipfels zu verstehen, die hier in Rio diskutiert wurde, ein Dokument mit über 60 Abschnitten über politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Themen. Von hier aus wurden wir in Kuba oder im Flugzeug darüber benachrichtigt, daß man an einem bestimmten Punkt mit der Diskussion dieser und jener Frage nicht vorankam. Wir fragten sie: Gut, und was gibt es soweit? Sie antworteten uns: Na ja, bis jetzt wurden nur diese und jene Frage akzeptiert und das Dokument wurde nur bis zur Hälfte diskutiert. Das war in der Nacht von Samstag auf Sonntag, als die Sitzung der Außenminister stattfand und es Meinungsverschiedenheiten zwischen Europa und Lateinamerika bei einigen Fragen gab. Man mußte all die Punkte kennen, bei denen die Meinungen nicht übereinstimmten. Ich frage: Was ist als letztes eingetroffen? Nur ein Viertel der Dokumente war angekommen und es mußte weiter gearbeitet werden, um herauszufinden, über
welche Fragen man sich geeinigt hatte und über welche nicht. Es gab überall Klammern bei den Fragen, bei denen es noch zu keiner Einigung gekommen war. Und eine Frage, um die ich mir außerordentlich viele Sorgen machte, war die Tatsache, daß die europäische Seite von der UN-Charta nichts hören wollte. Sie wollten weder über das Prinzip der Nichteinmischung noch über die Selbstbestimmung oder die Souveränität sprechen. Eine solche Haltung mußte logischerweise große Besorgnis erregen, denn wir wissen alles, was dahinter steckt. So haben sie bis in die Nacht hinein diskutiert. Es gab sogar einen Abschnitt, in dem das Helms-Burton-Gesetz bei vollem Namen erwähnt wurde. Dies war das Ergebnis des Kampfes der kubanischen Delegation und anderer Länder, damit es bei vollem Namen erwähnt wurde. Es gab noch viele offene Fragen, aber selbstverständlich konnten wir all die Zeit aufholen, die wir brauchten. Dies war dank dieses Kommunikationsmittels möglich, durch das wir uns mit sechs oder sieben verschiedenen Punkten in Verbindung setzen und simultan abstimmen konnten, wodurch die Kräfte vervielfacht werden. Ich erzählte Ihnen von der kulturellen Invasion, die eine Realität darstellt. Sie wollen uns eine Pseudokultur aufzwingen, oder besser gesagt, eine falsche und unerträgliche Einheitskultur. Als Beispiel für das, was geschieht, habe ich vor einigen Tagen gelesen, daß jedes Jahr 100 von den rund 6.000 Sprachen oder Dialekten das sind auch Sprachen -, die es noch auf der Welt gibt, verschwinden, einhundert pro Jahr! Es sind bereits einige Tausend verschwunden, aber es war vor allem bitter, daran zu denken, daß in zwanzig Jahren noch weitere 2.000 verschwunden sein würden. Auf diese Weise kann es passieren, daß nur eine Sprache übrig bleibt, nämlich die englische. Leider Gottes und aufgrund meiner Nachbarn habe ich bereits in meiner Abiturzeit und an der Universität ein bißchen Englisch gelernt, genauso wie beim Versuch, in dieser Sprache zu lesen. Nach und nach habe ich alles vergessen, da ich viel in Spanisch sprechen mußte und obwohl ich versucht habe, mein Englisch mit Wörterbüchern, Heften und Notizen sowie auch mit der Lektüre einer lehrreichen und angenehmen Biographie von Lincoln aufzufrischen, weil die bekannten Themen einfacher zu übersetzen sind. Ich gab mir Mühe, bis ich mich dazu entschloß, es aufzugeben und etwas besser Spanisch zu lernen (Beifall). Womit steht dies im Zusammenhang? Mit einer kolossalen Ideenschlacht. Wenn die größte imperialistische Macht, die es je gegeben hat, das Monopol über die Massenmedien innehat, ist es unsere Pflicht, die Kulturen zu verteidigen, und es ist unsere Pflicht, die Ideen zu verbreiten. Die Ideen müssen verbreitet und auf der ganzen Welt fortgepflanzt werden (Beifall). Deshalb sagte ich Ihnen, daß es ermutigend war, was ich heute nachmittag gesehen habe und was ich am heutigen Vormittag bei der Einweihung eines FamilienarztBaukomplexes in Niteroi - sie haben schon 16 solcher Einrichtungen und sind bestrebt, diese Zahl auf 30 zu erhöhen - oder dort bei unserem Besuch in dem von Niemeyer gestaltenen Museum gesehen habe. Und es war eine große Ehre, daß er dabei war, und zwar jünger und strahlender als sieben oder acht Jahre zuvor. Es war eine großartige Ehre für mich, meine Hand auf seinen Schultern legen zu können. Ich sehe nach und nach viele Dinge an vielen Orten, sehr interessante Dinge. Ich war in Venezuela. Ich glaube, man hat dort einige Broschüren über die Ansprache in Venezuela verteilt, die lang war. Doch es gab viele Themen, die ich nicht zu wiederholen brauche. Diejenige, die an diesem Material interessiert sind, können in dieser Rede einige Dinge in bezug auf Gedanken von Bolívar und Martí und auf eine neue Etappe finden, die in einem Land angebrochen ist, das eine sehr wichtige Rolle in der Geschichte dieser Hemisphäre spielte, denn von da ging der noble Traum von einer lateinamerikanischen Integration aus, und zwar in einer Zeit, in der die heutigen Kommunikationsmöglichkeiten noch nicht existierten und man drei Monate brauchte, um sich zu Pferd von Caracas nach Lima zu begeben. Ein anderer, der von der Integration träumte, war Martí. Dort vereinten sich symbolisch die Gedanken von Martí und Bolívar. Martí war ein großer Verehrer von Bolívar und immer ein großer Anhänger desselben gewesen.
Darum handelte es sich und man mußte viel reden, und zwar über die Themen der Welt, die Privilegien, die sich die Supermacht des Norden vorbehalten hat, und ihre Ausplünderungsformen. So kauft sie heutzutage überall alles mit den von ihr ausgegebenen Banknoten, während man es damals mit Gold oder Scheinen, deren entsprechender Wert in Gold gesichert war, aufwiegen mußte, und dies bis zu dem Tag, an dem sie mit den Bretton Woods-Normen brachen und einseitig die Umwandlung des Papiergeldes in Gold einstellten, wobei sie das Gold in Papiergeld verwandelten. Von den Reserven, über die sie am Ende des Zweiten Weltkrieges verfügten, also 80% des weltweiten Goldes, blieb ihnen nach dem Abenteuer in Vietnam nur ein Drittel übrig. Sie behielten den Goldpreis bei einem festen Preis von 35 Dollar pro Troi-Unze bei, kauften bei einem Überschuß auf dem Markt und verkauften beim einem Mangel. Als die USA den Goldstandard einstellten und damit die Mechanismen zur Stabilisierung der Währungen aussetzten, kam es zu einer kolossalen Explosion des Goldpreises. Der Wert des Goldes, das noch in ihren Reserven übrigblieb, stieg um mehr als das Zehnfache. Die Weltwirtschaft wurde somit ungestraft betrogen. Die Währungen waren bis zu diesem Zeitpunkt ziemlich stabil gewesen. Das riesige Spekulationsgeschäft, bei dem die Spekulationsoperationen mit den Währungen heutzutage täglich eine Billion Dollar umfassen, war noch nicht entstanden. Dieses ungewöhnliche und neue Phänomen läßt den Abgrund erkennen, auf den sich die bestehende Weltwirtschaftsordnung zubewegt, oder die Ränder desselben, nahe am Abgrund. Das ist etwas Untragbares, ja, etwas Untragbares. Wir müssen verstehen, daß wir mit einer Welt konfrontiert sind, in der die Ereignisse schneller vonstattengehen als das Bewußtheit dessen, wie untragbar diese Welt ist, und der dringenden und unvermeidlichen Notwendigkeit, diese Weltordnung durch eine andere zu ersetzen, wenn die Menschheit überleben möchte (Beifall). Man muß Gedanken säen, viele Gedanken. Was machen wir, die wir über keine großen Medienketten verfügen? Wir benutzen zum Teil auch ihre elektronischen Massenmedien. Doch, es gibt zum Beispiel - und ich habe es noch nicht erwähntdas Internet, doch es ist schwierig, den Ländern der Dritten Welt mittels Internet Ideen zu vermitteln. Warum? Weil beispielsweise nur 2% der Lateinamerikaner Zugang zum Internet haben, während dagegen die Zahl der US-Amerikaner mit Zugang zu diesem Computernetz 70 oder 75% ausmacht. Na gut, das Internet würde uns nicht von Nutzen dafür sein, um Ihnen Gedanken oder Botschaften zu übermitteln, doch es dient zumindest dazu, um denjenigen, die Zugang zum Internet haben, Botschaften, Gedanken, Überlegungen und Argumentationen darüber zu übermitteln, wie verrückt, zerbrechlich und unhaltbar die Welt ist, in der sie leben. Die Botschaften müssen nicht nur an die Opfer gerichtet sein, sondern auch an die Täter (Beifall). Dies geschieht in der Hoffnung, daß es viele Menschen gibt, die denken, aber noch nie auf Argumente gestoßen sind, abseits von denjenigen, die sie im Kino und im Fernsehen vermittelt bekommen und in ihren Zeitungen lesen, also in Medien, die alle Instrumente sind, die einem Wirtschafts- und Sozialsystem der Ausbeutung und der Beherrschung dienen. Und mit allen diesen Medien und mittels derselben erobern die verdorbene Ideologie und die Lügen des Imperialismus die Welt. Wir haben viele Beweise, denn viele Personen besuchen uns in Kuba und kennen unser bescheidenes Land, seine Opfer und seine Beschränkungen, und dies besonders in diesen Zeiten der sogenannten Sonderperiode nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers, als wir einer doppelten Blockade ausgesetzt wurden: wir verloren die Märkte und die gesicherten Lieferungen von Produkten, die nicht in anderen Orten zu erwerben waren, weil man sie uns nicht verkaufte. All dies verschwand. Die Blockade verschärfte sich durch den Opportunismus, der dieses große Imperium kennzeichnet, als ob es sagen würde: Es ist die Zeit gekommen, diese Unverschämten wie Zecken zu zertreten, die auf dieser kleinen Insel leben, die uns gehören sollte, von der wir 200 Jahre lang geträumt haben und die es wagten, uns durch ihre Rebellion gegen die Dogmen des
Imperiums und gegen die dort herrschende neokoloniale Ordnung den Respekt zu versagen. Es sind 40 Jahre vergangen und sie bestehen immer noch darauf. Doch je mehr Jahre vergehen, desto mehr wundern sie sich. Sicher denken sie folgendes: Das sind bestimmt Zecken einer besonderen Art. Aber nein, wir sind genauso wie die anderen Zecken, wir haben uns nur in Zecken mit Bewußtsein verwandelt. Dies ist die einzige Entwicklung, die in unserem Land stattgefunden hat (Beifall). Mit diesem Bewußtsein versehen haben wir uns diese ganze Zeit über verteidigt, und zwar vor allem, als wir allein geblieben sind, was sich auf die Wirtschaftsbeziehungen zu den Hauptmärkten, die Kredit- und Versorgungsquellen und den Ausschluß aus allen internationalen Finanzinstitutionen bezieht. Ich glaube, wir haben dort in Kuba gelegentlich von einer Institution namens Internationaler Währungsfonds gehört, aber es ist schon so lange her, daß wir ihre Abkürzungszeichen fast vergessen haben. Auch haben wir von der Existenz einer Interamerikanischen Entwicklungsbank gehört, doch ich weiß nicht exakt, wie diese heißt, denn wir haben die Abkürzungszeichen vergessen. Eine weitere heißt Weltbank. Wir fragen: Was ist das? Man sagt uns: Also, es gibt eine Weltbank. Doch, eine Weltbank. Wir fragen: Und wo befindet sich diese Bank? Obwohl wir sehr gut wissen, wo sie sich befindet und was sie ist, haben einige von uns, die große Mehrheit der Kubaner, zum Glück noch nicht viel vom Internationalen Währungsfonds und der Weltbank gehört (Beifall). Es ist unglaublich, denn wir haben gelernt, ohne den IWF, die Weltbank, die Interamerikanische Entwicklungsbank und ohne die Kredite zu leben, über die viel geredet wird, also ohne Exportkredite etc., wobei wir für jegliche Anleihe, die immer kurzfristig ist, Zinsen bezahlen, die das Doppelte der von anderen Ländern bezahlten Beträge ausmachen können, denn aufgrund so vieler Blockaden und so vieler Gesetze wie das Torricelli- und Helms-Burton-Gesetz und zudem aufgrund einer großen Anzahl von Gesetzesänderungen, die man überhaupt nicht kennt, nützen viele die Situation aus, um von uns für alles einen höheren Preis zu verlangen. In bezug auf das Haushaltsgesetz der USA - es hat 5.000 Seiten - kommt es ab und zu vor, daß viele Abgeordnete, von denen einige sogar eine freundliche Haltung gegenüber Kuba einnehmen, uns plötzlich eine Botschaft schicken, wenn sie sich mit diesem Gesetz befassen und unter Druck stehen, um sich zu entschuldigen, da sie nicht bemerkten, daß es einen Absatz des Gesetzes gab, der so und so lautet und eine neue Maßnahme zur Verschärfung der Blockade darstellt. Viele Kongreßabgeordnete lesen nicht einmal die Gesetze! Wir könnten sagen, daß sie nicht einmal die Gesetze lesen, die sie im Kongreß der Vereinigten Staaten verabschieden. Es sind unzählige Lobbies, die bestimmen, denn es ist ein Geben und Nehmen: "Genehmige mir dieses Wort, das wichtig für meinen Bundesstaat ist, und ich billige dafür das, was dich interessiert." So geht es vonstatten, ein unaufhörlicher Austausch, und am Ende weiß niemand, aus was die Gesetze überhaupt bestehen (Beifall). Aus diesem Grund floriert der Jurastudiengang in diesem so demokratischen Land so sehr und so viele Anwälte finden eine Beschäftigung, denn es ist für einen Normalsterblichen fast unmöglich, diese Gesetze zu interpretieren. Ich stelle mir vor, daß ein Weiser aus dem alten Rom bei der einfachen Lektüre von nur einem Zehntel der in den USA verabschiedeten Gesetze verrückt geworden wäre, und so wie ihre Gesetze funktionieren auch ihre Richter und Gerichte. In dieser äußerst perfekten und idealen Demokratie wissen alle, wieviel Geld am Vorabend des Wahlkampfes gesammelt wird, und sie haben während Wahlkämpfen sogar das Schlafzimmer von Abraham Lincoln vermietet, weil einige von bestimmten Genüssen träumen, Lincoln bewundern oder von ihm gehört haben, von dieser Persönlichkeit mit Bart, der Holzfäller, der Rechtsanwalt und Präsident wurde und dem es bestimmt war, die Zeiten nach einem großen Bürgerkrieg zu durchleben, der von Interessengegensätzen und Agrar- oder Industriesektoren geprägt war und zu einem Wandel in der Art der Sklaverei führte, der darin bestand, sie förmlich
abzuschaffen, wobei das Leben der Sklaven genauso oder schlechter weiterging, weil diese grausam ausgebeuteten noblen Wesen, als sie eines Tages die Nachricht über ihre Befreiung erhielten, feststellten, daß keiner sich danach darum kümmern würde, daß sie sich ernähren oder ihre Gesundheit bewahren. Denn als sie nicht mehr im Besitz der Sklavenhalter waren, lag ihr Wert unter dem eines Pferdes oder eines Rindes, denn immer wenn ein Sklave starb, der in der berühmten Versteigerung erworben wurde, oder noch schlimmer, dessen Kinder, die als Sklaven geboren wurde, verloren die Eigentümer Kapital. Das war die grausame und wahre Geschichte. In Kuba war es genauso. Die Sklaverei wurde 1886 abgeschafft, glaube ich, und wir haben eine historische Bestätigung dafür, daß die Sklaven, die zu scheinbar freien Arbeitern wurden, unter noch schlimmeren Bedingungen leben mußten, weil der Kapitalismus die Fortsetzung des Systems der Sklaverei unter anderen genauso unmenschlichen und unbarmherzigen Ausbeutungsbedingungen ist. Es gibt noch viele Dinge zu sagen und viele Botschaften über alle Medien und in alle Richtungen zu schicken. Sie dürfen versichert sein, daß, wenn es ihnen nicht an Argumenten und Mut fehlt, sie jede Schlacht - wo auch immer - schlagen können; in Gesprächen, Botschaften, Schriften, Reden, auf Rednertribünen und in Foren, überall sind die Wahrheiten auszusprechen, und dazu müssen wir uns selbst Klarheit verschaffen. Glücklicherweise haben wir sehen können, wie sich die Bewußtseinsbildung verstärkt und die Welt der Realitäten gewahr wird. Nach all den vernichtenden Schlägen, die die fortschrittliche und revolutionäre Bewegung einstecken mußte, sind viele nun bereits am Nachdenken und Überlegen. Die Veränderungen sind ersichtlich, und wir tun alles, was wir können, um Ideen darzulegen. Und sollten dafür Abermillionen von Broschüren verbreitet werden müssen, so werden wir sie verbreiten. Häufig sind die Solidaritätsgruppen diejenigen, die sie drucken. Sie verkaufen einen Teil und benutzen den Erlös für eine weitere Ausgabe und so weiter und so fort. Man weiß nicht, wieviel überhaupt verbreitet wird. Und es handelt sich hierbei auch um gelenkte Raketen wie die, die auf Jugoslawien abgefeuert wurden, denn sie sind an bestimmte Personenkreise gerichtet, an Intellektuelle, hervorragende Persönlichkeiten, Leiter von Presseorganen, Parlamentarier, politische und gesellschaftliche Führungspersönlichkeiten. All jenen, die mit dem Schicksal ihrer Völker zu tun haben, lassen wir diese Ideen zukommen. Sind die Ideen klar, gerecht und objektiv, so sind in der Welt von heute ideale Bedingungen für ihre Verbreitung vorhanden. Wir dürfen uns nicht von der immensen Macht der Massenmedien, über die die jetzigen Herren der Welt verfügen, erdrücken lassen. (Beifall) Die Bedeutung dieses Gipfels lag in der realen Tatsache, daß der Norden uns gänzlich zu verschlingen trachtet. Und wenn wir uns verschlingen lassen, wird man uns schneller verdauen, als jener Wal der Bibel den Propheten - Jonas, glaube ich, hieß er - verdauen konnte. Augenscheinlich dauerte es bei dem Wal eine Weile, und der Prophet konnte aus seinem Leib gezogen werden. Doch wenn wir nun alle von diesem Wal verschlungen werden, dann wird er wohl versuchen, uns in Stundenschnelle zu verdauen. Sie können alles kaufen, wir sagten es bereits, und zwar auf Grund eines im Verlaufe dieses Jahrhunderts geschaffenen Mechanismus, dessen Anfänge nach dem ersten Weltkrieg einsetzten, als der Dollar begann, das Pfund Sterling als Reservewährung zu verdrängen und als sie, um die Kriegskosten zu bestreiten, die Schatzanweisungen mit einem bestimmten Zinssatz erfanden; und als sie überhaupt nicht damit gerechnet hatten, waren sie in eine schwere Krise geraten, die von 1929 bis 1940 anhielt, und sie sind nicht dagegen gefeit, daß es ihnen noch einmal so ergeht. Die ganze Zeit verwenden sie darauf zu erfinden, was zu tun ist, um nicht wieder in eine umgreifende Krise zu geraten. Indessen steigt der Wert ihrer Aktien und er steigt so extrem, daß er in knapp zehn Jahren das Zwei-, Drei- und auch Vierfache
erreicht hat, wodurch sagenhafte Vermögen geschaffen und ein Ballon aufgeblasen wurde, der zum gegebenen Zeitpunkt unweigerlich platzen wird. Hatten 1929 nur 5 % der US-Amerikaner ihre Ersparnisse in börsengängigen Aktien angelegt, so sind heute bereits 50 % der Ersparnisse der US-Amerikaner in diese Aktien und die Pensionsfonds, die Rentenfonds, investiert. Eine derartige Explosion wäre also wahrhaft katastrophal. In den letzten Monaten waren sie sehr beängstigt, daß es dazu kommen könnte. Sie lösten inmitten einer großen Unsicherheit antiinflationäre durch antirezessive Politiken ab. Man darf absolut nicht glauben, was sie sagen. Man muß wissen, was sie denken und was sie sich einander zuflüstern. Doch es ist eine reale Tatsache, daß sie derartige Privilegien geschaffen haben, daß eben das Land, dessen Bürger weltweit die niedrigsten Spareinlagen im Vergleich zu ihren Nettoeinkommen besitzen, gerade das Land ist, das am meisten ausgibt, investiert und konsumiert. Es heißt, die Japaner mit mehr als 30 % ihres Nettoeinkommens in Spareinlagen seien die Meister des Sparens. In Europa sind es um die 20 %, und so gibt es unterschiedliche Kennziffern. Die US-Amerikaner sind seit geraumer Zeit weltweit diejenigen, die am wenigsten sparen. Sie halten den Wachstumstrend, mit dem sie so prahlen, auf der Basis eines Binnenmarktes mit 270 Millionen Menschen, die Geld ausgeben, und zwar ohne Einschränkung. Wenn sie Besitzer eines Autos sind, kaufen sie sich alle zwei Jahre, manche sogar jedes Jahr, ein neues. Sie erwerben alles, was produziert wird, und auf dieser Basis halten sie die Beschäftigung aufrecht. Natürlich, die Rohstoffe kosten sie nichts. Sei es Eisen, Nickel, Erdöl, was auch immer, sie zahlen mit Scheinen. Wer die Scheine erhält, bewahrt einen guten Teil davon auf, um eine Geldreserve in den Zentral- oder den Privatbanken anzulegen, und geht dabei das Risiko ein, dasselbe zu erleben, was in vielen der sogenannten emerging countries der Fall war, nämlich der jahrzehntelang akkumulierten Rücklagen innerhalb von Wochen verlustig zu gehen. Ich sage das hier mit einfachen Worten, sie setzen dazu unterschiedliche Mechanismen ein, und zwar im wesentlichen die folgenden: sie geben die Banknoten aus, kaufen und derjenige, der sie bekommt, bewahrt sie auf. Als Gegenleistung dafür geben sie gar nichts. Besser gesagt: So geschieht es mit einem großen Teil dieser Banknoten. Ein anderer Teil wird logischerweise von den Besitzern für den Erwerb von Waren und Leistungen ausgegeben. Aber Tatsache ist, daß sich die USA in Bretton Woods die Funktion der Emission und des Schutzes der Weltreservewährung übertrugen, ihren Pflichten nicht nachkamen, sie zu einem privilegierten Monopol machten und ihnen nun über ihre Schatzanweisungen und Banknoten alles Geld zur Verfügung steht, was sie wollen. Sie dürfen sehr wohl ein Handelsbilanzdefizit von 200 oder 300 Milliarden Dollar aufweisen. Sie sind die Einzigen, den anderen verbieten sie es. Natürlich importieren sie alles, was sie brauchen. Nie wird es ihnen an einer Gallone oder einem Liter Treibstoff mangeln, und dort, wo es weltweit die meisten Autos gibt, ist der Liter Benzin billiger als in jedem anderen Land. Sehen Sie also, wieviele Privilegien sie angesammelt haben. Das ging so weit, daß im vorigen Jahr die Spareinlagen unter der Nullgrenze lagen. Das heißt, im Durchschnitt wurde mehr ausgegeben als eingenommen. Es kann einige geben, die einen Teil zurücklegen, und wieder andere, die viel mehr ausgeben, doch die durchschnittlichen Spareinlagen der US-amerikanischen Bürger blieben unter der Nullgrenze. Das ist etwas noch nie Dagewesenes in der Geschichte des Kapitalismus, und alles geht so ruhig weiter. Man spricht von einer blühenden Wirtschaft, wobei die Frage bleibt, wer sie bestreitet, wie lange er sie bestreiten kann (Beifall) und was geschehen wird, wenn dieses System und diese Riesenballons platzen und herabstürzen. Das ist etwas ganz Gewisses, und wir sehen es als unsere Pflicht an, darauf hinzuwirken, daß die breiten Massen, die Milliarden von Armen auf der Welt, ja auch die Mittelschichten, diese Realitäten kennen und begreifen, denn die Welt muß
darauf vorbereitet sein, wenn es zu diesem Desaster kommt. Ich kann ihnen versichern, daß sie vor einigen Monaten recht nahe dran waren. Es reichte eine Krise in Rußland, dessen Bruttoinlandsprodukt 2 % des Bruttoproduktes der Weltwirtschaft ausmacht. Da die Russen die Zahlung einiger kurzfristiger Verbindlichkeiten aussetzten, brach Panik aus und der Dow Jones - mein Englisch zeigt ihnen, daß es nicht sehr perfekt ist - sank von einem Tag auf den anderen um eine große Anzahl von Punkten. Es sah bereits so aus, als bräche die Katastrophe herein, sollte die Krise auf ganz Lateinamerika übergreifen. Alle waren in Bewegung: die Regierung, das Schatzamt der USA, die Federal Reserve, und sie waren sich sofort klar darüber, daß im Falle eines Zusammenbrechens der lateinamerikanischen Wirtschaft das Feuer bis an die Wertpapierbörsen der USA gelangen würde. Sie versuchten, es aufzuhalten, waren geschäftig, senkten den Zinssatz, d.h. sie brachten Geld in Umlauf, um somit ein äußerst schweres Konjunkturtief zu vermeiden. Doch sie haben damit nichts anderes erreicht als den Zeitpunkt dafür hinauszuschieben, und je weiter dieser hinausgezögert wird, desto größer wird das Desaster sein (Beifall). Es folgten eine neue Euphorie, mehr Ausgaben, eine erneute Steigerung des Wertes der börsengängigen Aktien und mehr Spekulation aller Art. Die Probleme sind nicht so komplex. Ich würde sogar sagen, sie sind relativ einfach zu erklären, und das ist der Sockel, auf dem das Imperium steht. Es muß zusammenbrechen, und zwar nicht durch unsere frommen Wünsche. Es wird zusammenbrechen, weil sie alles, was sie aufbauen, auf unhaltbaren Grundlagen tun; und es kann passieren, daß eines Tages die Katastrophe hereinbricht und die Völker sowie die ganze Welt nicht darauf vorbereitet sind, sie zu begreifen und aus ihr die nötigen Schlußfolgerungen zu ziehen. Es wird überall zu Krisen aller Art kommen. Ich glaube, daß die Völker eher Ideen statt Waffen benötigen (Beifall). Die Ablösung einer Art von globaler Welt, unmenschlich, unhaltbar, das Leben unserer Erde bedrohend, durch eine gerechte und menschliche soziale Ordnung, die der Menschheit eine Überlebenschance bietet; eine Welt mit ein bißchen Trinkwasser; eine Welt, in der es Luft zum Atmen gibt; eine Welt, die die nötigen Nahrungsmittel erwerben kann; eine Welt, die mit ihrer reichen Technologie in der Lage ist, den Menschen ein Dach zum Leben zu produzieren, die Schulen zu bauen, die die Kinder für ihre Bildung benötigen, Medikamente zur Bewahrung der Gesundheit der Bürger herzustellen und allen, Kindern, jungen und alten Menschen, medizinische Mindestbetreuung zu gewähren (Beifall). Weshalb sollten sie mit uns über das 21. Jahrhundert sprechen und uns Illusionen in den Kopf setzen, die kurzlebiger sind als der Schaum des Champagners, mit dem viele aus der privilegierten Minderheit der Welt auf das neue Jahrhundert anstoßen? (Beifall). Wo wir doch wissen, daß Milliarden von Menschen auf unserer Erde, die bereits von sechs Milliarden bevölkert wird, es mit einem Brausegetränk feiern, das hoffentlich nicht unbedingt Coca Cola ist (Lachen und Beifall). Denn in dieser globalisierten Welt sehen wir auch das seltsame Phänomen, daß in Ländern mit einer tausendjährigen Kultur wie zum Beispiel Indien - mit aller Achtung, denn es ist ein Land, das wir sehr schätzen - US-amerikanische Coca Cola und Hamburger verzehrt werden. Natürlich sagen die Besitzer der Fastfood-Ketten, daß es kein Rindfleisch, sondern beispielsweise Büffel- oder Lammfleisch ist, denn tausendjährigen Traditionen gemäß darf vom Rind zwar die Milch, nicht jedoch das Fleisch verzehrt werden. Wer weiß, was jene Gentlemen der transnationalen Ketten alles untermischen! Sie bringen es fertig, sogar auf der Landstraße verendete und aufgefundene Rinder mit zu benutzen (Lachen). Wir kennen ja ihre Skrupel hinsichtlich der Gesundheit der Menschen. Und sogar in so außerordentlichen und verdienstvollen Ländern wie China trachten die ausländischen Multis danach, all diese Konsumgewohnheiten hineinzupflanzen. Hier haben wir ein Beispiel USamerikanischer Kulturglobalisierung. Und wären es doch nur Coca Cola und Hamburger! Das Furchtbare ist, daß sie in
das Gehirn der Menschen, das doch ein so großes Einsatzpotential besitzt, die Vorstellung einpflanzen, so leben zu müssen wie in Paris, London, New York, Californien und anderen Orten; diese idyllische Welt, über die ich einmal ganz aus der Nähe auf einer Tagung der WTO in Genf den Präsidenten der Vereinigten Staaten sprechen hörte. Sie müssen der Welt natürlich etwas sagen. Also sagen sie, was sie wollen und daß all ihr Tun darauf gerichtet ist, die Welt der Zukunft zu einer Welt der Mittelschichten zu gestalten. Im Scherz sagte ich zu einigen Journalisten, daß nach Karl Marx Clinton der Einzige mit einer Vorstellung der klassenlosen Gesellschaft ist. Bei Marx ist es eine Gesellschaft der Werktätigen, bei dem Präsidenten der Vereinigten Staaten eine Gesellschaft der Bürger. Jener dachte an die ausgebeuteten Arbeiter; dieser träumt von den Mittelschichten der Luxusviertel Californiens und anderer reicher Städte der Vereinigten Staaten, den glücklichen Besitzern von aufgeblähten börsenfähigen Aktien, zwei Autos, Strom, einem oder zwei Telefonen, Kabel- und Satellitenfernsehen, Internet für die Bestellung aller möglichen Dinge, Filme und sogar für Einkäufe im E-Center, ohne aus dem Haus gehen zu müssen. Er bekommt das Produkt in allen Einzelheiten vorgeführt, zahlt mit Kreditkarte oder die Rechnung geht was weiß ich wohin. Sie müssen sich nicht einmal die Mühe machen, Geld bei sich zu haben. Caramba! Sie haben das erreicht, wovon Karl Marx einmal geträumt hat: das Verschwinden des Geldes (Ausrufe und Beifall), vor allem auf der Grundlage einer Formel, die Marx nicht in den Sinn gekommen war, nämlich sich zuerst einmal sämtlichen Geldes der Welt zu bemächtigen (Lachen), das Wunder der Alchimisten, Papiergeld in Gold zu verwandeln, zu vollbringen und die wahren oder potentiellen Besitzer sämtlicher natürlicher Ressourcen der Welt zu sein. Und meinen Sie etwa, das Imperium sei zufrieden mit dem, was es hat? Nein! Ihnen gehört mit einigen Ausnahmen der Persische Golf; alles, alles gehört ihnen; das Kaspische Meer, wo es riesige Erdöl- und Erdgasvorkommen gab; das ganze Gebiet dort gehört ihnen oder ihren transnationalen Unternehmen schon fast völlig. Überall, wo sie hingelangen können, in Afrika oder anderswo auf der Welt, auf dem Festland oder im Wasser, trachten sie danach, alle existierenden Rohstoffe unter Kontrolle zu bekommen. Sie wollen das gesamte Erdgas Rußlands, dem Land mit den größten Vorkommen, aufkaufen und zu Eigentum ihrer Unternehmen machen, genauso wie das gesamte Erdöl; sie haben nicht genug. Für die Europäer wollen sie nichts übriglassen. Die Europäer wollten einige Investitionen im Iran, Lybien und einigen anderen dieser Länder tätigen. Doch die Yankees erließen ein weiteres Gesetz, kraft dessen sie in diesen Ländern nicht investieren durften. Und so kam es, daß wir zu einer Kurswährung wurden, denn sie suchten nach "Willenserklärungen" - die ich in meiner gestrigen Rede erwähnte -, kraft derer, falls sich der Senat hinsichtlich einer Änderung eines der Kapitel des Helms-Burton-Gesetzes einigte, das auf die Interessen europäischer Investoren in Kuba Bezug nimmt, die US-Amerikaner bei einigen Investitionen der Europäer im Iran, Lybien und anderen Ländern Toleranz zeigen würden. Das internationalisierte in der letzten Konsequenz das infame Gesetz, und alle waren glücklich und zufrieden. Mir blieb nichts weiter übrig, als in einer kurzen Rede einen relativ hart verfaßten Abschnitt anzuführen, und ich sagte folgendes: "Ich spreche in diesem Falle im Namen Kubas, ein kriminell blockiertes Land, das außerdem mit keineswegs ethischen "Willenserklärungen" zu zynischen extraterritorialen Gesetzen" - ich glaube, das waren die einzigen zwei Adjektive, die ich in den sechs oder sieben Minuten, die ich sprach, benutzte - "und mit 'gemeinsamen Positionen' zur Kurswährung gemacht wird" - es gibt eine gemeinsame europäische Haltung ausschließlich für Kuba, ein Land, das die Vereinigten Staaten blockieren, und für niemanden sonst! -, "Positionen, die keinesfalls gerecht und nicht zu rechtfertigen sind und die de facto zum Bestreben hinzuzufügen sind, uns ökonomisch zu ersticken" - und ich fügte noch drei Zeilen hinzu - ", ich bringe meine Hoffnung zum Ausdruck, daß es nicht zu einer Neuaufteilung der Welt unter den großen Mächten
kommt und daß kein Versuch des unmöglichen Wahnsinns, uns erneut in Kolonien zu verwandeln, unternommen wird" (Beifall). Europa wird ein mächtiger und reicher supranationaler Staat werden, es geht in diese Richtung. Zwischen diesem mächtigen und reichen supranationalen Staat und jenen, die alles haben und sich aller Dinge bemächtigen wollen, gibt es Widersprüche. In dieser Hinsicht unterliegt es keinem Zweifel, daß dieses Riesenterritorium der lateinamerikanischen und karibischen Länder mit insgesamt fast 500 Millionen Einwohnern und enormen natürlichen Ressourcen es verstehen muß, intelligente Taktiken einzusetzen und die Widersprüche zwischen den sehr reichen und hochentwickelten Regionen, die auf wirtschaftlichem und anderen Gebieten widersprüchliche Interessen haben, zu erkennen. Dieses Europa möchte nicht, daß seine Kulturen hinweggefegt werden. Isoliert und geteilt könnte dieses Europa heute wirtschaftlich nicht überleben; und nachdem sie sich jahrhundertelang bekriegt haben, haben sie nun das Wunder vollbracht, sich zu einigen, zusammenzuschließen, zu integrieren und eine gemeinsame Währung zu vereinbaren als Form, sich vor Spekulationen zu verteidigen; als Form, Märkte zu verteidigen; mit einem Wort: als Form zu überleben. Wir Lateinamerikaner sprechen die gleiche Sprache, haben die gleiche Kultur, entstammen mehr oder weniger den gleichen Ethnien. Hier gibt es keine Grundlagen für sogenannte ethnische Säuberungen. Wir sind eine Gruppe friedlicher Völker, die wir es mit gewissen Ausnahmen lange Zeit verstanden haben, in Frieden zu leben. Es gibt viel mehr Faktoren, die uns einen, und sehen Sie, wie der Norden sogar einigende Bestandteile unserer Kultur zu zerstören sucht - die Sprache ist einer davon, und zwar ein sehr wichtiger; unsere Kombination aus Europäern, Indianern und Afrikanern, und gemäß den Gesetzen der Biologie pflegen die Mischlinge kräftiger, stärker und sogar intelligenter zu sein und mehr Vorstellungsvermögen zu besitzen. Es hat schon seinen Grund, weshalb sie nach uns schicken, um Meisterschaften zu gewinnen (Beifall). Sehen Sie, viele Mannschaften unserer europäischen Freunde setzen sich aus Bürgern der Dritten Welt zusammen. Sie haben sie aufgestellt und gewinnen die Spiele und sogar Meisterschaften. Dann brüsten sie sich: "Das ist wohl eine Rassengemeinschaft. Dieser kam auf Algerien, jener aus Nigeria; dieser kam von da und jener kam von dort." Ich kann mir nicht erklären, warum es in ihren Mannschaften nicht mehr reinrassige Arier gibt. Manche glauben vielleicht, daß einen guten Sportler nur Reflex und Muskeln ausmachen. Doch zu einem guten Fußballspieler - und darüber wissen Sie viel besser Bescheid als ich - oder zu einem Baseballspieler - und darüber wissen wir nun etwas mehr als Sie - oder zu einem guten Volleyballspieler - auf diesem Gebiet wetteifern wir mehr oder weniger miteinander, jeder mit seinem Chauvinismus, um den Sieg (Lachen) - gehört viel mehr als Sprungvermögen, nämlich Reflex und Intelligenz. Sogar im Baseball, um es auf englisch zu sagen, oder, wie es die Kubaner nennen, dem Pelotaspiel, das so einfach aussieht, muß der Sportler blitzschnell einen Ball fangen, der mit einer Geschwindigkeit von mehr als 100 Meilen fliegen kann, und sofort wissen, ob er ihn an zur First, Second oder Third Base, zum Home oder wohin auch immer wirft, in Abhängigkeit von der konkreten Situation, die entstehen kann und derer es viele gibt. Wenn aber der Kopf nicht funktioniert, dann wirft er den Ball zur Third Base anstelle zur First Base. Und im Fußball und Volleyball ist es erstaunlich, mit welcher Schnelligkeit sie sich bewegen, täuschen, parieren, also mit viel Intelligenz. Sogar zum Laufen benötigt man Intelligenz. Man muß wissen, mit welchem Tempo man beginnen muß, an welche Position man sich auf der Strecke zu bringen hat, wie der Gegner zu schwächen ist und wie im Endspurt die Reserven einzusetzen sind. Mehr oder weniger ähnliche körperliche Fähigkeiten vorausgesetzt, gewinnen nur die intelligentesten Läufer die Medaillen. Wir sind der Meinung, daß unsere Völker das notwendige Potential an Talent besitzen; mehr noch, das notwendige Potential an Güte, an Großmut. Man sieht es,
wenn man das Privileg einer kurzen Reise hat - mir ist es hier in Rio de Janeiro passiert, dort in Niteroi, auf der Straße im Gespräch mit den Arbeitern, die uns betreuen, oder mit jenen, die für die Sicherheit zuständig sind, oder dem Servicepersonal in den Tagungszentren, im Hotel und überall -, überall trifft man auf nichts anderes als Güte, Freundlichkeit, Anständigkeit, Bescheidenheit. Nicht einen einzigen arroganten Brasilianer habe ich angetroffen (Beifall), nicht einen einzigen arroganten Brasilianer! Nicht einen einzigen Brasilianer, der nicht freundschaftlich und brüderlich gewesen wäre. Es ist selten, an anderen Orten, in weit entwickelten Ländern, die Bescheidenheit und die Höflichkeit vorzufinden, die man bei einem Brasilianer oder einem Venezolaner spürt. Vor einigen Tagen besuchten wir die Lateinamerikanische Hochschule für Medizin, die wir innerhalb von nur wenigen Wochen nach den Hurrikans einrichteten. Wir benutzten eine ehemalige Marineschule mit hohem Immatrikulationspotential. Es sind heute zirka 1.800 Studenten, doch die Gesamtkapazität beträgt zirka 3.400 Studenten. Es ist eine ausgezeichnete Schule, die wir, ein blockiertes und armes Land, in sehr kurzer Zeit vorbereiten konnten, und das nicht, weil wir Geld haben unsere finanziellen Mittel sind sehr knapp bemessen -, sondern weil wir über ein großes Humankapital verfügen, ein großes Humankapital! (Beifall). Während sie die Geldscheine in Gold verwandelten, verwandelten wir die Unwissenheit in Wissenschaft, die Unwissenheit in Kenntnisse, den Egoismus in Solidarität. (Beifall). Und es gibt viele Beweise dafür. Ich sehe mich gezwungen, einige zu nennen: In den vergangenen über dreißig Jahren haben 26.000 kubanische Ärzte in der Dritten Welt internationalistische Dienste geleistet (Beifall), fern von ihrer Heimat und ihren Verwandten haben sie an den abgelegensten Orten Leben gerettet, viele Leben, Zehntausende, Hunderttausende, vielleicht sogar Millionen. Darüber wird in jenen Medien, die unsere Nachbarn im Nordens monopolisieren, nie ein Wort fallen. Wird bei uns ein Spion verhaftet, oh, dann geht die Welt unter. Wird gegen einige, die in unverschämter Weise für die Interessenvertretung der Vereinigten Staaten in Kuba arbeiten und vom Schatzamt jenes Landes bezahlt werden, für ihre Versuche, Zwietracht zu säen, zu zersetzen, zu spalten und die kriminelle Blockade zu unterstützen, eine relativ bescheidene Sanktion ausgesprochen, wofür die USA selbst doch fünfmal höhere Strafen anwenden, dann erheben sie ein riesiges Geschrei. Sie müssen wissen, daß ein bloßer Besuch in Kuba, ein Verfassungsrecht eines jeden US-amerikanischen Bürgers, eine Geldstrafe bis zu 300.000 Dollar und zehn Jahre Haft nach sich ziehen kann. Es hüte sich, wer im Dienste eines anderen Staates als ausländischer Agent in den Vereinigten Staaten tätig ist! Auf diesen warten unzählige Jahre Gefängnis (eine Stimme aus dem Publikum ruft "Todesstrafe"). Wenn wir dieses Wort gebrauchen, werden Bomben und Raketen aller Art auf uns abgeworfen (Beifall), und sie sagen, wir begingen eine massive Verletzung der Menschenrechte. Sie sind diejenigen, die alles bestimmen, wer die Menschenrechte achtet und wer nicht, wer den Kampf gegen die Drogen unterstützt und wer nicht. Sie sind die moralischen Richter der Welt; sie sind nicht nur die Herren alles Materiellen, sondern auch die unanfechtbaren Richter. Wenn es ihnen eines Tages einfällt zu sagen, von Brasilien ginge eine globale Bedrohung aus, da es zum Phänomen des Rauschgiftanbaus kommen könne, so sagen sie es. Bedauerlicherweise hat sich das anderswo so zugetragen. Das wird als globale Bedrohung bezeichnet und kann Gegenstand des militärischen Eingreifens der NATO sein. Daher ist es nicht nötig, nein, nein, es ist nicht nötig, daß schmutzige kleine Verräter, die sich ihrem Gold und ihren Geldscheinen verkaufen, mit höheren Strafen belegt werden. Wozu auch. Man muß beweisen, daß man überhaupt keine Furcht vor ihren Herren hat und daß man nicht gewillt ist, die Straflosigkeit ihrer Agenten und derer, die ihr Vaterland verraten, zuzulassen und daß unser Volk niemals akzeptieren wird, von irgendjemandem unter Druck gesetzt oder erpreßt zu werden. Doch man braucht nicht einmal hohe Strafen, es wird stets eine höhere Strafe geben, die Strafe
der Geschichte, nämlich dann, wenn sie machtlos zusehen müssen, wie all ihre Pläne scheitern, und wenn sie zusehen müssen, wie ein kleines und heldenhaftes Land durchhält (Beifall). Darüber ist heute hier gesprochen worden. Ja, vielleicht hat unser Land ein kleines Verdienst: Es ist in der Lage gewesen, vierzig Jahre lang der Verfolgung und Aggression des mächtigsten Imperiums, das es je gegeben hat, zu widerstehen (Beifall). Sie alle haben über Rom gelesen, doch verglichen mit der Macht dieses Imperiums war Rom etwas Belangloses und Harmloses. Es heißt, zumindest in der Geschichte der Zwölf Cäsaren - diese Dinge der Geschichte müssen stets mit Vorsicht gelesen werden, denn es gibt viele Aussprüche, die dann diesem oder jenem zugeschrieben werden; jemand hat etwas im Vorbeigehen erdacht, und dann setzt sich dies als unwiderlegbare Wahrheit fest - ...Man sagt beispielsweise, daß Napoleon davon sprach, daß von den ägyptischen Pyramiden 40 Jahrhunderte auf seine Soldaten herunterblickten; und von einem anderen, der, als ihm berichtet wurde, es stünden zwei Millionen Perser im berühmten Engpaß der Thermopylen und als die Invasoren ihm sagten, daß ihre Pfeile die Sonne verdunkelten, antwortete: "Besser so, damit bekämpfen wir den Schatten." (Beifall) Es wird tatsächlich viel gesagt. Über Nero der Flöte spielte und vielleicht zu jener Zeit ein großer Künstler, ein Intellektueller, war - berichtet die Geschichte der Cäsaren, daß er Rom anzünden ließ. Dieses wurde von einem bei weitem nicht so mächtigen Senat regiert wie dem des modernen Roms. Auch hatte Rom schreckliche Kaiser. Doch Fakt ist, daß ein einziger Gentleman in seiner Eigenschaft als Präsident der Vereinigten Staaten nach eigenem Ermessen einen Atomkrieg auslösen kann. Sie sehen also, welche Sicherheiten die Welt besitzt. Und wenn es der Zufall wollte, daß der Mann mit der Hand am Knopf irrsinnig würde? Das kann jedem passieren. Haben Sie noch nie von einem Nachbarn, einem Freund, ja sogar einem Verwandten gehört, der von heute auf morgen irrsinnig wurde? (Lachen) Nun, von dieser Vernunft hängt die Welt ab. Sie sehen, wie viele Gefahren uns drohen und wie mächtig das Imperium ist, gegen das wir heute zu kämpfen haben. Ich hatte Ihnen gesagt, daß das Mittel die Ideen sind und daß sie mutig vorgebracht werden müssen. Ich hatte Ihnen gesagt, daß das Gipfeltreffen von Río von Bedeutung war, da es zwischen Europäern, Lateinamerikanern und den Karibikstaaten gemeinsame Interessen gab, wobei es auch einige voneinander abweichende Interessen geben kann. Auf jeden Fall ist die bloße Tatsache, daß sie sich zusammengesetzt haben, von historischem Charakter. Glücklicherweise wurde Kuba, das Aschenbrödel, nicht ausgeschlossen. Seit einiger Zeit, seit einem Gipfeltreffen im mexikanischen Guardalajara erwies man uns die Ehre, uns mit einzubeziehen. Es handelte sich um eine Art von Gipfeltreffen, das erstmalig ohne die Präsenz der Nordamerikaner stattfand. Früher versammelten sich die Lateinamerikaner immer dann, wenn sie von Washington einberufen wurden, doch dürfen Sie nicht denken, dies sei mittels einer protokollarischen Botschaft erfolgt: "Ich bitte sie, auf einer derartig bedeutenden Versammlung zugegen zu sein." Nein, ihre einzige Methode, die Lateinamerikaner einzuladen, ist ein Zeichen. Sie bewegen den Zeigefinger, womit sie sie zu sich beordern, und Schluß. Ich kann mich erinnern, daß ein Fingerzeig genügte und ausnahmslos alle nach Washington eilten. Seit es die iberoamerikanischen Gipfeltreffen gibt, kommen wir erstmalig zusammen, ohne von Washington einberufen worden zu sein. Dieses Mal trafen sich in Río de Janeiro die Lateinamerikaner und außerdem die karibischen Staaten, die man zu vergessen pflegt, mit den Ländern der Europäischen Union. Das Treffen trägt historische Bedeutung. Die Dokumente waren keinesfalls einfach, da viele entgegengesetzte Interessen mitspielen und es zwischen diesen Ländern und den Vereinigten Staaten zwar auf der einen Seite Widersprüche gibt, sie doch andererseits militärische Verbündete der USA sind (Beifall). Ich kann Ihnen versichern, daß dieses Treffen, u.a. mit Vertretern von NATOStaaten, bei mir keinerlei Glücksgefühl aufkommen ließ. Es war ganz merkwürdig. Ich wollte diese kurze siebenminütige Rede halten. Siebenminütig, weil ich etwas
langsamer gelesen habe, nicht wahr, um den Dolmetschern zu helfen. Denn hätte ich schnell gelesen, wären es vier Minuten gewesen. Ich hatte also die Zeit nicht ausgeschöpft, so daß mich sogar einer der Präsidenten des Treffens, kein geringerer als der Bundeskanzler Gerhard Schröder am Schluß meiner Rede für die strikte Zeiteinhaltung, was nicht bei allen der Fall war, beglückwünschte, trotz der Tatsache, daß ich eine zwar konstruktive, aber auch kritische, sehr offene und sehr ehrliche Sprache gebraucht hatte. Sie können sich nicht vorstellen, wie viele Dinge man in zwei oder drei Minuten sagen kann. Ich muß gestehen, daß ich gestern, den 29. Juni, sehr intensiv überlegen mußte, als ich nicht vorhatte, auf der Nachmittagssitzung zu sprechen. Es war anzunehmen, daß einige, die bestimmt waren, für die Region zu sprechen, dieses mit einer vorgegebenen Zeit von fünf Minuten tun und danach in der Debatte einen weiteren Beitrag von vier Minuten abgeben konnten. Ich habe allen sehr aufmerksam zugehört, doch ich vernahm auch einige Dinge und einige Sätze zu bestimmten Punkten des völkermörderischen Krieges, der mitten in Europa geführt worden ist. Kein Verbrechen, keine ethnische Säuberungsaktion rechtfertigt den Massenmord an einem ganzen Volk, das Hinmorden von Millionen Kindern, schwangeren Frauen, Frauen, Männern und Greisen. Zeitlebens werden die Überlebenden mit dem Trauma des schrecklichen Lärms der Bomben und dazu des schrillen Pfeifens der Sirenen und des ohrenbetäubenden Lärms der tieffliegenden Düsenjäger behaftet sein. Das sind Dinge, die die allabendlich in die Luftschutzräume eilenden Drei-, Vier-, Fünf-, Sechs-, Sieben- und Achtjährigen niemals vergessen werden. Bei manchen Kindern genügt es schon, daß jemand seine Furcht vor dem Donner zum Ausdruck bringt, um sich ein Leben lang selbst vor dem Donner zu fürchten. Nun stellen sie sich fast 80 Tage mit Bombenregen, Tieffliegern und Sirenengeheul vor. Was bleibt in den Köpfen dieser Millionen von Menschen zurück? Der ganze Reichtum eines Landes, zerstört in Minutenschnelle. Die Vorgabe, das Stromnetz eines Landes sei ein militärisches Ziel, bedeutet so viel, als sagte man, von jetzt an dürfen Bomben auf dieses Theater fallen, denn es sind hier unzählige Lampen eingeschaltet. Millionen von Menschen mitten im Winter die Stromversorgung - das heißt Licht, Heizung, Brennstoff - zu entziehen, ist zweifelsohne eine massenmörderische Tat. Es ist der Versuch, mit Massenvernichtungswaffen und -methoden ein Volk zur Kapitulation zu zwingen. Wenn alle Brücken gesprengt werden, wenn alle Kommunikationen abgebrochen werden, wenn die lebenswichtigsten Leistungen einschließlich der Intensivstationen in Hospitälern, der Entbindungs- und Kinderstationen über kein einziges dieser lebenswichtigen Mittel mehr verfügt, was ist das dann, wenn nicht Völkermord? Ohne weiter auszuholen; wir sind der Meinung, daß die Blockade eines Landes, um es durch Hunger und Krankheiten zu bezwingen, mehr noch wenn dieses Volk genügend Schamgefühl, Würde und Patriotismus besitzt, um nicht nachzugeben, einen Massenmord darstellt (Anhaltender Beifall und Ausrufe). Wollen wir doch die Dinge beim Namen nennen! Ich sagte Ihnen schon, daß ich vorgestern nachmittag ein paar angespannte Minuten durchlebte. Ich hatte eine Entscheidung zu treffen. Ich verstand die Notwendigkeit einer Pflichterfüllung, denn es handelte sich um ein äußerst ernstes, ein äußerst schwerwiegendes Thema, das mit der Souveränität unser aller Länder, mit den Problemen und Konflikten, den sozialen und Konflikten aller Art zu tun hat, die der Hunger bei dieser der Welt aufgezwungenen Ordnung auslösen wird. Es scheint, daß sie es befürchten und begreifen. Sie bereiten sich vor, um jeden Versuch des Aufstandes der Völker zu ersticken, zumindest, um Angst und Schrecken unter ihnen zu verbreiten. Doch damit werden sie das Unvermeidliche nicht verhindern. Inmitten des Krieges in Jugoslawien, des feigsten aller Kriege der Geschichte, denn es ist der einzige Krieg in der Weltgeschichte, in dem der Aggressor nicht ein einziges Menschenleben zu beklagen hat; eines fast und beinahe über Internet geführten technologischen Krieg, gebrauchen und mißbrauchen sie die technologischen Entwicklungen, zu denen sie häufig durch Einsatz der intelligenten
Köpfe der Länder der Dritten Welt gelangt sind, die in ihren Heimatländern über keine Laboratorien und Mittel verfügen, worauf sie sie unter Vertrag nehmen und abwerben. Zufällig wurde der völkermörderische Krieg am 50. Jahrestag der NATO geführt. Zu jenem Zeitpunkt waren sie eigentlich recht frustriert. Bereits seit einem Monat warfen sie Bomben ab, wofür drei und im Höchstfall fünf Tage angesetzt worden waren. Doch sie waren auf den Willen eines wahrhaft heldenhaften Volkes gestoßen, das gegen den Faschismus gekämpft hatte, das im zweiten Weltkrieg vierzig Divisionen der Nazis stoppte und das Holocausts erlitten hatte. Das ist ein Thema, zu dem ich nichts weiter sagen möchte, doch ich habe darüber in meiner Rede auf dem Kongreß der Intellektuellen gesprochen (er zeigt eine Broschüre), es sind, glaube ich, noch 400 oder 500 vorhanden, und sollten noch mehr gebraucht werden, kann ich Ihnen genügend senden, damit sie jeder eingeladene Teilnehmer in Händen hat. Unser Botschafter wird diese Aufgabe übernehmen, denn hier in Brasilien haben wir binnen 24 Stunden 10.000 Exemplare gedruckt. Aus Kuba hatten wir ungefähr 2.000 mitgebracht, sie aber schon laufend dort auf der Konferenz verteilt. Die Broschüre enthält ausreichend Material zu diesem Thema des Holocaust und es wird hier noch viel nachzuforschen und viel zu schreiben geben, denn die Heuchler müssen entlarvt (Beifall), eine ganze Anzahl von Lügen aufgedeckt und einige Dinge aufgezeigt werden, die man uns vorenthalten hat, die uns der Westen vorenthalten hat. Am 24. April wurde anläßlich der mit Champagner und allem Drum und Dran begangenen Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag dieses als Verteidigungsbündnis konzipierten Militärbündnisses, das gemäß seiner Statuten nur innerhalb der Grenzen seiner Mitgliedsländer operieren durfte - in Jugoslawien haben sie diese bereits überschritten -, das neue strategische Konzept des Bündnisses für die folgenden 50 Jahre proklamiert. Und hier wird es nun gefährlich, und das war auch der Anlaß für meinen dreiminütigen Beitrag. Ich verlas vier von 16 Abschnitten, die ich zu dem Thema aus Kuba mitgebracht und unterstrichen hatte. Es stand eben nur wenig Zeit zur Verfügung. Ich habe vier Abschnitte verlesen und drei Fragen gestellt. Ich weiß nicht, was davon veröffentlicht wurde. Ich habe heute noch keine Zeit gehabt. Wir sind um 5.00 Uhr morgens ins Bett gegangen, mußten dann zeitig nach Niteroi abreisen und andere Programme absolvieren und haben außerdem 20 Minuten unterwegs nach hier geschlafen. Es muß ein tiefer Schlaf gewesen sein. Ich wachte plötzlich auf und wußte für einen Moment nicht, wohin ich mich begab und wo ich war. Man sagte mir nur, daß wir an der Universität angelangt seien. Ich bat um einen Tee und unterhielt mich mit einer Gruppe sehr netter Leute, die uns am Eingang erwarteten. Ich erzählte Ihnen, daß ich aus Zeitgründen 16 Abschnitte auf vier plus drei Fragen reduzieren mußte. Ich sagte auch, daß ich nicht weiß, ob dazu etwas veröffentlicht wurde. Mir ist nichts bekannt. (jemand bejaht) Du sagt, es sei der Fall. In Kuba wurde es über Radio gesendet, aber hier weiß ich nicht...(Zurufe) Gut. Wo? (Zurufe aus dem Publikum) Ah, es hat Polemik hervorgerufen. Wie gut! Sehr gut! Es ist gut, doch ich sage Ihnen ehrlich, daß der Entschluß nicht leicht war, denn ich befand mich auf einer Versammlung, auf der 11 NATO-Länder vertreten waren, die Mitgliedsländer der Europäischen Union sind. Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß nicht alle die gleiche Haltung einnehmen, ich muß das mit aller Ehrlichkeit sagen, und ich konnte feststellen, daß möglicherweise eine Mehrheit echt beschämt ist über die Ereignisse in Europa, über diesen für maximal fünf Tage berechneten Krieg, der sich dann über 79 Tage hinzog, einen Krieg, in dem sie bereits geschlagen waren. Das Land hatten sie zerstört. Es hatte schon fast nichts mehr zu verlieren. Sie führten ihren gesamten Einfluß, aus allen Seiten kommend, ins Feld, um den Serben eine politische Formel aufzuzwingen, die faktisch alle Forderungen und alle Ziele der NATO-Aggressoren beinhaltete. Darüber wurde im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in den ersten Junitagen heiß diskutiert, wo sich auch unser Botschafter zweimal zu Wort meldete, und ich meine, er sprach wirklich brillant, denn
die anderen hatten keine Argumente. Zu jenem Zeitpunkt waren wir sehr besorgt im Hinblick auf gewisse Theorien und gewisse Doktrinen, die als Wegbereiter erstmalig in Umlauf gebracht wurden. Da erklärte ein europäisches NATO-Land als treuer Gefolgsmann, daß die Charta der Vereinten Nationen anachronistisch sei und alle in dieser Charta enthaltenen Rechte den neuen und edlen humanitären Gefühlen untergeordnet seien. Diejenigen, die Millionen von Menschen auf unserer Erde dem Hungertod ausliefern, stellen plötzlich fest, daß ihnen die tiefsten und höchsten humanitären Gefühle eigen sind (Beifall). Diejenigen, die vier Millionen Vietnamesen ermordeten und weitere Millionen zu Invaliden machten, den Boden und die Wälder vergifteten und C-Waffen einsetzten, von denen man die langfristigen Folgen noch nicht einmal kennt, proklamieren heute das Verschwinden des Rechts der Länder auf Souveränität und Sicherheit, proklamieren den Anachronismus der UN-Charta und proklamieren noch dazu das Recht auf eine globale Intervention. Es sind seltsame Dinge, die zusammentreffen: 50. Jahrestag, eine neue Doktrin des Militärbündnisses; eine Diskussion - wenn ich mich recht entsinne, am 10. Juni in den Vereinten Nationen, wo ein Land zum ersten Mal Dinge proklamierte, die vorher im Flüsterton gemunkelt wurden - heute proklamiert es sie schon so offen, und es war nicht eines der größten, sondern ein relativ kleines Land Europas, das sich mit dem großen Chef dieses Militärbündnisses verband. Sie kamen zu einer Übereinkunft. Unser Botschafter hatte es vorausgesehen und einige schnelle Notizen vorbereitet, als er sah, daß es zu einer Debatte kommen würde - und ein anderes Land, das seltsamerweise dieser Hemisphäre angehört und nicht unbedingt die Vereinigten Staaten sind, das jedoch ebenfalls Mitgliedsland der NATO ist, das nie ein Mutterland gewesen ist, das den Ländern Lateinamerikas und der Karibik stets mit Achtung und Feingefühl begegnet ist und dem man nie imperialistische oder interventionistische Einbildungen nachsagen konnte, unterstützte ebenfalls sofort und ohne jegliches Schamgefühl die Proklamation des Rechts auf Intervention und die Unterordnung der heiligsten Prinzipien dieser Charta unter die hemmungslosen Interpretationen der NATO bezüglich der verschiedenen Gründen für eine militärische Intervention. Ich werde vier davon nennen: eine Ursache sind beispielsweise die Drogen; eine andere der Terrorismus; eine weitere sind massive Verletzungen der Menschenrechte - sie wird von jenen ins Feld geführt, die so viele Menschen töten und alljährlich, mehr noch, wir könnten sagen täglich, derartig massive Verletzungen der Menschenrechte begehen - und eine weitere Ursache sind interne Konflikte. Humanitäre Interventionen, die von ihnen als solche betrachtet und beschlossen werden. Man denke zum Beispiel an ein Land wie Kolumbien, das Opfer der Entwicklung der Drogenproblematik wurde, denn seine Tragödie hat ihren Ursprung auf dem USamerikanischen Drogenmarkt, der Millionen von Menschen jenes Landes zu Drogenabhängigen jenes Marktes gemacht hat, und wo es interne Konflikte gibt. Das könnten also zwei Gründe sein dafür, daß die NATO zu irgendeinem Zeitpunkt beschließt, Tausende von Bomben und Raketen auf Kolumbien niedergehen zu lassen. Es ist wahr, daß unsere Nachbarn im Norden im Verlaufe dieses zu Ende gehenden Jahrhunderts keinerlei atlantisches Bündnis und kein neues strategisches Konzept benötigten, um überall, wo es ihnen in den Sinn kam, zu intervenieren. Sie behielten Puerto Rico, das seine Kultur, die der unsrigen ähnlich ist, heldenhaft verteidigte. Sie besetzten den Isthmus von Panama; vorher hatten sie sich bereits mehr als der Hälfte Mexikos bemächtigt. Sie intervenierten in Mittelamerika und mehrfach in Haiti und Santo Domingo, und zwar bereits nicht mehr auf Grund einer globalen Bedrohung, sondern um die Zinsen und die Schuldentilgung in siebenstelliger Höhe einzuziehen. Sie besetzten die Zollämter, trieben die Schulden in Haiti ein und ließen dort Papa Doc vom Duvalier-Clan zurück. Das gleiche taten sie in Santo Domingo. Sie besetzten es, trieben ihre Schulden ein und ließen den Trujillo-Clan zurück. In
Caamaño rebellierte 1965 eine Gruppe von Militärs, und sofort entsandte Präsident Johnson 40.000 Soldaten zur Besetzung des Landes und zur Niederschlagung des Aufstandes. In Grenada intervenierten sie unter dem Vorwand, einige Studenten einer USamerikanischen Schule befänden sich dort in Gefahr, die jedoch niemals sicherer waren als dort. Wir sagen das so, denn wir waren in Grenada mit dem Bau eines Flugplatzes beschäftigt und wissen alles, was dort geschah. Eines schönen Tages marschierten sie in Panama ein, ohne Abmachung, ohne Beschluß oder Doktrin, tun was sie wollen und werden nicht einmal im Sicherheitsrat angeprangert. Kuba haben sie viele Jahre lang all das zugefügt, was Ihnen bekannt ist. Außerdem existieren dazu die veröffentlichten Dokumente. Es gibt eine weitere Broschüre, in der die Klage enthalten ist, die die Regierung Kubas gegen die Regierung der Vereinigten Staaten erhebt, und zwar für Personenschäden und auf einen Schadensersatz in Höhe von 181,1 Milliarden Dollar für den Tod von 3.478 Landsleuten, die in Girón, bei der Explosion der La Coubre, dem Sabotageakt in Barbados oder bei der Bekämpfung der von den Vereinigten Staaten organisierten und ausgerüsteten Banden ums Leben kamen. All das wird nicht nur anhand unserer Beweise, sondern auch anhand der bereits veröffentlichten Geheimdokumente jenes Landes begründet. Vor Monaten hatten sie beschlossen, die Gelder zu sperren, die sie im Rahmen der Zahlung der Telefonleistungen zwischen beiden Ländern zu überweisen hatten. Jedes der Länder hat einen Teil dieser Leistungen zu begleichen, und im Dezember letzten Jahres sperrten sie annähernd 19 Millionen Dollar, die die USamerikanischen Telefongesellschaften gemäß Verträgen und Vereinbarungen, an denen selbst die Regierung jenes Landes beteiligt war, uns zu zahlen hatten. Die Blockierung erfolgte, um im Namen der Verwandten von drei US-amerikanischen Bürgern kubanischer Herkunft, die jahrelang Verletzungen und Provokationen unserer Hoheitsgewässer und unseres Luftraumes begangen hatten, einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 187 Millionen Dollar zu erheben. So trieben sie es also nach einer Unmenge von Warnungen unsererseits sowie nach Äußerungen unserer Besorgnis hinsichtlich möglicher Zwischenfälle so weit und provozierten derartig, daß es eines Tages leider doch zu einem solchen Vorfall kam. Das nahmen sie nun als Vorwand, um das Helms-Burton-Gesetz zu beschließen, das Clinton selbst als absurdes Gesetz bezeichnet hatte und das Kuba Kosten in der untragbaren und unfaßbaren Höhe von 100 Milliarden Dollar verursachen würde. Doch der Zwischenfall ereignete sich nicht bei Washington, er ereignete sich nicht bei Miami oder bei New York. Es handelte sich um einen Zwischenfall nahe bei Havanna, hervorgerufen durch Aktionen einer Organisation, die für das Provozieren solcher Zwischenfälle geduldet und stimuliert wurde. Drei Personen fanden den Tod, und im Falle dieser drei Bürger, die bei provokatorischen illegalen Aktionen gegen unser Land starben, forderten sie für jeden von ihnen 62.542.637 Dollar. Ab dem Zeitpunkt, da sie die Forderung erhoben, sperrten sie die Gelder in Erwartung der Sanktion durch einen der Richter, von denen sie viele haben. Denn dort ist es im Verlauf von 40 Jahren nicht ein einziges Mal vorgekommen, daß ein Richter Kuba in irgendeinem Fall das Recht zugesprochen hätte. Personen, die brutale Morde begangen, ein Boot entführt und dort Zuflucht gesucht haben, werden fast unmittelbar darauf freigelassen. Sie wissen außerdem, und das ist etwas, das ausschließlich für Kuba entworfen wurde, daß wir das einzige Land der Welt sind, dessen Bürger im Falle eines Ausreisewunsches bereits das Aufenthaltsrecht erhalten, wenn sie einen Fuß auf das Territorium der USA setzen. Das war immer ein Teil ihrer Anfeindungspläne, denn da sie selbstverständlich permanent ihre Reichtümer vorzeigen und die Familien getrennt haben, dienten diese Privilegien, die sie denjenigen Bürgern gewährten, die sich entschieden hatten, illegal in die Vereinigten Staaten auszureisen, nicht nur als Propagandamaterial, sondern auch den Interessen der
politischen Ränkeschmiede und der lobbies, denn diejenigen, die Kuba zunächst nach dem Sieg der Revolution verließen, waren die Großgrundbesitzer und die reichsten Leute, die ihr Geld mitnahmen. Darunter befanden sich viele Kriegsverbrecher, die Millionen von Dollar, ihre Verwalter und technisches Personal mitnahmen, weswegen sie am schnellsten zu Wohlstand kamen. Sie verfügen über viel Geld und finanzieren Wahlkämpfe, wobei dies nicht nur die Wahlen von Abgeordneten, Bürgermeistern und Senatoren betrifft, sondern sogar die Wahl des Präsidenten. Wie ich Ihnen bereits erzählte und es nun wiederhole, gründete sich unsere Klage auf den Tod von 3.478 Landsleuten, darunter die Gefallenen von Girón, die hier genannt wurden. In nur zwei Jahren wurden etwa 5.000 terroristische Aktionen im Einklang mit Plänen der Regierung der Vereinigten Staaten durchgeführt, und das sagen nicht wir, sondern die sehr gut informierten ehemaligen Führungsfiguren der CIA, die zum damaligen Zeitpunkt und danach über jeden dieser Pläne etwas geschrieben haben, wobei diese Dokumente nach 30, 35 und fast 40 Jahren veröffentlicht wurden. Sie haben nicht alles veröffentlicht, denn sie behalten einige der kompromittierendsten und schändlichsten Dokumente unter Verschluß, und sie haben bei einigen von denjenigen, die sie veröffentlichten, Dinge entfernt und gestrichen. Dennoch gibt es einige Institutionen, die sich damit beschäftigen, Dokumente dieser Art zu suchen und zu sammeln. In unserer Klage haben wir 30 Millionen Dollar für jeden Kubaner gefordert, der gemäß dem Konzept des Personenschadens starb, und 10 Millionen für jeden, der Schäden erlitt. Es sind also 40 Millionen Dollar, viel weniger als die Summe, die sie forderten und weswegen Kuba von einem US-amerikanischen Richter verurteilt wurde. Wir haben sehr viel weniger gefordert. Aber wissen Sie, wieviel wir gefordert hätten, wenn wir die gleiche Berechnungsgrundlage benutzt hätten wie sie? Ich erkläre das kurz. Da die Klage gegen die Regierung Kubas und die Luftwaffe gerichtet war, errechneten sie, daß die Luftwaffe über 100 MIG-Flugzeuge verfüge und daß jedes von ihnen 45 Millionen Dollar koste. Es wäre schön, wenn wir jedes dieser angeblichen MIG-Flugzeuge auf dem Weltmarkt für 45 Millionen Dollar verkaufen könnten! Sie multiplizierten die 45 Millionen mit 100 und kamen auf einen Wert von 4,5 Milliarden Dollar. Der Richter verurteilte Kuba zur Schadensersatzzahlung von 1% des Gesamtwerts der Luftwaffe, und 1% von 4,5 Milliarden entspricht 45 Millionen. Das war ihre Berechnungsgrundlage, 45 Millionen für jeden Toten, und es waren drei. Diese Zahl stellte den größten Anteil des Betrags der Klage dar, wozu sie noch einen zusätzlichen Betrag für andere Faktoren hinzufügten. Wissen Sie Ihr, was geschehen wäre, wenn wir diese Berechnungsgrundlage genommen hätten? Wenn wir annehmen, daß die gesamte US-Luftwaffe einen Wert von 500 Milliarden Dollar hat, und mit Sicherheit kalkulieren wir für ihre B-2Flugzeuge, von denen jedes 2 Milliarden kostet, ihre B-52-Bomber, ihre Flugzeugträger und außerdem ihre Tausende von Kampfflugzeugen der modernsten Typen auf der Grundlage dieses Betrags und nicht ihres reellen Wertes, der mehr als das Doppelte betragen müßte. Und wir beziehen auch nicht die Marine und das Heer ein, obwohl zum Beispiel ihre Kriegsschiffe den Invasoren von Playa Girón Unterstützung gewährten, das Heer den Söldnern die Kampfpanzer zur Verfügung stellte und obwohl die Flugzeuge, die mit kubanischen Aufschriften getarnt unser Land bombardierten, von der US-Luftwaffe stammten. Wenn wir all das zusammenrechnen und sie zu einer Zahlung von 1% verurteilen würden, stellen Sie sich diese Zahl vor! Doch ich beschränke mich auf die Luftwaffe, für die ich einen Wert von 500 Milliarden veranschlage, so daß 1% von 500 Milliarden 5 Milliarden ergibt. Später könnten wir eine Summe fordern, die nicht einmal übertrieben, sondern vielmehr konservativ erscheint, nämlich fast 2 Billionen Dollar, und wenn wir die Berechnungen ausgehend vom reellen Wert der gesamten Ausrüstung ihrer Streitkräfte anstellen würden, wäre es eine Zahl, die das jährliche
Bruttoinlandsprodukt der Vereinigten Staaten übersteigen würde. Dies alles geschähe im Einklang mit dem Gesetz und mit den Beweisen in den Händen. Sie haben den Präzedenzfall gesetzt. Doch in dieser Klageschrift, die wir vorgelegt haben, sind auf etwa 30 oder 40 Seiten die abstoßende Geschichte der Aggressionen der Vereinigten Staaten gegen Kuba und die widerlichen Vorwände zusammengefaßt, die sie dem US-Generalstab vorschlugen und die zu einem bestimmten Zeitpunkt vom Präsidenten der Vereinigten Staaten gebilligt wurden, um eine direkte Aggression zu rechtfertigen. Diese sind auf drei beschämenden Seiten enthalten. All dies wurde von der US-Regierung diskutiert und akzeptiert, was zu schwerwiegenden Gefahren für die Welt führte. Die Maßnahmen, die wir angesichts der unmittelbaren Gefahr ergriffen, führten zur berühmten Oktoberkrise von 1962, die sich fast zu einem weltweiten Atomkrieg entwickelt hätte. Das war eine der Folgen ihrer absurden und unglaublichen Unverantwortlichkeiten. Wenn Sie die Liebenswürdigkeit besitzen, diese Klageschrift zu lesen, falls Sie dies wünschen, werden Sie mehr Information über unser Land bekommen. Und ich kann Ihnen versichern, daß wir, die wir zusammen mit Anwälten, Staatsanwälten und anderen Genossen an diesem Material geabeitet und Dokumente gesucht haben, wobei wir sie wiederholt lasen, um Beweise zu finden, etwas fanden, von dem ich keine genaue Kenntnis hatte, nämlich die vom Innenministerium ermittelte Gesamtzahl der Verschwörungen, um mich umzubringen. Ich wußte, daß es viele waren, denn schließlich hatte der Senat eine Reihe von ihnen bestätigt. Wißt Ihr, auf wieviele sich die größeren und kleineren sowie die direkten und angestifteten Verschwörungen belaufen? Sie verwenden drei Methoden: Eine besteht darin, einen direkten Plan zur Eliminierung einer Person zu organisieren, und eine weitere sieht vor, Gruppen zu organisieren, die ihre eigenen Namen tragen, scheinbar unabhängig sind, perfekt ausgebildet wurden und die Völkerechtsfähigkeit sowie das Jagdrecht auf eigene Rechnung erhalten. Worin besteht dieses Recht? Es besteht darin, jeden von uns zu töten. Und die dritte Vorgehensweise gründet sich auf der Anstiftungsmethode: "Man muß den Teufel töten", "Man muß den Teufel töten", "Man muß den Teufel töten" (Lachen), bis bei vielen Engeln im Himmel der Wunsch entsteht, den Teufel zu töten. Wissen Sie, auf wieviele sich die ermittelten und bekanntgewordenen Verschwörungen verschiedenen Ausmaßes insgesamt beliefen? Auf 637. Es besteht kein Zweifel daran, daß sie mich zu einem Champion gemacht haben! (Beifall.) Wenn Sie mir dafür einen Preis verleihen wollen, wäre ich eher dazu bereit, diesen zu empfangen, als die unverdienten Ehren, die Sie mir am heutigen Nachmittag verliehen haben. Auf welchem Gebiet bin ich der Champion? In dem olympischen Rekord an Verschwörungen, die der Imperialismus und seine Gefolgsleute vorbereitet haben, um meinem revolutionären Leben ein Ende zu setzen, und in der Freude und dem Vergnügen über ihre Unfähigkeit, mich auszuschalten. Es ist möglich, daß sie am Ende Erfolg haben und erreichen, daß ich mich zu Tode lache (Lachen und Beifall). Ich fühle Bewunderung für diejenigen Menschen, die daran gearbeitet haben, das zu verhindern. Ich sage Ihnen mit völliger Offenheit, daß ich der Sorgloseste von allen war. Wenn ich eine Auslandsreise unternehmen muß, ist es unvermeidlich, daß mich eine größere Anzahl von Sicherheitspersonal begleitet als andere Reisende. Sie koordinieren und kooperieren immer eng mit den Behörden des Gastlandes, dessen Gesetze und Funktionen sie strikt respektieren. Wissen Sie, wieviele Flugzeuge ich benutzen muß? Zwei. Es ist wahr, daß es zwei sowjetische Flugzeuge sind und die Sowjetunion verschwand vor vielen Jahren, aber uns bleiben noch einige Ersatzteile. Ich scherze mit meinen Kollegen und sage ihnen: "Ich sehe mich als mutiger als ihr an, da ich der einzige bin, der noch in einer alten sowjetischen Maschine mit relativ wenig Ersatzteilen fliegt." Es ist aber in der Tat so, daß unsere Piloten, Mechaniker und Techniker sehr wohl Champions sind. Wir müssen mit zwei Maschinen fliegen, da sie immer ein Plänchen entwerfen, das zum Beispiel darin besteht, eine Stinger-Rakete zu benutzen, wobei es sich hierbei
um einen Bogen handelt, den sie mehrere Kilometer weit vom Flughafen entfernt postieren können. Die USA haben diese Art von Waffen in der ganzen Welt verteilt, als sie Kräfte unterstützten, die sie in ihren schmutzigen Kriegen benutzten. Während des vorletzten Iberoamerikanischen Gipfels in Venezuela bereiteten sie ein Attentat vor. Als die Täter von Miami kommend ihren Weg aufnahmen, wurden sie in der Nähe von Puerto Rico von einem Schiff der US-Küstenwache gefaßt, das auf der Suche nach Drogen war, und man beschlagnahmte zwei automatische Gewehre des Kalibers 50, die eine Reichweite von 1.400 Metern haben, auf 400 Meter Entfernung einen Panzer durchschlagen können und in der Lage sind, auf ein startendes und landendes Flugzeug zu schießen, wobei sie mit einem Teleskopsucher, Infrarotstrahlen für die Dunkelheit und den entsprechenden Ladestreifen ausgerüstet waren, um in halbautomatischer Weise so viele Kugeln wie notwendig abzufeuern. Die Personen wurden festgenommen und der Verfügung der Gerichte von Puerto Rico unterstellt. Und wer organisierte diese Plan? Der Präsident und die führenden Köpfe der sogenannten Kubanisch-Amerikanischen Nationalstiftung. Einige von deren Chefs ließen sich sehr selbstgefällig und stolz zusammen mit dem USPräsidenten fotografieren. Es ist nicht wenig Geld, das sie den Kandidaten beider Parteien zukommen lassen. Die direkt in den Fall verwickelten Personen werden einem Gerichtsverfahren unterworfen, wobei dies nicht den Präsidenten der verdienstvollen Stiftung und andere Hauptverantwortliche einschließt. Mal sehen, wie dieses Verfahren ausgeht. Oftmals waren sie nahe dran, ihre Pläne zu verwirklichen. In Chile, um ein Beispiel zu zitieren, hatten sie sich auf einige Meter genähert, wobei sie mit einer Kamera ausgerüstet waren, die ein Maschinengewehr im Fokus hatte, und als Journalisten mit venezolanischen Pässen und Dokumenten, die ihnen von bestechlichen und korrupten Agenten und Beamten übergeben wurden, akkreditiert waren. Doch zum Glück waren es keine Fanatiker. Sie erschreckten und schossen nicht. Mehr als einmal waren sie ziemlich nahe. Es scheint so, daß ich später ein bißchen Glück gehabt habe. Auf jeden Fall habe ich versucht, das Glück auf die beste Art und Weise zu nutzen, denn jedes Jahr, jeden Monat, jede Woche und jede Stunde meines Lebens hat aus Kampf bestanden, und zwar nicht aus einem Gefühl der Rache, sondern aus Treue zu meinen Überzeugungen. Ich vergebe ihnen schon im Voraus für ihre Versuche, mich zu töten, denn letztlich haben sie mir die Ehre erwiesen, mich als sehr viel wichtiger, ja als unendlich viel wichtiger anzusehen, als ich eigentlich bin, und sie haben mir einen Rekord verliehen. Ihre Methoden sind schlicht und einfach widerlich. Als wir an dem Material für die Klageschrift arbeiteten und eine neben der anderen alle ihre Untaten und die Gesamtheit ihrer Verbrechen gegen das kubanische Volk im Laufe von 45 Jahren sahen, und glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, daß wenn jemand Abscheu für das Imperium empfand und eine wirklich sehr schlechte Meinung bezüglich seines totalen Fehlens von Skrupeln und Moral hatte, dann könnte ich Ihnen ohne Furcht vor Übertreibung sagen, daß wir uns noch 30% oder 40% revolutionärer fühlten. Es ist nicht so, daß wir diese Dinge ignorieren würden, denn an einem Tag kommt eine Nachricht heraus und am nächsten Tag eine andere, und es erscheinen Berichte und Nachrichten, die über diese Themen sprechen. Doch wenn man all dies auf einigen Seiten zusammenfaßt, hat es einen wirklich starken Effekt auf einen, eine starke Wirkung, und selbst ich, der ich die Erfahrung all dieser Jahre durchlebt habe, verspürte dies. Es gibt kein einziges Wort der Übertreibung, denn es handelt sich um unanfechtbare Beweise und offizielle Dokumente der Regierung der Vereinigten Staaten. Wir kennen sie sehr gut. Warum gab es den Versuch, während des Krieges in Jugoslawien offen die Doktrin eines globalen und aus jeglichem Grund abzuleitenden Interventionsrechts zu verbreiten? Man mußte dem Einhalt gebieten. Das war es, was mich dazu brachte, das zu sagen, was ich schließlich sagte. Es ist nicht so, daß ich nicht daran dachte, über diese Dinge zu sprechen und zu schreiben, sondern ich hatte die Sorge, dies genau in jenem Rahmen zu tun und dabei das Risiko einzugehen, ungehörig und
sogar unhöflich gegenüber den europäischen Persönlichkeiten zu erscheinen, die an diesem konstruktiven Austausch teilnahmen. Doch es gab keine andere Alternative. Ich verlas den Beitrag während meiner drei Minuten und ich glaube wirklich, daß dort das Blut in dem Aderm stockte. Es herrschte eine völlige und absolute Stille und man ging davon aus, daß man während des privaten Treffens darüber diskutieren würde. Denn ich hatte, wie ich Ihnen bereits sagte, zwar auf 16 Abschnitte hingewiesen, aber nur vier erwähnt. Wenn Sie es mir erlauben, lese ich die vier und einige mehr vor, nicht alle 16, vielleicht 10 oder 11, um ein bißchen auszuschweifen, denn was im Recht reichlich vorhanden ist, schadet nicht. Will man also nicnt von einer Sache wissen, dann muß man sich eben das Dreifache davon anhören. (Beifall). Ich wußte, daß ich über vier Minuten verfügte, wenn ich um das Wort bitten würde. Mir blieb am Ende mindestens eine halbe Minute übrig, da ich eine spezielle Anstrengung unternommen und mich konzentriert hatte, so daß das Unverzichtbare gesagt werden konnte. Ich bin sicher, daß ich mich geschämt hätte, wenn ich nach Kuba zurückgekehrt wäre, ohne es zu tun. Es ist so, als ob man den Rubikon überschreitet, denn diese vier Absätze und diese drei Fragen berührten direkt sensible Aspekte bezüglich von mächtigen Interessen und Kräften. Zunächst handelte es sich hierbei um die in diesem Forum vorgetragene offene und notwendige Anklage des neuen strategischen NATO-Konzepts, die sie nicht verschleiern konnten, da viele Nachrichtenagenturen sie bereits verbreitet hatten. Der zweite sensible Punkt. Wenn in dem von den 15 Staaten der Europäischen Union verabschiedeten Entschließungsprojekt ausdrücklich anerkannt wird, daß " sich diese strategische Vereinigung auf die vollen Achtung des Völkerrechts und die in der UN-Charta enthaltenen Absichten und Prinzipien stützt, nämlich die Nichteinmischung, die Achtung der Souveränität, die zwischenstaatlichen Gleichheit und die Selbstbestimmung," bedeutete dies, daß sich die Vereinigten Staaten als Anführer und wichtigster Alliierter ebenfalls zu diesen Prinzipien verpflichten würden? Und wenn dies nicht so wäre, welche Haltung würde Europa einnehmen, wenn die USA zu jeder Zeit und unter jeglichem Vorwand beginnen würden, Bomben und Raketen auf irgendeines der hier versammelten lateinamerikanischen und karibischen Länder zu werfen? Ich sagte, daß die USA in Haiti und Santo Domingo aufgrund von nicht bezahlten Schulden in Höhe von einigen Dutzenden von Millionen Dollar einmarschierten. Wenn es ihnen in den Sinn kommt, daß eine unbezahlbare Schuld wie die von Lateinamerika, die 700 Milliarden Dollar beträgt und die niemals zurückgezahlt werden kann, da sie desto mehr ansteigt, je mehr man zahlt, eine globale Bedrohung und deshalb einen hinreichenden Grund für eine "humanitäre Intervention" darstellt, könnten sie damit beginnen, aufs Geratewohl Zehntausende von Bomben auf unsere Region oder auf irgendein Land unserer Region zu werfen. Die dritte delikate Frage: Zum ersten Mal war es in einem internationalen Forum notwendig, offen auf die Tatsache hinzuweisen, daß der Westen, besonders die USA, mithalf, damit der Staat Israel Hunderte von Atomwaffen entwickeln konnte, worüber stets ein seltsames und hermetisches Schweigen aufrechterhalten wurde. Und das hatte eng mit der schwerwiegenden Bedeutung und Willkürlichkeit der neuen strategischen Konzeption der NATO zu tun. Ich erwähnte dies natürlich keineswegs, damit die NATO Bomben und Raketen auf Israel abfeuerte, wie sie es auf Serbien getan hatte. In jenem Staat des Nahen Ostens leben Israelis, Palästinenser und Bürger anderer Ethnien, Religionen und Kulturen. Ich verteidige mit absoluter Standhaftigkeit das Recht aller auf Leben und Frieden. Ein Fall wie dieser, wo es zu einer massiven und geheimen Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen gekommen ist, was gemäß der neuen NATO-Doktrin einer der Gründe für eine militärische Intervention ist, beweist, wie absurd, wirklichkeitsfremd und widersprüchlich eine solche Doktrin ist, denn in jenem kleinen Territorium summieren sich interne Konflikte, die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen, ethnische Säuberungen und unablässige
Kriegsgefahren, was alles Gründe für eine militärische Intervention der NATO darstellen. Dennoch könnte es niemandem in den Sinn kommen, daß ein solch komplexes Problem gelöst werden könnte, indem man Zehntausende von Bomben abwirft auf Stromerzeugungseinrichtungen und Stromnetze, Fabriken, Straßen, Brücken und lebenswichtige Einrichtungen, ohne die Millionen von unschuldigen Personen nicht überleben könnten, die nicht die geringste Schuld an den Problemen haben, die sich dort angesammelt haben. Jedermann versteht, daß diese Probleme nicht mit den Methoden der NATO gelöst werden können, ohne dabei das Risiko einzugehen, eine sichere und kolossale Katastrophe herbeizuführen. Für wen und wofür wurde diese dumme und kriminelle Doktrin konzipiert? Nur dafür, um sie auf diejenigen Länder anzuwenden, die weder Atomwaffen besitzen noch mächtigen militärischen Blöcken angehören oder übermäßig ernsthafte Komplikationen heraufbeschwören könnten. Ganz Lateinamerika und die Karibik, Afrika und der größte Teil der asiatischen Staaten würden in diesem Fall zu einem Risikogebiet gehören. Kein wirklich würdiges Land, das bereit ist zu kämpfen, wird sich einschüchtern lassen. Wir wissen im Übermaß, daß man eine ähnliche Aggression besiegen kann. Dieses von den USA geführte Militärbündnis, hat gerade einen erbarmungslosen und völkermörderischen Krieg gegen ein europäisches Volk mit großen historischen Verdiensten geführt, das keine Schuld an den Fehlern trägt, die die Regierungen Europas und die jugoslawische Regierung in den letzten 10 Jahren auf dem Balkan begangen haben. Die Regierung, die das leitete, was von Jugoslawien übriggeblieben war, war in Wirklichkeit keine sozialistische Regierung. Vor mehr als 10 Jahren hatte sie aufgehört, dies zu sein, und strich den Namen Föderative Sozialistische Republik Jugoslawien, um sich danach einfach Föderative Republik Jugoslawien zu nennen, und zwar mit all den Normen, die der Westen fordert, nämlich freier Markt und diejenige Art von politischer, bürgerlicher und kapitalistischer Organisation, die die USA und Europa den restlichen Staaten als universelles Rezept aufzwingen wollen. Trotzdem wurde das sozialistische Jugoslawien, in dem fast ein halbes Jahrhundert lang Frieden herrschte, zerstückelt, wofür der Westen die Verantwortung trägt und was fast unmittelbar darauf zu jeder Art von ethnischen, kulturellen und nationalen Konflikten führte. Alle Volksgruppen, die das Land zusammensetzten, erlitten die Folgen. Die Konflikte waren nicht immer ethnischer Art, da Kroaten, Serben und Bosnier in ethnischer Hinsicht Slawen sind, wobei nur einige römische Katholiken, andere orthodoxe Katholiken und wieder andere Moslems sind, weshalb es eben zu kulturellen, religiösen und nationalen Konflikten kam. Im Kosovo handelte es sich um einen Konflikt, der sehr wohl zudem ethnische Charakteristika hatte. Von der Verantwortlichkeit wird nicht gesprochen. Man spricht nicht vom Holocaust an den Serben, der vom 6. April 1941 bis in die letzten Jahre des Krieges andauerte und bei dem Hunderttausende von Serben, darunter Männer, Frauen und Kinder, auf systematische und kaltblütige Art und Weise in Konzentrationslagern ausgerottet wurden, bei dem die Nazi-Methoden von Auschwitz, Dachau und anderen Orten angewendet wurden, und zwar im Einklang mit der Doktrin eines Faschisten, den Hitler nach der Invasion einer Zone Jugoslawiens an die Macht gebracht hatte, die Kroatien, Bosnien, Herzegovina und einen Teil Voivodinas umfaßte. Als ich während eines Kulturkongresses, an dem etwa 600 oder 700 ausländische Delegierte teilnahmen, über das Thema sprach, fragte ich, ob jemand von ihnen von diesem Holocaust wüßte, und nur einer, ein Deutscher, hob die Hand und sagte: "Ja, in Deutschland wurde ein Buch veröffentlicht, das die Geschichte dieses Holocausts erzählte, und es gab auch in Jugoslawien einige Bücher, die über das Thema sprachen." Ein wirklicher Holocaust! Der Westen hat ein totales Schweigen beibehalten und diesen Holocaust verschleiert. Warum? Weil es sich um Serben handelte? Weil die Serben nach dem Krieg einen Teil der sozialistischen Republik bildeten? Warum geschah dies wirklich? Es gibt einige Geheimnisse, die gelüftet werden müssen, und es ist möglich, sie zu lüften.
In diesem Moment muß es über dieses Thema sehr viel mehr Daten geben als die, über die ich verfügte, als ich am 11. Juni 1999 auf dem Kulturkongreß sprach, vor weniger als einem Monat. Man muß nicht nur Ideen säen, sondern auch Wahrheiten entdecken. Man muß die Welt über die riesige und gigantische Scheinheiligkeit des Westens aufklären. Man spricht von Seiten einiger europäischer Politiker von der Verschärfung der kubanischen Gesetze, wobei sie besonders kritisieren, daß in unserem Strafgesetzbuch die Todesstrafe existiert. Worin bestand die Verschärfung? Im Fall von Vergewaltigungen von Minderjährigen haben wir die Strafen verschärft und in den Fällen von extremer und abstoßender Schärfe kann die Todesstrafe verhängt werden. Fast 2 Millionen Touristen besuchen pro Jahr unser Land. Im Allgemeinen sind dies gesunde Menschen, viele Kanadier und Europäer von exemplarischem Verhalten. Doch niemals fehlen diejenigen Besucher jeglicher Herkunft, die auf der Suche nach Sex sind. Unser Volk und besonders unsere Kinder und Jugendlichen müssen geschützt werden, und dies noch viel mehr, nachdem Krankheiten wie AIDS aufgetaucht sind, die skrupellose Personen hervorgebracht haben, die den Genuß ohne Risiken irgendeiner Art begehren und denken, daß der Kontakt mit Mädchen und Jungen von 11 Jahren, 10 Jahren, 8 Jahren oder 7 Jahren weniger gefährlich sei als der mit einer erwachsenen Person. Niemals fehlen diejenigen, die sich dafür hergeben, solche Dienste zu fördern. Wir haben ebenfalls die Strafen bei Zuhälterei und besonders bei der Verführung Minderjähriger verschärft. Nicht einmal das ganze Gold der Welt ist mehr wert als die Reinheit und die Würde eines kubanischen Mädchens oder Jungens (Beifall). Im Fall von Drogenhandel haben wir gleichfalls die Strafen bis zur Todesstrafe angehoben. Was bedeutet das? Ausgehend von der Öffnung unseres Landes für Millionen von Besuchern, wobei dies gebürtige Kubaner und Touristen einschließt, die mit großer Leichtigkeit und oftmals ohne Visa im Land ein- und ausreisen, sind Bedingungen entstanden, bei denen einige internationale Verbrecher diese Möglichkeiten ausnutzen, um mit kleinen Drogenladungen Handel zu treiben. Es gibt gleichzeitig ausländische Unternehmen, die mit kubanischen Unternehmen assoziiert sind und über die einschlägigen Möglichkeiten verfügen, um Rohstoffe und verarbeitete Produkte ein- und auszuführen. Wir entdeckten, daß eine dieser Firmen die Investition mit der Absicht getätigt hatte, bedeutende Mengen an Drogen zwischen Kolumbien und Spanien zu bewegen. Glücklicherweise entdeckten wir es rechtzeitig. Wir hätten die angeblichen europäischen Geschäftsleute festnehmen können, wenn bestimmte kolumbianische Behörden gemäß den zwischen beiden Ländern unterzeichneten Vereinbarungen uns die Informationen übermittelt hätten, die sie bereits besaßen, bevor sie sie aus Publicity-Gründen und aufgrund von keinesfalls transparenten Ratschlägen von USamerikanischen Beamten veröffentlichten. Die in ihr Heimatland geflüchteten falschen Unternehmer sind immer noch nicht verhaftet worden. Kuba kann so etwas nicht tolerieren. Es ist eine Beleidigung für unser Land, das sein Ansehen und sogar seine Sicherheit aufs Spiel setzt. Aus diesem Grund, der zweifelsfrei würdig ist, berücksichtigt zu werden, entschied die Nationalversammlung, die Todesstrafe für das Delikt des Drogenhandels großen Ausmaßes unter Verwendung des kubanischen Territoriums festzulegen. Für die weniger schweren Fälle wurden die Gefängnisstrafen erhöht. Unser Strafgesetzbuch beinhaltet in der Tat die Todesstrafe, doch im Rahmen der letzten Änderungen beschloß die Nationalversammlung die lebenslängliche Gefängnisstrafe als Alternative zur Todesstrafe, so daß diese nur in Ausnahmefällen angewendet wird. In Kuba gibt es außerdem den Staatsrat, der aus 31 Personen mit sehr eigenen und unabhängigen Kriterien zusammengesetzt ist. Jedes Urteil über die Höchststrafe, das vom Obersten Gericht ratifiziert worden ist, wird automatisch dem Staatsrat vorgelegt, wo jeder Fall aufs Neue sorgfältig analysiert wird - und die dort bestraften Delikte sind in der Regel schrecklich und abstoßend -, und wenn es
keinen fast einstimmigen Konsens gibt, wird das vom höchsten Justizorgan des Landes mitunterzeichnete Todesurteil nicht vollstreckt. So ist das. Es ist nicht so wie dort im Norden, wo die Todesstrafe nur für Spanischamerikaner, Indios, Mestizen und Schwarze vorbehalten ist (Beifall). In Europa, wo man seit langem nicht mehr unter den schrecklichen sozialen Problemen leidet, denen unsere Länder ausgesetzt sind, wurde bereits die Politik der Abschaffung der Todesstrafe eingeführt, während 129 Länder der Welt dies noch nicht als möglich erachtet haben. Wir sehnen uns nach dem Tag, an dem auch wir diese strenge Strafe abschaffen können. Ich sagte einer europäischen Führungspersönlichkeit, der sich um dieses Thema sorgte, folgendes: Sie Europäer sorgen sich um die Todesstrafe. Das ist eine Idee und ein Gefühl, das ich respektiere. Doch es gibt zwei Gründe für die Todesstrafe: Erstens können die Strafen zum Tod von einigen Tausend Personen jährlich führen, deren Taten den Verlust von vielen unschuldigen Menschenleben, Behinderungen oder einen beträchtlichen Schaden für die Gesellschaft hervorgerufen haben. Trotzdem betrachte ich das Anliegen jeglichen Landes, jeglichen Mannes oder jeglicher Frau nicht als niederträchtig, unter denen auch viele Freunde Kubas und viele noble und gute Menschen auf der Welt sind und die sich aus religiösen Motiven oder philosophischen Gründen dieser Art von Strafe widersetzen. Selbst in der Nationalversammlung erläuterten drei christliche Abgeordnete ihre Standpunkte und ihren Einspruch, als diese Strafen für Delikte wie die beschriebenen beschlossen wurden. Menschen, die so denken, sind jeden Respekts würdig. Was man jedoch nicht respektieren kann, sind die Scheinheiligkeit und die Lüge. Es gibt einen anderen wirklich schrecklichen Grund für die Todesstrafe, nämlich den Hunger und die Armut, die jedes Jahr Dutzende Millionen von Personen in der Welt töten. Ich habe gegenüber den europäischen Führungspersönlichkeiten ausgedrückt: Lassen sie uns nicht warten, bis auf der Welt alle Bedingungen geschaffen sind, damit die Todesstrafen abgeschaftt werden können. Beginnen wir sofort mit der Arbeit, um das Leben von Dutzenden Millionen von Menschen zu retten, die jedes Jahr in der Dritten Welt sterben (Beifall). Und ich sage ihnen: Wir sind zur Zusammenarbeit bereit. Schauen sie, wir wissen, daß allein in Lateinamerika jedes Jahr mehr als 1 Million Menschen sterben, die einfach dadurch gerettet werden könnten, indem man Ärzte dorthin schickt, wo es noch keine Ärzte gibt. Wir haben unsere Zusammenarbeit versprochen und sind sogar bereit, Tausende von Ärzten zu schicken. Das ist das Humankapital, von dem ich Ihnen erzählte. Die Tatsache, daß wir das Land mit dem weltweit höchsten ProKopf-Anteil an Ärzten sind, hätte keinen Wert, wenn jeder unserer Ärzte nicht als allgemeine Norm, heiliges Prinzip und feste Tradition wie ein Missionar, Kreuzritter, Pastor, Priester und Märtyrer der Gesundheit und des menschlichen Lebens auftreten würde, weshalb sie sich entschlossen zu denjenigen Orten begeben, zu deren Erreichen man tagelang durch Schlamm waten muß, wobei sie allein zu diesen Orten gehen und es sich manchmal um Frauen handelt - fast die Hälfte der Ärzte in unserem Land sind Frauen -. Es sind Orte, in denen es keinen Strom gibt, wo es lange dauert, den Ärzten Post ihrer Familien zukommen zu lassen, und wo es Moskitos, Schlangen und alle die Plagen gibt, die man in einigen tropisch feuchten Wäldern und Zonen finden kann. Dort sind unsere Ärzte und Ärztinnen. Ich sagte Ihnen bereits, daß wir Mittelamerika 2.000 Ärzte angeboten haben. Ich weiß nicht, fast stelle ich mir sogar die Frage, ob Europa und die USA zusammen 2.000 Freiwillige zusammenbringen können, um zu den Orten zu gehen, wo unsere Ärzte arbeiten (Beifall). Nur für den Norden von Schwarzafrika, wo die Kindersterblichkeitsrate in einigen Ländern jedes Jahr Zahlen von über 200 pro 1.000 Lebendgeborenen erreicht und wo Hunderttausende von Leben, hauptsächlich Kinder, gerettet werden können, oftmals nur durch das Ausgeben von einigen Cents, haben wir die kostenlosen Dienste von 3.000 Ärzten angeboten. Es handelt sich um die ärmsten Länder mit der höchsten Kindersterblichkeitsrate. Wir sagen den reichen Ländern: "Wenn Sie die Medikamente zur Verfügung stellen, schicken wir die Ärzte.
" Und nicht nur das, denn wir haben bereits die ersten Ärzte entsandt, ohne daß sich bereits irgendein Industrieland verpflichtet hätte, Medikamente zu schicken, die aufgrund einiger Anstrengungen der Regierungen selbst oder einiger wirklich humanitärer Nichtregierungsorganisationen ankommen. Die entscheidende Frage liegt in der Tatsache, daß es bereits eine große Anzahl von kubanischen Ärzten gibt, die dort Leben retten, und in der Hoffnung, daß die Länder mit den meisten Mitteln einige Beiträge an Medikamenten leisten, was am wenigsten kostet. Ich habe mit einer Reihe von europäischen Führungspersönlichkeiten gesprochen und mir vorgenommen, weiter Gespräche zu führen, um bis zu 6.000 Ärzte an diejenigen Orte in verschiedenen Teilen der Welt zu schicken, die dies am dringendsten benötigen. Ich spreche nicht von mehr, da die 6.000 die sind, die wir allein unterhalten und deren Lohnkosten und andere Zuwendungen für sie und ihre Familien wir abdecken können. Es kostet Millionen, eine Hochschule für 3.400 Medizinstudenten aus ganz Lateinamerika aufrechtzuerhalten. Ebenso kostete es einige Millionen, sie nach den zwei Hurrikans, die erschreckende menschliche und materielle Schäden in der Karibik und Mittelamerika anrichteten, innerhalb von Wochen aufzubauen. Obwohl wir blockiert werden, machten und machen wir das alles mit Freude. Aus dieser Institution wird mehr als eine Ausbildungsstätte für Ärzte hervorgehen, nämlich eine Doktrin dessen, was der Arzt sein muß, und der Verantwortung, welche diejenigen Berufstätigen haben, die die Gesundheit, das physische Wohlbefinden und das Leben des Menschen bewachen. Wir fühlen uns befriedigt darüber, diesen Geist der Solidarität und des Opfers massenhaft erreicht zu haben. Als wir das Problem in unserem Land erläuterten, boten sich praktisch alle Beschäftigten des Gesundheitswesens an, einschließlich der Krankenpfleger, Techniker und dem weiteren qualifizierten Personal. Jeder Arzt kann sich in eine Mikroschule für Krankenpflege und für das technische Hilfspersonal verwandeln, wenn ihm einheimische Jugendliche mit dem Abschluß von mindestens der sechsten Klasse zugewiesen werden. Mit ihrer theoretischen und praktischen Anleitung können die Ärzte diese Jugendlichen innerhalb von kürzester Zeit perfekt ausbilden. Ich spreche mit Vorsicht von 6.000, denn wie ich bereits sagte, müssen wir für jeden dieser Ärzte bestimmte Zusatzausgaben zu ihren Gehältern aufbringen. Oft mußten wir den Flug bezahlen, wobei wir sie in unseren Flugzeugen mit den entsprechenden dabei anfallenden Kosten schickten, weil die Länder nicht einmal über die Mittel verfügten, um für die Flugkosten unserer Ärzte aufzukommen. Oftmals mußten wir den in der Lateinamerikanischen Medizinischen Hochschule eingeschriebenen Studenten, die dort ohne Kosten für sie und ihre Familien studieren, auch die Reise nach Kuba bezahlen. Jedes Jahr empfangen wir 500 Jugendliche aus Mittelamerika und 750 aus dem Rest Lateinamerikas. Es gibt eine kleine Gruppe von Brasilianern aus verschiedenen Bundestaaten Brasiliens, und zwar nicht, weil dieses große Land dies bräuchte, sondern weil wir wünschen, daß sich in dieser Schule Studenten aus allen spanischund portugiesischsprechenden Ländern, die sich sehr ähneln, treffen. Außerdem sind etwa 120 haitianische Jugendliche in der Medizinischen Fakultät von Santiago de Cuba angekommen. Sie müssen vorher die spanische Sprache erlernen. So empfangen wir jährlich zwischen 1.350 und 1.400 lateinamerikanische Stipendiaten, die in Kuba das Medizinstudium aufnehmen. Ich zähle hierbei nicht die Studenten aus der Karibik, die das Recht auf jegliches Stipendium und jeglichen Studienabschluß in unseren Universitäten haben, und zwar absolut kostenlos (Beifall). Wir verfügen über 21 medizinische Fakultäten und zusammen mit der Lateinamerikanischen Fakultät sind es 22. In dieser letzteren werden sie den Angleichungskurs und die beiden ersten Jahre über die Grundlagen der Wissenschaft absolvieren, die die schwierigsten sind. Danach müssen sie im Land verteilt werden, denn ab dem dritten Studienjahr arbeiten alle unsere
Medizinstudenten in den Krankenhäusern, weil sie nicht nur eine einfach theoretische Ausbildung erhalten. Vor der Revolution gab es Ärzte, die ihren Abschluß in Chirurgie machten, ohne jemals eine Operation durchgeführt zu haben. Die kubanischen Medizinstudenten von heute machen sich dagegen bereits frühzeitig mit der Krankenhausbetreuung vertraut. Wir hoffen, daß diese Jugendlichen, die aus entlegenen Gebieten Lateinamerikas stammen, normalerweise von sehr bescheidener Herkunft und begierig darauf sind, diesen noblen Studiengang zu absolvieren, besser werden als unsere eigenen Studenten. Das wichtigste ist die Bereitschaft, jeglichen Einsatz und jegliche Aufgabe an jedem Ort zu erfüllen. Das ist es, was unserem Land erlaubt hat, über das enorme Ärztepotential zu verfügen, auf das es heute zählt. Ich kann noch mit Freuden hinzufügen, daß unsere Landsleute im Fall von zwei Orten, wohin man gehen kann, und einem, der schlechter ist als der andere, aus einem Gefühl der Ehre heraus den schlechteren und nicht den leichteren auswählen. Aber dank der Anstrengung und dem Humankapital, das wir geschaffen haben, können wir bereits Dienste dieser Art leisten, und wir laden diejenigen Länder, die über so viele Mittel und ein Bruttoinlandsprodukt verfügen, das im Falle einiger zwanzig oder fünfundzwanzig Mal größer ist als dasjenige Kubas, dazu ein, mit Medikamenten mitzuhelfen, um unzählige Menschenleben zu retten. Denn wir wissen, wo die Menschen sterben, in welchen Slums und in welchen entlegenen Gebieten, wo niemals ein Arzt hingekommen ist. Das einzige, was wirklich noch fehlt, um meine Rede zu beenden, sind die Punkte, die die enorme Besorgnis begründen, welche aus den neuen strategischen Konzepten der NATO erwächst, auf die ich mit so viel Nachdruck hingewiesen habe. Ich werde auf die 11 bedeutendsten Punkte hinweisen, wovon ich beim Gipfeltreffen nur vier anbrachte: Erstens: "Zur Verbesserung von Frieden und Stabilität in Europa und darüber hinaus stärken die europäischen Verbündeten ihre Handlungsfähigkeit, auch durch eine Verstärkung ihrer militärischen Fähigkeiten." Sie denken nicht daran, Leben zu retten, sondern sie denken daran, Menschen zu töten, Leben auszulöschen (Beifall). Zweitens: "Die Sicherheit des Bündnisses bleibt einem breiten Spektrum militärischer und nichtmilitärischer Risiken unterworfen, die aus vielen Richtungen kommen und oft schwer vorherzusagen sind. Zu diesen Risiken gehören Ungewißheit und Instabilität in und um den euro-atlantischen Raum" - ich glaube, daß wir uns genau hier in einem euro-atlantischen Hafen befinden -"sowie die mögliche Entstehung regionaler Krisen an der Peripherie des Bündnisses." Drittens: "Die Sicherheit des Bündnisses muß jedoch auch den globalen Kontext berücksichtigen. Die Sicherheitsinteressen des Bündnisses können von anderen Risiken umfassenderer Natur berührt werden." Viertens: "Die NATO wird in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen darum bemüht sein, Konflikte zu verhüten oder, sollte eine Krise auftreten, in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht zu deren wirksamer Bewältigung beizutragen, einschließlich durch die Möglichkeit der Durchführung von nicht unter Artikel 5 fallenden Krisenreaktionseinsätzen." Der Artikel 5 ist genau derjenige, der ihnen verbietet, ihre Außengrenzen zu überschreiten. Fünftens: Die gemeinsamen Streitkräfte des Bündnisses [...] müssen bereit sein, einen Beitrag zur Konfliktverhütung zu leisten und nicht unter Artikel 5 fallende Krisenreaktionseinsätze durchzuführen." Zwei Mal wird der Artikel 5 erwähnt. Sechstens: "Die Streitkräfte des Bündnisses [...] könnten dazu aufgerufen sein, zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit beizutragen, indem sie Operationen zur Unterstützung anderer internationaler Organisationen durchführen, die politischen Maßnahmen innerhalb eines breiten sicherheitspolitischen Ansatzes ergänzen und verstärken." Siebtens: "Die potentielle Teilnahme von Partnern und anderen Nicht-NATO-Staaten an NATO-geführten Operationen." Das bedeutet, meine Herren, daß wir jeden, der
dies wünscht, dazu einladen, an einem Massaker teilzunehmen. "Umfang, Bereitschaftsgrad, Verfügbarkeit und Dislozierung der Streitkräfte des Bündnisses werden sein Bekenntnis zur kollektiven Verteidigung und zur Durchführung von Krisenreaktionseinsätzen widerspiegeln. Dies kann manchmal kurzfristig, weit vom Heimatstandort und auch weit vom Bündnisgebiet entfernt erfolgen." Weit vom Bündnisgebiet entfernt! Ich weiß nicht, ob wir hier in Brasilien weit oder nahe entfernt sind. Was ich aber weiß ist, daß Kuba dicht dran liegt. Achtens: "Streitkräfteelemente in größerer Zahl werden in geeigneten Bereitschaftsgraden zur Verfügung stehen, um längere Operationen durchzuhalten, entweder innerhalb oder außerhalb des Bündnisgebietes." Neuntens: "Die Nato-Streitkräfte können dazu aufgerufen sein, außerhalb ihrer Grenzen zu agieren." Sie wiederholen es auf obsessive Weise. Zehntens: "Die Einleitung und anhaltende Durchführung von Operationen außerhalb des Bündnisgebietes, wo möglicherweise nur geringe oder überhaupt keine Unterstützung durch einen Gaststaat erfolgt, wird besondere logistische Herausforderungen mit sich bringen." Und schließlich der elfte Punkt, der in einem anderen der an diesem Tag verabschiedeten Dokumente enthalten ist und als "Initiative über die Verteidigungskapazitäten" bezeichnet wird. "Es ist wahrscheinlicher, daß die möglichen Bedrohungen für die Sicherheit des Bündnisses aus regionalen und ethnischen Konflikten und anderen Krisen jenseits des Bündnisterritoriums sowie aus der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen und ihrer Trägermittel entspringen." Das ist der Abschnitt, der sich auf das bezieht, wovon wir sprachen, nämlich auf diejenigen Arsenale, die mit der Komplizenschaft des Westens aufgebaut wurden und die eine beträchtliche Anzahl von Waffen umfassen, womit dies einen Fall von geheimer und massiver Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen mit ihren entsprechenden Trägermitteln darstellt. Da ich hier über ein wenig mehr Zeit und außerdem über sehr viel geduldigere Zuhörer verfügt habe als dort während des Gipfeltreffens, wollte ich Ihnen von diesem Thema als einem von großer Wichtigkeit erzählen, neben meiner Absicht, Ihnen einige Materialien zu empfehlen, die wir Ihnen zukommen lassen werden. Wir haben wirklich große Lust, daß Sie sie lesen, wenn Sie können. Wir müssen die Broschüre mit der Klageschrift und auch die Rede vor den venezolanischen Studenten schicken. Carlitos, wieviele mit der Venezuela-Rede sind angekommen? Wieviele hast du im Moment? (Er antwortet, daß es Eintausend seien.) Und wieviele hast Du noch? Hast du alle verteilt? Aber schau, wir haben hier einen Genossen, der fähig ist, 10.000 an einem Tag herzustellen, wenigstens das Notwendige. Wieviele Professoren hat diese Universität? (Sie sagen ihm, daß es 2.000 seien.) Würden Sie mir erlauben, jedem Professor ein Exemplar der Rede in Venezuela zu schicken? (Beifall.) Carlos, verteil jetzt keine, denn das würde ein wenig Unordnung bringen. Du schickst sie den Verantwortlichen. Diejenigen, die Euch eingeladen haben, haben die Liste? Du kannst sie ihnen schicken. Diese Rede des Kulturkongresses und auch die in Venezuela haben wir in Portugiesisch. Die Klageschrift haben wir in Portugiesisch. Das sind drei Bücher, die kostenlos an die Professoren verteilt werden, und ich bitte sie ernsthaft um Vergebung für die Belästigung. Es wäre schön, wenn wir sie den Professoren von anderen Universitäten schicken könnten! Ich bin bereits einem Treffen der Führung der Gewerkschaft der Universitätsprofessoren beigewohnt. Was für eine Auszeichnung! Ich war dabei, mich um 1:00 Uhr nachts zum Ausruhen zu begeben, als sie mich auf dem Weg abfingen und zu einem Salon desselben Hotels brachten, wo ich das Privileg hatte, einige Minuten zu ihnen zu sprechen. Es diente mir wenigstens dazu, zu überprüfen, ob man mich verstand, wenn ich Spanisch sprach. Sie sagten mir, daß es einfacher sei, wenn ich langsam spreche, weshalb ich später weiterhin in Spanisch zu den
Brasilianern sprechen konnte. Diese drei Broschüren werden wir Ihnen schicken. Die Delegierten des Studentenkongresses in Belo Horizonte haben bereits 5.000 Broschüren der Kulturkongreß-Rede und 5.000 der Rede in Caracas. Gut, kann mir jetzt einer von Ihnen den Gefallen tun und mir sagen, wie lange ich bereits rede? (Lachen.) (Sie sagen ihm, daß es mehr als drei Stunden seien.) Ah, caramba, wie schade! Ich habe überzogen, ich habe ein bißchen überzogen und muß Sie wirklich um Verzeihung bitten. Das nächste Mal werde ich mich kürzer fassen (Beifall). Ich lasse Ihnen hier meinen Redebeitrag und die drei Marterialien, die Ihnen zügig zukommen werden. Inzwischen laß die Ladung hier, die du dort hast und die für hier bestimmt war, damit sie sie auf irgendeine Weise verteilen. Aber niemand soll sich Sorgen machen, denn wir werden die notwendigen Exemplare schicken, damit alle sie haben, und wenn einige übrigbleiben, kann man sie unter anderen Professoren, Freunden oder dem intellektuellen Personal verteilen. Vielen Dank.
Fidel 1. Juli 1999 Ansprache des Präsidenten der Republik Kuba, Fidel Castro Ruz, beim Treffen mit dem Nationalen Studentenbund in Belo Horizonte, Brasilien, am 1. Juli 1999 (Mitschrift durch den stenographischen Dienst des Staatsrates) Liebe Freundinnen und Freunde! Ich habe nicht die geringste Ahnung, ob die Lautsprecher funktionieren. Funktionieren sie? (jemand sagt ihm etwas) Ich habe einen weiteren Zweifel: Versteht Ihr mein Spanisch (Ausrufe), denn wenn es keine Lautsprecher gibt und ich mich nicht mit Euch unterhalten kann, was mache ich dann hier? Gestattet mir, etwas zu sagen: Ich kann die Rede, die ich vielleicht gerne halten würde, nicht halten. Es ist falsch, wenn ich von Reden spreche, denn normalerweise halte ich keine Reden. Ich unterhalte mich mit den Personen, an die ich mich wende (Beifall und Ausrufe). Ich mußte mir vorstellen, wie dieser Ort aussehen würde, ob er geeignet oder ungeeignet für eine Überlegung sei. Ich sehe Euch, ich würde sagen, auf eine elegante Weise, auf dem Boden sitzen. Ich stellte mir vor, daß man ein paar Stühle hinstellen würde, aber ich vergaß, daß der Studentenbund Brasiliens nicht über viele Mittel für die Anmietung von Stühlen verfügt. Vor kurzer Zeit sprach ich zu den venezolanischen Studenten in der Aula Magna und dort waren ca. 1.200 Studenten anwesend, während draußen einige Tausend standen - Warum protestieren diese Leute?- Hört Ihr nicht? (Lachen und Beifall)-, es war ein ganz anderer Ort als dieser. Ich mag keine Stadien für Kundgebungen oder Aktivitäten. Ich werde nicht alles sagen, was ich Euch heute hätte sagen können, um den Versuch zu wagen, mich kurz und bündig zu fassen. Habt Ihr gehört? Ich bin bekannt für meine langen Reden. Wir sind spät gekommen, nicht weil wir die Verspätung geplant hätten, sondern weil sich andere Aktivitäten ergaben und wir aus diesem Grund nicht um 15.00 Uhr hier sein konnten. Es ist schon später als 17.00 Uhr, und leider findet auch ein großes Fußballspiel statt, weshalb ich gezwungen bin, mich kurz zu fassen. Ich habe Euch im Voraus zwei Sendungen mit jeweils 5.000 Broschüren geschickt: Die eine Broschüre enthält die Ansprache vor den venezolanischen Studenten an der Zentraluniversität von Venezuela, 40 Jahren nach meinem ersten Aufenthalt dort am selben Ort. Ich versuchte, näher auf einige Aspekte unserer Hemisphäre und unserer Welt einzugehen. Ich brauche sie nicht zu wiederholen. Ich bitte Euch nur darum, uns die Ehre zu erweisen, die Broschüre zu lesen, wenn Ihr nichts zu tun habt. Die zweite enthält meine Ansprache anläßlich des Kongresses für Kultur und
Entwicklung, der vor knapp einem Monat stattfand und an dem ca. 1.000 Gäste, darunter ca. 500 Ausländer, teilnahmen. Ich brauche die dort erwähnten Aspekte nicht zu wiederholen, weil ihr eine Kopie dieser Ansprache bekommen werdet. Warum sie also wiederholen? Ich hatte einige Dokumente mitgebracht, aber ich brauche sie nicht, so z.B. die auf der Gipfelkonferenz gehaltenen Ansprachen, nämlich eine dreieinhalbminütige Rede und eine weitere, die ca. 7 Minuten gedauert hat. Nichts weiter. Ein Genosse hat auf das Thema hingewiesen. Was ich jetzt wissen möchte....(Man hört Explosionen) Sind das Bomben oder was? Oder das Vorspiel einer Invasion der NATO? Was explodiert hier? (Lachen) Ich möchte wissen, was Euch interessiert, oder was ich Euch sagen oder erklären soll (Ausrufe). Jemand soll für mich übersetzen, was sie gesagt haben. Du, du kannst gut hören und kannst "brasilianisch" (Man sagt ihm, daß die Studenten den Comandante grüßen und daß es solidarische Grüße seien). Zunächst muß ich sagen, daß anzunehmen ist, daß Ihr viele Fragen über Euer Land, über Lateinamerika und die Karibik und über die Welt habt. Die Fragen über Euer Land kann und darf ich nicht beantworten, weil ich hier ein Eingeladener und ein Besucher bin, der sich nach der strikten Regel richten muß, keine Urteile über dieses Land abzugeben. Zur besseren Verständigung dessen, was ich sage, muß ich Euch erklären, daß ich wirklich eine große Genugtuung erlebte, als ich erfuhr, daß 24 Stunden nach dem Abschluß der Gipfelkonferenz der Kongreß der brasilianischen Studenten stattfinden würde, an dem Tausende von Delegierten aus allen Universitäten teilnehmen würden. Sie erwiesen mir die große Ehre, mich zum Kongreß einzuladen, zumindest für einige Minuten. Von dem Moment an, als ich von eurem Interesse erfuhr (Beifall), spürte ich Lust, Freude, Stolz und Hoffnungen, und ich war entschlossen, alles Mögliche zu tun, um hierher zu kommen. Aber seht, um welche zwei Veranstaltungen es sich handelt: die eine versammelte 48 Staats- oder Regierungschefs, ca. ein Drittel lateinamerikanischer Herkunft, mehr oder weniger ein Drittel Europäer - ich sage nicht mehr oder weniger Europäer, sondern mehr oder weniger ein Drittel der dort Anwesenden - und eine ähnliche Anzahl von Regierungschefs aus der Karibik. Zum ersten Mal fand das große Ereignis statt, daß sich karibische und lateinamerikanische Regierungschefs treffen, weil die karibischen Länder normalerweise in Vergessenheit geraten. Sie waren die letzten, die die Unabhängigkeit erreichten. Als die kubanische Revolution siegte, war fast keines dieser Länder unabhängig. In den letzten 30 bzw. 40 Jahren haben diese Länder nach und nach den Status eines unabhängigen Landes erreicht. Als Lateinamerika seine Beziehungen zu Kuba abgebrochen hatte, wir absolut allein blieben und aus der OAS ausgeschlossen wurden, wofür wir ihnen ewig dankbar sind (Beifall), gehörten die karibischen Staaten nicht zur OAS, weil sie keine unabhängigen Staaten waren. Danach, als sie bereits freie Staaten waren, waren sie es, die zusammen mit den von Torrijos angeführten Panamesen darum kämpften, die Isolierung Kubas zu beenden. Und so wurden die Beziehungen zwischen Kuba und den lateinamerikanischen Ländern allmählich wiederhergestellt, mit einigen Ausnahmen, die auf irgendeine Weise eine Interessenvertretung in Kuba oder bestimmte Beziehungen zu uns haben. Die karibischen Staaten sind heute als unabhängige Staaten die engsten und standhaftesten Freunde Kubas (Beifall). Deshalb haben wir uns über eine Gipfelkonferenz gefreut, an der sie teilnehmen würden. Ja, es gab zwei weitere Gipfelkonferenzen, nämlich den sogenannten Gipfel von Amerika, zu dem wir nicht eingeladen werden, weil wir allem Anschein nach Mondbewohner sind. Bei dieser Konferenz waren wir sehr wohl Mondbewohner. Vorher hatte uns Mexiko zu einem lateinamerikanischen Gipfel eingeladen, der erstmals ohne die Anwesenheit der USA stattfand. Die Mexikaner hielten dem Druck stand und gaben Kuba, dem Aschenbrödel der Hemisphäre, einen kleinen Platz auf dieser Konferenz. Seitdem sind wir dort vertreten.
Diesmal gab es die Möglichkeit, daß die Staatschefs der Karibik, Lateinamerikas und Europas, nicht aus ganz Europa, sondern der 15 Mitgliedstaaten der Europäischen Union, zusammenkommen. Es war zweifelsohne ein wichtiges Treffen, weil es unbestreitbare Widersprüche zwischen den europäischen und den USamerikanischen Interessen gibt. Die USA wollen ganz Lateinamerika und die Karibik mittels des sogenannten FTAA, des Freihandelsabkommens für Amerika, verschlingen. Kuba sagen sie, wie ich bereits erwähnte, "Raus!", trotz der starken Opposition der karibischen Staaten und einem mehr oder weniger festen Widerstand einiger lateinamerikanischer Länder. Meiner Auffassung nach war dieses Treffen sehr wichtig, weil diese europäischen Länder, die auch unabhängig sein wollen, sich mit uns aus Lateinamerika und der Karibik trafen, die wir ebenfalls unabhängig sein möchten. Jemand erwähnte hier - ich glaube, es war der intelligente und enthusiastische junge Mann dort - einige kritische Aspekte des Treffens. Und ich wäre mit jeder Kritik einverstanden, weil ich dort ziemlich heftige Kritik äußerte. Keine Kritik des Treffens, sondern von bestimmten Konzepten und Ereignissen, die es auf der Welt gibt. Der Aspekt, den er bezüglich des Helms-Burton-Gesetzes erwähnt, hat seine Geschichte. Unsere Delegation hatte als Ergebnis von Analysen und gemeinsamen Überlegungen mit den Lateinamerikanern einen Absatz erarbeitet, der interessanterweise von den Europäern akzeptiert wurde und besagte, daß sie sich jeglichem Gesetz und jeglicher Handlung extraterritorialen Charakters widersetzen, besonders oder etwa so wie im Fall des Helms-Burton-Gesetzes. Die Dokumente der Gipfelkonferenzen erfordern jedoch eine mühsame Arbeit, vor allem, wenn es um entgegengesetzte Interessen geht. Und es gab allerhand davon. Zum Beispiel widersetzten sich die Europäer einstimmig und geschlossen jeglichem Bezug auf die Verteidigung der UNO-Charta, die Verurteilung einer Intervention in andere Länder und die Verteidigung der nationalen Souveränität. Das heißt, es handelte sich um einen Absatz, der mit den Aspekten nationale Souveränität, Recht auf Nichteinmischung und Selbstbestimmung das enthielt, was für die große Mehrheit der Welt gestern und heute, und vielleicht heute mehr denn je, heilige, lebenswichtige und nicht zu verhandelnde Rechte darstellen (Beifall). Wir machten uns darüber Sorgen, als wir am Sonntag von Havanna abflogen. Das Treffen der Außenminister begann am Sonntag und die Gipfelkonferenz am Montag. Die erwähnten Punkte wurden während der sogenannten Expertentreffen debattiert und man einigte sich dort im Hinblick auf einige Aspekte: Die Forderung mehrerer lateinamerikanischer Länder nach einem Absatz, in dem - es sind zwei verschiedene Sachen, die dennoch eng miteinander verbunden sind - der Bezug auf das HelmsBurton-Gesetz beibehalten werden sollte. Unser Experte, der stellvertretende Außenminister, kämpfte dort hart darum, damit dieser Bezug auf jenes Gesetz bei voller Namensnennung beibehalten wurde. Zugleich war aber noch die äußerst gerechte Forderung anderer Länder offen, daß die anderthalb Zeilen nicht nur das Helms-Burton-Gesetz beinhalten sollten, denn der Wortlaut des Absatzes lautete mehr oder weniger so: "der extraterritoriale Charakter der Gesetze im Bereich des Handels, wie das Helms-Burton-Gesetz". An diesem Abend konnten sie sich nicht ganz einigen. Am Sonntagvormittag tauchte die folgende Formulierung auf: die Europäer haben anderthalb Zeilen über das Thema akzeptiert. Es gab ein breiteres Konzept, d.h. die Erklärung war gegen jegliche Form von extraterritorialen Handlungen gerichtet. Dabei haben sie die Gelegenheit genutzt, um den Bezug auf das Helms-Burton-Gesetz zu streichen. Gut, es blieb noch offen für den Sonntag. Am Samstag, eine Viertelstunde vor Mitternacht, informierte uns unser Außenminister von Rio aus darüber, daß Europa folgendem klaren Absatz zugestimmt habe: "Diese strategische Vereinigung beruht auf der vollen Achtung des Völkerrechts und auf den Absichten und Grundsätzen der UNO-Charta, auf den Prinzipien der Nichteinmischung, der Achtung der Souveränität, der Gleichheit zwischen den Staaten und der Selbstbestimmung".
Es fehlt einfach nur noch, ob der Name und der Begriff des Helms-Burton-Gesetzes erscheint. Wir analysierten es, denn es stand das Treffen der Außenminister vor der Tür und über diesen Punkt konnten sie sich nicht einigen. Als wir ankamen, sagten wir unseren Vertretern: "Zu diesem Zeitpunkt ist das Erreichen dieses Absatzes über Nichteinmischung, Souveränität etc. ein großer Erfolg, angesichts dessen die Erwähnung oder Nichterwähnung der Herren Helms und Burton unwichtig ist, vor allem dann, wenn in diesen anderthalb Zeilen jeder Anspruch von Extraterritorialität abgelehnt wird." Und ich sagte ihnen: "Vergeßt diese beiden Herren, denn sie sind es nicht wert, in einem solchen Dokument aufzutauchen, und sie haben schon genügend Ansehen verloren. Wir werden das Gipfeltreffen, bei dem es so viele Dinge zu diskutieren gibt, nicht mit der Frage dieses winzigen Punktes beginnen, bei dem nur darüber gestritten wird, ob die Namen dieser Herren auftauchen oder nicht." Einige Nachrichten haben gemeldet, daß Kuba geschlagen und verbittert sei. Doch das Gegenteil ist der Fall. Wir waren glücklich, weil der Schlüsselaspekt, der strategische Aspekt, der Absatz war, den die Europäer auf keinen Fall einbeziehen wollten und der sich auf die Nichteinmischung, die Achtung der Souveränität etc. bezog. Das ist die Geschichte bezüglich dieses Punktes. Ich sage ganz offen, daß die Positionen Kubas gestärkt wurden. Viele der Punkte, die einbezogen wurden, gingen auf die Initiative Kubas zurück und erhielten die Unterstützung von einer Reihe von lateinamerikanischen Staaten, denn es sind nicht wenige lateinamerikanische Staaten, die sehr sensibel auf die Idee eines Rechts der NATO und der USA reagieren, zu jedem Zeitpunkt, an jedem Tag und unter jeglichem Vorwand Bomben und Raketen auf die Städte, Industrieanlagen und, was das Schlimmste ist, auf die Bevölkerung eines Landes zu werfen (Beifall). Seid sicher, daß unsere höchstillustren Nachbarn aus dem Norden dieses Gipfeltreffen weder wollten noch über seine Abhaltung und die erzielten Ergebnisse glücklich sind, auch wenn diese sehr weit davon entfernt sind, unsere Hoffnungen zu befriedigen. In dem besagten Fall bin ich aber sicher, daß unsere Hoffnungen befriedigt wurden, weil wir uns dessen bewußt waren, daß man nicht mehr von einem Treffen dieser Art erwarten konnte. Aber ich verstehe, daß Millionen und Abermillionen von Personen mit großen und gerechten Beunruhigungen sich mit einem Dokument dieser Art nicht zufrieden fühlen können, das meines Erachtens ein erster Schritt sein sollte. Einstweilen benutzten wir die Gelegenheit, um mit zahlreichen europäischen Führungspersönlichkeiten zu diskutieren und ich wagte, einen Redebeitrag zu bringen, der als schwierig, hart und gewissermaßen kühn bezeichnet werden könnte, da ich einfach eine Wasserbombe fallen ließ und mich auf zwei oder drei sensible Punkte bezog. Man sagt, daß die Luft dort mit einem Schwert zerschnitten werden konnte. Als ich endete, spürte ich, daß das Blut dort gefroren war. Und noch etwas mehr: Nach meinem Redebeitrag, den ich fast am Ende dieser Sitzung brachte, als ich nach gründlicher Überlegung entschied, daß es mein Pflicht sei, diese Frage zu stellen, wofür ich nur über vier Minuten verfügte, sagte der brasilianische Präsident, der in diesem Moment die Sitzung leitete, wobei drei Präsidenten diese Funktion abwechselnd erfüllten, unmittelbar darauf folgendes: "Diesen wichtigen und sensiblen Punkt müssen wir während des privaten Treffens der Delegationsleiter diskutieren". Während dieser Gipfel finden solche Sitzungen statt, an denen nicht alle Delegationen, sondern nur die Staats- und Regierungschefs teilnehmen, um ausführlicher über ein beliebiges Thema zu sprechen. Er sagte es sofort, nachdem ich zu reden aufhörte, und wiederholte es am Ende der Sitzung, bevor das Privattreffen begann. Es gab dort 15 europäische Führungspersönlichkeiten, von denen 11 aus NATO-Mitgliedstaaten kamen. Und was hatte ich getan? Dies alles geschah in Anbetracht dessen, daß es eine Erklärung gab und daß am 24. April 1999 eine feierliche Erinnerungsveranstaltung in Washington stattfand, und zwar einen Monat nach dem Beginn des Blutbades und des Völkermordes in Jugoslawien. Es handelte sich um eine Erklärung über die NATO-Prinzipien, die von einer scheinbaren Euphorie begleitet war, die keine
Grundlage hatte, weil sie glaubten, daß die Bombemangriffe drei Tage dauern würden und weil die weniger optimistischen Personen glaubten, daß sie fünf Tage dauern würden. Das serbische Volk leistete jedoch einen Monat später noch Widerstand... Und paßt auf! Wenn ich von dem serbischen Volk spreche, spreche ich von Millionen von Frauen und Männern, Kindern und Alten, aber besonders von Kindern, schwangeren Frauen, Zivilisten sowie von Personen, die keine Schuld an irgendetwas tragen, außer an ihrer Aufopferungsfähigkeit, an ihrem Mut zum Sterben oder an ihrer Bereitschaft, die Ihr auch habt, patriotische Hymnen und lustige Lieder zu singen, während sie mit ihren Körpern die Brücken schützten, die lebenswichtig waren, weil sie die beiden Seiten der Hauptstadt verbanden. Es hielten sich dort drei Diplomaten auf, drei von unseren Kollegen, die ein Handy hatten und täglich mit uns telefonierten. Ich stellte ihnen z.B. eine einzige Frage: Wie ist die Stimmung der Bevölkerung angesichts der Bombenangriffe? Die Antwort erstaunte mich: "Sie geben weiterhin jeden Tag ihre Konzerte zu einer bestimmten Uhrzeit und Tausende von Personen nehmen daran teil. Das Volk hält eine sehr hohe Moral aufrecht". Wir dachten dabei nicht an die Regierungen, weil wir die Beschuldigungen, die gegen die Regierung Jugoslawiens erhoben werden, weder bestätigen noch dementieren können. Dies bezieht sich auf die Beschuldigungen hinsichtlich der ethnischen Säuberungen, die beiderseitig stattgefunden haben, seit Europa unverantwortlicherweise Jugoslawien zerlegte, wo diese Volksgruppen 45 Jahre lang trotz ihrer nationalen, religiösen, kulturellen und ethnischen Verschiedenheiten in Frieden gelebt hatten. Als der Westen mit Europa an erster Stelle Jugoslawien zerlegte, begannen die Kriege und die beiderseitigen Massenmorde zwischen den Völkern, die dasjenige Jugoslawien gegründet hatten, das fast fünfzig Jahre lang in Frieden lebte (Beifall). Wie ich schon einigen europäischen Führungspersönlichkeiten gesagt habe, gibt es keine ethnische Säuberung, kein Verbrechen, die den Völkermord an einem Volk von Millionen von unschuldigen Personen rechtfertigen (Beifall und Ausrufe), und aus diesem Grund haben wir eine politische Lösung des Problems gefordert. Eines Tages könnten bestimmte an verschiedene Orte geschickte Botschaften veröffentlicht werden, in denen wir von Anfang an den kolossalen Fehler, den sie begingen, analysierten, und in denen wir mit fast völliger Genauigkeit vorhersagten, was geschehen würde und was tatsächlich bis zu dem Tag geschah, an dem ein außerordentlich gewaltiger Druck die Regierung dieses Landes dazu zwang, die Bedingungen der NATO zu akzeptieren, und zwar unter dem scheinheiligen Titel einer politischen Lösung, die darin bestand, alle Forderungen der Angreifer zu akzeptieren. Der Druck ist keine Rechtfertigung für die Entscheidungen der Regierungen, er ist keine Rechtfertigung! Denn ich kann Ihnen versichern, daß wenn es sich um Kuba handeln würde, ein Land, das sich seit vielen Jahren ständig der Gefahr solcher und noch schlimmerer Dinge ausgesetzt sieht, so wäre es bereit, standzuhalten, so wie es 40 Jahre lang standgehalten hat. Und wenn eines Tages ein Sturzregen von Bomben auf unsere kleine Insel fällt, bin ich sicher, daß sich unser Volk so heroisch wie die Serben verhalten würde (Beifall), und selbstverständlich bräuchten wir keine Vermittler, wie wir bereits neulich sagten, denn wir würden sie nur empfangen, wenn die Angreifer sie mit der Mitteilung schickten, daß sie ihre Niederlage eingestehen und sich aus dem Land zurückziehen oder daß sie die Angriffe einstellen (Beifall). Eine Regierung kann auf einen Druck reagieren oder nicht; wir könnten ein Lied davon singen, was die führenden Persönlichkeiten unseres Landes machen würden, wenn wir eines Tages den Schmerz nicht aushalten könnten, dabei zuzusehen, wieviel zerstört wird und wieviel geopfert wird, obwohl wir wissen, daß es nichts heiligeres gibt als die Freiheit und daß nichts heiliger ist als die Würde. Was ist schon ein Mann oder eine Frau ohne Würde? Was ist ein Mann oder eine Frau ohne Freiheit, ohne Vaterland und ohne die Bereitschaft, alles zu opfern? Und so hat es mehr als ein Volk in der Geschichte gemacht, statt zu kapitulieren und den Forderungen der brutalen Aggressoren nachzugeben. Für diesen Fall gibt es immer
ein leichtes und einfaches Mittel, nämlich dorthin zu gehen und sich den herunterfallenden Bomben auszusetzen, um unter ihnen zu sterben. Das ist die einzige Alternative, die nach unserer Auffassung und gemäß unseren Werten jene leitenden Persönlichkeiten hätten, die sich entschlossen haben, um jeden Preis zu kämpfen. Eigentlich konnten die Serben nicht mehr verlieren als das, was sie bereits verloren hatten; sie konnten nicht mehr Zerstörung erleiden als die, die sie bereits erlitten hatten. Sie hatten nichts mehr zu verlieren. Ich drücke nur einen Standpunkt aus, denn wir kritisieren niemanden. Mehr als einmal in unserem Leben kamen Revolutionäre zu uns und sagten: "Es gibt eine Chance für den Frieden, wir haben diese oder jene Alternative"; ich habe ihnen immer geantwortet - unter bestimmten Umständen, aber vor allem nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers -: "Ihr seid diejenigen, die entscheiden müssen." Man darf niemals einem anderen empfehlen, er solle verhandeln oder sterben. Man darf nur sich selbst raten, zu sterben. "Wir respektieren eure Entscheidung. In einer Situation wie dieser wüßten wir zweifelsohne, was wir unter solchen Umständen machen würden." Es ist eine Frage der Philosophie, eine Frage der Auffassung. Daher war es ein sehr wichtiges Thema. So habe ich an diesem Tag des Gipfels in zwei Seiten - und ich werde es nicht vorlesen - vier Punkte und drei Fragen vorgetragen. Das waren vier Punkte, die wir unter den 16 Punkten der NATO-Erklärung vom 24. April auswählten, in der sie das Recht zur globalen Intervention ausrief. Dazu noch drei Fragen. Bei einer dieser Fragen ging es um die Erklärung der Europäischen Union über die Souveränität, etc.. Und ich fragte sie - und dies ist die einzige Frage, die ich vorlesen werde -: "Bedeutet dies, daß sich auch die Vereinigten Staaten verpflichten, die in dieser Vereinbarung ihrer Verbündeten enthaltenen Prinzipien einzuhalten? Welche wird die Haltung Europas sein, wenn die Vereinigten Staaten einseitig entscheiden, unter irgendeinem Vorwand auf irgendeines der hier versammelten lateinamerikanischen und karibischen Länder Bomben und Raketen zu werfen?" Das war eine Frage - ich weiß nicht, ob das die 1 Million-Dollar-Frage war, wie man so schön sagt - aber es gab noch zwei ähnliche, bei denen wir zum ersten Mal das Thema der Weiterverbreitung von Nuklearwaffen ansprachen, die von den Vereinigten Staaten unterstützt, geduldet und verschwiegen wurde. Es war ein seltsames und über Jahre hinweg hermetisches Schweigen in bezug auf ein Land, das über rund 300 Nuklearwaffen im Nahen Osten verfügt. Und dies ist - gemäß der NATO und ihrem neuen Konzept - eine der Ursachen, aufgrund derer eine bewaffnete Intervention ausgeführt werden könnte. Ich hatte sie gefragt, ob sie eines Tages Tausende von Bomben auf jenes Land und seine Städte, auf jenes Land und seine Bevölkerung, die sich aus verschiedenen Ethnien zusammensetzt, werfen würden, und ob es etwa zivilisiert sei, nach solchen Formeln zur Lösung des Problems zu suchen, wobei wir selbstverständlich mit voller Kraft sagten, daß es ein Verbrechen sei, eines Tages als Folge dieser von ihnen unterstützten Weiterverbreitung von Nuklearwaffen einen Völkermord gegen die Männer, Frauen, Kinder und alten Menschen, die in diesem Land wohnen, zu versuchen. Ich sage nicht mehr und werde keine Namen nennen. Drei Fragen, von denen keine auch nur die geringste Antwort erhielt. Nicht einmal dort bei diesem Privattreffen hob irgendjemand der Vertreter Europas die Hand, um zu sagen: "Ich möchte auf die Fragen antworten, die vom Präsidenten Kubas gestellt wurden." Kein einziger. Ich hatte bereits ein Arsenal von weiteren Papieren, wahrte eine respektvolle Stille und wartete während des ganzen Treffens darauf, daß irgendjemand über die Themen sprechen würde, bezüglich derer die zu diesem Zeitpunkt die Sitzung leitende Person zwei Mal um eine Antwort bat. Das ganze kann man '3 Fragen ohne Antworten' nennen. Ich muß hinzufügen, Genossinnen und Genossen, daß es heutzutage auf der Welt einige Fragen ohne Antworten gibt. Es gibt zum Beispiel den Holocaust an den
Serben, der nach der Invasion Jugoslawiens durch die Nazis stattfand, mit Konzentrationslagern wie denen von Dachau und Auschwitz, wo zusammen mit anderen Lagern und Tötungsarten 675.000 Serben - Männer, Frauen und Kinder-, schlichtweg ausgerottet wurden und worüber der Westen nicht ein einziges Wort verloren hat. Wenn wir Wahrheiten suchen, dann sage ich Euch, unabhängig von Euren politischen Anschauungen oder Euren Mitgliedschaften in bestimmten Parteien, daß es eine Reihe von Fragen und eine Reihe von Antworten gibt, die notwendigerweise geklärt werden müssen, und sei es auch nur, um Scheinheilige zu entlarven, Scheinheiligkeiten zu zerstören und dafür, damit die Welt Bewußtsein über die Realitäten von heute erlangt, die unsere Waffen sein werden, um diejenige Welt zu erreichen, die Ihr anstrebt. Ich hörte hier, daß über Brasilien gesprochen wurde und über die Einheit der Brasilianer, um das brasilianische Vaterland zu erreichen, von dem Ihr träumt, doch ich sage, daß dies nicht die Zeiten sind, um an das eigene Vaterland zu denken, denn man muß in Kategorien des lateinamerikanischen und karibischen Vaterlandes denken (Beifall), dasjenige, welches auch hier durch die OCLAE (Lateinamerikanischer Studentenorganisation vertreten ist. Es sind die Zeiten gekommen, um an das weltweite Vaterland zu denken, es sind die Zeiten gekommen, um an die Welt zu denken, denn diese Welt hat sich unerbittlich globalisiert, und zwar unter der Philosophie des grausamsten und traurigsten der Konzepte oder Konzeptionen, nämlich einer globalisierten Welt unter der Schirmherrschaft einer einzigen Supermacht und mit dem Ziel einer unipolaren Welt, nicht um sie zu retten, sondern um sie zu zerstören (Beifall), nicht um die Gerechtigkeit hervorzubringen, die wir alle brauchen, sondern um uns noch mehr zu versklaven, wenn dies möglich ist, um uns noch mehr auszuplündern, wenn dies möglich wäre, um uns noch mehr zu erniedrigen, um unsere Träume zu zerstören, die jedoch unzerstörbar sind (Beifall), und um unsere Kulturen zu zerstören, die wir bewahren und vervielfachen müssen, denn Einheit bedeutet nicht das Ende der Kulturen. Einheit, Integration und Gerechtigkeit bedeuten die Möglichkeit, all das zu bewahren, was wir lieben. Kultur heißt Vaterland, das niemals aufhören würde zu existieren, wenn wir auch zu einem Maximum an Einheit und Integration gelangen würden. Wir träumen nicht von einer Welt, die von einer einzigen universellen Kultur geleitet wird (Beifall), sondern von einer Welt, in der alle Kulturen überleben und sich entwickeln, einer Welt, in der alle Sprachen überleben und sich entwickeln, wenn wir auch einige erfinden oder benutzen oder gar nötigenfalls konfiszieren, denn eine Sprache kann einer guten und einer schlechten Sache dienen. Englisch zum Beispiel, die Nationalsprache des Superimperiums, dient heutzutage einer schlechten Sache, doch die englische Sprache, genauso wie die spanische und die französische und jede andere der gängigen Sprachen, kann auch für eine gute Sache genutzt werden. Karl Marx zum Beispiel sprach Deutsch, doch er benutzte diese Sprache nicht für die gleichen Ziele wie Adolf Hitler. Er benutzte sie für eine gerechte, brüderliche und menschliche Welt. Und viele US-Amerikaner benutzen die englische Sprache, um gerechte Anliegen zu verteidigen. Mögen alle Sprachen überleben! In den letzten Jahren sind bereits 2.000 von den 6.000 oder 7.000 verlorengegangen, die es auf der Welt gab. Und man schätzt, daß in den nächsten 20 Jahren weitere 2.000 verlorengehen. Wenn ein Dialekt verlorengeht, geht der spirituale Reichtum der Menschheit und damit auch die Geschichte verloren, unsere Geschichte als menschliche Wesen, unsere Geschichte darüber, wie wir uns von Tieren in Menschen verwandelten, wenn ich auch glaube, daß viele Tiere, die weder die Sklaverei noch den Kapitalismus oder die Ausbeutung des Tieres durch das Tier gekannt haben, sich oftmals viel besser verhalten als die Menschen (Beifall). Alle diese Elemente sind Teil unserer Geschichte und unserer Zivilisation, und auf ihrem Fundament müssen wir an dem Tag unsere Kultur errichten, an dem diese
neoliberale und unhaltbare Globalisierung untergeht. Und sie wird eher früher als später untergehen, um an die Worte von Salvador Allende zu erinnern (Beifall). Die heutzutage auf der Welt vorherrschenden Bedingungen machen diese infame Ordnung, die wir ertragen müssen, unhaltbar. Deshalb besteht unserer Meinung nach die vorrangige Aufgabe darin, Ideen und Bewußtsein zu säen, damit die Menschheit im Augenblick des Untergangs dieser Welt besser darauf vorbereitet ist, auf ihren Ruinen eine bessere Welt und eine humanere Globalisierung aufzubauen. Es war nicht nur Marx, der von einer Globalisierung träumte, obwohl er vielleicht der erste war, der eine entwickelte Welt ersann, in der die entwickelten Produktivkräfte fähig sein würden, die materiellen und geistigen Güter zu produzieren, die der Mensch benötigt und die eben nicht darin bestehen, jedes Jahr das Auto zu wechseln, drei, fünf oder zehn Paläste zu besitzen oder ein Mann mit einem Vermögen von 90 Milliarden Dollar in einem Land zu sein, das sich als Modell und Beispiel für Demokratie ansieht, wobei der besagte Mann vielleicht nur wenige Kilometer von einer Brücke entfernt lebt, unter der zahlreiche in Zeitungspapier eingehüllte obdachlose Menschen leben, die es in diesem Land immer noch gibt (Beifall). Man nenne es Gerechtigkeit, man nenne es Freiheit und man nenne es Menschenrechte, dort wo Gleichheit sowie Respekt und Kultur für alle Menschen existieren, denn ohne Kultur kann man nicht frei sein und ohne Kultur kann man nicht einmal ein Demokrat sein (Beifall). Von welcher Demokratie sprechen sie dort, wo Millionen und Abermillionen von Personen nicht einmal lesen und schreiben können und wo Millionen von Kindern sterben, weil in einem bestimmten Moment eine Impfung oder Rehydrationssalze fehlen, die einige Cents kosten? Von welchen Menschenrechten sprechen diejenigen, deren System jedes Jahr Dutzende Millionen von Menschen durch Hunger, Armut und das Fehlen von Lebensmitteln, Medikamenten, Wohnungen, Kleidung und Schuhen tötet? Es sterben, ich wiederhole es, jedes Jahr Dutzende Millionen von Menschen. Es gibt einige, die aufrichtig die Strafen bekämpfen, die der Todesstrafe entsprechen, auch wenn es sich um monströse Verbrechen handelt, die leider existieren, um abscheuliche Vergewaltigungen von Mädchen und Jungen von fünf, sechs oder sieben Jahren, die sogar von Personen verübt werden, die Verantwortung für diese Kinder tragen. Unser Land befindet sich unter den 120 Ländern, in denen die Todesstrafe noch existiert. Man sagt, daß wir unser Strafgesetzbuch verschärft hätten, da wir zwei Delikte, die einen großen gesellschaftlichen und menschlichen Schaden anrichten, schärfer ahnden, mit höheren Gefängnisstrafen oder mit lebenslänglicher Haft als einem Zwischenschritt, oder einige untolerierbare Fällen von einer ekelerregenden Schwere - und wenn ich von untolerierbaren Fällen von einer ekelerregenden Schwere spreche, beziehe ich mich nicht auf die Sicht der Regierungen, sondern auf Fälle, die aus der Sicht des Volkes untolerierbar und von einer ekelerregenden Schwere sind, so daß die Menschen voll von Abscheu sind, wenn sie von einigen dieser monströsen Verbrechen erfahren -, die wir mit den härtesten Strafen geahndet haben, denn es gibt keine andere Alternative in unserem Land, das sich unter den Bedingungen der Spezialperiode befindet, doppelt blockiert wird und immer neue Blockadegesetze auferlegt bekommt, wobei das Helms-Burton-Gesetz nur eines von vielen ist, denn jeden Tag fügen sie neue Gesetzesänderungen hinzu, die die Blockade und ihre Folgen verschärfen. Millionen von Menschen reisen mit aller Freiheit in unserem Land ein und aus, viele von ihnen ohne Visa, denn der Tourismus ist heutzutage eine unverzichtbare Notwendigkeit für unsere Wirtschaft, wobei dies kein Tourismus des Glücksspiels und der Kasinos oder ein Tourismus der Bordelle sein darf. Das akzeptieren wir nicht und wir sind nicht bereit, es zu tolerieren, weil das ganze Gold der Welt weniger wert ist als die Würde einer Frau und noch viel weniger als die Würde eines jungen Mädchens (Beifall). Der Verkauf von Minderjährigen an Ausländer zur Ausübung von
sexuellen Praktiken oder mit dem Ziel der Entnahme von lebenswichtigen Organen wird streng bestraft. Die groteske und abstoßende Vergewaltigung von Mädchen oder Jungen unter verschärften Umständen ist nicht hinnehmbar. Der Drogenhandel großen Ausmaßes wird ebenfalls mit der Todesstrafe bestraft. Das sind zwei Fälle, denn es gibt eine größere Bewegungsfreiheit, einige ausländische Investitionen - die unverzichtbar sind - und einige Joint VentureUnternehmen, wobei diejenigen nicht gefehlt haben, die versuchten, einige dieser Firmen dazu zu benutzen, um Container mit Rohstoffen in Empfang zu nehmen und sie dann mit Produkten dieser kleinen Industrien beladen wiedereinzuschiffen, wobei innerhalb der Container beträchtliche Mengen von Drogen versteckt waren. Und wir sagten: "Nein, das Land kann diese Schmach nicht zulassen!" Und unter diesen Bedingungen, die nicht diejenigen Europas oder vieler europäischer Länder sind, haben wir die elementare Pflicht, unser Volk zu verteidigen. Uns stößt die Todesstrafe noch mehr ab als die vielen Menschen, die diese Sanktionsart bekämpfen. Ja, so sage ich es. Es stößt uns ab und schmerzt uns außerordentlich, daß Armut, fehlende Bildung, Marginalisierung und andere Phänomene der Welt, in der wir leben, bestimmte Menschen dazu verleiten, schreckliche Taten zu begehen. Ich sagte dies einigen Personen, von denen viele unsere Freunde sind und die aus religiösen oder philosophischen Gründen die Todesstrafe nicht akzeptieren, wobei ich ihre Prinzipien und Ideen respektiere. Und anderen, die sie nicht akzeptieren und sie sogar bekämpfen, um das Banner des Humanismus hochzuhalten, wobei es sich um einige sehr reiche, ja außergewöhnlich reiche, Personen handelt, sage ich folgendes: Die Dinge, die geschehen, tun uns weh, und uns schmerzen die Todesstrafen, doch diese Todesstrafen haben zwei Gründe. Es sind einige Hundert oder einige Tausend pro Jahr, an denen diese Sanktion im Einklang mit den Gesetzen vollstreckt wird, aber lassen sie uns nicht warten, bis sich die Welt so weit verändert hat, daß kein einziges Land mehr mit der Todesstrafe als Bestandteil seiner Gesetze verbleibt. Lassen sie uns nicht so lange warten, um Millionen von Menschenleben zu retten, denn es gibt einen anderen schrecklichen Grund für die Todesstrafe, nämlich diejenigen Millionen oder - wie ich bereits erwähnte - Dutzende Millionen von Menschen, in der Mehrzahl Kinder, die jedes Jahr zum Tode verurteilt werden von der Gesellschaftsordnung, die sie genießen und verteidigen (Beifall). Wie ich es auch dort auf dem Gipfel sagte: "Lassen sie uns die Souveränität als etwas Heiliges verteidigen, solange es einige sehr Mächtige und andere sehr Schwache gibt und solange nicht alle bereit sind, zum Zwecke einer universellen Souveränität darauf zu verzichten." Und unmittelbar darauf stellte ich eine Frage: "Ausgehend davon, daß es keine höheren oder niedrigeren Rassen gibt, warum sind wir, die Länder Lateinamerikas und der Karibik, arm und unterentwickelt? Wer sind die Schuldigen? Vielleicht können die heldenhaften Kinder von Chapultepec, die Millionen von Ureinwohnern, die in unserer Hemisphäre ausgerottet wurden, und die Sklaven, die über Jahrhunderte hinweg gefesselt starben, diese Fragen beantworten." (Beifall) Und deswegen sagte ich ihnen: Wir wissen, wieviele Kinder an jedem Ort dieser Hemisphäre, an jedem Ort Afrikas und an jedem Ort der Erde sterben. Es ist schwer zu begreifen, daß diese entwickelten und reichen Länder - die ihre Reichtümer mit unseren natürlichen Ressourcen und, was schlimmer ist, mit dem Blut der Völker, die in diesen Gebieten umherstreiften, und mit dem Schweiß und Blut unserer Völker erbauten - weiterhin eine beschämend kräftige Entwicklung aufweisen, während es unter uns Länder gibt, in denen die Sterblichkeitsrate bei Kindern bis zu 5 Jahren 200 von 1.000 Lebendgeborenen beträgt. Da wir sehr reiche Länder kennen, in denen die Kindersterblichkeitsrate 6 von 1.000 beträgt, schmerzt es sehr, daran zu denken, daß es an der Schwelle des sich nähernden Jahrtausends Länder gibt, in denen auf jedes Kind, das in den entwickelten Ländern stirbt, 40 tote Kinder kommen. Und wir wissen aus unserer Erfahrung und unserer Solidarität mit der Dritten Welt, wo in den letzten 30 oder 40
Jahren 26.000 kubanische Ärzte gearbeitet haben, was es kostet, ein Kind zu retten, und wie man es rettet, und wir haben ihnen gesagt: Wenn Ihr die essentiell notwendigen und billigen Medikamente bereitstellt, sind wir bereit, Tausende von weiteren Ärzten nach Mittelamerika, Haiti und Afrika zu entsenden, so wie wir bereits jetzt Ärzte in diese Länder schicken. Wir haben eine Gruppe von Ländern mit der höchsten Kindersterblichkeitsrate in Schwarzafrika ausgewählt und ihnen bis zu 3.000 Ärzte angeboten, wobei es sich um Ärzte handelt, die ein humanitäres Konzept dessen haben, was die Medizin bedeutet, und die mit beispielhaftem Stoizismus und wahrhaftem Märtyrergeist in die entlegensten Orte gehen, weil sie in diesem Bewußtsein erzogen worden sind. Und wir haben ihnen gesagt: Laßt uns nicht warten, bis aufgrund eines Gesetzes oder eines Gerichtsurteils auch nur ein einziger Mensch weniger stirbt, da wir bereits ab jetzt jedes Jahr Millionen von Kindern und Millionen von Personen retten können. Und wir haben ihnen weiter gesagt: Wenn wir von drei Ärzten jeweils einen nehmen würden, um Einsätze dieser Art durchzuführen, könnten die beiden anderen die Arbeit des Dritten übernehmen und wir würden dennoch weiterhin das Land mit dem weltweit höchsten Pro-Kopf-Anteil an Ärzten bleiben, einschließlich der superentwickelten Länder (Beifall). Der Genosse aus Uruguay sprach von der Lateinamerikanischen Hochschule für Medizin, die wir vor kurzem praktisch innerhalb von Wochen aufgebaut haben, und zwar nach dem Hurrikan, der Santo Domingo und Haiti traf, und dem darauffolgenden gewaltigen Hurrikan, der Mittelamerika heimsuchte. Wir haben diesen Ländern nicht nur die notwendigen Ärzte angeboten, um an den schwierigsten Orten zu arbeiten, wo normalerweise kein Arzt tätig ist, sondern auch eine Hochschule zur Ausbildung von Ärzten. Sie hat bereits 1.800 Studenten und die Zahl wird im nächsten Jahr 3.000 erreichen. Zudem ist dies nicht unsere einzige Kapazität, denn sie sollen in dieser Hochschule die beiden ersten Studienjahre absolvieren, die die schwierigsten sind, weil sie danach in den restlichen Fakultäten weiterstudieren müssen, und wir verfügen über 21 medizinische Fakultäten. Denn sie müssen beginnen, in den Krankenhäusern zu arbeiten, da unsere Ärzteausbildung nicht nur theoretisch ist, sondern auch praktisch. Jeder dieser Ärzte wird zu einem Ausbilder von Krankenschwestern. Dabei bedienen sie sich dort in ihren Ländern der Lehrtexte, und es ist ausreichend, wenn jede der Anwärterinnen die sechste Klasse abgeschlossen hat. Jeder der Ärzte kann zwei oder drei Krankenschwestern ausbilden und ihre Zahl vervielfachen, denn sie müssen nicht notwendigerweise einen Universitätsabschluß haben, wie es heute in unserem Land der Fall ist, denn es handelt sich um Verfahrensweisen, um die Probleme unmittelbar zu lösen. Was für ein Zufall, als er davon sprach, daß es dort lateinamerikanische Studenten gebe! Und es ist im Moment in der Tat so, daß eine große Anzahl von Mittelamerikanern dort studiert, weil wir ihnen 500 Stipendien pro Jahr angeboten haben, während wir gleichzeitig fast allen lateinamerikanischen Ländern Stipendien anboten. Für einige ist es wichtig. In einem kleinen Land wie Bolivien bedeuten 70 Stipendien pro Jahr schon etwas, und für ein kleines Land wie Honduras bedeuten 300 Stipendien noch mehr, oder für Guatemala, Nicaragua oder Haiti, von wo wir bereits 120 Stipendiaten empfangen haben. Ebenfalls sind Stipendiaten aus Ecuador und sogar aus Argentinien, Chile und Brasilien gekommen. Was machten wir mit Brasilien, einem gigantischen Land? Welchen Wert würden 60 oder 70 Stipendien haben? Wir baten brasilianische Freunde, Studenten auszusuchen, und zwar zwei oder drei aus jedem Bundesstaat. Es ist nicht so, daß Brasilien sie braucht, sondern es ist die Hochschule, die sie braucht, weil wir wollen, daß diese Hochschule zu einer Bruderschaft aller Lateinamerikaner wird und daß aus ihr eine Doktrin dessen hervorgeht, was die menschliche Gesundheit ausmachen muß (Beifall) und was ein Arzt sein muß. Ich bemerkte in einem bestimmten Moment, daß wir angesichts der Tatsache, daß einige Länder bereits ein
gutes Niveau an Ärzten haben, diese nicht einbezogen - darunter war Uruguay -, weshalb ich umgehend bat: Könntet Ihr jungen Studenten und Solidaritätsgruppen etwa 50 Studenten auswählen, um sie nach Kuba zu schicken? Nicht weil sie die Ärzte so sehr bräuchten, vielleicht brauchen sie sie überhaupt nicht, denn es ist kein Land mit Urwäldern und entlegenen Gebieten, fast alle Bewohner leben in der Hauptstadt und wir wissen, daß die Probleme nicht in der Hauptstadt liegen. Ich biete Euch keine Ärzte an, sondern ich bitte Euch und ich bitte die OCLAE darum, uns zu helfen, damit aus keinem einzigen Land Studenten fehlen und damit in dieser Hochschule alle Flaggen gehißt sind. Es handelt sich nicht darum, daß wir eine Kapazität von 3.000 schaffen. Innerhalb von vier Jahren werden 6.000 lateinamerikanische Studenten in Kuba studieren, um der Gesundheit und dem Leben des Menschen zu dienen, wie ein Pastor, ein Missionar oder ein Priester. Unser Land ist arm, wir werden ständig mehr blockiert und hatten über Nacht unseren Markt für Zucker und andere Produkte sowie unsere Versorgung mit Brennstoffen, Krediten und allem anderen verloren. Wir haben 10 Jahre nach diesem so harten Schlag durchgehalten, werden weiter durchhalten und bereichern Jahr für Jahr unser Humankapital. Das ist das, was wir haben! Doch weil wir dies haben, können wir das sagen, was jenes ungeheuer reiche Land, dessen Bruttoinlandsprodukt fast 10 Billionen Dollar und damit insgesamt sechshundertmal mehr als das kleine Kuba erreicht, nicht sagen kann. Ich bin sicher, daß sie, wenn sie um Freiwillige bitten, um dorthin zu gehen, wo unsere Ärzte in Mittelamerika, Haiti oder Afrika sind, keine 2.000 zusammenbekommen. Ich würde sogar noch weitergehen und sagen, daß die USA und Europa zusammen keine 2.000 Freiwilligen zusammenbekommen, wobei es in Europa unbestreitbar viele gute Leute gibt, deren Leben aber so verschieden vom Leben derjenigen ist, die ohne Strom, Medizin und Ärzte leben müssen, nicht über Computer, drei Fernsehgeräte, ein Auto und ein großes Haus verfügen und nicht mittels Internet in den Supermärkten einkaufen, ohne auch nur auf die Straße gehen zu müssen. Wenn ich mich irre, würde ich mich glücklich fühlen, und wenn sie 10.000 versammeln könnten, wäre ich sogar noch glücklicher, und wenn es 20.000 wären, würde ich sie sofort dazu einladen, diese 20.000 Freiwilligen und die unverzichtbaren Medikamente zu entsenden. Wir könnten sie dann in fast mathematisch exakter Form darüber informieren, wieviele Menschenleben sie jedes Jahr retten. Wieviele Menschenleben sie jedes Jahr retten können! Wir könnten ihnen noch mehr sagen: Wenn sie solch eine Kapazität an Humanismus haben, laßt uns uns mit anderen Ländern vereinigen. Und wenn sie 6.000 zusammenbringen können, haben wir bereits 6.000 weitere angeboten. Wenn sie 10.000 anbieten können, müssen unsere Ärzte, Krankenhäuser und Techniker nur davon erfahren, und bereits in weniger als einer Woche würden 10.000 bereitstehen. Und wenn einer von drei Ärzten, über die wir verfügen, benötigt würde, müßten diese nichts weiter erhalten als die Nachricht, den Anreiz, daß wir eine Anstrengung für eine bessere Welt unternehmen, und den Ansporn, daß wir eine Anstrengung unternehmen, um denjenigen mehr Menschlichkeit zu vermitteln, die ungeheuer reich sind und zu Recht Schmerz empfinden - ich sage es aufrichtig, daß sie zu Recht Schmerz empfinden-, wenn ein Hund verhungert, damit sie die Fähigkeit entwickeln, auch dann mit unendlichem Recht Schmerz zu empfinden, wenn sie davon erfahren - falls sie es nicht schon wissen - oder das wirkliche Bewußtsein darüber erlangen, daß Millionen und Abermillionen von Menschen jedes Jahr sterben, weil sie nicht über diejenigen notwendigen Mittel zu ihrer Rettung verfügen, über die dieser Hund verfügt (Beifall). Unser Land lebt von Werten. Es hat wegen der Werte durchgehalten und dabei nicht nur wirtschaftliche Schlachten geschlagen, sondern auch den Kampf gegen den Terrorismus und die Attentate ausgefochten. Gestern erzählte ich den Studenten der Universität von Rio de Janeiro, daß ich während der Arbeit zur Erstellung der Klage, die wir gegen die Vereinigten Staaten
erhoben haben, beim Sammeln von unzähligen Dokumenten und Beweisen, eine Zahl erfuhr, die ich 40 Jahre lang ignoriert hatte, nämlich auf wieviele sich die Anzahl der Verschwörungen belief, die das Ziel hatten, mich zu töten und die entweder direkt von der CIA organisiert waren, von Gruppen ausgedacht wurden, die von der CIA geschaffen und ausgebildet worden waren, wobei sie diesen Gruppen "Unabhängigkeit" gewährte, oder die von der CIA und der imperialistischen Propaganda angestiftet wurden. Es handelte sich um 637 Verschwörungen. Ich schwöre Euch, daß ich verblüfft war, als ich diese Aufzählungen und Substraktionen sah. Hoffentlich befindet sich unter den Broschüren, die sie Euch schicken werden wir haben bereits zwei für Euch hinzugefügt -, diese Klage, die Kuba erhoben hat. Ja, Ihr kümmert Euch darum, sie ihnen zu schicken. Nicht den 2 Millionen Studenten, weil uns sonst das Papier nicht ausreicht. Aber wenn zum Beispiel die OCLAE eine bestimmte Menge in der entsprechenden Sprache benötigt, um allen Studentenführern Brasiliens und Lateinamerikas eben diese drei Broschüren zukommen zu lassen, sind wir bereit, sie ihnen zu schicken. Sie behandeln einige Themen, die ich hier nicht erwähnt habe und die in diesen zwei von mir angesprochenen Reden und in dieser Klage enthalten sind, die wir vor den zuständigen Gerichten gegen die Vereinigten Staaten auf die Zahlung von 181 Milliarden Dollar erhoben haben, und zwar wegen 3.478 verlorengegangenen Menschenleben und 2.099 noch lebenden Behinderten als Folge ihrer Söldneraggressionen und terroristischen Aktionen. Wir werden Euch diese drei Broschüren schicken, wenn Ihr Euch verpflichtet, jedem von denjenigen, die hier sind und jetzt keines bekommen, und denjenigen, die woanders sind, jeweils ein Exemplar zukommen zu lassen. Ricardo, ich träume von dem Tag, an dem Ihr einen Kongreß der lateinamerikanischen Studentenführer organisieren könnt (Beifall). Wenn Ihr keinen Raum zur Verfügung habt, zählt auf Kuba (Aus dem Publikum wird ihm gesagt: Nächstes Jahr in Havanna), wenn Ihr wollt. Wir müssen einen gemeinsamen Kampf führen und gemeinsam arbeiten, um Bewußtsein zu bilden und Ideen zu säen. Entschuldigt, daß ich Euch so lange unbequem sitzen und stehen gelassen habe. Entschuldigt, wenn ich ein wenig ausgeschweift bin, denn ich weiß, daß es heute abend um 20.30 Uhr ein Fußballspiel gibt. Ich glaube, daß ich Euch in Anbetracht der Umstände, unter denen wir uns versammelt haben, ziemlich viel erzählt habe. Vergebt mir. Ich bitte Euch, daß Ihr mir vergebt und ich danke Euch. Bis bald! Immer bis zum Sieg!
Fidel 26. Juli 1999 Rede des Präsidenten der Republik Kuba, Fidel Castro Ruz, am 26. Juli in Cienfuegos über die Panamerikanischen Spiele von Winnipeg Eigentlich war ich recht ergriffen, als ich diese erste Goldmedaille Kubas bei den panamerikanischen Spielen von Winnipeg erhielt. Ich sehe sie gar nicht, man hat sie mir bereits wieder weggenommen (Lachen). Ich beabsichtige, sie denen zurückzugeben, die sie gewonnen haben; doch vorerst wird sie uns hier bei dieser Veranstaltung begleiten. Dieser ersten Goldmedaille kommt ein großes Verdienst zu, denn nie haben wir bei panamerikanischen Wettkämpfen mehr Betrügereien und Unfairneß gesehen; und das alles, um Kuba anzufeinden, um Kuba vom zweiten Platz zu verdrängen, um das Gastgeberland zu begünstigen und um unserem Sport den Verdienst absprechen zu wollen. Der Tricks waren es viele; das Organisationskomitee schlug vor, eine Reihe von
Medaillen wegfallen zu lassen. Was für ein Zufall! Ich bin sicher, daß, wären Kanada und die Vereinigten Staaten die traditionellen Gewinner dieser Medaillen, man das sehr gut verstehen könnte. Doch sie haben Dutzende von Goldmedaillen in sieben Sportarten gestrichen, in denen - gemäß Informationen von Kennern des Themas Kuba durchschnittlich 60 % der Medaillen gewann (Beifall) und die Vereinigten Staaten und Kanada zusammen nur 30 %. Wem schadet dies? Kuba. Wen begünstigt es? Die Vereinigten Staaten und Kanada, Kanada insbesondere, das Gastgeberland ist und Kuba vom zweiten Platz verdrängen möchte und dessen Organisationskomitee diese Streichungen vorgeschlagen hat. Und alles, Compañeros, auf die letzte Minute. Bei vielen anderen Dingen hat es Unfairneß gegeben. Man hat dort geduldet, daß die ewigen, schurkigen und gescheiterten Feinde der Revolution und die Vermarkter des Sports alle Möglichkeiten und Erleichterungen hatten, um unsere Delegation anzufeinden, zum Überlaufen aufzurufen, Geld und die Wunder aus 1001 Nacht anbietend. Jenes Szenarium füllte sich mit nach Sportlern Ausschau haltenden Spähern; Annoncen in der Presse, offen oder subtil gehalten, direkt oder indirekt über Fernsehen und andere Medien, um zur Fahnenflucht zu bewegen; und sollte irgendein Fall eintreten, nun Ihr wißt ja im voraus, welchen Skandal sie dann machen. Unter derartig schwierigen und feindseligen Bedingungen ist dort unsere Mannschaft angetreten. Auch im Baseball haben sie sich Dinge einfallen lassen. Und hier legen sie ganz besonderen Wert darauf, uns zu besiegen, denn sie wissen, daß es unser Nationalsport ist und unsere Mannschaft mit einem beeindruckenden Rekord von Siegen bei internationalen Meisterschaften schon seit Jahren den ersten Platz belegt. Bei ihnen hat sich diese wie fast alle bedeutenderen oder attraktiveren Sportarten mit Profis gefüllt, und zwar aufgrund der in den letzten Jahren entstandenen traurigen Bewegung, die Sportaktivitäten vermarktet und mit ihnen hausieren geht. Der Amateursport, so wie wir ihn verstehen, der Sport als Recht des Volkes und eine gesunde von Kaufmannsgeist freie Aktivität mit Möglichkeiten für Freizeitgestaltung und Gesunderhaltung der gesamten Bevölkerung, dieser Sport existiert kaum noch. Jener menschliche Sinn, der dem Sport innewohnte, ist übertüncht worden, ist völlig verzerrt und prostituiert worden. Eigentlich sind die reichen Länder tatsächlich die einzigen, die ständig Austragungsort großer Meisterschaften sein, Olympiaden organisieren und Sportler kaufen können. Wenn Ihr beobachtet, werdet Ihr sehen, daß in vielen reichen Ländern die Sportler aus den Antillen oder Lateinamerika importiert wurden; im Fall Europas kommen sie aus Afrika und anderen Ländern der Dritten Welt. Für viele Disziplinen bringen sie nicht einmal die Sportler hervor; und dann bringen sie alle diese Länder um die Ehre, eine Medaille zu gewinnen. Außerdem haben sie alle ökonomischen Mittel, alle Einrichtungen und qualifizierten Fachleute, die jenen anderen abgehen. Zu solch einem erniedrigenden Privileg ist nun der Sport weltweit geworden. Ich weiß von Ländern wie Santo Domingo oder Puerto Rico - das auch ein Land ist, obwohl es zur Kolonie gemacht wurde (Beifall) -, die ihre Baseballspieler aus den Major Leagues zurückforderten, da heute bei sämtlichen Amateurmeisterschaften schon Profis zugelassen werden, damit sie ihre Länder bei diesen Panamerikanischen Spielen vertreten, und es wurde ihnen verweigert. Einige wie beispielsweise Puerto Rico konnten nicht antreten, und die Dominikanische Republik leidet natürlich auch darunter; sie hat unter den Profis sehr gute Sportler, und diese wurden nicht genehmigt. Die Länder gehen des Rechts verlustig, ihre eigenen Bürger einzusetzen, die sie ausgebildet und vorbereitet haben, damit sie sie bei bedeutenden internationalen Wettkämpfen vertreten. Und außerdem Schwindel und Tricks. Im Baseball, wie ich bereits sagte, haben sie sich etwas Merkwürdiges ausgedacht. Also, sie haben es durchgesetzt. Wir haben protestiert, aber sie haben es
durchgesetzt. Wir haben erneut protestiert, als die berühmte technische Beratung stattfand, doch sie haben daran festgehalten und angeführt, daß bereits sämtliche Sitzplätze verkauft und alle Fernsehübertragungen vergeben seien und daß daran nichts mehr geändert werden könne. Worin besteht dies? Nun, zehn Mannschaften waren aufgestellt; jetzt sind es neun, denn Puerto Rico konnte nicht teilnehmen. Wir sind in einer Fünfergruppe. Es gibt noch eine Vierergruppe. Habt Ihr euch die Spiele angesehen, das Spiel von gestern? Nein, sie sind nichts, aber auch gar nichts wert! Man gewinnt ein Spiel, und das kann dann schon für die nächste Runde ausreichend sein, obwohl man alle anderen Spiele verliert. Es sind eher, und man muß das so betrachten, Trainingsspiele, bei denen nur eine von neun Mannschaften ausscheidet. Was geschieht nun, nachdem eine ganze Anzahl Spiele zu spielen waren, die nichts bedeuten? Gewinnt unsere Mannschaft sämtliche Spiele gegen die anderen vier ihrer Gruppe, so hat das absolut nichts zu sagen, gewährleistet nichts. Weder bringt es mehr Möglichkeiten für einen ersten Platz noch sichert es eine Teilnahme an den Olympiaden; alles zugunsten des Profisports und um den Amateursport in Verruf zu bringen. Sie möchten uns hier vom ersten Platz weghaben und außerdem unsere Teilnahme an den Olympiaden verhindern. Was haben sie sich dazu ausgedacht? Das hier. Nach diesen ersten Spielen, von denen wir vier absolvieren müssen, haben sie nun eine zweite Etappe erfunden, die sie Überkreuzspiele nennen. Worin besteht das? Die Eins einer Gruppe spielt mit der Vier einer anderen, die Zwei mit der Drei und umgekehrt. So gibt es mehrere Überkreuzspiele. Verliert unsere Mannschaft auch nur ein einziges, findet bei ihr der sogenannte plötzliche Tod Anwendung. Wir können also alle diese Spiele, das heißt vier, gewinnen, was keinerlei Wert hat. Doch wenn die Überkreuzspiele beginnen, scheidet der Verlierer sofort aus. Jede Mannschaft kann ein Spiel verlieren. Das hier verletzt alle Regeln und Gepflogenheiten, denn es handelt sich um nur neun Mannschaften. So wurden also diese Erfindungen mit Unterstützung der Yankees vom Organisationskomitee aus Gründen kommerzieller Art durchgesetzt - obwohl nicht nur deshalb, sondern auch um bessere Möglichkeiten zu haben, das Gespenst Kuba zu eliminieren. Nur eine Niederlage bei den sogenannten Überkreuzspielen reicht aus, uns vom Kampf um den ersten Platz und von der Teilnehmerliste für Sidney zu streichen. Es sind Erfindungen. Ihnen reichen ihre Profis nicht. Die Vereinigten Staaten, alles Profis; Kanada, alles Profis; Mexiko mußte auf gleicher Wellenlänge bleiben, alles Profis; Dominikanische Republik, alles Profis. Den Vereinigten Staaten und Kanada ist das noch nicht genug. Sie haben Angst vor unserer Mannschaft und dem Beweis, den sie in Baltimore lieferte, und wollen sie ausschalten. So ungefähr ist alles eingefädelt worden. Vor einigen Minuten sprach ich mit den Ruderern, die hier die erste Golmedaille Kubas überreichten, und sie sagten mir: "Sie sind dort mehrfach niederträchtig zu uns gewesen, haben uns die schlechteste Bahn zugewiesen und die niedrigsten Plätze." So treten wir an, unter diesen Bedingungen. So werden die Anstrengungen eines kleinen Landes belohnt, das sich rühmen kann, die Teams der Vereinigten Staaten bei panamerikanischen Spielen geschlagen zu haben und die sich 1991 den ersten Platz erkämpfte; mit unseren zehneinhalb Millionen Einwohnern, die wir damals waren, etwas, das kein anderes Land dieser Hemisphäre je erreicht hat noch erreichen konnte. Mit Genugtuung sehen wir, wie unsere Trainer in der Entwicklung des Sports in ganz Lateinamerika präsent sind. Jene Länder sind Bestandteil unserer Familie, zu der eines Tages auch wir gehören werden. Sie arbeiten dort, und es stört uns nicht, wenn lateinamerikanische Sportler, die von guten kubanischen Trainern ausgebildet wurden, uns die Medaillen abnehmen. Wir freuen uns darüber, ich sage das mit aller Ehrlichkeit. Unseren Wettkampf tragen wir mit den Mächtigen und den Reichen aus. In diesem Geiste haben sie gekämpft, im Umfeld der Anfeindung, der Verführungen
und Fallen auf einem Terrain, das zu einem feindlichen geworden ist. So ist es. Das gleiche geschieht an anderen Orten, wo die Autoritäten des Nordens anwesend sind. Den Norden gibt es bereits zweimal, den gehabten und noch einen etwas weiter oben.
Fidel 26. Juli 1999 WAS DER PRÄSIDENT DES STAATSRATES DER REPUBLIK KUBA, FIDEL CASTRO RUZ, BEI DEM AKT AM 26. JULI 1999 IN CIENFUEGOS, KUBA, ÜBER DEN DROGENHANDEL GESAGT HAT Wie Ihr wißt, hatte unser Land im Juni 1989 den schmerzlichen Strafprozeß der Strafsache Nummer 1 zu führen. Er war die Folge der unverantwortlichen und unfaßbaren Verhaltensweise mehrerer Genossen - einige hatten unfragwürdige Verdienste und eine revolutionäre Vorgeschichte -, die nicht nur das Prestige und die moralische Autorität gefährdeten, die so lebenswichtige Institutionen der Revolution wie die Revolutionären Streitkräfte und das Ministerium des Inneren in jahrzehntelangen heldenhaften Kämpfen erworben hatten, sondern sie gefährdete auch die gesamte Sicherheit des Landes. So ein Fall war noch nie dagewesen. Das öffentliche und absolut transparente Gerichtsverfahren fand in Anwesenheit der Medien statt. Nie hat ein Verfahren so viel öffentliches Aufsehen erregt und Verbreitung gefunden. Sogar der Staatsrat debattierte über die Berufung vor den Augen des Landes und der Welt vor Fernsehkameras. Seine 29 Mitglieder legten ihre Standpunkte und Begründungen dar. Der Beschluß war ein einstimmiger. Die Sanktion hatte eine exemplarische zu sein und war es auch. Während des Prozesses wurde die Situation analysiert, in die uns die unaufhörlichen Verletzungen des kubanischen Luftraumes brachten. Über unser langes und schmales Land führen drei Luftkorridore, die tagtäglich von 277 Flugzeugen der Luftverkehrslinien und von anderen Maschinen genutzt werden, die nach Erfüllen der vorbedingten Antragstellung normalerweise die Genehmigung erhalten. Es kam jedoch häufig zu irregulären Flügen in niedriger und mittlerer Flughöhe ohne vorherige Benachrichtigung noch irgendeine Genehmigung. Das war nämlich die Modalität, derer sich die Flugzeuge der Drogenhändler bedienten. Sie übergingen in der Regel jeglichen Befehl der Luftfahrtbehörden und in den wenigen Minuten, die sie zum Überfliegen der Insel von Süden nach Norden benötigten, täuschten sie am hellichten Tag jegliches Abfangflugzeug mit den bekannten Bewegungen der Tragflächen. Über dem Meer warfen sie dann ihre giftige Drogenfracht inner- oder außerhalb der Zwölfmeilenzone ab. Eine energische Warnung war nötig. Am 24. Juni 1989 wird eine Note des MINFAR (Ministerium der Revolutionären Streitkräfte) zu den Luftkorridoren veröffentlicht. Hier wird der Beschluß bekanntgegeben, auf jedes Flugzeug zu schießen, das illegal in unseren Luftraum eindringt und sich weigert, dem Landungsbefehl zur Inspektion Folge zu leisten. Am 25. Juni übergab der Leiter der SINA (Interessenvertretung der USA in Kuba) dem MINREX (Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten) eine Botschaft in der als Non Paper bekannten Form, in der es heißt, daß die Regierung der Vereinigten Staaten jede legitime Aktion der kubanischen Regierung zur Verhinderung des Drogenhandels im Landesterritorium, den Hoheitsgewässern und dem Luftraum begrüße, doch gleichzeitig über den Beschluß des Abschießens von Flugzeugen beunruhigt sei, in Anbetracht der Möglichkeit, daß ein Flugzeug unsere Befehle aufgrund eines Irrtums, fehlender Kommunikation oder Schwierigkeiten anderer Art nicht befolgt. Sie baten um Zurückhaltung. Am 25. Juni sandte die Luftfahrtbehörde der USA dem Institut für Zivile Luftfahrt Kubas eine Mitteilung, in der sie ihre Besorgnis über die am Vortag angekündigte Politik, auf verdächtige, den Landungsbefehl nicht ausführende Flugzeuge zu
schießen, zum Ausdruck brachte. Am 26. Juni bat der Sprecher des State Departments, Richard Boucher, die kubanische Regierung nachdrücklich, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen und Zurückhaltung zu üben, um den Verlust unschuldiger Leben zu vermeiden, während er gleichzeitig "jegliche legitime Aktion zur Verhinderung des Drogenhandels" begrüßte. Am 27. Juni übergibt das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten die Note 1268 an die SINA, in der der feste Entschluß Kubas bekräftigt wird, sämtliche Maßnahmen zur Bekämpfung des Drogenhandels in unmittelbarer Nähe des kubanischen Territoriums zu verstärken. Dazu gehört auch, was die Verantwortlichkeit Kubas in bezug auf seinen Luftraum anbelangt, die strikte Einhaltung der internationalen Regelung bezüglich des Überfliegens von Landesterritorium. Am 28. Juni erklärte Präsident Bush der Zeitung El Nuevo Herald, daß er die Entscheidung der kubanischen Regierung, den mit dem Drogenhandel im Zusammenhang stehenden Offizieren den Prozeß zu machen, als positiv einschätze. Der Befehl konnte schließlich und endlich nicht ausgeführt werden, nicht einmal als Abschreckungsbeispiel. Die verstreichende Zeit von dem Augenblick an, da die Radarschirme die Verletzung anzeigen, die Information an einen Luftstützpunkt weiterleiten, das Abfangflugzeug startet, um dann in Richtung des entfernten Punktes geschickt zu werden, wo sich das kleine Ziel bewegt, sei es auch bei Tag, um es auf dem eigenen Radar zu erspähen, seine Beobachtungen meldet und auf Befehle wartet, ist länger als die Zeit, die der Eindringling benötigt, um das schmale Territorium zu überfliegen und den Luftraum über internationalen Gewässern zu erreichen. Um Risiken aus dem Weg zu gehen, wählen die Drogenhändler die Nachtstunden für ihre Tiefflüge, auch über irregulärem Gelände. Die fünfstelligen Dollarsummen, die sie für jeden Flug erhalten, machen sie faktisch zu Selbstmördern. Unsere Luftstreitkräfte haben Verluste an Kampfflugzeugen und sogar an Menschenleben bei Lokalisationseinsätzen zum Abfangen von Eindringlingen dieser Art zu beklagen. Eine intensive und tags- und nachtsüber permanente Wachbereitschaft wäre ruinös und ein Verschleiß an Menschen und Ausrüstungen mitten in Friedenszeiten. Außerdem bestand das reale Risiko, eine Maschine von nicht in den Drogenhandel verwickelten Abenteurern abzuschießen. Die Vereinigten Staaten besitzen ihrerseits Flugzeuge mit technischen Mitteln und ausgezeichneter Kommunikationsausrüstung, die speziell für ihre Lokalisation, Verfolgung über internationalen Gewässern oder über ihrem großen Territorium im Falle eines Eindringens gebaut wurden, bis dann das Objekt seine Fracht abwirft oder wegen Treibstoffmangel landen muß. Das Einsetzen der Intrigen ließ nicht auf sich warten. .Am 11. Juli wird der Leiter der SINA ins MINREX bestellt, wo man ihm die Note 1376 übergibt, in der die Erklärungen US-amerikanischer Funktionäre zu angeblichen Drogenbombardierungen in kubanischen Hoheitsgewässern, die von den kubanischen Kräften nicht verhindert worden seien, zurückgewiesen werden. Jetzt werden die Details der Bombardierungen vom 7. und 8. Juli klargestellt sowie die Anstrengungen unserer Kräfte, sie zu lokalisieren und unter Kontrolle zu bekommen. In unserer Note wurde bestätigt, daß, solange die Vereinigten Staaten keine ernste und konstruktive Haltung einnehmen, es zu keiner ehrlichen und wirksamen Kooperation kommen kann. Gleichzeitig wird die Bereitschaft Kubas zur Zusammenarbeit wiederholt und betont, daß man auf konkrete Vorschläge seitens der Regierung der Vereinigten Staaten warte. .Am 20. Juli informiert die Presse, daß vier Senatoren in einem Schreiben vom Comandante en Jefe Information über den Fall Ochoa erbitten. .Am 24. Juli erklärt der Verteidigungsminister, Richard Chaney, daß das, was sich in Kuba abspiele, etwas mehr sei als ein Kampf gegen Korruption und Drogenhandel. .Am 25. und 26. Juli finden Anhörungen der Arbeitsgruppe des Abgeordnetenhauses 'Internationale Kontrolle des Drogenhandels' und des Unterausschußes des Senats
'Terrorismus, Drogen und Internationale Operationen' statt. Der Vertreter der Regierung der Vereinigten Staaten wies in den Anhörungen darauf hin, daß man Kuba um das Ergebnis der Nachforschungen angegangen sei und er wiederholte mehrfach das Interesse der Regierung seines Landes, Kuba in dieser Frage "auf die Probe zu stellen". .Am 26. Juli wies der Vizeminister für Auswärtige Angelegenheiten, Ricardo Alarcón, die Behauptung zurück, wonach die Vereinigten Staaten in den vergangenen 18 Monaten irgendwelche Informationen über die Verwicklung von Funktionären der kubanischen Regierung in den Drogenhandel übergeben hätten. .Am 2. August äußerte der Minister der Justiz, Richard Thornburgh, auf einer Sitzung des Auswärtigen Ausschusses des Senats Zweifel hinsichtlich der Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Kuba im Kampf gegen den Drogenhandel. Kuba habe die Bemühungen Washingtons zum Erreichen einer Kooperation ignoriert, fügte er hinzu. .Ebenfalls am 2. August äußerte Vizepräsident Dan Quayle, daß ihn die Ankündigung des Comandante en Jefe, wonach strenge Maßnahmen gegen den Drogenhandel getroffen werden, neugierig gemacht habe. .Am 7. August veröffentlicht die Zeitung Granma einen Leitartikel, in dem die von den Vereinigten Staaten ausgehende Lügenkampagne über eine angebliche Verwicklung Kubas in den Drogenhandel angeprangert und die Haltung des Landes sowie sein Kooperationsangebot an die USA in dieser Frage ganz klar bekräftigt wird. .Am 17. August findet eine Anhörung des Rechtsausschusses des Senats statt, in deren Rahmen ein Drogenhändler kolumbianischer Herkunft bekundet, Kuba mit seinen illegalen Aktivitäten in Verbindung bringen zu wollen. .Am 1. September wurde der SINA die Note 1694 in Beantwortung ihrer Note 357 übergeben, in der um Mitarbeit gebeten wird, um zwölf in den Vereinigten Staaten gesuchte Drogenhändler kolumbianischer Herkunft zu verhaften und des Landes zu verweisen. In unserer Note bedankten wir uns für die Information, gaben ihr ihren Stellenwert und wiesen erneut darauf hin, daß Kuba niemals Zufluchtstätte von Drogenhändlern sein wird und wir daher wachsam sein werden. Auch wurde erneut die Bereitschaft Kubas kundgetan, seine Bemühungen im Kampf gegen den Drogenhandel mit denen der Gemeinschaft dieser Hemisphäre zu vereinen. Seht einmal, wir sprechen über etwas, das sich 1989 ereignet hat. Jedoch haben die Regierungen der Vereinigten Staaten nie akzeptiert, eine Kooperationsvereinbarung zwischen beiden Ländern in Betracht zu ziehen, um gegen den Drogenhandel vorzugehen. Kuba dagegen hat seitdem fruchtbringende Vereinbarungen auf diesem Gebiet mit 23 bedeutenden Ländern Lateinamerikas, Europas, Afrikas, des Mittleren Ostens und Asiens unterzeichnet und kooperiert außerdem mit den Drogenbekämpfungsbehörden weiterer 13 interessierter Länder, mit denen noch keine Vereinbarungen unterzeichnet wurden. Zehn Jahre später, am 25. Mai 1999, veröffentlicht die Washington Post, die der Kubanischen Revolution nicht unbedingt freundschaftlich, sondern eher und häufig mit Kritik gegenübertritt, zwei Artikel über die Bemühungen Kubas bei der Bekämpfung des Drogenhandels, die die Unterschrift des Journalisten Douglas Farah trugen. Der Titel des ersten Artikels lautete: "Kuba schlägt eine einsame Schlacht gegen die Drogen"; und ein Untertitel bestätigte: "Haltung des Kongresses behindert Rolle der Vereinigten Staaten", und er besagte folgendes: "CAYO CONFITES, Cuba. Auf diesem sandigen Stück Erde vor der Nordküste Kubas besteht die einzige Verteidigung gegen die in die Vereinigten Staaten reisenden kolumbianischen Drogenhändler in einem veralteten Patrouillenboot aus sowjetischer Zeit, einem britischen Radarsystem von sechs Meilen Reichweite und fünfzehn kubanischen Soldaten. 'Wir sehen eine systematisch wachsende Menge Drogen, die hier aus der Luft abgeworfen und dann von Schnellbooten aufgenommen werden, die sie aus
unseren Gewässern ziehen', sagte Oberst Fredy Curbelo, ein leitender Mitarbeiter des Ministeriums des Inneren, der kürzlich einen US-amerikanischen Reporter auf einer noch nie dagewesenen großen Besuchsfahrt zu Drogenbekämpfungseinrichtungen im kommunistisch regierten Kuba begleitete. 'Unsere sowjetischen Boote sind zwanzig Jahre alt und können 27 Knoten fahren, während die der Drogenhändler mit Leichtigkeit 45 Knoten schaffen. Wir tun, was mit unseren Mitteln möglich ist, doch wir sind eingeschränkt bei dem, was wir tun.' Trotz der extremen Wirtschaftsprobleme Kubas, die sich nach dem Zusammenbruch seines sowjetischen Sponsors im Jahr 1989 noch verschlimmerten, verstärkt die Regierung des Präsidenten Fidel Castro das, was Drogenbekämpfungsexperten in Europa und den Vereinigten Staaten als - trotz mangelnder Geldmittel -ernste Bemühungen zur Blockierung des über Kuba erfolgenden illegalen Drogenflusses bezeichnen. Das Programm Castros hat einige mit der Überwachung der Einhaltung der Gesetze beauftragte US-amerikanische Beamte derartig beeindruckt, daß sie gern noch mehr mit der kubanischen Seite kooperieren möchten, die ihnen bereits in mehreren wichtigen Fällen unauffällige Hilfestellung gegeben hat. Nur gibt es ein Problem: Einige Kongreßmitglieder sind mit Unterstützung vieler Kubaamerikaner entschieden gegen jegliche Zusammenarbeit zwischen Havanna und Washington, zwischen denen es seit 1961 keine diplomatischen Beziehungen gibt. 'Von unserem Standpunkt aus betrachtet, hat diese Politik keinen Sinn', sagte ein hoher US-amerikanischer Staatsbeamter. 'Wir können die Karibik nicht dem Drogenhandel verschließen, ohne Kuba dabei zu beachten. Und sie haben eine Bereitschaft zur Kooperation mit uns gezeigt und auf sämtliche Informationen, die wir ihnen gegeben haben, reagiert. Es ist ein großes Loch, das zugedeckt werden muß.' Nur 90 Meilen von Florida entfernt, sei Kuba ein idealer Umschlagplatz für die Verfrachtung illegaler Drogen in die Vereinigten Staaten, meinen diese USamerikanischen Beamten. Auch schätzen sie, daß annähernd 30 Prozent des für die Vereinigten Staaten bestimmten Kokains aus Kolumbien die Karibik passiert. Doch bis jetzt beschränkt sich die Kooperation in der Drogenbekämpfung auf den Austausch von Informationen von Fall zu Fall zwischen der US-amerikanischen Küstenwache und dem kubanischen Grenzschutz über Fax oder unter Benutzung eines veralteten Telexapparates. Im Gegensatz dazu verstärkt sich die Zusammenarbeit zwischen Kuba und Verbündeten der Vereinigten Staaten wie Großbritannien, Spanien, Kolumbien und Frankreich auf dem Gebiet der Drogenbekämpfung. Kubanische Beamte äußern, daß sie eine Verbesserung der Kooperation mit den Vereinigten Staaten im Kampf gegen die Drogenhändler auch ohne jeglichen Fortschritt in Richtung einer Aufhebung des US-amerikanischen Wirtschaftsembargos gegen den Inselstaat begrüßen würden. 'Sie meinen vielleicht, daß, wenn es irgeneinen Bereich gibt, wo wir zusammenarbeiten können, es dann dieser wäre', sagte Ricardo Alarcón, Präsident der Gesetzgebenden Versammlung Kubas und Experte in der Regierung, was die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten anbelangt. 'Das zeugt von mangelndem Willen seitens der Vereinigten Staaten. Beide Seiten würden durch eine umfassendere und systematische Kooperation begünstigt', sagte Alarcón. Vor diesem Monat" - er spricht vom Mai - "sagte Barry R. McCaffrey, Direktor der Clinton-Administration für nationale Politik der Drogenkontrolle, die Vereinigten Staaten wären 'aller Wahrscheinlichkeit nach bereit', den Dialog mit den kubanischen Behörden bezüglich der Kooperation bei der Drogenbekämpfung 'zu stimulieren'. Doch McCaffrey kam unter den Beschuß der kubanisch-amerikanischen Kongreßmitglieder und deren Verbündeten, die seit geraumer Zeit behaupten, die Regierung Castros bekämpfe die Drogenhändler nicht, sondern unterstütze sie. In einem Schreiben vom 30. Dezember 1998 an McCaffrey fordern die republikanischen Kongreßmitglieder Lincoln Díaz Balart (Florida), Ileana RosLehtinen (Florida) und Dan Burton (Indiana), er 'solle sich der Frage der Beteiligung
der kubanischen Regierung am Drogenhandel stellen und alle erforderlichen Aktionen einleiten, um mit der Verschleierung dieser Realität durch die ClintonAdministration Schluß zu machen'. In einem wütenden Antwortschreiben vom 28. Januar äußerte der pensionierte Armeegeneral McCaffrey, ihn habe der Ton des Schreibens 'beleidigt', wies eine Verschleierung 'kategorisch' zurück und sagte, es gäbe keine schlüssigen Beweise, die darauf hinwiesen, daß die kubanischen Behörden in diese verbrecherische Aktivität verwickelt seien. Nach Aussagen hoher Regierungsbeamter der Clinton-Administration gäbe es trotz der Äußerungen McCaffrey's und dem Ersuchen seitens des Ministeriums der Justiz, der Drug Enforcement Administration (DEA) und der Küstenwache keine Pläne, den Stand der Kooperation bei der Drogenbekämpfung zu verbessern. Sie fügten jedoch hinzu, daß beide Länder auch ohne formale Vereinbarung auf der Fall-für-Fall-Basis weiter zusammenarbeiten können. Jede anspruchsvollere Bestrebung würde, wie sie meinen, eine politische Reaktion im Kongreß hervorrufen und die nichtoffiziellen Kanäle zwischen den mit der Befolgung des Gesetzes in Kuba und den Vereinigten Staaten beauftragten Einrichtungen gefährden. 'Wir sagen nicht, daß wir nicht vorbereitet wären, irgendwann mehr mit ihnen zu tun, ...doch jetzt steht nichts davon zur Debatte', sagte ein Regierungsbeamter. Mit 42.000 Quadratmeilen Hoheitsgewässern und 4.195 kleinen Inseln und Eilanden ist Kuba ein Paradies für die Schmuggler", sagt der Journalist. "Der größte Teil des über Kuba geleiteten Kokains wird von tieffliegenden kleinen Sportflugzeugen nahe der unbewohnten vorgelagerten Inselchen abgeworfen und von Schnellbooten der Drogenhändler abgeholt. Diese Boote bringen die Drogen dann zu größeren Schiffen, die nach den Vereinigten Staaten oder anderen Zielen wie Mexiko, Haiti und Jamaika fahren. Der britische Botschafter in Havanna, David Ridgway, bezeichnete die Kooperation in der Drogenbekämpfung zwischen seinem Land und Kuba - einschließlich der 400.000 Dollar jährlich, die Großbritannien für die Ausbildung zur Verfügung stellt als 'erstklassig'. 'Das politische Engagement (Kubas) ist ein sehr starkes', äußerte er in einem Interview in Havanna, 'und wir sind befriedigt darüber, daß unser Geld gut angewandt wird', sagte der Botschafter gemäß dem Journalisten . Dank der britischen Hilfe ist es den Immigrationsbeamten des Flughafens jetzt möglich, Passagierprofile anzufertigen, um festzustellen, wer von ihnen mit dem Drogenhandel zu haben könnte. Seit 1994, als es in Kuba zur Explosion des Fremdenverkehrs kam, sind 215 wegen Drogenhandels angeklagte Ausländer verhaftet worden. Zur Gepäckkontrolle werden in Frankreich abgerichtete Spürhunde eingesetzt. Die Anstrengungen zur Drogenbekämpfung beinhalten auch die neuen Freihandelszonen Kubas, wo die meisten Waren unkontrolliert verfrachtet werden, womit sie dadurch den Platz eines Favoriten für die Drogenhändler einnehmen. Am 3. Dezember letzten Jahres zum Beispiel hat die kolumbianische Polizei in Kartagena, Kolumbien, 7,7 Tonnen Kokain beschlagnahmt, das über Havanna nach Spanien gelangen sollte. Die kubanischen und kolumbianischen Behörden kamen zu der Feststellung, daß vor seiner Entdeckung dieser Weg mindestens dreimal benutzt worden ist. Die kubanischen Behörden sagen, daß sie ein Erstarken des Drogenkonsums auf der Insel vermeiden wollen. Seit dem Sieg der Revolution im Jahr 1959 waren die gesetzwidrigen Drogen in Kuba jahrzehntelang unbekannt. Doch in den letzten Jahren begannen in dem Maße, wie der Tourismus äußere Einflüsse und USamerikanische Dollar gebracht hat, auch Haschisch, Kokain und Crack auf der Insel aufzutauchen, sagten die Behörden. Nach Mitteilung des Ministeriums des Inneren haben die kubanischen Behörden letztes Jahr dreißig Pakete mit Kokain an ihren Küsten gesichtet - 1994 waren es zwölf -, da die Drogenhändler ihre Kontakte verloren oder absichtlich die Fracht weggeworfen hatten, um ihre Verhaftung zu vermeiden. In den ersten drei Monaten
dieses Jahres bargen die Behörden 68 Partien jener Frachten. Bei einer Rede am 5. Januar gab Castro zu, daß der Drogenhandel zu einem wachsenden Problem wird. Er gab bekannt, daß 1.216 Personen wegen Drogenproblemen angeklagt und inhaftiert sind und beklagte sich, daß einige Personen abgeworfene Drogen versteckt hätten anstatt sie der Polizei zu übergeben." Der zweite Artikel des gleichen Verfassers in der gleichen Zeitung, die in der Hauptstadt der Vereinigten Staaten erscheint, trägt den Titel: "In diesem Falle konnte sich das Team Kuba - USA ein großes Plus gutschreiben". "HAVANNA. Am 1. Oktober 1996 sahen Beamte der Küstenwache der Vereinigten Staaten mit Enttäuschung, wie der Frachter Limerick - im Sinken begriffen, verlassen und mit einer großen Menge Kokain an Bord - in kubanische Hoheitsgewässer abtrieb und außerhalb ihrer Reichweite zu sein schien. Durch ein Ersuchen der Küstenwache darauf aufmerksam gemacht, das über diplomatische Kanäle Großbritanniens übermittelt worden war, ließen die kubanischen Behörden das Schiff bis an die Küste schleppen und fanden mit Unterstützung durch die US-amerikanischen Beamten" - die wir eigentlich dazu herbestellt hatten - "die verborgene Ladung und übergaben sie den Behörden der Vereinigten Staaten zur Benutzung im Prozeß gegen den Kapitän und die Besatzung des Schiffes. Angehörige des kubanischen Grenzschutzes flogen sogar zur Zeugenaussage nach Miami. 'Sie waren sehr kooperativ', sagte James Milford, der damalige Vizedirektor der DEA. 'Wie sie es auch betrachten wollen, sie sind sehr glaubwürdig.' Die Vereinigten Staaten verbieten weiterhin den größten Teil des Handels mit Kuba, und zwischen beiden Ländern gibt es seit 1961 keine diplomatischen Beziehungen. Doch die mit der Gesetzesbefolgung betrauten Beamten meinen, daß die Kooperation im Fall Limerick, die sich auf einem nie dagewesenen Stand bewegte, gezeigt hat, wie die politischen Differenzen zur Seite gelegt werden können, wenn man ein gemeinsames Ziel verfolgt. Die Sache begann, als die Küstenwache aufgrund einer Information des Nachrichtendienstes den Frachter in internationalen Gewässern nördlich von Kuba unter dem Verdacht stoppte, zwei Tonnen Kokain an Bord zu führen" - hier hätte er eigentlich südlich von Kuba, südlich von Oriente, schreiben müssen; nun gut, so steht es nun einmal in dem Artikel. "Doch während die Küstenwache das Schiff bestieg, versuchte seine elfköpfige Besatzung, es zu versenken und zwang die Küstenwache, sie zu evakuieren und das Schiff zu verlassen. Unter Benutzung der Briten als Vermittler bat die Küstenwache die Streife des kubanischen Grenzschutzes um den Rettungsversuch des 220 Fuß-Schiffes, das in kubanische Hoheitsgewässer gekommen, leckte und am Versinken war, wie USamerikanische, britische und kubanische Beamte berichten. Die Kubaner entsprachen der Bitte und schleppten das Schiff bis zur Küste. Auf der Basis der Informationen des US-amerikanischen Nachrichtendienstes begannen die kubanischen Behörden mit dem Abwracken des Schiffes und fanden eine verborgene Ladung von annähernd zwei Tonnen Kokain, wie Oberstleutnant Oscar García, zweiter Chef der kubanischen Drogenpolizei, bekanntgab. Danach gaben die Vereinigten Staaten weitere Informationen des Nachrichtendienstes, wonach noch mehr Kokain auf dem Schiff versteckt sein könnte, das in Barranquilla, Kolumbien, ausgelaufen war. Die Kubaner gestatteten, daß sich ihnen Beamte der DEA und des Ministeriums der Justiz der Vereinigten Staaten" - die Wahrheit ist, daß wir sie zur Teilnahme herbestellt hatten -"in der ersten gemeinsamen Operation der Drogenbekämpfung beider Länder anschlössen, wie US-amerikanische und kubanische Beamte äußerten. Nach zwei Wochen Abwrackarbeiten fanden die Untersuchungsbeamten beider Länder noch sechs weitere Tonnen Kokain. Es war also eine Ladung von insgesamt acht Tonnen, einer der größten Kokainfänge der Geschichte." - Es waren, soweit wir
uns entsinnen, etwas weniger, knapp sieben Tonnen. Bis hierher das Wesentliche der beiden Artikel aus der Washington Post. Es muß hinzugefügt werden, daß es nicht nur im Fall des Schiffes Limerick eine Kooperation gab. Vor wenigen Wochen wurde im Karibischen Meer in Zusammenarbeit mit Kuba das Schiff China-Breeze der Reederei Babuch-Marín Inc mit vier Tonnen Kokain aufgebracht. Am 28. Mai 1999 wurde in der Umgebung von Cayo Confites, nördlich von Camagüey, von Kräften des Grenzschutzes ein Schnellboot festgesetzt, das gekommen war, um eine Ladung aus einem kleinen Sportflugzeug aufzunehmen. Letzteres wurde von einer Maschine der DAAFAR (Luftraumverteidigung der Revolutionären Streitkräfte) verfolgt und sah sich gezwungen, die Drogen an einem anderen Ort als dem vereinbarten Treffpunkt abzuwerfen. Es wurden 449 Kilogramm Kokain beschlagnahmt. Am 31. Mai - auch vor knapp zwei Monaten - wurde auf hoher See unter Mitarbeit Kubas das Motorschiff Castor mit vier Tonnen Kokain gefaßt. Als Ergebnis der Drogenbekämpfung in unserem Land sind allein in den Jahren von 1970 bis 1999 693 ausländische Drogenhändler verhaftet worden. Von 1970 bis 1990, einem kürzeren Zeitraum, das heißt, von 20 Jahren, wurden 30 Flugzeuge und 73 Schiffe festgesetzt und konfisziert, davon - das heißt von beiden zusammen - 84 mit US-amerikanischer Zulassung. Auf der anderen Seite ist Kuba niemals weder Erzeuger noch Exporteur von Drogen gewesen. All das hat mit Drogen zu tun, die anderswo produziert, exportiert und von anderswo transportiert werden. Knapp zwei Wochen nach dem Erscheinen der beiden Artikel in der Washington Post empfing ich in der ersten Junidekade einen hervorragenden und angesehenen Kongreßabgeordneten der Vereinigten Staaten, Mitglied der Republikanischen Partei, der Kuba besuchte. Ich empfand ihn als einen erfahrenen und ernsten Menschen, mit dem man ein tiefgründiges und offenes Gespräch führen konnte. Aus Gründen der Diskretion nenne ich seinen Namen nicht, denn ich möchte ihn nicht in diese Debatte verwickeln. Ich habe es nicht mit ihm abgesprochen. Einer der wichtigsten Punkte unseres Gesprächs war das Problem des Drogenhandels. Den Aufzeichnungen über dieses Gespräch entnehme ich einige wesentliche Angaben natürlich war es zu diesem Punkt ein ganzes Stück ausführlicher. Auf die Frage, ob Kuba und die Vereinigten Staaten im Moment bei der Bekämpfung des besagten Drogenhandels zusammenarbeiten würden, antwortete ich ihm: Es gibt eine bescheidene Zusammenarbeit. Als er mich über die Gründe dafür befragte, sagte ich offen, daß wir über 40 Jahre hinweg in der Karibik Gendarme gegen den Drogenhandel gewesen seien, und zwar nicht, weil sie versucht hätten, die Drogen in Kuba einzuschleusen, sondern weil wir uns in diesem langen Zeitraum gegen piratenähnliche Angriffe, das Einsickern von Personen, Waffen und Sprengkörpern sowie gegen Flugzeuge verteidigen mußten, die unseren Luftraum verletzten, um Bomben, entzündliche Produkte, Waffen oder biologische Elemente abzuwerfen. Immer wenn wir dazu in der Lage waren, haben wir sie zur Landung gezwungen. Während dieser Zeit, über viele Jahre hinweg, befolgten die Flugzeuge diese Art von Anordnung - niemals haben wir eines abgeschossen, soweit ich mich erinnere -, doch als die Drogenhändler entdeckten, daß niemand auf die Flugzeuge schoß, wenn sie die Anordnungen nicht befolgten, landeten sie nicht mehr. Wir nahmen sie dann fest, wenn sie gelegentlich aus technischen Gründen landen mußten. Auf diese Weise fingen wir eine Reihe von Flugzeugen und im Besonderen viele Schiffe ab, die in den Drogenhandel verwickelt waren. Ihre Besatzungen wurden automatisch festgenommen und in Kuba vor Gericht gestellt, und zwar ohne eine einzige Ausnahme. Ich erklärte ihm die Tatbestände, die in der Strafsache Nr.1 als ein Akt des Verrats abgeurteilt wurden, da einige der Angeklagten wichtige Offiziere des Innenministeriums waren und einer ein herausragender Militärbefehlshaber war, der sogar eine hohe Auszeichnung für seine Verdienste im Krieg erhalten hatte. Sie hatten an der Organisierung eines über unser Land laufenden Drogenhandels
teilgenommen, was einen Tatbestand von höchster Schwere darstellte, der das Ansehen und die Sicherheit der Nation aufs Spiel setzte. Ich erzählte ihm, daß das Unglaubliche dabei der von ihnen angeführte Vorwand war, daß sie dies ausgedacht hätten, um dem Land zu helfen. Für jedes Kilogramm der Droge erhielten sie 1.000 Dollar. Es war dumm, innerhalb und außerhalb von Kuba zu denken oder zu glauben, daß ein Land mit einem Importvolumen von 8 Milliarden Dollar pro Jahr irgendein Problem dadurch lösen könnte, indem es 1.000 Dollar für den Transit von einem Kilogramm einer Droge einnimmt. Insgesamt halfen sie innerhalb von zwei Jahren dabei, ungefähr vier Tonnen zu verschieben, bevor sie entdeckt wurden. Ich sagte dem Besucher, daß die Revolution niemals auch nur die Durchfuhr von einem Kilogramm Drogen akzeptieren würde, selbst wenn die Drogenhändler 1 Milliarde oder 5 Millarden Dollar zahlen oder die gesamte Auslandsschuld Kubas begleichen würden (Beifall), denn unser Land ist sehr viel mehr wert als dieser Betrag, und das mit dem Opfer von zahlreichen Menschenleben im Gesundheitswesen, im Bildungssektor und bei vielen anderen Dingen von elementarer Gerechtigkeit errichtete Werk ist sehr viel mehr wert als dieser Betrag. Das Leben eines einzelnen Menschen ist sehr viel mehr wert (Beifall) und wir mußten viele Menschenleben opfern. Ich sagte ihm weiter, daß gemäß der elementarsten Logik nur eine räuberische und idiotische Regierung fähig sei, in diese Art von Geschäften einzutreten. Und wenn wir eine Regierung von Dieben wären, bräuchten wir keine Drogen, um Reichtümer zu erwerben, so wie es an vielen anderen Orten und in verschiedenen Epochen geschehen ist. Doch mit absoluter Sicherheit würde sich eine solche Regierung nicht lange halten können, weil unser revolutionäres, gebildetes und bewußtes Volk dies niemals unterstützen oder tolerieren würde (Beifall). Ich erläuterte, daß kein Land so wie Kuba darauf vorbereitet sei, innerhalb unserer Hohheitsgewässer und unserer Grenzen gegen die Drogen zu kämpfen. Weiterhin sprach ich über ein gerettetes Schiff, das vor drei Jahren im Süden der östlichen Region Kubas festgesetzt worden war, nachdem es bereits am Sinken war, weil die Besatzung von US-amerikanischen Küstenwachbooten an Bord gegangen war und es daraufhin verlassen hatte. Die Seeleute hatten die Wasserhähne geöffnet, um das Schiff zu versenken und damit die Beschlagnahme der Ladung und der Beweise zu verhindern, doch die Strömung trieb es in kubanische Gewässer und unsere Küstenwache rettete das Schiff, auf dem sich fast sieben Tonnen Kokain von hoher Reinheitsstufe befanden. Wir teilten dies der Antidrogenbehörde der USA mit und baten sie um ihre Beteiligung bei der Suche. Alles geschah im Stillen und die gesamten Drogen sowie die Dokumente wurden ihnen übergeben. Sie behaupteten, daß sie sie als Beweis in dem Prozeß benötigten, den sie anstrengen würden. Ich bekräftigte, daß wir im Rahmen unserer Möglichkeiten beim Kampf gegen den Drogenhandel zusammenarbeiten würden, wie wir das im Fall des Handels mit Migranten tun, daß jedoch die Vereinigten Staaten aus strikt politischen Gründen keinerlei Vereinbarung über einen systematischen und seriösen Plan zur Zusammenarbeit eingehen wollten. Aufgrund der Form, in der die Drogenhändler operierten, nämlich zu Luft und zu Wasser, sei es sowohl tags als auch nachts sehr schwierig, ein kleines Flugzeug abzufangen und zur Landung zu zwingen, wenn es sich weigere, dies zu tun. Die Drogen wurden in einer Entfernung zwischen 5 und 20 Meilen vor der kubanischen Küste abgeworfen. Wenn die Packete früher auf den vorgelagerten Inseln oder dem Festland angeschwemmt wurden, übergaben die Leute sie spontan, da noch keine Dollars im Umlauf waren. Heutzutage muß man eine große Anstrengung an Überzeugungskraft und Organisation aufbringen, um die Zusammenarbeit der Küstenbewohner zu erreichen. Man mußte zudem die Strafen für den internen Handel verschärfen, da ein aufstrebender interner Markt entstanden war. Ich erklärte dem Besucher ebenfalls das, was im Fall der zwei angeblichen
spanischen Unternehmer geschehen war, die ein Joint Venture-Unternehmen gegründet hatten, dessen wirkliches Ziel darin bestand, Drogen über Kuba nach Europa zu transportieren, indem sie die Wände der Container auspolsterten, in denen sie aus Kolumbien Rohstoffe für die von ihnen betriebene Fabrik importierten und die sie danach dazu benutzten, um verarbeitete Produkte nach Spanien zu schicken. Angesichts eines solchen Betrugs und des Risikos von schwerwiegenden Schäden für das Land sahen wir uns gezwungen, die strengsten Strafen für den über unser Land betriebenen Drogenhandel großen Ausmaßes festzulegen. Erlaubt mir, eine Zwischenbemerkung innerhalb dessen zu machen, was ich erzähle. Man hätte die zwei Herren "Unternehmer" wirklich festnehmen können. Es hätte gereicht, wenn die kolumbianischen Behörden, die mit dieser Aufgabe betraut waren, die mit uns geschlossenen Vereinbarungen eingehalten und uns über die Menge der dort in Kolumbien beschlagnahmten Drogen, die in den Wänden einiger sich im Eigentum der angeblichen Unternehmer befindlichen Container versteckt waren, informiert hätten. Sie gaben es im Dezember öffentlich bekannt. Wenn sie sich mit uns koordiniert hätten, hätten wir sie leicht verhaften können. Doch sie gaben diese öffentliche Erklärung ab, wobei sie hinzufügten, daß die Container für Kuba bestimmt waren. Das war eine unvollständige, konfuse und seltsame Information. Ich analysierte das, und zwar ebenfalls öffentlich, am 5. Januar, einige Tage nach der erwähnten Information, denn ich war wirklich irritiert angesichts der Tatsache, daß man von Drogen sprach, die in Kolumbien beschlagnahmt wurden und für Kuba bestimmt waren, so als ob es sich um eine gewöhnliche Ware handeln würde, die das Land normalerweise importiert. Ich protestierte wegen dieser Vorgehensweise. Das Resultat: Die Typen laufen immer noch frei in Spanien herum. Sie wurden im Januar verhaftet, für einige Tage festgehalten und daraufhin freigelassen, da man nicht über die notwendigen Beweise verfügte, wie die Behörden jenes Landes behaupteten, denen wir jede erforderliche Zusammenarbeit angeboten haben. Es wurde lediglich ein Individuum in Kolumbien verhaftet, das sie beauftragt hatten, die Drogen zu bewachen. Sie antworteten öffentlich auf meine Erklärung vom 5. Januar, wobei sie behaupteten, daß sie unschuldig seien, daß es sich um eine Erfindung handele, um ihre Fabrik zu konfiszieren. Es handelt sich um eine winzige Fabrik, mit der sie einige unserer Leute hinters Licht führten. Sie nutzten den guten Willen eines kubanischen Unternehmens aus, indem sie eine Investition in Form eines Joint Venture-Unternehmens vorschlugen, bei der sie die Technologie beibringen und den Markt für die Produktion von Dekorationsobjekten bereitstellen würden. Doch diese Herren, über deren Taten unwiderlegbare Beweise existieren, hätten in Spanien, Europa oder überall dort verhaftet werden müssen, wo sie sich zu verstecken versuchten. Warum spazieren diese zwei Herren frei in Europa herum, wenn es Personen gibt, die für weniger schwere Straftaten zu Dutzenden von Jahren Gefängnis verurteilt werden? Ich fahre fort mit dem Bericht über mein Gespräch mit dem US-amerikanischen Kongreßabgeordneten. Nachdem ich mich auf den Versuch der zwei spanischen Staatsbürger bezogen hatte, über Kuba in großem Ausmaß mit Drogen zu handeln, erklärte ich ihm, daß es auch Versuche des Drogenhandels kleineren Ausmaßes gegeben hatte, daß kürzlich eine aus Engländern, Kanadiern und Jamaikanern bestehende Gruppe von 18 Personen beim Versuch verhaftet wurde, 50 Kilogramm in den Überziehern ihrer Anzüge verstecktes Kokain ins Land zu bringen, und daß sie vor Gericht gestellt werden und mit den entsprechenden Strafen für Drogenhandel kleineren Ausmaßes rechnen müßten, die ebenfalls verschärft wurden. Es ist ein relatives Glück für sie, daß die Monate später von der Nationalversammlung beschlossenen Änderungen des Strafgesetzbuches damals noch nicht in Kraft waren. Als er mich fragte, ob eine Vereinbarung über die Zusammmenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und Kuba beim Kampf gegen die Drogen sehr helfen würde,
antwortete ich schließlich, daß diese Insel eine Länge von über 1.200 Kilometern und 5.746 Kilometer Küsten habe, daß meines Erachtens ein ernsthaftes Gespräch zwischen beiden Ländern über den Anti-Drogen-Kampf notwendig sei und daß wir als Gegenleistung dafür absolut nichts forderten, nicht einmal die Gewährung einer Erlaubnis für US-amerikanische Bauern, Lebensmittel an Kuba zu verkaufen. Ich unterstrich, daß wir aus ethischen Gründen handelten und daß wir dies über 40 Jahre hinweg trotz der US-Blockade getan hätten. Wir würden nicht einmal das Ende der Blockade als Bedingung aufstellen. Eine Vereinbarung dieser Art würde die Vereinigten Staaten fünfzigmal mehr begünstigen als Kuba, aber es würde auch uns begünstigen, weil uns die Drogen, die in steigender Anzahl an unseren Küsten ankommen, Schaden zufügen. Als er mich unterbrach, um mich zu fragen, ob Kuba den US-Behörden erlauben würde, innerhalb unserer Hohheitsgewässer und unseres Luftraums zu agieren, antwortete ich ihm mit einem kategorischen Nein, da die USA auch nicht akzeptieren würden, daß kubanische Schiffe und Flugzeuge in ihre Hohheitsgewässer und ihren Luftraum eindringen, da eine Vereinbarung dieser Art nur auf der Grundlage der Gegensätzlichkeit konzipiert werden könnte, da ich überzeugt wäre, daß dies eine Dummheit, eine große Dummheit, sei, und weil die US-Regierung aus Angst vor der Schreierei der Gruppen aus Miami keine Vereinbarung mit Kuba über den Drogenhandel getroffen habe, während wir dazu bereit waren, und zwar ohne eine Gegenleistung zu fordern. Für uns handelte es sich einfach um eine internationale moralische Pflicht. Mit aller Klarheit erläuterte ich ihm, daß man drei mögliche Formen der Zusammenarbeit festlegen könnte: Eine bescheidene Zusammenarbeit, eine weitreichende und effizientere Zusammenarbeit und eine integrale Zusammenarbeit. Für die ersten beiden Formen würden unsere eigenen Mittel genügen, während wir für eine integrale Zusammenarbeit mit der höchstmöglichen Effizienz bestimmte technische und kommunikationsspezifische Mittel benötigten, die für uns nicht zugänglich sind, während wir über das gesamte erforderliche qualifizierte Personal verfügten. Zum Abschluß des Themas sagte ich ungefähr folgendes: "Fragen sie bitte die obersten Behörden ihres Landes, auf welcher Ebene sie die Kooperation wünschen, ob sie den gegenwärtigen Stand, einen höheren oder eine alles umfassende Kooperation wünschen. Ich bestätige einfach, daß wir zu jeder dieser Kooperationsformen bereit sind. Sollten sie an gar keiner interessiert sein, werden wir in eigener Regie so fortfahren wie bis jetzt, denn wir haben die Pflicht, uns vor dem Schaden zu verteidigen, den uns der Drogenhandel verursachen kann. Es liegt im Interesse des Landes und ist außerdem eine internationale Pflicht. So beendete ich diesen Teil meiner Unterredung mit ihm. Die bereits genannten Artikel der Washington Post und die vernünftigen Erklärungen einiger wichtiger Persönlichkeiten, darunter auch angesehener Kongreßabgeordneter der Vereinigten Staaten, begannen die konterrevolutionäre Mafia von Miami und die mit ihr verbündeten Kongreßmitglieder zu beunruhigen, deren Wahlkampagnen von der Kubanisch-Amerikanischen Nationalstiftung finanziert werden, eine nachweislich terroristische Organisation, die 1997 die Attentate auf Touristenhotels in Havanna mit äußerst wirkungsvollem Sprengstoff vorbereitet und die Geldmittel dazu bereitgestellt hat. Betrachtet man das Datum der Dinge, die Artikel der Washington Post am 25. Mai und dann in der ersten Junihälfte, wie wir noch sehen werden, eine Reihe von Erklärungen hoher Beamter, Kongreßabgeordneter, leitender Mitarbeiter des Drogendezernats und anderer, dazu einen Gesetzentwurf zugunsten von Verhandlungen mit Kuba hinsichtlich einer Vereinbarung und sieht man, was dann unmittelbar geschah, so wird klar und deutlich die Verschwörung sichtbar, die die konterrevolutionäre Mafia, ihre Verbündeten und ihre Lobbies, die unaufhörlich rund um die Uhr gegen Kuba agieren, in aller Schnelle angezettelt und schließlich auch ausgelöst haben. Es liegt ganz klar auf der Hand, wie man sehen wird.
Am 19. Juni, das heißt fast einen Monat nach dem Erscheinen der beiden Artikel vom 25. Mai, veröffentlichte die Zeitung El Nuevo Herald, die oftmals für diese Mafia tätig ist, inmitten der sich günstig entwickelnden Stimmung einen Artikel der Journalistin María Travieso unter dem Titel "Starke Ablehnung der gemeinsamen Drogenbekämpfung mit Kuba" mit folgendem Wortlaut: "Die Ankündigung des State Departments, wonach am kommenden Montag leitende Beamte der Drug Enforcement Administration (DEA) und der Küstenwache nach Kuba reisen werden, um bei der Bekämpfung des Drogenhandels zu kooperieren, rief am Freitag heiße Reaktionen in den kubanischen Kreisen im Süden von Florida hervor. 'Die Entsendung dieser Beamten hat mich nicht überrascht. Sie gehört zur Beschwichtigungs- und Kolaborationspolitik der Regierung mit dem Castro-Regime', sagte in Miami der republikanische Kongreßabgeordnete für Florida, Lincoln Díaz Balart. Díaz Balart, der vom State Department extra angerufen worden war, um ihn über die Reise der Beamten nach Kuba zu informieren, zeigte sich sehr verärgert." Hier seht Ihr den Mechanismus, wie er funktioniert, und das Resultat der zurückhaltenden und zögernden Aktionen der Regierung angesichts der Boshaftigkeit und ständigen Erpressung durch die antikubanische Mafia: Sie beschließen, einige Beamte zur Diskussion dieser Themen zu entsenden und benachrichtigen, ganz bescheiden, die Bosse der Mafia, daß sie diese Beamten nach Kuba senden werden. Natürlich geht sofort über alle möglichen Wege das Geschrei los, das Gekreisch, die Beschimpfungen, ja sogar Drohungen gegen die Regierung auf alle mögliche Arten, und die Machenschaften, um das Vorhaben zu vereiteln. "Der Kongreßabgeordnete sagte, daß seit einigen Wochen, als die USamerikanische Regierung Informationen über eine vermeintliche Hilfe Castros im Krieg gegen die Drogen an die Presse durchsickern ließ, der Beginn dessen einsetzte, was am Montag geschehen sollte. Er fügte hinzu, es bestünde ein großer Unterschied zwischen diesen Beratungen und den gewohnten Vereinbarungsgesprächen beider Länder zu Migrationsfragen. 'Sie haben bereits zugegeben,'", sagt dieser unverschämt, "'daß es sich um eine Zusammenarbeit auf einem Gebiet handelt, auf dem Castro nichts zu suchen hat, denn er selbst ist einer der größten Drogenhändler der Welt', sagte Díaz Balart. Die Kubanisch-Amerikanische Nationalstiftung", heißt es weiter, "hat in der Person ihres Präsidenten, Alberto Hernández,..." - ausgerechnet ihm gehört eines der Gewehre Kaliber 50, mit dem ich auf der Isla Margarita ermordet werden sollte. Es ist halbautomatisch, besitzt ein Visierfernrohr, Infrarotstrahlen, hat eine Reichweite von 1400 Metern und kann einen Panzer in 400 Meter Entfernung durchlöchern und ein Flugzeug abschießen, das sich dem Boden nähert oder auf der Piste fährt usw.; also der Besitzer eines dieser Gewehre, ich sage es noch einmal, ist jener Herr. Ein Schiff, das ihnen ebenfalls gehört, wird in Puerto Rico festgesetzt und rein zufällig ist es von einem Boot der Drogen verfolgenden Küstenwache festgesetzt worden, und dabei wurden die wirkungsvollen Waffen entdeckt. Noch bevor sie sich versahen, hatten die Behörden Puerto Ricos diese bereits beschlagnahmt. Nun spaziert dieser glückliche Eigentümer des auf seinen Namen "ganz legal" registrierten Gewehrs, der auch das Attentat organisiert hat, vollkommen frei durch die Vereinigten Staaten. Nicht einmal zum Strafprozeß wurde er hinzugezogen und er war doch der Leiter der Stiftung; jetzt haben sie da ein Vatersöhnchen und ihn, wie immer, in der oberen Leitung. Ich fahre mit der Nachricht fort: "Die Kubanisch-Amerikanische Nationalstiftung hat in der Person ihres Präsidenten Alberto Hernández scharf auf die Mitteilung reagiert: 'Das ist einfach unerhört. Wir werden unsere Opposition anbringen, wo es nötig ist. Es ist unakzeptierbar für die kubanische Gemeinschaft im Exil und für die auf der Insel', äußerte er." Es fehlte ihm nur noch, dem Präsidenten der Vereinigten Staaten den Tod anzudrohen oder mit einem jener dort erhältlichen Gewehre von so viel
Präzision und so viel Reichweite auf ihn zu schießen. "Andere Kollegen von Díaz Balart unterstützten seine Haltung. Die Kongreßabgeordnete für Florida, Ileana Ros-Lehtinen, bezeichnete die Haltung der Regierung von Präsident Clinton als absurd. 'Das zeigt nur, wie gern die ClintonRegierung mit der Diktatur Fidel Castros kooperieren möchte. So weit zu gehen und zu sagen, sein Regime sei an der Schlacht gegen die Drogen beteiligt, ist das Absurdeste, Unlogischste und Unkorrekteste', kommentierte sie." Unter der Überschrift "Republikanische Kongreßabgeordnete schlagen vor, Kuba in den Drogennachweisprozeß einzubeziehen" teilt die Agentur EFE am 7. Juli folgendes mit: "Zwei hohe republikanische Vertreter im Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten haben vorgeschlagen, Kuba in die Jahreseinschätzung des State Departments über die an der Drogenbekämpfung beteiligten Länder einzubeziehen. Die Kongreßabgeordneten Dan Burton (Indiana)" - der Name hört sich recht bekannt an, er hört sich schlecht an, doch man hat ihn recht oft gehört, zusammen mit Helms, und zwar in Verbindung mit einem massenmörderischen Gesetz; und schon treten die größeren Fische auf die Bühne, mit der Mafia in Beziehung stehende Repräsentanten und Senatoren - "und Benjamín Gilman (New York), die Autoren des Gesetzentwurfes, sind der Meinung, 'Kuba sei eines der Hauptländer des weltweiten Drogenhandels'. Der Gesetzentwurf stimmt zeitlich mit Informationen überein, wonach die Regierung der Vereinigten Staaten sich anschickt, neue Maßnahmen zur Milderung des Wirtschaftsembargos gegen Kuba zu beschließen. Das State Departement bezieht Kuba nicht in die Einschätzung der Länder ein, die mit den Vereinigten Staaten bei der Drogenbekämpfung kolaborieren, denn man ist der Meinung, daß das Gesetz nicht auf Länder Anwendung findet, zu denen keine Handelsbeziehungen bestehen. Zwei Beamte des State Departments weilten vergangenen Monat in Havanna, um mögliche Kooperationsprojekte, darunter der Kampf gegen den Drogenhandel, zu diskutieren. Das Repräsentantenhaus begann seine Nachforschungen über Kuba und den Drogenhandel, nachdem im Dezember vorigen Jahres die kolumbianische Polizei 7 Tonnen Kokain beschlagnahmt hatte, deren mutmaßlicher Empfänger eine Firma in Havanna war." Seht, wie diese Herren sich erdreisten, Kuba in eine so plumpe Angelegenheit mit hineinzuziehen. Die Vereinigten Staaten und Europa sind nicht einmal in der Lage gewesen, so gefährliche Subjekte zu verhaften. Schickt sie uns nach Kuba, um sie vor unsere Gerichte zu stellen und ihnen einen öffentlichen Strafprozeß mit absoluter und völliger Transparenz zu machen. Ihr braucht nicht erschrecken, denn schließlich und endlich waren die von der Nationalversammlung später festgelegten Sanktionen noch nicht in Kraft. Entsendet sie uns, und wir werden hier den Fall vor den Gerichten diskutieren. Doch erst einmal müßt ihr sie fassen. Wer hilft ihnen, daß sie untergetaucht bleiben? Das Hauptdelikt haben sie hier begangen, denn sie haben ihre Fabrik eingerichtet, den guten Glauben des Landes mißbraucht, sich unsere Öffnung auf den Gebieten des Handels, der Investitionen und dem Tourismus für ihre Absichten zunutze gemacht, unsere Insel als Transitland für ihren Drogenhandel zu benutzen. Sie haben eine kleine Fabrik hier eingerichtet. Daran kann man schon sehen, daß sie ohne Zweifel die wohldurchdachte Absicht hegten, Drogen auf den Markt zu bringen und in großem Umfang damit Handel zu treiben. Sie hatten bereits andere Geschäftchen - finanzieller Art, für Anleihen und andere Aktivitäten - , mit deren Aufbau sie beschäftigt waren. Nun werden wir ja sehen, ob sie sich in Europa verbergen und vor der Interpol davonkommen, was nicht sehr leicht sein dürfte. Es sind recht bekannte Individuen und sie dürften genügend Geld haben. Warum hat man sie noch nicht gefaßt? Oder sollten sie vielleicht geschickt worden sein, um eine Provokation gegen Kuba zu starten? Welcher Grund könnte der wahre sein? Was wir fordern, ist, daß sie gefaßt
und in unser Land gebracht werden, so wie es zu sein hat. Wir haben das Vorzugsrecht, über sie zu richten. Hier haben sie die kleine Fabrik eingerichtet. Hierher brachten sie die Container mit dem Ausgangsstoff, die ausgepolstert waren und hier mit den Produkten der Fabrik beladen und nach Spanien versandt wurden. Hier haben sie die hauptsächlichen Delikte begangen: Sie haben die Drogen eingeführt, bearbeitet, Gesetze verletzt, das Land betrogen. Sie sollen sie uns schicken, damit sie vor Gericht kommen. Das ist unsere Antwort, unsere Herausforderung, der nicht ausgewichen werden darf. Und wenn sie wollen, mögen Anwälte aus allen Teilen der Welt kommen, um sie in diesem Strafprozeß zu verteidigen, zuzusehen oder daran teilzunehmen; und sie werden die Wahrheit feststellen. Hieran seht ihr schon die Wende, die die Angelegenheit eingeschlagen hat; die Tricks, Intrigen, Verleumdungen und Niederträchtigkeiten. Ich fahre fort: "Zum damaligen Zeitpunkt sagte jedoch das US-State Department, es gäbe keine Verbindungen zwischen der Drogenladung und der Regierung des kubanischen Präsidenten Fidel Castro", heißt es abschließend in der Mitteilung der Nachrichtenagentur EFE. In Wahrheit weiß das FBI, die CIA, alle Welt dort weiß, wie die Dinge hier liegen, sie wissen es mehr als gut. Natürlich hat es sie nie gekümmert, daß Kuba verleumdet wird, daß dies oder jenes behauptet wird, daß fortwährend auf niederträchtige Weise versucht wird, Persönlichkeiten unseres Landes, Führungskader unseres Landes, mit diesem widerlichen Thema in Verbindung zu bringen, wobei vor niemandem Halt gemacht wird. Seht einmal, wie sie den exemplarischsten Prozeß, der je geführt wurde, benutzten und ihn zu einer Quelle miserabler Lügen gegen Kuba machten, einen Prozeß, der der Welt ein Beispiel vor Augen führte, wie jegliches Anzeichen, jegliche Tendenz zur Beihilfe im Drogenhandel abzubrechen und mit der Wurzel auszurotten ist. Wir bekämpfen außerdem unermüdlich etwas auf der Welt so Verbreitetes wie die Korruption, in die kein hoher Parteikader oder Regierungsbeamter jemals verfallen darf. Es darf nicht die Utopie erstrebt werden, es gäbe keine Fälle dieser Art und Personen, die solche Fehler begehen. Im Regierungsapparat des Landes wird gegen diese Fehler ein beharrlicher Kampf geführt und sie werden niemals bei einer politischen Führungsfigur oder einem hohen Regierungsbeamten geduldet werden. Dieser Schützengraben darf nie verlorengehen (Beifall). Da haben wir ein Beispiel, bei dem das State Department, das die Wahrheit über diese Angelegenheit und außerdem über unseren Protest aufgrund jener Beschlagnahme in Kolumbien kennt, behauptete - laut dieser Nachricht - "daß es keinen Zusammenhang zwischen der Drogenladung und der Regierung des kubanischen Präsidenten Fidel Castro gab". Es ist anzuerkennen, daß diese Aussage des State Departments objektiv und ehrlich war. Gut, ich fahre fort mit den Nachrichten, denn sie zeigen am besten, wie die Verschwörung von Tag zu Tag eingefädelt wurde. Merkt Euch, daß wir im letzten Drittel des Monats Mai angefangen haben und jetzt schon beim 7. Juli angelangt sind. An eben jenem 7. Juli wurde in einer Nachricht von AFP, aus Washington kommend, festgestellt: "Der republikanische Senator Dan Burton legte dem US-amerikanischen Kongreß einen Gesetzentwurf vor, um Kuba als 'Hauptstaat des Drogenhandels' zu erklären, angesichts des Verdachts, daß die Regierung der Insel Komplize des Drogenschmuggels in die Vereinigten Staaten ist." Eine Nachricht von EFE, die am 13. Juli in Washington veröffentlicht wurde, lautet das ist eine andere Nachricht -: "Drei US-amerikanische Kongreßabgeordnete kubanischer Abstammung - zwei Republikaner und ein Demokrat - haben heute die Vereinigten Staaten der 'Hehlerei mit der Castro-Tyrannei und des Menschenhandels' angeklagt, neben dem
Drogenhandel, der Geldwäsche und 'einer Reihe von gesetzwidrigen Geschäften'. Sie haben diese Anschuldigungen erhoben, weil sie der Meinung sind, daß die Regierungen von Washington und Havanna die Auswanderung von Kubanern in die Vereinigten Staaten zum wirtschaftlichen Vorteil Castros antreiben. Ileana Ros-Lethinen und Lincoln Díaz Balart, republikanische Abgeordnete für den Bundesstaat Florida, sowie Robert Menéndez, demokratischer Abgeordneter für New Jersey, brachten heute ihren Verdruß über 'die Regierung von Bill Clinton wegen all der Entscheidungen, die sie zugunsten der Regierung Kubas trifft', zum Ausdruck. Die Mitglieder des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten sprachen mit der Presse, nachdem sie mit Vertretern des State Departments, des Justizministeriums und der Küstenwache eine Besprechung über die letzten Zwischenfälle mit kubanischen Bootsflüchtlingen vor der Küste von Florida geführt hatten." Sie waren dort mit den Vertretern der Regierung zusammengekommen. Bei jeder Kleinigkeit empfangen sie sie mit allen Ehren und legen vor ihnen für alles Rechenschaft ab. In dieser Nachricht hieß es weiter: "Die drei kritisierten sehr hart die für eine Gruppe von Mitgliedern der Handelskammer der Vereinigten Staaten erteilte Genehmigung, als Teil der Politik Washingtons, den Kontakt von Mensch zu Mensch zwischen diesem Land und Kuba zu fördern, die Insel zu besuchen." Die Regierung ergreift bestimmte Maßnahmen gemäß einem Traum und Ratschlägen, die ihr das bekannte Foreign Relations Council aus New York gegeben hatte und die besagten, die Politik zu ändern und etwas anderes zu tun, da es viel einfacher wäre, die Revolution auf anderem Wege zu zerstören. Das ist der Ursprung, der nicht neu ist und bereits im Torricelli-Gesetz erwähnt wird, Kontakt zu Kontakt, viele Beziehungen von Volk zu Volk, der kubanische Staat und die Regierung existieren nicht. Sie haben sogar in einer subtilen Weise empfohlen, Geld zu schicken, was eigentlich darauf hinauslief, daß jeder US-Amerikaner einen Kubaner kauft. Da es aber so viele US-Amerikaner gibt, während wir etwas über 10 Millionen Kubaner sind, können sie damit nur erreichen, den Preis eines Kubaners zu erhöhen, denn auf jeden Kubaner kommen 27 US-Amerikaner. All dies ist bekannt. Man hat über diese Politik und andere Taktiken gesprochen, die besagen, daß man die Idee aufgeben solle, das Land durch die Blockade zu ersticken. Im Gegenteil, man sollte Einfluß nehmen, korrumpieren, die Revolution isolieren und von innen zerstören. Es sind zwei Vorgehensweisen mit dem gleichen Ziel, aber die friedliche Weise ist immer beliebter als die andere, obwohl wir genau wissen, was mit jeder angestrebt wird. Die Mafia kritisiert dieses Konzept der gegenwärtigen Regierung äußerst hart, d.h. die Förderung des Kontakts von Mensch zu Mensch. Sie wollen nicht, daß irgendjemand diese Insel besucht. Sie sind gegen Migrationsvereinbarungen, gegen Antidrogenvereinbarungen, absolut gegen jede abweichende Taktik bezüglich Kubas und gegen jegliche abweichende Initiative, was auch immer die Absicht und das Interesse der US-Regierung sei. Sie plädieren schlichtweg immer für extremistische Maßnahmen und das Provozieren eines Konfliktes, sogar eines Krieges, vor allem in den letzten Monaten, als sie von den Ereignissen in Jugoslawien angespornt wurden. Sie träumen davon, daß dieses Land einer ähnlichen Operation unterworfen wird. "Der Kongreßabgeordnete" - fährt die Nachricht vom 13. Juli fort - "schlug vor, daß Washington Kuba mit der Verhinderung der Einfuhr von Erdöl auf die Insel und andere Druckmittel bedrohen müßte, um die Manöver von Castro zu bremsen." Schaut, wie löwenhaft oder katzenhaft die Absichten der Manöver sind, die wir hier gerade aufdecken. "Lincoln Díaz Balart behauptete, daß 'es letztlich zwischen den USA und Kuba'" hört gut zu - "'eine Interessenkonvergenz zwischen linksgerichteten Ideologen gibt, die von Samuel Berger (Berater für Nationale Sicherheit) vom Weißen Haus aus und von den kapitalistischen Fettwänsten angeführt wird'." Schaut Euch das an, das ähnelt der Sprache eines herausragenden Schülers der Parteischule "Ñico López": "Interessenkonvergenz zwischen linksgerichteten Ideologen, die von Samuel Berger
vom Weißen Haus aus und von den kapitalistischen Fettwänsten angeführt werden". Am folgenden Tag, dem 14. Juli, berichtet AFP aus Washington: "Gegen Castro eingestellte republikanische Kongreßabgeordnete aus den USA warnten an diesem Mittwoch das Weiße Haus, daß jede Zusammenarbeit mit Kuba im Kampf gegen Drogen ihrer Meinung nach eine Verletzung der USamerikanischen Gesetzgebung darstelle." Sie bedrohen sie in der Tat fast mit dem Gefängnis. "In einem an den Präsidenten Bill Clinton gerichteten Brief bitten der Vorsitzende des Komitees für Internationale Beziehungen des Senats, Jesse Helms, und sein Amtskollege aus dem Repräsentantenhaus, Ben Gilman, den Präsidenten darum, jeden US-amerikanischen Beamten anzuweisen, die Übermittlung von Information an Havanna bezüglich des Luftverkehrs im Rahmen der Antidrogenzusammenarbeit zu unterlassen. Die Übermittlung dieser Art von Information würde die US-Beamten einer strafrechtlichen Haftung aussetzen, und zwar aufgrund des Abschusses von Zivilflugzeugen von Seiten der Kubaner", erklären die Kongreßabgeordneten. Zu diesem Zeitpunkt war bereits eine intensive Publicity-Kampagne entfesselt worden. Am 22. Juli - schaut gut auf das Datum - veröffentlicht die Tageszeitung Diario de las Américas unter dem Titel "Drogenhändler trug die Ausgaben der infiltrierten kubanischen Spione" den folgenden vom Journalisten Santiago Arocha gezeichneten Artikel: "Die Personen, die im vergangenen September vom FBI in Miami festgenommen und der Spionage für Kuba angeklagt wurden, erhielten Geld von einem von der USJustiz verurteilten Drogenhändler, wie aus Dokumenten des Bundesgerichtshofs des Süddistrikts von Florida hervorgeht, die sich im Besitz von Diario de las Américas befinden." Schaut, wie sie das Thema des Drogenhandels mit dem Prozess gegen eine Gruppe von Bürgern kubanischer Herkunft vermischen, die der Spionage für Kuba angeklagt wurden, womit sie einen großen Skandal veranstalteten. Während meines Aufenthalts in Porto sprach ich über das Thema in einem langen CNN-Interview, das vom ganzen Volk verfolgt werden konnte. Jetzt, genau in diesem Moment, versuchen sie, den Fall mit einer angeblichen Finanzierung dieser Bürger durch einen Drogenhändler zu vermischen. Sie erfinden und versuchen, Spionage mit Drogen zu vermischen, um die Öffentlichkeit zu empören, zu erschrecken und zu täuschen und um die USRegierung einzuschüchtern. Als sie den Spionageskandal entfesselten, wurde die kubanische Position mit aller Klarheit und Objektivität dargelegt. Sie kamen auf die Idee, jene Episode als Teil ihrer Kampagne in das Thema des Drogenhandels einzupflanzen. Der Artikel fährt fort: "Zur selben Zeit, als sie die Geldmittel einer Person akzeptierten, die für die Einfuhr von 150 Kilogramm Kokain verurteilt worden war, kritisierten die Agenten in ihren Mitteilungen an Havanna die 'gesellschaftlichen Laster und gewaltigen Deformationen der Vereinigten Staaten'." Es ist wirklich nichts ungewöhnliches, wenn irgendjemand dort von gesellschaftlichen Lastern und gewaltigen Deformationen spricht, denn diejenigen, die wie die Eigentümer der USA handeln, haben das "Little Havana" von Miami in ein Sodom und Gomorrha verwandelt. Schließlich - und das ist sehr wichtig - veröffentlicht der Miami Herald am 23. Juli, also vor drei Tagen, einen von dem bekannten Juan O. Tamayo gezeichneten Artikel mit dem Titel "Die Verbindungen Kubas mit den Drogenhändlern werden untersucht". Der Artikel beginnt wie folgt: "Die Regierung von Bill Clinton ordnete eine minutiöse Untersuchung der vermuteten Verbindungen Kubas zum Drogenhandel an, und zwar als Reaktion auf die scharfen
Kritiken, die ihr aufgrund ihrer Anstrengung zur Verbreiterung der Zusammenarbeit mit der Regierung der Insel bei der Bekämpfung der besagten Operationen entgegengebracht wurden. Gemäß den Verlautbarungen von hochrangigen Regierungsquellen besteht der Schlüsselaspekt der Untersuchung in 'einer Durchsicht aller Geheimdienstquellen' oder der Wiederüberprüfung aller Daten bezüglich Kubas, über die ein halbes Dutzend von Regierungsbehörden der USA verfügen, von der Drug Enforcement Administration (DEA) bis zur CIA. Sie erklärten zudem, daß getrennt davon das Justizministerium darum gebeten wurde, die Beweise zu überprüfen, die ein Bundesuntersuchungsschwurgericht im Jahr 1993 sammelte, das fast Anklage gegen den Bruder von Fidel Castro erhoben hätte". Das fast Anklage erhoben hätte! Sich bei diesem Thema auf Raúl zu beziehen oder irgendeine Beschuldigung gegen einen Mann zu erheben, der so wohlbekannt ist für seine Rechtschaffenheit während seines gesamten politischen und revolutionären Lebens, ist schlichtweg abstoßend. "Ebenfalls bat man die Anwälte des Außenministeriums darum, die Frage in Erwägung zu ziehen, ob der Transit von Drogen zu Wasser oder im kubanischen Luftraum ausreicht, um Kuba auf die Liste derjenigen Staaten zu setzen, die wichtige Punkte für den Handel mit Drogen sind, die für die USA bestimmt sind, das heißt auf die sogenannte 'Hauptliste'. Die Untersuchung, deren Abschluß man für Oktober erwartet" - merkt Euch das, die Untersuchung, deren Abschluß man für Oktober erwartet - "hat die jüngsten Anstrengungen der US-Regierung zur Verbreiterung der Kontakte mit der Regierung von Fidel Castro bezüglich der Unterbrechung des Drogenhandels, was auch ein in diesem Monat stattgefundenes und nie vorher dagewesenes Treffen zwischen USamerikanischen und kubanischen Beamten einschloß, zum Stillstand gebracht". Das bedeutet, daß diese Typen mit ihrem Skandalgehabe, ihrem Geschrei und ihrer Anmaßung beginnen, die Regierung zu destabilisieren, die sehr gut wissen muß, was sie macht, und die sehr gut, ja überaus gut, über die Realitäten Kubas informiert sein muß. Sie könnte wirklich einige der mit ihnen verbündeten Staaten fragen, was sie über Kuba in bezug auf die Drogenproblematik wissen. Ah, aber jene beginnen sofort mit einem Geschrei und einer Erpressung, um Druck auf den US-Präsidenten auszuüben und ihn zum Zögern zu bringen, damit er irgendeinen Schritt unternimmt, und sei es auch nur eine Ermittlung, eine Untersuchung, die aus dem abermaligen Wälzen von Papieren besteht, so daß also etwas, das von wirklicher Wichtigkeit für die US-Gesellschaft ist, mindestens bis Oktober warten muß. Klar, ich verstehe, wir verstehen es sogar, denn der Wahlkampf hat Vorrang, das politische Ränkespiel ist immer zugegen, die Stimmen von diesen und jenen, in diesem und jenem Bundesstaat, vor allem dann, wenn sie eine Präsidentschaftswahl entscheiden können, denn ein Bundessaat wie Florida stellt so viele Stimmen bei der Präsidentschaftswahl, so viele Prozentpunkte, und es ist überaus wichtig, in einem der großen Bundestaaten zu gewinnen. Rechnungen und noch mehr Rechnungen. Und diese Rechnungen beginnen die Politiker von dem Tag an aufzustellen, an dem sie davon träumen oder an die Idee denken, das Präsidentenamt anzustreben. Es sind eine Unmenge von Interessen politischer Ränkeschmiede im Spiel. Ich kann nicht von Politikern sprechen, denn Politiker ist für uns ein anständigeres, mutigeres, saubereres und transparenteres Konzept. Doch das gilt nicht für sie, denn sie sind Sklaven ihrer eigenen Demagogie und ihrer eigenen Methoden. Als Antwort auf das Geschrei sagt die Regierung : "Bleibt ruhig, wir sind eure standhaftesten und innigsten Freunde", und daraufhin stoppt sie das, was sie machen wollte. Sie haben sich entschieden, einige Beamte zu schicken, wenn auch nur zwecks Erkundung und anfänglichen Kontakten. Sie wissen, was die Zusammenarbeit Kubas bedeutet, sie kennen Kuba und die Menschen Kubas, sie kennen sie gut. Es ist das einzige Land der Welt, das fähig war, einen Ausnahmefall in 40 Jahren Revolution aufzuklären, bei dem Personen mit wichtigen Funktionen in
Angelegenheiten des Drogenhandels verwickelt waren. Das wissen sie sehr gut. Und dieses Verhalten Kubas ist etwas, was den USA, der US-amerikanischen Gesellschaft, den Kindern, Heranwachsenden und Jugendlichen, die Opfer des Drogenhandels sind, sehr gut behagt und nützlich für sie ist. Ah, nein, es gibt Dinge, die für die Politiker sehr viel wichtiger sind, nämlich die Wahlstimmen hier und dort, einen Posten als Kongreßabgeordneten oder Senator etc., etc.. Das ist die Wahrheit. Diese Nachricht bedeutet also, daß all das selbstverständlich die Anstrengungen des Versuchs einer Zusammenarbeit zum Stillstand gebracht hat. Das alles habe ich dem Kongreßabgeordneten, der uns besuchte, vorausgesagt, als ich sagte: "Es ist eine Dummheit, daß aus Angst vor dem Geschrei aus Miami keine ernsthafte Vereinbarung getroffen wurde." Ich sagte es Anfang Juni voraus, und schaut Euch die Dinge an, die im Juli passiert sind. Jetzt kommt etwas Interessantes: Am selben 23. Juli erhält unsere Interessenvertretung in Washington einen vom Büro des Senators Helms abgesendeten Umschlag mit der Kopie eines von ihm und dem Kongreßabgeordneten Benjamín A. Gilman an den Präsidenten Bill Clinton gerichteten Briefes vom 13. Juli 1999, der wie folgt beginnt: "Werter Herr Präsident: Wir schreiben Ihnen in bezug auf die an Kraft gewinnende Idee, daß es möglich sein könnte, daß die USA mit dem Castro-Regime in Kuba in Fragen des Kampfes gegen die Betäubungsmittel zusammenarbeitet. Herr Präsident, wir übertragen niemandem unsere Pflicht, darauf zu drängen, daß die Vereinigten Staaten alle ihre Bemühungen ausschöpfen, um die Invasion illegaler Drogen aufzuhalten. Trotzdem hoffen wir im Fall Kubas, daß die besagte Zusammenarbeit zu etwas mehr dient als dazu, dem Castro-Regime zu erlauben, die Aufmerksamkeit von der Tatsache abzulenken, daß seit Anfang 1980 hohe Funktionäre des Castro-Regimes wiederholt beim Bundesgericht der Vereinigten Staaten angeklagt wurden, Verschwörungen zu unternehmen, um illegal Kokain in die USA einzuführen. Trotzdem hat dieser Brief eine spezifischere Absicht. Wir wurden von Beamten des State Departments und der Küstenwache darüber informiert, daß sie den kubanischen Behörden regelmäßig Nachforschungsdaten bezüglich von verdächtigen Flugzeugen, die sich dem kubanischen Territorium näherten, zukommen ließen. In der Tat wissen wir, daß diese Institutionen die Einrichtung von direkten telefonischen Verbindungen mit dem Castro-Regime mit dem Ziel vorgeschlagen haben, diese Daten so schnell wie möglich der kubanischen Gegenseite zu übermitteln. Uns scheint es hingegen, daß dieser Austausch von Informationen Grund zu ernsthaften Besorgnissen gibt, und zwar ausgehend von einer Analyse der in den Vereinigten Staaten anwendbaren Strafgesetze, die in dem vom Beisitzenden Generalstaatsanwalt Walter Dellinger dem Stellvertretenden Generalstaatsanwalt Jamie Gorelick vorgelegten Memorandum vom 17. Juni 1994 definiert werden." Im Folgenden fahren sie auf drei langen Seiten mit demagogischen Argumentationen, Spitzfindigkeiten und Lügen fort, um abschließend in schlauer und drohender Weise folgendes zu erklären: "Wir würden Ihnen danken" - sagen sie dem Präsident -,"wenn Sie jede der Aktivitäten eines Informationsaustausches mit dem Castro-Regime überprüfen und eine Erklärung darüber abgeben, welche Tätigkeiten gemäß den Bestimmungen des Dellinger-Memorandums nicht verboten sind. Wir hoffen, daß Sie den USamerikanischen Beamten die Anweisung erteilen, davon abzulassen und darauf zu verzichten, diese Information mit dem kubanischen Regime zu teilen, bis Sie die Garantie dafür übernehmen, daß die Beamten nicht das Risiko eingehen, einer gemeinschaftlichen strafrechtlichen Haftung zu unterliegen." An diesem selben 23. Juli veröffentlicht El Nuevo Herald die Nachricht über die Wiederüberprüfung oder Neuuntersuchung der Geheimdienstquellen, denn diese
Zeitung brachte eine Nachricht heraus, die sie unbesteitbar kannte aufgrund ihrer Beziehungen zur konterrevolutionären kubanischen Mafia, die eng mit der extremen Rechten im US-Kongreß verflochten ist. Es ist kein Zufall, daß an diesem selben Tag der Umschlag mit der Kopie des Briefes in unserer Interessenvertretung ankam, denn auch wenn er am 13. Juli unterzeichnet und an Clinton gesendet worden war, wurde er nach dem 20. Juli beantwortet, womit sie etwas erreicht hatten, nämlich die Paralysierung der Schritte, die die US-Regierung für einen effizienteren Kampf gegen den Drogenhandel gegangen war. Jegliche Entscheidung in diesem Sinn verschoben sie um einige Monate. Es geschah das, was immer - ich habe es Euch bereits erklärt - angesichts jeglicher ernsthafter und konstruktiver Initiative der USRegierung geschieht. Es beginnt das Geschrei, die Hysterie und die Erpressung einer Mafia, die handelt, als wäre sie die Besitzerin der Vereinigten Staaaten, wobei sie damit versöhnerische Gesten erreicht, welche die Entscheidung zur Einleitung einer korrekteren und den Interessen der USA angemesseneren Politik schwächen und hinauszögern. Hier habe ich zwei andere Sachen. Am 25. Juni zum Beispiel, einen Monat nach der Veröffentlichung der Artikel in der Washington Post, präsentierte der Kongreßabgeordnete Rangel einen Gesetzentwurf, der an das Komitee für Auswärtige Beziehungen weitergeleitet wurde. Dieser Entwurf schlägt vor, "dem Direktor des Büros für die Nationale Politik der Drogenkontrolle die Genehmigung zu erteilen, mit Vertretern der kubanischen Regierung in Verhandlungen mit dem Ziel einzutreten, Maßnahmen zu ergreifen, um die Zusammenarbeit zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten im Bereich des Drogenverbots zu erweitern." Im ersten Abschnitt dieses Gesetzesvorhabens wird neben anderen Punkten folgendes ausgeführt: "Der illegale Konsum von Drogen ist ein Problem der nationalen Sicherheit, das alle Regionen, wirtschaftlichen Gruppen, Rassen und Religionen in den USA betrifft. "Das mit dem rechtswidrigen Konsum von Drogen im Zusammenhang stehende Verbrechen kostet die Wirtschaft der Vereinigten Staaten nicht weniger als 5 Milliarden Dollar jährlich. "Nicht weniger als 30% der in die USA eingeführten illegalen Drogen werden über die Karibik transportiert. "Die Bewegung der illegalen Drogen über die Karibik kann nicht ohne die Kooperation der kubanischen Regierung aufgehalten werden. Zahlreiche Behörden der Vereinigten Staaten, die damit beauftragt sind, das Gesetz durchzusetzen, haben die Notwendigkeit bekräftigt, die Zusammenarbeit mit den kubanischen Behörden in dieser Materie zu verstärken." Es waren kaum sieben Tage seit der Präsentation dieses Gesetzentwurfs vergangen, als Herr Burton - der von trauriger Bekanntheit ist -, Kongreßabgeordneter für den Bundesstaat Indiana, in seinem Namen und in dem des Herren Gilman einen anderen Gesetzentwurf präsentierte, der folgendes vorschlägt: "Die Bestimmung festzulegen, daß Kuba ein Transitland für Drogen gemäß den im Abschnitt 490 (h) des Gesetzes von 1981 über Externe Hilfe beschriebenen Zwecken ist. Dies soll vom Senat und dem Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten, die im Kongreß versammelt sind, zu einem Gesetz gemacht werden." Der Abschnitt 1 dieses Entwurfs legt fest, daß "auf dieses Gesetz als Gesetz von 1999 über den illegalen Handel von kubanischen Drogen Bezug genommen werden kann". Auf eine sehr verschlagene, zynische und sogar konfuse Art und Weise, so daß es mehr einer windigen Intrige als einem Gesetz ähnelt, legt der Gesetzentwurf eine "Ausnahme" fest: "Der Unterabschnitt a) tritt nicht in Kraft, wenn der Präsident auf der Grundlage von schlüssigen Beweisen bestimmt, daß kein substantieller Anteil der etwa 7,2 metrischen Tonnen Kokain, die am 3. Dezember 1998 in Cartagena, Kolumbien, beschlagnahmt wurden, dazu bestimmt waren, direkt oder indirekt über Kuba in die USA transportiert zu werden."
An diesem selben 1. Juli legt ein Abgeordneter des Repräsentantenhauses namens Smith, ein Ultrakonservativer aus New Jersey - wo sich Torricelli, Bob Menéndez und eine ganze Kaserne der Cosa Nostra befinden - zur gleichen Zeit in seinem Namen und dem der Frau McKinney einen Entwurf für ein Zusatzgesetz vor, das als Änderung des Gesetzentwurfs über die Genehmigung der Ausgaben des State Departments für das Haushaltsjahr 2000 konzipiert war. Er schlägt vor, in den besagten Gesetzentwurf die folgende Änderung einzufügen: "Abschnitt 202. Bericht über den illegalen Handel von kubanischen Drogen. Vor dem Ablauf von 90 Tagen ab dem Datum der Bekanntmachung des vorliegenden Gesetzes und jeweils 180 Tage danach hat der Außenminister dem entsprechenden Komitee des Kongresses einen nicht geheimen Bericht mit einem geheimen Anhang über das Ausmaß des illegalen Handels von internationalen Drogen von Kuba aus, über Kuba und über Kuba hinweg vorzulegen. Diese Berichte müssen das Folgende beinhalten: 1) Die Information über das Ausmaß, in dem die kubanische Regierung oder jeglicher Funktionär, Angestellter oder jegliches Unternehmen der kubanischen Regierung an dem besagten Handel teilgenommen, diesen ermöglicht oder ihn toleriert hat. 2) Das Maß, in dem die entsprechenden Institutionen der US-Regierung besagte Aktivitäten der kubanischen Regierung oder jeglichen Funktionärs, Angestellten oder Unternehmens der kubanischen Regierung untersucht und bewertet hat. 3) Eine Feststellung, ob die Regierung Kubas in die Liste der als Länder des illegalen Handels mit wichtigen Drogen angesehenen Nationen aufgenommen werden sollte." Zusammengefaßt: Am 25. Juni präsentiert Herr Rangel, der Kongreßabgeordnete für New York, seinen Gesetzesentwurf zugunsten der Zusammenarbeit mit Kuba im Kampf gegen die Drogen, und am 1. Juli legen die drei Kongreßabgeordneten Burton, Gilman und Smith, die eng mit der Kubanisch-Amerikanischen Nationalstiftung verbunden sind, die mit beträchtlichen Mitteln ihre Wahlkampagnen finanziert, besonders diejenigen der beiden ersteren, zwei Gesetzentwürfe vor, einen davon in Form einer Änderung eines drängenden Gesetzes über die Bewilligung von Ausgaben, wobei sie sich auf absolute Lügen und zynische Argumente und Vorgehensweisen stützen, die plumpe Rechtshindernisse gegenüber jeder Form der Zusammenarbeit beim Kampf gegen die Drogen festlegen. Wenn die Verbündeten der kubanisch-amerikanischen Mafia, die Experten in juristischen Kniffen sind, wollen, daß etwas schnell über die Bühne geht, präsentieren sie es nicht als einen unabhängigen Gesetzentwurf, der lange Verfahrenswege und Zeit braucht, sondern greifen auf die Form der Änderung eines wichtigen Gesetzes zurück, das schnell verabschiedet werden muß, und oftmals haben eine große Anzahl von Kongreßabgeordneten die Angewohnheit, diese Gesetze zu verabschieden, ohne sie zu lesen, da sie extrem ausführlich und vollgestopft mit Details sind. Schauen wir nun, was die Regierung macht. Jedermann versteht, daß dieses Land ein Chaos ist, voll von Widersprüchen. Auf der einen Seite wird ein konstruktiver Gesetzentwurf vorgelegt, und sofort legen die Mafia und ihre Verbündeten zwei Entwürfe vor, wobei sie zudem den Mechanismus der Gesetzesänderung benutzen. Rangel präsentiert in würdiger und aufrichtiger Weise seinen Entwurf als unabhängigen Entwurf, während die anderen auf den althergebrachten und schlecht angesehenen Trick der Gesetzesänderungen zurückgreifen. Nachdem man all den von ihnen begangenen Unsinn, den Brief der Herren Helms und Gilman an den US-Präsidenten und die weiteren von mir hier erwähnten Dinge analysiert hat, kann man ermessen, mit wieviel Unmoral, Falschheit und Demagogie in den Vereinigten Staaten die gegen unser Land gerichteten Gesetze und Gesetzesänderungen durchgesetzt werden. Kuba ist heute ohne Zweifel aufgrund seiner geographischen Lage der strategischste Punkt in der Hemisphäre für den Kampf gegen den Drogenhandel.
Der Kanal der Bahamas ist aufgrund seiner Nähe zu den Küsten der USA zu einer bevorzugten Zone für die Drogenhändler geworden, um ihre Drogenladungen an die Küsten jenes Landes zu bringen. Die Flugzeuge lassen ihre Ladungen über den Gewässern in der Nähe dieser Route fallen, wo sie von Schnellbooten aufgelesen werden, die mit drei kräftigen Motoren ausgestattet sind und sich mit fast 100 Stundenkilometern bewegen. Ähnliche Operationen werden zwischen Schiffen mit mittlerer Frachtkapazität und Schnellbooten durchgeführt. Diese entkommen fast immer, genauso wie diejenigen, die mit Migranten handeln. Deshalb haben die Aktivitäten des internationalen Drogenhandels in diesem Gebiet in der letzten Zeit einen Aufschwung erfahren. Im ersten Halbjahr des Jahres 1999 betrug das Gewicht der Drogenpakete, die an der Nordküste Kubas längs dieses Kanals ankamen, mehr als 4.539 Kilogramm das sind diejenigen, die auf dem Wasser trieben und an den Küsten angeschwemmt wurden -, was einen Anstieg um 60% im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Jahres 1998 bedeutet, womit in der halben Zeit die im gesamten letzten Jahr gemäß diesem Konzept beschlagnahmten 4.484 Kilogramm übertroffen wurden. Schaut, was das für eine Steigerung ist auf welche Weise die Drogenhändler diese Region als bevorzugte Zone in der Karibik ausgewählt haben. Von Cayo Confites im Norden Kubas aus sieht man den Leuchturm von einer der Inseln der Bahamas. Eine wirklich effiziente Kontrolle dieser ganzen langen Route kann nur in enger Zusammenarbeit mit Kuba gewährleistet werden. Hier habe ich einen Bericht von 41 Seiten mit relativ kleiner Schrift und einzeiligem Abstand, der von der Nationalen Antidrogenabteilung und der Führung der Grenzschutztruppen verfaßt wurde, in dem die wichtigsten von kubanischen Stellen in den 90er Jahren bearbeiteten Fälle des internationalen Drogenhandels aufgezählt sind. Es sind 41 Seiten, auf denen Monat für Monat und Jahr für Jahr jede Aktion aufgeführt ist, viele von ihnen im Norden Kubas. Kein Land hat jemals das gemacht, was wir gemacht haben, und keines hat mit größerer Selbstlosigkeit agiert. Und wir freuen uns darüber, denn dies scheint mir ein guter Moment zu sein, da wir die akreditierten Diplomaten eingeladen haben, unter ihnen die Freunde der USA in Europa und an anderen Orten, damit sie einen Eindruck von dem Ausmaß an Vernunft bekommen, der vielen politischen Führungspersönlichkeiten in jenem Land geblieben ist, dem Ausmaß an Ethik, gesundem Menschenverstand und sogar an Patriotismus, der ihnen bleibt. Hier sind sie, diese Dinge sind unerschütterlich und wir diskutieren sie überall, an allen Orten, mit wem auch immer. Es gibt kein Land mit mehr Moral und das fähiger ist, seine Wahrheit zu verteidigen (Beifall). Es gibt kein Land, das bei der Konfrontation mit den Fallen, Bosheiten, Verschwörungen, Dummheiten, Anmaßungen und Übermachtbestrebungen in seiner Haltung mehr Transparenz an den Tag gelegt hätte. Keiner der gegen Kuba gerichteten erwähnten Vorschläge erschreckt uns im geringsten. Uns erschreckt nicht einmal die Nachricht, daß ein Meteorit direkt auf die Erde zugerast kommt (Beifall). Vor langer Zeit schon hat unser Volk gelernt, nichts und niemanden zu fürchten. Ich möchte mit der folgenden Erklärung schließen: Indem sie eine Vereinbarung zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten über den internationalen Kampf gegen die Drogen, wie sie bereits gegen den Handel mit Migranten besteht, sabotieren, werden der Senator Helms, die Kongreßabgeordneten Burton, Gilman, Smith und andere der 10 oder 12 mit der Kubanisch-Amerikanischen Nationalstiftung in Verbindung stehenden Abgeordneten objektiv zu den größten Verbündeten des Drogenhandels. Das ist die Realität. Gegen wen ist das gerichtet? Wem schadet es? Wen beschädigt es? Auf sie fällt ein hoher Grad an Verantwortung für die Hunderten von Tonnen der verschiedensten Drogen, die in die Hände von Millionen von US-amerikanischen Heranwachsenden und Jugendlichen oder von Personen geraten, die unter der schrecklichen Geißel der Droge leiden. Ein großer Teil dieser Drogen könnte mittels einer ernsthaften,
verantwortlichen und effizienten Zusammenarbeit zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten abgefangen werden. Wenn ich mich wie sie von der Frustration und der Dummheit leiten lassen würde, würde ich sagen, daß sie Geld von den Drogenhändlern erhalten. Trotzdem denke ich mit Gelassenheit, daß es die Demagogie ist, gemeinsam mit den niederträchtigen politischen Interessen und dem Haß auf ein Volk, das sie nicht bezwingen konnten und das sie mit ihrem Wirtschaftskrieg und ihren völkermörderischen Gesetzen zerstören wollen, die sie zu solchen Gemeinheiten treibt (Beifall). McCaffrey ist ein Berufssoldat, bei dem man Kenntnisse in Taktik und Strategie annehmen kann. Es hat nichts Seltsames, daß er mit Logik reagiert, als er begreift, daß man keine Schlacht gewinnen kann, wenn man eine so verletzbare Flanke hat und die Hände auf den Rücken gebunden sind, wenn man in diese Richtung arbeiten will. Er muß auch verstehen, wie es bereits viele intelligente Menschen in den USA zu erkennen beginnen, daß diese Insel sich nach der Zerstörung der Revolution und der moralischen Werte, die diese dem Land vermittelt hat - etwas, was außerdem unmöglich ist -, in das weltweit gefährlichste Zentrum für Korruption, Glücksspiel, Drogenhandel und Kriminalität verwandeln würde, also in etwas viel Schlimmeres als das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche System, das von der extremen Rechten in den USA so sehr verabscheut wird und das inmitten eines grausamen und unerbittlichen politischen und ökonomischen Krieges von Seiten des mächtigsten Imperiums, das jemals existiert hat, fähig war, unserem Volk in seinem Kampf die volle Unabhängigkeit, Gesundheit, Bildung, Kultur, Würde, Bewunderung und weltweite Solidarität zu geben (Beifall). Man lasse das fast einstimmige Votum bei den Vereinten Nationen gegen die Blockade Kubas für sich sprechen. Fürs erste haben es die Mafia aus Miami und ihre rückschrittlichsten Verbündeten im Schoß des Kongresses mit der Untersuchung, mit der sie die Regierung beschenkt hat - deren Resultate man bereits im Voraus kennt, denn die Institutionen, die mit dieser unnützen Aufgabe betraut sind, müssen aus Gründen der Selbstachtung die Wahrheit sagen -, geschafft, daß etwas für die US-amerikanische Gesellschaft so Nützliches, Unverzichtbares und Vorteilhaftes wie die Zusammenarbeit beim Kampf gegen den internationalen Drogenhandel sich um Monate verzögert. Es ist sicher, daß diese Institutionen sich aufgrund ihres eigenen beruflichen Prestiges nicht von Phantasiemärchen und skrupellosen Erfindungen in Schwierigkeiten bringen lassen. Es gibt in bezug auf diese 40 Jahre nicht einmal den Kopf einer Stecknadel, an dem sie sich festhalten können. Sie müssen ihre eigenen Schlußfolgerungen ziehen. Ich glaube nicht, daß die Regierung Druck auf sie ausüben wird, denn sie war daran interessiert, bezüglich dieses Aspekts etwas Positives, Konstruktives und für das US-amerikanische Volk Nützliches zu unternehmen. Wenn man eine ernsthafte Kooperation herstellen würde, könnte man sogar die Drogenmengen quantitativ erfassen, die abgefangen werden könnten. Das ist das einzig Mögliche. Diese Insel hat eine Länge von mehr als 1.200 Kilometern und befindet sich zwischen dem Kanal von Yucatán und der Meerenge, die sie von Haiti trennt. Dieses Land stellt den einzigen Punkt dar, von dem aus man wirklich die internationalen Gewässer und ihre Hohheitsgewässer im Süden der ausgedehnten Bahamas-Inseln kontrollieren kann, die sich aufgrund ihrer Nähe zur US-Küste für die Aktivität der Drogenhändler geographisch mehr anbieten, wenn wir auch nicht nur im Kampf gegen den auf die USA gerichteten Drogenhandel kooperieren, sondern im allgemeinen Kampf der internationalen Staatengemeinschaft und mit allen Ländern, mit denen wir Vereinbarungen zum Kampf gegen den Drogenhandel in jegliche Richtung unterzeichnet haben. Wem kommt es zugute, wer gewinnt und wem wird wirklich geschadet? Uns fügen sie Schaden zu, ja, das habe ich bereits gasagt, und zwar mit den angeschwemmten Drogenpaketen. Doch wir ergreifen Maßnahmen, arbeiten mit den Fischern und den Küstenbewohnern zusammen und
fordern sie zur Kooperation auf. Es ist eine intensive Arbeit, doch unser Land ist ein organisiertes und diszipliniertes Land, und die Masse antwortet immer. Mit ihr zusammen begegnen wir jetzt einem anderen delikaten Problem, nämlich der Verschwörung der Mafia, um die Migrationsvereinbarungen zu zerstören. All das hat seine Folgen und wir wissen sehr gut, was sie beabsichtigen und auf was sie zielen. Sie zielen auf einen Konflikt zwischen den USA und Kuba. Das ist schlicht und einfach ihre Hoffnung, ihre Illusion, als einzige Form, eine Revolution zu zerstören, die niemand jemals zerstören kann. Erinnert Euch an das, was Maceo demjenigen sagte, der es wagen würde, sich Kuba zu bemächtigen. Was würde er in Empfang nehmen? (Ausrufe: "Den Staub seines blutgetränkten Bodens, wenn er nicht vorher im Kampf fällt!") Den Vaterlandsverrätern ist alles egal, sie und diejenigen, die sie immer unterstützt haben, träumen und unterschätzen Kuba, wie sie es so oft getan haben. Seit 40 Jahren unterschätzen sie unser Land. Sie unterschätzten es, als sie glaubten, daß sie uns mit verdeckten Kriegen demoralisieren würden, und sie unterschätzten es, als sie glaubten, daß sich das Volk kurz nach ihrer Landung in Girón erheben würde, und sie hielten nur kurze Zeit durch, denn das Volk selbst zerschmetterte sie. Sie unterschätzten unser Land, als sie glaubten, daß die Revolution nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Blocks und der Auflösung der UdSSR zusammenbrechen würde, und hier haben sie sie, und vereint mit ihr dieses hartnäckige und mutige Volk, das sich an diesem 26. Juli versammelt hat, um des 46. Jahrestages des Moncada-Überfalls zu gedenken (Beifall). Ein so ernsthafter und einfacher Schritt wie der, den die konterrevolutionäre Mafia kubanischer Herkunft und ihre Verbindungsleute im US-Kongreß zu sabotieren versuchen, bringt vielleicht mehr als ein Großteil der 17 Milliarden Dollar, die die Vereinigten Staaten jedes Jahr im Kampf gegen die Drogen ausgeben. Hoffentlich können die 50% der Wahlberechtigten in den Vereinigten Staaten, die darauf verzichten, ihre Stimme abzugeben, davon Kenntnis erhalten und dies berücksichtigen. Eines Tages wird das US-amerikanische Volk das volle Bewußtsein über diese Realitäten erlangen. Kuba setzt unerschütterlich seinen Vorwärtsmarsch auf dem Weg fort, den jener unvergeßliche 26. Juli 1953 bereitet hat (Beifall).
Fidel 3. August 1999 Das Wesentliche aus den Äußerungen des Präsidenten des Staatsrates der Republik Kuba, Fidel Castro Ruz, am 3. August 1999 in Matanzas zu der seit 40 Jahren durch die Vereinigten Staaten zu Ungunsten Kubas geförderten illegalen Emigration Nachdem ich in Cienfuegos einige Minuten den Panamerikanischen Spielen gewidmet hatte, äußerte ich mich zu zwei grundlegenden Themenkreisen: der Klage gegen die Regierung der Vereinigten Staaten wegen Personenschäden und der Bekämpfung des weltweiten Drogenhandels. Hier in Matanzas will ich nun zu einem überaus wichtigen Thema sprechen, und zwar über die seit 40 Jahren zu Ungunsten Kubas von den Vereinigten Staaten geförderte illegale Emigration. Vor dem Sieg der Revolution kam es sehr selten vor, daß die Botschaft der Vereinigten Staaten kubanischen Staatsbürgern Visa zur Auswanderung in dieses Land erteilte, die ein ökonomisch begründeter Wunsch Hunderter Millionen Menschen in aller Welt war, einschließlich Millionen Europäern, die von den materiellen Gütern und dem Lebensstandard eines Landes angezogen wurden, das aus dem Zweiten Weltkrieg intakt als das reichste und mächtigste der Welt hervorgegangen war, nach zwei großen Kriegen in weniger als 25 Jahren, die beide Male den Rest der Weltwirtschaft verwüsteten.
In den Jahren zwischen 1945 und 1959 waren für einen Kubaner die legalen Formalitäten zur Auswanderung in die Vereinigten Staaten langwierig und äußerst rigoros. Wer das Land illegal unter Verletzung seiner Gesetze betrat, den erwartete unweigerlich die Ausweisung oder das Gefängnis. Keiner hat es gewagt. Wer in der Zeit des kalten Krieges und des McCarthyismus auch nur den geringsten Verdacht erregte, Kommunist oder ein fortschrittlicher Mensch zu sein - dazu brauchte man nur einmal die Lohnforderungskämpfe oder den Gedanken an eine Agrarreform unterstützt zu haben - erhielt das Visum nie. Mit dem revolutionären Sieg am 1. Januar 1959 wurde alles anders. Die ersten, die illegal das Land zu verlassen begannen, waren die Mörder, Schergen, Folterer, Veruntreuer und Diebe der gestürzten Diktatur Batistas, die dort eine luxuriöse Zufluchtstätte fanden. Seitdem wurde die hindernislose Einreise in die Vereinigten Staaten all jener, die Kuba unter irgendeinem Vorwand illegal verließen, zur Regel. Sobald es sich herausstellte, daß in Kuba eine wirkliche Revolution stattgefunden hatte und nachdem die ersten revolutionären Gesetze erlassen worden waren, kam es zum massenhaften Exodus der Großbourgeoisie. Die Häuser in den Stadtteilen Vedado, Miramar, Tarará und anderen Luxusvierteln der Hauptstadt, die von ihnen verlassen worden waren, übernahm der revolutionäre Staat. Zehntausende junger Bäuerinnen aus den ländlichen Gegenden und, nach der Alphabetisierungskampagne im Jahr 1961, Hunderttausende von Internatsschülern einfacher Herkunft weilten in den ersten zehn Jahren der Revolution in diesen zu Schülerheimen umgestalteten Residenzen. Dank dieser Entscheidung konnte den Kindern aller Familien des Landes Unterricht erteilt werden, bis dann die Revolution Tausende von neuen schulischen Einrichtungen für Ganztags- und Halbtagsschüler, Sonderschulen und Kindergärten bauen konnte. Es muß jedoch klargestellt werden, daß nicht eine einzige Familie jener Großbourgeoisie, solange sie im Land ansässig war, weder aus ihrer Residenz vertrieben noch ihr das Bankkonto gesperrt wurde, das gelegentlich siebensstellige Zahlen auswies. Nie hat die Revolution eine legale Ausreise aus dem Land in die Vereinigten Staaten oder irgendein anderes Land verhindert. Doch haben die Regierungen der Vereinigten Staaten ihrerseits stets die illegale Ausreise stimuliert. Das Visum war keine erforderliche Formalität mehr, um in die Vereinigten Staaten einreisen zu dürfen, und zwar ganz ausnahmslos. Nicht einmal das polizeiliche Führungszeugnis oder irgendein begangenes Delikt waren von Bedeutung. Nicht eine Person wurde nach Kuba zurückgeschickt. Die Aussage, man sei gegen die Revolution oder gegen den Sozialismus, den Kommunismus, oder man werde politisch verfolgt, war ausreichend. Die Kategorie des Emigranten verschwand ebenfalls aus dem auf die Bürger unserer Heimat angewandten Wortschatz. Von dem Zeitpunkt an wurde jeder Kubaner, der irgendwo auf der Welt lebte, als Asylant bezeichnet. Ein seltsames Beispiel von Verbannten und politisch Verfolgten, die fast ausnahmslos Kuba besuchen, so oft sie es wünschen. Auf diese Weise wurden in den ersten Jahren der Revolution die Möglichkeiten der legalen Auswanderung aus Kuba genutzt, ja sogar mißbraucht, denn es wurden sogar 14.000 kubanische Kinder von den Vereinigten Staaten praktisch entführt, als konterrevolutionäre Gruppen, die von Anfang an von den Organen des Nachrichtendienstes jenes Landes organisiert wurden, durch illegalen Druck und Verbreitung falscher Gesetzentwürfe die falsche, infame und kriminelle Nachricht verbreiteten, die elterliche Sorge werde abgeschafft. Das führte zu Panikausbrüchen in zahlreichen Familien der Mittelschichten, die eingeschüchtert ihre Kinder versteckt und ohne jedes Visum mit den gleichen legalen und regulären Fluggesellschaften, die Direktflüge in die Vereinigten Staaten durchführten, ausflogen. Dort, getrennt von ihren Eltern, wurden sie in Heime, ja sogar in Erziehungsanstalten für Minderjährige gebracht. Diese Tatsachen müssen unbedingt ins Gedächtnis zurückgerufen werden. Eines unseligen Tages Ende 1962 stellte die Regierung der Vereinigten Staaten urplötzlich die Linienflüge und die legale Ausreise aus dem Land ein.
Hunderttausende verloren jegliche Bindung zu ihren in den Vereinigten Staaten lebenden Angehörigen, darunter die Eltern, die ihre Kinder aufgrund der genannten Befürchtungen dorthin geschickt hatten. Es blieb nun lediglich das illegale Verlassen des Landes, das gleichzeitig als Teil der schmutzigen Propaganda gegen die Revolution und den Sozialismus mit allen Mitteln stimuliert wurde. Diese Politik führte zu aufeinanderfolgenden Migrationskrisen. Im Februar 1963 gab die Kennedy-Regierung der illegalen Ausreise eine starke zusätzliche Anregung. Sie gab bekannt, daß die direkt von der Insel in die Vereinigten Staaten einreisenden Kubaner als Flüchtlinge aufgenommen werden, während über Drittländer Einreisende als Ausländer gelten und den USamerikanischen Migrationsbeschränkungen unterworfen werden. Die erste Antwort auf diese willkürliche und abträgliche Politik gab die Revolution am 28. September 1965 mit der Vorbereitung des Hafens von Camarioca in Matanzas, damit die in den USA lebenden kubanischen Familien unter Benutzung eigener oder gemieteter Seetransportmittel ihre Angehörigen abholen konnten, die die Ausreisegenehmigung der kubanischen Behörden besaßen. Die Befehle der USBehörden mißachtend, fanden sich in diesem kleinen Hafen annähernd 1.000 Schiffe aus den Vereinigten Staaten ein. Trotz der Tatsache, daß nicht einmal diplomatische Beziehungen noch Interessenvertretungen bestanden, kam es zwischen beiden Ländern zu Verhandlungen und am 6. Dezember jenes Jahres wurde ein Verständigungsmemorandum erzielt, das eine Luftbrücke von Varadero in die Vereinigten Staaten festlegte, die von Januar 1966 bis April 1973 genutzt wurde. Alle, die den Wunsch zur Emigration äußerten, erhielten die diesbezügliche Genehmigung - mit Ausnahme einiger qualifizierter und als unentbehrlich geltender Personen für die Zeit der Ausbildung ihrer Ersatzpersonen und mit Ausnahme der in den Streitkräften und den Einrichtungen des Ministeriums des Innern früher oder bis vor kurzem ihren Dienst ableistenden Bürgern. 260.000 Personen konnten sich ihren Wunsch der Emigration in die Vereinigten Staaten geordnet und sicher erfüllen und Zehntausende Familien konnten sich wieder vereinen. Ungeachtet dessen wurden die illegalen Auswanderungen von den USA weiterhin stark angespornt. Sie wurden fortgesetzt, denn die über die Luftbrücke Reisenden benötigten ein Visum, und nicht jeder erhielt es. Die US-amerikanischen Behörden trafen eine Auswahl und versuchten, soviel wie möglich Ärzte, Krankenschwestern, Dozenten, Lehrer und andere Absolventen der Hoch- und Ingenieurschulen aus dem Land herauszuholen. Dort, in dem reichsten und mit dem höchsten Entwicklungsstand der Welt ausgestatteten Land, erhielten sie das ihrer Qualifikation entsprechende Gehalt, das unvergleichlich höher war als die Entlohnung in einer eben erst unabhängig gewordenen und noch dazu unterentwickelten Neokolonie, arm und unerbittlich blockiert von jenem mächtigen Land, zu dem sie seit Beginn des Jahrhunderts ihre wesentlichsten volkswirtschaftlichen, finanziellen und kommerziellen Beziehungen unterhielt. Doch das Land hielt unerschütterlich diesem Raub an qualifiziertem Personal stand, und unter kolossalen Anstrengungen im Bildungswesen nahm es die Aufgabe in Angriff, die abgeworbenen Kader durch neue zu ersetzen und ihre Zahl um ein Vielfaches zu erhöhen. Zusätzlich zu der die illegale Emigration stimulierenden Kennedy-Verfügung von 1963, bestätigten der im Kongreß versammelte Senat und das Repräsentantenhaus den sogenannten Cuban Adjustment Act, der am 2. November 1966 von Präsident Johnson unterzeichnet wurde und den folgenden exklusiven und speziellen Status festlegte: "Der Generalstaatsanwalt kann für jeden (in Kuba) gebürtigen Ausländer oder kubanischen Staatsbürger oder jeden, der geprüft und zugelassen oder sich nach dem 1. Januar 1959 in den Vereinigten Staaten unter der Bedingung des Ehrenworts aufhält und für denjenigen, der selbst mindestens zwei Jahre lang in den Vereinigten Staaten gelebt hat, nach seinem Ermessen und gemäß den von ihm festgelegten Regelungen den Status des gesetzlich zugelassenen Ausländers mit ständigem Wohnsitz bestimmen..."
Dieses sehr allgemein gehaltene und verwirrende Gesetz und einige spätere Fortschreibungen zielten auf eine Destabilisierung und Zerstörung der kubanischen Revolution und dienten als Grundlage der automatischen Erteilung des ständigen Aufenthaltsrechts ein Jahr nach Betreten US-amerikanischen Bodens für jeden, der Kuba illegal verlassen hatte. So etwas ist keinem anderen Land der Welt jemals gewährt worden. Wäre man auch mit den anderen Ländern Lateinamerikas und der Karibik so verfahren, gäbe es heute viel mehr Bürger all jener Länder in den Vereinigten Staaten als gebürtige US-Bürger. Nicht zu denken, was geschehen wäre, hätte man diese Maßnahme auf die restliche Welt angewandt. Unter solchen Umständen war es nach dem Ende der Luftbrücke unvermeidlich, daß sich früher oder später eine neue Migrationskrise einstellte. Zu der kam es 1980, als eine Situation ähnlich der von Camarioca entstand; doch diesmal war es im Hafen von Mariel. Ausgerechnet während der Amtszeit des Präsidenten Ronald Reagan war von Vertretern der Regierungen Kubas und der Vereinigten Staaten das zweite Migrationsabkommen ausgehandelt und am 14. Dezember 1984 unterschrieben worden. Dem Wortlaut des veröffentlichten Kommuniqués entsprechend schlossen die Verhandlungen mit der Annahme von "Beschlüssen zur Normalisierung der Migrationsverfahren zwischen beiden Ländern und zur Beendigung der anormalen Situation, die sich seit 1980 ergeben hatte. Seine wesentlichen Punkte: - Die Vereinigten Staaten beginnen mit der Wiederaufnahme der Erteilung bevorrechtigter Einreisevisa für in Kuba ansässige kubanische Staatsbürger, in einem Umfang bis zu 20.000 jährlich, besonders für Verwandte ersten Grades von US-amerikanischen Staatsbürgern oder von Kubanern mit ständigem Wohnsitz in den Vereinigten Staaten. -Die US-amerikanische Seite brachte ihre Bereitschaft zum Ausdruck, in Zusammenarbeit mit den kubanischen Behörden sämtliche Maßnahmen durchzusetzen, die erforderlich sind, um abzusichern, daß den in Kuba ansässigen kubanischen Staatsbürgern, die in die Vereinigten Staaten emigrieren möchten und die nach US-amerikanischem Recht ein Einreisevisum erhalten dürfen, die Einreise in dieses Land gewährt wird, bei maximaler Auslastung der Anzahl von 20.000 Einwanderern jährlich." Man beachte den nächsten Abschnitt des Kommuniqués. -"Die Vereinigten Staaten erteilen weiterhin Visa an in Kuba ansässige Bürger in deren Eigenschaft als Eltern, Ehegatten und ledige Kinder unter 21 Jahren von USamerikanischen Bürgern, wobei diese nicht in der oben genannten jährlichen Anzahl der Einreisevisa enthalten sind." Das heißt, es wurde gesagt, daß die Zahl von 20.000 weit überschritten werden könnte durch die Angehörigen derer, die bereits die US-amerikanische Staatsbürgerschaft besaßen. -"Kuba akzeptiert die Rückführung jener kubanischen Staatsbürger, die 1980 vom Hafen Mariel aus gekommen und für eine legale Einreise in die Vereinigten Staaten als nicht wählbar erklärt wurden. Dies sind insgesamt 2.746 Personen und ihre Namen stehen auf einer bestätigten Liste. -...Die Rückführungen erfolgen zu je 100 Personen pro Kalendermonat." Das Abkommen enthielt außerdem 3.000 Visa jährlich für "Personen, die nach Verbüßen ihrer Strafe wegen Aktivitäten, die die Strafgesetzgebung in Kuba als 'Delikte gegen die Sicherheit des Staates' bezeichnet, aus der Haft entlassen wurden und einen ständigen Aufenthalt in den Vereinigten Staaten wünschen." Diese Forderung hatte Kuba gestellt, denn wir waren der Ansicht, daß die genannten Personen bei ihren Handlungen Instruktionen der Vereinigten Staaten befolgten, weshalb diesen dann die moralische Pflicht der Visaerteilung oblag, da diese Personen wegen ihrer konterrevolutionären Aktivitäten und im Dienste einer fremden Macht in unserem Land auf starke Ablehnung stießen und ihre Neuintegrierung in die Gesellschaft schwierig war. Die Gesamtzahl kubanischer Auswanderer schien ausreichend. Obwohl man keine
zeitliche Grenze gesetzt hatte, hätten in zehn Jahren mehr als 300.000 Personen der drei Kategorien auf legale und sichere Weise emigrieren können. Was passierte nun mit diesem Abkommen, das positiv und zweifelsohne vernünftig und gerecht war, um das Problem zu bewältigen? Hinsichtlich der Quote von bis zu 20.000 wurden 1985, dem ersten Jahr nach der Unterzeichnung, lediglich 1.227 Visa zur legalen Ausreise erteilt. In den Jahren 1986 und 1987 gab es überhaupt keine Ausreise. Die Vereinbarung war aufgehoben worden als Folge einer Reaktion, die eine unnötige und im äußersten Grade feindselige Maßnahme der Reagan-Administration in Kuba ausgelöst hatte: die Inbetriebsetzung eines subversiven offiziellen Senders, dem man mit Vorbedacht verletzend und beleidigend den Namen José Martís gegeben hatte, der der Apostel unserer Unabhängigkeit und der tiefgründigste politische Denker unseres Amerika war und der als Prophet und Visionär der erste war, der die Expansionspolitik der Vereinigten Staaten in dieser Hemisphäre auf Kosten der lateinamerikanischen Völker anprangerte. Nach der Aufhebung kam es zu erneutem Austausch und Verhandlungen zwischen den Vertretern beider Länder. Wir wollten nicht, daß die Provokation zur definitiven Aufhebung einer Vereinbarung führte, die bei strikter Einhaltung das Migrationsproblem lösen konnte. Im letzten Jahr der ReaganRegierung trat sie erneut in Kraft. 1988 wurde die Quote der 20.000 Visa ebenfalls nicht eingehalten. Erteilt wurden nur 3.472, d.h. 5,8mal weniger als vereinbart. 1989 gab es 1.631, also 12,3mal weniger. 1990 sank die Zahl auf 1.098; 18,2mal weniger. 1991 ein leichter Anstieg auf 1.376; 14,6mal weniger. 1992 sinkt sie unter 1.000. Es werden nur 910 Visa erteilt, 22mal weniger als vereinbart. 1993 lag sie ebenfalls unter 1.000, nämlich bei 964; auch x-mal weniger. Und 1994 wurden in sieben Monaten bis Ende Juli insgesamt 544 Visa erteilt. Die monatliche Anzahl belief sich also auf lächerliche 77. Auf diesen Umfang war also die eingegangene Verpflichtung, durchschnittlich 1.667 Visa pro Monat zu erteilen, geschrumpft. Keine der drei US-Regierungen der Jahre zwischen 1984 und 1994 war den Verpflichtungen nachgekommen. Man beachte, daß auch die Clinton-Regierung, die ebenfalls durch das am 14. Dezember 1984 von den Vereinigten Staaten unterzeichnete Abkommen gesetzlich verpflichtet war, nie mehr als 1.000 Visa erteilte: 964 im Jahr 1993 544 im Jahr 1994. Die einzige der drei vereinbarten Kategorien, bei der nach erneutem Inkrafttreten des Abkommens ein höherer Stand erreicht wurde, war die der zu Haftstrafen verurteilten Konterrevolutionäre und ihrer Angehörigen. Bei dieser Kategorie betrug der Erfüllungsstand in den acht Jahren der Gültigkeit des Abkommens 71,71 %, während die Jahresquote der 20.000 für die Bürger, die wünschten, in die Vereinigten Staaten zu emigrieren, nur zu 7,01 % eingehalten wurde. Und hinsichtlich der Verpflichtung, zusätzlich zu den 20.000 "Einreisevisa für in Kuba ansässige Bürger in der Eigenschaft als Eltern, Ehegatten und ledige Kinder unter 21 Jahren von US-amerikanischen Staatsbürgern zu erteilen, und zwar außerhalb der oben genannten jährlichen Anzahl von Immigranten", kann man aus den angezeigten Zahlen ableiten, daß dieser Punkt zu Null Prozent eingehalten wurde. Von der Gesamtanzahl der zu gewährenden Visa im Rahmen der Jahresquote von 20.000, die in den acht Jahren seit Unterzeichnung des Abkommens - die beiden Jahre, in denen es aufgehoben war, nicht mitgerechnet - insgesamt 160.000 ergeben müßte, wurden nur 11.222, d.h. 14,3mal weniger als vereinbart, erteilt. Obwohl uns die genaue Anzahl der Personen kubanischer Herkunft, die in mehr als 25 Jahren legaler und illegaler Emigrationen in dieses Land die US-amerikanische
Staatsbürgerschaft erwarben, nicht bekannt ist, waren nach unseren Berechnungen 200.000 Personen vom Nichterhalt eines Visums betroffen; und bezieht man die beiden Jahre der Aufhebung als Folge der Provokation durch den subversiven Sender mit ein, könnte man behaupten, daß seit der Unterzeichnung des Abkommens die Anzahl derer, die kein Visum erhielten, die 240.000 übersteigt. Die Vereinigten Staaten haben die Vereinbarungen auf spektakuläre Weise verletzt, sich über die eingegangenen Verpflichtungen skrupellos hinweggesetzt und unser Land auf erniedrigende Weise betrogen. Kuba hat seinerseits seine Verpflichtungen aus dem Abkommen haargenau erfüllt, hat die Auswanderungen ermöglicht und keinen einzigen von denen zurückgewiesen, die auf der Liste der Auszuschließenden standen und nach Kuba zurückgeführt wurden. Andererseits und trotz des im Abkommen enthaltenen feierlichen Versprechens der US-Regierung, mit dem sie ihre Bereitschaft zum Ausdruck bringt, "in Zusammenarbeit mit der kubanischen Seite sämtliche Maßnahmen durchzusetzen, die erforderlich sind, um abzusichern, daß den in Kuba ansässigen kubanischen Staatsbürgern, die in die Vereinigten Staaten emigrieren möchten und die nach US-amerikanischem Recht ein Einreisevisum erhalten dürfen, die Einreise in dieses Land gewährt wird, bei maximaler Auslastung der Anzahl von 20.000 jährlichen Immigranten", blieb der Cuban Adjustment Act, der Hauptanreiz illegaler Emigrationen, voll in Kraft. Reagan, der genügend Autorität besaß und auf breite Unterstützung des Kongresses zählen konnte, hätte dieses Gesetz nach der Unterzeichnung jener Verpflichtung, alle erforderlichen Maßnahmen für eine legale Einwanderung in die Vereinigten Staaten zu treffen, außer Kraft setzen können, aber er hat es nicht getan. Die Bush-Regierung hat es ebenfalls nicht getan. Und die Clinton-Regierung, die bis Januar 1995 die große Mehrheit im Kongreß besaß, hat sich nicht einmal für die Angelegenheit interessiert. Tatsache ist, daß in dem Maße, wie die Vereinbarungen verletzt und die Visa zur legalen Einreise in die USA von Jahr zu Jahr weniger wurden, die Anzahl der Personen jährlich stieg, die versuchten, illegal in dieses Land zu emigrieren. Es waren 2.060 im Jahr 1990 8.593 im Jahr 1991 9.584 im Jahr 1992 15.772 im Jahr 1993 und 15.067 allein im ersten Halbjahr 1994. Das sind insgesamt 51.076 Personen in viereinhalb Jahren. Davon erreichten die Vereinigten Staaten: 467 im Jahr 1990 1.997 im Jahr 1991 2.511 im Jahr 1992 4.208 im Jahr 1993 4 092 im ersten Halbjahr 1994. Das sind insgesamt 13.275. In diesem Zeitraum konnten die kubanischen Behörden auch ohne jegliche Kooperation seitens der Regierung der Vereinigten Staaten bei drei von vier illegalen Emigranten die Ausreise verhindern. Das beweist, wie ernst wir unsere Kooperation zur Normalisierung des Migrationsflusses nahmen. 1994 gelangten trotz dieser einseitigen Bemühungen Kubas 7,5 mal mehr kubanische Emigranten auf illegalem Wege in die Vereinigten Staaten als die 544 erteilten Visa der Jahresquote von bis zu 20.000 Visa, die die Vereinigten Staaten zur legalen Einreise kraft des geschlossenen Abkommens zu erteilen hatte. Die Clinton-Regierung, weit davon entfernt, zur Erfüllung der Abkommensverpflichtungen die Anregung der illegalen Ausreisen zu unterbinden, verschärfte kurz nach ihrem Regierungsantritt die Wirtschaftsblockade gegen unser Land, und das zu einem Zeitpunkt, da der Zusammenbruch des sozialistischen Lagers und die Auflösung der UdSSR für Kuba den Wegfall seiner Hauptmärkte
sowie der Hauptlieferanten von Roh- und Brennstoffen, Ausrüstungen und eines wesentlichen Teils des Getreides und anderer Grundnahrungsmittel bedeutete. Noch Monate vor seinem Amtsantritt hatte er das Gesetz des demokratischen Kongreßabgeordneten Torricelli unterstützt, das vom Kongreß der Vereinigten Staaten 1992 angenommen und am 23. Oktober jenes Jahres von Präsident Bush unterzeichnet worden war. Bereits in seiner Eigenschaft als Präsident unterzeichnete Clinton am 12. März 1996 in Anwesenheit der ranghöchsten Führungspersönlichkeiten der Kubanisch-Amerikanischen Nationalstiftung sowie deren engsten Verbündeten im Kongreß das brutale Helms-Burton-Gesetz. Das Riesenpotential von mehr als 240.000 Personen, die zehn Jahre lang auf die in den unterzeichneten Vereinbarungen vom 14. Dezember versprochenen Visa warteten, dazu der Cuban Adjustment Act, eine verschärfte Blockade und mehr als 1.000 Wochenstunden unaufhörlicher subversiver sowie Kriegs- und psychologischer Propaganda der Vereinigten Staaten zur Anregung der sozialen Unruhe, des Verbrechens und des illegalen Verlassens des Landes, all das mußte unweigerlich zu einer schweren Migrationskrise führen und tat es auch. Die vollkommene Straflosigkeit der illegal aus Kuba ausgereisten Personen und die Anreize, die ihnen in den Vereinigten Staaten zuteil wurden, führten zu Gewaltakten, Waffengebrauch und sogar zur Tötung einfacher Besatzungsmitglieder oder Wächter, um Schiffe zur illegalen Auswanderung in die Vereinigten Staaten zu entführen. Die kubanischen Behörden wurden von Anfang an angewiesen, diese geraubten oder entführten Schiffe, die von den Häfen oder der Küste mit Menschen an Bord ausgelaufen waren, nicht zu stoppen. Diese Anweisung war notwendig, um Unfälle zu vermeiden, für die sich unser Land stets verantwortlich fühlen würde. Vorher hatte es ganz präzise Anweisungen gegeben, unter gar keinen Umständen zur Verhinderung solcher Emigrationen Gebrauch von Waffen zu machen. Unser Land war nicht verpflichtet, die Küsten der Vereinigten Staaten zu hüten. Kuba, das stets die legale Emigration autorisiert hatte, war schließlich der einseitigen alleinigen Bemühungen und Verantwortlichkeit zur Bekämpfung der illegalen Emigrationen überdrüssig, da nämlich vom Bestimmungsland aus diese Emigrationen immer stärker angeregt wurden. Unsere Behörden beschränkten sich darauf, Überzeugungsarbeit bei jenen zu leisten, die es unter Einsatz ungeeigneter Mittel vorhatten. Von den Schiffen der Küstenwache aus wurden jene beobachtet, die es auf diese oder jene Art versuchten und im Notfall wurde helfend eingeschritten, bis sie sich den zahlreichen US-amerikanischen Küstenwachbooten näherten, die sie nahe der Zwölfmeilengrenze unserer Hoheitsgewässer erwarteten. Unter solchen Umständen gab es keine Alternative und so kam es zur dritten Migrationskrise.
Fidel 13. August 1999 Rede des Comandante en Jefe Fidel Castro Ruz, Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas und Vorsitzender des Staatsund des Ministerrates, anläßlich des Treffens mit Vertretern der Delegation zu den Panamerikanischen Spielen in Winnipeg, am 13. August 1999, vervollständigt durch Argumente und zusätzliche von ihm erstellte Angaben (Stenographischer Dienst des Staatsrates) Liebe Sportler! Liebe Genossen des Olympischen Komitees und des Nationalinstituts für Körperkultur und Sport! Liebe Gäste! Dieses Treffen ist zwar klein an Umfang, an der Zahl der Anwesenden, doch es ist groß an Bedeutung; und das nicht, weil ihr mir die Ehre anläßlich meines
Geburtstages erweisen wolltet, sondern weil ihr mir in erster Linie die Gelegenheit gebt, mich bei euch für diese so freundschaftliche, brüderliche und herzliche Geste zu bedanken. Wie ihr gut wißt, habe ich im Verlauf meines revolutionären Lebens, das mehr als zwei Drittel meines gesamten Lebens, vor allem nachdem uns der Sieg an die Führung des Landes gestellt hatte, meinen Geburtstag nie öffentlich gefeiert. Diesmal wurde mir gesagt, daß unsere Sportler mich zu einem einfachen Akt einladen wollten. Hier sah ich nun die Gelegenheit, euch erneut meine große Bewunderung für die Heldentaten auszusprechen, zu denen ihr fähig wart, indem ihr den Traditionen des revolutionären Sports gefolgt seid, der vor etwas mehr als 40 Jahren begann; und insbesondere eine Gelegenheit, über ein Thema zu sprechen, von dem ich meine, daß es von sehr großer Bedeutung ist, und zwar nicht von vergangenen und gegenwärtigen, sondern von künftigen sportlichen Siegen. Von den jüngsten Geschehnissen bei den panamerikanischen Wettkämpfen haben eine Reihe von Genossen ausführlich und brilliant gesprochen, und wir hatten die Gelegenheit, dies in unseren Fernsehkanälen zu verfolgen. Nicht ein Wort werde ich zu all dem sagen, was in Winnipeg vorgefallen ist. Ich ziehe etwas anderes vor, denn ich will mich zu drei Aspekten äußern, die bei der Podiumsdiskussion am Mittwoch bereits angekündigt wurden, zu zwei Punkten nur kurz und ausführlicher dann zu dem dritten Punkt. Die Genossen haben drei Dinge bekanntgegeben: Hector, der Moderator des Programms, übermittelte einige Worte, die ich ihm bei einem Gespräch gesagt hatte. Bei diesem Gespräch brachte ich zum Ausdruck, wieviel Kummer und Schmerz es uns bereitete, wenn in den aufregendsten Momenten dieser Wettkämpfe, den Momenten einer starken patriotischen Leidenschaft, eines Rieseninteresses, während der Veranstaltungen, während der beantragten Spielunterbrechungen oder zwischen den Inning die Aufmerksamkeit abgelenkt wurde durch kommerzielle Werbung in reinstem kapitalistischem Stil, in reinstem Stil der Konsumgesellschaften; etwas, zu dem es in den schlimmsten Jahren der Spezialperiode gekommen war, als die Sportveranstaltungen nicht für unsere Bevölkerung übertragen werden konnten, wenn wir keine Geldmittel durch Einsatz der Werbung beschafften, und wie ihr wißt, werden diese Übertragungen von Millionen Menschen in unserem Land verfolgt. Bei diesen besonders bedeutsamen, harten und schwierigen Wettkämpfen schmerzte uns jene kommerzielle Reklame noch mehr, da wir ausgerechnet dort in Winnipeg die unangenehmsten Folgen der Vermarktung von etwas so Sauberem wie dem Sport zu spüren bekamen. Ich sagte ihm, daß es niemals mehr eine kommerzielle Reklame im Rahmen der Übertragung von Sportwettkämpfen geben werde; daß diese Minuten für Erläuterungen, für Kommentare über die Veranstaltung, das Verhalten der Sportler und ihre Verdienste genutzt würden, um zur Bereicherung der an sich schon starken sportlichen Kultur unseres Volkes beizutragen. An zweiter Stelle gab Genosse Humberto, Präsident des Nationalinstituts für Körperkultur und Sport, bekannt, daß Kuba zur Unterstützung des Sports und der Verteidigung unseres Landes gegen jegliche Falle, jegliche Gemeinheit, jegliche Niederträchtigkeit, deren Opfer wir bei immer stärker vermarkteten Wettkämpfen werden können, sofort mit der Einrichtung eines Laboratoriums beginne. Dies geschehe außerdem zum Schutz der Ehre unserer Sportler und unserer Heimat, auch für den Fall, daß ein Sportler oder sein Trainer den Fehler beginge, sich mit einem Anabolikum-Präparat oder einer Anabolikum-Substanz Vorteile zu verschaffen. Das hat absolut nichts mit der Würde, der Ehre und der Courage unserer Sportler zu tun, mit denen wir nun schon viele Medaillen gewonnen haben. Ein gutes Laboratorium würde uns vor Zwischenfällen dieser Art Schutz bieten und den Bruderländern der Karibik, Mittel- und Südamerikas, die kein Laboratorium zur Bestimmung solcher Substanzen besitzen und sich an die hochentwickelten Länder wenden und jeden Labortest mehr als teuer bezahlen müssen, eine Hilfe sein. Mit Ausnahme der Panamerikanischen Spiele - zu diesem Zweck hatten wir einige
Laborgeräte gemietet - verfügen wir über keine derartigen Labors und müssen die Proben ebenfalls ins Ausland schicken. Wir werden dieses Laboratorium errichten, und zwar ohne hohe Kosten; denn das Wichtigste dabei sind die Techniker und Wissenschaftler, und diese haben wir in sehr großer Anzahl und von ausgezeichneter Qualität. Die Laborausrüstung wird eine moderne sein. Sie wird dazu beitragen, Kosten einzusparen, die uns gegenwärtig anfallen, und ihr Wert oder Preis kann sich progrssiv amortisieren durch Leistungen für andere Länder zu minimalen Preisen, die weit unter denen liegen, die die Labors der entwickelten und reichen Länder verlangen. Wenn ihnen auch umfangreiche finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, so besitzen wir doch ein außerordentliches Humankapital, die erforderlichen Wissenschaftler, seriöses Geschäftsgebaren und Prestige, um in unser Land volles Vertrauen zu haben, was noch wichtiger ist als ein Amortisieren der Anschaffungkosten der Ausrüstung, der ungeachtet ihrer Qualität recht angemessen sind. Wir werden gegen Gemeinheiten und Irrtümer geschützt sein, gegen beides. Wenn einer versagt, befleckt er zum Teil den Ruhm und die Verdienste aller anderen und dient als Bezugspunkt für infame und grobe Verleumdungen. Der dritte Aspekt, den ich noch nicht genannt habe - und hier werde ich mich etwas länger aufhalten - ist die an diesem Mittwoch vom Genossen Fernández, Präsident des Olympischen Komitees, am Ende der Sendung bekanntgegebene Nachricht, daß Kuba die Schlacht beginne, um irgendwann einmal Austragungsort der Olympischen Spiele zu werden; und diese Schlacht beginnen wir ab sofort, mit dem Blick auf das Jahr 2008, denn für 2004 wurde bereits Athen bestimmt. Das beklagen wir nicht im geringsten, denn dort war es ja, wo vor mehr als zwanzig Jahrhunderten die Geschichte der Olympischen Spiele ihren Anfang nahm. Dort wurden sie geboren. Wir sind der Meinung, daß zum 100. Geburtstag der 1896 erfolgten Wiedergeburt der Olympiade ihr Austragungsort Athen hätte sein müssen, gäbe es auf der Welt ein wenig Würde, Ehrenhaftigkeit und Gerechtigkeit. Jedoch wurden die Spiele in Atlanta ausgetragen, in dem reichen und mächtigen Land, wo ihre Übertragung und die Werbung noch mehr Geldmittel schaffen. So erhielten sie also zum vierten Mal in diesem Jahrhundert das Recht des Austragungsortes und verdrängten Athen, dem jedoch letztendlich Gerechtigkeit widerfuhr. Vertrauen wir darauf, daß sich noch immer in dieser Welt voller Ungerechtigkeiten letztendlich die Moral und die Vernuft durchsetzen werden. Deshalb begrüßen wir Athen als Austragungsort. Bei diesem Wettkampf werden wir mit unseren besten Sportlern, die ständig besser vorbereitet sind, dabei sein und um einen Ehrenplatz kämpfen. Dann kommen die Spiele von 2008. Ich sage, die Schlacht beginnt ab jetzt. Sie muß gestartet werden! Sie begann bereits an dem Tag, an dem unser legitimes Bestreben bekannt gegeben wurde. Das soll nicht heißen, daß es leicht sein wird, daß uns im Jahr 2008 Gerechtigkeit widerfährt, daß die Moral und die Vernunft an diesem Tag triumphieren werden. Doch wenn es uns für 2008 nicht gelingt, so werden wir es 2012 erreichen, und ich glaube nicht, daß, wenn wir gut darum kämpfen und uns weiterhin bemühen, das Jahr 2016 an uns vorbeigehen wird. Wir könnten fast behaupten, daß dieses die letztmögliche Frist ist, das gesteckte Ziel zu erreichen. Ich wollte das erläutern, damit ihr und unsere Bevölkerung erkennt, was es bedeutet, um den Austragungsort einer Olympiade zu kämpfen; eine Schlacht, die jetzt einsetzt und die sich fürs erste um den Austragungsort des Jahres 2008 dreht. Mit welchen Argumenten stellen wir unseren Antrag auf Austragung der Olympiade bereits jetzt, obwohl das offizielle Verfahren noch nicht eingesetzt hat? Ich werde es erklären, und ich glaube, daß niemand, weder in Kuba noch außerhalb des Landes, daß uns niemand auf der Welt unsere Argumente und unser Recht streitig machen kann. An erster Stelle sage ich euch, daß weder in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts, noch in der ersten, noch in irgendeiner anderen Epoche der Geschichte ein Land -
und in diesem Falle ein kleines Land der Dritten Welt, das außerdem von der mächtigsten und reichsten Macht der Erde wirtschaftlich blockiert, angefeindet, auf tausend verschiedene Arten angegriffen wird - in einer äußerst kurzen Zeitspanne so viel für den Sport getan hat und auf diesem Gebiet so viel erreicht hat wie Kuba. Das Berufssportlertum wurde abgeschafft, und der Sport, der einst ein ausschließliches Privileg minoritärer Eliten war, wurde zu einem Recht des ganzen Volkes. Dieses und das Recht, mit Würde und Prestige in der internationalen Arena zum Wettkampf anzutreten, haben wir heldenhaft verteidigt, und zwar ganz besonders an jenem Tag, da uns die Regierung der Vereinigten Staaten ganz willkürlich das Visum zur Teilnahme an einem Sportwettbewerb der mittelamerikanischen und karibischen Länder verweigerte, der in einem kolonisierten Nachbar- und Bruderland, denn nichts anderes ist ja Puerto Rico, ausgetragen wurde. Damals haben wir mit unserem Mut dieses Recht verewigt und eine wahrhaft ehrenvolle und ruhmreiche Seite geschrieben. In unserer Heimat erlangten Körperkultur und Sport einen derartigen Massencharakter wie in keinem anderen Land der Welt. Sie erfaßten die Kinder aller Altersstufen und aller Schulen des Landes, alle Jugendlichen, alle Beschäftigten und die gesamte Bevölkerung. Wer selbst nicht systematisch Sport trieb, genoß ihn als aufregende, attraktive und gesunde Darbietung. Die wenigen Seiten unserer Zeitungen reichen beispielsweise nicht aus, um über die Hunderte von Baseballmannschaften und die ständigen Spiele der Beschäftigten des Zuckersektors in sämtlichen Fabriken des Hauptzweiges unserer Landwirtschaft zu schreiben; und dabei spreche ich von nur einem Sektor und von nur einer Sportart. Kuba ist heute weltweit eines der wenigen Länder mit einer bestimmten Entwicklung in diesem Bereich, in dem es weder eine Vermarktung des Sports noch Berufssportlertum gibt. Nie ist Kuba mit ausländischen Sportlern zum Wettkampf angetreten, es hat im Verlauf von 40 Jahren ausnahmslos immer seine eigenen Sportler eingesetzt. Niemals hat Kuba einen Sportler oder ein Sporttalent abgeworben; im Gegenteil, wir haben hier Dozenten ausgebildet, Sportler, die für ihre Länder angetreten sind. An einen kann ich mich erinnern, ein junger Boxer aus Puerto Rico, der Kuba sehr zugetan war, hat hier Körperkultur und Sport studiert und sein Diplom erworben. Er war ein guter Boxer, und nach seinem Studium kehrte er in sein Heimatland zurück, um sich in das Team seines Landes einzureihen, wie es seine Pflicht war. Bei den zahlreichen internationalen Wettkämpfen der unterschiedlichsten Disziplinen, bei denen Kuba das Gastgeberland war, ist niemals ein Sportler, ein Mitglied der Delegation oder ein Journalist körperlich angegriffen worden. Ihnen ist ganz im Gegenteil alle Rücksicht und absolute Achtung entgegengebracht worden. Auch kein Sportler oder Mitglied irgendeiner Delegation ist je moralisch angegriffen oder beschimpft worden. Ein gutes Beispiel dafür war die Tatsache, daß, wenngleich die Vereinigten Staaten unser großer Gegner auf sportlichem Gebiet sind, Hunderte von US-amerikanischen Sportlern 1991 hier an den Panamerikanischen Spielen teilnahmen, und absolut niemand kann auch nur eine einzige Beschimpfung, eine einzige Beleidigung einem US-amerikanischen Sportler gegenüber anführen, trotz politischer Differenzen, ideologischer Differenzen und des enormen Unrechts, das uns die Vereinigten Staaten angetan haben. Wir sind ein Volk voller Überzeugung, ein Volk, das die Vernunft gebraucht, Träger eines hohen Bewußtseins und einer revolutionären Kultur und kein Volk blinder politischer Fanatiker. Zum Stolz für unsere Heimat und unsere Revolution hat es nie einen Bürger unseres Landes gegeben, der auch nur ein einziges Wort der Beleidigung gegen einen ausländischen Sportler oder eine Delegation geäußert hätte. Niemals ist in unserer Presse ein US-amerikanischer oder anderer ausländischer Sportler beschimpft oder verleumdet worden. Oftmals habe ich eine Volleyballmannschaft, ein Boxteam oder eine Baseballmannschaft der Vereinigten Staaten begrüßt, die in dem Sportkomplex Ciudad Deportiva oder anderen
Einrichtungen angetreten sind, und ich habe sogar hervorragende Sportler, die diese Staatsbürgerschaft besitzen, beglückwünscht. In unser Land kann jeder Sportler, welcher Nationalität er auch sei, kommen und sich ruhig und sicher fühlen, ohne daß ihn etwas beunruhigt, ohne daß so widerliche Dinge geschehen wie bei jenem Spiel, das den Ruhm der unzähligen Jahre mit ununterbrochenen Siegen in einer Sportart entscheiden sollte, die die Bevölkerung am meisten charakterisiert und erregt - denn es handelt sich nicht nur um einen Nationalsport, sondern er ist gleichzeitig sechs Monate lang Erholung und Unterhaltung für unsere Bevölkerung - ich beziehe mich auf den Baseball und hier auf das entscheidende Spiel zwischen Kuba und Kanada bei den letzten Panamerikanischen Spielen, die eben in Winnipeg zu Ende gegangen sind, als es zum 25. Out kam. Und ihr alle wißt, daß im letzten Inning eines Spieles, das 5 : 1 für eine Mannschaft steht, die eine überaus hohe Moral zeigt und deren Pitcher dominiert, das Spiel auf seinem Höhepunkt, seinem günstigsten psychologischen Moment angelangt ist, denn wenn es zum 25. Out kommt, gibt es für den Gegener nicht die geringste Chance mehr. Es folgen unverzüglich die Outs 26 und 27 und danach die Ansage: "Das Spiel ist zu Ende!", was unsere Sportreporter sogar bereits einige Sekunden vorher verkünden, bevor der Ball durch einen leichten Rolling oder einen hohen Fly in die Hände des Shortstop, des Spielers in der second Base oder des Fielders fällt: "Ein hoher Fly, er erwartet ihn. Das Spiel geht zu Ende!" So sicher ist er. Doch ich habe keinen Fly gesehen, der zum 27. Out geführt hätte. Was war dort geschehen? Eine unverschämte, geplante, bewußte und geduldete Provokation, ausgerechnet in diesem Moment, die dem Pitcher, dem Catcher und anderen Schlüsselfiguren echt abträglich war. Am Bildschirm konnten wir das Geschehen nicht verfolgen, denn der übertragende Fernsehsender des Gastgeberlandes hat nicht ein einziges Bild von dem gebracht, was dort geschah. Unsere Sender konnten nur jene Übertragung bringen, abgesehen davon, daß unsere Reporter mit ihren Kameras dort filmten. Jener Zwischenfall erschien nicht auf den Bildschirmen. Wir wußten nicht, wann der Provokateur das Spielfeld betreten hatte, noch bis zu welchem Punkt er vorgedrungen war, noch was eigentlich geschehen war. Wir bemerkten nur, daß das Spiel unterbrochen wurde und daß unsere dort anwesenden Reporter weitersprachen, doch es war nichts zu sehen. Erst danach konnte das Volk in Kuba dank unserer eigenen Fernsehkameras, mit denen die Ereignisse gefilmt worden waren, erfahren, was alles dort passiert war. Es war eine Provokation für die gesamte Mannschaft, hat sie vom Spiel abgelenkt, ihre Konzentration geschwächt. Der Catcher, der eine so wichtige Rolle spielt, mußte dort die Ehre seines Landes und seiner Fahne gegen jene plumpe Provokation verteidigen, auch der Mann an der second Base, der andere, alle. Der Pitcher, der für die Outs 26 und 27 werfen wollte, mußte 20 Minuten oder noch länger warten, was weiß ich, wie lange das Ganze gedauert hat. Die Schiedsrichter waren nahe daran, unter dem starken Druck des Managers der kanadischen Mannschaft unsere Mannschaft zu disqualifizieren, ihr den Sieg zu entreißen, während das Publikum, in dem mehrheitlich würdige Kanadier saßen, die gemeine Provokation ablehnte und uns recht gab. So kam es, daß dann ein Typ in jenem Spiel, das entscheidend war, zur Base gelangte. Verloren wir, so konnten wir den ersten Platz und auch die Teilnahme in Sydney vergessen. Eine Niederlage im vorletzten war schlimmer als eine im letzten Spiel, in deren Folge wir nicht die Fahrkarte zur Olympiade einbüßten, obwohl wir, hätten wir das letzte Spiel verloren, auch nie darüber hinweggekommen wären. (Beifall) Der Pitcher, der bis dahin Ausgezeichnetes geleistet hatte, mußte ausgewechselt werden. Das brachte zum Schluß noch mehr Ruhm ein, denn trotz dieser Auswechselung kamen die Outs 26 und 27, wir konnten sogar einige zusätzliche Outs verschenken, kamen auf 29, und sie erreichten nicht einmal die second Base, geschweige denn Home. Wir wissen es, wir wissen es recht gut. So etwas kann in unserem Land nie passieren. In vierzig Jahren Existenz unseres
Sports gibt es keinen einzigen Vergleichsfall. Die Achtung vor dem Sportler, die höchste Rücksichtnahme auf den Sportler, auf seine körperliche und moralische Unversehrtheit, die wesentlicher Bestandteil unserer besten Sporttraditionen ist, sagt viel aus über unser Land, über unser Volk, das fähig ist, mutig gegen jede Ungerechtigkeit oder Aggression unseren Sportrechten gegenüber vorzugehen und das fähig ist, dem Verdienst eines Sportlers der Gegenmannschaft Bewunderung zu zollen und Beifall zu spenden; das fähig ist, einem Sportler, der bei uns zu Gast weilt, die allerhöchste Achtung entgegenzubringen. Kuba hat eine echte und gesunde Sportkultur entwickelt. Es ist nicht leicht, ein anderes Volk zu finden, das einen solchen Stand erreicht hätte, besonders dort, wo der Sport prostituiert und vermarktet wurde und seiner Rolle als Instrument der Volksgesundheit und des Wohlbefindens des Volkes absolut keine Bedeutung beigemessen wird. Wie ihr wißt, kennt sich unser Volk, was den Sport anbelangt, in allem aus. Die Debattenklubs der Sportfans sind ein Beweis dafür, denn hier diskutieren die Strategen der verschiedensten Sportarten wie Baseball, Boxen, Volleyball und allen, die es nur geben kann. Das ist eine Realität, die wir alle kennen; das Ergebnis einer hohen Sportkultur und starken Sportleidenschaft. Die Fans kennen die Regeln besser als wir selbst. Im Verlaufe dieser vierzig Jahre haben unsere Sportler wunderschöne Seiten der materiellen Uneigennützigkeit geschrieben, haben bescheiden und einfach gelebt und der Zuneigung und Bewunderung ihres Volkes den höchsten Stellenwert eingeräumt. Aufgrund ihrer Verdienste, ihrer Werte, ihrer Dienste, die sie unserem Land erweisen; der Freude, die sie ihm bescheren; der Ruhmestaten, die sie vollbringen, haben wir eine Politik der stärkeren Betreuung des Sports und insbesondere der Sportler erwogen und sind bereits dabei, sie umzusetzen. Mir kam es einmal in den Sinn zu fragen, wie hoch unsere Einnahmen aus den Baseballstadien sind. Ihr wißt natürlich recht gut, daß der Eintrittsbetrag ein rein formeller ist. Ein Peso - Hector, du wirst es wissen -; wenn dieser in einer unserer Wechselstuben umgetauscht wird, dann erhält man dafür fünf Cents. Ich hatte nach der Höhe der Pesoeinnahmen gefragt und begriff, daß der über das Eintrittsgeld erzielte Nettobetrag - ich dachte, vielleicht könnten wir den Preis etwas anheben, um 20 oder 50 Centavos, das heißt, daß er diesem Kurs gemäß auf 7,5 Cents käme nicht ausreicht, um das Leben unserer Aktiven dieses Sports, an dem sie systematisch in der nationalen Liga beteiligt sind, so zu verbessern, wie sie es verdienen. Und natürlich wird bei uns kein Unterschied gemacht. Verbessern wir das Leben der Sportler einer Sportart, so müssen wir das aller anderen auch verbessern, denn das ist der Gerechtigkeitssinn, der in unserem Land zu herrschen hat. Allen, den Läufern, den Springern, den Pfeil-und-Bogen-Schützen, den individuellen und kollektiven Teilnehmern einer jeden Sportart, abgesehen von ihrer Popularität und Verbreitung, denn alle Sportler opfern sich auf, trainieren hart und geben ihr Bestes für das Land. Was das Land zur Verbesserung der materiellen Lebensbedingungen der Sportler tun kann, die es repräsentieren, wird stets für alle Sportarten ohne Unterschied gleich sein. Doch wir sind der Meinung - und wir sind uns dessen sehr bewußt und werden uns immer mehr bewußt -, daß der Staat mehr für seine Sportler tun muß; und wir sind bereits dabei, diese Politik umzusetzen. Ich habe einige Beweggründe angeführt, doch andere, vielleicht noch überzeugendere, wurden noch nicht genannt. Im Verlauf von 40 Jahren wurden in unserem Land mehr als 50 000 Techniker und Lehrer für Körperkultur und Sport ausgebildet, und heute sind aktiv in diesem Bereich 32 514 Techniker und Fachkräfte tätig. Kein Land besitzt eine so hohe Anzahl, wobei sich die Zahlen im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung - in Kuba sind es 2932 Techniker und Fachkräfte pro einer Million Einwohner - nicht einmal annähern. Hinsichtlich des Pro-Kopf-Anteils von Technikern, Ausbildern, Sportlehrern und anderen Fachkräften für Körperkultur und Sport stehen wir mit
einer Relation von einem pro 341 Einwohner weltweit mit Abstand an der Spitze. Man müßte sehen, wenn jemand nachforscht, wer den zweiten Platz bei diesem olympischen Wettbewerb besetzt, und man müßte sich dabei die genauen Zahlen vergegenwärtigen. Ich glaube nicht, daß die Vereinigten Staaten einer Anzahl von 800 630 Fachkräften in diesem Bereich nahekommen, die für einen Vergleich mit Kuba erforderlich wären. In den sehr reichen Ländern wird es sogar Privattrainer geben, die reiche Individuen trainieren oder fithalten. Für arme Leute werden diese selbstverständlich nie verfügbar sein. Von unseren 32 514 Technikern und Fachkräften sind die übergroße Mehrheit junge Menschen mit Hochschulabschluß, die studiert und ihr Diplom an der Hochschule für Körperkultur erhalten haben. In allen Ecken des Landes sind sie für alle Bürger, beginnend mit der Grundschule, tätig. Kuba besitzt - wie ihr wißt - ein außergewöhnliches System der Schulwettkämpfe, das in einem großen Landeswettkampf gipfelt, der eine unerschöpfliche Quelle für den hochqualifizierten sportlichen Nachwuchs darstellt. Mir ist kein anderes Land mit einem ähnlichen integralen System bekannt. Wir haben Sportförderungsschulen in allen Provinzen, in denen der Unterricht mit intensiver Sportausbildung in den verschiedensten Disziplinen kombiniert ist, sowie Zentren der Mittel- und Oberstufe mit jungen Leistungssportlern, die den Allgemeinheitsgrad von Körperkultur und Sport unter Kindern und Jugendlichen vervollständigen und zur Aufstellung von Juniorenmannschaften und Landesauswahlteams beitragen, deren Qualität bei internationalen Wettkämpfen gemessen wird. Es gibt Aktivitäten auf diesem Gebiet, die durch ihre Anmut zugleich Sport und ausgesprochene Kunst sind. Die Sportlerausbildung in unserem Land ist absolut unentgeltlich und trägt Massencharakter, denn weder für die allgemeine Grundausbildung, noch für Körperkultur und Sportausbildung werden Kosten veranschlagt. Das ist für den Charakter unserer Kinder und Jugendlichen von großem Vorteil. Der Sport verlangt Disziplin und diszipliniert das Kind und den Jugendlichen stark; lehrt es Härte, Beständigkeit, Beharrlichkeit und Mut; beeinflußt seinen Charakter, trägt zu seiner Gesunderhaltung und seiner körperlichen und geistigen Entwicklung bei. In unserem Land kann in bestimmten Disziplinen für einen Sportler, der sich besonders auszeichnet, ein persönlicher Trainer eingesetzt werden. Stellt euch vor, wieviel in den Vereinigten Staaten oder einem anderen Industrieland ein Lehrer kosten würde, der sich der Ausbildung nur eines hervorragenden Sportlers widmet; wieviel würde er diesen Sportler oder seine Angehörigen oder irgendeinen jungen Menschen kosten, der gut Tennis spielen möchte, gute Leistungen im Turnen, dem Hoch- oder Weitsprung, im Fechten, Gewichtheben oder anderen individuellen Sportarten bringen möchte, die ein konstantes Fachtraining erfordern. Mit Sicherheit betrügen diese Kosten nicht weniger als 50 000 Dollar pro Jahr. Will man die Dollarrechnung aufstellen, was in diesen Ländern die Arbeit unserer 32 514 Techniker und Ausbilder für Körperkultur und Sport kosten würde, müßte man einen Computer zuhilfe nehmen, um die reale Kostensumme dieser Leistung in einem reichen Land zu ermitteln. Das ist ein weiterer moralischer Beweggrund auf der Habenseite unseres Landes, wenn man die Leistungen Kubas bewertet, das doch über kein weiteres Mittel als den Willen, die Opferbereitschaft und das Talent seiner Söhne verfügte. Mehr noch, wir haben Trainer nicht nur für unsere, sondern auch für Sportler anderer Länder zur Verfügung gestellt. Auf der Grundlage von Berechnungen - und in diesem Fall hatte ich nicht die erforderlichen genauen Angaben -, wobei ich mich lediglich auf generelle Einschätzungen und die Anzahl der kubanischen Trainer, die in anderen Ländern kooperieren, stützte, könnten wir behaupten, daß kein anderes Land Kuba in der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Entwicklung des Sports in der Dritten Welt übertrifft. In diesem Jahr beispielsweise unterstützten allein im ersten Halbjahr Hunderte von Technikern die Vorbereitung vieler Sportler für die Panamerikanischen Spiele von Winnipeg, bei denen wir selbst antreten sollten.
Während der genannten sechs Monate leisteten insgesamt 733 kubanische Fachkräfte ihre Unterstützung in 42 Ländern der Karibik, Mittel- und Südamerikas und in Ländern anderer Kontinente. Von den 42 Ländern gehören 39 zur Dritten Welt, und in nur drei Industrieländern befand sich eine Gruppe kubanischen Fachpersonals. Mehr als 600 dieser Fachkräfte waren im Bereich unserer Hemisphäre eingesetzt und arbeiteten mit Sportlern, die mit uns in Winnipeg in Wettkampf traten. Ihr konntet miterleben, wie sogar - und Sagarra weiß das recht gut - Sarbelio, einer unserer besten Trainer, der dort sehr ehrenhaft und mit starkem Ehrgefühl seiner Pflicht nachkam, uns im Boxen in ehrlichem Kampf zwei Goldmedaillen wegschnappte. Diese beiden Argentinier - es muß gesagt werden, daß es zwei gute Sportler sind ließen im Halbfinale zwei der unseren ausscheiden und gewannen ihre Kämpfe im Finale. Ihr Trainer ist einer der meistgeschätzten, prestigevollsten und erfahrensten kubanischen Techniker. So haben unsere Fachkräfte zu handeln, die in anderen Ländern kooperieren. Bei den letzten Mittelamerikanischen und Karibischen Spielen, einem Sportereignis, bei dem Kuba eine klare Spitzenposition innehat, wurden voriges Jahr in Venezuela 17 Goldmedaillen von Sportlern erzielt, die von kubanischen Ausbildern vorbereitet worden waren. An den Panamerikanischen Spielen in Winnipeg waren 45 kubanische Fachkräfte mit Sportlern anderer Länder beteiligt, die insgesamt 26 Medaillen, davon 8 Goldmedaillen und zahlreiche hervorragende Plätze erzielten, und dies bei diesen umstrittenen Wettkämpfen, an denen die Vereinigten Staaten, Kuba und Kanada mit starken Teams vertreten waren. Wenn lateinamerikanische, mittelamerikanische, karibische oder Sportler der Dritten Welt vor uns die Medaillen gewinnen, dann müssen wir uns darüber freuen, denn das ist ein Beweis der Würde, des Ehrgefühls, der Ernsthaftigkeit und der Ehrenhaftigkeit unseres Fachpersonals. Wir könnten uns fragen, wieviele Fachkräfte zwei unendlich weitentwickelte und reiche Länder wie die Vereinigten Staaten und Kanada in diese Länder entsandt haben, um Sportler vorzubereiten, die gegen ihre eigenen antreten sollten, und wieviel hätte jene Kooperation diese Länder gekostet. Auf dem Gebiet des Sports gibt es viele Dinge, die unserem Land zur Ehre gereichen. Vor ein paar Minuten fragte ich Erick, wann er mit dem Kunstturnen begonnen hatte, und er sagte mir : "Als ich in die Schule kam, mit sechs Jahren." Nur ein junger Mensch, der mit sechs Jahren Sport zu treiben beginnt, kann fünf Goldmedaillen gewinnen, wie er sie gewann; obwohl er gar nicht antreten wollte, da er wieder mit der Lymphangitis zu kämpfen hatte, die geheilt schien, als er die Reise zu den Spielen antrat. Als ich ihn fragte, wie er damit fertig geworden sei, antwortete er mir, er sei erneut mit Antibiotika behandelt worden und sein Zustand habe sich gebessert. Fast bis zuletzt glaubte er, nicht am Wettkampf teilnehmen zu können, daß er lediglich dort sein werde, um den Kameraden Mut zu machen. Seht einmal, wie anständig dieser Sportler ist. Ich hatte gehört - die Wettkampfübungen habe ich nicht gesehen - daß der Kanada vertretende georgische Kunstturner begünstigt worden war, und einige meinten, daß er begünstigt worden war, und so frage ich Erick: "Erick, wie war dieser Wettkampf? War er sauber?" Er sagt: "Ja, er war sauber." Er hat am Barren gesiegt und hatte, wenn vielleicht auch nicht mit so vielen Punkten wie die, die er erhielt, einen Vorsprung, doch er hat diese Medaille sauber gewonnen. Das ist ein echtes Beispiel eines anständigen Sportlers. Ich war meine Zweifel los und ich habe mich gefreut. Ich hätte es gern gesehen, wenn er die sechs Goldmedaillen gewonnen hätte. Mit fünfmal Gold und einer Silbermedaille hat er die meisten Goldmedaillen dieser Spiele gewonnen. Dieses Jahr wird Kuba möglicherweise erneut eine Anzahl von über 1000 im Ausland kooperierenden Sportfachkräften verbuchen können, wie es schon 1998 der Fall war. Viele Länder bereiten sich auf die Olympiade vor. Die Beispiele, die ich nannte, im Zusammenhang mit der Arbeit unserer
Sportausbilder, geben diesen ein starkes Prestige. Dazu ergänzend will ich sagen, daß in nur sieben Jahren, von 1992 bis 1999, mehr als 5000 kubanische Techniker und Fachkräfte in Aberdutzenden der sogenannten Entwicklungsländer ihren Dienst leisteten und die Entwicklung des Sports unterstützten. Ich weiß nicht, ob irgendein anderes Land dasselbe von sich sagen kann. Unser Fachpersonal hat weltweit zur Entwicklung des Sports beigetragen, und zwar gerade dort, wo die Völker nicht über die wirtschaftlichen Ressourcen verfügen, und ausgenommen einige ganz außergewöhnliche Fälle, war es im wesentlichen in Ländern der Dritten Welt eingesetzt. Und welche waren nun in unserem eigenen Land die sportlichen Ergebnisse der Anstrengungen dieser Jahre? Ich habe hier ein Blatt, nur ein Blatt, mit Angaben zu den Olympischen Spielen, das zentrale Thema, über das ich argumentiere, und der Gegenstand unseres Antrages. Also: In diesem Jahrhundert, das nächstes Jahr zu Ende geht - von 1900 bis zum Jahr 2000 -, haben nur drei Olympiaden nicht stattgefunden: eine nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges, und zwar die von 1916, und zwei während des Zweiten Weltkrieges, 1940 und 1944. Beide Male fanden sie zwei oder drei Jahre nach dem Krieg wieder statt. Mit der nächsten Olympiade in Sidney sind es 23 Austragungsorte, die im Verlauf von 100 Jahren vergeben wurden. Frankreich erhielt ihn zweimal: in den Jahren 1900 und 1924; die Vereinigten Staaten viermal: 1904, 1932, 1984 und 1996; England zweimal: 1908 und 1948; Schweden 1912; Belgien 1920; Holland 1928; Deutschland zweimal: 1936 und 1972; Finnland 1952; Australien zweimal: 1956 und 2000; Italien 1960; Japan 1964; Mexiko 1968, Kanada 1976; die Sowjetunion 1980; Südkorea 1988; Spanien 1992. Wie man sehen kann, wurden in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts im Zuge der Vermarktung des Sports und der Abkehr vom Amateursport in einem Zeitraum von nur zwölf Jahren, zwischen 1984 und 1996, der Austragungsort der Olympischen Spiele zweimal, fast nacheinander, an die Vereinigten Staaten vergeben. Ihr wißt, wie es bei diesen Wettkämpfen zugeht. Finden sie in Tokio statt, muß das Programm mit der Uhrzeit der Vereinigten Staaten abgestimmt werden, um höhere Einnahmen durch die Werbung abzusichern. Bei den attraktiveren Wettkämpfen überwiegt stets die Uhrzeit, die für das US-amerikanische Publikum am günstigsten ist, ganz egal um welchen Austragungsort es sich handelt. Bei uns bestünde natürlich dieses Problem nicht, denn wir haben mehr oder weniger die gleiche Zeit. Gesamtzahl: 23 Olympiaden in diesem Jahrhundert, einschließlich der des Jahres 1900. Nun gut, 13 dieser 23 Olympiaden hatten ihren Austragungsort in Europa d.h. 56,5 % der Olympiaden; 5 fanden in den Vereinigten Staaten und Kanada statt, also 21,7 %; 4 in den am weitesten entwickelten und reichsten Ländern Asiens und Ozeaniens; 2 - einschließlich der nächstes Jahr stattfindenden - in Australien; eine in Japan und eine in Südkorea, 17,3 %; und eine dieser 23 in einem Land Lateinamerikas, einem der reichsten und wirtschaftlich und industriell am weitesten entwickelten Länder unserer Region: die Olympiade von 1968 in Mexiko, was 4,3 % der Austragungsorte ausmacht. Darüber freuten wir uns sehr, und das nicht nur aufgrund seiner Eigenschaft als iberoamerikanisches Land, sondern auch aufgrund seiner traditionellen Politik der Freundschaft zu Kuba gegenüber einer allgemeinen Feindseligkeit gegen unser Land, die die Vereinigten Staaten von der Südgrenze Mexikos bis nach Patagonien überall schüren konnten. Insgesamt fallen auf Europa, die Vereinigten Staaten und Kanada 78,2 % der Austragungsorte der Olympiaden unseres Jahrhunderts. Fügt man hier noch die der reichsten Länder Asiens hinzu, dann sind es 95,6 % der vergebenen Austragungsorte. Der kleine verbleibende Rest fällt auf das erwähnte lateinamerikanische Land. Hieran ist zu sehen, wieviel "Gerechtigkeit" es auf dieser Welt gegeben hat. Die Kehrseite der Medaille: Die Karibik, Mittelamerika und Südamerika mit insgesamt 403,7 Millionen Einwohnern - laut offiziellen Angaben des
Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen vom Dezember 1998 - sind niemals Austragungsort einer Olympiade gewesen. Afrika mit 778,5 Millionen Einwohnern ist niemals Austragungsort einer Olympiade gewesen; China mit 1,255 Milliarden Einwohnern ist niemals Austragungsort einer Olympiade gewesen. Eine Gruppe asiatischer Länder, die Kolonien waren und heute nach sozioökonomischer Entwicklung streben und dafür kämpfen, deren Gesamteinwohnerzahl 3,398 Milliarden beträgt, sind niemals Austragungsort einer Olympiade gewesen. Mit Ausnahme Mexikos, das, wenngleich es in der Weltwirtschaft den fünfzehnten Platz einnimmt, aufgrund seiner großen Bevölkerungszahl geringere Pro-KopfEinkommen zu verzeichnen hat, sind 16 der reichsten Länder der Welt mit insgesamt 1,0737 Milliarden Einwohnern Austragungsorte von hundert Prozent der 23 Olympischen Spiele dieses Jahrhunderts gewesen. Auf die gesamte Dritte Welt mit 4,718 Milliarden Einwohnern, also dem 4,4fachen jener 16, entfallen null Prozent der Austragungsorte dieser Spiele. Keinem dieser Länder ist jemals dieses Recht zugebilligt worden. Vertiefen wir dieses Thema und betrachten es von einem anderen Blickwinkel aus, so sehen wir, daß nur den reichsten und am weitesten entwickelten Ländern, die alle Mitglied der OECD sind, der Institution, die die reichsten und entwicklungsstärksten Länder der Welt zusammenfaßt, im Verlaufe des Jahrhunderts das Privileg des Austragungsortes der Olympischen Spiele zukam. Eine Ausnahme bildet die Sowjetunion, die zwar nicht zur OECD gehörte, doch als 1980 Moskau der Austragungsort einer Olympiade war, war das Land eine industrialisierte Macht und unendlich reich. Fünf der reichsten Länder der OECD: die Vereinigten Staaten, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Australien mit einer Gesamteinwohnerzahl von 491,5 Millionen, was 8,3 % der Weltbevölkerung entspricht, waren Austragungsort von 12 Olympischen Spielen, also 52,2 % der 23 durchgeführten Spiele. Unter diesen reichen OECD-Ländern waren es die G-7-Staaten, die die reichsten von allen sind und fast 70% des weltweiten Bruttosozialprodukts erreichen, die bei der Vergabe des Austragungsortes der Olympischen Spiele besonders privilegiert wurden. In fortschreitender Reihenfolge erinnern wir daran, daß sie an Italien einmal vergeben wurden, an Japan einmal, an Kanada einmal, an Frankreich zweimal, an England zweimal, an Deutschland zweimal und an die Vereinigten Staaten viermal, so daß diese Gruppe von nur sieben der reichsten Länder Europas, Nordamerikas und Asiens dreizehnmal den Austragungsort der Spiele zugesprochen bekamen. Wer entscheidet über die Vergabe des Austragungsortes von Olympischen Spielen? Das Internationale Olympische Komitee (IOC). Sind alle Länder Mitglieder des IOC? Nein! Kein Land ist Mitglied des IOC. Das IOC nominiert in Gegenwart der Nationalen Olympischen Komitees, gemäß seinen Kriterien und seinem absolut freien Ermessen, eine Anzahl von Personen, die es repräsentieren und die sich gegenwärtig auf 104 beläuft. Das sind diejenigen, die Sitz und Stimme im IOC erhalten, und zwar ab dem Moment, in dem sie bestimmt werden und diesem Komitee beitreten. Sie repräsentieren im IOC weder die Nationalen Olympischen Komitees noch ihre Herkunftsländer, sondern sie repräsentieren das IOC in ihrem Herkunftsland und gegenüber dem Nationalen Olympischen Komitee. Es gibt nicht in allen Ländern IOC-Vertreter. Im Gegenteil, die Mehrheit der Länder haben keine IOC-Vertreter. Es gibt auf der anderen Seite nicht wenige Fälle von Ländern, die über zwei oder mehr IOC-Vertreter verfügen. Natürlich sind das die Länder, die am meisten Einfluß auf die Entscheidungen dieser Institution haben. Diejenigen zum Beispiel, die Olympische Spiele ausgetragen haben, verfügen mindestens über zwei und manchmal über drei IOC-Vertreter, die als Vollmitglieder dieses Gremiums an den grundsätzlichen Entscheidungen beteiligt sind. Wir haben bereits über die außergewöhnlichen Privilegien gesprochen, die die entwickeltsten und reichsten Länder in der Internationalen Olympischen Bewegung genießen. Die große Mehrheit der restlichen Länder verfügen weder über einen IOC-
Vertreter noch haben sie die Möglichkeit, gegenüber dem IOC ihre Kriterien und Ansichten vorzutragen oder ihre Interessen auszudrücken mittels eines solchen Vertreters, der in der Regel ein angesehener Bürger ist, der mit dem Sport verbunden ist oder ein Liebhaber desjenigen Sports ist, der in dem Land ausgeübt wird, in dem er seine Repräsentationsaufgaben wahrnimmt. Die Länder, die innerhalb des IOC das größte Gewicht haben, koordinieren ihrerseits Positionen und erarbeiten gemeinsame Politikansätze. Das momentane Bild sieht wie folgt aus: Es gibt 200 Nationale Olympische Komitees und nur 79 davon haben Vertreter, die auch IOC-Mitglieder sind. 21 von ihnen sind zweifach oder dreifach in diesem Komitee vertreten, das heißt, daß sie dort über eine größere Anzahl von Stimmberechtigten verfügen. Die anderen 58 haben einen einzigen Repräsentanten, der in Wirklichkeit das IOC in dem Land und das Land im IOC vertritt. 121 Länder haben keinen IOC-Vertreter. Von den 42 Ländern mit Nationalen Olympischen Komitees in unserer Hemisphäre verfügen 22 über keinen IOC-Vertreter. Selbstverständlich haben die Vereinigten Staaten drei - wenn man Puerto Rico miteinbezieht, ein besetztes Territorium und ihre Kolonie, das einen IOC-Vertreter hat - und Kanada zwei IOC-Vertreter. Von den 53 Staaten Afrikas verfügen 40 über keinen Vertreter im Internationalen Olympischen Komitee. Von den 57 Staaten Asiens und Ozeaniens haben 36 keine Vertretung im Internationalen Olympischen Komitee. Wie man leicht erraten kann, stellt Europa mit seinen 48 Staaten 47 IOC-Vertreter, und zwar besonders aufgrund der Tatsache, daß viele europäische Länder zwei oder mehr IOC-Vertreter haben, womit sie einen Anteil von 45,2 % unter den 104 IOC-Mitgliedern mit Stimmrecht erreichen. Drei kleine europäische Staaten, nämlich Luxemburg mit 417 000 Einwohnern und 2586 Quadratkilometern Fläche, Monaco mit 32 000 Einwohnern und 1,81 Quadratkilometern Fläche und Liechtenstein mit 31 300 Einwohnern und 157 Quadratkilometern Fläche, stellen jeder von ihnen einen IOC-Vertreter, ohne daß irgendjemand jemals ein einziges Wort über die Ergebnisse ihrer Sportler bei Olympischen Spielen gehört hätte. Ich hätte nichtsdestotrotz keinerlei Einwand dagegen und hielte es für sehr gerecht, wenn genauso wie bei den Vereinten Nationen eine solche Teilnahme allen unabhängigen Staaten, seien sie groß oder klein, gewährt würde. Währenddessen verfügen in Afrika Länder wie Äthiopien, mit seinen großen Langstreckenläufern, Tansania und Madagaskar, die zusammen 110 600 000 Einwohner und 2 630 000 Quadratkilometer Fläche aufweisen, was dem 230fachen der Gesamtbevölkerung der erwähnten kleinen europäischen Staaten und dem 958fachen von deren Fläche entspricht, trotzdem über keinen IOC-Vertreter, der in ihrem Namen im Olympischen Komitee spricht. In Südamerika haben Bolivien, Ecuador und Paraguay mit 25,4 Millionen Einwohnern und einer Fläche von 1 788 894 Quadratkilometern keinen einzigen IOC-Vertreter in keinem der drei Länder. In Asien stellen weder Iran, Bangladesh noch Vietnam mit zusammen 275 Millionen Einwohnern und einer Gesamtfläche von 2 124 998 Quadratkilometern einen IOCVertreter. In der Europäischen Union fehlt keinem der Mitgliedsstaaten eine Vertretung im IOC, da Dänemark, Finnland, Irland, Portugal und Luxemburg je einen, Großbritannien, Schweden, Spanien, Griechenland, Deutschland, Österreich, Belgien und Frankreich zwei, die Niederlande drei und Italien vier IOC-Vertreter stellen. Zusammen kommen sie auf 28 IOC-Vertreter und sie waren der Austragungsort von 13 Olympischen Spielen. Während das gesamte Europa mit seinem 48 Staaten über 47 IOC-Vertreter verfügt, stellen die 39 Staaten der karibischen sowie der mittel- und südamerikanischen Region 13, die 53 Staaten Afrikas ebenfalls 13 und die 57 Staaten Asiens und Ozeaniens 24 IOC-Vertreter. Die 29 OECD-Staaten plus Rußland verfügen im IOC
über 64 Stimmen, während die 149 Länder der Dritten Welt nur auf 40 Stimmen kommen. Die Gesamtheit der EU-Staaten und der Rest Europas verfügen im IOC über eine überwältigende Schlagkraft. Ohne sie kann man nur schwierig eine Entscheidung treffen, nicht nur wegen der Anzahl der Stimmen in diesem Komitee, sondern auch aufgrund ihres enormen politischen und wirtschaftlichen Gewichts. Dazu kommen die Schlagkraft und der Einfluß der USA, Kanadas, Japans und Australiens im IOC. Auf was kann der Rest der Welt zählen? So ist also nicht nur die Welt der Reichtümer aufgeteilt, sondern auch die Welt des Sports, Symbol des Friedens und der Freundschaft zwischen den Völkern, dessen Genuß unschwer allen Nationen zugänglich gemacht werden könnte, da es sich nicht um eine natürliche Ressource oder einen materiellen Reichtum handelt, sondern um ein menschliches, kulturelles und gesellschaftliches Gut. Da dieser elementare Sinn für Gleichheit und Gerechtigkeit nicht existiert, ist das zu erklären, was mit den Olympischen Spielen geschehen ist, die in diesem Jahrhundert stattgefunden haben. Es handelt sich um ein lästiges historisches Erbe. Die Beziehungen Kubas zum Internationalen Olympischen Komitee sind normal. Es gibt hier einen Vertreter von ihnen. Ich besuchte den Hauptsitz dieser Institution in Lausanne und ein exzellentes olympisches Museum und wurde während der ganzen Zeit vom IOC-Präsidenten mit Herzlichkeit betreut. Wir unterstützten ihn zu Anfang des Jahres ohne Zögern in seinem Kampf gegen etwas, das unserer Meinung nach eine vom US-Senat gegen ihn geführte offene und schmutzige Verschwörung darstellte. Sie bestellten ihn dorthin, um ihn in einer vom Komitee für Handel und Transport des US-Senats angestrengten Anhörung einer Untersuchung zu unterziehen, ohne daß sie das Recht gehabt hätten, dies zu tun, weshalb er sich mit gerechter Empörung weigerte, der Aufforderung Folge zu leisten. Hinter alldem stand - mit dem Vorwand des Korruptionsskandals, zu dem es bei der Vergabe der Winterspiele des Jahres 2002 in Salt Lake City kam - das Ziel, die Kontrolle über das IOC zu erlangen, seinen Sitz von Lausanne in die USA zu verlagern und sich des sagenhaften Geschäfts mit der Vermarktung der Olympischen Spiele zu bemächtigen. Es ist schwierig vorauszusagen, wann und wie die momentane Situation sich ändert. Wieviel könnte die olympische Bewegung für die Menschheit tun, wenn alle zu ihren außergewöhnlichen Möglichkeiten und zu den Vorrechten und Privilegien Zugang hätten, die einige wenige genießen! Welche Rolle spielte Kuba bei den Olympischen Spielen? Was hat es gemacht? Was waren die Früchte unserer Anstrengung zugunsten eines gesunden und sauberen Sports? Ausgehend von 1972, als wir den 14. Rang unter 122 Ländern erreichten, belegten wir bei den darauffolgenden Olympischen Spielen, an denen wir teilnahmen, die hier aufgeführten Ränge: 1976 in Montreal, Kanada - Juantorena erinnert sich sehr gut daran und wir auch -, mit der Beteiligung von 88 Ländern, den achten Rang; 1980 in Moskau, bei einer Beteiligung von 81 Ländern, den vierten Rang; 1992 in Spanien, mit der Beteiligung von 169 Nationen, den fünften Rang, und 1996 in Atlanta, mit 197 teilnehmenden Nationen, den achten Rang. Könnte irgendjemand diese Angaben bestreiten? Man muß noch etwas hinzufügen. Bei den erwähnten letzten Olympiaden mit den erreichten Rängen (8, 4, 5 und wiederum 8) war Kuba das Land mit der höchsten Pro-Kopf-Anzahl an Goldmedaillen in bezug auf die Bevölkerung unter allen teilnehmenden Nationen. Bei diesen Panamerikanischen Spielen, bei denen wir mit großen Sportmächten die Kräfte maßen, belegten die Vereinigten Staaten, ein superreiches und supermächtiges Land mit Sportlern, die mit Klimaanlage reisten, in luxuriösen Hotels mit vielen Klimaanlagen statt in den Unterkünften in der Luftwaffenbasis wohnten und die Lebensmittel, Trinkwasser und Erfrischungsgetränke mitbrachten, den ersten Rang aufgrund der Gesamtanzahl von 108 Titeln, die ihnen 108 Goldmedaillen verschafften, womit dieses Land mit einer Bevölkerungszahl von 275 Millionen im Durchschnitt 0,39 Goldmedaillen pro einer Million Einwohner gewann.
Kanada mit 64 Titeln und der gleichen Anzahl von Goldmedaillen gewann bei einer Zahl von 32 Millionen Einwohnern 2,11 Goldmedaillen pro einer Million Einwohner. Kuba mit 69 anerkannten Titeln, die 69 Goldmedaillen entsprachen, was in der olympischen Tradition immer den entsprechenden Rang eines jeden Teilnehmerlandes bestimmt, und seinen 11,1 Millionen Einwohnern, errang 6,22 Goldmedaillen pro einer Million Einwohner. Offengesagt fehlten nur 11 Hundertstel Punkte, um zu sagen, daß es die dreifache Anzahl an Goldmedaillen pro Kopf im Vergleich zu unserem mächtigen kanadischen Rivalen, der auf dem dritten Rang landete, war. Und im Vergleich zu den Vereinigten Staaten waren es 12,5mal mehr Goldmedaillen pro einer Million Einwohner. Einhundert Prozent der Sportler, die für Kuba an den Spielen teilnahmen, sind Kubaner, geboren und ausgebildet in Kuba. In den Teams der USA und Kanadas nahmen dagegen 54 ausländische Sportler an den Wettkämpfen teil, von denen einige nicht einmal die Sprache beherrschten. Man müßte nachschauen, wieviele Titel und deren entsprechende Goldmedaillen sie errangen. Noch etwas: Kuba war das erste und einzige Land Lateinamerikas und der Karibik, das in einem regionalen Wettbewerb im Rahmen der Panamerikanischen Spiele, die 1991 in unserm Land stattfanden, den ersten Rang vor den USA erkämpfte. Die Bevölkerung mußte keinen Pfennig bezahlen, um an den Sportveranstaltungen im Rahmen dieses Wettbewerbs teilzuhaben. Jene Panamerikanischen Spiele, die in unserem Land stattfanden, waren ein Beispiel für Organisation, Gastfreundschaft, Sportmöglichkeiten in exzellenten Anlagen, und Aufmerksamkeit bzw. Respekt gegenüber allen teilnehmenden Sportlern. Aus diesem Grund beantragt und verlangt unser Land das Recht, der Austragungsort von Olympischen Spielen zu sein, weil unsere saubere Geschichte, unsere außergewöhnlichen Erfolge bei der Entwicklung des Sports in Kuba und die erreichten Erfolge bei internationalen Wettkämpfen, sowohl regionalen als auch olympischen, und unsere Zusammenarbeit bei der Entwicklung des Sports in der Dritten Welt Kuba und sein Volk an dieses Recht glauben lassen. Wir fordern dies nicht nur für Kuba, sondern für alle Inseln der Karibik. Über Kuba hinaus wäre die Karibik der Austragungsort dieser Olympiade. Ich bin sicher, daß Kuba und die Karibikinseln, wenn wir beharrlich arbeiten und mit den weiteren Inseln unseres karibischen Meers kooperieren, den zweiten Rang bei jenen Olympischen Spielen erreichen könnten, ohne dabei die vielen Medaillen einzuberechnen, die Mittelamerika und der Rest Lateinamerikas, wo nie Olympische Spiele stattgefunden haben, erlangen könnten. Wir beantragen dies, indem wir an die Völker der Dritten Welt denken, denen nie das Recht zugesprochen wurde, Austragungsort einer Olympiade zu sein. Wir fordern dieses Recht für 4,718 Milliarden Einwohner, die ignoriert und nicht anerkannt wurden, wobei man sie zunächst kolonisierte und danach dem Zustand der Neokolonie unterwarf. Wie werden ihre sportlichen Hoffnungen aussehen mit der Professionalisierung, wenn jeder Geldbetrag für einen Sportler bezahlt wird, wenn man ihnen die Sportler auf der Grundlage von Geld und Versprechen entreißt, wenn Jugendliche aus der Dritten Welt importiert werden, um sie in den entwickelten und reichen Staaten einzubürgern, damit diese Staaten mit jenen Jugendlichen Goldmedaillen bei den Wettbewerben erringen können, oder wenn ausländische Sportler für einige Monate gemietet werden, um bei den Wettbewerben mehr Medaillen zu erzielen? Die Vergabe des Austragungsortes von Olympischen Spielen in einem bestimmten Land muß von der zunehmend praktizierten Methode abweichen, diesen Ort zu versteigern, wobei dasjenige Land die Möglichkeit des Erhalts hat, das mehr Geld hat und mehr Dinge anbietet. Der Wettbewerb von Angeboten ist Teil der Versteigerung. Die reichsten Länder führen einen wilden Wettbewerb untereinander: "Wir steuern dies und jenes bei und machen dies und jenes", und viele dieser Versprechen werden nicht einmal eingehalten. So ist es, es werden keine Verdienste, moralische Faktoren und historische Faktoren
berücksichtigt, man berücksichtigt nicht einmal einen elementaren Sinn für Gleichheit und Gerechtigkeit, so daß man das Recht hat, sich folgendes zu fragen: Wann wird ein Land der Dritten Welt mit diesem Versteigerungssystem zum Austragungsort von Olympischen Spielen? Wann wird irgendeines der Länder, in denen 4,718 Milliarden Menschen leben, die nicht industrialisiert und reich sind und die weder zur OECD oder der G-7-Gruppe gehören, jemals die Möglichkeit haben, Austragungsort einer Olympiade zu sein? Wir haben den Mut, hier zu sagen, daß wir ein Austragungsort sein und vorbildliche Olympische Spiele organisieren können. Dies kann nicht auf der Grundlage von Versprechen finanzieller Art geschehen. Mit der beträchtlichen Anzahl von Technikern und Fachleuten von hoher Qualität, über die Kuba verfügt - wenn das Land im Jahr 2008 oder im Jahr 2012 Austragungsort von Olympischen Spielen sein würde, hätte es möglicherweise bereits 40 000 im aktiven Dienst -, könnte es einen enormen Beitrag zur Entwicklung des Sports in der Dritten Welt leisten, den kein anderes reiches und entwickeltes Land der Welt anbieten könnte, da es sich um moralisches Kapital, um Humankapital, handelt. Vielleicht könnten dies nicht einmal alle diese Länder zusammen anbieten. Kuba kann dies leicht anbieten. Wieviele Hotels wird unser Land im Jahr 2008 haben? Wir verfügen bereits über eine nicht unwesentliche Kapazität. In diesen letzten Jahren haben wir die Kapazität vervielfacht, über die wir seit etwa 10 Jahren verfügen, und in acht oder neun Jahren werden wir die momentanen Kapazitäten mit dem Bau von immer komfortableren und moderneren Hotels verdoppelt haben. Im Jahr 2012 werden wir sie mit Sicherheit verdreifacht haben, unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung, die wir in den nächsten Jahren in anderen Bereichen zu erreichen hoffen. Es ist nicht leicht, eine größere Erfahrung als diejenige Kubas bei der Entwicklung des Sports zu finden. Beispiele eines Landes, das ausgehend von sehr begrenzten Ressourcen und zudem blockiert und angefeindet fähig war, diese Aktivität in einem Ausmaß voranzutreiben, das auf der ganzen Welt anerkannt wird, sind nicht leicht zu finden, und die Verdienste Kubas bei dieser heroischen Anstrengung sind nicht leicht zu übertreffen. Bei den letzten Olympischen Spielen in Atlanta nahmen etwa 10 000 Sportler, Trainer und Hilfskräfte teil. Wenn wir mal annehmen, daß dann eine gleich hohe oder noch größere Anzahl von Personen teilnehmen werden, dann muß man sich eine Frage stellen: Wieviele Sportler und Trainer aus der Dritten Welt werden es sein? Einige entwickelte und reiche Länder werden mit einer Gesamtzahl von Sportlern teilnehmen, die sich qualifiziert haben, um in fast allen Disziplinen die Wettkämpfe zu bestreiten. Es erscheint nicht möglich, daß die Delegationen der armen Entwicklungsländer momentan das selbe tun können. Aber für uns wäre es perfekt möglich, die Sportler und das Hilfs- und Technikpersonal derjenigen Länder der Dritten Welt gratis aufzunehmen und unterzubringen, die dies benötigen, um an dieser Olympiade teilzunehmen, wobei sie in Athletendörfern mit den selben Annehmlichkeiten wohnen würden, wie sie diejenigen hatten, die uns bei den Panamerikanischen Spielen von 1991 besuchten, oder in Vier- und Fünfsternehotels, wenn sie dies wünschen. Ich spreche von den Sportlern der Dritten Welt. Die Sportler der ungeheuer reichen Länder benötigen keine kostenlose Unterbringung. Die Verpflegung der Sportler der Dritten Welt während der Zeit der Wettbewerbe, wenn es auch drei Wochen sind, kann Kuba kostenlos anbieten. Ich spreche nicht von großen Angeboten oder ähnlichem, sondern ich spreche von gerechten und vernünftigen Dingen, die in einem wirklichen Einklang mit der Teilnahme derjenigen stehen, die dies benötigen. Unsere Verhaltensrichtlinie bestände in einer moralischen und materiellen Zusammenarbeit, die niemanden beleidigt und weder die Absicht hat, zu bestechen, noch irgendjemanden zu kaufen. Im Gegensatz zu dem, was vor kurzem bei einem wichtigen internationalen Wettbewerb geschah, der in die Hände von profitgierigen Privatunternehmen gelegt wurde, wäre es lächerlich, diese Zusammenarbeit nicht all denjenigen kostenlos anzubieten, die sie benötigen.
Wir können zum Beispiel den internen Transport für die teilnehmenden Sportler der Dritten Welt kostenlos bereitstellen. Wir würden den Sportlern aus den Ländern der Dritten Welt und allen teilnehmenden Sportlern die schnellen und hocheffizienten medizinischen Dienste anbieten, da unser Land über eine ausgezeichnete Sportmedizin und hochrangige Fachleute in allen Bereichen des Gesundheitswesens verfügt. Für Kuba ist das etwas Leichtes und Erreichbares. Und ich wiederhole etwas, das meiner Meinung nach von großer Wichtigkeit ist: Die weitestgehende Kooperation mit Fachpersonal bei der Vorbereitung der Sportler aus Entwicklungsländern, und zwar in einem Ausmaß und auf einem Qualitätsniveau, das viele der Länder der reichen und entwickelten Welt kaum anbieten können. Dafür benötigt man den Menschen, der fähig ist, auf jedem Fleck der Erde seine Mitarbeit anzubieten. Und Kuba verfügt reichhaltig über dieses Humankapital. Wir werden uns nicht an der Versteigerung beteiligen, weil dies unwürdig wäre. Ich spreche in Begriffen der Gerechtigkeit und der Hilfe für diejenigen, die dies am meisten benötigen und die unsere Brüder sind. Wir sprechen nicht davon, etwa die Flüge aller Teilnehmer zu bezahlen oder über ähnliche Dinge. Es gibt in dieser Hinsicht andere Arten der Zusammenarbeit. Wir haben Kongresse veranstaltet, an denen Tausende von Lehrern, Ärzten oder Jugendlichen teilgenommen haben und bei denen wir Formen ausgedacht haben, die Kosten unserer Besucher beim Transport mit unseren Fluggesellschaften zu reduzieren. Wir waren ebenfalls der Austragungsort der Weltfestspiele der Jugend. Unser Land hat bewiesen, daß es inner- und außerhalb von Kuba viele Dinge tun kann. Dies bezeugen - und viele Völker wissen davon - die 25 000 Ärzte, die für längere Zeiträume kostenlose Gesundheitsdienste in anderen Ländern geleistet haben. Kuba ist das Land, das heutzutage Tausende von Ärzten für Mittelamerika, Haiti und den Norden von Schwarzafrika anbietet, wo die Kindersterblichkeit die höchste der Welt ist. Die reichen Länder könnten keine freiwilligen Ärzte anbieten, um dort unter den schwierigen Bedingungen zu arbeiten, wo Tausende von Ärzten dieses Brudervolkes mit Vergnügen und Entschiedenheit hingehen. In der reichen Welt sind alle so sehr an das bequeme Leben gewöhnt, daß sie für kein Geld dorthin gehen würden, wo es Moskitos, Schlangen, abgeschnittene Kommunikationen und fehlenden Strom geben kann und wo sie nur über ein kleines batteriebetriebenes Kurzwellenradio Nachrichten aus ihrem Land und von ihrer Familie erhalten können. Wir besitzen das außerordentliche Humankapital, von dem ich euch in bezug auf viele Bereiche erzählt habe, nicht nur im Sport und in der Bildung. Wir bieten Jugendlichen aus der Dritten Welt Stipendien an, damit sie Techniker und Fachleute im Bereich des Sports werden können. Ich frage mich, ob andere das gleiche anbieten. Deshalb kann Kuba mit einer hohen Moral und einem außergewöhnlichen Vertrauen in unser Volk, in seine Fähigkeit zur Gastfreundschaft, seine Fähigkeit zur Organisation, seine wissenschaftlichen und menschlichen Ressourcen, seinen traditionellen Geist der Gastfreundschaft und seine wunderbare Tradition des Respekts gegenüber allen Sportlern, die unser Land besuchen, mit der höchsten Qualität und Effizienz Olympische Spiele organisieren. Im Namen dieser Gründe und Argumente, die ich hier vor euch, den mutigen und glorreichen Sportlern, ausgedrückt habe, bekräftigen wir die Entscheidung nach der Erläuterung der Gründe, wegen derer wir die Weltöffentlichkeit und alle Olympischen Komitees, besonders der Länder der Dritten Welt, darum ersucht haben, das Recht Kubas auf die Austragung der Olympischen Spiele zu unterstützen. Vaterland oder Tod! Wir werden siegen!
Fidel 2. September 1999
Ansprache des Präsidenten des Staatsrates der Republik Kuba, Fidel Castro Ruz, in der Sondersendung über die nationale und internationale Bewegung des Sports in den Studios des Kubanischen Fernsehens, am 2. September 1999, "Jahr des 40. Jahrestages des Sieges der Revolution". Werte Fernsehzuschauer; Sehr geehrte Gäste: Am 9. August, nach Beendigung der Panamerikanischen Spiele in Winnipeg, verpflichtete sich die kubanische Regierung über das Nationale Institut für Sport, Körperkultur und Erholung (INDER), eine gründliche Untersuchung des Vorwurfs des Dopingmißbrauchs gegen zwei Sportler der Gewichtheber-Nationalmannschaft einzuleiten, die bestraft wurden und denen man ihre errungenen Goldmedaillen abgenommen hatte. Diese Untersuchung hatte das Ziel, herauszufinden, ob es sich um eine weitere Schurkerei gegen unser Land handelte oder ob sich in der Tat ein Anabolikum im Organismus der erwähnten Sportler befand, wobei dann der Grund dafür und die mögliche Verantwortlichkeit des Trainers, des Arztes oder der Sportler selbst untersucht werden mußte. Gemäß unserer seit jeher verfogten unerschütterlichen Verhaltenslinie würden die Ergebnisse der Untersuchung, die wir bereits im Falle der Gewichtheber, denen die Medaille abgenommen wurde, eingeleitet hatten, der Öffentlichkeit im In- und Ausland bekanntgegeben. Nach intensiven Anstrengungen wurde diese Untersuchung beendet und wir schreiten unverzüglich zur Erfüllung des abgegebenen Versprechens. Da die Beschuldigungen und Sanktionen gegen unsere Sportler eng mit einer kolossalen Kampagne gegen sie und gegen den revolutionären Sport verbunden waren und als Grundlage für diese dienten, spreche ich mit aller Deutlichkeit und Offenheit nicht nur von den Mitgliedern unserer Gewichtheber-Nationalmannschaft, sondern auch von Javier Sotomayor, Weltrekordler, Olympiasieger und mehrfacher Weltmeister, Vorbild unseres Sports, und die Geschehnisse bezüglich dieser Sportler bei den panamerikanischen Wettkämpfen in Winnipeg. Alles begann auf die folgende Weise: Am 2. August 1999, zehn Tage nach Beginn der Panamerikanischen Spiele, um 17.25 Uhr, wurde ich in meinem Büro darüber informiert, daß Christian Jiménez, Vizepräsident des INDER, die im Folgenden wörtlich aufgeführte Nachricht übersandte: "Humberto (Präsident des INDER und Chef der kubanischen Delegation in Winnipeg) rief an, damit ich dem Commandante eine dringende Nachricht weiterleite. Alles scheint darauf hinzuweisen, daß sie Javier Sotomayor als Teil einer Machenschaft mit dem Dopingproblem in Verbindung bringen wollen. Bisher wurde es noch nicht veröffentlicht. Aus diesem Grund fliegen der Direktor des Instituts für Sportmedizin (Mario Granda), Dr. Alvarez Cambras und der Arzt des Leichtathletikteams (Dr. Quintero) morgen nach Montreal, wo sich das Labor befindet, in dem diese Analysen vorgenommen werden. Humberto sagt, daß er vorschlägt, daß wir im Falle des Beweises, daß es sich um eine weitere Machenschaft handelt, diese Information morgen in Form einer Anklage bekanntgeben. Nach Meinung von Humberto ist dies die größte und verzweifelste Machenschaft, die jemals gegen uns unternommen wurde. Auf jeden Fall meint er, daß man die morgige Kontaktaufnahme abwarten muß, um die Ergebnisse zu kennen und sie danach zu veröffentlichen." Gemäß allen Normen wird eine Information dieser Art nicht offiziell bekanntgegeben, bis die Urinproben untersucht worden sind, die in zwei Flaschen enthalten sind, die mit A und B und dem Code des Sportlers gekennzeichnet sind. Im Fall von Sotomayor verbreitete sich die Nachricht, die offensichtlich aus dem Labor selbst herausgesickert war, bereits zu dem Zeitpunkt wie Pulver in alle Richtungen, als
gerade die erste Probe analysiert worden war. Am 3. August gab eine Nachricht der Agentur AFP aus Winnipeg folgendes bekannt: "Der Präsident der Panamerikanischen Sportorganisation ODEPA, Marío Vázquez Raña, weigerte sich am Dienstag zu bestätigen, ob der kubanische Weltrekordler Javier Sotomayor in einer ersten Dopingkontrolle positiv getestet wurde, doch er gab die Existenz eines anhängigen Falls bekannt und bat 'unsere kubanischen Freunde' um 'Geduld'. Die Bombe exoplodierte in der selben Pressekonferenz, in der Vázquez Raña die Aberkennung der Goldmedaille der Sportlerin aus der Dominikanischen Republik, Juana Arrendel, pamamerikanische Meisterin im Hochsprung der Frauen, bekanntgab. Als er direkt befragt wurde, ob 'Javier Sotomayor positiv getestet wurde' im ersten Test, antwortete der Präsident der Panamerikanischen Sportorganisation, Vázquez Raña: 'Ein Sportler wird untersucht. Ein Sportler wurde positiv getestet. Ich kann keine Namen nennen, aber Sie haben ihn genannt'". Ab diesem Moment wurde ein Pandämonium wurde über alle Zeitungs-, Funk- und Fernsehmedien entfesselt. Die Stenographische Abteilung des Staatsrats sammelte einen 277 Seiten starken Band mit Nachrichten, Agenturmitteilungen, Artikeln und Kommentaren bezüglich einer hohen Kokaindosis, laut dem Labor in Montreal, im Urin von Javier Sotomayor, die innerhalb von nur sechs Tagen, vom 3. bis zum 9. August, veröffentlicht wurden. Der Band enthielt nur einen unbedeutenden Teil der auf der ganzen Welt veröffentlichten schriftlichen Nachrichten. Wenn wir die Aussagen seiner Compañeros und von Personen ausnehmen, die über Jahre hinweg das Sportleben, die Gewohnheiten, Normen und Verhaltensweisen des Sportlers genau kannten, dessen unübertreffbare Kette von Triumpfen und dessen eindrucksvoller Weltrekord das Objekt der Bewunderung von Kindern, Jugendlichen und Fans in aller Welt war, so äußerte keine von irgendeinem Medium veröffentlichte Agenturmeldung oder Nachricht den geringsten Zweifel an der Transparenz des Antidoping-Verfahrens, der Objektivität und Unfehlbarkeit der Probe und der absoluten Gerechtigkeit eines äußerst schnellen, unerbittlichen und unanfechtbaren Richterspruchs, der innerhalb von Stunden das Leben, die Ehre und den Ruhm eines außergewöhnlichen Sportlers zu Staub werden ließ. Sotomayor, einem bescheidenen Sportler, der Millionenangebote ausschlug, seiner Frau, seiner Mutter und seinen Kindern würde dann keine andere Wahl mehr bleiben, als für den Rest ihres Lebens das Stigma des "unverbesserlichen Lasterhaften" und "Gewohnheitskonsumenten von Kokain" zu tragen, wie ihn einige seiner Henker mit Zynismus titulierten. In Winnipeg waren unsere eigenen Leute, das heißt die wichtigsten Führungspersönlichkeiten und Techniker der kubanischen Delegation, wirklich verblüfft. Inmitten einer seit dem ersten Tag von gegen sie entfesselter Feindseligkeit, Diffamierung und Verfolgung geprägten Stimmung - wie es sie vorher niemals bei einem hochrangigen internationalen Sportwettbewerb gegeben hatte, und kurz vor den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Sevilla und den kommenden Olympischen Spielen in Sidney -, die sie bis zum Ende mit Standhaftigkeit und Mut ertrugen, konnten sie sich nicht einmal im Entferntesten einen solchen Schlag gegen ihren angesehensten Sportler vorstellen. Auch wenn alle absolut sicher waren, daß es unmöglich sei, daß Sotomayor einen solchen Fehler begangen haben könnte, so waren doch das Verfahren der Entnahme, der Kodifizierung, des Transports und der Analyse der Proben, die totale Anonymität des der Probe unterzogenen Sportlers, die völlige Aufrichtigkeit und die nichtkorrumpierbare Ehrlichkeit derer, die an diesem Verfahren teilnahmen und es leiteten, etwas Unantastbares und Heiliges, so daß niemand auf die Idee kam, es in Frage zu stellen. Es gab außerdem ein rigoroses und unverletzbares Regelwerk, auch wenn den Genossen die unaufhörlichen Verletzungen aller festgelegten Normen bekannt waren, und mit den Bestimmungen des Regelwerkes geschah oftmals das gleiche wie mit den Verkehrsschildern. Die Ergebnisse des Labors
waren immer das letzte Wort gewesen, wie ein Dogma oder eine aufgedeckte Wahrheit. Dort gab es schlichtweg die hochmodernen Geräte, die das Vorhandensein von Kokain in den Proben des wirklichen oder angeblichen Urins von Javier Sotomayor bei der Analyse der B-Flasche anzeigten, ein zweiter, unfehlbarer und endgültiger Beweis für die absolute Wahrheit. Niemals hatte irgendjemand den sakrosanten Beweis eines Labors in Frage gestellt, das war nicht einmal denkbar, auch wenn alle Welt die wachsende Korruption und die Unaufrichtigkeit kannte, die die Kommerzialisierung und der Merkantilismus dem Sport gebracht haben. Und als ob nicht die verschiedensten Möglichkeiten zur Vorherbestimmung des Inhalts dieser Proben bestehen würden, und zwar von dem Augenblick an, an dem der Sportler selbst im Athletendorf Quartier bezieht, wo er Lebensmittel und Getränke zu sich nimmt, die andere für ihn zubereiten und ihm verabreichen, bis zu eben dem Moment, in dem sein Urin entnommen, behandelt, verpackt, kodifiziert und zum Labor transportiert wird, wobei man sogar nach Ansicht der Unregelmäßigkeiten im Labor von Montreal zum Schluß kommen kann, daß er dort von einem bestechlichen Funktionär verunreinigt werdem kann, der die Identität des die Probe abgebenden Sportlers kennt, die ihm von jeglichem gleichermaßen bestechlichen Funktionär verraten wurde, einem von den zahlreichen, die diese Identität kennen, einschließlich dessen, der die Probe abnimmt und das erste Formular mit den Angaben des Sportlers und der Anzahl der Proben ausfüllt, um es danach an seinen Vorgesetzten weiterzuleiten. Mir wurde gesagt, daß diese Aufgabe in Kanada von Freiwilligen durchgeführt wird. Es reicht ein wenig Erinnerungsvermögen, um eine sechsstellige Zahl im Gedächtnis zu behalten. Das ist leichter, als sich in Havanna an die Telefonnummer einer sympatischen jungen Frau zu erinnern. Wenn jemand im Falle eines so bekannten Namens wie dem von Javier Sotomayor einen Probenentnehmer bestechen würde, müßte er keine große Anstrengung unternehmen, um sich daran zu erinnern. Innerhalb von Minuten befänden sich der Name und der Code in den Händen dessen, der bereit wäre, für diesen Service zu zahlen. Es wäre gerechter zu behaupten, daß diese Information von einer höherrangigen Person bereitgestellt werden könnte, die die entsprechenden Codes erhält. Unter diesen Personen gibt es bekannterweise korrupte Leute. Es gab ein Durcheinander. Alle Gewichtheber behaupten wortwörtlich, daß "ihnen während der Bekanntgabe der Dopingkontrolle im Anschluß an den Wettbewerb in Winnipeg Wasser und Erfrischungsgetränke im Aufwärmbereich ausgehändigt wurden. Sie taten dies weder im Bereich der Dopingkontrolle noch ließen sie sie das Erfrischungsgetränk aus einem Kühlschrank frei auswählen", wie es vorgeschrieben ist. Sie geben ebenfalls an, daß "die Dopingproben der Kubaner immer in einem seperaten Raum abgenommen wurden, im Unterschied zu dem für den Rest der ausländischen Sportler bestimmten Ort." Carlos Hernández, Gewichtheber der 94 Kilogramm-Kategorie und Gewinner der Goldmedaille, erzählt, daß "es nach der Einnahme des Erfrischungsgetränks, das ihm ausgehändigt wurde, bei ihm zu einem Absinken des Blutdrucks kam." Alle Trainer dieser Disziplin erzählen, daß "den kubanischen Sportlern die Proben in einem seperaten Raum abgenommen wurden und daß sie außerdem gezwungen waren, das Erfrischungsgetränk an einem bestimmten Ort und unter Anleitung einzunehmen, wobei es gelegentlich warm war." Trotz der offenkundigen Feindseligkeit, Willkürlichkeiten, Unregelmäßigkeiten und Fallen, die unsere Delegation tagtäglich ertragen mußte, analysierten unsere Leute die vorher genannten Hypethesen nicht. Das Testgerät gab an, daß es sich um Kokain handelte. Deshalb mußte man etwas zur Rechtfertigung Sotomayors suchen, obwohl er niemals bewußt die unheilvolle und schändliche Substanz zu sich genommen hatte. Er war bereits direkt nach Beendigung des Wettbewerbs nach Kuba abgereist, so daß man nicht einmal unmittelbar eine andere Urinprobe nehmen konnte. Kokain verschwindet innerhalb von Tagen, fast von Stunden. Der
Wettbewerb hatte am 30. Juli stattgefunden. Es war bereits der Abend des 3. August. Die "Experten" des Labors und der Medizinischen Kommission der ODEPA behaupteten mit eingebildeter und selbstgenügsamer Sicherheit, daß der Sportler zwei Tage zuvor eine beträchtliche Dosis Kokain zu sich genommen hatte. Einige Personen versichern mir, daß Sotomayor im Falle einer solchen Dosis nicht hätte aus dem Bett aufstehen und viel weniger im ersten Versuch 2.30 Meter überspringen können, ohne die Latte zu streifen. Jedermann kann die Verbitterung und die Betrübnis der Verantwortlichen und Techniker unserer Delegation verstehen. Sie waren von der Unschuld des noblen und angesehenen Sportlers überzeugt. Er mußte irgendeinen Aufguß oder Tee konsumiert haben. Wie würde man davon erfahren? Es gab nicht einmal Zeit, es in Erfahrung zu bringen. Die Kommission sollte am darauffolgenden Morgen tagen, um eine Entscheidung zu treffen. Wenn es keine andere Alternative gab, waren sie bereit, ihre Ehre und sogar ihr eigenes Leben zu opfern, um die Ehre von Sotomayor und sein Recht zur weiteren Teilnahme an Wettkämpfen zu retten, sein Recht auf die Teilnahme an der Leichathletik-Weltmeisterschaft und um seine kolossale Karriere in Sidney unbesiegt zu beenden. Sie erinnerten sich daran, daß die Behörden in Atlanta und an anderen Orten gnädig waren mit herausragenden Sportlern, die des Dopingmißbrauchs angeklagt waren, wenn eine banale und fromme Erklärung wie die einer Medizin oder eines Teebeutelchens auftauchte. An diesem selben Abend des 3. August um 22.30 Uhr übermittelten sie ihre Gesichtspunkte dem illustren Präsidenten der Medizinischen Kommission der ODEPA, Dr. Eduardo de Rose, der sich scheinbar bestürzt, verständnisvoll und freunschaftlich zeigte. Es waren nicht wenige unflätige Beleidigungen und sarkastische Spöttereien, mit denen er später in den Massenmedien Sotomayor und unser technisches Personal attackierte. Die Geste und die Beweggründe unseres technischen Teams, dessen Einfluß und Ansehen sich als bestimmend bei der getroffenen Entscheidung erwies, waren altruistisch, uneigennützig und edel. Deshalb tut es mir weh, sie kritisieren zu müssen. Doch in jenem Augenblick vergaßen sie, daß sie nicht mit ehrenhaften Leuten kämpften, daß gegen unsere Sportler und unser Land ein schmutziger und erbärmlicher politischer Krieg geführt wurde, daß wir diesen Kampf nicht mit solchen Taktiken führen konnten und daß dies keine Frage von technischen Argumenten und Rechtfertigungen war. Das, was ich später vortragen werde, wäre nichts wert, wenn wir nicht den Mut hätten, unsere eigenen Fehler einzugestehen und sie öffentlich darzulegen. Am 4. August gegen 11.00 Uhr morgens erreicht das Büro des Sekretariats des Staatsrats die folgende Information: "Bei dem gerade zuendegegangenen Treffen der Dopingkommission der ODEPA und des Exekutivkomitees der ODEPA wurde beschlossen, Sotomayor die Goldmedaille abzuerkennen, da die Ärzte die Verantwortung dafür übernommen haben, daß er peruanischen Tee (Verdauungstee) zu sich genommen hat. Das heißt, es als eine medizinische Verantwortlichkeit anzusehen, da er peruanischen Tee zu sich genommen hat. Um 16.00 Uhr (Uhrzeit in Winnipeg, 17.00 Uhr in Kuba) wird es eine Pressekonferenz geben, bei der diese Maßnahme der ODEPA bekanntgegeben wird. Daß später Dr. Granda, Direktor des Instituts für Sportmedizin, und Dr. Alvarez Cambras, Direktor des Orthopädischen Krankenhauskomplexes "Frank País", ebenfalls eine Pressekonferenz geben werden, um das Bild von Sotomayor zu reinigen und klarzustellen, daß er nicht die Verantwortung dafür hat. Die Diskussion bei dem Treffen war sehr heftig. Da Kanada zwei Silbermedaillen in dieser Sportart erhielt (aufgrund eines Unentschiedens), würden diese jetzt zu zwei Goldmedaillen werden. Humberto besteht daruf, daß dies eine Machenschaft des Feindes sein muß, wobei er die Erfahrung von Sotomayor und die Tatsache berücksichtigt, daß dieser in den letzten acht Monaten mehr als fünfzehn Proben dieser Art unterzogen wurde.
Humberto möchte, daß wir dem Comandante diese Aspekte übermitteln. Diese Entscheidung wird am Abend des 3. August getroffen, ohne uns zu konsultieren. Gewiß waren wir um 18.00 Uhr an diesem Tag in Richtung Matanzas aufgebrochen, um am Festakt zur Erinnerung an den Sturm auf die MoncadaKaserne teilzunehmen, der um 20.00 Uhr in jener Stadt veranstaltet wurde und spät in der Nacht endete. Da ich an jenem Tag die Materialien für die Rede durchsah, hatte ich nicht einmal eine freie Minute, um zu frühstücken. Es gab während des Tages keinerlei Möglichkeit der Kommunikation. Was war in Winnipeg geschehen? Unsere Delegation erhielt die Bestätigung der BProbe um 19.30 Uhr (Uhrzeit in Winnipeg), und als sie sich um 22.00 Uhr (Uhrzeit in Winnipeg) mit dem berühmten Dr. De Rose trafen, waren es noch Stunden bis zur Beendigung unseres Festaktes in Matanzas. Im Morgengrauen des 4. August näherten wir uns auf der Rückfahrt Havanna. Man mußte schnellstens das Material der Rede von Matanzas auswählen zur unverzüglichen Übergabe an die ausländische Presse. Erst am Nachmittag konnten wir uns mit den Nachrichten beschäftigen, die uns aus Kanada erreichten. Zusätzlich zur bereits erwähnten Nachricht vom 4. August informiert man uns, daß das technische Team um 17.00 Uhr Uhrzeit in Winnipeg (18.00 Uhr in Kuba) eine Pressekonferenz geben würde. Man fragte nach, ob die am Morgen beim Treffen mit der Dopingkommission der ODEPA verfolgte Linie beibehalten werden sollte. Erst gegen 17.00 Uhr kubanischer Zeit konnten wir uns mit den Nachrichten von den Panamerikanischen Spielen beschäftigen. Um diese Uhrzeit lese ich zügig die Botschaft hinsichtlich des morgendlichen Treffens mit dem Komitee der ODEPA und der dabei verfolgten Linie. Ich mußte außerdem dringend die Nachfrage bezüglich der in jener Pressekonferenz zu verfolgenden Linie beantworten. Um die Anweisungen, die ich übermittelte, besser zu verstehen, muß ich das Folgende vortragen: Auf Bitten der Genossen in Winnipeg besuchte Christian am 3. August um 2.30 Uhr morgens Sotomayor in seiner Wohnung, die sich im Stadtbezirk Playa in Havanna befindet. In der Nähe hielten sich bereits einige Journalisten der in Kuba akreditierten ausländischen Presse auf, die mit ihren Kamaras und ihrer Ausrüstung gegenüber der Wohnung des Sportlers Wache hielten. Sie hatten dort bereits Stunden zugebracht -man beachte, mit welcher Schnelligkeit sie herbeigeeilt waren , seit dem Ende des 2. August, sehr viel eher als das Treffen des Präsidenten der ODEPA mit der Presse, bei dem sie ihn fragten, ob die A-Probe von Sotomayor einen positiven Befund ergeben hätte. Das war bereits vox populi in Winnipeg, aber auch bei den ausländischen Medien in Havanna. Sotomayor wußte bereits von Gerüchten, daß man ihn des Dopingmißbrauchs beschuldige, aber er war weit davon entfernt sich vorzustellen, daß er beschuldigt würde, in dem Moment Kokain konsumiert zu haben, in dem er mit breitem Abstand die Latte auf einer Höhe von 2.30 Meter überquerte, also etwas, das er mehr als dreihundert Mal im Laufe seiner brillianten Karriere geschafft hatte. Als Christian ihn darüber informierte, daß die Laborprobe das Auftreten dieser Droge ergeben habe, wurde die Situation dramatisch: Sotomayor brach mit tiefer Abscheu und Wut in Tränen aus. Als ihn Christian fragte, ob er irgendeinen heißen Aufguß oder Tee konsumiert habe, antwortete Sotomayor, eine von dessen Eigenschaften gemäß allen, die ihn kennen, die Bescheidenheit ist und der immer dann, wenn er kritisiert oder auf etwas hingewiesen wurde, nicht eine Sekunde zögerte, jeglichen Mangel, Fehler oder jegliche Disziplinlosigkeit in seinem Training, so klein sie auch gewesen sei, einzugestehen, und der obsessiv war bei seiner sprichwörtlichen Sorgfalt in bezug auf alles, was er zu sich nahm, bis zu dem Extrem, daß er systemmatisch den Gebrauch von Vitaminen oder Medikamenten ablehnte, kategorisch, daß er weder diese Substanz noch irgendeine Art von Aufguß oder Tee konsumiert habe, dem man dieses Ergebnis hätte zuschreiben können. Er war nicht bereit, dies zu akzeptieren, ungeachtet der Folgen, die dies für ihn haben könnte. Während die Genossen in Winnipeg, ohne ihn konsultiert haben zu können,
irgendeine Erklärung suchten, ausdachten und sogar irgendeine Formel zugaben, die ihn innerhalb der durch das fulminante Resultat des kanadischen Labors unumkehrbar erscheinenden Situation begünstigen sollte, bestritt Sotomayor mit Würde, daß er einen Aufguß oder Tee irgendeiner Art konsumiert habe. Christian, der ein außergewöhnlicher Zeuge dieses harten, traumatischen und bitteren Augenblicks war und der nicht an der Integrität des populären und bewunderten Sportlers zweifelte, blieb ein tiefer Eindruck von der Aufrichtigkeit und Würde, mit der er reagierte. Die falsche Taktik, die bei dem morgendlichen Treffen mit der Dopingkommission der ODEPA verfolgt wurde, war mehr als offensichtlich. Am 4. August um 17.23 Uhr gelang es mir, mich mit Humberto in Verbindung zu setzen, der ungeduldig auf die Antwort wartete, als nur noch 37 Minuten bis zum Treffen des technischen Teams mit der Presse verblieben. Im Folgenden nenne ich die wichtigsten Kriterien, die ich ihm übermittelte: Es dürfen keine Theorien entwickelt werden, die seine Ehre verletzen. Wir dürfen keine technischen Lösungen für das Problem suchen. Man muß erklären, daß er es beharrlich abstreitet, daß er ein ein aufrichtiger Mann ist und es sein ganzes Leben gewesen ist und daß wir ihm glauben. In kurzen Worten: Man muß ihm glauben, weil er ein Mann ist, der niemals einen schwerwiegenden Fehler oder eine solche Disziplinlosigkeit begangen hat, und seine Charakteristik ist die Aufrichtigkeit. Ihr dürft euch nicht von dem Wunsch leiten lassen, daß er weiterhin an Wettkämpfen teilnehmen kann. Er hat geweint, und zwar aus Abscheu. Wir dürfen ihm nicht das mit dem Tee anhängen, weil wir damit seine Aufrichtigkeit in Frage stellen und einer ungerechten Anschuldigung Vorschub leisten. Angesichts all dessen, was dort passiert ist, weiß der Himmel, wie dieses Resultat zustandegekommen ist, das auch einen Schlag für das Ansehen des Landes darstellt. Wir müssen es abstreiten und uns auf die Tatsache stützen, daß er ein aufrichtiger Mann ist. Er ist ein ehrenwerter Mann, dem man niemals eine schwerwiegende Disziplinlosigkeit nachweisen konnte. Wir dürfen dabei nicht schwanken. Man muß ein solches Resultat anfechten. Schwankt keine Sekunde. Man kann solchen Proben nicht vertrauen, wenn man von all dem Mist weiß, den sie angerichtet haben, und noch viel weniger, wenn sie hierbei Kokain ins Spiel bringen, etwas, das nicht nur dem Sportler, sondern auch Kuba das Ansehen entzieht. Man muß ihn verteidigen. Das ist der Moment, in dem man ihn am meisten verteidigen und ihm am meisten vertrauen muß. Räumt nicht die geringste Möglichkeit ein, daß er das getan hat. Wir müssen ihm vertrauen, weil wir ihn gut kennen. Wir haben Tausend Gründe dafür, ihm zu vertrauen. Humberto stimmte vollkommen mit dieser Haltung überein. Minuten danach gelang es mir, mich mit Fernández in Verbindung zu setzen. Ich sprach wenige Minuten mit ihm und erläuterte ihm ähnliche Kriterien: Das ist willkürlich. Unter so vielen Dingen, die geschehen sind, sehen wir dies als eine der größten Ungerechtigkeiten an, die dort begangen wurden. Es ist infam, von Kokain zu sprechen. Wir haben ihm aufgrund seines Verhaltens immer vertraut. Wir können jetzt nicht an ihm zweifeln oder ihn in Frage stellen. Wenn wir ihn in Frage stellen, indem wir eine technische Lösung suchen, um der getroffenen Entscheidung entgegenzuwirken, stellen wir damit sein Ansehen und seine Ehre in Frage. Ich glaube ihm, Fernández. Darauf antwortet mit Fernández: Ich glaube ihm, wir müssen darlegen, daß wir an sein Wort glauben und ihn als unschuldig ansehen. Das Niederträchtigste am Fall von Javier Sotomayor war, daß sie ihm die Medaille abnahmen aufgrund der Beschuldigung des Konsums einer Droge, bei der es aufgrund ihres flüchtigen Auftretens keine Möglichkeit gab, auf wissenschaftliche Methoden zurückzugreifen, um auf unwiderlegbare Weise den Betrug zu beweisen.
Es blieb nur die Alternative, die moralische Schlacht zu schlagen mit Hinweis auf das Leben, die Geschichte und die profunde und intime Kenntnis der Eigenschaften des Sportlers und seines Verhaltens während seiner außergewöhnlichen Sportlerkarriere. Wir hatten das legitimste Recht, ihm zu vertrauen, einem Mann von bescheidener Herkunft, uneigennützig, bewundert und geliebt von unserem Volk und all denen, die ihn im Ausland kennengelernt haben und mit ihm zu tun hatten. Er spendete Zehntausende Dollar, die er 1993 für die Auszeichnung "Prinz von Asturien" erhalten hatte, vollständig seinem Land und dies in der härtesten Zeit der Spezialperiode. Ich weiß es sehr gut, denn er übergab mir die Spende persönlich. Er war damals 26 Jahre alt und bereits Weltrekordler. Es hätte ihn beleidigt, wenn wir die Spende abgelehnt hätten, damit er mit diesem Geld, das er niemandem gestohlen hatte, seinem bescheidenen Heim und seiner armen und opferbereiten Familie helfe. Es war schwer, ihn mit einem Teil dieser Geldmittel zu belohnen, ohne ihm wehzutun oder ihn zu beleidigen, und dies geschah fast ohne daß er es bemerkte. Wir konnten ihn jetzt nicht der infamen Maschinerie des Merkantilismus und der Werbung überlassen, die Menschen verschlingt und den Sport prostituiert und geschändet hat. Warum sollten wir einem desorganisierten und indiskreten Labor des Austragungslandes mehr Glauben schenken? Ein Austragungsland, das hoffte, Kuba vom zweiten Platz zu verdrängen, den es bereits endgültig und unwiderruflich eingenommen hatte, ohne dabei zu vergessen, daß wir mit der von Sotomayor gewonnenen Medaille und denen von zehn weiteren Helden jener Großtat die Vereinigten Staaten in einer ihrer stärksten Sportarten vom ersten Platz verdrängt hätten. Indem sie uns die Medaille von Sotomayor entrissen, beraubten sie uns auch dieser Ehre. Warum sollten wir den Organisatoren, die nicht fähig waren, den Respekt und die physische Integrität der Mitglieder unserer Delegation zu gewährleisten, mehr Vertrauen schenken? Warum sollten wir einer medizinischen Kommission, deren Vertreter unseren ruhmreichen Sportler mit Beleidigungen überschüttet und unsere Delegation über die Medien auf eine spöttische und zynische Art und Weise beschmutzt, mehr Vertrauen schenken? Aber es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen dem, was es bedeutet, Sotomayor seine Medaille zu entreißen und dem, zwei unserer Gewichtheber die Goldmedaillen zu entreißen. Das Entreißen der Medaille im Fall Sotomayors war begleitet von einer zerstörerischen und infamen Beschuldigung. Man beschuldigte ihn vor den Augen der Welt, ein Drogenabhängiger zu sein, ohne dabei im Geringsten zu berücksichtigen, daß mehr als einhundert Dopingproben, viele davon überraschend, ohne daß man jemals auch nur eine einzige Spur von Drogen oder Anabolika gefunden hätte, für sein sauberes und unbeflecktes Sportlerleben bürgen. Die Gewichtheber bezichtigte man des Mißbrauchs eines Anabolikums, nämlich des Nandrolon, einer gewöhnlich im Profisport verwendeten Substanz, ahndungswürdig, unzulässig und im Falle eines Amateursportlers wert, mit einer exemplarischen Sanktion belegt zu werden. Obwohl der moralische Schaden groß ist, zerstört dies nicht das ganze Leben eines jungen Sportlers, seine Ehre und die Ehre seiner Familie, mit einem untilgbaren gesellschaftlichen Fleck, der immer zusammen mit seinen sportlichen Großtaten auftauchen wird. Im Fall von Javier Sotomayor konnten sie nicht ignorieren, daß sein bis jetzt ungeschlagener Rekord heute, morgen und in alle Ewigkeit mit der infamen wiederholten Behauptung verbunden wäre, daß er ein Drogenabhängiger sei. Doch gleichzeitig beschuldigte man im Fall der Gewichtheber sie das Auftreten einer Substanz in ihrem Urin, die nur wirksam werden kann, wenn man sie intramuskulär einspritzt, und die bis zu sechs Monate im Organismus des Sportlers verbleiben und
nachgewiesen werden kann. So bekräftigten es die bekannten "Experten" aus Winnipeg, als sie die Gewichtheber verdammten. Als wir am 6. August die Nachricht erhielten, daß in den Laboranalysen von William Vargas, Gewichtheber der 62 Kilogramm-Kategorie, Nandrolon gefunden wurde, dachte ich sofort an einen neuen Betrug, der die infame Anschuldigung gegen Sotomayor unterstützen und dazu dienen sollte, die Glaubwürdigkeit der Anklage gegen den unübertrefflichen Hochspringer und das Ansehen des kubanischen Sports zu bekräftigen. Ich wies Christian an, den Gewichtheber an diesem selben Tag ausfindig zu machen, ihn in sein Büro im INDER zu bestellen und mit ihm zu sprechen. Er sollte seinen Standpunkte anhören und ihm mit dem größtmöglichen Taktgefühl die Notwendigkeit mitteilen, unverzüglich Urinproben abzunehmen, um ihn vor einer möglichen Ungerechtigkeit zu bewahren. Christian sollte ebenfalls unverzüglich den Arzt des Gewichtheberteams und den Trainer des Sportlers ausfindig machen. Der Gewichtheber, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht zurückgekehrt war, kam in den ersten Morgenstunden des 7. August an. Er wohnt im Kreis Caimito in der Provinz La Habana und seine Frau brachte am selben Tag ein Kind zur Welt, als er die Goldmedaille gewann. Dies war trotzdem kein Hindernis, damit er sich, nachdem er ausfindig gemacht wurde, zur Leitung des INDER begab, um die Proben bereits spät abends abzugeben, wobei er seine Aufgabe am Morgen des nächsten Tages beendete. Es waren vier Tage seit dem Moment vergangen, in dem bei ihm die Proben in Winnipeg abgenommen wurden. Der Sturzregen an Nachrichten und Kommentaren in bezug auf Sotomayor hatte noch nicht aufgehört, als der Skandal der kubanischen Gewichtheber entfesselt wurde. Unsere Delegation in Winnipeg kam nicht zur Ruhe. Am Abend des 8. August gaben Mitteilungen von verschiedenen Nachrichtenagenturen bekannt, daß ein weiterer kubanischer Gewichtheber, Rolando Delgado Núñez, Gewinner der Goldmedaille in der 69 KilogrammKategorie, seine Medaille wegen Dopings mit Nandralon abgenommen bekommen hatte. Er wohnt in Pinar del Río, und an diesem selben Abend machte man ihn unverzüglich ausfindig und brachte ihn nach Havanna. Ihm konnten um 12.00 Uhr in der Nacht des 9. August Urinproben abgenommen werden, fünf Tage nach seiner Probennahme in Winnipeg. In beiden Fällen war der Zeitunterschied minimal. Es war absolut unmöglich, daß diese einspritzbare Substanz, die Monate im Organismus verbleibt, nicht im Urin der Sportler auftauchen würde, denen die Medaillen wegen Dopings mit Nandrolon aberkannt wurden. Es handelte sich jetzt nicht mehr nur um das sich verflüchtigende und schwer zu greifende Kokain, dessen Mißbrauchs man Sotomayor beschuldigte. Wenn man beweisen konnte, daß die Proben absolut frei von diesem Anabol waren, würde die Behauptung des angeblichen Auftretens der sündhaften Substanz, die die selben Personen und das selbe sakrosante kanadische Labor im Urin von Sotomayor fanden, nicht mehr zu halten sein. Doch das erschien wie ein Traum und etwas praktisch Unmögliches. Da die Unterstellungen in den Mitteilungen der Nachrichtenagenturen bezüglich neuer Dopingfälle bei kubanischen Gewichthebern weitergingen, wurden die restlichen Gewichtheber, die Gold- und Silbermedaillen gewonnen hatten, unverzüglich für den 8. und 9. August einbestellt. Es war notwendig, die Sportler und auch ihre Trainer dringend ausfindig zu machen. Der Arzt des Teams - er machte Urlaub in Holguín - war schwieriger zu finden. Nach drei Tagen war er ausfindig gemacht und per Flugzeug in die Hauptstadt gebracht worden. Die Proben der letztgenannten Sportler wurden hier knapp vier Tage nach den Probenahmen in Winnipeg genommen, und zu diesem Zeitpunkt war keiner von ihnen als nandrolongedopt festgestellt worden.
Parallel dazu wurden am gleichen Abend die entsprechenden Anweisungen gegeben, um zu entscheiden, wo die Analysen der Proben durchgeführt werden sollten, von wem und wie sie transportiert werden, wie die entsprechenden Visa umgehend zu bekommen waren und welche Maßnahmen der begrenzten Einweihung und absoluten Geheimhaltung getroffen werden mußten. Es war bereits nach 24.00 Uhr, als nur noch eine kurze, aber sehr wichtige Erklärung ausstand, die am nächsten Morgen, den 9. August, zu den beiden letzten bereits offiziell mitgeteilten Fällen veröffentlicht werden und präzise und kategorisch die Haltung der Regierung Kubas im Hinblick auf jeden bewiesenen Dopingfall darlegen sollte. Um 5.00 Uhr morgens landete die letzte Maschine mit 93 Mitgliedern der kubanischen Delegation sowie José Ramón Fernández, Präsident des Kubanischen Olympischen Komitees; Humberto Rodríguez, Präsident des INDER (Nationales Institut für Sport, Körperkultur und Erholung); Dr. Mario Granda, Direktor des Instituts für Sportmedizin, der sich unmittelbar wichtigen Aufgaben im Zusammenhang mit den laufenden Nachforschungen zuwenden mußte, und andere wichtige Spezialisten. Nach dem Empfang trafen wir uns mit den Hauptverantwortlichen und dem technischen Personal der Delegation auf dem Flugplatz. Ich unterrichtete sie über die Schritte, die wir bereits unternommen hatten, und gemeinsam erarbeiteten wir auf der Grundlage der verfügbaren Angaben die Erklärung der Regierung, in der wir über das INDER dem Volk mitteilten, daß es tiefgründige Nachforschungen geben werde hinsichtlich der Anschuldigungen gegen die Gewichtheber, um zu klären, wie wir bereits zu Beginn unserer Ausführungen sagten, ob es sich hier um eine weitere Schuftigkeit gegen unser Land handelte oder ob das Anabolikum tatsächlich bei den genannten Sportlern festgestellt wurde, und daß wir entschieden haben, die Ergebnisse dieser Recherchen der Öffentlichkeit im In- und Ausland bekanntzugeben. Um 8.20 Uhr am 9. August wurde diese Note bereits im Fernsehen gesendet. Wir konnten diese Äußerungen auf diese Weise vorbringen, denn diesmal hatten wir sehr wohl Möglichkeiten des Einsatzes wissenschaftlicher Methoden, um die Laborergebnisse, die wir als betrügerische und ungerechte Anschuldigungen betrachteten, zu bestätigen oder abzulehnen. Weshalb sprachen wir von der Möglichkeit, die Verschwörung gegen Kuba vollständig und unwiderlegbar zu entlarven? Obgleich, wie Sie sehen werden, solide und ebenfalls unwiderlegbare Argumente die Unwahrheit der Anschuldigungen durch Beweisführungen, Analysen, ärztliche Verfahren und andere Methoden beweisen können, sollten in diesem Falle andere renommierte Laboratorien das letzte Wort sprechen. Doch es gab vier Gründe, die mich eher skeptisch machten: Erstens: Es war faktisch unmöglich, daß jene, die unseren Sport und unser Land treffen und in Mißkredit bringen wollten, so dumm sein konnten, ein Anabolikum mit Retardwirkung einzusetzen, bei denen mit technischen Mitteln unschwer das Fehlen von Spuren nachweisbar ist. Das wäre einzig und allein erklärlich, wenn sie uns bis ins Unendliche unterschätzten. Zweitens: Im Gewichtheben hat sich weltweit die Gewohnheit des Einsatzes von Anabolika herausgebildet, der in einigen Ländern fast allgemein üblich ist. Auch bei uns gab es, wenngleich sehr wenige, so doch einige Fälle solcher Disziplinlosigkeiten bei Trainern und Sportlern dieser Sportart. Drittens: Einer der jetzt beschuldigten Sportler war vor Jahren wegen Anabolikabenutzung sanktioniert worden. Und sein Trainer, um das Bild noch besorgniserregender zu machen, war aus dem gleichen Grund ebenfalls sanktioniert worden, was tatsächlich recht auffällig war. Wenn es sich also, wie wir glauben, um eine Verschwörung gegen uns handelte, so hatte der Feind sehr clever ins Schwarze getroffen. Viertens: Wenn nur eines der verschiedenen exzellenten und renommierten
ausgewählten Laboratorien übereinstimmend mit den Analyseergebnissen von Montreal auch nur die geringste Menge Nandrolon im Urin der sanktionierten Sportler nachwies, so war dies ausreichend, und man hätte unverzüglich die Gültigkeit und Genauigkeit der von dieser Institution vorgelegten Ergebnisse zugeben und verbreiten müssen. Keinem der von uns ausgewählten Labors sollte irgendetwas über den Code der Sportler bekannt sein, und der Genosse, der die Proben transportierte, wußte absolut nichts über deren Identität. Unter solchen Umständen würde die internationale Glaubwürdigkeit von etwas beträchtlich geschmälert werden, worüber wir nicht den geringsten Zweifel hegen: die Unschuld von Javier Sotomayor. Es gab noch weitere Schwierigkeiten. Die genannten reichen bereits aus, um sich der Risiken unserer Untersuchung bewußt zu werden, doch wir mußten sie eingehen. Es war unsere elementarste moralische Pflicht. Im Verlauf der Untersuchung ergaben sich zwei positive Aspekte: Erstens: Angesichts der Risiken, die diese sportliche Disziplin umgaben, war am 4. Januar 1995 ein neuer Beauftragter ernannt worden, ein Oberstleutnant a.D. der Revolutionären Streitkräfte, der zwölf Jahre lang die Sektion Körperertüchtigung und Sport im Ministerium der Streitkräfte geleitet hatte. Vordem war er als internationalistischer Kämpfer eingesetzt gewesen. Dieser Beauftragte hat seit seiner Amtsübernahme eine ausgezeichnete Arbeit im Hinblick auf Organisation, Disziplin, Erhöhung des fachlichen Bewußtseins und Stärkung der Ethik und des patriotischen Geistes in der Sportart Gewichtheben geleistet. Das Team, das uns in Winnipeg repräsentierte, war unschlagbar, und in Kuba war eine Reserve zurückgeblieben, die ebenfalls in der Lage war, große Lorbeeren zu ernten. Zweitens: Das Institut für Sportmedizin und ein junger und intelligenter Arzt, der mit der gesundheitlichen Betreuung der Nationalmannschaft der Gewichtheber betraut war, haben, jeder auf seinem Gebiet, ein System der integralen Betreuung dieser Sportler vervollkommnet. Eine systematische Kontrolle und Überwachung in bezug auf den Einsatz von Anabolika machten das Auftreten von Dopingfällen fast unmöglich. Bei einem Gespräch sagte mir der Arzt der Nationalmannschaft, daß er, kaum das Arztdiplom in der Tasche, mit bloßem Auge feststellen konnte, ob jemand gedopt war oder nicht. Als die Dopinganschuldigungen gegen zwei von unseren Goldmedaillengewinnern vorgebracht wurden, konnte ich bemerken, daß alle, die direkt mit den Sportlern zu tun hatten, die Möglichkeit, daß es wahr sein könnte, von der Hand wiesen. Bei keinem von ihnen konnte ich auch nur den geringsten Zweifel feststellen. Mir selbst, als ich über die erstgenannten Faktoren nachdachte, schien es unmöglich, daß ausnahmslos alle Angaben, die die Aberkennung der Medaillen unserer Sportler begründeten, widerlegt werden könnten. Wie im Boxsport benötigte man einen Punkt der Übereinstimmung, bei dem die Mehrzahl der Richter dafür stimmen, doch in diesem besonderen Fall mußten es alle sein, ohne eine Gegenstimme. Die Laborergebnisse sollten das letzte Wort dazu sagen. Wir dachten daran, drei verschiedene Laboratorien zu engagieren. Der Direktor für Sportmedizin wandte sich an fünf europäische Labors und beantragte ihre Dienste mit der Begründung, es bestehe die Notwendigkeit der Anfertigung von Laboranalysen bei Gewichthebern. Er wandte sich an Barcelona, Madrid, Portugal, London und Belgien. London antwortete, daß es wegen Reparaturen nicht möglich sei. Die anderen sagten zu. In Anbetracht der Dringlichkeit sowie der Entfernungen der anderen Laboratorien entschieden wir uns für drei auf der iberischen Halbinsel. Die LeichtathletikWeltmeisterschaften in Sevilla bereiteten noch zusätzliche Schwierigkeiten. Barcelona, das Hauptzentrum der Dopingproben der Olympischen Spiele 1992, und Madrid standen zur Verfügung der Weltmeisterschaften. Das letztgenannte Laboratorium war zeitweise mit Arbeit überhäuft. Von Sevilla erhielt es täglich fast 50
Proben. Strengste Diskretion war unerläßlich. Nur drei Personen würden den Code kennen, der die Proben und ihre jeweiligen Spender identifizierte: Christian, der Vizepräsident des INDER, dem ich in Abwesenheit von Humberto die Verantwortung für alle zu treffenden Sofortmaßnahmen übertrug; Mario Granda, Direktor des Instituts für Sportmedizin, und ich, wobei ich je ein Exemplar in einem versiegelten Umschlag zurückbehielt. Doktor Palacios, Biochemiker des Instituts, der die Proben überbrachte und dem der Programmablauf im Ausland oblag, kannte den Code nicht. Eingereicht wurden drei Doppelproben der Goldmedaillengewinner und eine Doppelprobe der Silbermedaillengewinner. Insgesamt waren es 40 Proben. 6 in Madrid, 7 in Lissabon und 7 in Barcelona. Am Mittwoch, den 11. August, um 17.25 Uhr, startete der Biochemie-Fachmann mit seiner kostbaren Fracht an Bord in Richtung Madrid. Zu dieser faszinierenden Etappe des Ermittlungsprozesses werde ich nichts weiter sagen. Die Mitteilungen von Palacios, jeden wesentlichen Schritt informierend, sollen für sich sprechen. Madrid, den 12. August 1999 Christian: Erste Sendung in Madrid um 12.50 Uhr übergeben. Möglicherweise beschleunigte Antwort; noch nicht bestätigt. Übermittle kommende Woche eventuelle Änderungen. Mögliche Übergabe morgen in Lissabon, Anruf steht noch aus. Gruß Miguel Madrid, den 17. August 1999 Christian: Bis jetzt wurde folgendes erledigt: - Ich händigte die Proben am Freitag, den 13. August, in Lissabon aus. Die Analysen wurden angefertigt, und ich erhielt die Ergebnisse am Sonntag, den 15. August: Alle mit negativem Befund (-) - Am Sonntag kehrte ich nach Madrid zurück, am Montagmorgen reiste ich nach Barcelona und übergab die Proben. Die Ergebnisse werden Anfang nächster Woche vorliegen, denn sie haben wenig Personal (Urlaubszeit) - In Barcelona war keine Unterkunft zu bekommen. Es gab nur sehr teure Hotelzimmer, deshalb bin ich gestern abend nach Madrid in das gleiche Hotel zurückgekehrt. - Ich werde hier auf die Antwort aus Barcelona warten und versuchen, die aus Madrid zu beschleunigen, deren kürzester Termin der 31. August ist. -In Barcelona hatte ich eine sehr interessante Unterredung mit dem Direktor. Ein ausführlicher Bericht kommt Freitag per Kurier. Gruß Miguel 23. August 1999. Eine außergewöhnliche Überraschung unterbricht die deliziösen Berichte von Palacios. Sie versetzt uns wieder in den Alptraum vergangener Tage. An diesem Tag erhalten wir ein FAX aus Porto Alegre, Brasilien: Porto Alegre, den 23. August 1999 Lic. Humberto Rodríguez Leiter der Mission Kubas Kubanisches Olympisches Komitee Calle 13 Nr. 601 Vedado, Havanna Kuba Werter Herr Rodríguez! Hiermit setzen wir Sie in Kenntnis, daß in der Urinprobe Ihres Sportlers Modesto Sánchez, Teilnehmer der Panamerikanischen Spiele in der Disziplin Gewichtheben in der Kategorie über 105 kg Nandrolonmetaboliten festgestellt wurden. Die Kontrolle wurde am 7. August 1999 in der Centennial Concert Hall durchgeführt.
Die B-Probe wird am 30. August um 9.00 Uhr im Dopinglabor des INRS-Santé, befindlich in 245, boul. Hymus, Point Claire, Montreal, durchgeführt. Gemäß den Richtlinien der ODEPA ist Ihre Delegation berechtigt, maximal drei Delegierte zum Labor zu entsenden. Wir bitten Sie freundlichst um Mitteilung ihrer Namen per FAX (1.514) 630-8850 oder per Telefon (1.514) 630-8806 an die Direktorin des Labors, Frau Prof. Christianne Ayotte. Bestätigt sich das Ergebnis der A-Probe, tritt am 4. September 1999 die Medizinische Kommission der ODEPA um 22.00 Uhr im Salon des Präsidiums des Guatemaltekischen Olympischen Komitees im Palacio de los Deportes, 24 calle 931, zona 5, 3er Nivel, in Ciudad Guatemala zusammen. Zu dieser Versammlung sind der Sportler und maximal drei Mitglieder seiner Delegation eingeladen. Hochachtungsvoll Prof. Dr. Eduardo Henrique De Rose Vorsitzender der Ärztekommission der ODEPA Sechzehn Tage nach dem 7. August, an dem die Probe genommen wurde, erhält Kuba die Mitteilung. Die Urinprobe von Modesto Sánchez befand sich bereits seit geraumer Zeit auf der iberischen Halbinsel. Na wunderbar! Nun sind es nicht mehr zwei, sondern drei wegen Nandrolon sanktionierte Sportler. Um so schlimmer für die Schuldigen, wenn das Schlußwort eines der drei renommierten Laboratorien zu ihren Ungunsten ausfällt. Gibt es zufällig noch irgendeinen kubanischen Gewichtheber, der noch nicht sanktioniert wurde? Wie lange noch sollen Kuba die Gold- und Silbermedaillen entrissen werden? Gäben wir ihnen auch die drei übrigen Goldmedaillen der Gewichtheber zurück, ohne dabei an die zehn zu denken, die wir mit Leichtigkeit gewonnen hätten, wäre nicht am Vorabend des Wettkampfes willkürlich die Anzahl der traditionell in dieser Sportart erkämpften Medaillen reduziert worden - nämlich mit dem Ziel, die Möglichkeiten Kubas zu vermindern -, so stünden wir immer noch auf dem zweiten Platz. Wenn sie es wünschen, geben wir alle Medaillen zurück, die wir in einem so harten Wettkampf voller widriger Faktoren bei den Panamerikanischen Spielen in Winnipeg gewonnen haben. Und nicht einmal so könnten sie uns den Weltmeistertitel in der Verteidigung eines gesunden Sports, der Ehre, der Würde und der Lauterkeit unserer Sportler streitig machen. Es existiert ein Dokument, das anormaler nicht sein kann. Es ist ein Schreiben des Herrn De Rose an die kubanische Delegation, datiert vom 2. August und eigenhändig von ihm unterzeichnet, in dem mitgeteilt wird, daß im Urintest des Sportler William Vargas, der noch gar nicht angetreten war, noch hatte man ihm irgendeine Probe entnommen, Nandrolon festgestellt worden sei. Etwa ein Schreibfehler? Ein Fehler des Computers? Ein vorher ausgearbeitetes und irrtümlich bei uns gelandetes Dokument? Chronik eines angekündigten Todes, wie der Roman von García Márquez? Am gleichen Tag erreichen uns einige Stunden danach weitere Mitteilungen von Palacios. 23. August 1999 Christian! Vor einer Weile sprach ich mit den Direktoren der beiden noch ausstehenden Labors. Das hiesige hat noch nichts weiter unternommen, denn sie stecken in einer anderen für sie vorrangigen Arbeit. Sie sagten mir, daß ich am Mittwoch, dem 25. August, anrufen soll, um zu sehen, ob sie etwas haben. Das andere Labor ist ziemlich weit. Morgen früh müßten sie fertig sein. Wir sind so verblieben, daß ich sie um 9.30 anrufe. Alle wissen bereits, daß wir eine mehrfache Sendung übergeben haben (Vergiß nicht, daß eine sehr gute Kommunikation und Kooperation existiert, denn sie erstatten in bestimmten Zeitabständen ihrem übergeordneten Organ Bericht.) (Er meint das IOC) Sie äußerten, diese sei eine ungewohnte und wenig übliche Situation. Sie zeigten
Befremden unterschiedlichen Ausmaßes, wobei das hiesige Labor das streitsüchtigste ist. Ich erklärte ihnen, daß wir die Relation zwischen dem Preis und der Zeit prüfen, in der die Antwort erfolgt und wir deshalb die Proben in verschiedene Partien eingeteilt haben, um alles in der Praxis zu verfolgen. Es wurde so akzeptiert, nur das von hier zeigte einen gewissen Vorbehalt. Gruß an alle. Umarmung Miguel P.S. Morgen berichte ich wieder. An diesem 23. August äußerten sie im Laboratorium in Madrid - wie Sie der Botschaft entnehmen konnten - unserem unermüdlichen, effizienten und beharrlichen Biochemiker Miguel Palacios gegenüber, der wie ein neuer Quichote von einer Seite zur anderen der iberischen Halbinsel eilte, ihr Befremden in bezug auf seine Besorgungen, die er in drei verschiedenen Einrichtungen tätigte. Zu diesem Zeitpunkt konnte er ihnen den Grund der Betreibung seines Anliegens nicht erklären. Er hatte Anweisung, es niemandem zu sagen. Er antwortete ihnen mit zwar liebenswürdigen, doch so wenig überzeugenden Worten, daß nicht einmal ich, der in das Geheimnis eingeweiht war, beim Lesen recht verstehe, was er eigentlich sagen wollte. Ich bin nicht sicher, daß sie ihm absolut alles glaubten. Vielleicht hegten sie den Verdacht, daß die Kubaner versuchten, einige der Geheimnisse von Winnipeg zu ergründen. Vielleicht war ihnen der Fall der Gewichtheber nicht bekannt; sie waren durch die Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Sevilla mit Arbeit überhäuft; doch es konnte ihnen nicht unbekannt sein, daß dem in Spanien so bekannten Sotomayor, wo er seinen außerordentlichen Rekord aufstellte, wegen einer angeblichen und hohen Dosis Kokain, die er laut den metaphysischen Theorien des Vorsitzenden der Ärztekommission der ODEPA und der Laboratorien von Montreal zwei Tage vor dem Wettkampf genommen haben soll, eine Sanktion ausgesprochen wurde. Wir bitten die Direktion des Laboratoriums in Madrid um Entschuldigung. Heute antworten wir auf ihre Fragen. Wir hatten mit diesen Laboratorien die Anfertigung von Analysen vereinbart und haben die wesentlichen Angaben dazu geliefert; wir waren zu nichts weiterem verpflichtet. Die beantragten Leistungen konnten keinen legitimeren Zweck haben. In den drei Laboratorien war man freundlich, seriös, effizient und verständnisvoll. Deshalb möchten wir neben unserer Entschuldigung ihnen auch unseren tiefsten Dank aussprechen. Am 24. August 1999 sendet Palacios seine letzte Botschaft aus Madrid, dieses Mal mit ermutigenderen Mitteilungen. Christian! Ausstehende Ergebnisse des anderen Zentrums (er bezieht sich auf Barcelona) erhalten; alles negative Befunde, siehe Anlage. Das von hier steht noch aus bis morgen nachmittag. Es ist das gleiche zu erwarten. Ich komme am Donnerstag zurück wie vorgesehen. Gruß Miguel P.S. War dein Anruf ein R-Gespräch? Du kannst dieses FAX mit ja oder nein beantworten. Danke. Am 26. August fliegt Palacios nach Kuba zurück, dieses Mal mit einer Ladung unwiderlegbarer Dokumente. Nur er kannte das, was mit schmerzlicher Ungeduld erwartet wurde: das Ergebnis der im Laboratorium in Madrid analysierten Proben. Mit überaus starken Kopfschmerzen kam er in der Nacht an. Er fuhr gleich nach Hause. Er übermittelte eine Nachricht an das INDER, in der er seine Ankunft meldete. Keiner hat sie weitergeleitet, oder keiner hat ihr auch nur die geringste Aufmerksamkeit geschenkt. Was war da schon wichtiges dabei, wenn ein Herr namens Palacios angekommen war? Dieser Donnerstag, der 26. August, war ein
Tag voller beklemmender Ungeduld. In Houston wurde die Boxweltmeisterschaft entschieden, und man hatte überhaupt kein Vertrauen zu den Punktrichtern. Wir mußten das Urteil der Mafia abwarten. Dort gab es keinen INDER-Vertreter, nichts. Ob aus Eifer oder Patriotismus, aller Augen waren auf die Fernsehgeräte gerichtet. Am Freitag, den 27. August, war alle Welt in Aufregung, in gerechter und gesteigerter Entrüstung darüber, was sie in jenem Ring gesehen hatten. Niemand dachte an Palacios. Am Samstag, den 28. August, telephonierte Christian ungefähr um 12.00 Uhr mittags mit dem Hotel in Madrid und erkundigte sich nach Palacios. "Er ist nicht im Hotel. Er ist vor zwei Tagen abgereist", hieß es. Er rief die Botschaft an, keiner meldete sich. Einige Stunden lang waren wir besorgt. 'Ist er vielleicht entführt worden?' 'Haben sie ihn etwa verschwinden lassen?' 'Was er bei sich hatte, war ein dickes Ding.' Um 20.30 Uhr, Beratung zur Podiumsdiskussion am Folgetag in beiden Fernsehkanälen unter Anwesenheit von Journalisten, Boxern und Trainern, die gerade erst aus Texas zurückgekehrt waren. Zehn oder zwölf Personen standen wir in einem Vorraum. Ich sehe Christian einige Schritte von mir entfernt, blicke ihn fragend an, und er lächelt mir zu. Ich trete näher, und er sagt leise zu mir: "Palacios ist am Donnerstag zurückgekehrt. Er hat alle Dokumente bei sich." Verblüffend! Am Sonntag, den 29. August, um 15.50 Uhr, geht die Podiumsdiskussion über Houston zu Ende. Erst dann konnten wir uns mit Palacios befassen. Versammlung um 17.00 Uhr im Palacio de la Revolución. Neun Stunden lang analysierten wir mit den Hauptautoren dieser Geschichte den Zündstoff, den wir in der Hand hielten. Montag, 30. August. Anerkennungsschreiben an die iberischen Laboratorien. Jetzt stecken wir zutiefst in einem großen Thema drin. Wir können dazu nicht ausführlicher werden. Es kann zu Polemiken kommen, und es ist nicht angebracht, dem Gegner Informationen zu liefern, die er in diesem Augenblick verzweifelt begehrt. Wir können nicht alle Karten auf den Tisch legen und nicht alle Munitionen verschießen. Auch werden wir die Codes nicht entschlüsseln. Es sind Flaschen mit 75 cc Urin dabei, die in diesem Moment mehr wert sind als eine Tonne Gold. Außerdem haben wir Reserven. Die Gewichtheber unserer Nationalmannschaft, junge, gesunde und moralisch einwandfreie Männer, können, wenn es die Umstände erfordern, so viele Proben liefern wie nötig sind. Wäre das Nandrolon, das sie anführen, um uns die Medaillen zu entreißen, Wochen oder sogar Monate vor den Wettkämpfen der Panamerikanischen Spiele injiziert worden, so befände es sich immer noch im Körper jener Sportler und es stünde genügend Zeit zur Verfügung, um die nötige Anzahl Proben zu entnehmen. Am Lächeln Christians an dem Abend, da das Geheimnis des Verschwindens von Palacios gelüftet wurde, konnte ich erraten, was geschehen war: das Ergebnis der Laboranalysen von Madrid, das Palacios in seinem saftigen Aktenkoffer mitgebracht hatte und das er in den Tagen, an denen keiner wußte, an welchem Ort der Welt er sich aufhielt, nicht aus der Hand gab. Seinerseits war es eine Grausamkeit, das Ende des ängstlichen und angespannten Wartens noch um 48 Stunden hinauszuzögern. Auch hier alles mit negativem Befund. Bei den von drei Labors analysierten 20 Proben erwähnt nicht einer der Berichte das Auftreten von Nandrolon oder dessen Metaboliten, nicht ein einziger Sportler unseres Gewichtheberteams war gedopt. Es war alles eine kolossale Lüge, ein infamer und schändlicher Betrug, ein verbrecherischer Entzug von Verdiensten, die mit Selbstlosigkeit, Ausdauer, Aufopferung und Opfern erzielt wurden. Was unglaublich, ein Traum, ein Unmögliches, ein Wunder schien, hatte sich erfüllt. Deshalb konnte ich am Sonntag nach der Podiumsdiskussion interessante Mitteilungen ankündigen. Um mit dem Vokabular des Sports zu sprechen, im Baseball hieße es ein no hit, no run; Im Boxsport würde man sagen, daß alle Punkte übereinstimmend waren und kein Richter dagegen stimmte. Der Sieger in der roten Ecke: Kuba, zwanzig zu null. Wir wissen, wo sie versuchen werden zu widersprechen. Doch wir sind ruhig, denn
alles ist unter Kontrolle. Mir bleiben nur noch die Schlußforderungen, die ich kurz und zusammengefaßt später vorbringen werde. Ich gebe jetzt das Wort weiter an die, die eine gleichermaßen unwiderlegbare Zeugenaussage zu machen haben, und darüber hinaus die biochemischen Analysen, die die Aussagen vervollständigen werden.
Fidel 3. September 1999 Schlußfolgerungen des Präsidenten der Republik Kuba, Fidel Castro Ruz, in der Sondersendung über die nationale und internationale Bewegung des Sports am 3. September 1999. Als ich dem Leiter unserer Sportdelegation in Winnipeg und dem Präsidenten des kubanischen Olympischen Komitees die Anweisungen gab, in die Ehre und das Wort von einer der größten Figuren des weltweiten Sports Vertrauen zu setzen, verteidigte ich nicht eine Goldmedaille oder die Großtat, den ersten Rang in der Leichtathletik erreicht und dabei die Vereinigten Staaten geschlagen zu haben, ein Sieg, der uns schändlicherweise entrissen wurde, indem man Sotomayor seine Medaille abnahm. Dabei versuchte ich, die Moral eines Menschen zu retten. Ein olympischer Sportler ist kein vulgäres Instrument des internationalen Prestiges, ein Objekt, das man auf dem Markt kauft und verkauft, eine Ware, die man gebraucht und danach auf den Müll wirft. Er ist vor allem ein menschliches Wesen, der Vater und Mutter, Ehefrau und Kind, Geschwister, Freunde und Bewunderer hat und der der Stolz aller wegen der Anerkennung ist, die er mit seiner Anstrengung und seinen überragenden Verdiensten erworben hat. Er besitzt eine Ehre, vor allem eine Ehre. Wer noch nie für Geld einen Wettbewerb bestritten hat, bestritt diesen und siegte nur für die Ehre. Die Ehre ist mehr wert als das Leben, das Leben ohne Ehre hat keinen Sinn. Es gibt ein Verbrechen, das noch verurteilungswürdiger ist als das physische Verbrechen. Das moralische Verbrechen, Sotomayor als Drogenabhängigen, leidenschaftlichen Konsumenten von Kokain zu beschuldigen, eines Produktes, das heutzutage die Welt terrorisiert, bedeutet, das Leben eines Mannes für immer zu beflecken, und zwar ohne wirklichen Beweis, ohne irgendeine Garantie, ohne die geringste Möglichkeit, sich zu verteidigen und ohne eine mögliche Berufung. So werden innerhalb von 48 Stunden 21 Jahre mit totaler und uneigennütziger Hingabe zum Amateursport, den er im Alter von 10 Jahren begann, zerstört. Man kann nicht auf willkürliche und brutale Weise ignorieren, daß er mehr als 100 programmierten und überraschenden Dopingproben unterzogen wurde und daß er mehr als dreihundert Mal die Höhe übersprang, mit deren Überwindung im ersten Versuch er an jenem Tag seine Medaille errang. Sogar das mittelmäßigste Gericht und der mittelmäßigste der Richter, die auf der Welt das Strafrecht anwenden, hätten diese Geschichte und das Vorleben der Person berücksichtigt, über die sie zu richten haben. Wenn die weltweite Bewegung des Sports dieses Minimum an Garantien für die Sportler, die an internationalen Wettkämpfen teilnehmen, nicht anbieten kann, besteht die offenkundige Notwendigkeit, solche Verfahrensweisen auszumerzen und sie durch andere zu ersetzen, die menschlicher, vernünftiger und gerechter sind. Die Amateursportler, die nicht für Geld an Wettkämpfen teilnehmen, können nicht weiterhin unter einem solchen Terrorregime leben. Alle schauen darauf, was mit Sotomayor passiert, gegen den gerade ein abscheuliches Verbrechen verübt wird, ein abstoßender und schändlicher moralischer Mord, wie vor etwas mehr als einem Jahrhundert im berühmten DreyfusFall, jenem Offizier des französischen Generalstabs, der aufgrund von Vorurteilen und Rassenhass ungerechterweise als Spion angeklagt, hart bestraft und nach
Französisch-Guayana geschickt wurde, wohin man die schlimmsten Kriminellen sandte, bis keine Alternative mehr blieb, als ihn zu rehabilitieren. Wenn man die infame, willkürliche und ungerechte Sanktion gegen diesen ruhmreichen, bescheidenen und uneigennützigen Sportler nicht korrigiert, wird Javier Sotomayor zum Dreyfus des zuendegehenden Jahrhunderts. Als wir ausgehend von dieser Überzeugung nicht zögerten, seine Unschuld zu bekunden, waren wir weit davon entfernt, uns vorzustellen, daß zwei Tage danach mit einer Welle von ungerechten Sanktionen versucht würde, das kubanische Gewichtheberteam aus der olympischen Bewegung wegzufegen. Die gegen drei kubanische Gewichtheber erhobene Beschuldigung des Dopings mit Nandrolon ermöglichte uns, den in Winnipeg gegen die kubanischen Sportler eingefädelten Komplott zu entdecken und total zu entlarven. Unsere Beweise sind unanfechtbar. All das, was hier vorgebracht wurde, von den soliden wissenschaftlichen, theoretischen und praktischen Argumenten des Direktors des Instituts für Sportmedizin, denen des brillianten und talentierten Arztes der Gewichtheber-Nationalmannschaft und denjenigen des erfahrenen Beauftragten dieser Disziplin - die aufgelistet und in allen Details und mit der entsprechenden Dokumentation so unumstößliche Beweise darstellen, daß die Ausführungen von jedem von ihnen genügen würden, um ein unparteiisches Gericht zu überzeugen -, bis zu dem überwältigenden und unumstößlichen Resultat der drei angesehenen und mit der olympischen Bewegung in Verbindung stehenden Laboratorien, zwei von ihnen in den vergangenen acht Jahren verantwortlich für die Analyse der Proben bei einer Olympiade und einer Leichtathletik-Weltmeisterschaft, beweist die plumpen Ungerechtigkeiten, die gegen die kubanischen Sportler verübt wurden. Das was Tage später bei der Boxweltmeisterschaft geschah, brachte das Faß zum Überlaufen. Im Namen des kubanischen Volkes beantragen wir beim Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees, Juan Antonio Samaranch, der die höchste Autorität in der weltweiten Sportbewegung darstellt und dem wir vertrauen, daß er eine Untersuchungskommission bezüglich der Ereignisse in Winnipeg und Houston einsetzt. Wir haben bereits von der Internationalen Amateurboxvereinigung die Überprüfung der Urteile gefordert, durch die fünf kubanischen Sportlern die Goldmedaillen geraubt wurden, und zwar genauso, wie am gleichen Abend angesichts der skandalösen Entscheidung von korrupten Punktrichtern im Kampf von Juan Hernández Sierra gegen den russischen Boxer Timor Gaidalov verfahren wurde. Wir fordern, daß die auf eine saubere Art und Weise errungenen und durch kriminelle und zynische Verfahrensweisen entrissenen Goldmedaillen des Hochsprungweltrekordlers und sechsfachen Weltmeisters Javier Sotomayor und der Gewichtheber William Vargas in der 62 kg-Kategorie und Rolando Delgado in der 69 kg-Kategorie sowie die Silbermedaille von Modesto Sánchez in der Kategorie von über 105 kg zurückgegeben werden. Und was noch viel wichtiger ist: Man muß den gekränkten Sportlern ihre Ehre zurückgeben. Wir werden nicht ruhen, bis wir es erreicht haben. Wir werden sogar, wenn nötig, die Gerichte anrufen, um die strafrechtliche Verantwortung für das Delikt der Diffamierung und Verleumdung unserer Sportler einzufordern. Wir werden diese bei jeder Klage auf Schadensersatz unterstützen, wenn sie entscheiden, diese Klage wegen Personenschaden und moralischem Schaden anzustrengen. Mehr als bewiesen sind die Ungerechtigkeiten, unter denen sie leiden, und die Ungleichheiten, welche die Entwicklung des Sports und die Triumpfe derer verhindern, die ein Anrecht darauf haben, nämlich die Länder der Dritten Welt. Wir werden mit aller Dringlichkeit ein modernes und effizientes Antidoping-Labor schaffen, das mit den Staaten unserer Region, die dies benötigen, zusammenarbeitet, und genauso wie wir es im Bereich der Medizin tun, in dem wir auch bereits schon eine Macht sind, tragen wir mit der Kooperation der kubanischen
Fachkräfte nicht nur zur Entwicklung des Sports bei, sondern überlegen uns ernsthaft die Errichtung einer lateinamerikanischen und karibischen Fakultät für Körperkultur und Sport, um für diese Länder ihre eigenen Fachkräfte auszubilden, die diese noble und gesunde Aktivität dann in ihren Herkunftsländern ausüben. Eines Tages werden wir, die Indios mit Schlips und Kragen, beweisen, was wir sind und was wir zustandebringen können. Vielen Dank.
Fidel 19. September 1999 Havanna, den 19. September 1999 Grußadresse an die Teilnehmer der Ministertagung der Gruppe der 77 Sehr verehrte Teilnehmer der Ministertagung der Gruppe der 77! Gestatten Sie mir, Ihnen meinen brüderlichen Gruß zu übermitteln. Es war mein größter Wunsch, persönlich an dieser Tagung teilzunehmen, doch es war nicht möglich. Mit meinen Worten möchte ich Ihnen in erster Linie zum Ausdruck bringen, welche Ehre, doch auch welche Verantwortlichkeit es für Kuba bedeutet, in Havanna das Gipfeltreffen der Länder des Südens vom 10. bis 14. April nächsten Jahres durchzuführen. Dieses wichtige Ereignis auf hoher Ebene, einberufen durch unser Land auf Beschluß der Ministertagung der Gruppe der 77 und Chinas, die vor nur einem Jahr im September 1998 stattfand, wird vor dem Hintergrund einer historischen Situation ihren Verlauf nehmen, die für die Welt und besonders für ihren am meisten benachteiligten Teil, den die hier vertretenen Länder ausmachen, von lebenswichtiger Bedeutung ist. Die Gruppe der 77 muß gemeinsam erwägen, wie die neuen Realitäten anzugehen sind, um Zugang zur Entwicklung zu haben, die Armut zu beseitigen, die Kultur zu verteidigen und den Platz einzunehmen, der ihr bei der Findung von globalen Entscheidungen zukommt, die alle betreffen. Seit ihrer Gründung im Jahr 1963 bekleidet diese Gruppe eine relevante Funktion als Vertreter des Südens und Verteidiger seiner Interessen bei zahlreichen Verhandlungen. Wir sind ein Komplex von Ländern, gekennzeichnet durch Unterschiedlichkeit in der Geographie, der Kultur und dem Entwicklungsstand. Diese Verschiedenartigkeit darf nicht Schwäche sein, sondern in ihr muß unsere Stärke liegen. Durch ruhiges Erwägen und ehrlichen Gedankenaustausch werden wir Wege finden, die legitimen Interessen aller Mitgliedsländer, ob oberflächenmäßig groß oder klein, dieser oder jener Religion anhängend, diese oder jene Kultur besitzend, seien es kontinentale oder Inselstaaten, mit einzugliedern. Über die Verschiedenartigkeit hinaus teilen wir als uns einenden und zusammenhaltenden Aspekt die Eigenschaft, daß wir eine Gruppe von Ländern sind, denen allen nur in sehr geringem Umfang - in vielen Fällen faktisch überhaupt nicht die Vorteile der gegenwärtigen Weltordnung mit ihren brillanten Technologien, der Expansion der Märkte und den Finanzblasen zugute kommen. Wir stehen an der Schwelle eines neuen Jahrtausends, vor uns die enormen Herausforderungen einer unipolaren Weltordnung und eines ungestüm voranschreitenden Globalisierungsprozesses, der einer Welt mit einem nie dagewesenen technologischen Potential, doch auch mit noch nie dagewesenen Ungleichheiten und Exkludierungen Platz macht.
Die Globalisierung ist der historische Prozeß, der das Szenarium der Welt am Ende unseres Jahrtausends kennzeichnet. Es ist eine unumkehrbare Realität, charakterisiert durch wachsende wechselseitige Beziehungen der Länder, Volkswirtschaften und Völker infolge der großen wissenschaftlich-technischen Fortschritte, die die Entfernungen gekürzt haben und die Kommunikationen und Informationsübermittlung zwischen Ländern irgendwo auf unserem Planeten Wirklichkeit werden ließen. In der Globalisierung mit ihren beeindruckenden technologischen Errungenschaften liegt ein enormes Potential für die Entwicklung, die Beseitigung der Armut und die Förderung des Wohlstandes bei sozialer Gleichheit für die gesamte Menschheit. Nie zuvor standen so ausgezeichnete technologische Mittel zur Verfügung wie die, die es heute gibt. Doch die Welt ist weit davon entfernt, diese Möglichkeiten, die die Globalisierung bietet, verwirklicht zu sehen. Sie verläuft heute unter dem Taktstock der neoliberalen Politik, die einen nichtregulierten Markt und eine schrankenlose Privatisierung aufdrängt. Weit von der Verbreitung der Entwicklung in einer Welt entfernt, in der es immer mehr Verflechtungen gibt und die daher immer stärker einer gemeinsamen Nutzung des Fortschritts bedarf, hat die neoliberale Globalisierung die Ungleichheiten vertieft und den Mangel an sozialer Gerechtigkeit und die erbittertsten Gegensätze zwischen Überfluß und extremer Armut außerordentlich vergrößert. Im Jahr 1960 lag das Verhältnis des Einkommensunterschiedes zwischen den in den Industrieländern lebenden reichsten 20 Prozent der Weltbevölkerung und den in der Dritten Welt lebenden ärmsten 20 Prozent bei 30 : 1; und 1997 betrug dieses Verhältnis 74 : 1. Der Kult des nichtregulierten Marktes hatte eine progressive Konvergenz in der Entwicklung versprochen, doch die letzten beiden Jahrzehnte haben die stärkste Konzentration der Einkommen und aller Art Ressourcen sowie eine Vertiefung der Kluft zwischen Industrie- und Entwicklungsländern gebracht. Die OECD-Länder konzentrieren mit 19 Prozent der Bevölkerung unseres Planeten 71 Prozent des Welthandels von Waren und Leistungen, 58 Prozent der direkten Auslandsinvestitionen und 91 Prozent aller Internet-Nutzer. Es ist offensichtlich, daß unter den Voraussetzungen des Kultus an die Kurrenzfähigkeit des Marktes und der Herabsetzung der Rolle der Regierungen auf passive Empfänger der in den Zentren der Hochfinanz getroffenen Entscheidung die Möglichkeiten der Globalisierung sehr ungleich verteilt sind. Soll die Globalisierung ihr enormes Potential an Nutzen für die Menschheit verwirklichen, so muß sie neben einer neuen, gerechten und nachhaltigen Weltordnung einhergehen, in der die Länder der Dritten Welt an der Findung von globalen Entscheidungen beteiligt sind; wo es zu einer tiefgründigen Umwälzung des internationalen Währungssystems kommt, das heute von einer dazu privilegierten Landeswährung beherrscht wird; wo die Entwicklung integral angegangen wird und keine Trennung von Handel, Investition und Finanzen in eigenständige Bereiche zum Zwecke der einfacheren Machtausübung durch die Industrieländer erfolgt. Es erfordert außerdem die Reduzierung des wachsenden Abstandes zwischen der Gruppe der reichsten Länder und der großen Mehrheit der armen Länder sowie die Einstellung der protektionistischen Praktiken, die im offenen Widerspruch zu den so häufig wiederholten Liberalisierungsphrasen stehen. Soll die Globalisierung ihr Fortschritts- und Entwicklungspotential nicht nur für eine privilegierte Minderheit, sondern für alle entfalten, dann muß es zwischen den Industrieländern und der Dritten Welt zu einem Dialog kommen, der umfassend, verantwortungsvoll und mit vollem Verständnis der von ihr selbst geforderten gemeinsamen Verantwortlichkeiten sowie der Entwicklungsunterschiede zu führen ist, die die Forderung nach Gleichheit der Verpflichtungen zwischen zutiefst ungleichen Seiten ungerecht und absurd erscheinen lassen. Dieser Dialog muß vor allem von Seiten geführt werden, die gleiche Rechte haben;
er darf nicht zu einem Monolog werden, bei dem der Dritten Welt die Rolle des Zuhörers einer Rede darüber zukommt, was sie zu tun hat, um ein gutes Verhalten bescheinigt zu bekommen. Es sind viele Punkte, die in die Agenda dieses Dialogs aufgenommen werden müssen. Neue Konflikte und immer größere Ungleichheiten verlangen Verhandlungen, bei denen unsere Fähigkeit des abgestimmten Auftretens als Gruppe der 77 und eine kluge, flexible und prinzipientreue Verhandlungstaktik unabdingbare Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Nord-Süd-Dialogs auf der Höhe der immensen globalen Herausforderungen sind, die vor der Menschheit stehen, insbesondere der Herausforderung einer notwendigen Globalisierung einer umweltmäßig nachhaltigen und sozial gerechten Entwicklung. Für unsere Länder ist es von erstrangiger Bedeutung, diese Agenda auszuarbeiten, unsere Prioritäten zu setzen und unsere Verhandlungspositionen abzustimmen. Themen wie die Außenverschuldung der Dritten Welt und die schwere Last des Schuldendienstes, der viele unserer Länder abschnürt; das internationale Währungsund Finanzsystem, das von häufigen Krisen erschüttert wird, die die Weltwirtschaft destabilisieren und die armen Länder mit besonderer Härte treffen; der multilaterale Handel, beherrscht von Regeln extremer Liberalisierung, die von den Industrieländern auferlegt und von ihnen selbst tagtäglich durch den selektiven Protektionismus verletzt werden; die nachteiligen Trends der Grundstoffpreise auf einem Weltmarkt, der immer stärker von den großen transnationalen Konzernen beherrscht wird, deren Jahresumsatz das Bruttoinlandsprodukt vieler unserer Länder übersteigt; das sind einige der Punkte, die von uns geprüft werden und über die wir uns einigen müssen. Die Ungleichheiten und Gefahren, die die Regeln über den Handel von Dienstleistungen und Urheberrechten in sich bergen, sowie die Kürzungen der staatlichen Entwicklungshilfe bis auf ein Niveau, das sich immer weiter von den eingegangenen Verpflichtungen der Industrieländer entfernt, sind ebenfalls bedeutsame zu prüfende Aspekte. Der Süden braucht den Süden. Die Zusammenarbeit unserer Länder ist eins der Themen, zu denen das Gipfeltreffen in Havanna einen verstärkten Beitrag über konkrete Aktionen und erneuernde Mechanismen zu leisten hat. Die Förderung der Süd-Süd-Kooperation ist unser Weg der gegenseitigen Übermittlung unserer Erfahrungen und Fähigkeiten. Ein besonders relevantes Thema unserer Agenda sind die Aspekte über den Wissensstand und die Technologie, denn in ihrem Rahmen behandeln wir die Fragen, die in beachtlichem Maße über die Zukunft unserer Länder entscheiden. Es drängt, die Notlage anzugehen, in der sich unsere Ländergruppe auf dem Szenarium der globalen Netze der Information, von Internet und sämtlichen modernen Medien der Informations- und Bildübertragung befindet. Diese prächtige Welt des Austauschs von Kenntnissen und Bildern bleibt unseren Ländern weiterhin fremd und vorenthalten. Für den Zugang zu Internet muß man zumindest lesen können, eine Telephonleitung und einen Computer besitzen und die englische Sprache beherrschen, in der 80 Prozent der Botschaften des Netzes erscheinen. In vielen Ländern der Gruppe der 77 ist es schwer, diese Anforderungen auch nur einzeln zu erfüllen; und noch schwerer ist es, ihnen insgesamt zu entsprechen. Es ist eine Realität, daß in den Vereinigten Staaten und Kanada mit weniger als fünf Prozent der Weltbevölkerung mehr als fünfzig Prozent der Internetnutzer leben und daß es in den Vereinigten Staaten mehr Computer gibt als in der restlichen Welt. Der Grund dieser extremen Ungleichheit liegt in den fehlenden Möglichkeiten für die Entwicklungsforschung. 84 Prozent der weltweiten Ausgaben für Forschung und Entwicklung entfallen auf nur zehn Länder. Die neuen Technologien der Kommunikation haben die Welt in Teilnehmer und Nichtteilnehmer der globalen Netze gespalten. Der Anschluß an das Wissen und die Beteiligung an einer echten Globalisierung der Information, also nicht Ausschluß, sondern Teilnahme, die mit der verbreiteten
Praxis der Abwerbung Schluß macht, ist eine unabdingbare strategische Notwendigkeit für das Überleben unserer kulturellen Identität im kommenden Jahrhundert. Für Kuba ist es von großer Bedeutung, daß wir 133 Länder der Gruppe der 77 unsere Standpunkte zu diesen entscheidenden Fragen diskutieren und gemeinsame Strategien entwickeln mit dem Ziel der Verteidigung unserer Interessen in einer unipolaren Welt, in der die Absichten einiger weniger immer offensichtlicher werden, sich über die in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Prinzipien des Völkerrechts hinwegzusetzen, nach denen sich länger als ein halbes Jahrhundert die Beziehungen zwischen allen Ländern geregelt haben. Doch in Gefahr sind nicht nur die Prinzipien des Völkerrechts, sondern sogar die bloße Existenz der mittleren und kleinen Länder. Man verlangt sogar von ihnen, aufzuhören zu atmen, damit die transnationalen Konzernriesen und einige supermächtige Staaten unter der Ägide eines von ihnen alles entscheiden. Eine solche Philosophie ist nicht nur inakzeptabel, sondern eher absolut unhaltbar. Das Gipfeltreffen der Länder des Südens in Havanna wird den geeigneten Rahmen bilden, um unsere Positionen für die Generalversammlung und den Gipfel des Jahrtausends abzustimmen, eine Welt mit sozialer Gerechtigkeit und realen Entwicklungsmöglichkeiten für alle Völker unseres Planeten verfechtend. Kuba stellt den Ländern der Gruppe der 77 seine in der praktischen Kooperation gesammelten Erfahrungen zur Verfügung. Allein auf dem Gebiet des Gesundheitswesens haben mehr als 25 000 kubanische Ärzte in Dutzenden von Ländern der Dritten Welt ihren Dienst getan. Gegenwärtig sind auf unentgeltlicher Basis mehr als 1200 Ärzte und Spezialisten des Gesundheitswesens in Mittelamerika, Haiti und dem nördlichen Schwarzafrika tätig und noch mehrere Tausend sind einsatzbereit für diese Mission; und nicht, um in Haupt- oder Großstädten zu arbeiten, sondern in Dörfern, Siedlungen und abgelegenen Orten, wo sie am meisten gebraucht werden. Millionen Menschen könnten mit Hilfe dieser bescheidenen, doch aufrichtig solidarischen Bemühung gerettet werden, wenn die erforderlichen menschlichen Ressourcen dafür bereitgestellt werden. In Havanna wird bereits an der Lateinamerikanischen Hochschule für Medizin gelehrt. Immatrikuliert sind 2000 Studenten aus 18 Ländern der Region. Diese Anzahl wird sich in wenigen Monaten auf 3000 erhöht haben; und in noch drei Jahren werden es 6000 Medizinstudenten aus lateinamerikanischen und den Karibikstaaten sein. In Afrika kooperieren wir bei der Schaffung und Entwicklung von medizinischen Ausbildungseinrichtungen. Wir arbeiten beschleunigt an der Entwicklung eines AIDS-Impfstoffes und anderen Seren gegen tödliche Tropenkrankheiten. Mit unaufhaltsamer Kraft bricht sich ein neues Konzept über die Rolle des Arztes in der menschlichen Gesellschaft Bahn. Ein ähnlicher Plan zur Ankurbelung der Entwicklung von Körperkultur und Sport in der Dritten Welt wurde bereits mit der Entsendung von Trainern und der Schaffung einer Hochschuleinrichtung für die Ausbildung von Sportlehrern eingeleitet. Die Zusammenarbeit bei der Heranbildung wissenschaftlichen und technischen Personals erstreckt sich auf andere Zweige. Wir stehen kurz vor dem Abschluß und der Testung eines Systems, bei dem über Rundfunksendungen Schreiben und Lesen gelehrt wird. Dadurch könnten mit einer geringen Anzahl Lehrer und ganz wenigen Materialkosten Hunderte Millionen Menschen in der Dritten Welt alphabetisiert werden, die in abgelegenen Gebieten leben, für die sonst Millionen Lehrer und zehnstellige Dollarbeträge jährlich benötigt würden - etwas Unerreichbares. Ich bitte Sie um Entschuldigung, wenn ich diese Fakten erwähne. Ich will damit nur zum Ausdruck bringen, wie unendlich weit der Bereich unserer Möglichkeiten ist, wieviel mit ein wenig Solidaritätsgeist und internationaler Kooperation erreicht werden kann. Kuba ist lediglich ein kleines Land, das vierzig Jahre lang einen unaufhörlichen, rigorosen und unerbittlichen Wirtschaftskrieg zu ertragen hatte. Was könnten wir bei enger Zusammenarbeit unserer aller Länder nicht erreichen? Es würde nicht nur die Rettung der gegenwärtigen Zivilisation bedeuten, sondern auch
das Überleben der Gattung Mensch verbürgen. Nur vereint werden wir in der Lage sein, uns Gehör zu verschaffen, für unsere Interessen zu kämpfen, unser Recht auf Leben, Entwicklung und Kultur zu verteidigen. Wir hoffen, daß Sie Ihren Staats- und Regierungschefs neben meiner vorzüglichen Hochachtung diese Betrachtungen übermitteln sowie den Wunsch Kubas, sie im April nächsten Jahres in Havanna willkommen zu heißen, wie wir bereits versprochen haben, als diese Beratung angesetzt wurde. Mit brüderlichem Gruß Fidel Castro Ruz
Fidel 29. September 1999 Rede des Vorsitzenden des Staatsrates der Republik Kuba, Fidel Castro Ruz, auf der Veranstaltung anläßlich des 50. Jahrestages der Gründung der Volksrepublik China im Veranstaltungsraum "Sala Universal" des Ministeriums der Revolutionären Streitkräfte am 29. September 1999, "Jahr des 40. Jahrestages des Sieges der Revolution (Stenographischer Dienst des Staatsrates) Wie Sie sehen konnten, wollte man bereits die Vorhänge schließen (Lachen); doch ich blickte auf die Uhr und sah, daß uns zufällig noch etwas Zeit verblieben war. Daher meinte ich, man könnte lohnenderweise diese Minuten nutzen und einige kurze Gedanken zu dem hinzufügen, was hier gesagt wurde. Vor Tagen schon, als wir mit einer großen Anzahl von Aktivitäten beschäftigt waren, kam mir mit gewisser Häufigkeit die Idee, daß sich der fünfzigste Jahrestag des Sieges der Revolution in China, und zwar nicht nur der Revolution, sondern auch der Unabhängigkeit Chinas, nähert und daß es sich hierbei um einen wahrlich sehr bedeutsamen historischen Gedenktag handelt. Immer wieder werden derartige Ausdrücke benutzt, doch in diesem Fall stehen wir vor einer realen Tatsache, einem Datum von realer historischer Bedeutung, und ich stellte mir die Frage: Wie werden wir diesen Tag begehen? Welche Bedeutung werden wir ihm verleihen? Deshalb hatte ich nach dem Programm gefragt, das ablaufen sollte. Ich fragte den Botschafter und zuerst sagte er mir, es fände am Abend des 30. September ein Empfang in der Botschaft statt, zu dem er mich herzlich einlade. Ich antwortete: "Botschafter, der Abend des 30. September ist nicht der Jahrestag des Sieges der chinesischen Revolution!" Und er sagte mir: "Doch, weil nämlich um diese Zeit des 30. September in China bereits der 1. Oktober ist." Und so organisierten sie den Empfang nicht für den 2. Oktober, d.h. wenn er wie üblich am 1. Oktober stattgefunden hätte. Findet er also morgen Abend, den 30. September statt, so fällt er genau auf den Morgen des Gründungstages der Volksrepublik China. Ich weiß sogar, daß einige Fernsehgeräte vorbereitet wurden, damit die Gäste die Militärparade und den Umzug sowie die Gedenkfeierlichkeiten auf dem Platz Tiananmen verfolgen können. Der Augenblick, als der Botschafter daran erinnerte, daß Kuba als erstes Land Lateinamerikas die Volksrepublik China anerkannte und Beziehungen zu ihr aufnahm, war für mich eine große Genugtuung, denn die damalige Blockade und die Bestrebungen der völligen Isolierung des Landes waren sehr stark; dazu der absolute Gehorsam in unserer Hemisphäre gegenüber den Vereinigten Staaten, wo sogar viele Länder - wie unsere großen Brüder der Karibikinseln englischsprachigen Ursprungs - noch nicht unabhängig waren. Die Unabhängigkeit jener Inseln hat die Befähigung zur Unabhängigkeit und ihren Geist in dieser Hemisphäre verstärkt. Doch hier in Lateinamerika wie auch an vielen anderen Orten der Welt unterhielt niemand Beziehungen zur Volksrepublik China. Da auch wir am 1. Januar 1959 unsere Unabhängigkeit errangen, war also bis zur
Aufnahme der Beziehungen zur Volksrepublik China nicht viel Zeit vergangen. Doch er erinnerte sich an noch etwas, nämlich als die kubanische Revolution siegte, wurde China im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen von Taiwan vertreten. Es gab damals unter den ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates nur ein einziges Land, das kein Verbündeter der Vereinigten Staaten war, die Sowjetunion. Und ein weiterer Beweis des vom Imperialismus ausgehenden Zwanges ist die Tatsache, daß sie völlig mißachteten, absolut nicht wissen wollten, daß das bevölkerungsreichste Land der Welt, das unter den Ländern der Neuzeit, wir könnten sagen, älteste Land, die älteste Zivilisation der Welt weder in jener Vollversammlung noch im Sicherheitsrat vertreten war, worauf es allen im Zweiten Weltkrieg unterzeichneten Abkommen zufolge ein Recht hatte. Sie hielten in Taiwan die gestürzte Marionettenregierung an der Macht, die Verbündeter der Vereinigten Staaten blieb. Und wir hatten Jahr für Jahr hart, sehr hart zu kämpfen, viele Länder, im wesentlichen die der Dritten Welt, unter ihnen auch Kuba. Wie wir heute gegen die Blockade kämpfen, galt unser Kampf damals der Anerkennung des Sitzes der Volksrepublik China in den Vereinten Nationen und im Sicherheitsrat unter den fünf ständigen Mitgliedern. Dies wurde 1971 erreicht; man konnte sich schon nicht mehr jener Bewegung der Weltöffentlichkeit und der wachsenden Unterstützung einer immer größeren Anzahl von Mitgliedsländern der Vereinten Nationen entgegenstellen, denn in jener Zeit errangen viele Länder Afrikas und anderer Regionen der Welt ihre politische Unabhängigkeit; darunter sehr gewichtige Länder wie Indien, das an Bevölkerungsdichte China folgende Land, das nach dem Zweiten Weltkrieg seine Unabhängigkeit erzielt; Indonesien, ein weiteres bevölkerungsreiches Land Asiens, wird ebenfalls unabhängig; Japan war jahrelang besetzt, bis man ihm schließlich nach und nach seine Vorrechte als souveräner Staat gewährte. Viele andere Länder im Nahen Osten, in Ozeanien, die Karibik habe ich bereits erwähnt, wurden unabhängig. So kamen immer mehr Länder hinzu und es waren in diesem Kampf die Beständigkeit und die Beharrlichkeit, die letztendlich diesem elementaren Recht Chinas zum Durchbruch verhalfen. Heute, nach 26 Jahren, erlangt jenes Ereignis seine, ich würde sagen, volle Gültigkeit unter den heutigen Gegebenheiten der Welt, und zwar aufgrund der Bedeutung und des Gewichts, die China heute hat und die unvergleichlich größer sind als zu dem Zeitpunkt, als das Land als ständiges Mitglied des Sicherheitsrates angenommen wurde. China ist das Land des Sicherheitsrates, das am wenigsten von seinem Vetorecht Gebrauch gemacht hat, es hat dieses Recht nur in ganz besonderen Ausnahmefällen ausgeübt - Alarcón weiß vielleicht, wie oft es der Fall war. Der "Herr der Welt" - in Anführungsstrichen, denn er ist nicht der Herr der ganzen, sondern nur fast der ganzen Welt - hat von diesem Recht unendliche Male Gebrauch gemacht. Heute besitzt die Dritte Welt ein Freundesland, jene Dritte Welt, die China so viel Unterstützung geleistet hat. Sie hat einen Freund im Sicherheitsrat und unter dessen ständigen Mitgliedern. Hier wurde nichts gesagt zu den Leiden des chinesischen Volkes, den Riesenopfern jenes Volkes nach dem Sieg seiner Revolution und der Erlangung der Unabhängigkeit, und mir kam das alles ins Gedächtnis. Ich muß das so sagen, denn das Land war, ebenso wie Kuba, bis zum Sieg der Revolution nicht vollkommen unabhängig. Sie waren beispielsweise recht lange Zeit wirtschaftlich blockiert, fast völlig isoliert in diesem Bereich. In den ersten Jahren konnten sie sich auf die Zusammenarbeit der Sowjetunion stützen, doch nur in gewissem Maße, denn die Sowjetunion hatte auch gerade erst einen furchtbaren Krieg hinter sich, der ihre Industrie, ihre Landwirtschaft, ihre Infrastruktur in einem faktisch zerstörten Zustand hinterließ. Sie bot ihnen etwas Unterstützung, eine gewisse Unterstützung, die, wie ich weiß, von den Chinesen sehr geschätzt wurde, bis es dann zu Differenzen und Schwierigkeiten kam. Eigentlich möchte ich über diese Aspekte nicht sprechen. Doch ich erinnere mich an
die Jahre der Wirtschaftsblockade Chinas; und ich erinnere mich auch, als die USamerikanischen Truppen unter dem Befehl von MacArthur in den Korea-Konflikt eingriffen - ein Land, das sie teilten und noch geteilt halten - und bis an die Grenze zu China vordrangen. So mußten also sehr kurze Zeit nach Beendigung des Befreiungskrieges nicht weniger als eine Million chinesischer Freiwilliger zu den Waffen greifen, um in jenem Krieg Seite an Seite mit dem koreanischen Volk zu kämpfen und den Interventionstruppen der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten eine ernste und kolossale Niederlage zuzufügen, bis die vor jenem Krieg bestehende Situation, das heißt der Bestand der jetzigen Grenze zwischen den beiden Teilen Koreas, wiederhergestellt war. Dieses Ereignis darf man nicht vergessen, ebenso nicht die Hunderttausenden von Menschenleben, die es die Chinesen gekostet hat. Ich habe mich mit einigen Teilnehmern dieser Gegenattacke unterhalten. Sie kämpften bei erbarmungsloser Kälte, Bergregionen überquerend, ohne maschinelle Mittel, wobei der Luftraum vollkommen von den Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten beherrscht war, die sogar mit dem Einsatz von Atomwaffen drohten. In der Verzweiflung der Niederlage sprachen sich in den Vereinigten Staaten nicht wenige dafür aus, hinter der chinesischen Grenze anzugreifen, denn trotz dem Riesenunterschied in der Militärtechnik drangen die chinesischen Kämpfer unaufhaltsam vorwärts, bis sie dorthin gelangten, wo diese Grenzlinie noch existiert. Es war eine ungeheure Schlacht. Danach wurde die Wirtschaftsblockade fortgesetzt. Ebenfalls danach intervenieren die US-Imperialisten in Vietnam und lösen ihren völkermörderischen Krieg aus. Hier zeigte sich nun die Solidarität Chinas mit dem vietnamesischen Volk. Damals waren es zwei Länder, China und die UdSSR, die den Vietnamesen, die nach heldenhaften Kämpfen den Sieg errangen, Waffen lieferten und politische Unterstützung leisteten. Dieser Sieg wird um das Jahr 1970 herum errungen. Kuba leistete seinen bescheidenen Beitrag: eine unentgeltliche jährliche Zuckerlieferung für die Vietnamesen während der Kriegsjahre. Es ist nicht besonders erwähnenswert, doch es ist Ausdruck des guten Willens und Solidaritätsgeistes unseres Volkes, das dazu noch absolute politische Unterstützung leistete. In unserem Volk entstand auch ein überaus starkes Solidaritätsgefühl für Vietnam. Sie sehen, wieviele Schicksalsschläge die Chinesen nach dem Krieg hinnehmen mußten und wie lange Zeit diese Situation anhielt. Doch der Imperialismus erlitt eine Niederlage nach der anderen. Die Korealektion war sehr aufschlußreich; die Vietnamlektion war sehr aufschlußreich; und ich würde sagen, das Durchhaltevermögen Kubas angesichts der Blockaden, Söldnerinvasionen, Drohungen mit Atomkrieg und all jenen Dingen war auch in gewissem Maße aufschlußreich in diesem Kampf, der der Welt bewies, daß es möglich war, den Imperialismus zu bekämpfen und zu besiegen. Die Chinesen hatten viele Jahre lang unter einer harten Wirtschaftsblockade zu leiden, etwas weniger Zeit als wir, die wir in dieser Hinsicht Rekordhalter sind. Sie waren 28 Jahre lang blockiert, bei uns sind es bereits 40 Jahre. Die genannten Fakten sind ein unwiderlegbarer Beweis dessen, daß diese verbrecherischen Politiken nicht ewig andauern können. Nach all den vielerorts erlittenen Schlägen kamen die Vereinigten Staaten zu der Einsicht, daß ihre Chinapolitik unhaltbar geworden war, und zwar nicht nur unhaltbar aus rechtlicher Sicht, aus der Sicht der politischen Prinzipien, der Charta der Vereinten Nationen und allem anderen, sondern unhaltbar auch aus der Sicht ihrer ökonomischen Interessen. China war ein enormer potentieller Markt, auf den sie nicht verzichten konnten. In dieser Hinsicht haben die Chinesen schon einen großen Vorteil... Nun, sie haben in vielen Dingen Vorteile, doch in dieser Hinsicht hatten sie Kuba gegenüber einen Riesenvorteil, und zwar betrug ihre Bevölkerung - jetzt sind sie anzahlmäßig etwas mehr - zirka das 120fache der Einwohnerzahl Kubas, ihr Territorium erstreckt sich - wie hier bereits erwähnt - über 9,6 Millionen Quadratkilometer, beträgt also fast das Hundertfache des unseren, und es ist ganz
ohne Zweifel ein Land mit außerordentlichen natürlichen Ressourcen. Ich könnte noch andere Vorteile hinzufügen. Sie befanden sich nicht mitten im Westen so wie wir, die wir zum großen Teil Träger der von diesem Westen übernommenen Kultur sind. China besaß als großen Vorteil für sein Volk eine tausendjährige Kultur, eine ureigene und sehr komplizierte Sprache und Schrift. Es ist nicht gerade eine einfache Sprache, nicht eben lateinischen, noch, sagen wir, westlichen Ursprungs. Sie sprachen eigentlich eine tausendjährige Sprache. Meine Kenntnisse sind nicht ausreichend, um zu wissen, wie ihre Entwicklung seit jenen Epochen vor unserer Zeitrechnung verlaufen ist. Diese kulturellen Faktoren sind eine sehr bedeutende Kraft bei der Verteidigung der Identität, der Integrität und der Unabhängigkeit. Ein großes Land, weniger empfänglich für das Eindringen der westlichen Kultur, die uns umgibt. Aus den Worten des Botschafters sehen Sie: Sie hatten nach mehr als 25 Jahren der Konflikte, Kriege und Blockade bereits äußerst wichtige Rechte wie jenen Sitz im Sicherheitsrat und die wachsende Achtung der Welt zurückerobert und das, wie der Botschafter sagte, trotz Fehlern und Schwierigkeiten verschiedener Art in der Innenpolitik des Landes zu einem gegebenen Zeitpunkt, als dem Westen nichts anderes übrigblieb als sämtliche Rechte Chinas anzuerkennen. Als alle Blockaden fielen, können Sie sehen, mit welchem außerordentlichen Wachstumstempo sich dieses Land entwickelte. Was er hier verlesen hat - vor ein paar Minuten sah ich eine Kopie seiner Rede durch, und ich hatte es bereits bei einigen Auftritten des Botschafters gehört - hat keinen Vergleichsfall in der Geschichte der menschlichen Gesellschaft: ein 21 Jahre anhaltendes durchschnittliches Wachstum von 9,8 %. Ich habe einmal berechnet, wie oft sich in diesem Zeitraum die Produktion verdoppelt hat. Schon davor waren bedeutende Fortschritte erzielt worden. Ich kann mich erinnern, daß die Chinesen nach dem revolutionären Sieg zur Vermeidung von Überschwemmungen und zur Verbesserung der Bewässerung in Handarbeit große Dämme anlegten. Viele Vorhaben aller Art wurden umgesetzt und vom ersten Tag nach dem Sieg der Revolution an haben sie soziale Programme eingeleitet. Der ökonomische Fortschritt wurde jedoch unzweifelhaft von der Wirtschaftsblockade behindert, wozu noch subjektive Faktoren kamen. Als dann - ich wiederhole - alle die Rechte Chinas anerkennen mußten, alle Blockaden fielen und sie selbst bestimmte Fehler berichtigten - ich sage nicht, daß es sich um Fehler handelt; es sind ihre Standpunkte, und wir haben kein Recht, über die internen Ereignisse in China Richter zu spielen; doch sie hatten, wie der Botschafter erläuterte, bestimmte Berichtigungen vorgenommen und bestimmte Fehler überwunden, und jeder macht Fehler, das kann man nicht leugnen - also danach erreichten sie den beeindruckenden Rekord, denn er erwähnt vor allem das Wachstum in den letzten 21 Jahren nach 1978. Es gibt keinen Vergleichfall. Niemals gab es eine ähnliche Ziffer. Es ist eine echte Genugtuung, hier den Botschafter bekräftigen zu hören, daß diese Erfolge möglich wurden auf dem Fundament einer politischen Ideologie, auf dem Fundament einer politischen Wissenschaft, auf dem Fundament des MarxismusLeninismus. Dazu kamen die bedeutenden theoretischen Beiträge von Mao Tsetung, theoretische Beiträge zum politischen Kampf, theoretische Beiträge zum revolutionären Kampf, theoretische Beiträge zum Marxismus. Später kamen die theoretischen und praktischen Beiträge Deng Xiaopings hinzu. Dazu noch ein Merkmal, das nicht übersehen werden darf: der Fleiß des chinesischen Volkes. Es ist ein wirklich sehr fleißiges, sehr arbeitsames Volk und als solches allerorts auf der Welt anerkannt, so auch in Kuba, denn sie befaßten sich mit der Landwirtschaft, speziell mit der Gemüseproduktion und leisteten hierbei einen großen Beitrag zur Versorgung der Stadtbevölkerung mit frischen Erzeugnissen. So ist also dieser Arbeitsgeist ein wichtiger Aspekt, der meines Erachtens ebenfalls zu den Erfolgen des chinesischen Volkes beigetragen hat, mit einer Theorie und durch eine Revolution, die neben einschneidenden sozialen Veränderungen die
Unabhängigkeit jener großen Nation erkämpfte. Eine wahrhaft beispielgebende Revolution, wenn man von ihren Wurzeln ausgeht, seit in den zwanziger Jahren die erste Grundorganisation der Kommunistischen Partei Chinas gegründet wurde; wenn man ihre reiche Geschichte betrachtet und - unter den hervorragendsten Ereignissen - den langen Marsch, eine militärische Heldentat, die ebenfalls ohnegleichen ist in der Geschichte, und die Geschichte berichtet von vielen militärischen Heldentaten. Wir haben einige Bücher darüber gelesen, wie es Tag für Tag vorwärts ging, stets umgeben von großen feindlichen Einheiten der Marionettenregierung, die mit allen erforderlichen Waffen ausgerüstet war und Hunderte von Divisionen hatte. Und jene militärische Heldentat wurde unter ausgesprochen schweren Bedingungen vollbracht, stets umzingelt von großen Truppeneinheiten, stets den Feind überlistend, Hindernisse der Natur überwindend, die zuweilen schneebedeckte Berge und auch reißende und breite Flüsse waren, bis sie an den Ort gelangten, wo sie viele Jahre lang einen Stützpunkt errichtet hatten, in dem sie sich während des Befreiungskrieges aufhielten. Es gab eine Zeit, in der die anderen, die sogenannten Nationalisten, die Marionetten, die Reaktionäre, sich der ausländischen Invasion, den japanischen Militaristen, widersetzten und sich in gewissem Sinne mit den chinesischen Revolutionären zusammenschlossen. Doch jene, die weder dem Volk noch der wahren Unabhängigkeit des Landes dienten, begingen jegliche Art von Fehlern und zeigten jegliche Art von Schwächen. Es kam vor, daß die Kommunisten gegen die sogenannten Nationalisten von Tschiang Kai-schek und gegen die japanischen Truppen zu kämpfen hatten. Und trotzdem leisteten sie einen entscheidenden Beitrag zur Niederlage der japanischen Militaristen. Auch diese Realitäten stehen auf den Seiten der neueren Geschichte Chinas. Und jene, die sich nach Ende des Zweiten Weltkrieges in die Dienste der Reaktion und des US-Imperialismus stellten, wurden vernichtend, überzeugend und unumkehrbar geschlagen. Sie flüchteten auf die kleine Insel Taiwan, die Bestandteil des chinesischen Landesterritoriums ist, so wie uns die an der Nordküste Kubas vorgelagerten Inselchen gehören; mehr noch als die Isla de la Juventud, denn Taiwan gehörte während eines unendlich längeren Zeitraums zu China. Die dort lebenden Menschen besitzen die chinesische Nationalität, sprechen chinesisch und sind Träger der chinesischen Kultur, wie stark auch der westliche Einfluß auf sie sein möge. Ihre Zugehörigkeit ist ein unfragwürdiges Recht der chinesischen Nation. Man kann absolut nicht bestreiten, daß dies ein internes Problem Chinas ist und daß niemand das Recht hat, sich einzumischen. Das ist es ja gerade, was sie fordern, nämlich die Achtung vor der Souveränität des Landes, die Achtung vor der Integrität des Landes und die allgemeine Anerkennung dieses Rechts. Gefordert wird nicht der Anschluß einer anderen Nation, einer anderen Ethnie, einer anderen Kultur. Es ist sogar so, daß die Taiwanesen noch bis vor kurzem, vor allem in den 22 Jahren, als sie im Sicherheitsrat waren, von nur einem absolut integrierten China sprachen; bis vor kurzem noch haben sie diese Sprache gesprochen. Nun, welche war die erste militärische Intervention der Vereinigten Staaten zur Abtrennung Taiwans? Ich kann mich erinnern. In den Tagen des Koreakrieges schaltet sich die US-amerikanische Flotte ein und stellt sich zwischen das Festland und die Insel Taiwan. Das kann man nicht vergessen. Jene Situation wurde mit Gewalt aufrechterhalten. Das Land war damals nicht in der Lage, eine Schlacht zu schlagen, und das Land wollte diese Schlacht auch nicht schlagen. Das Land fordert seine Rechte, fordert seine Anerkennung und wünscht eine friedliche Lösung des Problems. Was es mit vollem Recht anführt ist, daß es den Verlust eines Teils seines Territoriums, ein Zerstückeln des Landes durch die Ausrufung und Anerkennung einer unabhängigen Republik in Taiwan, nicht zulassen wird. Sie haben es recht kategorisch erklärt, daß sie es nicht zulassen werden, und ich bin sicher, daß dem so ist, so wie ich gleichzeitig die Hoffnung hege, daß dieses Problem sowie das der theoretischen und praktischen Anerkennung der
unveräußerlichen Rechte Chinas ohne jegliche Art von Krieg und Blutvergießen gelöst werden. In Wirklichkeit ist es heute so, daß, während die Vereinigten Staaten und andere westliche Länder von der Existenz eines einzigen China reden, sie der Separatistenregierung der Insel die modernsten und ausgeklügeltsten Waffen liefern und die Bewegung gegen die Integrität Chinas nähren. Der Botschafter erinnerte an die Hongkong-Frage; auch Machadito berührte sie. Sie haben es verstanden, die nötige Geduld aufzubringen bis zu dem Tag, als dem Westen und der Welt nichts anderes blieb als die Anerkennung des Rechts der Volksrepublik China auf die Wiedereingliederung dieses Stücks ihres Territoriums, daß man ihr in den schmachvollen Kolonialkriegen entrissen hatte. Heute wird viel gegen den Drogenhandel vorgebracht. Damals bemächtigte sich das britische Imperium jenes Territoriums, und die westlichen Mächte lösten den Krieg aus und entsandten Truppen, die bis nach Peking vordrangen, um das Recht westlicher Mächte auf den Opiumhandel in China aufzuzwingen. Das ist die historische Wahrheit. Es wurde auch daran erinnert, daß sie China in diesem Jahr Macao zurückgeben werden, dieses kleine im Besitz eines europäischen Landes befindliche Stück Territorium. Es soll auf friedlichem Wege geschehen, was dank der chinesischen Geduld so vereinbart wurde. Von dieser Geduld müssen wir alle lernen, und zum Teil haben wir es schon. Und sollten wir nichts davon gelernt haben, so haben wir es uns selbst vorgenommen, denn Pflicht eines jeden Revolutionärs ist es auch, mit der erforderlichen Klugheit vorzugehen. Sie haben gewartet und werden jenes Territorium in diesem Jahr in Besitz nehmen. Zur Erleichterung der Dinge erdachten sie das Prinzip eines Landes und zweier Systeme. Sie versprachen denen in Hongkong, das dort bestehende sozioökonomische System und die bestehenden Institutionen beizubehalten, jedoch unter chinesischer Staatsgewalt. Das gleiche, sogar noch umfassender, haben sie Taiwan angeboten. Doch ein Beweis des friedliebenden Geistes Chinas ist die Tatsache, daß sie sich trotz der Unmöglichkeit der Verteidigung der portugiesischen Enklave Macao keinen Umstand und keine Konjunktur zunutze gemacht haben, um sich dieser Enklave zu bemächtigen. Das ebenfalls sehr bevölkerungsreiche Nachbarland Indien hatte nicht diese Geduld und bemächtigte sich in einem bestimmten Augenblick einer portugiesischen Enklave, die sich auf indischem Territorium befand. Das ist ein gutes Beispiel des friedliebenden Geistes der Volksrepublik China. Zur Wiedereinverleibung dieses Territoriums griffen sie nicht zur Gewalt. Mit der Hilfe der Zeit und der internationalen Unterstützung gewinnen sie all jene Rechte zurück, die man ihnen entrissen hatte. Der Botschafter erwähnte, wie das Land zerstückelt worden war. Er hätte noch viele Dinge sagen können. Ich erwähnte jene Opiumgeschichte. Wie viele Verbrechen sind bis Mitte dieses Jahrhunderts gegen diese große Nation verübt worden! Wieviele Rechte wurden ihnen abgesprochen und aberkannt, bis sie im Verlauf von faktisch zwei Dritteln dieses Jahrhunderts zurückgefordert wurden! Die Völker sind zu achten! Ihre territoriale Integrität ist zu achten! Es ist jetzt nicht an der Zeit, Länder zu zersplittern, wo doch viele durch Grenzen, Fahnen und Hymnen voneinander getrennte Völker für die Integration kämpfen. Europa kämpft für die Integration, es vereinigt sich und fegt praktisch die Grenzen hinweg; die Länder der Karibik kämpfen für die Integration; die mittelamerikanischen Länder kämpfen für die Integration; die Länder Südamerikas kämpfen für die Integration. Lateinamerika kämpft dafür. In der Zukunft wird kein kleines Land für sich allein existieren können. Ich sage noch mehr. Die Schweiz, ein Land, das seine Souveränität traditionell sehr hütet und das zum Teil dank seiner ausgezeichneten geographischen Lage, mitten in den Alpen, im Ersten und im Zweiten Weltkrieg neutral bleiben konnte - und in der Schweiz, das weiß ich, denn ich war dort und habe mit den Führungspersönlichkeiten gesprochen, waren sämtliche Führungskräfte für den
Anschluß an die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft; auch 49 Prozent der Bevölkerung, es fehlt nur ein kleiner Bruchteil bis zur Mehrheit -, dieses Land könnte also in den Alpen nicht allein weiterleben, isoliert vom Rest der Europäischen Union. Die Schweiz geht also unbeirrbar in Richtung Integration in diese Gemeinschaft. Wer hat ein Recht, in China den Zerfall zu unterstützen. Wer hat ein Recht, die chinesische Forderung auf Anerkennung der Souveränität über Taiwan abzulehnen? Wo doch alle Welt sich integriert, ist es absurd, wenn jemand die Abtrennung eines Stücks vom chinesischen Territorium proklamiert. Sehen Sie doch das Unglück, das die Desintegration den ehemaligen Ländern der Sowjetunion gebracht hat. Es ist eine Desintegration, damit sich alle, hauptsächlich die Vereinigten Staaten, mit ihren Investitionen und der Errichtung ihrer Hegemonie, der Beherrschung und Besitzergreifung über die wesentlichen Ressourcen jener früheren Republiken beeilen können, und zwar hauptsächlich in Bezug auf Erdöl und Erdgas, wovon - neben anderen Erzen - es in mehreren dieser Republiken sehr reiche Vorkommen gibt. Die Welt bewegt sich nicht in Richtung der Desintegration, sondern in Richtung der Integration. Das ist nicht nur ein historisches Recht, sondern ein Prinzip der heutigen Welt, ein Erfordernis des Lebens von heute. Das ist es, was die Volksrepublik China fordert. Und die Volksrepublik China von heute, das Land dieses Jahrtausends oder des demnächst einsetzenden neuen Jahrhunderts unterscheidet sich stark von jener Republik, die vor 50 Jahren in einem Land gegründet wurde, das einen langjährigen verheerenden Krieg gegen die ausländische Invasion hinter sich hatte. Dazu kam der revolutionäre Krieg mit mehr als 20 Jahren erbitterter Kämpfe gegen die inneren und äußeren Feinde des chinesischen Volkes. Das Land zerstört; das Land, das arm war; das Land, das von inneren und äußeren Ausbeutern ausgesaugt worden war. All das mußte neu aufgebaut werden. Ich habe bereits gesagt, unter welchen Bedingungen das erfolgte. China ist ein Land, dessen Wirtschaft enorm voranschreitet. Es ist interessant, Machadito erwähnte den Beitrag, den sie während der asiatischen Krise leisteten. Es gibt noch etwas anderes: Die Volksrepublik China erwies der Welt in den zurückliegenden Monaten einen außerordentlichen Dienst, besonders seit 1998, während jener Krise, die in Südostasien begann und die ebenfalls Japan, die weltweit zweite Wirtschaftsmacht, in eine äußerst tiefe Krise stürzte, die sich danach auf Rußland ausweitete, bereits die Werte der Aktien an den US-Börsen ernsthaft in Mitleidenschaft zog und direkt drohte, die Wirtschaft Lateinamerikas hinwegzufegen. Man sehe nur, wie groß die Gefahr war, wenn man sich veranschaulicht, daß die Wirtschaft des gesamten Lateinamerikas 1999 nur um 0,5 % wächst; und wenn sie überhaupt um 0,5 % wächst, dann geschieht dies nur, weil Mexiko, eines der Länder mit einem bedeutenden Anteil in der Region, ein größeres Wachstum beisteuert, das sich auf 4 % oder 5 % belaufen wird. Es gibt Länder, die ein Minuswachstum haben werden, darunter einige wichtige Länder. Es war eine sehr ernsthafte weltweite wirtschaftliche Bedrohung, die noch nicht überwunden ist, man weiß nicht mit Sicherheit, ob sie innerhalb von kurzer Zeit überwunden werden kann, und man ist sicher - wenigstens ich bin es -, daß eine Erholung nicht für lange Zeit andauern wird. China mußte ein enormes wirtschaftliches Opfer bringen, ohne welches nichts die Krise hätte aufhalten können. Es war mit einer komplizierten Situation konfrontiert, weil seine Exporte Jahr für Jahr anstiegen, doch als die asiatische Krise in einer großen Anzahl von Ländern mit einem gewissen Entwicklungsniveau - die sogenannten asiatischen Tiger, Stolz der neoliberalen Ökonomie, Stolz des Imperialismus als Beispiel für das, was man mittels ihrer unseligen Rezepte erreichen konnte - zu einer Währungsabwertung führte und als das Modell dort innerhalb von Tagen unterging, da die Wirtschaften dieser Länder eine nach der anderen untergingen, mit bereits schwerwiegenden Folgen für die Weltwirtschaft, besonders für die Länder der Dritten Welt, die dieser Krise total schutzlos gegenüberstehen, waren die Chinesen im Nachteil, weil sich die Preise der Güter
aller dieser Länder außerordentlich verbilligten, da sie nach der Abwertung ihrer Währungen alles, was sie wollten, zu niedrigen Preisen exportieren konnten. China hätte den Yuan abwerten können, um sich vor dieser Konkurrenz zu schützen und das Tempo der Exportsteigerungen und mit ihnen ihre ununterbrochenen erhöhten Wachstumsraten beizubehalten. Die Welt erzitterte. Die Welt! Nicht nur die Dritte Welt, sondern auch die industrialisierte Welt erzitterte angesichts der Idee, daß China mit vollem Recht und zum Schutz seiner Exporte und seiner wirtschaftlichen Wachstumsraten den Yuan abwerten könnte. Es tat es nicht, und man hat noch nicht viel von der Anerkennung gehört, die die Volksrepublik China für diesen Dienst verdient, den sie der Welt leistete, und zwar auf Kosten ihrer Wirtschaft. Das bedeutet, daß China mit einem großen Verantwortungssinn handelte. Das Ansehen des Landes wuchs im vergangenen Jahr mehr als die 7,8 %, von denen Machadito sprach, als er sich auf das Wachstum der chinesischen Wirtschaft bezog. Das Ansehen Chinas muß aufgrund dieser einzigen Tatsache um wenigstens 20 % oder 30 % gestiegen sein, aber ich glaube, daß sein Ansehen einer Steigerung von 200 % würdig war, denn niemand ist fähig, sich die Folgen vorzustellen, die eine in China getroffene Maßnahme dieser Art gehabt hätte. Trotzdem verwehren sie China den Eintritt in die Welthandelsorganisation (WTO), und wir schlagen alle eine Schlacht für den Eintritt Chinas in die WTO. Europa und die Vereinigten Staaten nehmen sich das Recht heraus zu sagen, ob China eintritt oder nicht, es wiederholt sich zum Teil jene Schlacht in den Vereinten Nationen. Und die WTO ist zu fürchten, denn sie kann ein schreckliches Instrument gegen die Interessen der Dritten Welt sein. Die Dritte Welt ist daran interessiert, daß China in der WTO ist, die diese Aktivität regelt. Sie ist ohne Zweifel ein Instrument - genau wie andere bereits existierende Instrumente wie der IWF und ähnliche Institutionen, die den berühmten Neoliberalismus aufgezwungen haben, dessen Folgen unsere Landsleute durch die Tausenden von Besucher kennen, die von überallher kommen, und von den Nachrichten in der Presse in bezug auf diese immer schlechter angesehene und immer schädlichere Wirtschaftstheorie -, das als ein Beherrschungsinstrument geschaffen wurde. Alles was der Imperialismus nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers geschaffen hat, sind Instrumente zur Stärkung seiner Herrschaft in allen Bereichen. Im wirtschaftlichen Bereich genießt er einige unglaubliche Privilegien, die nicht weiter aufrechterhalten werden können. Die Vereinigten Staaten sind diejenigen, die die Reservewährung der Welt drucken, in die sie nicht mehr als Papier investieren. Die Europäer versuchen, eine weitere Reservewährung zu schaffen, um sich vor jenen Superprivilegien zu schützen, die auf Kosten der Interessen der übrigen Welt existieren, und um in gewisser Weise davon zu profitieren, diese Privilegien zu teilen. All diese Themen sind Teil der Fragen, die man diskutieren muß, um die bestehende weltweite Ordnung zu verändern, die zu dem erwähnten Zweck errichtet wurde. Der Club der Reichen, eine Gruppe von reichen Ländern - es sind etwas über zwanzig, ich glaube, daß es jetzt 29 sind - erfand das Projekt einer multilateralen Investitionsvereinbarung, um es danach zu einem internationalen Vertrag zu machen. Heutzutage gibt es bilaterale Vereinbarungen, doch die Mitgliedsländer des als OECD bekannten Clubs erfanden ein Projekt und diskutierten es verdeckt im Stillen, wobei es bereits kurz vor der Ingangsetzung stand. Als einige Personen - in glaube, es war in Frankreich - den Text entdeckten - dessen Inhalt man nicht kannte, wenngleich man wußte, daß darüber diskutiert wurde -, kam es zu einem großen Aufschrei und die Autoren mußten ihr Vorhaben stoppen. Man hätte darüber in der WTO diskutieren müssen, denn dort sind mehr als einhundert Länder versammelt, und nicht unter den 30 reichsten Ländern. Sie wollten nicht, daß man in der WTO darüber diskutiert, obwohl die WTO ein Instrument ist, das geschaffen wurde, um die wirtschaftliche, politische und anderweitige Hegemonie der Vereinigten Staaten zu stärken. Die USA zwangen dieser Organisation die Bedingungen auf, es handelt sich um ein Instrument des
Imperialismus, dafür wurde sie geschaffen, wenn sie auch zu einem Instrument der Völker werden könnte, in dem wir Länder der Dritten Welt die überwiegende Mehrheit stellen. Doch die Völker der Dritten Welt sind sehr gespalten, weil sie aufgrund ihrer Armut eine enorme Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten und den von diesen gegründeten Handelsinstitutionen und Finanzorganisationen ertragen müssen, die oftmals zu ihrer fehlenden Einheit beitragen. Wenn die Länder der Dritten Welt vereint handeln würden und China sich innerhalb der WTO befinden würde, könnte sich die WTO in ein Instrument der Gerechtigkeit verwandeln, in ein Instrument des Widerstandes gegen das Hegemoniestreben der Vereinigten Staaten, gegen die neue Wirtschaftsordnung, die momentane Wirtschaftsordnung, die sie uns aufgezwungen haben, selbstverständlich zusammen mit dem Widerstand gegen die politische Ordnung, die sie uns ebenfalls aufgezwungen haben, weswegen eine Reform der Vereinten Nationen so wichtig und grundlegend ist. All das hängt miteinander zusammen. Die WTO könnte ein Instrument der Gerechtigkeit sein, wir sind die Mehrheit, wir stellen die Mehrheit in den Vereinten Nationen, und Sie sehen einige Abstimmungen in der UNVollversammlung, zum Beispiel die Abstimmungen gegen die Blockade. Der Vollversammlung gelang es an einem Tag, das durchzusetzen, was ich in bezug auf die Anerkennung des Rechts Chinas im Sicherheitsrat erwähnte, des wirklichen Chinas, des einzigen Chinas, das existiert. Ah, deshalb fordern wir immer mehr Befugnisse für die UN-Vollversammlung, diese Institution muß sich ändern. Der chinesische Botschafter erläuterte das hier mit Deutlichkeit und erwähnte alle die Konzepte der begrenzten Souveränität, globalen Bedrohungen und des Rechts auf Interventionen wie die, die in Jugoslawien stattfanden, wozu das neue strategische Konzept der NATO hinzugefügt wird, das einige Tage vor jenem völkermörderischen Krieg verabschiedet wurde, wobei es sich um das sich von der NATO selbst zugewiesene Recht auf Intervention in jeglichem Land handelt, sobald es ihr beliebt. Wie ich sagte, hängen alle diese Probleme mit dem Versuch zusammen, die Vereinten Nationen zu ignorieren, die das einzige sind, was wir haben, eine bestehende weltweite Organisation, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstand. Sie entspricht nicht der momentanen Situation der Welt, in der es fast 200 unabhängige Staaten gibt, sie entstand unter Beteiligung von etwas mehr als dreißig oder vierzig Staaten, die nach dem Zweiten Weltkrieg von den siegreichen Mächten angeführt wurden. Es ist unverzichtbar, sie neu zu strukturieren und sie zu demokratisieren, doch das erfordert Taktiken und Strategien. Wenigstens für mich sind die Bedeutung der Verbindungen der Dritten Welt zu China und die Notwendigkeit der Unterstützung Chinas bei dieser unaufschiebbaren Neustrukturierung offensichtlich, denn China ist ständiges Mitglied des Sicherheitsrates mit Vetorecht. Die Vereinigten Staaten können innerhalb bestimmter Grenzen Hindernisse aufbauen und sie werden das für lange Zeit tun, aber sie müssen darüber diskutieren, genauso wie sie über andere Dinge diskutieren mußten, bei denen sie sich über viele Jahre hinweg weigerten, darüber zu diskutieren, und sie werden ebensowenig verhindern können, daß sich die Vereinten Nationen demokratisieren, und zwar in dem Maße, in dem die Weltöffentlichkeit mobilisiert wird und sich die Völker vereinen. Er erwähnte diese Prinzipien, die der Imperialismus wegfegen will. Es ist sehr wichtig, hier den chinesischen Botschafter zu hören, wenn er bekräftigt, daß man diese Prinzipien verteidigen muß und daß dies ein wesentlicher Bestandteil der chinesischen Außenpolitik ist. Glücklicherweise hatten wir gestern die Gelegenheit, dem russischen Außenminister zuzuhören... Weil Rußland existiert, es ist keine Supermacht, aber immer noch eine Großmacht. Worin besteht meiner Ansicht nach der Unterschied zwischen einer Supermacht und einer Großmacht? Daß ein Land die Macht haben kann, das andere fünfzehnmal zu zerstören, während dem anderen die Fähigkeit bleiben kann, ersteres drei- oder
viermal zu vernichten. Doch einmal reicht bereits. Und hoffentlich kommt es nie dazu! Rußland ist eine Großmacht, China ist eine Großmacht in einem anderen Sinn, und es ist in zahlreichen Aspekten viel mehr eine Großmacht als Rußland. Doch Rußland ist eine atomare Großmacht, es besitzt eine atomare militärische Schlagkraft, über die China nicht verfügt, die China noch nicht besitzt und hoffentlich nicht besitzen braucht. Was China dazu zwingt, die technologische Entwicklung im militärischen Bereich aufrechtzuerhalten, ist schlichtweg die aggressive Politik gegen das Land, die Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes, die Verweigerung von elementaren Rechten des Landes und die Bedrohungen, welche all die strategischen Konzepte darstellen, denn jederzeit kann die NATO auch auf die Idee kommen, zu behaupten, daß es eine globale Bedrohung in China gibt und daß man in China intervenieren muß, weil es dort ein internes Problem gibt, ein Problem irgendeiner Art, das entstehen kann. Das ist unbegreiflich, sie maßen sich dieses Recht an. Deswegen sage ich folgendes: Hoffentlich haben sie nicht die Notwendigkeit, zu einer atomaren Großmacht zu werden! Aber was machen die anderen? Sie investieren mehr und mehr in Waffen und in die militärtechnologische Entwicklung. Kürzlich lasen wir eine Erklärung von einem der wichtigsten Anwärter auf die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten, in der er sich verpflichtete, enorme Summen in die militärischen Forschungen zu investieren, um unter anderem die konventionelle Bewaffnung zu perfektionieren. Wofür dient diese ganze Perfektionierung? Wozu alle diese technologischen Entwicklungen, wo doch der kalte Krieg seit einiger Zeit zu Ende ist? Was rechtfertigt diesen Rüstungswahn, wenn nicht die klare Absicht, die Welt zu beherrschen, und zwar nicht nur mittels politischer und wirtschaftlicher Instrumente, sondern auch mit militärischen Mitteln, um die Disziplin in dieser chaotischen Welt aufrechtzuerhalten? Und wir wissen, daß diese Welt chaotisch ist, ich werde nicht versuchen, die Gründe dafür zu erklären, aber wir wissen sehr gut mit allen Details und mit unzähligen Argumenten, warum diese Welt chaotisch ist. Und das kann man weder mit atomaren noch mit konventionellen Waffen lösen. Doch es ist die Verzweiflung, die sie dazu treibt, alle Machtmittel in den Händen haben zu wollen, nämlich die militärischen, politischen und wirtschaftlichen. Selbst Europa fühlte sich durch die "großartige" Rolle gedemütigt, die es beim Krieg gegen Jugoslawien spielte, da 100 % der Bomben in den USA hergestellt und 90 % der Einsätze von der Luftwaffe und den Raketen der Vereinigten Staaten durchgeführt wurden. Es fühlte sich so gedemütigt, daß die Idee aufblüht, aufgrund der von ihrem Verbündeten geschaffenen überwältigenden Überlegenheit über eine eigene europäische Streitmacht zu verfügen. Welch schwierigen Verbündeten hat Europa, und was für einen in jedem Sinn gefährlichen Verbündeten. Ich sagte Ihnen bereits, daß es angenehm war, gestern dem russischen Außenminister zuzuhören - ich sprach nicht vom sowjetischen, nicht wahr? Ich sprach vom russischen Außenminister, denn gelegentlich irren wir uns aus alter Gewohnheit. Heutzutage ist er nicht sowjetisch und es ist kein sozialistisches Land, heutzutage würde man nicht Die Internationale singen während eines Festaktes, bei dem man etwas gedenkt, das mit Rußland zu tun hat. Aber Rußland ist ein Land, das von der NATO bedroht wird, die in Richtung seiner Grenzen voranschreitet. Rußland ist ein bedrohtes Land, das der US-Imperialismus immer geschwächter und sogar zersplitterter sehen will und dessen enormer natürlicher Ressourcen er sich bemächtigen will. Das US-Großkapital begnügt sich nicht mit den Investitionen, die es in allen Ländern der ehemaligen UdSSR durchgeführt hat, vor allem im Gebiet des Kaspischen Meers, wo angeblich gewaltige Erdöl- und Gasreserven zu finden sind, und in anderen weiter entfernten Republiken. Es begnügt sich nicht mit seinem ambitionierten Programm der Bemächtigung und Kontrolle all dieser Reichtümer, sondern es will sich auch der natürlichen Ressourcen und der Reichtümer Rußlands bemächtigen, ihm Bedingungen und sogar Tadel auferlegen. Vor einigen Tagen
tadelten sie Rußland bei einem Treffen der G7-Staaten wegen eines Finanzskandals. Dieses Land, das kein sozialistisches Land ist, hat viele gemeinsame Interessen mit anderen Ländern, so auch mit Europa, das weder ruhig noch glücklich ist. Europa gefällt es vor allem nicht, daß ihm von jenseits des Meeres Abenteuer aufgezwungen werden, wie es beim Jugoslawien-Abenteuer der Fall war, und wie es bei anderen Abenteuern, die den Vereinigten Staaten in den Sinn kommen, der Fall sein kann. Ausgehend von der letzten Erfahrung jenes völkermörderischen Krieges und zusätzlich der Verkündung von neuen strategisch-militärischen Doktrinen und der enthusiastischen Verteidigung von neuen politischen Theorien, die darauf zielen, die UN-Charta wegzufegen und das Recht der Mächtigen zur Intervention an jedem Ort der Erde festzusetzen, fühlt sich die Welt bedroht, und wir wissen das gut. Es ist sehr gut, wenn wir lesen, daß sich die Beziehungen zwischen Rußland und China immer mehr verbessern, das ist sehr gut. Wir lesen, daß sie gemeinsame Positionen aufgrund des barbarischen Krieges gegen Jugoslawien behaupten, das ist sehr gut. Wir wissen, daß sie gemeinsame Positionen haben bezüglich der angeblichen Rechte, das zu zersplittern, was sie zersplittern wollen, so wie sie Jugoslawien zersplitterten und wie sie erreichten, die UdSSR zu zersplittern. All dies sind Themen, die viele Länder auf der Welt mit Besorgnis erfüllen. Und dort in Europa kam es nicht nur zur Zersplitterung der UdSSR, sondern das USKapital ist, wie ich bereits sagte, auch dabei, sich der Ökonomien der ehemaligen sozialistischen Länder zu bemächtigen, sie wollen sich allem dort bemächtigen. Ah, wir durchleben neue Zeiten, ein Jahrhundert, das in etwas mehr als einem Jahr beginnt - denn 2 000 ist das letzte Jahr dieses Jahrhunderts, lassen Sie uns das nicht vergessen -, es gibt große Herausforderungen und Aufgaben für die Länder der Dritten Welt, für Länder wie China und Rußland. Wir wissen, daß Rußland versucht, seine Beziehungen nicht nur zu Europa, sondern auch zur Dritten Welt auszubauen, und wir hören aus dem Mund des russischen Außenministers ähnliche Worte wie die, die heute vom chinesischen Botschafter ausgesprochen wurden, und zwar in bezug auf diese Prinzipien, die ich vorher genannt hatte, und darüber, daß sie versuchen, die Rechte der Völker, die Teil der Vereinten Nationen sind, wegzufegen, und die Prinzipien, die eine zwar relative Garantie, aber in bestimmtem Maß eine Garantie für ihre Souveränität und Unabhängigkeit waren. Ich spreche von relativen Garantien, weil wir wissen, daß die Vereinigten Staaten trotz dieser Rechte in diesen letzten Jahrzehnten in einer Reihe von Ländern interveniert haben, und zwar ohne die Erlaubnis von irgendjemandem wir wissen das bereits -, aber immer im Konflikt mit dem Völkerrecht. Und jetzt wollen sie das machen, was ihnen beliebt, ohne sich um irgendein Völkerrecht oder irgendein festgelegtes Prinzip zu kümmern. Man muß eine harte Schlacht in der UNO schlagen, wie diejenige, die unsere Delegation schlug. Es gibt viel, um das wir kämpfen müssen, und es gibt viele gemeinsame Interessen zwischen einigen Ländern, die Mitglied des Sicherheitsrats sind, und dem Rest der Welt. Aus diesen und jenen Gründen erlangt die Welt Bewußtsein von diesen Problemen, und das ist sichtbar. Es gibt genügend Kraft, um zu widerstehen, und genügend Kraft, um voranzuschreiten, vor allem dann, wenn man unterstützt wird von den Gesetzen der Geschichte und der Wirklichkeit eines Systems und einer Weltwirtschaftsordnung, die untragbar ist, zusammenbrechen wird und sogar fähig ist, von allein zusammenzubrechen, wenn man auch dabei mithelfen muß. Und über diese Mithilfe hinaus muß man auf der Welt das Bewußtsein über diese Realitäten bilden, damit die Völker standhafter dieser Ordnung widerstehen und zu ihrem fortschreitenden Verschwinden beitragen. Auch wenn man die Sicherheit in sich trägt, daß dieses Verschwinden nicht sehr fortschreitend vonstattengehen wird, denn wenn es zu einer katastrophalen Wirtschaftskrise wie derjenigen kommt, die um ein Haar ausgebrochen wäre, oder eine noch größere - denn je länger sie sich
herauszieht, desto stärker wird diese Krise sein - dann muß man den Kampfgeist der Völker und ihren Widerstandswillen steigern. Man muß sie das Bewußtsein erlangen lassen, daß sie sich auf neue Konzepte vorbereiten müssen, auf eine neue Konzeption der Welt, eine wahrhaft gerechte neue Weltwirtschaftsordnung. Das ist das, was aus dem Kampf der Völker als Ergebnis herauskommen muß. Die Völker müssen nicht nur kämpfen, um ihre Wirtschaft und ihre Rechte zu schützen, sondern sie müssen auch kämpfen, um ihr eigenes Überleben zu verteidigen. Die natürliche Umwelt fegen sie weg und zerstören sie. Vor etwa einem Jahr fegte Mitch mit vernichtenden Folgen über Mittelamerika, und jetzt sehen wir die Bilder von kolossalen Überschwemmungen, es handelt sich um einen Umbruch des Weltklimas und das bestreitet schon niemand mehr. Und wen trifft es vor allen anderen? Die ärmsten Länder, die Länder der Dritten Welt. Aus diesem Grund verspürte ich eine gewisse Notwendigkeit, diese Gedanken hier vorzubringen, denn es erscheinen mir sehr wichtige Fragen, die es wert sind, an einem Tag wie heute berücksichtigt zu werden. Doch ich fühlte außerdem den Wunsch, zu erläutern, daß wir in diesen schwierigen Jahren, als wir plötzlich alle unsere Märkte verloren, den chinesischen Markt hatten. Als es sehr schwierig war, bestimmte Lieferungen zu beziehen, erwarben wir einen Teil der Lieferungen in der Volksrepublik China. Unsere Schiffe kommen und gehen, sie bringen und verschiffen Produkte. Sie haben die pharmazeutische Industrie sehr weit entwickelt, so daß wir viele Rohstoffe für unsere pharmazeutische Industrie, die manchmal schwierig zu beschaffen sind, in China erwerben, und zwar zu guten Preisen. Sie sind kooperativ mit unserem Land gewesen und haben den Austausch, die Wirtschaftsbeziehungen und ebenfalls die politischen Beziehungen mit Kuba in den Jahren der Spezialperiode weiterentwickelt. Fast alle ihre wichtigsten Führungspersönlichkeiten haben unser Land besucht. Wir hatten die Ehre, hier den Präsidenten Jiang Zemin zu empfangen, und wir irrten uns seit unserem ersten persönlichen Kontakt nicht bezüglich unserer richtigen Einschätzung seiner Intelligenz, seiner politischen und menschlichen Eigenschaften und seiner Fähigkeit als verantwortungsvolle Führungsfigur und als Staatsmann, der über feste Prinzipien verfügt. Da wir jeden Tag die Nachrichten verfolgen, sehen wir in China außerdem das andere Land, über das sich die westliche Propaganda ausläßt. Es vergeht kein Tag, an dem nicht irgendwelche internationalen Nachrichten erscheinen, die interne Angelegenheiten und Fragen Chinas zum Thema haben. Wenn in China jemand verhaftet wird, weil er ein Gesetz verletzt hat, folgt das Geschrei auf dem Fuß; wenn in China ein Grüppchen verhaftet wird, weil es der Einheit und der Stabilität des Landes Schaden zufügt oder eine Politik verfolgt, die die Interessen dieses großen Volkes verrät, dann löst das einen Skandal aus. Die Propaganda konzentriert sich heutzutage hauptsächlich auf Kuba, aber es gibt auch eine heftige Propaganda gegen China, eine spaltende Propaganda, die alle möglichen Mittel anwendet, wobei der Imperialismus neue Radiosender einrichtet, damit sie den 1,25 Milliarden Chinesen die westlichen Ideen, die westlichen Konsumgewohnheiten und die westlichen oder hauptsächlich US-amerikanischen Verrücktheiten übermitteln. Es handelt sich um ein Land, das unter Ausnutzung aller Möglichkeiten ideologisch bekämpft wird. Im Bewußtsein unserer Kräfte, der potentiellen Kräfte der Welt, der potentiellen Verbündeten der Dritten Welt und der Möglichkeiten unserer Völker fühlte ich deshalb beim Gedanken an all das und beim Anhören der Worte des Botschafters wirklich eine tiefe Befriedigung und ich freute mich sehr, zu diesem Festakt zu kommen - auch wenn ich absolut keine Ahnung hatte, worüber ich reden sollte; ich habe schon ein wenig länger als versprochen geredet - und hier aus dem Mund des Botschafters diesen Satz zu hören, der so viel Beifall verdiente, und das außerdem in Spanisch - denn er sprach zu uns mit großer Präzision in Spanisch; er kennt Kuba und lebte und arbeitete seit Jahren in Kuba, deshalb spricht er die spanische Sprache mit einer solchen Klarheit wie jeder von uns -, als er "Sozialismus oder Tod"
sagte und als er daraufhin "Wir werden siegen" hinzufügte. Damit sprach er etwas aus, von dem wir absolut überzeugt sind. Und deshalb bewegte es mich sehr, hier in diesem Festakt Die Internationale zu hören, gestützt von dem, was hier gesagt wurde, auf der Grundlage all der exakten Daten, die hier bekanntgegeben wurden, um zu beweisen, daß nur der Sozialismus die Probleme der Welt lösen kann. Nur der Sozialismus konnte 1,25 Milliarden Chinesen ernähren, praktisch jedem eine Wohnung geben und jeder chinesischen Familie einen Fernseher, viele andere Haushaltsutensilien und besonders die essentiellen Mittel zum Leben zur Verfügung stellen. Das bedeutet, daß in diesem Land mit 7 % der weltweiten landwirtschaftlichen Flächen etwa 22 % der Weltbevölkerung ernährt wird. Ein weiteres herausragendes Beispiel ist die Tatsache, daß es ein Land ist, das unter der Herrschaft der Feudalherren und des Kapitalismus, die stets mit den kolonialen und beherrschenden Mächten verbunden waren, und als es nur 400 oder 500 Millionen Einwohner hatte, sehr viele Hungersnöte erlitt, und das heute mit einer dreimal größeren Bevölkerungszahl für immer den Hunger beseitigt hat. Und genau an dieser Stelle erläuterte der Botschafter, daß sie fähig waren, 40 % der weltweit hergestellten Eier und 490 Millionen Tonnen Getreide zu produzieren und viele andere ähnliche Kennziffern zu erreichen. Und wir könnten sagen, daß China erst beginnt, denn diese 7,8 % wurden mit großen Anstrengungen erreicht. Wie konnten sie das erreichen, wo doch das Exporttempo beträchtlich nachließ? Nun, wegen der Mittel, die sie angehäuft haben. Beträchliche Devisenreserven erlaubten ihnen nicht nur, diesen Beitrag zu leisten, von dem ich in bezug auf den Yuan sprach, sondern auch ein Wachstumstempo aufrechtzuerhalten, das, wenn es auch nicht so stark von den Exporten abhing, so doch von der Steigerung des internen Konsums und der Beibehaltung des Entwicklungsrhythmus, um Arbeitsplätze zu schaffen, denn bei allen seinen Aufgaben der Umstrukturierung hat China logischerweise die herausragende Notwendigkeit, Arbeitsplätze zu schaffen. Sie sind auch mit der Bewegung der Menschen vom Land in die Stadt konfrontiert, und zwar in dem Maße, in dem diese die Produktivität anhebt und einen Arbeitskräfteüberschuß hervorruft. Sie konnten den Wert des Yuan beibehalten. Es wäre sehr viel leichter gewesen, den Yuan abzuwerten, aber sie werteten ihn nicht ab, sondern behielten ihre Reserven bei, leiteten die Wirtschaft mit Weisheit und erreichten unter diesen Bedingungen ein Wachstum von 7,8 %. Sie ertrugen nicht nur die südostasiatische Krise in denjenigen Ländern, in denen die Kapitalbesitzer ihr Geld mitnahmen und in denen die Herren der Weltfinanzen die Reserven dieser Länder bis zum letzten Dollar aussaugten, wobei die idealen Bedingungen geschaffen wurden, damit die großen multinationalen US-Unternehmen in jedem dieser Länder Firmen und Fabriken zu sehr niedrigen Preisen kaufen konnten. Die Chinesen hielten nicht nur der Krise stand, sondern sie werteten auch den Yuan nicht ab, womit sie der Welt einen außerordentlichen Dienst erwiesen, und trotzdem wuchs ihre Wirtschaft um 7,8 %. Sie sind fähig, die Schlacht weiterzuführen, trotz der Schwierigkeiten, die heutzutage die Welt heimsuchen. All das, was von dieser Geschichte gesagt wurde, ist die Frucht von etwas, was sich Sozialismus nennt, die Frucht einer Doktrin, die entstand, um die Welt zu bewegen, nämlich die marxistische Doktrin, der wissenschaftliche Sozialismus, die Revolution der Armen, wegen der Armen und für die Armen, die auch unsere unglaublich heldenhafte Großtat, 40 Jahre Blockade und fast 10 Jahre Spezialperiode auszuhalten, möglich gemacht hat. Deswegen wiederhole ich hier die Parole, mit der der Botschafter seine Rede beendete: Sozialismus oder Tod! Wir werden siegen!
Fidel 1. November 1999 Ansprache des Comandante en Jefe Fidel Castro Ruz, Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas und Präsident des Staats- und Ministerrates zu aktuellen Themen des Landes, am 1. November 1999, "Jahr des 40. Jahrestages des Sieges der Revolution (Stenographischer Dienst des Staatsrates)
Héctor Rodríguez: Guten Abend. Liebe Zuschauer, wie bereits mitgeteilt wurde, wird der Comandante en Jefe unmittelbar im Anschluß vor einer Gruppe von Journalisten der kubanischen Presse sprechen, um Themen von nationaler Aktualität zu behandeln. Diese Ansprache wird von dem Fernsehsender Cubavisión, von Radio Rebelde und den internationalen Frequenzen von Radio Habana Cuba übertragen. Zu Ihnen spricht nun der Comandante. Fidel Castro: Gestattet mir einige Worte. Die Proklamation der Nationalversammlung und ihre juristischen Konsequenzen, die Anklagen und Erklärungen der kubanischen Delegation bei den Vereinten Nationen, die Schlachten aus Anlaß der Aggressionen gegen Kuba im Bereich des internationalen Sports, unser Sieg in Winnipeg trotz dieser Aggressionen, die mutigen Positionen unseres Landes zum völkermörderischen Krieg gegen Jugoslawien, das Wachstum unserer Wirtschaft im Jahr 1999 im Gegensatz zu der schweren Rezession in fast allen Ländern unserer Region, die anwachsende Bewegung gegen die Blockade in den Vereinigten Staaten und die Initiativen von prominenten Vertretern des US-Senats, die unglaubliche Heldentat unseres Volkes, das sich mit seinen eigenen Mitteln innerhalb von weniger als 72 Stunden von den dramatischen Folgen des Hurrikans erholte, der uns vor nicht einmal zwei Wochen heimsuchte, der Besuch des Gouverneurs von Illinois, das nahe Bevorstehen des 9. Iberoamerikanischen Gipfeltreffens und das Scheitern der Versuche, dieses zu sabotieren, haben Hysterie und verzweifelte Reaktionen in bestimmten extremistischen Sektoren der Vereinigten Staaten und bei der konterrevolutionären und terroristischen Mafia von Miami entfesselt. Ich habe nur einige der Aspekte genannt. Man könnte noch einige hinzufügen, zum Beispiel die Präsenz Kubas auf dem Gipfeltreffen von Río de Janeiro, an dem alle lateinamerikanischen und karibischen Staaten und die 15 Mitgliedsländer der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft teilnahmen; die Kontakte mit den Studenten der wichtigsten Universität von Venezuela aus Anlaß der Amtseinführung von Präsident Chávez oder die Kontakte mit den Studenten der Universität des Bundesstaates Río de Janeiro und das Treffen mit dem Kongreß des Brasilianischen Studentenverbandes, an dem Tausende von Delegierten teilnahmen. Das sind die Beispiele aus dem internationalen Bereich. Der ausgezeichnete Kongreß der kubanischen Schriftsteller und Künstler, der dieses Jahr stattfand; ebenso der exzellente Kongreß der kubanischen Journalisten, die wahrhafte Journalisten und wahrhafte Revolutionäre sind. Im Zusammenhang mit diesem Kongreß haben wir gerade in einem erweiterten Ausschuß getagt, der in dem Maße erweitert war, daß alle Delegierten des Kongresses zugegen waren, um eine Analyse der geleisteten Arbeit vorzunehmen. Es gab Treffen wie das über Wirtschaftsfragen, an dem Hunderte von angesehenen Ökonomen teilnahmen und das hier in Havanna stattfand, und viele andere Dinge, die man als diejenigen Tatsachen aufzählen könnte, die die Feinde unzweifelhaft in die Verzweiflung getrieben haben. Es kam zu einer wahrhaften Hysterie der Feinde unseres Landes in den Vereinigten Staaten. Das sind offensichtliche Dinge, die man
mit absoluter Klarheit darlegen kann. Aus diesem Grund wollte ich mich heute über diese Themen mit Euch austauschen, ich wiederhole, Eindrücke mit Euch austauschen. Deshalb bat ich das Fernsehen, uns einen Sender für dieses Treffen zur Verfügung zu stellen. Ich habe einige Dinge zu sagen und werde versuchen, diese in die Antworten auf Eure Fragen und Kommentare einzuflechten. Ich ziehe vor, so zu verfahren und nicht in Form einer Rede. Wenn Ihr mir erlaubt, möchte ich Euch zu Anfang eine Vorstellung von der wilden Kampagne vermitteln, die im Moment gegen Kuba geführt wird. Ich werde häufig Meldungen von Nachrichtenagenturen aus den Vereinigten Staaten verwenden, neben den zusammengetragenen nötigen Informationen aus absolut sicheren Quellen, die unanfechtbare Tatsachen betreffen. Ich beginne mit zwei oder drei Nachrichten vom 29. Oktober 1999. An dem Tag, an dem wir gegen 10.00 Uhr morgens mit dem Treffen des Erweiterten Ausschusses des Journalistenverbandes beginnen wollten, las ich wie gewöhnlich einige Nachrichten. Die erste lautete wie folgt, wobei ich nur die wichtigsten Dinge zitiere: "Miami (USA), 29. Okt. (EFE): Das State Department der Vereinigten Staaten wird der spanischen Hotelkette Sol Melía in Kürze eine Mitteilung zuschicken, in der dieser eine Frist von 45 Tagen gesetzt wird, um Kuba zu verlassen oder die Kläger zu entschädigen, um die im Helms-Burton-Gesetz vorgesehenen verwaltungstechnischen Sanktionen zu vermeiden. Das State Department ist nahe daran, Sol Melía ein zweites Schreiben zuzusenden. Das erste trug folgenden Wortlaut: Wir verfügen über solide Beweise dafür, daß Sie mit enteignetem Besitz von US-Amerikanern Handel treiben. Das zweite Schreiben wird lauten: Wir haben ermittelt, daß Sie mit dem erwähntenBesitz Handel treiben, sagte der Anwalt Nicholas Gutiérrez gegenüber EFE. Gutiérrez, der Rechtsvertreter der Familie Sánchez Hill, erklärte, Sol Melía habe nach dem Versenden der Mitteilung 45 Tage Zeit, um das Land zu verlassen oder eine Einigung mit der Familie anzustreben. Letzteres könne bereits jetzt erfolgen, man brauche dafür nicht das zweite Schreiben abzuwarten. Dies geschieht nach einem ausgedehnten Zeitraum des Austauschs von Dokumenten, bei dem Sol Melía Unterlagen aller Art zur Verfügung gestellt hat, die vom State Department nicht als beweiskräftig angesehen wurden, um zu belegen, daß die Hotelkette nicht wissentlich mit Privatbesitz Handel getrieben hat, fügte der Anwalt in einem telefonisch geführten Interview mit der Nachrichtenagentur EFE hinzu. Laut Gutiérrez übt der Ausschuß für auswärtige Beziehungen des US-Senats Druck auf das State Department aus, um die Formalitäten zu beschleunigen. Der Präsident dieses Ausschusses ist Mister Helms. Nun, hier sehen Sie, was für eine Offensive gegen das wichtigste Tourismusunternehmen, das Beziehung zu uns unterhält, gestartet wurde. Eine weitere Nachricht: "Die Aussage eines spanischen Unternehmers über eine 1998 in Kolumbien sichergestellte Kokainladung muß als Grundlage dafür dienen, um Kuba in die Liste der als Brückenkopf dienenden Länder für den Drogenhandel aufzunehmen, bekräftigte am heutigen Freitag ein US-amerikanischer Kongreßabgeordneter. Dan Burton, das andere Standbein des berüchtigten Gesetzes und Präsident des Komitees für Regierungsreform des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten, erklärte, die untersuchenden Beamten dieses Organs haben am vergangenen 16. Oktober den spanischen Unternehmer José Herrera befragt. Herrera sagte den Beamten des Kongresses, seines Erachtens habe die kubanische Regierung von der im vergangenen Dezember beschlagnahmten Ladung von 7,5 Tonnen Kokain gewußt, denn die kubanische Polizei habe geäußert, die Ladung sei für die Firma Unión del Plástico bestimmt gewesen, in der dem Ausschuß des Kongresses zufolge die Spanier Herrera und José Royo 49 % und die kubanische
Regierung 51 % der Aktien besaßen. Herrera erklärte, er habe den Eindruck, Sektoren der Geheimdienste der kubanischen Regierung haben den Namen der Firma benutzt, um die Ladung zutransportieren, da Unión del Plástico Ladungen aus Kolumbien nach Kuba brachte. Laut Burton sollte die Aussage Herreras es dem State Department erleichtern, Kuba in die Liste der Nationen aufzunehmen, die als Transitland für die in die USA gelangenden Drogen dienen. Die Regierung von (US-Präsident Bill) Clinton habe bei ihrem Versuch, die Beziehungen zu diesem Land zu normalisieren, die Mittäterschaft der Regierung Kubas unerwähnt gelassen, bekräftigte der republikanische Kongreßabgeordnete." Das ist die berühmte Geschichte der zwei überaus ehrenhaften und friedlichfrommen spanischen Unternehmer, die die Schaffung eines Joint VentureUnternehmens zur Produktion von einigen Artikeln vorschlugen, in das sie die Technologie, den Markt und ein bestimmtes Kapital einbrachten. Unlängst wollte ich meine Neugier befriedigen - die Gründe waren andere; ich benötigte für ein vereinbartes Gespräch einige Exemplare dieses berühmten Erzeugnisses, das allerdings ziemlich interessant aussieht; ich bedauere, keines davon hier zu haben. Diese Herren waren mit dem Vorwand gekommen, diese Produkte herzustellen, da es dafür einen Absatzmarkt gäbe; und ich bin sicher, daß hier alles sehr schnell absetzbar ist. Sie kamen mit einer Firma von 12 oder 14 Beschäftigten; sie waren sehr effizient und gingen so sehr in der Sache auf, daß sie bei der Ankunft eines Containers am Hafen anwesend waren und bei der Einschiffung eines Containers diesen bis zu den Docks begleiteten. Die äußerst klare Idee bestand selbstverständlich darin, ein Produkt zu entwerfen, das einen Rohstoff, Kunststoffpellets - die genaue Bezeichnung ist mir jetzt entfallen - benötigt, die in Kolumbien hergestellt werden. Es kamen die Container mit dem Ausgangsstoff, und in dieser Anlage wurden mit ihrer Technologie und ihren 12 Beschäftigten die Figuren hergestellt, die man dann in denselben Containern nach Spanien verschiffte. Die Besonderheit bestand nun darin, daß diese Container Doppelwände hatten. Sie sahen zwar wie normale Container aus, hatten aber eine Doppelwand. Sie hatten keinen einzigen Komplizen und sie benötigten auch keinen, denn sie bauten die Fabrik auf und waren diejenigen, die den Rohstoff kauften. Hier wurde produziert und die Erzeugnisse nach Spanien verschifft. Glücklicherweise wurde dies rechtzeitig entdeckt, doch ihre Absichten waren wahrhaft ambitiös. Man muß noch genau herausfinden - und ich glaube, daß man das eines Tages schaffen wird -, welche Menge an Drogen sie tatsächlich verschifft haben. Ich glaube, daß sie mit den ersten Containern - und es waren nicht viele, die sie aus dem Land schafften - noch testeten. Als ich am 5. Januar dieses Jahres eine Rede hielt, prangerte ich dieses Problem an. Wir protestierten sogar, daß die kolumbianischen Behörden trotz der Vereinbarung und der bestehenden Zusammenarbeit mit uns nicht ein einziges Wort darüber verlauten ließen. Sie entdeckten dort einige Container, die sie sofort mit diesen Individuen in Verbindung brachten, und unmittelbar darauf erschien die Nachricht unter dem Titel: "Soundsoviele Tonnen Kokain nach Kuba." Dies erzürnte uns wirklich und wir erläuterten das Problem öffentlich. Das war einer der Gründe. Wir hatten ja eine Öffnung vorgenommen, es gibt Freihandelszonen und Rohstoffe kommen in Containern ins Land. Nun sind wir so erzürnt, weil es sich hier nicht mehr um einen dieser Fälle handelt, die immer wieder in kleinerem Ausmaß auftauchten, wenn jemand einen Gürtel mit einem Kilogramm einschleust und ein anderer die Droge in den Koffern in den Bügeln der Anzüge hereinbringt. Nein, darum handelte es sich nicht. Es war der Versuch des Drogenhandels in großem Ausmaß mit uns als Transitland. Daraus entsprang der Vorschlag, die Todesstrafe für diejenigen festzusetzen, die versuchten, in großem Umfang über unser Land Drogen zu handeln. Ah, die Individuen tauchten dort in Europa auf und gaben Erklärungen ab, alle Anschuldigungen seien falsch und es handle sich um eine
kubanische Erfindung zur Konfiszierung ihres Geschäfts. Von da ab entdeckten wir eine Reihe von weiteren Dingen, die ich nicht erwähnen werde. Davon sprach ich am 26. Juli in Cienfuegos und über dieses Thema haben wir schon mit einer Reihe von Leuten gesprochen, inklusive mit einigen Spaniern, wobei wir uns fragten, warum diese "ehrenwerten Herren" frei herumlaufen und die völlige Freiheit genießen und warum sie uns nicht wenigstens ein wenig früher informierten, denn dann hätten wir sie hier auf frischer Tat festnehmen können. Man hat dort (in Kolumbien) wirklich nicht gut gehandelt, was vielleicht dem Interesse entsprang, eine spektakuläre Nachricht zu veröffentlichen und weiter nichts. In Kolumbien nahmen sie nur einen Schmieresteher fest, während die Haupttäter dort in Europa sind. Wir werden weiterhin die Auslieferung fordern und das Problem anprangern, weil wir genügend Beweise haben, um diese Ganoven vor Gericht zu bringen, denn wir haben Container von der Art sichergestellt, bei denen das gesamte Metallsystem vorhanden ist. Es gab drei davon. Man kann daran sehen, wie sie gefertigt wurden, sämtliche Lötstellen. Man hat sie einer vollständigen Untersuchung unterzogen. Sogar die Spürhunde bemerkten den Geruch nach Drogen in diesen Containern. Zusammen mit den Anhaltspunkten, über die die Kolumbianer verfügen - soweit mir bekannt ist, hat man uns einiges zukommenlassen -, verfügen wir über genügend Beweise, um diese Herren vor Gericht zu stellen. Was wir fordern ist, daß sie hier abgeurteilt werden, denn hier haben sie das schwerwiegendste Verbrechen begangen. Ja, sie sollen sie uns überstellen und sie sollen ruhig - wie wir es gesagt haben - alle Rechtsanwälte zu ihrer Verteidigung schicken, die sie wünschen. Da diese Taten letztlich vor der Verabschiedung des Gesetzes begangen wurden, durch das der Drogenhandel schärfer bestraft wird, und da die Verhängung der Todesstrafe für Drogenhandel in großem Umfang zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Kraft war, gehen diese Individuen also in keinster Weise das Risiko ein, die Höchststrafe zu erhalten. Wir fordern, das sie uns ausgeliefert werden, denn wir sind es, die durch diese Angelegenheit erzürnt wurden. Oh ja, es ist der Gipfel der Schamlosigkeit, Typen zu suchen, die eigentlich im Gefängnis sein müssten, um sie zu verhören und kraft dieses Verhörs ein Element beizusteuern, damit im US-Kongreß diejenigen, die jede Möglichkeit einer Vereinbarung für einen mit der größtmöglichen Effizienz geführten wirklichen Kampf gegen den Drogenhandel zerstören wollen, ihr Ziel erreichen, diese Individuen, die Banditen oder einen von ihnen, die Herren Herrera und José Royo, fast schon als Zeugen vorzuladen. Sie sollen sie hierher bringen, und es wird einen öffentlichen, vom Fernsehen übertragenen Prozeß geben. Es sollen ruhig ganz gleich woher - alle Anwälte kommen, die dies wünschen, um diese Individuen zu verteidigen. Aber es ist der Gipfel, daß sie jetzt noch frei herumlaufen und außerdem als Zeugen fungieren. Wir haben darauf bestanden und jetzt müssen wir darangehen, auf dem Rechtswege Klage zu erheben. Bis jetzt haben wir gewartet, nicht wahr? Nun werden wir die Anklage formulieren und Interpol auffordern, sie hierher zu überführen, um sie vor Gericht zu stellen. Ich weiß nicht, wer sie verteidigen wird, wer sie verteidigen kann und mit welchen Argumenten sie verteidigt werden können. Das waren die Nachrichten von nur einem Tag; die Angelegenheit mit der Hotelkette Melía... Hier haben wir eine weitere Agenturmeldung: Der kubanische Botschafter bei der UNO, Bruno Rodríguez Parrilla, hat gegenüber den Vereinten Nationen und der Regierung der Vereinigten Staaten protestiert wegen 'der nicht zu rechtfertigenden und willkürlichen Haltung' Washingtons, den Diplomaten seines Landes weiterhin Einschränkungen in bezug auf ihre Bewegungsfreiheit aufzuzwingen, usw. Noch eine Meldung vom selben Tag. Sie stammt ebenfalls von der Agentur EFE und kommt aus Washington: Republikanische Führungspersönlichkeiten im US-Kongreß haben die Regierung
von Bill Clinton ersucht, eine Untersuchung über die mutmaßliche Beteiligung von drei kubanischen Militärs an Folterungen von Kriegsgefangenen in Vietnam neu zu eröffnen. Die kubanischstämmige republikanische Kongreßabgeordnete Ileana Ros-Lehtinen hat Präsident Clinton und das Pentagon formell darum ersucht, die Untersuchung dieses Falles, der anfänglich zu Beginn der 70er Jahre von der Regierung überprüft wurde, wiederaufzunehmen. "Die 19 Männer, die von Castros Agenten gefoltert wurden, verdienen es, daß ihre Regierung alles mögliche unternimmt, um die Identität dieser Kriminellen festzustellen", sagte Ros-Lehtinen - ich weiß nicht, wie man das richtig ausspricht, ich spreche es wirklich nicht absichtlich so aus, sondern so, wie ich es lese -, gewählt als Vertreterin des Bundesstaats Florida und Gegnerin der Regierung von Fidel Castro. Der Präsident des Komitees für Internationale Beziehungen des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten, der ebenfalls der Republikanischen Partei angehörende Benjamín Gilman, verschob eine für heute vorgesehene Anhörung, bei der diese Beschuldigungen untersucht werden sollten, auf den nächsten Donnerstag. Dokumente der US-Luftwaffe beziehen sich auf ein Kuba-Programm, aufgrund dessen gemäß den Berichten kubanische Militärs an den Folterungen der Vietnamesen an US-Kriegsgefangenen, zu denen es vermutlich zwischen 1967 und 1968 kam, teilnahmen. "Wir haben die Pflicht, die Vorfälle zu untersuchen und das notwendige zu unternehmen, um die Schuldigen zu finden", bekräftigte der Kongreßabgeordnete Gilman. Die republikanischen Kongreßmitglieder streben eine Mithilfe seitens der Regierung über das Pentagon, die CIA und den FBI an, um die Identität der mutmaßlichen kubanischen Folterer festzustellen. "Diese Kubaner wurden von Hanoi rekrutiert, um alle notwendigen Mittel zur physischen und psychologischen Zerstörung einer Gruppe von 19 USamerikanischen Soldaten einzusetzen", fügte Ros-Lehtinen hinzu, wobei sie angab, daß man die Form suchen müsse, um sie zu bestrafen. Gilman sagte, die von den mutmaßlichen kubanischen Folterern 'begangenen Verbrechen' seien nicht verjährt, weshalb es auch keine Grenze hinsichtlich der Verpflichtung geben könne, die Wahrheit in diesem Fall zu finden". Das ist der berühmte Fall, bei dem sie Vecino, unseren Minister für Hochschulwesen, beschuldigen, der Chef der Folterer gewesen zu sein, und außerdem gibt es da einen jener Piloten, der versichert, Vecino sei einer derjenigen gewesen, der die Piloten dort folterte. Doch Fakt ist, daß Vecino nie inVietnam gewesen ist. Doch es ist auf grobe Art verlogen und zynisch, so etwas zu behaupten, jetzt damit herauszukommen, da alle Welt die Geschichte unserer Kämpfer an allen Orten der Erde kennt. Ja, es waren einige wenige Genossen in Vietnam, um sich die dortigen Kriegserfahrungen anzuschauen, und einige fielen dort sogar den Bombenangriffen zum Opfer. Uns interessierten nämlich die vietnamesischen Erfahrungen sehr stark und sie interessieren uns weiterhin, versteht Ihr? Das zu behaupten bedeutet die Verkennung von Tatsachen, die allen bekannt sein müssen, die die kubanischen Kämpfer kennen. So wie zum Beispiel südafrikanische Soldaten, die von Kubanern gefangengenommen wurden, sich freuten, daß es die Kubaner waren, denen sie in die Hände gefallen waren, denn überall wo die Kubaner waren - und sie waren an recht vielen Orten -, traten sie als Exponenten unseres Beispiels auf, so wie wir den Krieg führten, und Förderer der einzigen klugen und intelligenten Politik, die man in jedem Krieg verfolgen kann, nämlich der des Respekts vor der Integrität der Gefangenen. So gewannen wir unseren Krieg. Wir nahmen Tausende von Soldaten gefangen, in
Girón und an anderen Orten, und wir krümmten keinem der 1 200 Söldner von Girón ein Haar, wir, die wir sehr viele Jahre die Leichen der US-Piloten, die in den Kämpfen während der Invasion fielen, aufbewahrten. Das war unser größter Stolz, die Behandlung der Gefangenen. Führen Sie uns auch nur einen Kubaner vor, der in Vietnam einen US-Amerikaner gefoltert hat, und wir sind bereit, vor Gericht gestellt zu werden, und zwar wir alle! Zeigen Sie uns auch nur einen einzigen, beweisen Sie, daß ein Kubaner das in Vietnam getan hat. Hieran sehen Sie den Gipfel an Gemeinheit; und es sind dieselben Leute, es ist dieselbe Mafia, dieselbe extremistische Allianz der extremen Rechten mit dieser terroristischen Mafia. Und all diese Dinge an einem einzigen Tag. Ich wollte darüber am Ende des Treffens mit den Journalisten sprechen. Auf dem Plenum des Journalistenverbandes (UPEC) dachte ich, es wäre am ersten Tag möglich. Doch diese Sitzung dehnte sich aus und auch am darauffolgenden Tag waren die Debatten so umfassend, daß ich sagte: "Es ist besser, dieses Thema bei dem Treffen nicht anzusprechen". Denn dort wurde viel zu den Themen des UPECKongresses gesagt, und ich zog vor, eine andere Gelegenheit dafür zu finden. Das ist einer der Gründe für diese Sendung, und nun halte ich zum ersten Mal inne. Nidia Díaz (Granma): Comandante, Sie haben darauf hingewiesen, daß Verzweiflung und Hysterie aufgrund der Triumphe Kubas und der Konsolidierung des Landes auf der internationalen Bühne herrscht, und zwar nicht nur unter der annexionistischen Mafia in Miami, sondern sogar unter einigen Vertretern der USRegierung. Vor einigen Tagen sagte sogar der Sprecher des State Departments, indem er im Namen Albrights sprach, daß sie die US-amerikanischen politischen Persönlichkeiten drängen, nicht mit Ihnen zu sprechen. Wir hätten gern, daß Sie etwas zu dem kürzlich erfolgten Besuch des Gouverneurs Ryan von Illinois in unserem Land sagen sowie über die Haltung der Vereinigten Staaten, dieser politischen Persönlichkeit der USA einige parallele Aktivitäten fast aufzuzwingen. Wir hätten gern von Ihnen etwas zu diesen parallelen Aktivitäten gehört, die die Interessenvertretung dem Gouverneur fast aufzwang und die ebenfalls Teil dieser Hysterie und Verzweiflung sind, von der Sie sprachen. Fidel Castro: Ja, ich habe diesbezügliche Unterlagen. Ich habe hier Unterlagen jeder Art, auch über die hauptsächlichen Sinnlosigkeiten und Lächerlichkeiten. Ich muß zum Beispiel erwähnen, daß der Besuch des Gouverneurs von Illinois seine Vorgeschichte in der Resolution Nr. 547 des Repräsentantenhauses von Illinois hat. Jenes Parlament verabschiedete - und der Gouverneur unterzeichnete sie - eine von den Abgeordneten López, Acevedo, Erwin, Rutherford, Currie, Howard, Johnson, also von insgesamt sieben aller Abgeordneten, vorgelegte Resolution. Hier habe ich die Tatbestände, der erste Abschnitt lautet wie folgt: Es steht fest: Das vor 35 Jahren von den Vereinigten Staaten gegen Kuba verhängte Embargo hat immer größere physische Nöte für das kubanische Volk gebracht, ihm Medikamente und Lebensmittel entzogen und es einschließlich der Kinder den Auswirkungen der Fehlernährung und anderer schwerwiegender gesundheitlicher Probleme ausgesetzt. Es steht fest: Der kürzliche Besuch von Papst Johannes Paul II in Kuba lenkte die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf die Bedürfnisse des kubanischen Volkes und appellierte an die Wiederversöhnung zum gegenseitigen Nutzen und an die Aufhebung des US-Embargos gegen Kuba. Es steht fest: Viele in den Vereinigten Staaten als US-Bürger lebende Kubaner haben Angehörige, die solchen Nöten ausgesetzt sind und denen sie gern helfen möchten, ohne die Gesetze der Vereinigten Staaten zu verletzen. Es steht fest: Der Bundesstaat Illinois, Vorkämpfer in den Bereichen Bildung, Handel, Landwirtschaft und Technologie, kann von der ökonomischen Entwicklung und dem möglichen Handel mit Kuba profitieren. Es steht fest: Der Kongreß der Vereinigten Staaten analysiert zur Zeit die Gesetzesentwürfe HR-1951 und S-1391, die eine Aufhebung des Embargos gegen
Kuba mit dem Ziel begünstigen, humanitäre Hilfe in Form von Medikamenten und Lebensmitteln in dieses Land gelangen zu lassen. So soll es sein. Es wird beschlossen: Im Namen des Repräsentantenhauses des Bundesstaates Illinois in seiner neunzigsten Vollversammlung wird mit Nachdruck ersucht, daß die Gesetzentwürfe HR-1951 und S-1391 über die Aufhebung des US-Embargos aus humanitären Gründen gebilligt und verabschiedet werden und daß die Übergabe von Lebensmitteln und Medikamenten an das kubanische Volk erlaubt wird. Gleichfalls wird Nachdruck darauf gelegt, daß diese Berichtigungen unserer Außenpolitik die humanitäre Bestrebung der Vereinigten Staaten jenseits von politischen Ideologien widerspiegelt und daß dies ausgeweitet werde. Es wird beschlossen: Kopien dieser Resolution sind an den Präsidenten der Vereinigten Staaten, den Präsidenten des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten, den Präsidenten pro tempore des Senats der Vereinigten Staaten und alle Mitglieder der Delegation von Illinois zu übersenden. Verabschiedet vom Repräsentantenhaus am 21. Mai 1998. Unterzeichnet: Michael J. Madigan, Präsident des Repräsentantenhauses. Unterzeichnet: Anthony D. Rossi, Protokollführer des Repräsentantenhauses. Ich meine, daß diese Resolution einstimmig von Demokraten und Republikanern verabschiedet wurde. Sie wurde von sieben Abgeordneten eingebracht und bereits im Mai 1998 verabschiedet. Es hat eine Logik, daß der kurz zuvor gewählte Gouverneur - es muß um diese Zeit herum gewesen sein, ich glaube, er war ein Jahr zuvor gewählt worden - die Entscheidung trifft, die Reise mit dem Einverständnis des Parlaments zu unternehmen. Mit dem Einverständnis aller Kräfte, die ihn dort unterstützen, erfüllt er alle Erfordernisse und beantragt die Erlaubnis. Zunächst konsultiert er dies logischerweise mit uns. Wir stellten ihm unmittelbar eine Einladung aus und damit erfüllte er alle Anforderungen und beantragte die Erlaubnis. Doch von dem Moment an, als man davon sprach, daß der Gouverneur Kuba einen Besuch abstatten würde, setzte der Krieg gegen ihn von seiten der extremen Rechten und der kubanisch-amerikanischen Terroristenmafia ein und es kam zu Erklärungen jeder Art, mit der Frechheit, mit der sie sich zu äußern pflegen. Der Gouverneur hielt standhaft an seinem Vorsatz fest, denn eine seiner Eigenschaften ist die Standhaftigkeit. Er entschied sich zu kommen, man organisierte ein Programm und er schickte seine Vorhut. Er war ohne Zweifel die ranghöchste Autorität aus den USA, die uns in den letzten 40 Jahren besucht hat. Über diese Jahre hinweg sind Senatoren gekommen - und in der letzten Zeit eine größere Anzahl -, Abgeordnete des Repräsentantenhauses statteten uns einen Besuch ab, alle Art von Persönlichkeiten, viele akademische Persönlichkeiten, Führungspersönlichkeiten der Kirche aus den verschiedensten Glaubensrichtungen, von evangelischen Kirchen. Die Präsidentin des Rates der Evangelischen Kirchen war einige Male hier, sie sprach sogar auf dem Platz der Revolution. Kardinäle, Bischöfe und Führungsfiguren anderer Religionen der Vereinigten Staaten besuchten uns ebenso. Sogar Farrakhan war hier, der Moslem ist. Ich erinnere mich daran, als Jackson kam, der auch ein Prediger einer evangelischen Kirche ist. Doch der Gouverneur von Illinois ist die Persönlichkeit, sagen wir, auf der Ebene eines Bundesstaates, eines wichtigen US-amerikanischen Bundesstaates, der ich glaube mehr als 20 Wahlmännerstimmen im Bund auf sich vereint. Ryan ist zudem Republikaner. Es handelte sich unzweifelhaft um einen wichtigen Besuch und wir antworten auf die guten Gesten immer mit guten Gesten, so daß wir uns vornahmen, ihn mit der ganzen Wertschätzung zu betreuen, die er verdiente. Er schickte eine Vorhut, um sein ganzes Programm inmitten des dort entfachten Krieges zu konkretisieren, bei dem in Frage gestellt wurde, ob er sich mit mir treffen würde. Und das State Department gab ihm Anweisungen, ich würde gar von Forderungen sprechen. Gut, unter diesen Bedingungen wird der Besuch vorbereitet und findet schließlich statt, ich glaube, er begann am 23. Oktober. Wann hatten wir den Hurrikan? Das war
einige Tage zuvor. Wir waren sehr wohl alle damit beschäftigt, es gab eine Gruppe von Genossen, die sich um ihn kümmerte. Die Reaktion auf den Besuch war stark. Felipe, unser Außenminister, erklärte mir die Aufnahme, die er in Europa erfuhr, in England, - er war dort, er war nach Irland geflogen, um diplomatische Beziehungen aufzunehmen -, er erzählte, daß die Nachricht auf den ersten Seiten erschien und daß man auch über alle Aktivitäten des Gouverneurs berichtete. Alle seine Wünsche und Interessen wurden berücksichtigt und er hatte volle Handlungsfreiheit. Der Gouverneur mußte selbstverständlich eine gewaltige Schlacht ausfechten und immer wieder hatte er irgendeine Änderung in sein Programm einzufügen, denn es gab hier und dort Druckausübungen von seiten der Interessenvertretung. Vielleicht muß man später über dieses Thema sprechen, doch es ist eine Tatsache, daß dieser Besuch inmitten einer Feldschlacht ablief, und einige Dinge wurden vorgeschlagen und später geändert. Es gab einige Dinge, die mir wirklich als korrekt erschienen, von elementarer Höflichkeit gegenüber einem US-amerikanischen Gouverneur und den Vertretern eines Bundesstaates, dessen Parlament eine Resolution wie jene verabschiedet, über die wir gesprochen haben. Wir waren sogar dafür, bei seinem Empfang eine kleine Zeremonie zu veranstalten, da er zwar kein Staatschef, aber doch der Chef eines Bundesstaates ist. Versteht Ihr? Eine sehr kleine und elementare Zeremonie zu veranstalten, die darin bestehen sollte, ein Musikkorps die beiden Hymnen spielen zu lassen, die Hymne der Vereinigten Staaten und die kubanische Hymne. Ich bin sicher, daß viele Leute das nicht auf Anhieb verstanden hätten, man hätte es sogar erklären müssen, und zwar nicht vor dem Abspielen der Hymne, sondern danach, weil viele Menschen weder diese Vorgeschichte und die Details noch die von ihm eingenommene Haltung kannten. Wir sahen die Schlacht, die er für seinen Besuch auszufechten hatte. Dieser Gouverneur ist nicht nur der Gouverneur dieses Bundesstaates, sondern er ist auch der Präsident einer Vereinigung, die acht oder zehn Bundesstaaten umfaßt, nämlich die wichtigsten im Zentrum der Vereinigten Staaten. Er ist der Präsident dieser Vereinigung. Er ist ein einflußreicher Mann, er kann Einfluß nehmen und sie haben ihn für dieses Amt nominiert, weil sie ihn respektieren. Die Gouverneure nehmen an einem alljährlich stattfindenden Gouverneurstreffen teil. All das erhöhte meiner Ansicht nach die Bedeutung der Persönlichkeit, die kommen würde. Das ist in keinem Protokoll festgehalten, aber gut, wir hatten die Idee einer kleinen Zeremonie anläßlich seines Empfangs. Es durfte nicht sein, denn der Druck war so groß, daß etwas nicht zustandekam, das den Vereinigten Staaten mehr Nutzen gebracht hätte als uns. Es hätte die Vereinigten Staaten in keiner Weise entehrt, wenn ihre Hymne hier auf diesem Flughafen erklungen wäre, trotz der Dinge, die geschehen sind, der Differenzen und der Probleme. Mir scheint, daß dieser Mann einer solchen Geste würdig gewesen wäre, aber es war nicht machbar. Wir hätten noch mehr tun können, eine kleine Zeremonie dort mit den beiden Flaggen und der Hymne bei der Begrüßung. Doch das von den Feinden des Besuches geschaffene Klima machte es sehr schwierig, und so blieb es nur auf die Anwesenheit des Genossen Alarcón, Präsident der Nationalversammlung, und einige Grußworte von beiden Seiten beschränkt. Einige haben nicht verstanden, warum die Rede in englisch gehalten wurde. Nun, aus gutem Grund. Ja, ich übernehme die Verantwortung, denn Alarcón sollte sprechen und fragte mich, worauf ich ihm antwortete: "Schau, Alarcón, du wirst in dem Moment nicht zur kubanischen Bevölkerung sprechen". Ich erinnere mich, daß bei seiner Ankunft kein Übersetzer da war, die Übersetzung wurde improvisiert, denn wir wußten bis zum letzten Moment nicht, ob es ihm angebracht erschien oder nicht, wenn ihn der Präsident der Nationalversammlung empfangen würde. Er verstand diese Geste gut, sie mißfiel ihm nicht, im Gegenteil, seine ersten Worte waren von Befriedigung gekennzeichnet. Doch offensichtlich konnte die Begrüßung aufgrund
des Krieges, der gegen ihn geführt wurde, nicht in der ursprünglich geplanten Weise stattfinden. Ich sage also zu Alarcón: "Schau, dort wird der Gouverneur sein, es werden eine Reihe von US-Fernsehkanälen zugegen sein, und du wirst zu ihm sprechen, zu seiner Delegation, zu den 40 Journalisten, die ihn begleiten, und zu den Reportern. Es ist immer besser, sich an dieses Publikum direkt in englisch zu wenden". Das ist der Grund, warum die Rede in englisch gehalten wurde. Es erscheint mir absolut korrekt. Ich rief ihn, als er dabei war, zum Flughafen zu fahren, und sagte ihm: "Sprich in englisch", obwohl ich wußte, daß niemand das verstehen würde, denn es kommt selten vor, daß er in englisch spricht. Es war eine sehr spezielle Situation. Unsere Presse konnte sich an die Übersetzung halten, so daß 10 Millionen Kubaner die Rede in spanisch hören konnten. Es ist absolut keine Schande, Entehrung oder geschweige denn Liebedienerei. Menschen, die, wie wir Kubaner, wirklich frei und unabhängig sind, echte Revolutionäre legen nicht solche Vorurteile oder ähnliche Dinge an den Tag, sondern sie tun das, was am korrektesten und angebrachtesten ist. Also wirklich, wenn ich Chinesisch könnte und es käme zum Beispiel Jiang Zemin kommen und ich müßte eine Begrüßungsrede halten, dann würde ich sie in chinesisch halten, wenn ich die Sprache wirklich könnte, denn ich spreche in seiner Sprache zu ihm und damit gleichzeitig zu 1,25 Milliarden Chinesen. Gleichzeitig wird für die Kubaner ins Spanische übersetzt Das ist der Grund. Ich möchte das erklären, da alles miteinander zusammenhängt, denn es herrschte eine vollkommene Unsicherheit, niemand wußte, ob sie kurz vorher nicht noch so viel Druck ausüben würden, daß die Reise nicht zustande käme. Marina Menéndez (Juventud Rebelde): Nun, Comandante, ich möchte eine Anmerkung für Sie machen: Inmitten dieses Drucks und der feindlichen Reaktionen, die der Besuch Ryans in bestimmten US-amerikanischen Sektoren und bei der kubanischen Mafia - der kaum 'kubanisch' zu nennenden Mafia - auslöste, gab es meiner Meinung nach viele Sektoren, vor allem Unternehmer aus dem Bereich der Landwirtschaft, die in diesem Besuch eine Hoffnung sehen, denn sie - und das haben sie anerkannt - verlieren auch viel durch die Unmöglichkeit eines Handelsaustauschs mit Kuba. In welcher Weise könnten diese Sektoren vielleicht die Bilanz ein wenig ausgeglichener gestalten? Fidel Castro: Schau, es gibt eine ganze Reihe von Bundesstaaten. Unlängst empfing ich eine zahlenmäßig starke Delegation texanischer Unternehmer. Es waren Reisproduzenten, die vor dem Sieg der Revolution Reis aus ihren Plantagen in unser Land exportierten. Sie suchen einen größeren Absatzmarkt. Ich unterhielt mich mit ihnen sehr viel über Technologie und all diese Fragen. Zahlreiche Repräsentanten und Behörden des Bundesstaates Texas, eine interessante Gruppe, haben ein großes Interesse an der Wiederaufnahme ihrer Exporte nach Kuba, denn sie haben in preislicher Hinsicht schlechte Jahre hinter sich. Dieses war ein Jahr mit schlechten Preisen. Die Landwirte haben es schwer. Ich habe sie und auch die Landwirtschaftsvertreter aus Illinois gefragt, wieviel sie für die Tonne Mais bezahlt bekommen und wie hoch die Kosten wirklich sind pro Tonne Mais, die sie für 60 Dollar verkaufen. Ich frage: "Wer hat den größten Gewinn?". Ah, diejenigen, die kaufen und die Ware exportieren, da diese eine sehr viel größere Menge erhalten. Wenn sie auf den Markt gehen, erhalten sie 100, 120 oder 130 Dollar, manchmal beträgt der Preis 140 Dollar pro Tonne Mais, und ihnen bezahlen sie 60 Dollar. Das sind die Probleme, die sie haben, und sie haben Sorgen und Angst angesichts all dieser Fragen, und zwar nicht nur diese zwei Bundesstaaten, sondern es sind noch einige mehr, die dasselbe Kriterium haben. Ich erklärte ihnen an jenem Tag, daß es zumindest denen aus Illinois in den letzten 40 Jahren, bei einer sehr konservativen Berechnung, verwehrt war, Produkte im
Wert von 20 Milliarden Dollar nach Kuba zu verkaufen. Ja, 20 Milliarden Dollar, und bei denen aus Texas waren es auch einige Milliarden Dollar, allein für die Importe an landwirtschaftlichen Gütern, die wir tätigten. Das ist unbestreitbar. Aber es existiert bereits nicht nur das schlichte kommerzielle Interesse. Es gibt bereits Mißmut und Unzufriedenheit, und sie fragen sich nach den Gründen. Die wachsende Bewegung gegen die Blockade der Vereinigten Staaten bahnt sich ihren Weg, ich sagte es bereits zu Anfang. Das ist einer der Faktoren, die präsent sind und anwächst, diese Bewegung wächst wirklich. Das ist meine Antwort auf deine Frage zu dem Besuch, in dessen Rahmen viele Leute kamen. Sie haben Interesse an wissenschaftlichem, sportlichem und kulturellem Austausch. Es gibt eine Sache, die öffentlich bekannt ist: Im State Department verbot man ihnen, Themen des Handels anzuschneiden. In der Tat war der Genosse Cabrisas eine der Personen, die sich mit der Gruppe der Unternehmer und mit den Journalisten treffen sollten, und man hatte es ihnen verboten. Cabrisas mußte tatsächlich aus der Delegation ausgeschlossen werden, weil man ihnen verboten hatte, über kommerzielle Aspekte zu reden. All diese Dinge sind ein wenig absurd. Wenn man einem Gouverneur diese Dinge verbietet, ist es fast so, als würde er wie ein kleines Kind herumgeführt. In der Tat waren sie sehr besorgt, daß der Gouverneur Ryan mit mir sprechen würde. Das Gespräch mit mir war nicht im Programm enthalten. Nidia Díaz: Aber sie sprachen sieben Stunden mit ihm. Fidel Castro: Ja, und später könnte ich sogar ein wenig die Gründe dafür erläutern. Wir sprachen einige Stunden miteinander und danach lud ich ihn zum Abendessen ein, nicht mit der ganzen Delegation, die mit ihm angereist war, doch mit der Hauptgruppe seiner Begleitung sprachen wir sehr wohl über die verschiedensten Themen. Und danach beim Abendessen hatte man einen rechteckigen Tisch mit einer Kapazität für eine noch größere Anzahl von Personen vorbereitet. Dort waren etwa 20 oder mehr von ihnen und eine Gruppe unserer Genossen anwesend. Man unterhielt sich sehr viel in einem gutem Gesprächsklima. Danach, nach Beendigung des Abendessens, mußte man um 1.00 Uhr morgens noch einmal zusammenkommen, um den Fall eines der zwei Kinder zu analysieren, über den ich später sprechen werde. Aber zu deinen Ausführungen, daß sie nicht wollten, daß er sich mit mir trifft, ist zu sagen, daß dies das Lächerlichste des Lächerlichen ist; denn früher setzte sich das State Department mit jeder Delegation, die uns besuchen wollte, zusammen, um sie zu warnen, sich nicht von mir verwirren zu lassen und sich nicht verführen zu lassen. Sie wollten wirklich ein Gegengift schaffen, um zu bewirken, daß sie gegenüber den Argumenten, die ich vorbringen könnte, gefeit sind. So wartete ich erst einmal, denn ich wußte nicht einmal, ob er ein Gespräch mit mir als notwendig oder angebracht erachtete. Nein, ich wußte es nicht, und am vorletzten Tag um 16.00 Uhr, nachdem sie die ganze Rundfahrt durch Havanna unternommen hatten und wir von der Vorhut und seinem Beraterteam erfuhren, daß er bereit dazu war, es als unverzichtbar ansah und sogar im Fall, daß es nicht zustandekomme... Ich merkte sogar, daß es wie eine Beleidigung oder eine Geringschätzung aussehen könnte, ihn nicht zu empfangen. Also benachrichtigte ich ihn über den Genossen Remírez, da Remírez Kontakte mit vielen von diesen Leuten hat. Remírez hat an diesen Beziehungen gearbeitet und sie weiterentwickelt. Nach der erwähnten Resolution hat er viel daran gearbeitet, und zudem war eine Vorhut von ihnen hier. Doch das war zu einer heiklen Angelegenheit geworden. Ich mußte vorsichtig sein und die Meinung seines Teams bezüglich der Frage kennen, ob ihm das Treffen mit mir schaden würde oder nicht. Und so kam es zu dem Treffen mit dem ganzen Team, sie waren vollkommen damit einverstanden und der Gouverneur war zufrieden, er ist ein aufgeschlossener Mensch. Zu dieser Stunde hatten wir alles vorbereitet und bereit, und wir erklärten ihm: Es ist ein Treffen zum Unterhalten und im Anschluß das Abendessen, das so organisiert ist, daß der Gedankenaustausch
fortgesetzt werden kann. Um wieviel Uhr war das? Es begann um 18.30 Uhr, es waren sechs Stunden und sogar ein bißchen mehr, denn dann kam diese Schlußepisode, über die ich Euch noch erzählen werde. Also, was erschien in den Agenturmeldungen aus den Vereinigten Staaten? Das ist ungewöhnlich, das ist etwas, was noch nie dagewesen ist: "Washington (EFE). Die Regierung der USA erklärte heute, daß sie es lieber sehen würde, wenn die US-amerikanischen Führungspersönlichkeiten und Regierungsbeamten, die nach Kuba reisen, sich nicht mit dem kubanischen Präsidenten Fidel Castro unterhielten." Schaut, was für eine Demokratie, schaut, welch ein Beispiel an Demokratie, wenn sie einer politischen Führungsfigur jeglicher Parteizugehörigkeit, was weiß ich, Demokrat oder Republikaner, sagen, "was die Regierung lieber sehen würde". Donnerwetter, das ist ein Ding, einem Politiker zu verbieten, sich mit jemandem zu treffen und zu unterhalten...! James Rubin, Sprecher des State Departments, bekräftigte, daß diese Regierungsbeamten im Fall einer Entscheidung für ein Treffen mit der CastroRegierung den kubanischen Präsidenten auch auf die Situation der Menschenrechte in dem karibischen Land hinweisen müssen. Die Außenministerin habe darum gebeten, es solle nicht viele hochrangige Kontakte mit Castro geben, solange das Embargo gegen das kubanische Volk aufrechterhalten wird. Sollten aber Leute dorthin fahren, ermuntern wir sie dazu, das Thema der Menschenrechte anzusprechen, erklärte Rubin. Laut Rubin 'ist es vorzuziehen', Treffen mit Castro oder der kubanischen Regierung zu vermeiden... Washington (NTX). Die US-Regierung wiederholte heute, sie werde die Instrumente ihrer Politik der wirtschaftlichen Isolierung Kubas beibehalten, und sie bestritt, daß ihre humanitäre Politik eine Änderung ihrer Position hinsichtlich der Insel bedeute. Schaut, die erinnern sich wohl immer noch an die Rede von Felipe vor den Vereinten Nationen und die Erwiderung des dortigen Vertreters der Vereinigten Staaten, als er sagte, daß keine Blockade existiere und wie dies mit der Blockade wirklich sei. Nun, das wurde wenige Tage danach widerlegt, denn sie diskutierten bereits das Ashcroft-Amendment, das sie dort im Senat vorlegten und das im ureigensten Senat eine große Mehrheit erhielt. Aber schaut, man erinnert sich an die Worte jenes Mannes, auf die ein junger Studentenführer antwortete; denn zu behaupten, es existiere keine Blockade, ist eine Lüge von der Größe, des UN-Gebäudes, wenn es reicht. Mit solch einer Ruhe bestreitet er das, da soundsoviel Tausende und soundsogroße Mengen an Lebensmitteln nach Kuba gelangt seien und daß das mit der Blockade nicht wahr sei, daß sie nicht existiere. Hier heißt es: Der Sprecher des State Departments, James Rubin, gab an, daß bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Präsident Fidel Castro nicht...öffne (Verstümmelt). Also ich weiß nicht, was er dort sagte. "Wir werden damit fortfahren, die Instrumentation und Verstärkung der Gesetze der Vereinigten Staaten einzuhalten, die das Wirtschaftsembargo beinhalten, aber bei gleichzeitiger Förderung der humanitären Hilfe für das kubanische Volk", erklärte der Sprecher des State Departments. Sie sind so "nobel", daß..., nein zur Aufhebung der Blockade, aber dafür "humanitäre Aktionen" fördern. Da könnt Ihr mal den Wert der Worte in jenem System und jener Demokratie sehen. "Der Gouverneur des Bundesstaates Illinois, George Ryan, der Kuba besuchte, erreichte, daß Castro die Erlaubnis gab, damit ein krankes siebenjähriges Kind, Raudel Medina Alfonso, und seine Mutter in diesen Bundesstaat reisen können, nachdem die Vereinigten Staaten ihnen das Visum erteilte." Oh, wie nobel, sie haben ein Visa erteilt! "Das kubanische Kind leidet an einer tödlichen Leberkrankheit, für die es in Kuba keine medizinische Behandlung gibt." - Lüge! Eine Lüge von der Größe des Kapitols, das wir hier haben! Das ist schlichtweg eine Lüge von der Größe des UNOGebäudes! -, die aber in den USA bei Kosten von mindestens 700 000 Dollar
verfügbar ist, deren Begleichung man durch humanitäre Spenden erwartet." Ich freue mich, somit erfahren wir, wieviel die Behandlung der Kinder kostet, die wir bereits gerettet haben, denn es gibt sechs weitere Fälle wie diesen, die von den kubanischen Ärzten behandelt und gerettet wurden. Diese Ärzte erweitern ständig ihre Erfahrung, und diese müssen wir nirgendwohin schicken. Die Behandlung kostet also 700 000 Dollar, zu zahlen durch Spenden. Ah, sehr gut, welch eine außergewöhnliche Gelegenheit, um sich als noble Leute hinzustellen. Und uns erlauben sie nicht, ein Medikament zu kaufen. Sie erlauben uns nicht einmal, Lebensmittel für Kinder zu kaufen! Sehr nobel! Sie erteilen also sofort ein Visum für eine Behandlung, die in Kuba angeblich nicht geleistet werden kann. Jederzeit sagen sie, daß man hier, wo wir unter den ersten waren, die Herztransplantationen durchführten, in einem Land, wo bereits mit Erfolg Leberverpflanzungen realisiert werden, in dem seit vielen Jahren Nieren verpflanzt werden, in dem dort im Zentrum für Kinderkardiologie, das unzählige Leben gerettet hat, Operationen am offenen Herzen bei wenige Monate alten Kindern durchführt werden, in dem man äußerst komplizierte Herzoperationen vollendet hat, daß man in einem solchen Land keinen Blinddarm herausnehmen könne. Und das Problem bei dem Kind ist nicht die Leber, sondern hat mit dem Magen-Darmtrakt zu tun. Und unsere Ärzte empfehlen sogar, jetzt nicht zu operieren. Dem Kind geht es gut und es geht zur Schule. Dort hat ihn CNN gefilmt, wie er in die Schule ging und aus ihr herauskam. Es gab in diesem Bericht einige andere Szenen mit einem barfüßigen Jungen - wir alle wissen, daß die Jungen barfuß gehen, weil es ihnen Spaß macht -, einige Details dieser Art. Sie filmten das Kind, das ist korrekt. Ich kritisiere das nicht. Doch sie fuhren zu seiner Schule, ich sah es im Fernsehen, wie der Junge sprach, wobei er auch von seinem Problem sprach. Der Gesundheitszustand des Kindes verbessert sich zusehends. Sein Organismus spricht auf die Behandlung an, und vielleicht muß man ihn überhaupt nicht operieren. Warum wollen sie ihn nun im Alter von sieben Jahren operieren, wo es doch vielleicht besser ist, diese Operation im Alter von 9, 10 oder 11 Jahren durchzuführen, wenn man sicherer geht und wenn sich der Zustand des Kindes weiter gebessert hat? Der Grund, warum das Kind in die USA gebracht werden sollte, war ein anderer, nicht wahr? Man beantragte eine Erlaubnis, doch da dies dazu dienen sollte, ihn in den Bundesstaat des Herrn Helms zu bringen - der Herr Helms war da bereits tief in das Politränkespiel verwickelt, niemand geringerer als dieses brutale Monster, "Retter von Kindern", ein Völkermörder -. Die Frage bestand also darin, ihn in ein Krankenhaus in North Carolina zu bringen, an einen Ort, an dem sich Helms befindet. Mit all dem verfolgte man also das Ziel, dem Gouverneur Unannehmlichkeiten zu bereiten und Politränkespiele zu betreiben: "Hören Sie, schauen Sie bitte, um diese Leben zu retten, lassen Sie ihren Einfluß spielen und bitten Sie Castro, die Ausreiseerlaubnis zu erteilen." Dieses Kind und ein anderes Kind. Zum einen haben wir also das Interesse des Herrn Helms und zum anderen das Interesse des Herrn Díaz- Balart, wie man noch später sehen wird. Was für ein Zufall! Die Agenturmeldung führt weiter aus, es handle sich um eine Leberkrankheit. "Rubin wies darauf hin, daß das Visum für Raudel und seine Mutter nicht bedeutet, daß die Vereinigten Staaten eine Änderung ihrer Politik bezüglich der Insel, gegen die das vor mehr als 40 Jahren verhängte Wirtschaftsembargo weiter aufrechterhalten werde, anstreben oder bereits begonnen habe." Warum muß er eine solche Erklärung abgeben, wenn ein Visum erteilt wird, damit ein Kind in die Vereinigten Staaten reist. Wo doch schon bei anderen Gelegenheiten Kinder aufgrund von Bemühungen Kubas dorthin gebracht wurden, wobei Kuba für alle Kosten für Kinder und Eltern aufkam. Es bestand keine Notwendigkeit, zu erklären, daß die Erteilung eines Visums für ein Kind - das angeblich hier nicht behandelt werden konnte - nichts weiter als etwas "sehr Humanitäres" ist und nicht bedeute, daß die USA 'eine Änderung ihrer Politik bezüglich der Insel, gegen die das
vor mehr als 40 Jahren verhängte Wirtschaftsembargo weiter aufrechterhalten werde, anstrebe oder bereits begonnen habe'. Man muß schon schamlos sein, wenn man sich in dieser Frage fast lobt und stolz zeigt und im Zusammenhang damit 40 Jahre Embargo erwähnt und sagt, daß man es weiter aufrechterhalten werde. Ist es vielleicht ein Zeichen von Verzweiflung, von Hysterie, oder wovon sonst? Wut, oder was sonst? Falls es zu einer Änderung kommt, dann sei diese humanitärer Art, und nicht in der Politik..., wiederholt er. "Wir werden weiterhin den Austausch zwischen USAmerikanern und Kubanern fördern und diejenigen unterstützen, die Druck ausüben, damit die Menschenrechte in Kuba respektiert werden", fügte Rubin hinzu. Also nach all dem von Menschenrechten zu reden, ist wirklich eine Schamlosigkeit! "Während seines Aufenthalts in Kuba sprach sich der Gouverneur von Illinois gegen die Isolationspolitik der Vereinigten Staaten aus und wies auf die Notwendigkeit der Aufhebung der Wirtschaftssanktionen hin, die Washington 1962 gegen die Insel verhängte. Im State Department wurden die Äußerungen Ryans in bezug auf das Wirtschaftsembargo total abqualifiziert." So war es, als er hier war, als der Mann hier war. Eine weitere Agenturmeldung: "Das State Department erklärte heute, es werde der Bitte des Gouverneurs von Illinois, George Ryan - der an diesem Abend aus Kuba zurückkam -, das Handelsembargo gegen die kommunistische Nation aufzuheben, nicht entsprechen." Ich weiß nicht, was sie jetzt sagen werden, wenn das Thema der Blockade wieder zur Diskussion steht. Sie werden sagen, es gäbe gar keine Blockade, diese Resolution sei unnötig, wo doch dort in der UNO der US-Repräsentant sagte, daß die Blockade nicht existiere und das die Behauptung, es gäbe eine Blockade, Lüge sei. "Ryan bezog sich auch wiederholt auf das Wirtschaftsembargo, das die Vereinigten Staaten vor 40 Jahren gegen Kuba verhängten, wobei er anführte, daß es die Bewohner beider Nationen betreffe. Gruppen aus dem Bereich der Landwirtschaft, die großen Einfluß in Illinois ausüben, forderten offen, das Embargo zumindest teilweise aufzuheben, damit sie über einen weiteren Markt für den Absatz ihrer Produkte verfügen können." Das sagten sie. "Das Embargo ist ein nicht zu umgehendes Gesetz und deshalb gibt es keine Förderung des Handels", betonte Rubin. Ist das etwa keine Hysterie? Ist das keine Verzweiflung? Man muß tatsächlich nach einer Erklärung dafür suchen. Es ist natürlich klar und offenkundig. Gut, ein weiterer Halt. Deine Frage bezieht sich auf das Thema, nicht wahr? Roberto Agudo (NTV): Comandante, ich würde Sie gern zu einem Aspekt befragen. Wo wir gerade von Hysterie sprechen, zufällig heißt es in einer Agenturmeldung, daß angesichts der Tatsache, daß nicht erreicht wurde, daß Gouverneur Ryan eine Erklärung gegen die Revolution abgab, und angesichts seines Kuba-Besuches diese konservativen Zirkel ihn beschuldigen, von ihnen manipuliert worden zu sein. Das berichten die Journalisten, die über den Besuch berichteten, und im Moment werden Informationen abgegeben, die besagen, daß sie hier einer Gehirnwäsche unterzogen wurden. Fidel Castro: Das ist der Gipfel, daß man hier dem Gouverneur eines Bundesstaates das Gehirn gewaschen habe, der ein größeres Bruttoinlandsprodukt als Argentinien und ein halbsogroßes wie Brasilien hat, dessen BIP dem des heutigen Rußland entspricht, der im Bund über 22 Wahlmännerstimmen bei den Präsidentschaftswahlen verfügt und der außerdem diese Beziehungen hat, über die ich sprach, und diese Hierarchie oder diesen Einfluß innerhalb der Gesamtheit der überaus wichtigen Bundesstaaten im Zentrum der USA. Sie hätten ihm hier innerhalb von ein paar Stunden das Gehirn gewaschen! Ich glaube, daß es wirklich eine Beleidigung des Gouverneurs ist, eine grobe Beleidigung. Der Gouverneur ist ein Mann von Charakter, er ist standfest. In der Universität hielt
er einen exzellenten Vortrag, der in nichts den Reden ähnelt, die wir gewöhnlich von ihnen hören, denn er war weder von Arroganz noch von Präpotenz geprägt. Er agierte dort mit viel Takt, und zwar bis zu einem solchen Extrem, daß er ohne das Gewähren von Konzessionen und durch das schlichte Aussprechen von vernünftigen Dingen einen starken Applaus von den Anwesenden dort erhielt; und die Leute sind anspruchsvoll. Marina Menéndez: Bis jetzt, Comandante, hat Gouverneur Ryan trotz des Drucks das eingehalten, was er angekündigt hatte, nämlich die Idee zur Schaffung eines Rates von Illinois und Kuba. Fidel Castro: Innerhalb von einem oder zwei Tagen, bereits im Flugzeug verkündete er es. Ich weiß sehr wohl, daß er einen guten Eindruck von hier mitgenommen hat, denn er war an vielen Orten und hat mit vielen Leuten gesprochen. Am letzten Tag sprach er mit mir, doch vorher besuchte er Krankenhäuser, Schulen, darunter die "Abraham Lincoln"-Schule, die Lateinamerikanische Hochschule für Medizin mit ihren 2000 Studenten. Er war in La Habana Vieja und in Institutionen verschiedener Art. Das Programm war dichtgedrängt und umfangreich und er hatte eine Reihe von Aktivitäten zu bewältigen. Seit seiner Ankunft begann selbstverständlich Frau Vicky Huddleston, die neue Leiterin der Interessenvertretung der Vereinigten Staaten in Havanna, die mehr Leute und mehr Beschäftigte hat als irgendeine Botschaft sonst, fast soviele wie die sowjetische Botschaft in ihren besten Zeiten... Dazu ist später noch etwas zu sagen. Wenn Ihr wollt, sprechen wir jetzt darüber. Und ich hätte gerne, daß man das Problem der Kinder anspricht, da es noch nicht hinreichend erklärt worden ist. Ich kann es erklären. Versteht Ihr? Doch wie ich schon sagte, spielte sich hier ein Krieg um den Gouverneur ab, denn diese Frau wollte um jeden Preis auf sein Programm einwirken, es umschmeißen, sabotieren und auf ein Minimum reduzieren. Wenn ich auch ehrlich zugeben muß, daß so etwas nicht zum ersten Mal passiert und es auch nicht das einzige Mal ist. Diese Interessenvertretung, über die ich später noch einiges mehr sagen muß, hält an dieser Politik fest, alle Besuche Kubas zu sabotieren, überall, wo irgendwelche Leute sind. Zum Beispiel wenn Kongreßabgeordnete, Senatoren oder irgendein Politiker kommen, und in diesem Jahr sind einige gekommen. Doch es ist ein Krieg um jede Delegation, die kommt, denn sie beginnt damit, ein Programm für sie vorzubereiten. Schaut, ich will Euch zum Beispiel eine ungewöhnliche Sache erzählen, die geschah. Es war geplant, daß Alarcón ihn begleiten sollte. So wie es überall auf der Welt gehandhabt wird, wenn jemand des Gastgeberlandes den Besucher vom Flughafen bis zu seiner Unterkunft begleitet. Wer schon eine Reihe Reisen unternommen hat, weiß das. Bei den Gipfeltreffen und bei allen Besuchen gibt es eine Person, die den Gast auf dem Flughafen erwartet und ihn begleitet - glaubt nicht, daß man mit einem Mitglied aus der eigenen Delegation fährt -, das ist die weltweite Norm. Nun haben sie diesem Mann, dem Gouverneur Ryan, auf der Basis von Forderungen hier und Forderungen da faktisch daran gehindert, sich von dem Genossen begleiten zu lassen, der ihn empfangen hat. Mir kam der Gedanke, daß sie vielleicht vor der Idee, ich selbst könnte ihn empfangen, zurückschreckten. Und ich hätte ihn mit großem Vergnügen empfangen. Ich lege keinen Wert auf diese Geschichten von Hierarchie und solchen Sachen. Ich habe viele Leute empfangen, darunter Außenminister und Minister. Ich habe den russischen Außenminister Ivanov auf dem Flughafen empfangen und ihn zu seiner Unterkunft begleitet. Dabei mußte ich mich sehr beeilen, denn ich wollte wieder auf dem Flugplatz sein, um unsere Delegation zu empfangen, die von den Vereinten Nationen kam. Ich empfing also Ivanov, sprach mit ihm und begleitete ihn zum Gästehaus. Ich schlug so etwas im Fall des Ryan-Besuchs erst gar nicht vor, weil ich bemerkte, daß dies inmitten dieses Krieges nicht angebracht war. Er wurde konsultiert. Er sollte bei seiner Ankunft hier nicht mit einer Zeremonie mit Hymnen und ähnlichem überrascht werden. Er wurde in Kenntnis gesetzt und war sichtlich gerührt. Er dies
als einen Akt der Höflichkeit an, eine Geste, die er schätzte, doch der Druck war gewaltig. Man sagte ihm, er werde von einer hohen Führungspersönlichkeit empfangen, und informierte ihn über die Frage der beiden Hymnen. Alarcón reist dorthin und kehrt zurück, er diskutiert dort und hier die Migrationsfragen, trifft sich mit herausragenden politischen Persönlichkeiten, prominenten Senatoren, Angeordneten und Vertretern der Presse, Herausgebern und mit vielen Leuten dort, sogar wenn er zu den Migrationsgesprächen fährt. Ich glaube, der Grund für ihr absurdes und dummes Vorgehen liegt in dieser Art von Komplex, den sie haben, in ihrer Angst davor, daß ich mit ihm rede. Aber ich habe darüber auch aus einem anderen Blickwinkel heraus nachgedacht. Deshalb habe ich ihn benachrichtigt: Nicht ich werde kommen, sagte ich, sondern eine hochrangige Führungspersönlichkeit. Ich habe mich nicht vorgeschlagen und am Ende mußte gemäß der Prüfung der Angelegenheit eine Entscheidung getroffen werden. Auch wenn er damit einverstanden gewesen wäre, daß ich ihn empfange, wäre vielleicht doch eine andere Führungspersönlichkeit damit beauftragt worden. Aufgrund der geschaffenen Atmosphäre hätten wir meiner Ansicht nach das getan, was ich zu Anfang empfohlen hatte, nämlich das Alarcón fährt, um diese Atmosphäre nicht unnötig aufzuladen und ihm nicht zu schaden.Wir waren am meisten darum besorgt, daß ihm keine Nachteile entstehen. Da seine Haltung eine freundschaftliche Geste darstellte, eine vernünftige Geste, eine anständige Geste, würden wir nicht mit Überraschungsfallen im Programm darauf antworten. Jedes Detail wurde immer vorher mit ihm abgesprochen. Also ich sagte bereits, daß mit der Vorhut der Empfang durch Alarcón vereinbart worden war. Ich erzählte bereits, daß er ihn empfing und in englisch ansprach, doch es ist der Gipfel, daß Alarcón ihn nicht ins Hotel begleiten konnte, denn sie hatten sich darauf verstiegen, daß die Frau Leiterin der Interessenvertretung ihn begleiten sollte. Das Niedagewesene, der Gipfel an Unhöflichkeit! Sie haben ihn gezwungen, das muß ihn verbittert haben, sowohl das Problem der Hymnen als auch das Problem, daß ihn der Präsident unseres Parlaments, der ihn empfangen und in englisch angesprochen hatte, nicht begleitete. Das muß ihn geärgert haben! Und er glich die Sache ein wenig aus, indem er vorschlug, daß Alarcón seine Frau, bezüglich der wir auch gehört hatten, daß sie getrennt fahren sollte, bis zu dem Ort begleiten sollte, an dem sie untergebracht waren. Ich will nicht viel darüber sprechen, um... Die Forderungen waren gewaltiger, es war eine Verfolgung, ein immenser Druck, die hauptsächlich von der Mafia und der extremen Rechten entfachte Kampagne dort. Das waren die, die alles inszeniert haben. Es waren weder die Leute aus Illinois noch die aus den Vereinigten Staaten, es gab dort eine andere Wahrnehmung. Sogar das geschah, und so war der Besuch. Wir sagten ihm, daß er jede Änderung vornehmen könne, die er wünsche, er hatte die absolute Freiheit für alles, ihm wurde nicht die geringste Bedingung bezüglich von irgendetwas gestellt. Er wurde über alles benachrichtigt und auf diese Weise organisierte man danach den Besuch. Wie ich Euch bereits erklärte, als ich bemerkte, daß es selbst nach Meinung des gesamten Staffs des Gouverneurs selbst wie eine Verachtung, Beleidigung und Geringschätzung erschienen wäre, mich nicht mit ihm zu treffen, entscheide ich mich dafür, es zu tun, und so wurde es gemacht. Roberto Agudo: Comandante, stand in diesem Sinne der unerwartete Besuch, den die Interessenvertretung mit den konterrevolutionären Anführern organisiert hatte, mit im Programm? Fidel Castro: Was für ein unerwarteter Besuch? Roberto Agudo: Der Besuch der konterrevolutionären Anführer, die ihn erwarteten und sich mit dem Gouverneur treffen wollten oder trafen. Fidel Castro: Und wo, sagst Du, erwarteten sie ihn? Roberto Agudo: Im Hof des Hauses, wo er zu Mittag aß. Fidel Castro: Nein, nein, nein so ist es nicht gewesen. Ihm ist in seinem Programm überhaupt keine Bedingung gestellt worden. Es wäre ja fast wie Hohn gewesen, eine
Bedingung zu stellen; noch dazu einem Mann, der drüben wilden Angriffen ausgesetzt war. Nun, womit befaßt sich wohl diese Interessenvertretung unter Anwendung all ihrer Kniffe? Wer auch immer nach hier kommt, muß sich mit den sogenannten Dissidentengruppen, mit den sogenannten Führern der Dissidenten treffen. Bei einem hiesigen Aufenthalt keinerlei Treffen dieser Art zu haben, ist eine Todsünde. Dieser Druck ist furchtbar. Es gibt Leute, die sich ihm nicht aussetzen. Es kommen sehr bedeutende Persönlichkeiten wie beispielsweise der Präsident der Handelskammer der Vereinigten Staaten. Er ist der Präsident von drei Millionen Unternehmern. Er weilte hier zu Besuch und wir führten ein langes Gespräch mit ihm. Es ist ein wirklich unabhängiger Mann; er ist von nichts abhängig und braucht sich nicht um die Stimmen in Florida zu kümmern so wie andere, die außerdem im Irrtum sind, denn wir können die Stimmen der Leute dort recht gut einschätzen und wissen, was viele dieser Wähler denken; und die, die gegen die Blockade sind, werden zahlenmäßig immer stärker. Viele sind dort drüben dem Terror ausgesetzt gewesen. Sie werden beleidigt, verleumdet, man nimmt ihnen ihren Arbeitsplatz. Es ist ein faschistischer Terror, der dort gegen die Kubaner eingesetzt wird. Wir wissen es, denn wir haben mit vielen Kubanern dort gesprochen; und ich werde mich hier nicht bei den Dingen aufhalten, die an ihnen verübt werden. Nun gibt es Leute, die das einfach nicht mitmachen wollen und die eben unabhängig sind. Und es kommen viele Besucher zu uns, denen sie dieses nicht verbieten können. Diese sind es, die vom Kontakt von Volk zu Volk sprechen. Es sind schon viele dagewesen, und es werden ständig mehr. Das ist die Wahrheit. Gibt es zu diesem Thema noch mehr zu sagen? Ich hatte ausgeführt, wie weit sie gegangen sind, bis zu welchen Druckmaßnahmen sie gekommen sind. Du hattest mir die Frage gestellt, nicht wahr? Roberto Agudo: Ja. Fidel Castro: Wir hatten über das Treffen gesprochen. Ich selbst habe am Programmablauf des Gouverneursbesuches nicht teilgehabt. Ich war mit dem Zyklon beschäftigt. Ich habe das Treffen nicht organisiert, doch die mit dieser Aufgabe betrauten Genossen waren dazu angehalten, ihn zu betreuen und keinerlei Bedingung zu stellen. Wenn er das Treffen wollte, so sollte er es haben; und soweit mir bekannt ist, war es mit ihm abgestimmt worden, denn es war eine der Forderungen, die er von drüben mitgebracht hatte; und nicht nur, daß sie von jenen gestellt wurde, die Druck auf ihn ausübten, sondern die gegen ihn eingeleitete Kampagne zwang ihn faktisch dazu. Es war von keinerlei Bedeutung. Es war sogar besser, daß er sich mit ihnen unterhielt, und zwar recht ausführlich. So konnte er sich ein Bild von ihnen machen und zwischen diesen und den anderen unterscheiden; zwischen uns und den Söldnern der Interessenvertretung, bezahlt von den Vereinigten Staaten, Verräter an unserem Land - denn das ist es, was sie sind -, die unter dem Deckmantel dieser oder jener Sache Zuflucht suchen. Wir wissen, wer ein jeder ist und welchen Vorwand ein jeder sucht. Seit geraumer Zeit wissen wir das alles recht gut. Nun gut, das hatte also keinerlei Bedeutung, und sogar ich kann verstehen, daß es in seiner Lage richtig war, das Treffen stattfinden zu lassen; es war sogar zweckmäßig, daß er sich mit ihnen traf. Das ist meine Meinung, denn sie hatten ihm eine derartige Sachlage geschaffen ... Er ist ein Politiker, nicht wahr? Das muß man dabei in Betracht ziehen. Sie hätten alle Art Anschuldigungen gegen ihn vorgebracht und ihn vielleicht sogar als Kommunisten hingestellt, einen Mann, der Mitglied der Republikanischen Partei ist, die jenen stupiden Extremismus vertritt, den sie zur Schau tragen. Ich glaube und meine Meinung ist, ja, das Treffen war zweckmäßig. Wieder andere tun es aus einer Modedummheit heraus oder weil man sie drüben darum gebeten hat; denn damit befaßt sich das State Department, und das schon nicht mehr nur im Hinblick auf Staatsbeamte, sondern ich glaube unter Einbeziehung aller, die uns besuchen. Wer auch immer hierher kommt, wird bestellt oder so weit
wie möglich unter Druck gesetzt, auf diese oder jene Art. Die anderen lösen eine Riesenkampagne gegen alle aus; und das sind ihre Leute, es sind die Leute der Mafia, Leute, die die Blockade unterstützen. Einige dieser Leute verkünden hinterhältig, sie stünden gegen die Blockade. Ein reines Lippenbekenntnis, denn alles was sie tun, geschieht im schmählichen Bündnis mit jenen Banditen, mit jener Mafia und in Unterstützung jener Mafia sowie in Unterstützung der Politik der Vereinigten Staaten gegen Kuba. Dafür tun sie alles. Manche bekunden sogar vor den Besuchern: "Nein, wir wollen die Blockade nicht. Aber nein, nein, diese Banditen müssen umgebracht werden", sagen sie, wenn sie sich auf uns beziehen. "Nein, nein, wir sind gegen die Blockade; doch um Himmels willen, diese da ..." Und sie beginnen, alle Behauptungen zu unterstützen. Man hat ja Beweise dafür. Und ob ich Beweise habe! Ich spreche hier nicht über diese Dinge, nur um etwas zu sagen. Also, das zwingen sie nun allen auf. Er als Politiker mußte sich danach richten. Auch andere Politiker hatten die Anweisungen. Es sind mitunter nicht einmal USAmerikaner, und weil sie Freunde oder Verbündete sind, wird ihnen sofort etwas abverlangt. Es ist einer ihrer Mechanismen, mit denen sie versuchen, daß der Besuch für den Besucher kein Erfolg und für uns zum Ärgernis wird. Eine andere Sache ist die, daß man uns Bedingungen vorschreiben will; daß der König der Könige zu uns sagt: "Hör' mal, um dorthin zu reisen, sagen wir, daß meine Bedingung lautet, du genehmigst mir eine Zusammenkunft mit den leuchtenden Sternen des Patriotismus, der Freiheit und der Menschenrechte." Oh nein, wenn der König der Könige kommt und uns diese Bedingung auferlegt, können Sie sicher sein, daß der König der Könige nicht erreicht, daß wir diese Bedingung akzeptieren. Und es hat bereits diesen oder jenen Fall gegeben, wo es anläßlich des Gipfeltreffens und unter Druck hieß "ich fahre nicht", obgleich der Wunsch bestand. Es ist so etwas wie non queiro, non queiro; so ähnlich, nun, Ihr denkt den Spruch zu Ende. Es sind unterschiedliche Dinge. Wer uns erpressen und mit unserem Land oder der Kubanischen Revolution demagogisch verfahren will, wird nichts erreichen. Und das, was er tut, ist ein Maßstab für den Grad an Freiheit, Unabhängigkeit und Würde vieler Menschen; es ist eher ein Stab zum Messen jedes Einzelnen. Doch wir wissen sehr gut, wie man Besucher betreut und wie man sie mit Respekt betreut. Wir haben auch das Recht, uns eine Meinung und ein Urteil über das Verhalten der Personen zu bilden, die wir in unserem Land empfangen, über die Gründe, die sie haben können, ob diese real und objektiv sind. Also, wir prüfen stets jeden einzelnen Fall je nach seinem Verhalten. Was nun jedoch auf der Hand liegt - und das sagte der Sprecher - ist das Frühstück, das gegeben wurde. Ich nenne keine weiteren Details. Eingeladen waren einige Botschafter verschiedener Länder - ich werde sie nicht namentlich nennen, damit sie sich nicht angesprochen fühlen. Also am frühen Vormittag gingen sie dorthin, das stimmt, und führten die Gespräche. Das Treffen mit den Botschaftern geht zu Ende und es kommt daselbst zum Treffen mit einigen Anführern der Dissidenten. Wir wissen recht gut, daß der Gouverneur nach Schluß des Treffens - ich werde die dort Versammelten nicht namentlich aufführen. Es sind jene, denen diese "äußerst hohe Ehre" zuteil wurde - ihnen riet: "Ihr solltet Euch hier nicht mit der Presse versammeln, denn das kann den Anschein einer Provokation erzeugen und bei den kubanischen Behörden Mißfallen hervorrufen." Das war der Rat, den er ihnen gab; und gemeinsam mit seiner Delegation begab er sich zur gleichen Stunde zum Restaurant La Pastora. Dort waren sie relativ spät fertig. Die Besucher begaben sich an verschiedene Orte, zu verschiedenen Restaurants. Also ja, was ich ganz sicher weiß, ist, daß die Interessenvertretung der USA (SINA) sie dorthin gebracht hat. Das weiß ich. Ich weiß, wer sie schnellstens zu dem Restaurant geführt hat, wo der Gouverneur und seine Delegation zu Mittag aßen. Ich habe ihn nicht gefragt, auch ist es nichts Umwerfendes. Doch ich bezweifle, nachdem ich seinen Charakter kennenlernen konnte, ein Mensch, der Taktgefühl bewies und der dort ein unauffälliges Treffen hat und ihnen sogar riet, nichts zu tun,
was verletzen könnte, was als Provokation angesehen werden könnte; das steht im vollen Widerspruch dazu, daß er ihnen Ratschläge erteilte oder daß sein Einverständnis vorlag hinsichtlich ihres Treffens mit der Presse im gleichen Restaurant, in dem er mit seiner Delegation zu Mittag essen wollte. Das Thema habe ich nicht berührt, ich habe es nicht erwähnt und werde auch jetzt nicht fragen: "Hören Sie einmal, kam es dazu mit Ihrer Erlaubnis oder ohne sie? War es Ihre Idee oder die eines anderen?" Nein, was ich weiß, ist das, was er ihnen geraten hat; und das nicht, weil wir einen Spion da drin haben, sondern weil um ihn ein ganzes Team geradliniger und ehrenvoller Personen tätig war, und wenn es irgendetwas gab, das ein wenig seltsam anmuten konnte, sie es nie unterließen zu erklären: Sehen Sie, dies und jenes hat sich ereignet; wir hatten dieses und jenes Gefühl. Ja, Leute aus der Gruppe haben mit den Genossen gesprochen, die sie betreuten; und wir wissen, was sie dachten. Und es ist tatsächlich so gewesen. Die SINA hat sie zu dem gleichen Restaurant geführt, und er speiste mit seiner Delegation in einem Séparée. Ich weiß nicht wieviele Delegationsmitglieder dort anwesend waren. Dieser Angabe bin ich nicht nachgegangen, es ist auch nicht notwendig. Doch die Rädelsführer befanden sich im Hof, und von ihnen ist sogar das Menü bekannt: Rum, Bier - dem Sprecher zufolge -, Schinkenplatten und einiges mehr, wie der Sprecher mit einem Schuß Ironie zum besten gab. Die Namen derer, die an all diesen Operationen, ihrer Logistik und ihrer Organisation beteiligt waren, sind bekannt. Es sind etwa sieben Beamte der SINA: der Dolmetscher, der bei den Journalisten und möglicherweise auch bei dem Treffen am Vormittag gedolmetscht hat. Da waren die Journalisten, der Dolmetscher - ein Spanier -, auch die Ehefrau des Dolmetschers, der Zweite ... Jeder sagte etwas dazu, vom Chef der SINA, bei all diesen Operationen, und man hat uns mehr oder weniger informiert, dieser ist da und jener dort gesehen worden. All diese Details sind bekannt, denn es waren Mitarbeiter der Protokollabteilung anwesend sowie all jene, denen die Betreuung der Besucher oblag. Die gesamte SINA war damit beschäftigt. Das kann ich dazu sagen. Im übrigen sagte ich euch bereits, was ich weiß und was ich nicht behaupten kann. Doch ich bezweifle stark, daß der Vorschlag von ihm kam, denn es wäre das ganze Gegenteil von seinem gezeigten Taktgefühl und Verhalten. Doch das ist nicht alles. Die SINA versuchte, meinem Treffen mit ihnen alle möglichen Hindernisse in den Weg zu legen. Doch weder der SINA noch sonst jemandem war bis 16.00 Uhr jenes Tages der genaue Ort bekannt, bis unser Chef bei der Interessenvertretung dem Gouverneur mitteilen ließ, daß wir ein gemeinsames Gespräch und danach ein Abendessen haben würden. Sie bestimmten die Teilnehmer an diesem Treffen, die sie dafür vorgesehen hatten, und die Anzahl der Teilnehmer am Abendessen, die ihnen freistand, denn eine Gruppe der Gäste des Abendessens war nicht bei dem Gespräch zugegen gewesen. Sie bestimmten die Teilnehmer des Abendessens und kamen auf 16 Gedecke, "und alle, die er noch einladen möchte". Und er legte bis zu 20 oder 21 Personen fest, die dann auch anwesend waren. Beim Abendessen waren also Leute da, die bei der Unterredung nicht zugegen gewesen waren. Die Beamten der SINA konnten nicht viele Fallen ins Spiel bringen. Doch sie versuchten, den Vortrag von Gouverneur Ryan an der Universität zu behindern und legten alle möglichen Hindernisse in den Weg, alle möglichen, sie versuchten es, wir wissen es wohl, doch sie konnten ihn nicht verhindern. Er stand im Programm, und ich spürte, daß es sein Wunsch war. Und wie bei anderen Gelegenheiten auch, ging ich dorthin, um ihn anzuhören. Und dazu habe ich mich nicht beraten lassen; denn das habe ich mit vielen Besuchern so gehandhabt, daß ich zu den Vorträgen gegangen bin. Deshalb meine ich, daß sie niemanden beschuldigen können, niemandem die Schuld geben können, daß ich mir einen Vortrag anhöre und mich in die Zuhörerschaft setze. Ich werde mich doch dort nicht ins Präsidium setzen. Ich ziehe es vor, mir den Vortrag von unten aus anzuhören. Ich wußte nicht, worüber er sprechen würde und habe bis zum letzten Wort
aufmerksam zugehört. Ich war überrascht über die Ausgeglichenheit dieses Vortrages, über die Geradheit des Vortrages, über das völlige Fehlen von Angst und gleichzeitig über die Fähigkeit, die Gedanken überzeugend und beredt darzulegen. Zum gegebenen Zeitpunkt kam es zum Teil der Fragen und Antworten. Die Zeit drängte, und er hatte seinen Vortrag sehr hervorragend beendet. Ich war beunruhigt, denn Du mußt Dir überlegen, vierzig Jahre Probleme; und da die Dozenten und Studenten, die diese Art Vorträge besuchen, sehr klug und gebildet sind und ausgezeichnete Fragen stellen, schien es mir faktisch ein Risiko zu sein, damit zu beginnen. Es hätte zu verwickelten Debatten kommen und die gute Wirkung des Vortrages geschmälert werden können, und so sagte ich: "Es ist besser, daß dieses an seinem Höhepunkt zu Ende geht." Als dann jemandem das Wort erteilt wurde, um seine Frage zu stellen, schlug ich vor, diesen Teil auszulassen, daß dazu eine sehr gute Erklärung vorliege und es sich hier um eine komplexe und heikle Situation handle. Wird er in diesem Moment mit Fragen bestürmt, dann hätte man tatsächlich dem Risiko Raum gegeben, daß es zu einer, sagen wir, Schmälerung der entstandenen Stimmung und der Aufnahme seines Vortrages gekommen wäre. Ich dachte, daß sieben oder acht Fragen ihm wahrhaftig Komplikationen bringen könnten; und da es für uns sehr wesentlich war, ihm dieses Risiko zu ersparen, unterbreitete ich jenen Vorschlag, ergriff dort die Initiative und stand auf, als ich sah, daß die Fragen beginnen sollten. Eigentlich waren gar keine Fragen erforderlich. Ein US-amerikanischer Gouverneur hatte einen Vortrag gehalten zu Aspekten, von denen ich meine, daß keine Fragen gestellt werden brauchten. Er hatte faktisch schon alles gesagt, was man dazu sagen konnte. Er hatte dort mit großer Offenheit und Ehrlichkeit das gesagt, was er dachte. Ich habe andere Leute dort Vorträge halten sehen; und glauben Sie mir, es ist gelegentlich, als gehe man über Dornen; und dabei hat man nicht seine Probleme. Das ist geklärt worden. Was er zu sagen hatte, hat er gesagt. Er hat jenes angekündigt. Im Rahmen des Gespräches hatte er bereits darauf hingewiesen, er habe diese und jene Vorstellung im Hinblick auf die Gründung jenes Rates. Das ist die Geschichte. Nidia Díaz: Comandante, wenn wir darauf zurückkommen, was Sie anfangs erwähnten, scheint mir, daß dieses Treffen des Gouverneurs mit den Vertretern der Gruppierungen dort, wie sie ihm vorgeführt wurden, recht gut war, denn im Augenblick wird er wahrscheinlich die berühmten von den Vereinigten Staaten fabrizierten Patrioten sowie die Prämien, die einige von ihnen erhalten, belächeln, nicht wahr? Fidel Castro: Ich darf so etwas nicht sagen, denn damit würde ich voreilig über die Gedanken urteilen. Nidia Díaz: Nein, ich will damit nicht sagen, daß er selbst diese Gedanken hegt... Fidel Castro: Ich sage nicht, daß es gut war. Ich kann das nicht sagen, ich kann es nicht behaupten. Stelle ich diese Behauptung auf, so begebe ich mich in ein Thema, wobei ihm nicht angenehm sein dürfte, daß ich äußere, er habe meines Erachtens gemerkt, daß jene Idioten sind. Ich beschränke mich lediglich darauf zu sagen, es ist gut, daß er Vergleiche unter den Leuten, ihrer Denkweise und deren Bedeutung anstellen kann. Das ist das einzige, was ich dazu sagen kann. Doch es gibt ein wichtiges Thema, das Ihr vergessen habt. Da es sich um einen Austausch von Eindrücken handelt, empfehle ich, das Thema der Kinder anzuschneiden. Nidia Díaz: Die Frage zu den Kindern, die Ihnen Marina bereits gestellt hat, möchte ich präzisieren und Sie fragen, ob Ihnen bereits etwas bekannt ist, wonach die USamerikanischen Gesundheitsbehörden die Diagnose der kubanischen Ärzte zu dem Jungen bestätigt haben, der nicht nach drüben gebracht werden mußte. Fidel Castro: Ich muß das nicht dort bestätigen lassen, denn ich habe es in einem Fall hier bestätigt. Nidia Díaz: In jenem Fall? Fidel Castro: Richtiger noch, in beiden Fällen, denn es waren zwei; einer aus
Matanzas, der siebenjährige Junge, dem die Diagnose mit voller Gewißheit gestellt wurde - er sollte nach Carolina, dem Bundesstaat von Helms, gebracht werden -, und der andere Fall ist der zweijährige Junge aus Marianao, der an den Folgen eines schrecklichen Unfalles leidet. Was geschah in diesen beiden Fällen? Das, was manchmal geschieht. Probleme sind oftmals unlösbar. Doch wenn einer Familie, einem Vater oder einer Mutter gesagt wird: Hör mal, es gibt eine Lösung, da oder anderswo, für ein hier unlösbares Problem, dann möchten sie überall dorthin gehen, wo ihnen eine Lösung angeboten wird. Das wäre faktisch etwas Unmögliches. Außerdem wird jeder Bürger, der eine Betreuung im Ausland benötigt, auch in dieser schweren Zeit der Spezialperiode, immer und überall, wo ein Leben oder das Augenlicht gerettet werden kann und wir selbst jetzt nicht dazu in der Lage sind oder in der jeweiligen Disziplin noch kein ausreichendes Niveau erzielt haben, also all diese Fälle - sei es ein Kind, ein Jugendlicher, ein Erwachsener oder ein Greis - werden zur Behandlung ins Ausland geschickt, ohne daß sie vorher gefragt werden, wer ihre Angehörigen sind oder wie sie denken. Wo ein Leben gerettet werden kann, hat die Revolution nie Kosten gescheut, und mitunter gehen diese Ausgaben in vierstellige Höhen. Wir haben Patienten gehabt, die uns mehr als 100 000 Dollar gekostet haben. Auch haben wir das Glück gehabt, in vielen Teilen mit vielen Freunden rechnen zu können. Viele Ärzte operieren und verlangen nichts dafür. Man hat die Ausgaben für die Reise, die Unterkunft und all jene Dinge. Handelt es sich um ein Kind, reist es in Begleitung der Mutter. Nun können logischerweise viele Menschen gehört haben, es gäbe eine Lösung für ihren Fall. Doch wenn man mit absoluter Sicherheit weiß, daß es keine mögliche Lösung gibt, dann kann das Land das Geld nicht ausgeben in dem Versuch einer Lösung des Problems; wenn der Patient nicht nur von unseren, sondern auch von vielen der uns besuchenden Ärzte gesehen wurde oder der Ärzte, die wir konsultieren und die dann unser Kriterium bestätigen. Mitunter nehmen die Kollegen einen bestimmten chirurgischen Eingriff vor, kennen dabei den Aufenthaltsort des jeweiligen Spezialisten und operieren in Verbindung mit jenem, der in Spanien oder irgendwo auf der Welt am meisten darüber weiß und sie in gewisser Hinsicht beraten kann. Das wird gemacht, diese Maßnahmen werden getroffen. Doch wenn man mit absoluter Sicherheit weiß, daß es für den Fall keine Lösung gibt, dann bestreitet das Land diese Kosten nicht. Doch darüber entscheidet ganz einfach eine Kommission. Und auf diesem Wege haben wir ihnen allen am Tag der Pressekonferenz die schriftliche Auflistung übergeben, was wir dafür pro Jahr ausgeben. Früher lagen die Beträge höher. Jetzt ist es weniger, denn viele Probleme lösen wir hier, und außerdem haben wir befreundete Ärzte, die aus den Vereinigten Staaten selbst oder aus anderen Teilen der Welt für eine Woche, zehn oder fünfzehn Tage zu uns kommen und die Operationen durchführen. So wie das Flugzeug des Projektes Orbis einer US-amerikanischen Institution hin und wieder hier landet und ihm alle Möglichkeiten für die Behandlung von Fällen mit Augenproblemen eingeräumt werden. Aufgrund all dessen braucht nicht mehr eine so große Anzahl Patienten nach anderen Ländern gebracht werden, denn viele dieser Operationen können hier vorgenommen werden. Die technischen Bedingungen dafür sind vorhanden, doch der qualifizierte Spezialist für die Behandlung dieser Fälle muß aus dem Ausland geholt werden. Natürlich ist es günstiger, daß dieser dann gleich mehrere Fälle behandelt. Diese Ärzte bringen häufig Verbrauchsmaterial und einiges für die Operation erforderliches Instrumentarium mit und verlangen für diese Art fachärztlicher Betreuung nichts von unserem Land. Kuba hat viele Freunde. Es sind Mechanismen, durch die wir Mittel einsparen und dadurch alle behandeln können. Hier werden keine Ausgaben gescheut, wenn es darum geht, ein Leben zu retten; und es kostet denjenigen keinen Pfennig, weder in Dollar noch in Peso.
Bei dem zweiten Kind kam es zu infamen Dingen. Der Nuevo Herald veröffentlichte einen Artikel. Dieses Organ, von dem Ihr wißt, daß es voll im Dienste der Mafia steht und alle Art Scheußlichkeiten über die Revolution verbreitet, ein Organ in Miami, das alles Mögliche schreibt und zu groben Beleidigungen greift. Es ist ein Artikel über ein Schreiben von Díaz-Balart an die Direktorin des Chicagoer Krankenhauses La Rábida, die als Begleitung des Gesundheitsministers von Illinois mit dem Gouverneur mitkam und die beide sein äußerstes Vertrauen genießen. In diesem Schreiben heißt es, er habe gehört, es gäbe einen kubanischen Jungen ... und er bitte sie, ihn zu besuchen und sich für ihn zu interessieren, denn der Junge benötige die Behandlung in einem Krankenhaus, das für Touristen und die hohe politische Hierarchie des Landes - für die hohe politische Hierarchie des Landes! - zuständig sei und er für die Bezahlung dieser Behandlung keine Dollar habe. Ah, und weil er ein Medikament benötige, das nicht verfügbar wäre und er es in Dollar bezahlen müsse. Hier wird, wie Euch bekannt ist, kein Medikament gegen Dollar verkauft. In einigen Krankenhäusern hat es Etagen gegeben, in denen eine bestimmte Anzahl Betten für den Gesundheitstourismus bewilligt waren, um die hieraus erzielten Einnahmen hundertprozentig für den Erwerb von Geräten und Medikamenten für diese Krankenhäuser zu verwenden. Das Krankenhaus "Hermanos Ameijeiras" hat wie auch andere Krankenhäuser in einer der oberen Etagen einige Betten für den Gesundheitstourismus. Wir haben es so eingerichtet, damit die Einnahmen für Medikamente und Geräte verwendet werden können. Das Geld wird für keine anderen Dinge des Landes benutzt. Ich weiß nicht, ob sie einen kleinen Betrag an das Ministerium für Gesundheitswesen abführen. In vielen Fällen sind sie sogar von diesem kleinen Abführungsbetrag, der für die gleichen Ziele verwandt wird, befreit. Es sind einige Krankenhäuser, und einige haben damit fast ihre Entwicklung bestritten, bestimmte sehr spezialisierte Rehabilitationskliniken. Ach ja, sogar in den Polikliniken gibt es eine Massageabteilung und Abteilungen für Rehabilitation. Sogar in den Polikliniken! Damit die Patienten nicht mehr so wie früher beispielsweise von Guanabacoa nach Boyeros fahren müssen, wo jene Klinik stand, die einer Baracke ähnlich war. Gut, dort steht heute eine Klinik, die etwas ganz Wunderbares ist. Die Technologie stammt aus Jugoslawien, denn jenes Land verfügte über große Erfahrung auf dem Gebiet der Rehabilitation. Diese Klinik ist etwas ganz Wunderbares, und fertiggestellt haben wir sie in der Spezialperiode. Kinder mit angeborenen oder durch Unfälle verursachten Mängeln werden in dieser Klinik behandelt. Dort stehen, ich weiß nicht wieviele Betten. Millionen Dollar wurden für den Bau und die Ausrüstung bereitgestellt. Diese Klinik ist für das Volk bestimmt. Es gibt noch andere Krankenhäuser für die Rehabilitation von Patienten, orthopädische Krankenhäuser und andere Einrichtungen im gesamten Land. Doch die kompliziertesten Fälle werden dort eingewiesen. Wir verfügen über diverse ausgezeichnete Zentren. Sogar in den Polikliniken gibt es Abteilungen für Rehabilitation, und niemandem wird dafür ein Centavo oder ein Dollar abverlangt. In einigen der Einrichtungen, in denen sich Ausländer behandeln lassen können - es kann ein Botschafter, ein Tourist oder irgendein anderer Besucher sein -, werden Medikamente verkauft. Sie erhalten logischerweise eine gute Betreuung und müssen dafür bezahlen. Kommen die Botschafter oder erkrankte Touristen, so ist ihre Betreuung kostenpflichtig. Hier gibt es keine kostenlose medizinische Betreuung für Touristen, diplomatische Vertreter oder die Vertreter von ausländischen Unternehmen. Sie alle benötigen medizinische Betreuung, und sie erhalten sie, zwar zu einem niedrigeren Kostensatz als in anderen Ländern, doch bezahlen müssen sie schon. Sie erhalten logischerweise eine Sonderbehandlung. Ja, sie erhalten sie, und sie zahlen dafür. Doch diese gleiche Betreuung und die gleichen materiellen Mittel können wir bedauerlicherweise nicht allen Millionen unserer Bürger zuteil werden
lassen. Wir versuchen, ihnen das Beste zu geben. In letzter Zeit haben wir Schwierigkeiten gehabt, die wir nach und nach einer Lösung zuführen; und wir tun etwas in dieser Hinsicht, das kann ich Dir garantieren. Wir sind zu neuen Rezepturen gelangt, zu Ausgangsstoffen, zur Verringerung der Kosten für Medikamente. Wir haben elf Millionen Bürgern kostenlose medizinische Betreuung gewährt und in den zehn Jahren Spezialperiode haben 30 000 neue Familienärzte ihren Dienst aufgenommen, die außerdem ihre Nachhut in den Krankenhäusern haben. Die Bürger dieses Landes haben ihren Arzt auch bei Nacht, ausgenommen auf dem Lande, wo sie etwas weiter entfernt sind, denn sie leben abgeschieden, vielleicht in 150, 100, 60 oder 30 Meter Entfernung vom Arztstützpunkt. Das sind die Leistungen, die wir für unser Volk erbracht haben. Wir haben Kontrollen gegen das Horten von Medikamenten eingerichtet. Niemals haben wir etwas in den Weg gelegt, wenn Medikamente von anderen Ländern aus geschickt wurden. Als es einen starken Personenverkehr zwischen den Vereinigten Staaten und Kuba gab, waren beispielsweise 10 kg Medikamente im Gepäck erlaubt, die kostenlos im Flugzeug mitgebracht werden durften. Natürlich brachte jeder 10 kg Medikamente mit; aber es war vorzuziehen, daß sie ins Land kamen und verteilt oder verkauft wurden, wie dem auch sei; und es wurde nicht das geringste Hindernis dagegen in den Weg gelegt. Das war der Artikel, für den die nach den Vereinigten Staaten Reisenden die besten Möglichkeiten hatten. Wir sagten ihnen: Bringt die Medikamente für Eure Angehörigen mit. Keiner wurde gefragt, was er damit machen würde. Doch wir sahen hierin eine Form, dem Medikamentenbedarf Erleichterung zu verschaffen; oder sie gelangten zu uns in Form von Spenden. Das gibt Raum, daß mitunter ein bestimmtes Medikament - das Neueste auf dem Markt, das noch nicht in unserer Pharmakopöe enthalten ist -, das von Angehörigen oder Besuchern mitgebracht wurde oder als Spende zu uns gelangte, gelegentlich vom Arzt mitunter aus Verantwortungslosigkeit empfohlen wird und er sagt: "Versuchen Sie, sich dieses Medikament zu besorgen; vielleicht hat es jemand oder aus einigen Spenden." Hier ist bekannt, wie das abläuft. Die Spenden kommen unmittelbar in die Krankenhäuser. Der Staat hat seine Reserve von wesentlichen Produkten, die lebenswichtig sind. Es gibt zwei Reserven. Zuerst wurde eine im Ministerium für Gesundheitswesen geschaffen und danach eine weitere im Staatsrat. Wenn es lebenswichtig ist und wenn dann etwas fehlt ... Nun gut, in der Pharmakopöe sollte nichts fehlen. Und es muß eine gute Kontrolle darüber vorhanden sein, damit sie von niemandem gehortet werden. Sie müssen gut überwacht werden, damit es nicht zu Medikamentendiebstahl kommt. Einige werden zentral verwaltet, und hier darf es keinen Diebstahl geben. Es kommt ein Anruf von irgendeinem Krankenhaus, aus Santiago de Cuba oder Baracoa: "Hören Sie, das Medikament X ist mir ausgegangen und hier nicht erhältlich." Dann wird auf die Reserve zurückgegriffen und der entnommene Bestand unmittelbar ersetzt. Das ist unsere Verfahrensweise. Dem Jungen des Unfalls wird ein Medikament verabreicht, das 22,- Dollar kostet, und ihm wird es für 22,- Peso verkauft, denn es ist nicht für die Behandlung im Krankenhaus. Die Medikamente im Krankenhaus sind nicht kostenpflichtig. Die Medikamente für die ambulante Behandlung müssen bezahlt werden. Was kosten hier die Medikamente? Es ist der Preis wie vor vierzig Jahren, der bei vielen bis auf die Hälfte herabgesetzt wurde. Das ist der Preis, der in der Apotheke verlangt wird. Doch die so strategischen Medikamente können unter den heutigen Bedingungen nicht in den Apotheken verkauft werden. Es muß dafür eine Reserve da sein um zu gewährleisten, daß die lebenswichtigen Produkte verfügbar sind. Nun, diesem Jungen hat es an nichts gemangelt. Sie selbst sagten dann: "Nein, das Medikament, da habe ich einige Verwandte, die es mir schicken. " Es handelte sich um eins der Medikamente, die der Junge braucht. Und was geschieht? Es ist immer das gleiche in dieser Beziehung. Sie haben Verwandte in den Vereinigten Staaten, einige mit Beziehungen. Mir erzählte der Vater dieses Jungen, es sei eine Schwester, die ihn das Licht der Welt erblicken
sah; und nun ist sie sehr schockiert nach all dem, was bei dem Unfall passiert ist. In beiden Fällen hatten die Verwandten gesagt, sie können die Medikamente besorgen oder man habe sich um eine Betreuung für beide Kinder bemüht. Das waren die zwei Fälle, für die sich der Gouverneur interessierte, und es gab die Vermutung, daß sie ausreisen wollten, daß die Eltern ausreisen wollten. Bei meinem Gespräch mit dem Gouverneur am vorletzten Tag, an jenem Abend des 26. (Oktober) trägt er mir das Problem der Kinder vor und ich sage ihm: "Mit diesen beiden Kindern gibt es absolut kein Problem." In diesen Fällen hält man sich an die Entscheidung der Eltern, obwohl es sich um Fälle handelt, die im Land gelöst werden könnten und hier bereits die erforderliche Behandlung erhielten. Für uns war es Fakt, daß sie ausreisen würden, daß die Familien einverstanden sind, die beiden Kinder zu schicken, einen nach Carolina und den anderen nach Chicago. Und er fragt mich plötzlich: "Kann ich sie morgen in meinem Flugzeug mitnehmen?" Ich sage: "Ja. Wie spät ist es?" "Es muß ungefähr 21.00 Uhr, 21.30 Uhr sein." Ich sage: "Selbstverständlich, wir werden uns sofort mit den Familien in Verbindung setzen. Der Reisepaß ist unwichtig. Mit einem Papier oder einem Zertifikat, was es auch sei, wir stellen es aus", denn er wollte um 13.00 Uhr abreisen. Die eine Familie lebt in Matanzas, man mußte es mit den Eltern besprechen. Gleich von dort aus wurde nach Matanzas angerufen. Ein Genosse rief an. Ich bat ihn: "Setzen Sie sich mit den Eltern und allen, die dazu erforderlich sind, in Verbindung und fragen Sie, ob sie einen Reisepaß besitzen oder nicht." Bei dem, der mit ihm flog, hatte man bereits erwogen, dieses einige Tage später zu tun, und den Sprecher hatte man nach der Haltung Kubas gefragt, denn es handelte sich ja um ein Interesse von Helms. Der Sprecher antwortete sehr korrekt: "Man wird das tun, was für das Kind das beste ist." Das ist es. Ich hatte es vermutet. Nach dem Treffen begaben wir uns kurz ins Büro, um uns mit ihm vor dem Abendessen einige Minuten zu unterhalten. Da sagt mir Carlitos: "Der Vater des Jungen aus Marianao möchte nicht, daß der Junge das Land verläßt." Man sagt, er habe eine lange Unterredung mit dem Arzt gehabt und will nicht, daß der Junge ausreist. Er hatte ihm gesagt, es sei nicht nötig. Sehen Sie nur, was für ein Problem sich daraus ergibt. Ich denke mir: "Donnerwetter! Was werden sie nun erfinden; daß er unter Druck gesetzt wurde, daß er bedroht wurde." Da wende ich mich an den Gouverneur: "Sehen Sie, das hat sich jetzt bei einem der Jungen ereignet. Wir werden den Vater herbestellen, den operierenden Arzt, den Direktor des Krankenhauses - für 1.00 Uhr morgens, sagte ich ihm - damit sie alle hier sind, mit der Direktorin Ihres Chicagoer Krankenhauses und dem Verantwortlichen für Gesundheitswesen des Bundesstaates, einem qualifizierten Mann, sprechen und mit ihnen diskutieren und damit der Vater die Gründe für seine Entscheidung der Zustimmung oder Ablehnung der Reise angibt und seinen Willen kundtut." Das ist der Junge, der für eine schamlose politische Machenschaft benutzt wurde; von dem es hieß, ihm sei eine Behandlung im CIMEQ (Zentrum für Medizinisch Chirurgische Forschungen) untersagt worden. Ach so, weil er keine Dollar hatte, die Tragödie, weshalb soll ich es noch vorlesen. Es gibt da noch so viel anderes, das ich nicht verlesen werde, alles aus diesem unanständigen berühmten Artikel, der hier irgendwo liegt. Ich verlese einige Sätze, ja? Sie sagen "...eine bescheidene Familie wartet mit Ungeduld auf die Ankunft dieser 'humanitären Mission'... Carlos Prieto und Ileana Sideris Borges, wohnhaft im Stadtviertel Marianao der Hauptstadt setzen ihre Hoffnung darauf, daß Frau Dr. Lisa Thornton, Direktorin des Kinderkrankenhauses La Rábida in Chicago, den Fall ihres zweijährigen Sohnes Christian anhört und irgendeine Unterstützung bieten kann. Am vergangenen 5. Juni war Christian vom Balkon ihrer Wohnung gestürzt." Das ist der Junge, der nach Chicago gebracht werden sollte. Der andere, der aus Matanzas, war für North Carolina vorgesehen und ist jetzt dort; doch es ist möglich, daß er letztendlich in Chicago behandelt wird. Die Schamlosigkeit des Artikels, auf den wir uns beziehen, ist stark: "Die Eltern von Christian sind zuversichtlich, daß Frau Dr. Thornton gemeinsam mit den acht
Fachärzten, die Mitglieder der Delegation sind, einer Bitte des republikanischen Vertreters von Florida, Lincoln Díaz-Balart, entspricht und den Jungen besucht..." Er schreibt nicht an den Gouverneur, er schreibt jener Ärztin: "...Ich bitte Sie, im Rahmen des Besuches nach dem Gesundheitszustand von Christian zu fragen und den Jungen und seine Familie zu besuchen, damit Sie aus erster Hand die Realität des Kuba von heute kennenlernen können, wo die Mitglieder der Hierarchie des Regimes und die Dollartouristen Zutritt zu den besten Waren und Leistungen haben, während das kubanische Volk unter Diskriminierung und Elend leidet." usw. usf. Hinter all diesen 'so humanitären' Leuten steht das politische Ränkespiel. Das ist sehr bedauerlich. Der Artikel erwähnt die Deklarationen von Gouverneur Ryan: "...Meine Hoffnung besteht darin, daß diese Mission eine Tür öffnet. Ein isoliertes Kuba liegt nicht im Interesse von Illinois oder der Vereinigten Staaten." Dann wird auf die Äußerungen von Díaz-Balart Bezug genommen: "... Sehr bedauerlich diese Reise der Delegation von Illinois. Nichts Gutes ist zu erwarten von einer Delegation, in der mächtige Unternehmer reisen und sich an der Zukunft Kubas die Zähne schleifen." Fast schon ein Kommunist, nicht wahr? Das ist ihre Meinung von den Unternehmern, die den Gouverneur begleiteten: Wölfe, die sich die Zähne wetzen, um aus der Zukunft Kubas Gewinn zu schlagen; fast so, als wollten sie die Zukunft Kubas verschlingen. Es ist widerlich. Diese Fälle werden nicht im Krankenhaus CIMEQ betreut. Ihre Behandlung erfolgt in der besten Rehaklinik Lateinamerikas, die auch eine der weltweit besten ist, in der Internationalen Klinik für Neurologische Rehabilitation (CIREN). Hier sind langzeitig invalide Patienten eingeliefert worden, die die Klinik auf ihren eigenen Füßen wieder verlassen haben. Die Physiotherapeuten hier beschäftigen sich acht Stunden lang mit einem einzigen Patienten. Der Ruf und das Prestige dieses Zentrums sind außerordentlich. In diese Klinik werden Bürger aufgenommen, für die es in keiner anderen Einrichtung eine Lösung gibt. Und hierher wurde der Junge gebracht. Wann hatte sich dieser Unfall ereignet? Vor fast fünf Monaten, es war der 5. Juni dieses Jahres. Das Traurige daran ist, daß diese Lüge von Díaz-Balart vorgebracht wird, nachdem die Ärzte des Krankenhauses "Juan Manuel Márquez" und des CIREN, doch vor allem die des "Juan Manuel Márquez" dem Jungen das Leben gerettet hatten. Vollständiger haben wir hier den Fall von Matanzas (zeigt Unterlagen vor). Das ist die Zusammenfassung der Krankengeschichte beider Kinder. Im Fall von Matanzas steht etwas sehr Wichtiges: "Für diesen Patienten ist im Augenblick keine Behandlung in einem anderen Zentrum erforderlich, denn in unserem Land ist seine Betreuung gewährleistet. Ein chirurgischer Eingriff ist zur Zeit nicht erforderlich aufgrund seiner günstigen Entwicklung und seinem dafür unratsamen Alter." Das sind die abschließenden Einschätzungen der gastroenterologischen Station des Kinderkrankenhauses "Juan Manuel Márquez". Sie enthalten das Kriterium, um das gebeten wurde und diagnostizieren: "...in seinem dafür unratsamen Alter. Macht sich der Eingriff jedoch erforderlich, so verfügt das Krankenhaus dafür über sämtliche Voraussetzungen. Dieser mußte bereits bei sechs anderen Patienten vorgenommen werden." Sie empfehlen, nicht zu operieren. Damit sieht die Sache schon anders aus. Es ist ernst zu nehmen, und ich trage es dem Gouverneur vor und sage zu ihm: "Sehen Sie, Herr Gouverneur, dieses ist eine Verantwortung, die wir tragen. Es existiert eine Empfehlung, von einem Eingriff Abstand zu nehmen. Es gibt zwei Meinungen. Es ist etwas, das tatsächlich über die Entscheidung der Eltern hinausgeht. Da Sie darum baten, den Jungen mitzunehmen, muß ich Ihnen ganz klar darlegen, welche Meinung seine Ärzte vertreten." Noch hatten wir uns nicht vom Tisch erhoben, wo wir das Eingangsgespräch mit dem Gouverneur hatten. Wir kannten noch nicht die Entscheidung zu dem anderen Fall, den ich erzählte, mit dessen Vater wir um 1.00 Uhr morgens sprechen mußten... Und ich fuhr fort: "Hierin liegt eine Verantwortung. Unterläuft ein Fehler und stirbt das
Kind, wenn Sie es morgen mitnehmen und wir einverstanden sind, daß Sie es mitnehmen, ohne Ihnen die beiden Kriterien genannt zu haben: Worin besteht dann unsere Schuld, wenn eine verfrühte Operation durchgeführt wird und das Kind stirbt?" Außerdem war dieses Kind in Ordnung, darauf machte ich ihn aufmerksam, auch daß wir keine Einwände vorbringen würden, ihn jedoch in seiner Eigenschaft als Gouverneur von Illinois sowie die ihn begleitenden Ärzte darum baten, diesem Aspekt besondere Aufmerksamkeit zu schenken, daß nach Meinung der kubanischen Ärzte nicht operiert werden sollte, daß es verfrüht wäre, daß der Junge einwandfrei auf die Behandlung anspricht und daß, sollte sich irgendetwas einstellen, die kubanischen Ärzte mit dem Problem fertig werden könnten. Das ist der Junge von Matanzas, der sogar zur Schule ging. Der andere Fall ist der Junge, der aus dem zweiten Stock gestürzt ist. Er fiel auf den Kopf und der Aufprall hat schreckliche Beschädigungen verursacht. Der Junge kann sich heute faktisch nicht bewegen. Das erste, was sie an ihm vornahmen, war, sein Leben zu retten. Was an diesem Kind zur Rettung seines Lebens getan wurde, ist viel komplexer als in dem Fall von Matanzas. Und wenn die Betreuung des letztgenannten mit 700 000 Dollar angesetzt ist ..., nein, nein, was man an diesem Kind getan hat, geht in Beträge - letztens hatte ich 100 000 Dollar dafür genannt, doch als ich diese Einzelheiten sah und über mehr Angaben verfügte... - von, nun man weiß es nicht, einer, zwei oder drei Millionen. Außerdem weiß niemand, wer das bezahlen wird. Und warum? Weil dieser Junge für eine noch unbekannte Anzahl von Jahren eine Rehabilitationsbehandlung benötigt. Hier haben Sie den Fall, mit dem politische Ränke geschmiedet werden, billige politische Ränke; die Verfechter des Völkermords, die nicht wollen, daß dem Land Nahrungsmittel verkauft werden, nicht einmal für Kinder oder alte Menschen, daß dem Land Medikamente verkauft werden und die die Blockade schüren, damit wir nicht zu den Mitteln kommen, um diese Produkte zu kaufen. Wenn sie uns eines Tages erlauben, Nahrungsmittel und Medikamente zu kaufen, dann müssen wir uns fragen, womit wir sie bezahlen sollen. Denn wenn man Sie nicht handeln läßt, können Sie nichts verkaufen und sich nicht entwickeln. Wenn Sie an allen Fronten einem Wirtschaftskrieg ausgesetzt sind, dann nützt es überhaupt nichts. Man muß den Tag mit Dank entgegensehen, an dem sie uns Nahrungsmittel verkaufen, doch wir können damit die Probleme nicht aus der Welt schaffen. Und jene sind die Anhänger, sind die Verfechter der Blockade und kommen uns mit derartig infamen Äußerungen. Der Unfalljunge war einer Erstoperation zu unterziehen, denn sein Gehirn war faktisch zerplatzt. Er hat 25 Prozent seiner Hirnmasse eingebüßt. Danach waren angesichts auftretender Probleme fünf weitere Operationen erforderlich, denn es war ein sehr schwieriger Fall. Die große Eingangsoperation und fünf weitere. Ich habe danach mit den Ärzten gesprochen, mit dem operierenden Arzt im Detail. Nachdem sie ihn gerettet hatten und er lebte, konnte er weder sehen noch hören, war nicht bei Bewußtsein, weinte nicht, absolut gar nichts. Und nun begann man mit dem Programm der Rehabilitation, und der Junge wurde in die CIREN-Klinik überwiesen. Drei Tage dort und drei Tage im "Juan Manuel Márquez" je nach Art der Rehabilitationsanwendungen. Nachdem sein Leben gerettet und er wieder zu Hause war, überlegte man, welche Besserung man bei diesem Jungen erwarten konnte. Sie prüften alles und begannen mit seiner Rehabilitation. Ergebnis: der Junge kann sehen, der Junge kann hören, der Junge hat Empfindungen, der Junge weint. Es ist tatsächlich eine Besserung eingetreten, um einen Weg einzuschlagen, von dem niemand weiß, wieviel Jahre er dauern kann. Der Vater befand sich in der Nähe. Ich unterhielt mich separat mit dem Chirurgen und dem kubanischen Direktor des Krankenhauses. Ist einer von ihnen hier? (Frage) Beide sind hier. Kommt bitte und stellt Euch für eine Minute hierher. Kommt hierher, ich möchte, daß das Volk Euch kennenlernt. Es sind nicht alle Ärzte da, doch die beiden schon, die die Hauptverantwortung für die Rettung des Lebens (des Jungen) trugen. (Er stellt vor laufender Kamera die Ärzte vor, den Chirurgen und den Direktor des
Krankenhauses) Abschließend in jener Nacht in der Unterredung mit dem Vater und den Ärzten frage ich ersteren, warum er seine Meinung geändert hat. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits Kopien der Unterlagen erhalten, der Diagnose und allem, des Schreibens, des Artikels im Nuevo Herald, in dem es heißt, das CIMEQ-Krankenhaus habe die Behandlung nicht übernommen. Da sage ich zu ihm: "Gut, hier haben wir einen Artikel." Er antwortet: "Nein, ich habe ihn hier." Ich sage zu ihm: "Ich empfehle Dir, ihn nicht zu lesen, es wird unangenehm für Dich sein", denn darin wird ihm zugeschrieben, er habe dieses und jenes geäußert. Der Mann beginnt zu weinen und sagt: "Das einzige, was ich gesagt habe, ist jener Satz. Das war es, was er sagte. "Wenn es noch anderes gibt, dann wurde es dort erfunden", die ganze Geschichte mit dem CIMEQ. Im CIMEQ werden solche Fälle nicht behandelt. Jemand hatte ihm einen Jacuzzi erwähnt. Das ist etwas Ähnliches wie eine Badewanne. Diese Anwendungen kann man in einer ganzen Anzahl von Polikliniken erhalten. Welche Art Massage ist das? (Einer der Ärzte antwortet, daß es sich hierbei um physiotherapeutische Hydromassagen handelt.) Wieviele Einrichtungen dieser Art haben wir? (Der Direktor des Krankenhauses antwortet, daß sie in fast allen bedeutenden physiotherapeutischen Abteilungen zu finden sind.) Und was haben die Polikliniken? (Er antwortet, er wisse es nicht mit Sicherheit.) Weißt Du etwas in Bezug auf die Polikliniken? (fragt er den anderen Arzt. Dieser antwortet, es gäbe diese Einrichtungen in den Polikliniken, die einen großen Teil der Bevölkerung betreuen und zu denen alle Zutritt haben.) Das heißt, es ist das Einfachste der Welt. Diese Behandlung mit warmem Wasser und Hydromassage ist eigentlich eine Badewanne mit einigen Geräten. Dieses Krankenhaus realisiert diese Anwendungen in der Rehabilitation, und die Hydromassage kann man sogar in der Poliklinik erhalten. Ihr habt es in Eurem Krankenhaus ebenfalls. Welche Behandlung wendet Ihr an? (Der Neurologe erläutert, daß es sich bei der Behandlung um eine passive Physiotherapie handelt mit einigen physiotherapeutisch aktiven Elementen, denn der Junge braucht im Augenblick vor allem das Passive, das Empfindsame, die fortwährende Arbeit der Mutter mit dem Kind, das ist das Wichtigste im Augenblick, und einige andere fachärztliche Betreuungen.) Er erhält sechs Behandlungen pro Woche (im Augenblick dreimal wöchentlich in der Physiotherapie des Krankenhauses "Juan Manuel Márquez" und dreimal wöchentlich im CIREN). Das Gespräch hatte eingesetzt. Wir standen in einem kleinen Raum des Palastes um 1.00 Uhr morgens. Ich wende mich an den Vater, der anwesend war, und bitte ihn, den Artikel nicht zu lesen, ich hatte es schon gesagt - ebenfalls anwesend waren der Gouverneur, die Direktorin des Chicagoer Krankenhauses und der Verantwortliche für Gesundheitswesen im Bundesstaat Illinois. Der Vater, wie ich bereits sagte, sieht sich doch den Artikel an, liest ihn fast nicht zu Ende und beginnt zu weinen. In diesem Augenblick bemerkte ich, daß der Gouverneur empört war. Er fühlte sich so etwas wie betrogen in seinem guten Glauben angesichts des Schreibens an die Direktorin des Chicagoer Krankenhauses. Dann blieb ich mit den zwei Ärzten allein und fragte sie: "Beantwortet mir eine Frage. Welche Besserungschancen hat dieser Junge? Wird er wieder gehen können?" Sie antworten: "Ja, es ist möglich, daß er wieder gehen kann." Ich frage sie weiter: "Wird er lernen können?" Sie antworten: "Ja, es ist möglich, daß er lernen kann; denn obwohl er einen hohen Anteil Hirnmasse verloren hat, entwickeln in solchen Fällen in diesem Alter andere Teile des Gehirns jene Funktionen, die er einbüßte und es besteht die Möglichkeit, daß er lernen kann", natürlich mit einigen Einschränkungen, aber lernen wird er können. Als ich das vernahm, sagte ich mir: Gut, das ist schon etwas, und der Vater hatte bereits gesagt, daß er die Reise des Jungen nicht wünsche. Abschließend verabschiedete ich alle. Der Gouverneur mußte uns noch vor Ende des Gesprächs verlassen, denn es war bereits spät, etwa 2.00 Uhr morgens, und er hatte für den
Vormittag ein volles Programm; er wurde an einigen Orten erwartet und mußte in der Universität einen Vortrag halten. Er ging weg. Wir verabschiedeten ihn und zurück blieben die kubanischen und die US-amerikanischen Ärzte, der Minister für Gesundheitswesen und alle anderen, die noch mindestens eine Stunde diskutierten. Sie diskutierten noch, als ich den Rest der US-amerikanischen Delegation verabschiedete. Danach gehe ich zu dem Vater und den anderen noch Anwesenden. Dem Vater kann ich bereits die gute Nachricht überbringen: "Sehen Sie, während Sie abseits standen, haben mir die Ärzte das gesagt. Ich finde es großartig, denn es gibt eine umfassende Möglichkeit, die Möglichkeit einer großartigen Besserung." Er erzählt mir, wie der Gedanke aufkam, nach drüben zu gehen. Eine Schwester hatte aus Miami angerufen und alles andere erledigt. Ich sage zu ihm: "Nun besprich die Angelegenheit auch mit der Mutter des Jungen, um ihre Meinung zu hören." Ich war froh und er war glücklich über die Nachricht, die ich ihm gebracht hatte. Es ist ja tatsächlich eine ganz ausgezeichnete Nachricht. Was war erforderlich? Das, was sie jetzt tun. Das ist es, was erforderlich war. Zu welcher Schlußfolgerung gelangen die beiden kubanischen Ärzte? Sie erläutern alles der Direktorin jenes Krankenhauses, Frau Dr. Thornton, die Facharzt einer Disziplin ist, die in das Problem dieses Jungen hineingreift, und dem Spezialisten, der für das Gesundheitswesen in Illinois zuständig ist. Am Schluß ihrer Unterredung beschließen sie, am Vormittag jenes Tages um 9.00 Uhr das Krankenhaus "Juan Manuel Márquez" zu besuchen und sich den Jungen anzusehen, gemeinsam mit dem Ärzteteam, das ihn betreut, und mit den Eltern. Dort ist dann die Endstation. Sie sind zwei oder drei Stunden dort. Wie lange hat es gedauert? (Man sagt ihm, etwa drei Stunden) Ich bin mit dem Gouverneur in der Universität. Es ist fast Mittag, als man mir mitteilt: "Sie sind fertig und bereits auf dem Weg hierher." Mit Ungeduld warte ich auf das Ergebnis, zu dem sie gelangt sind. Die Direktorin des Krankenhauses und der Minister für Gesundheitswesen von Illinois brauchten etwas mehr Zeit, um sich durch so viele Leute durchzuschlagen. Schließlich erschienen sie am Eingang der Aula Magna. Wir sprechen mit ihnen, und sie sagen: "Wir haben ihn untersucht. Dieser Junge hat alle Behandlung, die es geben kann, erhalten und sie haben ihm das Leben gerettet. Er erhält eine perfekte Behandlung. Die Reise dieses Jungen macht sich nicht erforderlich." Sie teilen es dem Gouverneur mit. In Ordnung, es ist die Meinung seiner qualifiziertesten Leute. Keine Sorge. Dann entsteht ein Durcheinander, denn es gab unterschiedliche Anweisungen. Das Ministerium für Gesundheitswesen hatte einen Mann mit dieser Angelegenheit beauftragt. Die einen mußten aus Matanzas geholt und an einen bestimmten Ort gebracht werden. Die Ärzte mußten um 9.00 Uhr vormittags im Krankenhaus sein, und man mußte sich mit den Eltern in Verbindung setzen. Die Abreise des Gouverneurs war für 13.00 Uhr angesetzt und es fehlten noch Visa und irgendwelche anderen Details. Auf dem Flugplatz kommt es zu einer gewissen Auseinandersetzung. Was ist passiert? Nach seinem Vortrag begab sich der Gouverneur vor seiner Abfahrt zum Flughafen zum Mittagessen. Ich gab eine Pressekonferenz und als ich dort fertig war und in mein Büro gehen will, sagt mir Carlitos: "Auf dem Flughafen gibt es ein Problem, denn sie haben beide Kinder dorthin gebracht." Was ist passiert? Wir mußten es später herausfinden. Der Mann unseres Gesundheitsministeriums hatte Anweisungen, mit beiden Kindern um 12.00 Uhr da zu sein. Er kannte die Meinung der Ärzte nicht. Ihm hatte man gesagt: "Bringen Sie die beiden weg, sie haben um 11.00 Uhr dort zu sein. Er dachte, beide Kinder würden reisen ... Der mit dieser Angelegenheit beauftragte Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums war nämlich weder bei der mitternächtlichen noch bei der Diskussion am Vormittag dabei gewesen; und er sowie der Mitarbeiter der Protokollabteilung bringen die Kinder mit den Eltern zum Flugplatz. Das war etwas nach 11.00 Uhr. Meine Unterredung am Eingang der Aula Magna fand um 12.00 Uhr oder etwas danach statt, denn dort hatte es mehrere Reden gegeben, nicht nur die
des Gouverneurs und die des Rektors und die des Professors, der die Glocke tönen läßt. Ihr wißt, wie das dort alles abläuft. Es gab einige Grußbotschaften, wir verabschiedeten einige der Leute und warteten auf das Erscheinen der Ärzte. Er wartete ungeduldig darauf, weggehen zu können, und ich sage zu ihm: "Lassen Sie uns auf die Ärzte warten." Die Ärzte kamen. Es war nach 12.00 Uhr. Ich gehe zu meiner Pressekonferenz, er zu seinem Mittagessen. Man nahm an, die Abreise erfolge um 13.00 Uhr und ich sage: "Es wird nicht um 13.00 Uhr losgehen." Zu den auf der anderen Seite schon ungeduldigen Journalisten sagte ich: "Werdet nicht ungeduldig." Auf einer dort improvisierten Pressekonferenz, auf der kaum etwas zu hören war, sagte ich ihnen: "Machen Sie sich keine Sorgen. Ich habe dem Gouverneur und den anderen bereits gesagt, daß sie nicht ohne Sie abfliegen dürfen." Also sie waren dort, und ich habe sie noch am Bus verabschiedet. Und in diesem Augenblick wird mir mitgeteilt, daß es auf dem Flughafen ein Problem gibt, daß beide Kinder dorthin gebracht wurden und daß die Leiterin der Interessenvertretung sehr zornig ist und reklamiert: "Wie hat man diese Kinder ohne ein Visum dorthin gebracht!" Ich weiß nicht, was jener Mann unternehmen wollte, der die Aufgabe hatte, die Kinder und die Familien abzuholen und sie zu der bestimmten Zeit zum Flughafen zu bringen, was ja seine Anweisungen waren und doch noch keine Entscheidung der Ärzte vorlag. Es war schon richtig so, denn wurde die Entscheidung getroffen, dann konnte man sie nicht zwei Stunden später zu Hause abholen und der Gouverneur hätte nicht um 13.00 Uhr, sondern erst zu einem viel späteren Zeitpunkt abreisen können. Aus all diesen Gründen erfolgte die Abreise des Gouverneurs letztendlich erst nach 14.00 Uhr oder noch später. Die Leiterin der SINA war recht ärgerlich und bedeutete, es sei eine Ungeheuerlichkeit, sie ohne Visa mitgenommen zu haben. Der Gouverneur hatte die SINA um dringende Erledigung gebeten, und man nahm an, das Problem sei gelöst. Als mir all dies mitgeteilt wird, ist es mir des Gouverneurs wegen peinlich und ich frage: "Wo ist der Gouverneur im Augenblick? Sagt ihm Bescheid. Ruft Remírez über das Mobiltelefon an und laßt ihm ausrichten, was geschehen ist; daß diese Leute auf dem Flughafen sind und abreisen wollen." Da die Information an den Gouverneur für die endgültige Entscheidung seinerseits noch ausstand, hatten die US-amerikanischen Ärzte den Verwandten des Jungen von Marianao ihr Kriterium mitgeteilt, sagten jedoch, daß sie keine Entscheidung vornehmen können, daß eine endgültige Entscheidung erst getroffen werden kann, wenn sie mit dem Gouverneur gesprochen haben. Sie sprachen mit ihm, als er die Aula Magna verließ. Auf der Fahrt des Gouverneurs zum Flugplatz fährt Barrios - ein Leiter der Abteilung Außenbeziehungen, dessen Ressort die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten sind und der den Gouverneur die ganze Zeit über begleitet hat, ein sehr gewissenhafter Mitarbeiter - in einem Wagen voraus und ich gebe ihm einige Anweisungen. Er ist schnell da. Als er kommt, sagt er: "Hier auf dem Flughafen hat sich ein Problem ergeben." Ich frage: "Ist der Gouverneur gekommen?" Er: "Nein, der Gouverneur fährt eben ab." Ich sage: "Sieh zu, daß Du das dort klärst, alle Probleme erläuterst. Erwarte sie dort." Worin bestand unsere Besorgnis? Daß der Gouverneur befremdet war. Er sagt: "Wie konnten sie die Auswanderungsbehörde passieren und alles andere? Denn die Leiterin der SINA war wütend. Ja, sie hatten die Auswanderungsbehörde und alles andere passiert; denn man wußte nicht, welche Entscheidung der Gouverneur getroffen hatte, und nun waren sie dort. Es gab noch einen anderen Zwischenfall. Wir werden uns später dazu äußern. Wie ich schon sagte, war es mir dem Gouverneur gegenüber peinlich. Wir hatten uns ganz strikt an die Vereinbarungen gehalten, und nun war ich besorgt, er könne auch nur für einen Moment denken, daß man zwar um 12.15 Uhr die Abreise eines Kindes vereinbart hatte und ihm nun doch beide Jungen gebracht worden sind. Ich wende mich an Barrios: "Erkläre ihm, wie alles gekommen ist, und er soll entscheiden, ganz gleich wie, in dem einen oder dem anderen Sinne." Er brachte
seine Meinung zum Ausdruck und äußerte, daß es gemäß den Kriterien seiner Spezialisten für jenen Jungen nicht notwendig sei zu reisen und daß sie ihn, sollte irgendwie das Krankenhaus vonnöten sein, aufnehmen werden. So ist alles gewesen. Gut und schön, die Eltern kehren nach Hause zurück und am nächsten Tag, den 29. (Oktober), erscheinen sie bei der Ausreisebehörde und beantragen die Ausreise. Ich sage: "Was ist denn nun passiert? Noch einmal? Zuerst wollen sie weg, dann wieder nicht. Die Ärzte geben das Ergebnis ihrer Untersuchung bekannt, und sie wollen nicht mehr weg. Sie kehren ruhig nach Hause zurück und am nächsten Tag kommt die Nachricht von der Ausreisebehörde: Beantragung der Ausreise. Ich frage: "Was ist geschehen?" Sie sagen: "Aus Miami haben sie angerufen; sie werden ein Krankenhaus am Ort X besorgen. Der Junge soll kommen." Die SINA hatte die Visa sofort ausgestellt. Nun mußten sie also Formulare ausfüllen, die Anforderungen der Behörde für eine Ausreise. Wir wollten nun noch einiges mehr, einige zusätzliche Information und die Absicherung, daß es jenes Krankenhaus wirklich gibt, denn es kommt uns eine weitere ernste Besorgnis auf: Spielte dieser Herr Díaz-Balart mit dem Kind und der Tragödie der Eltern? Ich bin der absoluten Überzeugung, daß die Ausreise ein Nachteil für das Kind ist, daß es nirgendwo die jahrelange Behandlung erhalten kann, die ihm hier gewährleistet ist, denn die Kosten gehen in die Millionen Dollar. Und das Leben des Jungen ist gerettet, und es liegt ein Versprechen des Gouverneurs von Illinois vor, daß man ihn in Illinois aufnehmen wird, sollte dieses eines Tages erforderlich sein. Welches Schicksal erwartet dieses Kind, dem die kubanischen Spezialisten und Medikamente das Leben gerettet haben? Was hätten diese Operationen und die gesamte Behandlung während mehr als vier Monaten gekostet, wenn sie sagen, daß der andere Fall 700 000 Dollar kostet? Man muß mindestens mit dem Fünffachen rechnen. Es sind Jahre der Behandlung bis zu dem Tag, an dem er zur Schule gehen oder etwas erlernen kann. Das ist die Hoffnung, die die Ärzte haben. Und es ist eine Besserung eingetreten. Es gibt Beweise dafür. Die US-amerikanischen Ärzte haben es bestätigt. Das ist die augenblickliche Situation. Ich wollte alles im Detail erklären, denn das Problem ist ernst. Wir verlangen Garantien; wir verlangen Garantien dafür, daß er, wünschen die Eltern seine Ausreise, in einem Krankenhaus bester Qualität betreut wird, das - mit einem Wort - natürlich kein Krankenhaus von Miami sein kann, denn das ganze ist für alle Welt eine Kränkung, eine Beleidigung, ein Trick gewesen; mit einem Wort, ein Verbrechen politischer Machenschaften. Das war nämlich das Problem. Man hat sie unter Druck gesetzt. Am nächsten Tag gleich wieder, die von drüben, von Miami, und um ihn nach Miami zu bringen. Eine Show und noch einmal Show. Wenn wir jetzt unter diesen Umständen die Ausreise des Jungen genehmigen, verlangen wir die Garantie von der Regierung der Vereinigten Staaten und nicht von einem miserablen Mafioso; die Garantie, daß dieser Junge in das beste Krankenhaus der Vereinigten Staaten gebracht wird, und sofort erhält die Mutter von uns die Genehmigung, den Jungen zu begleiten; sofort, es kann schon übermorgen sein, doch es muß entschieden werden und das gewährleistet sein, was dem Jungen hier gewährleistet wird. Jetzt muß es die Regierung der Vereinigten Staaten sein, die sich dazu äußert, und je eher desto besser, welches dort in den Vereinigten Staaten das beste Krankenhaus für die Betreuung dieses Kindes ist, dem die kubanischen Ärzte das Leben gerettet haben. Es ist fast schon eine Beleidigung für das Krankenhaus, das die Kinder behandelte, für die Anstrengungen aller, die von einer hervorragenden Fachkraft eines der besten Krankenhäuser der Vereinigten Staaten, das dieses von Chicago ist, anerkannt wurden. Doch jetzt können wir vom Gouverneur von Illinois nicht verlangen, den Jungen mitzunehmen. Jetzt muß es schon die Regierung der Vereinigten Staaten sein.
Wir haben auf diese Angelegenheit viele Stunden verwandt; verlorene Zeit, daß sich jetzt jemand in den Vereinigten Staaten die Mühe macht, dieser Anforderung nachzukommen und sich sofort auf den Weg macht, wenn die Gewähr für eine optimale Betreuung gegeben ist. Und das wird nicht Gegenstand billigen politischen Ränkeschmiedens sein, wie es dieser Fakt ist. Das ist unsere Einstellung dazu, und ich sage sie hier rundheraus. Ich glaube, dazu ist nichts mehr zu sagen. Ich meine zum Fall der beiden Kinder. Also gehen wir zu einem anderen Thema über. Ich kam nicht umhin, dies alles zu erklären, denn Sie werden verstehen, daß es sich hier um etwas Ernstes handelt. Marina Menéndez: Sie sagten in ihrer Einführung, daß einer der Gründe für diesen Moment der Hysterie gegen Kuba in den USA neben dem Besuch des Gouverneurs Ryan die zeitliche Nähe zum Iberoamerikanischen Gipfeltreffen war und sie sprachen vom Scheitern der Versuche, den Gipfel zu sabotieren. Könnten sie bitte etwas mehr über diesen Aspekt ausführen. Fidel Castro: Korrekt. Ich habe hier Materialien, die davon sprechen, das Gipfeltreffen zu sabotieren, dort bei der Mafia brüten sie allerlei Dinge aus. Es sind eine Reihe von Daten, die ich hier habe, ich werde sie nicht vorlesen, das ist nicht notwendig, verstehen Sie? Die Versuche, das Gipfeltreffen zu sabotieren, begannen schon vor Monaten, seit Juli, ja, sogar schon sehr viel früher. Ich werde also hier etwas vorlesen. Du beziehst dich auf das Gipfeltreffen und nicht auf die Sabotage der Beziehungen, denn das sind zwei verschiedene Themen. Journalist: Nein, nein, ich beziehe mich auf das Iberoamerikanische Gipfeltreffen. Fidel Castro: Das war die Funktion dieser Interessenvertretung. Ich ziehe vor, einige Vorläufer zu erwähnen, und ich werde bis zu den Anfängen zurückgehen und es dir vorlesen. Hier gab es einmal einen Herrn namens Kozak, der der Leiter der Interessenvertretung war. Gleichfalls gab es einen Herrn des State Departments namens Hamilton, der den Posten des Unterstaatssekretärs für Interamerikanische Angelegenheiten innehatte und ein äußerst vernünftiger und anständiger Mann war. Ich kann das sagen, da zum Beispiel während seiner Anwesenheit dort verschiedene Probleme bezüglich des Kosovo-Kriegs aufkamen und Informationen übersandt wurden über den Marinestützpunkt Guantánamo und die Frage der Aufnahme von Kosovo-Flüchtlingen. Es gab Gespräche über diese Themen und ich befaßte mich persönlich damit, als diese Punkte analysiert wurden, denn es handelte sich um eine sehr ernsthafte Situation. Es ist nicht so, daß sie uns konsultierten, sondern sie besaßen zum ersten Mal die Freundlichkeit, uns vorher über diese Entscheidungen zu informieren. Unsere Position über diese Frage ist ja bekannt. Es gab die Ereignisse rund um das berühmte Baseballspiel von Baltimore und es kam zu einem gewaltigen Aufruhr, da bestimmte Leute mit allen Mitteln das Spiel dort in den Vereinigten Staaten vereiteln wollten. Das zu besprechende Thema drehte sich also um die Tatsache, daß die Visa nicht auftauchten, verspätet und dann nur teilweise ausgestellt wurden, und zwar nicht alle, die wir beantragt hatten. Anläßlich des Spiels der Baltimore Orioles hier in Havanna gewährten wir ihnen alle Visa, die sie beantragten, und es gab Flugzeuge, die zwei Stunden vor ihrem Abflug die Einflugerlaubnis und die Gewährung von Visa erbaten, worauf wir ihnen sagten: Kommen Sie. Wir kamen ihnen in allem entgegen. Und es kamen viele Leute aus den Vereinigten Staaten. Es war vereinbart, daß unsere Sportler in kubanischen Flugzeugen reisen sollten, genauso wie sie in einem US-Flugzeug kamen. Wir wollten in dem Flugzeug alle die schicken, die hineinpaßten. Daraufhin erläutern sie ihre Besorgnis, daß das Flugzeug Gefahr laufen würde, beschlagnahmt zu werden. Sie sagen uns: "Es ist fast sicher, daß sie es beschlagnahmen", und zwar aufgrund der selben Geschichte, wegen der sie dort die Geldmittel des Telefonunternehmens ETECSA beschlagnahmten. Gut, sie waren wirklich besorgt. Das bedeutet, daß es uns sehr
schwer fiel, auf jene Vereinbarung und jenes Recht, unsere Sportler in unserem Flugzeug zu transportieren, zu verzichten. Wir nahmen dort eine Position ein und erläuterten, daß es nicht korrekt sei, mit einer anderen Fluglinie zu reisen. Dieser Mann, Hamilton, antwortete und erklärte auf recht vernünftige Weise die Frage der Risiken. Man sah, daß er nicht die Absicht hatte, Hindernisse in den Weg zu legen. Sie waren also wirklich besorgt und es war fast sicher, daß sie das Flugzeug dort beschlagnahmen würden. Ich dachte: Wenn wir darauf bestehen, daß das Flugzeug auf alle Fälle startet, kommt es nicht zu dem Spiel und die ganze Anstrengung der Leute dort in Baltimore und anderer mit dem Sport in den USA in Verbindung stehender Personen wäre umsonst. Alles würde aussehen, als ob wir es aus purer Laune tun würden. Und angesichts der Tatsache, daß sie unfähig waren, die Beschlagnahme des Flugzeuges zu verhindern, würde es so aussehen, daß wir es seien, die in Wirklichkeit dort ein großes Spektakel veranstalten wollten, denn man hätte dort ein großes Spektakel veranstalten können, wenn sie dem ganzen Team, den 250 das Team begleitenden Bürgern und den Technikern das Flugzeug beschlagnahmt hätten. Es waren 300 Delegationsteilnehmer, da wir angesichts der Notwendigkeit, ein anderes Flugzeug zu mieten, das ein Fassungsvermögen von 300 Passagieren hatte, die Teilnehmerzahl der Delegation erhöhten, und zwar Tage zuvor mit genügender Zeit zur Gewährung der Visa. Ah, aber sie begannen damit, zu belästigen und die Visa kamen nicht. Kozak belästigte bis zum gehr nicht mehr und er hatte Leute dort, die ihm dabei behilflich waren. Danach erfuhren wir, daß alle Visa in Kuba waren und doch geschah nichts. Es handelte sich um den Versuch, einen Teil derjenigen, die fahren sollten, aus der Liste zu streichen, ihre Zahl auf 200 zu begrenzen, und die 300 hatten bereits ihre Reisepässe und waren in Havanna. Ah, sie verfuhren selektiv! Wer sollte nicht fahren? Ordaz sollte nicht fahren. Sie benachrichtigen uns darüber, daß das Visum..., daß er nicht fahren könne. Als ich sehe, daß es sich um Ordaz handelte, erinnerte ich mich sofort an die gegen Ordaz gerichteten ekelhaften Verleumdungen, gegen einen Mann, der im vergangenen Jahr nach Washington flog, um dort den Preis der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation entgegenzunehmen. Ah, ich erinnere mich, da das exilkubanische Gewürm, diese abstoßenden Subjekte, die Verleumdung erfanden - die sich schon nicht mehr auf Vietnam bezog -, daß dieses Krankenhaus, das er seit vielen Jahren leitet und von dem man wirklich sagen kann, daß es eines der besten der Welt ist, welches einen international anerkannten kolossalen Erfolg gehabt hat, eine Einrichtung sei, in dem politische Gefangene, die "Gewissensgefangenen", gefoltert würden, all diese Dinge, und daß es in diesem Krankenhaus eine Abteilung für Folterungen gäbe. Ich traf mich also am Nachmittag, kurz vor dem Abflug, mit den 300 Personen, die reisen sollten, einschließlich des gesamten Teams, und sagte ihnen folgendes: "Wenn sie auch nur gegen einen einzigen von denjenigen, die hier sind und die wir hier kennen, einen Einwand vorbringen, gegen Genossen, die keine Verbrechen begangen haben und nicht vorbestraft sind, dann fährt keiner." Das Treffen fand dort statt, wo das Gerichtsverfahren wegen der Klage stattfand, in jenem Saal, und die Leute begannen zu applaudieren und alle reagierten einmütig, indem sie die Entscheidung unterstützten: Wenn einem verwehrt wird, zu fahren, dann fährt keiner. Wir hatten den US-Amerikanern bereits mitgeteilt, daß wir nicht fahren würden, wenn das Problem nicht gelöst würde. Wir änderten sogar die Abflugzeit, denn die Spieler sollten dort am Nachmittag trainieren und vielleicht würden sie uns bis zum Mittag belästigen, so daß wir ihnen sagten: "Trainiert morgens, um dann bis nachmittags zu warten." Ah, selbstverständlich wurden alle dort in den USA benachrichtigt, nämlich die Baltimore Orioles, alle, die an dem Spiel interessiert waren, eine Reihe von hochrangigen Persönlichkeiten und Behörden jenes Landes, Befürworter des sportlichen Zusammentreffens, die sich in Bewegung setzten und Betreibungen in die Wege leiteten, und sogar der Präsident. Das Treffen, von dem ich sprach, war praktisch noch nicht beendet, als die Nachricht kommt, die die Lösung des Problems
ankündigt. Denn wir überlegten uns das Ganze gut und schickten eine gut durchdachte Antwort, als wir ihnen bezüglich des Problems mit dem Flugzeug mitteilten: Schauen Sie, in diesem Punkt sind wir bereit, nachzugeben, ja, wegen diesem und jenem, aber in bezug auf die Visagewährung geben wir nicht nach. Wir haben auf jenes Recht verzichtet, aber auf dieses verzichten wir nicht, weil dies ungerecht und willkürlich ist. Wir erteilten ihnen die Visa so viel Zeit vorher und sogar zwei Stunden vor dem Abflug, wie ich bereits erwähnte. Und jetzt sagen sie in der Interessenvertretung, daß es nicht möglich sei. Nachdem sie bereits Ja gesagt hatten, sagten sie jetzt Nein. In Wirklichkeit sagten sie uns nicht Nein. Sie erklärten, daß 100 Personen nicht fahren würden. Und wen strichen sie neben Ordaz noch aus der Liste? Ah, die Bauern, die Leute von den Massenorganisationen, die Studenten, das waren die, die sie strichen. Und wir sagten: "Wenn die nicht fahren, wird es kein Spiel geben." Den Trouble hatten sie sich mit denen dort eingebrockt, die in den USA sehr viel Geld ausgegeben hatten, denn man hatte bereits für fast 1 Million Dollar Eintrittskarten verkauft und wegen einer so absurden und dummen Sache war das ganze Vorhaben nahe am Scheitern. Wir hätten in dem Fall vorgezogen, das Spiel nicht stattfinden zu lassen. Bei Beendigung des Treffens war bereits die Nachricht aus Washington eingetroffen, in der Remírez uns mitteilte, daß alle Visaanträge ohne Ausnahme genehmigt wurden. Das waren die Umstände der Reise in die Vereinigten Staaten. Aber gut, das ist die gegen uns verwendete Taktik: Eine Methode der Anfeindung und sogar Belästigung. Das ist der Stand, in dem die Schwierigkeiten auftreten, um irgendein Problem zu lösen, und das war die Aufgabe, der sich die Leute von der Interessenvertretung widmeten. Sie hatten diesen ganzen Krieg bis zu dem Zeitpunkt geführt, an dem die Sportler abflogen und später zurückkehrten, und zwar alle außer Betancourt, ein Ex-Sportler, der in den USA blieb, ein linkshändiger Pitcher - ich werde nichts Schlechtes über ihn sagen -, der hier wie viele andere Fans mit uns zusammen das Training verfolgte. Er blieb, doch ich werde nichts darüber sagen. Er hatte nicht geplant zu bleiben, die Idee kam ihm dort. Am 16. Juli 1999 wurde ein Cocktail in der Residenz des damaligen Leiters der Interessenvertretung der USA (SINA), Michael Kozak gegeben, zu dem 6 Anführer und 33 Mitglieder der konterrevolutionären Organisationen teilnahmen, unter ihnen Mitglieder der sogenannten "unabhängigen Presse". Die Einladungen wurden vom Presse- und Kulturbüro der erwähnten Institution auf Antrag des Leiters der SINA ausgestellt. Der Anlaß dieser Aktivität war die Verabschiedung von Michael Kozak, bei der dieser vor seiner Abreise eine flammende Rede halten sollte. Es ging also darum, sie dort zu empfangen, da diese Konterrevolutionäre nicht an dem von der SINA organisierten Empfang anläßlich des 4. Juli teilnehmen konnten. Er organisierte am 2. Juli einen Empfang für die US-amerikanischen Staatsbürger und dann kurz vor seiner Abreise eine exklusive Veranstaltung für die Konterrevolutionäre. Was für eine Rede hielt er? Text der am 16. Juli 1999 gehaltenen Rede. Ich werde auch hier die wichtigsten Abschnitte vorlesen: "Willkommen zu unserer Feier anläßlich des 4. Juli. Ich möchte Ihnen gegenüber die Anmerkungen machen, die ich gegenüber den US-Staatsbürgern während unserer Feier am 2. Juli vortrug. Ich erachte es als wichtig, daß sie wissen, worin unserer Ansicht nach unsere Mission in Ihrem Land besteht. Einige Kollegen und ich verlassen Kuba in Kürze. In diesem Kontext müssen Sie diese Ansprache verstehen: Dies ist nicht nur der letzte 4. Juli des 20. Jahrhunderts, sondern möglicherweise auch der letzte 4. Juli, den einige von uns in Kuba verbringen werden - zumindest unter der momentanen Regierung. Unsere hier verbleibenden Kollegen fahren mit ihrer Anstrengung fort, um das kubanische Volk dabei zu unterstützen, einen friedlichen Übergang zur Demokratie in die Wege zu leiten. Das bleibt weiterhin der Kern unserer Mission. Doch jetzt, da wir die Zügel an ein neues Team übergeben, ist es von Nutzen, über unsere Ziele
nachzudenken. (...) Wir wollen Demokratie in Kuba, damit unsere Konsuln nicht unter der Prämisse arbeiten müssen, daß der größte Teil der Kubaner bei gesundem Verstand nichts besseres erstrebt als die Flucht aus dem eigenen Land. Wir wollen Demokratie in Kuba, weil wir unsere Küstenwächter nicht dabei sehen wollen, wie sie Wasserschläuche und Tränengas gegen Personen einsetzen, deren einziges Verbrechen darin besteht, zu versuchen, für sich selbst ein besseres Leben in Freiheit aufzubauen. Wir wollen Demokratie in Kuba, weil wir keine chaotische Situation hier sehen möchten" - diejenige, die sie selbst provozieren wollen -, "die uns mit einer Reihe von sozialen und militärischen Alternativen konfrontieren würde. Wir wollen Demokratie in Kuba, weil dieses Volk schlicht und einfach bereits genug gelitten hat. (...) Es ist Sache der Kubaner, ihre eigene Situation zu regeln. Doch genauso wie unsere Vorfahren Unterstützung aus dem Ausland benötigten, als sie um das demokratische Recht kämpften, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, so braucht das kubanische Volk unsere Hilfe und die Hilfe anderer, um dieses grundlegende Recht wiederzuerlangen. (...) So lassen sie uns bei der Feier anläßlich der Ankunft der Demokratie in unserem Land erneut darangehen, unseren kubanischen Kollegen dabei zu helfen, ihre Demokratie wiederzugewinnen. Obwohl dies meine letzte Feier zum 4. Juli vor der Beendigung meiner Mission in Kuba ist, kann ich Ihnen hier am heutigen Abend versichern, daß diejenigen, die mir nachfolgen, ihre Anstrengungen für die Respektierung der grundlegenden Menschenrechte in diesem schönen Land fortsetzen werden. Vielen Dank." Das ist die Ansprache. Gut, ich habe euch die Rede des Feldmarschalls Michael Kozak an seine Truppen im Moment des Abschieds vorgelesen, in der er seinen Untergebenen versicherte, daß alles gleich bleiben würde und daß seine Nachfolger das gleiche machen würden. Und das ist genau das, was geschieht. Also, wer war bei diesem Cocktail anwesend? Gut, es gab da einen gewissen Cocktail: Konterrevolutionäre Anführer - ich werde die Namen nennen: Elizardo Sánchez Santacruz Pacheco, Odilia Collazo, Lázaro Cuesta Morúa, Mario Julio Viera, Lázaro Cabrera, Gustavo Arcos Bergnes, und außerdem Néstor Baguer, Raúl Rivero, Marvin Herández, Ricardo González, Tania Quintero, Juan A. Sánchez, Jorge Olivera, Lázaro Rodríguez, María del Carmen Carro, Jesús Zúñiga, Manuel David Orrio, Oswaldo de Céspedes, Aurora del Busto, Luís García, Manuel Vázquez Portal, Armando Añel Guerrero, Claudia Vásquez, María de los Angeles González, Gilberto Figueredo, Manuel Brito, Mercedes Moreno, Omar Rodríguez Saludes, Mario Julio Viera, Carmelo Díaz, Pedro Pablo Ramos, Ramón Alberto Cruz, Adolfo Férnandez,, Juan Carlos González de Avila, begleitet von Maritza Calderón, Gustavo Rafael Rodríguez, Edel García, - aus Caibarién -, Ramón Humberto Colás, Berta Mexidor und Santiago Santana - aus Santiago de Cuba. Das bedeutet, daß er bei der Einladung seine bevorzugten Leute zusammenrief. Außerdem wurden 16 Presseagenturen eingeladen: CNN, AP, AP-TN, ABC, NBC, El Clarín, AFP, BBC, REUTERS, NOTIMEX, ANSA, EFE, El País, Financial Times, Proceso, TVE. Sie luden sie ein, ich beschuldige niemanden. Aber man kennt doch gut die Taktiken und die Kombinationen, denn das impliziert für die Korrespondenten fast eine gewisse beleidigende Art. Ich sage nicht, in aller Offenheit, daß einige wenige es nicht mit großem Vergnügen gemacht hätten, wobei ich niemanden beim Namen nennen will. Einige dieser wenigen, die eng mit der SINA zusammenarbeiten, sind sogar schon nicht mehr in Kuba. Ein wenig später werden
wir sehen, wie die Shows organisiert wurden. (Vertreter der drei Nachrichtenagenturen ANSA, REUTERS und NOTIMEX gaben an, daß sie nicht bei diesem Treffen anwesend waren, und es kann sogar andere geben, die ebenfalls nicht zugegen waren. Es handelt sich hier um die Liste der eingeladenen Nachrichtenagenturen. Er werden keine Namen von Reportern genannt. Man wollte niemandem Schaden zufügen oder ihn beschuldigen.) Das geschah bei der Verabschiedung seiner Truppen samt Anführern, auch wenn von letzteren nicht alle anwesend waren. Ich glaube, daß die Anführer auch an anderen Orten auftauchen. Das ist kein Problem, sie verteilen ziemlich viele Süßigkeiten, der Kontakt mit ihnen ist konstant. Ihr werdet einige Dinge sehen, bei denen man sogar in Lachen ausbrechen möchte. Gut, ich spreche vom 16. Juli. Jener Mann, den wir kennengelernt hatten - ich erzählte, daß es dort im State Department einen Mann gab, der wenigstens nachdachte und uns zumindest überzeugte, daß die Gefahr einer Beschlagnahmung des Flugzeuges reell war -, erläuterte die Dinge mit Respekt und mit ein wenig diplomatischem Talent, weshalb man einige Probleme lösen konnte. Ja, das angesprochene Problem fand eine Lösung, auch wenn die Angelegenheit mit der USA-Reise kompliziert war. Jetzt ist er nicht mehr auf seinem Posten, sie besetzten ihn mit jemand anderem. Es war auch bekannt, wer hierher kam und welche Eigenschaften die Dame haben würde, denn schon zu einem so frühen Zeitpunkt belästigte sie. Sie kam zu Besuch hierher, man kannte sie bereits und einige sagten, daß sie schlimmer sein würde als derjenige, der fortging. Selbstverständlich gibt es beim Thema Interessenvertretung kein agreement; dieses berühmte agreement wird nicht verwendet, sondern es ist schlicht und einfach das Land, welches den Ständigen Vertreter nominiert. Wenn es ein agreement gegeben hätte, hätten wir ihnen angesichts all der Informationen, über die wir verfügten, gesagt: Schlagen Sie bitte einen anderen oder eine andere vor. Nun gut, vielleicht setzen sie zehn ein und die zehn verhalten sich auf die selbe Weise und haben die gleichen Ideen. Ist gut, also diskutieren wir nicht darüber. Ich denke, daß wir sehr wohl das Recht haben, die Dinge in Ruhe beim Namen zu nennen, und das soll nicht bedeuten, daß wir die Dame zur persona non grata erklären, denn das hieße, Zeit zu verlieren, und man gewinnt nichts damit. Aber es ist sehr wohl gut, daß unser Volk erfährt, worin die Missionen bestehen. Das heißt, daß sie nicht nur hier sind, um Visa zu erteilen, sondern auch darum, um Krieg zu führen und unaufhörlich und offen gegen das Land zu konspirieren, wobei sie dies nicht verschleiern. Sie mußten also den Leiter der SINA auswechseln, hatten bereits einen anderen Chef des Büros für Kubanische Angelegenheiten als Ersatz für Herrn Ranneberger ernannt und Herr Hamilton hatte seine Mission beendet. Wenn der neue Chef des Büros bereits auf seinem Posten gewesen wäre, hätte man die Probleme von Baltimore nicht lösen können und alles. Sie schlucken es so und es gab noch andere Probleme zu lösen und viele praktische Angelegenheiten zu diskutieren. Vom 3. bis zum 9. August 1999 besuchte Charles Shapiro, der neue Chef des KubaBüros des State Departments, unser Land. Er kommt bereits als Chef des Büros hierher, während Kozak noch in der SINA war, denn er ging nicht sofort. Die neue Leiterin der Interessenvertretung war noch nicht da. Am 5. August um 15.30 Uhr - er war erst zwei Tage in Kuba - traf sich Shapiro mit einigen Anführern der konterrevolutionären Gruppierungen in der Residenz des Leiters der Interessenvertretung, Michael Kozak, an der außerdem der Sekretär für Presse und Kultur, Lawrence Corwin, der Zweite Sekretär des Büros für politische und wirtschaftliche Angelegenheiten, Víctor Vockerodt, und der Zweite Sekretär und Vizekonsul der besagten Institution, Mark Shaheen, teilnahmen - ich spreche die Namen mit meinem Englischstil aus -. Die teilnehmenden konterrevolutionären Anführer waren Elizardo Sánchez Santacruz Pacheco - der dort beim Empfang auch zugegen war , Oswaldo Payá Sardiñas, Odilia Collazo Valdés, Jesús Yánez Pelletier, Leonel Morejón Almagro,
Lucas Gálvez, Manuel David Orrio und Jesús Zúñiga. Es gibt hierbei einige, die sowohl beim 4. Juli-Empfang als auch bei diesem Treffen anwesend waren, nicht wahr? Acht Anführer, die Gruppe ist ein wenig ausgewählter. Während des Treffens interessierte sich Shapiro für die folgenden Aspekte: Aktuelle Situation der Repression und der Verletzung der Menschenrechte in Kuba; Wirtschaftliche Situation unseres Landes; Vorteile, die die Durchführung des 9. Iberoamerikanischen Gipfeltreffens für Kuba bringen könnte; Kriterium der Konterrevolutionäre bezüglich der ausländischen Investitionen, hauptsächlich der US-amerikanischen; Situation der konterrevolutionären Häftlinge in den Gefängnissen; Einfluß des subversiven Radios und Fernsehens auf die Bevölkerung; Funktionsweise der Regelungen zur selbstständigen Arbeit. Der Beamte des State Departments drängte die Anführer indirekt, ein paralleles Gipfeltreffen zum Iberoamerikanischen Gipfeltreffen zu organisieren, wobei er vorschlug, José Miguel Vivanco, Regionaldirektor für Nord- und Südamerika der Organisation Humans Right Watch, als Vermittler zwischen ihnen und den teilnehmenden Präsidenten einzusetzen. Das war am 5. August. Später, am 10. August, erschien auf einer Internet-Seite ein Artikel, der von dem "unabhängigen Journalisten" Manuel David Orrio unterzeichnet war, einem Teilnehmer an dem besagten Treffen und auch an dem vorherigen, dem er nicht als Chef beiwohnte, da er seine Berufskategorie trug. In dem Artikel mit dem Titel "Ein Treffen mit Charles Shapiro" wird ein Bericht über einige der bei dem Treffen behandelten Aspekte verbreitet, und zwar mit Betonung auf den von den Konterrevolutionären getätigten Darlegungen, wobei konkret das unter diesen vorherrschende und vermutlich den US-Amerikanern übermittelte Kriterium bezüglich der Zweckmäßigkeit der Aufhebung der Restriktionen von Geldüberweisungen und Reisen seitens der USA als Form der Einflußnahme auf die Entwicklung unserer Gesellschaft herausgehoben wurde. Mit dieser Position zu den Geldüberweisungen entfernten sie sich von dem traditionellen Standpunkt, der zwei Jahre zuvor von der Mafia in Miami und Vladimiro und seinen Spießgesellen vertreten wurde. Sie setzten nun ihre Hoffnungen in die politischen Auswirkungen solcher Geldüberweisungen inmitten der Spezialperiode. Bezüglich des parallelen Gipfeltreffens beschränkte sich der Artikel darauf, wörtlich folgendes wiederzugeben: "Einige Dissidenten sahen in der Ausrichtung des Iberoamerikanischen Gipfeltreffens eine Gelegenheit, um die Aufmerksamkeit auf die Situation der Menschenrechte in Kuba zu lenken. In diesem Sinn wurde die Möglichkeit analysiert, ein alternatives Gipfeltreffen zu den Menschenrechten zu veranstalten." Diese Frage war bereits zwischen allen Anführern und dem Leiter der Abteilung für Kubanische Angelegenheiten im State Department besprochen worden. Also, ich sagte, daß sich Frau Vicky Huddleston bereits früher aus Anlaß eines Besuchs im September 1992, der das Ziel hatte, eine Beseitigung der von USamerikanischen religiösen Institutionen geleisteten humanitären Hilfe in Form von Medikamenten zu erreichen, in der SINA mit einigen konterrevolutionären Anführern unterhielt, darunter Elizardo Sánchez Santacruz und Gustavo Arcos Bergnes, um deren Position angesichts der Verabschiedung des Torricelli-Gesetzes in Erfahrung zu bringen. Schaut, vor wieviel Jahren das war, vor sieben Jahren! Sie waren damals bereits in diese Abenteuer verstrickt. Nach ihrer Ankunft in Kuba am 30. September diesen Jahres führt sie einige anfängliche Aktivitäten durch, trifft sich mit den Leuten, unternimmt Nachforschungen und stattet bereits am 4. Oktober dem Leiter der NordamerikaAbteilung des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten (MINREX), Dagoberto Rodríguez Barrera, einen Höflichkeitsbesuch ab, wobei sie von dem ebenfalls kurz zuvor ernannten Ersten Sekretär für politische und wirtschaftliche Angelegenheiten der SINA, Jeffrey D´Laurentis, begleitet wird.
Während des Treffens besaß die Leiterin der SINA die Dreistigkeit - man kann es so nennen -, sich auf ihren kurze Zeit zurückliegenden Besuch in Miami zu beziehen, wo gemäß ihren Aussagen verschiedene Sektoren der kubanischen Gemeinschaft im Ausland darauf bestehen, daß es auf der Insel Änderungen geben muß - sie kommt hierher und gibt fast Befehle -, und zwar ohne die Präsenz des Comandante en Jefe, was von dem Beamten des MINREX zurückgewiesen wurde. Gut, sie sagte das und war noch nicht lange hier. Danach machte sie all das, was ich euch erzählte. Und als eine wichtige Angelegenheit gab sie im Anschluß an die große Schlacht im Zusammenhang mit dem Gouverneur in den Morgenstunden des 25. Oktober in ihrer Residenz ein Frühstück zu Ehren des Gouverneurs mit einer Einladung für... Gut, das erwähnte ich ja bereits. Der Gouverneur kam am 23. Oktober an. Am 25. Oktober - am selben Tag, an dem sie sich mit den Anführern treffen - veranstalten sie ein Meeting mit den konterrevolutionären Anführern Elizardo Sánchez Santacruz - der steckt überall mit drin -, Oswaldo Payá Sardiñas, Vicente Escobar, Gustavo Arcos Bergnes, Odilia Collazo, Jesús Yánez Pelletier, Mercedes Moreno und Manuel David Orrio. Einige Namen wiederholen sich. Eine weitere seltsame Sache war, daß sie am 28. Oktober 1999 eine Reise zur Überwachung der Behandlung von Bootsflüchtlingen in der Provinz Matanzas unternahm. Ihr wißt, daß die kubanische Seite im Einklang mit den dem Migrationsabkommen nachfolgenden Gesprächen und mit dem Ziel der bestmöglichen Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen Funktionären der SINA etwas gewährte, was nicht Bestandteil der unterzeichneten Vereinbarungen ist, nämlich Möglichkeiten zur Überprüfung der Art und Weise, wie Kuba die entworfene Politik bezüglich der auf die Insel zurückgebrachten illegalen Auswanderer umsetzt. Dieses gutem Willen entspringende und bis zur Schaffung eines Vertrauensklimas vorübergehende Privileg, das der SINA gewährt wurde, diente auch der Kontaktaufnahme und Aktivitäten anderer Art, somit also als Überwachung und gleichzeitig Kaperbrief für Verschwörungen und Kontaktaufnahmen zu anderen Zwecken. Gerade jetzt müssen wir mehr als je zuvor sicher sein, daß es ausschließlich die Überwachung gibt, und wenn Alarcón hier wäre, könnte er eine bessere Erklärung abgeben zu dieser Frage, die nicht Bestandteil der Vereinbarungen ist. Denn es ist bereits zur Genüge bewiesen worden, daß wir die Vereinbarungen einhalten und daß diejenigen Dinge, zu denen wir uns in den Vereinbarungen verpflichten, rigoros eingehalten werden. Und das kann keine ewige Überwachung sein, und zwar vor allem dann, wenn es eine ewige Verschwörung gibt. Am 28. Oktober führte die Leiterin der SINA also eine Reise zur Überwachung der Behandlung der Bootsflüchtlinge in der Provinz Matanzas durch, in Begleitung von Patricia Murphy und Jaime González. Diese Aktivität hatte zuvor noch kein anderer Leiter der SINA unternommen. Es ist etwas neues. Am 29. Oktober 1999 wurde Vicky Huddleston von Dagoberto Rodríguez, Leiter der Nordamerika-Abteilung unseres Außenministeriums, einbestellt, um ihr das Unbehagen der kubanischen Behörden angesichts der von ihr während der Verabschiedung des Gouverneurs von Illinois auf dem Flughafen eingenommenen Haltung mitzuteilen. Die Leiterin der SINA erschien zu der Unterredung in Begleitung ihres Stellvertreters John Boardman. Der Beamte des MINREX erläuterte der Leiterin der SINA, daß ihr unangebrachtes Hereinplatzen in den Saal, in dem der Präsident des Kubanischen Parlaments gerade den Gouverneur verabschiedete - sie platzte auf eine ungebührliche Weise hinein -, von den kubanischen Behörden als unangemessen, respektlos, beleidigend und unakzeptabel angesehen wurde, und zwar nicht nur gegenüber dem Genossen Ricardo Alarcón de Quesada, sondern auch gegenüber allen kubanischen Behörden. Sie drang dort gewaltsam ein, indem sie andere Personen wegschob. Ihr wurde erläutert, daß es protokollarische Regeln gibt, die für alle diplomatischen Missionen gleichermaßen gelten und von diesen auch immer respektiert wurden,
einschließlich von der SINA selbst im Fall der vorhergehenden Leiter. Ebenso wurde ihr mitgeteilt, daß wir nicht bereit sind, eine Wiederholung eines solchen Benehmens zu erlauben, wobei ihr geraten wurde, zur fachspezifischen Beziehung zwischen der SINA und dem MINREX zurückzukehren. Man gab ihr zu verstehen, daß die Regeln in Kuba von unseren Behörden festgesetzt werden, wie es überall auf der Welt der Fall ist. Vicky Huddleston versuchte sich zu rechtfertigen, indem sie ausführte, daß der Gouverneur von Illinois sie um ein Gespräch gebeten habe und daß man sie informiert habe, daß Ryan nach seiner Ankunft am Flughafen direkt zur Maschine gehen würde. Sie fügte hinzu, daß man über die Visa für die zwei Kinder sprechen wollte, die mit ihm reisen sollten. Sie behauptete, daß sie nichts von der Verabschiedung gewußt habe und daß die Genossen Sicherheitsbeamten ihr den Einlaß verwehrt hätten, weswegen sie sich den Weg bis zum Gouverneur erzwang, ohne dabei zu wissen, daß sie dabei auf den Präsidenten des Kubanischen Parlaments treffen würde. Sie erklärte, daß ihr Verhalten korrekt gewesen sei und daß es die Genossen Sicherheitsbeamten gewesen wären, die auf eine unkorrekte Art und Weise gehandelt hätten. Im Folgenden führte sie aus, daß es keine Zusammenarbeit der kubanischen Behörden mit der SINA während des Besuch des Gouverneurs gegeben hätte und daß sie unser Kriterium, gemäß dem ihr Verhalten unangemessen sei, nicht akzeptiere. Ebenfalls sagte sie, daß der Gouverneur nicht das eingehalten habe, was er als Ziel seiner Reise angegeben hatte, als er die Erlaubnis der US-Regierung beantragte, denn er habe sich nicht auf die humanitäre Arbeit beschränkt, sondern auch von Geschäften gesprochen. Sie fügte hinzu, daß im Falle neuerlicher Besuche in der Zukunft, deren Möglichkeit sie in Zweifel stellte, sichergestellt werden müsse, daß die im Antrag zur Reiseerlaubnis enthaltenen Ziele erfüllt würden. Sie greift den Gouverneur an. In bezug auf diese Angelegenheit erläuterte ihr der Beamte des kubanischen Außenministeriums, daß wir kein Interesse daran haben, uns in die Entscheidungen der US-Regierung oder in ihre Manöver einzumischen, mit denen das Recht ihrer Bürger, Kuba zu besuchen und sich mit jeder gewünschten Person zu treffen, eingeschränkt wird. Und wenn sie Beschwerden bezüglich der Haltung des Gouverneurs hätten, sollten sie sich an diesen wenden, denn es würde sich um ein Problem zwischen der US-Regierung und einem Bürger jenes Landes handeln, wobei der Leiterin der SINA klargemacht wurde, daß wir der Delegation nicht unsere Interessen aufzwangen, sondern den Besuchern anboten, das zu sehen und zu unternehmen, was sie als Wünsche äußerten. Bezüglich ihres Kommentars über die Notwendigkeit der Zusammenarbeit bei zukünftigen Besuchen erklärte ihr der MINREX-Beamte, daß eine solche Zusammenarbeit nur dann möglich sein wird, wenn sie ihre Politik ändern und die Absicht haben, daß diese Änderungen zur Verbesserung der Beziehungen beitragen. Doch solange sie ihre momentane Position der Störung und Konditionierung aller Kontakte aufrechterhielten, wäre es töricht, mit einer Politik zusammenzuarbeiten, die den Interessen Kubas entgegenläuft. Auf sarkastische Weise erklärte Vicky Huddleston, daß sie eine Entschuldigung unserer Seite für die Form, in der wir den Kontakt der SINA mit dem Gouverneur gestört hätten, erwartet habe und stattdessen einen Vortrag über ihr Verhalten bekommen hätte. Außerdem übergab sie eine Note, in der sie ihre Version des Vorfalls mit den Kindern, die mit dem Gouverneur reisen sollten, und deren Visa, sowie die angebliche ungebührliche Behandlung, die sie auf dem Flughafen von Seiten der kubanischen Beamten erhalten habe, schildert. Der Genosse Dagoberto Rodríguez wiederholte ihr gegenüber, daß man in Übereinstimmung mit der Tatsache gehandelt habe, daß die Entscheidung der USBehörden für die Aufnahme der Kinder bestand und daß die Kürze der Zeit zwischen
der Ausstellung der Reisepässe und dem Abflug dafür verantwortlich gewesen sein könnte, daß sie ohne Visa auf dem Flughafen erschienen, wobei kein Grund bestand, der SINA Schwierigkeiten zu verursachen, was seiner Ansicht nach bei einem vorhergehenden Gespräch mit der Leiterin der SINA klargeworden war, wenn er auch aufgrund des Beharrens der Diplomatin auf der Angelegenheit bemerkt habe, daß sie die Absicht verfolge, daraus ein größeres Problem zu fabrizieren, während sie gleichzeitig wußte, daß permanent Mörder, Verbrecher und Flugzeugentführer ohne Visa und Reisepässe auf das US-Staatsgebiet gelangten und dort mit offenen Armen empfangen würden. Der Genosse Dagoberto verdient wirklich einen Glückwunsch für die Offenheit, mit der er der Dame antwortete. Wollt ihr etwas sagen? Wir haben über das Benehmen gesprochen. Nidia Díaz: Ja, und davon, wie sie versuchen, mit diesem parallelen Gipfeltreffen Sabotage zu betreiben, und all das, was sie zu machen versuchen. Fidel Castro: Ich habe hier ein anderes interessantes Schreiben, ich werde versuchen, mich zu beeilen. Nun gut, jetzt wird dort der Krieg gegen den Gouverneur geführt. Ich werde etwas vorlesen, das euch interessieren wird, vielleicht spreche ich von der Einmischung. Wie ich euch bereits erzählte, machen sie nichts anderes, als Verschwörungen anzuzetteln und Probleme jeder Art zu schaffen, es ist fast schon eine Tradition. Ich werde ein weiteres Beispiel dafür anbringen, wie sie dauerhaft an Provokationen arbeiten. Es gibt einen ziemlich provozierenden Herren, der meiner Ansicht nach halbwegs geistig verwirrt ist - ich sage das ganz offen - aufgrund der Dinge, die er macht, der Spektakel, die er inszeniert, und der Streitigkeiten, die er mit seinen eigenen Leuten hat. Das was dieser Mann vielleicht braucht, ist eine psychiatrische Behandlung. Ich sage das nicht, um ihn zu beleidigen, und ich sage das ganz offen. Dieser Herr gehört zu denen, die auf einer Linie mit der SINA arbeiten und selbstverständlich gute Beziehungen zu dieser hat, was die Tatsachen beweisen. Dieser Herr kam zusammen mit anderen - es handelt sich um ein Individuum, das ständig provoziert -auf die Idee, ein "Fasten" zu organisieren, ein mit breiter Publicity versehenes "Fasten", das sie sogar noch ausweiten wollten und das am 7. Juni 1999 um 10.15 Uhr begann. Sie befanden sich in einem Haus dort in Lawton - das hat mit dem Schildchen zu tun, das jener Provokateur bei dem Baseballspiel in Winnipeg hochhielt und auf dem die Aufschrift 'Lawton' zu lesen war -, bei alldem erkennt ihr selbstverständlich viel Publicity, und wir beobachteten, was der Mann wollte und welche Pläne er hatte. Warum gingen dort einige bestimmte Leute hin? Weil es eine offene Provokation war, um zu sehen, ob wir uns provozieren lassen würden, es war diese Art von kleinen Fallen, die sie aufgestellt hatten, mit einigen anderen mehr, in der Wohnung von Migdalia Rosado Herández in Lawton. Zwischen 10.15 Uhr und 12.00 Uhr begeben sich einige Korrespondenten der hier akkreditierten ausländischen Presse an den Ort. Ich kritisiere das nicht, wie ich hier in diesem Fall nochmals wiederhole. Sie arbeiten auf diese Weise, wenn eine Information wie die folgende erscheint: "Da gibt es einen dicken Fisch, gewaltig, die Welt wird untergehen. Geht zu jener Wohnung, wir laden Euch ein." Sie waren dort. Die Presseagentur Notimex bezog sich auf die Durchführung des "Fastens". Angel Pablo Polanco Terrejón von der sogenannten "Kooperative der unabhängigen Journalisten" - ich weiß nicht, ob der in ihrer Liste ist - ist dafür zuständig, die Nachricht über die Durchführung des "Fastens" in den verschiedenen ausländischen Presseagenturen zu verbreiten. An jenem Abend reichte Elsa Morejón Herández, die Ehefrau von Biscet, den "Fastenden" Milch, Schokolade, Instanterfrischungsgetränke, Früchte und eine Brühe mit 20 Hühnerbrühwürfeln. Das war der Tag, an dem das "Fasten" begann. Roberto Rodríguez Aragón, Anführer - es ist der 8.6.99, alles war dort bereits koordiniert - der "Patriotischen Junta" in Miami, versicherte, daß sie zusammen mit anderen Mitgliedern dieser Organisation ein vierzigtägiges "Fasten" als Zeichen der
Unterstützung für Biscet González beginnen würden. Das muß wohl ein "Fasten" gewesen sein, ich stelle es mir vor, mit Filetsteak und unzähligen Sachen, denn das fand dort in Miami statt. Schon begannen also die Besuche von verschiedenen Nachrichtenagenturen und anderen Leuten. Das war am 8. Juni. An diesem Tag hatten sie keine festen Nahrungsmittel zu sich genommen, aber sehr wohl Rindfleischbrühe, Kakao, Eis, Jogurt und Instant-Erfrischungsgetränke konsumiert. Ebenfalls hatten sie die Absicht, später Orangen und andere Früchte zu essen. Es war der zweite Tag des "Fastens". 9. Juni: In den vergangenen drei Tagen hatten sie Instant-Erfrischungsgetränke, Eis, Kakao, Jogurt, Orangen und Mangos zu sich genommen. 10. Juni: Sie frühstückten Kakao und konsumierten danach alle zwei Stunden abwechselnd Erfrischungsgetränke, Eis und Säfte. Es waren alle zwei Stunden, man kann sogar etwas über den Zeitplan lesen (Lachen). Die Nachrichtenagenturen, die seit Beginn des "Fastens" darüber berichtet haben, sind diese, diese und diese, und ich werde die Namen nicht nennen. Das hier ist kein Krieg gegen die Nachrichtenagenturen, vielmehr geben wir einige Daten bekannt, die sie vielleicht nicht kennen und wir kennen das komplette Menü seit dem ersten Tag. Eine Nachrichtenagentur, die ich in diesem Fall nennen werde, da es sich um eine internationale Meldung handelt - es ist die Agentur EFE -, gab bekannt, daß die Kongreßabgeordneten Ileana Ros und Lincoln Díaz-Balart im Plenum des Repräsentantenhauses Erklärungen zur Unterstützung der "Fastenden" abgaben und dieses Parlament drängten, eine Solidaritätsbotschaft mit diesen abzusenden. 11. Juni: Sie frühstückten Kakao und nahmen weiterhin alle zwei Stunden Säfte, Erfrischungsgetränke und Eis zu sich. In diesem Stil geht die Auflistung weiter. 14. Juni: Um 5.00 Uhr frühstückten sie in aller Frühe, um zu verhindern, daß die Presse sie beim Essen sieht. Danach fuhren sie damit fort, alle zwei Stunden Nahrung zu sich zu nehmen. So geht es weiter, es wäre endlos. 16. Juni: Eine befreundete Nachrichtenagentur - nicht unsere Freunde, sondern diejenigen der SINA - kommentierte in bezug auf die von den "Fastenden" am 14. Juni veranstaltete Pressekonferenz, daß "es ein ungewöhnlicher Akt der offenen Herausforderung von seiten der kubanischen Dissidenten war. Sie klagten die Castro-Regierung an, eine totalitäre Diktatur zu sein, verantwortlich für einen geplanten Völkermord an den politischen Gefangenen und interessiert daran, das Land in ein Konzentrationslager für alle Kubaner zu verwandeln." Sie haben die Nachricht verbreitet. So geht es an diesem Tag weiter. Sie nahmen weiterhin Hühnerbrühe, Milch mit Vitaminzusatz und Joghurt zu sich. Um 21.00 Uhr aßen sie eine Kraftbrühe. Am nächsten Tag konsumierten sie weiterhin Milch mit Vitaminzusatz, Joghurt, Hühnerbrühe, Erfrischungsgetränke und Saft mit Spirulin-Pulver. Wie ihr wißt, ist Spirulin ein Produkt, daß viele Proteine enthält, etwa 70 %. 18. Juni: Pressekonferenz. Etwa 26 Personen nahmen teil, darunter der Zweite Sekretär und Vizekonsul der SINA, Mark Shaheen. Etwas von Interesse: Am 27. Juni nahmen sie Kuhmilch mit Vitaminen, Saft und Brühe zu sich. Eine Person, die mit Horacio Salvador García Cordero, einem Vorstandsmitglied der berühmten Kubanisch-Amerikanischen Nationalstiftung (FNCA), in Verbindung steht, übergab 500 Dollar an Elsa Morejón, Ehefrau von Biscet, die für die "Fastenden" bestimmt waren. Das war am 27. Juni. Sie erhielten verschiedene Geschenke, verschiedene Dinge. Es waren unterschiedliche Produkte, die einige mitbrachten, die aus Miami kamen. Darunter war auch das eine oder andere kleine Geldgeschenk. Am selben Tag übergab Ohalys Víctores Iribarri Herrn Biscet 140 Dollar, die ebenso von einem Mitglied der FNCA geschickt worden waren, nämlich von Alina Garrido. Diese Lieferung beinhaltete auch einige Dosen mit vitaminhaltigem Erfrischungsgetränk.
Es gab Besuche von verschiedenen Anführern, die kamen und gingen, und die Bevölkerung beobachtete das Ganze. Am 30. Juni geht das Ganze im gleichen Stil weiter, ich werde euch das jetzt nicht Tag für Tag aufzählen, bis zum 17. Juli, an dem das "Fasten" zu Ende ging. Um 5.15 Uhr dieses Tages kam ein Auto und die "Fastenden" schafften ihre Sachen in das Fahrzeug, darunter drei Klappbetten und drei Kopfkissen. Zu dieser Stunde, um 6.00 Uhr, las Biscet einige Psalmen vor und sagte, daß Migdalia Rosado, Odalys Víctores und Rolando Muñoz Yyobre bereits keine Miglieder der Lawtoner Stiftung für Menschenrechte mehr seien, da sie Disziplinlosigkeiten begangen und Besucher schlecht behandelt hätten; außerdem wolle man mit ihnen in persönlicher Hinsicht nichts mehr zu tun haben. Unmittelbar danach fuhr er im Pkw weg. Lázaro Torres León und Joaquín Rafael Martínez Rodríguez verließen den Ort zu Fuß. Von der ausländischen Presse war niemand anwesend. Sie waren es bereits überdrüssig. In der Wohnung blieben Migdalia Rosado und Muñoz Yyobre zurück. Rolando Muñoz Yyobre verläßt das Haus um 6.20 Uhr. Nun gut. Interessante Angaben, nicht wahr? In Ordnung. In diesen vierzig Tagen erhielten die "Fastenden" Besuch von 54 Korrespondenten von 21 ausländischen Agenturen - unterschiedliche Korrespondenten; einige kamen mehr als einmal - und von fünf Beamten der Interessenvertretung der Vereinigten Staaten. Diese waren: Am 8.6.1999, das heißt am Tag nach dem Beginn des Fastens, stattete Thimothy Zúñiga Brown, zu jenem Zeitpunkt Erster Sekretär der SINA, der Wohnung einen Besuch ab. Am 18.6.1999 nahm Mark Shaheen, Zweiter Sekretär und Vizekonsul der SINA, an der Pressekonferenz teil. Am 24.6.1999 findet der Besuch des damaligen Leiters der SINA, Michael Kozak, und des Zweiten Sekretärs und Vizekonsuls der SINA, Mark Shaheen, statt. Am 30.6.1999 besucht Marisela Kramer, zu jenem Zeitpunkt Mitarbeiterin der SINA, den Ort. Am 15.7.1999, das heißt, schon kurz vor Beendigung dieser Sache, erscheinen Michael Kozak, Leiter der SINA, und Víctor Vockerodt, Zweiter Sekretär der Vetretung für Wirtschafts- und politische Fragen. Das waren die Hauptbesucher. Mehr Namen wollte ich nicht nennen. Hieran könnt ihr sehen, wieviele Leute der Welt glauben machen wollten unfreiwillig, denn die Tagesration war ihnen unbekannt -, daß es Leute im Hungerstreik gab. Natürlich seht ihr, wer ihre Besucher waren. Noch eine kleine interessante Angabe, die tägliche Kalorienaufnahme der "Fastenden": 4 017,18 Kilokalorien. Ich glaube, daß nicht einmal die Gewichtheber so viel verzehren, obwohl sie unermüdlich am Werk waren und ungeheuer schufteten. Proteine: 262,27 Gramm. Es ist berechnet worden, daß 80 Gramm Proteine mehr als ausreichend sind. Fett: 111,82 Gramm Kohlenhydrate: 597,93 Gramm. Hier nun das Menü mit dem Kaloriengehalt. Hinsichtlich der verzehrten Menge und des Kaloriengehalts jeder einzelnen Speise werde ich hier nicht weiter ins Detail gehen. Hier haben wir auch die annähernden Werte des von den "Fastenden" aufgenommenen Energiegehalts, die Auflistung der aufgenommenen Nahrung, die Normen dazu, alles liegt vor, die Uhrzeit der Nahrungsaufnahme - wenn Ihr wollt -; das ist dann das letzte, was ich dazu sagen werde: 6.00 Uhr-Kakao 9.00 Uhr-Joghurt 10.00 Uhr-Hühnerbrühe aus Würfeln 12.00 Uhr-Mangosaft
15.00 Uhr-Mangosaft 17.00 Uhr-Instant-Erfrischungsgetränk 17.30 Uhr-Fischbrühe 19.00 Uhr-Mangosaft 20.00 Uhr-Kraftbrühe 23.00 Uhr-Kraftbrühe Hier liegt auch die Nahrungsaufnahme jedes einzelnen vor. Ihr Blutdruck war ausgezeichnet: 120 zu 80, 110 zu 70, mehr oder weniger. Ja, hier habe ich die Angaben für jeden einzelnen. Einer hatte 100 zu 60 und ein weiterer 110 zu 70. Gesagt werden muß noch, was die Kraftbrühe enthielt. Es war eine Art Eintopf mit Fleischeinlage. Eintopf Nr. 1 und Eintopf Nr. 2. Einer für 20.00 Uhr und der andere für 23.00 Uhr. Der für 20.00 Uhr enthielt Schweinefleisch, Rindfleisch, Huhn und etwas mehr. Der andere war etwas leichter, denn er war für einen späteren Zeitpunkt gedacht. Er enthielt kein Hühnerfleisch, doch alles andere auch. Die Welt hat sicher die Geschichte der "Fastenden" geglaubt. So war also der Betrug, die Lüge, die Intrige. Es bleibt nicht mehr viel zu sagen, doch einiges lohnt sich schon. Also, wir sprachen über die Pläne, nicht wahr? Was den jetzigen Zeitpunkt anbelangt, haben wir in bezug auf das Gipfeltreffen aus zuverlässiger Quelle erfahren, daß Vorstandsmitglieder der Kubanisch-Amerikanischen Nationalstiftung versichert haben, jene Organisation sei bereit, Millionen Dollar in einen Plan zu investieren, der darin besteht, die Kräfte der "internen Dissidenten" und der kubanischen Katholischen Kirche zu potenzieren - dabei wird präzisiert, daß sie ihre Arbeit nachdrücklich auf den Erzbischof von Santiago de Cuba, Pedro Meurice Estiu, sowie auf die konterrevolutionären Rädelsführer Oswaldo Payá Sardiñas und Elizardo Sánchez Santacruz Pacheco konzentrieren - mit dem Ziel, sie in einem Block zu vereinen, der in der Lage ist, eine Petition abzufassen oder eine Provokation auszulösen und daß davon die auf dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs anwesenden Präsidenten Kenntnis erhalten. Wir klagen hier weder Maurice noch die katholische Kirche an. Wir prangern lediglich die seit Monaten ausgetüftelten Ideen und Pläne der kubanisch-amerikanischen Terroristenmafia an. Wir haben bereits Bemühungen des Herrn Elizardo bei verschiedenen Botschaften angesichts des Gipfeltreffens feststellen können. Der Vorsatz besteht darin, alle auf der Gipfelkonferenz anwesenden Präsidenten zu ersuchen und von drüben seitens des State Departments und von hier seitens der SINA, sekundiert von diesen Leuten, unter Druck zu setzen, um bei ihnen das an Ryan praktizierte Rezept anzuwenden: ein Treffen mit diesen "außerordentlichen Patrioten und unübertrefflichen Verfechtern von Demokratie und Menschenrechten". In diesem Sinne ist es der Mühe wert hervorzuheben, daß sie dabei eine Taktik anwenden - die bereits nicht mehr von der Stiftung, sondern von der USamerikanischen Regierung stammt -, indem jetzt Belohnungen in Mode gekommen sind, einige davon recht "gepfeffert". Einige davon sind wie die Prämien der Landeslotterie, als es die hier noch gab, das komplette Los, und zwar für ihre Schriften! Natürlich wird darunter kein kubanischer Schriftsteller sein, kein echter Journalist, kein Patriot wie jene, mit denen wir uns gestern trafen, oder jene, die Mittelamerika, Haiti und all diese Regionen bereisen oder irgendwo auf der Welt die kubanischen Ärzte besuchen. Diese erhalten keinerlei Preis weder von der SIP (Interamerikanische Gesellschaft für Pressewesen) noch sonstwem. Diese Preise sind jetzt die neue Methode der Geldaushändigung. "New York, am 28. September (AFP). Der kubanische Journalist Raúl Rivero, der am Mittwoch von der Columbia-Universität im Rahmen der Verleihung des angesehenen María Moors Cabot-Preises geehrt werden sollte, wird nicht anwesend sein können, da Kuba seinem Ausreiseantrag nicht stattgegeben habe, wurde am Dienstag in New York bekanntgegeben." Was wollten sie denn? Daß wir Daumen lutschen, ihnen noch Applaus spenden und
vielleicht gar das Flugticket bezahlen? "...Er erhielt von der Universität eine besondere Auszeichnung in Anerkennung seiner 'Reportagen als Freischaffender in einem Klima der Verfolgung, Verhaftungen und Bedrohungen seitens der Regierung", heißt es in einem Kommuniqué. Der Dekan der Fakultät für Journalistik der Columbia-Universität, Tom Goldstein, brachte seine 'Enttäuschung' angesichts der Ablehnung der New York-Reise Riveros durch die kubanische Regierung zum Ausdruck." Ein Preis, danach Agenturmeldungen, und zwar mehrere, eine starke Verbreitung dieser ganzen Angelegenheit, Lobreden in bezug auf das alles. Die Regierung Kubas hält annähernd 100 freiberuflich tätige und halbillegal arbeitende Journalisten unter scharfer Beobachtung, und als häufige Repressalie entzieht sie ihnen den Telefonservice, verkündete heute die Interamerikanische Gesellschaft für Pressewesen (SIP) mit Sitz in Miami." Es erschien also erneut die berühmte SIP auf der Bildfläche, die Organisation der Besitzer, der Arbeitgeber, der Herren der Presseorgane - also erneut -, die mit ihren reaktionären Kampagnen und ihren verdeckten Lügen vom ersten Tag des Sieges der Revolution an so viel zu schaffen gemacht hat; ein gewisser Dubois, der damals der Krösus dieser Institution war. Diese hat ihren Sitz in Miami. Nie hat sie gegen die gegen Kuba verhängte verbrecherische Blockade ihre Stimme erhoben. Nie hat sie auch nur ein einziges der an unseren Völkern begangenen Verbrechen angeklagt. Am 13. Oktober eine weitere Mitteilung: "Magalys de Armas, die Ehefrau von Vladimiro Roca, der seit zwei Jahren wegen aufrührerischer Umtriebe in Haft ist, reist am morgigen Donnerstag in die Vereinigten Staaten, um einen Preis in Empfang zu nehmen, den die Interamerikanische Gesellschaft für Pressewesen (SIP) ihrem Ehemann verleiht, wurde heute hier mitgeteilt. Ileana Someillán, Sprecherin der sogenannten 'Gruppe der Vier', äußerte, es werde Chuny Montaner sein, der im Ausland fungierende Vertreter von Martha Beatriz, René Gómez und Félix Bonne, alle drei Gefährten von Roca, der den Preis der SIP im Namen dieser drei Systemgegner in Empfang nimmt. Sie sagte, dem Programm der Preisverleihung vom 15. - 20. dieses Monats im Rahmen der Tagung der SIP entsprechend, werde der Präsident der Vereinigten Staaten, William Clinton, die Statuetten überreichen in Anerkennung der von den 'sozialen Kämpfern' auf der Insel geleisteten Tätigkeit. Sie rief ins Gedächtnis, daß vor drei Monaten die Jury der SIP den Preis für 'Redefreiheit' der "Arbeitsgruppe der internen Dissidenten" in Kuba verlieh. Dieses ist der zweite Preis, den die sogenannte 'Gruppe der Vier' erhält, denn die Kubanisch-Amerikanische Nationalstiftung verlieh ihr bereits einen im ersten Halbjahr dieses Jahres, den gleichen, den José Angel Izquierdo im Namen dieser Oppositionellen erhielt." Zwei, einer von der Stiftung und ein weiterer von der SIP, wurden verliehen. Es erscheinen also bereits drei Preise auf der Bildfläche. Das alles jetzt im September und im Oktober, sie haben das alles so für den Vorabend der Gipfelkonferenz eingerichtet. Weiter vorn heißt es: "Die von der Regierung der Gattin Rocas erteilte Genehmigung für einen Aufenthalt in den Vereinigten Staaten von mehr als einem Monat betrachtete die Opposition als ein Manöver, sie vor der im kommenden November hier stattfindenden IX. Iberoamerikanischen Gipfelkonferenz aus dem Land zu entfernen." Es war natürlich keine Genehmigung erteilt worden und als sie meinten, die Erlaubnis läge vor, schrieben sie es dem Vorwand zu, sie vor dem Gipfeltreffen aus dem Land zu holen. Hier ist im allgemeinen eine Genehmigung nicht gleich der anderen; und man hat sie ihr bei anderen Gelegenheiten erteilt. Sie bekam sie normalerweise immer. Nun gut, aber diesmal war alles eine großartig organisierte Show mit Statuette und Beiwerk des ehrenwürdigen Herrn Präsidenten der Vereinigten Staaten. Als nun all das klar abzusehen war, wurde der Ausreiseantrag eben abgelehnt. Jawohl, er wurde abgelehnt. Am 13. Oktober eine weitere Agenturmeldung: "...Die kubanischen Behörden
verweigerten Elizardo Sánchez, dem Vorsitzenden der Kubanischen Kommission für Menschenrechte und Nationale Versöhnung die Ausreisegenehmigung für diese Woche nach Prag, wohin ihn der tschechische Präsident Václav Havel eingeladen hatte. Sánchez wies darauf hin, daß die Ablehnung durch die kubanischen Behörden eine 'willkürliche' Verletzung der Allgemeinen Erklärung über die Menschenrechte darstellt." Das ist eine Lüge von der Größe des Kapitols! Es war eine Verzögerung in der Angelegenheit eingetreten. Es gab X Probleme zwischendurch. Auch hat man sich beraten. Er war bereits mehrere Male ausgereist. Jetzt will ihn also Herr Vaclav Havel empfangen? Aha, sehr gut. Ja, erteilt ihm die Erlaubnis. Diese Befragung galt mir, jawohl, und ich sagte: Ja, er soll reisen. Normalerweise verläßt er das Land und kehrt zurück. Auch dieses Mal erhielt er die Erlaubnis. Er mußte an einem Dienstag dort sein. Im Morgengrauen von Samstag zu Sonntag fällt mir fast rein zufällig jenes Papier in die Hände. Es war ja auch nicht gerade die passende Uhrzeit für diese Art Papier. Es war im Morgengrauen des Sonntags. Ich telefonierte mit der Genossin unseres Büros. Sie war zu Hause und ich sage zu ihr: "Sieh mal, jetzt erst stoße ich auf das Papier, und es wird dann so aussehen, als hätte man wohlüberlegt die Erlaubnis verweigert. Sieh einmal nach, was ihr hier tun könnt, wie Ihr die Fragen des Flugtickets, der Flugbuchung und all diese Dinge klären könnt." Und die Genossen, die mich konsultiert hatten - es waren die Genossen des Ministeriums des Innern-, fragte ich, was sie tun konnten, wie sie ihn ausfindig machen konnten, damit alles in fast nur zwei Stunden erledigt wäre. Die Genossen des Ministeriums konnten ein Flugticket für 17.00 Uhr besorgen. Sie bestellten ihn zum Gespräch. Da sagte er: "Nein, jetzt nicht, denn das wird für mich jetzt schon etwas zu spät. Ich ziehe vor, es jetzt zu unterlassen, denn ich habe irgendwelche anderen Sachen zu erledigen." Er hätte am Montag rechtzeitig in Prag zu dem Treffen sein, sprechen, danach das tun, wozu er Lust hatte und zurückkommen können, wann er wollte. Mehrmals schon ist diese berühmte Persönlichkeit so verfahren. Doch zwei Tage später erscheint eine Agenturmeldung, in der dieser Herr dem Korrespondenten gegenüber vorbrachte, er sei nicht geflogen, da er von der Regierung keine Genehmigung bekommen habe. Da hat er eine faustdicke Lüge ausgesprochen. Er hatte das Flugticket, und er hatte die Genehmigung. Ich glaube, daß er dieses im letzten Augenblick verfaßte Schreiben mit Beantragung der Ausreise an mich gerichtet hat. Wurde dieses Schreiben nicht an mich gerichtet? Wurde es nicht im Palast abgegeben? Und ich habe es erst drei oder vier Tage später gelesen. Ich weiß nicht; es waren einige Tage vergangen. Es war im Morgengrauen von Samstag auf Sonntag, und ich habe mich um die Lösung des Problems bemüht. Danach äußerte er die haushohe Lüge. So sind sie, diese "Gentlemen". Hier in der gleichen Agenturmeldung wird wiederholt, daß Rivero keine Erlaubnis erhielt. Es wird erneut auf den Preis Bezug genommen, den die Vier erhalten sollten. Auch wird die Statuette erwähnt. Es gibt eine ganze Menge Agenturmeldungen zu dem Thema. Wie reden sie über diese Herren? Aha, sie seien "Gewissensgefangene". In jeder dieser Meldungen heißt es "Gewissensgefangene", "Dissidenten"; "Gewissensgefangene", ja, seelenruhig sage ich, sie sind "Gewissensgefangene", und zwar absolut sui generis. Zu diesem Thema werdet Ihr euch an den Leitartikel der Zeitung Granma erinnern, in dem erklärt wurde, wer die "Dissidenten" und die "Gewissensgefangenen" in Kuba sind. Zum Thema wurde sich umfassend unter Vorbringung sämtlicher Argumente geäußert. Nun wiederholen und wiederholen und wiederholen sie, daß sie "Gewissensgefangene" sind. Es sind ein paar ganz besondere "Gewissensgefangene", die an alle in Kuba investierenden Unternehmer schrieben, ihnen drohten und mitteilten, was ihnen passieren würde. Bereits vorher hatten die
Leute der Stiftung und eine Gruppe von Terroristenorganisationen die Orientierung gegeben. In einem Schreiben vom 10. April 1997, verfaßt in Havanna, unterzeichnet von den Vier und versandt an alle in Kuba investierenden ausländischen Unternehmer, wird diesen mitgeteilt: "In einer immer kürzer werdenden Frist wird es in unserem Land zu einem Übergang in Richtung Demokratie kommen. Es empfiehlt sich daher, Maßnahmen einzuleiten, anhand derer vermieden wird, daß in jener nahen Zukunft die gegenwärtige Kapitalinvestition als eine Form der Mittäterschaft bei der Verursachung der Mißstände angesehen werden kann, die die leidgeprüfte kubanische Bevölkerung ertragen muß." Das zweifach blockierte Land in voller Spezialperiode, und diese "Gewissensgefangenen" schreiben unter Anwendung von Drohungen an die Industriellen, damit diese nicht in Kuba investieren, inmitten der doppelten Blockade, damit das Land nicht damit fertig werde. Eine doppelt strafbare Handlung: die Drohung und das Delikt des Verrats. Es ist tatsächlich ein Delikt des Verrats am Volk und am Land. Hier nun ein weiterer Angriff, und zwar gegen die Geldsendungen der Verwandten, und außerdem die grobe Beleidigung und Erpressung der Empfänger dieser Sendungen. Ebenfalls am 10. April ergeht ein von den Vier unterzeichneter "Aufruf an die Landsleute im Exil", in dem es heißt: "...Unterschwellig laufen Diskussionen, ob es zweckmäßig ist oder nicht, Verwandten und Freunden auf der Insel Unterstützung zukommen zu lassen... Wir möchten auf die Nebenwirkung aufmerksam machen, die diese Geldsendungen hinsichtlich der Tatsache haben können, daß sie viele Stimmen in der Heimat, die nicht mit dem kommunistischen Regime einverstanden sind, zum Schweigen bringen", usw.usw.. Weiter vorn heißt es: "...Wir machen Sie darauf aufmerksam, daß im Falle, daß an die Geldempfänger Aufforderungen ergehen, sich in den friedlichen Kampf für Veränderungen einzureihen, dies zu einer dramatischen Stärkung derer führen würde, die in Kuba bereits diesen Weg eingeschlagen haben. Träte ein Teil dieser Unterstützungsempfänger aus den sogenannten 'Massenorganisationen' aus, heuchelten sie nicht mehr die Unterstützung des Systems, die sie gar nicht empfinden, blieben sie den von der Regierung einberufenen politischen Veranstaltungen fern und verweigerten ihre Teilnahme an den 'Wahlen nach kommunistischer Art', bei denen nichts gewählt wird - obgleich die Stimmabgabe nicht zwingend ist -, so wäre dieses eine unschätzbare Unterstützung des friedlichen Kampfes, der in unserer Heimat für das Erreichen des Umbruchs ausgefochten wird." Dann fordern sie: "Die jene Hilfe schickenden Brüder im Exil sind es, denen es zukommt, auf ihre Verwandten und Freunde Einfluß zu nehmen, damit sie diese einfache Realität begreifen und demzufolge handeln." Sie führen aus, daß sie so und nicht anders vorgehen müssen. Denjenigen, die Geld erhalten, muß alles andere abgefordert werden: "Suche nach Wegen zur Unterstützung der "Dissidenten" im Land selbst; Nicht weiter das Spiel der Regierung mitmachen; Anstreben eines hohen Grades an Wahlenthaltung." Nun, das ist kein Delikt, nichts von dem. Am 5. Mai kommt es auf der von der gleichen Gruppe einberufenen Pressekonferenz zu einem Dialog. Die dortigen Äußerungen sind im wesentlichen bekannt: "Eine der ersten Aktivitäten der Einberufung war der Aufruf an die Brüder des Exils, damit diejenigen, die den Kubanern hier Geld senden, diese um Wahlenthaltung bitten, um so die Demokratisierung etwas beschleunigen zu können, das heißt, daß sie sie mit dieser Frage der Geldsendungen unter Druck setzen..." Druck auf alle Angehörigen drüben. Das ist etwas sehr Humanes und sehr Einfaches. Das sagen einige Herren, die so viel Geld, soviel sie wollen, von den Vereinigten Staaten und der Interessenvertretung erhalten - "... das heißt, daß sie
Druck ausüben mit dieser Frage der Geldsendungen; wenn ich Dir Geld schicke, dann geht es Dir besser als den anderen. Du mußt etwas tun, damit es anders wird. Es ist ganz einfach. Du brauchst nur Enthaltung üben, nicht zur Wahl zu gehen." Das ist noch nicht alles. "Am 3. Juni 1997 kommt der Leiter des Büros für Kubanische Angelegenheiten des State Department, Michael Ranneberger, nach Kuba." - also gibt es zwei Michael hier - "Nachdem er die Erlaubnis für 'Interne Arbeiten in der Interessenvertretung' beantragt hatte, ersuchte er um Kontakte mit leitenden Persönlichkeiten von Partei und Regierung, die ihm bewilligt wurden. Sofort zeigte er ein Verhalten, das sich eigentlich von den inneren Angelegenheiten der Interessenvertretung entfernte, um sich voll den inneren Angelegenheiten Kubas zu widmen. Das führte dazu, daß am 17. Juni 1997 das MINREX einen energischen offiziellen Protest einlegte, wovon wir einige Abschnitte anführen: "Herr Ranneberger hatte in offen einmischender Weise mehrere Treffen mit Anführern illegaler konterrevolutionärer Gruppen, bei denen er zu subversiven Umtrieben im Land und zur Verletzung der verfaßungsmäßigen Ordnung aufrief. Für diese Zwecke versprach er wirtschaftlichen Beistand sowie materielle und logistische Unterstützung in Höhe von mehr als einer Million US-Dollar und wiegelte auf zu Handlungen des zivilen Ungehorsams, der politischen Enthaltung und der ausländischen Vermittlung bei den Wahlprozessen in Kuba. ... Dem Ministerium wurde ebenfalls bekannt, daß Herr Ranneberger Treffen veranstaltete und Gespräche mit Vertretern von in Kuba etablierten ausländischen Unternehmen führte, wobei er versuchte, diese unter Druck zu setzen und ihnen die in ihren Kuba-Geschäften anzuwendende Verfahrensweise vorzuschreiben." Hier wirkt er in beiden Richtungen: Subversion und Sabotieren der Investitionen. Am 9. Juni - Rannebergers Besuch war noch nicht zu Ende - setzt sich Herr Vladimiro Roca mit ihm in Verbindung... Nun, mit einem derartigen Anreiz an Versprechen und all dem, was ihm mitgeteilt wurde - ich werde hier nichts weiter vorlesen -, und nachdem er zwei Stunden mit ihnen zusammen war, den anderen drei sowie anderen Anführern, Oswaldo Payá und Odilia Collazo - ich spreche vom Jahr 1997 -, setzt er sich kurz darauf mit dem Sender Radio Martí in Verbindung, der etwas sehr Schwerwiegendes sendete: seine Unterstützung der Internationalisierung der Blockade gegen Kuba. Sind das etwa die Gewissensgefangenen? Ist das etwa kein Delikt, kein Verrat, nicht mehr nur zu ersuchen, daß uns die Vereinigten Staaten blockieren, sondern daß die Blockade internationale Ausmaße annimmt? Und in schleimiger Art äußert er gegenüber dem subversiven Rundfunksender der Regierung der Vereinigten Staaten: "Ich kann Dir sagen, es war eine für mich sehr gute Versammlung, denn sie verlief in einer wirklich sehr herzlichen Atmosphäre ... Was mich am meisten beeindruckt hat, war die Art und Weise, wie uns Herr Ranneberger über die KubaPolitik der Regierung der Vereinigten Staaten sowie über die Bemühungen informierte, die unternommen werden, um mit den Ländern Europas und Amerikas zu einer gemeinsamen Politik zu gelangen, wobei wir ihm unsere Unterstützung zum Ausdruck brachten, denn das Kuba-Problem muß endlich einmal aus der Welt geschafft werden." Sind das Gewissensgefangene? Man muß schon Schamlosigkeit besitzen, um solche Behauptungen aufzustellen. Und er wird eine Statuette bekommen. Die Freiheitsstatue sollten sie ihnen überreichen! Eine Statuette ist viel zu klein für das Ausmaß des Verrats dieser "Gentlemen", die den Preis der SIP erhalten werden. Ich glaube, der große Preis, die Nummer Eins ist mit sehr viel Geld verbunden. Ja, sie erwähnen ihn an erster Stelle; es ist der große Preis. Nun gut, es ist aber nicht der einzige: "Der Große Preis für Pressefreiheit für vier sich in Haft befindliche kubanische Dissidenten ", die Herren X, Y und Z, "für ihren Einsatz für die Redefreiheit." Das ist nun schon von der Regierung der Vereinigten Staaten direkt vereinbart. Eine weiter vereinbarte Aktion: "Die Organisation 'Reporter ohne Grenzen' ersuchte die 22 Staats- und Regierungschefs der Teilnehmerländer am Iberoamerikanischen
Gipfeltreffen in Havanna, den kubanischen Präsidenten 'um die Freilassung von vier Journalisten zu bitten', informiert die Organisation diesen Donnerstag in einem der Agentur AFP zugeschickten Kommuniqué in París. Es hat noch andere Preise gegeben. Einer ist erst vor ganz kurzem verliehen worden, doch will ich jetzt nicht darüber sprechen. Der Preis ist mit einem Geldbetrag von 100 000 Dollar verbunden. Das ist ein Thema für ein anderes Mal, nicht für jetzt. Ich sprach bereits über die Besuche und das geschäftige Hin und Her der SINA in den letzten Tagen. Elizardo lief auf ihre Anweisung hin zu den Botschaften und ersuchte um Treffen mit Persönlichkeiten der Gipfelkonferenz. Das war es nämlich, was er zu erledigen hatte und weshalb er nicht in die Tschechische Republik gereist ist, er, der so gern diese kleinen Trips unternimmt. Das war es, was er so dringend zu tun hatte; um das Gipfeltreffen zu sabotieren und andere Pläne umzusetzen, die herumschwirren. Wir wissen es. Ich habe Euch bereits verlesen, was die Spitzen der Stiftung sagen, die Pläne, die sie geschmiedet hatten. Es gibt noch eine ganze Anzahl Angaben, die nicht erwähnt werden müssen. Alle laufen auf das gleiche Ziel hinaus. Es sieht ganz so aus, als wollten sie die Regierungschefs hier bedrängen. Sie sind damit beschäftigt. Und sie selbst, wie geht es ihnen? Was ist von der Stiftung im Augenblick zu sagen, nach der Reise des Gouverneurs und allem, was geschehen ist? Wie geht es ihnen? Nun, hier vielleicht erst einmal das letzte; vielleicht das letzte, jawohl. Ein von der Kubanisch-Amerikanischen Nationalstiftung finanziertes Presserundschreiben, in dem Bezug genommen wird auf das Schreiben der genannten Organisation an den Präsidenten der Republikanischen Partei, Jim Nicholson, zum Besuch des Gouverneurs George Ryan in unserem Land. "Im heutigen Schreiben an den Präsidenten der Republikanischen Partei, Jim Nicholson, verurteilte die Stiftung FNCA die kürzlich erfolgte Reise des republikanischen Gouverneurs von Illinois, George Ryan, und bekräftigte, daß 'schlecht orientierte Abenteuer wie diese ernste politische Folgen für die Republikanische Partei heraufzubeschwören drohen'. Die Stiftung informierte Nicholson, 'die traditionelle und standhafte antikommunistische Haltung zum Nutzen der Freiheit der Republikanischen Partei auf internationaler Ebene werde untergraben von einigen zwar wenigen, so doch bedeutenden Republikanern' und sie riefen ihn auf, 'wann immer es möglich sei die offizielle Position der Republikanischen Partei zu bekräftigen, die in der Unterstützung der Befreiung des kubanischen Volkes besteht, und seiner Ablehnung der kommunistischen Tyrannei eines Fidel Castro in Kuba Ausdruck zu verleihen'. Das vom Präsidenten der Stiftung, Jorge Mas, unterzeichnete Schreiben hebt hervor, daß aufgrund der Clownerie des Gouverneurs in Kuba, die von der FNCA als 'deutliches Beispiel von Narretei' bezeichnet wurde, die Clinton-Administration jetzt die Position eines Hardliners gegen Castro einnehmen könne. 'In diesem Sinne entspräche sie der Meinung der großen Mehrheit der im Exil lebenden Kubaner im klaren Gegensatz zur Haltung des schlecht informierten Gouverneurs, der sich gegen Embargo und für Entspannung ausspricht'. Bei der Beschreibung der Aktivitäten des Gouverneurs in Kuba nahm die FNCA auf einen Presseartikel Bezug, der das Auftreten seiner Delegation 'wie das einer Schulklasse' bezeichnete, die sich um den kubanischen Diktator gruppierte, um sich mit ihm fotografieren zu lassen und ein Autogramm von ihm zu erhalten. Außerdem habe der Gouverneur während seines Kubaaufenthalts den Senator Jesse Helms diffamiert, indem er fälschlicherweise behauptete, der Senator lege der Reise eines kranken kubanischen Kindes in die Vereinigten Staaten Hindernisse in den Weg, wo doch das Büro des Senators hinter den Kulissen in aller Ruhe agiert habe, um diese Reise sowie die medizinische Betreuung in North Carolina zu ermöglichen.' Im Schreiben heißt es weiter: 'Herr Präsident, da Sie ein Kriegsveteran mit hohen Auszeichnungen sind, meinen wir, daß Sie diese Ausführungen mit Entsetzen erfüllen werden ..., und das ganz besonders, da Ihnen bekannt ist, daß kommende
Woche im Repräsentantenhaus Anhörungen zu Folterungen von US-amerikanischen Kriegsgefangenen durch kubanische Agenten in Vietnam stattfinden werden.' Die Stiftung beendet das Schreiben mit einem Apell an den republikanischen Führer, er möge den Republikanern des ganzen Landes ins Gedächtnis rufen, daß es gerade die antikommunistische, Freiheit anstrebende Haltung eines Ronald Reagan gewesen ist, die der Stärkung der Republikanischen Partei ein Standbein war, was zu dem 'großen Erfolg von heute' geführt hat." Daran könnt ihr euch den Grad an Verzweiflung ausmalen, die sie in ihrer ganzen Arroganz und Ungezogenheit heimsucht; sie, die daran gewöhnt sind, immer das zu tun, wonach ihnen gerade ist. Sie haben der Republikanischen Partei gedroht. Einfach so. Das war die letzte Mitteilung, die ich erhielt, bevor ich hierher kam. Um diese Geschichte zu Ende zu bringen, muß ich hinzufügen, daß das CIMEQ nicht das Krankenhaus der "kubanischen Hierarchie" ist. Dieser Punkt ist von mir nicht angesprochen worden, als ich das Thema des verunglückten Kindes behandelte, dessen Leben von hervorragenden und ganz in ihrer Tätigkeit aufgehenden kubanischen Ärzten gerettet wurde. Es hätte einfach gesagt werden müssen, daß die führenden Persönlichkeiten dieses Landes viele Jahre lang in einem ehemaligen Wohnhaus, ich glaube, von Menocal, betreut wurden - jetzt wird es verlustig gehen, nicht wahr? Aufgrund des Helms-Burton-Gesetzes und all dieser Dinge -. Also in einem Wohnhaus war es, wo die Staatsführung viele Jahre lang betreut wurde. Ich erinnere mich an den Tod von Lázaro Peña, in einem engen Gang mit äußerst bescheidenen Zimmern, in einem von denen er starb. Ich habe Genossen gesehen, die dort operiert wurden. Eines Tages schlug ich vor: Gut, meine Herren - das "Ameijeiras"-Krankenhaus war bereits fertiggestellt, das modernste Krankenhaus des Landes mit der besten Ausrüstung und annähernd 1000 Betten, es war eine der besten Zeiten hinsichtlich der Errichtung von Krankenhäusern. Warum sollten wir nicht ein kleines Krankenhaus für die Staatsführung errichten?, fragte ich mich. Die Einrichtung, die wir hatten, war beschämend. Ich erinnere mich, daß ich dort einmal Osmany sah, der gerade eine Gallenoperation hinter sich hatte; mit einem großen Schnitt, denn damals gab es die Mikrochirurgie noch nicht. Warum stellen wir nicht etwas Besseres auf die Beine? Ich trug es dem Ministerium des Inneren vor. In jener Zeit bekleidete der Genosse Abrantes die Funktion des Ministers. Ich sagte: "Laßt eine Bauzeichnung anfertigen; macht etwas Passendes, aber klein soll es sein." Sie machten den Entwurf und begannen mit dem Bau, der sich dann über mehrere Jahre hinzog. Als er fast fertig und zur Einweihung bereit war, stattete ich einen Besuch ab und konnte feststellen, daß die Innengänge so breit waren, daß ein Omnibus hindurchfahren konnte. Ich sah mir Krankenzimmer an, von denen man in einigen Baseball spielen konnte. Ich sagte: Wie konntet Ihr nur so etwas Wahnsinniges tun? Was weiß ich, was man ihnen gesagt hat. Es ist wie bei allen Dingen. Die Ärzte beginnen zu beantragen. Doch ich darf die Schuld nicht den Ärzten, dem technischen Personal und allen anderen geben. Es hat sich über ziemlich viele Jahre hingezogen, und es war noch nicht einmal ganz fertiggestellt, dazu kam es erst vor kurzem mit dem Internationalen Zentrum für Neurologische Rehabilitation. Als ich den Bau eines bescheidenen kleinen Krankenhauses vorschlug, bat ich um den Erhalt des alten Hauses. Es war nie nach meinem Geschmack, etwas zu schließen. Dort gab es bereits einen Operationssaal. Röntgen- und andere Geräte waren vorhanden, doch eben nur einige wenige Betten. Ich sagte: "Erweitert das alles ein wenig", und es begann der Anbau für eine Bettenzahl von insgesamt 30 bis 40. Sie waren wer weiß wie viele Jahre damit beschäftigt. Jener kleine Anbau war eine kolossale Katastrophe in bezug auf den baulichen Aspekt. Als das neue Krankenhaus fertiggestellt war, besuchte ich es noch vor seiner Einweihung. Dann versammelte ich das Politbüro und erklärte, daß die Führungspersönlichkeiten unter keinen Umständen in dieser Einrichtung betreut werden dürfen; daß das ihrige weiterhin jenes Haus zu sein hat, das durch eine
kleine Anzahl Krankenzimmer eine Erweiterung erfuhr. Das ist die ganze Wahrheit. Ich habe nie darüber gesprochen. Da aber jetzt eine miserable Verleumdung vorgebracht wurde, mußte ich das wohl klären, und hiermit kläre ich es. Ich wollte es so. Es war noch etwas bescheidener als ein Haus. Es sollte zur rationellen Nutzung der Geräte ein paar Dutzend Betten haben. Sie verfielen in den Irrtum, ein luxuriöses Krankenhaus hinzustellen; doch wir haben es für uns nicht akzeptiert. Es werden dort einige Offiziere des Ministeriums des Innern, das die Einrichtung verwaltet, betreut. Dort werden altgediente und hervorragende Kämpfer betreut. López Cuba, ein Genosse, den wir vor ein paar Tagen beerdigten und der derjenige war, der mit dem ersten Panzer in Playa Larga anlagte, ist in diesem Krankenhaus gestorben. Doch es wurde bestimmt, daß das Krankenhaus der Führungskräfte das alte Haus mit dem kleinen Anbau bleibt, das bei weitem nicht über die Ausrüstung des CIMEQ verfügt. Wir sagten: Nur wenn es sich unbedingt erforderlich macht wegen irgendeines Gerätes, das in dem alten kleinen Krankenhaus nicht verfügbar ist, oder wegen einer komplizierten Krankheit, werden die Mitglieder des Politbüros oder eine hohe Führungspersönlichkeit des Staates im CIMEQ behandelt. Es gab einige Agenturmitteilungen, laut derer man mich ermordet hatte; oder es hieß, man habe mich wegen einer schrecklichen Krankheit im CIMEQ behandelt noch eine dieser haushohen Lügen - wegen der Verrückten, die in Costa Rica äußerte, sie sei Ärztin in dieser Einrichtung gewesen. Es sind zwei Jahre vergangen. Nicht eine einzige Spritze habe ich mir dort geben lassen! In diesem Krankenhaus werden auf Beantragung bedeutende Persönlichkeiten aus Lateinamerika oder anderen Kontinenten behandelt. Dort werden Staatsmänner behandelt - und unser Land hat viele Freunde - und bedeutende Politiker. Siebzig Prozent der Leistungen des Krankenhauses sind für die Helden der Arbeit bestimmt, für hervorragende Bauarbeiter, Tausende aus der Baubrigade "Blas Roca". In diesem Krankenhaus werden hervorragende Wissenschaftler aus dem wissenschaftlichen Komplex im Westen der Hauptstadt betreut, das nicht sehr weit von der Einrichtung entfernt ist. In diesem Krankenhaus wird jeder komplizierte Fall aus jeder Provinz des Landes betreut, der dies erforderlich macht. Es ist nicht so, daß dort alle Fälle behandelt werden können. Es kommen die Bürger rund um seinen Standort. Es werden Generaluntersuchungen an Kadern aus dem Zivilbereich durchgeführt. Das sind also die Patienten des Krankenhauses und als Ausnahme wird auch einmal eine hohe Führungspersönlichkeit von Partei oder Regierung behandelt. Das ist die Wahrheit. Ihr sollt wissen, daß der Fahrstuhl des kleinen alten Krankenhauses für Führungspersönlichkeiten eine Katastrophe war, als man ihn gekauft hatte. Oftmals funktionierte er gar nicht oder nur mit begrenzter Sicherheit. Ich hatte ernste Schlachten auszufechten, damit dieser bescheidene Bau eines Tages fertig würde, denn das Objekt als solches war fast fertig. Es wurde bereits genutzt, und in den dritten Stock führte eine noch im Bau befindliche Treppe. Sie war noch nicht fertig und bedeutete eine echte Gefahr für die Patienten. Zum Krankenhaus gehört eine Einrichtung für Rehabilitation. Es ist ein kleines Nebengebäude mit einigen Rehaleistungen, nichts weiter. Das ist also das Krankenhaus der Führungspersönlichkeiten; und ich sage das hier aus diesem Grunde. Hätte ich es nicht gesagt, hätte ich mir Sorgen gemacht. Ich habe sogar den Direktor angerufen und um Angaben ersucht: "Nenne mir alle, die von Euch betreut werden." In bezug auf dieses Krankenhaus habe ich in der Tat sehr protestiert. Auch die ursprüngliche Vorstellung, nach der es errichtet wurde, habe ich geändert und gegen das Überziehen der Stellenpläne gekämpft. Es ist heute ein gutes Krankenhaus, ohne Zweifel ist es heute ein gutes Krankenhaus, eines der besten des Landes, und es widmet sich wichtigen klinisch-chirurgischen Forschungen. Für den Tourismus stehen dort nur zwölf Betten zur Verfügung; und mit der Belegung dieser zwölf Betten werden fast die Gesamtausgaben der Einrichtung an
Medikamenten, Ersatzteilen und Materialverbrauch beglichen. Mit zwölf Betten! Für besondere Leistungen, die dort erbracht werden. Dabei wird von den Persönlichkeiten, von denen ich sprach, nichts vereinnahmt. Von diesen Freunden unseres Landes wird nichts verlangt. Daneben steht das Internationale Zentrum für Neurologische Rehabilitation. Obwohl das eine nicht zum anderen gehört, so stehen sie doch nebeneinander und unterstützen sich gegenseitig. Dieses ist ebenfalls ein ausgezeichnetes Krankenhaus von weltweit großem Ansehen. Die Patienten kommen von überall her. Es nimmt bedeutende Beträge in Devisen ein, die ausschließlich für Medikamente und Gerätschaften für die Leistungen des Gesundheitswesens im nationalen Rahmen genutzt werden. Doch deshalb bleiben kubanische Patienten nicht unberücksichtigt, die im übrigen niemals auch nur einen Centavo zu bezahlen brauchen. Im CIMEQ werden bereits Lebertransplantationen durchgeführt, und keine Führungspersönlichkeit hat sich hier jemals eine Leber transplantieren lassen. Die Leber- sowie Herz- und Nierentransplantationen werden hier an Personen durchgeführt, zu deren Rettung ein Transplantat nötig ist. In dieser Hinsicht machen sie schnelle Fortschritte, in vielen Dingen machen sie Fortschritte in diesem Krankenhaus. Und wir wollen es nicht für uns. Doch wenn ein Mitbürger, wer er auch sein mag, ein Mensch aus dem Volk, es braucht, dann steht es ihm zur Verfügung. Wenn es ein Revolutionsführer, ein komplizierter oder schwieriger Fall, es braucht, kann er ebenso wie die elf Millionen Einwohner dieses Landes mit ihm rechnen. Ursprünglich hatten die Projektingenieure mit Unterstützung der Ärzte das Krankenhaus für eine Kapazität von nur 64 Betten konzipiert. Das erste, was ich tat, war, sie darum zu bitten, den verfügbaren Platz gut zu nutzen und damit die Kapazität zu erhöhen. Zählt man die Betten des CIREN dazu, dessen einzelne Gebäudeteile bereits fertiggestellt und erweitert sind, dann ist das ursprüngliche Zentrum zum Standort zweier angesehener Institutionen geworden, verfügt über 200 Betten, ein Team von hochgradigen Spezialisten und ein medizinisches Forschungszentrum, die allesamt Leistungen für nationale und internationale Zwecke erbringen und auf die Kuba stolz ist. Das ist die Geschichte.
Fidel 14. Dezember 1999 Ausführungen bezüglich des Falles des Kindes Elián González in dem Interview von Andrea Mitchell, Hauptkorrespondentin für Außenpolitik des Fernsehsenders NBCNews, mit dem Präsidenten des Staatsrates der Republik Kuba, Fidel Castro Ruz, in der Lateinamerikanischen Hochschule für Medizin, am 14. Dezember 1999, "Jahr des 40. Jahrestages des Sieges der Revolution. (Stenographischer Dienst - Staatsrat)
Andrea Mitchell: Wir sprachen vorhin über den Jungen, der sich weiter in den Vereinigten Staaten aufhält, und den Schaden, den dies bei dem Kind verursachen kann. Sie sagten mir, daß sich die Persönlichkeit des Jungen verändert kann, je länger er dort verbleibt. Welche Besorgnis haben Sie bezüglich dieser Angelegenheit? Fidel Castro: Eines der Dinge, die das Volk am meisten bewegt hat, ist die Idee, daß sie dieses Kind mit modernstem Spielzeug überschüttet haben. Sie haben ihm sogar einen Spielzeugflieger überreicht, damit der Junge ein Pilot der konterrevolutionären Organisation "Hermanos al Rescate" sein kann, und sie zogen ihm Kleidungsstücke und Pullover mit den Emblemen der berühmt-berüchtigten Kubanisch-
Amerikanischen Nationalstiftung an, die in jedem Fall nicht national ist, sondern wohl eher binational, denn sie setzt sich zusammen aus ehemaligen Kubanern und einer bestimmten Anzahl von US-Amerikanern. Das hat unser Volk sehr stark verletzt. Vorgestern las ich in den Agenturmeldungen, daß der junge Mas Santos - ich weiß nicht, ob er 'santo' (heilig) ist, aber er ist fraglos naiv, und außerdem anmaßend gegenüber dem Präsidenten der Vereinigten Staaten -, den Jungen mitnahm, um mit ihm bei einem Bankett zum Sammeln von Wahlspenden teilzunehmen, das von Clinton präsidiert wurde. Für ein Volk, das eine politische Kultur besitzt, ist die Tatsache äußerst beleidigend, daß ein Kind von niemandem Geringerem dorthin gebracht wird als dem Präsidenten jener Stiftung, die vor einigen Jahren von der USRegierung mit bestimmten Zielen gegründet wurde und die sogar den Terrorismus praktiziert. Es ist wirklich der Gipfel, den Jungen zu diesem Bankett zu bringen, bei dem Wahlspenden für eine politische Partei gesammelt werden. Ich weiß zum Beispiel, daß der Vater des Jungen und seine Familie in Kuba 48 Stunden lang nicht mit ihm sprechen konnten, denn zunächst hatten sie ihn für das Spendensammelbankett angezogen und vorbereitet und danach, am Sonntag und Montag, nahmen sie ihn nach Disneyland mit, um ihn dort mit den Phantasieobjekten zu fotografieren und in einer Hütte in diesem Park zu übernachten. In diesen 50 Stunden konnte die Familie nicht mit dem Kind sprechen, sie konnten es nur gestern abend machen und die Telefongespräche sind begrenzt und finden unter Druck statt. Diese Dinge erzürnen die Leute und sie haben Besorgnis ausgelöst bei herausragenden Wissenschaftlern, Psychologen und Spezialisten im Bereich der Kinderpsychologie, denn man begeht vor den Augen der Welt eine Ungeheuerlichkeit mit diesem 6 Jahre alten Kind. Am nächsten Donnerstag, in zwei Tagen, wird also ein Runder Tisch mit Experten stattfinden, an dem einige der qualifiziertesten Fachleute in diesem Bereich teilnehmen werden, und das Thema hat mit dem Jungen zu tun, denn es geht um die Frage, innerhalb von welcher Zeit die Mentalität eines sechsjährigen Kindes verändert werden kann. Das ist die Bedeutung des Faktors Zeit. Es handelt sich nicht darum, zu verhindern, daß sich das schreckliche Leiden der Familie verlängert, vor allem des Vaters, der schrecklich leidet, genauso wie die Großeltern, also diejenigen, die das Recht auf die Sorge und Betreuung des Kindes besitzen. Es ist nicht die Frage, ob es mehr oder weniger Tage sein werden. Die Frage nach der Zeit, die notwendig ist, um die Mentalität eines sechsjährigen Kindes zu verändern, ist zu einer lebenswichtigen Frage geworden. Andrea Mitchell: Gibt es die Besorgnis, daß der Junge zu einem bestimmten Zeitpunkt sagen könnte, daß er in den Vereinigten Staaten bleiben wolle? Daß er eben von den Spielsachen und all den Dingen verführt werden könnte? Fidel Castro: Nein. Gabriela Mistral - wir sprachen davon, als ich ihnen von dem Artikel erzählte, der gestern in der Zeitung der Arbeiter veröffentlicht wurde - sagte, daß die Kinder weder in der Zukunft noch in der Vergangenheit leben, sondern in der Gegenwart! Und vor den Augen der Welt wird versucht, den Jungen mit diesen Dingen zu blenden. Der Vater und die Familie erzählen mir, daß der Junge sehr stark genötigt wird, und die entfernten Verwandten, die in Miami wohnen, sagen ihnen, daß der Junge ihnen gegenüber erklärt hätte, nicht in Kuba leben zu wollen, auf solch eine schonungslose Art sagten sie es der Familie des Jungen in Kuba. Ein Radiosender gab gemäß den Aussagen einer Zeitung in Miami bekannt, daß man leise gehört habe, wie der Junge zu seiner entfernten Cousine sagte, daß er nicht zu seinem Vater zurückkehren wolle. Das Problem besteht darin, daß sich die wahre Familie des Kindes in Kuba nicht mit dieser Idee abfindet und daß sich das Volk ebensowenig abfindet mit der Idee, daß sie mit diesem zynischen Vorgehen versuchen, die Mentalität des Kindes zu verändern, es seiner wahren Familie und der meistgeliebten Menschen zu entreißen und bei diesem unschuldigen und wehrlosen Kind die Verbindungen in seine Heimat abzubrechen und zu zerstören. Was bleibt dann von der Identität dieses Kindes?
Wir wollen also von den Wissenschaftlern und den Spezialisten wissen, in welcher Zeit man die Mentalität eines so jungen Kindes verändern kann. Ich habe einige Personen gefragt: Kann man die Mentalität eines Kindes in einem Monat verändern? Und sie antworteten mir - zahlreiche Personen, keine Fachleute: Ja, in einem Monat kann man sie verändern. Ich frage mich: Warum wollen sie das länger herauszögern? Etwa um die Mentalität des Kindes zu verändern, um die Mentalität dieses Jungen zu zerstören? Was bleibt von der Psychologie dieses Kindes? Wie paßt er sich aufs Neue im Schoß seiner wahren Familie an? Und ich weiß, wie die Familie gerade dann gelitten hat, als sie in bestimmten Momenten eine gewisse Schüchternheit bei dem Jungen wahrnahmen, so als ob versucht würde, dem Vater die Zuneigung zu seinem Sohn zu entreißen. Das ist ein Verbrechen, eines der ungeheuerlichsten Verbrechen. Wenn jemand sieht, wie ein Kind ermordet wird und wie ihm sein Leben Stück für Stück entrissen wird, ist er sicher nicht damit einverstanden. Wenn man sieht, daß sie die Mentalität eines Kindes zerstören und sie zu schändlichen Propagandazwecken total verändern, dann ist das noch schlimmer als der physische Tod, und ich bin sicher, daß viele Leute das Bewußtsein darüber erlangt haben, daß es sich um die Zerstörung der Mentalität eines sechsjährigen Kindes handelt. Ich weiß nicht, wie ausgehend davon irgendjemand, eine Führungspersönlichkeit der Vereinigten Staaten, danach von Menschenrechten sprechen kann - ohne andere Aspekte anzusprechen, nur diesen Punkt -, wenn solche Dinge in seinem Land erlaubt werden. Und unser Volk ist schlicht und einfach nicht bereit, das hinzunehmen. Das ist die Situation, und es ist nicht leicht für das Volk, sich mit dem Manöver abzufinden, das sie veranstaltet haben. Gestern erfuhren alle bereits, daß der Vater einwilligte, ein Gespräch mit dem Beamten der Einwanderungsbehörde zu führen und ihm alle Beweise für seine Vaterschaft zu übergeben. Warum muß das noch länger herausgezögert werden? Das ist das Hauptthema. Übermorgen wird ein sehr wichtiger Tag sein, denn dann wird die gesamte kubanische Bevölkerung erfahren, wie sich die Verlängerung dieser Entführung und das Überhäufen mit all den blendenden Dingen, die sie einem sechsjährigen Kind präsentieren können, auf die Mentalität und die Psyche dieses Jungen auswirken. Die Wissenschaft wird das letzte Wort sprechen und es besorgt uns wirklich, denn die Bevölkerung ist ungeduldig, der Gemütszustand der Bevölkerung ist von einer sehr großen Verbitterung und Empörung geprägt. Wird sich unser Volk damit abfinden? Es wird keinen Krieg führen und keine Gewalt anwenden. Wir glauben, daß wir genügend Einfluß auf unsere Bevölkerung haben, um es von jeglicher gewaltsamen Handlung abzubringen, das ist das Erste. Desweiteren handelt es sich um ein gebildetes Volk, das Verständnis aufbringt. Das bedeutet, daß der Kampf nicht auf diesem Gebiet geführt wird, denn es wird eine Schlacht der nationalen und weltweiten öffentlichen Meinung, und diese Schlacht wird nicht enden, bis das Kind zurückkehrt. Das möchte ich Ihnen mit aller Offenheit sagen. Jetzt gibt es eine Pause, es gibt keine Bewegung und es werden keine Demonstrationen veranstaltet. Aber die Verlängerung der Wartezeit um auch nur eine Minute über das erträgliche Maß hinaus wird diese Demonstrationen wieder entfesseln. Es wird keine materiellen Schäden geben, denn wir bewegen uns auf zwei Grundlagen: Es gibt in unserem Volk eine politische Kultur - Verstehen Sie das? - und es besteht der Einfluß von Seiten der Führung unseres Landes und unserer politischen Organisationen und Massenorganisationen, denen die Bevölkerung vertraut. So sehe ich also keine Gefahr bei dieser Sache. Auf was wird sich unsere Bevölkerung einlassen? Auf eine Meinungsschlacht, eine Meinungsschlacht nicht nur auf nationaler Ebene, sondern weltweit. Ich glaube, daß sich die US-Behörden in eine unhaltbare Position begeben haben. Diese Schlacht wird auf die eine oder andere Form aufrechterhalten, bis das Kind
seiner Familie und seinem Vaterland zurückgegeben wird. Wir befinden uns im Moment wirklich in einer Pause, die sich hoffentlich nicht verlängert. Uns selbst kostet es sehr viel Arbeit zu verhindern, daß sich das Volk in der Zeit, in der das Kind dort ist - etwas, das die Sensibilität unseres Volkes sehr berührt hat -, nicht so ausdrücken kann, wie es etwa dort auf diesem Gemälde zu sehen ist (zeigt auf ein Gemälde von Mariano, das die revolutionären Massen darstellt, an der Wand des Saals). Dieses Gemälde ist von einem unserer besten Maler. In der Tat gibt es im Moment keine Demonstrationen und Aufmärsche. Für uns ist es schwer, dies zu sagen, und glauben Sie mir, ich sage es ganz ehrlich, daß wir von Anfang an alles Mögliche unternahmen, um das zu verhindern. Zunächst wurden meine Worte fehlinterpretiert, als ich sagte: "Es bleibt wenig Zeit, bis in Kuba und auf der Welt ein großer Protest losbricht..." Ich glaube, daß man Fortschritte gemacht hat, ich werde nicht bestreiten, daß man vorangekommen ist. Zu diesem Fortschritt kam es am vergangenen Sonntag und Montag, ausgehend vom Austausch von diplomatischen Noten zwischen den beiden Regierungen. Ich würde sagen, daß an zwei Tagen Fortschritte gemacht wurden, und zwar in dem Sinne, daß alle Bedingungen für eine ehrenhafte Lösung geschaffen wurden. Das Problem der Bedingung, die vorher bereits als Haupthindernis dargestellt worden war, wurde zufriedenstellend gelöst bei dem Treffen des Vaters und der Familie auf der einen Seite und der Vertreterin der Einwanderungsbehörde der Vereinigten Staaten und dem Leiter der politischen Abteilung der Interessenvertretung auf der anderen Seite. Die Beweise für die Vaterschaft sind unanfechtbar. Sie verlangen Dokumente, damit er beweist, daß er der Vater ist, und gleichzeitig haben sie das Kind einigen entfernten Verwandten übergeben, von denen sie kein einziges Dokument verlangten, um zu beweisen, daß es sich um den Großonkel oder sonstige Verwandte des Kindes handelt. Das ist die Realität, man hat Fortschritte gemacht, doch ich sehe, daß sie sich mit anderen Themen und Problemen beschäftigen werden, und es besteht die Bedrohung, daß sich die Lösung ungerechtfertigt und vielleicht unendlich hinauszögert, wie ich Ihnen bereits erklärt habe. Da es sich um ein Kind handelt, daß seelisch und mental ermordet wird, ist die verfügbare Zeit, um dies zu verhindern, sehr begrenzt. Andrea Mitchell: Hätten sie bezüglich dieses Themas eine Botschaft für Bill Clinton? Fidel Castro: Nein, nein, keine besondere Botschaft. Clinton hat viele Leute in den USA, die ihn hochschätzen, und genügend fähige Personen, die ihn beraten. Ich habe meine Wahrnehmung über ihn, von der ich Ihnen am ersten Tag unseres Gespräches erzählt habe, nämlich daß er den Wunsch hat, daß das Kind so schnell wie möglich nach Kuba zurückkehrt. Ich zweifle, ob ihm das gelingt. Denn welche Maßnahmen in Winkeladvokatenmanier werden die anderen ergreifen, um diesen Prozeß zu verzögern? Eine Verzögerung bei der Ankunft des Kindes, das die gesamte Bevölkerung erwartet, hätte im Geist unseres Volkes wirklich die Auswirkung einer Bombe. Das ist die Realität bezüglich dieses Themas. Wir wollten vom ersten Augenblick an, daß es nicht zu dieser heftigen Auseinandersetzung kommt. Ich erzählte Ihnen bereits, daß wir erst am 2. Dezember beginnen konnten, uns mit diesem Problem zu beschäftigen. Der Vater des Kindes schrieb am 26. November und am 27. November wurde eine Note unseres Außenministeriums abgegeben. Es gab 11 Tage lang keine Antwort darauf. Erst am 2. Dezember, sechs Tage nach dem Schreiben des Vaters, konnten wir uns darum kümmern. Wir luden ihn zu einem Gespräch ein, weil wir ihn kennenlernen wollten und weil wir wissen wollten, wie er dachte, was er wünschte und wie seine Beziehung zu dem Kind war. Ich selbst befragte ihn zu allen diesen unentbehrlichen Details. Wir mußten die gesamte Wahrheit sehr gut kennen, bevor wir auch nur einen Finger bewegten. Sie werden verstehen, daß man im In- und Ausland keine Meinungsschlacht schlägt,
ohne über solide Stützen zu verfügen. Andrea Mitchell: Sie werden wissen, daß einige Personen in den Vereinigten Staaten gesagt haben, daß der Vater von der kubanischen Regierung genötigt worden sei und daß sie ihn nicht frei sprechen gelassen hätten. Fidel Castro: Und wie kann man beweisen, daß dies unwahr ist? Muß man ihn wie ein Schlachtlamm nach Miami bringen, damit sie ihn dort in Zusammenarbeit mit Behörden, Richtern, käuflichen Beamten, der terroristischen Mafia und den von der US-Regierung so sehr tolerierten und unterstützten Extremisten verschlingen? Und von Anfang an - das ist uns bekannt und wir haben Beweise dafür - sagte er, daß er nicht in die Vereinigten Staaten reisen wolle. Er erklärte außerdem, daß er die sofortige Rückkehr des Kindes fordere und nicht einmal Kontakte mit der Interessenvertretung akzeptiere. In Cárdenas gibt es eine Bevölkerung von Zehntausenden von Menschen, die ihn und seine Familie gut kennen: Hochschullehrer, Lehrer der Schule des Kindes und viele andere anständige und ehrenhafte Personen. Was geschah mit ihm? Sie ließen ihm weder tagsüber noch nachts auch nur eine Minute in Ruhe. Er hat ein Telefon in der Wohnung und alle wußten davon, so daß ihn alle anriefen. Es war ein Schwarm von Reportern, die ihn Tag und Nacht anriefen. Es gab also bei ihm den gewaltigen Eindruck der Entführung seines Sohnes, wobei er berechtigterweise glaubte, daß er das volle Recht auf dieses Kind habe, für das er mit Hingabe gesorgt hatte. Es ist noch mehr, denn oftmals schlief das Kind bei seiner Familie, denn manchmal mußte die Mutter bis 2.00 oder 3.00 Uhr morgens arbeiten und der Junge schlief dann bei dem Ehepaar, denn der Vater hat eine neue Ehefrau und ein drei Monate altes Kind, und Elián schlief dann im selben Bett wie das Paar. Aus der Bescheinigung des Krankenhauses geht folgendes hervor: "Im Notfall bitte den Vater benachrichtigen". Es handelt sich also um einen Vater, der sich wirklich, ich würde sogar sagen besessen, um sein Kind kümmert. Er ist es, der den Brief schreibt, in dem um Unterstützung des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten gebeten wird. Niemand sagte ihm: "Schreib einen Brief." Er schreibt ihn wenige Stunden nach Erhalt der Nachricht, daß sein Sohn sich in einem Krankenhaus in den Vereinigten Staaten befindet. Der Mann war wegen seiner engen Beziehung zu dem Kind schrecklich berührt, so daß er bis heute ständig den abwesenden Sohn anruft, wenn sie ihm erlauben, mit dem Jungen zu sprechen. Als ich die Schule besuchte, war er erschöpft und seine Frau, die dem gerade drei Monate alt gewordenen Kind die Brust gab, war abgespannt und krank, so daß das Baby bereits drei Tage Durchfall hatte. Verstehen Sie? Er verläßt also seine Wohnung und wohnt außerhalb mit seiner Frau und seinem kleinen Kind. Wir haben ihn Schritt für Schritt und Detail für Detail über den Verlauf des Problems auf dem Laufenden gehalten. Er kannte das Schreiben, das ihm die Einwanderungsbehörde der Vereinigten Staaten schickte, mit allen Einzelheiten, um die sie ihn baten. Seit dem Entstehen des Problems ist sehr wenig Zeit vergangen. Die erste Antwort erreicht uns am 8. Dezember, daß heißt nach 11 Tagen. Wir antworten darauf am 9. Dezember um 15.12 Uhr. Unsere Note enthielt Anmerkungen und einige Fragen bezüglich der behandelten Themen und bestimmter rechtlicher und juristischer Konzepte, die Teil jener Antwort waren. Am 9. Dezember um 16.20 Uhr kommt es in Washington zu einem Gespräch zwischen Beamten des State Department und dem Leiter unserer Interessenvertretung, das etwa zwei Stunden dauert. Den gesamten Inhalt des Gesprächs über die in unserer Note enthaltenen Anmerkungen und Fragen erhalten wir am Morgen des 10. Dezember. An diesem selben Tag erarbeiteten wir auf sieben oder acht Seiten mit zweizeiligem Abstand eine weitere Note, in der wir dem State Department in aller Deutlichkeit unsere Positionen darlegen. Wir mußten dann etwa 50 Stunden auf die Antwort auf diese Note warten, die letztlich am 12. Dezember ankam, das heißt am Sonntag,
etwa um 10.30 Uhr morgens. Es war eine kurze Note, in der sie auf der entscheidenden Bedeutung eines Treffens mit dem Vater beharrten. Es wurde erklärt, daß er seiner Mutter eine Vollmacht erteilt habe. Man lehnt die Möglichkeit, dies zu akzeptieren, nicht völlig ab, doch schauen Sie, sie bekräftigen uns gegenüber, daß der Kontakt mit dem Vater von Seiten der Beamten der Interessenvertretung entscheidend sei. In der darauffolgenden Antwortnote auf diese dritte Note, die uns am Sonntagmorgen erreichte, wurden unsere Positionen und Argumente dargelegt und wiederholt. Diese Antwort wurde am Nachmittag abgesandt, nachdem man eine Reihe von unentbehrlichen Daten gesucht hatte, und zwar sogar über unsere Interessenvertretung in Washington. Es wurde ihnen mitgeteilt, daß sie bezüglich des konkreten Punktes des Gesprächs mit dem Vater noch an diesem selben Nachmittag informiert werden würden. Wir mußten die Familie konsultieren, denn es handelte sich nicht darum, eine Note zu verfassen und ihnen mit Ja zu antworten, ohne daß diese Familie und im besonderen der Vater ihre Meinung dazu geäußert hätten. Die Familie wurde informiert und der Vater mußte eine Entscheidung treffen. Es war nicht er allein, sondern es waren er und die gesamte Familie, alle, die in diesem Haushalt leben. Es war bereits spät am Abend, als sie eine komplette und detaillierte Zusammenfassung erhielten von all dessen, was geschehen war, vom Absenden seines Briefes an das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten bis zum Inhalt der letzten Note, die am Sonntag ankam, und der Antwort darauf am Nachmittag des selben Tages, in der in einem Absatz davon gesprochen wird, wie ich bereits erwähnte, daß man hinsichtlich des Gesprächs mit ihm später antworten werde. Vor dieser Antwort war es unverzichtbar, Kontakt mit der Familie aufzunehmen, ihnen die Situation zu erklären und sie um eine Antwort zu bitten. Ich bin gezwungen, ihnen nur ein Minimum der diskutierten Standpunkte zu erläutern. Ich möchte nicht den Inhalt der ausgetauschten Noten aufdecken. Andrea Mitchell: Nun gut, wenn diese Pause sich ausdehnt und das Problem nicht gelöst wird, was würde Kuba dann machen? Denn es gibt in den Vereinigten Staaten eine gewisse Befürchtung, daß Sie die Grenzen öffnen und daß es bald zu einem neuen großen Exodus von Flüchtlingen kommen könnte. Wäre das eine Option? Fidel Castro: Ich glaube nicht, das dies eine Option ist, denn wir behandeln diese Angelegenheit mit großer Ernsthaftigkeit und sind uns ihrer innewohnenden Transzendenz bewußt. Wie Sie sehen, wurden gestern während des ganzen Tages in Ruhe die Gründe und Argumente gegeneinander aufgewogen. Dem Treffen über Migrationsfragen, das sehr eng mit dem Problem des Kindes verbunden ist, wurden keine Hindernisse in den Weg gelegt. Ohne den berühmten Cuban Adjustment Act wäre es weder zu diesem noch zu anderen Vorfällen gekommen. Der Fall dieses Kindes ist ein dramatisches Beispiel für die Folgen des Cuban Adjustment Act, der bereits 33 Jahre in Kraft ist. Es waren 33 Jahre des Anreizes zur illegalen Emigration. Wir haben dieses Problem vom Migrationsproblem getrennt und eine Frage störte die andere nicht, sie schlich sich nicht einmal bei der anderen ein. Denn schauen Sie, wir hätten genügend Gründe gehabt, um dieses Treffen abzusagen. Trotzdem erschien es uns nicht konstruktiv, es abzusagen und damit zu beginnen, das Migrationsabkommen mit dem konkreten Problem des entführten Kindes zu verbinden, wenn auch alles, was mit diesem Kind und seinen Familienangehörigen sowie den Personen, die bei diesem Bootsuntergang starben, geschah, in der Tat mit diesem Gesetz und anderen Migrationsbestimmungen zusammenhängt, die einzig als Anreiz zur illegalen Emigration von Kubanern dienen. Während es auf der Welt Hunderte von Völkern und Tausende von Ethnien gibt, gibt es nur ein einziges Volk mit einer vermischten Ethnie, auf das eine Migrationspolitik angewendet wird, die sonst für niemanden auf der Welt gilt. Sie werden uns fragen: Wollen Sie, daß das beendet wird? Uns erscheint dies als
die konstruktivste Lösung, aber wenn sie in den USA entscheiden, daß dieses Gesetz beibehalten wird, dann müßte man um einen Adjustment Act für alle lateinamerikanischen Länder bitten, ein Adjustment Act für Mexikaner, Mittelamerikaner und Südamerikaner. Wir sind nicht so egoistisch, daß wir dieses Gesetz für uns allein wollen. Andrea Mitchell: Aber Herr Präsident, die US-Regierung sagt, daß Sie das einzige verbliebene kommunistische Land sind, das einzige Land, in dem es keine freien Wahlen und Meinungsfreiheit gibt. Fidel Castro: Wenn wir in dieses Thema eindringen, werden all die Filmrollen, die ihr Team hier dabeihat, nicht ausreichen. Ich glaube nicht, daß wir diese Themen behandeln müssen, das ist meine Ansicht, und ich bitte um Verzeihung. Ich möchte jetzt nicht darüber sprechen und Vergleiche anstellen. Ich denke nicht, daß das sehr weiterhilft. Über dieses Thema kann man einen ganzen Tag lang sprechen, 10 Stunden Interview. Das einzige, was ich Ihnen sage, ist, daß ich die Behauptung nicht akzeptiere, daß wir das einzige kommunistische Land seien und daß es hier keine freien Wahlen gäbe. Mit Stolz akzeptiere ich die Aussage, daß wir ein kommunistisches Land sind, aber wir sind nicht das einzige. Wir haben nicht die so hohe Ehre, das einzige kommunistische Land zu sein. Durch unsere sozialistischen und kommunistischen Ideen haben wir erreicht, ein soziales System zu schaffen, und zwar ein System, das unserer Ansicht nach, unserer äußerst bescheidenen Ansicht nach - und das können wir mathematisch beweisen -, sehr viel menschlicher ist und über sehr viel mehr internen Rückhalt verfügt als irgendein anderes System auf der Welt, denn es ist solidarischer, brüderlicher, ist frei von Egoismus und an seinem Aufbau und seiner Weiterentwicklung nimmt wirklich das ganze Volk teil. In den anderen kapitalistischen Ländern sehen wir einen Krieg aller Individuen untereinander, das ist sehr bekannt. Seit den Zeiten von Adam Smith bis zu dieser fast globalisierten Welt von heute haben wir die Möglichkeit gehabt zu analysieren, was auf der Erde geschieht und was hier nicht geschieht. Aus diesem Grund, wenn Sie sich eines Tages mal darüber unterhalten wollen, erlauben sie mir den Vorschlag, daß dies nicht bei dieser Gelegenheit sein sollte. Ich kann sehr wohl dem gesamten Volk der Vereinigten Staaten - von dem ich weiß, daß es viele Vorurteile hat - versichern, daß wir stolz sind auf unsere Ideale und die Gesellschaft, die in Kuba aufgebaut wurde, in der wir diejenigen Dinge tun können, von denen wir vorhin sprachen, nachdem wir die Lateinamerikanische Hochschule für Medizin besuchten. Aber wir haben nicht die Ehre, das einzige kommunistische Land zu sein, das ist zuviel der Ehre. Andrea Mitchell: Nein, ich bezog mich auf diese Hemisphäre. Glauben Sie, daß die Angelegenheit mit dem Kind zu einem dauerhaften Hindernis zwischen unseren beiden Ländern werden kann? Fidel Castro: Nein, denn das kann nicht so weitergehen, denn die Vereinigten Staaten können die schrecklichen Kosten der Beibehaltung der Entführung des Kindes nicht bezahlen, und ich habe Vertrauen in den gesunden Menschenverstand der US-Amerikaner, ich habe Vertrauen in den gesunden Menschenverstand und die Intelligenz Ihrer realistischeren Politiker, die nicht auf diesem Fehler beharren. Deshalb wird es kein dauerhaftes Hindernis sein. Es wird in jedem Fall ein durchschlagendes Argument sein, um zu beweisen, wieviel Scheinheiligkeit es auf dieser Welt gibt und welche Art von schrecklichen Verbrechen begangen werden können, von denen dieses nur ein kleiner Ausschnitt ist. Wir könnten von den Kindern sprechen, die sich gegenseitig in den Schulen umbringen. Wir haben Angst, daß der kleine Elián bei einer Schießerei in einer Schule sterben könnte; wir haben Angst vor den Drogen, die dort konsumiert werden und die es hier nicht gibt; wir haben Angst davor, daß dieser kleine Junge trotz der guten materiellen Dinge, die es in den USA gibt, nicht nur seine Identität verliert, sondern auch der vielen guter Sachen in sozialer, moralischer, geistiger und
menschlicher Hinsicht entbehren muß, die ihm in dem Land, in dem er geboren wurde, garantiert werden. Unser äußerst aufrichtiges und patriotisches Volk fürchtet sehr wohl das Leben in der US-amerikanischen Gesellschaft. Das ist also wirklich unsere Meinung. Das Problem kann nicht so weitergehen, sie werden es sehen. Es gibt keine Art, wie das weitergehen sollte, weshalb sich das Problem mit dem Kind also nicht in ein Hindernis für die Beziehungen entwickelt. Bis jetzt, wie Sie sehen, habe ich Ihnen erläutert, daß es wichtige Sektoren in den Vereinigten Staaten gibt, die dafür sind, daß das Kind zurückgegeben wird. Wenn wir vor den Augen der Welt protestierten, die Geschehnisse anprangerten und eine Schlacht schlagen, schlagen wir diese Schlacht also auch für diejenigen innerhalb der Vereinigten Staaten, die der Ansicht sind, daß es das Gerechteste und Korrekteste sei, das Kind nach Kuba zurückzugeben. Es ist keine Schlacht gegen die USA, es ist nicht einmal eine Schlacht gegen alle politischen Sektoren der Vereinigten Staaten, sondern es handelt sich um eine Schlacht gegen all diejenigen, die sich der Rückkehr des Kindes widersetzen, und es ist sogar eine Schlacht für die Vereinigten Staaten. Ja, ich sage daß ganz offen, denn ich bin absolut davon überzeugt, daß sie das Prestige ihres Landes je mehr schützen, desto eher sie das Problem lösen, und je mehr es sich herauszögert, desto kostspieliger wird es in politischer Hinsicht, in ethischer Hinsicht und im Hinblick auf das Prestige der Vereinigten Staaten. Ich bitte die US-Amerikaner, daß sie mich nicht als Gegner ihres Landes ansehen. Ich muß sie auf irgendeine Art bezeichnen und ich nenne sie Vereinigte Staaten, wenn ich das Land verantwortlich machen muß, in dem dieses Verbrechen stattfindet. Aber wenigstens kämpfen wir - sagen wir es mal so - gemeinsam mit vielen, die in den Vereinigten Staaten den Wunsch haben, daß Gerechtigkeit waltet und das Kind befreit wird, und nachdem dies geschieht, muß man Wunden stillen. Unserem Volk bleibt dann einzig der Vorteil, über ein wenig mehr Bewußtsein und politische Kultur zu verfügen als zu Beginn dieses Prozesses. Andrea Mitchell: Vielen Dank, Herr Präsident. Sie haben sehr viel Geduld mit uns gehabt. Fidel Castro: Ich mußte nicht Gebrauch machen von meiner Geduld. Ich habe es mit viel Freude getan und sogar im Wissen, daß es konstruktiv ist. Die Zeit, über andere Themen zu sprechen, wird kommen. Rechnen Sie dann mit mir. Andrea Mitchell: Danke, daß Sie uns in dieser Institution empfangen haben. Ich denke, daß es wirklich sehr interessante Dinge zu erzählen gibt über diese Institution und die damit zusammenhängenden Ideen, und wir werden das tun. Wir haben vor, darüber zu berichten. Fidel Castro: Hoffentlich reicht Ihnen die Zeit, um wenigstens einen kleinen Teil dessen, was ich Ihnen erzählt habe, auszustrahlen (Lachen).
Fidel 20. Dezember 1999 RETTEN WIR ELIAN! Die Offene Tribüne in nächster Nähe der Interessenvertretung der Vereinigten Staaten nimmt diesen Montag um 17.00 Uhr ihre orientierende und mobilisierende Aktivität wieder auf. Das Schicksal Elians ist ungewiß. Die zahlreichen Anwärter auf Präsidentschaftskandidatur beider Parteien der Vereinigten Staaten haben sich fast ausnahmslos gegen die Rückführung des Kindes nach Kuba ausgesprochen; in demagogischer Art oder in extravaganter und keinesfalls seriöser Ausdrucksweise äußerten sie sich für hinauszögernde und sogar
perfide Lösungen. Die Extremisten- und Terroristenmafia Südfloridas, unterstützt von den USamerikanischen Rechtsradikalen, droht - neben den angezeigten Einsprüchen in der Art von Winkeladvokaten -, eine Entscheidung der Regierung mit Gewalthandlungen gegen die Rückführung des Kindes zu seinen rechtmäßigen Angehörigen und in seine Heimat zu beantworten. Sie versichern, daß sie um das Haus der entfernten Verwandten, in dem der Junge widerrechtlich festgehalten wird, eine Sperrkette aus heimatlosen Söldnern bilden werden, um das Vorgehen der Bundesbeamten für den Fall zu verhindern, daß die Regierung jenes Landes die menschlich gerechte und rechtlich unwiderlegbare Entscheidung zugunsten seiner Rückkehr nach Kuba trifft. Da sie an faschistische Methoden, an Erpressung und an Straflosigkeit gewöhnt sind aufgrund der Schwäche und Toleranz der US-Regierenden, deren Instrument und Komplizen sie stets waren, ist ihnen alles zuzutrauen, um die genannte Rückkehr zu verhindern. Im Augenblick wird niemand in der Lage sein zu behaupten, wann und wie der Junge zurückkehren wird. Im Hinblick auf diesen Punkt herrscht in den Vereinigten Staaten Verwirrung und Chaos. Am 12. Dezember wurde die letzte diplomatische Note der kubanischen Regierung an das State Departement gerichtet, in der die Dringlichkeit einer schnellen Beantwortung nahegelegt wird, und zwar aufgrund der riesigen Qualen, denen sowohl das Kind als auch die Angehörigen ausgesetzt sind, sowie wegen der für seine Geistesgesundheit entstehenden Folgen. Bereits acht Tage sind vergangen, und noch ist keine einzige Antwort eingetroffen. Am Montag, den 13. Dezember, trafen sich um 7:00 Uhr zwei US-amerikanische Staatsbeamte, darunter eine Vertreterin des Amtes für Naturalisierung und Immigration der Vereinigten Staaten, mit dem Vater Elians und den vertrautesten und nächsten Verwandten des Kindes. Dieses wurde als unerläßliche Bedingung, als faktisch letzte Formalität für eine gerechte, schnelle und ehrenhafte Lösung des Problems betrachtet. In der Wohnung der Familie in Cárdenas übergab der Vater den US-Staatsbeamten 17 von den zuständigen Behörden bestätigte Dokumente, die unwiderlegbar seine Vaterschaft und infolgedessen die elterliche Sorge von Juan Miguel González Quintana beweisen, dessen Betreuung und Verhalten seinem Sohn Elián gegenüber beispielhaft und untadelig waren. Selbige Immigrationsbehörde hatte den Jungen einem entfernten Verwandten übergeben, der seit 15 Jahren in den Vereinigten Staaten ansässig ist, also seit neun Jahren noch vor der Geburt Eliáns, den er unter Umständen nur einmal in seinem Leben gesehen hatte, ohne daß ihm irgendein den entfernten Verwandtschaftsgrad bestätigendes Dokument abgefordert wurde. Seitdem sind jedoch sieben Tage vergangen, und der Vater hat nicht das geringste Zeichen im Hinblick auf die Anerkennung seiner Rechte erhalten. Zu all dem kommt die bewegende und äußerst beeindruckende Podiumsdiskussion vom vergangenen Donnerstag mit hervorragenden Wissenschaftlern und Experten in Fragen der Pädagogik, der Psychologie und der Kinderpsychiatrie, die unter den renommiertesten und erfahrensten des Landes ausgewählt worden waren. Hier wurde an Hand solider wissenschaftlicher Begründungen verdeutlicht und vor dem ganzen Land bewiesen, daß der Junge in weniger als 48 Stunden einschneidende und fortgesetzte Traumen erleben mußte und daß ihm dazu noch sein Milieu, seine Schule, seine Freunde, seine Lehrerin, sein Vater und die ihm liebsten Menschen entzogen wurden, die er am dringendsten für seine Gesundung braucht. Unsere Wissenschaftler und Experten bewiesen mit aller Deutlichkeit die quälende Dringlichkeit seiner Rückkehr nach Kuba. Bilder von widerlichem Zynismus und Demoralisierung jener, die sich in Mittäterschaft mit einer Clique perverser und skrupelloser Ruchloser für die Entführung des Kindes hergaben, erzeugten in unserem Volk tiefen Zorn und Widerwillen. Die groteske Szene, in der eine reißende Wölfin in Frauenkleidern diesen unschuldigen Jungen fast mit Gewalt in das Sternenbanner wickelt - so ganz anders als die Fahne, die er bis vor einigen Tagen bei jedem Morgenappell in seiner
Schule ehrfurchtsvoll grüßte -, wird in die Geschichte als eine der infamsten, abscheulichsten und beleidigendsten Taten eingehen, die unser Volk je gesehen hat. Nicht hundert Bücher des Politunterrichts könnten die Niederträchtigkeit und Dekadenz des "unruhigen und brutalen Imperiums, das uns verachtet" besser darstellen. Dieses Bild muß um die Welt gehen. Die Heuchelei, die plumpe und unglaubliche Prahlerei mit prunkhaften Geschenken, mit denen sie um jeden Preis die Seele eines sechsjährigen Kindes zu kaufen trachten, vermittelt eine Vorstellung dessen, was eine entfremdete Gesellschaft und Welt ist, die sie diesem kubanischen Jungen mit Willkür und Gewalt aufzwingen wollen. Jetzt muß nicht nur die Identität des Kindes und das Recht des Vaters auf elterliche Sorge gewahrt werden, das niemand in der Welt in Frage stellt, sondern es ist dringend geboten, seine seelische und geistige Gesundheit zu retten, bevor der Schaden nicht mehr wiedergutzumachen ist. Unser Volk wird das widerliche und ungeheure Verbrechen, das vor den bestürzten Augen der Welt an diesem Kind begangen wird, nicht zulassen. Das, was heute beginnt, ist die zweite Phase der Schlacht der breiten Massen, die wir seit Sonntag, den 5. Dezember kämpfen. Es war und ist eine Schlacht der Ideen, der nationalen öffentlichen Meinung und der Weltöffentlichkeit, der gesetzlichen, ethischen und menschlichen Prinzipien zwischen Kuba und dem Imperium; eine Schlacht, die in unserer Heimat in einer der größten und kämpferischsten Mobilmachungen, die es in unserer Geschichte je gegeben hat, Unterstützung findet. Die Revolution hat den Pionieren der Grund- und Mittelschulen, den Oberschülern und Studenten und den jungen Produktionsarbeitern und Geistesschaffenden des Landes die Aufgabe übertragen, die Frontlinien dieser großen Schlacht einzunehmen, die wir mit dem einmütigen Beistand des ganzen Volkes liefern. Diese neue Etappe des Kampfes kann länger dauern. Sie erfordert mehr denn je beste Organisation und strengste Disziplin, einen klugen und gleichzeitig flexiblen Plan, Kreativität und Anpassungsfähigkeit an sich ständig ändernde Situationen, Geistesgegenwart, Ausgeglichenheit und Selbstbeherrschung. Wir stehen vor einem mächtigen, hartnäckigen und arroganten Gegner. Das größte Risiko dabei ist, daß der logische Kampfgeist, der Geist der menschlichen Solidarität und des gerechten Zorns die Prinzipien von Disziplin und Organisation durchbricht. Unter diesen Umständen darf sich keiner ohne den entsprechenden Aufruf durch die Organisatoren an einem Marsch, einer Kundgebung oder Aktivität beteiligen. Es ist absolut nicht zweckmäßig, daß bei einer Aktivität, für die man mit 10 000, 50 000 oder 100 000 Teilenehmern rechnet, 20 000, 100 000 oder 200 000 erscheinen, das heißt, das Zwei- oder Dreifache der dazu in jedem Bereich oder Sektor Aufgerufenen. Am Marsch des Kämpfenden Volkes sollten sich 300 000 Personen beteiligen; und dann waren es mehr als eine halbe Million, die über sämtliche Zugänge kamen. Darunter kann die Organisation unserer Aktivitäten leiden, und es können unsere Kräfte und Energien vergeudet werden, die in der Tat ungeheuer stark sind. Wir dürfen uns nicht verausgaben. Diese Kräfte und diese Energie müssen gespart, ständig erneuert und, wenn es sich erforderlich macht, in ihrer Gesamtheit geordnet eingesetzt und sofort wieder aufgefrischt werden, sollten wir uns dazu gezwungen sehen. Auch wenn wir Tausende, Zehntausende, Hunderttausende, ja selbst Millionen mobilisieren, wie es an den Tagen des 9. und 10. Dezember geschah, als von Donnerstagnachmittag bis Freitagnachmittag fast drei Millionen Menschen mobilgemacht wurden - was noch weit von unserem wirklichen Potential entfernt ist, denn am Tag der Großkundgebungen der Provinzhauptstädte hat die Stadt Havanna zwecks Zurückstellung von Kräften korrekterweise nur knapp zehn Prozent ihres Potentials gestellt -, so müssen auch um jeden Preis die Produktion und Dienstleistungen zielstrebiger und verantwortungsbewußter denn je aufrechterhalten werden. Unsere Aktion muß von besserer Qualität geprägt sein: überzeugend und einleuchtend für die Weltöffentlichkeit; überraschend, verblüffend, gelegen und
beweiskräftig für jene, die - wenn auch minderheitlich, so doch mächtig - sich in der US-amerikanischen Gesellschaft der Rückführung Eliáns widersetzen. Wir sind ein Volk mir hoher politischer Kultur, Geschlossenheit, Zusammenhalt, Organisiertheit. Wir alle, von den Pionieren bis hin zu den Kampfveteranen der vierzigjährigen Revolution, sind Mitglied einer oder mehrerer Organisationen. Wir alle besitzen eine mehr oder weniger intensive Kampfausbildung. In uns allen lebt die revolutionäre Kraft, der Patriotismus und die edlen Ziele, die uns verbrüdern und eng verbünden. Wir alle besitzen das Privileg, eine geschlossene Nation zu sein. Wir können und müssen als eine immense und unbesiegbare Armee vorgehen. Deshalb, Landsleute, ist es so, daß die Revolution, die in der über vierzigjährigen siegreichen Auseinandersetzung mit der stärksten Macht, die es je gegeben hat, umfassende Erfahrungen gesammelt hat, uns nicht einfach nur zur Disziplin anhält; nein, sie verlangt sie von uns. Wir bitten die Studenten und kubanischen Jugendlichen, denen die Riesenehre zuteil wurde, einen Platz an vorderster Front einzunehmen und die vom ersten Augenblick an so großartig gehandelt haben, dem ganzen Volk ein Beispiel an bewußter und revolutionärer Disziplin in diesem entscheidenden und heldenhaften Kampf zu sein; einer Disziplin, die die Revolution von jedem Bürger zur Rettung Eliáns fordert, eines Kindes, eines kleinen Pioniers, eines Enkels, eines Sohnes ganz Kubas; und in seiner Person zur Rettung der Milliarden Kinder der Welt, die der Unterrichtung, der Ernährung, gesunder Lebensverhältnisse, der Rettung und der Würde bedürfen. Der an einer stupiden, abstoßenden und abscheulichen Ungerechtigkeit festhaltende Feind wird unserer Moral, unserem Recht und unserer unaufhaltsamen Kraft im Kampf um diese gerechte Forderung nicht standhalten können und keine andere Alternative haben als die einer schnellstmöglichen Herausgabe Eliáns. Fidel Castro
Fidel 23. Dezember 1999 Ansprache des Präsidenten des Staatsrates der Republik Kuba, Fidel Castro Ruz, vor einer Gruppe von Kindern, die aus Anlaß der Demonstration für die Forderung nach Rückgabe des Kindes Elián González die Interessenvertretung der Vereinigten Staaten in Havanna beschützten, gehalten in der Gesellschaftseinrichtung "José Antonio Echevarría" am 23. Dezember 1999, "Jahr des 40. Jahrestages des Sieges der Revolution", bereichert mit einigen vom Autor selbst hinzugefügten Details. (Stenographischer Dienst - Staatsrat) Liebe Pioniere: Ich möchte nicht viel sagen, doch einige Dinge muß ich erwähnen. Wenn in diesen Tagen auch nicht viel Zeit zur Verfügung steht, müssen wir doch unaufhörlich arbeiten und kämpfen. Ihr wißt, warum ihr hier seid, nicht wahr? (Ausrufe: "Ja!"). Ihr wißt es. Ihr wißt, daß ein Kind wie ihr - noch kleiner als ihr, denn er ist gerade sechs Jahre alt geworden und ihr seid aus der vierten, fünften und sechsten Klasse, ihr seid älter als Elián - dort in den Vereinigten Staaten entführt worden ist. Ihr habt viele Erklärungen gehört und man hat euch erläutert, was geschehen ist, so daß ich das hier nicht mehr wiederholen muß. Aber stellt euch für eine Sekunde vor, daß man irgendjemanden von euch mitnimmt und daß ihm ein Unglück passiert, eine Tragödie wie die, die dieser Junge erlitt, der seine Mutter verlor als Folge der Feindseligkeit jener Nation, der Regierung dieses mächtigen Landes, das Anreiz gibt zu den illegalen Reisen, und zwar ohne sich darum zu kümmern, ob dabei Kinder,
Mütter oder Frauen sterben. Unser Land setzt denjenigen Familien, die emigrieren wollen, keine Grenzen. Die USA stellen jedes Jahr eine bestimmte Anzahl von Visa aus, denn es gibt immer Menschen, die davon träumen, in ein anderes Land umzusiedeln, und da die USA ein Land sind, das die Welt ausgeplündert hat, plündern sie weiterhin die Welt aus, beuten die Welt aus, besitzen große Reichtümer, und es kann dort viele arme Menschen geben, die für sie arbeiten, Millionen Mexikaner, Haitianer, Dominikaner und aus vielen anderen Nationen, die die härtesten Arbeiten verrichten. Wenn es darum geht, Zuckerrohr zu schneiden, Tomaten oder Früchte zu ernten, benutzen sie Immigranten dieser Länder, damit sie die körperlich schwierigsten und opferaufwendigsten Arbeiten tätigen. Ihr wißt, daß unser Land und jedes gerechte Land die Reichtümer unter allen verteilt. In einem gerechten Land gibt es keinen Egoismus, und sie nutzen die Gelegenheit aus, daß es sehr arme Menschen gibt, damit diese Armen dann die schlimmsten Arbeiten akzeptieren, wobei sie keine Sozialunterstützung, medizinische Betreuung und Bildung erhalten. Was sie empfangen, ist Ausbeutung. Sie zwingen sie dazu, für die Reichen zu arbeiten. Wenn ihr Kinder einmal eine Aktivität durchführt, oder wenn ein Mittelschüler aufs Land geht und Tomaten und anderes Gemüse erntet, dann ist der Ertrag nicht für euch, ihr macht es nicht, um Geld zu verdienen, sondern darum, um dieses Gemüse unter den Krankenhäusern zu verteilen, unter dem Volk, und außerdem mit dem Ziel, um zu lernen, so wie es Martí wollte, um die Arbeit und das Studium zu kombinieren. Deshalb seht ihr Pioniere, daß unsere Jugend zu großen Heldentaten fähig ist, da sie nicht erschreckt, wenn sie einen Ziegel anbringen, Unkraut zupfen oder zwei oder drei Stunden in der Sonne arbeiten muß. Deswegen sagte Martí, daß als beste Form der Ausbildung die Arbeit und das Studium kombiniert werden müßten. Das kann nur hier in unserem Land geschehen, denn dort sind die schweren Arbeiten den Immigranten vorbehalten, die aus den armen Ländern kommen. Keine dieser Arbeiten werden von den Reichen verrichtet, denn diese haben niemals in ihrem Leben eine Tomate geerntet. Aus diesem Grund gibt es oftmals Personen oder Familien aus den armen Ländern, die beabsichtigen, in dieses reiche Land zu gehen, um irgendeine Arbeit auszuüben, wobei sie manchmal von der Propaganda der sogenannten Konsumgesellschaften das heißt der Gesellschaften des Schunds - beeinflußt werden. Die Politik der Revolution besteht darin, demjenigen, der aus unserem Land ausreisen will und eine Einreiseerlaubnis in einem anderem Land erhalten hat, die Ausreise zu genehmigen. Unser Land verbietet keiner Familie die Ausreise, denn der Aufbau einer revolutionären und gerechten Gesellschaft wie der Sozialismus ist eine freiwillige Entscheidung. Klar, die Kinder tragen keine Schuld an dieser Art von Problemen. Kinder sind Kinder, sie sind dabei, sich zu bilden und zu lernen, es sind keine Erwachsenen, und wir respektieren das Recht der Familie, für sie zu entscheiden. Wenn eine Familie an einen anderen Ort der Welt reisen will, reist sie mit ihren Kindern. Das wird niemandem verboten. Unser Land hat auch nicht die Schuld daran, daß es Leute gibt, die illegal ausreisen, und es ist gefährlich, illegal auszureisen. Warum reisen sie illegal aus? Ah, weil sie in der Interessenvertretung kein Visum erhalten, in dem Gebäude, das ihr bewacht habt. Sie gewähren eine begrenzte Anzahl von Visa, und wenn andere, die die Erlaubnis nicht erhalten haben, auf illegalem Weg ausreisen wollen, dann tun sie dies und die Vereinigten Staaten legen ihnen kein Hindernis in den Weg. Es gibt viele, die auf legalem Wege kein Visum erhalten, da sie kein hohes kulturelles Niveau haben, weil sie keine beruflichen Kenntnisse vorweisen oder weil viele Leute, die nicht gerne arbeiten, die nicht die Gewohnheit haben, dies zu tun, oder die asoziale Elemente sind - viele davon sind vorbestraft -, daraufhin auf illegalen Wegen ausreisen, ohne irgendein Visum, und sie werden in den Vereinigten Staaten willkommen geheißen. Man wendet ein Gesetz auf sie an, von
dem ihr in diesen Tagen gehört habt, das denjenigen das Recht zur Wohnsitznahme gibt, die illegal gereist sind, und sobald sie ankommen, erhalten sie sogar sofort die Arbeitserlaubnis, wenn eine Beschäftigung in Aussicht steht. Und dies, obwohl wir ein Abkommen unterzeichnet haben, durch das jährlich 20 000 Visa ausgestellt werden, damit die Familien, die emigrieren wollen, dies legal, sicher und ohne irgendeine Gefahr tun können, was das Ziel dieser Vereinbarungen darstellt. Was machen aber nun diejenigen, die von der jährlichen Quote ausgeschlossen sind, weil sie nicht die erforderlichen Bedingungen erfüllen, oder diejenigen, die nicht warten wollen? Sie stehlen ein Boot oder bauen eines, oder sie steigen in Schnellboote ein, die aus den Vereinigten Staaten kommen, zum Preis von Tausenden von Dollar, die von in jenem Land lebenden Familienangehörigen bezahlt werden. Auf diese Weise versuchen sie, in die Vereinigten Staaten zu gelangen. In ein Boot, in das sechs Personen hereinpassen, steigen fünfzehn. Oftmals erleiden die Boote auf dem Weg Schiffbruch und sie ertrinken. Das bedeutet, daß sie denjenigen, denen sie keine Visa gewähren, erlauben, auf irgendeine Art zu reisen, was zur Folge hat, daß Menschen ertrinken und Familien ihre Kinder unter riskanten Bedingungen mitführen, und ich sage mit Bestimmtheit, daß man das niemals machen darf, denn es gibt kein Recht, das Leben eines Kindes in Gefahr zu bringen. Nicht einmal die eigenen Eltern haben das Recht dazu, das Leben ihres Kindes aufs Spiel zu setzen. Den Behörden der Vereinigten Staaten ist es egal, was geschieht. Es gibt das Gesetz und eine normale Form, eine Ausreise mit völliger Sicherheit zu unternehmen. Wäre es gerecht, wenn man irgendjemanden von euch auf ein Floß oder eines von diesen Booten setzen würde, das auf dem Weg sinken kann? (Ausrufe: "Nein!") Es wäre nicht gerecht, es wäre praktisch das einzige Mal, daß ein Kind sich seinen Eltern widersetzt, und wenn ich ein Kind wäre, würde ich es tun, ich würde mich dagegen wehren, daß sie mich auf eines dieser Boote oder auf ein Floß setzen, oder auf etwas, das auf dem Weg auseinanderbricht. Das ist sehr traurig, wenn so etwas geschieht. Wir haben darauf gedrängt, daß nicht zu den illegalen Ausreisen angespornt wird. Dieses Gesetz, von dem ich euch erzählte, gilt nur für Kuba und nicht für irgendein anderes Land auf der Welt. Das dient dazu, Propaganda zu machen und Lügen zu verbreiten, und so sind viele Leute das Risiko eingegangen oder haben ihr Leben verloren. Als wir das Migrationsabkommen unterzeichneten, verpflichteten sie sich dazu, keine Anreize für die illegalen Ausreisen zu geben, und sie haben diese Verpflichtung nicht erfüllt, wie es zahlreiche Genossen bereits erläutert haben und wie es Alarcón erklärt hat, der alle diese Vereinbarungen ausgehandelt hat. Und sie haben die Verpflichtungen nicht erfüllt, weil sie weiterhin die illegalen Ausreisen anspornen. Dabei sterben Menschen, sterben Mütter, sterben Kinder, sterben Jugendliche, sterben alte Menschen, und das aufgrund dieses Gesetzes, dieses Anreizes zu illegalen Ausreisen, und aus diesem Grund kommt es zu dramatischen Fällen wie dem, mit dem wir im Moment konfrontiert sind. In diesem Fall, dessen Geschichte nicht vollständig bekannt ist, wurde das Boot, in dem sie den kleinen Elián auf eine abenteuerliche Reise mitnahmen, von einem Kriminellen vorbereitet, einem gewalttätigen und aggressiven Individuum, das niemals in seinem Leben gearbeitet hat. Er war illegal in die USA gereist, blieb dort drei oder vier Monate, kehrte dann ebenfalls illegal zurück, wobei er entdeckt wurde, worauf er eine Zeit im Gefängnis saß, vielleicht drei oder vier Monate. Das ist sehr seltsam: Er reist illegal aus und kehrt illegal zurück. Wer ist wohl dieser Mann? Er sagte, daß er das Land verlassen und sich daraufhin dort gelangweilt habe, weshalb er seine Meinung geändert hätte. Er wurde freigelassen und zu seiner Wohnung in Cárdenas gebracht, um dort zu arbeiten, wenn er arbeiten wolle, wenn dieses Individuum auch niemals in seinem Leben gearbeitet hatte. Dieser Mann trägt die Hauptverantwortung für diese Tragödie. Warum? Ich muß es euch sagen, damit ihr es versteht. Er wurde zu einem Stiefvater, und es gibt sehr
gute Stiefväter, die sich verantwortlich um ihre Kinder kümmern. Aber dieses nicht einmal sechs Jahre alte Kind wußte nicht, was geschah, und dieser Bandit, von dem ich euch erzählt habe, ist der Hauptverantwortliche für dieses Abenteuer. Sie bauten ein Boot, unter Mithilfe von der einen oder anderen schamlosen Person, die sich für solche Sachen hergibt, mit Material, das hier und dort gestohlen wurde. Sie bauten ein schwächliches Boot. Und es war also dieser Herr, der als Stiefvater des Kindes fungierte - nicht als sein Vater und nicht als ein Stiefvater, der wie ein wirklicher Vater agiert, sondern als ein perfides Subjekt -, der entscheidend darauf Einfluß nahm, daß der kleine Elián diese Reise unternahm, denn er zwang Eliáns Mutter und schüchterte sie ein, und auf diese Weise begaben sie sich in diesem schwächlichen Boot zusammen mit anderen Personen, die 1000 Dollar bezahlt hatten, auf das Meer, wobei sie die Mutter und das Kind mitnahmen. Es fuhren noch andere Kinder mit, ich kann nicht exakt sagen, wieviele es waren, aber wenigstens ein weiteres Kind ertrank. Es gab ein Mädchen, das sich durch Zufall rettete. Das Wetter war schlecht, so daß das Boot umkehrte und am Ufer anlegte, um ein Ersatzteil zu suchen, und der Vater oder die Mutter ließen das Mädchen am Ufer, sie nahmen es nicht mit. Doch der kleine Elián hatte dieses Glück nicht. Er weinte in diesem Moment sehr stark und der Stiefvater befahl der Mutter auf drastische Art und Weise, das Kind zur Ruhe zu bringen. Wenn ihr das nicht gelingen sollte, würde er selbst es zum Schweigen bringen. Es gibt Personen, die diese dramatische Szene sahen, und sie befinden sich hier in Kuba. An jenem Tag wurden in der Tat zwei wehrlose Passagiere gewaltsam auf diesem zerbrechlichen Boot mitgeführt, nämlich die Mutter und ihr Sohn. Das Boot fährt am 22. November morgens ab und wird von einem Patrouillenboot entdeckt. Dessen Besatzung versucht sie davon zu überzeugen, eine solche Reise nicht zu unternehmen. So wird immer in solchen Fällen verfahren. Man wendet keine Gewalt an, um ein Boot zu stoppen, denn durch die Anwendung von Gewalt kann es zu einem Unfall kommen und dort auf dem Boot sind Frauen und Kinder. Unsere Patrouillenboote versuchen also in solchen Fällen, die illegal Ausreisenden innerhalb der 12 Meilen umfassenden kubanischen Hoheitsgewässer zu überzeugen und ihnen die Gefahren zu erläutern, jedoch ohne die Anwendung von Gewalt, denn ein Boot mit 14 Personen kann man nicht mit einer Hand festhalten, man kann es nicht mit einem Lasso einfangen wie ein Pferd, das ist immer gefährlich. Was unsere Patrouillenboote letztlich machen, wenn es ihnen nicht gelingt, sie zu überzeugen, ist die Benachrichtigung der US-Küstenwache, daß ein sich in einem solchen Zustand befindliches Boot auf dem Weg ist. Sie werden sofort per E-Mail oder per Fax benachrichtigt, damit sie dem Boot zur Hilfe kommen und es begleiten, da es sich bereits in Richtung des Staatsgebiets der Vereinigten Staaten bewegt. Und so geschah es dieses Mal, sie wurden sofort benachrichtigt. Sie sagen, daß sie ausgelaufen wären, um das Boot ausfindig zu machen, daß sie es nicht gefunden hätten und daß sie zwei Hubschrauber auf den Weg geschickt hätten, ohne das Boot zu sichten. Vom Mittag des 22. November, als das Patrouillenboot sie bis zur Grenze der 12 Meilen-Zone begleitete, bis zum 25. November gibt es keine weitere Nachricht von dem Boot. Man weiß weder, was am Nachmittag des 22. November geschah, noch was sich am 23., 24. und dem Morgen des 25. November zutrug. Am Nachmittag des 25. November - es sind bereits mehr als drei Tage vergangen - kommt die Nachricht, daß ein Boot mit 14 Personen an Bord Schiffbruch erlitten habe, daß zwei Erwachsene überlebt und einige Fischer ein Kind gefunden hätten, das sich an einen Autoreifen geklammert habe. Das war eine der Tragödien und der Traumata. Stellt euch ein Kind vor, stellt euch einen von euch vor, wie er auf einem solchen Boot Schiffbruch erleidet und überlebt, weil er sich an einen Reifen klammert. Wieviel Zeit verbrachte das Kind dort? Man weiß es nicht. Denn es gibt zwei Erwachsene, die überlebten. Ah, aber die verhört niemand, kein Reporter hat sie dort befragt. Nicht einmal die US-Regierung wollte uns Informationen darüber geben, auf welche Weise das Boot sank und an welchem Tag dies geschah, und sei es
auch nur um zu wissen, wieviele Stunden der Junge dort Tag und Nacht an einen Reifen geklammert zubrachte. Aber dieser Junge ist so stark und verfügt über solche Fähigkeiten und eine solche Beharrlichkeit, daß er aushielt und nicht starb. Wenn er gestorben wäre, hätte man vielleicht nichts mehr von ihm gehört. Doch der Zufall wollte es, daß ihn einige Fischer fanden und auflasen, um ihm sofort die korrekte Behandlung in einem Krankenhaus zukommen zu lassen. Die US-Behörden im Bundesstaat Florida müssen sehr gut wissen, an welchem Tag das Boot sank und wer das Abenteuer auf welche Art organisierte, weil sie über die Zeugenaussage der zwei überlebenden Erwachsenen verfügen. Eine Zeitung in Miami sprach sogar von Menschenschmuggel, bevor wir irgendwelche Details kannten. Jener Bandit, der die Reise organisierte und dessen Vorstrafenregister voll von gemeinen strafbaren Handlungen ist, weshalb er mehr als einmal hinter Gittern gesessen hat, war gemäß unseren Archiven ein aggressiver Mensch, der mehr als einmal Gewalt gegen die Mutter des Kindes angewandt hat, die einer ehrenwerten Arbeit nachging und die einzige Ernährerin der Familie war. Er beutete sie aus und lebte auf niederträchtige Art und Weise auf ihre Kosten. Es ist sehr gut möglich, und einige ihr nahestehende Personen sind vollkommen davon überzeugt, daß er seine gewöhnliche Gewalt einsetzte und die Mutter dieses Kindes mit dem Ziel einschüchterte, diese Reise zu unternehmen. Die Personen, die überlebten und die schmerzlichen Details all dessen kennen, was dort geschah, tauchen nicht auf. Wo haben sie sie hingebracht? Man weiß es nicht. Doch es ist offensichtlich, daß sie mit den Behörden sprachen und etwas erzählten. Eine Zeitung, die Kuba gewiß nicht freundlich gesinnt ist, gab bekannt, daß die anderen Personen, die in diesem Boot reisten, jeweils etwa 1 000 Dollar bezahlt hatten. Selbstverständlich handelte es sich nicht nur um eine illegale Ausreise, die von einem gemeinen Kriminellen organisiert wurde, der niemals in seinem Leben gearbeitet hatte, sondern es war außerdem eine Operation des Menschenschmuggels, die gemäß den internationalen Gesetzen, einschließlich derer der Vereinigten Staaten, unter Strafe steht. Ich weiß nicht, ob ihr das versteht. Versteht ihr es? (Die Kinder antworten: "Ja!") Ihr seid wirklich die ersten, denen ich diesen Teil der Geschichte, der bisher noch nicht erwähnt wurde, erzähle. Es ging darum, dies nicht anzusprechen, um nicht im Geringsten die Gefühle von irgendjemand zu verletzen. Es gibt eine tote Mutter, die ein Opfer dieses Banditen war. Wir haben versucht herauszufinden, ob die Mutter das Land verlassen wollte, weshalb wir Nachforschungen angestellt haben. Die Mutter hatte nie die legale Ausreise beantragt, die Erlaubnis zur Ausreise, und sie hätte das Visum der Vereinigten Staaten erhalten können, denn sie hatte Familienangehörige dort, war eine in einem Arbeitsverhältnis stehende Frau, die ihre Familie unterhielt, und hätte alle erforderlichen Bedingungen erfüllt. Doch es war nicht so, es gibt nicht den geringsten Beweis dafür, daß sie den Wunsch geäußert hätte, in dieses Land zu reisen. Und sie hätte es auf legalem Wege tun können, in Begleitung ihres Kindes, wenn der Vater es genehmigt hätte, denn die Erlaubnis des Vaters ist notwendig, wenn eine Mutter mit ihrem Kind ausreisen will. Derjenige, der aufgrund seiner Vorstrafen kein Visum erhalten hätte, war der Bandit, der die Rolle des Stiefvaters spielte. Es ist immer hart, wenn ein Kind das Land verläßt. Doch wir respektieren das Recht der Eltern, was die US-Behörden im Falle der Kinder von Kubanern nicht machen. Auch wenn es uns sehr schmerzt, respektieren wir das Recht des Vaters oder der Mutter, wir behindern in keinster Weise das Recht der Familie, auf legale Art ihre Kinder mitzunehmen, denn das ist das Recht der elterlichen Sorge, während die Kinder noch nicht die Volljährigkeit erreicht haben. Und wir beweisen jeden Tag, jeden Monat und jedes Jahr unsere Respektierung dieses Rechts, denn jeden Tag, jeden Monat und jedes Jahr reisen irgendein Vater oder irgendeine Familie auf legalem und sicherem Weg mit einem minderjährigen Kind in die Vereinigten Staaten. Es schmerzt uns, denn es ist ein Kind, das hier zur Schule geht, und
niemand weiß, was es dort erwartet, diese Dinge, die ihr angeklagt habt. Es tut uns weh, weil es ein Pionier weniger in der Schule ist und weil ein Tisch in einer Schule leer bleibt. Kuba respektiert dieses Recht der Eltern als etwas Heiliges, so sehr uns auch wehtut, daß ein Kind, das auf diesem Boden geboren wurde, von seinem Vaterland entwurzelt wird. Und wir bereuen es nicht, denn es obliegt uns nicht, das zu entscheiden, was die Familie bezüglich des zukünftigen Schicksals ihres Kindes entscheidet, oder was dieses Kind macht, wenn es erwachsen wird. Wir schützen es mit 13 Impfungen, damit es an keiner vorraussehbaren Krankheit stirbt, damit es die Möglichkeit hat, so gesund, gefahrlos und intelligent zu leben wie ihr, und wir sorgen dafür, daß es gut ernährt ist, daß ihm keine Medikamente fehlen und daß ihm nicht die tägliche Milch fehlt. Dies ist das einzige Land auf der Welt, in dem jedes Kind bis zu einem bestimmten Alter und ohne Ausnahme täglich einen Liter Milch garantiert bekommt. Aus diesem Grund seht ihr, wie gesund unsere Jugend aussieht, das was man im Gesicht sieht, am Körperbau, im Gebiß und bezüglich aller Aspekte, und zwar aufgrund der gewissenhaften Sorge unserer Gesellschaft für die Kinder. Man sieht es, wenn sie schon erwachsen sind, wenn sie bereits die Universität besuchen. Man muß nichts weiter als diese Gesichter sehen. Wer einen Defekt hat, dem wird er entfernt, wenn er irgendein Problem hat und zum Beispiel nicht richtig gehen kann, begibt er sich in eines der Orthopädischen Krankenhäuser und sie beheben seinen Schaden. Sie nehmen einige schmerzhafte Behandlungen durch, doch am Ende haben die Ärzte seine Gesundheit wiederhergestellt. Sie beheben jeglichen Defekt, der ein Kind von den anderen Kindern unterscheidet, sie richten die Zähne wieder her, sie reparieren alle Mängel und unternehmen alles Mögliche, damit die Kinder nicht nur gebildet, ausgebildet und gesund aufwachsen, sondern auch schön, und zwar genauso die Mädchen wie die Jungen. Das ist etwas, was die Besucher unseres Landes erstaunt, die Gesichter, die weitverbreitete Schönheit unserer Schüler und unserer Jugendlichen. Wir haben diese Pflicht erfüllt. Wenn der Jugendliche, wenn er erwachsen wird, in ein anderes Land übersiedeln will, weil sie ihm irgendeines von dem Haufen an Märchen, mit denen sie viele Leute mittels der Werbung der Konsumgesellschaften betrügen, in den Kopf gehämmert haben, dann schmerzt uns das, aber wir respektieren dieses Recht zur Emigration, wir respektieren das Recht der Eltern. Im Gegensatz dazu halten sie dort in den USA ohne irgendeinen Grund ein Kind fest, weil sie gerade Lust dazu haben, und sie respektieren nicht das Recht der elterlichen Sorge des Vaters, des einzigen überlebenden Vorfahren. Es handelt sich um das Kind, das die Mutter verlor und jetzt nur noch den Vater hat, der ein liebevoller Vater gewesen ist, der sich wirklich jederzeit um seinen Sohn gekümmert hat, was durch alle Dokumente bewiesen ist. Die gesamte Bevölkerung von Cárdenas weiß das, ebenso wie alle Schüler und Lehrer der Schule seines Sohnes und alle Nachbarn. Sie geben diesem Vater also seinen Sohn nicht zurück, sondern übergeben ihn einem entfernten Verwandten, der den Jungen nur ein einziges Mal gesehen hat. Daraufhin bemächtigt sich die ganze Bande der dort lebenden Feinde Kubas des Kindes, die schlimmsten Banditen dieses Landes, der Autor jenes TorricelliGesetzes, mit dem versucht wird, alle Kubaner, einschließlich der Kinder, durch Verhungern zu töten, sowie die Förderer, Autoren und kompromißlosen Verteidiger der grausamen Blockade, die unser Volk zu so vielen Opfern zwingt. Ja, sie sprechen von einem Kind, das ankam und dessen Glück sie anstreben. Welch eine Scheinheiligkeit! Während sie auf der anderen Seite einen unbarmherzigen Wirtschaftskrieg gegen uns führen, mit dem sie unser Volk durch Verhungern töten wollen, ohne dabei die Kinder auszunehmen. Wieviel Anstrengung kostet es uns gelegentlich, ein Medikament zu erhalten und die Nahrungsmittel zu beziehen. Wir müssen sie an weit entfernten Orten suchen, wo sie uns sehr viel mehr kosten. Und wenn trotz alldem keine Schule geschlossen
wurde und wenn wir trotz alldem ein Land sind, das den weltweit höchsten Pro KopfAnteil an Lehrern hat, dann ist das der Tatsache geschuldet, daß die Revolution sich vor allen anderen Dingen der Aufgabe widmete, die Kinder, die Mütter und die Familien zu unterstützen. Ihr habt in diesen Tagen von der Geschichte gehört, wie eines Tages mittels Betrug, Lügen und niederträchtigen Vorgehensweisen 14 000 Kinder illegal aus Kuba weggebracht wurden. In diesem Fall geschah es mit der Erlaubnis der Eltern, die betrogen wurden und denen die Söldner im Dienste einer ausländischen Macht sagten, daß die Revolution ihnen die elterliche Sorge wegnehmen würde, so als ob ein Kind ein Großgrundbesitz, eine Zuckerfabrik oder ein Bergwerk sei. Nein, es war eine Lüge! Denn sie arbeiten auf der Grundlage von Lügen, ihre ganze Propaganda basiert auf Lügen, sie hämmern den Leuten diese Lügen gewaltsam in den Kopf, indem sie sie eintausend oder eine Million Male wiederholen. Ah, aber es war illegal, und jetzt sind es bereits seit langer Zeit Erwachsene, die ihre Geschichten aufgeschrieben haben, sehr schmerzhafte Geschichten! Denn seit dem Zeitpunkt, als die Vereinigten Staaten die Reisen suspendierten und Tausende von Kinder dort ohne ihre Eltern in Waisenhäusern verblieben, litten sie unter einem Trauma, über das sie sprechen und schreiben, und viele von ihnen kritisieren sogar ihre Eltern, weil sie das mit ihnen machten, weil sie sie trennten und sie zum Durchleben eines schrecklichen Abenteuers wegsandten. Einige traten im Fernsehen in einem vor wenigen Tagen ausgestrahlten Dokumentarfilm auf, wobei sie diese traurige Geschichte erzählten. Im Fall von Elián besteht nicht nur eine Ungerechtigkeit, sondern es gibt wenigstens drei schwerwiegende Tatbestände: Die Reise war illegal, es war eine Operation des Menschenschmuggels und sie wurde organisiert von einem Kriminellen, der niemals in seinem Leben gearbeitet hatte und die Schuld dafür trug, daß 11 Personen starben, darunter Kinder, wodurch die Tragödie dieses Jungen, der noch nicht das 6. Lebensjahr erreicht hatte, und der Verlust seiner Mutter verursacht wurde. Welches Recht hatten die US-Behörden, dieses Kind zu nehmen und es einem Verwandten zu übergeben, der es ein einziges Mal gesehen hatte und es in eine Ware und ein vulgäres und plumpes Geschäft verwandelt hat, indem er den Jungen dort inmitten der schlimmsten Feinde unseres Vaterlandes fotografieren läßt, die beabsichtigen, daß wir an Hunger sterben als Folge von einem Gesetz nach dem anderen, die den Handel, den Import von Lebensmitteln, Technologie und Maschinen verbieten und aufs Äußerste die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes verhindern? Und nicht einmal das haben sie erreicht. Wir sind das Land, das in bezug auf viele Dinge, die von unserem Willen abhängen, weltweit den ersten Rang einnimmt. Es ist kein Land von großen Reichtümern, sondern von großen Wünschen, dem Volk zu helfen, denn einzig zu diesem Zweck existiert die Revolution, damit es Schulen und ärztliche Betreuung gibt, damit es Erholung gibt und damit das vorhanden ist, was die Kinder, Heranwachsenden, Jugendlichen, Erwachsenen und Alten benötigen. In allen Altersgruppen gibt es Bedürfnisse, die verschieden sind und um deren Erfüllung sich die Revolution bemüht. Das ist die Geschichte. Dem entfernten Verwandten übergeben sie den Jungen, ohne von ihm ein einziges Dokument zu fordern. Den Vater hingegen, den alle kennen, bitten sie um Beweise, und in der Tat kamen zwei Beamte, um alle Dokumente abzuholen, die auf absolute und unanfechtbare Weise seine Vaterschaft und sein moralisches Verhalten belegten. Von ihm fordern sie diese Dokumente, vom wirklichen Vater. Diejenigen, die das Kind gestohlen haben, bitten sie um kein einziges Dokument, und jetzt wissen sie nicht, wie es weitergehen soll, sie bewegen sich im Kreis, sind zerstritten und gelangen zu keiner Entscheidung. Und so halten sie ihn also fest, ungeachtet dessen, was die Ärzte und Psychologen sagten, nachdem sie das Gesicht des Jungen gesehen hatten, mit dem so viele plumpe Manöver veranstaltet worden sind, indem sie versuchen, seine unschuldige Seele mit diesen modernen Spielsachen und dem ganzen Schund zu kaufen und indem sie ihn nach Disneyworld mitnehmen.
Sie lassen ihn oftmals nicht einmal mit seinem Vater sprechen, und ich klage dies hier erneut öffentlich an. Der Vater und die Großeltern väterlicherseits und mütterlicherseits beklagen sich permanent, daß man sie nicht mit dem Kind sprechen läßt, zu dem sie eine so liebevolle und intime Beziehung hatten. Sie erfinden dort einen Vorwand nach dem anderen oder sie verlassen mit ihm das Haus, so daß seine Familie hier in Kuba manchmal zwei oder drei Tage nicht mit ihm sprechen konnte. Das einzige, was dem schrecklichen Gemütszustand dieses Kindes entgegenwirken kann, ist die Kommunikation mit dem Vater und den engsten, bekanntesten und intimsten Verwandten, und sogar das verbieten sie ihm. Es ist etwas Ungeheuerliches! Schaut, was für Banditen das sind, dieses Gesindel dort! Alle diejenigen, die auf dem Foto um das Kind herumstehen, sind Banditen aus der Gruppe der schlimmsten Feinde Kubas, und sie wollen auf alle Fälle das Kind behalten. Doch sie werden das Kind nicht behalten können, denn unsere Sache ist sehr gerecht, alle Gesetze und alle Argumente sind auf unserer Seite. Wir fordern von ihnen, daß sie die elterliche Sorge des Vaters für dieses Kind respektieren, so wie wir die elterliche Sorge von Tausenden, Zehntausenden und vielleicht über vierzig Jahre hinweg sogar von Hunderttausenden von Eltern respektiert haben! Wir bitten jetzt darum, daß die elterliche Sorge einer kubanischen Familie respektiert wird! Das ist das, worum wir bitten (Beifall), und sie sind nicht einmal dazu fähig, das zu tun. Als ich heute hierherkam, hatte ich nicht die Absicht, euch das zu erklären. Ich nutze die Gelegenheit und erzähle es euch. Gleichzeitig erläutere ich es mittels der Kommunikationsmedien allen Bürgern unseres Landes. Es ist notwendig, daß sie darüber Bescheid wissen. Ich habe eine Person erwähnt, und wir verfügen über alle Unterlagen bezüglich dieser Person, die wir bis zu diesem Moment nicht einmal erwähnen wollten, doch man muß der Welt zeigen, wieviel Niedertracht und Schamlosigkeit hierbei im Spiel ist, und zwar hinsichtlich der Art, wie die Reise organisiert wurde, und der Person, die sie organisierte, nachdem sie einige Monate in den Vereinigten Staaten gelebt hat. Es ist ein Monat vergangen und wir haben bekräftigt, daß wir ohne Ruhepause kämpfen werden, und zwar jedes Mal mehr. Gut, sehr gut. Jetzt hat ein Beamter erklärt, daß diese Angelegenheit nicht sofort gelöst wird und die Entscheidung bis zum 21. Januar verschoben wird. Auf diese Weise erfinden sie jeden Tag neue Dinge, und das alles aus Furcht vor dem dort lebenden exilkubanischen Gewürm. Und wenn ich von dem Gewürm spreche, beziehe ich mich nicht auf alle Kubaner, die in den Vereinigten Staaten leben, denn es gibt dort viele Kubaner, Mitglieder der kubanischen Gemeinde in den USA, die die Rückkehr des Kindes unterstützen und gegen die Blockade sind. Ich beziehe mich einzig und allein auf das Söldnergewürm, das im Dienst einer antipatriotischen und erwiesenermaßen terroristischen Mafia stehen, der zynischsten, herrschsüchtigsten und reaktionärsten Leute in den Vereinigten Staaten. Aus Angst vor diesen Leuten lösen sie die Angelegenheit nicht und fordern uns offensichtlich zu einem langen Kampf heraus. Wenn es ein langen Kampf ist, müssen sie wissen, welchen Preis sie für diesen langen Kampf zu zahlen haben, welchen Preis sie zu zahlen haben hinsichtlich der Tatsache, daß die Welt sieht, was dieses Volk darstellt, und daß die Welt dieses Volk kennenlernt, und zwar in dem Maße, in dem wir unsere Moral, unser Bewußtsein, unsere Vernunft und unsere Kraft unter Beweis stellen, denn die Mehrheit der US-Bürger unterstützt trotz dem alles überschwemmenden Abfall an reaktionärer Propaganda und allen dort verbreiteten Lügen im Moment die Rückkehr des Kindes, denn in den Vereinigten Staaten wie überall auf der Welt schätzen die Familien sehr dieses Recht, das sich elterliche Sorge nennt, und erkennen deutlich, daß dort die Rechte dieses Kindes und seines Vaters verletzt werden. (Beifall)
Also wie lange wird dieser Kampf noch dauern? Man muß sich darauf gefaßt machen. Doch vorerst möchte ich euch etwas sagen, und zwar: Die Offene Tribüne wird schon nicht mehr nur dort ihren Platz haben. Jener ist ihr offizieller Sitz, der Platz, an dem sie sich seit fast drei Wochen befindet. Hört euch das an: Diese Tribüne kann bereits an jeden anderen Ort des Landes gebracht werden. Eines Tages kann sie beispielsweise in Cárdenas stattfinden und sich von Cárdenas aus an das ganze Land wenden. Ein anderes Mal kann sie von der Plaza Cadenas der Universität Havanna aus das gleiche tun. Ich erklärte bereits, daß, zieht sich dieser Kampf hinaus, was sehr gut möglich ist, wir uns nicht verausgaben dürfen; wir müssen Energie und Kraft für einen langen Kampf aufsparen. Ihr kennt das recht gut. Wenn ihr drei Tage lang als Pfadfinder, als Pfadfinderkinder, die ihr seid, wandert, dann nehmt ihr Wasser für den ganzen Marsch mit und trinkt es nicht in der ersten halben Wegstunde. Werdet ihr sechs Stunden unterwegs sein, dann müßt ihr mindesten zwei bis drei Stunden hinter euch haben, wenn ihr zu trinken beginnt. Mir ist bei langen Wanderungen zur Gewohnheit geworden, das Wasser erst dort zu trinken, wo ich es wieder nachfüllen konnte. Wißt ihr warum? Denn wenn die Feldflasche leer ist, leidet man mehr unter dem Durst als wenn sie Wasser enthält. Man erträgt den Durst besser - und das ist ein kleines Geheimnis, das ich euch verrate -, wenn, obgleich man den brennenden Wunsch hat zu trinken, man weiß, daß man eine volle Feldflasche mit sich führt. Aber ist sie leer, steigert sich das Begehren und das Leiden auf das Doppelte oder Dreifache. Daraus erlernte ich die Lektion. Hatte ich weit zu gehen, benutzte ich jene Methode. Für diesen langen Kampf müssen wir eine volle Feldflasche mit uns führen und wenn wir etwas trinken, müssen wir versuchen, sie baldmöglichst auszufüllen. Und wir müssen die Wassermenge erhöhen, eine größere oder, ist der Weg sehr weit, zwei Feldflaschen benutzen: Kraft und Energie für ihren Einsatz in diesem Kampf sparen, in dem alles Recht, alle Moral, das absolute Recht, die absolute Moral auf unserer Seite ist; in diesem Kampf, in dem sie in ihre eigene Falle gegangen sind, denn sie hätten dieses von Anfang an in Ordnung bringen müssen. Mit jedem Tag fallen mehr Stücke von der Schale ihres Prestiges ab und auf diese Weise könnten sie am Ende dieses langen Kampfes total gehäutet dastehen. Es ist so, wie ich es euch sage. Deshalb müssen wir unsere kolossale Stärke gut einteilen. Zum gestrigen Marsch hatten die Organisatoren 70 000 aufgerufen und - um aus Krankheits- oder anderen wichtigen Abwesenheitsgründen mit einer Reserve rechnen zu können - 50 000 angekündigt; in der Tat waren es dann 100 000 Demonstranten. Alle, die eines jener T-Shirts mit dem Bild Eliáns besitzen sowie viele, die keines besaßen und sich geordnet bei den Blocks einfanden, in denen eine Anzahl Reserve-T-Shirts vorhanden war. Sie wurden jenen ausgehändigt, die auf jeden Fall an der Demonstration teilnehmen wollten. Deshalb waren es gestern nicht weniger als 100 000, obwohl 50 000 geplant waren. Und warum? Eben um Kräfte und Energie zu sparen. Wieviele Märsche haben wir noch vor uns, wenn dieser Kampf ein langer wird? Wir haben Unterricht. Wir haben Prüfungen. Es wird Ferien geben. All das muß einkalkuliert werden. Deshalb ist es absolut nicht richtig, alle Kräfte aufzuwenden. Wir sind bereit, sie in dem Maße einzusetzen, wie es sich wirklich erforderlich macht. Die vollen Feldflaschen - vielleicht kann diese Vorstellung nützen - für einen langen Marsch vorbereiten. Sie dort sind es, die nicht auf einen langen Marsch vorbereitet sind; wir sind es, die wir auf einen langen Marsch vorbereitet sind. Natürlich tun wir alles Mögliche, damit der Marsch ein minimaler wird, denn was uns vor allem interessiert, ist die Rückkehr des Kindes; ist, daß das Kind nicht mehr leiden muß. Wer sind die Schuldigen dessen, daß dieser Junge jetzt leidet, noch einen weiteren Tag, eine weitere Woche, einen weiteren Monat? Wir sind es nicht. Wir haben sogar eine würdige Lösung vorgeschlagen und sagten, wir wollen niemanden kränken. Zudem wissen wir, daß man in den Vereinigten Staaten hinsichtlich dieser Frage
sehr, aber auch sehr geteilter Meinung ist; daß viele sachliche, kluge und geistesgegenwärtige Menschen für die Rückkehr des Jungen sind. Wird die Befreiung dieses Kindes hinausgezögert und muß es noch eine Minute länger, einen Tag länger, eine Woche länger oder einen Monat länger leiden, so wird dieses niemals unsere Schuld sein. Doch je länger er zurückgehalten wird, desto nachdrücklicher und entschiedener werden wir den Kampf solange er notwendig ist, führen. Dann werden wir ja sehen, wer diese Schlacht gewinnt, sie oder wir . (Beifall und Ausrufe); dann werden wir ja sehen, wer mehr erreicht, die Stärke und die Übermacht oder das Recht und die Gefühle eines ganzen Volkes, das nicht allein sein wird in der Welt. Wie wir vor einigen Wochen schon sagten: Wir werden Himmel und Erde in Bewegung setzen! (Beifall) Und die gesamte Verantwortung für jedes Fünkchen Leiden des Kindes; und nicht nur des Kindes, auch des Vaters, der schrecklich leidet, besonders wenn sie den Jungen nicht einmal mit ihm telefonieren lassen; der Großeltern, die schrecklich leiden, und seiner Schulkameraden; es sind 900, die schrecklich leiden; wie ich auch weiß, daß die Millionen Pioniere unseres Landes schrecklich leiden; also alle Verantwortung dafür tragen die Behörden der Vereinigten Staaten. Jetzt glaube ich, habt ihr eine Erklärung, die euch verständlich ist. Denn wenn ich mir die Kinder anhöre, die im Fernsehen sprechen und die, die in der Schule des kleinen Elián gesprochen haben, werde ich immer mehr der Klugheit unserer Kinder gewahr, der Kenntnisse unserer Kinder, der Gefühle unserer Kinder; und daher weiß ich, daß ihr versteht, was ich euch sage. Wärt ihr Pioniere der ersten, zweiten und dritten Klasse, würde ich mich nicht so ausdrücken. Doch zu euch aus der vierten, fünften und sechsten Klasse meine ich, kann ich schon so sprechen. Weshalb sind wir heute abend hier bei euch? Ganz einfach, weil ihr gestern eine Seite der Geschichte geschrieben habt. Wußtet ihr das? (Nein!-Rufe) Ihr wußtet es nicht. Ist in Ordnung. Ihr müßt es nicht wissen; man muß es euch sagen und erklären (Beifall); und ich bin eben dabei. Ich versuche es euch zu erklären, denn ihr habt gestern etwas geleistet, was noch nirgendwo auf der Welt vorgekommen ist. Ihr, die ihr unsere Wahllokale bewacht, wo nicht eine einzige Stimme gekauft wird und wo die Bürger wirklich wählen, und zwar nicht jenen, der das meiste Geld hat, die meisten Pamphlete verfaßt oder über die meiste Propaganda verfügt; sondern die Bürger wählen jenen, der die meisten Verdienste hat und am fähigsten ist. Das wissen unsere Kinder. Jene Wahllokale, die überall auf der Welt von bis zu den Zähnen bewaffneten Soldaten bewacht werden, werden hier von Pionieren bewacht. Ihr habt eine außerordentliche moralische, soziale und menschliche Kraft dargestellt, die noch zu viel mehr fähig ist. Wir haben eine Realität begriffen: Bei jedem Marsch des Kämpferischen Volkes wurden als spezielle Sicherheitsmaßnahme - sei es auch nur, um die Bewohner der an der Demoroute stehenden Häuser zu beruhigen - zwei Reihen von Kräften der Spezialeinheiten aufgestellt, die jedoch unbewaffnet waren, unbewaffnet! Also gab es beim letzten Marsch keine Pistolen, ja nicht einmal Knüppel zusätzlich zu denen der normalen Wachposten zum Schutze der Botschaften. Wir stellten uns eine Frage: Worin liegt eigentlich unter diesen Umständen die Garantie für diese Botschaften? Sie liegt grundsätzlich in der hohen Bildung unseres Volkes, in der Erziehung unseres Volkes, in der Einheit unseres Volkes. Es kann eine Einzelperson geben, die im vollen Zorn einen Stein werfen will. Jene Maßnahmen wurden seit Anfang des Problems ergriffen, um spontanen Ausschreitungen vorzubeugen. Doch wir haben absolutes Vertrauen in unser Volk, in unsere Studenten, in unsere Jugendlichen, in unsere Arbeiter, in ihr Bewußtsein, ihre Gefaßtheit, ihre Klugheit und politische Kultur. Sie wissen, daß die diplomatischen Vertretungen zu respektieren sind. Das ist eine internationale Pflicht; und wir wissen dieser Pflicht vorbildlich nachzukommen und diese Sicherheit zu bieten. Natürlich liegt die Hauptgarantie - das wissen wir gut, und ich wiederhole es - in der Bildung unseres Volkes. Es können dort eine Million
Bürger demonstrieren, und keiner von ihnen schleudert einen Stein, denn sie wissen, daß darin nicht ihre Aufgabe besteht. Es wird etwas geschleudert, das viel stärker ist als ein Stein. Es wird eine Idee, eine Botschaft geschleudert, in kurzen Worten: "Laßt Elián frei!" oder "Retten wir Elián!" (Beifall) Es sind weder Steine noch Beleidigungen. Mit Beleidigungen ist kein Meinungskrieg zu gewinnen. Derartige Schlachten gewinnt man mit Vernunft, mit Argumenten, mit Ideen. Ihr könnt versichert sein, daß jeder einzelne eurer dort abgegebenen Aussprüche, jede Losung, sagen wir jeder Ausruf eine Botschaft, eine Idee in sich birgt; es sind intelligente Waffen. Ihr habt von intelligenten Waffen sprechen gehört. Es sind jene, die aus Tausenden Kilometern Entfernung ins Schwarze treffen, und ihr Abschußplatz ist ungefähr so groß wie dieser Hof hier. Wir müssen intelligente Waffen einsetzen, und diese intelligenten Waffen sind unsere Ideen. Unsere intelligenten Waffen sind unsere Argumente. Unsere intelligenten Waffen setzen sich zusammen aus Prinzipien, aus unserer revolutionären Denkweise; und unser Arsenal der intelligenten Waffen ist unendlich groß, denn wenn jeder einzelne von euch bei einer Demonstration oder auf einer Kundgebung dort ruft "Gebt Elián zurück!", "Elián soll zurückkehren!", "Retten wir Elián!", "Laßt Elián frei!", so benutzt er intelligente Waffen, gegen die es keine mögliche Verteidigung gibt (Beifall); und die intelligenten Waffen sind die Moral, die Vernunft, die Vorbildlichkeit, das Bild einer geeinten Volkes und eines Volkes, das eine gerechte Sache mit beeindruckender Standhaftigkeit verteidigt; ein Volk, das nicht aufgibt und sich niemals entmutigen läßt, weder seine alten Menschen, noch seine Erwachsenen, noch seine Pioniere. Mit diesen Waffen ist unser Volk unbesiegbar, denn wir können sie in alle Ecken der Welt gelangen lassen. Obwohl sie zahlreiche weltweite Fernsehsender und andere Massenmedien besitzen, haben wir die Videokassetten mit den Aufnahmen der Kundgebungen und der Märsche und wir haben viele Freunde und viele Arten, ihnen an jedem Ort der Welt die Botschaften in Form von Schreiben, Filmen und Ansprachen zukommen zu lassen. Deshalb wäre es lächerlich, dumm und zudem primitiv, in einer Botschaft - in diesem Falle in der Interessenvertretung der Vereinigten Staaten - durch einen Steinwurf eine Glasscheibe zu zerbrechen. Was man jedoch aus der Welt erfährt, sind Kundgebungen vor den US-Botschaften, die tagtäglich und fast zu jeder Stunde stattfinden, immer wenn sie eine Gewalttat oder Verbrechen begehen. Dabei werden Steine geschleudert, Glasscheiben zerbrochen, Fahnen und Sinnbilder wie Puppen in Gestalt des Uncle Sam verbrannt - all das seht ihr doch hin und wieder - und überall gewaltige Auseinandersetzungen mit der Polizei. Ich kritisiere sie nicht. Es ist oftmals für sie das einzige Mittel, um ihrem Zorn und ihrem Ekelgefühl dieser Welt gegenüber Luft zu machen, einer Welt voller Mißbrauch und Ungerechtigkeiten. Sie besitzen nicht wie das ganze kubanische Volk, vereint und frei, die Möglichkeiten des politischen Kampfes. Oftmals sind es 500, 1000, 2000, 3000 Menschen, die inmitten eines feindseligen und repressiven Klimas zusammenkommen, um ihren Ruf nach Gerechtigkeit laut werden zu lassen. Als wir vor der Revolution noch nicht über diese Stärke verfügten, noch kein geeintes Volk hatten, gingen wir auch vor ein Konsulat oder eine Botschaft, vor die US-amerikanische in unserer Studentenzeit, um Steine zu schleudern, Wände zu beklecksen und ähnliches zu tun. Ich erinnere mich, als einige Marineinfanteristen auf die Martí-Statue im Parque Central kletterten, was eine heftige Wut auslöste, gingen wir Studenten bis zur Botschaft, die sich damals dort befand, ganz in der Nähe des Museums von Eusebio Leal in der Altstadt; und die Polizei schlug mit Gummiknüppeln und Stöcken auf uns ein, um uns an diesen Dingen zu hindern. Wie anders ist es heute! Wie anders sind die Waffen, die wir einsetzen können! Wir benutzen, wie ich euch im einzelnen erklärte, Argumente, Ideen; und ich weiß, daß ihr das versteht. (Beifall)
Warum habt ihr eine Seite in der Geschichte geschrieben? Weil zum ersten Mal in unserem Land und in der Welt überhaupt anstelle von Spezialeinheiten und Soldaten zur Verstärkung der Bewachung der Interessenvertretung der Vereinigten Staaten 2000 Pioniere, Zweitausend Pioniere! die Bewachung jener Interessenvertretung im Verlaufe des Marsches übernommen hatten. Diese Interessenvertretung ist normal geschützt durch eine Anzahl von Wachposten, die bei Spannungssituationen verstärkt werden, um eben gerade zu vermeiden, daß irgendein Vereinzelter im guten Glauben oder irgendein Provokateur mit einem Steinwurf oder dem Zerbrechen auch nur einer Fensterscheibe die Ehre unseres Landes befleckt. Es käme sofort zu einem großen Werbefeldzug und dem Skandal, daß die diplomatische Vertretung der Vereinigten Staaten in Kuba Angriffen ausgesetzt ist. Wir aber haben die unbedingte Pflicht, die Immunität und Integrität aller diplomatischen Vertretungen, darunter der Interessenvertretung, zu schützen. Deshalb ist für uns das gestrige Ereignis, als ihr 15 Minuten vor Beginn des Vorbeimarsches eine Art bewachungsverstärkende Mauer bildetet, ein historischer Augenblick. Gab es für diesen Schutz jemals eine größere Verstärkung? (Nein!Rufe) Nein!, und ich werde euch den Grund dafür erklären. Er wird verstärkt durch ein wachsendes Bewußtsein unseres Volkes, eine stets höhere Kultur; und er wird verstärkt durch die Tatsache, daß dieses Volk niemanden mehr achtet und schützt als die Kinder. Drei Reihen Kinder sind der stärkste Schutz, den die Interessenvertretung in diesem Land je hatte. (Beifall) Euer ganzes Leben lang werdet ihr euch an diesen Tag erinnern, und eure Eltern werden immer stolz auf euch sein. Wir wußten verständlicherweise, daß ihr keinerlei körperlicher Gefahr ausgesetzt wart, und zwar aus den Gründen, die ich euch bereits erklärte. Dort demonstrierten die anderen Pioniere. Dort waren die Pioniere der Mittelstufe, die Schüler der Oberstufe und die Studenten, eure, vertrauten Freunde, die auch demonstrierten. Dort demonstrierten jene Jugendlichen, die euch so sehr beschützen. Dort marschierte das patriotische und revolutionäre Volk, das die Kinder so liebt; denn sie haben Kinder, denn sie sind Eltern. (Beifall) Wer hätte euch besser beschützen können als sie alle? Jene Truppe Pfadfinderpioniere war die Bewachung während des gestrigen Marsches und glaubt mir, kleine Kampfgefährten, ihr habt in jenem Augenblick eine ruhmreiche Seite gefüllt. (Beifall) Wenn ihr größer seid, werdet ihr stolz darauf sein und eure Eltern noch mehr. Ihr wart die ersten und alle hier aus dem Stadtbezirk Plaza. Deshalb konnten wir uns heute hier zusammenfinden in dieser Einrichtung des Jugendverbandes, ohne weit gehen zu müssen, denn 17 Schulen des Stadtbezirks Plaza entsandten die Pioniertruppe zur Bewachung jenes Gebäudes. (Beifall) Taten sie das etwa zur Verteidigung des Imperialismus? (Nein!-Rufe) Sie taten es zur Verteidigung der Revolution. Sie taten es, um der Welt zu zeigen, was dieses Land ist; um der Welt zu beweisen, daß so etwas heutzutage nur dieses Land tun kann (Beifall), die Bewachung nicht nur von Wahlurnen, sondern die Bewachung von Botschaften und die Bewachung all dessen, was bewacht werden muß und von unseren Pionieren bewacht werden kann. Daher haben wir gestern auf einer Versammlung mit der Leitung des Jugendverbandes, des Studentenbundes und der Pioniere beschlossen, euch heute nachmittag ein Diplom der Anerkennung zu überreichen, das ihr euer Leben lang aufbewahren sollt. (Beifall und Ausrufe "Es lebe Fidel! Es lebe Fidel!") Nein, nein, nein; ihr sollt hochleben und ein langes Leben haben, um den Stolz auf dieses Diplom genießen zu können! Bewahrt es auf und übermittelt es euren Kindern und euren Enkeln, wenn es so weit ist! Wir hoffen, ihr findet einen geschützten Platz dafür; und wenn es aus irgendeinem Grunde abhanden kommt, ersetzen wir es euch, denn wir haben die Liste der Empfänger. Doch hebt es nur gut auf, denn dieses ist ja das Diplom jenes Tages. (Beifall und Zurufe) Auf der gestrigen Versammlung haben wir den Text verfaßt. Hört gut zu. Es heißt
folgendermaßen: "Anerkennung an:" hier kommt der Name des Pioniers. Dafür hatten wir nun keine Zeit, und es sollte auch in Schönschrift sein. So werden sie also in eure 17 Schulen gebracht, die dann deutlich und möglichst schön den entsprechenden Namen in jedes Diplom schreiben. (Beifall) "Anerkennung an:" (zeigt auf ein Mädchen der ersten Reihe) Wie heißt du? Sprich laut, komm, sprich, beeile dich. Wie heißt du? (Die Pionierin kommt näher und nennt ihren Namen.) Elizabeth Gálvez Soler. Dann wird also hier stehen: "Anerkennung an Elizabeth Gálvez Soler"; dann folgt der Text: "Pionier" - nun weiß ich nicht, ob man hier der Perfektion halber Pionier oder Pionierin schreiben sollte. Letzteres wäre das beste, denn im Text muß ohnehin eine kleine Änderung vorgenommen werden. Es wäre also das beste, bei den Mädchen Pionierin zu schreiben, obwohl bei uns als Gattungsname Pionier gebräuchlich ist, nicht Pionier oder Pionierin. Doch da es sich hier um ein persönliches Diplom handelt, sollte es heißen: "An Pfadfinderpionierin oder Pfadfinderpionier" - das ist für uns keine Mühe - "der die von der Revolution übertragene Aufgabe geleistet hat bei Erfüllung ihrer Pflicht - das heißt, der Pflicht der Revolution - der Bewachung der diplomatischen Vertretung der Vereinigten Staaten während des historischen Marsches der Pioniere, Studenten und jungen Arbeiter zur Befreiung von Elián." (Beifall) Darunter meine Unterschrift. Natürlich konnte ich nicht 2000 unterzeichnen - und es werden viele verteilt werden müssen. Doch ich habe für euch eine ganz besondere Unterschrift geleistet. Ich wollte, daß sie so leserlich wie möglich ausfällt, und hier ist sie. (zeigt sie vor) Es ist klar, wenn man eigenhändig eine Unterschrift leistet, erscheint sie dann gedruckt auf allen anderen Diplomen, und seien es 100 000. Nun werde ich euch nicht betrügen und sagen, ich habe einen Monat lang unterschrieben. Es gibt viel zu tun. Doch für dieses Diplom der Anerkennung habe ich speziell eine Unterschrift gegeben. Heute wollten wir symbolisch ein Diplom pro Schule überreichen; doch wir werden die jeweiligen Diplome den Schülern jeder Schule zusenden. Wie ich bereits sagte, ist noch ein kleiner Fehler zu verbessern. Es muß heißen: "bei Erfüllung ihrer Pflicht" - das heißt, der Pflicht der Revolution - und nicht wie dasteht: "bei Erfüllung seiner Pflicht". Es ist nicht die Pflicht des Pfadfinderpioniers, die Vertretung zu schützen. Ihr habt eine von der Revolution erteilte Aufgabe erfüllt; und grammatisch einwandfrei muß es hier heißen "ihrer" und nicht "seiner". Denn es ist die Pflicht der Revolution, die Interessenvertretung zu bewachen. Dabei hat der Pionier das ausgeführt, was ihr gestern getan habt, nämlich die von der Revolution übertragene Aufgabe erfüllt. Ist das klar? (Beifall und Ja-Rufe) Sehr gut, und morgen seid ihr alle in der Schule, und wir werden sehen, ob die FEEM (Schülerverband) und die UJC (Jugendverband) ihr Versprechen von heute abend einhalten und die 2000 Diplome mit ihren Korrekturen fertigstellen, einmal zur Unterscheidung von Jungen und Mädchen und das Wort "ihrer" anstelle "seiner". Dieser kleine Fehler kam ganz gelegen, denn dadurch können wir das Diplom noch vervollkommnen. All das ist in nur Stunden geschehen. Sie haben den Marsch sehr schnell organisiert. Was sage ich, Marsch? Wer weiß, wieviele Dinge sie noch vorbereiten werden. Der Reichtum an Mitteln für diesen Kampf ist unendlich groß; das kann ich euch, liebe Pioniere, sagen. Der Reichtum an Mitteln und Ideen ist unendlich groß. (Beifall) Sie stützen sich nicht auf Gewalt, sie beruhen auf Ideen. Denkt stets daran, was Martí gesagt hat und ihr vielleicht schon mehrmals gehört habt: "Schützengräben aus Ideen sind mehr wert als Schützengräben aus Stein." Das werden wir unwiderlegbar beweisen. Unsere Kräfte müssen wir sparsam einsetzen, in der Wirtschaft, der Produktion und den Dienstleistungen aufrechterhalten, in den Schulen gute Zensuren erstreben, das Unterrichtsprogramm voll durchsetzen. Wir werden alles realisieren, ohne Einschnitte. Euch bitten wir, Schüler der Grund-, Mittel- und Oberstufe, Studenten, Lehrer und
alle um eine nur kleine zusätzliche Anstrengung, damit wir nicht das Mindeste dessen unterlassen, was wir tun müssen: produzieren und gleichzeitig in den Köpfen und Herzen dieses ungeheuren Schatzes, den unsere Kinder und Jugendlichen darstellen, das Saatkorn zu pflanzen, das gepflanzt werden muß. Von allen wird etwas mehr Anstrengung erbeten, und ich weiß, daß ihr über genügend Energie und sogar über genügend Zeit verfügt, wenn ihr vielleicht einmal irgendein Fernseh- oder Rundfunkprogramm auslaßt, das bei allen beliebt ist. Fürs erste dürft ihr diese außerordentlichen Veranstaltungen der Offenen Tribüne nicht verpassen. Denn hier erlangt man Allgemeinbildung und politische Bildung, die wichtigste aller Bildungen und an der es unserer heutigen Welt am stärksten mangelt. Ich hatte euch bereits gesagt, am Samstag wird die Offene Tribüne in das Teatro Nacional (Man ruft ihm zu: in die Sala Avellaneda) verlegt. Beide Male? (Es wird bejaht) Es wird ein Kinderprogramm mit Kindern als Darsteller geben in Unterstützung des Kampfes für die Befreiung Eliáns. (Beifall) Also, die Offene Tribüne mit ihren Sprechern, ihren Persönlichkeiten und ihrem Führungspersonal um 17.00 Uhr im Teatro Nacional. Die Übertragung erfolgt für das ganze Land über beide Fernsehkanäle; wir streben beide Kanäle an. Die Veranstaltungen der Offenen Tribüne nahe der SINA (Interessenvertretung) werden stets über beiden Kanälen übertragen. In diesem Fall werden wir sehen. Doch sogar die Kinder in Baracoa werden es sich am Bildschirm ansehen. Ich schlage der Pionierorganisation vor, eine Anzahl Eintrittskarten in Prämienform jenen Wachposten zu überreichen, die gestern eine Seite in der Geschichte geschrieben haben. (Beifall) Samstag und Sonntag dort. Am Montag wird sie woanders sein. Da nun ein Herr Beamter gesagt hat, die Lösung zögere sich was weiß ich bis welchen Monat und zu welchem Datum hinaus, und da sie ein falsches Spiel treiben und Tricks anwenden, will ich euch eine Idee mitteilen, die wir sofort oder so schnell wie möglich in die Praxis umsetzen werden, nämlich am Ort der Offenen Tribüne eine ständig Offene Tribüne einzurichten. (Beifall) Eine ständig Offene Tribüne, besser konstruiert und stärker! Doch sie sollen wissen, daß diese Tribüne der Hauptsitz dises Programms ist und daß sie dort aufgestellt und bleiben wird. (Beifall) Was wir bestenfalls nach der Rückführung des Kindes tun werden, ist die Beseitigung der auf das Gebäude der Interessenvertretung gerichteten Lautsprecher, damit sie nicht im mindesten durch den Widerhall unserer Aktivitäten unweit dieser Vertretung gestört werden. Doch unsere ruhmreiche Jugend braucht eine permanente Tribüne der Bildung und Erziehung, eine permanente Schule für, sagen wir, Allgemeinbildung und politische Bildung. (Beifall) Diese in der Hitze des von euch ausgetragenen Gefechts entstandene Tribüne wird dort ihren Platz haben und bleiben. Es ist gut möglich, daß dort eines Tages Vorträge über Geschichte, Wirtschaftsfragen, Politik, zu verschiedenen Themen der heutigen Welt gehalten werden. Es wird dort alles geben, alles. Ihr Repertoire wird sehr reichhaltig sein. Doch ihr Hauptzweck wird in der Allgemeinbildung und der politischen Bildung unserer Kinder, unserer Jugendlichen und unseres ganzen Volkes bestehen. (Beifall) Ich nutze die Gelegenheit, um euch diese Nachricht zu übermitteln: Angesichts der Taktik, den Fall des entführten Kindes bis zum Sankt Nimmerleinstag hinauszuschieben, und der fortgesetzten grausamen und unaufhörlichen Anfeindungen gegen unser Volk, die nun bereits fast ein halbes Jahrhundert andauern, besteht die Antwort Kubas in der permanent Offenen Tribüne, von der aus heute die Rückkehr Eliáns gefordert wird. (Beifall) Ganz herzlichen Dank, ihr überaus lieben kleinen Gefährten. Ihr habt euch gut verhalten. Wir werden euch stets im Gedächtnis behalten und als Vorbild betrachten. Ich gehe in der Genugtuung über die Aufmerksamkeit, die ihr gezeigt habt, über euer diszipliniertes Verhalten, und ich werde einen Ausspruch anbringen, der zwar nicht definitiv ist, denn wir dürfen uns nicht von der Idee Vaterland oder Tod, noch der
Idee Sozialismus oder Tod lossagen, doch ich möchte den Ausspruch einer jungen Abgeordneten der Nationalversammlung anbringen: Vaterland und Leben! Leben für euch, ist das, was wir wollen! (Beifall) Unsere Pioniere werden nicht sterben müssen. In dem langen und historischen Kampf unseres Volkes, von dem niemand das Ende exakt voraussagen kann, fordert das Vaterland von unseren Pionieren, von euch, die ihr dann schon Jugendliche und Männer und Frauen sein werdet, vielleicht irgendeinmal das Opfer ihres Lebens. Doch da wir heute stärker denn je sind und über so viele intelligente Waffen verfügen, werden wir diese Schlacht für das Leben gewinnen; und nicht nur für das eure, sondern für das Leben aller Kinder der Welt. Unsere Taten werden Hunderten Millionen nützen. Durch die Bresche, die wir heute schlagen, werden morgen Millionen, Hunderte Millionen Kinder gehen, die in der Welt von heute noch keine Schule, keinen Arzt haben, noch die patriotische, revolutionäre, sozialistische und internationalistische Erziehung, die unser Volk besitzt. (Beifall) Bis zum nahen Sieg! (Beifall und Rufe "Fidel, Fidel, Fidel!") Auch für die Pionierleiter, die euch an jenem Tag begleiteten, gibt es eine Urkunde. Auch sie werden ihre verdiente Anerkennung erhalten. Ich hatte es vergessen zu sagen. (Beifall)