Enzyklopädie der Psychologie
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ENZYKLOPÄDIE DER PSYCHOLOGIE In Verbindung mit der Deutschen Gesellschaft für Psychologie herausgegeben von
Prof. Dr. Niels Birbaumer, Tübingen Prof. Dr. Dieter Frey, München Prof. Dr. Julius Kuhl, Osnabrück Prof. Dr. Wolfgang Schneider, Würzburg Prof. Dr. Ralf Schwarzer, Berlin
Themenbereich C
Theorie und Forschung Serie IV
Motivation und Emotion Band 3
Psychologie der Emotion
Hogrefe • Verlag für Psychologie Göttingen • Bern • Toronto • Seattle
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Psychologie der Emotion
herausgegeben von
Prof. Dr. Gerhard Stemmler, Marburg
Hogrefe • Verlag für Psychologie Göttingen • Bern • Toronto • Seattle
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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Satz: Grafik-Design Fischer, Weimar Druck und Bindung: AZ Druck und Datentechnik, Kempten/Allgäu Auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt Printed in Germany ISBN 978-3-8017-0599-2
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Autorenverzeichnis PD Dr. Georg W. Alpers
Prof. Dr. Arvid Kappas
Lehrstuhl für Psychologie I Julius-Maximilians-Universität Würzburg Marcusstr. 9–11 97070 Würzburg E-Mail:
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Jacobs University Bremen School of Humanities and Social Sciences Campus Ring 1 28759 Bremen E-Mail:
[email protected]
Prof. Dr. Boris Egloff Psychologisches Institut Johannes Gutenberg-Universität Mainz 55099 Mainz E-Mail:
[email protected]
Prof. Dr. Heinz Walter Krohne Psychologisches Institut Johannes Gutenberg-Universität Mainz 55099 Mainz E-Mail:
[email protected]
Prof. Dr. Ute Kunzmann Prof. Dr. Alfons Hamm Institut für Psychologie der Universität Greifswald Franz-Mehring-Str. 47 17487 Greifswald E-Mail:
[email protected]
Universität Leipzig Institut für Psychologie I Seeburgstr. 14–20 04103 Leipzig E-Mail:
[email protected]
Dr. Thomas D. Meyer Prof. Dr. Ursula Hess Department of Psychology University of Quebec at Montreal P. O. Box 8888, Station „CentreVille“ Montreal, Qc H3C 3P8 Canada E-Mail:
[email protected]
Medical School, Newcastle University Institute of Neuroscience Framlington Place Newcastle upon Tyne, NE2 4HH United Kingdom E-Mail:
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VI
Autorenverzeichnis
PD Dr. Andreas Mühlberger
Prof. Dr. Klaus Rothermund
Lehrstuhl für Psychologie I Julius-Maximilians-Universität Würzburg Marcusstr. 9–11 97070 Würzburg E-Mail: muehlberger@psychologie. uni-wuerzburg.de
Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie II Friedricht-Schiller-Universität Jena Am Steiger 3, Haus 1 07743 Jena E-Mail:
[email protected]
Prof. Dr. Roland Neumann
Prof. Dr. Udo Rudolph
Universität Dortmund Fachbereich 14, Abteilung Psychologie Emil-Figge-Str. 50 44227 Dortmund E-Mail:
[email protected]
Technische Universität Chemnitz Institut für Psychologie Allgemeine und Biopsychologie 09107 Chemnitz E-Mail: udo.rudolph@phil. tu-chemnitz.de
Prof. Dr. Lothar Schmidt-Atzert Prof. Dr. Paul Pauli Lehrstuhl für Psychologie I Julius-Maximilians-Universität Würzburg Marcusstr. 9–11 97070 Würzburg E-Mail:
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Fachbereich Psychologie Philipps-Universität Marburg Gutenbergstr. 18 35032 Marburg E-Mail:
[email protected]
Prof. Dr. Harald T. Schupp Prof. Dr. Dr. Martin Peper Fachbereich Psychologie Philipps-Universität Marburg Gutenbergstr. 18 35032 Marburg E-Mail:
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Universität Konstanz Allgemeine Psychologie Postfach 36 78457 Konstanz E-Mail:
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Autorenverzeichnis
Prof. Dr. Gerhard Stemmler
Dr. Almut I. Weike
Fachbereich Psychologie Philipps-Universität Marburg Gutenbergstr. 18 35032 Marburg E-Mail:
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Institut für Psychologie Franz-Mehring-Str. 47 17487 Greifswald E-Mail:
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Prof. Dr. Dirk Wentura Prof. Dr. Dieter Vaitl Bender Institute of Neuroimaging Justus-Liebig-Universität Gießen Otto-Behaghel-Str. 10 35394 Gießen E-Mail:
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Prof. Dr. Maria von Salisch Leuphana Universität Lüneburg Institut für Psychologie Scharnhorststr. 1 21335 Lüneburg E-Mail:
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Universität des Saarlandes Fachrichtung Psychologie Gebäude A2 4 PF 15 11 50 66041 Saarbrücken E-Mail:
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VII
Vorwort Die Psychologie der Emotion, Band 3 innerhalb der vierbändigen Serie Motivation und Emotion der Enzyklopädie der Psychologie, erschien erstmals vor knapp 20 Jahren. Der damalige Herausgeber, Prof. Klaus R. Scherer, konnte damit zeigen, dass sein eigener Appell Wider die Vernachlässigung der Emotion in der Psychologie1 nicht ungehört verhallt war, sondern ganz im Gegenteil sich anschickte, einen beispiellosen Siegeszug durch fast alle Gebiete der Psychologie anzutreten. Wie die Analyse der Zitationen im Web of Science ausweist, hat die absolute, aber auch die relative Zahl der Arbeiten aus dem Bereich der Emotionspsychologie markant zugenommen. So waren in dem 15-Jahres-Zeitraum von 1976 bis 1990 2.132 Arbeiten unter dem Stichwort emotion verzeichnet (19 % der Zitationen unter dem Stichwort cognition). Im 15-Jahres-Zeitraum von 1991 bis 2005 erbrachte das Stichwort emotion bereits 15.373 Zitationen (27 % der Zitationen unter dem Stichwort cognition). Es war also angeraten, den Stand der Emotionspsychologie neu zu dokumentieren. Unerlässlich dafür war Fokussierung, wenn nicht der Umfang des einen zur Verfügung stehenden Bandes gesprengt werden sollte. Daher war ein Thema zu finden, das eine Klammer für diese Fokussierung bereitstellen würde. Das Thema lautet Der Emotionsprozess. In dem gleichnamigen ersten Teil, gleichzeitig der Hauptteil des Bandes mit 12 Kapiteln, wird dieser Emotionsprozess dargestellt. Am Beginn steht ein „Emotionsstimulus“, der eine verteilte Aktivität in bestimmten Hirnregionen auslöst. Eine zusammenfassende psychologische Interpretation solcher Aktivitätsveränderungen fußt auf neurobiologischen Theorien. Schon in den frühen Stufen des Emotionsprozesses werden verschiedene, teilweise emotionsunspezifische, Module aktiviert (z. B. motivationale Organisation, Aufmerksamkeit und Gedächtnis, sowie komplexe Reizbewertung und Reaktionsselektion). Es schließen sich somatoviszerale Aktivierungen an, die zu Verhalten überleiten, das im Dienst der Zielerreichung einer Emotion steht. Gefühle sind ein fortwährender Monitor der Emotion, aber auch ein Ausdruck weiterer Bewertungsvorgänge. Zielerreichung einer Emotion findet häufig im sozialen Raum statt, in dem Ausdruck als Kommunikationsmedium
1
Vorgetragen auf dem 32. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie 1980 in Zürich.
X
Vorwort
fungiert. Der soziale Raum ist in Form von Einstellungen und sozialen Urteilen stark affektbehaftet, was sich besonders deutlich in affektivem sozialen Verhalten zeigt. Der gesamte Emotionsprozess, von einer komplexeren Reizbewertung bis hin zur erfolgreichen oder gescheiterten Zielerreichung, unterliegt allerdings einer fortwährenden Selbstregulation. In dem zweiten Teil des Bandes werden in drei Kapiteln verschiedene Perspektiven auf Emotionsprozesse eingenommen: die entwicklungspsychologische, die differentielle bzw. persönlichkeitspsychologische und schließlich die psychopathologische Perspektive. Jedes Kapitel bietet aber für sich allein gelesen eine Zusammenfassung des aktuellen Wissensstandes. Der Leser möge durch die Organisation des vorliegenden Bandes aber auch dazu angeregt werden, die in einem Kapitel behandelten Einzelaspekte im Kontext eines systematisch organisierten – aber nicht uniform ablaufenden – Emotionsprozesses zu verstehen. Die Autoren dieses Bandes sind in ihren Gebieten der Emotionspsychologie national und international führende Wissenschaftler. Sie waren zu einer engen Abstimmung bei der Arbeit an diesem Band bereit. Ihnen gebührt mein besonderer Dank. Dem Verlag danke ich für die freundliche und professionelle Begleitung des Vorhabens. Marburg, im August 2008
Gerhard Stemmler
Inhaltsverzeichnis 1. Kapitel: Der Emotionsprozess Von Gerhard Stemmler 1 Plan des Bandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
2 Ein Prozessmodell von Emotionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Emotionsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Emotionsaufgaben und der Prozess der Zielerreichung . . . . . . . . . . . . 2.3 Gefühle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Emotionssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3 4 7 10 11
3 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
2. Kapitel: Neurobiologische Emotionsmodelle Von Martin Peper 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
2 Neurobiologische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Historische Beiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Neurotransmission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Struktur und Konnektivität neuroemotionaler Systeme . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Phylogenetisches Grundprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Rhombenzephale Regulations- und Effektorsysteme . . . . . . . . . 2.3.3 Der limbisch-hypothalamische Komplex . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3.1 Amygdaloider Komplex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3.2 Dienzephalon, Hypothalamus und hypothalamischhypophysäresadreno-kortikales System . . . . . . . . . . . . . 2.3.3.3 Dienzephalon, Thalamus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3.4 Basales Vorderhirn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3.5 Hippokampus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3.6 Gyrus cinguli und Gyrus parahippocampalis . . . . . . . . 2.3.4 Frontallappen und Basalganglien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4.1 Präfrontalkortex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4.2 Fronto-striatale Funktionsschleifen . . . . . . . . . . . . . . .
23 23 25 27 27 28 30 31 36 37 38 38 39 41 41 44
XII
Inhaltsverzeichnis
2.3.4.3 Anterior-zinguläre Funktionsschleife . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4.4 Orbital-präfrontale Funktionsschleife . . . . . . . . . . . . . 2.3.4.5 Dorsolaterale Funktionsschleife . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4.6 Insula . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.5 Temporallappen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.6 Parietal- und Occipitallappen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
46 47 48 49 49 50
3 Neurobiologische Emotionsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Basale Mechanismen der automatischen emotionalen Evaluation und Adaptation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Präfrontale Mechanismen des emotionalen Regulationsverhaltens . . . . 3.4 Umfassende neuropsychologische Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50 50 52 55 59
4 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Validität neurowissenschaftlicher Emotionstheorien . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Methodische Probleme und Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
62 62 66 68
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79
3. Kapitel: Funktionelle Neuroanatomie Von Dieter Vaitl 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
81
2 Bildgebende Verfahren (Neuroimaging) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
81
3 Forschungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Allgemeine Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Methoden der Emotionsinduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Modalität der Stimuluspräsentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Experimentelle Anordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Spezifische Kontrastbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83 83 84 84 84 85
4 Zentrale Hirnregionen für die Verarbeitung von Emotionen . . . . . . . . . . . 4.1 Amygdala . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Insulärer Kortex (Insula) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Medialer präfrontaler Kortex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Orbitofrontaler Kortex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Zingulärer Kortex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6 Sekundäre Assoziationskortizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
85 85 88 89 89 91 93
5 Typologie von Emotionen – Beiträge des Neuroimaging . . . . . . . . . . . . . .
94
6 Erkennen von Emotionen: Gesichtsausdruck und Körpersprache . . . . . . .
96
Inhaltsverzeichnis
XIII
7 Bedrohung und Emotion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 Aversive Emotionen: Beispiel Furchtkonditionierung . . . . . . . . . . . . . 7.2 Aversive Emotionen: spezifische Phobien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Aversive Emotionen: Ekel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
99 99 102 103
8 Positiv-valente Emotionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1 Appetente Emotionen: Nahrungsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Positiv-valente Emotionen: sexuelle Reaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . .
105 105 107
9 Emotionen und ihre peripherphysiologischen Reaktionen . . . . . . . . . . . . .
110
10 Emotion und Gedächtnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
112
11 Emotionsregulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
114
12 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
117
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
120
4. Kapitel: Automatische und kontrollierte Prozesse bei der Emotionsauslösung Von Roland Neumann 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Konzeptuelle Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
131 131
2 Gibt es unbewusste Emotionen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
132
3 Automatische evaluative Prozesse als Auslöser für Emotionen? . . . . . . . . . .
138
4 Semantische Prozesse bei der Emotionsauslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
144
5 Motivationale Prozesse und die Involvierung des Selbst . . . . . . . . . . . . . . .
145
6 Experientielle und nicht experientielle Einflüsse auf das Verhalten . . . . . . . 6.1 Zweiprozessmodelle in der Kognitiven Psychologie und in der Sozialpsychologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Zweiprozessmodelle in der Emotionspsychologie . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Die Bewertung von Zweiprozessmodellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
149 150 152 156
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
158
5. Kapitel: Motivationale Organisation von Emotionen Von Alfons O. Hamm, Harald T. Schupp und Almut I. Weike 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
167
2 Die motivationale Organisation von Emotionen: Annäherung und Abwehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
168
XIV
Inhaltsverzeichnis
3 Das Modell motivationaler Bahnung (motivational priming model) . . . . .
172
4 Emotionsinduzierte Modulation der menschlichen Schreckreaktion . . . . .
174
5 Neuronale Schaltkreise der emotionsinduzierten Schreckreflexpotenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
182
6 Enkodierung emotionaler Reize: Emotion und Aufmerksamkeit . . . . . . . . 6.1 Das Konzept der motivierten Aufmerksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Kortikale Veränderungen bei der Enkodierung affektiver Reize: Funktionelle Bildgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Kortikale Veränderungen bei der Enkodierung affektiver Reize: Ereigniskorrelierte Potenziale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.1 Die frühe posteriore Negativierung (early posterior negativity; EPN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.2 Das späte positive Potenzial (late positive potential; LPP) . . . . . 6.3.3 Langsame positive Potenziale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
186 186
7 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
194
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
195
186 187 188 190 192
6. Kapitel: Aufmerksamkeit und Gedächtnis Von Dirk Wentura und Klaus Rothermund 1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
205
2 Aufmerksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Werden Bewertungen automatisch verarbeitet? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Unabsichtliche Verarbeitung als Kriterium . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Unbewusstheit als Kriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Unbedingtheit des Ablaufs als Kriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4 Abhängigkeit von „Aufmerksamkeitsressourcen“ . . . . . . . . . . . . 2.2 Aufmerksamkeitsausrichtung auf bewertete Reize . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Gibt es ein visuelles „pop out“ für bewertete Reize? . . . . . . . . . . 2.2.2 Aufmerksamkeitsorientierung auf bewertete Reize . . . . . . . . . . 2.2.3 Attentional capture oder Probleme des disengagement? . . . . . .
207 207 207 209 210 213 216 216 218 222
3 Emotion und Gedächtnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Semantisches Gedächtnis für valente Informationen . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Episodisches Gedächtnis für valente Informationen . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Wird valentes Material besser erinnert? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Der Unterschied zwischen Vertrautheit und Erinnerung . . . . . . 3.2.3 Die Erinnerung an zentrale versus periphere Details . . . . . . . . .
223 223 225 226 227 229
4 Moderationen affektiver Verarbeitungsprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Valenz als Mediator von Zieleffekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
230 232
Inhaltsverzeichnis
XV
4.2 Valenzasymmetrien im Handlungskontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Auswirkungen von Ziel- und Tätigkeitsfokus . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Affektive Balance im Motivationsgeschehen . . . . . . . . . . . . . . .
233 233 235
5 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
236
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
237
7. Kapitel: Appraisaltheorien: Komplexe Reizbewertung und Reaktionsselektion Von Ursula Hess und Arvid Kappas 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Theoretischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Definition des Emotionsbegriffs in der Appraisaltheorie . . . . . . . . . . .
247 247 248
2 Allgemeines Modell des Einschätzungsprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
249
3 Historische Entwicklung des Appraisalansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
251
4 Entwicklung des Appraisalkonzepts in der modernen Psychologie . . . . . . . 4.1 Arnold . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Lazarus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
253 253 255
5 Aktuelle Appraisaltheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Das Komponenten-Prozess-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Die sequenzielle Check-Theorie der Emotionsdifferenzierung . . . . . . . 5.2.1 Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.3 Bewältigungspotenzial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.4 Normenkompatibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Ein Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Ähnlichkeiten und Unterschiede zu anderen Appraisaltheorien . . . . . . 5.4.1 Der Appraisalprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.2 SECs und emotionales Ausdrucksverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.3 Sind Appraisals Komponenten, Ursachen oder Konsequenzen von Emotionen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.4 Wie viele Emotionen gibt es? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Soziale Normen, Appraisals und emotionaler Gesichtsausdruck . . . . .
257 258 258 259 259 260 261 261 262 262 264
6 Empirische Belege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Fragebogenstudien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Experimentelle Versuchsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
271 271 272
7 Mehrprozesstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
274
8 Persönlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
276
265 268 269
XVI
Inhaltsverzeichnis
9 Kulturelle Ähnlichkeiten und Unterschiede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
276
10 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
281
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
282
8. Kapitel: Somatoviszerale Aktivierung Von Gerhard Stemmler 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Psychophysiologischer Symbolismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Basisemotionen – ein strittiges Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Funktionen von Emotionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
291 291 294 298
2 Erlebte somatoviszerale Aktivierung bei Emotionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Somatoviszerale Reaktionen als Mediatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Das SAME-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
299 299 302
3 Somatoviszerale Physiologie der Emotionsregulation . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Die Ausgangsfrage nach spezifischen Aktivierungen . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Das Autonome Nervensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Die Autonome Endstrecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3 Spinale und supraspinale Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Physiologische „Landkarten“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
303 303 303 305 305 307
4 Methoden der Spezifitätsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Was ist Spezifität? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Modelle somatoviszeraler Emotionsspezifität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Untersuchungspläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Kontexteffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Selektion somatoviszeraler Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
309 309 310 310 311 313
5 Ergebnisse der Spezifitätsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Beispiele somatoviszeraler Spezifitätsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Ax (1953) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2 Sinha, Lovallo und Parsons (1992) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.3 Levenson et al. (1990, 1991, 1992) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Meta-Analysen somatoviszeraler Emotionseffekte . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Die Adrenalin-Noradrenalin-Hypothese von Angst und Ärger . . . . . . 5.4 Problem der unspezifischen somatoviszeralen Reaktionen . . . . . . . . . .
315 315 315 316 317 318 321 323
6 Komponentenmodell somatoviszeraler Reaktionen bei Emotionen . . . . . . 6.1 Das Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Differenzierung von Emotion und motivationalen Verhaltenstendenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
325 325
7 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
329
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
330
327
Inhaltsverzeichnis
XVII
9. Kapitel: Gefühle als Emotionsmonitor Von Lothar Schmidt-Atzert 1 Was sind „Gefühle“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Gefühle als Emotionskomponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Wahrnehmung interner Veränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Abgrenzung von anderen Empfindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
339 339 340 342
2 Möglichkeiten der Kommunikation über eigene Gefühle . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Kommunikationsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Nichtsprachliche Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Grenzen der Beschreibung von Gefühlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Bedeutung von Gefühlswörtern kennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Taxonomie der Gefühlswörter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Bedeutung von Gefühlswörtern im Kulturvergleich . . . . . . . . . 2.2.4 Multifunktionalität der nonverbalen Kommunikationsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.5 Mitteilungsbereitschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.6 Informationsverlust und Verzerrungen beim Erinnern von Gefühlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Messmethoden zur standardisierten Beschreibung der eigenen Gefühle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
343 344 344 345 347 348 350 353 354 355 358 361
3 Die Wahrnehmung von Gefühlen – Interindividuelle Unterschiede im Zugang zu eigenen Gefühlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Valenz- und Erregungsfokus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Alexithymie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Komplexität des emotionalen Erlebens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Affektintensität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
367 367 369 372 373
4 Determinanten von Gefühlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Ereignisse und deren Bewertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Lust-Unlust-Empfindungen und deren Kategorisierung . . . . . . . . . . .
374 374 376
5 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
377
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
379
10. Kapitel: Ausdruck: Kommunikations- und Regulationsmedium Von Arvid Kappas 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Wie wichtig sind Gesichter? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 What’s in a face? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
387 387 388
XVIII
Inhaltsverzeichnis
2 Zum Stand der Ausdrucksforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Interesse an Physiognomie und Ausdruck vor Darwin . . . . . . . . . . . . . 2.2 Darwins The Expression of the Emotions in Man and Animals . . . . . 2.2.1 Darwins Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Darwins Methodologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Darwins drei Prinzipien von dem Ursprung des Ausdrucksverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Die Universalitätshypothese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.5 Kommunikation und Emotionsregulation bei Darwin . . . . . . . 2.3 Darwin und seine Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Die dunkle Periode der Forschung zum emotionalen Ausdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Die Renaissance der Gesichtsausdrucksforschung – die Arbeit Paul Ekmans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Fridlund und die Verhaltensökologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Untersuchungen zur Stimme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Andere nonverbale Kanäle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
389 390 390 390 391
3 Kohäsion von Ausdruck und Emotionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Affekt-Programm-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Appraisal-Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Dimensionale Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Verhaltensökologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
406 408 410 412 413
4 Kommunikation und Regulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Eine kritische Bewertung von Studien zur Dekodierung emotionaler Zustände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Enkodierung und Dekodierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Das Problem der Verwendung gestellter Emotionen zur Untersuchung der kommunikativen Funktion des Ausdrucksverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3 Einfluss der physischen Situation auf die Wahrnehmung des Ausdrucksverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.4 Einfluss der psychologischen Situation auf die Wahrnehmung des Ausdrucksverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.5 Die subjektive Überschätzung unserer Fähigkeit, nonverbales Verhalten zu interpretieren: Das Beispiel der emotionalen Lüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.6 Ist die Neurowissenschaft der Königsweg zur Untersuchung von Dekodierungsprozessen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Intrapersonale Emotionsregulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Die Facial Feedback Hypothese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Body-feedback: Körperliche Haltung und Emotion . . . . . . . . . 4.2.3 Bewertung der intrapersonalen Feedback-Effekte . . . . . . . . . . . 4.3 Ausdrucksverhalten und interpersonale Emotionsregulation . . . . . . . .
414
392 394 395 396 396 397 401 403 405
414 415 415 416 417 418 419 422 422 425 426 426
Inhaltsverzeichnis
XIX
5 Praktische Anwendungen der Ausdrucksforschung und ihre Grenzen . . . .
429
6 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
430
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
431
11. Kapitel: Soziales Verhalten Von Udo Rudolph 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Eine kognitive Theorie sozialen Verhaltens: Weiners Theorie der Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Grundlagen und Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Grundannahmen der Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Die Bedeutung des Konzepts der Verantwortlichkeit für soziales Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Der kognitive Prozess: Die Zuschreibung von Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Der affektive Prozess: Die Entstehung von Ärger, Mitleid, Scham und Schuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Der motivationale Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Empirische Überprüfungen der Theorie Weiners . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Hilfe und Aggression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Soziale Sanktionen: Loben und Belohnen, Tadeln und Strafen . . 2.3.4 Die informierenden Funktionen von Emotionen und Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.5 Entschuldigungen und Rechtfertigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Bewertung der Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
445 448 449 453 454 455 455 456 457 457 459 460 462 465
3 Evolutionäre Konzepte und Befunde zur Erklärung sozialen Verhaltens . . . 3.1 Das Paradigma der Evolutionären Psychologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Emotion und soziales Verhalten aus evolutionärer Perspektive . . . . . . 3.3 Ärger und Aggression in sozialen Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Implikationen einer evolutionären Analyse von Ärger und Aggression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Empirische Befunde zu den Evolutionären Hypothesen zu Ärger und Aggression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Bewertung des evolutionspsychologischen Ansatzes . . . . . . . . . . . . . . .
467 468 469 470
473 475
4 Ein abschließender Vergleich beider Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Unterschiede in der Datenbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Unterschiede in grundlegenden theoretischen Annahmen . . . . . . . . . . 4.3 Unterschiede in metatheoretischen Annahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
475 475 476 477
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
480
471
XX
Inhaltsverzeichnis
12. Kapitel: Emotionsregulation Von Boris Egloff 1 Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
487
2 Einleitung und Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
488
3 Deskriptive Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
491
4 Prozessmodell der Emotionsregulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
493
5 Empirische Untersuchungen zum Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Erste experimentelle Studien: Effekte auf Emotionsausdruck, Gefühle und peripher-physiologische Indikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Unterdrückung des Emotionsausdrucks . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2 Kognitive Umbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.3 Implikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Weitere experimentelle Arbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Effekte auf Erinnerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Soziale Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.3 Zentralnervöse Korrelate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.4 Erhöhung des Emotionsausdrucks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Individuelle Differenzen in der Emotionsregulation . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Spontane (uninstruierte, automatische) Emotionsregulation . . . . . . . .
497 497 497 499 501 503 503 506 507 508 510 512
6 Erweiterte Perspektiven auf Emotionsregulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Emotionale Intelligenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Emotionsregulation und Selbstdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Emotionsregulation und Selbstregulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
514 514 515 516
7 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
516
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
517
13. Kapitel: Die Entwicklung von Emotionen und emotionalen Kompetenzen über die Lebensspanne Von Ute Kunzmann und Maria von Salisch 2 Begriffsbestimmung: Emotion und emotionale Kompetenz . . . . . . . . . . . . 2.1 Was ist eine Emotion? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Was ist emotionale Kompetenz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
528 528 530
3 Emotionale Entwicklung über die Lebensspanne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Emotionale Entwicklung in der Kindheit und Jugend . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Emotionsprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Emotionale Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Emotionale Entwicklung im Erwachsenenalter und Alter . . . . . . . . . . 3.2.1 Allgemeine theoretische Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
532 532 533 535 544 546 546
Inhaltsverzeichnis
XXI
3.2.2 Emotionsprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Emotionale Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
548 550 553
4 Schlussfolgerungen und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Emotionsprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Emotionale Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Zukünftige Forschungsthemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Die differenzielle Entwicklung von Emotionen und emotionalen Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2 Die emotionale Entwicklung als ein Resultat der dynamischen Interaktion zwischen dem Individuum und seinem Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
554 554 556 558
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
560
558 559
14. Kapitel: Individuelle Differenzen in Emotionsprozessen Von Heinz Walter Krohne 1 Geschichte, Problemstellungen, Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Historischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Deskriptive und explikative Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
571 571 573
2 Die deskriptive Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Biologische Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Individualspezifische Reaktionsmuster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Hemisphärenasymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Zirkadianer Rhythmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Psychologische Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Interozeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Berichten von Symptomen (symptom reporting) . . . . . . . . . . . 2.3.3 Negative und positive Affektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4 Emotionale Expressivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Subjektiv-autonome Reaktionsdissoziation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
573 573 574 574 576 580 582 582 587 589 591 596
3 Die explikative Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Kognitiv-affektive Persönlichkeitseinheiten und Emotionsprozesse . . . 3.2 Bewertungen, Emotionsregulation, Ziele und Werte . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Bewertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Emotionsregulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Ziele und Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
600 600 601 601 602 605
4 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
608
Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
609
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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XXII
Inhaltsverzeichnis
15. Kapitel: Gestörte Emotionsprozesse: Psychopathologie Von Georg W. Alpers, Thomas D. Meyer, Andreas Mühlberger und Paul Pauli 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
623
2 Angst und Furcht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Charakterisierung pathologischer Angst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Reizbewertung: Spezifische Furchtreize, internale Panikreize . . . . . . . . 2.2.1 Spezifische Furchtreize . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Internale Panikreize . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Orientierungsreaktion, Aufmerksamkeitsausrichtung und Aufmerksamkeitsverzerrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Gelernte Reiz-Reaktion-Kontingenzen: Kovariationsverzerrung . . . . . 2.5 Reaktionsbereitschaft: Defense und modulierte Schreckreaktion . . . . . 2.6 Explizite und implizite Bewertung: Interpretations- und Gedächtnisverzerrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7 Nonverbale Kommunikation: Angstspezifischer Gesichtsausdruck, Erröten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8 Verhaltensklassen A: Vermeidungsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9 Verhaltensklassen B: Physiologische und endokrinologische Reaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
624 624 625 625 629
3 Depression und Manie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Charakterisierung pathologischer Depressivität und Euphorie . . . . . . . 3.2 Reizbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Orientierungsreaktion, Aufmerksamkeitsausrichtung und Aufmerksamkeitsverzerrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Interferenzeffekte in der Aufmerksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Selektive Aufmerksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Gelernte Reiz-Reaktion-Kontingenzen: Verzerrung der Interpretationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Reaktionsbereitschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6 Explizite und implizite Bewertung: Spezifische Interpretationsund Gedächtnisverzerrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7 Nonverbale Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8 Verhaltensklassen A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9 Verhaltensklassen B: Physiologische und endokrinologische Reaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
639 639 640
4 Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
656
Autorenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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640 641 642 644 647 648 650 650 651
1. Kapitel
Der Emotionsprozess Gerhard Stemmler
1 Plan des Bandes Emotionen sind ein Thema der Psychologie, das ebenso faszinierend wie im Großen immer noch unverstanden ist. Wer etwa auf die grundsätzliche Frage „Was sind Emotionen?“ (James, 1884; Scherer, 2005) Antworten bei Theorien über Emotionen sucht, wird eine Vielfalt an Vorschlägen vorfinden. So nimmt es kaum Wunder, dass Emotionen sehr unterschiedlich definiert werden (Kleinginna & Kleinginna, 1981; Heft 22, 2007, des „Emotion Researcher“ der International Society for Research on Emotion). Aus dieser Vielfalt ergibt sich zwar eine gute Übersicht über vorhandene Konzepte, sie weist aber auch auf eine große Uneinigkeit und auf Lagerdenken hin. So haben sich erst jüngst verschiedene Autoren eine heftige Auseinandersetzung darüber geliefert, ob Emotionen – oder doch zumindest ein kleiner Kern wie Angst, Ärger, Freude, Ekel und Traurigkeit – als durch die Natur vorgegeben (natural kinds) oder als eine kognitive Kategorisierung verstanden werden sollten (Barrett, 2006a, b; Barrett et al., 2007; Izard, 2007a, b; Panksepp, 2007b). Vermutlich sind für die ganze Reichhaltigkeit menschlicher affektiver Zustände beide Ansätze zutreffende Beschreibungen. Irritieren vermag allerdings, dass die vorhandene Datenbasis emotionspsychologischer Forschung offenbar recht unterschiedlich gedeutet werden kann, um verschiedene theoretische Vorstellungen zu stützen. Für die zukünftige Entwicklung der Emotionspsychologie bedeutungsvoller sind aber die in solchen Diskussionen weitgehend vernachlässigten, allerdings umso notwendigeren methodischen Klärungen und Differenzierungen, aus denen sich erst die Stichhaltigkeit und Reichweite empirischer Forschungen ableiten lässt.
2
Gerhard Stemmler
Erst dann können Forschungsergebnisse als Argumente für oder gegen eine theoretische Position verwendet werden. Dieses vor Augen zu führen, ist ein wohl unbeabsichtigter Nebeneffekt solcher theoretischen Auseinandersetzungen. Schon bei kursorischer Betrachtung wird deutlich, dass methodische Klärungen und Differenzierungen immer nur für kleinere Segmente der Emotionsforschung gültig sind. Was es etwa für Themen wie Emotion und Gedächtnis, Emotion und soziales Verhalten oder Emotion und Gesichtsausdruck methodisch grundlegend zu klären und zu differenzieren gilt, ist gegenstandsspezifisch sehr unterschiedlich. Aus diesem Grund wird in den Kapiteln des vorliegenden Bandes jeweils ein kleineres Segment der Emotionspsychologie und deren Forschung vorgestellt. Zweckmäßigerweise orientieren sich die Autorinnen und Autoren an den in ihrem Bereich besonders intensiv verwendeten Theorien und Forschungsmethoden. Die Beiträge in diesem Band sind also je nach Autor und Thema verschiedenen theoretischen Erklärungsmodellen verpflichtet. So betonen Peper (vgl. Kap. 2), Vaitl (vgl. Kap. 3), Hamm, Schupp und Weike (vgl. Kap. 5) oder Stemmler (vgl. Kap. 8) eine biologische Fundierung von Emotionen. Danach spielen biologische Systeme bei der Auslösung, der Rekrutierung von Teilprozessen oder der Organisation von (Ausdrucks-)Verhalten eine wichtige Rolle. Die Auffassungen mögen sich allerdings darin unterscheiden, ob biologische Systeme essentielle und aktive Bestandteile von Emotionen im Allgemeinen oder nur von bestimmten Emotionen sind; ob sie nur passive Mediatoren für den Transport von Steuerungsbefehlen sind; ob sie für Emotionen spezifisch oder unspezifisch sind; ob Gedanken und Einschätzungen die biologischen Systeme in ihrer Funktionsweise einschränken etc. Kappas (vgl. Kap. 10) diskutiert im Einzelnen Darwins, Ekmans und Fridlunds Ausdruckstheorien der Emotionen und die Kritik daran. Die Rolle von Einschätzungen (appraisals) für die Entstehung von Emotionen betonen die einflussreichen Appraisaltheorien, sie werden vor allem in Hess und Kappas (vgl. Kap. 7) vorgestellt. Die Attributionstheorie von Weiner wird von Rudolph (vgl. Kap. 11) und Neumann (vgl. Kap. 4) herangezogen. Wenn die Kapitel in diesem Band eine unterschiedliche emotionstheoretische Fokussierung aufweisen, wie hängen sie dann aber zusammen? In dem ersten Teil des Bandes, gleichzeitig sein Hauptteil, werden die Beiträge unter dem Leitgedanken eines Emotionsprozesses dargestellt. Am Beginn steht ein „Emotionsstimulus“, der eine verteilte Aktivität in bestimmten Hirnregionen auslöst. Eine zusammenfassende psychologische Interpretation solcher Aktivitätsveränderungen ist Gegenstand neurobiologischer Theorien (vgl. Kap. 2 und 3). Die Auslösung einer Emotion wird uns nicht immer bewusst, die angestoßenen
Der Emotionsprozess
3
Prozesse können automatisch oder kontrolliert sein (vgl. Kap. 4). Schon in den frühen Stufen des Emotionsprozesses werden verschiedene, teilweise emotionsunspezifische, Module aktiviert (Motivationale Organisation, Aufmerksamkeit und Gedächtnis, sowie Komplexe Reizbewertung und Reaktionsselektion; vgl. Kap. 5 bis 7). Es schließen sich somatoviszerale Aktivierungen an (vgl. Kap. 8), die zu Verhalten überleiten, das im Dienst der Erreichung von Emotionszielen steht. Gefühle sind ein fortwährender Monitor der Emotion, aber auch ein Ausdruck weiterer Bewertungsvorgänge (vgl. Kap. 9). Zielerreichung einer Emotion findet häufig im sozialen Raum statt, in dem Ausdruck als Kommunikationsmedium (vgl. Kap. 10) fungiert. Der soziale Raum ist in Form von Einstellungen und sozialen Urteilen stark affektbehaftet, was sich besonders deutlich in affektivem sozialen Verhalten (vgl. Kap. 11) zeigt. Der gesamte Emotionsprozess, von einer komplexeren Reizbewertung bis hin zur erfolgreichen Zielerreichung, unterliegt allerdings einer fortwährenden Selbstregulation (vgl. Kap. 12). Im zweiten Teil des Bandes werden verschiedene Perspektiven auf Emotionsprozesse eingenommen: die entwicklungspsychologische, die differentielle bzw. persönlichkeitspsychologische und schließlich die psychopathologische Perspektive. Denn Emotionsprozesse unterliegen lebenslangen Veränderungen, sind entscheidend für psychische Reifung und soziale Integration (vgl. Kap. 13), bieten eine wesentliche Grundlage für temperamentsbezogene Dispositionen und individuelle Unterschiede im Erleben und Verhalten (vgl. Kap. 14) und bilden eine verbreitete Grundlage für psychische Erkrankungen, wenn sie gestört ablaufen (vgl. Kap. 15). Im Folgenden wird der Leitgedanke des Emotionsprozesses am Beispiel eines heuristischen Emotionsmodells skizziert. Darin werden verschiedene divergente Emotionstheorien miteinander verknüpft: Sie können gut zur Beschreibung unterschiedlicher Phasen des Emotionsprozesses herangezogen werden, etwa zur Erklärung, wie Gefühlsbegriffe zustande kommen. Somit könnte dieses Modell als Rahmenmodell für die theoretisch heterogen eingebetteten Beiträge in diesem Band dienen.
2 Ein Prozessmodell von Emotionen Das biobehaviorale Emotionsmodell (Stemmler, 2002) beschreibt auf der Grundlage der Funktionen von Emotionen, durch die allgemeine Emotionsziele festgelegt sind, drei Phasen des Emotionsprozesses: (a) Bereitstellung von Ressourcen, (b) Zielverfolgung auf dem Weg zum Emotionsziel und (c) Zielerreichung bzw. Zielverfehlung.
4
Gerhard Stemmler
2.1 Emotionsziele In dem biobehavioralen Emotionsmodell werden biologische und verhaltensbezogene Emotionsprozesse unter einem funktionalen Gesichtspunkt gesehen. Die Funktion einer Emotion kann an ihren Zielen erkannt werden. Emotionsziele können auf verschiedenen Abstraktionsebenen formuliert werden. Auf einer hohen Abstraktionsebene haben Emotionen nach Charles Darwin das Ziel, das Überleben und die Reproduktion zu sichern. Einer mittleren Abstraktionsebene sind Auffassungen zugehörig, die Emotionen als Ausdruck grundlegender Adaptationsaufgaben verstehen. So ist nach Plutchik (1980) die Funktion von Ekel Zurückweisung, von Ärger Zerstörung, von Furcht Schutz, von Traurigkeit Wiedervereinigung, von Freude Fortpflanzung. Emotionen stellen die motivationalen, kognitiven und physischen Ressourcen zur Erlangung dieser Ziele bereit. In den Worten des behavioristischen Emotionsforschers Rolls (2000) sind Emotionen „Mechanismen, mittels derer Gene das Verhalten beeinflussen, indem sie Reize oder Ereignisse festlegen, die für das Tier entsprechend seinem Bauplan belohnend oder bestrafend wirken, womit die Gene die Verhaltensziele, nicht aber einzelne Verhaltensweisen festlegen“ (S. 220; Hervorhebung durch den Autor). Sind Emotionen dem Menschen und eventuell den Säugetieren natürlich gegeben? Wie werden sie (im Gehirn) erzeugt? Wie sind Emotionen organisiert, kategorial oder dimensional (z. B. Furcht, Ärger, Freude, etc. oder nach Valenz, Erregung, Potenz)? Das Konzept von Basisemotionen behauptet, dass im subkortikalen Bereich verzweigte Systeme für einige Emotionen, Basisemotionen, existieren (vgl. Stemmler, Kap. 8 in diesem Band). Damit einher geht die Annahme einer kategorialen Organisation von Emotionen. Allerdings ist die Annahme von Basisemotionen kein unstrittiger Teil zeitgenössischer Emotionstheorien (Barrett, 2006a; Ortony & Turner, 1990; Scherer & Ellgring, 2007). Trotz dieser Kritik halten verschiedene Autoren an dieser Annahme fest (Ekman, 1994; Izard, 1992, 2007a; Panksepp, 2005, 2007b). Tabelle 1 gibt einen Überblick über einige behauptete Basisemotionen. Die Begründung für diese Vorschläge kommt aus sehr unterschiedlichen Perspektiven: Für Ekman ist der Beleg von universellen, emotionalen Gesichtsausdrücken entscheidend (vgl. Kappas in diesem Band), für Izard die entwicklungspsychologisch-motivationale Analyse, für Plutchik das evolutionsbiologische Argument der Universalität von Verhaltenssystemen, für Oatley und Johnson-Laird aus linguistischer Analyse die Nichtreduzierbarkeit der Basisemotionsbegriffe und für Panksepp die Annahme mehrerer neurobiologischer Verhaltenssysteme. Aus Tabelle 1 ist ersichtlich, dass die Anzahl der postulierten Basisemotionen über die Autoren hinweg unterschiedlich ist. Es wird allerdings auch deutlich, dass etliche Konvergenzen existieren. Die Emotions-
Der Emotionsprozess
5
Tabelle 1: Basisemotionen nach verschiedenen Autoren und Gruppierung nach dem Modell der Basisemotionssysteme Ekman (1994)
Izard (2007a)
Excitement
Interest
Plutchik (1989)
Panksepp (2000)
Expectancy/ Curiosity
Seeking – Expectancy
Gruppierung/ Kommentar
Erwartung – Vorfreude
Interest
Sensory pleasure Acceptance/ Trust
Satisfaction
Lust – Sexuality
Verlangen
Care – Nurturance
Zuneigung – Wärme
Awe Surprise – Startle Pride in achievement Contentment
Gefühl nach Zielerreichung der Emotion Erwartung – Vorfreude Joy – Happiness
Joy
Play – Joy
Relief
Gefühl nach jeder erfolgreichen Zielerreichung Gefühl nach Zielerreichung der Emotion Furcht
Anger
Anger
Anger
Disgust
Disgust
Disgust
Rage – Anger
Ärger
Verachtung – Ekel Contempt Fear
Fear
Fear
Fear – Anxiety
Furcht
Sadness
Sadness
Sadness
Panic – Separation
Traurigkeit
Embarrassment Guilt Shame
Gefühle bei schlechtem Verlauf der Zielerreichung
6
Gerhard Stemmler
begriffe in Tabelle 1 sind zeilenweise über die Autoren so angeordnet, dass ihre Korrespondenzen mit dem Modell der Basisemotionssysteme (BES-Modell; Stemmler, 2002) erkennbar werden. In dem BES-Modell werden Emotionen als Verhaltenssysteme zur Lösung grundlegender, wiederkehrender Dilemmata von Menschen in ihrer Welt verstanden. Dazu bündeln Basisemotionen attentive, perzeptive, kognitive, motivationale und physische Ressourcen zur Meisterung mehr oder weniger distanter Ziele. Dadurch unterscheiden sich Basisemotionen von Reflexen, die auf proximale Ziele hin ausgerichtet sind. Durch die Entkoppelung der Emotionsziele von Strategien sowie Taktiken zu ihrer Erreichung wird eine hohe Flexibilität bei der Zielverfolgung unter veränderlichen Kontexten ermöglicht und damit eine höhere Plastizität des Verhaltens und schließlich eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit bei der Zielerreichung. Basisemotionssysteme richten das Verhalten auf ein Emotionsziel aus; Emotionen haben danach einen motivationalen Charakter: Sie organisieren den Wahrnehmungsraum, richten die Aufmerksamkeit aus, bereiten Verhalten im Dienste von Emotionsstrategien und Emotionstaktiken vor und organisieren es bei seiner Durchführung. Subjektiv wird diese motivationale Komponente als Drang erlebt, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen (action tendency; Frijda, 1986). Auch nach Buck (1985) sind Emotion und Motivation untrennbar als emotional-motivationale Zustände miteinander verbunden. Motivation ist danach der Energie in der Physik vergleichbar, während Emotion analog zu Materie ist: Energie ist ein Potenzial, welches nie selbst gesehen werden kann, sondern sich stets in Materie manifestiert. Emotion ist also die Anzeige (readout) von einem motivationalen Potenzial. Aus persönlichkeitspsychologischer Perspektive haben Carver, Sutton und Scheier (2000) die Selbstregulation von Menschen in Bezug auf ihre Ziele dargestellt und dabei mit dem Postulat zweier motivationaler Verhaltenssysteme, Annäherung und Vermeidung, die emotionalen Konsequenzen unterschiedlich gut gelungener Zielerreichung beschrieben (vgl. Abb. 1). Menschen sind danach bestrebt, eine möglichst hohe Übereinstimmung mit ihren selbst gesetzten Zielen herzustellen bzw. beizubehalten. Hierzu dienen zwei Rückmeldesysteme, die entweder darauf ausgerichtet sind, den Abstand zu dem gewünschten Ziel zu verringern (Annäherung) oder den Abstand zu einem „Antiziel“ zu vergrößern (Vermeidung). Ziele können aktuelle Aktionstendenzen oder komplexe und entfernte Lebensziele sein, z. B. etwas greifen wollen bzw. eine erfolgreiche Berufskarriere anstreben. Antiziele sind befürchtete Konsequenzen, wie eine schlechte Schulnote oder ein Partnerverlust. Die Annäherung an ein Ziel bzw. die Vermeidung eines Antiziels kann nun gut oder schlecht gelingen. Wenn die Annäherung gut gelingt, entsteht das Gefühl der Freude. Gelingt sie nicht gut, sind Traurigkeit
Der Emotionsprozess
7
und Depression die Folge. Wenn die Vermeidung gut gelingt, resultiert das Gefühl der Erleichterung. Gelingt sie nicht gut, ist die Folge Angst. In dem vorliegenden biobehavioralen Emotionsmodell wird ebenfalls eine Abhängigkeit von Gefühlszuständen von dem Verlauf der Zielerreichung beschrieben, allerdings entlang der Gradienten der Zielerreichung innerhalb einzelner Emotionssysteme und nicht der Verhaltenssysteme Annäherung und Vermeidung.
Verlauf der Zielerreichung
ANNÄHERUNG Abstand verringerndes System
VERMEIDUNG Abstand vergrößerndes System
Gut
Freude
Erleichterung
Schlecht
Traurigkeit
Angst
Abbildung 1: Affektmodel der Verhaltensregulation durch ein Annäherungssystem (Approach) und ein Vermeidungssystem (Avoidance) nach Carver, Sutton und Scheier (2000). Wenn eine Annäherung erfolgreich verläuft (Goal Achievement good), resultieren Gefühle der Freude bis hin zur Hochstimmung; verläuft sie nicht erfolgreich (Goal Achievement bad), resultieren Traurigkeit und Depression. Wenn eine Vermeidung erfolgreich verläuft, stellt sich Erleichterung ein; verläuft sie nicht erfolgreich, stellt sich Angst ein.
In dem biobehavioralen Emotionsmodell sind die Emotionssysteme auf Ziele ausgerichtet, die als Motive für die Zielerreichung dienen. Emotionen kodieren also den angestrebten Zielzustand, während Motivation die Stärke und Persistenz bei der Zielverfolgung repräsentiert. Das hier beschriebene Primat von Emotion über Motivation ist nicht unstrittig (vgl. Hamm, Schupp & Weike in diesem Band).
2.2 Emotionsaufgaben und der Prozess der Zielerreichung Die Bereitstellung von Ressourcen ist das Ergebnis einer Abfolge verschiedener Verarbeitungsschritte, die modular aufgebaut gedacht werden können (Ellsworth & Scherer, 2003; Scherer, 2001; vgl. Hess & Kappas in diesem Band). Module sind konzeptuell, zum Teil auch neurobiologisch, abgrenzbare Stufen in der durch einen „emotionalen Reiz“ angestoßenen neuralen Aktivität. Im
8
Gerhard Stemmler
Zuge der Vorbereitung des Organismus für die Erreichung eines Emotionsziels bearbeiten diese Module u. a. folgende „Emotionsaufgaben“: – Grobe Reizbewertung nach Valenz (vgl. Vaitl, Peper, Neumann, Hess & Kappas sowie Schmidt-Atzert in diesem Band); – automatische und kontrollierte Prozesse bei der Emotionsauslösung (vgl. Neumann in diesem Band); – Aufmerksamkeitsausrichtung (vgl. Neumann sowie Vaitl und Wentura & Rothermund in diesem Band); – Rekrutierung des Gedächtnisses (vgl. Wentura & Rothermund sowie Vaitl in diesem Band); – Durchführung expliziter und impliziter Bewertungen des Reizes, der Situation, der Erwartungen an Handlungsergebnisse und von Gedächtnisinhalten (vgl. Hess & Kappas in diesem Band); – Einstellen allgemeiner Reaktionsbereitschaften auf breite motivationale Verhaltenstendenzen wie Annäherung, Rückzug oder Flucht (vgl. Hamm, Schupp & Weike in diesem Band); – Vorbereitung einzelner Verhaltensklassen wie Abwehrverhalten („defense“), Unterlegenheitsverhalten („defeat“) oder Angriffsverhalten („attack“) durch die koordinierte Aktivierung von somatischen, humoralen, autonomen und Immunsystemen (vgl. Stemmler, Kap. 8 in diesem Band); – Bereitstellung somatoviszeraler Ressourcen für die nonverbale Kommunikation der eigenen Verhaltensabsichten an andere durch Körperhaltung, Hautfarbe und Gesichtsausdruck (vgl. Kappas in diesem Band); – Feedback von somatischen und autonomen Effektororganen zurück an das Gehirn (vgl. Vaitl in diesem Band); – Monitoring des Emotionsprozesses durch Gefühle (vgl. Schmidt-Atzert in diesem Band); – Orchestrierung somatoviszeraler Veränderungen für die Handlungsvorbereitung, Handlungsdurchführung sowie für die Protektion des Organismus; vgl. Stemmler, Kap. 8 in diesem Band); – Soziale Kognition als Voraussetzung der erfolgreichen Navigation in der sozialen Umwelt (vgl. Rudolph in diesem Band); – Detektion von Verhaltenskonflikten (vgl. Peper in diesem Band); – Regulation der Emotionen (vgl. Egloff in diesem Band). Die Ergebnisse der Emotionsaufgaben (möglicherweise aber auch nur eines Teils davon) ergeben eine Konfiguration verteilter, efferent jedoch konvergierender neuraler Aktivität, welche die Bestimmung eines Emotionsziels ermöglicht. Basisemotionssysteme sind prototypische Klassen von Konfigurationen neuraler Aktivität. Diese Konzeption setzt nicht spezifische Emotionszentren im Gehirn voraus, wohl aber Konvergenzzonen für die Ergebnisse der verschiedenen Emotionsaufgaben.
Der Emotionsprozess
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Emotionsauslösung
Nur gelegentlich kann ein Emotionsziel durch eine unmittelbare und gezielte Aktion erreicht werden. Häufig wird ein Emotionsziel strategisch, d. h. in einer mehrstufigen Abfolge von Aktionen, angenähert. Emotionsstrategien sind Verhaltenspläne auf der Basis einer oder mehrerer kontextabhängiger Entscheidungen (Ciani, 2000). Bewertungs- und Wiederbewertungsprozesse über den aktuellen Erfolg bzw. Misserfolg der Zielverfolgung können eine Emotionsstrategie bei drohendem Misserfolg, aber auch das Emotionsziel ändern. Emotionstaktiken sind spezifische, kontextgebundene Verhaltensweisen im Dienste einer Emotionsstrategie. Abbildung 2 fasst die Grundelemente des biobehavioralen Emotionsmodells zusammen.
Emotionsaufgaben Realisierung in verschiedenen, meist unspezifischen Modulen
Basisemotionssysteme Ziel: Bestimmung von Emotionszielen Aktivierung durch Konvergenz der Ergebnisse von Emotionsaufgaben Effekte: Bereitstellung von Ressourcen
Stufen der Zielverfolgung
Emotionsziel
Aktuelle Bewertung – Erfolg – geht gut – geht schlecht – Misserfolg
Abbildung 2: Das biobehaviorale Emotionsmodell
Organisation des Verhaltens Emotionsstrategien Emotionstaktiken
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2.3 Gefühle Mit der Aktivierung eines Basisemotionssystems geht eine typische Gefühlsqualität einher; nach ihnen werden die Systeme benannt (allgemein zu Gefühlen vgl. Schmidt-Atzert in diesem Band). Daneben gibt es eine Vielzahl anderer Gefühlsqualitäten, die mit dem konkreten Verlauf der Zielverfolgung und den dabei gebildeten subjektiven Überzeugungen über die Ursachen von Erfolg bzw. Misserfolg einhergehen (Attributionstheorie; vgl. Rudolph in diesem Band). Weil diese Gefühle Hinweise auf das aktivierte Basisemotionssystem und auf den aktuellen Stand der Zielverfolgung geben, werden sie als „Indikatorgefühle“ bezeichnet. Die meisten der in der Sprache verwendeten Gefühlsbegriffe entstammen solchen kognitiv-affektiven Einschätzungen. Nach Shaver, Schwartz, Kirson und O’Connor (1987) bezeichnen viele Gefühlsbegriffe entweder Intensitätsabstufungen oder spezielle Merkmale der Situation, in der ein Gefühl auftritt. Schließlich gibt es Gefühle, die mit dem Abschluss der Emotion, d. h. mit Erfolg bzw. Misserfolg bei der Erreichung des Emotionsziels, einhergehen und die als Stimmungen auch längerfristig empfunden werden können. Diese Gefühle werden als „Bewertungsgefühle“ bezeichnet. Das BES-Modell verbindet also die Annahme einer begrenzten Anzahl von Basisemotionssystemen mit einer Vielzahl möglicher Indikatorgefühle. Der Begriff „Indikatorgefühle“ soll darauf verweisen, dass sprachliche Äußerungen über Gefühle meist auch etwas über den Kontext ihres Auftretens bezeichnen (Johnson-Laird & Oatley, 1989). Der Kontext von Gefühlen sagt sowohl etwas über die Stufe der Zielverfolgung (Erfolg, geht gut, geht schlecht, Misserfolg) als auch über die Annahmen des Sprechers aus, wie es dazu gekommen war, wer dafür verantwortlich war und welche Aussichten bei der Zielverfolgung bestehen. Eben weil die Zielverfolgung variabel und entlang verschiedener Stufen und mit mehreren möglichen Ausgängen erfolgen kann, ist die Sprache der Gefühle ungleich differenzierter als die begrenzte Anzahl der Emotionsziele. Der Reichtum der menschlichen Gefühlssprache ermöglicht dabei eine differenzierte Selbst- und Fremdkommunikation der bisherigen Resultate und der weiteren Absichten bei der Zielverfolgung. In dem BES-Modell ist jedes Basisemotionssystem bipolar angelegt. Zwischen Erfolg und Misserfolg bei der Zielverfolgung spannt sich eine große Bandbreite von Gefühlen positiver bis negativer Valenz auf. Die Verknüpfung unterschiedlich valenter Gefühle, z. B. Furcht – Erleichterung oder Ärger – Stolz ergibt sich aus der zugrunde liegenden prozessualen Abfolge bei der Zielverfolgung. Die Annahme, dass diese Bipolarität in der Valenz der Basisemotionssysteme durch ein einzelnes biologisches System hervorgebracht wird, erscheint nur auf den ersten Blick paradox. Mit Carver et al. (2000) kann darauf verwiesen werden, dass selbst eine unipolare Aktivitätsänderung eines neuro-
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logischen Systems (von nicht erregt bis hoch erregt) nicht ausschließt, dass die damit einhergehenden Gefühlsqualitäten bipolar angelegt sind. Zu berücksichtigen sind nämlich die in den Indikatorgefühlen mit enthaltenen Bewertungen bereits erfolgter Schritte in der Zielverfolgung und deren Resultate, der antizipierte weitere Verlauf und Annahmen über die Ursachen für den momentanen Stand der Zielverfolgung.
2.4 Emotionssysteme Das BES-Modell postuliert sieben Emotionssysteme: Erwartung – Vorfreude, Verlangen, Zuneigung – Wärme, Ärger, Furcht, Traurigkeit und Verachtung – Ekel (vgl. Tab. 2). Sie sind um vier große evolutionäre Themen gruppiert, Überleben/Vorhersagbarkeit (Furcht), Reproduktion (Verlangen vs. Verachtung – Ekel), Leistung/Status (Erwartung – Vorfreude vs. Ärger, getting ahead ) und Unterstützung (Zuneigung – Wärme vs. Traurigkeit, getting along). Die drei erstgenannten BES haben als Motivationsrichtung das Erreichen von Erfolg gemeinsam. Die letzten vier BES sind darauf ausgerichtet, Misserfolg zu vermeiden. Entsprechend werden die ersten drei BES durch Verstärker für Belohnung motiviert; einem Misserfolg wird durch die drohende Nichtbelohnung entgegengewirkt. Bei den letzten vier BES ist für die Zielerreichung die negative Verstärkung der Nichtbestrafung wirksam; einem Misserfolg wird durch eine drohende Bestrafung entgegengewirkt. Im Folgenden werden die sieben Emotionssysteme knapp vorgestellt. Sie sollen die spezifischen Emotionsziele näher erläutern, den Reichtum der Gefühlssprache als Funktion des Emotionsprozesses aufzeigen und die gleichzeitige Aktivierung (Koaktivierung) mehrerer Emotionssysteme einführen. Tabelle 2: Das Modell der Basisemotionssysteme: Emotionsziele Emotionssysteme Merkmale Motivation Verstärker
Erwartung – Verlangen Vorfreude
Zuneigung – Wärme
Ärger
Furcht
Erreichen von Erfolg Belohnung (Erfolg) – Nichtbelohnung (Misserfolg)
Emotions- Belohnung ziel anstreben
Intime Nähe anstreben
Bindung anstreben
Traurigkeit
Verachtung – Ekel
Vermeidung von Misserfolg Nichtbestrafung (Erfolg) – Bestrafung (Misserfolg) Unterordnung abwenden
VerTrenAversive nichtung nung abNähe abwenden wenden abwenden
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Tabelle 3: Das Modell der Basisemotionssysteme: Gefühle in Abhängigkeit von Zielverfolgung und Emotionssystem Emotionssysteme Stufe der Zielverfolgung
Erwartung – Vorfreude
Verlangen
Zuneigung – Wärme
Ärger
Freude, Zufriedenheit Erfolg
Jubel, Stolz, Selbstwert
Lust, Ekstase, Befriedigung
Liebe, Fürsorge
Anziehung +
Zuneigung +
Verlangen +
Annahme +
Erwartung + Guter Verlauf
Interesse + Wunsch +
Schlechter Verlauf
Wut Misserfolg
Scham, Eifersucht
Schuld, Feindseligkeit
Übergang zu Ärger, Furcht, Traurigkeit, Verachtung – Ekel oder Verbleib in Hoffnungslosigkeit, Reizbarkeit, Depression
VerTraurigkeit achtung – Ekel
Freude, Zufriedenheit Stolz, Selbstwert
Ärger –
Anstieg von Enttäuschung, Verlegenheit, Frustration
Furcht
Ärger +
Erleichterung
Sicherheit, Vertrauen
Erleichterung
Furcht –
Traurigkeit –
Verachtung –
Unsicherheit –
Hoffnung +
Traurigkeit +
Verachtung +
Hoffnung +
Furcht +
HilfAngst, Trennungslosigkeit, Ekel, Hass Scham, angst, Ohnmacht, Groll Panik Panik
Verzweiflung
Anmerkungen: Gefühlsbegriffe kursiv: Bewertungsgefühle. Gefühlsbegriffe nicht kursiv: Indikatorgefühle. Gefühlsbegriffe fett: Indikatorgefühle bei Aktivierung der Basisemotionssysteme. Zunahme = + , Abnahme = –
Erwartung – Vorfreude Erwartung – Vorfreude hat das Emotionsziel, eine Belohnung anzustreben. Wird dieses Ziel durch positive Verstärker (z. B. Nahrung, Geld) oder durch Signale für Belohnung (z. B. Abschluss einer Arbeit, Anstreben einer Karriere, Planung einer Urlaubsreise) salient, steigt die Erwartung und Vorfreude auf die Erlangung der Belohnung sowie Neugierde, Interesse und der Wunsch nach Zielerreichung. Ein Erfolg der Zielverfolgung geht mit Jubel, Stolz und einer Erhöhung des Selbstwertgefühls einher. Diese Gefühlsqualitäten sind auch Indikato-
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ren für die subjektive Bedeutung der Belohnung sowie für die Attribution des Erfolgs auf sich bzw. andere (Dankbarkeit). Wenn die Zielerreichung zu misslingen droht, steigen Indikatorgefühle der Enttäuschung (Zielverfehlung ist subjektiv bedeutsam), der Verlegenheit (andere können den drohenden Misserfolg beobachten) oder Frustration an (ungünstige Umstände oder andere Personen hindern mich an der Zielerreichung). Wenn das Emotionsziel nicht erreicht wurde, wird nach innen oder außen gerichteter Ärger bis hin zu Wut den Misserfolg begleiten. In der Folge bestehen zwei Möglichkeiten des Umgangs mit dem Misserfolg. Entweder wird eines der BES Ärger, Furcht, Traurigkeit oder Verachtung – Ekel mit dem Ziel aktiviert, den Misserfolg in einem zweiten Anlauf doch noch in einen Erfolg umzumünzen. Oder die Zielverfolgung wird (vorläufig) ausgesetzt, was von Gefühlen der Hoffnungslosigkeit, der Reizbarkeit und Niedergeschlagenheit (Depression) begleitet wird. Ein positiver Ausgang des BES Erwartung – Vorfreude wird, wie ein positiver Ausgang aller übrigen BES auch, von den Bewertungsgefühlen der Freude und Zufriedenheit begleitet. Ein negativer Ausgang der belohnungsmotivierten BES Erwartung – Vorfreude, Verlangen und Zuneigung – Wärme wird durch die Bewertungsgefühle Hoffnungslosigkeit, Reizbarkeit und Niedergeschlagenheit (Depression) angezeigt. Die frühere Erfahrung von Misserfolg in ähnlichen erfolgsmotivierenden Umständen kann bei der Aktivierung des BES Erwartung – Vorfreude zu einer Koaktivierung anderer BES, insbesondere der Furcht, führen. Dann wird im Verlauf der Zielverfolgung der Anstieg von Erwartung und Vorfreude begleitet sein von einer ängstlich-akzentuierten Erwartungsspannung. Im Fall des Erfolgs werden der Jubel, Stolz und das erhöhte Selbstwertgefühl mit dem Gefühl der Erleichterung einhergehen. Eine solche Koaktivierung von Basisemotionssystemen ist die Grundlage von motivationalen Konflikten. Bei Annäherungs-AnnäherungsKonflikten werden gleichzeitig mehrere belohnungsmotivierte BES aktiviert; bei Annäherungs-Vermeidungs-Konflikten wird gleichzeitig ein belohnungsmotiviertes und ein nichtbestrafungsmotiviertes BES salient. Die bei einer Koaktivierung auftretenden Gefühle sind nicht Mischungen der Ausgangsgefühle, sondern koexistente unterschiedliche Gefühle, die sprachlich allerdings manchmal zusammengefasst werden können. So ist z. B. „Lampenfieber“ ein Indikatorgefühl, das sprachlich die Anteile „ängstliche“ und „Erwartung“ abkürzend zusammenfasst (Koaktivierung der BES Furcht und Erwartung – Vorfreude). Verlangen Ziel von Verlangen ist es, eine intime Nähe anzustreben. Damit steht das System in engem biologischen Zusammenhang mit Sexualität und Fortpflanzung. Ein sexueller Reiz (Partner, assoziativ damit verbundenes Objekt, Gedanke) führt zur Aktivierung dieses Systems. Die Gefühle der Anziehung und des Verlangens neh-
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men zu und werden bei Erfolg der Zielerreichung von Lust, Ekstase und Befriedigung abgelöst. Die Bewertungsgefühle Freude und Zufriedenheit signalisieren wieder den erfolgreichen Abschluss dieses BES. Ein drohender Misserfolg bei der Zielverfolgung führt je nach den Umständen zu einem Anstieg von Enttäuschung, Verlegenheit oder Frustration. Ein Misserfolg bei der Zielerreichung ist mit Scham oder Eifersucht verbunden, je nachdem, ob der Grund für den Misserfolg bei sich selbst und dem potenziellen Partner oder bei einer dritten Person gesehen wird. Erneut ist der Übergang zu einem anderen BES zur Vermeidung von Misserfolg (Ärger, Furcht, Traurigkeit, Verachtung – Ekel) möglich, oder es werden bei Aufgabe der Zielverfolgung die Bewertungsgefühle Hoffnungslosigkeit, Reizbarkeit oder Niedergeschlagenheit (Depression) auftreten. Unter Umständen kann mit dem BES Verlangen ein anderes System koaktiviert werden. Die Koaktivierung von Erwartung – Vorfreude oder Zuneigung – Wärme akzentuiert das Emotionsziel von Verlangen in Richtung Eroberung oder romantische Liebe. Eine Koaktivierung mit den Systemen Ärger, Furcht, Traurigkeit oder Verachtung – Ekel verknüpft Verlangen mit motivationalen Zielen der Vermeidung von Misserfolg, die in Richtung Missbrauch, Versagensangst, Verlustangst und moralischer Angst – Ekel verknüpft sind. Zuneigung – Wärme Zuneigung – Wärme hat das Ziel, Anschluss und Bindung an eine andere Person anzustreben. Dieses System wird regelmäßig aktiviert in vertrauensvollen partnerschaftlichen Beziehungen, in Eltern-Kind-Beziehungen und bei einer starken Verbundenheit zu sozialen Gruppen. Wenn die Zielverfolgung erfolgreich verläuft, steigen Gefühle der Zuneigung und der Annahme gegenüber der Zielperson bzw. der sozialen Gruppe. Wenn diese Gefühle angenommen werden, werden Liebe, Fürsorge und Verantwortlichkeit sowie die Bewertungsgefühle Freude und Zufriedenheit empfunden. Wenn die Gefühle und helfenden Verhaltensweisen von der Zielperson bzw. der sozialen Gruppe nicht angenommen werden, steigen Enttäuschung, Verlegenheit und Frustration entsprechend den Umständen an. Ein Misserfolg, der auf eigenes Verschulden zurückzuführen ist, führt zu Gefühlen der Schuld, ein Misserfolg, der auf eine Verweigerung der Zuneigung zurückzuführen ist, zu Gefühlen der Feindseligkeit. Auch in diesem BES kann der Übergang zu einem der Systeme zur Vermeidung von Misserfolg (Ärger, Furcht, Traurigkeit, Verachtung – Ekel) erfolgen. Oder es können bei endgültigem Misserfolg Bewertungsgefühle von Hoffnungslosigkeit, Reizbarkeit und Niedergeschlagenheit (Depression) zurückbleiben. Die Koaktivierung von Furcht (Feindesliebe), Traurigkeit (Liebe zur Abwendung von Trennung, Verlustangst) und Verachtung – Ekel können zu erheblichen Konflikten in den Gefühlen und im Verhalten führen.
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Ärger Ärger ist darauf ausgerichtet, physische, mentale oder soziale Unterordnung abzuwenden. Jedes Hindernis, das sich gegen die Verfolgung eigener Ziele stellt, fordert eine Unterordnung ein, nämlich die Veränderung der eigenen Ziele. Entsprechend wird das Ärger-System aktiviert, wenn die Zielverfolgung eines anderen BES gefährdet ist und die erfolgreiche Beseitigung des Hindernisses erwartet wird. Das BES Ärger wird auch aktiviert, wenn unerwartete Schmerzreize eine reflexhafte Gegenwehr auslösen. Wenn die Zielverfolgung erfolgreich verläuft, nimmt das Gefühl des Ärgers ab und wird bei tatsächlichem Erfolg von Stolz und erhöhtem Selbstwertgefühl abgelöst. Bewertungsgefühle der Zielerreichung sind wiederum Freude und Zufriedenheit. Wenn die Zielverfolgung gefährdet ist, steigt das Gefühl des Ärgers an und, wegen der steigenden Bedrohung durch das Hindernis (z. B. durch einen Gegner), auch die Koaktivierung des BES Furcht und damit des Gefühls der Furcht. Wenn das Emotionsziel nicht erreicht wird, stellen sich Gefühle der Angst (übermächtiger Gegner), Scham (ungerechtfertigter Ärger, eigene Verantwortung für angerichteten Schaden) oder Groll (aufgeschobene Zielerreichung) ein. Bewertungsgefühl des Misserfolgs ist Verzweiflung. Von Bedeutung ist auch eine Koaktivierung des BES Verachtung – Ekel, die zu einer Abnahme der Bedenken gegenüber den Folgen der eigenen Aggression führen kann (moralische Freisprechung). Im zwischenmenschlichen Bereich bis hin zur Kriegsführung zwischen Nationen führt die Koaktivierung von Verachtung – Ekel zu einer Dehumanisierung des Gegners und damit zu einer Senkung der Aggressionsschwelle. Furcht Furcht ist darauf ausgerichtet, eine tatsächliche oder vorgestellte Bedrohung und letztendlich die Vernichtung abzuwenden. Entsprechend wird eine Aktivierung des BES Furcht durch Reize der Bedrohung ausgelöst. Wenn eine Fluchtmöglichkeit besteht und der Abstand von der Bedrohung wächst (Vermeidung), nimmt das Gefühl der Furcht ab. Gleichzeitig steigt die Erwartung, einen sicheren Platz erreichen zu können (Annäherung), und damit auch das Gefühl der Hoffnung. Die Zielerreichung ist durch das Gefühl der Erleichterung sowie durch die Bewertungsgefühle Freude und Zufriedenheit gekennzeichnet (vgl. Carver et al.’s Konzeption in Abb. 1). Droht die Zielverfolgung zu misslingen, steigt das Gefühl der Furcht an, um bei aktueller Konfrontation mit der Bedrohung ohne Fluchtmöglichkeit zu dem Bewertungsgefühl der Verzweiflung überzugehen. Gefühle der Hilflosigkeit, Ohnmacht und Panik werden auf der Verhaltensseite von defensiver Aggression und Verhaltensstarre (Freezing) begleitet.
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Traurigkeit Traurigkeit wird von dem Ziel bestimmt, die Trennung von einer wichtigen Person abzuwenden. Das System wird aktiviert durch Signale für oder den eingetretenen Verlust einer wichtigen Person oder durch soziale Exklusion und Zurückweisung (ostracism; vgl. van Beest & Williams, 2006). Gelingt die Zielverfolgung gut, nehmen die Gefühle von Traurigkeit und Unsicherheit ab. Das Erreichen des Emotionsziels ist mit den Gefühlen von Sicherheit, Vertrauen und Zugehörigkeit verbunden. Bewertungsgefühle des Erfolgs sind wiederum Freude und Zufriedenheit. Gelingt es nicht gut, eine Trennung abzuwenden, steigt das Gefühl der Traurigkeit an. Ein Misserfolg bei der Erreichung des Emotionsziels zeigt sich als Trennungsangst (separation distress) bis hin zu Panik, was bei starker vorheriger Bindung an eine Person in dem Bewertungsgefühl der Verzweiflung endet. Das BES Traurigkeit ist in einer dyadischen Beziehung die Kehrseite des BES Zuneigung – Wärme, die bei erfolgreicher Bindung mit dem Geben von Sicherheit auf das Bedürfnis nach dem Empfangen von Sicherheit, Vertrauen und Zugehörigkeit bezogen ist. Ein besonders ausgeprägtes BES Traurigkeit kann Abhängigkeit und Submission begründen. Verachtung – Ekel Verachtung – Ekel hat das Ziel, eine aversive Nähe abzuwenden. Von vielen Autoren wird das Gefühl des Ekels verbunden mit dem Ausstoßen verdorbener oder unwillkommener Nahrung (auch als „sensorischer Affekt“ bezeichnet). In einem psychologisch erweiterten Sinn ist dieses Reflexziel aber auf abstoßende und unwillkommene Nähe zu anderen Personen oder Dingen auszuweiten (Toronchuk & Ellis, 2007a, b; kritisch hierzu: Panksepp, 2007a). Ist die Zielerreichung auf gutem Wege, nimmt das Gefühl von Verachtung und Ekel ab. Gleichzeitig steigt die Hoffnung, der aversiven Nähe zu entkommen. Wenn das Emotionsziel erfolgreich erreicht ist, stellt sich das Gefühl der Erleichterung ein. Bewertungsgefühle bei Erfolg sind wiederum Freude und Zufriedenheit. Ist die Zielverfolgung in Gefahr, steigen die Gefühle von Ekel und Ärger an. Wenn die Zielverfolgung mit einem Misserfolg endet, die aversive Nähe also anhält, stellt sich das Gefühl des Hasses bis hin zum Vernichtungswunsch ein. Bewertungsgefühl des negativen Ausgangs ist erneut Verzweiflung. Mit dem BES Verachtung – Ekel wird oft auch das BES Ärger koaktiviert. Andauernde Gefühle des Ärgers und des Hasses treten beispielsweise bei misslungenen Partnerschaften und erzwungener Nähe ohne die Möglichkeit einer Trennung auf.
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3 Ausblick Der Feststellung des Herausgebers der Vorauflage dieses Bandes der Enzyklopädie der Psychologie (Scherer, 1990a) ist nach mehr als 15 Jahren nur zuzustimmen, dass nämlich „der Optimismus bezüglich der zukünftigen Entwicklung der Emotionspsychologie“ (Scherer, 1990b, S. 26) gerechtfertigt sei. In der Tat ist die Entwicklung der Emotionspsychologie stürmisch verlaufen, besonders in den Affective Neurosciences. Aber die Forschung ist auch in vielen anderen Teilbereichen der Psychologie, eingeschlossen die Angewandte Psychologie, durchgängig von diesem Boom erfasst worden (z. B. Davidson, Goldsmith & Scherer, 2003). Offenbar hat sich der eingangs beschriebene Theorienpluralismus nicht abträglich ausgewirkt. In dieser beschleunigten Entwicklung der Emotionspsychologie möge der vorliegende Band dem Leser eine strukturierende Hilfe für eine Bestandsaufnahme in ausgewählten Bereichen sein.
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2. Kapitel
Neurobiologische Emotionsmodelle Martin Peper
1 Einleitung Die neurobiologische Emotionsforschung (affective neuroscience; vgl. Davidson, Jackson & Kalin, 2000; Dolan, 2002; Panksepp, 1998) hat sich in den letzten Jahren zu einem eigenständigen und stark expandierenden Forschungsprogramm im Grenzbereich von neurowissenschaftlicher Grundlagenforschung, Verhaltensneurobiologie, klinischer Neuropsychologie, Psychophysiologie und biologischer Psychiatrie entwickelt (für einführende Darstellungen vgl. z. B. Birbaumer & Schmidt, 2006; Carlson, 2004; Pritzel, Brand & Markowitsch, 2003; Schmidt, Thews & Lang, 2004). Kenntnisse der neurobiologischen Grundlagen sind sowohl aus Sicht der Grundlagenfächer als auch vieler Anwendungsfelder von zentraler Bedeutung. Die neurobiologische Emotionsforschung trägt zur Validierung von Modellvorstellungen bei, die auch für Personen mit Hirnschädigungen oder psychischen Störungen einen Vorhersagewert besitzen (Peper & Irle, 1997). Aus der Vielfalt der relevanten Inhalte können hier nur Einzelaspekte der strukturellen und funktionellen Konnektivität und der Neurotransmission herausgegriffen werden (für detailliertere Darstellungen vgl. z. B. Nieuwenhuys, Voogd & van Huijzen, 1997; Pandya & Yeterian, 2001; Schmidt, Thews & Lang, 2004; Trepel, 2003). Die adaptive Bedeutung von Emotionen und die evolutionäre Formung der diesen Funktionen zugrundeliegenden Hirnstrukturen sind zentrale Grundannahmen der Emotionsforschung. Emotionen werden als adaptive Mechanismen der Verhaltenskontrolle angesehen, die auf bestimmte Ziele und Bedürfnisse des Organismus ausgerichtet sind. Emotionen können von den relativ stereotypen Reiz-Reaktionskopplungen der Reflexe und festgelegten organismischen
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Anpassungsprozessen abgegrenzt werden. Emotionen erlauben eine flexiblere Verhaltensantwort, die durch Beeinflussung von Lern- und Aufmerksamkeitsprozessen situativ besser angepasst werden kann (für Einführungen vgl. z. B. Scherer, 1994; Scherer & Peper, 2001; Schmidt-Atzert, Peper & Stemmler, 2010). Obwohl Emotionen im engeren Sinne von Stimmungen (mood), interpersonalen Haltungen, Einstellungen und der Persönlichkeitseigenschaft „Emotionalität“ (trait) zu unterscheiden sind, zählen letztgenannte Konstrukte heute ebenfalls zum Gegenstandsbereich der neurowissenschaftlichen Emotionsforschung. Der hier häufig verwendete Begriff der „emotionalen Aktivierung“ kennzeichnet ebenso wie die Konzepte Aktivation, Arousal, Erregung und Beanspruchung (Stress, Strain) einen relativ breiten Phänomenbereich (Peper & Fahrenberg, 2009). Neuerdings tritt die Fähigkeit zur „emotionalen Regulation“ wieder stärker in den Vordergrund (z. B. Davidson, Jackson & Kalin, 2000; Ochsner & Gross, 2005; vgl. Egloff in diesem Band). Dabei handelt es sich ebenfalls um eine Sammelbezeichnung für Prozesse der Aktivierung, Bewertung, Kontrolle, und zielgerechten Verhaltenssteuerung zur Bewältigung eines bedeutsamen Ereignisses. Emotionen treten als kürzere Episode koordinierter Reaktionen (Synergismen) zahlreicher organismischer Subsysteme auf die Evaluation eines externalen oder internalen Ereignisses von herausragender Bedeutung in Erscheinung (Peper, 2008; Scherer & Peper, 2001). Traditionell werden Emotionen als Gefüge verschiedener Funktionskomponenten wie subjektiv erlebten Gefühlen, Ausdrucksverhalten, Wahrnehmung und kognitiven Bewertungsprozessen, zielgerichtetem Handeln und psychophysiologischen Aktivierungsprozessen beschrieben (z. B. Plutchik, 1980; Scherer & Peper, 2001; Stemmler, Kap. 1 in diesem Band). Diese Komponenten wurden zu drei wesentlichen Funktionsbereichen zusammengefasst: subjektives Erleben, soziale Kommunikation sowie körperliche Homöostase und Adaptation. Entsprechend wird gefordert, Emotionen anhand verbaler Auskünfte, des beobachtbaren Verhaltens und psychophysiologischer Reaktionen zu beschreiben („Drei-Systeme-Methodik“; z. B. Bradley & Lang, 2000). Eine zentrale Problematik besteht jedoch darin, dass vor allem bei schwächer ausgeprägten Aktivierungszuständen eine nur geringe Konvergenz oder sogar Dissoziationen dieser Teilfunktionen beobachtbar sind (vgl. Peper, 2000). Zusammenhänge zwischen Selbstbeurteilungen der emotionalen Reaktivität und zentral- oder peripher-physiologischen Maßen scheinen generell eher gering ausgeprägt zu sein (Fahrenberg & Myrtek, 2005; Myrtek, 1998, 2004). Dieser sehr häufig beschriebene Sachverhalt, dass multiple Operationalisierungen meist Inkonsistenzen und Divergenzen ergeben, stellt aus theoretischer und methodischdiagnostischer Hinsicht eine schwierige Herausforderung dar. Die Tatsache,
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dass Dissoziationen emotionaler Funktionskomponenten experimentell provoziert oder durch pathologische Zustände induziert werden können, bestätigt die Existenz relativ unabhängiger emotionaler Subsysteme (Peper, 2000; Peper & Lüken, 2002). Emotion, Aktivierung, emotionale Regulation und Emotionalität sind zentrale Begriffe, die durch eine lange Vorgeschichte und kontroverse Beiträge belastet sind. Da es bisher nur wenig Konsensus gibt und operationale Definitionen fehlen, sind diese missverständlichen Begriffe nur als Kurzbezeichnung für Problemfelder anzusehen (Peper, 2008). In den letzten Jahren hat die neurobiologische Emotionsforschung zur Begriffsklärung und zur Aufdeckung möglicher Ursachen für die beobachtete Inkohärenz emotionaler Funktionskomponenten beigetragen. Die fruchtlosen Debatten und spekulativen Entwürfe der kognitiven Emotionspsychologie treten angesichts neurowissenschaftlicher Ergebnisse zum Aufbau emotionsverarbeitender Systeme und deren longitudinaler Konnektivität entlang der Neuraxis zunehmend in den Hintergrund. Die folgende Übersicht fasst die wesentlichen neurobiologischen Grundlagen der Struktur und Konnektivität neuroemotionaler Systeme zusammen. Da der Aufbau des Nervensystems Gegenstand der Ausbildung in Biologischer Psychologie ist, werden Grundbegriffe hier vorausgesetzt. Im Anschluss werden wichtige gegenwärtige neuropsychologische Emotionstheorien bzw. Emotionsmodelle umrissen. Ergebnisse des emotionalen Neuroimagings und Befunde zu Funktionsänderungen nach zerebralen Läsionen werden nur exemplarisch erwähnt, da sie an anderem Ort ausführlicher dargestellt sind (z. B. Dolan, 2000; Peper et al., 2006; Phan et al., 2002; Sergerie, Chochol & Armony, 2008; Vaitl in diesem Band). Abschließend werden methodische Probleme diskutiert und der aktuelle Stand der Modellbildung kritisch bewertet.
2 Neurobiologische Grundlagen 2.1 Historische Beiträge Erste Konzepte zur Grundlage emotionaler Funktionen werden traditionell in den Beiträgen von James (1884) und Lange (1885) gesehen (für detailliertere Angaben zur historischen Entwicklung vgl. Peper, 2008; Peper & Irle, 1997; Peper & Markowitsch, 2001). Etwa zur selben Zeit entstanden auch erste Netzwerkmodelle, welche die emotionale Informationsverarbeitung als parallelen und z. T. präkortikal organisierten Prozess erklärten (Exner, 1894). Die Bedeutung des Frontallappens für die Kontrolle von Affekten und Trieben wurde bereits von Flechsig (1896) erkannt. Schuster (1902) brachte Schädigungen des rechten Frontallappens mit affektiven Störungen in Verbindung.
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Cannon (1927, 1931) identifizierte Strukturen des Dienzephalons, insbesondere den Thalamus als ein Relaiszentrum, das Emotionen und die begleitenden motorischen, vegetativen und endokrinen Reaktionen vermittelt. Anhand von Stimulationsstudien konnte die Bedeutung des Hypothalamus für die Steuerung des Angriffs- oder Verteidigungsverhaltens und vegetative Aktivierungsprozesse nachgewiesen werden. Das Emotionserleben wurde als Repräsentation thalamischer Prozesse in neokortikalen Sinneszentren erklärt. Weiterhin beschrieb Cannon für verschiedene Anforderungssituationen wie Schmerz, Hunger, Furcht und Wut eine physiologische Notfallreaktion, die den Organismus für die Auseinandersetzung mit bedrohlichen Situationen, Angriff und Flucht leistungsfähiger macht. Erste Berichte über die Auswirkungen von ventromedialen temporalen Läsionen (einschließlich der Amygdala) auf das emotionale Verhalten stammten von Klüver und Bucy (1937). Nach bilateralen Läsionen dieser Region entwickelten Rhesusaffen u. a. eine inadäquate Zahmheit (fehlende Furcht vor angstauslösenden Stimuli) und Hypoemotionalität. Papez (1937) beschrieb im selben Jahr eine telenzephal-dienzephale Funktionsschleife als strukturelles Korrelat emotionaler Prozesse. Die emotionale Einfärbung des Erlebens wurde hier auf der Grundlage der Verbindungen des Gyrus cinguli erklärt. In Anlehnung an dieses Modell postulierte MacLean (1949, 1952) ein „viszerales Gehirn“, welches später „Limbisches System“ genannt wurde und folgende Komponenten beinhaltete: Gyrus cinguli, Hippokampus, Gyrus parahippocampalis, Amygdala, Septum sowie Teile des Thalamus und Hypothalamus. Der Hippokampus wurde dabei als Zentrum für die Integration interner und externer Reize und für das emotionale Erleben angesehen. Das einflussreiche Konstrukt des „Limbischen Systems“ wird trotz seiner großen Unschärfe auch heute in den Neurowissenschaften noch vielfach genutzt (Kötter, 2003; LeDoux, 1998). Die spezielle strukturelle und funktionelle Konnektivität limbischer Strukturen und der Informationsfluss in diesen Netzwerken ist jedoch wesentlich besser erforscht. Schließlich wurde durch Moruzzi und Magoun (1949) das Konzept eines Aufsteigenden Retikulären Aktivierungssystems (ARAS) als Substrat einer generalisierten Arousalreaktion in die Literatur eingeführt. Olds und Milner (1954) demonstrierten das Phänomen der sog. intrakraniellen Selbstreizung (intracranial self stimulation; ICSS): Wenn einem Tier ermöglicht wurde, sich selbst in bestimmten pleasure centers (z. B. Septum) elektrisch zu reizen, taten die Tiere dies bis zur völligen Erschöpfung. Die Reizung bestimmter Strukturen des Mittelhirns (Aversionszentren) hatte den gegenteiligen Effekt, da die Tiere versuchten, jede Art elektrischer Reizung zu vermeiden. Als optimal für die Auslösung von ICSS-Effekten erwiesen sich bei der Ratte das deszendierende mediale Vorderhirnbündel (MVB), der laterale Hypothalamus und Regionen des frontalen Kortex.
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2.2 Neurotransmission Die gegenwärtige emotionale Neurotransmissionsforschung ist ein sich rasch entwickelndes Gebiet mit vielfältigen Einsichten in die Signalübertragung und Konsequenzen für die neuropharmakologische Forschung und die Entwicklung von Medikamenten zur Behandlung emotionaler Störungen. Nur einführend können hier die wichtigsten Neurotransmittersysteme und deren Bedeutung für die Modulation emotionaler Funktionen zusammengefasst werden (vgl. dazu Birbaumer & Schmidt, 2006; Julien, 1997; Rockstroh, 2001). Bekanntlich erfolgt die Erregungsübertragung im Nervensystem elektrisch durch fortgeleitete Aktionspotenziale und chemisch durch die vom Aktionspotenzial an der Synapse ausgelöste Freisetzung von Transmittern. Diese werden aus dem präsynaptischen Axonterminal freigesetzt und wirken im synaptischen Spalt auf Rezeptoren, d. h. spezielle Proteine der Zellmembran, deren Aktivierung ihrerseits Aktionspotenziale stimuliert oder unterdrückt. Ein Neuron kann Rezeptoren für verschiedene Transmitter exprimieren. Das Vorkommen von klassischen Transmittern und Neuropeptiden im selben Axonterminal (Kolokalisation, Kotransmitter) ermöglicht durch synaptische Modulation eine hoch differenzierte, den lokalen Anforderungen entsprechende Anpassung der Signalübertragung. Dabei sind die Synapsen in ihrer Wirkung modifizierbar, sie besitzen eine vom Benutzungsgrad abhängende Plastizität. Die monoaminergen Transmitter Noradrenalin, Dopamin und Serotonin haben ihren Ursprung im Hirnstamm (für Abbildungen vgl. Julien, 1997; Rockstroh, 2001). Das noradrenerge System mit Neuronen u. a. in Neokortex, Hippokampus, Nucleus coeruleus und anderen Zellgruppen des Mittelhirns ist von besonderer Bedeutung für das sympathische Nervensystem und für die extrapyramidale Motorik. Eine noradrenerge Aktivierung des Locus coeruleus bewirkt über das dorsale Bündel und das mediale Vorderhirnbündel z. B. eine Erhöhung der Erregbarkeit im Hippokampus (β-adrenerge Rezeptoren) und eine Herabsetzung in anderen kortikalen Neuronen (α-adrenerge Neurone). Lateral-tegmentale Neurone (A2) tragen zur Integration vegetativer Funktionen in Hirnstamm und Rückenmark bei: Stimulation führt hier zur Senkung von Blutdruck und Herzfrequenz. Noradrenerge Effekte tragen zur Fokussierung der Aufmerksamkeit bei Gefahr und starkem Stress bei. Dadurch kann es zu einer Einengung der Aufmerksamkeit bis hin zur Blockade des Präfrontalkortex (PFC) kommen, um einfache Reaktionsweisen zu ermöglichen. Weiterhin ist die Katecholamin-Hypothese der Depression zu nennen, derzufolge bei diesen Patienten vor allem ein Noradrenalin-Defizit vorliegen soll (vgl. Rockstroh, 2001). Dopamin gilt als wichtiger Transmitter des Striatums bzw. des nigrostriatalen und mesolimbischen-mesokortikalen Systems (vgl. Abschnitt 2.3.4). Letzteres
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ist für die zentrale Wirkung natürlicher, als belohnend empfundener Reize und für die Effekte von Drogen wie Opiaten, Kokain und Alkohol bedeutsam (vgl. Depue & Collins, 1999; Julien, 1997). Es ist Ansatzpunkt vieler Neuroleptika (vgl. Dopamin-Hypothese der Schizophrenie) und Stimulantien (vgl. Behandlung des Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Syndrom). Bei Aktivierung über dopaminerge Bahnen aus der Substantia nigra kommt es auf der Ebene des Striatums zu einer „Enthemmung“ der normalerweise inhibitorisch wirkenden striato-thalamischen Verbindungen und damit zu einer Öffnung der thalamischen Filter, was im Extremfall zu einer Reizüberflutung führen kann. Das serotoninerge System ist das ausgedehnteste monoaminerge System mit Neuronen im Kortex, Hippokampus, Striatum und den paramedianen Kernen des Hirnstamms (Nuc. raphes: B7, B8, B9). Es ist an emotionalen Regulationsprozessen und der Kontrolle von Verhaltensimpulsen beteiligt (Cools, Roberts & Robbins, 2008). Für die motivationale Steuerung sind speziell die Serotonin 1A- und 1D-Rezeptoren im Bereich des Hypothalamus bedeutsam. Serotoninerge Neuronen sind an der Regulation von Körpertemperatur, Blutdruck und endokriner Aktivität beteiligt. Präsynapische 1A-Autorezeptoren sollen an der Hemmung serotoninerger Neuronen und dadurch auch an der Vermittlung von Angst und Depressionen beteiligt sein (Rockstroh, 2001). Serotonin-2-Rezeptoren sind im gesamten Kortex anzutreffen und mit Funktionen assoziiert, die Stimmung, Wachheit und Schmerzwahrnehmung vermitteln. Pharmakologische Serotonin-2- und-3-Antagonisten haben einen anxiolytischen oder antidepressiven Effekt. Serotoninmangel kann disinhibitorisch eine erhöhte Dopaminaktivität zur Folge haben, was eine dopaminbedingte Enthemmung des Verhaltens (Impulsivität) begünstigen soll (Harrison et al., 1997). Azetylcholin ist u. a. in drei Neuronensystemen zu finden, (a) dem medialen Septum mit Verbindungen in Richtung des Hippokampus und Neokortex, (b) dem basalen Vorderhirn bzw. Nucleus basalis von Meynert, das weitere Verbindungen zum gesamten Kortex besitzt, und (c) Kernen des lateralen Tegmentums mit Verbindungen zum Thalamus und zur Formatio reticularis. Diese Systeme sind an unterschiedlichen Funktionen wie Motorik, vegetativer Regulation, Lernen und Gedächtnis beteiligt, wobei Dysfunktionen, Erkankungen oder Gabe von Antagonisten neben kognitiven Auswirkungen auch vegetative Effekte zur Folge haben können (vgl. Acetylcholin-Hypothese der Alzheimer-Krankheit). Viele dieser Effekte sind vermutlich durch ein Defizit der allgemeinen Aktivierung zu erklären, welches durch einen Azetylcholinmangel im Bereich des Basalen Vorderhirns vermittelt wird (vgl. Abschnitt 2.3.3.4). Glutamat ist der wichtigste exzitatorische Transmitter mit zahlreichen Verbindungen vom Neokortex in Richtung Striatum, Mittelhirn, Cerebellum und
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Rückenmark. Auch vom Hippokampus ziehen glutamaterge Verbindungen in Richtung des Di- und Mesenzephalons und des Hirnstamms. Durch eine antagonistische Wirkung zu Dopamin ist Glutamat u. a. im Bereich des Striatums an der Verhaltenssteuerung beteiligt (Carlsson, 2006). Bei Gabe von Antagonisten und bei Störungen der Neurotransmission (vgl. Hypothese einer glutaminergen Hypofunktion des Frontalkortex bei Schizophrenie) sind schwere psychische Funktionsstörungen der kortiko-striato-pallido-thalamischen Funktionsschleifen zu erwarten (vgl. Abschnitt 2.3.4). γ-Aminobuttersäure (GABA) ist der wichtigste inhibitorische Transmitter im ZNS, wobei eine überschießende Erregung meist durch kurze GABAerge Interneurone verhindert wird. Es finden sich aber auch längere Verbindungen mit Neuronen im Kortex, Basalganglien (nigrostriatale Bahnen), Thalamus und Hypothalamus. Bei Panikstörungen und Phobien werden zu Behandlungsbeginn zuweilen Benzodiazepine verabreicht. Deren anxiolytische, antiaggressive, sedativ-hynotische und muskelrelaxierende Wirkung ist durch eine agonistische Wirkung am GABAA-Rezeptor erklärbar, wodurch dessen inhibitorische Wirkung verstärkt wird (Rockstroh, 2001).
2.3 Struktur und Konnektivität neuroemotionaler Systeme 2.3.1 Phylogenetisches Grundprinzip Die markante Expansion des Neokortex wirft die Frage auf, wie die emotionalen Systeme der älteren Hirnregionen mit den jüngeren neokortikalen Systemen verschaltet sind. Eine bedeutsame, auf zytoarchitektonischen Informationen aufbauende Theorie der zerebralen Konnektivität stellt die duale phylogenetische Entwicklungstheorie des Kortex dar (z. B. Pandya & Yeterian, 2001). Demnach sind zwei fundamentale kortikale Ursprünge bzw. Entwicklungstrends zu unterscheiden, entlang derer sich der Kortex während der Evolution entfaltet haben soll. Der erste und markante Ursprung ist der hippokampale Archikortex. Der zweite Trend entspringt dem olfaktorischen Paläokortex. Aus beiden Ursprungsgebieten entstand ein sich kontinuierlich erweiternder Neokortex mit zunehmender Schichtendifferenzierung (vgl. Abb. 1). Innerhalb der meisten kortikalen Regionen bzw. Lappen lassen sich sowohl Einflüsse des archikortikalen als auch des paläokortikalen Trends unterscheiden. Dies ist für die Ordnungsstruktur kognitiver und emotionaler Teilfunktionen von essenzieller Bedeutung, da dem archikortikalen, dorsalen im Vergleich zum paläokortikalen, ventralen Trend aufgrund der Dominanz hippokampaler Verbindungen ein qualitativ unterschiedlicher Modus der Informationsverarbeitung zugeschrieben wird.
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Dorsaler archikortikaler Trend S1
M2 SSA
S1
M1 PFC
A1
V1
V1 Hippokampus
G OFC
A V
Olfakt. Kortex
Ventraler paläokortikaler Trend
Abbildung 1: Fundamentale kortikale Entwicklungstrends (nach Pandya & Yeterian, 2001, modifiziert): Internale und externale Information wird über subkortikale Verbindungen sowohl einem dorsalen archikortikalen als auch einem ventralen paläokortikalen Trend zugeführt. Von dort wird diese Information an die primären sensorischen Areale, Assoziationsareale, multimodalen Areale und zurück an limbische Strukturen weitergeleitet. Zugleich wird die Information von den Assoziati-onskortizes, den multimodalen Arealen und den limbischen Regionen durch direkte Feedforward-Verbindungen an den Präfrontalkortex weitergeleitet. (A1: Auditorischer Kortex; G: Gustatorisches Areal; M1/2: Motorische Kortizes; OFC: Orbitaler Präfrontalkortex; PFC: Präfrontalkortex; S1: Somatosensorischer Kortex; SSA: Supplementär-sensorische Areale; V1: Visueller Kortex).
2.3.2 Rhombenzephale Regulations- und Effektorsysteme Auf der medullären und pontinen Ebene werden Funktionen für die Aufrechterhaltung des Lebens reguliert: vegetative Reaktionen (u. a. Herz-Kreislauf, sudomotorische Aktivität, Atmung), Koordination der organismischen Anpassung, d. h. Abstimmung zwischen internem und externem Milieu, Modulation des Aktivitätsniveaus einschließlich des Wach-Schlaf-Kontinuums, Monitoring innerer und äußerer Bedingungen, Angriffsverhalten, Umschaltung zwischen innerer Steuerung durch autonome Programme und extern ausgelösten Reaktionsmustern sowie auch Modulation limbischer Systemfunktionen. Für emotionale Funktionen sind mehrere Strukturen und Zellgruppen, die sich in Zytoarchitektur und Neurotransmission unterscheiden, von Bedeutung: die ventrolaterale Medulla, das Tegmentum pontis mit dem Nucleus parabrachialis sowie die noradrenergen und anderen monoaminergen Zellgruppen im Locus coeruleus und angrenzenden Gebieten. Die Kerne des pontinen Graus, Nucleus parabrachialis, Locus coeruleus sowie die noradrenerge Zellgruppe A5 sind für die Tonusregulation des peripheren sympathischen Nervensystems zuständig. Als Griseum werden die auf verschie-
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denen Ebenen befindlichen Zellgebiete mit kleinen, dicht gepackten Neuronen bezeichnet, wobei hier vor allem das Griseum centrale mesencephali (syn. Substantia nigra centralis mesencephali, periaquäduktale graue Substanz, Zentrales Höhlengrau) interessiert. Der Nucleus parabrachialis im Tegmentum der Pons bildet eine zweite wichtige Relaisstation für viszerale Informationen und kardiovaskuläre bzw. respiratorische Funktionen und weist ausgeprägte thalamokortikale Verbindungen auf. Der Locus coeruleus stellt das größte noradrenerge Kerngebiet des Gehirns dar, besitzt jedoch auch adrenerge und cholinerge Zellgruppen. Er wurde als zentrales Analogon des peripheren sympathischen Nervensystems bezeichnet. Wahrscheinlich hat dieses Gebiet eine Schlüsselrolle bei der Initiierung und Koordination organismischer Anpassungsprozesse. Der Nucleus dorsalis (parasympathicus) nervi vagi bildet zusammen mit dem benachbarten Nucleus tractus solitarius (NTS) den dorsalen Vaguskomplex und ist für die Regulation des vagalen Tonus (cardioinhibitorische Effekte) und sekretomotorische Funktionen im Gastrointestinalsystem zuständig. Der Vaguskomplex, NTS und Nucleus ambiguus stellen Umschaltstationen für Reflex-Leitungsbögen (viszerotop im NTS) bzw. Schrittmacherzentren (z. B. für Atmung, Vasomotoren etc.) mit sympathischen und parasympathischen Afferenzen und Efferenzen dar. Das Konzept des ARAS als relativ einheitliches Substrat einer generalisierten Aktivierung des Organismus (Moruzzi & Magoun, 1949/1995; Malmo, 1959) ist seit langem bekannt (vgl. Eysenck, 1967). Als Effekt einer ARAS-Aktivierung wurden früher genannt: unspezifische Aktivierung mit Desynchronisation des EEG, d. h. großflächiger Aktivierung des Neokortex, vegetative Aktivierung (sympathisch-ergotrop), Verhaltensaktivierung (Orientierungsreaktion, Muskeltonus, Anspannung) und Wachheit (Aufmerksamkeit und Vigilanz). Statt nur von einem aufsteigenden retikulären Aktivierungssystem (ARAS) als Substrat einer allgemeinen Aktivierungsfunktion auszugehen, müssen heute mehrere auf- und absteigende retikulo-thalamo-kortikale Aktivierungssysteme, darunter auch ein cholinerges retikulo-kortikales System, unterschieden werden. Ein Teil der mesenzephalen Retikulärformation stellt über aufsteigende Bahnen einen tonischen Zustand der Bereitschaft in thalamischen und kortikalen neuronalen Netzwerken her (als Bedingung für Arousal, Wachen bzw. Schlaf ). In umgekehrter Richtung existiert ein analgetisch wirkendes, absteigendes System. Bei intensiver, schmerzhafter Stimulation tragen Verbindungen vom Griseum centrale, dem Hippokampus, der Amygdala und dem frontalen Kortex zum Nucleus raphe magnus (ventrale Formatio reticularis und Teile des Tegmentums) und von dort aus weiter absteigende serotonerge Fasern zur Inhibition der Interneurone im Hinterhorn des Rückmarks und in den Trigeminus-Kernen bei.
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2.3.3 Der limbisch-hypothalamische Komplex Aufgrund seiner markanten Konnektivität handelt es sich beim „Limbischen System“ (syn. limbisches Vorderhirn, limbische Formation) um ein Funktionssystem zahlreicher telenzephaler, dienzephaler und mesenzephaler Strukturen, das nach Nieuwenhuys, Voogd und van Huijzen (1997) auch als „limbisch-hypothalamischer Komplex“ bezeichnet werden kann. Dazu zählen die mesenzephalen Strukturen der Area tegmentalis ventralis, die Nuclei raphes dorsalis, Nucleus centralis superior und Nucleus tegmentalis dorsalis. Weitere Regionen, die funktionell zu diesem Komplex gehören, sind der Epithalamus, die Amygdala mit dem Nucleus interstitialis striae terminalis, die Kerne des Hypothalamus inclusive Corpus mamillare und präoptischer Region, sowie die Septumkerne. Auch der Hippokampus und angrenzende Kortexareale, limbische Regionen des Neokortex und Teile der Basalganglien werden zum limbisch-hypothalamischen Komplex gerechnet. Die Funktionen, die diesem Komplex zugeschrieben werden, sind vielfältiger Natur: Bestimmung des motivationalen oder emotionalen Wertes angenehmer oder unangenehmer Gerüche, emotionales Assoziationslernen zur Vermeidung potenzieller Gefahren, Enkodierung des emotionalen Kontextes im Gedächtnis etc. Da das Septum und andere limbische Regionen durch das mediale Vorderhirnbündel (MVB) funktionell mit den Raphe-Kernen und der Formatio reticularis assoziiert sind, können verschiedene Motivationssysteme (Essen, Trinken, Sexualität) und emotionale Reaktionen (z. B. Aggression) gesteuert werden. In der Tat lassen sich Repräsentationen emotionaler und motivationaler Funktionen auf verschiedenen Ebenen des limbisch-hypothalamischen Kontinuums nachweisen. Abbildung 2 zeigt die meist reziprok bzw. als Funktionsschleifen angelegten Verbindungen zwischen kortikal-limbischen, hypothalamischen und mesenzephalen bzw. rhombenzephalen Regionen. Auf allen Ebenen können separate Systeme für Furcht und Flucht, Schmerz, Dominanzverhalten bzw. Aggression sowie für Annäherungsverhalten, d. h. Sexualverhalten und Nahrungsaufnahme, identifiziert werden (Sewards & Sewards, 2003). Diese Aktivierungssysteme münden u. a. im limbischen Mittelhirngebiet in die Kerngruppen des periaquäduktalen Graus (PAG; Griseum centrale mesencephali, s. o.) und die mesenzephalen Raphekerne, welche mit Funktionen der Nocizeption, Abwehrreaktionen und der vokalen Expression von Emotionen befasst sind. Insbesondere vermittelt das ventrale Griseum das furchtabhängige freezing-Verhalten, während das dorsale Griseum bei der Steuerung des Kampf-Fluchtverhaltens dominiert (Depaulis & Bandler, 1991; Fanselow et al., 1995). Einfachste defensive Reaktionen können somit bereits auf tektaler Ebene (Colliculus inferior) gesteuert werden (Brandao et al., 1993; Maisonnette et al., 1996).
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A
Furcht
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B Schmerz Dominanz
Sex/M Durst Schlaf
Sex/W
Hunger
Hypothalamus
Mesenzephalon Furcht
Sex/W
IC
SC Sex/M
Schmerz Aquäduct
Schlaf
Dominanz Hunger/Durst Nuc. nervi oculomotorii
Abbildung 2: Repräsentationen emotionaler und motivationaler Systeme auf der Ebene des Kortex, des Hypothalamus und des Mesenzephalons (Griseum centrale auf der Höhe des Colliculus inferior, IC, bzw. Colliculus superior, SC). Ein aversives System für Furcht/Flucht (A) und ein appetitives System für Dominanz (B) ist hervorgehoben (nach Sewards & Sewards, 2003; Nieuwenhuys, Voogd & van Huijzen, 1997).
2.3.3.1 Amygdaloider Komplex Die Amygdala (syn. Corpus amygdaloideum, amygdaloider Komplex, Mandelkörper) ist ein strukturell und funktionell heterogener Kernkomplex mit Herkunftsbeziehungen zum Kortex und/oder den Basalganglien und Verbindungen zu limbischen Strukturen. Er befindet sich nahe der Wand des Seitenventrikelunterhorns im rostromedialen Teil des Temporallappens (Aggleton, 2000). Zwei Gruppen kortikomedialer Kerne (Nuc. corticalis und medialis) und basolateraler Kerne (Nuc. lateralis, basalis, centralis) mit jeweils weiteren Untereinheiten können unterschieden werden (vgl. Abb. 3). Die tiefen Kerne der Amygdala umfassen die lateralen, basalen, akzessorisch basalen und paralaminären Nuclei (Pitkänen & Amaral, 1998). Der dopaminerge, positiv verstärkende und
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Nuc. basalis magnocellularis Nuc. centralis Nuc. medialis
Nuc. basalis von Meynert Arousal
Hypothalamus Kond. vegetative Reaktionen
Griseum centrale
Nuc. basalis accessorius
Konditioniertes Freezing
INPUT: Thalamus Nuc. gen. med. Sensorische Cortices
Nuc. corticalis Nuc. basalis parvocellularis
OUTPUT: Basales Vorderhirn
Nuc. lateralis
OUTPUT: Ventrales Striatum Belohnungslernen
Abbildung 3: Konnektivität der Primaten-Amygdala (vergrößert) mit wichtigen Input- und OutputRegionen sowie intrinsischen Verbindungen (nach Amaral, 1992; LeDoux & Phelps, 2000).
als Selbstreizungsort geltende laterale Kern setzt sich aus dorsalen, dorsal intermediären, ventral intermediären und ventralen Kompartimenten zusammen. Der basale Nucleus besteht aus magnozellulären, intermediären und parvozellulären Abschnitten. Der akzessorische basale Kern besteht aus einem magnozellulären, parvozellulären und einem ventromedialen Abschnitt. Die Amygdala erhält ihre Hauptafferenzen aus dem olfaktorischen System (Bulbus olfactorius), Hypothalamus, Thalamus, aus neokortikalen sensorischen Assoziationsfeldern, Subiculum, anteriorem Gyrus cinguli, medial-präfrontaler BA 11 und 12, caudalen orbitofrontalen BA 13 und 14, Insula, akustischem BA 38, visuellem Assoziationskortex im unteren Temporallappen sowie aus Efferenzen aus dem Hirnstamm (vgl. Abb. 4). Eines der größten Zielgebiete der basalen und lateralen amygdaloiden Efferenzen ist der Nucleus interstitialis striae terminalis (Bed nucleus of the stria terminalis, „extended amygdala“), welcher über den Hypothalamus an der Steuerung vegetativer und endokriner Funktionen beteiligt ist. Ventrale Verbindungen in Richtung des Hirnstamms sind für die Steuerung des Abwehr- und Fluchtverhaltens sowie die Regulation kardiovaskulärer und respiratorischer Reaktionen wesentlich (vgl. Abb. 5). Weitere Efferenzen ziehen in Richtung aller Gebiete des Temporalkortex (vgl. Abb. 6), des medialen PFC, des dorsalen Thalamus und des Striatums (vgl. Abb. 11). Mehrere Rindengebiete werden ebenfalls erreicht (u. a. entorhinaler Kortex und nachfolgend Hippokampus, prälimbisches
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13
33
DLPFC
14
46 OFC
Insula 11,12
Amygdala
Temporaler Kortex
ACC 32 24 25 Subiculum peri-/entorhinaler Kortex BA35/36, parahipp. Kortex
Abbildung 4: Afferenzen der Amygdala (nach Amaral, 1992; Pandya & Yeterian, 2001, modifiziert).
BA 32, infralimbisches BA 25, anterior zinguläres BA 24, perirhinales BA 35 und 36, Insula, frontales motorisches BA 4, prämotorisches BA 6 und die orbitale BA 12, 13a, 14; vgl. Abb. 10). Allgemein wird der Amygdala eine homöostatische Funktion, eine Bedeutungsanalyse extero- und interozeptiver Einflüsse und Initiierung behavioraler, viszeraler Reaktionen und somatomotorischer Komponenten des emotionalen Verhaltens (Abwehr, Flucht, emotionaler Ausdruck, Mimik) zugeschrieben. Insbesondere stehen automatische emotionale Bewertungen exterozeptiver Reize und assoziative Lernprozesse im Vordergrund, wobei auch andere Strukturen des limbisch-hypothalamischen Komplexes beteiligt sind. Nach LeDoux (1998) werden zwei Eingangssysteme der Amygdala abgegrenzt, welche in unterschiedlicher Weise zur Evaluation von emotionalen Reizen beitragen sollen: (1) ein thalamoamygdaloides System (low road) mit schneller Ankunft nur grob vorverarbeiteter Information und einstimmender Funktion (tuning) sowie (2) ein kortikoamygdaloides System (high road) mit genauer vorverarbeiteter und deshalb später aus den uni- und polymodalen Assoziationskortizes eingehenden Informationen (vgl. Abschnitt 2.3.3.1). Die beschriebenen Efferenzen in Richtung des Nucleus interstitialis striae terminalis sind
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Efferenzen der Nuc. corticalis, medialis, basalis und lateralis
Stria terminalis
Nuc. interstitialis striae terminalis 1 Nuc. paraventricularis hypothalami 2 1 Nuc. praeopticus 3 2 Nuc. hypothalamicus anterior 4 3 4 5 Nuc. ventromedialis hypothalami 5 6 7 Area hypothalamica lateralis AHL
Efferenzen des Nuc. centralis 8
11
9
12
10 13 15
14
16
18
Amygdala
Amygdalotegmentale Bahn 6 Nuclei septi 7 Substantia innominata 8 Nuc. peripeduncularis 9 Area tegmentalis ventralis 10 Substantia nigra pars compacta 11 Griseum centrale mesencephali 17 12 Nuc. parabrachiales 15 Locus coeruleus 16 Nuc. raphes magnus 17 Nuc. dorsalis nervi vagi Nuc. solitarius 18. Nuc. raphes pall. + obs.
Abbildung 5: Efferenzen der basolateralen und kortikalen Regionen der Amygdala in Richtung des septo-präoptico-hypothalamischen Kontinuums zur Steuerung vegetativer, behavioraler und endokriner Reaktionen (links). Efferenzen des Nucleus centralis in Richtung des Hirnstamms zur Steuerung vegetativer oder behavioraler Reaktionen (rechts): Essverhalten (4); vegetative Aktivierung (EDA, Blutdruck; area hypothalamica lateralis, 5); Freezing (11); Aktivierung dopaminerger, noradrenerger und cholinerger Systeme (15, 16); Atemfrequenz, Startle-Modifikation (16); parasympathische Effekte (Bradykardie, Defäkation; 17) (modifiziert nach LeDoux, 1992; Kapp et al., 1992; Nieuwenhuys, Voogd & van Huijzen, 1997).
speziell für die Steuerung von Reaktionen auf tonische und kontextuelle Reize (z. B. Gewirtz et al., 1998; Walker, Toufexis & Davis, 2003) von Bedeutung. Bei chronischem Stress kann diese Region auch durch das Kortikotropin Releasing-Hormon (CRH) sensitisiert werden (Davis, Walker & Myers, 2003). Die direkten und indirekten, reziproken Verbindungen der Amygdala mit dem Hippokampus belegen eine Beteiligung an deklarativen Gedächtnisprozessen (vgl. Abb. 7). Die Beteiligung der Amygdala an höheren kognitiven Prozessen wird auch durch vielfältige Verbindungen zum Neokortex deutlich (vgl. Abb. 6 und 10). Ein gut belegtes Konzept stellt das Modell einer amygdalo-temporooccipitalen Funktionsschleife von Amaral, Price, Pitkänen und Carmichael (1992) dar, welche die primären, sekundären und tertiären Assoziationsareale des visuellen Systems reziprok über die Amygdala miteinander verschaltet (vgl. Abb. 6). Neuere Befunde zeigen, dass die Kerne der Amygdala keineswegs diffus, sondern topografisch exakt auf alle Ebenen des ventralen visuellen Systems
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Amygdala
Nba
Nbmc
Nbi Nbpc
NI
Dorsale visuelle Areale Rostrale visuelle Areale Rostral- und medialtemporale Areale
Abbildung 6: Amygdalo-kortikale Leitungsbögen zum visuellen System (nach Amaral, Behniea & Kelly, 2003; Amaral, Price, Pitkänen & Carmichael, 1992, modifiziert). Visuelle Information wird in primären, sekundären und tertiären visuellen Assoziationsarealen sowie in medial-temporalen Regionen verarbeitet. Diese Information wird dann an den basolateralen Bereich der Amygdala weitergeleitet. Auch der superiore und mediale temporale Kortex unterhält dorthin Verbindungen. Innerhalb der Amygdala wird der Leitungsbogen durch intrinsische Verbindungen vom lateralen zum basalen Nucleus geschlossen (vgl. dazu Abb. 3); anschließend erfolgt die Rückprojektion in das visuelle System (Nba: Nucleus basalis accessorius; Nbmc: Nucleus basalis magnocellularis; Nbi: intermediäre Region; Nbpc: Nucleus basalis parvocellularis; Nl: Nucleus lateralis).
rückprojizieren. Dabei unterhalten die größten, magnozellulären Areale des basalen Nukleus die weitesten amygdalo-kortikalen Projektionen in das visuelle System hinein (Amaral, Behniea & Kelly, 2003). Diese Ergebnisse bestätigen die frühere Annahme, dass die Amygdala auf alle Ebenen des hierarchisch organisierten visuellen Systems eine modulierende Wirkung ausübt (Amaral et al., 1992) und dadurch zur automatischen Objekterkennung und -bewertung beiträgt. Inzwischen konnten auch beim Menschen mit anderen Methoden Belege dafür gefunden werden, dass der beschriebene Mechanismus als Grundlage der emotionalen Einfärbung visueller Information und komplexer visuell-emotionaler Lernprozesse gelten kann (z. B. Vuilleumier et al., 2004; Sergerie, Chochol & Armony, 2008). Somit lassen sich als markante Funktionen der Amygdala abgrenzen: (1) eine emotional-motivationale Funktion, die der Organisation und Initiierung vegetativer, somatosensorischer und somatomotorischer Komponenten des affekti-
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ven Verhaltens wie Flucht oder Abwehr sowie dem motivationalen Antrieb der Bewegungsausführung dient; (2) die Integration und emotionale Einfärbung bereits vorverarbeiteter sensorischer Informationen aus visuellen und akustischen höheren Assoziationsarealen; (3) gemeinsam mit anderen Strukturen (Hippokampus, meso- und neokortikalen Regionen, Nuc. medialis thalami u. a.) ist die Amygdala an Prozessen des emotionalen Assoziationslernens und an der emotionalen Beeinflussung der Enkodierung im Langzeitgedächtnis beteiligt. 2.3.3.2 Dienzephalon, Hypothalamus und hypothalamisch-hypophysäres adreno-kortikales System Die Kerne des Hypothalamus sind integraler Bestandteil des limbisch-hypothalamischen Komplexes. Stimulationsstudien, in denen der Hypothalamus bei anästhesierten oder wachen Versuchstieren stimuliert wurde, zeigten dessen Bedeutung für homöostatische Funktionen (Körpertemperatur), motivationale Funktionen (Hunger, Durst), periodische Funktionen (zirkadiane Rhythmen) und endokrine Funktionen (Hormonsekretion; Schmidt, Thews & Lang, 2004). Die anteriore Kerngruppe umfasst den Nucleus hypothalamicus anterior (u. a. homöostatische und vegetative Funktionen wie Atmung, kardiovaskuläre Funktionen, affektives Abwehrverhalten), Nucleus praeopticus medialis (homöostatische und motivationale Funktionen), Nucleus supraopticus und paraventricularis (u. a. Regulation der Aktivität des Hypophysenvorderlappens, Modulation vegetativer und motivationaler Funktionen) sowie den Nucleus suprachiasmaticus (u. a. Ess- und Trinkverhalten, Hormonsekretion). Läsion oder Stimulation der intermediären Gruppe (Nuc. hypothalamicus ventromedialis) kann aggressives Verhalten auslösen. Weitere Funktionen sind die Kontrolle des Essverhaltens und die sympathische Innervation des Nebennierenmarks nach Umschaltung in der Formatio reticularis. Die posteriore Gruppe (u. a. Nuc. mamillaris, Nuc. hypothalamicus posterior) ist in die Generierung emotionaler Beanspruchungsreaktionen, „Stress“ und in die Kontrolle homöostatischer Funktionen (Körpertemperatur) einbezogen. Die Area hypothalamica lateralis ist Ausgangsstation für das vegetative Nervensystem, da über den Nucleus ambiguus und die dorsalen Vaguskerne die präganglionären parasympathischen Bahnen angesteuert werden; über Verschaltungen in der periaquäduktalen grauen Substanz und über die laterale Formatio reticularis können sympathische und parasympathische Efferenzen angesprochen werden. Der Hypothalamus beeinflusst und koordiniert über das hypothalamo-hypophysäre System die vegetative Aktivität auf nervösem und endokrinem Weg. Dieses System ist insbesondere für die Vermittlung konditionierter und unkonditionierter sympathischer Aktivierungen, elektrodermaler Reaktionen und Blutdruckerhöhungen verantwortlich. Die neurosekretorische Kontrolle durch das
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limbisch-hypothalamisch-hypophysäre adreno-kortikale System (HPA-Achse) ist gut erforscht und umfasst folgende Abläufe (z. B. Schmidt, Thews & Lang, 2004): Höhere limbische Strukturen und u. a. der Nucleus centralis der Amygdala und der Nucleus interstitialis striae terminalis wirken an der Reizbewertung und Reaktionsvorbereitung mit (s. o.) und aktivieren nachfolgend die genannten Hypothalamuskerne. In der hypophysiotropen Zone des Hypothalamus wird das Kortikotropin Releasing-Hormon CRH gebildet, welches über das Pfortadersystem in die Adenohypophyse gelangt, bei Stimulation freigesetzt und dort die Ausschüttung des adrenokortikotropen Hormons ACTH bewirkt. Dieses gelangt auf dem Blutweg zur Nebennierenrinde, die aus zwei morphologisch und funktionell verschiedenartigen Anteilen, der Rinde (Kortex) und dem Mark (Medulla) aufgebaut ist. In der Rinde finden sich zahlreiche Steroidderivate. ACTH bewirkt dort die Freisetzung von Glucokortikoiden, und zwar des Kortisols, des Aldosterons und in geringerem Ausmaß des Kortikosterons. Während einer Notfallreaktion werden in den mit dem sympathischen Nervensystem verbundenen Markzellen die Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin sezerniert. Somit ist emotionale Beanspruchung im Allgemeinen von einer Steigerung der Glucokortikoid-Sekretion begleitet, was für die situative Anpassung des Organismus von großer Bedeutung ist. Die Konzentration der Glucokortikoide wird im Plasma bzw. im Gewebe durch Regelungsvorgänge konstant gehalten. Glucokortikoidrezeptoren, über die die ACTH-Sekretion im Sinne einer negativen Rückkopplung beeinflusst wird, sind u. a. sowohl in der hypophysiotropen Zone als auch in der Adenohypophyse selbst zu finden. ACTH kann über eine kurze Feedbackschleife unmittelbar hemmenden Einfluss auf seine Produktion ausüben. Es sind zahlreiche weitere Glucokortikoid- und Releasing-Hormon-Rezeptoren im Gehirn nachgewiesen worden. Da diese sich bevorzugt in limbischen und präfrontalen Regionen konzentrieren, ist eine Modulation von Aufmerksamkeits- und Gedächtnisfunktionen anzunehmen. 2.3.3.3 Dienzephalon, Thalamus Der Thalamus wird als subkortikales attentionales und motivationales Kontrollsystem für alle der Großhirnrinde zuströmenden sensorischen und aktivierenden Afferenzen aus der Umwelt und aus dem „inneren Milieu“ angesehen. Die engen Verbindungen des Thalamus zum limbischen System (Gyrus cinguli, Hippokampus) sind für die funktionelle Kopplung emotionaler und attentionaler Prozesse von großer Bedeutung. Die Funktion der thalamo-kortikalen und kortiko-thalamischen Relaissysteme wird heute unter Aspekten des attentional gating und des Feedbacks erklärt. Speziell der retikuläre Thalamus ist ein Integrations- und Selektionssystem für die Eingänge aus den mesenzephalen, pontinen und medullären Netzwerken mit einer Schlüsselfunktion für einlaufende sensorische und efferente motorische Information.
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In Teilen der paraventrikulären und dorsalen mediodorsalen thalamischen Kerne ist Furcht repräsentiert (Sewards & Sewards, 2003). Bei der Verarbeitung schmerzhafter Reize sind neben den spezifischen nozizeptiven Neuronen auch die posterioren und intralaminären Kerne beteiligt, welche zur allgemeinen Aktiviertheit und emotionalen Qualität des Schmerzerlebens beitragen (Birbaumer & Schmidt, 2006). Neuronen im Bereich des posterioren dorsalen Thalamus zeigten auch eine hohe Selektivität für emotionale Vokalisationen (Ploog, 1992). Nach medialen Thalamusläsionen traten emotionale Veränderungen auf, die als depressive oder manische Reaktionen, Aggressivität, Irritierbarkeit und Apathie zum Ausdruck kommen können (z. B. Bogousslavsky et al., 1988; Cummings & Mendez, 1984). Dysfunktionen hinsichtlich Emotion, Kognition und Persönlichkeit (vgl. auch Korsakow-Syndrom nach dienzephalen Läsionen) sind teilweise durch eine Funktionsbeeinträchtigung der frontostriatalen Leitungsbögen erklärbar (vgl. Abschnitt 2.3.4). 2.3.3.4 Basales Vorderhirn Die Bezeichnung „basales Vorderhirn“ fasst diejenigen Kerne zusammen, die anterior zum Hypothalamus und ventral zu den Basalganglien liegen, und zwar die medialen Septumkerne, Teile des diagonalen Bandes von Broca, das ventrale Pallidum, die Area praeoptica, die Substantia innominata und den Nucleus basalis magnocellularis (syn. Nuc. basalis von Meynert) (Jones, 2004; Semba, 2000). Die Verbindungen des basalen Vorderhirns dienen vornehmlich der Steuerung von Aufmerksamkeit und Vigilanz, wobei cholinerge Bahnen, aber auch andere Neurotransmittersysteme das kortikale Arousal, Lern- und Gedächtnisfunktionen und kognitive Funktionen verstärken (Semba, 2000). Insbesondere sollen cholinerge Neurone den kortikalen Aktivierungsgrad durch Gamma- und ThetaAktivität anregen, während ko-lokalisierte GABAerge Neuronen des basalen Vorderhirns gegensätzliche Wirkungen zeigen und die Delta-Aktivität fördern, sofern sie nicht durch noradrenerge Verbindungen des Arousalsystems des Locus coeruleus gehemmt werden (Jones, 2004). Von besonderer Bedeutung für das emotionale Lernen sind die Einflüsse der Amygdala auf den Nucleus basalis magnocellularis von Meynert, da hierdurch eine allgemeine kortikale Aktivierung vermittelt wird (LeDoux, 1998, Rolls, 1999). Diese aktivierenden Einflüsse des basalen Vorderhirns auf den Kortex, Nucleus accumbens und das ventrale Pallidum sind für die Ausrichtung der Aufmerksamkeit und die Erleichterung von Lernprozessen von großer Bedeutung. 2.3.3.5 Hippokampus Der Hippokampus wird durch zahlreiche kortikale Afferenzen mit einem breiten Spektrum sensorischer und vorverarbeiteter Informationen versorgt, die miteinander assoziiert werden können. Der Hippokampus ist nicht nur für deklarative
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Gedächtnisleistungen zuständig. Als zentrale Einheit des sog. Verhaltenshemmungssystems nach Gray (1982) werden ihm auch inhibitorische Eigenschaften zugeschrieben (vgl. unten). Die Enkodierung emotional bedeutsamer Informationen im Langzeitgedächtnis erfolgt unter Beteiligung des hippokampalen Netzwerks einschließlich des entorhinalen Kortex (Rolls, 1999; vgl. Abb. 7). Die Synchronisation des Projektionssystems des Hippokampus und der lateralen Amygdala wurde anhand der oszillatorischen Aktivitäten beider Strukturen im Bereich des Theta-Bandes untersucht. Eine Erhöhung der Theta-Aktivität lässt Rückschlüsse auf eine temporäre Kopplung von Amygdala und Hippokampus zu (Pape & Stork, 2003). Die nach einer Furchtkonditionierung stattfindenden Konsolidierungsprozesse beruhen wahrscheinlich auf einer Verstärkung der hippokampalen Langzeitpotenzierung (LTP) durch die Amygdala (Kim et al., 2001). Diese amygdaloidal-hippokampale Kopplung trägt zur langfristigen Konsolidierung und dem Abruf emotionaler Ereignisse bei. Weitere Wechselwirkungen von intensiven Emotionen bzw. „Stress“ und Gedächtnisprozessen beschreiben Cahill (1999), McGaugh (2004), McEwen (2002) sowie McEwen und Sapolsky (1995).
Fascia dentata s pu am c po Hip
Cornu ammonis Subiculum
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Nuc. basalis + lateralis amygdalae
Abbildung 7: Amygdala, Hippokampus und entorhinaler Kortex (BA 28) und deren reziprok angelegte Konnektivität (nach Nieuwenhuys, Voogd & van Huijzen, 1997; Pandya & Yeterian, 2001; modifiziert).
2.3.3.6 Gyrus cinguli und Gyrus parahippocampalis Der über dem Balken befindliche Gyrus cinguli und der basal liegende Gyrus parahippocampalis bilden den mesokortikalen, äußeren der beiden Ringe um das zentrale limbische Kontinuum (Lobus limbicus). Innerhalb des Gyrus cinguli
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Martin Peper Anteriorer Gyrus cinguli BA 24
Amygdala
OFC
OFC
Sulcus rhinalis
Posteriorer Gyrus cinguli BA 23
Cortex retrosplenialis Praesubiculum Gyrus parahippocampalis
OFC
OFC
Abbildung 8: Unterschiedliche Verschaltungsmuster des anterioren und des posterioren Gyrus cinguli (STS: Sulcus temporalis superior; weitere Erläuterungen vgl. Text; nach Nieuwenhuys, Voogd & van Huijzen, 1997; Pandya & Yeterian, 2001; modifiziert).
(BA 23, 24) sind mehrere Regionen mit unterschiedlichen funktionellen Beiträgen zu unterscheiden (vgl. Abb. 8). Insbesondere werden dem anterioren Gyrus cinguli verschiedene emotionale und kognitive Funktionen zugeordnet (z. B. Paus, 2001; Posner & Rothbart, 1998). Intensive, schmerzhafte Reize werden zunächst in den primären und sekundären bzw. supplementären somatosensorischen Kortexarealen im Gyrus postcentralis lokalisiert. Der anteriore Gyrus cinguli ACC ist nachfolgend für die emotionale Bewertung des Schmerzes von zentraler Bedeutung. Neuere Theorien akzentuieren die Funktionsdifferenzierung innerhalb des anterioren zingulären Kortex: Während dorsale Regionen bei Aufgaben, die erhöhte Aufmerksamkeit, Fehler- und Leistungsmonitoring erfordern sowie bei der Konfliktverarbeitung eine erhöhte Perfusion zeigen (z. B. Holroyd et al., 2004), soll der ventrale Anteil des ACC eine besondere Bedeutung für die emotionale Verarbeitung und die Auslösung affektiver Zustände haben. Dies ist vor allem durch Perfusionserhöhungen im Bereich des subgenualen und prägenualen anterioren zingulären Gyrus während der Induktion von Stimmungen
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(Mayberg et al., 1999) und durch erhöhte Reaktivität auf Belohnungsreize (Elliott et al., 2000) belegt. Emotionale Effekte frontaler Hirnstimulation sind in der langen Geschichte der experimentellen Hirnstimulation mehrfach berichtet worden (z. B. Penfield & Jasper, 1954). Mayberg et al. (2005) führten bei sechs Patienten mit anderweitig unbehandelbaren Depressionen eine Tiefenstimulation mit Elektroden in der subgenualen weißen Substanz des anterioren zingulären Kortex durch, um die pathologisch erhöhte elektrische Aktivität dieser Region zu unterdrücken. Alle Patienten berichteten während der Stimulation spontan über „effects including ‚sudden calmness or lightness‘, ‚disappearance of the void‘, sense of heightened awareness, increased interest, ‚connectedness‘, and sudden brightening of the room, including a description of the sharpening of visual details and intensification of colors in response to electrical stimulation“ (Mayberg et al., 2005, S. 652). Die optimistische Deutung im Sinne einer „striking and sustained remission of depression in four of six patients“ muss allerdings nicht nur in Bezug auf Nebenwirkungen, sondern auch aus methodischen Gründen mit Vorsicht interpretiert werden. Die von Mayberg beschriebenen Effekte deuten in dieselbe Richtung wie die Ergebnisse früherer psychochirurgischer Eingriffe. So waren Zingulotomien beim Menschen häufig mit emotionaler Indifferenz, Apathie und möglicherweise auch Akinesie und Mutismus verbunden (z. B. Barris & Schuman, 1953; Damasio & Van Hoesen, 1983). Zerebrale Tiefenstimulation, „Hirnschrittmacher“ u. Ä. Konzepte invasiver neurobiologischer Interventionen bedürfen jedoch einer detaillierten Begleitforschung, um langfristige Kosten, Schaden- und Nutzenaspekte besser gegeneinander abwägen zu können (zur Kritik zerebraler Eingriffe bei Depressionen, vgl. z. B. Overholser, 2002).
2.3.4 Frontallappen und Basalganglien 2.3.4.1 Präfrontalkortex Für die Emotionsregulation sind der PFC und dessen subkortikale Verschaltungen von besonderem Interesse. Der PFC umfasst die orbitalen BA 11–14, die dorsolateralen BA 9, 10, 44–47 und die frontalen Augenfelder (Teile der BA 8 und 9; Christoff & Gabrieli, 2000; Petrides & Pandya, 1999). Auch in dieser Region sind die beschriebenen ventralen und dorsalen Trends nachweisbar (vgl. Abb. 9). Der ventrale Trend, dessen Ursprungsregion der im orbitalen PFC gelegene olfaktorische Allokortex ist, setzt sich von dort in umgebende orbitale Regionen und in den ventrolateralen orbitalen PFC hinein fort. Der dorsale Trend ist insbesondere im Bereich des medialen Archikortex um das Genu
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Ventraler Trend des PFC
OFC
OFC OFC
Dorsaler Trend des PFC
ACC
DLPFC
Abbildung 9: Unterschiedliche Verschaltungsmuster des ventralen Trends (oben) und des dorsalen Trends (unten) im präfrontalen Netzwerk (nach Pandya & Yeterian, 2001, modifiziert).
des Corpus callosums herum erkennbar und geht schrittweise in die medial und dorsolateral gelegenen Regionen des PFC über (Pandya & Yeterian, 2001). Für die Emotionsregulation ist die Tatsache von Bedeutung, dass der dorsale und ventrale Trend innerhalb des PFC aufgrund reziproker Verbindungen der medial-orbitalen und der lateralen Regionen konvergieren. Diese Integration erfolgt im Bereich der orbital-ventromedialen Areale (z. B. im an den prälimbischen BA 32 angrenzenden BA 12), in den weiter dorsal bzw. lateral gelegenen BA 9 und 46 sowie in den BA 6 und 8. Eine weitere Konvergenz ergibt sich aus der Tatsache, dass die präfrontalen BA 11 bis 14, das limbische BA 24, das prälimbische BA 32 sowie BA 46 mit der Amygdala verbunden sind (vgl. Abb. 4). Zahlreiche Efferenzen aus der Amygdala erreichen mediale und laterale Regionen, wodurch emotionale Information die Planung und Initiierung des Verhaltens beeinflussen kann (vgl. Abb. 10). Die funktionellen Beiträge des PFC zu höheren geistigen Leistungen und zu Persönlichkeitseigenschaften des Menschen sind schon länger bekannt. So ist
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Konnektivität PFC – Amygdala 4 6 6
1
4
9
9 10
32 24
10
1
46 46
25
4
3
12
12
11
2
Abbildung 10: Reziproke Verbindungen der Amygdala und des PFC: (1) Efferenzen der basolateralen Amygdala zum dorsolateralen und medialen PFC; (2) Afferenzen der basolateralen Amygdala vom ventromedialen und anterioren zingulären Kortex; (3) Afferenzen der zentralen Amygdala vom medialen PFC; (4) Afferenzen der Amygdala vom dorsolateralen PFC (nach Nieuwenhuys, Voogd & van Huijzen, 1997; Pandya & Yeterian, 2001, modifiziert).
allgemein akzeptiert, dass Exekutivfunktionen (kognitive Kontrolle, Handlungsinitiierung und -planung, Bewertung von Handlungskonsequenzen, Umstellungsfähigkeit, Arbeitsgedächtnis etc.) durch distribuierte präfrontale Systeme kontrolliert werden (für ein Multikomponentenmodell des Arbeitsgedächtnisses vgl. z. B. Zhou, Ardestani & Fuster, 2007). Individuellen Regionen des PFC können auch emotionale Funktionen zugeschrieben werden. So trägt der orbitale und dorsolaterale PFC zur Kontrolle und Inhibition emotionaler Reaktionen bei (Ochsner et al., 2004). Neben der Integration olfaktorischer und gustatorischer Information ist diese Region u. a. auch für soziale Kognitionen (Broks, 1997; Damasio, 1995), Entscheidungsfindung und Handlungsplanung (Damasio, 1997; Bechara et al., 1999, 2000), Steuerung des Annäherungs- und Rückzugsverhaltens (Davidson, Jackson & Kalin, 2000), Analyse und Integration des Belohnungswertes, Aufrechthalten emotionaler Zustände (Rolls, 1999, 2004), sowie für hemmende Einflüsse während der Umstellung auf veränderte Belohnungskontingenzen (Elliott et al., 2000) von Bedeutung. Insbesondere sollen die lateralen bzw. ventromedialen Anteile des orbitalen PFC für die Emotionsregulation wesentlich sein (vgl. Abschnitt 3.3). Die während emotionaler Episoden auftretenden vegetativen Veränderungen besitzen auf der Ebene des Frontalkortex mehrere Kontrollinstanzen. Tierexperimentelle Befunde belegen, dass eine funktionelle Ordnung entsprechend der Organisation des somatomotorischen und somatosensorischen Kortex wahr-
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scheinlich ist (Cerchetto & Saper, 1990). Der mediale PFC besitzt demnach analog zum primären motorischen Kortex eine viszeromotorische Funktion. Insbesondere ist die mediale Oberfläche (rostral zum Genu corporis callosi) für die kardiovaskuläre Aktivierung relevant. So entsendet das prälimbische BA 32 Efferenzen an den lateralen Hypothalamus (z. B. Barbas et al., 2003). Das infralimbische BA 25 entspricht eventuell einer prämotorischen Komponente des vegetativen Systems. Im Bereich des medialen PFC sind nicht nur funktionsfördernde, sondern auch dämpfende Wirkungen auslösbar. Insbesondere führten Läsionen des medialen PFC zu einer im Vergleich zu Kontrolltieren abgeschwächten Extinktion emotionaler Reaktionen (Morgan, Romanski & LeDoux, 1993). Eine Stimulation dieser Region hatte dagegen eine verringerte Aktivität der lateralen Amygdala und reduziertes Freezing zur Folge (Rosenkranz, Moore & Grace, 2003). Diese und andere Befunde weisen auf die Bedeutung absteigender Bahnen des PFC zur lateralen Amygdala hin (vgl. Abb. 10). Vermittelt durch GABAerge Projektionen wird wahrscheinlich die aktive Löschung gelernter Assoziationen (Extinktionsgedächtnis) unterstützt. Markante Bahnen des orbitalen PFC endigen auch in den Zwischenbereichen der Amygdalakerne, welche mit dem Nucleus centralis inhibitorisch in Verbindung stehen. Letzterer entsendet wiederum inhibitorische Efferenzen in Richtung des Hypothalamus und Hirnstamms, was eine funktionsdämpfende Wirkung auf vegetative Zentren zur Folge haben soll (z. B. Barbas et al., 2003; Jongen-Relo & Amaral, 1998). Viele Autoren betonten die Eigenständigkeit emotional-motivationaler Funktionen des PFC (vgl. emotional working memory, Davidson, Jackson & Kalin, 2000, Rolls, 1999; hot emotional processing, Dolcos & McCarthy, 2006; hot executive function, Geurts, van der Oord & Crone, 2006; Kerr & Zelazo, 2004). In der Tat etabliert sich zunehmend die Sichtweise eines modulartig organisierten Komplexes emotionaler, motivationaler und sozialer Exekutivfunktionen. Trotz wachsender empirischer Evidenz sind die Unabhängigkeit emotionaler Exekutivfunktionen und deren faktorielle Organisation noch genauer zu untersuchen. 2.3.4.2 Fronto-striatale Funktionsschleifen Unterhalb der Großhirnrinde befinden sich die subkortikalen Kernstrukturen der Basalganglien (syn. Stammganglien, tiefe Kerne), die u. a. als Substrat des extrapyramidal-motorischen Systems angesehen werden. Die zahlreichen Eingangs- und Ausgangssysteme dieses Netzwerks lassen erkennen, dass darüber hinaus enge Verbindungen zu Strukturen bestehen, die emotionale Reaktionen vermitteln und sensorische Informationen verarbeiten. Es wird zwischen Basalganglien im engeren und weiteren Sinn unterschieden: Das Striatum (Corpus striatum) bestehend aus zwei Strukturen, die durch die vorderen Schenkel der
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Capsula interna getrennt sind, und zwar (1) dem Nucleus caudatus (Schweifkern), der mit Caput-Corpus-Cauda über seine ganze Ausdehnung nahe dem Seitenventrikel gelegen ist; (2) dem Putamen (der äußeren „Schale“ des früher als Nuc. lentiformis bezeichneten Kerns), dessen kegelförmige Spitze nach medial gerichtet ist. Das Striatum ist in mehrere Systeme von Leitungsbahnen unterteilt. Diese Bahnen sind Grundlage zahlreicher funktioneller Koppelungen im Sinne von Leitungsbögen oder Funktionsschleifen (Alexander, De Long & Strick, 1986; Swerdlow & Koob, 1987). Diese wurden später neuroanatomisch präzisiert und funktionell bzw. in Hinblick auf klinische Krankheitsbilder spezifiziert (z. B. Burruss et al., 2000; Grafman, 1994; Miller & Cummings, 1999). Demnach sind insgesamt fünf Funktionsschleifen unterscheidbar und zwar ein skelettmotorischer, ein oculomotorischer und ein komplexer (dorsolateral-präfrontaler, lateralorbitofrontaler, anterior-zingulärer) Leitungsbogen. Swerdlow und Koob (1987) haben eine Theorie kortiko-striato-pallido-thalamischer Funktionsschleifen entwickelt, welche zwei motorische Systeme, das Caudatus-System und das Accumbens-System, mit jeweils drei interagierenden Rückkopplungen hervorhebt. Das zentrale Funktionsprinzip ist ein Erregungsfluss vom Kortex über erregende, glutaminerge Bahnen in Richtung des Striatums. Dort werden hemmende, GABAerge Bahnen aktiviert. Diese ziehen in Richtung des Thalamus, wo durch Verstärkung des hemmenden Effekts ein „Filter“ geschlossen und der Informationsfluss zum Kortex reduziert wird. Somit besitzt der Kortex die Fähigkeit, sich selbst durch negative Rückkopplung vor übermäßiger Erregung, z. B. durch Reizüberflutung, zu schützen. Durch dopaminerge (inhibitorische) Bahnen aus der Substantia nigra bzw. dem ventralen Tegmentum kann nun diese hemmende Wirkung im Striatum teilweise aufgehoben bzw. moduliert werden. Die Folge dieser Enthemmung ist ein erhöhter Erregungsfluss im dann stärker geöffneten thalamischen Filter. Als Grundprinzip frontaler Hirnfunktionen ist somit eine Arbeitsteilung verschiedener Leitungsbögen festzuhalten, die ihren Ursprung und ihr Ende in den anterior-zingulären, orbitofrontalen, dorsolateralen bzw. motorischen Regionen des Frontallappens haben. Aufgrund der räumlichen Trennung dieser Leitungsbögen sind Repräsentationen unterschiedlicher Funktionen und bei Läsionen auch verschiedene Verhaltensstörungen zu erwarten (Alexander, De Long & Strick, 1986; Mega & Cummings, 1994). Die weitere Darstellung spezifiziert die für die Regulation des emotionalen Verhaltens bedeutsamen Leitungsbögen. Dies sind in erster Linie das ventrale Striopallidum sowie das dorsale (nicht limbische) striopallidale System, dem eine wichtige Rolle bei kognitiven Vorgängen zugeschrieben wird. Diese Systeme sind u. a. für das Belohnungslernen von großer Bedeutung, da hierbei das ventrale Striatum (Dif-
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ferenzierung der Höhe oder Stärke von Belohnungs- und Bestrafungsreizen) mit dem dorsalen Striatum (Optimierung von Handlungsergebnissen und regelgebundenen Entscheidungen) in Wechselwirkung tritt (z. B. Haruno & Kawato, 2006). 2.3.4.3 Anterior-zinguläre Funktionsschleife Ausgangspunkt und Ende des anterior-zingulären Leitungsbogens sind Neurone in BA24. Die Bahnen ziehen zunächst zum ventralen Striatum. Dieses umfasst den ventromedialen Nucleus caudatus, Putamen ventrale, Nucleus accumbens und Bulbus olfactorius. Anschließend projiziert diese Region auf den rostromedialen und ventralen Globus pallidus, weiter zum dorsomedialen Thalamus, und von dort zurück zum anterior-zingulären Kortex (vgl. Abb. 11). Bemerkenswert ist die Aufschaltung verschiedener limbischer und temporaler
ACC: BA21
. Nu c
Nuc. dorsomedialis thalami Th al
us am
s atu ud ca
Sinnesorgane
ventr. tum ria St
Area tegmentalis ventralis
OFC
Pallidum ventrale Hippocampus:
Insula Striatum ventrale Nuc. caudatus ventromedialis
Amygdala
Cortex entorhinalis Cortex perirhinalis Fornix
Nuc. basalis
Abbildung 11: Vereinfachte Darstellung der drei Leitungsbögen des Nucleus accumbens-Systems entsprechend der Theorie kortiko-striato-pallido-thalamischer Funktionsschleifen nach Swerdlow und Koob (1987): (1) Reziproke Verbindungen von limbischen Kortexarealen und Thalamus (Glutamat); (2) Verbindungen des Kortex (Glutamat) über das ventrale Striatum bzw. Nucleus accumbens und das ventrale Pallidum zum Thalamus (GABA); (3) Verbindungen des ventralen Striatums über das Pallidum (GABA) zur Area tegmentalis ventralis (Dopamin) und zurück; (4) Afferenzen des Nucleus accumbens aus Amygdala und hippokampalen Kortexregionen. Nicht gezeigt sind u. a. Afferenzen des ventralen Striatums aus der Substantia nigra, Nucleus raphes dorsalis, Nucleus mediani thalami und Efferenzen in Richtung der Substantia nigra und des Nucleus tegmentalis pedunculopontinus; (+): exzitatorische Wirkungen; (–): inhibitorische Wirkungen.
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Strukturen (Amygdala, ento- und perirhinaler Kortex, inferiorer und superiorer temporaler Gyrus) auf das ventrale Striatum. Dem anterior-zingulären Leitungsbogen wird eine motivierende Funktion zugeschrieben, da nach Läsionen dieses Leitungsbogens emotionale Indifferenz, akinetischer Mutismus, Apathie und Abulie auftreten können. Die Aufschaltung limbischer Strukturen kennzeichnet das ventrale Striatum als Relaisstation („Interface“) zwischen emotional-motivationalen Impulsen und der psychomotorischen Steuerung. Die vermittelnde Funktion des ventralen Striatums bzw. des Nucleus accumbens zwischen striatalen und limbischen Regionen verdeutlicht, dass dieser Region wichtige Funktionen bei höheren Aufmerksamkeitsprozessen und der motivationalen Kontrolle des Verhaltens zukommt. Weiterhin ist das Nucleus accumbens-System für das Belohnungslernen und die instrumentelle Konditionierung bedeutsam (Rolls, 1999). Dysfunktionen der anterioren limbischen Funktionsschleife wurden mit psychischen Störungen in Verbindung gebracht, vor allem Psychosen (Miller & Cummings, 1999) und Depression (z. B. nach Hirnläsionen; vgl. Starkstein & Manes, 2001). Das ventrale Striatum steht daher im Zentrum vieler, in der Literatur beschriebener Belohnungs- und Motivationssysteme (z. B. Depue & Collins, 1999; Rolls, 1999). 2.3.4.4 Orbital-präfrontale Funktionsschleife Von den orbitofrontalen BA10 und BA11 führen exzitatorische Verbindungen zum ventromedialen Nucleus caudatus. Eine direkte Bahn führt zum medialen Anteil des dorsomedialen Globus pallidus und zur rostromedialen Substantia nigra pars reticulata. Von dort aus ziehen Verbindungen zu den ventralen anterioren und zu den dorsomedialen Thalamuskernen (vgl. Abb. 12). Der Thalamus unterhält wiederum Verbindungen zum PFC. Das dorsomediale Pallidum übt eine hemmende Wirkung (GABA) auf den Nucleus ventralis anterolateralis des Thalamus aus, welcher nicht nur auf den inferomedialen PFC, sondern u. a. auch auf motorische Kortexareale projiziert. Dieser orbitofrontale Leitungsbogen erhält emotionale Information durch Afferenzen aus dem Temporallappen, der Amygdala und dem ventralen tegmentalen Areal. Der orbitofrontale Kortex vermittelt eine sozial angepasste Verhaltenssteuerung und Impulskontrolle. Verringern sich nach Kortexläsionen die hemmenden Einflüsse auf den Thalamus, kann auch die Verhaltenshemmung nachlassen. Es ist dann mit Impulsivität, explosiblen Störungen und anderen Symptomen einer mangelnden Emotionskontrolle bzw. emotionalen Labilität zu rechnen, weiterhin auch mit Persönlichkeitsstörungen und mangelndem Einfühlungsvermögen (Mega & Cummings, 1994; Miller & Cummings, 1999).
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Nuc. ventralis anterior thalami Nuc. dorsomedialis thalami
Sinnesorgane
Substantia nigra
OFC
pars recitulata
BA 10/11
Globus pallidus pars medialis
Abbildung 12: Vereinfachte Darstellung der vom orbitalen PFC (inferomediales BA 10 und 11) ausgehenden Leitungsbögen. Nicht dargestellt sind die Verbindungen zum Nucleus subthalamicus und Tegmentum; (+): exzitatorische Wirkungen; (–): inhibitorische Wirkungen.
2.3.4.5 Dorsolaterale Funktionsschleife Die dorsolateral-präfrontalen Ursprungsareale bzw. Zielgebiete BA9 und BA10 des dorsolateralen („kognitiven“) Leitungsbogens projizieren zum dorsolateralen Nucleus caudatus. Aufgrund indirekter Bahnen finden sich auf dieser Ebene eine Reihe inhibitorischer oder exzitatorischer Verschaltungen. Die direkte Bahn führt zum dorsomedialen Globus pallidus und zur rostrolateralen Substantia nigra pars reticulata. Von dort führen die Verbindungen zum ventralen anterioren und zum dorsomedialen Thalamus, bevor sie auf Bahnen zu den kortikalen Ursprungsgebieten umschalten (Miller & Cummings, 1999). Der dorsolaterale Leitungsbogen ist hier nicht separat abgebildet, da dieser im Wesentlichen dem Aufbau in Abbildung 12 entspricht. Die Aufschaltung auf den Nucleus caudatus erfolgt lediglich etwas weiter dorsolateral und die korrespondierenden Zielgebiete im Thalamus verschieben sich nach zentral und lateral. Die sich anschließenden motorischen Leitungsbögen folgen ebenfalls diesem Prinzip. Dem dorsolateralen Leitungsbogen wird eine Funktion bei kognitiven Planungsvorgängen und der Aufmerksamkeitszuwendung zugeschrieben; Störungen führen zu einem Verlust des Abstraktionsvermögens sowie zu Perseveration und Ablenkbarkeit (Duffy & Campbell, 1994; Miller & Cummings, 1999). Offenbar werden dort auch Kontingenzen emotionaler Ereignisse kodiert (Carter et al., 2006).
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2.3.4.6 Insula Die Inselrinde (syn. Insula, insulärer Kortex) ist eine phylogenetisch alte Struktur in der Tiefe des Sulcus lateralis, welche durch die anderen Hirnlappen überdeckt wurde. Die Insula ist ähnlich wie die anderen kortikalen Bereiche sehr heterogen aufgebaut und weist Bezüge sowohl zum ventralen (anteriore Insula) als auch zum dorsalen Trend (dorsale Insula) auf. Der insuläre Kortex zeigt eine somatotope viszerosensorische Repräsentation und ist homolog zur angrenzenden somatosensorischen Rinde aufgebaut (z. B. kardiopulmonale Region/Thorax). Als gesichert gelten Befunde, nach denen es sich bei der Insula um ein organotop organisiertes viszerosensorisches Areal handelt. Auf kortikaler Ebene ist der insuläre Kortex mit seinen absteigenden Bahnen u. a. für die kardiovaskuläre Kontrolle von Bedeutung. Während emotionaler Lernvorgänge ist er regelmäßig aktiviert (z. B. LaBar et al., 1998). 2.3.5 Temporallappen Im temporalen Kortex wird die aus ventralen Regionen und der Amygdala stammende emotionale Information systematisch mit Objektinformationen, die aus den primären und sekundären visuellen Kortizes hervorgehen, verknüpft (Pandya & Yeterian, 2001). Eine erste Konvergenz findet im temporo-occipitalen Übergangsgebiet statt. Dort wird die Feedforward-Information vom visuellen Kortex aus der dritten Kortexschicht in den inferotemporalen Kortex übertragen. Die Feedbackverbindungen des ventralen Trends in Richtung des visuellen Kortex schalten ausgehend von der ersten und sechsten Schicht auf die erste Schicht der jeweils nachfolgenden Region auf, wodurch eine kontinuierliche „Verzahnung“ der aus dem paläokortikalen Trend stammenden Information mit der visuellen Information gewährleistet ist. Eine weitere Konvergenz ergibt sich aus dem oben beschriebenen System reziproker Beziehungen der Amygdala mit temporalen und occipitalen Kortexregionen. In Übereinstimmung mit diesen Ergebnissen zur Konnektivität hatten physiologische Studien zur visuellen Objektwahrnehmung ergeben, dass manche Zellen des temporalen visuellen Assoziationskortex eine Spezifität für emotionale und soziale Stimuli (Gesichtsreize) aufweisen (Baylis, Rolls & Leonard, 1985; Gross, 1992; Rolls, 1992). So wurden im inferioren temporalen Kortex bevorzugt Neurone gefunden, die trotz Änderung von Farbe, Größe und Kontrast der Reize selektiv auf Gesichtsreize reagierten. Einzelne Neurone wiesen außerdem eine Selektivität für die Identität des Gesichts, die Orientierung, die Blickrichtung oder einzelne Gesichtsmerkmale auf (Perrett et al., 1985). Im inferioren temporalen Gyrus fand sich eine Population von Neuronen (Area TE), die eine Selektivität für Gesichtsausdrücke unabhängig von der Identität aufwies (Hasselmo, Rolls & Baylis, 1989). Gesichtssensible Zellen des superioren temporalen Kortex reagier-
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ten dagegen unabhängig vom Gesichtsausdruck in differenzieller Weise auf Gesichter unterschiedlicher Identität (Baylis, Rolls & Leonard, 1985). Die auf Emotionsausdrücke und mimische Gesichtsbewegungen selektiv reagierenden Zellen lagen häufig in der Nachbarschaft von Neuronen, die auch auf die Blickrichtung oder bewegliche visuelle Stimuli sensibel reagierten. Da die inferior und superior temporalen Neuronenverbände allerdings auch auf andere visuelle Reize reagieren, kann nur eine unvollständige Selektivität für Gesichtsreize behauptet werden. Auf Gesichtsreize reagierende Zellen ließen sich auch in anderen, meist monosynaptisch mit dem inferioren temporalen Kortex verbundenen Regionen nachweisen (Gross, 1992). Dazu gehörten neben dem genannten superioren temporalen (polysensorischen) Kortex auch der basale Nukleus der Amygdala (Rolls, 1984), der Afferenzen des temporalen visuellen Kortex erhält, sowie der Gyrus arcuatus im ventrolateralen frontalen Kortex (Pigarev, Rizzolatti & Scandolara, 1979). 2.3.6 Parietal- und Occipitallappen Der ventrale Anteil des somatosensorischen postzentralen Gyrus (Kopf-HalsBereich) und des angrenzenden Gyrus parietalis inferiore sind Extensionen des ventralen Trends. Der dorsale Trend umfasst dagegen die dorsalen Anteile des postzentralen Gyrus (Rumpf und Glieder), sowie den superior und medial parietalen Kortex. Da das kaudale bzw. multimodale (visuell-somatosensorische) Gebiet des inferioren parietalen Kortex Verbindungen zu limbischen Regionen (zinguläre BA 23 und 24, Insula) unterhält, ist dort eine Integration mit emotionalen Prozessen möglich. In der Tat belegen die Ergebnisse von Aktivierungsund Läsionsstudien, dass speziell der rechte Parietallappen an der Aktivierung der Arousalsysteme z. B. während affektiver Zustände beteiligt ist (Heilman, 1997; Heller & Nitschke, 1997). Caudale Verbindungen des inferioren parietalen Kortex (retrosplenialer Kortex, Gyrus parahippocampalis) sind gemeinsam mit dem posterioren Gyrus cinguli wahrscheinlich für die Enkodierung emotionaler Ereignisse im episodischen Gedächtnis von Bedeutung.
3 Neurobiologische Emotionsmodelle 3.1 Übersicht Im folgenden Abschnitt werden markante neuropsychologische Funktionsmodelle der Emotionen zusammengefasst. Um wichtige Beiträge zu identifizieren, wird häufig die Anzahl der Zitationen genutzt. Da der Citation Index (z. B. im angelsächsischen Bereich) stark von Zitiergewohnheiten abhängig ist und nicht
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unbedingt Umfang und Qualität der wissenschaftlichen Leistung widerspiegelt, wurden hier alle Publikationen in Medline und Psychinfo zum Stichwort brain und emotion ausgewählt (N = 2.966 Studien nach Elimination von Doppelnennungen), hinsichtlich der Anzahl empirischer Beiträge einzelner Autoren (auch Tabelle 1: Arbeitsgruppen der neurowissenschaftlichen Emotionsforschung (nach Hauptautoren) mit Sortierung nach Produktivität und Forschungsmethodik
Medline/ PsycInfo
Klin. Neuropsychologie
Psychophysiologie/ EEG etc.
Psychophysiologie/ Brain imaging
Tierexperiment
R. J. Davidson
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J. E. LeDoux
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J. Panksepp
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J. A. Gray
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E. T. Rolls
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A. R. Damasio
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H. Damasio, D. Tranel, R. Adolphs
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J. C. Borod
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K. M. Heilman, D. Bowers
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D. M. Tucker
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P. J. Lang, M. M. Bradley
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A. W. Young, A. J. Calder
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R. J. Dolan
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M. L. Phillips, M. Brammer, E. T. Bullmore, C. Andrew, S. C. Williams
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W. Heller, J. B. Nitschke, G. A. Miller
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R. E. Gur, R. C. Gur
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E. M. Reiman, R. D. Lane
*
***
Senior author
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Anmerkungen: Spalte 1: Größenordnung der Publikationstätigkeit (ein Stern entspricht 10 Medline/PsycInfo Literaturstellen); Spalte 2 bis 5: *** Primärer Schwerpunkt der Methodik; ** Weitere, häufig eingesetzte Methodik; * Sekundäre Methodik
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Nennung als Koautor) ausgezählt und nach Arbeitsgruppen aggregiert. Eine substanzielle Anzahl internationaler Beiträge zur Struktur und Funktion neuroemotionaler Systeme (N > 10 Publikationen seit Beginn der Decade of the Brain) haben die folgenden Autoreninnen und Autoren geleistet (sortiert nach individueller Produktivität in absteigender Reihenfolge; vgl. Tab. 1): R. J. Davidson, J. E. LeDoux, A. R. Damasio, J. Panksepp, J. C. Borod, R. Adolphs, H. Damasio, R. J. Dolan, J. A. Gray, W. Heller, P. J. Lang, M. L. Phillips, D. Tranel, A. W. Young, C. Andrew, M. M. Bradley, M. Brammer, E. T. Bullmore, A. J. Calder, R. E. und R. C. Gur, K. M. Heilman, R. D. Lane, G. A. Miller, J. B. Nitschke, E. M. Reiman, E. T. Rolls, D. M. Tucker und S. C. Williams. Diese Publikationsraten vermitteln einen Eindruck von der Produktivität und aktuellen Popularität eines Ansatzes (mainstream), jedoch nicht zwangsläufig von der wissenschaftlichen Qualität oder Originalität. In dieser Liste ist keine Arbeitsgruppe aus dem deutschsprachigen Bereich vertreten. Häufig publizierende Gruppen arbeiten auch mit bildgebenden Verfahren. Diese Untersuchungsmethodik ist besonders aufwändig und befindet sich noch in einer explorativen Phase. Dies hat zur Folge, dass Untersuchungspläne meist relativ einfach konzipiert sind und bereits bei Gelegenheitsstichproben bzw. Untersuchungsgruppen mit geringer Personenzahl zur Publikation gelangen können. Aus diesen und anderen Gründen ist hier die Relation von Quantität und Validität kritisch zu bewerten (vgl. Abschnitt 4.2).
3.2 Basale Mechanismen der automatischen emotionalen Evaluation und Adaptation Die vorwiegend tierexperimentelle Forschung von Panksepp (1998) thematisierte grundlegende neuroanatomische und neurochemische Mechanismen des emotionalen Verhaltens, wobei die zerebralen Korrelate sozialer Bindung und Trennung, des Spielverhaltens, der Angst und antizipatorischer Reaktionen sowie des Drogenentzugs (craving) im Vordergrund standen. Panksepp postulierte sieben basale emotionale Regelkreise, welche die Aktivierung und Hemmung des motorischen und vegetativ-hormonellen Outputs organisieren sollen: Systeme für Motivation und Erwartung (Seeking), Wut (Rage), Angst (Fear), Panik (Panic) sowie für weitere soziale Emotionen wie Lust und Sexualität, Fürsorge und Pflege bzw. Spiel und Freude. Diese elementaren Emotionsprozesse (Core emotional-affective processes) repräsentierten wichtige Endophänotypen, welche für die neurobiologische und -genetische Charakterisierung psychischer Störungen von zentraler Bedeutung seien (Panksepp, 2006). Panksepps Erwartungssystem ist gekennzeichnet durch ergebnisorientiertes Verhalten und motiviertes Suchen. Diese Erwartungshaltung motiviert dazu, die
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Umwelt bezüglich angenehmer Reize (Nahrung, Wasser, Wärme, Geschlechtspartner etc.) zu explorieren. Dieses System ist zuvor als Belohnungssystem (mesolimbisches dopaminerges System; Area tegmentalis ventralis, Nuc. accumbens, s. o.) beschrieben worden. Von Bedeutung sind der laterale Hypothalamus und das Griseum centrale (PAG) sowie Projektionen mesenzephaler Neuronen in Richtung frontaler und striataler Regionen. Das Wutsystem soll durch Frustration oder Einschränkung der Bewegungsfreiheit angeregt werden. Zentrale Funktion ist die Mobilisierung von Energie bei Verteidigungsbereitschaft im Fall von eingeschränkter Bewegungsfreiheit oder bei Irritation. Neurales Korrelat ist die mediale Amygdala, der mediale Hypothalamus, das dorsale PAG, die Stria terminalis sowie deren Verbindungen, wobei Glutamat und Substanz P als Neurotransmitter aktiv sind. Im Zustand der Wut sollen hemmende Einflüsse auf die Amygdala wegfallen, woraufhin Hypothalamus, PAG und nachfolgend Regionen des Hirnstamms (z. B. Formatio reticularis) aktiviert werden (vgl. auch Abb. 2). Das aggressive Angriffsverhalten geht dabei von der medialen Amygdala aus und wird über den medialen Hypothalamus und das dorsale PAG aktiviert. Beißattacken werden durch den dorsolateralen Hypothalamus und das ventrale PAG gesteuert. Dominanz-bezogene Aggressionen werden durch das präoptische Areal des anterioren Hypothalamus und nachfolgend das PAG kontrolliert. Das Angstsystem dient der Vermeidung von drohendem Schmerz und Vernichtung. Eine leichte Reizung des Angstsystems ruft Freezingverhalten hervor. Eine zentrale Rolle spielen hierbei die zentrale und laterale Amygdala, der mediale Hypothalamus und das dorsale PAG. Es sind ähnliche Strukturen wie bei Wut, jedoch andere Neurotransmitter beteiligt (erregend Glutamat, u. a. Neuropeptide; hemmend GABA und endogene Benzodiazepine). Bei schwachen Formen der Angst sollen sich das Angst- und das Wutsystem gegenseitig hemmen, während plötzliche oder intensive Reize beide Systeme gleichzeitig aktivieren. Das Paniksystem wird durch Isolation (Einsamkeit) und Trennungsstress aktiviert. Assoziierte Strukturen sind das dorsale PAG, die präoptische Region des Hypothalamus, der mediodorsale Thalamus, Teile des basalen Vorderhirns und beim Menschen der anteriore Gyrus cinguli. Wichtige Neurotransmitter sind hierbei Opioide, Oxytocin, Prolaktin (hemmend) sowie CRH und Glutamat (erregend). Da die zumeist an der Ratte gewonnenen Ergebnisse kaum unmittelbar auf menschliches Erleben und Verhalten übertragbar sein dürften, muss die Generalisierbarkeit von Panksepps Konzept beim Menschen geprüft werden. Bisherige Versuche (z. B. Davis, Panksepp & Normansell, 2003) dürften aus verschiedenen Gründen kaum überzeugen.
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Auf tierexperimentellen Ergebnissen zur Bedeutung der Amygdala aufbauend spezifizierte LeDoux (1998) ein bekanntes Modell der automatischen emotionalen Evaluation. Demnach soll für die automatische Auslösung von Angstreaktionen und die klassische Konditionierung aversiver Reaktionen ein amygdalothalamisches Furchtsystem verantwortlich sein. Die Evaluation emotional bedeutsamer Stimuli wird dabei durch zwei Eingangssysteme der Amygdala realisiert, und zwar ein thalamoamygdaloides System mit schneller und grober Verarbeitung und einstimmender Funktion sowie ein langsames kortikoamygdaloides System für vorverarbeitete Informationen aus den primären, uni- und polymodalen Assoziationskortizes (vgl. Abb. 3). Beim Menschen wurde die Beteiligung der Amygdala an emotionalen Lernprozessen mit bildgebenden Methoden (z. B. LaBar et al., 1998) oder durch Läsionsstudien (z. B. Peper et al., 2001) nachgewiesen. Obwohl einfache Operationalisierungen des aversiven emotionalen Lernens wahrscheinlich für andere emotionale Vorgänge kaum repräsentativ sein dürften, liefert der Ansatz von LeDoux ein Beispiel für ein absichtlich begrenztes, dafür aber systematisch vertiefendes Forschungsprogramm. Hierbei zeigte sich, dass an emotionalen Lernprozessen eine Vielzahl weiterer zerebraler Systeme beteiligt ist. Efferenzen der Amygdala zum Striatum sind für instrumentell-kontrollierte Aspekte des emotionalen Verhaltens von Bedeutung (Everitt & Robbins, 1992). Bezüglich der Extinktion konditionierter Reaktionen rücken die Einflüsse des PFC zunehmend in den Mittelpunkt (vgl. Abschnitt 3.3). Ebenso zeigte sich, dass das Lernverhalten in hohem Maß motivations-, situations- und kontextabhängig ist. Allgemein tritt in tierexperimentellen Studien die Lokalisation einer interessierenden Region mit Merkmalen der Aufgabe (instrumentell-willkürliches oder klassisch-konditioniertes, reflexhaftes Verhalten), der emotionalen Valenz (negativ oder positiv motiviertes Verhalten) sowie der Komplexität der Lernsituation (einfache Hinweisreize oder kontextuelles Lernen) in Interaktion. Lang, Bradley und Cuthbert (1998) postulierten aufgrund psychophysiologischer Untersuchungen am Menschen zwei grundlegende zerebrale Motivationssysteme, von denen das eine appetitives, das andere defensives Verhalten kontrolliert. Die Ausprägung der positiven oder negativen Valenz soll dabei in charakteristischer Weise mit der Modulation appetitiver oder defensiver Reflexe in Beziehung stehen. Abhängig von der Kongruenz des emotionalen Zustands und des Reflextyps soll es zu einer Verstärkung oder Abschwächung der Reflexamplitude kommen. Im Paradigma der affektiven Schreckreflex (Startle-)Modulation wird zumeist die Stärke des Lidschlussreflexes (ausgelöst durch intensive auditive, taktile oder visuelle Reize) während der Präsentation affektiver Bilder erfasst. Mit diesen Paradigmen gelang es, die Theorien zu protektiven Amygdalaf-Funktionen beim Menschen besser zu operationalisieren (zur Übersicht vgl. Lang &
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Davis, 2006). Das von Lang und anderen Autoren zur Erklärung der furchtinduzierten Schreckreflexmodulation herangezogene neurobiologische Modell (vgl. Koch & Schnitzler, 1997) entspricht direkt den zuvor u. a. von LeDoux (1998) und Davis, Hitchcock und Rosen (1987) beschriebenen Schaltkreisen der Amygdala und deren Efferenzen (vgl. Abb. 3 und 5) in Richtung Hypothalamus (vegetative Reaktionen), Griseum centrale (somatomotorische Reaktionen, Verhaltensänderung) und Nucleus reticularis pontis caudalis (Schreckreflexmodulation). Einen besonderen Vorteil des furchtinduzierten Startle-Paradigmas glaubte man darin zu erkennen, dass aversive Reaktionen im Vergleich zur als relativ unspezifisch angesehenen elektrodermalen Reaktion besser abgebildet werden könnten (Grillon & Baas, 2003; Hamm & Vaitl, 1996). In der Tat konvergieren zahlreiche Einflüsse des zentralen limbischen Kontinuums auf die vegetativen Zentren des Mittelhirns (vgl. Abschnitt 2.3.3), was eine Interpretation vegetativer Reaktionen im Sinne eines einheitlichen psychologischen Konstrukts erschwert. Dies gilt im Prinzip allerdings auch für die vielfältigen, valenz-unspezifischen Bedingungen, welche die Amygdala aktivieren und nachfolgend pontine Netzwerke modulieren. Obwohl für intensive negative Primäremotionen, die durch Präsentation furchtoder bedrohungsrelevanter Reize ausgelöst werden, Replikationen vorliegen (Balaban & Taussig, 1994), bleiben für andere Emotionskategorien Unsicherheiten bestehen. Bei Valenz handelt es sich um ein hoch aggregiertes psychologisches Konstrukt, das hier mit sehr speziellen Operationalisierungen (Startle-Reflex) in Beziehung gesetzt wird. Valenz ist jedoch relativ vage definiert und umfasst zahlreiche Subkonstrukte (vgl. Abschnitt 1). Neben Valenz und Aktiviertheit kommen weitere Dimensionen (z. B. motivationale Richtung im Sinne von approach-withdrawal, s. u.) und deren zerebrale Mechanismen in Betracht. Eine Konzeption mit nur zwei Emotionssubsystemen kann angesichts der neurobiologischen Komplexität höchstens als erste Annäherung gelten. Die grob vereinfachende Sicht, ein globales Emotionskonstrukt könne anhand eines einzelnen psychophysiologischen Indikators erfasst werden, muss sehr kritisch hinterfragt werden.
3.3 Präfrontale Mechanismen des emotionalen Regulationsverhaltens Rolls (1999) befasste sich mit der zerebralen Organisation von Objektwahrnehmungs-, Belohnungs- und Bestrafungsprozessen, wobei meist neurophysiologische Methoden bei nicht menschlichen Primaten eingesetzt wurden. Rolls hob insbesondere die motivierende Wirkung der Emotionen hervor. Im Zentrum
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der Theorie standen die für die Verarbeitung primärer und sekundärer Verstärker bedeutsamen Regionen Amygdala, orbitaler PFC, basales Vorderhirn und Hypothalamus. Der Belohnungswert olfaktorischer, taktiler und anderer Reize wird demnach im orbitalen PFC kodiert, wobei diese Region für das schnelle Umlernen von Assoziationen zwischen neutralen Reizen und primären Verstärkern verantwortlich sein soll. Die Verhaltensantwort auf verstärkte Reize wird durch den orbitalen PFC und die Amygdala über Schaltstationen in den Basalganglien (ventrales Striatum, Nuc. caudatus) reguliert (vgl. Abschnitt 2.3.4). Da diese Region den Belohnungswert von Reizen auch in deren Abwesenheit repräsentiert, ist sie nicht nur für die Initiierung, sondern auch für die Aufrechterhaltung der motivierten Verhaltensantwort wesentlich. Dabei soll die Anpassung des Verhaltens auf verstärkte Reize durch den orbitalen PFC und die Amygdala via ventrales Striatum und Nucleus caudatus gesteuert werden (dopaminerg vermittelte Verhaltensaktivierung). Auf indirektem Weg kann die Verhaltenssteuerung auch durch den orbitalen PFC, Amygdala und lateralen Hypothalamus erfolgen (vegetative und endokrine Reaktionen; vgl. Abschnitt 2.3.3.2). Die Arbeiten von Rolls (1999) belegen eindrücklich, dass die motivationalen Systeme des Gehirns hinsichtlich der beteiligten neuroanatomisch-neurochemischen Netzwerke detailliert beschrieben und neuro-konnektionistisch modelliert werden können. Allerdings ist auch die Struktur der behavioralen Konstrukte differenziert zu betrachten (Berridge & Robinson, 2003; Depue & Collins, 1999). So soll das motivierte Verhalten des Menschen in folgende Teilprozesse eingeteilt werden können: Motivationen beinhalten die Verarbeitung sowohl des kognitiven Anreizwerts (explizite und bewusste Bewertungen) als auch des instrumentell konditionierten Anreizwerts (unbewusstes Annäherungsverhalten). Lernen schließt sowohl kognitive Aspekte der Belohnungserwartung als auch assoziative Lernprozesse ein (klassische und instrumentelle Konditionierung). Emotionen umfassen das bewusste Erleben von Angenehmheit sowie basale unbewusste affektive Reaktionen. Weitere Differenzierungen sind notwendig, um Struktur-Funktionszusammenhänge in frontal-limbischen Netzwerken genauer zu beschreiben. Davidson postulierte auf der Grundlage von psychophysiologischen Daten bei Gesunden, Patienten sowie von Experimenten mit nicht menschlichen Primaten zwei präfrontal lokalisierte Systeme, die für die emotionale Regulation (d. h. Monitoring, Bewertung und Modifikation emotionaler Reaktionen zum Zwecke der Zielerreichung) bedeutsam sein sollen (z. B. Davidson, 2003; Davidson, Jackson & Kalin, 2000; vgl. auch Davidson & Hugdahl, 1995). Demnach soll Annäherung (d. h. Auslösung appetitiven, zielbezogenen Verhaltens) durch dorsolaterale und medial präfrontale Areale der linken Hemisphäre in Verbindung mit den fronto-striatalen Funktionsschleifen gesteuert werden. Rückzug (d. h. Auslösung von Vermeidungsverhalten bei aversiver Stimulation) soll dagegen
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durch den dorsolateralen PFC und Areale des Temporalpols der rechten Hemisphäre in Verbindung mit Basalganglien, Amygdala und Hypothalamus kontrolliert werden. Stärkere linksseitige Aktivierung soll demnach mit dem vermehrten Erleben positiver Emotionen, rechtsseitige Aktivierungen dagegen mit dem vermehrten Erleben negativer Emotionen einhergehen. Das Konzept des „Affektiven Stils“ erklärt dispositionelle Unterschiede des emotionalen Erlebens auf der Grundlage habitueller Hemisphärenunterschiede, die als asymmetrische Aktivierungsmuster der PFCs in Erscheinung treten sollen. Davidsons Hypothesen regten zu vielfältigen Studien an, in denen der postulierte Zusammenhang von asymmetrischen präfrontalen Aktivierungsmustern mit dem Erleben positiver und negativer Affekte untersucht wurde. Allerdings gelang eine Replikation der Befunde zum Affektiven Stil – wahrscheinlich bedingt durch unterschiedliche Induktionsmethoden – nicht immer. Divergierende Auslösebedingungen, Datenerhebungs- und Analysemethoden können einen Einfluss auf den Zusammenhang zwischen tonischer asymmetrischer EEGAktivierung der PFCs und dispositioneller Stimmungslage haben (Hagemann et al., 1998; Hagemann, 2004). Erschwerend kommt hinzu, dass die Aktivität des interessierenden orbitalen PFC weder durch das EEG noch durch fMRIMethoden artefaktfrei abbildbar ist. Eine kritische Bilanz ist aufgrund von Methodenproblemen, Inkonsistenzen und Mangel an Replikationen schwierig. Das Ausmaß emotionaler Effekte ist offensichtlich von der Bandbreite der Operationalisierungen, Stimulationsverfahren und Präsentationsdauer (z. B. kurzfristig dargebotene Bilder vs. affektiv gefärbte Kurzfilme vs. Imaginationsmethoden) abhängig. Um eine bessere Vergleichbarkeit entsprechender Studien zu erreichen, wurde zum Beispiel eine Standardisierung der Stimulationsverfahren (z. B. Hagemann et al., 1998) oder eine systematische Berücksichtigung situationsbezogener Varianzanteile (Stemmler, 1992) angeregt. Die Komplexität der neurobiologischen Systeme verdeutlicht, dass eine Differenzierung emotionaler Subkonstrukte nicht nur nach motivationaler Richtung (Annäherung bzw. Rückzug), sondern auch nach affektiver Valenz oder Verhaltensaktivierung bzw. -hemmung zweckmäßig ist. Während die affektive Valenz bzw. der Belohnungswert von Objekten und Situationen wahrscheinlich stärker im orbitalen bzw. ventromedialen PFC repräsentiert sind, lassen sich weiter dorsal gelegene frontale Regionen (ventrales Striatum, aber auch Amygdala) sowohl durch aversive als auch durch appetitive Reize anregen (z. B. dopaminerg vermittelte Verhaltensaktivierung, s. o.). Da die Verhaltenssteuerung in einen integrierten Handlungsentwurf einmünden muss, ist spätestens auf prämotorischer Ebene mit einer Verringerung der potenziellen motivationalen Asymmetrie zu rechnen.
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Tucker et al. (2005) befassten sich mit den funktionellen Beiträgen des Gyrus cinguli (vgl. Abschnitt 2.3.3.6) und spekulierten, dass die evolutionär zur Verarbeitung von Schmerzreizen angelegten anterior-zingulären Mechanismen auch der emotionalen Selbstregulation dienen würden. Demnach stellt der ACC eine allgemeine antizipatorische Funktion zum Zweck des Monitorings und der Vorhersage von Fehlern und zu erwartenden Nachteilen bereit. Das Schmerzsystem des ACC soll somit nicht nur das vorausschauende Verhalten zur Vermeidung künftiger Schmerzzustände, sondern auch die Verarbeitung des Belohnungsentzugs und der Frustration ermöglichen. Der ACC wird aber nicht nur durch eigene Schmerzreize, Emotionen oder Fehler aktiviert, sondern auch durch die Beobachtung oder das Nachvollziehen entsprechender Vorgänge bei anderen Personen (Frith & Frith, 2003; Preston & de Waal, 2002; Singer et al., 2004). Zinguläre Regionen erlauben offenbar eine Fokussierung auf die eigene Person, wobei durch Umstellung des Aufmerksamkeitsfokus auch eine Analyse einer fremden Perspektive vorgenommen werden kann (Decety & Jackson, 2004). Der Erwerb von Frustrationstoleranz stellt nach Tucker nicht nur eine wichtige zingulär verankerte Teilfunktion der emotionalen Selbstregulation dar, sondern soll auch eine entscheidende Vorbedingung für den Aufbau des empathischen Einfühlungsvermögens sein. Diese Extension zingulärer Theorien der Schmerzverarbeitung ist ein spekulativer, aber anregender Beitrag zur neurobiologischen Theorie der instrumentellen Verhaltenssteuerung. Die Arbeitsgruppe um A. R. und H. Damasio befasste sich zunächst mit den neuroanatomischen Korrelaten der Wahrnehmung und Enkodierung sozialer und emotionaler Reize bei Patienten mit Hirnläsionen oder psychischen Störungen. Damasios Erklärungskonzepte für bewusste emotionale Zustände folgten der limbischen Emotionshypothese, jedoch wird die Bedeutung des ventromedialen PFC, der Insula und der somatosensorischen Kortexregionen hervorgehoben. Später rückte die Bedeutung vegetativer Rückkopplungen (Hypothese der Somatic marker; Damasio, 1996, 1999) als Grundlage für Entscheidungsprozesse und die Handlungsplanung in den Vordergrund. Obwohl Damasios Arbeitsgruppe nur eine relativ geringe Anzahl von Originalarbeiten zum Konzept der Somatischen Marker veröffentlichte, löste dies nachfolgend ein markantes wissenschaftliches Echo aus (ca. dreihundertfache Zahl von Studien zum Thema). Somatische Marker repräsentieren endokrine und andere peripher-physiologische Veränderungen, welche während emotionaler und anderer psychophysiologischer Regulationsvorgänge auftreten (Damasio, 1996). Die während einer Gambling task registrierten elektrodermalen Reaktionen EDA indizieren vermutlich die typische, durch kognitive oder emotionale Aktivitäten parallel ausgelöste physiologische Bereitstellungsreaktion bzw. anti-
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zipatorische Reaktion. Da die Absicherung der Hypothese meist nur durch univariate Messung leicht zugänglicher vegetativer Funktionen wie EDA erfolgte, muss bezweifelt werden, ob die Komplexität der psychophysiologischen Aktivierungs- und Rückkopplungsmechanismen damit ausreichend abgedeckt ist und ob stark verallgemeinernde Aussagen zulässig sind. Die Behauptung, „somatische Marker“ würden eine unbewusste (emotional geprägte) Entscheidungsfindung bereits vor der Akquisition des Aufgabenwissens bzw. der Kontingenzregeln ermöglichen, lässt sich wahrscheinlich nicht aufrecht erhalten. Bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt liegt in der Regel Aufgabenwissen vor, welches für eine erfolgreiche Bearbeitung ausreicht (Maia & McClelland, 2004). Weiterhin bleibt weitgehend offen, wie valide, repräsentativ und reliabel reproduzierbar die gewählte Operationalisierung in Form der gewählten komplexen Spielaufgabe ist. Gleichwohl ist die Annahme einer kortikalen Repräsentation psychophysiologischer Aktivierung aufgrund der viszerosensorischen und -motorischen Regionen u. a. im Bereich des orbitalen PFC und der Insula neurobiologisch plausibel. Damasio (1996) betonte, dass die Theorie der Verarbeitung psychophysiologischer Rückmeldungen keineswegs auf andere Regionen des PFC generalisiert werden dürfe. Viele Falldarstellungen und Gruppenstudien Damasios beruhen auf der klinisch-neuropsychologischen Methode, aufgrund von markanten Funktionsstörungen nach Hirnläsionen Rückschlüsse auf die Organisation der beteiligten Funktionen zu ziehen. Auch hier ist vor problematischen Übergeneralisierungen zu warnen. Die oft fehlende Berücksichtigung prämorbider Persönlichkeitsmerkmale der hoch selegierten Patienten sowie die Tatsache, dass es zu zerebralen Reorganisationsphänomenen kommt, schränken die Validität der Ergebnisse ein.
3.4 Umfassende neuropsychologische Modelle Gray (1982; vgl. Gray & McNaughton, 2000) erstellte einen umfassenden Theorieentwurf („konzeptuelles Nervensystem“) mit interdependenten belohnungsund bestrafungssensitiven Systemen, welches hauptsächlich auf tierexperimentellen Verhaltensanalysen, Effekten von Psychopharmaka und später auch auf Ergebnissen der biopsychologischen Temperamentsforschung beruhte. Gray unterschied – ein Verhaltenshemmungssystem (syn. behavioural inhibition system, BIS; septohippokampales System, SHS), welches Septum, Hippokampus, orbitalen PFC und Strukturen des Mittelhirns beeinhaltet und nach Darbietung aversiver, angstauslösender oder unerwarteter Reize verhaltenshemmend aktiv wird;
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– ein Verhaltensaktivierungssystem (syn. behavioural activation system, BAS), welches über das mediale Vorderhirnbündel, Anteile des Septums und des lateralen Hypothalamus das Annäherungsverhalten, die Sensitivität für Belohnungsreize und das aktive Vermeidungsverhalten reguliert; – ein Kampf-Flucht-System (syn. fight/flight system), welches über Amygdala, ventromedialen Hypothalamus und mesenzephale Grisea unkonditionierte Bestrafungs- und Nichtbelohnungsreize verarbeitet und unkonditionierte Flucht- und Aggressionsreaktionen vermittelt. Auch in neueren Beiträgen wurde die Rolle des septohippokampalen Systems für die Verhaltensinhibition, die Steuerung des Defensivverhaltens und der Angstreaktionen beibehalten (Gray & McNaughton, 2000). Gegen die Hypothese einer primär emotionalen Funktion des Hippokampus sprechen die Befunde der Amygdala-Forschung (vgl. Abschnitt 2.3.3.1). Beispielsweise werden verhaltensinhibierende protektive Reflexe durch Läsionen der Amygdala, nicht aber des Hippokampus vermindert. Lediglich kontextuell konditioniertes Freezing-Verhalten war durch Hippokampusläsionen beeinflussbar. Stimulation oder Sedierung der Amygdala führen zu einer deutlicheren emotionalen Verhaltensänderung als entsprechende Manipulationen des Hippokampus. Umgekehrt führen Läsionen der Amygdala zu vorwiegend emotionalen, nicht aber kognitiven Symptomen. Auch sind die Funktionen der frontostriatalen Leitungsbögen und auch des ACC in diesem Modell nur unvollständig berücksichtigt. In neuerer Zeit wurden in Biologischer Psychiatrie und Medizinpsychologie, meist auf der Basis von Ergebnissen des Emotionalen Neuroimagings, Überlegungen zur zerebralen Steuerung des emotionalen Regulationsverhaltens angestellt (z. B. Phillips, 2006; Phillips et al., 2003a; Schneider et al., 2008). Insbesondere interessierten hier u. a. die Wahrnehmung und Bewertung emotionaler Umweltreize, die Auslösung affektiver Zustände einschließlich des bewussten Erlebens sowie die an der Affektregulation beteiligten modulierenden bzw. inhibierenden Prozesse und deren Störungen als Folge psychiatrischer Erkrankungen (z. B. Berkowitz et al., 2007). Nach Phillips und Mitarbeitern (2003a) soll ein ventrales bzw. rostrales System mit Amygdala, Insula, ventralem Striatum, ventralen Regionen des anterioren zingulären Gyrus und ventralen Regionen des PFC für die emotionale Bedeutung von Umweltreizen zuständig sein, zur Auslösung affektiver Zustände beitragen und automatische Regulationsprozesse steuern. Ein dorsales System mit Hippokampus, dorsalen Regionen des anterioren zingulären Kortex, und dorsolateralen Regionen des PFC soll dagegen für exekutive Funktionen, wie selektive Aufmerksamkeit, planvolles und zielgerichtetes Verhalten sowie für die kontrollierte Regulation affektiver Zustände verantwortlich sein. Beide Systeme, das rasch und automatisch arbeitende ventrale Bewertungssystem und das kon-
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trolliert-planende dorsale System, sollen dabei in einer reziproken funktionellen Beziehung zueinander stehen. Strukturelle und funktionelle Veränderungen dieser Systeme werden für die bei Schizophrenie, bipolaren Störungen oder Major Depression beobachtbaren Störungsbilder verantwortlich gemacht (Phillips, 2006; Phillips et al., 2003b). Vermutlich sind jedoch nicht nur die Funktionszustände isolierter Regionen („Hypofrontalität“) für die Ausbildung spezieller Symptom- oder Verhaltensmuster relevant. Vielmehr ist das gesamte Muster der Aktivierungen und Deaktivierungen während der zu bearbeitenden Aufgaben, aber auch das Aktivitätsmuster während des „Ruhezustands“ zwischen den Durchgängen zur Beurteilung heranzuziehen (Robinson, Moser & Peper, 2009). Offen bleibt außerdem, inwiefern die vorgeschlagene Dichotomie von ventralen (unbewussten emotionalen) Prozessen und dorsalen (bewusst-kontrollierten) Vorgängen der Komplexität der zerebralen Organisation gerecht wird. Neuere Befunde belegen, dass innerhalb der Amygdala (ventrales System) Kernregionen zu identifizieren sind, die bei bewusster Wahrnehmung emotionaler Reize aktiviert sind (Etkin et al., 2004). Andere Autoren bestreiten grundsätzlich, dass die Amygdala durch präattentive Reize ansprechbar sei (Pessoa et al., 2005). Angeregt durch Ergebnisse der klinisch-neuropsychologischen Forschung an Patienten mit vollständig oder teilweise durchtrenntem Balken (split-brain), beschäftigten sich zahlreiche Arbeitsgruppen langjährig mit der Hypothese der funktionellen Hemisphärenspezialisierung, die hier auch aus historischen Gründen zu erwähnen ist. Die sogenannte Lateralitätshypothese beinhaltete die Annahme einer verbal-analytischen Verarbeitungsweise der linken Hemisphäre und eines visuell-räumlichen, nonverbalen Modus der rechten Hemisphäre. Nachfolgend befassten sich zahlreiche klinisch-neuropsychologische Forschungsansätze mit den Effekten zerebraler Läsionen auf Wahrnehmung, Verarbeitung und Ausdruck bzw. Kommunikation von Emotionen (Übersichten in Davidson & Hugdahl, 1995; Peper & Irle, 1997; Scherer & Peper, 2001). Hervorzuheben sind die Beiträge von Borod et al. (2002) und Heilman (1997), die belegten, dass emotionale Teilfunktionen läsionsabhängig beeinträchtigt sein können. Dabei sind Effekte des Verarbeitungsmodus (Perzeption oder Emotionsausdruck) und Kommunikationskanals (Gesicht, Intonation und Prosodie, lexikalisch-verbaler Kanal) zu unterscheiden. Das Konzept einer Funktionslateralisierung affektiver Prozesse wurde später zunehmend in Frage gestellt bzw. präzisiert. Auch das Auftreten depressiver Veränderungen nach Hirnläsionen ist mit Hemisphärenunterschieden in Verbindung gebracht worden, wobei ängstliche und depressive Reaktionen speziell bei linkshemisphärisch geschädigten Patienten beobachtet wurden (zusammenfassend Peper & Irle, 1997). Neuere Studien bestätigten eine erhöhte Prävalenz depressiver Störungen nach links anterior gele-
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genen kortikalen und subkortikalen Infarkten, die häufig sogar den Kriterien einer „Major Depression“ genügten (vgl. z. B. Carota et al. 2005). Allerdings wirken auch andere Einflüsse als die der Läsionslokalisation auf die emotionale Befindlichkeit ein. Aus heutiger Sicht erscheint das Konzept der Funktionslateralisierung nur noch teilweise geeignet, um die nach Hirnschädigungen zu erwartenden emotionalen Verhaltensänderungen vorherzusagen. Durch die verstärkte Nutzung bildgebender Verfahren hat sich das Auflösungsvermögen für emotionale Struktur-Funktionsbeziehungen wesentlich verbessert, was die klinische Erforschung von Läsionseffekten hat in den Hintergrund treten lassen. Viele Befunde zu Funktionslateralisierungen im Bereich der Emotionen bei Patienten mit Hirnläsionen oder Split-brain sind wahrscheinlich überinterpretiert worden. Tatsächlich handelte es sich nur um relative Dominanzen bei sehr großen individuellen Unterschieden, wobei Diskrepanzen der Lateralisierungstendenz bzw. Konsistenz von Händigkeit, Sprache und visuell-räumlichen Funktionen nicht selten sind (Efron, 1990). Allgemein gilt, dass die individuellen Reaktionsmuster in neuropsychologischen Gruppenstudien hirngeschädigter Patienten stets mit läsions- und anderen krankheitsbezogenen Effekten konfundiert sind. Die meisten Patientenstudien liefern keine Information zur prämorbiden Reaktivität. Die Annahme gleichartiger Ausgangsbedingungen ist angesichts der sehr unterschiedlichen habituellen Reaktionsmuster gesunder Personen nicht gerechtfertigt. Die Varianz zwischen den Personen ist vermutlich um ein Vielfaches größer als der interessierende emotionsspezifische bzw. läsionsbezogene Anteil. Dies gilt wahrscheinlich auch für viele der oft mit wenigen und selegierten Probanden entstandenen funktionellbildgebenden Untersuchungen.
4 Diskussion 4.1 Validität neurowissenschaftlicher Emotionstheorien Die neurowissenschaftliche Forschung hat eine Vielfalt wichtiger Entdeckungen struktureller, funktioneller, neurochemischer u. a. Sachverhalte erbracht und gezeigt, dass emotionale Funktionen in multiplen, interagierenden Systemen entlang der Neuraxis organisiert sind. Es wurden mehrere Mechanismen beschrieben, die für die emotionale Beeinflussung der Wahrnehmung, der kognitiven Prozesse und der Verhaltenssteuerung verantwortlich sind. Die vorliegende Übersicht zeigt, dass es in der Vergangenheit wiederholt Versuche gegeben hat, umfassende Emotionsmodelle zu entwickeln. Da sich emotionale Funktionen auf mehreren, miteinander in Beziehung stehenden Konstruktebenen definieren lassen, kann Emotion einerseits als ein Phänomen des gesamten Gehirns verstanden
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werden, das einer umfassenden Hirntheorie bedarf (z. B. Gray & McNaughton, 2000). Andererseits wurden ausgewählte Teilfunktionen der emotionalen Informationsverarbeitung hervorgehoben (z. B. LeDoux, 1998). Viele der universelle Geltung beanspruchenden Modelle lassen jedoch wichtige Aspekte unberücksichtigt und können daher nicht als repräsentativ angesehen werden. Ein interessantes neuroanatomisches Rahmenmodell emotionaler Funktionen liefert die Theorie dualer kortikaler Entwicklungstrends, die sich in der Phylogenese zur Bewältigung adaptiver Anforderungen herausgebildet haben (z. B. Pandya & Yeterian, 2001). Demnach kann in ventral-limbischen Bereichen des Endhirns ein ventraler paläokortikaler Trend identifiziert werden, der sich von der Region des olfaktorischen Kortex aus aufsteigend in dorsale Kortexgebiete und absteigend in das limbisch-hypothalamische Kontinuum hinein erstreckt. Dem steht ein dorsaler archikortikaler, vom Hippokampus ausgehender Trend gegenüber, der ebenfalls über subkortikale Verbindungen verfügt. Neuere Ergebnisse des emotionalen Neuroimagings scheinen dieses Grundprinzip zu bestätigen. So wurden zwei globale Bereiche limbischer Strukturen postuliert, deren Aktivitäten relativ unabhängig und sogar reziprok miteinander gekoppelt sein sollen (Phillips et al., 2003a). Spezifikationen sind jedoch notwendig, da in vielen der als ventral kategorisierten Regionen dorsale Einflüsse überwiegen und da auch Hemisphärenunterschiede zu bedenken sind. Die verbreitete Ansicht, dass kognitive Prozesse der Großhirnrinde zugeordnet werden könnten, während Emotionen im „limbischen System“ verwurzelt sein sollen, ist vor dem Hintergrund der komplexen Konnektivität zu revidieren. Insbesondere ist die einseitige und vereinfachende Sichtweise eines limbischen Prozessors für unbewusste Emotionen mit den dargestellten phylogenetischen und konnektionalen Überlegungen kaum vereinbar. So dürften die wenigsten neokortikalen Aktivitäten, speziell im Bereich des ventralen Trends, einer „bewussten“ Verarbeitung zugänglich sein. Viele limbische Regionen (z. B. Amygdala) weisen zum Beispiel nicht nur funktionelle Bezüge zum ventralen Trend, sondern auch zu Konvergenzzonen des dorsalen Trends auf und unterstützen auf diese Weise ebenfalls attentive Prozesse. Einseitige Vorstellungen von einer durch unbewusste „limbische“ Impulse gesteuerten „Bottom-up“-Kontrolle kortikaler Funktionen oder einer hauptsächlich neokortikal organisierten „Topdown“-Kontrolle emotionaler Funktionen sind daher wahrscheinlich zu ersetzen durch Konzepte multipel interagierender und modulierender Systeme – ohne letztlich ein einzelnes initiierendes System hervorheben zu können. Daher dürften vereinfachende Sichtweisen, die „unbewusste Emotionsprozessoren“ für die „Bottom-up“-Verhaltenssteuerung (z. B. limbisches System, basales Vorderhirn, Amygdala, subgenualer anteriorer Gyrus cinguli etc.) postulieren, vor dem Hintergrund der neuralen Konnektivität kaum überzeugen. Für die
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Herausbildung emotionaler Muster sind wahrscheinlich inhibitorisch wirkende „Top-down“-Einflüsse des Kortex ebenso wichtig wie der aufsteigende subkortikale Informationsstrom, da sich diese bereits vor der Emotionsentstehung (habituelle Dispositionen) oder im Anschluss daran (Appraisalprozesse, Bewältigungsstrategien etc.) modulierend auswirken können. Ebenso wahrscheinlich ist ein Konzept reziprok vernetzter, interagierender Systeme, die sich gegenseitig modulieren. Letztlich ist die Gesamtaktivität der subkortikalen und kortikalen Regionen – und zwar auch der vermeintlich nicht aktiven Regionen – für die Ausbildung eines emotionalen Reaktionsmusters verantwortlich. Eine wichtige neurobiologische Grundlage für diese Integration des auf- und absteigenden bzw. des ventralen und dorsalen Informationsstroms stellen die heteromodalen Konvergenzzonen des Kortex dar (vgl. Abb. 13). Diese Bereiche dienen der Integration der zuvor segregierten sensorischen Information. Da sie meist auch über paläokortikal-limbischen Input verfügen, tragen sie zugleich zur Synchronisierung sensorischer und emotionaler Aktivitäten bei. Als Konvergenzzonen mit markantem emotional-motivationalem Input können gelten: die Amygdala, der inferiore temporo-occipitale Kortex, der orbitale PFC, die Regionen des prälimbischen und limbischen Kortex, Anteile des dorsolateralen PFC sowie der inferiore Parietallappen. Auch für nachgeordnete heteromodale Regionen des Temporallappens einschließlich des Hippokampus sind konvergente Eigenschaften nachgewiesen. Entsprechend dieser Annahmen kommt es innerhalb der heteromodal kortikallimbischen Netzwerke zur Kopplung bzw. Synchronisation der verschiedenen S S
DLPFC 3
V S A
V S 3
S V
S A
S V
A
BA32
A S A
BA24
2
V
A V AS
MVR
V
H Am GCM
OFC
2
3
OFC
ATV olfakt. Kortex
Abbildung 13: Ausgewählte aufsteigende Verbindungen des limbisch-hypothalamischen Kontinuums und Mesenzephalons (mediales Vorderhirnbündel, MVB). (1) Zielregionen befinden sich im frontobasalen Paläopallium (Riechhirn, Septum) (2), mit weiterer Verschaltung durch Bahnen des ventralen Trends und nachfolgender Integration mit dem dorsalen Trend, speziell in den Bereichen der multimodalen Assoziationsareale und Konvergenzzonen (3) (auf der Grundlage von Pandya & Yeterian, 2001; Nieuwenhuys, Voogd & van Huijzen, 1997). A: auditorische Modalität, V: visuelle Modalität, S: somatosensorische Modalität; Am: Amygdala; ATV: Area tegmentalis ventralis; GCM: Griseum centrale mesencephali; H: Hypothalamus.
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Informationsströme. Emotionen sind in diesem Sinne Ordnungsmuster in verteilten Netzwerken, deren Entstehen entscheidend von der Funktionalität bestimmter heteromodaler Areale, d. h. den am stärksten assoziativ verschalteten Regionen des Gehirns, abhängt (Peper & Irle, 1997). Diese Funktionsbündelung durch zerebrale Konvergenzzonen kann durch multivariate Methoden abgebildet werden, wobei ein hierarchisch gegliedertes System von „Funktionsfamilien“ herausgearbeitet werden kann (vgl. Passingham et al., 2002). Anhand physiologischer Konnektivitätsdaten lassen sich grundlegende neuroemotionale Synchronisations- bzw. Kopplungszustände herausarbeiten. Manche wiederkehrenden Aktivitätsmuster könnten als hypothetische („latente“) neurobiologische Konstrukte betrachtet werden, wobei relativ stabile Ruhezustände (resting-state networks, s. o.) von situationsabhängig variierenden Konnektivitäten unterschieden werden können (z. B. Harrison et al., 2008). Der entscheidende Schritt der neurobiologischen Emotionsforschung besteht darin, die im Bezugssystem der Neurophysiologie ermittelten Indikatoren der Systemzustände mit den im Bezugssystem der Psychologie erfassten Verhaltens- und Erlebensänderungen in Beziehung zu setzen. Zur systematischen Konzeptbildung kann hierbei die psychologische Diagnostik bzw. Reliabilitätstheorie (vgl. Eid & Diener, 2006) beitragen. Durch Adaptation eines Linsenmodells (Wittmann, 1988; vgl. Beauducel et al., 2005) können neurobiologische und emotionspsychologische Konstrukte unterschiedlichen Allgemeinheitsgrades systematisch aufeinander bezogen werden („Neuro-Linse“; vgl. Peper & Vauth, 2008). Dem gegenwärtigen Entwicklungsstand entsprechend wirken manche der aktuellen neuropsychologischen Modelle, Theorien und Konstrukte durchaus spekulativ, übergeneralisierend und nicht durch im selben und in anderen Laboratorien durchgeführte Kontrollstudien abgesichert. So bedarf etwa die Hypothese, die den linken orbitalen PFC mit positiven Emotionen bzw. Annäherungsverhalten und den rechten orbitalen PFC mit negativen Emotionen bzw. Rückzugsverhalten in Verbindung bringt (z. B. Davidson, Jackson & Kalin, 2000), weiterer Replikation. Die Hypothese einer differenziellen Aktivierung der Amygdala durch Reize unterschiedlicher emotionaler Valenz konnte nicht bestätigt werden (Sergerie, Chochol & Armony, 2008). Die gegenwärtige Entwicklung neurobiologischer Theorien verdeutlicht, dass die einfachen traditionellen Schemata (z. B. dichotome Konstrukte wie limbische Emotionsysteme vs. kortikale Kognitionssysteme, Belohnungs- vs. Bestrafungssysteme, appetitive Annäherungs- vs. defensive Rückzugssysteme, rechtshemisphärische Emotions- vs. linkshemisphärische Kontrollsysteme) zu einfach konzipiert sind und daher weitgehend abgelöst werden müssten. Obsolet sind auch die stark vereinfachenden Funktionsmodelle sowie auch die verbreitete Vorstellung, dass es eine festgelegte Anzahl biologisch vorprogrammierter Emotionsmuster gäbe.
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4.2 Methodische Probleme und Perspektiven Für die heutigen und künftigen „Affektiven Neurowissenschaften“ sind – über die Neuropharmakologie, Elektrophysiologie, Zytoarchitektonik, Histologie und Neuropathologie hinaus – vor allem informations- und systemtheoretische Überlegungen (strukturelle und funktionelle Konnektivität, Kodierungen, Synchronisierungsleistungen, Redundanzeigenschaften usw.) wesentlich (vgl. Passingham et al., 2002; Rolls, 1999). Für alle Modellentwicklungen bleibt die strukturelle und funktionelle Neuroanatomie eine gemeinsame Grundlagendisziplin. Sie stellt weiterhin das primäre Bezugssystem dar, wenn es um die Zuordnung und Aufklärung der Funktionen des Gehirns zur Regulation und Steuerung des emotionalen Verhaltens geht. Bei der Bewertung neurobiologischer Emotionsmodelle müssen grundlegende Probleme der Validität und Repräsentativität bedacht werden: (1) methodenabhängige Einflüsse; (2) beschränkte Verallgemeinerbarkeit neuroanatomischer Daten über Grenzen der untersuchten Spezies hinweg; (3) Unterschiede zwischen funktionellen Daten, die bei anästhesierten, passiven, oder frei beweglichen Tieren erhoben wurden; (4) Unterschiede aufgrund natürlicher versus künstlicher Untersuchungssituationen oder Umwelten. Es stellt sich die Frage, welche der neuralen Strukturelemente jeweils für Initiierung, Modulation oder Weiterleitung verantwortlich und welche Wechselbeziehungen aktivierender und inhibitorischer Systemeffekte bzw. Rückkopplungen im Verlauf des emotionalen Geschehens anzunehmen sind. Wie kann die individuelle oder artspezifische Morphologie berücksichtigt und methodisch gesichert werden? Ist die beschriebene Konnektivität durch den genetischen Bauplan bestimmt oder ist die Entwicklung bestimmter Leitungsbögen erfahrungsabhängig? Wenn Modulationen aufgrund neuraler Plastizität (vgl. emotionales Lernen) plausibel sind: Wie können entsprechende Interaktionen von Genom und Umwelt abgebildet werden? Für die Weiterentwicklung des Faches sind u. a. systemtheoretische Überlegungen und neurophysiologische Analysen zur strukturellen und funktionellen Konnektivität, Kodierungen, Synchronisierungsleistungen und Redundanzeigenschaften (vgl. Rolls, 1999), genetische Ansätze (vgl. Hariri, Drabant & Weinberger, 2006; Hennig & Netter, 2005) und bildgebende Verfahren (z. B. Dolan, 2000, 2002, 2007) von Bedeutung. Aktuell erweist sich insbesondere die neuroemotionale Bildgebung als ein stark expandierender Forschungsbereich (für eine methodenkritische Übersicht vgl. Robinson, Moser & Peper, 2009). Dieser ist zurzeit noch durch eine rasche „horizontale“ Ausweitung des Erkenntnisgewinns und explorative Ad-hoc-Experimente gekennzeichnet, jedoch ist bald eine Konsolidierungsphase mit solider Modellbildung zu erwar-
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ten (Ochsner & Gross, 2005). Fortschritte setzen jedoch nicht nur eine höher auflösende Bildgebung, sondern auf behavioraler Seite auch verbesserte Paradigmen, d. h. eine zuverlässige und konstruktvalide emotionspsychologische Methodik, voraus (z. B. Scherer & Peper, 2001). Angesichts der wissenschaftsmethodischen Unsicherheiten, die mit introspektiven Methoden verbunden sind, wurde seit langem versucht, die Emotionsforschung durch behaviorale Konzepte besser zu fundieren. Heute erscheinen neurowissenschaftliche Begriffe zuweilen so dominant, dass das emotionale Erleben und Verhalten zu einem Epiphänomen zu werden droht. Insbesondere vermitteln manche Beiträge den Eindruck, dass das Muster einer Perfusionsänderung mit der Emotion oder Persönlichkeitseigenschaft gleichzusetzen sei. Eine solche reifizierende Betrachtungsweise lässt außer Acht, dass es sich bei zerebralen Aktivierungen stets um Phänomene einer unabhängigen Kategorie handelt. Für eine gleichrangige Konzeptualisierung des emotionalen Erlebens und Verhaltens werden überzeugende, funktionell auch für alltägliche Emotionen hinreichend repräsentative und valide Untersuchungsparadigmen benötigt. Wenn bei fMRI-Untersuchungen oder im EEG-Labor physiologische Daten mit hochwertiger Qualität abgeleitet werden sollen, dann lassen die Experimentalbedingungen allerdings meist nur hochselektive Ausschnitte des natürlichen Verhaltensrepertoires zu. So erlaubt es die Immobilisierung in der Regel nicht, integrierte biobehaviorale Muster zu erfassen. Die in der neurowissenschaftlichen Emotionsforschung untersuchten Prozesse reduzieren sich daher meist auf die Wahrnehmung einfacher, als emotional relevant angesehener Reize. Die Generalisierbarkeit von Befunden und der Gültigkeitsbereich der resultierenden Theorien wird dadurch wesentlich eingeschränkt (vgl. Fahrenberg et al., 2006; Spiers & Maguire, 2007). Die für empirische Arbeiten typischen und unvermeidlichen Kompromisse bezüglich theoretischer Absichten und methodischer Möglichkeiten gehen zur Zeit zu Lasten einer differenzierten und realistischen Repräsentation des emotionalen Prozesses in seinen kategorial verschiedenen Aspekten. Daher sind die Grenzen gegenwärtiger Untersuchungsstrategien (interne und externe Validität der Operationalisierungen) der gegenwärtigen neurowissenschaftlichen Emotionsforschung am Menschen bei der Interpretation der resultierenden Emotionsmodelle kritisch zu berücksichtigen. Weiterhin muss zwischen der Perspektive der an Kausalzusammenhängen interessierten Grundlagenforschung und der Forschung der Anwendungsfelder (vgl. z. B. „Neuropsychotherapie“, z. B. Schiepek, 2003; „Neuropädagogik“, z. B. Herrmann, 2004; „Neuroökonomie“ und „Neuromarketing“, vgl. Bräutigam, 2005; Walter et al., 2005) unterschieden werden. So haben viele dieser neuro-
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wissenschaftlichen Ergebnisse und manche populärwissenschaftliche Darstellungen große Hoffnungen auf höhere Präzision, genauere Vorhersage und bessere Außenwirkung geweckt. Inwiefern diese hohen Erwartungen tatsächlich eingelöst werden können, bleibt zunächst offen, da die Bewertung des zusätzlichen Nutzens aufwändige Vergleichsstudien voraussetzt. Solche Anwendungsversuche setzen in jedem Fall eine Einbettung der neurobiologischen Datenerhebung in eine Assessmenttheorie und ein Konzept der neuropsychologischen Konstruktvalidierung voraus. Sollen aus dem gegenwärtigen neuropsychologischen Wissensstand Forschungstrategien, valide Methoden, Indizes („Marker“) oder Kriterien für die Anwendungsfelder abgeleitet werden, muss auf dem empirischen Nachweis der testmethodischen Gütekriterien bestanden werden. Angesichts der Kosten zum Beispiel der funktionellen Neuroimaging-Methoden stellt sich insbesondere die Frage nach Aufwand und Ertrag. Um Vorteile für Vorhersage, Diagnose, Klassifikation oder therapeutische Anwendungen behaupten zu können, muss die inkrementelle Validität (Entscheidungsnutzen, „Mehrwert“) neurobiologischer Emotionskonstrukte gegenüber den herkömmlichen Verfahren (z. B. den bewährten Paradigmen und Konzepten der Verhaltenstheorie; den leichter erhältlichen vegetativ-psychophysiologischen Indikatoren etc.) nachgewiesen werden. Um signifikante Beiträge zu den Anwendungsdisziplinen leisten zu können, muss die neurobiologische Emotionsforschung zunächst die theoretischen und methodischen Herausforderungen des eigenen Fachs bewältigen: Welches sind die basalen Mechanismen der Aktivierung und Hemmung von Emotionen? Welche zerebrale Systemarchitektur vermittelt die basalen, evolutionär geprägten emotionalen Teilfunktionen und welche die kulturell überformten Regulationsmechanismen? Durch welche individuell verschiedenen „Prozessgestalten“ zeichnen sich Emotionen, „Stressreaktionen“ und Bewältigungsprozesse aus? Welche Methoden sind für eine Beschreibung dieser Dynamik und deren Reliabilität geeignet? Wie kann eine sinnvolle Koordination der wissenschaftlichen Konzepte und anthropologischen Vorannahmen der beteiligten Fachdisziplinen sichergestellt werden?
4.3 Schlussfolgerungen Angeregt durch die Decade of the Brain ist auch das Interesse an der neurowissenschaftlichen Emotionsforschung nahezu exponenziell gewachsen. Manche neurowissenschaftliche Einsichten haben durch Sammelwerke und populärwissenschaftliche Darstellungen eine weite Verbreitung gefunden. Vereinfachende Darstellungen verbunden mit einer einseitigen Rezeption theoriekonformer Ergebnisse birgt jedoch die Gefahr, dass die Validität und Repräsentativität der
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vorgeschlagenen neurobiologischen Modelle offen bleibt. Um die Konstruktion fragwürdiger, allenfalls heuristisch wertvoller Modelle zu vermeiden, wird es mit zunehmendem Wissensstand wichtig sein, sowohl Strukturkonzepte und physiologische Funktionen, als auch psychophysische Zusammenhänge mittels formaler metaanalytischer Techniken in Bezug auf Übereinstimmung und Effektstärke zu überprüfen. Bevor stark generalisierende Schlussfolgerungen gezogen und Ratschläge für die Anwendungsfelder erteilt werden, müssen Sachverhalte durch multivariate Analysen, Prinzipien der psychometrischen Methodik, eindeutige Replikationen sowie durch Meta-Analysen abgesichert werden. Den vielfältigen Einsichten in Konnektivitäten und Funktionsprinzipien müssen auch die emotionstheoretischen Konzepte folgen. Es reicht nicht aus, allein die duale konnektionale Organisation zerebraler Systeme mit zahlreichen Subsystemen und deren Kopplungs- bzw. Dissoziationszustände anzuerkennen oder abstrakte Netzwerkmodelle zu entwickeln. Notwendig ist es auch, eine multivariate, d. h. an den multiplen Reaktionen gleichzeitig aktiver Hirnsysteme orientierte Methodik in der Untersuchungsplanung und bei der Auswertung von Experimenten umzusetzen (vgl. Eid & Diener, 2006). Die neurobiologische Emotionsforschung wird auch in Zukunft ein Forschungsprogramm bleiben, dessen Konstrukte auf mehreren Ebenen definiert werden. Neurale Phänomene wie die morphologische Struktur und physiologische Funktion, und psychische Phänomene wie das Erleben und Verhalten bleiben aus methodischen und theoretischen Gründen separate Kategorien. Um Fortschritte zu erreichen, sollten in interdisziplinärer Kooperation zweckmäßige Kombinationen von Untersuchungsmethoden entwickelt werden. Dabei müssen auch die metatheoretischen Konzeptionen zur Beziehung von Gehirn und Emotion überdacht und methodisch neu konzipiert werden. Ein Methodenparallelismus, der die ontologischen Fragen des psychophysischen Problems offen lässt, könnte zu einer pragmatischen Betrachtung der Beziehung von biologischen Daten und emotionalen Funktionen anregen.
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Danksagung Die Arbeiten des Autors wurden durch Sachbeihilfen der Deutschen Forschungsgemeinschaft ermöglicht (DFG Pe 499/2,3). Ich danke J. Fahrenberg und G. Stemmler für hilfreiche Anmerkungen und Kommentare.
3. Kapitel
Funktionelle Neuroanatomie Dieter Vaitl
1 Einleitung Die meisten Emotionstheorien gehen von einigen wenigen gemeinsamen Grundannahmen aus. Sie alle betonen ohne Ausnahme die evolutionsbiologische Herkunft von Emotionen sowie deren Verankerung in spezifischen Hirnstrukturen. In der vergangenen Dekade kam es zu einer exponentiellen Zunahme von Studien zu den neurobiologischen Grundlagen emotionaler Prozesse (Canli & Amin, 2002). Das wachsende Interesse an den sogenannten affektiven Neurowissenschaften geht nicht zuletzt darauf zurück, dass immer häufiger bildgebende Verfahren in der Emotionsforschung eingesetzt werden und die funktionelle Neuroanatomie zu einem bevorzugten Forschungsfeld geworden ist.
2 Bildgebende Verfahren (Neuroimaging) Unter dem Begriff „Neuroimaging“ werden bildgebende Verfahren zusammengefasst, die Hirnprozesse in Form von topografischen Landkarten (mapping) darstellen und so einen Einblick in die Funktionsweise des menschlichen Gehirns erlauben (Übersicht über die Verfahren und die Methodik bei Jäncke, 2005). Dabei werden in der Regel farbliche Kodierungen verwendet, die entweder direkt die Aktivierungsintensität in einer bestimmten Hirnregion wiedergeben oder die statistische Signifikanz über Unterschiede im Aktivierungsgrad farblich kodieren (sog. T-maps). Die gebräuchlichsten bildgebenden Verfahren sind Quellenlokalisationen, ermittelt mit Hilfe des Elektroenzephalogramms (EEG) oder des Magnetenzepha-
Dieter Vaitl
82 14
SPECT
EEG
10
8 6 4
PET fMRT
MEG
Räumliche Auflösung (mm)
12
2
MRT
0 10–3
10–2
0,1
1
10
100
102
103
Zeitliche Auflösung (s)
Abbildung 1: Einteilung der bildgebenden Verfahren nach ihrer räumlichen und zeitlichen Auflösung (EEG: Elektroenzephalografie; MEG: Magnetenzephalografie; SPECT: Single-Photon-Emissions-Tomografie; PET: Positron-Emissions-Tomografie; MRT: Magnet-Resonanz-Tomografie; fMRT: funktionelle MagnetResonanz-Tomografie (zur Erläuterung der Verfahren: Jäncke, 2005)).
logramms (MEG), die Positronen-Emissions-Tomografie (PET), die Single-Photon-Emissions-Computertomografie (SPECT) und die funktionelle MagnetResonanz-Tomografie (fMRT). Diese Methoden lassen sich einmal nach ihrer räumlichen und zeitlichen Auflösung voneinander unterscheiden (vgl. Abb. 1) und zum andern danach, ob sie invasiv oder nicht invasiv arbeiten. Im letzten Jahrzehnt hat sich die funktionelle Kernspin- oder MagnetresonanzTomografie (fMRT oder functional magnetic-resonance-imaging oder fMRI) zum wichtigsten Verfahren in den affektiven Neurowissenschaften entwickelt und die anderen Neuroimaging-Methoden (z. B. PET, SPECT) überflügelt (Bandettini, 2007). Einzelheiten zu dieser Methode (Grundlagen, Auswertung, Versuchspläne) finden sich bei Jäncke (2005). Die Verarbeitung von fMRT-Daten (vom Stimulus zur statistischen Testung) ist schematisch in Abbildung 2 dargestellt.
Funktionelle Neuroanatomie
83
Funktionelle Magnetresonanztomografie
Experimentelle Stimulation
Korrektur für multiples Testen
Neuronale Aktivität
Vaskuläre Reaktion
Interferenzstatistik
MR-Messung
Modellierung
Preprocessing
Abbildung 2: Schema der Untersuchung von Emotionen mit der fMRT. Die emotionalen Reize (hier: eine Schlange) führen zu neuraler Aktivität, die mit der MRT messbare vaskuläre Reaktionen (sog. Blood-oxygen-dependent-Reaktion, BOLD) hervorruft. Die vom MRT-Scanner in Abständen von wenigen Sekunden gelieferten Hirnschnittbilder durchlaufen nach der Untersuchung bzw. nach dem Experiment eine Phase des sogenannten Preprocessing (z. B. zur Korrektur von Bewegungsartefakten, Normalisierung, räumlichen Filterung). Anschließend werden die Zeitreihen eines jeden Volumenelements (Voxel) mit Hilfe linearer Regression modelliert und die Parameter auf Signifikanz getestet.
3 Forschungsmethoden 3.1 Allgemeine Beschränkungen Die bisherigen Ergebnisse der funktionellen Neuroanatomie beruhen auf Methoden und Untersuchungsansätzen, deren Zahl und Anwendungsbreite begrenzt ist. Grund hierfür sind nach wie vor die technischen Bedingungen der bildgebenden Verfahren selbst. So erlauben beispielsweise die Halbwertzeiten der Radiotracer und die Strahlenbelastung (z. B. bei PET oder SPECT) nur in beschränktem Umfang längere Untersuchungszeiten oder Wiederholungsmessungen. Bei der fMRT sind es dagegen die minimalen willkürlichen und unwillkürlichen Körper- und Kopfbewegungen, die die Bildqualität erheblich beeinträchtigen oder systematische Artefakte erzeugen (z. B. Zusammenzucken oder Kopfbewegungen bei der Darbietung von aversiven Reizen). Außerdem führt der unvermeidlich hohe Schallpegel während des Messvorgangs zu Interferenzen, wenn zur Emotionsinduktion akustische Reize verwendet werden. Methoden, um diese Beeinträchtigung durch leisere Sequenzen zu mildern, finden sich bei Amaro et al. (2002).
84
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Trotz dieser Einschränkungen haben sich in den vergangenen 10 Jahren verschiedene Methoden zur Induktion von positiven und negativen Emotionen (Valenzdimension: positive vs. negative; Handlungstendenz: Annäherung vs. Vermeidung; Affektprogramm: z. B. Furcht vs. Ekel vs. Ärger vs. Traurigkeit vs. Glücklichsein; vgl. Murphy et al., 2003), zur Emotionserkennung (z. B. von Gesichtsausdrücken), zum Einfluss von Emotionen auf das Gedächtnis und zur Emotionsregulation herausgebildet und bewährt.
3.2 Methoden der Emotionsinduktion Die Methoden, mit denen Emotionen in Neuroimaging-Untersuchungen erzeugt werden, lassen sich nach verschiedenen Gesichtspunkten klassifizieren (vgl. hierzu auch die Meta-Analysen von Phan et al., 2002 und Murphy et al., 2003). 3.2.1 Modalität der Stimuluspräsentation Die Reize können visueller, akustischer, olfaktorischer oder gustatorischer Natur sein. Hierzu zählen auch die kutanen Reizungen, wie sie bei der Verabreichung von Schmerzreizen verwendet werden. Das wohl am häufigsten verwendete visuelle Stimulusmaterial stammt aus dem standardisierten International Affect Picture System (IAPS; Lang et al., 1997). 3.2.2 Experimentelle Anordnung Hierzu zählen sämtliche experimentelle Paradigmata, mit denen verschiedene Emotionen erzeugt werden. Diese Gruppe von Verfahrensmerkmalen ist allerdings sehr heterogen. Das einfachste Verfahren ist die Präsentation (visuell, akustisch oder olfaktorisch) von Reizen, die lediglich wahrgenommen werden sollen und mit denen keine Aufgabe verknüpft ist (z. B. ekelerregende Bilder oder Gerüche, angsteinflößende Bilder, Filmsequenzen oder Geschichten). Hierzu zählt auch die Methode der Wahrnehmung von Gesichtern, die unterschiedliche Emotionen ausdrücken, sofern mit dieser Präsentationsform keine Aufgabe (z. B. Bestimmung des Geschlechts der betreffenden Person) verbunden ist. Die Wahrnehmung von Gesichtern kann ferner mit der Aufgabe verknüpft sein, die Emotionen zu benennen, die diese Gesichter ausdrücken (Emotionsbeurteilung). Induziert werden neben spezifischen Emotionen auch affektive Stimmungen, z. B. durch Filmsequenzen oder mit Hilfe von Skripts, die autobiografisches Material enthalten. Eine weitere Gruppe von Emotionsinduktionen ist die Furchtkonditionierung nach dem Schema des klassischen Konditio-
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nierens sowie die Erzeugung von antizipatorischer Angst (z. B. durch die Androhung von Schmerzreizen). Und schließlich werden unterschiedliche (positive und negative) Emotionen in ihrem Einfluss auf die Gedächtnisleistung (Enkodieren, Behalten, Wiedergabe) untersucht oder bestimmt, welche emotionalen Reize (z. B. Bilder und Szenen, Wörter, Skriptteile) besser behalten und erinnert werden. 3.2.3 Spezifische Kontrastbildungen Welche Hirnregionen durch Emotionen aktiviert und sichtbar werden, hängt im Wesentlichen vom Verfahren der Kontrastbildung ab. Es lassen sich drei Gruppen der Kontrastbildung unterscheiden: Wenn es um die Valenzdimension geht, werden die Effekte z. B. von positiven und negativen Emotionen miteinander verglichen. In ähnlicher Weise lassen sich auch die Unterschiede von Zielemotionen zu anderen Emotionen feststellen (z. B. Angst gegenüber Ekel, Wut, Trauer). Kontrastieren können Emotionen schließlich auch in der Weise, wie sie Annäherungs- bzw. Vermeidungstendenzen hervorrufen oder ob Belohnung bzw. Bestrafung zu erwarten ist.
4 Zentrale Hirnregionen für die Verarbeitung von Emotionen Zahlreiche Untersuchungen sowie Meta-Analysen von Studien (Phan et al., 2002; Murphy et al., 2003), die die Aktivierung von Hirnregionen während emotionaler Zustände untersucht haben, kommen zu dem Ergebnis, dass es einige wenige Hirnregionen gibt, die an diesen Prozessen beteiligt sind. Hierzu zählen die Amygdala, die Insula, der mediale präfrontale Kortex, der orbitofrontale Kortex, der zinguläre Kortex sowie die sekundären Assoziationskortizes. Diese Areale werden im Folgenden näher beschrieben (vgl. Peper in diesem Band).
4.1 Amygdala Die Amygdala ist eine mandelförmige Struktur, die aus 13 Kernen besteht und im anterior-medialen Temporallappen liegt (zur Struktur und Funktion der Amygdala vgl. Aggleton, 2001). Sie stellt ein somatosensorisches Integrationszentrum dar, das Projektionen aus visuellen und auditorischen Arealen des Temporallappens sowie aus olfaktorischen, gustatorischen und viszeralen Bereichen und nicht zuletzt aus kortikalen und subkortikalen Strukturen erhält. Es bestehen Verbindungen zu temporalen sowie zu okzipitalen visuellen Arealen, deren Aktivität durch sie moduliert werden kann. Dadurch wird die Aufmerk-
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samkeit für affektiv saliente Reize gesteigert bzw. eine Sensitivierung für bedrohungsrelevante Reize erzielt (Lane et al., 1997). Zusammen mit weiteren Bahnen, die zum Hirnstamm laufen, können Vigilanz- und Aufmerksamkeitsprozesse allgemein gesteigert werden (Davis, 2001). Die Amygdala projiziert außerdem zum ventralen Striatum einschließlich des Nucleus accumbens, also zu einem Teil der Basalganglien, die motorische Programme, wie z. B. für das Fluchtoder Vermeidungsverhalten, steuern. Die Bahn zum Trigeminusnerv ist außerdem bedeutsam für die mimische Komponente einer Angstreaktion. Ferner besteht ein enge anatomische Verbindung zum Hypothalamus, zur Medulla oblongata und zu verschiedenen Hirnstammkernen, wodurch die autonomen und endokrinen Komponenten zum Beispiel einer Furchtreaktion gesteuert werden (vgl. Abb. 3; Einzelheiten vgl. Abschnitt 7). Hierzu zählen der Anstieg Amygdala-Projektionen und physiologische Reaktionen bei Furcht und Angst
Anatomisches Ziel
Lateraler Hypothalamus
Tachykardie, Blutdruckanstieg, Blässe, Pupillenerweiterung, elektrodermale Reaktion
Dorsaler motorischer Vaguskern Nucleus ambiguus
Ulzera, Urinieren, Defäkation, Bradykardie
Nucleus parabrachialis
Atemnot
Ventrale und laterale Regionen des Tegmentum
Zentraler Kern
Zeichen von Furcht oder Angst
Locus coeruleus Basales Vorderhirn Nucleus reticularis pontis caudalis
Erregung, erhöhte Vigilanz und Aufmerksamkeit
Erhöhte Schreckhaftigkeit
Zentrales Höhlengrau
Schreckstarre, konditionierte emotionale Reaktion, soziale Interaktion, Hypoalgesie
Nucleus facialis Nucleus trigeminus
Ängstlicher Gesichtsausdruck
Nucleus paraventricularis hypothalami
„Stressreaktion“
Abbildung 3: Darstellung der efferenten Projektionen vom zentralen Kern der Amygdala zu verschiedenen anatomischen Zielregionen im Hirnstamm und im Mittelhirn. Bei Stimulation dieses Kerns kommt es zu verschiedenen Anzeichen und Symptomen, durch die z. B. Furcht- und Angstreaktionen gekennzeichnet sind.
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von Herzrate und Blutdruck, vermehrtes Schwitzen, eine zunehmende gastrointestinale Aktivität sowie die Ausschüttung von Kortikosteroiden (Morris et al., 1998). Weitere Projektionen von der Amygdala ziehen zum orbitofrontalen Kortex, zum anterioren Zingulum sowie zum insulären Kortex, allesamt Strukturen, die bei der Verarbeitung emotionaler Reize eine zentrale Rolle spielen. Damit wird deutlich, dass die Amygdala zu solchen Zielstrukturen projiziert, die für typische Verhaltensmerkmale der Angst und Furcht relevant sind. Nach LeDoux (1996) besitzt die Amydala eine Schlüsselposition beim Erlernen von Angstreaktionen, d. h. bei der Bildung von Assoziationen von furchtrelevanten Reizen mit spezifischen Verhaltensprogrammen. Dies ist aber nicht die einzige Funktion der Amygdala. In Übersichtsarbeiten von Zald (2003) und Sergerie et al. (2008) finden sich Hinweise auf eine Aktivierung der Amygdala bei negativen Reizen unterschiedlicher Modalität, aber ebenso auch bei positiven emotionalen Reizen, obwohl bei letzteren die Befundlage weniger konsistent ist. Zudem fand sich auch eine Reaktion auf neue Reize, ohne dass diese eine besondere emotionale Bedeutung haben mussten. Mehrere Autoren betonen, dass die amygdalären Strukturen vor allem an der frühen Verarbeitung von Emotionen beteiligt sind (Öhman, 2002). Die MetaAnalyse von Baas et al. (2004) stellte bei emotionalen Prozessen eine vorwiegend linksseitige Aktivierung der Amygdala fest (Verhältnis von links : nicht links beträgt 3,2 : 1; Verhältnis von rechts : nicht rechts beträgt 0,8 : 1). Dieser Seiteneffekt scheint unabhängig zu sein sowohl von der Aufgabe (explizit vs. implizit) als auch vom Stimulusmaterial und nicht mit unterschiedlichen Habituationsraten in der Amygdala in Zusammenhang zu stehen (Baas et al., 2004). Im Gegensatz dazu steht allerdings der Befund von Wager et al. (2003), die diesen Hemisphärenunterschied nur bei negativ-valentem Stimulusmaterial gefunden haben. Die linke Amygdala ist auch stärker aktiviert, wenn Männer neutrale Gesichter von Frauen betrachten (Fischer et al., 2004) und Körperhaltungen wahrnehmen, die Angst ausdrücken (Hadjikhani & Gelder, 2003). Dies sind Hinweise darauf, dass die Amygdala auch an der Regulation des sozialen Verhaltens beteiligt ist. Allgemein lässt sich die Rolle dieser Struktur so charakterisieren, dass sie dazu beiträgt, die Aufmerksamkeit auf affektiv saliente Reize zu richten und Signale auszusenden, um den Verarbeitungsprozess vor allem von solchen Reizen fortzusetzen und zu optimieren, die für das Individuum von Bedeutung sind. Dies wird erreicht über die Herstellung des erforderlichen Vigilanzniveaus und kortikalen Aktivierungsniveaus im Hinblick auf neue, überraschende und zweideutige Reize, die durch die Unbestimmtheit ihrer Kontingenzen charakterisiert sind (Davis & Whalen, 2001; Davidson et al., 2002). Dass das Ausmaß an
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Unbestimmtheit einen Teil der Aversivität von Reizen ausmacht, lässt verstehen, weshalb dieser Struktur – zugegebenermaßen zu Unrecht – in der älteren Literatur eine zentrale Rolle hauptsächlich bei negativen Emotionen zugeschrieben worden ist.
4.2 Insulärer Kortex (Insula) Der insuläre Kortex erhält seine Afferenzen aus dem präfrontalen und orbitofrontalen Kortex, von den parietalen somatosensorischen Arealen, vom Gyrus cinguli, aus den auditorischen Arealen des Temporallappens, von der Amygdala, vom Thalamus, vom Nucleus basalis Meynert sowie vom entorhinalen Kortex. Die Efferenzen der Insula verlaufen zum prä- und orbitofrontalen Kortex sowie zu den motorischen Arealen des Frontallappens, ferner zum superioren Temporallappen, zum anterioren Zingulum, zu den somatosensorischen Arealen des Parietallappens, zur Amygdala, zum Hippokampus, zum Thalamus und schließlich zum Nucleus basalis Meynert (Augustine, 1996). Diese Verbindungen machen deutlich, dass die Insula, ähnlich wie die Amygdala, einen somatosensorischen Integrationskortex bildet. Dabei werden häufig jedoch die gustatorischen Funktionen der Insula hervorgehoben (vgl. Calder et al., 2001). So führt eine direkte elektrische Stimulation dieses Hirnareals beim Menschen zu Übelkeitsgefühlen und unangenehmen Geschmacksempfindungen (Penfield & Faulk, 1955), auch können insuläre Tumore pathologisches Erbrechen hervorrufen (Augustine, 1996). Daneben konnte eine wichtige Rolle der Insula nicht nur bei der gustatorischen und taktilen Reizverarbeitung, sondern auch bei sprachlichen Aufgaben, motorischen Funktionen sowie bei Schmerzen nachgewiesen werden (Augustine, 1996). Aufgrund dieser heteromodalen Funktionalität nimmt Damasio (1999) an, dass die Insula zu einem Netzwerk von Strukturen gehört, in denen sich Repräsentationen des aktuellen inneren Zustands des Organismus befinden, die er zusammen mit anderen Hirnstrukturen als Kernbewusstsein (proto-self ) bezeichnet. Augustine (1996) hingegen schlägt vor, die Insula als einen limbischen Integrationskortex zu verstehen, der sensumotorische Reaktionen auf noxische oder unerwartete Stimuli koordiniert. Neben dieser übergeordneten Funktion wird dem insulären Kortex noch eine spezifische Funktion vor allem im Zusammenhang mit der Verarbeitung von ekelerregenden Reizen zugeschrieben (Phillips et al., 1997, 1998). Ob ihr diese spezifische Funktion tatsächlich zukommt, ist durch neuere Untersuchungen in Frage gestellt worden (Schienle et al., 2002). Aktivierungen der Insula traten nämlich nicht nur bei ekelerregenden Szenen, sondern auch bei
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Furcht einflößendem Bildmaterial auf, so dass der Vorschlag Damasios (1999), in der Insula einen limbischen Integrationskortex zu sehen, an Plausibilität gewinnt.
4.3 Medialer präfrontaler Kortex Der mediale präfrontale Kortex erwies sich nach der Meta-Analyse von Phan et al. (2002) als eine Region, die zwar an der Regulation verschiedener Emotionen beteiligt ist, aber selbst keine emotionsspezifischen Charakteristika besitzt. Ebensowenig fand sich ein Zusammenhang zwischen den verschiedenen Induktionsmethoden und der Aktivierung dieser Region. Unabhängig von spezifischen Emotionen scheint der mediale präfrontale Kortex jedoch an kognitiven Subfunktionen der Emotionsverarbeitung beteiligt zu sein, wie beispielweise an der Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf eine Emotion sowie an der Identifikation und Bewertung von Emotionen (Drevets & Raichle, 1998). Die oben erwähnte Meta-Analyse erbrachte aber erstaunlicherweise keinen Hinweis darauf, dass es im medialen präfrontalen Kortex ähnlich wie beim anterioren zingulären Kortex (s. u.) Subregionen gibt, die speziell an der Verarbeitung von kognitiven und/oder emotionalen Aufgabenkomponenten beteiligt wären. Aufgaben mit und ohne kognitive Anforderung führten gleichermaßen zu Aktivierungen in dieser Hirnregion.
4.4 Orbitofrontaler Kortex Der orbitofrontale Kortex (ventraler Teil des präfrontalen Kortex) umfasst den sekundären und tertiären gustatorischen und olfaktorischen Kortex (Rolls, 1999). Es bestehen Projektionen aus den fünf bekannten Modalitäten, nämlich aus der gustatorischen, olfaktorischen, somatosensorischen, auditorischen und visuellen Sinnesmodalität. Er erhält außerdem noch viszerale sensorische Informationen (Rolls, 2004a, b). Der orbitofrontale Kortex besitzt ferner reziproke Verbindungen zu zahlreichen anderen Hirnstrukturen, wie Amygdala, zingulärer Kortex, Insula, Hypothalamus, Hippokampus, Striatum, periaquäduktales Grau und dorsolateraler präfrontaler Kortex (Kringelbach, 2005). Diese Verbindungen sprechen für die zentrale Rolle, die dieser Region bei der Verarbeitung von Emotionen zukommt. Ähnlich wie bei der Amygdala und der Insula laufen auch hier multimodale sensorische und viszerale Informationen zusammen. Durch die Bahnen, die zur Amydala und zum Hypothalamus ziehen, ist es möglich, dass der orbitofrontale Kortex auch Einfluss auf Regulationsprozesse des autonomen Nervensystems ausübt. Rolls (1999) beschreibt seine Funktion unter einer lerntheoretischen Perspektive. Er ist demnach für rasche Verhaltensänderungen beim Wechsel von Verstärkungskontingenzen zuständig, was
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seine Bedeutung für die Verhaltensregulation unterstreicht. Im Unterschied zur Amygdala, die hauptsächlich an initialen und sehr frühen Lernprozessen beteiligt ist, wirkt der orbitofrontale Kortex insbesondere an einer erneuten und wiederholten Analyse sowie am Wiedererkennen von Belohnungskontingenzen mit. In Übereinstimmung damit stehen klinische Beobachtungen an Patienten mit bilateralen Läsionen dieser Region bzw. des präfrontalen Kortex: Sie haben besonders Schwierigkeiten bei der Antizipation der positiven und negativen Konsequenzen ihres Verhaltens und neigen aus diesem Grund häufig zu sozial auffälligen und unangepassten Reaktionen (Bechara et al., 1994). Davidson et al. (2000) beschreiben den orbitofrontalen Kortex zusammen mit dem dorsolateralen präfrontalen Kortex als Komponente eines Emotion-MotivationsSystems. Während in der rechten Hemisphäre das sogenannte Rückzugsystem (withdrawal-system) lokalisiert ist, das insbesondere bei Angst und Ekel relevant ist, werden in der linken Hemisphäre positive Emotionen verarbeitet, die mit Annäherungsverhalten (approach-system) assoziiert sind. In ähnlicher Weise charakterisiert auch Levenson (1994) den präfrontalen Kortex, indem er ihm eine besondere Bedeutung für die Verhaltenssteuerung und -organisation im Hinblick auf motivationsrelevante Reize zuschreibt. Schließlich betont Damasio (1999) die Brückenfunktion des orbitofrontalen Kortex, der über seine Efferenzen zum Hypothalamus und zur Amygdala zwischen kognitiver Vorstellung und körperlichen Zustandsänderungen vermittelt. Orbitofrontaler Kortex Bestrafung
Belohnung
Abbildung 4: Orbitofrontaler Kortex. Es sind die Regionen markiert, bei denen es unter verschiedenen Verstärkungsbedingungen zu Aktivierungen kommt. Bei Belohnung sind dies vorwiegend die medialen Regionen, bei Bestrafungsreizen dagegen die lateralen Regionen, sowohl auf der linken als auch auf der rechten Seite des orbitofrontalen Kortex.
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Der orbitofrontale Kortex kann im Hinblick auf seine Funktionen noch weiter untergliedert werden (vgl. O’Doherty et al., 2001). Nach der Meta-Analyse von Kringelbach und Rolls (2004, vgl. Abb. 4) ist eine Aktivierung des medialen Bereichs korreliert mit Kontrollfunktionen (monitoring) und Lernprozessen sowie mit der Erinnerung daran, welchen Verstärkungswert ein Stimulus besessen hat. Im Unterschied dazu werden die lateralen Bereiche hauptsächlich durch die Bewertung der Bestrafungskomponenten einer Situation aktiviert, die eine Verhaltensänderung erforderlich macht. Ferner sind komplexe Verstärkungsbedingungen, wie z. B. monetäre Verstärkungsarrangements, eher in den posterioren medialen Regionen repräsentiert, während einfache Verstärker, wie z. B. Futter, die anterioren medialen Regionen aktivieren. Zur Funktion der sensorischen Integration und der Verstärkungsevaluation gesellt sich noch eine hedonische Funktion des medialen orbitofrontalen Kortex. Sie scheint mit dem Grad an Angenehmheit (z. B. von Geschmack, Geruch, Musik; Übersicht vgl. Kringelbach, 2005) korreliert zu sein und zum bewussten Erleben von Lust und Freude beizutragen.
4.5 Zingulärer Kortex Beim zingulären Kortex handelt es sich um einen Gürtel, der sich über das Corpus callosum legt. Er ist entscheidend an emotionalen Prozessen beteiligt. Allerdings gilt dies nicht in seiner Gesamtheit, sondern nur für Subregionen, die sich auf Grund ihrer Zytoarchitektur sowie ihrer Konnektivität mit anderen Hirnarealen klar voneinander unterscheiden lassen. Es gibt dementsprechend verschiedene neurofunktionelle Modelle, die entweder von zwei oder vier funktionellen Subregionen ausgehen. Bei zwei Subregionen unterscheidet man eine mehr rostral gelegene „affektive Region“ und eine „kognitive Region“, die den dorsalen Bereich umfasst (Davidson et al., 2002). Beide Regionen sind im anterioren Zingulum angesiedelt. Die „affektive Region“ ist verbunden mit der Amygdala, dem Nucleus accumbens, dem orbitofrontalen Kortex, der anterioren Insula und verschiedenen Hirnstammkernen. Außerdem gibt es eine Verbindung zum lateralen Hypothalamus, der für die Steuerung autonomer Funktionen zuständig ist. Die „kognitive Region“ des anterioren Zingulums hat Verbindungen zum dorsolateralen präfrontalen Kortex, zum posterioren Zingulum, zum parietalen Kortex sowie zu den motorischen Arealen. Aufgrund dieser Verbindungen wurden für die „affektive Region“ Funktionen postuliert, die an der Regulation von viszeralen und autonomen Reaktionen mitwirken, wie sie auf affektiv bedeutsame Reize, auf Emotionsausdruck und beim Sozialverhalten auftreten. Sie soll auch an der Repräsentation von Konflikten beteiligt sein, die sich aus unterschiedlichen körperlichen Befindenslagen ergeben. Die Rolle der „kognitiven Region“ wird dagegen eher in visuellen Auf-
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merksamkeitsprozessen und in einer adäquaten Reaktionsselektion gesehen, was von einigen Autoren unter dem Begriff des conflict monitoring zusammengefasst wird (Davidson et al., 2002). Zingulärer Kortex und Emotionen A
B
Ärger Trauer
Furcht Freude
Abbildung 5: Neurale Korrelate (Aktivierung) verschiedener Regionen des anterioren zingulären Kortex bei den Emotionen Ärger und Trauer (A) sowie Furcht und Freude (B). Dargestellt sind die Schwerpunkte von insgesamt 27 Studien, bei denen diese Emotionen induziert wurden und sich in den verschiedenen Regionen des anterioren zingulären Kortex Aktivierungen fanden (modifiziert nach Vogt, 2000).
Diese Betrachtungsweise wurde von Vogt (2005) auf Grund seiner neuroanatomischen und funktionalen Untersuchungen auf vier Subregionen erweitert (vgl. auch Abb. 5A, B). Hierzu zählen neben dem anterioren der mediale und posteriore zinguläre Kortex sowie der retrospleniale Kortex. Bei emotionalen Prozessen kommt es hier zu unterschiedlichen Aktivierungen. Während Trauerreaktionen finden sich die Aktivierungen vorwiegend in der subgenualen Region des anterioren Zingulums. Da keine andere Region des Zingulums wie die anteriore so zahlreiche direkte Verbindungen zu den subkortikalen autonomen Strukturen besitzt, wird ihr außerdem die Funktion einer autonomen Integrationsinstanz zugeschrieben. Die zweite Subregion umfasst das prägenuale anteriore Zingulum. Aktivierungen in diesen Teilen treten häufig bei der Emotion Freude auf. Furcht und Angst sind ferner mit Aktivierungen einer dritten Subregion, dem anterioren medialen Zingulum assoziiert. Im Unterschied zu allen anderen zingulären Subregionen erhält dieser Teil insbesondere von der Amygdala einen direkten Input. Die vierte Subregion, die mit emotionalen, aber auch mit nicht emotionalen Prozessen in Zusammenhang zu stehen scheint, ist der ventrale parietale zinguläre Kortex (auch der retrosple-
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niale zinguläre Kortex). Ihm wird die Funktion eines emotionalen Prä-Prozessors zugeschrieben, dessen Rolle darin besteht, die Relevanz eines emotionalen Reizes zu kodieren und dementsprechend den Zugang zu den anderen an der Emotionsverarbeitung beteiligten zingulären Subregionen zu eröffnen. Eine Meta-Analyse von Neuroimaging-Studien (Maddock, 1999) unterstreicht dessen Beteiligung an emotionalen Vorgängen, insbesondere dann, wenn die affektiven Reize eine gewisse Salienz besitzen und mit dem episodischen Gedächtnis interagieren. Andere Autoren sehen im zingulären Kortex eine Brücke zwischen Aufmerksamkeit und Emotion (z. B. Devinsky et al., 1995). Thayer und Lane (2000) beschreiben diese Hirnstruktur darüber hinaus als einen Integrationsort viszeraler, verhaltensbezogener und affektiver Informationen, die bedeutsam für die Selbstregulation und akuten Anpassungsprozesse eines Individuums sind. Schließlich wird dem Modell von Carter et al. (1999) zufolge der anteriore zinguläre Kortex immer dann aktiviert, wenn ein Individuum mit einer Herausforderung konfrontiert wird, bei der ihm mehrere Reaktionsmöglichkeiten zur Auswahl stehen. Zusammenfassend kann der ACC somit als eine wichtige Instanz bei emotionalen Regulationsprozessen gelten, denen die Aufgabe zufällt, das Vorliegen möglicher Konflikte zwischen dem momentanen funktionellen Zustand des Organismus und dem Auftreten externer Stimulation zu identifizieren, um dementsprechend die Aktivität anderer emotions- und motivationsrelevanter kortikaler sowie subkortikaler Strukturen zu modulieren (Davidson et al., 2002).
4.6 Sekundäre Assoziationskortizes Alle genannten Regionen und Strukturen weisen reziproke Verbindungen auf und sind darüber hinaus bidirektional mit heteromodalen Assoziationskortizes verbunden. In den zahlreichen Studien, bei denen Emotionen mit visuellem Stimulusmaterial erzeugt worden sind, kommt dem sekundären visuellen Kortex eine wichtige Rolle zu. Aktiviert werden dadurch der okzipitale Kortex, hauptsächlich die Brodmann Areale 18 und 19 sowie der okzipitale und der fusiforme Gyrus. Nach der Meta-Analyse von Phan et al. (2002) sind dies 60 % der Studien; beim Wiedererinnern von Emotionen bzw. bei akustischer Stimulation lagen die Zahlen bei 29 % bzw. bei 0 %. Das verwendete Bildmaterial ist allerdings sehr unterschiedlich (angenehme vs. unangenehme Bilder oder Filmszenen, emotionale Gesichtsausdrücke usw.). Wenn ausgeschlossen werden kann, dass die Aktivierung in diesen Regionen nicht durch die physikalischen Merk-
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male (z. B. Helligkeit, Farbe, Kontrast) oder die Komplexität des Bildmaterials zustande gekommen ist, muss entschieden werden, in welchem Ausmaß der emotionale Gehalt des Dargebotenen zu diesen Veränderungen geführt hat. Danach ist ferner zu unterscheiden, ob sich in der okzipitalen Aktivierung nur der sensorische Prozess oder bereits das Ergebnis eines emotionalen Bewertungsprozesses, und zwar im Sinne einer Top-down-Regulation, widerspiegelt. Es spricht derzeit viel dafür, dass das Ausmaß an Aktivierung des okzipitalen Kortex zu einem erheblichen Teil nach einem Top-down-Regulationsmuster moduliert wird, insbesondere durch die Einflüsse aus dem Amygdala-Komplex. Anatomisch bestehen nämlich Projektionen von der Amygdala zu allen Instanzen auf dem Wege des ventralen Stroms visueller Informationsverarbeitung, einschließlich des primären visuellen Kortex. Von daher ist es verständlich, dass die Amygdala an der Modulation des visuellen Inputs insofern beteiligt sein kann, als sie den emotionalen Gehalt des Bildmaterials mitkodiert. In 50 % der Studien, die Phan et al. (2002) analysiert haben, trat eine Amygdala-Aktivierung auf, wenn das Stimulusmaterial visuell dargeboten wurde (im Vergleich dazu: 7 % bei Erinnerung an emotionales Erleben, 0 % bei akustischer Stimulation). So wiesen Morris, Friston et al. (1998) mit Hilfe von Regressionsanalysen nach, dass der Aktivierungsgrad der Amygdala auch eine Vorhersage über den Aktivierungszustand des sekundären visuellen Kortex erlaubt. Außerdem ist die neurale Aktivität in dieser Region mit der Salienz bzw. mit der Intensität der dargebotenen Reize positiv korreliert (vgl. dazu auch Phillips et al., 2000). Beide Befunde weisen auf die Vigilanzfunktion des visuellen Assoziationskortex hin, der für eine Steigerung der Aufmerksamkeitsleistung und eine beschleunigte Verarbeitung affektiver Informationen sorgt. Er ist insofern ein wichtiges Eingangstor auf dem Wege zur emotionalen Verarbeitung, als er in Kooperation mit den anderen an der Emotionsverarbeitung beteiligten Strukturen, wie z. B. der Amygdala, eine Grobanalyse affektiv bedeutsamer Reize gewährleistet.
5 Typologie von Emotionen – Beiträge des Neuroimaging Um zu beurteilen, welche Hirnstrukturen an der Entstehung und Verarbeitung von Emotionen beteiligt sind, ist es zunächst wichtig zu wissen, welche Emotionen überhaupt mit bildgebenden Verfahren untersucht worden sind. Auf der deskriptiven Ebene liefern die vorliegenden Meta-Analysen zum Neuroimaging (so genanntes vote counting-Verfahren; Phan et al., 2002; Murphy et al., 2003) einen groben Anhaltspunkt. Untersucht und miteinander verglichen wurden dort die Emotionen Furcht, Ekel, Ärger, Freude und Trauer. Die Methoden, mit denen diese Emotionen erzeugt wurden, sind allerdings sehr unterschiedlich (vgl. Abschnitt 3.2). Dies hat zur Folge, dass die Befundlage äußerst inkonsistent ist. Abbildung 6 zeigt die prozentuale Häufigkeit, mit der in der
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Meta-Analyse von Murphy et al. (2003) bei den genannten Emotionen Aktivierungen in den jeweiligen Hirnregionen festzustellen waren. Demnach wurde relativ häufig (d. h. wenn man ein 50 %-Kriterium zugrunde legt) ein Zusammenhang zwischen Aktivierungen im präfrontalen Kortex und den Emotionen Freude und Trauer gefunden, ferner zwischen Insula/Operculum/Globus pallidus und Ekel sowie zwischen lateralem orbitofrontalem Kortex und Ärger. Der in der früheren Meta-Analyse von Phan et al. (2002) einzige signifikante Zusammenhang zwischen Amygdala-Aktivierung und Furcht ließ sich hier nicht mehr nachweisen. Bei den anderen Emotionen sind die prozentualen Häufigkeiten zu gering, als dass man eindeutige Aussagen über die Beteiligung bestimmter Hirnregionen machen könnte (zur Diskussion der Metanalysen vgl. auch Barrett & Wager, 2006). Eine Typologisierung von Emotionen auf Grund von Neuroimaging-Befunden scheint beim derzeitigen Wissensstand nicht sinnvoll zu sein. Stattdessen soll ihre funktionelle Neuroanatomie im Folgenden auf dem Hintergrund von einzelnen Phänomenbereichen beschrieben werden, zu denen ausreichend empirisches Material vorliegt und bei denen emotionale Prozesse eine funktionale Bedeutung besitzen. Emotionen und aktivierte Hirnstrukturen (Meta-Analyse-Ergebnisse)
Furcht Ekel Ärger Freude Trauer 0
RSACC/DMPFC
Furcht Ekel Ärger Freude Trauer 0
Insula/Operculum 50
100 %
100 %
50
Furcht Ekel Ärger Freude Trauer
Globus pallidus
0
Furcht Ekel Ärger Freude Trauer 0
Lateraler OFC
50
100 %
Furcht Ekel Ärger Freude Trauer 0
50
100 %
Amygdala
50
100 %
Abbildung 6: Prozentuale Häufigkeit, mit der in den 106 Studien, die der Meta-Analyse von Murphy et al. (2003) zugrunde lagen, in den verschiedenen Hirnregionen Aktivierungen auftraten, wenn die Emotionen Furcht, Ekel, Ärger, Freude und Trauer induziert wurden (RSACC: rostraler, anteriorer zingulärer Kortex; DMPFC: dorsomedialer, präfrontaler Kortex; OFC: orbitofrontaler Kortex).
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6 Erkennen von Emotionen: Gesichtsausdruck und Körpersprache Eine der wichtigsten biologischen Funktionen von Emotionen liegt in der Regulation von Kommunikation. Sowohl Tiere als auch Menschen verfügen über ein reiches Repertoire an nonverbalen Kommunikationsmitteln. Vor allem in der Mimik drückt sich der emotionale Zustand eines Menschen aus und steuert so die soziale Interaktion. Zahlreiche Neuroimaging-Studien haben daher Gesichtsausdrücke als Stimulusmaterial verwendet, um jene Hirnregionen zu identifizieren, die an der Erkennung und Induktion von emotionalen Reaktionen beteiligt sind. Es gibt bekanntlich relativ robuste und gut unterscheidbare mimische Merkmale für Emotionen wie Ärger, Angst, Furcht, Traurigkeit, Überraschung und Ekel (vgl. Kappas in diesem Band). Daher stellt sich die Frage, ob ihnen auch ebenso sicher identifizierbare, emotionsspezifische neurale Korrelate zugrunde liegen. Haxby, Hoffmann und Gobbini (2000) beschreiben Hirnstrukturen, die – zunächst unabhängig von den Emotionen – an der Wahrnehmung von Gesichtern beteiligt sind. Zu diesen Strukturen zählen der inferiore okzipitale Gyrus, der laterale fusiforme Gyrus (die sogenannte fusiform face area, FFA) und schließlich der superiore temporale Sulkus. Während der laterale fusiforme Gyrus an der Kodierung der statischen Elemente, d. h. der Identität von Gesichtern beteiligt ist, findet die Kodierung von dynamischen, veränderbaren Elementen wie z. B. der Mimik im superioren temporalen Sulkus statt. In der Regel treten diese Aktivierungen beidseitig auf, es scheint allerdings eine Tendenz zu mehr rechtsseitiger Aktivierung zu geben (Haxby et al., 2000). Adolphs (2002a, b; Adolphs et al., 2005) hat dieses Basissystem um die emotionale Komponente erweitert. Sein System enthält ein „Kernsystem“, in dem schon eine frühe Verarbeitung (0 bis 120 ms nach Reizdarbietung) des Gesichtsausdrucks stattfindet. Dazu zählen neben dem primären visuellen Kortex der Thalamus und die Amygdala. Für die detaillierte Verarbeitung steht ein „erweitertes System“ zur Verfügung, das weitgehend dem von Haxby und seinen Mitarbeitern (2000) postulierten System (superiorer temporaler Sulkus, FFA) entspricht, zu dem aber noch die Amygdala und der orbitofrontale Kortex gezählt werden. Dieses System trägt – etwa 170 ms nach Reizdarbietung – zur Entstehung von emotionalen Reaktionen bei. In einem „kognitiven System“, zu dem die somatosensorischen Kortexareale und die Insula zählen, erfolgt schließlich die Klassifikation des emotionalen Zustandes jener Personen, deren Gesichtsausdruck gerade betrachtet wird. Sollten die Informationen über die Emotionen dieser betreffenden Person nicht ausreichen, werden noch andere Hirnareale und Systeme zusätzlich oder erneut aktiviert, die in Zusammenhang mit emotionaler Verarbeitung stehen, wie z. B. die Amygdala, die Insula und der orbitofrontale Kortex. Bei der Betrachtung von mimischen Angstsignalen kommt es zu einer Aktivitätszunahme im Kerngebiet der Amygdala – im Unterschied zur Betrachtung von
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Gesichtern, die Freude, Ekel oder Ärger ausdrücken oder die affektiv neutral sind (Morris, Friston et al., 1998; Phillips et al., 1997, 1998; Sprengelmeyer et al., 1998). Diese Aktivierungszunahme ist jedoch nicht an die bewusste Wahrnehmung gekoppelt, wie eine Arbeit von Whalen et al. (1998) verdeutlicht, in der maskierte Bilder von angstvollen Gesichtsausdrücken als Stimulusmaterial dienten. Obwohl sich die Probanden bei der Befragung nach dem Experiment nicht mehr erinnern konnten, auch nur ein angstvolles Gesicht gesehen zu haben, kam es zu einer bilateralen Aktivierung der Amygdala. Eine linksseitige Amygdala-Aktivierung trat auf, wenn ängstliche Gesichtsausdrücke mit freudigen oder neutralen verglichen werden sollten (Morris, Friston et al., 1998). Sie war ferner verbunden mit einer Aktivierung in der linken Insula und dem rechten anterioren Zingulum. Neuere Arbeiten berichten allerdings auch von einer Amygdala-Aktivierung, wenn die Gesichter Freude ausdrückten (Killgore & Yurgelun-Todd, 2004). In anderen Untersuchungen wurden die Reaktionen auf Gesichtsausdrücke von Angst und Ärger entweder mit einer impliziten Aufgabe (Unterscheidung des Geschlechts der dargestellten Person) oder einer expliziten Aufgabe (Unterscheidung der Emotion, die das Gesicht ausdrückt) verbunden (Critchley, Daley et al., 2000). Dabei kam es vor allem bei der impliziten Aufgabe zu einer Aktivierung der Amygdala. West et al. (2001) untersuchten die Verarbeitung von emotionalen Gesichtsausdrücken wie Angst, Ärger, Traurigkeit und Freude im Vergleich zu neutralen Gesichtsausdrücken und unkenntlich gemachten Gesichtern. Auch hier fand sich eine starke beidseitige Aktivierung im fusiformen Gyrus und im anterioren medialen Temporallappen, wozu auch die Amygdala gehört. Im Vergleich der emotionalen mit den neutralen Gesichtsausdrücken fanden sie bei Angst eine Aktivierung im linken Gyrus frontalis inferior (BA 47), überraschenderweise aber keine Aktivierung in den limbischen Strukturen. Die an der Verarbeitung von ängstlichen Gesichtsausdrücken beteiligten Hirnregionen interagieren, wie Das et al. (2005) haben zeigen können, in einer sehr spezifischen und dynamischen Weise miteinander. Hierbei übt der präfrontale Kortex, und zwar das anteriore Zingulum, einen modulierenden Einfluss auf die Automatie des rasch arbeitenden thalamo-amygdaloiden „Furchtsystem“ aus. Konnektivitätsanalysen haben gezeigt, dass die Aktivierung sowohl des Thalamus als auch des ventralen Teils des anterioren Zingulums negativ mit der rechten und linken Amygdala-Aktivierung kovariierten. Der Einfluss der dorsalen Subregion blieb dagegen unklar. Beide Teile, die ventrale und dorsale Subregionen, stehen außerdem funktional in unterschiedlicher Weise mit den thalamisch-sensorischen Projektionsbahnen, die an der Verarbeitung von Gesichtern und Furchtreizen beteiligt sind, in Verbindung. Während der dorsale Teil des anterioren Zingulums diese Verbindungen positiv moduliert, ist dies beim ventralen Teil umgekehrt. Dies bedeutet, dass der mediale präfrontale Kortex womöglich eine unterschiedliche Sensitivität aufweist, je nachdem, ob der sensorische Input bzw. die gestellte Aufgabe mehr die emotionalen oder die kognitiven
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Reaktionskomponenten ansprechen. Diese Befunde belegen erneut, dass das anteriore Zingulum in umschriebenen neuroanatomischen Strukturen verschiedene Aufgaben bei der Emotionsverarbeitung erfüllt. Im Gegensatz zu den geschilderten Reaktionen auf Angstmimik führt die Präsentation von prototypischen Gesichtsausdrücken des Ekels häufig zu einer Aktivierungszunahme im Bereich der Insula (Phillips et al., 1997, 1998; Spengelmeyer et al., 1998), während der funktionelle Zustand der Amygdala unverändert bleibt. Dies führt zu der Frage, ob es neuronale Systeme gibt, die auf die Dekodierung des kommunikativen Aspekts von Angst und Ekel spezialisiert sind. Trotz der Vielzahl von Neuroimaging-Studien hierzu wurde bei der Interpretation der Ergebnisse nicht immer genügend Sorgfalt darauf verwandt, die Aspekte der Emotionserkennung und der Emotionsproduktion voneinander zu trennen; denn nicht zwangsläufig muss die Betrachtung und Identifizierung eines mimischen Angst- und Ekelausdrucks auch zum Erleben dieser Emotion führen, was unglücklicherweise in vielen Studien zur funktionellen Bildgebung gleichgesetzt wurde. Insofern lässt sich die Frage nach der Spezifität der funktionellen Neuroanatomie von Gesichtsausdrücken und deren emotionaler Kommunikationsfunktion noch nicht zufriedenstellend beantworten. Emotionsausdruck beschränkt sich bekanntlich nicht nur auf das Gesicht, sondern erfasst in besonderen Fällen (z. B. bei Angst, Aggression) den ganzen Körper. Verglichen mit der Vielzahl an Neuroimaging-Studien zu emotionalen Gesichtsausdrücken gibt es nur einige, die sich mit der emotionalen Körpersprache beschäftigt haben. Die Frage lautet: Laufen bei der Wahrnehmung von Körperbewegungen, die Emotionen ausdrücken, ähnliche neurale Prozesse ab wie bei der Wahrnehmung von Gesichtsausdrücken? Die wenigen Studien zu dieser Frage sprechen eher für eine Ähnlichkeit als für Verschiedenartigkeit (de Gelder, 2006). Die wichtigsten daran beteiligten Strukturen sind ausnahmslos jene, die auch von der Verarbeitung von Furchtreizen her bekannt sind (vgl. hierzu auch Abschnitt 7.1). Einen Verbund von zwei Netzwerken, die an der Verarbeitung von emotionalen Körperausdrücken beteiligt sind, hat jüngst de Gelder (2006) postuliert. Ein erstes, im Wesentlichen reflexartig operierendes, sensorisches System umfasst den Colliculus superior, das Pulvinar, das Striatum und die Amygdala. Das zweite System besteht in einem Netzwerk, das in einer reziproken Beziehung zum ersten System steht. Es umfasst das frontoparietale motorische System und die Verbindungen, die zwischen dem präfrontalen Kortex und der Amygdala bestehen. Außerdem zählen hierzu der laterale Sehrindenkomplex, der superiore temporale Sulkus, der intraparietale Sulkus, der fusiforme Gyrus sowie der prämotorische Kortex. In diesem System wird der affektive Input dekodiert und mit vorangegangenen
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Erfahrungen in Verbindung gebracht. Seine Hauptaufgabe besteht also darin, die „Körpersprache“ im Detail zu analysieren und die möglichen Konsequenzen einer Aktion zu prognostizieren. Beide Systeme haben außerdem Verbindungen zu Hirnstrukturen, die der Wahrnehmung des eigenen Körperzustandes dienen und an Entscheidungsprozessen beteiligt sind. Hierzu zählen der somatosensorische Kortex, die Insula, das anteriore Zingulum sowie der ventromediale präfrontale Kortex.
7 Bedrohung und Emotion Neben der kommunikativen Funktion dienen Emotionen dem Schutz des Organismus und der Abwendung und Vermeidung von Bedrohung und Gefährdung. Zwei Basisemotionen spielen hier eine wichtige Rolle, nämlich FurchtAngst und Ekel. Es sind Emotionen mit negativer Valenz, für die es verschiedene Auslöser gibt. Neuroimaging-Studien verwendeten, um diese Emotionen zu erzeugen, meist Bilder mit ängstlichen Gesichtsausdrücken, Furcht einflößenden Szenen oder ekelerregenden Darstellungen. Eine spezielle Methode aber, um Furcht- und Angstreaktionen zu erzeugen, ist die so genannte Furchtkonditionierung. Sie soll im Folgenden näher beschrieben werden. Daran schließen sich die Befunde zur Emotion Ekel an.
7.1 Aversive Emotionen: Beispiel Furchtkonditionierung Nach dem Prinzip des assoziativen Lernens erwirbt ein bislang harmloser, neutraler Reiz, wenn er mit einem bedrohlichen, aversiven Reiz (unkonditionierter Stimulus, US) gepaart wird, die Funktion eines konditionierten Warnreizes (konditionierter Stimulus, CS). Diesem Prozess der Furchtkonditionierung liegen unbewusste und bewusste Prozesse der Informationsverarbeitung zugrunde, die an spezifische Hirnstrukturen und -funktionen gekoppelt sind. Eine wichtige Rolle spielen hierbei der Amygdala-Komplex und der orbitofrontale Kortex (vgl. die Meta-Analysen von Murphy et al., 2003 und Phan et al., 2002; Zald, 2003). Es ist bekannt, dass Läsionen der Amygdala sowohl die unkonditionierten Anzeichen von Furcht (z. B. Bewegungsstarre, Anstiege von Herzrate und Blutdruck, Schreckreaktion) als auch die konditionierten Reaktionen blockieren und insofern eine Furchtkonditionierung verhindern (Davis, 2001; Fanselow, 1994; Hamm & Weike, 2005; LeDoux, 1996). Bei intaktem Amygdala-Komplex kommt es unter aversiver Konditionierung, sowohl beim Tier als auch beim Menschen, zu einer Aktivierung von zwei, mit unterschiedlicher Geschwindigkeit ablaufenden Verarbeitungsprozessen: Beim ersten rasch ablaufenden Prozess werden die sensorischen Eindrücke über den Thalamus auf direktem Weg in den lateralen Kern der Amygdala projiziert und über den zentralen Kern an die
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bereits beschriebenen, für die Entstehung der bekannten peripherphysiologischen Anzeichen einer Furchtreaktion wichtigen Kerngebiete weitergeleitet (vgl. Abb. 3) (= präattentiver, automatischer Verarbeitungsweg). Daneben bestehen Verbindungen vom Thalamus zum sensorischen Kortex (z. B. zum visuellen Kortex bei Stimulation mit optischen Reizen), von wo aus Rückprojektionen zur Amygdala erfolgen. Dieser zweite Verarbeitungspfad ist elaborierter und verlangt mehr Zeit (= kontrollierter Verarbeitungweg). Er ist im Wesentlichen daran beteiligt, dass die Vigilanz gesteigert, der Aufmerksamkeitsfokus weit gestellt, die furchtauslösenden Reize bewusst verarbeitet und die bedrohungsabwendenden Verhaltensprogramme initialisiert und situationsgerecht präzisiert werden. Im Zusammenhang mit diesen basalen Mustern von Hirnfunktionen ist die Frage nach dem Zeitverlauf dieser Aktivierungsvorgänge von Bedeutung. Untersuchungen zur Furchtkonditionierung haben gezeigt, dass es bei den AmygdalaReaktionen auf den konditionierten Stimulus (CS+) hin zu einer raschen Habituation kommt (Büchel et al., 1998). Abschwächungen der hämodynamischen Reaktion in der Amygdala treten sowohl über die Untersuchungsabschnitte hin auf als auch bei einzelnen Untersuchungsabschnitten von längerer Dauer (Phelps et al., 2001). Dieser Befund muss allerdings in Zusammenhang mit der Konditionierungsmethode, aber auch auf dem Hintergrund von anderen, an der Furchtkonditionierung beteiligten Hirnfunktionen gesehen werden. Wenn nämlich als CS visuelles Material verwendet wird, kommt es in der Regel zu einer Aktivierung des primären visuellen Kortex. Dabei spielt die Amygdala eine modulierende Rolle. Dies ist bereits aus Tierexperimenten bekannt (Amaral et al., 1992; Quirk et al., 1995, 1997). Eine fMRT-Studie von Pessoa et al. (2002) fand mit Hilfe von Konnektivitätsanalysen, dass auch beim Menschen eine differenzielle, d. h. auf den CS+ und CS– unterschiedliche, Interaktion zwischen der Amygdala und dem okzipitalen Kortex stattfindet. Dies wiederum hängt von einer dritten Struktur ab: Nach dem Emotionsmodell von Rolls (1999, 2004b) ist am Assoziationslernen auch der orbitofrontale Kortex beteiligt, der in Verbindung mit dem basolateralen Kern der Amygdala steht. Bei der Furchtkonditionierung kommt es vor einer Amygdala-Aktivierung zu einer konditionierungsspezifischen Aktivierung des orbitofrontalen Kortex, d. h. dass die Hirnfunktion auf den CS+ und den CS– dort unterschiedlich ausfällt. Dies bedeutet, dass dem orbitofrontalen Kortex zu Beginn einer Konditionierungsprozedur die Aufgabe zukommt, die Signal- und Verstärkungsbedeutung von CS+ und CS– zu entdecken. Erst wenn dies geschehen ist und die Folgen (US), die der CS+ ankündigt, erkannt sind, kommt es zu einer Aktivierung der Amygdala, die dann erst ihren modulatorischen Einfluss auf den okzipitalen Kortex entfalten kann (vgl. Tabbert et al., 2005). Diese Sichtweise wird auch durch Befunde aus Tierexperimenten unterstützt (Quirk & Gehlert, 2003; Quirk et al., 2003; Rosenkranz et al., 2003).
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Konditionierte Furchtreaktionen können, wie zahlreiche Experimente an Tieren und Menschen gezeigt haben, auch auf indirektem Wege erworben werden, z. B. dadurch, dass ein aversives Ereignis zwar angekündigt wird, aber nicht eintritt (Antizipation). Auch hier spielt die Amygdala wiederum eine wichtige Rolle. Phelps et al. (2001) fanden, dass die Ankündigung eines elektrischen Reizes zu einer Aktivierung der linken Amygdala führt, die mit der Stärke der neurovegetativen, d. h. der elektrodermalen Reaktion korreliert. Furcht kann auch entstehen, wenn man sieht, dass einer anderen Person Schaden zugefügt wird (Beobachtungslernen). In einem Experiment, in dem die Furchtreaktion entweder durch klassisches Konditionieren oder durch Beobachtungslernen erzeugt wurde, zeigte sich in der letzteren Bedingung ebenfalls eine Amygdala-Aktivierung, allerdings keine uni-, sondern eine bilaterale Aktivierung (Olsson & Phelps, 2004; Phelps, 2006). Dies spricht dafür, dass der beidseitige Amygdala-Komplex, ähnlich wie bei der klassischen Furchtkonditionierung, auch an der Art von Furcht beteiligt sein kann, die durch stellvertretende Erfahrung und Beobachtung einer bedrohlichen sozialen Situation entsteht. Neben der Amygdala sind an der Antizipation und Verarbeitung von aversiven Situationen noch andere wichtige Instanzen beteiligt, die adaptives Verhalten begünstigen. Hierzu zählen insbesondere die Insula, das anteriore Zingulum, der dorsolaterale präfrontale Kortex sowie der schon erwähnte orbitofrontale Kortex. Die ersten beiden Regionen sind wichtig für die Integration von sensorischen, affektiven, kognitiven, autonomen-interozeptiven und motorischen Prozessen. Neuere Untersuchungen messen der Insula eine wichtige Funktion bei der interozeptiven Wahrnehmung während aversiver Situationen bei (vgl. hierzu auch Abschnitt 9). Die Antizipation von aversiven Ereignissen ist, wie Nitschke et al. (2006) gezeigt haben, mit einer Aktivierung in den rostralen Regionen des anterioren Zingulums („affektive Subregion“, s. o.) verbunden. Diese tritt auch auf, wenn schmerzhafte Reize erwartet werden (Ploghaus et al., 2003). Wichtig für die mit der Antizipation einhergehende Vigilanzsteigerung ist auch der rechte dorsolaterale präfrontale Kortex. Aktivierungen in dieser Region sind außerdem mit negativen Emotionen, bedrohlichen Situationen und Angstreaktionen assoziiert. Nitschke et al. (2006) fanden außerdem, dass diese Aktivierungen mit den Angaben der Versuchsteilnehmer korrelierten, wie unangenehm für sie die Antizipationssituation gewesen war. Eine ähnliche, nämlich emotionsspezifische Aktivierung ließ sich dagegen nicht im orbitofrontalen Kortex nachweisen. Hier fielen die Aktivierungsmuster für positive und negative Emotionseinstufungen gleich aus. Dies spricht erneut für die evaluative Funktion dieser Hirnregion im Hinblick auf emotionale Verarbeitung, unabhängig davon, ob es sich um positiv- oder negativ-valente Emotionen handelt. Die genannten Instanzen lassen sich einem neuralen Netzwerk zuordnen, das aktiviert wird, wenn eine Gefahr droht und nach Möglichkeiten gesucht wird, dieser wirkungsvoll zu begegnen. Dies ist allerdings nur die eine Seite der Medaille. Untersuchungen mit fMRT
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lassen bedauerlicherweise, wie eingangs erwähnt, auf Grund der Anfälligkeit für Bewegungsartefakte keine Manipulation der Effektorseite, nämlich der motorischen Reaktionen, z. B. in Form von offenem Vermeidungsverhalten, zu.
7.2 Aversive Emotionen: spezifische Phobien Zu spezifischen Phobien (vgl. Alpers, Meyer, Mühlberger & Pauli in diesem Band und die Übersichtsarbeit von Etkin & Wager, 2007) liegen zahlreiche Neuroimaging-Studien vor, deren Hauptinteresse meist der Amygdala galt. Obwohl dieses Kerngebiet an der Entstehung furchtrelevanten Verhaltens beteiligt ist, liegen mehrere Studien vor, die die zentrale Rolle der Amygdala bei spezifischen Phobien in Frage gestellt haben (z. B. Wright et al., 2003). Der Grund hierfür liegt möglicherweise darin, dass sich die Symptomprovokation mit Hilfe von phobischen Reizen über einen zu langen Zeitraum erstreckte, so dass Habituation, Antizipation oder Bewältigungsstrategien ihre Wirkung entfalten konnten, was dann zu einer Abschwächung der raschen und frühen Amygdala-Antwort geführt haben könnte. Wird diese methodische Schwäche durch ein „event-related“ Design vermieden, finden sich die erwarteten Amygdala-Aktivierungen. Dilger et al. (2003) konnten zeigen, dass es bei Patienten mit einer Spinnenphobie zu einer deutlichen Aktivierung der Amygdala nur dann kommt, wenn sie phobierelevante Bilder dargeboten bekamen, nicht aber bei potenziell Furcht einflößenden oder neutralen Bildern. Eine Studie aus derselben Arbeitsgruppe (Straube, Mentzel et al., 2006) konnte diesen Befund erhärten und die Beteiligung der Amygdala an unterschiedlichen Prozessen der Informationsverarbeitung (automatisch vs. direkt) von phobischem Material noch weiter aufschlüsseln. Die Patienten zeigten bei Spinnenbildern im Vergleich zu Kontrollbildern (z. B. Pilze) eine stärkere linksseitige Aktivierung in der Amygdala, in der Insula, im anterioren Zingulum sowie im dorsolateralen präfrontalen Kortex. Die Hyperreaktiviät der Amygdala auf phobische Reize ist offensichtlich bei dieser Form von Angststörung ein zentraler Mechanismus zur raschen Verarbeitung von furchterregenden Reizen, wenn diese außerhalb des augenblicklichen Aufmerksamkeitsfokus liegen (vgl. hierzu Miltner et al., 2004; Straube & Miltner, 2006). Die Aktivierung der anderen oben genannten Hirnregionen scheint einen späteren Prozess abzubilden, der im Wesentlichen für die bewusste und kontrollierte Verarbeitung zuständig ist. Die rasche Antwort der Amygdala auf phobische Reize beeinflusst auch visuelle Areale (z. B. den fusiformen Gyrus) und übt auf sie im Sinne einer Neuromodulation einen bahnenden Einfluss aus, wodurch die Kapazität für die visuelle Identifikation und Analyse von bedrohlichen Reizen zunimmt (Straube, Mentzel et al., 2006). Die an der Verarbeitung von bedrohlichen und phobierelevanten Reizen beteiligten Hirnareale haben Schienle, Schäfer, Walter et al. (2005) noch weiter aufgeschlüsselt. Betrachten Spinnenphobikerinnen Bilder von Spinnen, so treten im
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Vergleich zu affektiv neutralen Szenen (Naturszenen, Haushaltsgegenstände) Aktivierungen in Strukturen auf, die an der Analyse der Reizsalienz (visueller Assoziationskortex, Amygdala, orbitofrontaler Kortex), an der Vorbereitung der Fluchtreaktionen (supplementäres motorisches Areal, Zerebellum) und an Gedächtnisprozessen (Hippokampus, dorsolateraler präfrontaler Kortex) beteiligt sind. Inwiefern diese Aktivierungsmuster veränderbar sind, haben erste Studien zur Expositionstherapie bei Patienten mit Sozialphobie (vgl. Furmark et al., 2002) und mit Spinnenphobien gezeigt (Paquette et al., 2003; Straube, Glauer et al., 2006). Änderungen ergaben sich vor allem im präfrontalen Kortex, nämlich im anterioren Zingulum, im medialen orbitofrontalen Kortex, in der Insula sowie im dorsolateralen präfrontalen Kortex. Sie sprechen – bei vorsichtiger Interpretation – dafür, dass durch die systematische und wiederholte Konfrontation mit dem gefürchteten Objekt neben einer Abschwächung der Reizsalienz und der Erregungskomponente (Aktivierungsabnahme im insulären und zingulären Kortex; vgl. Straube, Glauer et al., 2006) vor allem eine Neuoder Umbewertung des affektiven Gehalts des phobischen Reizes stattfindet (vgl. hierzu auch Schienle & Schäfer, 2006).
7.3 Aversive Emotionen: Ekel In der Emotionsforschung wird Ekel, ähnlich wie Furcht und Angst, als eine Basisemotion beschrieben. Evolutionsbiologisch betrachtet ist es ein kulturinvarianter, aversiver Affektzustand, der der Zurückweisung von gesundheitsschädigenden und lebensbedrohlichen Speisen dient. Er lässt sich psychophysiologisch und mimisch hinlänglich genau von Furcht- und Angstreaktionen unterscheiden (Einzelheiten hierzu bei Vaitl et al., 2005). Inwieweit allerdings eine ähnliche Differenzierungsmöglichkeit auch im Bereich der funktionalen Neuroanatomie besteht, wird erst seit kurzem diskutiert. Anlass dazu war die Behauptung, dass die Amygdala primär an Furcht- und Angstreaktionen beteiligt sei, während der insuläre Kortex eine ähnlich zentrale Rolle beim Ekel spiele (vgl. hierzu Calder et al., 2001). Phillips et al. (1997) fanden eine Aktivierung des insulären Kortex und der Basalganglien als Reaktion auf Gesichter, die Ekel ausdrückten. Diesen Befund konnten Sprengelmeyer et al. (1998) replizieren. Phillips et al. (1998) sowie Wicker et al. (2003) schlossen daraus, dass es sich bei der Insula um eine Hirnregion handele, die spezifisch an Ekelreaktionen beteiligt sei. Diese Sichtweise musste in der Zwischenzeit allerdings revidiert werden, da sich die Befunde häuften, die gegen eine solche Spezifität sprechen. Es waren vor allem die Arbeiten von Schienle und ihren Mitarbeitern (Schäfer et al., 2005; Schienle et al., 2002, 2003, 2005a–c, 2006; Schienle, Schäfer, Walter et al., 2005; Stark et al., 2003), die zeigten, dass die Insula nicht immer an Ekelprozessen beteiligt sein muss und außerdem an der Steuerung der Ekelreaktionen noch verschiedene andere neurale Netzwerke mitwirken. Hierzu zählen
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die okzipitotemporalen und parietalen Hirnregionen, der orbitofrontale Kortex (vgl. hierzu auch Phan et al., 2002) und nicht zuletzt auch die Amygdala. Sie gehören zu einem neuralen System, das generell an der Verarbeitung von affektiven Reizen beteiligt ist. Ob und inwieweit sie aktiviert werden, hängt weitgehend vom Stimulusmaterial ab (vgl. hierzu Schienle et al., 2006). So rufen beispielsweise Bilder von Verletzungen oder von verschmutzten Gegenständen gleichermaßen Aktivierungen in der Amygdala und im orbitofrontalen Kortex hervor, nicht aber in der Insula. Unterschiede zwischen diesen beiden Formen der Ekelprovokation ergaben sich in den parietalen Kortexarealen; diese wurden stärker durch Verletzungs- als durch Verunreinigungsbilder aktiviert, was an der größeren Attraktivität von körperlichen Verunstaltungen liegen mag. Aber nicht nur das Stimulusmaterial entscheidet über die neuralen Reaktionsmuster, sondern auch Persönlichkeitsmerkmale. So zeigte sich, dass das Ausmaß an rechtsseitiger Amygdala-Aktivierung mit der Ekelsensitivität korreliert war, wenn die Untersuchungsteilnehmer ekelerregende Bilder sahen (Schienle et al., 2005c). Eine ähnliche positive Korrelation fanden auch Stark et al. (2005) mit der Ekeldimension „Verdorbenes“. Furcht und Ekel spielen als Basisemotionen vor allem bei Zwangsstörungen eine große Rolle. In Fragebogenuntersuchungen fand sich ein Zusammenhang zwischen Ekelsensitivität und der Tendenz zu Zwangsgedanken und -handlungen (Schienle et al., 2003). So lag es nahe, nach jenen Aktivierungsmustern zu suchen, die symptomspezifisch sind, d. h. die dann auftreten, wenn die Patienten z. B. mit Bildern von Situationen konfrontiert werden, die ihre Zwangssymptomatik auslösen (individual-spezifische Symptomprovokation). Nach Schienle et al. (2005a) erwiesen sich der linke Nucleus caudatus, der rechte superiore parietale Gyrus sowie der bilaterale angulare Gyrus als störungsspezifisch und mit der klinischen Symptomatik korreliert. Der gegenwärtige Kenntnisstand zur funktionellen Neuroanatomie von Zwangsstörungen lässt sich folgendermaßen beschreiben: Bei dieser Störung kommt es zu einer Dysfunktion in den Strukturen der Basalganglien sowie im Nucleus caudatus, anterioren Zingulum, orbitofrontalen Kortex und im Thalamus. Im Gegensatz dazu sind die Befunde zur Aktivierung der Insula, der Amygdala, des dorsolateralen präfrontalen Kortex und der okzipito-parietalen Hirnregionen inkonsistent. Erstaunlicherweise fanden sich im Hinblick auf die Basisemotionen Ekel und Furcht keine Geschlechtsunterschiede in den Hirnaktivierungsmustern (Schienle et al., 2005b; vgl. auch Wager et al., 2003). Diese Befunde legen das Konzept eines integrativen neuralen Verarbeitungssystems für emotionale Reize nahe, bei dem emotionsunspezifische Komponenten wie Aktivierungsniveau, Salienz der Reize und Aufmerksamkeitsregulation eine Rolle spielen. Dies trifft glei-
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chermaßen für Reize mit negativer wie positiver Valenz zu. Welche funktionalneuroanatomischen Besonderheiten sich bei positiv-valenten Reizen und Situationen ergeben, behandelt der nächste Abschnitt.
8 Positiv-valente Emotionen 8.1 Appetente Emotionen: Nahrungsaufnahme Nahrungsaufnahme ist als eine der vitalsten Aktivitäten des Organismus in der Regel von angenehmen Gefühlen und Emotionen begleitet. Wie die physikalischen Merkmale von Nahrungsmitteln (z. B. Geruch, Geschmack, Aussehen, Textur) und die Nahrungsaufnahme selbst (z. B. Umgebungsbedingungen) im Gehirn verarbeitet werden, ist an Primaten intensiv untersucht worden (vgl. hierzu Rolls, 1999). Im Vergleich dazu gibt es nur wenige Studien zu appetitiven Prozessen beim Menschen und deren neuronalen Korrelaten. Außerdem ist noch unklar, wie die emotionalen Prozesse mit der Verarbeitung nahrungsspezifischer chemosensorischer Stimulation gekoppelt sind und sich gegenseitig beeinflussen. Erste Befunde deuten darauf hin, dass der orbitofrontale Kortex, die Amygdala sowie die primären Geschmacksareale der Insula an der Kodierung z. B. von salzigem und süßem Geschmack beteiligt sind (O’Doherty et al., 2001). Dass diese Regionen geschmackssensitiv sind, ist bereits aus Tierstudien bekannt (Rolls, 1999). Unabhängig von ihrer Geschmacksqualität ändern Nahrungsmittel als solche (z. B. bei Betrachtung oder bei Berührung) die Hirnfunktionen. Im Vergleich zu nahrungsunabhängigen Stimuli traten bei Nahrungsmitteln stärkere Aktivierungen im anterioren Zingulum, im superioren temporalen und parahippokampalen Gyrus, im Hippokampus und in der Insula auf (St-Onge et al., 2005). Da sich die Verstärkungsqualität von Nahrungsmitteln ändern kann, je nachdem ob sie im Hunger- oder im Sättigungszustand präsentiert werden, sind entsprechende Änderungen der Hirnfunktionen zu erwarten. LaBar et al. (2001) fanden, dass Bilder von Nahrungsmitteln, wenn sie hungrigen Probanden dargeboten wurden, zu stärkerer Aktivierung in der Amygdala, im parahippokampalen Gyrus und im anterioren fusiformen Gyrus führen als im Zustand der Sättigung. Die zustandsabhängige Aktivierung dieser Hirnstrukturen generalisierte dagegen nicht auf Objekte, die hinsichtlich ihres motivationalen Gehalts irrelevant waren. Die zahlreichen Verbindungen von der Amygdala zum sensorischen Assoziationskortex, zum Hypothalamus und zu den Regionen viszeroautonomer Repräsentationen (z. B. zur Insula) legen nahe, dass sie eine wichtige Integrationsinstanz darstellt, wenn primäre Verstärker mit dem augenblicklichen interozeptiven Status in Verbindung zu bringen sind (= Abgleichfunktion). Nach neueren Befunden scheint diese Abgleichfunktion bei positiven Reizen stärker auf die Intensität als auf die Valenz von Geschmacksreizen (Small et al., 2001) und Gerüchen (Anderson et al., 2003) anzusprechen.
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Nach tierexperimentellen Befunden spielt bei derartigen integrativen Prozessen wiederum der orbitofrontale Kortex insofern eine wichtige Rolle, als einmal seine primären Geschmacksareale und chemosensorischen Regionen durch den Sättigungsgrad moduliert werden und er außerdem in Verbindung mit den basolateralen Kerngebieten der Amygdala an der Devaluation von Reizen beteiligt ist, die ursprünglich Verstärkerqualitäten besaßen (O’Doherty et al., 2000). Als Probanden aufgefordert wurden, soviel Schokolade zu essen, bis sie ihnen widerstand, zeigten sich in einer PET-Studie (Small et al., 2001) in diesen Strukturen charakteristische Veränderungen. Hatten die Probanden zu Beginn des Experiments noch Lust auf Schokolade (positive Verstärkung), kam es zu Aktivierungen im caudomedialen orbitofrontalen Kortex, in der Insula/Operculum, im Striatum und im Mittelhirn sowie in der Subcallosum-Region. War der Sättigungsgrad erreicht oder gar überschritten, verschob sich das Aktivierungsmuster vom caudomedialen auf den caudolateralen orbitofrontalen Kortex, auf den parahippokampalen Gyrus und auf die präfrontalen Regionen. Dies sind erste Hinweise darauf, dass diese Hirnregionen beim Menschen an der Modulation der chemosensorischen Areale beteiligt sind und ihre Aktivierungsmuster ändern, je nach augenblicklicher Verstärkerqualität und Motivationslage (Hunger vs. Sättigung oder Appetenz vs. Aversivität). Diese Strukturen werden auch angeregt, wenn die Speisen nicht direkt konsumiert, sondern lediglich beschrieben werden. Sowohl die Amygdala als auch der orbitofrontale Kortex waren aktiviert, wenn es sich um bevorzugte Speisen handelte (Arana et al., 2003). Dies ist erneut ein direkter Hinweis darauf, dass diese Hirnregionen die Verstärkungsqualität von Reizen kodieren. Indirekte Hinweise darauf, welche neurofunktionellen Prozesse an der Nahrungsaufnahme beteiligt sind, ergeben sich aus klinischen Studien zu Essstörungen (Anorexia nervosa, Bulimia nervosa, Fressattacken (binge eating); Übersicht vgl. Frank et al., 2004). So vielversprechend dieser Zugang auch unmittelbar erscheinen mag, ist er doch nur von begrenztem Aussagewert; denn bei diesen klinischen Störungen ist in der Regel mit einer Konfundierung der funktionellen Auffälligkeiten mit strukturellen Veränderungen zu rechnen. NeuroimagingStudien zur Anorexia nervosa haben gezeigt, dass es während der akuten Krankheitsphase neben metabolischen, zerebrovaskulären und Neurotransmitterveränderungen auch zu Volumenabnahmen in der grauen und sehr wahrscheinlich auch in der weißen Substanz kommt, die sich allerdings bei Gewichtszunahme wieder zurückbilden (Frank et al., 2004). Studien zur funktionellen Neuroanatomie fanden unter Ruhebedingungen Veränderungen in frontalen und parietalen Bereichen des Gehirns (Naruo et al., 2001). Werden anorektische Patientinnen in der Weise provoziert, dass man ihnen Nahrungsmittel zeigt, die sie verschmähen, findet sich bei ihnen im Vergleich zu gesunden Personen eine Aktivierungszunahme in den medialen präfrontalen Regionen und im anterioren Zingulum, während es im inferioren Parietallappen zu einer Aktivierungsabnahme
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kommt. Dies gilt allerdings nur für die Patientinnen, die wieder an Gewicht zugenommen hatten. Sie unterschieden sich von den chronisch kranken Patientinnen durch eine erhöhte Aktivierung im rechten lateralen präfrontalen Kortex und im anterioren Zingulum (Uher et al., 2003). Da sich diese Reaktionen nicht durch allgemein aversive Reize auslösen ließen, scheinen sie in diesem Fall nahrungs- bzw. symptomspezifischer Natur zu sein und von einem neurofunktionellen System der Nahrungsaufnahme reguliert zu werden. Da sich durch eine Symptomprovokation Aktivierungssteigerungen im medialen präfrontalen Kortex nicht nur bei anorektischen Patientinnen hervorrufen ließen, sondern auch bei Patientinnen mit Bulimie, vermuten Uher und seine Mitarbeiter (Uher et al., 2004), dass es sich hierbei um ein für Essstörungen spezifisches neurales Korrelat handele. Der mediale präfrontale Kortex kodiert dabei vermutlich sowohl die emotionale Valenz von Reizen als auch die entsprechende Verhaltensantwort in Form von Nahrungsverweigerung und ähnlichen Vermeidungsstrategien (Bechara et al., 2000). Das bei den essgestörten Patientinnen ebenfalls durch Symptomprovokation stärker aktivierbare anteriore Zingulum ist sehr wahrscheinlich beteiligt an Prozessen der Selbstbeobachtung, der Konfliktlösung und der verstärkerbezogenen Entscheidung (Bush et al., 2000; Carter et al., 1998, 1999).
8.2 Positiv-valente Emotionen: sexuelle Reaktionen Hier stellt sich die Frage, ob an der Verarbeitung von positiven Emotionen andere Hirnregionen beteiligt sind als die, die bereits von den negativen Emotionen her bekannt sind. Ein Vergleich der bisherigen Befunde lässt den Schluss zu, dass es zahlreiche Hirnstrukturen gibt, die sowohl an negativen als auch an positiven Emotionen beteiligt sind (Stark et al., 2005). Bei positivem, vor allem bei erotischem Bildmaterial, kommt es ähnlich wie bei Bildern mit negativer Valenz zu einem Aktivierungsanstieg in den okzipital-parietal-temporalen Regionen (Arnow et al., 2002; Bradley et al., 2003; Karama et al., 2002; Park et al., 2001; Redouté et al., 2000), in der Insula (Arnow et al., 2002; Karama et al., 2002; Park et al., 2001; Redouté et al., 2000), im anterioren Zingulum (Arnow et al., 2002; Karama et al., 2002; Park et al., 2001; Rauch et al., 1999; Redouté et al., 2000) und im präfrontalen Kortex (Arnow et al., 2002; Karama et al., 2002; Lane et al., 1997; Redouté et al., 2000). In den subkortikalen Arealen traten Aktivierungsteigerungen in den Basalganglien (Arnow et al., 2002; Karama et al., 2002; Park et al., 2001; Redouté et al., 2000), im Thalamus (Lane et al., 1997; Rauch et al., 1999), in der Amygdala (Beauregard et al., 2001; Breiter et al., 1996; Karama et al., 2002; Schneider et al., 1997), im Hypothalamus (Beauregard et al., 2001; Lane et al., 1997) und im Hirnstamm (Lane et al., 1997; Rauch et al., 1999) auf. Diese Hirnregionen sind mit denen identisch, die auch durch Bilder mit negativer Valenz aktiviert werden.
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Hier stellt sich nun erneut die Frage, ob es überhaupt Hirnstrukturen gibt, die für die Verarbeitung von positiven Emotionen spezifisch sind. Oder: Ist fehlende Spezifität das Resultat unzulänglicher Methodik? Auch bei der Induktion positiver Emotionen durch sexuelle Erregung gibt es große Methodenunterschiede. So wurde sexuelle Erregung beispielsweise hervorgerufen durch Filmsequenzen (Bocher et al., 2001), statische erotische Szenen (Bradley et al., 2003; Stark et al., 2005), instruktionsgebundene Vorstellungsinduktion (Rauch et al., 1999) oder durch manuelle sexuelle Stimulation (Holstege et al., 2003). Die Literatur zeigt, dass nur selten zwischen verschiedenen Arten positiver Reize unterschieden wurde. Vielmehr wurden meist nur solche Reize ausgewählt, die als erregend eingestuft wurden und hohe Werte auf der Skala der positiven Valenz (entsprechend dem dimensionalen Emotionsmodell) besaßen, wie z. B. erotische Szenen, Bilder von Babys oder Sportbilder. Geht man davon aus, dass nicht nur die Erregungsund Valenzdimension, sondern auch die auf diesen Bildern dargestellten Inhalte einen Einfluss auf die emotionalen Reaktionen haben, erscheint es sinnvoll, statt inhaltlich heterogener weitgehend homogene Stimuli zu verwenden. Bei erotischem Bildmaterial kann eine inhaltliche Homogenisierung im Hinblick auf die sexuellen Präferenzen der untersuchten Personen erfolgen: Erotisches Bildmaterial, das einen Sadomasochisten oder einen Homosexuellen erregt, wird höchstwahrscheinlich verschieden sein von dem, das Menschen stimuliert, die diese Neigungen nicht haben. Bei dem einen kann ein und dasselbe Bildmaterial positive Emotionen (z. B. sexuelle Erregung), bei dem anderen dagegen negative Emotionen (z. B. Ekel) hervorrufen. Stark et al. (2005) bedienten sich dieses differentialpsychologischen Unterscheidungsmerkmals und untersuchten Sadomasochisten und Homosexuelle. Personen ohne diese sexuellen Präferenzen dienten zum Vergleich. Abbildung 7 gibt die Hirnregionen wieder, in denen bei den entsprechenden Gruppen stärkere Aktivierungen auftraten. Hier zeigt sich deutlich, wie unterschiedlich die Aktivierungsmuster (hier: die Anzahl der beteiligten Hirnregionen) bei den verschiedenen Gruppen von Personen mit unterschiedlichen sexuellen Präferenzen sind. So werden beispielsweise durch homoerotische Bilder fast sämtliche Hirnareale von Homosexuellen aktiviert, die nur irgendwie an emotionalen Prozessen beteiligt sind, während sich durch diese Bilder bei Heterosexuellen keine Aktivierungen hervorrufen ließen (vgl. Abb. 7b). Ein ähnliches Bild zeigen Sadomasochisten (vgl. Abb. 7a). Die Unterschiede zu Personen, die diese sexuellen Präferenzen nicht haben, kommen wahrscheinlich dadurch zustande, dass die Bilder bei den Sadomasochisten und Homosexuellen Gefühle, Imaginationen sowie Erinnerungen an entsprechende Situationen und Erfahrungen mit den sexuellen Praktiken hervorrufen, die sie gewohnt sind und die ihnen sexuelle Lust verschaffen. Die hämodynamischen Reaktionen dieser Personengruppen auf erotisches und ekelerregendes Bildmaterial zeigen folgendes Bild: Es gibt wiederum limbische
Funktionelle Neuroanatomie b) Homo-Bilder
a) SM-Bilder Hirnstruktur medialer orbitofrontaler Kortex
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nonSM
SM
Heteromänner
✓
Homomänner
✓ ✓
anteriorer zingulärer Kortex
✓
posteriorer zingulärer Kortex
✓
Insel
✓
✓
Nucleus accumbens
✓
✓
Thalamus
✓
✓
Amygdala
✓
✓
Hypothalamus
✓
✓
Hirnstamm
✓
✓
✓
Abbildung 7: Übersicht über die Hirnregionen, die durch erotisches Bildmaterial bei Personen mit unterschiedlichen sexuellen Präferenzen (Sadomasochismus und Homosexualität) aktiviert werden. a) Betrachten Sadomasochisten (SM) Bilder mit sadomasochistischen Darstellungen, kommt es im Vergleich zu Personen ohne diese sexuelle Präferenz (nonSM) zu einer Aktivierung fast sämtlicher Hirnareale, die an der Verarbeitung von Emotionen beteiligt sind. b) Ein ähnliches Bild zeigt sich, wenn homosexuelle Männer Bilder mit homoerotischen Darstellungen betrachten. Auch hier werden sämtliche an der Emotionsverarbeitung beteiligten Hinrareale aktiviert.
und extralimbische Strukturen, die in vergleichbarer Weise sowohl von erotischen als auch von ekelerregenden Szenen angeregt werden, wobei die erotischen Bilder zusätzlich zu einer Aktivierung im ventralen Striatum führten. Die an beiden Emotionslagen beteiligten Hirnstrukturen sind der Okzipitallappen, der Thalamus, der Hippokampus und die Amygdala. Diese Systeme sind dafür bekannt, dass sie als frühe Relaisstationen des visuellen Stroms (Thalamus, Striatum, extrastriatale Areale des Okzipitallappens) an der Verarbeitung von Reizen beteiligt sind, die in der Amygdala und im Hippokampus als salient kodiert worden sind (vgl. Amaral et al., 1992; LeDoux, 1996). Bei erotischem Bildmaterial kommt es außerdem zu einer spezifischen Aktivierung, die im ventralen Striatum lokalisiert ist, das den Nucleus accumbens mit einschließt. Er stellt bekanntlich eine zentrale Struktur im menschlichen Belohnungssystem dar (vgl. Burgdorf & Panksepp, 2006; Ikemoto & Panksepp, 1999; Kirsch et al., 2003), ist am Erlebnis von Freude und Lust beteiligt und spielt eine zen-
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trale Rolle bei der Entwicklung von Suchtverhalten (Berridge, 2003). Dies zeigte sich sehr deutlich in einer Studie von Stark und Kargerer (2007) an homo- und heterosexuellen Männern, die homo- und heteroerotische, ekelerregende und neutrale Bilder dargeboten bekamen. Während die erotischen Bilder je nach sexueller Orientierung als positiv eingestuft wurden, zeigten nur die homosexuellen Untersuchungsteilnehmer bei der Betrachtung homoerotischer Szenen einen deutlichen Aktivierungsanstieg im ventralen Striatum. Unabhängig von den sexuellen Präferenzen korrelierte das Ausmaß an sexueller Erregung mit dem Aktivierungsgrad im ventralen Striatum und im ventromedialen orbitofrontalen Kortex. Diese Befunde unterstreichen erneut die Existenz eines ausgedehnten neuralen Netzwerkes, das in gleicher Weise an der Verarbeitung von positiven wie auch von negativen Emotionen beteiligt ist. Der positive Verstärkungswert, der den individuellen sexuell erregenden Szenen in spezifischer Weise zukommt, hängt demnach mit der Aktivierung im ventralen Striatum (Nucleus accumbens) und im ventromedialen orbitofrontalen Kortex zusammen.
9 Emotionen und ihre peripherphysiologischen Reaktionen Emotionen sind neben charakteristischen Verhaltens- und Erlebnisweisen auch durch peripherphysiologische Reaktionen gekennzeichnet, die über efferente Bahnen vom autonomen Nervensystem gesteuert werden, wie z. B. die kardiovaskulären, vasomotorischen, gastrointestinalen und elektrodermalen Reaktionen (vgl. Stemmler, Kap. 8 in diesem Band). Die Frage ist hier, in welcher Weise regionale Hirnaktivitäten mit diesen peripherphysiologischen Reaktionen verbunden sind und welchen regulatorischen Einfluss sie auf diese Reaktionsmuster haben. Es ist bekannt, dass es von den zentralen Kerngebieten der Amygdala zahlreiche Verbindungen zu unterschiedlichen Zielregionen im Gehirn gibt (vgl. Abb. 3), von denen aus das gesamte Muster an autonomen und neuroendokrinen Reaktionen in Gang gesetzt wird, das beispielsweise von Furcht- und Angstreaktionen her bekannt ist. Neben der Amygdala gilt der anteriore zinguläre Kortex ebenfalls als eine wichtige neuronale Regulationsinstanz für autonome Reaktionen. Seine Pyramidenregionen projizieren direkt und indirekt in subkortikale Regionen, die an der Homöostase und Kontrolle autonomer Funktionen beteiligt sind, wie z. B. den Hypothalamus (Ongur et al., 1998), das periaquäduktale Grau (An et al., 1998) und die graue Substanz in der Brückenregion (Vilensky & van Hoesen, 1981). Das anteriore Zingulum ist beim Menschen auf das engste mit zahlreichen affektiven und neuroregulatorischen Prozessen verknüpft, wie z. B. der Schmerzwahrnehmung (Büchel et al., 2002), der Atmung (Liotti et al., 2001), der neuronalen Repräsentation von somato- und viszerosensorischen (Aziz et al., 2000; Büchel et al., 2002) und autonomen Aktiviertheitszuständen (Critchley, Corfield et al., 2000; Critchley, Daley et al., 2000; Critchley et al., 2001a, b; Critchley, Melmed et al., 2001). Eine enge Verbindung scheint außerdem zwi-
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schen dem anterioren Zingulum und den kardiovaskulären und elektrodermalen Reaktionen zu bestehen. Critchley et al. (2003) vermuten, dass die Aktivität vor allem der dorsalen Regionen einen Einfluss auf die sympathischen Regulationsprozesse ausübt, was dann zu den bekannten peripherphysiologischen Reaktionen führt. Darüber hinaus sind an der Steuerung der elektrodermalen Reaktionen noch andere Hirnareale beteiligt, wie z. B. der ventromediale präfrontale Kortex, die Insula sowie die parietalen Kortexareale (Critchley, Corfield et al., 2000). Afferente Signale aus dem Körperinneren spielen ebenso wie efferente Signale eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Emotionen. Bislang ist noch wenig über die kortikalen und subkortikalen Strukturen bekannt, die an der Interozeption beteiligt sind. Die naheliegende Frage ist hier, wo und wie die viszerosensorischen Signale verarbeitet werden. Die Antwort auf diese Frage hängt wiederum von der Methode ab, mit der interozeptive Prozesse untersucht werden. Eines der am häufigsten verwendeten Verfahren ist das der Wahrnehmung der Herztätigkeit (im Folgenden als Herzwahrnehmung bezeichnet). Es ist bekannt, dass die kardiopulmonalen Mechanorezeptoren über afferente Vagusstränge in den Nucleus tractus solitarii projizieren, von wo aus sie über den Nucleus parabrachialis zu höheren Zentren wie den Hypothalamus, den Thalamus und den zerebralen Kortex weitergeleitet werden. Hierzu zählt auch der insuläre Kortex als wichtiges Projektionsfeld für viszerosensorische Signale aus dem Körperinneren (Craig, 2002, 2003; Saper, 2002). Wenn sich Versuchsteilnehmer auf ihre Herztätigkeit konzentrieren, kommt es, wie Critchley et al. (2004) zeigen konnten, zu Aktivierungen in der Insula, im somatomotorischen Kortex sowie im anterioren Zingulum. Die Insula ist nach neueren Vorstellungen der Ort, an dem zahlreiche afferente und somatosensorische Signale, u. a. auch aus dem kardiovaskulären System, integriert werden, weshalb sie auch als „primärer somatosensorischer Kortex“ bezeichnet wird (Cameron, 2002). Nach dem Modell von Craig (2002, 2003) ist der insuläre Kortex eine wichtige Instanz innerhalb eines Interozeptionssystems, durch das Gefühle erzeugt werden, die Auskunft über den aktuellen Körperzustand (Proto-Gefühle) geben. In der dorsalen posterioren Insula werden afferente Signale aus dem Körperinneren verarbeitet und als primäre interozeptive Repräsentationen kodiert („Körpergefühl“). Diese Signale werden erzeugt durch Schmerz und Jucken, Hautsensationen, Temperatur, muskuläre und viszerale Sensationen, Gefäßaktivität, „Lufthunger“ sowie Hunger und Durst. Beim Menschen werden von diesen primären interozeptiven Aktivitäten in der rechten anterioren Insula Metarepräsentationen gebildet, die Grundlage für die Änderungen in der Befindlichkeit (Proto-Gefühle) sind, die sich bei Änderungen der Homöostase oder Veränderungen der viszeralen Wahrnehmung einstellen. Dadurch werden Prozesse gebahnt, die zu einer bewussten Wahrnehmung von Signalen aus dem Körperinneren führen. Diese Vorstellungen sprechen für Damasios „somatic-marker“-Hypothese (Damasio, 1999), wonach Metarepräsentationen der über afferente Bahnen zum insulären Kortex
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geleiteten Homöostasesignale und deren Veränderung unspezifische Gefühle (z. B. im Sinne eines allgemeinen Unwohlseins) erzeugen und somit eine archaische Form von Bewusstheit (sog. Proto-Selbst) konstituieren.
10 Emotion und Gedächtnis Emotionen haben großen Einfluss auf Lernen und Gedächtnis (vgl. Wentura & Rothermund in diesem Band). Sie modulieren über multiple neurale Mechanismen die einzelnen Stufen dieses informationsverarbeitenden Prozesses (Enkodierung, Konsolidierung, Behalten, Wiedergabe). Die meisten Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren waren bisher dem Prozess der Enkodierung und dem episodischen Gedächtnis gewidmet. Ein primärer Mechanismus, der bei Enkodierung und Konsolidierung eine wichtige Rolle spielt, ist die Interaktion zwischen der Amygdala und dem Hippokampus. Es ist bekannt, dass direkte Projektionen von der Amygdala zu den anterioren Segmenten des Hippokampus bestehen. Dolcos et al. (2004) konnten zeigen, dass die Aktivierung der Amygdala mit der des anterioren Hippokampus während der Enkodierung von emotionalen Szenen, die später korrekt erinnert werden, korreliert ist. Man nimmt also an, dass die Amygdala eine modulierende Rolle sowohl bei der Enkodierung und als auch bei der Konsolidierung von emotionalem Material im Hippokampus spielt (Überblick bei Phelps, 2006). Ob und in welchem Ausmaß diese Prozesse stattfinden, scheint zusätzlich noch vom kortikalen Aktivierungsniveau („arousal“) abzuhängen, das durch die emotionale Stimulation erzeugt wird. Dies legt zumindest das Modell von McGaugh (2004) nahe: Danach führt ein erhöhtes physiologisches Aktivierungsniveau zu einer Steigerung der Aktivität der beta-adrenergen Rezeptoren in der Amygdala, die ihrerseits, wie bereits erwähnt, im Hippokampus zu einer Konsolidierung jener Reize führt, die zu einer Steigerung des Aktivierungsniveaus beigetragen haben. Bei Enkodierungsprozessen ist neben dem Aktivierungsniveau („arousal“) auch noch die Valenzdimension von Bedeutung. Es zeigte sich, dass Emotionen (negativ-valente Wörter mit hohem und niedrigem Erregungswert vs. neutrale Wörter) die Enkodierung verstärken und zu Aktivierungen sowohl in der Amygdala als auch im mediotemporalen Gedächtnissystem führen (Kensinger & Corkin, 2004). Im Unterschied zu den neutralen Wörtern erzeugten die stark erregenden negativen Wörter einen stärkeren Enkodierungseffekt im Hippokampus und in der Amygdala, während die weniger erregenden negativen Wörter außer im Hippokampus eine Aktivierung vor allem in den posterioren Regionen des inferolateralen präfrontalen Kortex hervorriefen. Es zeigte sich auch, dass die Valenz- und Erregungsdimension von emotionalen Reizen den Enko-
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dierungsprozess unterschiedlich beeinflussen. Funktionell ist die Erregungskomponente entlang der Longitudinalachse des parahippokampalen Gyrus mehr in den anterioren Regionen angesiedelt. Außerdem existieren Lateralitätsunterschiede der Amygdala-Aktivierung, die geschlechtsabhängig zu sein scheinen. Zwei Studien (Cahill et al., 2001; Canli et al., 2002) fanden bei Männern eine erhöhte Aktivierung in der rechten Amygdala, die mit dem späteren Erinnern von emotionalem Material (z. B. Filmsequenzen) korreliert war. Bei Frauen traten diese Effekte dagegen in der linken Amygdala auf. Ein sekundärer Mechanismus für das Zusammenspiel zwischen Emotionen und Gedächtnis ist darin zu sehen, dass die Amygdala einen Einfluss auf die Aufmerksamkeitsprozesse ausübt, und zwar im Sinne einer Bahnung, indem sie die sensorischen kortikalen Areale bei der Präsentation von emotionalem Stimulusmaterial moduliert (Morris et al., 1998a). Die zahlreichen Verbindungen der Amygdala zu primär sensorischen Regionen führten, so meint Phelps (2006), zu einer Veränderung der Wahrnehmung von emotionalen Reizen (z. B. von ängstlichen Gesichtsausdrücken) und somit zu einer Fokussierung der Aufmerksamkeit darauf. Nach den bisherigen Überlegungen spielt die Amygdala zwar eine wichtige Rolle bei der emotionsmodulierten Enkodierung und Konsolidierung, nicht aber in gleichem Maße beim Wiederaufruf (LaBar & Cabeza, 2006). Frühere Studien (Tabert et al., 2001; Taylor et al., 1998) sahen im extrastriären Kortex, im anterioren Schläfenlappen und in der Amygdala die Strukturen, die am Wiederaufruf von emotionsgeladenen Erinnerungen beteiligt sind. Jüngst konnten Dolcos et al. (2005) zeigen, dass die Interaktion zwischen Amygdala und Hippokampus über ihre Beteiligung an Enkodierung und Konsolidierung im episodischen Gedächtnis hinausgeht und den erfolgreiche Wiederaufruf von emotionalem im Vergleich zu neutralem Material – sogar noch nach einem Jahr – unterstützt. Dies führt zur Frage nach der funktionellen Neuroanatomie des autobiografischen Gedächnisses, das hier allerdings nur im Hinblick auf den Zusammenhang mit Emotionen behandelt werden soll. Bei Untersuchungen zum autobiografischen Gedächtnis kommt es darauf an, wie weit die emotionsgeladenen Erlebnisse zurückliegen, die erinnert werden sollen. So fanden beispielsweise Piefke et al. (2003) bei Erinnerungen an Erlebnisse in der jünsten Vergangenheit Aktivierungen im Hippokampus und im retrosplenialen Kortex (posteriorer zingulärer Kortex, vgl. Maddock, 1999), nicht aber dann, wenn emotional bewegende Kindheitserlebnisse erinnert wurden. Interessanterweise spielte es dabei keine Rolle, ob die erinnerten Emotionen positiv oder negativ eingefärbt waren, weder bei den jüngsten noch bei den frühen Erlebnissen. Andere Neuroimaging-Studien zur Frage des autobiografischen Gedächtnisses haben außerdem noch auf die Beteiligung der frontotemporalen Regionen, des medialen
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präfrontalen Kortex, des Precuneus und des extrastriären Kortex hingewiesen, die die Erinnerungen mit jenen Hirnsystemen verbinden, die die selbstreferenziellen Prozesse und das visuell-räumliche Vorstellen unterstützen (Gilboa et al., 2004; LaBar & Cabeza, 2006; Maguire et al., 2001).
11 Emotionsregulation Wie sich Emotionen und Kognitionen gegenseitig beeinflussen und worin die hirnfunktionellen Korrelate dieser Interaktion bestehen, wird seit langem kontrovers diskutiert. Dass eine strikte Trennung zwischen diesen beiden Domänen allerdings nicht mehr sinnvoll erscheint, legen die neurowissenschaftlichen Erkenntnisse nahe (vgl. Lewis, 2005). Dennoch gibt es ein Forschungsfeld, das deren Zusammenwirken explizit thematisiert, nämlich die Untersuchungen zur Emotionsregulation (vgl. Egloff in diesem Band). Hierbei geht es um die Kontrolle von Emotionen mittels kognitiver Prozesse. Bei Untersuchungen dieser Art ist vor allem wichtig, wie die Emotionen erzeugt wurden. Häufig wird Bildmaterial (aversive vs. emotional neutrale Szenen, Gesichter mit unterschiedlichen Emotionsausdrücken) verwendet oder es werden Methoden der Konditionierung (z. B. Furchtkonditionierung) und der Stimulation mit Schmerzreizen eingesetzt. Die Manipulation der Regulation der so erzeugten Emotionen erfolgt in der Regel über spezielle Instruktionen oder über zusätzliche Aufgaben. So fand sich beispielsweise eine Abnahme der Amygdala-Aktivierung, wenn die Versuchsteilnehmer Gesichter mit emotionsspezifischer Mimik anstatt nur passiv zu betrachten auch noch nach dem jeweiligen Emotionsausdruck beurteilen sollten (Hariri et al., 2000). Durch kognitive Manipulation bedingte Abschwächung der Amygdala-Aktivierung fanden auch Critchley, Daley et al. (2000) bei Benennung des Geschlechts von Gesichtern und Liberzon et al. (2000) beim Wechsel vom Beurteilen zum Wiedererkennen von Gesichtern. Die Meta-Analyse von Phan et al. (2002) hat gezeigt, dass es, wenn die Versuchsteilnehmer das Stimulusmaterial bloß betrachten sollten, 10 % bis 15 % mehr Untersuchungen gibt, die eine Aktivierung in den subkortikalen Regionen (Amygdala, Hippokampus, Hypothalamus, Thalamus) fanden, als Untersuchungen, die zusätzlich noch eine kognitive Aufgabe verwendeten. Emotionskontrolle mit Hilfe zusätzlicher kognitiver Aufgaben besteht nicht allein darin, dass das „emotionale Netzwerk“ abgeschaltet wird, sondern dass vielmehr andere Hirnfunktionen koaktiviert werden, die die spezielle Art von zusätzlicher Kontrolle mitsteuern. Hierzu zählen vor allem die präfrontalen Hirnareale und deren Verbindungen zu subkortikalen Regionen. Der mediale präfrontale Kortex wird aktiviert, wenn die Versuchsteilnehmer Kognitionen verwenden, um emotionale Reaktionen hervorzurufen (Teasdale, 1999). Diese Hirnfunktionen waren auch aktiviert, wenn die Versuchsteilnehmer außer dem
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bloßen Betrachten von Bildern des IAPS noch ihre eigenen emotionalen Reaktionen auf sie beurteilen sollten (Taylor et al., 2003). Wenn Versuchsteilnehmer ihre negativen Emotionen, die durch entsprechende Bilder entstehen, zu steigern (up-regulation) oder zu dämpfen (down-regulation) versuchen, werden in beiden Fällen präfrontale und anterior zinguläre Regionen aktiviert. Beim Steigern waren es die Regionen im linken rostro-medialen präfrontalen Kortex, von denen man weiß, dass sie am Wiederbeleben emotionalen Wissens beteiligt sind. Die Versuche, die emotionalen Reaktionen auf die Bilder zu dämpfen, waren von Aktivierungen in den lateralen und orbitalen Regionen des präfrontalen Kortex begleitet, die zu einem System gehören, das die Verhaltensinhibition steuert. Entsprechend den Regulationszielen traten auch Veränderungen in der Amygdala-Aktivierung auf. Sie war positiv mit der Dämpfung der emotionalen Reaktionen korreliert, nicht aber mit deren Steigerung (Ochsner et al., 2002, 2004). Phelps (2006) vermutet, dass die bei der Löschung einer konditionierten Furchtreaktion (durch Änderung der Vorstellung des CS) auftretende Deaktivierung der Amygdala durch Einflüsse aus verschiedenen präfrontalen Regionen zustande kommt. Der laterale präfrontale Kortex, der an exekutiven Prozessen und am Arbeitsgedächtnis beteiligt ist, trägt zu einer Abschwächung der konditionierten Furchtreaktion in der Weise bei, dass er den medialen präfrontalen Kortex beeinflusst, der seinerseits an der Deaktivierung der Amygdala während der Extinktion von konditionierten Reaktionen beteiligt ist. Eine bevorzugte Methode zur Emotionsregulation ist die Veränderung der Aufmerksamkeit, also eine Modulation der selektiven Aufmerksamkeitsausrichtung auf das emotionale Stimulationsmaterial. Untersuchungen zur Wirksamkeit dieser Maßnahme haben sich wiederum vorwiegend auf Veränderungen in der Amygdala konzentriert. Die Befundlage ist allerdings noch unklar, die Ergebnisse sind teilweise sogar widersprüchlich (vgl. Übersicht bei Ochsner & Gross, 2005). Eine Abnahme der Amygdala-Aktivierung fand sich beispielsweise bei der Beurteilung von Gesichtern im Hinblick auf Furcht, Ärger und Glück gegenüber einer bloßen Betrachtung dieser Gesichtsausdrücke (Hariri et al., 2000, 2003) oder bei der Benennung des Geschlechts der Personen mit ängstlichen, wütenden oder glücklichen Gesichtsausdrücken (Critchley, Daley et al., 2000). Die Amygdala-Aktivierung blieb dagegen unverändert, wenn die Versuchsteilnehmer wiederum das Geschlecht der Personen, deren Gesichter verschiedene Emotionen (z. B. Glück, Ekel, Trauer, Furcht; Gorno-Tempini et al., 2001) ausdrückten, bestimmen oder die Vertrauenswürdigkeit, das Alter oder die „Amoralität“ der dargestellten Personen und ihrer Gesichtsausdrücke beurteilen sollten (vgl. Ochsner & Gross, 2005). Die Gründe für diese inkonsistente Befundlage sind vielfältig. Diskutiert wird u. a. die unterschiedliche Anforderung, die die zusätzliche Kontrollaufgabe an die Aufmerksamkeitsleistung stellt,
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oder die unwillkürliche Unterdrückung von emotionalen Regungen, wenn es beispielweise gilt, Werturteile abzugeben. Dies bedeutet, dass die Aufgaben selbst sehr heterogen in ihrem kognitiven Anforderungsprofil sind, was dann zwangsläufig zu diskrepanten Befunden führt. Eine andere Methode, die Aufmerksamkeit für emotionale Reize zu steuern, ist die Ablenkung. Die meisten Untersuchungen zu dieser Methode verwendeten Schmerzreize zur Emotionsprovokation. Sie haben gezeigt, dass es bei Ablenkungsmanövern wie z. B. mit dem Wortflüssigkeitstest (Frankenstein et al., 2001), dem Stroop-Test (Bantick et al., 2002) oder mit der Instruktion, die Gedanken auf etwas anderes zu lenken (Tracey et al., 2002), zu einer Deaktivierung in jenen kortikalen und subkortikalen Regionen kommt, die an der Schmerzverarbeitung beteiligt sind, nämlich dem Thalamus, dem medialen zingulären Kortex, der Insula und dem periaquäduktalen Grau. Zu einer Aktivierung kommt es dagegen in jenen Regionen, die mit kognitiven Kontrollprozessen assoziiert sind, nämlich im orbitofrontalen Kortex, im anterioren Zingulum sowie in den medialen und lateralen präfrontalen Hirnregionen. Diese Studien erlauben allerdings nicht zu unterscheiden, ob es sich dabei um Prozesse handelt, die vorwiegend zur Schmerzbewältigung oder zur Leistungsverbesserung in der Distraktoraufgabe beitragen. Ebensowenig sind Aussagen darüber möglich, ob selektive Aufmerksamkeit und Aufmerksamkeitsablenkung zu unterschiedlichen neuralen Verarbeitungsprozessen führen; denn der Einfluss der selektiven Aufmerksamkeit wurde hauptsächlich mit Gesichtern, die verschiedene Emotionen ausdrückten, geprüft, während die Emotionsregulation durch Distraktion vorwiegend unter Schmerzstimulation erfolgte. Die Unterschiede in der „Lebensnähe“ der experimentellen Situation sind insofern beträchtlich. Auch sind diese Studien deshalb mit Zurückhaltung zu interpretieren, da nicht über peripherphysiologische Messgrößen und Verhaltensmaße überprüft und erhärtet wurde, ob tatsächlich eine Abschwächung oder eine Steigerung der emotionalen Reaktionen stattgefunden hat (vgl. Ochsner & Gross, 2005). An höheren kognitiven Kontrollstrategien sind u. a. das Gedächtnis, Lernprozesse, Imagination und Urteilsbildung beteiligt. Neuroimaging-Studien haben sich vorwiegend auf die Antizipation und die Umbewertung („reappraisal“) von emotionalen Prozessen konzentriert. Die Antizipation von emotional erregenden Ereignissen führt zu einer Aktivierung des dorsalen medialen präfrontalen Kortex (Knutson et al., 2001) in Verbindung mit jenen Regionen, die bei der Antizipation entweder aversiver oder angenehmer Ereignisse aktiviert sind. Die Antizipation von unangenehmen Reizen (z. B. elektrische Stimulation, Hitzereiz, Injektion) aktiviert den zingulären Kortex, die Insula und die Amygdala, wohingegen es bei der Antizipation von monetärer Belohnung zusätzlich noch zu einer Aktivierung des Nucleus accumbens kommt, der bekanntlich ein wichtige Rolle im Belohnungssystem spielt (vgl. Abschnitt 7). Die Erwartung, dass ein an sich
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schmerzloser Reiz Schmerzen hervorrufen könnte und diese dann tatsächlich auch empfunden werden, ruft Aktivierungen in medialen temporalen und rostralen Regionen hervor (Ploghaus et al., 2001). Dies sind jene Regionen, die auch an der Regulation der mit dem Schmerzerleben einhergehenden negativen Affekte beteiligt sind. Die Umbewertung von negativen Emotionen führt zu einer Aktivierung des dorsalen anterioren Zingulums und des präfrontalen Kortex sowie zu einer Deaktivierung oder Aktivierung der Amygdala und der Insula, je nachdem, worin das Ziel für die Umbewertung besteht (Ochsner et al., 2004). Kognitive Kontrollstrategien, wie die Antizipation, die Umbewertung oder neue Reiz-Verstärker-Assoziationen, führen zur Aktivierung eines Systems, an dem präfrontale, orbitofrontale und zinguläre Subsysteme beteiligt sind (Übersicht bei Ochsner & Gross, 2005). Diese Instanzen kognitiver Emotionsregulation umfassen das ventrale präfrontale und das orbitofrontale System, wenn die Aufgabe darin besteht, den kontextspezifischen Wert (d. h. die Verstärkung) einer emotionsprovozierenden Situation zu erfassen und die geeignete Aktion auszuwählen, und zwar zielgerichtet, entsprechend dem vorangegangenen Evaluationsergebnis. Durch die reziproken Verbindungen, die zwischen den präfrontalen Regionen und der Amygdala sowie dem Nucleus accumbens bestehen, können die Bewertungsprozesse noch feiner abgestimmt und die Aktionen präzisiert werden. Bei der gegenwärtigen Befundlage muss es künftigen Untersuchungen vorbehalten bleiben, zu entscheiden, ob es überhaupt spezifische Muster der funktionellen Neuroanatomie bei der Emotionskontrolle gibt und welche neuralen Strukturen daran beteiligt sind.
12 Ausblick Bildgebende Verfahren, insbesondere die funktionelle MRT, haben sich in den vergangenen 10 Jahren zu einem wichtigen Instrument der funktionellen Neuroanatomie, insbesondere in der Emotionsforschung entwickelt. Ihre Bedeutung spiegelt sich in dem exponenziellen Anstieg wider, mit der sie zum Einsatz kommen. Welche weiteren Entwicklungschancen sie noch in sich bergen, ist erst in Ansätzen zu erkennen (das Neurofeedback, vgl. hierzu Weisskopf et al., 2004, oder das mind reading; vgl. hierzu Haynes & Rees, 2006). Trotz dieses enormen Aufschwungs sind nach wie vor noch viele Fragen offen. Sie betreffen sowohl methodische als auch inhaltliche Aspekte. Ein zentraler methodischer Kritikpunkt betrifft die Tatsache, dass die Befunde aus Neuroimaging-Studien in der Regel auf relativ schwachen statistischen
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Effekten beruhen. Ihre Reproduzierbarkeit (Reliabilität) ist damit in besonderem Maße abhängig von der Größe der untersuchten Probandenstichprobe. Simulationsstudien von Thirion et al. (2006) haben gezeigt, dass erst ab einer Fallzahl von 20 Personen pro untersuchter Gruppe eine akzeptable Reliabilität erreicht wird. Die Reliabilität nimmt substanziell mit einer Erhöhung der Fallzahl bis auf 30 Probanden zu und steigt danach kaum weiter an, so dass die erforderliche Gruppengröße bei 20 bis 30 Probanden liegt. Wegen der hohen Kosten bildgebender Verfahren werden diese Stichprobenumfänge in den wenigsten Studien erreicht. Dies trägt in nicht unerheblichem Maße zur Inkonsistenz des Befundfeldes bei. Eine methodische Beschränkung, die insbesondere der funktionellen MRT anhaftet, ist ihre hohe Anfälligkeit für Bewegungsartefakte. Dies impliziert zwangsläufig, dass eine essenzielle Komponente von Emotionen unerforscht bleiben muss, nämlich die Handlungskomponente. Wenn Emotionen theoretisch als Handlungsdispositionen verstanden werden, ist dies ein kaum zu kompensierender methodischer Nachteil. Wie diesem Dilemma „Emotionskonzept – Methodenlimit“ zu entkommen ist, wird auch in Zukunft eine offene Fragen bleiben müssen. Brauchbare Lösungsansätze sind hier noch nicht in Sicht. Ferner ist unter inhaltlichem Gesichtspunkt bedauerlich, wenngleich verständlich, dass die Emotionsforschung mit Hilfe von bildgebenden Verfahren nicht das gesamte Spektrum an Emotionen bearbeitet, sondern sich in der Vergangenheit nur auf einige wenige Emotionen beschränkt hat, wie z. B. auf Furcht, Angst, Ekel. So wichtige Emotion wie Ärger und Wut sind im Vergleich dazu nur selten untersucht worden, obwohl sie sich in Verlauf und Dynamik von jenen neurofunktionell möglicherweise unterscheiden. Ein unmittelbar beschreitbarer Lösungsweg könnte darin bestehen, dass die Untersuchungsfelder schlicht erweitert werden, je nachdem welche Emotionen sich entsprechend ihren physiologischen, motorisch-expressiven und subjektiven Charakteristika (z. B. nach dem Modell des Drei-Ebenen-Ansatzes) als distinkte Phänomene klassifizieren lassen. Eine weitere inhaltliche Frage hängt mit dem transienten Charakter von Emotionen zusammen. Sie werden formal als Zustände beschrieben, die durch typische Auslöser (z. B. für Furcht, Ekel, Ärger), meist rasches Einsetzen, zeitlich begrenzte Dauer und Verhaltenskonsequenzen gekennzeichnet sind. Auf Grund der geringen zeitlichen Auflösung von bildgebenden Verfahren, insbesondere der funktionellen MRT, lassen sich diese Prozesse kaum abbilden. Dies betrifft vor allem die Zustandsübergänge, deren neurale Dynamik aber auf der mikroskopischen Ebene von besonderem Interesse ist. Einen Ausweg aus diesem Dilemma stellen derzeit die verschiedenen Methoden des Konditionierens dar, bei denen es die zeitlich präzise markierten Verfahrensübergänge (z. B. Habituations-, Akquisitions- und Extinktionsphase) erlauben, einen Lernprozess zumin-
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dest auf einer groben Zeitskala abzubilden und so die während der einzelnen Phasen aktivierten Hirnregionen und deren Zusammenwirken auf einer mesoskopischen Ebene zu erfassen (vgl. hierzu die Ansätze von Büchel et al., 1998; Tabbert et al., 2005). Bildgebende Verfahren wie EEG und MEG geben Aufschluss über die zerebrale Dynamik. Freeman (Freeman, 2005; Freeman & Holmes, 2005) hat aus seinen zahlreichen Arbeiten auf diesem Gebiet Modelle der Selbstorganisation von Hirnfunktionszuständen entwickelt, die eine Verbindung zwischen der zentralnervösen Dynamik und der Neurobiologie von Emotionen herzustellen erlauben. Emotionen, so vielfältig und verschieden sie sein mögen, springen rasch an und verebben ebenso rasch wieder, sie sind global in ihren Reaktionsformen (muskulär, autonom, neuromodulatorisch) und hängen von Erwartungen ab. Er sieht hierin das Ergebnis von Operationen des Neokortex, durch die sequenziell Zustandsübergänge erzeugt werden. Daraus folgt für emotionale Prozesse, dass zu ihrer Erforschung Modelle dynamischer, nicht linearer Systeme von Vorteil sind, die die Hypothesentestung bevorzugen, und nicht Modelle der Informationsverarbeitung, wie sie die artifiziellen neuronalen Netzwerkkonzepte anbieten (vgl. hierzu auch Lewis, 2005). Neurobiologisch konzipierte Emotionstheorien kommen nicht ohne das Konzept der Inhibition aus. Lane und Nadel (2000) haben darauf hingewiesen, dass die exzitatorischen Komponenten von Emotionen als Attraktoren konzipiert werden können, durch die eine gewisse Stabilität im Zustandsraum der Emotionen erreicht wird, dass es aber die neuralen inhibitorischen Prozesse sind, die vor allem bei den Übergängen von einem in den anderen Zustandsraum eine entscheidende Rolle spielen. Dies unterstreicht die Bedeutung, die den inhibitorischen Prozessen vor allem beim Lernen zukommt. Dass diese Prozesse außerdem nicht linearer Natur sind, ist sehr wahrscheinlich (Lewis, 2005; Thayer & Lane, 2005). Zu erwarten, solche Vorgänge ließen sich beim gegenwärtigen Entwicklungsstand der bildgebenden Verfahren in irgendeiner Weise zufriedenstellend abbilden, ist gewiss verfrüht. Einen wichtigen Beitrag zu einem besseren Verständnis der funktionellen Neuroanatomie kann nicht zuletzt auch die Entwicklungsgeschichte des menschlichen Gehirns liefern. Von so zentralen Strukturen der Emotionsverarbeitung und -regulation wie der Amygdala, dem anterioren zingulären Kortex sowie dem orbitofrontalen Kortex, weiß man, dass sie sich in den ersten beiden Lebensjahren in einer ontogenetisch festgelegten Abfolge von subkortikalen zu kortikalen Strukturen hin entwickeln und in Abhängigkeit von den individuellen Lebenserfahrungen (z. B. Mutter-Kind-Bindung) ihr Verbindungsnetz untereinander aufbauen und verstärken (vgl. hierzu Schore, 2003a, b). Hier stellt sich die Frage, ob diese ontogenetische Gegebenheit, dass sich nämlich zunächst die Amyg-
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dala, dann der anteriore zinguläre Kortex und schließlich der orbitofrontale Kortex entwickelt, auch das funktionale Zusammenwirken dieser Strukturen bestimmt, z. B. im Sinne einer vertikalen Integration. Wenn diese und ähnliche Fragen auch noch nicht beantwortet sind, bietet die Entwicklungsgeschichte des menschlichen Gehirns zumindest die Möglichkeit und Anregung, ontogenetische Thesen in funktionsbezogene Hypothesen zu transponieren.
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4. Kapitel
Automatische und kontrollierte Prozesse bei der Emotionsauslösung Roland Neumann 1 Einleitung Ein Charakteristikum von Emotionen besteht darin, dass sie sich der willentlichen Steuerung entziehen. Andererseits besitzen wir gelegentlich Kontrolle über unsere emotionalen Reaktionen. So können Emotionen willentlich ausgelöst, abgeschwächt oder verstärkt werden. Wie lässt sich dieser Widerspruch zwischen unwillkürlichen und kontrollierten Prozessen erklären? Im Rahmen des vorliegenden Kapitels sollen bewusste und unbewusste affektive Reaktionen differenziert werden. Dabei soll zunächst auf unbewusste Emotionen und strukturelle Voraussetzungen von Emotionen, wie evaluative, semantische und motivationale Prozesse eingegangen werden. Anschließend wird ein Überblick über Zweiprozessmodelle vermittelt, die eine Dissozierung von automatischer und kontrollierter Informationsverarbeitung annehmen. Zweiprozessmodelle bieten eine Erklärung für die eingangs aufgeworfene Frage, unter welchen Bedingungen Emotionen willentlich steuerbar sind und unter welchen Bedingungen dies nicht gelingt.
1.1 Konzeptuelle Vorbemerkungen Emotionen unterscheiden sich von anderen mentalen Phänomenen unter anderem dadurch, dass charakteristische Veränderungen in mehreren Komponenten auftreten. So gehen Basisemotionen mit einem charakteristischen Gesichtsausdruck einher und sind durch spezifische physiologische Veränderungen gekennzeichnet. Unter Emotionen sollen im Folgenden affektive Zustände verstanden werden, die aus einer Gefühlskomponente, einer physiologischen Komponente, einer kognitiven Komponente und einer Verhaltenskomponente bestehen. Emo-
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tionen sind immer objektbezogen. So freue oder ärgere ich mich immer über etwas. Stimmungen besitzen diesen Objektbezug nicht notwendigerweise. Unter Affekt soll allgemein die interne Repräsentation evaluativer Reaktionen gefasst werden, die nicht notwendigerweise mit einer Gefühlskomponente, einer physiologischen Komponente, einer kognitiven Komponente oder einer Verhaltenskomponente einhergehen.
2 Gibt es unbewusste Emotionen? Es gibt im Alltag zahlreiche Beispiele für Phänomene, die die Existenz von unbewussten Emotionen nahe legen. So kann geleugnet werden, ärgerlich zu sein, obwohl der emotionale Ausdruck Ärger signalisiert. Menschen können intensive körperliche Symptome erleben, wie etwa Herzrasen oder Schwindel, ohne dass die Ursache für den ängstlichen Gefühlszustand eindeutig zugeordnet werden kann. In der klinischen Psychologie werden solche Phänomene als frei flottierende Angst beschrieben. Dementsprechend kann der Gefühlszustand immer wieder mit anderen Objekten in Verbindung gebracht werden. Phobiker können auch ein weitgehend automatisiertes Vermeidungsverhalten ausbilden, ohne dass bereits intensive Angstgefühle erlebt werden. Demgegenüber werden Emotionen in der Forschung meist als bewusste Phänomene betrachtet. Für William James (1890) sind bewusste Erfahrungen oder subjektive Gefühle ein notwendiges Kriterium für das Vorliegen einer Emotion. Er konzipierte Emotionen als Wahrnehmung der körperlichen Veränderungen, die durch einen emotionsauslösenden Zustand hervorgerufen werden. Sofern die Wahrnehmung körperlicher Veränderungen immer bewusst ist, können Emotionen für James nicht unbewusst sein. Auch Freud ging davon aus, dass es nicht möglich ist, eine unbewusste Emotion zu erleben. Allerdings betrachtete er Emotionen als Form der Energie, die sich an unterschiedliche Objekte binden kann. In der neueren Emotionspsychologie werden ähnliche Ansichten vertreten. Clore (1994) zufolge kann eine Emotion nicht unbewusst sein, weil Gefühle als Wahrnehmungszustände aufgefasst werden, die per Definition bewusst sind. Die zentrale Frage ist, ob Gefühle als notwendiger Bestandteil von Emotionen anzusehen sind. In der Kognitiven Psychologie hat man sich in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Formen automatischer Prozesse beschäftigt. Inzwischen gilt weitgehend als unstrittig, dass weite Teile der Informationsverarbeitung automatisch und ohne die Beteiligung kognitiver Ressourcen ablaufen. So können Worte, die zuvor wahrgenommen wurden, die anschließende Leistung in einer Wortstammergänzungsaufgabe erhöhen (Jacoby, Toth, Lindsay & Debner, 1992). Wesentlich ist hierbei, dass die Leistungssteigerung auch dann erzielt wird, wenn keine
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episodische Erinnerung mehr an die Enkodierung des entsprechenden Wortes vorliegt. Auch Einstellungen und Stereotype können im Gedächtnis offenbar dann aktiviert werden, wenn die auslösenden Reize subliminal dargeboten wurden (Fazio, Jackson, Dunton & Williams, 1995). Schlussfolgerungen werden aus dem Verhalten einer anderen Person gezogen, ohne dass hierzu eine entsprechende Intention vorliegt (Uleman, 1999). Weil solche Prozesse offenbar ohne Intention initiiert werden, vielfach keine kognitive Kapazität beanspruchen oder nicht kontrollierbar sind, werden sie auch als implizite kognitive Prozesse bezeichnet. Bargh (1997) hatte vorgeschlagen, den Begriff „automatischer Prozess“ zu verwenden, wenn bereits einer dieser Faktoren vorliegt. Parallel zu diesen Entwicklungen hat Kihlstrom (1999) das Konzept der so genannten „impliziten Emotionen“ diskutiert. Kihlstrom (1999) zufolge liegen impliziten Emotionen nicht bewusstseinsfähige Veränderungen im Erleben, in den Gedanken oder im Verhalten zugrunde. Zajonc (2000) geht davon aus, dass unbewusste Emotionen durch drei Merkmale gekennzeichnet sind: (a) unbewusste Emotionen werden durch unbewusste Ereignisse ausgelöst, (b) unbewusst ausgelöster Affekt wird diffus erlebt, (c) unbewusst ausgelöster Affekt kann unterschiedlichen Objekten zugeschrieben werden. Evidenz für die These, dass unbewusst ausgelöster Affekt diffus erlebt wird, konnte in Untersuchungen zum affektiven Priming und zum Mere-Exposure-Effekt gesammelt werden. Unter dem Mere-Exposure-Effekt versteht man das Phänomen, dass die wiederholte Präsentation eines Stimulus dazu führt, dass er anschließend positiver bewertet wird. Dieses inzwischen gut belegte Phänomen tritt vor allem dann stärker auf, wenn der auslösende Reiz subliminal dargeboten wird (Bornstein & Pittman, 1992). Aus der Tatsache, dass der Mere-Exposure-Effekt auch ohne die episodische Erinnerung an die Präsentation des Stimulus auftritt, schließt Zajonc (2000), dass es sich um eine Form von unbewusst ausgelöstem Affekt handelt. Ferner konnte im Rahmen von Untersuchungen zum so genannten „affektiven Priming Effekt“ gezeigt werden, dass subliminal dargebotene emotionale Gesichtsausdrücke einen Einfluss auf die Bewertung von darauffolgend eingeschätzten neutralen Stimuli haben. Dazu wurden in der Untersuchung von Murphy und Zajonc (1993) unmittelbar nach den für vier Millisekunden dargebotenen emotionalen Gesichtsausdrücken chinesische Schriftzeichen gezeigt, die bezüglich ihrer Valenz einzuschätzen waren. Dabei zeigte sich, dass die Schriftzeichen nach lächelnden Gesichtern positiver und nach ärgerlichen Gesichtern negativer bewertet werden. Dieser Befund wurde so interpretiert, dass der ausgelöste affektive Zustand unterschiedlichen Objekten zugeschrieben werden kann. Wesentlich erscheint aber, dass in diesen Untersuchungen eine affektive Reaktion ausgelöst wird, nicht aber Emotionen. Wie lässt sich nun die beim affektiven Priming ausgelöste affektive Reaktion näher spezifizieren? Denkbar wäre, dass es sich um eine relativ diffuse affektive
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Reaktion handelt, ähnlich einer Stimmung. Um nun zu überprüfen, ob durch affektives Priming eine Stimmung induziert wird, führten Winkielman, Zajonc und Schwarz (1997) Untersuchungen durch, in denen Gesichtsausdrücke von freudigen und ärgerlichen Gesichtern subliminal dargeboten wurden. Wie schon in den Untersuchungen von Murphy und Zajonc (1993) wurden unmittelbar anschließend an die emotionalen Gesichtsausdrücke Schriftzeichen dargeboten, die bewertet werden sollten. Anders als in der Untersuchung von Murphy und Zajonc (1993) wurde den Versuchspersonen jedoch die Möglichkeit gegeben, die durch die subliminale Darbietung der Gesichter induzierten Gefühlszustände fehlzuattribuieren. Hierzu wurden Versuchspersonen informiert, mögliche Gefühle in der Untersuchung seien durch versteckte Bilder oder Hintergrundmusik ausgelöst worden. Wenn durch die subliminal dargebotenen Bilder tatsächlich Stimmungen induziert werden, sollten diese auf die jeweils nahegelegten Ursachen hin fehlattribuiert werden (Schwarz & Clore, 1996). Es zeigten sich jedoch keinerlei Hinweise auf eine solche Fehlattribution. Dennoch zeigte sich, dass Schriftzeichen nach positiven Gesichtsausdrücken positiver und nach negativen Gesichtsausdrücken negativer eingeschätzt wurden. Natürlich ist die Abwesenheit eines Effektes mit Vorsicht zu betrachten, da die affektive Empfindung möglicherweise nicht intensiv genug war, um fehlattribuiert zu werden. Die Befunde lassen sich aber so interpretieren, dass affektive Reaktionen auch ohne begleitende Gefühlszustände auftreten können (Neumann & Strack, 2000b), wie dies etwa aus der Einstellungsforschung bekannt ist (Fazio et al., 1995). Entgegen dieser Interpretation fanden Monahan, Murphy und Zajonc (2000), dass auch subliminal dargebotene Gesichtsausdrücke die empfundene Stimmung beeinflussen können. Abweichend von Winkielman et al. (1997) wurden 25 Stimuli einmalig oder fünfmalig gezeigt. Dabei wurden wieder freudige und ärgerliche Gesichtsausdrücke fünf Millisekunden lang dargeboten, gefolgt von chinesischen Schriftzeichen. Versuchspersonen waren nach der fünfmaligen Darbietung freudiger Emotionsausdrücke in besserer Stimmung als Versuchspersonen nach der fünfmaligen Darbietung von ärgerlichen Emotionsausdrücken. Anscheinend spielt die Häufigkeit der Wiederholung oder Dauer der Stimulation bei der Induktion von Stimmungen eine zentrale Rolle. Für diese Interpretation sprechen auch die Befunde der Untersuchung von Robles, Smith, Carver und Wellens (1987), in der positive (bspw. Cartoons), neutrale und negative (bspw. Blut, Monster) Bilder in einen Film über ein Videospiel eingefügt wurden (36 Bilder pro Sekunde). Versuchspersonen schätzten nach dem Film, in dem negative Bilder eingebettet waren, ihre Stimmung ängstlicher ein als in den anderen beiden Bedingungen. Unklar ist, warum nicht auch die Darbietung positiver Bilder zur Induktion einer Stimmung führte. Zur Erklärung der Stimmungsinduktion bei der Darbietung negativer Bilder kann angenommen werden,
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dass die wiederholte Stimulation durch die Bilder einen Effekt auf die Stimmung hatte. Offenbar führt auch die subliminale Darbietung zu Gefühlsreaktionen. Die Häufigkeit der Darbietung entscheidet offenbar darüber, ob die affektive Reaktion als Gefühl erlebt wird. Nach wenigen subliminalen Darbietungen eines mimischen Emotionsausdrucks werden eher Einstellungen aktiviert. Nach häufiger Darbietung eines mimischen Emotionsausdrucks kann aber auch eine Stimmung induziert werden. Bedeutet dies, dass zwar Stimmungen, nicht aber Emotionen über eine subliminale Darbietung induziert werden können? Denkbar ist, dass zumindest Komponenten einzelner Emotionen auch durch nicht bewusst registrierte Ereignisse ausgelöst werden können. Dabei nimmt die Emotion Angst möglicherweise eine Sonderrolle ein, weil in angstinduzierenden Situationen sehr schnelle Reaktionen erforderlich sind (Robinson, 1998). Tatsächlich gibt es Belege dafür, dass subliminal dargebotene angstauslösende Reize physiologische Angstreaktionen auslösen können. In der Untersuchung von Öhman und Soares (1994) wurden phobischen und nicht phobischen Personen Bilder von Schlangen und Spinnen präsentiert. Die Bilder wurden entweder unterhalb oder oberhalb der Wahrnehmungsschwelle präsentiert. Unabhängig davon, ob die Bilder bewusst registriert wurden oder nicht, zeigten Spinnenphobiker die stärkste elektrodermale Reaktion auf Bilder von Spinnen und Schlangenphobiker die stärkste elektrodermale Reaktion auf Schlangen (vgl. auch Hamm in diesem Band). Zusätzlich fühlten sich phobische Personen bei der subliminalen Darbietung phobierelevanter Reize unangenehmer, erregter und empfanden weniger Kontrolle. Diese Ergebnisse legen nahe, dass zumindest Komponenten von Angst und Furcht bei Phobikern auch durch nicht bewusst registrierte Ereignisse ausgelöst werden können. Können Komponenten der emotionalen Reaktion auch bei nicht klinischen Gruppen durch subliminale Darbietung ausgelöst werden? In einer Untersuchung von Winkielman, Berridge und Wilbarger (2005) wurde versucht, die motivationale Komponente von Emotionen durch subliminale Reize zu beeinflussen. Hierzu wurden durstigen und nicht durstigen Personen entweder fröhliche, neutrale oder ärgerliche Gesichter subliminal dargeboten. Nach dieser Aufgabe bekamen Versuchspersonen die Gelegenheit, ein Fruchtgetränk zu trinken, wobei die getrunkene Menge erfasst wurde. In diesem Experiment zeigte sich, dass durstige Versuchspersonen 50 % mehr von der Limonade konsumierten, wenn zuvor lächelnde, anstatt neutrale Gesichter subliminal dargeboten wurden. Durstige Versuchspersonen konsumierten weniger Limonade, wenn ihnen vorher ärgerliche, anstatt neutrale Gesichter als Primes dargeboten wurden. Wesentlich ist, dass für Versuchspersonen ohne Durst die Manipulation keinen Effekt auf die Menge der konsumierten Limonade hatte. Winkielman et al. (2005) sehen die Tatsache, dass motivationale Tendenzen beeinflusst werden, ohne dass dabei ein Gefühl empfunden wird, als Beleg für unbewusste emotionale Reaktionen.
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Zusammengenommen legen die bisherigen Befunde nahe, dass die Gefühlskomponente von anderen Emotionskomponenten dissoziiert sein kann. Kann diese Dissoziation als Beleg für die Existenz unbewusster Emotionen angesehen werden? Die Antwort hierauf hängt sicherlich davon ab, wie man Emotionen definiert. Wie bereits einleitend ausgeführt, werden Emotionen als komplexe mentale Phänomene bezeichnet, mit einer Gefühlskomponente, einer physiologischen Komponente, einer Ausdruckskomponente und einer motivationalen Komponente. Nun kann man sich fragen, welche Komponenten und welcher Grad der Aktivierungen in den Komponenten essenziell dafür sind, dass von einer Emotion gesprochen wird. Scherer (1990) hatte vorgeschlagen, nur dann von einer Emotion zu sprechen, wenn alle Emotionskomponenten synchronisiert sind. Problematisch hieran ist, dass viele Emotionen, wie etwa Neid oder Dankbarkeit über keinen spezifischen Emotionsausdruck verfügen1. Zum anderen gilt auch für die so genannten Basisemotionen, dass die Dissoziation von Emotionskomponenten eher die Regel als die Ausnahme darstellt (Lang, 1993). In einer Untersuchung über die Emotion Überraschung zeigte sich eine mittlere Korrelation zwischen expressiver und Gefühlskomponente (Reisenzein, 2000). In ähnlicher Weise konnten Mauss, Levenson, McCarter, Wilhelm und Gross (2005) bei Humorreaktionen eine mittlere Korrelation von expressiver und Gefühlskomponente beobachten. Dabei wies die physiologische Komponente nur sehr geringe Korrelationen zur expressiven und zur Gefühlskomponente auf. Interessanterweise ergab sich für die Emotion Trauer in derselben Untersuchung keine Kohärenz zwischen den drei erfassten Emotionskomponenten. Insgesamt zeigen diese Untersuchungen, dass Dissoziationen zwischen den Emotionskomponenten nicht ungewöhnlich sind und dass die Kohärenz der Komponenten deshalb ein problematisches Kriterium zum Nachweis unbewusster Emotionen sein kann. Eine mögliche Alternative stellt hier die Spezifität der emotionalen Reaktion in den einzelnen Komponenten dar. Mit Ausnahme der Befunde mit phobischen Probanden in der Untersuchung von Öhman und Soares (1994) zeigte sich in den dargestellten Untersuchungen lediglich eine bidimensionale Differenzierung der affektiven Reaktion. Beispielsweise wurde in den Untersuchungen von Zajonc (2000) lediglich die Valenz der subliminal dargebotenen Gesichtsausdrücke variiert und ein Effekt auf Urteilsdimensionen erfasst. Um von unbewussten Emotionen sprechen zu können, wäre es aber notwendig zu zeigen, dass beispielsweise die subliminale Darbietung von Trauer zu anderen Reaktionen führt als die subliminale Darbietung von Angst oder Ärger.
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Dennoch ist denkbar, wenn auch nicht notwendig, dass bei Dankbarkeit der Emotionsausdruck Freude gezeigt wird.
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Eine bidimensionale Differenzierung kann auch ohne Rekurs auf unbewusste Emotionen erklärt werden. Wie im nächsten Abschnitt genauer dargestellt wird, können Gesichtsmuskelreaktionen des Zygomatikusmuskels und des Korrugatormuskels auch durch Einstellungen oder einfache Bewertungsprozesse ausgelöst werden (Neumann, 2003; Neumann, Hülsenbeck & Seibt, 2004; Neumann & Strack, 2000a). Inwieweit auch andere spezifische Gesichtsmuskeln automatisch bei bestimmten Einstellungsobjekten aktiviert werden, wird in Zukunft zu zeigen sein. Insofern bleibt abzuwarten, ob der Grad der Spezifität des Ausdrucksverhaltens ein geeignetes Kriterium für die Differenzierung von Einstellungen und Emotionen ist. Besitzen Bewertungsprozesse und Einstellungen einen kausalen Einfluss auf die Anäherungs- und Vermeidungstendenzen, die auch bei Emotionen auftreten? Wenn evaluative Prozesse und Einstellungen Einfluss auf die Gesichtsmuskelkontraktion besitzen, wäre denkbar, dass sie auch dazu führen, dass motivationale Objekte, wie Getränke (Winkielman et al., 2005), positiv oder negativ bewertet werden und dementsprechend Annäherungs- oder Vermeidungsverhalten vorbereitet wird. Dieser Einfluss von Bewertungen auf motivationale Tendenz muss dabei nicht notwendigerweise mit charakteristischen Emotionsempfindungen einhergehen. Insofern könnten die Befunde auch ohne die Annahme von „unbewussten Emotionen“ erklärt werden. Um die Frage nach unbewussten Emotionen empirisch beantworten zu können, erscheint es also durchaus sinnvoll, eine genauere Differenzierung von Einstellungen und Emotionen vorzunehmen. Zweifelsohne gibt es viele Gemeinsamkeiten zwischen Einstellungen und Emotionen. So handelt es sich sowohl bei Einstellungen wie auch bei Emotionen um intentionale (objektgerichtete) Phänomene, die aus mehreren Komponenten bestehen (kognitive, affektive, expressive, physiologische Reaktion). Emotionen unterscheiden sich von Einstellungen im Hinblick auf die so genannten core relational themes. Emotionen lassen sich also auf einer molaren Ebene motivationalen Themen wie Verlust, Bedrohung, ungerechtfertigter Angriff etc. zuordnen (Lazarus, 1991), die nicht erlernt werden müssen, sondern eine biologische Basis besitzen. Einstellungen dagegen lassen sich als erlernte Bewertungen von beliebigen Entitäten auffassen (Eagly & Chaiken, 1993). So können Einstellungen gegenüber einzelnen Objekten, wie einem einzelnen Auto, gebildet werden oder auch gegenüber einer Gruppe von Objekten, wie etwa einer Fußballmannschaft. Es ist prinzipiell denkbar, dass Emotionen und Einstellungen gegenüber demselben Objekt bestehen. Emotionen und Einstellungen gegenüber demselben Objekt oder Ereignis müssen aber nicht notwendigerweise dieselbe Valenz besitzen. So kann jemand eine sehr positive Einstellung gegenüber Reptilien, wie etwa Schlangen, besitzen und dennoch in gewissen Situationen Angst gegenüber diesen Tieren empfinden.
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Einstellung und Emotion können auch in Wechselwirkung miteinander treten. Zum einen können Einstellungen durch emotionale Erfahrungen generiert werden (Fazio, 1995). Zur Erklärung von Alltagsphänomenen, wie etwa habitualisiertem Vermeidungsverhalten bei Angststörungen, können Einstellungen eine Folge von intensiven emotionalen Erfahrungen sein. Die Einstellung, die durch eine intensive Angsterfahrung hervorgebracht wurde, kann dann in Zukunft Vermeidungsverhalten automatisch und ohne weitere Gefühlsbeteiligung auslösen. Zum anderen wäre denkbar, dass automatische Bewertungsprozesse und Einstellungen einen wesentlichen Beitrag zur Auslösung von Emotionen leisten (Bargh, 1997; Fazio, 2001). Vor dem Hintergrund der Diskussion um „unbewusste Emotionen“ wäre damit zu klären, ob nicht die Emotion selbst, sondern die sie auslösenden Prozesse unbewusst sind. Eine solche Sichtweise wäre mit der These von Nisbett und Wilson (1977) vereinbar, wonach introspektiver Zugang zu mentalen Zuständen, wie etwa Gefühlen, aber nicht zu den sie auslösenden Prozessen besteht. Dabei können Fragen nach mentalen Zuständen zugrunde liegenden Prozessen durchaus beantwortet werden. So beantworten Versuchspersonen durchaus die Frage nach der Veränderung ihrer Stimmung, nachdem über ein positives oder über ein negatives Lebensereignis nachgedacht wurde (Strack & Gonzales, 1993). Nur spiegelt die Antwort auf die Frage nach der Stimmungsveränderung eher die Theorie darüber wider, was die Stimmung nach der Überzeugung der Versuchspersonen verändert hat, als die tatsächlichen Veränderungen der Stimmung im Experiment. Tatsächlich wurde in der kognitiven Emotionsforschung der vergangenen Jahre aber meist versucht, emotionsauslösende Prozesse direkt zu erfragen. Weil aber mentale Prozesse introspektiv nicht zugänglich sind (Nisbett & Wilson, 1977), wurden diese korrelativen Designs von Emotionsforschern immer wieder kritisiert (Parkinson & Manstead, 1992). Im Folgenden soll deshalb ausschließlich auf experimentelle Untersuchungen zur Auslösung von Emotionen eingegangen werden.
3 Automatische evaluative Prozesse als Auslöser für Emotionen? In Einschätzungsansätzen wird davon ausgegangen, dass Bewertungsprozessen eine grundlegende Rolle bei der Auslösung von Emotionen zukommt. So konstatiert Lazarus (1991), dass die Bewertung von wahrgenommenen Ereignissen im Hinblick auf das eigene Wohlergehen Emotionen auslöst. Zajonc (1980, 1984) hat hieran u. a. kritisiert, dass kognitive Einschätzungsprozesse zu langsam sind, um als Grundlage schneller emotionaler Reaktionen zu fungieren. Inzwischen gibt es viele Belege dafür, dass evaluative Prozesse relativ wenige kognitive Ressourcen benötigen und in Reaktion auf ein auslösendes Objekt weitgehend automatisch generiert werden (Bargh, 1997). So wird die affektive Bedeutung aus Bildern (Fazio et al., 1995; Giner-Sorolla, Garcia & Bargh, 1999;
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Krosnick, Betz, Jussim & Lynn, 1992; Niedenthal, 1990; Murphy & Zajonc, 1993), Gerüchen (Hermans, Bayens & Eelen, 1998) und Wörtern (Bargh, Litt, Pratto & Spielman, 1989; Fazio, Sonabatsu, Powell & Kardes, 1986; Greenwald, Klinger & Liu, 1989; Klauer, Roßnagel & Musch, 1997) weitgehend automatisch extrahiert und beeinflusst darauf folgende Reaktionen und Urteile. Dieser automatische Bewertungsprozess unterscheidet sich jedoch in vielerlei Hinsicht von der Verarbeitung semantischer Information (Bargh, 1997; Klauer, 1998; Wentura, 1999). So fanden Bargh, Litt, Pratto und Spielman (1989), dass Zugang zur Valenz von subliminal präsentiertem Material bestehen kann, ohne dass die Bedeutung des Materials erkannt wird. Dies legt nahe, dass die Valenz im zeitlichen Verlauf vor dem semantischen Inhalt verarbeitet wird. Legt man als Repräsentationsform ein Aktivations-Ausbreitungsmodell zugrunde, so sollten benachbarte Knoten im semantischen Netzwerk mit mehr Aktivierung versehen werden als weiter entfernte Knoten. Diese Gesetzmäßigkeit semantischer Netzwerke gilt aber offenbar nicht für die Verarbeitung affektiver Information, weil beispielsweise positive Primes zur erleichterten Verarbeitung positiver Targets führen, ohne dass die semantische Nähe der Konzepte im Netzwerk hierbei eine Rolle spielt (Bargh, 1997). Wozu aber dienen diese Unterschiede in der Verarbeitung evaluativer und semantischer Informationen? Eine Möglichkeit besteht darin, dass der Bewertung eine zentrale Funktion in der Lenkung der weiteren Informationsverarbeitungsprozesse und des Verhaltens zukommt. So lenken schnelle automatisierte Bewertungsprozesse die Aufmerksamkeit auf bedeutsame Objekte oder Ereignisse in der Umwelt (Roskos-Ewoldsen & Fazio, 1992; Matthews & Wells, 1999) und steuern dadurch die Informationsverarbeitung in adaptiver Weise. Darüber hinaus besitzt die schnelle Generierung von Annäherungs- oder Vermeidungsverhalten in Abhängigkeit von förderlichen oder schädlichen Objekten oder Ereignissen in der Umwelt eine zentrale Bedeutung für das Überleben. Dementsprechend könnte man annehmen, dass evaluative Prozesse automatisch Annäherungs- oder Vermeidungssysteme aktivieren. Ein Zusammenhang von Annäherungsverhalten und positiver Valenz und Vermeidungsverhalten und negativer Valenz ist die Grundlage zahlreicher Motivationstheorien (Cacioppo, Gardner & Berntson, 1997; Davidson, Ekman, Saron, Senulis & Friesen, 1990; Lang, Bradley & Cuthbert, 1990; Lewin, 1935). So haben etwa Lang et al. (1990) eine Motivationstheorie vorgelegt, in der Reflexe als rudimentäre Formen von appetitivem oder aversivem Verhalten aufzufassen sind. Setzt man einen engen Zusammenhang von Valenz und Verhalten voraus, so sollten aversive Reflexe bei der Verarbeitung negativer Stimuli verstärkt werden und appetitive Reflexe bei der Verarbeitung positiver Information verstärkt werden. Evidenz für diese These konnte bisher nur für den Schreckreflex gesammelt werden, der zu den aversiven Reflexen zu zählen ist. So konnte gezeigt werden, dass der elektromyografisch auf-
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gezeichnete Schreckreflex beim Betrachten positiver Bilder (bspw. schöne Landschaften) verringert und beim Betrachten negativer Bilder (bspw. chirurgischer Eingriff ) verstärkt wird. Lang et al. (1990) führen die Generierung schneller automatischer Verhaltensreaktionen auf die Aktivierung des Annäherungssystems oder des Vermeidungssystems durch die verarbeitete Valenz zurück. Die Untersuchungen von Lang et al. (1990) lassen sich also so interpretieren, dass sich Vermeidungsreaktionen leichter auslösen lassen, wenn das Vermeidungssystem durch die Verarbeitung von negativen Informationen aktiviert wurde. Lassen sich für die Erleichterung der Ausführung appetitiver Reaktionen beim Verarbeiten positiver Valenz ebenfalls Belege finden? Chen und Bargh (1999) führten Untersuchungen durch, in denen Versuchspersonen auf evaluative Urteile mit einer Annäherungs- oder einer Vermeidungsbewegung zu reagieren hatten. Hierzu war zu entscheiden, ob ein auf dem Bildschirm gezeigtes Nomen positiv oder negativ valent ist. Die Entscheidung sollte mit der Bewegung eines Hebels entweder hin zum eigenen Körper oder weg vom eigenen Körper indiziert werden. Es zeigte sich, dass Versuchspersonen den Hebel schneller auf sich zu bewegen konnten, wenn positive Nomen auf dem Bildschirm zu sehen waren. Waren dagegen negative Nomen zu sehen, wurde der Hebel schneller von sich weg- als auf sich zubewegt. Da allerdings appetitive und aversive Bewegungen jeweils durch zwei Referenzpunkte definiert sind, nämlich das eigene Subjekt und ein Objekt, können die Befunde auch anders interpretiert werden. Während man sich etwa mit einer Armbewegung vom eigenen Körper entfernt (Vermeidungsbewegung), bewegt man sich gleichzeitig in Richtung des Objektes (Annäherungsbewegung). Wählt man also das Objekt als Referenzpunkt, kann man zeigen, dass Bewegungen weg vom Körper schneller bei positiver Valenz und Bewegungen in Richtung des eigenen Körpers schneller bei negativer Valenz ausgeführt werden (Seibt, Neumann, Nussinson & Strack, 2008). Insgesamt legt dies nahe, dass nicht die Richtung der eigenen Bewegung, sondern die Distanzveränderung (Vergrößerung, Verkleinerung) bei automatisch generierten Effekten maßgeblich ist. Das heißt, bei automatisch ausgelösten Verhaltensreaktionen spielt die Veränderung der Distanz zum jeweils fokussierten Referenzpunkt eine zentrale Rolle. Nun zeigt sich die Aktivierung motivationaler Systeme aber nicht nur in der Bereitstellung instrumenteller Annäherungs- und Vermeidungsbewegungen. Einige Befunde legen nahe, dass auch nonverbales Verhalten mit zwei unterschiedlichen neuronalen Strukturen assoziiert ist, die an der Generierung von Annäherungs- und Vermeidungsreaktionen beteiligt sind (Davidson et al., 1990). Linksseitige frontale EEG-Aktivität wird bei Annäherungsreaktionen beobachtet und tritt auch bei Zygomatikus-Muskelkontraktionen auf. Dagegen ist rechts-
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seitige frontale EEG-Aktivität bei der Korrugator-Muskelkontraktion zu verzeichnen. Wenn nun die Aktivierung des Korrugatormuskels dem Vermeidungssystem zuzuordnen ist, dann sollten Reaktionen auf die Verarbeitung negativer Informationen schneller mit dem Korrugatormuskel als mit dem Zygomatikusmuskel erfolgen. Und wenn der Zygomatikusmuskel dem Annäherungssystem zuzuordnen ist, dann sollten Reaktionen auf die Verarbeitung positiver Informationen schneller mit dem Zygomatikusmuskel als mit dem Korrugatormuskel erfolgen. Diese Hypothese wurde in einer Untersuchung von Dimberg, Thunberg und Grunedal (2002) geprüft, in der entschieden werden sollte, ob lächelnde oder ärgerliche Gesichtsausdrücke positiv oder negativ sind. Auf lächelnde Gesichter konnte schneller mit dem Zygomatikusmuskel reagiert werden und auf ärgerliche Gesichter schneller mit dem Korrugatormuskel. Die Tatsache, dass auf emotionale Gesichtsausdrücke schneller mit demselben Ausdruck als mit einem anderen Ausdruck reagiert werden kann, lässt sich alternativ auch auf Imitationsverhalten zurückführen (Prinz, 1990). Um zu untersuchen, ob die Valenz der verarbeiteten Information oder die Imitation des Ausdruckverhaltens zu der Erleichterung der Gesichtsmuskelreaktion führt, wurde eine Serie von Experimenten durchgeführt, in denen mit dem Korrugatormuskel oder dem Zygomatikusmuskel einzuschätzen war, ob ein auf dem Bildschirm abgebildetes Nomen positiv oder negativ war (Neumann, Hess, Schulz & Alpers, 2005). In dieser Untersuchung zeigte sich, dass auf positive Begriffe schneller mit dem Zygomatikusmuskel und auf negative Begriffe schneller mit dem Korrugatormuskel reagiert werden konnte. Insgesamt legen diese Untersuchungen nahe, dass die Verarbeitung positiver Valenz das appetitive motivationale System und die Verarbeitung negativer Information das aversive motivationale System aktiviert. Auf diese Weise sind mit dem jeweils aktivierten motivationalen System kompatible Bewegungen leichter ausführbar. Damit kann angenommen werden, dass evaluative Prozesse einen unmittelbaren Einfluss auf motivationale Systeme ausüben. Nun könnte man einwenden, dass die von Davidson et al. (1990) nachgewiesene Lateralisierung weniger auf die Aktivierung motivationaler Systeme als auf die Verarbeitung positiver oder negativer Valenz zurückzuführen ist. Einen möglichen Weg, zwischen diesen beiden Hypothesen zu unterscheiden, bildet der Vergleich von Emotionen gleicher Valenz, die dennoch unterschiedlichen motivationalen Systemen zuzuordnen sind. Harmon-Jones und Allen (1998) haben aus diesem Grund die EEG-Aktivierung bei Angst, die dem Vermeidungssystem zuzurechnen ist, und bei Ärger, der dem Annäherungssystem zuzuordnen ist, verglichen. Da bei Personen, die Angst erlebten, eher eine rechtsseitige EEG-Aktivierung gefunden wurde und beim Erleben von Ärger eher eine linksseitige Aktivierung, kann davon ausgegangen werden, dass diese Methode eher primär motivationale Systeme als die Verarbeitung unterschiedlicher Valenzen indiziert (vgl. auch Wacker, Heldmann & Stemmler, 2003).
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Zusammengefasst legen diese Befunde nahe, dass (a) die Valenz von Objekten oder Ereignissen automatisch extrahiert wird und dass (b) eine wesentliche Funktion dieser automatischen Extraktion der Valenz darin besteht, adaptive Reaktionen vorzubereiten. Diese Reaktionen betreffen zum einen die Regulation der Informationsverarbeitung (Roskos-Ewoldsen & Fazio, 1992; Matthews & Wells, 1999) und zum anderen die Vorbereitung adaptiver Verhaltensreaktionen. Ob die vorbereitete Verhaltensreaktion allerdings tatsächlich ausgeführt wird, hängt von weiteren Faktoren ab. Vor diesem Hintergrund lassen sich die Befunde von Winkielman et al. (2005) so interpretieren, dass die subliminale Darbietung lächelnder Gesichter das Annäherungssystem aktiviert und die subliminale Darbietung von ärgerlichen Gesichtern das Vermeidungssystem. Nur wenn zusätzlich ein Bedürfnis besteht (Durst), führen die aktivierten Verhaltentendenzen auch zu Unterschieden im Verhalten. Eine zentrale Frage besteht darin, ob die hier untersuchten automatischen Bewertungsprozesse tatsächlich als Grundlage von Emotionen in Frage kommen. Wie bereits erörtert, war ein wesentlicher Kritikpunkt an Einschätzungsmodellen der kognitive Aufwand und die daraus resultierende Langsamkeit der vermeintlich emotionsauslösenden Prozesse (Zajonc, 1980, 1984). Die vorangegangenen Ausführungen haben aber deutlich gemacht, dass Bewertungsprozesse sehr stark automatisiert sein können und Reaktionsbereitschaften vorbereiten, die mit den durch Emotionen ausgelösten Reaktionsbereitschaften identisch sind. Bedeutet dies, dass es sich bei den im Rahmen von affektivem oder evaluativem Priming untersuchten Prozessen um dieselben handelt, die an der Auslösung von Emotionen beteiligt sind? Möglicherweise handelt es sich um unterschiedliche Prozesse. Dafür spricht, dass die Stimuli, die in der affektiven oder evaluativen Primingforschung verwendet wurden, für sich genommen in der Regel nicht geeignet sind, um Emotionen auszulösen. So wurden häufig Begriffe (bspw. „Geld“ oder „Abfall“) oder emotionale Gesichtsausdrücke (Murphy & Zajonc, 1993; Öhman, Dimberg & Esteves, 1989) in diesen Untersuchungen verwendet. Aber auch, wenn emotionsauslösende Bilder als Primes (Bilder von Spinnen oder Schlangen, vgl. etwa Öhman & Soares, 1994) verwendet wurden, erscheint es unwahrscheinlich, dass bei einer maskierten Darbietung der Bilder vollständige Emotionen einschließlich der Gefühlskomponente und der zugrunde liegenden Bewertung bei nicht klinischen Gruppen ausgelöst werden. Dies deswegen, weil die Auslösung von Emotionen sehr kontextabhängig ist und eine episodische Repräsentation erfordert (Clore & Ortony, 2000). So kann Verhalten einer fremden Person, das tagsüber keinerlei Emotionen auslöst, bei Dunkelheit Angst hervorrufen. Um zu untersuchen, ob affektives Priming als emotionsauslösender Prozess in Frage kommt, wurde zunächst die Intensität von Ekelgefühlen bei der Betrach-
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tung von ekelspezifischen IAPS-Bildern eingeschätzt (Neumann, 2005). Dieselben Bilder wurden danach in einer evaluativen Primingaufgabe verwendet. Dazu wurden die Bilder als Primes für 135 ms dargeboten. Anschließend folgte ein Nomen (bspw. „Sonne“ oder „Krebs“), bei dem die Valenz als entweder positiv oder negativ einzuschätzen war. Wenn die durch die Bilder ausgelösten Einschätzungsprozesse identisch wären mit den automatisierten evaluativen Prozessen, die im evaluativen Priming ausgelöst werden, dann sollte sich eine negative Korrelation zwischen Reaktionserleichterung und Intensität der emotionalen Reaktion ergeben. Es zeigte sich aber keinerlei substanzielle Korrelation zwischen der Reaktionserleichterung und der Intensität der Ekelreaktion für die einzelnen Stimuli (Neumann, 2005). Zur Erklärung dieses Befundes kann angenommen werden, dass die Intensität der Ekelreaktion möglicherweise auf andere Aspekte der IAPS-Bilder zurückzuführen ist als die evaluative Reaktionserleichterung. Diese Idee wird gestützt durch Befunde, die zeigen, dass nur Teile von Begriffen Einfluss auf die Reaktionserleichterung im evaluativen Priming besitzen (Abrams & Greenwald, 2000). Verwendet man sprachliche Negationen wie „unmöglich“ oder „unmotiviert“ als Primes in einer affektiven Primingaufgabe, so werden die Begriffe affirmativ, d. h. ohne die entsprechende Negation verarbeitet und führen zur Erleichterung positiver Reaktionen (Deutsch, Gawronski & Strack, 2006). Welche Teile der in einem emotionsauslösenden Bild enthaltenen Informationen bei maskierter Darbietung also tatsächlich verarbeitet werden und damit Grundlage einer ausgelösten Emotion sein können, bleibt unklar. Ein weiteres Problem mag darin liegen, dass jene evaluativen Prozesse, die an der Emotionsauslösung beteiligt sind, sehr wahrscheinlich erst relativ spät ausgelöst werden. Möglicherweise wird zunächst die Relation von wahrgenommenen Ereignissen zu den aktuell dominierenden Bedürfnissen oder Zielen bestimmt. Die Bewertung wäre dann eine unmittelbare Folge aus der Interaktion von Motivation und wahrgenommenen Ereignissen. Bei der evaluativen Reaktionserleichterung handelt es sich dagegen um einen Effekt, der frühe Bewertungsprozesse reflektiert, die die Funktion haben, die Aufmerksamkeit zu lenken und die Reaktionen vorzubereiten. Wie oben bereits ausgeführt, spielen bei der Auslösung von Emotionen – anders als bei Einstellungen – Bedürfnisse und Ziele eine grundlegende Rolle. Je nachdem, welches Ziel von einem Individuum verfolgt wird oder welches Bedürfnis gerade befriedigt wird, können unterschiedliche Bewertungen von Ereignissen oder Objekten vorgenommen werden. Vor diesem Hintergrund wird die Bewertung also nicht invariant gegenüber demselben Ereignis gezeigt, sondern die aktuellen Bedürfnisse bestimmen die Bewertung. Im Gegensatz hierzu wurde in der affektiven Primingforschung die Meinung vertreten, dass die eva-
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luative Bedeutung von Objekten automatisch aktiviert wird und relativ invariant ist (Bargh, 1997). Neuere Untersuchungen zeigen allerdings, dass Bedürfnisse und Ziele eine wichtige Voraussetzung für evaluative Primingeffekte sein können (Ferguson & Bargh, 2004). So können etwa durstige Versuchspersonen nach Primes wie Glas oder Tasse schneller auf positive als auf negative Begriffe reagieren. Versuchspersonen ohne Durst reagierten dagegen nach Primes wie Glas oder Tasse auf positive und negative Begriffe gleich schnell (s. für ähnliche Ergebnisse Stapel & Koomen, 2006). Nun lassen sich die Befunde der Untersuchung von Ferguson und Bargh (2004) aber auch so interpretieren, dass automatisierte Bewertungsprozesse immer von motivationalen Zuständen abhängen. Ein Blick auf die in der affektiven und evaluativen Primingforschung verwendeten Primes legt dies in der Tat nahe. Begriffe wie „Krebs“ oder „Montag“ sind sicher nur dann negativ, wenn bestimmte motivationale Zustände vorliegen. Immer wieder wurden in der Emotionspsychologie Debatten darüber geführt, ob Stimuli tatsächlich eine ihnen innewohnende positive oder negative Valenz besitzen. So wird Geschmacksqualitäten, wie bitter oder süß (Steiner, 1979), oder emotionalen Gesichtsausdrücken eine intrinsische Valenz zugeschrieben (Lundqvist, Esteves & Öhman, 2004). Damit aber ein emotionaler Gesichtsausdruck einer anderen Person tatsächlich zu einer vollständigen Emotion auf der Seite des Rezipienten führt, bedarf es noch weiterer Qualifikationen (eine Ausnahme bildet hier das Phänomen der emotionalen Ansteckung, die allerdings nicht zu Emotionen, sondern zu Stimmungen führt, Neumann & Strack, 2000c). Eine solche Qualifikation betrifft die Interaktion, in der man sich gerade mit der Person befindet, die einen Emotionsausdruck zeigt. So kann das ärgerliche Gesicht eines Spielgegners zu vollkommen anderen Reaktionen führen als das ärgerliche Gesicht des Spielpartners (Lanzetta & Englis, 1989; Tamir, Robinson, Clore, Martin & Whitaker, 2004). Dies bedeutet, dass der ärgerliche oder enttäuschte Emotionsausdruck einer anderen Person zwar sehr schnell als negativ evaluiert werden kann, dass die Implikation aber für das eigene Wohlergehen positiv ist. Anders als Einstellungen erfordern Emotionen also oft komplexere semantische Einschätzungen. Wie aber bereits deutlich geworden ist, können auch semantische Einschätzungsprozesse automatisch erfolgen.
4 Semantische Prozesse bei der Emotionsauslösung Eine Gemeinsamkeit von Einschätzungsmodellen der Emotion besteht darin, dass neben Bewertungen von Handlungen und Ereignissen im Hinblick auf das eigene Wohlergehen auch andere Aspekte, wie die Kontrollierbarkeit oder die Verursachung eines Ereignisses, Einfluss auf Qualität und Intensität einer Emotion nehmen sollten (Lazarus, 1991; Weiner, Russell & Lerman, 1979). Dabei
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wurde in einigen Ansätzen angenommen, dass es zu einer sequenziellen Abfolge von Einschätzungsschritten kommt. So hat beispielsweise Scherer (1990) vorgeschlagen, dass Emotionen das Resultat einer Abfolge von Reizbewertungen, wie Neuheit, intrinsische Valenz u. a. seien (vgl. Hess & Kappas in diesem Band). In ähnlicher Weise hat Weiner (1986) angenommen, dass eine primitive Emotion Folge einer globalen und undifferenzierten Bewertung der Situation sei. Anschließend kann die emotionale Reaktion durch Attributionsprozesse weiter ausdifferenziert werden. Beispielsweise liegt Emotionen wie Schuld und Ärger gleichermaßen eine negative Bewertung eines Ereignisses oder einer Handlung zugrunde. Wird das Ereignis oder die Handlung aber in weiteren Schritten der Informationsverarbeitung auf das eigene Verhalten zurückgeführt, so sollte eher Schuld erlebt werden. Wird das Ereignis oder die Handlung jedoch auf das Verhalten einer anderen Person zurückgeführt, so sollte eher Ärger erlebt werden. Nimmt man an, dass Schuld eher mit Vermeidungstendenzen und Ärger eher mit Annäherungstendenzen einhergeht, so wird deutlich, dass motivationale Systeme ebenso wie Emotionen nicht ausschließlich von Bewertungsprozessen beeinflusst werden. Bisher liegen jedoch nur sehr wenige empirische Belege für den Kausaleinfluss von Attributionsprozessen auf die Qualität der empfundenen Emotion vor (für eine Kritik vgl. Parkinson & Manstead, 1992). In einer solchen Untersuchung wurden vor der Konfrontation mit einem mehrdeutigen negativen Ereignis Attributionsprozesse experimentell so beeinflusst, dass entweder Ärger- oder Schuldgefühle resultierten (Neumann, 2000). Hierzu übten Untersuchungsteilnehmer zunächst ein, neutrale Begriffe entweder auf sich oder auf eine dritte Person zu beziehen. Es zeigte sich in dieser Untersuchung, dass beim Eintreten eines negativen Ereignisses (Störung eines Experiments) Untersuchungsteilnehmer intensivere Schuld empfanden und sich häufiger entschuldigten, wenn sie vorher wiederholt internale Attributionen vorgenommen hatten. Damit bestätigen diese Ergebnisse die These, dass neben Bewertungsprozessen auch Attributionsprozesse Einfluss auf die Qualität einer Emotion besitzen.
5 Motivationale Prozesse und die Involvierung des Selbst Bei den bisher dargestellten emotionsauslösenden Prozessen wurde deutlich, dass sie nicht notwendigerweise zu Emotionen führen müssen2. Eine notwendige Voraussetzung dafür, dass Emotionen ausgelöst werden, besteht darin, dass 2
Selbst wenn motivationale Systeme der Annäherung oder Vermeidung aktiviert sind, bedeutet dies noch nicht, dass es sich um einen „heißen“ emotionsauslösenden Prozess handelt. Wie in den vorangegangenen Ausführungen deutlich wurde, können Ereignisse und Objekte auch Annäherungsoder Vermeidungsverhalten erleichtern, ohne dass hierbei eine Emotion ausgelöst wird. So kann
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Bedürfnisse und Ziele die Informationsverarbeitung bestimmen und „kalte“ Prozesse zu „heißen“ Prozessen werden lassen. Einschätzungsansätze sehen eine notwendige Voraussetzung für die Auslösung einer Emotion darin, dass Bedürfnisse, Werte oder Ziele der Person durch Objekte oder Ereignisse tangiert werden (Lazarus, 1991; Roseman, 2001). Überraschenderweise liegen bisher nur sehr wenige experimentelle Untersuchungen zum Einfluss der Motivation auf emotionale Reaktionen vor. In einem Experiment wurde Probanden in Aussicht gestellt, dass sie entweder eine angenehme Geschmackserfahrung (appetitive Bedingung) oder keine solche Geschmackserfahrung machen würden (Roseman & Edvokas, 2004). Der anderen Hälfte der Versuchspersonen wurde entweder eine unangenehme (aversive Bedingung) oder keine Geschmackserfahrung in Aussicht gestellt. Anschließend stellt eine Hälfte der Probanden fest, dass sie tatsächlich die in Aussicht gestellte Erfahrung machen wird. Die andere Hälfte der Probanden stellt fest, dass sie anstatt der in Aussicht gestellten die gegenteilige Erfahrung machen wird (keine statt der in Aussicht gestellten Erfahrung oder eine Geschmackserfahrung, obwohl keine in Aussicht gestellt wurde). Danach wurden emotionale Reaktionen per Selbstbeschreibung erfasst. In Einklang mit dem Modell von Roseman (2001) führten appetitive Zustände zu mehr Freude und Hoffnung als aversive Zustände. Konnte eine unangenehme Erfahrung abgewendet werden, so führte dies zu stärkerem Erleben von Erleichterung. Nicht nur in Einschätzungsansätzen spielen motivationale Prozesse eine zentrale Rolle bei der Auslösung von Emotionen. Strauman und Higgins (1987) haben vorgeschlagen, dass die Qualität der Emotion eine Funktion der wahrgenommenen Diskrepanz zwischen unterschiedlichen Instanzen des Selbst ist. Sie nehmen an, dass Diskrepanzen zwischen dem aktuellen Selbst und dem idealen Selbst auf der einen Seite und dem aktuellen Selbst und dem Selbst, wie es sein soll, auf der anderen Seite auftreten können. Aus Diskrepanzen von aktuellem Selbst und dem idealen Selbst (also wie jemand zu sein wünscht oder hofft) resultieren Emotionen wie Niedergeschlagenheit und Trauer (bei niedriger Erregung). Demgegenüber führen Diskrepanzen von dem Selbst, wie es sein soll, und dem aktuellen Selbst zu Emotionen wie Angst (bei hoher Erregung). Diese Annahmen konnten in Untersuchungen von Strauman und Higgins (1987) auch bestätigt werden. Einschätzungsansätze nehmen an, dass ein wesentlicher Faktor bei der Auslösung von Emotionen darin besteht, dass eigene Ziele verletzt oder erreicht werder Anblick einer Zigarette bei einem Raucher relativ automatisch eine positive Bewertung auslösen und dabei Annäherungsverhalten erleichtern (Geier, Mucha & Pauli, 2000; Mogg, Bradley, Field & De Houwer, 2003). Es ist aber unwahrscheinlich, dass beim Anblick der Zigarette im Raucher eine Emotion ausgelöst wird.
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den. Eine zentrale Frage ist hierbei, welche Rolle das Selbst bei der Erreichung oder Verletzung von Zielen spielt. Während einige Autoren annehmen, dass das Selbst bei der Generierung aller Emotionen beteiligt ist (Lazarus, 1991; Solomon, 1989), gehen andere davon aus, dass das Selbst nur bei selbstbezogenen Emotionen, wie Stolz oder Scham involviert ist (Tracy & Robins, 2004). Bei selbstbezogenen Emotionen spielt es eine Rolle, ob das Selbst oder Personen, zu denen ein enger Bezug besteht (Einheitsbildung bei Heider, 1958), als Verursacher eines Handlungseffektes gesehen werden können. Auch Ziele einer Gruppe können erfüllt oder verletzt werden. Vor diesem Hintergrund können die Qualität und die Intensität der empfundenen Emotion bei einem Individuum in Abhängigkeit vom Grad der Zugehörigkeit zu einer Gruppe variieren (Mackie, Devos & Smith, 2000). Darüber hinaus spielt das Selbst bei der Einschätzung eine Rolle, ob Möglichkeiten bestehen, das emotionsauslösende Ereignis oder seine Konsequenzen zu verändern (Lazarus, 1991). Schließlich wird das Selbst auch mit Formen der Emotionsregulation in Verbindung gebracht (Baumeister, Bratslavsky, Muraven & Tice, 1998; vgl. Egloff in diesem Band). Kulturunterschiede im Erleben von Emotionen werden auf die kulturspezifische Ausgestaltung des Selbstkonzeptes zurückgeführt (Markus & Kitayama, 1991). Insbesondere die Unterscheidung von kollektivistischem Selbst, das eher auf die sozialen Beziehungen fokussiert ist, und dem individualistischen Selbst, das eher auf die Einzigartigkeit des Individuums und seine Privatheit abhebt, wurde zur Erklärung kultureller Unterschiede des emotionalen Erlebens herangezogen. Infolge der jeweiligen kulturspezifischen Ausgestaltung des Selbst können in den Kulturen auch qualitativ unterschiedliche Emotionen erlebt werden (etwa die Emotion „Amae“ in Situationen freundschaftlicher Verbundenheit in Japan). Darüber hinaus lässt sich hieraus ableiten, dass es kulturelle Unterschiede im Erleben der gleichen Emotion gibt. So beobachtete etwa Mesquita (2001), dass in einer stolzauslösenden Situation, wie dem Erringen einer guten Abschlussnote, Menschen in der Türkei spontan eher an die Konsequenzen dieses Ereignisses im Kreise der Familie denken, während Menschen in den Niederlanden hier eher an die eigenen Investitionen in diese Leistung und die Konsequenzen für die eigene Person denken. Schließlich lässt sich aus dem Ansatz von Markus und Kitayama (1991) ableiten, dass es für die gleichen Emotionen in kollektivistischen und in individualistischen Kulturen unterschiedliche Auslöser gibt. So empfindet man in kollektivistischen Kulturen intensiveren Stolz über die Leistungen von Personen, denen man nahe steht, während man in individualistischen Kulturen intensiveren Stolz über die eigene Leistung empfindet (Neumann & Steinhäuser, 2005; Stipek & Weiner, 1989). Diese Befunde lassen sich so interpretieren, dass bei Kompatibilität von Selbstkonstruktion und auslösendem Ereignis (etwa individualistischer Auslöser und individualistisches Selbstkonzept) intensivere selbstbezogene Emotionen empfunden werden.
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Wie bereits ausgeführt, beschränkt sich der Einfluss des Selbst jedoch nicht auf selbstbezogene Emotionen. Dafür spricht, dass etwa die Intensität des Erlebens von Ekel gegenüber Ausscheidungen anderer Personen wesentlich von der Beziehung zu diesen Personen abhängt. So empfinden Menschen weniger Ekel beim Anziehen eines verschwitzten Hemdes, wenn es vorher von einer befreundeten Person statt von einer fremden Person getragen wurde (Rozin, Millmann & Nemeroft, 1986). Oder junge Eltern empfinden sehr viel weniger Ekel vor dem Kot des eigenen Kindes. Gerade Ekel wird erst dann empfunden, wenn Stoffe den eigenen Körper verlassen haben. Ekelauslösende Stoffe können also dieses Potenzial verlieren, wenn eine Assoziation mit dem Selbst hergestellt werden kann. Bisher gibt es überraschend wenige Untersuchungen, in denen die Rolle des Selbstkonzeptes bei der Auslösung von Emotionen beleuchtet wurde. Die vorangegangenen Ausführungen machen deutlich, dass ein Ziel zukünftiger Forschung darin bestehen sollte, zu klären, auf welchem Wege das Selbstkonzept Einfluss auf das emotionale Erleben nimmt. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass unterschiedliche Einflüsse des Selbstkonzeptes auf das emotionale Erleben bestehen. Einmal kann ein Einfluss auf selbstbezogene Emotionen beschränkt sein. Zum anderen könnte das Selbstkonzept an der Auslösung aller Emotionen beteiligt sein. Darüber hinaus haben motivationspsychologische Konzepte bisher kaum Eingang in die Emotionsforschung gefunden. Man kann davon ausgehen, dass beispielsweise die Zielbindung (Locke & Kristof, 1996) einen wesentlichen Einfluss auf das emotionale Erleben besitzt. Im Übrigen scheinen Menschen auf die Bindung an Bedürfnisse und Ziele auch einen gewissen regulativen Einfluss ausüben zu können (Gross, 1998). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass evaluative, semantische und motivationale Prozesse eine zentrale Rolle bei der Auslösung von Emotionen spielen. Wie in den vorangegangenen Ausführungen deutlich wurde, kommt der unmittelbare Einfluss evaluativer Prozesse auf motivationale Systeme darin zum Ausdruck, dass die Ausführung unterschiedlicher appetitiver oder aversiver Verhaltensweisen erleichtert wird, wenn kompatible evaluative Informationen verarbeitet werden. Auf diese Weise wird adaptives Verhalten schnell und ohne aufwändige kognitive Prozesse bereitgestellt. Attributionsprozesse besitzen offenbar die Funktion, die starre Verknüpfung von evaluativen Prozessen und motivationalen Systemen zu entkoppeln und für kontextangemessene spezifische Reaktionen zu sorgen. Durch die Einbeziehung unterschiedlicher Attributionsprozesse kann derselbe Bewertungsprozess zu emotionalen Reaktionen mit entgegengesetzten motivationalen Ausrichtungen führen. Diese Ausführungen verdeutlichen, dass evaluative, semantische und motivationale Prozesse im Prozess der Emotionsauslösung sehr eng miteinander verknüpft sind. Wie bereits weiter oben dargestellt, können evaluative Prozesse aber auch eine Folge von
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motivationalen Zuständen sein (Ferguson & Bargh, 2004; Stapel & Koomen, 2006). Insofern lässt sich der Prozess der Emotionsauslösung als Multi-entryProzess rekonstruieren, bei dem einzelne Prozesse die jeweils anderen Prozesse in Gang setzen können.
6 Experientielle und nicht experientielle Einflüsse auf das Verhalten In den vorangegangenen Abschnitten wurde deutlich, dass einzelne Prozesse, die sowohl an der Auslösung von Einstellungen als auch Emotionen beteiligt sind, die gleichen Verhaltenstendenzen zur Folge haben. So erleichtern evaluative Prozesse offenbar die Ausführung von Annäherungs- oder Vermeidungshandlungen. Wenn diese Handlungen durch die automatische Aktivierung von Einstellungen erleichtert werden, ohne dass hierfür eine bewusste Intention erforderlich ist, stellt sich die Frage, warum in der Evolution überhaupt Emotionen hervorgebracht wurden, die von unterschiedlichen Gefühlszuständen begleitet werden. Mandler (1975) hat angenommen, dass Emotionen dazu dienen, die aktuelle Zielverfolgung zu unterbrechen, um eine Neuorientierung der Prioritäten vorzunehmen. Die Gefühlskomponente besitzt also die Funktion, das Individuum über den aktuellen Zustand der Realisierung von Zielen oder Bedürfnissen des Individuums zu informieren. Die Reflektion über die Angemessenheit des eigenen Handelns kann weitere Optionen eröffnen, was gegenüber der automatisch ausgelösten Verhaltenstendenz von Vorteil sein kann (Strack & Seibt, 2003). Scherer (1986) zufolge besteht die Funktion der Gefühlskomponente im Wesentlichen darin, automatische Stimulus-Verhalten-Abfolgen zu entkoppeln. Dies ermöglicht es neben kurzfristigen Folgen des Handelns, auch die langfristigen Konsequenzen abzuwägen (Metcalfe & Mischel, 1999). So kann Prüfungsangst dazu führen, dass ein Prüfungskandidat nicht an der Prüfung teilnimmt. Andererseits kann die Reflexion über die langfristigen Folgen des Fernbleibens von der Prüfung dazu führen, dass auch eine hoch prüfungsängstliche Person nicht ihrer unmittelbaren Handlungstendenz folgt und an der Prüfung teilnimmt. Jemand kann sich dazu entscheiden, entgegen dem unmittelbar durch seine Prüfungsangst ausgelösten Vermeidungsimpuls die Prüfung doch zu absolvieren und damit langfristig positiven Konsequenzen den Vorrang zu geben (Strack & Seibt, 2003). Die Tatsache, dass eine Emotion bewusst wird, gibt also die Möglichkeit zur Reflexion über die Handlungsfolgen. Hieraus erwächst die Option, anders zu handeln und den langfristig positiven Folgen den Vorrang vor kurzfristig negativen Konsequenzen zu geben. Insbesondere für die Abwägung des Verhaltens in sozialen Gruppen ist eine Entkoppelung von reinen Reiz-Reaktionsmustern nützlich. Dementsprechend hat der Mensch im Laufe der Evolution offenbar
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Möglichkeiten der parallelen Verarbeitung von Informationen auf unterschiedlichen Ebenen hervorgebracht, wobei diese parallelen Formen der Informationsverarbeitung unterschiedlichen Gesetzmäßigkeiten unterliegen. In so genannten „Zweiprozessmodellen“ werden automatische und kontrollierte Formen der Informationsverarbeitung unterschieden. Diese beiden Formen der Informationsverarbeitung ermöglichen es, sehr unterschiedlichen Erfordernissen Rechnung zu tragen und damit eine bessere Anpassung an sich schnell wechselnde Umweltverhältnisse vorzunehmen. Im Folgenden soll zunächst auf Zweiprozessmodelle und ihre grundlegenden Annahmen in der Kognitiven Psychologie und in der Sozialpsychologie eingegangen werden. Anschließend wird ein Überblick über Zweiprozessmodelle der Emotionsforschung vermittelt und eine Bewertung dieser Modelle vorgenommen.
6.1 Zweiprozessmodelle in der Kognitiven Psychologie und in der Sozialpsychologie Die Überzeugung, dass das menschliche Verhalten von mehr als einem Informationsverarbeitungssystem beeinflusst wird, hat zur Entwicklung von Zweiprozessmodellen in der Kognitiven Psychologie (Jacoby et al., 1992; Tulving, 1983; Sherry & Schacter, 1987; McClelland, McNaughton & O’Reilly, 1995) und in der Sozialpsychologie (Chaiken & Trope, 1999; Smith & DeCoster, 2000; Strack & Deutsch, 2004) geführt. Der Begriff „Zweiprozessmodelle“ verweist auf die zentrale Gemeinsamkeit dieser Modelle, die darin besteht, dass zwei interagierende, aber voneinander unabhängige Informationsverarbeitungsund Speicherungssysteme angenommen werden. Warum jedoch weicht man vom Prinzip der Sparsamkeit ab und konstatiert zwei statt eines Prozesses? Der zentrale Vorteil von Zweiprozessmodellen besteht darin, dass komplexen und zum Teil widersprüchlichen Anforderungen der Umwelt durch zwei voneinander unabhängige Gedächtnissysteme besser Rechnung getragen werden kann als durch ein einziges System. Worin bestehen nun die Anforderungen der Umwelt? Eine erste Anforderung besteht darin, stabiles Wissen und Erwartungen über die Umwelt herauszubilden. Hierzu bedarf es eines Gedächtnissystems, in dem schrittweise und langsam Repräsentationen aufgebaut werden, die auf einer sehr großen Menge an Erfahrungen beruhen. Dies führt zu relativ stabilen Repräsentationen, die durch neue Erfahrungen nicht leicht zu verändern sind. Solche Repräsentationen ermöglichen die Vorhersage von Ereignissen auch dann, wenn unvollständiges Wissen vorliegt. Allerdings wird diese Vorhersage dann recht ungenau sein, wenn sehr spezifische Verhältnisse vorliegen, die in dieser Weise aus den vorhandenen Repräsentationen nicht ableitbar sind.
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Hieraus ergibt sich ein zweites mit dem ersten in Widerspruch stehendes Erfordernis an die Informationsverarbeitung: Auch Informationen, die nur einmalig in der Umwelt auftreten, müssen erfasst werden, um erfolgreich handeln zu können. Wenn aber jedes spezifische Ereignis eine starke und bleibende Spur im Gedächtnis hinterlässt, können keine stabilen Repräsentationen etabliert werden. Dieser Konflikt wird als Stabilitäts-Plastizitätsdilemma bezeichnet. Die Informationsverarbeitung muss also auf der einen Seite flexibel genug sein, um auch mit vollkommen neuen Situationen umgehen zu können, und andererseits stabil genug sein, um auch auf der Grundlage von unvollständiger Information noch erfolgreich handeln zu können. Tatsächlich belegen neurophysiologische Untersuchungen, dass diese Aufgaben von zwei konkurrierenden Gedächtnissystemen bearbeitet werden (McClelland et al., 1995). Schädigungen im Hippokampus führen etwa zu Beeinträchtigungen beim schnellen Erwerb neuer Assoziationen und des Lernkontextes. Dennoch besitzen Schädigungen des Hippokampus keinen Einfluss auf die Intelligenzleistungen oder auf den Abruf länger zurückliegender Erinnerungen. Diese Dissoziation legt es nahe, dass zwei separate Verarbeitungssysteme zur Koordination des Verhaltens zur Verfügung stehen: Erstens, ein langsam lernendes System, das dem Erwerb von Kovariationen, kognitiven Fertigkeiten und allgemeinen Regeln dient. Nach dem Erlernen können Regeln genutzt werden, um Erwartungen zu generieren und um unbeobachtete Details bei der Verarbeitung neuer Informationen zu ergänzen. Zweitens, ein schnell lernendes System, das dem Hippokampus zuzuordnen ist, zeichnet episodische Erinnerungen von Ereignissen auf, die nur einmalig auftreten. Neben den bereits erwähnten neurophysiologischen Studien besteht ein weiterer Beleg für die Unabhängigkeit der beiden Gedächtnissysteme darin, dass nur das langsam lernende System, nicht aber das schnelle System, kognitive Ressourcen beansprucht. Welche Informationsverarbeitungsprozesse können mit diesen beiden Gedächtnissystemen in Verbindung gebracht werden? Die assoziative Verarbeitung beruht auf den Eigenschaften des langsam arbeitenden Systems und wird durch die Gesetzmäßigkeiten des langsamen Lernsystems bestimmt. Welche Gesetzmäßigkeiten sind hier relevant? Ob eine Verknüpfung im Gedächtnis etabliert wird, hängt von der Ähnlichkeit zwischen Objekten und der Kontiguität des Auftretens der Ereignisse ab. Für die Stärke einer assoziativen Verknüpfung von Konzepten ist in erster Linie die Frequenz der vorangegangenen Aktivierung der Verknüpfung maßgeblich. Bei der Konfrontation mit Situationen wird weitgehend automatisch auf Wissen zurückgegriffen, das sich auf eine Vielzahl vorangegangener Erfahrungen stützt, sodass auch bei unvollständiger Wahrnehmung Details schnell und automatisch ergänzt werden. Im Gegensatz hierzu stützen sich regelgeleitete Prozesse auf symbolisch kodierte Propositionen, die auf der Grundlage von Schlussfolgerungsprozessen generiert
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werden. Dabei bedient sich diese Form der Verarbeitung der Sprache und der Logik. Ein einziger oder wenige Lerndurchgänge reichen aus, um eine Repräsentation zu generieren. Regelgeleitete Prozesse werden intentional initiiert und benötigen kognitive Kapazität zu ihrer Ausführung. Mangelnde kognitive Kapazität kann deshalb regelgeleitete Prozesse unterminieren. Strack und Deutsch (2004) unterscheiden ein Impulsives System, das auf der Grundlage von assoziativen Prozessen arbeitet, und ein Reflektives System, das auf regelgeleiteten Prozessen beruht. Sie betrachten Verhalten als gemeinsame Endstrecke von reflektiven und impulsiven Prozessen. Im Impulsiven System kann bei ausreichender Aktivierung unmittelbar Annäherungsverhalten (wie etwa „Lächeln“) generiert werden, obwohl beispielsweise ein Vorsatz besteht, dieses Verhalten nicht zu zeigen. Im Gegensatz zum Impulsiven System ist das Reflektive System auf der Grundlage von propositionalen Strukturen dazu in der Lage, Negationen zu repräsentieren. Auf diese Weise kann eine häufig wiederholte Negation („Alte Menschen sind nicht konservativ“) eine Assoziation zwischen beiden Konzepten generieren und damit zur Speicherung einer Affirmation („Alte Menschen sind konservativ“) führen. Ist die kognitive Kapazität eingeschränkt oder die Motivation für Korrekturprozesse nicht ausreichend vorhanden, wird das stereotype Wissen auch verwendet, obwohl es bei der Enkodierung negiert wurde. Auch wenn Zweiprozessmodelle in der Sozialpsychologie (z. B. Fazio, Sanbonmatsu, Powell & Kardes, 1986; Petty & Cacioppo, 1986; Chaiken & Trope, 1999; Brewer, 1988) und in der Kognitiven Psychologie (Jacoby et al., 1992; Tulving, 1983; Sherry & Schacter, 1987; McClelland et al., 1995) für sehr unterschiedliche Bereiche formuliert wurden, so stimmen sie doch in wesentlichen Punkten weitgehend überein, wie in der Differenzierung von assoziativen und regelgeleiteten Prozessen. Eine weitere zentrale Gemeinsamkeit besteht darin, dass die beiden Formen der Verarbeitung durch unterschiedliche Gesetzmäßigkeiten charakterisiert sind, wie etwa der Unterscheidung von automatischer und kontrollierter Verarbeitung und unterschiedlichen Lernprinzipien. Die Modelle unterscheiden sich vor allem hinsichtlich der Frage, ob die Verarbeitung eher parallel oder sequenziell erfolgt.
6.2 Zweiprozessmodelle in der Emotionspsychologie Nimmt man an, dass spezifische Informationsverarbeitungsprozesse Emotionen auslösen, dann sollte die Differenzierung von automatischen und kontrollierten Prozessen auch Implikationen für die Auslösung von Emotionen besitzen. Dies scheint plausibel, führt man sich vor Augen, dass die gleiche Kategorie von Emotion durch sehr unterschiedliche Prozesse ausgelöst werden kann. So
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kann Angst auf eher kontrollierte Prozesse zurückzuführen sein, wenn etwa eine Person davor Angst hat, einen Termin nicht einhalten zu können. Hier sind Schlussfolgerungen darüber nötig, was andere wertgeschätzte Personen über dieses Versäumnis denken könnten. Diese Schlussfolgerungen können vorgenommen oder unterlassen werden und dementsprechend kann Angst empfunden werden, oder auch nicht. Andererseits kann Angst auch über automatische Prozesse ausgelöst werden, etwa beim Blick in einen Abgrund. Hier werden Emotionen unmittelbar als Folge einer bestimmten Stimuluskonfiguration ausgelöst. Ob einer Emotion automatische oder kontrollierte Prozesse zugrunde liegen, sollte wiederum Einfluss auf die Regulation der Emotion besitzen. Wenn eine Emotion durch Schlussfolgerungsprozesse ausgelöst wird, sollte die Modifikation dieser Prozesse zu einer Veränderung der Emotion führen. Demgegenüber sollte eine Veränderung von Schlussfolgerungsprozessen wenig Einfluss auf die emotionale Reaktion besitzen, wenn die Emotion automatisch ausgelöst wird. In der Emotionspsychologie wurden mehrere Zweiprozessmodelle vorgeschlagen, die eine solche Dissoziation auslösender Prozesse annehmen. So unterscheiden Clore und Ortony (2000) in ihrem Zweiprozessmodell assoziative und regelbasierte Prozesse, die an der Auslösung von Emotionen beteiligt sind. Assoziative Verarbeitung wird als Gedächtnisabruf angesehen, bei dem in der Begegnung mit dem Objekt die frühere affektive Reaktion gegenüber dem Objekt in schneller und unflexibler Weise reaktiviert wird. Die regelbasierte Verarbeitung dagegen erfolgt auf der Grundlage des sensorischen Inputs (bottom-up), woraus die entsprechende affektive Reaktion in einem flexibleren kontextsensitiven Prozess generiert wird. Um unterschiedliche Prozesse der Emotionsgenerierung zu illustrieren, vergleichen Clore und Ortony (2000) diese mit unterschiedlichen sozialen Kategorisierungsprozessen. So kann die soziale Kategorie „Großmutter“ angewendet werden bei perzeptuellen Merkmalen, wie einer Frau mit grauen Haaren und Falten, oder alternativ dann, wenn Wissen darüber vorliegt, dass eine Frau Enkelkinder hat. Erfolgt die Kategorisierung auf der Grundlage von perzeptuellen Merkmalen, so wird der Prozess durch Prototypen gesteuert. Erfolgt die Kategorisierung dagegen auf der Grundlage von Wissen, so werden hierbei Theorien herangezogen. Auch Ochsner und Barrett (2001) gehen davon aus, dass automatische Bottomup-Prozesse zu einer Klassifizierung von Ereignissen oder Objekten auf der Dimension positiv-negativ führen. Eine unmittelbare Folge dieser Klassifizierung sind affektive Reaktionen und die Vorbereitung von Verhaltensreaktionen. Reflektive Top-down-Prozesse können die Aufmerksamkeit auf spezifische Aspekte eines Objektes lenken, Verhalten regulieren oder inhibieren oder komplexe Wissensstrukturen aktivieren. Eine Bedingung für das Entstehen einer Emotion besteht darin, dass automatische und reflektive Prozesse beteiligt sind. Wird eine affektive Reaktion ausgelöst, so wird ebenfalls semantisches Wissen
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verfügbar, woraus dann eine verbale Bezeichnung für die empfundene Emotion abgeleitet wird. Abweichend von den bisherigen Modellen unterscheiden Leventhal und Scherer (1987) drei unterschiedliche Formen der emotionsauslösenden Informationsverarbeitung. Die erste und simpelste Form der Verarbeitung wird als sensorisch-motorische Form der Verarbeitung bezeichnet. Hier wird angenommen, dass eine angeborene Merkmalserkennung reflexartig unkonditionierte Reaktionen auslösen kann. Sensorisch-motorische Prozesse, wie etwa laute oder abrupte Geräusche, könnten auf diese Weise Emotionen auslösen, ohne dass irgendeine Form der Vorerfahrung nötig wäre. Auf einer weiteren Ebene der Verarbeitung können Emotionen alternativ auch durch erlernte Schemata ausgelöst werden. Auf diese Weise könnten erlernte Reizkonfigurationen, wie etwa Höhe oder Enge, Emotionen wie Angst auslösen (Teasdale, 1999). Ereignisse können im Gedächtnis gespeicherte Spuren früherer emotionaler Erfahrungen aktivieren. Diese Gedächtnisspuren sind in der Form von Schemata repräsentiert, die Informationen über typische Auslösebedingungen ebenso enthalten wie typische Gefühle, physiologische Reaktionen und Verhaltenstendenzen. Je besser eine Reizkonfiguration mit dem Prototyp der Auslösebedingungen übereinstimmt, desto eher wird das entsprechende Schema aktiviert. Sowohl die sensorisch-motorische Ebene der Emotionsauslösung wie auch die schematische Ebene werden als relativ unflexibel und weitgehend automatisiert angesehen. Leventhal und Scherer (1987) unterscheiden diese beiden automatischen Verarbeitungsformen von einer relativ flexiblen und kontrollierten Form der Emotionsauslösung. Die so genannte konzeptuelle Form der Emotionsauslösung basiert auf propositional organisierten Gedächtnisstrukturen. Die Differenzierung von schematischen und konzeptuellen Prozessen findet sich in den meisten gegenwärtigen Zweiprozessmodellen der Emotion wieder. Smith und Kirby (2001) beziehen sich auf das Modell von Leventhal und Scherer (1987), indem sie zwischen einer schematischen und einer konzeptuellen Form der Verarbeitung unterscheiden. Zentrales Merkmal dieses Modells ist ein so genanntes Einschätzungsregister, das permanent die Einhaltung von Zielen, Normen und Werten überprüft und dabei emotionale Reaktionen generiert. Das Einschätzungsregister bedient sich der Information, die sowohl von der schematischen Verarbeitung als auch von der konzeptuellen Verarbeitung bereitgestellt wird. Smith und Kirby (2001) spekulieren, dass die Amygdala die Funktion des Einschätzungsregisters übernimmt. Die konzeptuelle Verarbeitung ist unter anderem auch für Neueinschätzungen von Situationen verantwortlich und wird weitgehend verbal repräsentiert. Basierend auf Zweiprozesssmodellen der Kognitiven Psychologie und der sozialen Kognitionsforschung entwickelten Smith und Neumann (2005) ein Zweiprozess-
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modell, in dem zwischen assoziativen und konzeptuellen emotionsauslösenden Prozessen differenziert wird. Assoziative Prozesse werden automatisch auf den perzeptuellen Input hin ausgelöst. Dementsprechend kann die emotionale Reaktion nur durch Vermeidung der emotionsauslösenden Situation reguliert werden. Eine Leugnung der Realität der wahrgenommenen Situation sollte hier aufgrund der Eigenschaften der auslösenden Prozesse unwirksam sein. Als Beispiele könnten etwa Ekel vor einer wenig appetitlich aussehenden Speise genannt werden oder Höhenangst. Beide emotionale Reaktionen werden automatisch als Folge des perzeptuellen Inputs ausgelöst. Andererseits können Emotionen auch durch konzeptuelle Prozesse ausgelöst werden. Emotionen, die durch konzeptuelle Prozesse ausgelöst wurden, können durch verschiedene Prozesse, wie Ablenkung, Leugnung oder Änderung der Zielprioritäten reguliert werden. Ein Beispiel wäre Ekel aufgrund der Annahme, dass eine Speise verdorben ist (obwohl es keine äußerlichen Hinweise dafür gibt), dass die Speise kulturspezifisch ungewöhnliche Zutaten enthält oder dass sie auf unhygienische Art und Weise zubereitet wurde. In diesen Fällen sollte es möglich sein, die Intensität der Ekelreaktion etwa durch Ablenkung zu regulieren. Direkte empirische Evidenz für die in diesen Modellen angenommene Dissoziation von automatischen und kontrollierten Prozessen in der Emotionsauslösung liegen bisher nicht vor. Die bisher eindeutigsten Hinweise für eine Dissoziation von emotionsauslösenden Prozessen wurden in Untersuchungen von LeDoux (1996) vorgelegt. Er entwickelte ein Modell der Auslösung von Furchtreaktionen, das auf der Differenzierung zweier neurophysiologischer Strukturen beruht. Dementsprechend unterscheidet LeDoux (1996) bei der Verarbeitung angstbezogener Information zwei unterschiedliche Wege der Generierung einer affektiven Reaktion (vgl. auch Peper in diesem Band): Einmal kann die Aktivierung, die durch einen furchtauslösenden Reiz im Thalamus entsteht, den Weg über den Neokortex zur Amygdala nehmen und dort eine Reihe von Verhaltenstendenzen und autonomen Reaktionen auslösen. LeDoux (1996) hat im Tierversuch einen weiteren sehr viel kürzeren Weg vom Thalamus direkt zur Amygdala nachgewiesen, durch dessen Aktivierung sehr viel schneller Verhaltenstendenzen ausgelöst werden. So sind erlernte Furchtreaktionen bei Ratten auch dann noch nachweisbar, wenn die Weitergabe von Informationen vom Thalamus an den Neokortex durch eine Läsion verhindert wurde. Dieser Befund belegt, dass es eine weitere Verbindung zwischen Thalamus und Amygdala geben muss. Zumindest Furchtreaktionen können also auf zwei verschiedenen Wegen ausgelöst werden. Einmal über einen schnellen Weg, der auf einer sehr groben Analyse der Stimulusinformation beruht und eine emotionale Reaktion generiert, auch ohne dass hierbei notwendigerweise ein Gefühl entsteht. Zum anderen kann eine emotionale Reaktion auch auf der wesentlich elaborierteren Analyse der Information im Neokortex beruhen. Evidenz für dieses neurophysiologische Zweiprozessmodell im Humanbereich wurde inzwischen ebenfalls
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vorgelegt (zum Überblick Adolphs, Tranel & Damasio, 1998; Sander, Grafman & Zalla, 2003). Inwieweit das Modell auch auf andere emotionale Reaktionen als Furcht generalisierbar ist, bleibt abzuwarten. Allerdings scheint die Amygdala auch bei anderen nicht emotionalen affektiven Reaktionen beteiligt zu sein, wie etwa der Aktivierung von Einstellungen. Dies spricht dafür, dass allgemein evaluative Prozesse der Amygdala zugeordnet werden können. Andererseits gibt es auch einige Evidenz dafür, dass der Amygdala die Dringlichkeitsdetektion zuzuordnen ist (LeDoux, 1996; Robinson, 1998). Eine endgültige Entscheidung darüber, welche Aufgaben von der Amygdala tatsächlich übernommen werden, steht noch aus.
6.3 Die Bewertung von Zweiprozessmodellen Hier sollen nun Zweiprozessmodelle abschließend diskutiert werden. Welche Kritikpunkte sind gegen Zweiprozessmodelle vorgebracht worden und welche Alternativen bestehen zu Zweiprozessmodellen? In der Kognitiven Psychologie wurde diskutiert, ob die sparsamere Annahme eines einzigen Prozesses mit kontinuierlichen Veränderungen der Informationsverarbeitung die Befunde nicht besser erklärt als zwei dissoziierte Modi (Craig, 1983; Kolers & Roediger, 1984). Zwar lassen sich einige Phänomene durch ein solches Einprozessmodell besser erklären, wie etwa das Ausmaß der für einen Prozess erforderlichen kognitiven Ressourcen. Neurophysiologische Befunde, wie etwa die Dissoziation zwischen unterschiedlichen Wegen der Verarbeitung emotionaler Information (LeDoux, 1996), lassen sich mit einem Einprozessmodell jedoch nur schwer vereinbaren. Im Bereich der Einstellungsänderung wurde vorgeschlagen, im Sinne des Prinzips der Sparsamkeit von einer einzigen Verarbeitungsform auszugehen, die auf der Anwendung von „Wenn-dann“-Regeln beruht (Kruglanski, Thompson & Spiegel, 1999). Auch hier haben die Motivation, sich mit der persuasiven Botschaft auseinanderzusetzen, und die verfügbare kognitive Kapazität Einfluss auf die Anwendung der Regeln. Allerdings kann eingewendet werden, dass es sich bei Wenn-dann-Regeln um Schlussfolgerungsprozesse handelt, die kaum geeignet sind, um etwa assoziative Aktivierungsprozesse abzubilden. Darüber hinaus erscheint problematisch, Kategorisierungsprozesse auf der Grundlage der Ähnlichkeit durch solche Schlussfolgerungsprozesse abzubilden. Umgekehrt lässt sich ebenfalls fragen, ob nicht Mehrprozessmodelle besser als Zweiprozessmodelle geeignet sind, die Informationsverarbeitung abzubilden. Gerade in der Emotionspsychologie wurde ja von Leventhal und Scherer (1987) ein Dreiprozessmodell vorgeschlagen. Zwar sind Dreiprozessmodelle prinzipiell ebenfalls vorstellbar. Aber für die von Leventhal und Scherer (1987) vorgenommene Differenzierung gibt es bisher keinerlei empirische Bestätigung. Insbesondere die Frage, ob sensorisch-motorische Prozesse tatsächlich vollständige
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Emotionen auslösen können, ist bisher ungeklärt. Allgemeiner formuliert ist die zentrale Frage, wieviele Prozesse qualitativ hinreichend differenzierbar sind und dennoch möglichst sparsam psychologische Phänomene, wie die Emotionsauslösung, erklären. Was die Differenzierung von emotionsauslösenden Prozessen angeht, liegen bisher kaum Befunde aus experimentellen Untersuchungen vor, die die strukturellen Annahmen von Einschätzungsmodellen stützen könnten (Parkinson & Manstead, 1992). Auch in der Kognitiven Psychologie ist es bisher zu wenig gelungen, eine klare Abgrenzung etwa zwischen Assoziationen und Schlussfolgerungen vorzunehmen. Bisher wird lediglich aus den Befunden erschlossen, dass die Dissoziation auf entweder Assoziationen/Schemata oder auf Schlussfolgerungsprozesse zurückzuführen ist. Schließlich wäre zu erörtern, ob sich Modelle aus der Verarbeitung „kalter“ kognitiver Prozesse ohne Weiteres auf die Verarbeitung „heißer“ emotionsauslösender Prozesse übertragen lassen. Insbesondere für die Evozierung von Angstreaktionen sind Modelle diskutiert worden, die für emotionsspezifische Verarbeitungsmodule sprechen (Öhman & Mineka, 2001). Ob Angstreize aber tatsächlich qualitativ anders verarbeitet werden als Reize, die andere Emotionen auslösen, muss die weitere Forschung zeigen. Ein wesentliches Argument für Zweiprozessmodelle in der Kognitiven Psychologie sind die oft widersprüchlichen Erfordernisse in der Umwelt, die einerseits stabile und andererseits flexible Repräsentationen erfordern (Stabilitäts-Plastizitätsproblem). Da diese Problematik in der gleichen Weise für die Auslösung und Regulation von Emotionen gilt, erscheint es sinnvoll, Zweiprozessmodelle auch in der Emotionspsychologie zu etablieren. Andererseits wird in neuen Untersuchungen deutlich, dass evaluative Prozesse, die man bisher für kontextunabhängig und relativ unflexibel gehalten hat, doch von Zielen und Bedürfnissen abhängig sind (Ferguson & Bargh, 2004; Stapel & Koomen, 2006). Dies spricht aber nicht zwangsläufig gegen Zweiprozessmodelle, da trotz dieser Kontextabhängigkeiten automatische und kontrollierte Prozesse immer noch auf einer Reihe von Dimensionen unterschiedliche Qualitäten besitzen. Welche Phänomene wären durch Zweiprozessmodelle besser als durch herkömmliche Modelle erklärbar? Eine parallele Auslösung von assoziativen und regelgeleiteten Prozessen kann beispielsweise zu unterschiedlichen und bisweilen sogar gegensätzlichen Emotionen führen. So könnte eine Person aufgrund einer Beleidigung oder Herabsetzung Ärger empfinden und die Bereitschaft verspüren, dem Übeltäter Schaden zuzufügen. Andererseits mögen gerade diese aggressiven Impulse dazu führen, dass die Person Schuldgefühle nach ihrer Ausführung antizipiert. Auf diese Weise wären unterschiedliche Verhaltensbereitschaften aktiviert und weitere situative Faktoren wie Motivation und verfügbare kognitive Ressourcen (Baumeister, Bratslavsky, Muraven & Tice, 1998) entschieden darüber, welches Verhalten tatsächlich ausgeführt wird. Dieses Beispiel verdeut-
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licht, warum der Zusammenhang unterschiedlicher Emotionskomponenten, wie etwa der kognitiven Komponente und der Verhaltenskomponente, nicht notwendigerweise groß sein muss. Gerade deshalb bietet die Einbeziehung von Methoden, die in der Lage sind, die assoziative Auslösung von Emotionen zu erfassen, wertvolle neue Hinweise über den Zusammenhang von Emotionskomponenten. Um assoziative und regelgeleitete Prozesse in der Angstdiagnostik zu erfassen, verwendeten Egloff, Wilhelm, Neubauer, Mauss und Gross (2002) die Aufmerksamkeitszuwendung zu angstauslösenden Reizen und einen standardisierten Angstfragebogen (STAI, Spielberger, Gorsuch & Luchene, 1970). Es zeigte sich, dass die kardiovaskuläre Aktivität in einer Sprechangstsituation besser durch die Aufmerksamkeitszuwendung zu angstauslösenden Reizen als durch den Angstfragebogen vorhergesagt werden konnte. Vor dem Hintergrund der häufig beobachteten Dissoziation von physiologischer und kognitiver Emotionskomponente (Lang, 1993; Mauss et al., 2005; Reisenzein, 2000) legen diese Ergebnisse nahe, dass unterschiedliche kognitive Prozesse für diese Dissoziationen verantwortlich sind. Im Sinne von Zweiprozessmodellen lassen sich die Ergebnisse so interpretieren, dass assoziative und regelgeleitete Prozesse in einer emotionsauslösenden Situation angestoßen werden können, die nicht notwendigerweise zu identischen Ergebnissen führen. Schließlich besteht ein weiterer Vorteil von Zweiprozessmodellen darin, dass sich zusätzliche Hinweise für potenziell erfolgreiche Emotionsregulationsstrategien ergeben. Die Aktivierung assoziativer Strukturen unterliegt anderen Gesetzmäßigkeiten als die Aktivierung konzeptueller Prozesse. Daher sollten kognitive Emotionsregulationsstrategien, wie die Lockerung der Zielbindung, nur dann wirksam sein, wenn die emotionale Reaktion durch konzeptuelle Prozesse ausgelöst wurde. Resultiert die Emotion dagegen aus assoziativen Prozessen, sollten eher verhaltensbasierte Strategien wie Vermeidung des emotionsauslösenden Ereignisses erfolgreich sein. Damit erlauben sie, den in der Einführung dieses Kapitels dargestellten Widerspruch zwischen kontrollierbaren und unkontrollierbaren emotionalen Reaktionen aufzulösen. Ob Emotionen willentlich regulierbar sind, hängt von den sie auslösenden Prozessen ab. Insgesamt bieten Zweiprozessmodelle interessante und neue Vorhersagen und erlauben eine Integration von bisher schwer erklärbaren Phänomenen.
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5. Kapitel
Motivationale Organisation von Emotionen Alfons O. Hamm, Harald T. Schupp und Almut I. Weike1
1 Einleitung Seit den Veröffentlichungen von William James Ende des vorletzten Jahrhunderts zählen Emotionen zu einem der zentralen Forschungsgebiete der Psychologie. Daran konnte auch die zwischenzeitliche Verbannung der Emotionen als „subjektives Gefühlserleben“ aus dem Diskurs der wissenschaftlichen Betrachtung durch die Behavioristen der ersten Stunde langfristig nichts ändern. Das ungebrochen große Interesse der psychologischen Forschung an Emotionen schlägt sich nicht zuletzt auch im vorliegenden Band der Enzyklopädie der Psychologie nieder. Trotz unterschiedlicher Theorien zur Emotionsentstehung und -regulation besteht mittlerweile doch ein Konsens darüber, dass Emotionen keine eindimensionale Entität darstellen, sondern ein komplexes Muster von Veränderungen beinhalten, welche sich auf unterschiedlichen Reaktionsebenen manifestieren (vgl. Lang, 1985, 1994). Emotionen sind somit kein Epiphänomen subjektiver Gefühlserlebnisse, sondern sie führen als Antwort auf externale oder internale Reize darüber hinaus zu beobachtbaren Verhaltensänderungen, welche zusätzlich von neurophysiologischen und endokrinen Reaktionen begleitet sind. Diese Veränderungen bereiten den Körper darauf vor, möglichst effektiv in einem bestimmten Kontext zu handeln. Emotionen sind also funktionelle Handlungsdispositionen, die das aktuelle Verhalten oder mentale Prozesse unterbrechen (Frijda, 1986; Lang, 1995). Aus unserer Sicht implizieren Emotionen dabei immer eine Handlungsrichtung. So sind Emotionen auf der Erlebnisebene immer positiv oder negativ getönt und auf der Verhaltensebene korres1
Die hier berichtete Forschung wurde mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft durchgeführt (Ha1593/6-2; Ha1593/10-1 und 10-2; Schu1074/7-1).
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Alfons O. Hamm, Harald T. Schupp und Almut I. Weike
pondiert diese emotionale Tönung mit einer motivationalen Komponente der Annäherung oder der Abwehr. Diese theoretische Perspektive der motivationalen Organisation von Emotionen soll in diesem Kapitel näher ausgearbeitet werden.
2 Die motivationale Organisation von Emotionen: Annäherung und Abwehr In der Tradition der Bewusstseinspsychologie, aber auch im Alltagsverständnis werden Emotionen als subjektiv erlebte Gefühlszustände betrachtet. Nach diesem Konzept sind Emotionen somit das, was wir als Gefühlszustände introspektiv bewusst erschließen können und manchmal sind Menschen willens oder in der Lage, diese Gefühlserlebnisse anderen mitzuteilen (bzw. in Befindlichkeitsfragebögen anzukreuzen). Obwohl unsere Sprache mehr als 400 Worte umfasst, um Emotionen zu beschreiben (Averill, 1975; Davitz, 1969), gelingt es dennoch nicht immer, die Gefühlserlebnisse in passende Worte zu fassen. Daher werden manchmal Metaphern oder die Kunst als Instrument benutzt, um diese bewussten Erlebniszustände zu kommunizieren. Allerdings zeigen faktorenanalytische Auswertungen von Befindlichkeitseinstufungen, ebenso wie Arbeiten, welche mit multidimensionalen Skalierungsmethoden Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen Emotionsworten erfassen, dass die hedonische Qualität der Emotionen, also ihre erlebte Valenz den größten Varianzanteil aller sprachlichen Äußerungen aufklärt. Mit anderen Worten, auch wenn Menschen häufig neben ihren interozeptiven Wahrnehmungseindrücken zusätzlich verschiedene Aspekte einer Situation mitberücksichtigen müssen, um ihre diskreten Gefühlszustände adäquat kategorisieren und beschreiben zu können (vgl. Lazarus, 1991; Schachter & Singer, 1962), ist das Ausmaß des erlebten Wohlgefühls (bzw. Missbehagens) eine vergleichsweise basale Gefühlsqualität. In Kombination mit dem Ausmaß der gefühlten Aktivation bildet die Intensität dieses Wohlgefühls wahrscheinlich die elementare Grundstruktur des subjektiven Gefühlserlebens ab (vgl. für eine ausführliche Diskussion der verschiedenen dimensionalen Modelle des Gefühlserlebens Russell & Barrett, 1999). Emotionen werden aber nicht nur erlebt, sie werden gewöhnlich auch von charakteristischen Ausdrucksphänomenen (Gestik, Mimik, Vokalisation etc.) begleitet. Obwohl viele experimentelle Studien, ebenso wie ethnologische Beobachtungen, belegen, dass Personen sehr gut in der Lage sind, zumindest eine begrenzte Zahl diskreter emotionaler Zustände an der Mimik abzulesen (EiblEibesfeldt, 1984; Ekman, 1993), ist der umgekehrte Weg weniger eindeutig. Versucht man nämlich Emotionen zu induzieren und parallel dazu die sie begleitenden mimischen Reaktionen zu registrieren (entweder durch aufwändige Kodiersysteme oder mit Hilfe elektromyografischer Verfahren), findet man häufig Mischungen zweier oder mehrerer emotionaler Ausdrücke, welche entweder
Motivationale Organisation von Emotionen
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simultan oder sequenziell sehr schnell hintereinander auftreten. Dies mag einerseits daran liegen, dass es häufig sehr schwierig ist, im Labor aber auch im Feld intensive Emotionen zu erzeugen (gerade im Falle von unangenehmen Emotionen stößt man dort an ethische Grenzen), andererseits ist der emotionale Ausdruck aber nicht nur durch die Emotion selbst, sondern auch durch kulturelle Konventionen und die damit verbundenen Selbstdarstellungsabsichten moduliert. So weisen beispielsweise Frauen eine deutlich stärkere Expressivität in ihrer mimischen Reaktion auf emotionale Reize auf als Männer (Lang, Greenwald, Bradley & Hamm, 1993). Außerdem lächeln Personen deutlich stärker bei einem lustigen Film, wenn sie den Film mit einer anderen Person zusammen sehen, als wenn sie allein sind (Fridlund, 1991). Schließlich zeigen amerikanische Studierende chinesischer Abstammung deutlich weniger negativen emotionalen Ausdruck bei aversiven akustischen Reizen als Studierende mexikanischer Herkunft (Soto, Levenson & Ebling, 2005). Diese Befunde deuten an, dass der emotionale Ausdruck im Wesentlichen kommunikative Funktion hat und daher natürlich kulturspezifische Konventionen eine wichtige Rolle spielen (vgl. zur ausführlichen Diskussion vgl. Kappas in diesem Band). Nicht zuletzt werden Emotionen von Modulationen des autonomen Nervensystems (Aktivität des Sympathikus und Parasympathikus) und des endokrinen Systems begleitet, welche charakteristische Reaktionen im Körper hervorrufen (z. B. Beschleunigung der Herzrate durch Reduktion der Aktivität des N. vagus am Sinusknoten und durch Ausschüttung von Adrenalin aus dem Nebennierenmark, oder Anstieg des Blutdrucks durch vermehrte Aktivierung des Sympathikus und der Ausschüttung von Noradrenalin aus dem Nebennierenmark; zur ausführlichen Diskussion vgl. Stemmler, Kap. 8 in diesem Band). Diese neurovegetativen und endokrinen Systeme interagieren ihrerseits wiederum mit dem Immunsystem, wodurch emotionale Prozesse auch einen Einfluss auf die Immunantwort (z. B. die Anzahl von Zytokinen im Blut; Maier & Watkins, 1998) ausüben können. Die funktionelle Bedeutung dieser physiologischen Antworten auf emotionale Reize besteht darin, dass sie den Organismus auf eine Handlung vorbereiten, um möglichst effektiv in dem emotionalen Kontext zu handeln. Das Wort „Emotion“ leitet sich aus dem lateinischen movere (= bewegen) ab, und interessanterweise wird auch im heutigen Sprachgebrauch das „bewegt sein“ synonym für emotionale Ergriffenheit verwendet. Diese rein sprachgebundene Nähe von Emotion und Bewegung erscheint dabei nicht als artifizielles Phänomen, sondern verdeutlicht vielmehr, wie eng das subjektiv empfundene Gefühlserleben mit körperlichen Reaktionen und Verhalten gekoppelt ist. Emotionen bereiten den Körper auf eine Handlung vor, sie sind Handlungsdispositionen, welche das aktuelle Verhalten unterbrechen und einer bestimmten Handlung Priorität einräumen (Oatley & Jenkins, 1996). Diese handlungsvorbereitende Funktion von Emotionen beinhaltet sowohl eine generelle, unspezifische Aktivierung des Organismus (im Sinne einer Aktivierung
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seiner energetischen Ressourcen), als auch spezifische vegetative Veränderungen, welche den Körper für ein spezifisches Verhalten vorbereiten (z. B. Angriff, Flucht oder das Ausstoßen von ungenießbaren Speisen bei Ekel; vgl. zur ausführlichen Diskussion Stemmler, Kap. 8 in diesem Band). Aufgrund dieser unterschiedlichen Funktionen der oben beschriebenen drei Reaktionsebenen von Emotionen (bzw. Emotionsindikatoren) ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Kovariation zwischen diesen drei Reaktionssystemen häufig nur sehr mäßig ausgeprägt ist (Cacioppo, Klein, Berntson & Hatfield, 1993; Lang, 1995), wenn Personen mit Situationen konfrontiert werden, welche so gestaltet sind, dass sie spezifische Emotionen auslösen sollen (z. B. Furcht, Ärger oder Ekel). Vielmehr hängt die spezifische Ausformung der vegetativen Reaktionsmuster und des emotionalen Ausdrucks sowohl vom konkreten situativen Handlungskontext, als auch von dispositionellen Personenvariablen (z. B. Temperament, Selbstdarstellungsabsichten, habitueller Bewältigungsstil etc.) ab. Trotz dieser unbestrittenen Idiosynkrasie spezifischer emotionaler Reaktionsmuster gehen viele Emotionstheoretiker davon aus, dass sich das menschliche Emotionsoder Affektsystem (vgl. Buck, 1999; Cacioppo, Gardner & Berntson, 1999) evolutionär aus einem primitiveren Movativationssystem entwickelt hat, welches sich auch bei viel einfacheren Organismen als dem Menschen nachweisen lässt. Während perzeptuelle und kognitive Systeme den Organismus mit Information über sich und seine Umgebung versorgen, wählen diese motivationalen und emotionalen Systeme die persönlich bedeutsamen Informationen daraus aus und regulieren entsprechende Verhaltensanpassungen. Dabei hat die Evolution den Organismus so geprägt, dass er vor allem auf diejenigen Umweltereignisse anspricht und reagiert, welche für sein Überleben bedeutsam sind oder welche seinen aktuellen Handlungszielen dienen (vgl. Cacioppo et al., 1999; Öhman, Hamm & Hugdahl, 2000). Auf der Verhaltensebene gründen sich emotionale Reaktionen im Wesentlichen auf zwei basale Motivationssysteme im Gehirn, ein appetitives und ein defensives System. Bedrohliche oder feindliche Umgebungsbedingungen aktivieren das defensive motivationale System und versetzen den Organismus in einen Zustand erhöhter Abwehrbereitschaft, bei dem protektive Verhaltensweisen (z. B. Flucht, Vermeidung etc.) gebahnt werden, um die aversive Situation so schnell wie möglich wieder zu beenden (vgl. Lang, Bradley & Cuthbert, 1998; Davis & Lang, 2003). Angenehme und freundliche Umgebungsreize hingegen aktivieren das appetitive Motivationssystem und versetzen den Organismus in einen Zustand erhöhter Annäherungsbereitschaft, bei dem dann konsumatorische und explorative Verhaltensweisen (Nahrungs- und Kontaktaufnahme, Paarung etc.) gebahnt werden. Ein ähnliches Modell zweier basaler Motivationssysteme wurde auch von Konorski (1967) vorgeschlagen, basierend auf der Typologie unkonditionierter Reaktionen. Konorski unterteilte unkonditionierte Reflexe hinsichtlich ihrer motivationalen Funktion in protektive (z. B. Rückzug und Abwehr noxischer Ereignisse) und konservierende (z. B. Nahrungsaufnahme,
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Pflege des Nachwuchses etc.) Reflexsysteme. Aufbauend auf dieser Einteilung unkonditionierter Reaktionen postulierten Dickinson und Dearing (1979) zwei sich reziprok inhibierende Motivationssysteme, ein appetitives und ein aversives, und verdeutlichten die Implikationen dieser Einteilung für die psychologischen Grundlagen des Lernens. Zu den neueren Befürwortern dieser theoretischen Sichtweise zählen Rolls (2000), welcher die zentrale Rolle von Belohnungs- und Bestrafungssystemen für die Regulation emotionalen Verhaltens betont (vgl. Peper in diesem Band), ebenso wie Davidson (1998), der eine Dichotomie von Affekten (annäherungs- und vermeidungsbezogen) postuliert, welche mit Hilfe differenzieller elektrophysiologischer Aktivierung der beiden frontalen kortikalen Hemisphären vorhergesagt werden kann. Es besteht also ein breiter Konsens, wonach sich die Aktivierung zweier zentraler Motivationssysteme – eines defensiven und eines appetitiven – im Gehirn nachweisen lassen, welche die generelle Richtung des Verhaltens (Annäherung und Abwehr) steuern. Beide Verhaltensdispositionen können dabei hinsichtlich ihrer Intensität variieren. Dies bedeutet, dass die emotionale Erregung nicht einem eigenständigen Substrat zugeschrieben wird, sondern vielmehr, dass die Intensität der emotionalen Erregung der Aktivierung (etwa auf neuronaler, aber auch auf metabolischer Ebene) entweder des defensiven oder des appetitiven Motivationssystems oder der Koaktivierung beider Systeme entspricht. Miller (1951) hat in einem sehr einflussreichen Modell die Koaktivation dieser beiden Motivationssysteme in Abhängigkeit der Intensität ihrer Aktivierung beschrieben und einen Gradienten für die Meide- und Annäherungstendenzen in Abhängigkeit von der Distanz bzw. Proximität des Zielobjekts definiert. Die tierexperimentellen Befunde von Miller zeigten, dass bei einem gleichzeitig Belohnung und Bestrafung signalisierenden Zielobjekt der Gradient für die Meidetendenz mit zunehmender Proximität des Zielobjekts steiler ansteigt als der Annäherungsgradient (die Tiere wollen sich immer stärker von dem gefürchteten Objekt wegbewegen, je näher es kommt), d. h., die Intensität der Abwehrbereitschaft nimmt zu. In Abbildung 1 ist dieses motivationale Modell der Annäherung und Abwehr grafisch veranschaulicht. Die verschiedenen emotionalen Reaktionen, die beobachtet oder erlebt werden, reflektieren die Aktivierung dieser basalen Motivationssysteme des Gehirns. Der konkrete situative Kontext formt dann die spezifische Ausformung der emotionalen Reaktionsmuster. Erhält ein Versuchstier im Käfig etwa einen elektrischen Schmerzreiz, wird das defensive Motivationssystem aktiviert, und wenn es möglich ist, flieht das Tier aus dem Käfig. In diesem Fall würden wir die beobachtete Emotion als Furcht klassifizieren. Es könnte aber auch sein, dass das Tier, wenn es den Schmerzreiz erfahren hat, einen Artgenossen, der sich auch im Käfig befindet, angreift. In diesem Fall würden wir davon ausgehen, dass der Schmerzreiz Wut ausgelöst hätte. Wenn die Schmerzreize unausweichlich sind,
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Relative Stärke
Abwehrgradient
Annäherungsgradient
weit
Distanz zum Ziel
nah
Abbildung 1: Defensive und appetitive Motivationssysteme: Die relative Stärke der Aktivierung des appetitiven und des defensiven Motivationssystems verändert sich in Abhängigkeit zur Nähe des Zielobjekts. Der Gradient der Abwehrtendenz steigt bei zunehmender Proximität steiler an als der Annäherungsgradient (nach Miller, 1951).
und sich das Versuchstier in die Ecke kauert und schließlich immer weniger auf externale Reize reagiert, würden wir diesen Gefühlszustand als Depression klassifizieren. Dieses Beispiel soll nochmals verdeutlichen, dass emotionale Reaktionen trotz unterschiedlicher Ausprägungen und Formen eine zugrunde liegende motivationale Organisation aufweisen. Eine solche Sichtweise ist in dem von Lang und Mitarbeitern vorgeschlagenen Modell der motivationalen Bahnung (motivational priming model, Lang, Bradley & Cuthbert, 1990; Lang et al., 1998) ausgearbeitet worden und soll im folgenden Abschnitt näher erläutert werden.
3 Das Modell motivationaler Bahnung (motivational priming model) Der nur schwer ins Deutsche zu übersetzende Begriff Priming bezeichnet einen Prozess, welcher sich in einer Erleichterung oder Verbesserung der Identifikation oder Verarbeitung von Reizen äußert, die bereits vorher verarbeitet wurden
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(McKoon & Ratcliff, 1980; vgl. auch Wentura & Rothermund in diesem Band). Es handelt sich hier um einen automatischen bzw. impliziten Prozess, d. h., die Erleichterungs- oder Bahnungseffekte treten auch dann auf, wenn die Person sich gar nicht bewusst daran erinnert, den vorbahnenden Reiz (prime) schon einmal gesehen oder gehört zu haben. Priming-Aufgaben sind sehr häufig verwendet worden, um implizite Gedächtnisleistungen nachzuweisen. Werden Personen beispielsweise Wortlisten vorgegeben und nach einer kurzen Zeitperiode einige Silben oder Wortfragmente präsentiert, werden deutlich mehr Worte genannt, die bereits vorher präsentiert wurden, obwohl sich die Personen nicht immer daran erinnern können, diese Worte vorher schon einmal gesehen zu haben (Tulving & Schacter, 1990). Diese impliziten Gedächtniseffekte treten auch bei nicht sprachlichen Reizen auf. So ist die Identifikation von Objekten deutlich verbessert, wenn Personen Fragmente dieser Objekte bereits vorher gesehen haben oder wenn diese Objekte bereits vorher unterhalb der Wahrnehmungsschwelle (also subliminal) präsentiert worden waren (Bar & Biederman, 1998; Warrington & Weiskranz, 1968). Interessanterweise weisen amnestische Patienten trotz deutlicher Gedächtnisdefizite bei der freien Erinnerung von Worten oder Objekten keine Einschränkungen bei diesen impliziten Gedächtnisleistungen auf. Dies deutet darauf hin, dass es multiple Gedächtnissysteme gibt, die durch unterschiedliche Regionen des Gehirns reguliert werden (vgl. Squire & Knowlton, 2000). Priming-Effekte lassen sich ebenfalls bei sogenannten Wortentscheidungsaufgaben nachweisen. Hierbei werden Personen Wortpaare präsentiert. Das erste Wort ist der bahnende Reiz (prime); der zweite Reiz (Zielreiz), auf den reagiert werden muss, kann nun ebenfalls ein Wort sein (z. B. Blitz), ein Pseudowort (z. B. Glitz) oder ein Nonwort (z. B. Itzlb). Die Probanden sollen per Tastendruck so schnell wie möglich entscheiden, ob es sich bei dem Zielreiz um ein reales Wort handelt oder nicht. Es zeigt sich, dass die Probanden deutlich schneller und häufiger richtige Entscheidungen treffen, wenn das Zielwort eine semantische Beziehung zu dem bahnenden Wort aufweist (z. B. Donner – Blitz). Im Falle der semantischen Bahnung wird diese Leistungsverbesserung als das Ergebnis einer automatischen Erregungsausbreitung in dem mental repräsentierten Lexikon interpretiert (Collins & Loftus, 1975). Lang und Mitarbeiter gehen nun davon aus (Lang et al., 1990; Lang, 1995; Lang & Davis, 2006), dass auch bei emotionalen Reizen die durch sie aktivierten motivationalen Systeme einen modulierenden Einfluss auf andere Verarbeitungssysteme im Gehirn ausüben. Mit anderen Worten, der Abruf bestimmter Gedächtnisinhalte oder auch Handlungsprogramme kann durch die Aktivierung defensiver oder appetitiver Motivationssysteme erleichtert, also gebahnt werden. So werden bei depressiver Stimmung deutlich mehr emotional negativ getönte Worte (z. B. hoffnungslos, unerwünscht etc.) erinnert als bei positiver Grund-
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stimmung (Blaney, 1986; Bower, 1981). Ähnlich wie bei der semantischen Bahnung kann diese motivationale Bahnung auch dann auftreten, wenn die Probanden den motivational bahnenden Stimulus (prime) gar nicht bewusst wahrnehmen. So veränderten sich beispielsweise die affektiven Präferenzurteile von Zielreizen (z. B. chinesische Schriftzeichen), wenn kurz zuvor Bilder von bedrohlichen oder freundlichen Gesichtsausdrücken für wenige Millisekunden unterhalb der Erkennungsschwelle dargeboten wurden (vgl. Murphy & Zajonc, 1993). Die wohl fundamentalste Form der motivationalen Bahnung findet sich jedoch auf der Ebene einfacher unkonditionierter Reflexe. Wie oben bereits beschrieben unterteilte Konorski (1967) unkonditionierte Reflexe gemäß ihrer Funktion und der Verstärkereigenschaften der sie auslösenden unkonditionierten Reize in appetitive (z. B. Speichelsekretion) oder defensive Reflexe (z. B. Abwehr von Schmerzreizen). Das Modell motivationaler Bahnung postuliert nun, dass diese fundamentalen Reflexe in Abhängigkeit des aktivierten Motivationssystems im Gehirn moduliert werden (Lang et al., 1998). Dies bedeutet, dass ein durch einen physikalisch konstanten Reiz ausgelöster Abwehrreflex gebahnt sein sollte, wenn der Organismus sich bereits in einem defensiven Motivationszustand befindet (z. B. eine bedrohliche Situation wahrnimmt). Dieser durch den gleichen physikalischen Reiz ausgelöste Abwehrreflex sollte hingegen gehemmt werden, wenn der Organismus sich gerade in einem appetitiven Motivationszustand befindet (z. B. eine angenehme Situation wahrnimmt). Diese modulatorischen Effekte sollten dabei umso stärker sein, je stärker die Motivationssysteme aktiviert sind, d. h. je größer die Intensität oder Proximität der emotionalen Stimulation ist. Die Schreckreaktion hat sich dabei als ein praktischer defensiver Reflex erwiesen, um dieses Modell empirisch zu untermauern.
4 Emotionsinduzierte Modulation der menschlichen Schreckreaktion Die Schreckreaktion ist ein obligatorisch auftretender Reflex, welcher durch abrupt einsetzende sensorische Ereignisse ausgelöst wird. Bei vielen Spezies scheint die Schreckreaktion eine primitive Flucht- oder Schutzreaktion zu sein, wie beispielsweise die plötzliche, dramatische Auflösung eines ruhig im Wasser schwimmenden Fischschwarms, wenn ein Stein ins Wasser geworfen wird, oder der plötzliche Richtungswechsel von Vögeln bei einem Knall. Bei Säugetieren besteht die Schreckreaktion auf ein abruptes sensorisches Ereignis hin aus einer Welle von schnellen Flexorbewegungen, welche sich entlang der Neuraxis von kranial nach kaudal ausbreiten (vgl. Landis & Hunt, 1939), so dass durch das Schließen der Augen sowie das Beugen des Kopfes, der Arme und des Rumpfes eine unspezifische Schutzhaltung eingenommen wird. Die Lidschlussreaktion stellt dabei eine der ersten und stabilsten Komponenten der menschlichen Schreck-
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reaktion dar und kann mit Hilfe der elektromyografischen Erfassung der Aktivität des m. orbicularis oculi reliabel und valide mit standardisierten Methoden erhoben werden (vgl. Berg & Balaban, 1999; Blumenthal, Cuthbert, Filion, Hackley, Lipp & van Boxtel, 2005). Gemäß der Hypothese der motivationalen Bahnung sollte dieser durch einen abrupten sensorischen Reiz ausgelöste defensive Reflex gebahnt sein, also eine größere Amplitude aufweisen, wenn das aversive Motivationssystem im Gehirn durch einen anderen bedrohlichen Reiz bereits aktiviert ist. Außerdem sollte es bei Aktivierung des appetitiven Motivationssystems im Gehirn, etwa durch angenehme Reize, zu einer Hemmung, also zu einer geringeren Amplitude der Schreckreaktion kommen. Der erste empirische Nachweis einer solchen Bahnung der Schreckreaktion durch die Aktivierung defensiver Motivationssysteme gelang Brown, Kalish und Farber (1951). In ihrem Furchtkonditionierungsexperiment mit Ratten verwendeten sie einen Licht/Ton Verbundreiz als konditionierten Stimulus und einen elektrischen Schmerzreiz als unkonditionierten Stimulus. Die Schreckreaktionen wurden in diesem Experiment durch einen lauten Knall ausgelöst, welcher durch das Abfeuern einer Schreckschusspistole erzeugt wurde. In Übereinstimmung mit dem oben beschriebenen Modell zeigten die Versuchstiere deutlich stärkere Schreckreaktionen (in diesem Fall wurde gemessen, wie hoch die Tiere sprangen) auf den Knall, wenn dieser in Gegenwart des konditionierten Reizes erzeugt wurde, welcher vorher mit dem Schmerzreiz gepaart worden war, als wenn der gleiche Knall in Abwesenheit dieses Licht/Ton Reizes appliziert wurde. Inzwischen ist diese Potenzierung der Schreckreaktion nach Furchtkonditionierung sowohl bei Tieren und in neueren Studien eben auch beim Menschen in mehreren Studien nachgewiesen worden (vgl. Davis & Astrachan, 1978; Hamm, Greenwald, Bradley & Lang, 1993; Hamm & Vaitl, 1996). Im Humanbereich findet sich eine deutliche Potenzierung dieser Schreckreaktion auch dann, wenn der aversive Schmerzreiz gar nicht direkt mit dem konditionierten Stimulus gepaart wird, sondern nur angekündigt wird, dass bei einem bestimmten Hinweisreiz ein solcher Schmerzreiz auftreten könnte (Grillon, Ameli, Woods, Merikangas & Davis, 1991; Grillon & Davis, 1995; Melzig, Weike, Zimmermann & Hamm, 2007). Inzwischen sind im Tierexperiment auch die neuronalen Schaltkreise, welche der Schreckreflexpotenzierung durch konditionierte Furchtzustände zugrunde liegen, sehr gut und ausführlich beschrieben (vgl. Davis & Whalen, 2001), und inzwischen mehren sich auch die Befunde im Humanbereich, welche die Beteiligung ähnlicher neuronaler Schaltkreise bei der konditionierten Schreckreflexpotenzierung beim Menschen nahe legen (vgl. Abschnitt 5). In Übereinstimmung mit dem oben beschriebenen Modell kommt es aber nicht nur zu einer Steigerung der defensiven Reflexe, wenn sich der Organismus im Zustand der Abwehr befindet, sondern es wurde bei Ratten auch eine Verminderung (Reduktion der Amplitude) der Schreckreaktionen beobachtet, wenn diese in Gegenwart von Reizen ausgelöst werden, die vorher mit Belohnung assoziiert worden waren (z. B. Nahrungsaufnahme vgl. Koch, Schmid & Schnitzler, 1996;
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Schmid, Koch & Schnitzler, 1995; elektrische Stimulation der Belohnungszentren, vgl. Yeomans, Steidle & Li, 2000). Beim Menschen wurde diese emotionsinduzierte Modulation der Schreckreaktion (Potenzierung bei unangenehmen Hinweisreizen, Inhibition bei angenehmen Reizen) erstmals und systematisch von der Arbeitsgruppe von Peter Lang untersucht. In diesen Studien werden unterschiedliche angenehme und unangenehme emotionale Zustände in der Regel durch farbige Fotografien verschiedener Szenen induziert. Ein Vorteil dieser Methode besteht darin, dass die Personen sich in einem Zustand aufmerksamer passiver Informationsaufnahme befinden, welcher der gespannten Immobilität (freezing) von Ratten in einem Furchtkonditionierungsexperiment ähnlich ist. Zudem sind die emotionalen Reaktionen, die durch diese Bilder ausgelöst werden, sowohl auf der Ebene des subjektiven Erlebens als auch auf der Ebene des mimischen Ausdrucks und der vegetativen Veränderungen in vielen Untersuchungen vergleichbar beschrieben worden (Hamm & Vaitl, 1993; Hamm, Schupp & Weike, 2003; Lang et al., 1993). Inzwischen liegt eine standardisierte Serie von über 900 Bildern vor (International Affective Picture System, IAPS; Lang, Bradley & Cuthbert, 2005). Werden nun akustische Schreckreize (z. B. ein abrupt einsetzendes 95 dB lautes weißes Rauschen von 50 ms Dauer) während des Betrachtens dieser unterschiedlichen unangenehmen, angenehmen oder neutralen Bilder präsentiert, zeigt sich, dass es zu einer Potenzierung der durch den akustischen Reiz ausgelösten Schreckreaktionen kommt, wenn die Probanden unangenehme Bildinhalte betrachten (Bilder von Verletzungen oder bedrohlichen Tieren), während die durch den gleichen akustischen Reiz ausgelösten Schreckreaktionen in ihrer Amplitude reduziert sind, wenn die Personen gleichzeitig angenehme Bildinhalte betrachten (Vrana, Spence & Lang, 1988). Im oberen Teil von Abbildung 2 ist dieser inzwischen in vielen unterschiedlichen Labors replizierte Effekt (Cook, Davis, Hawk, Spence & Gautier, 1992; Hamm, Cuthbert, Globisch & Vaitl, 1997; Larson, Ruffalo, Nietert & Davidson, 2000; Pastor, Molto, Vila & Lang, 2003; Patrick, 1994; Ruiz-Padial, Sollers, Vila & Thayer, 2003) nochmals grafisch veranschaulicht. Den hier präsentierten Daten liegen die Reaktionen von 90 Probanden in verschiedenen Experimenten in unserem Labor zugrunde. Diese emotionsinduzierte Modulation der Schreckreaktionen beim Betrachten emotionaler Bilder ist unabhängig von der Modalität des Schreckreizes. In einer Folgestudie fanden Bradley, Cuthbert und Lang (1990) erneut das oben beschriebene Muster der Schreckreflexmodulation unabhängig davon, ob der Schreckreiz in der gleichen (Blitzlicht als visueller Schreckreiz) oder wie in der vorhergehenden Studie in einer anderen sensorischen Modalität (weißes Rauschen als akustischer Schreckreiz) präsentiert wurde. Die affektinduzierte Modulation der Schreckreaktionen durch emotionale Bilder tritt auch dann auf, wenn ein taktiler Schreckreiz (ein an die Schläfe applizierter Luftstoß) verwendet wird
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Abbildung 2: Mittlere Größe der Schreckreaktionen, die beim Betrachten von unterschiedlichen emotionalen Bildinhalten durch akustische Schreckreize ausgelöst wurden bei einer gepoolten Stichprobe von N = 90 Probanden. Die Bildinhalte der insgesamt 80 verschiedenen Bilder wurden entweder (a) nach der zugrunde liegenden Valenzkategorie, (b) unter zusätzlicher Berücksichtigung des Erregungsgehalts der Bilder (ordinal geordnet) oder (c) in spezifische Inhaltskategorien eingeteilt.
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(Hawk & Cook, 1997). Diese Befunde belegen, dass die Modulation der Schreckreaktionen tatsächlich durch den emotionalen Gehalt der Bilder und nicht durch selektive Aufmerksamkeitsprozesse auf bestimmte Sinnesmodalitäten verursacht wird (vgl. Bradley et al., 1990). Außerdem ist die affektive Modulation der Schreckreaktionen unabhängig von der Sinnesmodalität, in der die emotionsinduzierenden Reize dargeboten werden. Werden akustische Schreckreize während der Präsentation von unangenehmen Gerüchen präsentiert, kommt es wie bei unangenehmen Bildern ebenfalls zu einer deutlichen Potenzierung der akustisch ausgelösten Schreckreaktionen im Vergleich zu denen, die während der Präsentation von angenehmen Geruchsreizen ausgelöst werden (Ehrlichman, Brown, Zu & Warrenburg, 1995; Miltner, Matjak, Braun, Diekmann & Brody, 1994). Auch wenn kurze akustische Szenen zur Emotionsinduktion präsentiert werden (z. B. Geräusch einer Explosion, Babylachen, Weinen eines Kindes etc.) und die Schreckreaktionen durch einen visuellen Schreckreiz während des Hörens dieser Szenen ausgelöst werden, kommt es zu einer deutlichen Potenzierung der Schreckreaktionen bei unangenehmen akustischen Szenen und zu einer Inhibition bei angenehmen akustischen Szenen (Bradley & Lang, 2000). Die emotionsinduzierte Modulation der Schreckreaktionen ist bereits bei 5 Monate alten Säuglingen zu beobachten (Balaban, 1995). In dieser Studie betrachteten die Säuglinge Bilder von bedrohlichen, freundlichen und neutralen Gesichtern, während akustische Schreckreize über Kopfhörer präsentiert wurden. Wie vorhergesagt waren die Schreckreaktionen potenziert, wenn die Säuglinge bedrohliche Gesichter betrachteten, und inhibiert, wenn freundliche Gesichter dargeboten wurden. Etwas weniger klar sind die Befunde bei Kindern im Alter von 7 bis 10 Jahren. In einer Studie von McManis, Bradley, Berg, Cuthbert und Lang (2001) zeigten Mädchen in diesem Alter zwar die erwartete Modulation der akustisch ausgelösten Schreckreaktionen beim Betrachten unangenehmer, neutraler und angenehmer Reize, die gleichaltrigen Jungen zeigten jedoch keine Potenzierung der Schreckreaktionen bei unangenehmen Reizen, sondern sogar eher eine leichte Inhibition relativ zu neutralen Reizen. Auch eine Inhibition der Schreckreaktionen bei positiven Reizen war weder bei den Jungen noch bei den Mädchen besonders deutlich zu beobachten. Eine mögliche Erklärung für diese Befunde liefern Studienergebnisse von Cuthbert, Bradley und Lang (1996) sowie von Bradley, Codispoti, Cuthbert und Lang (2001). In der Studie von Cuthbert et al. (1996) konnte erstmals gezeigt werden, dass die Potenzierung der Schreckreaktion mit zunehmender Intensität der Aktivierung defensiver Motivationssysteme steigt und auch die Inhibition der Schreckreaktionen mit steigender Intensität appetitiver Motivationslagen zunimmt. In dieser Studie wurden erneut angenehme, neutrale und unangenehme Bilder präsentiert, welche jedoch hinsichtlich ihres Erregungsgehaltes variierten. Es zeigte sich, dass es erst dann zu einer relativen Potenzierung der Schreckreaktionen kam,
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wenn die unangenehmen Reize auch gleichzeitig als erregend eingestuft wurden. Außerdem nahm auch die Inhibition der Schreckreaktionen mit steigendem Erregungsgehalt der angenehmen Bilder zu. Im mittleren Teil von Abbildung 2 ist dieser Effekt nochmals veranschaulicht. In einer neueren Studie von Bradley und Mitarbeitern (Bradley et al., 2001) wurden insgesamt 72 Bilder aus dem IAPS ausgewählt und in 18 verschiedene Inhaltskategorien unterteilt. Auch in dieser Studie konnte wiederum der Valenzeffekt bei der Modulation der Schreckreaktionen repliziert werden und die affektive Modulation wurde auch mit zunehmendem Erregungsgehalt wiederum stärker. Allerdings gab es darüber hinaus auch deutliche Effekte einzelner Inhaltskategorien. So zeigte sich die stärkste Potenzierung der Schreckreaktionen bei bedrohlichen Reizen, obwohl sich ihr Erregungsgehalt nicht von den Bildern der Unfallopfer unterschied. Möglicherweise löst das Betrachten von Unfallbildern eben nicht nur aversive Meidetendenzen aus, sondern möglicherweise auch Mitleid und Empathie, also eine Tendenz zur Annäherung. Eine ähnliche Erklärung gilt möglicherweise auch für die vergleichsweise geringe Potenzierung bei Bildern von Unfällen, Katastrophen oder Krankheiten. In der Kategorie der angenehmen Reize sind es vor allem die erotischen Bilder, welche zu einer starken Inhibition der Schreckreaktionen führen. Möglicherweise ist dies auch der Grund dafür, dass bei der Studie von McManis et al. (2001) bei Kindern kaum eine Inhibition der Schreckreaktionen bei angenehmen Reizen zu beobachten war. Vermutlich sind hier die bisher vorliegenden Reize des IAPS für Kinder motivational nicht attraktiv genug. Abbildung 2 illustriert den Einfluss spezifischer Bildkategorien auf die emotionsinduzierte Modulation der Schreckreaktion anhand von 90 Untersuchungsteilnehmern aus unserem Labor, denen insgesamt 80 Bilder des IAPS dargeboten wurden, welche in zwölf Inhaltskategorien eingeteilt wurden. In Übereinstimmung mit den Befunden von Bradley et al. (2001) war die Potenzierung der Schreckreaktionen am deutlichsten ausgeprägt, wenn die Schreckreize beim Betrachten bedrohlicher Reize appliziert worden waren. Eine bedeutsame Inhibition der Schreckreaktionen trat vor allem bei der Darbietung erotischer Reize auf. Bei den anderen als angenehm beurteilten Reizen waren hingegen die Schreckreaktionen kaum geringer als bei den Bildern der neutralen Kategorien. In eine ähnliche Richtung weisen auch die Befunde, welche die affektive Modulation der Schreckreaktionen bei klinischen Gruppen untersucht haben. Hamm und Mitarbeiter (Hamm et al., 1997) präsentierten Personen mit einer Spezifischen Phobie angenehme, neutrale, unangenehme und phobierelevante Bilder und applizierten akustische Schreckreize während die Personen diese Bilder betrachteten. Wie erwartet, kam es zu einer emotionsinduzierten Modulation der Schreckreaktionen in die erwartete Richtung bei unangenehmen und angenehmen Reizen, die sich auch nicht zwischen Phobikern und Kontrollpersonen unterschied. Allerdings zeigten Phobiker unabhängig vom Typ ihrer Phobie
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(Tier-Typus vs. Blut-Verletzungs-Typus) eine deutlich stärkere Potenzierung ihrer Schreckreaktionen, wenn die akustischen Schreckreize während der Präsentation ihrer phobierelevanten Reize dargeboten wurden, sowohl relativ zu den anderen unangenehmen Reizen als auch relativ zur Kontrollgruppe. Diese Befunde zeigen, dass es insbesondere in Gegenwart bedrohlicher Reize, unabhängig von ihrem spezifischen Reizinhalt (Bilder von Spinnen oder von Blut und Verletzungen) zu einer starken Potenzierung der Schreckreaktionen kommt. Interessanterweise unterschieden sich die autonomen Reaktionen, welche durch die phobischen Reize ausgelöst wurden, deutlich zwischen beiden Phobikergruppen. Während die Patienten mit einer Phobie vom Tier-Typus ein sympathikoton dominiertes vegetatives Reaktionsmuster aufwiesen (stärkere elektrodermale Reaktionen, Anstieg von Herzrate und Blutdruck), reagierten die Personen mit einer Phobie vom Blut- und Verletzungs-Typus eher mit einem vagal dominierten Reaktionsmuster (keine stärkeren elektrodermalen Reaktionen, Herzratendezeleration und Blutdruckabfall). Diese unterschiedlichen vegetativen Muster beider Gruppen, welche übrigens von Sarlo, Palomba, Angrilli und Stegagno (2002) repliziert werden konnten, stehen wahrscheinlich in Zusammenhang mit unterschiedlichen Reaktionsprogrammen, welche bei beiden Gruppen durch die bedrohlichen Reize aktiviert werden. Während sich Phobiker vom Tier-Typus beim Kontakt mit dem bedrohlichen Reiz auf eine Fluchtreaktion vorbereiten (Spinnenphobiker versuchen möglichst schnell von der Spinne wegzukommen), verfallen Blut- und Injektionsphobiker eher in eine tonische Immobilität, wie sie bei Tieren auftritt, die in die Enge getrieben worden sind, und wo eine Flucht nicht mehr möglich ist. In diesem Fall wird das Blut von der Peripherie abgezogen, um bei Verletzungen der Haut nicht zu stark zu bluten. Ein ähnliches Muster wird bei Phobikern des Blut- und Verletzungs-Typus durch die bedrohlichen Reize aktiviert. Auf der motivationalen Ebene kommt es aber bei beiden Patientengruppen zu einer Aktivierung defensiver Motivationssysteme. In Abbildung 3 sind die wichtigsten Befunde dieser Studie von Hamm et al. (1997) nochmals dargestellt. Während also Phobiker bei der Darbietung phobierelevanter, bedrohlicher Reize eine deutlich stärkere Potenzierung ihrer Schreckreaktionen aufweisen als Kontrollpersonen, zeigen furchtlose Personen bei der Darbietung bedrohlicher Reize gar keine Schreckreflexpotenzierung. Dieses Fehlen der Schreckreflexpotenzierung beim Betrachten unangenehmer Reize wurde von Patrick und Mitarbeitern bereits wiederholt bei inhaftierten Straftätern beschrieben, vor allem bei Straftätern mit einer hohen Ausprägung auf dem ersten Faktor der Psychopathie-Checkliste (Hare, 1991), der vor allem die affektiv-interpersonalen Aspekte der Psychopathie erfasst (Patrick, Bradley & Lang, 1993). Dabei kam es bei Bildern, auf denen verletzte Personen oder menschliche Angriffe zu sehen waren, die für normale Probanden bedrohlich sind, sogar zu einer Inhibition der Schreckreaktionen (Levenston, Patrick, Bradley & Lang, 2000). In einer neueren
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Abbildung 3: Oben: Mittlere Größen der Schreckreaktionen und der Hautleitwertreaktionen, die beim Betrachten von phobierelevanten Bildinhalten ausgelöst wurden, bei Tierphobikern und Kontrollpersonen („TierTypus“: phobierelevante Reize waren Bilder von Schlangen und Spinnen) sowie bei Blut- und Injektionsphobikern und deren Kontrollgruppe („Blut-Verletzungs-Typus“: Bilder verstümmelter Unfallopfer wurden als phobierelevante Reize verwendet). Die kardiovaskulären Veränderungen während des Betrachtens der verschiedenen Bildinhalte sind im mittleren (Herzratenveränderungen) und unteren Teil (Blutdruckveränderungen) der Abbildung dargestellt.
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Studie von Benning, Patrick und Iacono (2005) wurde ein ähnliches Muster der Schreckreflexmodulation (fehlende Potenzierung der Schreckreaktionen bei unangenehmen Reizen) auch bei extrem furchtlosen und dominanten Personen (obere 10 %) in einer epidemiologischen Studie gefunden. Möglicherweise wäre dies ein interessantes Screening-Verfahren zur Einleitung präventiver Maßnahmen. Diese Fülle von empirischen Befunden stützt übereinstimmend das emotionale Priming-Modell. Wird ein defensiver Reflex, wie die Schreckreaktion, in einem Zustand erhöhter Abwehrbereitschaft aktiviert, ist dieser Reflex deutlich potenziert. Befindet sich der Organismus dagegen in einem Zustand erhöhter Annäherungsbereitschaft, wird der durch den physikalisch identischen Reiz ausgelöste Schreckreflex inhibiert. Die Schreckreaktion ist aber nicht nur wegen dieser konsistenten empirischen Befunde ein praktischer Indikator, sondern auch deshalb, weil die neurobiologischen Grundlagen der emotionsinduzierten Modulation der Schreckreaktionen sowohl im Tier- als auch im Humanbereich zunehmend genau beschrieben werden konnten.
5 Neuronale Schaltkreise der emotionsinduzierten Schreckreflexpotenzierung Da die Befunde der neurobiologischen Emotionsforschung bereits ausführlich in anderen Kapiteln dieses Enzyklopädiebandes dargestellt werden (vgl. Vaitl sowie Peper in diesem Band), soll an dieser Stelle lediglich ein kurzer Überblick gegeben werden, der auf die neuronalen Grundlagen der emotionsinduzierten Potenzierung der Schreckreaktionen fokussiert ist. Wie bereits oben beschrieben, zeigen Tiere eine deutliche Potenzierung ihrer Schreckreaktionen, wenn diese in Gegenwart von Reizen ausgelöst werden, welche vorher mit einem aversiven, schmerzhaften unkonditionierten Reiz assoziiert waren (Brown et al., 1951; Davis & Astrachan, 1978). Inzwischen sind die neuronalen Grundlagen dieser sogenannten furchtinduzierten Potenzierung der Schreckreaktionen vor allem durch die Arbeiten von Davis und Mitarbeitern weitgehend bekannt (vgl. aktuelle Übersichten bei Davis, 1998; Davis & Lang, 2003). Dabei wird zwischen dem obligatorischen Reflexweg und dem modulatorischen Schaltkreis unterschieden. Der obligatorische Reflexweg zwischen dem akustischen Schreckreiz und der motorischen Antwort besteht aus drei Synapsen (Davis, 1998). Das Signal des akustischen Schreckreizes gelangt über die primären afferenten Eingänge aus dem Ganglion spirale zu den cochlearen Wurzelneuronen (diese Zellen sind im Nucleus cochlearis eingebettet). Von dort ziehen Axonkollaterale zum Nucleus reticularis pontis caudalis (PnC), der sensomotorischen Schnittstelle im Hirnstamm. Von dort ziehen efferente Projektionen über den Nucleus facialis (für den Pinna- und den Lidschlagreflex) oder das Rückenmark (für die Ganzkörperschreckreaktion)
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zu den Effektoren (Davis, 1998). Auch für die menschliche Schreckreaktion sind diese anatomischen Strukturen des obligatorischen Reflexweges beschrieben worden (Martin, Holstege & Mehler, 1990). In Abbildung 4 ist dieser obligatorische Reflexweg nochmals grafisch veranschaulicht.
Abbildung 4: Schematische Darstellung des neuronalen Modells der Regulation der furchtinduzierten Potenzierung der Schreckreaktion. Die Wahrnehmung des visuellen emotionalen Reizes (dies kann auch ein konditionierter visueller Reiz sein) führt über kortikale und subkortikale Projektionen zur Aktivierung der Amygdala, von deren zentralem Kern eine Bahnung des primären Reflexwegs der Schreckreaktion entweder über direkte oder indirekte Projektionen (über Regionen des Mittelhirns) vermittelt wird (vgl. Walker & Davis, 2002).
Neben diesem primären obligatorischen Reflexweg existiert aber noch ein zusätzlicher modulatorischer Schaltkreis, welcher die emotionsinduzierte Modifikation der Schreckreaktionen reguliert. Eine Vielzahl von Studien belegt, dass die Amygdala, eine mandelförmige Struktur im anterioren medialen Temporallappen, die zentrale Regulationseinheit dieses modulatorischen Schaltkreises ist. Tierexperimente zeigen, dass Läsionen der Amygdala eine Vielzahl von konditionierten und unkonditionierten Furchtreaktionen blockieren, z. B. die durch einen konditionierten Reiz ausgelöste Bewegungsstarre, Anstieg des Blutdrucks, Veränderung der Herzrate, die Freisetzung von ACTH und eben auch die furcht-
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induzierte Potenzierung der Schreckreaktionen (Davis, 2000; Fanselow, 1994; LeDoux, 1996). Auch im Humanbereich führen unilaterale Läsionen der Amygdala (in dieser Studie wurden Patienten untersucht, bei denen aufgrund einer medikamentenresistenten Epilepsie eine unilaterale Temporallappenresektion durchgeführt wurde) zu einer deutlichen Beeinträchtigung der furchtinduzierten Potenzierung der Schreckreaktionen, übrigens auch bei denjenigen Patienten, welche die Reizkontingenzen auf der kognitiven Ebene nachweislich erlernt hatten (Weike, Hamm, Schupp, Runge, Schroeder & Kessler, 2005). In die gleiche Richtung weisen Befunde von Bechara und Mitarbeitern, welche bei einem Patienten mit bilateraler Läsion der Amygdala eine vollständige Blockade der autonomen Furchtkonditionierung fanden, wobei auch dieser Patient die Kontingenzrelationen zwischen konditioniertem und unkonditioniertem Reiz auf der kognitiven Ebene behalten hatte (Bechara, Tranel, Damasio, Adolphs, Rockland & Damasio, 1995). Aktuelle Bildgebungsstudien belegen ebenfalls die zentrale Rolle der Amygdala bei der Verarbeitung von bedrohlichen Reizen (Büchel & Dolan, 2000; vgl. Vaitl in diesem Band). Neuere tierexperimentelle Befunde zeichnen ein etwas komplizierteres Bild und belegen, dass die verschiedenen Subnuclei der Amygdala unterschiedliche Funktionen ausführen. Sensorische Information aus dem Kortex oder bereits direkt aus dem Thalamus gelangt in den lateralen und basolateralen Kern der Amygdala (Davis & Whalen, 2001; Maren & Quirk, 2004). Visuelle Reize gelangen über den inferioren temporalen Kortex in den lateralen Kern der Amygdala (Amaral, Price, Pikanen & Carmichael, 1992), wobei der perirhinale Kortex hier eine wichtige Relaisfunktion ausübt, da Läsionen in dieser Region die furchtinduzierte Potenzierung der Schreckreaktion blockieren (Davis & Lee, 1998). Neben diesen kortikalen Projektionen erhalten der laterale und basolaterale Kern der Amygdala auch direkte Projektionen aus dem Thalamus, durch die eine Furchtkonditionierung auch ohne Beteiligung kortikaler Repräsentationen bei akustischen Reizen (vgl. LeDoux, 2002) und auch bei visuellen Reizen moduliert werden kann (Walker & Davis, 2002). Von diesem lateralen und basolateralen Kern der Amygdala gelangt die Information zum zentralen Kern der Amygdala, welcher dann zu verschiedenen Zielregionen im Hypothalamus, Mittelhirn und unteren Hirnstamm projiziert, welche dann wiederum die verschiedenen autonomen und behavioralen Indikatoren defensiver Motivationsbereitschaft modulieren. Vom zentralen Kern der Amygdala besteht sowohl eine direkte Projektion zum PnC als auch eine Projektion mit Umschaltstationen in Regionen des Mittelhirns (vgl. Abb. 4). Läsionen beider Projektionen blockieren die furchtinduzierte Potenzierung der Schreckreaktionen im Tierexperiment (Davis & Lang, 2003). Neuere Befunde weisen darauf hin, dass es zu einer Dissoziation von Furchtgedächtnis und Furchtverhalten durch Läsionen der verschiedenen Subnuclei der
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Amygdala kommen kann. Wird beispielsweise ein Ton präsentiert, welcher vorher mit einem Schmerzreiz assoziiert worden war, kommt es zu einer vermehrten neuronalen Aktivität im lateralen Kern der Amygdala, und das Versuchstier zeigt auch eine deutliche Bewegungsstarre beim Hören des Tones. Wird jedoch der zentrale Kern der Amygdala pharmakologisch blockiert, wird in der lateralen Amygdala immer noch eine erhöhte Feuerungsrate beobachtet, das Tier zeigt aber keine Bewegungsstarre mehr (vgl. Maren & Quirk, 2004). Tierexperimentelle Befunde zeigen, dass der zentrale Kern der Amygdala außerdem dichte Projektionen zur erweiterten Amygdala aufweist (bed nucleus der Stria Terminalis; BNST), welche ebenfalls in verschiedene Regionen des Gehirns projiziert und vor allem bei bedrohlichen Kontextreizen aktiviert zu sein scheint (vgl. Davis, 1998). Allerdings sendet der BNST, aber auch der zentrale Kern der Amygdala, Projektionen zu Zielregionen des Gehirns, welche nicht primär bei der Regulation von Furchtreaktionen beteiligt sind. Es gibt enge Verbindungen vom zentralen Kern sowie der erweiterten Amygdala zur ventralen tegmentalen Area (VTA), dem Ausgangspunkt des mesolimbischen dopaminergen Belohnungssystems mit dem ventralen Striatum (Nucleus accumbens) als Kernstruktur. Somit scheint die Amygdala auch bei der Regulation von Annäherungsverhalten nicht völlig unbeteiligt zu sein. Studien von Everitt und Mitarbeitern zeigen, dass Läsionen des zentralen Kerns der Amygdala zu einer Blockade gelernten Annäherungsverhaltens auf einen Reiz führen, welcher vorher mit Nahrung assoziiert worden war (Everitt, Cardinal, Hall, Parkinson & Robbins, 2000; Parkinson, Robbins & Everitt, 2000). Diese Befunde legen nahe, dass die Amygdala einen motivationalen Signifikanzdetektor darstellt, welcher nicht nur zu einer entsprechenden Verhaltensantwort (Annäherung oder Vermeidung) sondern eben auch zu einer selektiven Enkodierung und Verarbeitung motivational bedeutsamer Reize führt. Auf diese enge Verzahnung zwischen affektiven kognitiven Systemen hat bereits Amaral aufgrund seiner anatomischen Untersuchungen an Primaten hingewiesen. In einer Reihe von Tracerstudien wurde gefunden, dass bei Primaten dichte Projektionen von der Amygdala zum primären visuellen Kortex (Brodmann Area 17) existieren und von dort die Information wieder über den inferioren temporalen Kortex zur Amygdala zurückläuft (vgl. Amaral et al., 1992, 2003). Eine neuere Studie konnte mit Hilfe der Diffusions-Tensor Bildgebung zeigen, dass auch beim Menschen direkte Projektionsbahnen zwischen dem sekundären visuellen und anterioren temporalen Kortex bestehen, welche möglicherweise die schnelle Rückkopplung zwischen Amygdala und visuellem Kortex vermitteln (Catani, Jones, Donato & ffytche, 2003). Diese Schaltkreise sind wahrscheinlich an der selektiven Enkodierung und Verarbeitung emotionaler Reize beteiligt (man könnte in diesem Zusammenhang auch von einem ersten Einschätzungsprozess sprechen; vgl. Hess & Kappas in diesem Band).
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6 Enkodierung emotionaler Reize: Emotion und Aufmerksamkeit 6.1 Das Konzept der motivierten Aufmerksamkeit Selektive Aufmerksamkeitsprozesse sind notwendig, um aus der überwältigenden Vielzahl von Informationen aus unserer Umwelt die für uns relevanten auszuwählen. Relevant können Informationen dabei durch Instruktionen oder Absichten werden, auf spezielle Merkmale zu achten, z. B. auf die Lokalisation eines Reizes (z. B. achte auf den Spieler am rechten Spielfeldrand) oder auf reizinhärente Merkmale (z. B. achte auf alle farbigen Spieler). In diesem Fall spricht man von volitionaler oder expliziter Aufmerksamkeit, welche man insofern als Top-down-Prozess bezeichnen kann, da die auszuwählenden Merkmale explizit genannt werden (z. B. achte auf alle X und ignoriere alle Y). Neben dieser volitionalen Aufmerksamkeit können aber auch saliente Merkmale (z. B. ein Kreis in einer Ansammlung von Kreuzen) automatisch Aufmerksamkeit auf sich ziehen. In diesem Fall spricht man von einem stimulusgetriebenen Bottom-up-Prozess. Nun sind aber nicht nur bestimmte reizinhärente Eigenschaften in der Lage, die Aufmerksamkeit automatisch auf sich zu ziehen, sondern eben auch solche Reize, welche eine hohe motivationale Bedeutung für uns haben. Wenn wir beispielsweise Hunger haben, springt uns jeder potenzielle Nahrungsreiz sofort in die Augen bzw. in die Nase. In diesem Fall sprechen Lang und Mitarbeiter von „natürlicher“ motivierter selektiver Aufmerksamkeit (Lang, Bradley & Cuthbert, 1997). Damit ist gemeint, dass diejenigen Reize, welche entweder aufgrund angeborener Dispositionen (z. B. unkonditionierte Reize) oder aufgrund von Erfahrungen eine Annäherungs- oder Abwehrdisposition aktivieren, auch gleichzeitig Aufmerksamkeit in Form eines Bottom-up-Prozesses auf sich ziehen. Wahrscheinlich sind es die oben beschriebenen neuronalen Verbindungen zwischen subkortikalen und kortikalen Strukturen, welche diese Form der motivierten Aufmerksamkeit vermitteln. Aufgrund neuer bildgebender Verfahren ist es möglich, die neuronalen Strukturen, welche dieser motivierten Aufmerksamkeitssteuerung zugrunde liegen, zu untersuchen.
6.2 Kortikale Veränderungen bei der Enkodierung affektiver Reize: Funktionelle Bildgebung Studien, welche die neuronale Aktivität des Gehirns indirekt über Veränderungen des regionalen Blutflusses im Gehirn oder über die Veränderung von Stoffwechselprodukten entweder mit Hilfe der Positronen-Emissions-Tomografie (PET) oder mit funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) erfassen, versuchen genau zu lokalisieren, in welchen Regionen des Gehirns die Verarbeitung affektiv relevanter Information stattfindet. Eine verstärkte sensorische Verarbeitung von emotionalen gegenüber neutralen Reizen wurde in zahlreichen fMRT-
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und PET-Studien beobachtet (Überblicke in Davis & Whalen, 2001; Pessoa, Kastner & Ungerleider, 2002) und beinhaltet verschiedene Reizmaterialien wie beispielsweise angenehme und unangenehme Bildmaterialen des International Affective Picture System (IAPS; Lang et al., 2005; vgl. Bradley et al., 2003; Junghöfer, Schupp, Stark & Vaitl, 2005; Junghöfer et al., 2006; Sabatinelli, Flaisch, Bradley, Fitzsimmons & Lang, 2004; Sabatinelli, Bradley, Fitzsimmons & Lang, 2005; Wendt, Lotze, Weike, Hosten & Hamm, 2008) und emotionale Gesichtsausdrücke (z. B. Furcht; Morris, Öhman & Dolan, 1998; Pessoa et al., 2002; Vuilleumier & Schwartz, 2001). Insbesondere für angenehme und unangenehme Bilder zeigten sich Aktivierungen sowohl in posterioren visuellen Strukturen (z. B. Gyrus okzipitalis) als auch in mehr anterior gelegenen, ventro-temporalen Strukturen (z. B. Gyrus fusiformis). Bemerkenswert ist dabei die hohe Ausprägung dieses Effekts (Junghöfer et al., 2005). Darüber hinaus aktivieren emotionale Reize auch weitere kortikale und subkortikale limbische Areale, die möglicherweise an der Kontrolle der selektiven Reizverarbeitung beteiligt sind (vgl. Vaitl sowie Peper in diesem Band), wobei auf die zentrale Rolle der Amygdala bereits ausführlich eingegangen worden ist. Tatsächlich wurden in vielen fMRT-Studien Aktivierungen der Amygdala sowohl für aversive Bildinhalte der IAPS-Serie als auch für furchtrelevante Gesichtsausdrücke und kürzlich auch für erotische Bildinhalte berichtet (Morris et al., 1998; Hamann, Ely, Hoffman & Kilts, 2002; Junghöfer et al., 2005; Sabatinelli et al., 2005; Vuilleumier & Schwartz, 2001). Die emotionale Regulation kortikaler Informationsverarbeitung durch die Amygdala könnte dabei über direkte Projektionen zu sensorischen Arealen oder indirekten Projektionen zu anterior gelegenen exekutiven Aufmerksamkeitsnetzwerken oder aufsteigenden neuromodulatorischen Systemen vermittelt werden (z. B. Derryberry & Tucker, 1991; Emery & Amaral, 2000; Vuilleumier, 2005).
6.3 Kortikale Veränderungen bei der Enkodierung affektiver Reize: Ereigniskorrelierte Potenziale Die Ergebnisse von fMRT- und PET-Studien werden ergänzt durch Studien mit ereigniskorrelierten Potenzialen (EKPs), welche emotionale Verarbeitungsprozesse auf der Ebene distinkter Verarbeitungsstadien abbilden können. Diese Vorgehensweise ist analog zu Studien im Kontext reflexiver und volitionaler Aufmerksamkeitsprozesse, bei denen EKPs traditionell eine wichtige Rolle einnehmen, um zeitliche Prozesse detailliert zu untersuchen. Paradigmen der visuellen Suche, der räumlichen Hinweismethode, der Refraktärperiode und des attentional blink ermöglichten, die Effekte selektiver Aufmerksamkeit in EKP- Komponenten abzubilden, die für spezifische Verarbeitungsstadien (z. B. perzeptuelle Enkodierung, Arbeitsgedächtnis und motorischen Vorbereitungsprozesse) sen-
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sitiv sind (z. B. Luck & Hillyard, 2000; Luck, Woodman & Vogel, 2000). Aufbauend auf diesen Studien zur reflexiven und volitionalen Aufmerksamkeit können EKPs auch in der Emotionsforschung dazu dienen, die Hypothese der emotionalen Steuerung von Aufmerksamkeitsprozessen zu untersuchen, um distinkte Verarbeitungsstadien zu identifizieren, in denen emotionale Reize selektiv verarbeitet werden. Darüber hinaus ist der Vergleich der Modulation spezifischer EKP-Prozesse durch motivationale und volitionale Aufmerksamkeit von Interesse. In einer Reihe von EKP-Studien, welche die Prozesse motivationaler Aufmerksamkeit untersucht haben, betrachteten die Versuchsteilnehmer angenehme, neutrale und unangenehme Bilder der IAPS-Serie (Lang et al., 2005). Die Darbietungszeiten und Inter-Stimulus-Intervalle (ISI) variierten in diesen Studien über einen großen Bereich. Einige Studien verwendeten eine 6-sekündige Darbietungszeit und ein langes ISI, um simultan autonome und somatische Parameter erfassen zu können (z. B. Cuthbert, Schupp, Bradley, Birbaumer & Lang, 2000; Schupp, Cuthbert et al., 2004). Andere Studien verwendeten die zeitlichen Parameter des modifizierten Oddball-Paradigmas (Cacioppo, Crites, Berntson & Coles, 1993) mit kürzeren Darbietungszeiten (1,5 s) und schnelleren Präsentationsraten (z. B. Schupp et al., 2000; Schupp, Junghöfer, Weike & Hamm, 2003a, 2004). Neuere Arbeiten realisierten eine schnelle serielle visuelle Präsentation, in der die Bilder noch kürzer (333 ms) ohne ISI als kontinuierlicher Reizstrom präsentiert werden (z. B. Junghöfer, Bradley, Elbert & Lang, 2001; Schupp, Junghöfer, Weike & Hamm, 2003b; Schupp et al., 2006, 2007; Wieser et al., 2006). Während ältere Studien häufig nur wenige Sensoren zur Erfassung der EKPs einsetzen konnten (z. B. Diedrich, Naumann, Maier & Bartussek, 1997; Cuthbert et al., 2000; Johnston, Miller & Burleson, 1986; Johnston & Oliver-Rodriguez, 1997; Palomba, Angrilli & Mini, 1997; Schupp et al., 2000; Schupp, Cuthbert et al., 2004), ermöglichen neuere Studien durch den Einsatz von dichten Elektrodennetzen (128 oder 256 Sensoren) eine deutlich verbesserte räumliche Erfassung ereigniskorrelierter Potenziale, die insbesondere den Nachweis einer frühen selektiven Verarbeitung emotionaler Reize in den ersten dreihundert Millisekunden der Reizverarbeitung ermöglichen. Über die verschiedenen Studien hinweg ergibt sich eine selektive Verarbeitung von emotionalen Reizen in drei EKP-Komponenten, die im Folgenden summarisch dargestellt wird. 6.3.1 Die frühe posteriore Negativierung (early posterior negativity; EPN) Die erste EKP-Komponente, welche die selektive Verarbeitung von angenehmen und unangenehmen gegenüber neutralen Bildinhalten der IAPS-Serie anzeigt, ist die frühe posteriore Negativierung (Junghöfer et al., 2001; Schupp et al., 2003a, b). Bereits nach 200 bis 300 ms zeigen sich deutliche Unterschiede in den kortikalen Reaktionen auf emotionale Bilder im Vergleich zu neutralen
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Reizen, vor allem über temporo-okzipitalen Regionen. Diese temporo-okzipitale Negativierung für angenehme und unangenehme Bilder ist in Abbildung 5 anhand eines rechts-okzipitalen Sensors in der zeitlichen Entwicklung darge–4 –3
µV
–2 –1 0
Angenehm – Neutral
1
Unangenehm – Neutral
2 0
100
200 Zeit (ms)
300
400
Angenehm – Neutral
3,6 µV –3,6 µV
Unangenehm – Neutral Abbildung 5: Oben: Frühe posteriore Negativierung der Ereigniskorrelierten Potenziale (EKPs) bei Darbietung angenehmer und unangenehmer Bildinhalte im Vergleich zu neutralen Bildern. Dargestellt sind die Differenzwellen (affektiv-neutral) am Beispiel eines okzipitalen Sensors der rechten Hemisphäre (#90; zur genauen Lokalisation dieses Sensors im Netz vgl. Abb. 1 in Schupp et al., 2004). Unten: Topografie der ereigniskorrelierten Potenzialdifferenzen zwischen affektiven (angenehm und unangenehm) und neutralen Bildinhalten. Die gemessenen Spannungen wurden auf die Skalpoberfläche mit Hilfe von Splinefunktionen interpoliert und auf ein Kopfmodell zurückprojiziert.
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stellt. Topografische Karten der Differenzwellen (affektiv minus neutral) illustrieren die räumliche Verteilung dieser selektiven Verarbeitung (vgl. Abb. 5). Zusätzliche Analysen zeigten, dass diese Negativierung deutlich stärker bei denjenigen emotionalen Reizen ausgeprägt war, welche eine hohe evolutionäre Bedeutsamkeit haben (Erotika und Verstümmelungen). Eine frühe selektive Verarbeitung emotionaler Reize wurde bisher für folgende Reizmaterialien berichtet: (1) Komplexe emotionale Szenen des International Affective Picture System (Lang et al., 2005; Junghöfer et al., 2001; Schupp et al., 2003a, b), (2) bedrohliche gegenüber neutralen Gesichtern der Karolinska Directed Emotional Faces Serie (KDEF; Lundqvist, Flykt & Öhman, 1998; Schupp, Öhman et al., 2004), (3) furchtrelevante gegenüber neutralen Gesichtern (Sato, Kochiyama, Yoshikawa & Matsumura, 2001), sowie (4) phobische vs. neutrale Reize (Michalowski, Melzig, Weike, Stockburger, Schupp & Hamm, in Druck). Die wiederholten Befunde darüber, dass emotionale Reize bereits in frühen Verarbeitungsstufen selektiv verarbeitet werden, stützen die Hypothese, dass emotionale Reize selektive Aufmerksamkeitsprozesse steuern. Interessanterweise zeigte sich in zahlreichen Studien, dass das explizite Beachten spezifischer Reizmerkmale (z. B. Farbe oder Form) oder besonderer semantischer Kategorien (z. B. Tier vs. kein Tier) ebenfalls mit einer posterioren Negativierung in einem vergleichbaren Zeitbereich assoziiert ist (Codispoti, Ferrari, Junghöfer & Schupp, 2006; Thorpe, Fize & Marlot, 1996). Junghöfer und Kollegen (2001) untersuchten in Kontrollanalysen die Frage, ob die beobachteten Unterschiede zwischen emotional bedeutsamen und neutralen Bildinhalten von der Farbinformation abhängen. Dabei zeigte sich eine nahezu identische Modulation der EPN für emotionale Bilder, auch wenn die IAPS-Bilder ohne Farbe in verschiedenen Graustufen präsentiert wurden. Weitere Kontrollanalysen ergaben ebenso keine systematischen Unterschiede im EPN-Zeitbereich für verschiedene physikalische Parameter (Helligkeit, Farbe, räumliche Frequenz). Allerdings zeigen neuere Befunde von Löw, Lang und Bradley (2005), dass die EPN von der Komplexität (einzelne Person bzw. Objekt vs. komplexe Szene) der dargebotenen Reize abhängt und möglicherweise sehr frühe perzeptuelle Pop-out-Phänomene von emotionalen Reizen abbildet. 6.3.2 Das späte positive Potenzial (late positive potential; LPP) Zahlreiche Studien belegen, dass emotionale (angenehme und unangenehme) Bildinhalte nach der frühen Modulation der EPN-Komponente auch eine erhöhte LPP-Amplitude über zentro-parietalen Arealen auslösen, die 400 bis 700 ms nach Reizdarbietung zu beobachten ist, wie Abbildung 6 illustriert (Amrhein, Mühlberger, Pauli & Wiedemann, 2004; Cuthbert et al., 2000; Keil
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et al., 2002; Palomba et al., 1997; Schupp et al., 2000, 2003a, 2008; Schupp, Cuthbert et al., 2004; Schupp, Junghöfer et al., 2004). Diese LPP-Amplitude ist besonders ausgeprägt bei Reizinhalten, die durch eine hohe emotionale Erregung –2
0
µV
2
4 Angenehm 6
Neutral Unangenehm
8 0
200
400 Zeit (ms)
600
Angenehm – Neutral
3,0 µV –3,0 µV
Unangenehm – Neutral Abbildung 6: Oben: Mittlerer Verlauf der Ereigniskorrelierten Potenziale (EKPs) bei Darbietung angenehmer, neutraler und unangenehmer Bildinhalte am Beispiel eines centro-parietalen Sensors (#80; zur genauen Lokalisation dieses Sensors vgl. Abb. 1 in Schupp et al., 2004). Unten: Topografie des späten positiven Potenzials, das bei Betrachtung affektiver (angenehmer und unangenehmer) im Vergleich zu neutralen Bildinhalten ausgelöst wurde. Die gemessenen Spannungen wurden auf die Skalpoberfläche mit Hilfe von Splinefunktionen interpoliert und auf ein Kopfmodell zurückprojiziert.
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gekennzeichnet sind. Die Interaktion von Valenz und Erregung fortführend, untersuchte eine neuere Arbeit die Modulation des LPP in Abhängigkeit von spezifischen Bildkategorien menschlicher Erfahrung. Die Ergebnisse zeigen, dass evolutionär bedeutsame Bildinhalte (z. B. Erotika, Verstümmelungen, Bedrohung) mit einer höheren LPP-Amplitude assoziiert waren als Bildinhalte der gleichen Valenz aber einer geringen evolutionären Signifikanz (Schupp, Cuthbert et al., 2004). Ergebnisse der kognitiven Neurowissenschaften belegen, dass die LPP-Amplitude mit der Bedeutung von Reizen kovariiert und nicht einfache physikalische Reizeigenschaften abbildet (Johnson, 1988; Picton, 1992). Insbesondere zeigte sich eine hohe Korrespondenz zwischen der Instruktion, bestimmte Reize zu beachten, und der LPP-Amplitude, die durch die Zielreize ausgelöst wurde. Doppelaufgaben belegen darüber hinaus eine reziproke Beziehung der LPPAmplitude von primärer und sekundärer Aufgabe und weisen daher darauf hin, dass es sich um ein kapazitätslimitiertes Stadium der Verarbeitung handelt (z. B. Donchin, Kramer & Wickens, 1986). Diese Ergebnisse belegen, dass das LPP ein sensitiver Indikator für Aufmerksamkeitsprozesse ist, der insbesondere im Kontext von Arbeitsgedächtnisprozessen diskutiert wird (z. B. Donchin & Coles, 1988). Im Einklang mit dieser Hypothese zeigen Untersuchungen im Rahmen des Attentional blink-Paradigmas, dass diejenigen Zielreize, die nicht bewusst wahrgenommen bzw. berichtet werden konnten, auch keine oder nur eine geringe P300 Amplitude auslösen (Kranczioch, Debener & Engel, 2003; Luck et al., 2000). Basierend auf den Befunden der kognitiven Neurowissenschaften ergibt sich die Hypothese, dass emotionale Reize im Arbeitsgedächtnis distinkt repräsentiert sind und zum Fokus der Aufmerksamkeit werden. 6.3.3 Langsame positive Potenziale Studien mit längeren Präsentationszeiten belegen, dass emotionale Reize mit länger andauernden, langsamen positiven Potenzialen assoziiert sind (Cuthbert et al., 2000). Kognitive Studien zeigen, dass positive langsame Potenziale insbesondere dann auftreten, wenn eine anhaltende perzeptuelle Verarbeitung und Gedächtnisprozesse involviert sind (Ritter & Ruchkin, 1992; Ruchkin, Johnson, Mahaffey & Sutton, 1988). Dementsprechend kann angenommen werden, dass die langsamen positiven Potenziale die anhaltende visuelle Aufmerksamkeit gegenüber emotionalen Reizen abbilden (Cuthbert et al., 2000; vgl. Abb. 7). Diese Hypothese wird durch Studien unterstützt, in denen ein sekundärer akustischer Testreiz präsentiert wurde. Es zeigte sich, dass die P300Komponente, die mit der Verarbeitung des Testreizes assoziiert ist, verringert ist, wenn die Probanden emotionale gegenüber neutralen Bildinhalten betrachten (z. B. Cuthbert, Schupp, Bradley, McManis & Lang, 1998; Schupp, Cuthbert,
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Bradley, Birbaumer & Lang, 1997; Schupp, Cuthbert et al., 2004). Vergleichbare Ergebnisse werden beobachtet, wenn die Probanden explizit instruiert werden, bestimmte Reize zu beachten und andere zu ignorieren (z. B. Johnson, 1988). Diese Ergebnisse legen nahe, dass weniger Ressourcen für die Verarbeitung des sekundären Testreizes zur Verfügung stehen, wenn emotionale Bildinhalte betrachtet werden, die eine höhere Aufmerksamkeitszuwendung erfahren (Donchin et al., 1986). Zusammenfassend belegen diese Ergebnisse die Hypothese der emotionalen Lenkung selektiver Aufmerksamkeitsprozesse auf der Ebene distinkter Verarbei-
Abbildung 7: Oben: Mittlerer Verlauf der ereigniskorrelierten Potenziale (EKPs), die bei Darbietung angenehmer, neutraler und unangenehmer Bildinhalte über Pz abgeleitet wurden. Das späte positive Potenzial ist bei Betrachtung affektiver Bildinhalte deutlich stärker als bei neutralen. Unten: Mittlere EKPs, die bei Betrachtung hoch und niedrig erregender affektiver Bildinhalte im Vergleich zu neutralen Bildern ausgelöst wurden.
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tungsstadien, die mit perzeptueller Enkodierung, Repräsentation im Arbeitsgedächtnis und anhaltender visueller Aufmerksamkeit assoziiert werden. Darüber hinaus zeigt sich, dass explizite und emotionale Steuerung der Aufmerksamkeit deutliche Parallelen hinsichtlich der Modulation spezifischer EKP-Indikatoren aufweisen.
7 Zusammenfassung Wir gehen davon aus, dass sich menschliche Emotionen mit ihren vielen unterschiedlichen Facetten aus einem primitiveren Motivationssystem entwickelt haben, welches sich auch bei einfacheren Lebewesen nachweisen lässt. Dabei kann zwischen einem appetitiven und einem defensiven Motivationssystem unterschieden werden. Das appetitive System aktiviert Annäherungstendenzen des Organismus und begünstigt konservierende Verhaltensweisen und beim Menschen in der Regel auch ein basales Gefühl des Wohlbefindens (ob man dieses Gefühl als Glück, Freude, Entspannung oder als Zufriedenheit bezeichnet, hängt vom Kontext und seiner Bewertung ab). Das defensive System aktiviert protektive Verhaltensweisen und beim Menschen ein Gefühl des Missbehagens. Die emotionale Erregung, d. h. die Intensität (möglicherweise auch die Spezifität; vgl. Stemmler, Kap. 8 in diesem Band) der neuronalen und metabolischen Aktivierung steigt mit zunehmender Proximität und Intensität des emotionsauslösenden Reizes. Diese appetitiven und defensiven Motivationssysteme sind in den phylogenetisch älteren Teilen des menschlichen Gehirns lokalisiert. Tierexperimentelle Befunde, aber auch neuropsychologische Ergebnisse sowie Studien mit bildgebenden Verfahren belegen, dass die Amygdala eine integrative Struktur der neuronalen Schaltkreise ist und möglicherweise als eine Art motivationaler Signifikanzdetektor fungiert, welcher nicht nur eine entsprechende Verhaltensantwort initiiert (z. B. Potenzierung oder Inhibition protektiver Reflexe wie z. B. der Schreckreaktion), sondern auch zu einer selektiven Verarbeitung des motivational bedeutsamen Reizes führt. Es ist daher aus dieser Perspektive völlig klar, dass die subkortikalen Strukturen, welche einfache Verhaltensantworten bahnen, auch mit höheren Funktionen des Gehirns interagieren, d. h. das Affektsystem steht in engem Kontakt zu den kognitiven Systemen, welche für die Informationsaufnahme und -verarbeitung zuständig sind. Angetrieben durch das Motivationssystem werden unwillkürlich selektive Aufmerksamkeitsprozesse ausgelöst, welche eine schnellere Enkodierung und tiefere Verarbeitung sowohl einladender als auch abstoßender Reize ermöglichen. Diese Annahme wird durch eine Reihe elektrokortikaler Befunde gestützt, die zeigen, dass emotional erregende Reize (unabhängig von ihrer Valenz) in verschiedenen, distinkten Verarbeitungsstadien von der perzeptuellen Enkodierung bis zur anhaltenden visuellen Aufmerksamkeit eine stärker ausgeprägte Verarbeitung auslösen als neutrale Stimuli. Hinsichtlich der Emotions-Kognitions-
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debatte implizieren die hier vorgestellten Befunde zur motivationalen Organisation von Emotionen eine sehr enge Verzahnung zwischen den kognitiven Systemen der Informationsaufnahme und -verarbeitung und den die Handlungsrichtung steuernden motivationalen Systemen.
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6. Kapitel
Aufmerksamkeit und Gedächtnis Dirk Wentura und Klaus Rothermund
1 Einführung Die frühe Kognitive Psychologie hat emotionale Phänomene weitgehend unberücksichtigt gelassen. Diese Begrenzung war forschungspragmatisch motiviert, um nach der Devise „teile und herrsche“ den Forschungsbereich zu begrenzen. Dies funktionierte zunächst, weil die generelle Fragestellung war: Wie muss ein „kognitiver Apparat“ beschaffen sein, um ihm ein „Erkennen der Welt“ zuzuschreiben? Mit der Übernahme von Denkmustern, Theorieelementen und methodischen Herangehensweisen der Kognitiven Psychologie in andere Felder der Psychologie änderte sich die Leitfrage radikal: Wie muss ein „kognitiver Apparat“ beschaffen sein, der seinem Träger erlaubt, sich erfolgreich handelnd in einer komplexen Umwelt zu bewegen und sich an sie anzupassen? Bei der Beantwortung dieser Frage kommt man aber nicht umhin, im weitesten Sinne emotionale Phänomene zum Gegenstand zu machen. Beispielfragen dafür sind: Kommt der Verarbeitung bewerteter Reize eine besondere Rolle zu? Werden Gefahrensignale auch ohne Aufmerksamkeitszuwendung verarbeitet? Welche Verarbeitungsschritte lösen sie dann aus? Wie sind emotionale Reize im Gedächtnis repräsentiert? In diesem Kapitel soll ein Überblick gegeben werden über die Forschung zu Aufmerksamkeits- und Gedächtnismechanismen bei der Verarbeitung bewerteter Reize. Neben den oben skizzierten inhaltlichen Fragen wird dabei der Rahmen dieses Textes auch durch eine Familienähnlichkeit der methodischen Herangehensweise vorgegeben. Das betrifft die verwendeten Materialien wie auch die verwendeten Untersuchungsparadigmen.
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Dirk Wentura und Klaus Rothermund
Materialien. Die im Folgenden dargestellten Studien sind dadurch gekennzeichnet, dass „das Emotionale“ reduziert wird auf wenig komplexe Eigenschaften des Stimulusmaterials. Viele der Studien arbeiten mit undifferenziert positiven und negativen Stimuli. Dabei wird teilweise Wortmaterial, teilweise Bildmaterial genutzt. In letzterem Fall wird sehr häufig mit dem International Affective Picture Set (Lang, Bradley & Cuthbert, 1997), mit emotionalen Gesichtern (insbesondere von Ekman & Friesen, 1976) oder mit schematischen Gesichtsstimuli (z. B. Fox et al., 2000) gearbeitet. In vielen Studien wird mit Subklassen gearbeitet, etwa mit bedrohlichen Reizen. Bei fast allen Untersuchungen mit valentem Material bewegen wir uns im Bereich quasi-experimenteller Methodik. Dies kann unter Umständen zu Konfundierungen führen (vgl. z. B. Larsen, Mercer & Balota, 2006; Purcell, Stewart & Skov, 1996; s. a. unten), so dass stets etwas Obacht geboten ist. In manchen Fällen könnte eine Lösung in erlernten Valenzassoziationen liegen, wie sie etwa durch Prozesse der evaluativen Konditionierung (vgl. De Houwer, Thomas & Baeyens, 2001) erworben werden können. Untersuchungsparadigmen. Die Erörterung dieser Fragen schließt als wichtiges Element die Beschreibung der Untersuchungsparadigmen mit ein, die hierzu eingesetzt wurden. Es handelt sich in der Regel um mikrobehaviorale Paradigmen, das heißt aus Reaktionszeit- und Fehlerdifferenzen wird auf die zugrunde liegenden Verarbeitungsprozesse und Gedächtnisstrukturen zurück geschlossen. In jüngerer Zeit wird dieses Vorgehen durch z. B. EEG- oder Augenbewegungsaufzeichnungen ergänzt (z. B. Calvo & Lang, 2004; Schupp et al., 2004). Es kann nicht genug betont werden, dass diese Paradigmen eigenständig zu betrachtende Komponenten sind, die genutzt werden, um die Lücke zwischen abstrakten „Makro“-Theorien (z. B. Theorien darüber, wie der „kognitive Apparat“ die oben angesprochenen Probleme der selektiven Aufmerksamkeit löst) und der Empirie zu füllen. Dabei ist natürlich stets wichtig, dass die „Mikro“Theorien, d. h. die Theorien, die sich direkt auf die Erklärung des mit dem Paradigma gefundenen Effektes beziehen, valide sind und den Rückschluss auf die übergeordneten Konzepte erlauben. Dies wird an mehreren Stellen unseres Textes von Bedeutung sein. Filtert man die Forschungsliteratur in dieser Weise, so zeigt sich, dass es mehrere Cluster von Studien gibt, die sich jeweils in verschiedenen Teilgebieten der Psychologie finden lassen. Neben einem Bereich, der sich genuin als Schnittbereich zwischen Kognitiver Psychologie und Emotionspsychologie ansehen lässt, sind vor allem Teile der Social cognition-Forschung sowie der experimentellen Ängstlichkeits- und Depressionsforschung zu nennen.
Aufmerksamkeit und Gedächtnis
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2 Aufmerksamkeit Unser kognitives System verfügt über wohl austarierte Aufmerksamkeitsmechanismen: Auf der einen Seite müssen momentan zielrelevante Informationen beachtet und zielirrelevante Informationen ignoriert werden. Diese Mechanismen werden in der Regel unter der Fragestellung der selektiven Aufmerksamkeit untersucht. Die Fokussierung auf momentan Zielrelevantes hat aber offensichtlich nicht den Preis, dass Reize von übergeordneter Bedeutung unbeachtet bleiben. Weder dürfen Gefahrensignale, noch sollten positive Gelegenheiten übersehen werden. Ein effizienter Verhaltensregulationsmechanismus muss somit die geeignete Balance zwischen Fokussierung und Offenheit realisieren. Wir wollen im Folgenden zwei Fragen diskutieren. Erstens: Werden Bewertungen automatisch verarbeitet? Bei der Diskussion dieser Frage werden wir uns zunächst vor allem auf Experimentalparadigmen konzentrieren, in denen der bewertete Reiz im Zentrum der Aufmerksamkeit steht, die Valenz dieses Reizes als solche aber ein momentan aufgaben-irrelevantes Merkmal darstellt. Zweitens werden wir der Frage nachgehen, ob bei lokal unbestimmten Reizen automatisch die Aufmerksamkeit auf bewerte Reize gerichtet wird.
2.1 Werden Bewertungen automatisch verarbeitet? In dieser Frage wird der Begriff des automatischen Prozesses verwendet, der zu Recht problematisiert worden ist (z. B. Bargh, 1996; Moors & De Houwer, 2006). Das liegt darin, dass die Denotation ein Merkmalscluster – unwillkürlich, unbewusst, nicht kontrolliert, keiner „Kapazität“ bedürfend – ist, bei dem zunächst angenommen wurde, dass die An- bzw. Abwesenheit der verschiedenen Merkmale miteinander korreliert ist. Das ist aber wohl nicht der Fall (Moors & De Houwer, 2006). Es hieße aber, das „Kind mit dem Bade ausschütten“, wenn die Begrifflichkeit aufgegeben würde. Wir müssen lediglich immer mitdenken, welches Merkmal von „Automatizität“ jeweils gemeint ist. 2.1.1 Unabsichtliche Verarbeitung als Kriterium Ein Vorschlag, der Frage nach der Automatizität nachzugehen, besteht in dem Untersuchungsparadigma des Affektiven Primings, das zunächst erläutert werden soll.
208
Dirk Wentura und Klaus Rothermund Kasten 1: Das Paradigma des Affektiven Primings
Das Paradigma des Affektiven Primings wurde im Rahmen der Einstellungsforschung von Fazio, Sanbonmatsu, Powell und Kardes (1986) eingeführt. Bei dieser Experimentalaufgabe werden den Probanden einfache, aber eindeutig bewertete Targetstimuli (Wörter oder Bilder) einzeln auf dem Bildschirm präsentiert. Die Aufgabe der Probanden ist es, den jeweiligen Stimulus möglichst schnell per Tastendruck als positiv oder negativ zu klassifizieren. Kurz vor jedem Targetstimulus (z. B. 300 ms) wird jeweils ein anderer Stimulus (der Primereiz) eingeblendet. Der Prime ist ebenfalls eindeutig valenzkonnotiert. Primevalenz und Targetvalenz werden orthogonal variiert. Das typischerweise gefundene Resultat ist ein Kongruenzeffekt: Bei valenzkongruenten Prime/TargetPaarungen ist die mittlere Reaktionszeit auf den Targetreiz signifikant kürzer als bei inkongruenten Paarungen (Überblick bei Klauer & Musch, 2003; Wentura & Rothermund, 2003).
Die simpelste Erklärung des affektiven Kongruenzeffektes, wie er mit dem Affektiven Priming gefunden wird, besteht in einer Reaktionsvorbereitung durch den Prime: Der Primestimulus wird automatisch ausgewertet und im Rahmen der Evaluationsaufgabe triggert er die zu dieser Bewertung gehörige Reaktion. Diese Reaktionstendenz passt entweder zu der auf den Zielreiz zu gebenden Reaktion oder nicht. Im ersten Fall ist somit die richtige Reaktion schon vorbereitet; im zweiten Fall setzt sich entweder die falsche Reaktion durch (so dass, falls dies dominant geschieht, der Effekt auf der Fehlervariable zu erwarten ist) oder der Reaktionskonflikt muss zunächst aufgelöst werden (so dass der Effekt auf der Reaktionszeitvariable zu erwarten ist). In jedem Fall kann der Effekt nur erklärt werden, indem man eine Bewertung des Primes annimmt, die zumindest in einem minimalen Sinne als automatisch verstanden werden kann, da es nicht Teil der Aufgabe des Probanden ist, den Prime zu beachten, und kein strategischer Vorteil durch die Beachtung des Primes erzielt werden kann. Allerdings handelt es sich möglicherweise um eine konditionale Automatizität (Bargh, 1996), da der Effekt eventuell nur unter der Bedingung auftritt, dass die Probanden das Ziel haben, Objekte zu bewerten. Um in dieser Hinsicht Klarheit zu erhalten, wurde dieselbe Präsentation von Stimuli auch mit Aufgaben durchgeführt, die nicht die valenzbezogene Bewertung der Targetreize erforderte. So wurden die Probanden zum Beispiel gebeten, die Targets als Wort bzw. Nichtwort (z. B. Wentura, 2000) oder hinsichtlich einer semantischen Kategorie (Person vs. Objekt; De Houwer, Hermans, Rothermund & Wentura, 2002) zu kategorisieren. Allerdings muss man hierbei bedenken, dass bei den veränderten Aufgaben nicht nur der Aspekt des expliziten Bewertungskontextes fehlt, sondern die gesamte Prozesslogik verändert wird: Während bei der Evaluationsaufgabe ein Prozess der Reaktionsvorbereitung durch den Prime angenommen werden kann, müssen für die veränderten Aufgaben andere Prozesse unterstellt werden. Wir werden auf diesen Aspekt im Abschnitt über das Gedächtnis für bewertete Informationen eingehen.
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Mit den verschiedenen Kategorisierungsaufgaben konnten in der Regel keine oder nur schwache affektive Primingeffekte gefunden werden (Klauer & Musch, 2003). Dies gilt auch für die Benennaufgabe, bei der das Target lediglich ausgesprochen werden muss und die Latenz bis zum Aussprechen die abhängige Variable ist. Mit dieser Aufgabe ergaben sich zunächst sehr verwirrende Resultate (Klauer & Musch, 2003). In jüngster Zeit klärt sich das Bild dahingehend, dass bei hinreichender semantischer Verarbeitung des Targets (z. B. De Houwer & Randell, 2002) und bei der Verwendung von Bildstimuli (Spruyt, Hermans, De Houwer & Eelen, 2002) ein (kleiner) Kongruenzeffekt auftritt. Auch wenn bei diesen Studien eine valenzbezogene Bewertung der Stimuli nicht mehr Aufgabe der Probanden ist, man somit eine unkonditionale Automatizität der Primeauswertung unterstellen könnte, so bleibt doch der Punkt zu bedenken, dass die Valenz der Reize ein sehr dominantes Merkmal der Materialien ist und somit ein Bewertungskontext weiterhin gegeben sein könnte (vgl. zur Rolle des Bewertungskontextes Spruyt, De Houwer, Hermans & Eelen, 2007). Eine ähnliche Einordnung wie für das Affektive Priming gilt im Übrigen für ein weiteres Paradigma, auf das wir aus Platzgründen nicht näher eingehen werden, die sogenannte Affective Simon task (De Houwer & Eelen, 1998), bei der valente Reize bezüglich eines nicht valenten Merkmals (z. B. die Farbe des Stimulus) mit valenten Antworten (z. B. „positiv!“ für blau, „negativ!“ für grün) kategorisiert werden. Fazit dieser Studien ist, dass Bewertungen von Reizen mindestens im Sinne konditionaler Automatizität ausgewertet werden: In Bewertungskontexten werden aufgabenirrelevante Reize (Primes) ebenfalls automatisch ausgewertet. Die jüngsten Studien zur Benennaufgabe zeigen zudem, dass sich diese automatische Auswertung selbst dann findet, wenn dieser Kontext nur durch die gehäufte Präsentation positiver und negativer Reize, aber nicht durch die explizite Bewertung der Zielreize gegeben ist. 2.1.2 Unbewusstheit als Kriterium Besonders bemerkenswert erscheint uns der Befund, dass affektive Primingeffekte mit der Evaluationsaufgabe auch dann auftreten, wenn die Primes sehr kurz und maskiert präsentiert werden, so dass keine bewusste Verarbeitung des Primes stattfindet (Draine & Greenwald, 1998). Dies wird darüber nachgewiesen, dass bei einer intentionalen Kategorisierung des Primeereignisses (sog. direkter Test) keine über Zufallswahlen hinausgehende Leistung auftritt.1 Ergeb-
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Draine und Greenwald (1998) führten einen noch sophistizierteren Test ein: In einer Regressionsanalyse der individuellen Primingeffekte auf die individuelle Leistung im direkten Test soll insbesondere das b0-Gewicht (der intercept) positiv von Null verschieden sein. Da beide Maße einen
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nisse von Abrams und Greenwald (2000) stellten zunächst in Frage, dass es sich bei dem maskierten affektiven Primingeffekt tatsächlich genuin um einen Bewertungsprozess handelt, da der Effekt nur mit Primereizen auftrat, die zuvor schon intentional bewertet wurden, so dass die Annahme nahe lag, der Effekt beruhe auf dem automatisierten Abruf von vorherigen Antworten. Jüngst konnten Klauer, Eder, Greenwald und Abrams (2007) aber den Nachweis führen, dass diese Effekte auch mit niemals während des Experimentes offen gezeigten Prime-Stimuli zu finden sind. Ebenfalls stimmig dazu sind Befunde mit dem Paradigma von Murphy und Zajonc (1993), das ebenfalls häufig mit dem Namen Affektives Priming benannt wird. Sie zeigten, dass bei extrem kurzer tachistoskopischer Darbietung von bewerteten Reizen (emotionale Gesichtsausdrücke) die Beurteilung nachfolgend dargebotener, a priori neutraler unbekannter Reize (chinesische Schriftzeichen) beeinflusst wurde (vgl. auch Winkielman, Zajonc & Schwarz, 1997). Wir können also festhalten, dass Automatizität auch in dem Merkmal der Unbewusstheit gegeben ist. 2.1.3 Unbedingtheit des Ablaufs als Kriterium Ein weiteres Kriterium von Automatizität ist die Unbedingtheit, mit der der automatische Prozess abläuft, wenn er durch einen Schlüsselreiz angestoßen wird. Dieses Merkmal wird insbesondere durch Interferenzparadigmen gezeigt, bei denen die intentionale Aufgabenbearbeitung durch Distraktorreize bzw. ablenkende Reizeigenschaften gestört wird. Im Prinzip lassen sich schon die inkongruenten Bedingungen im Affektiven Priming derart verstehen. Da in der Regel dort nicht zwischen Erleichterungseffekten (durch kongruente Primes) und Interferenzeffekten (durch inkongruente Primes) getrennt wird, soll hier vor allem auf ein anderes wichtiges Paradigma eingegangen werden, die so genannte Emotional Stroop-Aufgabe. Die Emotional Stroop-Aufgabe wurde zum einen in allgemeinpsychologischen Untersuchungen eingesetzt, um der Frage nachzugehen, ob insbesondere negative Reize (relativ zu positiven) zu Interferenzeffekten führen (z. B. Pratto & John, 1991; Wentura, Rothermund & Bak, 2000). Zum anderen gibt es zahlreiche Studien, in denen die Aufgabe für differential- und klinisch psychologische Fragen eingesetzt wurde. Insbesondere wurden Interferenzeffekte als Korrelat von habituellen Ängstlichkeitsunterschieden untersucht (zum Überblick Williams et al., 1996). natürlichen Nullpunkt haben, bedeutet dieses Ergebnis, dass eine indirekte Wirkung auch noch am Nullpunkt des direkten Maßes nachweisbar ist.
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Kasten 2: Das Emotional Stroop-Paradigma Bei der Emotional Stroop-Aufgabe2 werden valenzkonnotierte Begriffe einzeln und in jeweils einer von (typischerweise) vier oder fünf klar benennbaren Farben präsentiert. Die Farbe ist möglichst schnell zu benennen; die Latenz der Benennung wird gemessen. Verglichen werden die mittleren Reaktionszeiten für zwei zu kontrastierende Stimulustypen, z. B. positive vs. negative Wörter. Die Namenswahl resultiert aus der oberflächlichen Ähnlichkeit dieser Aufgabe mit der klassischen Stroop-Farbbenennaufgabe (Stroop, 1935), bei der die Farbe von Farbwörtern benannt werden soll. Algom, Chajut und Lev (2004) weisen zu Recht darauf hin, dass die Ähnlichkeit nicht struktureller Art ist. In der Originalaufgabe von Stroop ist das irrelevante Merkmal (d. h. die Wortbedeutung) kongruent oder inkongruent zu der zu gebenden Antwort (d. h. der Farbe des Stimulus). Das irrelevante Merkmal gehört also zum faktischen oder zumindest potenziellen Antwortset. Ähnliches gilt nicht für die Emotional Stroop-Aufgabe. Tatsächlich ist die strukturelle Ähnlichkeit zur ursprünglichen Stroop-Aufgabe beim Affektiven Priming (vgl. Klauer, Roßnagel & Musch, 1997; Wentura, 1999; Wentura & Rothermund, 2003) viel größer als bei der Emotional StroopAufgabe.
Ein konsistenter Befund im Bereich der experimentellen Psychopathologie ist, dass hochängstliche Probanden höhere Farbbenennzeiten für bedrohliche Wörter (relativ zu neutralen bzw. positiven Wörtern) zeigen (vgl. Fox, 1994; Williams et al., 1996). Was zeigt sich für die Kontrollstichproben nicht ängstlicher Probanden? Mit einem „groben Pinsel“ gezeichnet kann man feststellen, dass in Studien, in denen die negativen Stimuli als „Bedrohungs“-, „Angst“- oder „Arousal“-Reize beschrieben werden, auch für die Kontrollprobanden längere Farbbenennzeiten für negative Wörter festzustellen waren (vgl. Wentura, Rothermund & Bak, 2000, für eine Übersicht). In dieser Hinsicht ist es bemerkenswert, dass in allgemein- bzw. sozialpsychologisch orientierten Untersuchungen vergleichbare Muster gefunden wurden. McKenna und Sharma (1995) fanden in einer unausgelesenen Stichprobe Negativitätseffekte (d. h. höhere Farbbenennzeiten für negative Wörter gegenüber positiven). Ihr Wortmaterial war dabei inhaltlich breit gestreut. Da keine Analysen über die Itemstichprobe vorliegen, kann man allerdings nicht beurteilen, ob das Resultat insbesondere auf einer Untermenge von Stimuli (z. B. bedrohungsbezogene Wörter) beruht. Pratto und John (1991) fanden einen generellen Negativitätseffekt, der auch in Analysen über die Itemstichprobe Bestand hat. In eigenen Untersuchungen (Wentura et al., 2000) zeigte sich abweichend davon, dass zwar ein numerisch kleiner Negativitätseffekt repliziert werden konnte, der bedeutsamere Effekt jedoch darin bestand, dass negative wie auch positive Adjektive, die ein unsicheres bzw. sicheres soziales Umfeld signalisieren (sog. fremdrelevante Begriffe sensu Peeters, 1983, wie etwa grausam, intolerant, fair, freundlich) höhere 2
Hier wie auch in anderen Fällen haben wir darauf verzichtet, den in der englischsprachigen Literatur eingeführten Begriff zu übersetzen.
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Zeiten relativ zu Begriffen hatten, die etwas Förderliches bzw. Hinderliches für die Person selber bezeichnen (sog. trägerrelevante Begriffe sensu Peeters, 1983, wie etwa depressiv, einsam, intelligent, aktiv). Schimmack (2005) fand in einer Bildvariante der Emotional Stroop-Aufgabe ebenfalls Interferenzeffekte für negative wie positive Stimuli. Hier war es das Arousal-Niveau der Stimuli, das die Reaktionslatenz vorhersagte. Da er diesen Befund im Sinne einer frühen Relevanzüberprüfung von Stimuli interpretiert, ergibt sich – bei Unterschieden im Detail, die zu klären sind – durchaus eine Konvergenz, dass nicht Negativität per se der entscheidende Prädiktor ist. Diese Befunde sind auch stimmig zu den Ergebnissen aus der experimentellen Psychopathologie. Begriffe, die klare Verhaltenstendenzen nahe legen, sind mit höherer Ablenkung verbunden. Wie erklärt man den Emotional Stroop-Effekt? Es wurden mehrere Vorschläge gemacht. Aufmerksamkeitsbindung und erhöhte „Resonanz“. Häufig wird recht unspezifisch angenommen, dass das valente Wort Aufmerksamkeit bindet. Diese generelle Aussage ist unvollständig, da unklar bleibt, welche Prozesse mit dem nun nicht mehr zur Verfügung stehenden Teil der Aufmerksamkeit angeregt werden. Williams et al. (1996) versuchen dies gerade benannte Problem dadurch zu lösen, dass sie trotz der strukturellen Unterschiede vergleichbare Prozesse von Emotional Stroop- und Orginal-Stroop-Aufgabe annehmen. Höhere Übungsstärke für den Prozesspfad, der vom Wortinhalt zum Benennen führt, und eine höhere Basisaktivation bei Wörtern, die mit einem current concern assoziiert sind (z. B. bedrohliche Reize für ängstliche Personen) führen zu einer höheren Pfadkonkurrenz und damit zu verlängerten Benennzeiten. Dieses Modell enthält zunächst einmal die unplausible Annahme, dass bei momentanem Versagen der exekutiven Kontrolle das negative Wort (ansatzweise) vorgelesen wird. Zudem konnten Algom et al. (2004) durch theoretische Argumente und experimentelle Variationen plausibel machen, dass die Ähnlichkeit nur oberflächlich ist. Allerdings bleibt der Aspekt des Modells sehr plausibel, dass bestimmte Gedächtnisinhalte offenbar mehr „Resonanz“ im Langzeitgedächtnis hervorrufen als andere. Vermeidungs- und Annäherungstendenzen. Wentura et al. (2000) konnten zeigen, dass die Verlängerung der Farbbenennung für fremd-relevante Eigenschaftswörter (siehe oben) offenbar automatische motorische Verhaltenstendenzen der Vermeidung bzw. der Zuwendung anstoßen, und dass daher der Stroop-Effekt für diese Wörter auf der Konkurrenz zwischen diesen Verhaltenstendenzen und der Farbbenennung beruht (vgl. auch Wentura & Rothermund, 2003).3 3
Auch De Ruiter und Brosschot (1994) versuchen eine Erklärung von Negativitätseffekten als Vermeidung zu interpretieren. Sie meinen damit jedoch Vermeidung im Sinne des Repressor-Konzeptes, das heißt, eine Vermeidung der Verarbeitung des gesamten Stimulus, worunter auch die Farbverarbeitung leidet.
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Verhaltensunterbrechung. McKenna und Sharma (2004) argumentieren, dass möglicherweise negative Reize ihre distrahierende Wirkung nicht synchron (d. h. im selben Durchgang) sondern diachron (d. h. im nächsten Durchgang) entfalten. Sie konnten diese Hypothese auch empirisch belegen. Diese Auffassung lässt sich recht gut mit Aspekten der Theorie von Gray (z. B. Gray, 1991) zu einer generellen Verhaltensunterbrechung als Reaktion auf Signale für Bestrafung (bzw. Nichtbelohnung) in Einklang bringen (vgl. auch Harris, Pashler & Coburn, 2004). Wie bekannt, postuliert Gray ein Verhaltenshemmungssystem (Behavioral Inhibition System, BIS), das auf Signale für Strafe und Nichtbelohnung sowie unbekannte Reize mit Verhaltenshemmung, Erregungserhöhung und erhöhter Aufmerksamkeit reagiert („Stop, look, and listen, and get ready for action!“). Aktuelles, nicht auf den Bestrafung signalisierenden Reiz bezogenes Verhalten wird also unterbrochen, um ein reizadäquates Verhalten aufzubauen. Dies macht sich aber nicht in der aktuellen Farbbenennung bemerkbar, sondern möglicherweise erst im nächsten Durchgang. Die Vermutung der verhaltensunterbrechenden Wirkung von negativ-valenten Reizen wird auch von anderen Autoren aufgenommen (z. B. Mogg et al., 2000a). Unfähigkeit des attentional disengagement. In jüngerer Zeit wurde eine Debatte eröffnet, die wir an anderer Stelle (vgl. Abschnitt 2.2.3) ausführlicher darstellen wollen. Es wurde hierbei die Frage aufgeworfen, ob Effekte in Aufmerksamkeitsparadigmen, die häufig als automatische Aufmerksamkeitsausrichtung auf valente (bzw. negative) Reize interpretiert wurden, eher das mangelnde Vermögen widerspiegeln, die Aufmerksamkeit von diesen Reizen abzuziehen (vgl. z. B. Fox, Russo, Bowles & Dutton, 2001). Wir können hier aber als weiteres Zwischenfazit festhalten, dass es klare Hinweise darauf gibt, dass valente Reize Prozesse anstoßen, die in Konkurrenz zu der momentanen Aufgabenbearbeitung stehen. Dies gilt insbesondere für negative Reize, aber auch für Subtypen von positiven Reizen, die klare Verhaltenstendenzen nahe legen oder von persönlicher Relevanz sind. 2.1.4 Abhängigkeit von „Aufmerksamkeitsressourcen“ Eine andere Herangehensweise an den Begriff der Automatizität ergibt sich durch die Theorietradition der unspezifischen Aufmerksamkeitsressourcen. Der Grundgedanke ist, dass die Bearbeitung von Aufgaben in mehr oder weniger hohem Maße „kognitive Ressourcen“ beanspruchen. Automatizität in diesem Sinne bedeutet, dass keine Ressourcen benötigt werden, somit die Performanz einer Zweitaufgabe nicht durch das gleichzeitige Bearbeiten einer automatisierten Aufgabe beeinträchtigt ist.
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Der Gedanke einer generellen Aufmerksamkeitsressource ist aufgrund seiner Vagheit häufig kritisiert worden und durch die a priori plausiblere Annahme ersetzt worden, dass zwei Aufgaben sich genau in dem Maße stören, in dem sie auf dieselben Module und Prozesse angewiesen sind (z. B. Neumann, 1987). Gleichwohl gibt es Studien, die Evidenz für den Gedanken einer generellen Begrenzung bei der Bearbeitung von Doppelaufgaben liefern (Bourke, Duncan & Nimmo-Smith, 1996). Der generelle Kapazitätsgedanke taucht im Übrigen im Konzept des Arbeitsgedächtnisses wieder auf. Dort wird einerseits von individuellen Unterschieden in der Arbeitsgedächtniskapazität ausgegangen (vgl. z. B. Barrett, Tugade & Engle, 2004), aber auch von momentaner Belastung (working memory load ) gesprochen, die zum Beispiel über das Behalten einer mehrstelligen Zahl in Konkurrenz zu einer Primäraufgabe erreicht werden soll (z. B. Lavie, 2005). In diesem Sinne konnten Hermans, Crombez und Eelen (2000) zeigten, dass Affektives Priming offenbar eher nonstrategischer Natur ist, da der Effekt auch unter Bedingungen von working memory load auftrat (vgl. auch Pecchinenda & Heil, 2007). Einen neuen Aspekt brachte Lavie (1995, 2005) in diese Debatte, indem sie speziell für Distraktoraufgaben zwischen perceptual load und working memory load unterscheidet. Um hohen perceptual load zu erzeugen, wird der Zielreiz zum Beispiel unter einigen aufgaben- und antwortirrelevanten Distraktorreizen verborgen. Gemessen wird weiterhin, ob ein weiterer, antwortrelevanter Distraktor für Verzögerungen sorgt, wenn er eine andere Antwort als der Zielreiz nahe legt. Der Distraktoreffekt bei einfachen Objektkategorien bricht unter hohem perceptual load zusammen. Dies lässt sich als eine gewisse Effizienz unserer Aufmerksamkeitsprozesse interpretieren, dass ablenkende Informationen unter perzeptuell schwierigen Bedingungen weniger Einfluss haben. Bemerkenswerterweise konnten Lavie, Ro und Russell (2003) zeigen, dass dies für eine Aufgabe mit Gesichtern als Distraktoren nicht gilt. Sofern man Gesichter wie affektive Reize als „biologisch relevante“ Reize interpretiert, könnte man vermuten, dass auch für affektive Distraktoren Ähnliches gilt, sie sich somit auch unter Bedingungen „einmischen“, unter denen neutrale Ablenkreize dies nicht tun. In jüngerer Zeit wird die Frage danach, ob das Entdecken von valenten Reizen auch unter eingeschränkten Aufmerksamkeitsbedingungen stattfindet, noch mit einem weiteren Aufmerksamkeitsphänomen untersucht, das als attentional blink bezeichnet wird (Raymond, Shapiro & Arnell, 1992). Es tritt im sogenannten Rapid Serial Visual Presentation-Paradigma auf. Zur Erklärung des attentional blink wurde eine Variante der Debatte der älteren Aufmerksamkeitsforschung um „frühe oder späte Selektion“ wieder aufgenommen. Es zeigte sich zum Beispiel in Übereinstimmung mit einer Theorie der
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Kasten 3: Das Rapid Serial Visual Presentation-Paradigma In diesem Paradigma werden den Probanden eine Reihe von einfachen Stimuli (z. B. Buchstaben) sukzessive in schneller Rate (z. B. ein Stimulus pro 100 ms) am Fixationsort präsentiert. Probanden der Experimentalbedingung werden dabei gebeten, nach Ablauf der Liste von z. B. 15 bis 23 Items die Identität eines z. B. durch seine Farbe herausgehobenen Targets T1 zu berichten und zu entscheiden, ob in den auf T1 folgenden Items ein Zielreiz T2 (z. B. der Buchstabe X) vorkam. Die entscheidende unabhängige Variation ist die Position von T2 relativ zu T1. Der Attentional blink-Effekt besteht darin, dass etwa im Bereich von 500 ms nach T1 die Entdeckungsleistung von T2 drastische Einbußen hat, die in der Kontrollbedingung, in der Probanden T1 ignorieren können, nicht festzustellen ist (Raymond et al., 1992).
späten Selektion, dass die Detektion des eigenen Namens (d. h. ein persönlich hoch relevanter Reiz) keinem Attentional blink-Effekt unterliegt (Shapiro, Caldwell & Sorensen, 1997). Inzwischen gibt es auch eine Reihe von Studien, die der Frage nachgingen, ob valente Reize (insbesondere negativ-valente Reize) nicht dem attentional blink unterliegen. So fanden sowohl Anderson (2005) als auch Keil und Ihssen (2004) mit einer Variante des Paradigmas, bei der (a) Wörter präsentiert wurden, (b) T1 und T2 durch ihre Farbe identifizierbar waren und (c) die Aufgabe der Probanden darin bestand, T1 und T2 zu berichten, einen reduzierten attentional blink für positive und negative Wörter; die Reduktion war auf Arousal-Unterschiede (und nicht genuin auf Valenzunterschiede) zurückzuführen. Fox, Russo und Georgiou (2005) untersuchten die Abschwächung des Attentional blink-Effektes mit positiven und negativen emotionalen Gesichtern als T2-Stimuli. Für negative Reize sind die Ergebnisse weitgehend übereinstimmend zu denen von Anderson sowie Keil und Issen; für positiven Reize fanden Fox et al. allerdings keine Abschwächung. Stimmig zu allen drei Studien ist jedoch das Befundmuster von Anderson und Phelps (2001), die ebenfalls eine Abschwächung des Attentional blinkEffektes für negative versus neutrale Wörter für normale Probanden fanden. Dieses Muster trat jedoch nicht auf bei einer Patientin mit bilateraler Amygdala-Läsion bzw. einer weiteren Stichprobe von Patienten mit linksseitiger Amygdala-Läsion (vgl. dazu auch Abschnitt 3.2.1). Abschließend kann man an dieser Stelle bei aller Differenzierung das Fazit ziehen, dass die Bewertung von valenten Reizen, die im Fokus der Aufmerksamkeit stehen, automatisch evoziert wird, obschon diese momentan nicht zielrelevant ist. Differenziert man nach negativer und positiver Valenz, ergibt sich das insgesamt stimmigere Bild für negative Reize. Allerdings wurde in vielen Untersuchungen (etwa zum Affektiven Priming) nicht zwischen den Valenzen differenziert, so dass kein klares Fazit bezüglich der positiven Reize gezogen werden kann.
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2.2 Aufmerksamkeitsausrichtung auf bewertete Reize Eine zentrale Frage ist, ob bewerteten Reizen bei deren räumlicher Unbestimmtheit eine besondere Verarbeitungsqualität zukommt. Diese hochabstrakt formulierte Frage wird verständlicher, wenn man sie in die Fragen der konkreten paradigmenorientierten Forschung auflöst. Es lassen sich drei solcher Forschungsprogramme identifizieren: 1. In der visuellen Aufmerksamkeitsforschung wird intensiv die Frage untersucht, welche Stimulusmerkmale im Blickfeld präattentiv, also bevor die Aufmerksamkeit willentlich auf den Stimulus gerichtet wird, verarbeitet werden. Gehört die Bewertung eines Stimulus dazu? Die Beantwortung dieser Frage orientiert sich vor allem am Paradigma der Visuellen Suche (vgl. Wolfe, 1998). 2. In der Tradition der klassischen Unterscheidung von Posner (1980) nach exogener und endogener Orientierung von Aufmerksamkeit wurde untersucht, ob bewertete Reize im Sinne exogener Orientierung Aufmerksamkeit attrahieren. Die Beantwortung dieser Frage orientiert sich am Cuing-Paradigma von Posner (1980) und der vor allem in der Ängstlichkeitsforschung genutzten Variante der Dot probe-Technik (z. B. Mogg & Bradley, 1999). 3. Sowohl durch Mehrdeutigkeiten der Dot probe-Forschung als auch Posners spätere, neurowissenschaftlich basierte Differenzierung (Posner & Petersen, 1990) wurde die Frage aufgeworfen, ob bewertete (bzw. bedrohliche) Reize weniger die Tendenz zur Aufmerksamkeitsausrichtung triggern als vielmehr bewirken, dass die Aufmerksamkeit auf ihnen verharrt. Wir hatten dieses Thema schon kurz bei den Erklärungsansätzen zur Emotional Stroop-Aufgabe angesprochen. 2.2.1 Gibt es ein visuelles „pop out“ für bewertete Reize? Bei der Entdeckung von Zielreizen in einem visuellen Feld werden häufig zwei Prozessarten unterschieden: Der kontrollierten, seriellen Aufmerksamkeitsausrichtung auf die zu überprüfenden Reize wird ein automatischer, paralleler präattentiver Prozess gegenübergestellt, der häufig mit dem Begriff des visuellen pop out bezeichnet wird: Weitgehend unabhängig von der Anzahl der Distraktorreize wird ein Zielreiz direkt erkannt. Bekannt geworden, viel zitiert, aber auch etwas berüchtigt ist die Arbeit von Hansen und Hansen (1988). Die Autoren präsentierten Gesichtsfotografien (Ekman & Friesen, 1976) in einer Visuellen Suche. Es stellte sich heraus, dass der Ärgerausdruck anscheinend ein pop out zeigt. Das heißt, die Entdeckungszeit des ärgerlichen Gesichtes hing nicht davon ab, ob es inmitten eines Displays
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Kasten 4: Das Paradigma der Visuellen Suche In diesem Ansatz werden wesentlich zwei Faktoren variiert. Zum einen werden unterschiedliche Anzahlen von Reizen auf dem Bildschirm dargeboten (wobei die Gesamtanordnung mit einem Blick zu erfassen ist); zum anderen enthalten die Durchgänge entweder einen Zielreiz oder nicht. Die Aufgabe der Probanden ist es, hierüber möglichst schnell zu entscheiden. Die entscheidende abhängige Variable ist die Steigung der Regressionsgerade aus der Regression „Antwortzeit“ auf „Anzahl der Reize“. Traditionell wurde in einer groben Dichotomie zwischen deutlichen Steigungen (über 20 ms pro Item) und flachen Geraden (Steigung näherungsweise 0 ms pro Item) unterschieden. Ersteres wurde als Hinweis darauf gewertet, dass die einzelnen Objekte seriell daraufhin überprüft werden, ob sie der Zielreiz sind, bei Letzterem wird ein automatischer, paralleler Auswertungsprozess – ein pop out – angenommen. Diese strenge Dichotomie lässt sich empirisch nicht aufrechterhalten; Wolfe (1998) schlägt Unterscheidungen nach Sucheffizienz vor.
von drei oder acht Gesichtern mit positivem Ausdruck zu finden war. Dies galt nicht für den umgekehrten Fall (d. h. der Entdeckung von positiven Ausdrücken in einer Menge von ärgerlichen Gesichtern). Purcell et al. (1996) konnten jedoch nachweisen, dass es sich um ein Artefakt handelt. (Die beiden entscheidenden Ärgerbilder enthielten ausgeprägte schwarze Schatten, die den positiven Kontrollbildern fehlten.) Die Fragestellung wurde aber wegen ihrer Bedeutung in den letzten Jahren wieder aufgenommen. Fox et al. (2000) sowie Öhman, Lundqvist und Esteves (2001) nutzten schematische emotionale Gesichter in der Visuellen Suche (vgl. auch White, 1995). Beide Arbeitsgruppen fanden konsistent, dass ärgerliche bzw. bedrohliche Gesichter schneller entdeckt wurden als freundliche Gesichter. Es konnte aber kein genuiner Pop out-Effekt gefunden werden. Horstmann und Bauland (2006) präsentierten sorgfältig gestaltetes Fotomaterial und fanden, dass ärgerliche Gesichter (im Vergleich zu freundlichen) mit effizienterer Suche verbunden waren. Sie konnten aber zeigen, dass dieser Effekt insbesondere auf die Mundpartie zurückzuführen war und nicht auf den Gestaltcharakter des emotionalen Gesichtes. Sie favorisieren daher die Hypothese, dass sich der Ausdruck bestimmter Emotionen so entwickelt hat, dass die Fähigkeiten des visuellen Systems zur Detektion bestimmter basaler Merkmale besonders gut ausgenutzt werden. Öhman, Flykt und Esteves (2001) untersuchten mit derselben Technik die Sucheffizienz bei furchtrelevanten Bildern (Bilder von Schlangen und Spinnen) und fanden flache Suchgeraden (was also einem pop out entspricht). Die Beschränkung auf diese Art von Reizen ergab sich aus der Überlegung, dass sich in der menschlichen Evolution speziell ein Modul entwickelt hat, das sensibel auf phylogenetisch furchtrelevante Reize reagiert. Brosch und Sharma (2005; vgl. auch Blanchette, 2006) haben kürzlich den Befund von Öhman et al. repliziert,
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fanden aber ein vergleichbares Resultat für kulturgebundene Bedrohungsreize (Waffen, Spritzen). Sie problematisieren auch aufgrund dieses Resultats noch einmal die Schlussfolgerung von Öhman et al., dass tatsächlich ein präattentives Verarbeiten (bestimmter) negativer Reize gezeigt wurde. Auch Öhman et al. sind selbstkritisch genug, um auf die große Kluft zwischen Visual search-Studien zur effizienten Suche bei basalen Wahrnehmungsmerkmalen (Wolfe, 1998) und den eigenen Experimenten mit komplexen Bildstimuli hinzuweisen. Zum Beispiel sind ihre mittleren Suchzeiten doppelt so hoch wie in den grundständigeren Experimenten. Das Zwischenfazit ist, dass es zwar Hinweise auf präattentive Verarbeitung von (negativer) Valenz gibt, man aber diese Frage noch nicht als endgültig beantwortet ansehen kann. Deutlicher ist das Fazit, dass negative Zielreize im visual search zu schnelleren Reaktionen führen. Allerdings muss dies nicht bedeuten, dass sie bevorzugt verarbeitet werden. Alternativ kann angenommen werden, dass die Aufmerksamkeit an bedrohlichen Stimuli länger „haften“ bleibt, so dass die serielle Suche mit bedrohlichen Reizen als Distraktoren länger dauert als bei neutralen Distraktoren (vgl. auch Brosch & Sharma, 2005). Wir werden auf dieses Thema weiter unten noch genauer eingehen. 2.2.2 Aufmerksamkeitsorientierung auf bewertete Reize Posners Unterscheidung (Posner, 1980) von exogener und endogener Orientierung von Aufmerksamkeit (deren Basis man natürlich – je nach Gusto – in älteren Ansätzen oder in der Alltagserfahrung ansiedeln kann) war vermutlich sehr einflussreich auch deshalb, weil er die Unterscheidung mit einem sehr simplen Experimentalparadigma motivieren konnte. Zudem wurde diese Unterscheidung in jüngerer Zeit auch neurophysiologisch fundiert (Corbetta & Shulman, 2002). Die Grundlagenforschung zum exogenen cuing ist inzwischen sehr ausdifferenziert (zum Überblick Pashler, Johnston & Ruthruff, 2001; Yantis, 1998). Es geht hierbei um die Frage, welche wahrnehmungsnahen Eigenschaften (z. B. Farbe, abrupter onset) unbedingt die Aufmerksamkeit attrahieren. In jüngerer Zeit wird problematisiert, ob es überhaupt solche Merkmale gibt, die losgelöst von momentanen Ziellagen diese Aufmerksamkeitsausrichtung bewirken (vgl. Folk & Remington, 2006; Pashler et al., 2001). Im Prinzip lässt sich die Frage, ob bewertete Reize im Sinne exogener Orientierung Aufmerksamkeit attrahieren, in eine Reihe mit diesen Studien stellen. Allerdings muss man konstatieren, dass der „Auflösungsgrad“ der Studien zum emotionalen cuing deutlicher grober im Vergleich zu den Grundlagenstudien
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Kasten 5: Das Cuing-Paradigma Beim Cuing-Paradigma (Posner, 1980) fixieren die Probanden die Mitte des Bildschirms und wissen, dass in den meisten Durchgängen ein Targetreiz links oder rechts vom Fixationskreuz eingeblendet wird. Dieser Targetreiz ist möglichst schnell mit einem Tastendruck zu quittieren. In der so genannten peripheren Cuing-Bedingung werden die Targets innerhalb von Rahmen präsentiert, die vom Beginn jedes Durchgangs an links und rechts das Fixationskreuz begleiten. Flackert einer der beiden Rahmen kurz vor Präsentation des Targets auf, verkürzt sich die Reaktionszeit, wenn das Target auf derselben Seite erscheint (valid cuing), gegenüber der Bedingung, wenn es auf der abgewandten Seite erscheint (invalid cuing). Entscheidend ist hierbei, dass dieser Effekt der exogen gesteuerten Aufmerksamkeitsausrichtung auftritt, obschon der cue nicht informativ ist (d. h., der Ort des Targets wird orthogonal zum Ort des cues variiert). Es scheint sich tatsächlich um einen reizgesteuerten Effekt zu handeln. Dies ist nicht der Fall, wenn der cue zentral präsentiert wird: Dies wird z. B. durch ein Pfeilsymbol erreicht, das nach rechts oder links zeigt und kurz das Fixationskreuz ersetzt. Ein dem exogenen cuing vergleichbares Muster der Reaktionszeiten (kürzere Reaktionszeiten bei valid cuing gegenüber invalid cuing) findet sich nur bei informativen cues (d. h. wenn der Pfeil z. B. in 75 % der Durchgänge den Targetort korrekt ankündigt). Dies spricht für exekutiv gesteuerte Aufmerksamkeitsausrichtung.
ist, da in der Regel auch hier mit a priori valentem Material (Wörter, Bilder) gearbeitet wird. Dieses Material ist sehr viel komplexer als dasjenige der Grundlagenstudien. Die Beantwortung der Frage orientiert sich vor allem an einer Variante des Cuing-Paradigmas, der Dot probe-Technik (z. B. Mogg & Bradley, 1999), die vor allem in der Ängstlichkeitsforschung genutzt wird. Kasten 6: Das Dot probe-Paradigma MacLeod, Mathews und Tata (1986) stellten diese Aufgabe in ihrer ursprünglichen Form vor. Die Originalversion der Aufgabe ist mit Problemen behaftet (vgl. Mogg & Bradley, 1999), daher werden heute Modifikationen genutzt. Mogg, Bradley und Williams (1995) präsentierten ihren Probanden je ein Wort über und unter dem Fixationspunkt auf dem Bildschirm. Nach kurzer Zeit (z. B. 500 ms) verschwanden diese beiden Reize; an der Stelle eines der beiden Stimuli wurde ein Punkt präsentiert. Die Position des dot probes wird von den Probanden kategorisiert. Jeweils eines der beiden Wörter war negativ (bedrohlich); variiert wurde die Position dieses Reizes (kongruent: der Punkt erschien an derselben Position; inkongruent: der Punkt erschien an der anderen Position). Wenn die Aufmerksamkeit automatisch auf bedrohliche Reize gezogen wird, sollte die Reaktionszeit in kongruenten Durchgängen kürzer sein als in inkongruenten (Aufmerksamkeitsbias für negative Reize). Auch diese Version hat jedoch ein Designproblem: Die Kategorisierungsaufgabe kann strategisch dadurch vereinfacht werden, dass Probanden stets z. B. die Position des unteren Stimulus fixieren; erscheint dort der Punkt, ist die eine Taste, erscheint er dort nicht, die andere zu drücken. Deshalb wird in einigen neueren Studien (eingeführt von MacLeod & Chong, 1998; zitiert nach Mogg & Bradley, 1999) der Typus des Punktstimulus kategorisiert: Erscheinen zwei waagrecht angeordnete Punkte, ist die eine, erscheinen zwei senkrecht angeordnete Punkte, ist die andere Taste zu drücken.
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Ein Aufmerksamkeitsbias für negativ-valente Reize bei Patienten mit Generalisiertem Angstsyndrom ist unbestritten (vgl. Mogg & Bradley, 2005). Dies ist aber in unserem Diskussionszusammenhang, in dem es nicht primär um Pathologien gehen soll, eine eher marginale Beobachtung. Für uns steht aber vor allem die Frage im Vordergrund, ob es generell eine Aufmerksamkeitsorientierung auf negativ-valente Reize gibt (die dann eventuell durch Ängstlichkeitsunterschiede in ihrem Ausmaß moderiert wird). Während Williams, Watts, MacLeod und Mathews (1988) in einem einflussreichen Modell noch die Hypothese aufstellten, dass nur bei hochängstlichen Personen Aufmerksamkeit auf hochbedrohliche Stimuli gelenkt wird, während sie bei niedrigängstlichen Personen davon abgezogen wird, konvergieren die Annahmen heute eher dahingehend, dass ein genereller Mechanismus der Aufmerksamkeitsallokation auf bedrohliche Reize postuliert wird, bei dem dann habituelle Unterschiede im Ausmaß angenommen werden (vgl. z. B. Mogg & Bradley, 1998; Yiend & Mathews, 2001). So stellten Mogg und Bradley (1998; Mogg et al., 2000a) ein Modell vor, in dem unter Bezug auf andere Modelle wie etwa dem von Gray (1991) oder LeDoux (1996) ein valence evaluation system angenommen wird, dessen Ausgabe einen mehr oder weniger hohen „Bedrohungswert“ liefert, der bei genügender Höhe zu einer Unterbrechung des momentanen zielorientierten Verhaltens und einer Orientierung auf die Quelle der Bedrohung führt. Es gibt verschiedene Determinanten des valence evaluation system, neben den Eigenschaften des Stimulus selbst zum Beispiel Eigenschaften des situationalen Kontextes. Habituelle Ängstlichkeit wird in diesem Modell lediglich als der Parameter gesehen, der die Reaktivität oder Sensibilität des valence evaluation system widerspiegelt. Insofern handelt es sich eher um ein allgemeinpsychologisches Modell mit einem differenziellen Parameter. Mogg et al. (2000a) fanden in Übereinstimmung mit ihrem Modell einen Aufmerksamkeitsbias für Bilder hochbedrohlichen Inhaltes sowohl für hoch- als auch niedrigängstliche Probanden. Ähnlich konnten Lipp und Derakshan (2005) kürzlich einen generellen Aufmerksamkeitsbias für die Kategorie der phylogenetisch furchtrelevanten Bilder (Schlangen, Spinnen; s. o.) nachweisen. Hervorzuheben ist auch eine Studie von Mogg und Bradley (1999), die bei maskierter Darbietung von Gesichtern einen generellen bias für negative (threatening), nicht aber für positive (happy) Gesichtsausdrücke (jeweils im Vergleich zu neutralen Gesichtern) fanden (vgl. aber Fox, 2002). Hervorzuheben ist diese Studie deshalb, weil mit der Maskierung eine sehr kurze Darbietung und ein sehr kurzes Intervall zwischen der Darbietung von Gesichtern und dot probe verbunden war. Das üblicherweise verwendete Intervall von 500 ms ist relativ lang und lässt alternative Deutungen zu (z. B. Fox et al., 2001;
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s. a. den nächsten Abschnitt). Insbesondere gibt es eine gravierende Diskrepanz zwischen Ergebnissen der Grundlagenforschung zum exogenen cuing und der Praxis in den üblichen Dot probe-Experimenten. Aus den Grundlagenexperimenten kennt man das Phänomen des inhibition of return, das darin besteht, dass bei validem cuing (s. o.) langsamer reagiert wird als bei invalidem cuing, sofern das Intervall zwischen cue und probe lang genug ist. Dieser Effekt beginnt schon ab Intervallen von 200 bis 300 ms (vgl. Klein, 2000). Somit sind typische Dot probe-Studien uneindeutig (vgl. auch Koster, Crombez, Verschuere & De Houwer, 2004). Wir hatten oben generell auf eine Lücke in der Forschung zwischen den Grundlagenstudien zum exogenen cuing und denjenigen zum emotionalen cuing hingewiesen. Erstere arbeiten mit sehr einfachen Materialien, so dass praktisch konfundierungsfrei gearbeitet werden kann. Dies ist bei a priori valenten Materialien mit all ihrer Komplexität nicht so einfach. In dieser Hinsicht stellen Studien, bei denen die Valenz über Konditionierungsprozeduren an Reize gebunden wird, einen Fortschritt dar. Die sich hieraus ergebende Evidenz ist aber nicht eindeutig. So fanden Armony und Dolan (2002), die zwei Gesichtsstimuli (beide mit ärgerlichem Ausdruck) nutzten, um in einem balancierten Design eines der beiden zusätzlich in seiner negativen Valenz zu erhöhen, einen Dot probe-Effekt, der zu der Annahme automatischer Aufmerksamkeitsallokation auf den negativeren Reiz passte. Diese Studie ist zusätzlich bemerkenswert, weil sie durch fMRI-Daten Hinweise auf neuronale Korrelate der Aufmerksamkeitsausrichtung liefert. Dagegen zeigten Mackintosh und Mathews (2003), dass a priori neutrale Reize dann, wenn sie positiv oder negativ konditioniert wurden, eher für Vermeidungsreaktionen sorgen (d. h. die Reaktionszeiten waren in validen Durchgängen höher als in invaliden). Dies ist umso bemerkenswerter, als dass, erstens, dieser Befund auch auftrat, wenn das Cue-target-Intervall nur 150 ms betrug, zweitens, parallel eingesetzte IAPS-Bilder den eher üblichen Effekt automatischer Aufmerksamkeitsallokation auf negative Reize zeigten und, drittens, Stormark und Hugdahl (1996) (s. u.) vergleichbare Effekte fanden. Mackintosh und Mathews interpretieren ihre Befunde so, dass Aufmerksamkeitsausrichtung auf relativ schwach valente Reize (d. h. hier: auf die konditionierten Stimuli) im Gegensatz zu stärkeren (hier die IAPS-Bilder) im Kontext einer anderen Aufgabenbearbeitung vermieden werden kann. Das bedarf aber noch weiterer Klärung. Erwähnt werden sollten auch die Experimente von Holmes, Green und Vuilleumier (2005), die insofern weiterführend sind, als dass mit ihnen untersucht wurde, welche visuellen Informationen an dem Aufmerksamkeitsbias für emotionale (ängstliche) Gesichter beteiligt sind. Dazu wurden ängstliche und neutrale Gesichter frequenzgefiltert, so dass eine Version nur noch die hohen räumlichen Frequenzen, die andere nur noch die niedrigen räumlichen Frequenzen
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enthielten. In der Dot probe-Aufgabe zeigte sich ein bias für ängstliche Gesichter nur bei den Stimuli, die die niedrigen räumlichen Frequenzen enthielten. Holmes et al. können auf diese Weise basale wahrnehmungspsychologische Erkenntnisse mit dem emotionspsychologischen Paradigma verbinden. 2.2.3 Attentional capture oder Probleme des disengagement? Eine Debatte, die in der jüngeren Forschung zur Verarbeitung valenter Reize geführt wird, betrifft die Frage, ob valente (vor allem negative) Reize in differenziell unterschiedlicher Weise die Aufmerksamkeit attrahieren oder ob die (Un-)Fähigkeit, die Aufmerksamkeit wieder von dem Reiz abzuziehen, die entscheidendere Variable ist (Derryberry & Reed, 2002; Fox et al., 2001; Koster et al., 2004; Yiend & Mathews, 2001; vgl. aber auch schon Stormark, Nordby & Hugdahl, 1995). Diese Überlegung trifft sich mit differenzierten Annahmen über Aufmerksamkeitsfunktionen, wie sie etwa von Posner und Petersen (1990) auf der Basis neurowissenschaftlicher Erkenntnisse gemacht wurden. Auch dort wird dem disengagement der Aufmerksamkeit eine eigene Rolle zugeschrieben. Schon bei der Emotional Stroop-Aufgabe (s. o.) ist der Befund einer höheren Farbbenennzeit für bedrohliche Reize, der zumindest für hochängstliche Probanden relativ konsistent gefunden wurde, mehrdeutig (Fox, 1994). Ähnliche Argumente lassen sich zu den Ergebnissen vorbringen, die mit der Dot probeTechnik gefunden wurden (vgl. Fox et al., 2001). Zum Beispiel hatten wir oben schon auf das üblicherweise lange Intervall zwischen emotionalem Stimulus und dot probe hingewiesen. Koster et al. (2004) schlugen daher vor, die Durchgänge mit rein neutralen Stimuluspaaren als Vergleich zu den Experimentaldurchgängen, die einen negativen Stimulus enthalten, zu nutzen. Sind bisherige Dot probe-Ergebnisse vor allem auf mangelndes Vermögen zurückzuführen, die Aufmerksamkeit von bedrohlichen Reizen abzuziehen, so sollten insbesondere die Reaktionszeiten in inkongruenten Durchgängen gegenüber den rein neutralen Durchgängen erhöht sein. In der Tat finden die Autoren in ihren Daten eine deutliche Bestätigung der letzteren Hypothese. Sowohl Stormark et al. (1995) als auch Fox et al. (2001; vgl. auch Broomfield & Turpin, 2005) versuchten die Probleme der Dot probe-Technik zu umgehen, indem sie eine interessante Variante des Cuing-Paradigmas entwickelten. Fox et al. präsentierten periphere, aber informative cues (d. h. diese zeigten in 75 % der Fälle den Ort des nachfolgenden Targets an). Dadurch konnte davon ausgegangen werden, dass Probanden endogen ihre Aufmerksamkeit auf den Cue-Ort ausrichten (s. o.). Wenn es Unterschiede zwischen den negativen und neutralen
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(bzw. positiven) cues in der invaliden Bedingung gibt, lässt sich dies darauf zurückführen, dass es bei negativen Reizen schwieriger ist, die Aufmerksamkeit abzuziehen. Fox et al. (2001) fanden in der Tat erhöhte Reaktionszeiten bei invalidem cuing durch bedrohungsbezogene Reize (vgl. auch Fox, Russo & Dutton, 2002). Als generelles Fazit können wir festhalten, dass es einerseits Evidenz dafür gibt, dass negative Reize Aufmerksamkeit attrahieren; allerdings ist diese Evidenz aufgrund der Mehrdeutigkeit der Dot probe-Aufgabe nicht so unbezweifelbar, wie vielleicht einstmals angenommen. Allerdings bleiben einige Studien, die so interpretiert werden können. Es deutet aber viel darauf hin, dass es schwer fällt, die Aufmerksamkeit von negativen Reizen abzuziehen. Evidenz hierfür ergibt sich aus dem modifizierten Cuing-Paradigma. Aber auch Ergebnisse, die mit der Emotional Stroop-Aufgabe oder dem Visual Search-Paradigma gewonnen wurden, können in dieser Weise gedeutet werden. Wir werden an dieser Stelle die Diskussion von valenzgesteuerten Aufmerksamkeitseffekten abschließen, um das zweite große Thema dieses Übersichtsartikels – Emotion und Gedächtnis – zu beginnen. Allerdings sind diese beiden Blöcke in sich hoch miteinander verbunden, so dass das Thema der Aufmerksamkeit für valente Reize wieder aufgenommen wird.
3 Emotion und Gedächtnis Wir haben den folgenden Teil nach einer gängigen Unterscheidung der Gedächtnispsychologie strukturiert, der Unterscheidung nach semantischem und episodischem Gedächtnis. Damit wollen wir nicht eine Position in der Debatte einnehmen, ob sich hinter dieser Unterscheidung eine Unterscheidung von Gedächtnissystemen verbirgt (vgl. z. B. Neath & Surprenant, 2005). Es werden vielmehr mit dieser Unterscheidung verschiedene Fragestellungen und Herangehensweisen verbunden. Im ersten dieser beiden Teile (Semantisches Gedächtnis für valente Informationen) wird die Frage diskutiert, in welcher Weise Bewertungen im semantischen Gedächtnis repräsentiert sein könnten. Im zweiten Teil soll dann das geradezu „klassische“ Thema nach der Erinnerung an emotionales Material anhand aktueller Studien aufgenommen werden.
3.1 Semantisches Gedächtnis für valente Informationen Die Technik des affektiven Primings (Fazio et al., 1986; s. o.) hat eine Ähnlichkeit zum sogenannten semantischen Priming, bei dem die beschleunigte Reaktion auf Wort-Targets nach einem Priming mit assoziativ oder semantisch verbundenen
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Wörtern festgestellt wird (vgl. McNamara & Holbrook, 2003). Diese Analogie wurde häufig hervorgehoben, so dass dementsprechend bei der Frage nach dem vermittelnden Mechanismus ebenso häufig eine direkte Parallele zu Erklärungsmodellen des semantischen Primings gezogen wurde (vgl. Klauer & Musch, 2003; Wentura & Rothermund, 2003). Semantische Primingeffekte wurden u. a. mit dem Prozess der Aktivationsausbreitung in einem Netzwerk von Konzepten erklärt. Diese Metapher wurde auch für Bewertungen genutzt (Bower, 1991): Die Aktivierung des Prime-Knotens führt zur Aktivierung eines generellen positiven oder negativen Affekt-Knotens; von dort aus werden alle Konzepte gleicher Valenz voraktiviert, so dass ein ebensolches Target schneller verfügbar ist. Um Netzwerkmodelle plausibel zu halten, muss allerdings eine Abhängigkeit der Aktivationsausbreitung von der Anzahl der mit einem Primekonzept verbundenen Konzeptknoten angenommen werden (z. B. Anderson, 1983): Je mehr Nachbarn ein Knoten hat, um so weniger Aktivation des primär aktivierten Knotens entfallen dann auf jeden Nachbarn. Diese Annahme würde aber einen affektiven Primingeffekt auf der Basis von Aktivationsausbreitung unwahrscheinlich machen. Später wurden für das semantische Priming Erklärungsvarianten auf der Basis parallel verteilter Gedächtnismodelle vorgeschlagen (z. B. Masson, 1995). In parallel verteilten Modellen wird das Aktivationsmuster für einen Vektor von merkmalsrepräsentierenden Einheiten als Aktivation eines semantischen Konzeptes angesehen. Die Etablierung dieses Aktivationsmusters wird darüber erreicht, dass die Einheiten, die zu wahrnehmungsnahen Merkmalen des Konzeptes gehören (etwa die orthografischen Einheiten), bei entsprechendem Input (etwa der Präsentation des entsprechenden Wortes) in ihrer Aktivität festgelegt sind, so dass via hemmender und stärkender Verbindungen unter den Einheiten solche constraints gesetzt werden, dass in dem vieldimensionalen Merkmalsraum nur ein bestimmtes lokales Maximum der Passung (constraint satisfaction) gefunden wird. Dieser Prozess wird dann als Aktivierung eines semantischen Konzeptes auf der Basis des inputs interpretiert. Dieser Prozess hat eine zeitliche Ausdehnung, die davon abhängt, wie groß die Distanz zwischen dem vor dem Reizereignis etablierten und dem aufgrund des Reizes zu etablierenden lokalen Maximum ist. Wird kurz zuvor ein in vielen Merkmalen vergleichbarer Vektor etabliert, ist der Übergang schneller. Merkmalsüberlappung lässt sich wiederum als semantische Ähnlichkeit interpretieren. Dieses Modell zur Erklärung von semantischen Primingeffekten lässt sich leicht mit affektiven Primingeffekten in Einklang bringen, indem angenommen wird, dass eine deutliche Anzahl von Merkmalseinheiten die Bewertung eines Konzeptes repräsentiert. Unplausibel an dieser Erklärung von Primingeffekten ist allerdings generell, dass der den Prime repräsentierende Vektor durch den das
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Target repräsentierende Vektor vollständig ersetzt wird. Damit ist die Erklärung zwar stimmig für maskierte, aber nicht für offene Priminganordnungen. Bei letzteren besteht eine temporäre Primerepräsentation parallel zur Targetrepräsentation weiter, wie man sich leicht dadurch klar machen kann, dass bei einer typischen supraliminalen Anordnung die Identität des Primes nach der Targetbearbeitung sehr wohl von den Probanden berichtet werden kann. An anderer Stelle haben wir daher ein etwas anderes Modell vorgeschlagen (Wentura & Rothermund, 2003). Um hierzu stimmige Effekte zu erhalten, wurde das affektive Priming mit Aufgaben durchgeführt, die keine Reaktionserklärung im Sinne einer Stroop-Logik erlauben. Als besonders relevant wird die Benennaufgabe angesehen; sie gilt auch im Bereich des semantischen Primings als diejenige Aufgabe, die am reinsten Zugänglichkeitserleichterungen widerspiegeln soll (vgl. aber Wentura & Rothermund, 2003). Wir hatten oben schon auf die lange Zeit verwirrenden Ergebnisse mit dieser Aufgabe hingewiesen und können direkt bei dem Fazit ansetzen, dass bei hinreichender semantischer Verarbeitung des Targets ein affektiver Kongruenzeffekt auftritt. Die hinreichende semantische Verarbeitung wird bei Worttargets über z. B. verschlechterte Enkodierbedingungen („%L%I%E&B%E%“; De Houwer & Randell, 2002) oder aber über die Verwendung von Bildstimuli erreicht (z. B. Spruyt et al., 2002). Es gibt somit aus jüngerer Zeit Evidenz für einen gedächtnisbasierten Erleichterungseffekt für inhaltlich beliebige Zielreize durch gleichvalente Prime-Reize, die mit den angedeuteten Varianten parallel verteilter Gedächtnismodelle in Einklang stehen. Diese Modelle wurden unseres Wissens nach noch nicht mit den oben beschriebenen Aufmerksamkeitsmechanismen in Verbindung gebracht, obschon das Potenzial zur Modellierung von Aufmerksamkeitsattrahierung als erhöhte „Resonanz“ für bewertete Reize aufgrund der hohen Zahl positiv verknüpfter Valenzkomponenten vorhanden ist. Auch die Schwierigkeit, die Aufmerksamkeit wieder von negativen Reizen abzuziehen, könnte eventuell durch die Höhe der lokalen Maxima, die diesen Reizen korrespondiert, modelliert werden.
3.2 Episodisches Gedächtnis für valente Informationen In diesem Abschnitt wollen wir die Frage diskutieren, ob valentes Material besser, schlechter oder aber anders erinnert wird als neutrales Material. Wir haben ihn in drei Unterabschnitte unterteilt. Im ersten geht es nur um die quantitative Frage, ob valentes Material besser erinnert wird als neutrales. In den beiden folgenden Teilen sollen qualitative Unterschiede beleuchtet werden. Im ersten dieser beiden Unterabschnitte wird die z. Zt. wieder viel beachtete Unterschei-
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dung von vertrautheits- und erinnerungsbasierter Wiedererkennung im Hinblick auf valentes Material diskutiert. Im zweiten dieser beiden Abschnitte wird die vor allem in der Forschung zum Gedächtnis für emotionales Material diskutierte Frage aufgegriffen, ob valentes Material vor allem einen Behaltensvorteil für zentrale Details, aber einen Nachteil für periphere bringt. 3.2.1 Wird valentes Material besser erinnert? Die Fragestellung, ob valentes Material in Gedächtnisuntersuchungen besser oder schlechter erinnert wird als neutrales Material, hat eine lange Forschungstradition in der Gedächtnispsychologie. In der Regel wird tatsächlich ein Behaltensvorteil für valente Materialien gefunden (zum Beispiel Heuer & Reisberg, 1990; Harris & Pashler, 2005; Kern, Libkuman, Otani & Holmes, 2005). In jüngerer Zeit ist dieses Forschungsgebiet insbesondere durch neurowissenschaftliche Forschung zur Rolle der Amygdala angereichert worden (zum Überblick McGaugh, 2004; Phelps, 2006). Tierstudien, bildgebende Studien an gesunden Probanden, pharmakologische Studien, Patientenstudien weisen alle darauf hin, dass Amygdala-Prozesse eine große Rolle bei der Konsolidierung emotionaler Erinnerungen spielen. Harris und Pashler (2005) weisen darauf hin, dass Effekte von emotionalem Material in den meisten älteren Studien auf selektive Rumination und selektives Memorieren zurückzuführen sein könnten. In diesem Fall wäre ein Gedächtnisvorteil für valentes Material nur mittelbar auf die Valenz zurückzuführen. Daher nutzten Harris und Pashler Präsentationsbedingungen, die diese Ruminationsprozesse ausschlossen. Im Gegensatz zu den meisten Studien, die zu der Frage des Behaltens emotionaler Materialien durchgeführt wurden, handelt es sich dadurch allerdings um typische Kurzzeitgedächtnisversuche. Harris und Pashler (2005) präsentierten Bildserien von jeweils fünf IAPS-Bildern, von denen eines hoch negativ (und mit hohem arousal assoziiert) war, mit einer Rate von 250 ms pro Bild. Danach mussten die Bilder entweder direkt oder nach 20 Sekunden Distraktortätigkeit wiedergegeben werden (als kurze Benennungen der Inhalte). Es zeigte sich eine deutlich höhere Wiedergabeleistung für die emotionalen Bilder. Dieser Effekt fand sich im Übrigen auch, wenn die Bilder als Distraktoren zu einer anderen Aufgabe dargeboten wurden und überraschend wiedergegeben werden sollten. Diese Studie zeigt also zum einen, dass der Vorteil negativer Reize genuin auf die Bewertung derselben zurückgeführt werden kann. Es bleibt allerdings die Frage offen, welcher Prozess für den Vorteil verantwortlich ist. Harris und Pashler (2005) argumentieren, dass bei der von ihnen gewählten Anordnung emotional getriggerte Aufmerksamkeitsunterschiede nicht verantwortlich sein können, da die Aufmerksamkeit inten-
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tional auf die Bildserien gerichtet ist. Die für Konsolidierung häufig verantwortlich gemachten neurochemischen Vorgänge sind aber möglicherweise zu langsam, um die hier berichteten Befunde zu erklären (vgl. Harris & Pashler, 2005). In ähnlicher Weise wie Harris und Pashler (2005) argumentieren Kern et al. (2005). Um zu zeigen, dass ein genuiner Behaltensvorteil für negative Materialien besteht, der auf sehr frühen, schnellen und nicht der Aufmerksamkeit bedürfenden Elaborationsprozessen basiert, präsentierten sie IAPS-Bilder unter Bedingungen geteilter und ungeteilter Aufmerksamkeit. Nach einem mit einer Distraktoraufgabe gefüllten Retentionsintervall von 2 Minuten folgte ein Wiedergabetest. Hypothesengemäß war der Einbruch der Wiedergabeleistung unter geteilter Aufmerksamkeit für negative Bilder geringer als für neutrale. 3.2.2 Der Unterschied zwischen Vertrautheit und Erinnerung Einen Schritt weiter geht die Frage, ob die Valenz des zu erinnernden Materials zu strukturell anderen Gedächtniseinträgen führt. Diese Frage kann zum Beispiel auf die Unterscheidung zwischen vertrautheits- und erinnerungsbasierter Wiedererkennensleistung (familiarity-based and recollection-based memory; zum Überblick Yonelinas, 2002) bezogen werden. Gemeint ist damit, dass ein Wiedererkennensurteil zum einen auf einem unspezifischen Eindruck des Vertrautseins beruhen kann oder aber auf dem Abruf konkreter Erinnerungen an Details der Kodierepisode. Yonelinas (2002) gibt einen ausführlichen Überblick über diese Unterscheidung und die Methoden zur Differenzierung der beiden Komponenten. Sie hat vermutlich auch deshalb in letzter Zeit eine so hohe Bedeutung erlangt, weil sie sich durch Methoden der Cognitive Neuroscience als relativ „hardware“-nah erwies (z. B. Rugg & Yonelinas, 2003). Produziert negatives Material einen Behaltensvorteil, weil die Familiarity- oder die Recollection-Komponente erhöht ist? Eine naheliegende Hypothese ist, dass emotionale Stimuli eine höhere Distinktheit aufweisen; höhere Distinktheit wiederum, so weiß man, erhöht die recollection eines Items (Ochsner, 2000). Zum anderen wird angenommen, dass die familiarity eine Funktion der Verarbeitungsflüssigkeit (fluency) ist. Familiarity-basierte Wiederkennensleistung beruht also darauf, dass die Präsentation des Stimulus in der Lernphase die Verarbeitungsflüssigkeit erhöht, so dass in der Wiedererkennensphase ein substanzieller Unterschied zwischen neuen und alten Items in diesem Parameter besteht. Ochsner (2000) referiert Befunde, nach denen insbesondere negative Stimuli eine generell höhere Verarbeitungsflüssigkeit aufweisen. Hierzu passt im Übrigen, dass in Wiedererkennensversuchen negatives Material mit einer höheren Rate falscher Alarme, also einem liberaleren Antwortkriterium assoziiert ist (z. B. Windmann
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& Kutas, 2001). Ein Gedächtnisvorteil negativer Stimuli, der auf der FamiliarityKomponente beruht, lässt sich aber somit nur aufgrund der Zusatzannahme postulieren, dass die Präsentation in der Lernphase für negative Stimuli einen überproportionalen Zuwachs an Flüssigkeit bringt. Ochsner (2000) hat diese Überlegungen in drei Experimenten mit IAPS-Bildern als Stimuli und einem zweiwöchigen Behaltensintervall getestet. Seine Operationalisierung von vertrautheits- versus erinnerungsbasiertem Wiedererkennen beruhte auf den subjektiven Urteilen der Versuchspersonen. Kasten 7: Remember versus know Die Unterscheidung von familiarity und recollection wird über verschiedene methodische Zugänge versucht (vgl. Yonelinas, 2002). Eine Methode, die auch im Zusammenhang des Erinnerns emotionaler Materialien genutzt wurde, besteht darin, den subjektiven Eindruck bei der Wiedererkennung durch eine simple Unterscheidung zu erfassen: Die Probanden werden gebeten, jeweils anzugeben, ob ihre Entscheidung auf einer bewussten Erinnerung an das Vorkommen des Items in der Lernliste beruht (remember) oder lediglich auf dem Wissen, dass dieses Item vorgekommen ist, ohne dass irgendein Detail des Enkodierkontextes bewusst erinnert wird (know; Tulving, 1985). Um Abschätzungen der hypothetisch unterstellten Prozesskomponenten recollection und familiarity zu erhalten, werden die Raten der Remember- und Know-Antworten aufgrund von einfachen Modellannahmen verrechnet (vgl. Ochsner, 2000).
Es zeigte sich in allen Experimenten ein signifikanter Recollection-Vorteil für negative Bilder (gegenüber neutralen und positiven Bildern). Für positive Bilder gegenüber neutralen war ebenfalls konsistent ein leichter Vorteil festzustellen.4 Diese Unterschiede waren im Übrigen nicht auf Arousal-Unterschiede reduzierbar. Wie oben angedeutet, werden familiarity und recollection mit charakteristischen Profilen ereigniskorrelierter Potenziale in Verbindung gebracht werden (z. B. Rugg & Yonelinas, 2003). Johansson, Mecklinger und Treese (2004) konnten auf diese Weise den recollection-Vorteil für negative Bilder bestätigen. Sie nutzten im Übrigen sehr kurze Präsentationszeiten und im Gegensatz zu Ochsner (2000) ein kurzes, mit einer Distraktoraufgabe gefülltes Retentionsintervall, so dass valenzspezifische Elaborationen eher unwahrscheinlich sind. Es deutet sich somit an, dass negative Valenz für eine größere innere Bindung der zu einer negativen Lernepisode gehörenden Merkmale führt (vgl. auch Doerksen & Shimamura, 2001; MacKay et al., 2004).
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Dieser Unterschied war zwar in keinem der Experimente signifikant. Für eine zusammenfassende Analyse dürfte dies jedoch der Fall sein.
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3.2.3 Die Erinnerung an zentrale versus periphere Details Die bislang berichteten Studien sind dadurch gekennzeichnet, dass die Komplexität des Materials relativ stark begrenzt wird, um weitestgehend Konfundierungen zu vermeiden. Dabei wird in Kauf genommen, dass in manchen Fällen die Prototypikalität der Stimuli (z. B. Wörter) für die jeweils gemeinte Kategorie (z. B. Bedrohungsreize) in Frage gestellt werden kann. Es gibt eine Forschungstradition, in der versucht wird, den Kompromiss zwischen experimenteller Manipulation und Prototypikalität der Stimuli etwas anders einzujustieren. Diese Tradition geht von der Frage aus, wie die Qualität von Zeugenaussagen bei der Erinnerung emotional besetzter Szenen zu beurteilen ist (für einen generellen Überblick über dieses Gebiet vgl. Christianson, 1992; Deffenbacher, Bornstein, Penrod & McGorty, 2004). Mit dieser generellen Frage wird ein sehr großes Forschungsgebiet eröffnet, in dem der emotionale Zustand des Probanden auf die Güte der Gedächtnisleistung im Vordergrund steht. Die Erörterung dieser Frage würde den Rahmen dieses Kapitels sprengen. Wir wollen uns daher auf einen kurzen Abriss der Laborstudien beschränken, bei denen die Variation der Valenz der Materialien dominant ist. Diese Studien ergänzen insofern unseren Bericht, als dass hierbei die Erinnerung an die „Binnenstruktur“ der emotional besetzten Stimuli untersucht wird. Kasten 8: Zentrale versus periphere Details In diesen Laborstudien wird Material genutzt, das komplexere Szenarien abbildet. Typischerweise werden Diaserien gezeigt, die eine Geschichte erzählen. Einzelne Fotos werden zwischen Experimental- und Kontrollversion ausgetauscht. Die Experimentalversion erhält an dieser Stelle negativ besetzte Bilder (z. B. Bilder eines Unfalls), während die Kontrollversion neutrale Bilder enthält, die aber bezüglich der Bildattribute soweit wie möglich parallelisiert sind. Mit diesem Grundaufbau wurde die Frage untersucht, ob in der emotionalen Version zentrale Details besser, periphere Details dagegen schlechter erinnert werden. „Zentral“ meint dabei Informationen, die mit der Quelle des emotionalen Gehaltes des Bildes (z. B. das blutende Opfer eines Verkehrsunfall) assoziiert sind; mit „peripher“ sind Details bezeichnet, die entweder räumlich distant zu dieser Quelle sind oder irrelevant bezüglich des emotionalen Inhaltes sind (vgl. Christianson & Loftus, 1991). In der Regel beziehen sich die Ergebnisse einer Studie auf eine sehr geringe Anzahl von Items, häufig sogar nur auf eines.5
5
Mit demselben Grundaufbau wird auch untersucht, ob die räumliche Aufmerksamkeit so fokussiert wird, dass die Erinnerung an die Szene dem Ausschnitt des Gesamtbildes entspricht, der das zentrale Ereignis enthält. Die Evidenz ist widersprüchlich (vgl. Safer, Christianson, Autry & Österlund, 1998, vs. Candel, Merckelbach & Zandbergen, 2003).
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Mit etwas Vorsicht kann der Schluss gezogen werden, dass bei einem (negativ) emotionalen Item die Erinnerung besser für zentrale und schlechter für periphere Details ist, verglichen mit Kontrollvarianten. Christianson, Loftus, Hoffman und Loftus (1991) konnten zeigen, dass dieser Vorteil für zentrale Details nicht (allein) auf unterschiedliche Aufmerksamkeitsausrichtungen zurückzuführen ist. Das Fazit zum episodischen Gedächtnis für bewertete Informationen ist, dass es quantitative und qualitative Unterschiede gibt, die darauf hindeuten, dass negative Informationen besser enkodiert werden. Dies scheint auch dann zu gelten, wenn selektiv verbessertes Verarbeiten bzw. selektive Aufmerksamkeitsprozesse ausgeschlossen sind.
4 Moderationen affektiver Verarbeitungsprozesse Bisher haben wir Einflüsse von Valenz (als Merkmal von Objekten und Ereignissen) auf die Informationsverarbeitung unter einer globalen Perspektive behandelt und die Frage gestellt, ob sich allgemeine Tendenzen im Umgang mit valenten Inhalten aufzeigen lassen. Die Bevorzugung valenter, insbesondere negativer Informationen in der Verarbeitung (automatische Bewertung und Aufmerksamkeitsbindung, effiziente Speicherung und Abruf ) stellt ein solches, im Hinblick auf die Verhaltens- und Handlungssteuerung durchaus funktionales Charakteristikum der Arbeitsweise unseres kognitiven Apparates dar. Allerdings stellt sich die Frage, ob und inwieweit eine solche Fokussierung auf die Verarbeitung (negativ) valenter Inhalte wirklich als eine generelle Eigenschaft menschlicher Informationsverarbeitung anzusehen ist. Gerade mit Blick auf die handlungsleitende Funktion affektiver Informationsverarbeitung ist zu fragen, ob eine starre Ausrichtung von Aufmerksamkeits- und Gedächtnisprozessen auf (negativ) valente Inhalte den vielfältigen und ständig wechselnden Anforderungen menschlicher Handlungssteuerung genügen kann. Die bei einigen Studien gefundenen differenziellen Unterschiede stellen bereits ein erstes Indiz dafür dar, dass es sich bei dem aufgezeigten allgemeinen Trend durchaus nicht um eine universelle Konstante handelt, sondern um eine Eigenschaft mit beträchtlicher interindividueller Varianz. Interessanterweise sind es gerade die Probanden mit klinisch-pathologischer Symptomatik (z. B. Ängstlichkeit), bei denen eine deutlich stärkere Fokussierung auf (negativ) valente Inhalte nachgewiesen wurde. Ergebnisse der experimentellen klinischen Forschung liefern klare Belege dafür, dass ein solcher emotionaler Verarbeitungsbias nicht nur Ausdruck, sondern auch Ursache einer entsprechenden pathologischen Symptomatik ist (Mathews & MacLeod, 2002, 2005). Eine Valenzfokussierung
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ist also nicht in jedem Fall und nicht in beliebiger Stärke und Richtung sinnvoll. Eine permanente und extreme Fokussierung auf negativ-valente Informationen ist dysfunktional und offenbar auch untypisch für menschliche Informationsverarbeitung (vgl. auch Harris & Pashler, 2004). Dieses Zwischenergebnis leitet direkt über zu der Frage, ob möglicherweise auch innerhalb von Personen systematische Unterschiede bzgl. der Verarbeitung valenter Informationen bestehen, und von welchen Faktoren die Valenzfokussierung bzw. eine Asymmetrie in der Fokussierung auf negative vs. positive Inhalte abhängt. Als Moderatoren der Verarbeitung valenter Reize wurden vor allem motivationale Orientierungen und affektive Zustände untersucht. Diese Suchrichtung liegt schon deshalb nahe, weil ja bereits die einfache Tendenz zur bevorzugten Verarbeitung valenter Inhalte als ein funktionales Element der Verhaltenssteuerung angesehen wird. Menschliche Verhaltens- und Handlungsregulation kann aber nur unter Bezug auf übergeordnete motivationale Orientierungen (Tätigkeiten, Ziele, Anreize, Aufgaben, Triebkräfte etc.) und die im Prozess der Zielsetzung und Zielverfolgung auftretenden affektiven Zustände (Hoffnung, Furcht, Stolz, Scham, Enttäuschung etc.) angemessen verstanden werden. Durch qualitativ unterschiedliche motivationale Orientierungen bzw. personale und situative Gegebenheiten (erfolgsaufsuchende vs. misserfolgsvermeidende Motivationen, personale Kontrolle vs. Hilflosigkeit; Higgins, 1997; Maier & Seligman, 1976) wie auch durch unterschiedliche Phasen eines motivationalen Prozesses (Brandtstädter & Rothermund, 2002; Gollwitzer & Moskowitz, 1996; Heckhausen, 1989) werden stark divergierende Erfordernisse an die Handlungsregulation wie auch an die Funktionsweise des Informationsverarbeitungssystems gestellt. Es ist daher naheliegend, dass diese Variablen einen wichtigen Schlüssel zum Verständnis der affektiven Informationsverarbeitung liefern. In den folgenden Abschnitten werden wir Forschungsergebnisse referieren, die sich auf die Moderation von Aufmerksamkeits- und Gedächtnisprozessen durch motivationale Orientierungen und affektive Zustände beziehen. Zunächst werden wir auf Forschungsergebnisse zu inhaltlichen Relevanzeffekten eingehen und diskutieren, welche Implikationen sich hieraus für das Valenzkonzept ergeben. Ein zweiter Abschnitt befasst sich mit dem Einfluss affektiv-motivationaler Zustände auf Valenzasymmetrien in der Informationsverarbeitung. Einen möglichen dritten Bereich – die Forschung zu wechselseitigen Einflüssen von Stimmung und Informationsverarbeitung (mood and memory) – haben wir nicht aufgenommen. Zum einen liegt dies an Platzgründen; zum anderen ist aber auch die Befundlage zu der hier interessierenden Frage nach der Moderation basaler Aufmerksamkeits- und Gedächtnisprozesse durch Stimmungsqualitäten sehr heterogen.
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4.1 Valenz als Mediator von Zieleffekten Einflüsse von Ziel- und Handlungsorientierungen auf Aufmerksamkeits- und Gedächtnisprozesse wurden vor allem mit nicht valentem Stimulusmaterial durchgeführt, das aber durch den motivationalen Bezug persönliche Relevanz erhält. Hauptergebnis dieser Untersuchungen ist, dass selbst neutrale Inhalte, die in einem inhaltlichen Bezug zu den aktuellen Zielen, Bedürfnissen oder Motiven einer Person stehen, in ihrer kognitiven Zugänglichkeit erhöht sind und verstärkt die Aufmerksamkeit binden. Beispielsweise tauchen Inhalte, die mit aktuellen Zielen und Aufgaben einer Person in Verbindung stehen, mit erhöhter Häufigkeit im Gedankenfluss von Personen auf (Klinger, Barta & Maxeiner, 1980) und werden in direkten und indirekten Gedächtnismaßen besser erinnert bzw. erkannt (Goschke & Kuhl, 1993; Rothermund, 2003a; Zeigarnik, 1927). Die Darbietung persönlich relevanter Wortstimuli führt auch in der modifizierten Stroop-Aufgabe zu erhöhten Farbbenennzeiten (z. B. Riemann & McNally, 1995; Williams & Broadbent, 1986) und verzögert die Aufmerksamkeitsausrichtung auf andere Stimuli in der Dot-probe-Aufgabe (Rieger et al., 1998) sowie in einer Variante des Cuing-Paradigmas (Newman et al., 1993). Klinger (1996) erklärt diese Ergebnisse in Anlehnung an Lewin (1926) damit, dass die vormals neutralen Stimuli durch ihre Verbindung mit persönlichen Zielen, Bedürfnissen und Aufgaben subjektive Valenz erhalten, die dann ihrerseits für die Wirkungen concern-bezogener Stimuli auf die Informationsverarbeitung verantwortlich ist. Empirische Belege für diese Mediatorhypothese lieferten Bock und Klinger (1986) in einer Untersuchung, in der erhöhte Erinnerungsleistungen für concern-bezogene Wörter durch erhöhte emotionale Einschätzungen vermittelt wurden. Eine wichtige Implikation dieser Ergebnisse ist also, dass Valenzen nicht als gegebene, intrinsische Eigenschaft des Stimulusmaterials aufzufassen sind, wie dies Materialeinteilungen in positive, negative und neutrale Stimuli vielleicht suggerieren, sondern dass sie stets auf einen Bezug zu individuellen Motivationsstrukturen zurückgehen (vgl. Ferguson & Bargh, 2004). Ein Objekt oder Ereignis ist nicht „an sich“ gut oder schlecht, sondern es erhält eine solche Bewertung erst vor dem Hintergrund bestimmter Ziele, Wünsche und Einstellungen. Valenzen stehen sozusagen „im Dienst“ der sie erzeugenden Motivationen und vermitteln deren steuernde Wirkung auf Aufmerksamkeit und Gedächtnis.6
6
Aktuelle Arbeiten von Moors und De Houwer (2001; Moors, De Houwer, Hermans & Eelen, 2005) zeigen, dass die Bewertungen von Objekten oder Ereignissen mit Bezug selbst auf spezifische und wechselnde Motivationen dennoch automatisch erfolgen.
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Mit Blick auf die in den vorangehenden Abschnitten referierten Befunde weisen die Ergebnisse zu inhaltlichen Relevanzeffekten auch darauf hin, dass Materialvalenzen – trotz aller Normierungen – starke und systematische inter- und intraindividuelle Schwankungen aufweisen können, die auf unterschiedliche Zielbindungen und Handlungsorientierungen zurückgehen. Selbst dann, wenn die interindividuelle Varianz in Bewertungen vernachlässigbar gering ist, widerlegt dies nicht die These einer generellen Motivationsabhängigkeit von Valenz, sondern verweist auf generell geteilte Ziel- und Handlungsorientierungen.
4.2 Valenzasymmetrien im Handlungskontext Während wir im vorangehenden Abschnitt Veränderungen in der Relevanz und Valenz bestimmter Inhalte aufgrund von Zielbindungen thematisiert hatten, wollen wir nun diskutieren, ob – bei gegebener Valenz – die spezifische Ausrichtung der Verarbeitung eher auf positive oder eher auf negative Inhalte durch Ziel- und Handlungskontexte moderiert wird. Die Frage nach Positiv/Negativ-Asymmetrien in der Aufmerksamkeit wird in der Forschung zur affektiven Informationsverarbeitung seit langem thematisiert – vor allem wurden Argumente und Befunde angeführt, die für eine generelle Bevorzugung negativer und insbesondere bedrohlicher Informationen sprechen (Kahneman & Tversky, 1984; Öhman et al., 2001; Peeters & Czapinski, 1990; Pratto & John, 1991; vgl. aber Wentura et al., 2000). Im Kern läuft die Argumentation darauf hinaus, dass das Übersehen einer Gefahr gravierendere Folgen haben kann als das Verpassen einer günstigen Gelegenheit, sodass ein genereller Negativitätsbias in der Informationsverarbeitung verständlich und funktional erscheint. Die in diesem Zusammenhang gefundenen empirischen Ergebnisse wurden bereits detailliert in den vorangehenden Abschnitten dargestellt. Mit Blick auf die bereits angesprochene Vielfalt der Formen menschlicher Zielund Handlungsregulation drängt sich jedoch die Frage auf, ob eine wie auch immer geartete generelle und stabile Valenzasymmetrie in der affektiven Verarbeitung die bestehenden Flexibilitätserfordernisse überhaupt erfüllen kann (vgl. Rothermund, Wentura & Bak, 2001; Rothermund, Wentura & Voss, 2006; Smith et al., 2006). Hierbei sind zwei Gesichtspunkte zu unterscheiden. 4.2.1 Auswirkungen von Ziel- und Tätigkeitsfokus Zum einen stellt sich die Frage, inwieweit aktuelle Ziele und Tätigkeiten eine zu diesen motivationalen Orientierungen passende Ausrichtung der Informationsverarbeitung auf positive versus negative Inhalte nach sich ziehen. Unter dieser
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Perspektive wäre zu erwarten, dass Ziele oder Tätigkeiten mit einem Vermeidungsfokus mit einer Ausrichtung auf negative Inhalte einhergehen, während auf ein positives Ergebnis gerichtete Ziele oder Tätigkeiten mit Annäherungscharakter von einem Positivitätsbias in der Informationsverarbeitung begleitet werden (Higgins, 1997; Neumann, Förster & Strack, 2003). Empirische Evidenz zur Stützung dieser Annahme liefern vor allem Untersuchungen zu den Auswirkungen von Annäherungs- versus Vermeidungsverhalten auf die affektive Informationsverarbeitung. Die motorischen Verhaltensprogramme für Annäherung und Vermeidung werden dabei auf subtile Weise induziert, ohne auf die Bedeutung oder Valenz entsprechender Tätigkeiten zu verweisen – etwa indem die Probanden aufgefordert werden, während des Experiments mit der Handfläche von unten oder von oben auf die Tischplatte zu drücken. Durch die hierzu erforderliche Aktivierung der an der Armbeugung bzw. Armstreckung beteiligten Muskelpartien soll Annäherungs- bzw. Vermeidungsverhalten simuliert werden. Die Aktivierung motorischer Annäherungstendenzen führt dazu, dass Bewertungen von Stimuli positiver ausfallen (Cacioppo, Priester & Berntson, 1993; Förster, 2004), und erleichtert auch die Verarbeitung und Erinnerung positiver Inhalte (Förster & Strack, 1996); für Vermeidungsverhalten zeigten sich jeweils gegenteilige Effekte (zum Überblick vgl. Neumann, Förster & Strack, 2003). Diese Befunde werden als Beleg für eine bevorzugte Verarbeitung tätigkeitskongruenter valenter Inhalte interpretiert. Allerdings muss die generelle Gültigkeit dieser Aussage auf der Basis neuerer Arbeiten in Frage gestellt werden. Centerbar und Clore (2006) fanden beispielsweise, dass Armbeugung (im Vergleich zur Armstreckung) nur dann zu einer positiveren Bewertung von Objekten führt, wenn deren initiale Valenz bereits leicht positiv ist, für initial negative Objekte wurde die Bewertung durch die Armbeugung dagegen noch negativer. Diese Interaktion spricht dafür, dass Annäherungsbewegungen die Valenz von Objekten intensivieren, während Vermeidungstendenzen bestehende Valenzunterschiede nivellieren. Gawronski, Deutsch und Strack (2005) fanden, dass Armbeugung (Armstreckung) zwar die Enkodierung positiver (negativer) Bilder erleichtert, gleichzeitig aber wurde durch Annäherungs- und Vermeidungstendenzen die Distraktorwirkung gegenvalenter Bilder erhöht, was für einen affektiven Inkongruenzmechanismus im Bereich der Aufmerksamkeitssteuerung spricht. Wir kommen auf dieses Ergebnis im nächsten Abschnitt noch einmal zurück. In allen referierten Studien fand sich jedenfalls eine Abhängigkeit der Valenzasymmetrie in der Informationsverarbeitung von der Art der aktuellen Tätigkeit. Dieses Ergebnis stützt die These einer Konfiguration der affektiven Informationsverarbeitung durch motivationale Orientierungen.
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4.2.2 Affektive Balance im Motivationsgeschehen Auch aus einer anderen, übergeordneten Perspektive erscheint die Annahme eines starren Valenzbias in der Ausrichtung der Informationsverarbeitung unplausibel. In nahezu allen Phasen eines komplexen Motivationsgeschehens, ist es günstig, wenn sowohl positive (Chancen, Möglichkeiten, Erfolge, Hoffnungen, Wünsche) wie auch negative Gesichtspunkte (Misserfolge, Gefahren, Hindernisse, Risiken, Befürchtungen) berücksichtigt werden. Eine einseitige Fokussierung auf ausschließlich negative oder ausschließlich positive Informationen ist dagegen dysfunktional. Sie kann zu lähmender Inaktivität (Prokrastination) oder Tagträumerei führen (vgl. Kuhl & Helle, 1986; Markus & Ruvolo, 1989; Oettingen & Mayer, 2002). Auch für die Aufrechterhaltung der emotionalen Balance in motivationalen Kontexten ist eine Berücksichtigung positiver und negativer Gesichtspunkte wichtig: Chronische und eskalierende emotionale Zustände und damit einhergehendes impulsives Verhalten sowie Perseverationstendenzen nach Misserfolg (vgl. z. B. Metcalfe & Mischel, 1999) können durch eine affektiv ausgewogene Informationsverarbeitung vermieden werden. Prozesse zur Aufrechterhaltung der emotionalen Ausgewogenheit und Balance sind unter verschiedenen Namen in der Literatur postuliert und auch empirisch belegt worden (law of affective equilibrium, Beebe-Center, 1929; psychological immune system, Gilbert et al., 1998; opponent process theory, Solomon & Corbit, 1974; affect minimization, Taylor, 1991). Im vorliegenden Zusammenhang interessiert vor allem, durch welche Aufmerksamkeits- und Gedächtnismechanismen eine solche emotionale Ausgewogenheit vorbereitet und realisiert wird. Zur Erreichung einer Berücksichtigung positiver wie auch negativer Gesichtspunkte im Zuge der Ziel-, Handlungs- und Emotionsregulation wurden vor allem Gegenregulations- und Inkongruenzmechanismen in der affektiven Informationsverarbeitung postuliert (Derryberry, 1993; Rothermund, 2003b; Rothermund et al., 2001). Durch eine verstärkte Aufmerksamkeitsallokation auf Inhalte, deren Valenz sich von dem aktuell vorherrschenden motivational-affektiven Zustand unterscheidet, ist gewährleistet, dass auch jeweils gegenvalente Inhalte in allen Phasen des Motivationsgeschehens Zugang zu Informationsverarbeitungsprozessen erhalten. Eine solche Gegenregulation des Verarbeitungsflusses verhindert eine Selbstverstärkung der Fokussierung auf valenzkongruente Inhalte und trägt so zur affektiven Balance bzw. zur Vermeidung von emotionaler Eskalation und Perseveration bei. Inkongruenzeffekte affektiv-motivationaler Orientierungen bei der Verarbeitung valenter Reize wurden in verschiedenen Untersuchungen nachgewiesen. Sowohl die experimentelle Herstellung von Erfolgs- oder Misserfolgserfahrungen
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wie auch die bloße Antizipation möglicher positiver oder negativer Ergebnisse erhöht automatische Aufmerksamkeitsbindungen durch gegenvalente Reize (Derryberry, 1988, 1993; Ellenbogen, Schwartzman, Stewart & Walker, 2002; Koole & Jostmann, 2004; Rothermund, 2003b; Rothermund et al., 2001, 2006). Aufmerksamkeitsallokationen wurden in diesen Studien über Interferenzeffekte valenter Distraktorstimuli oder über Aufgabenanordnungen erfasst, die die Ablösung der Aufmerksamkeit von einem vorangehenden Stimulus erforderten (z. B. Cuing-Effekte). Wurden dagegen direkte Erleichterungseffekte bzgl. der Verarbeitung valenter Zielreize untersucht, zeigen sich entweder keine (Rothermund et al., 2001, 2006) oder sogar Kongruenzeffekte (Moors & De Houwer, 2001; Moors et al., 2005). In der im vorangehenden Abschnitt bereits erwähnten Arbeit von Gawronski et al. (2005) wurde diese Kombination affektiver Kongruenz- und Inkongruenzeffekte für Maße der Verarbeitungsgeschwindigkeit respektive der Aufmerksamkeitsbindung bereits für motorische Annäherungs- und Vermeidungstendenzen nachgewiesen. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass Mechanismen einer automatischen affektiven Gegenregulation vor allem im Bereich der Aufmerksamkeitsallokation nachzuweisen sind: Inhalte, deren Valenz der aktuellen motivationalen Situation widerspricht, werden bevorzugt mit Aufmerksamkeit belegt.7 Ein solcher Mechanismus der affektiven Gegenregulation stellt einen wichtigen Gegenspieler zu Mechanismen des affektiven Primings dar. Eine automatische Aufmerksamkeitsausrichtung auf Reize, deren Valenz der aktuellen motivationalen Orientierung widerspricht, helfen die selbstverstärkende Wirkung affektiv-motivationaler Zustände zu begrenzen und zu unterbinden, die möglicherweise durch konzeptuelle Aktivierungen vermittelt ist und vor allem in Maßen der Verarbeitungsgeschwindigkeit ihren Niederschlag findet.
5 Ausblick Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass valente Reize durchaus eine Sonderstellung in der Informationsverarbeitung beanspruchen dürfen. Zum einen werden Objekte und Ereignisse offenbar automatisch (also schnell, unbewusst, unwillkürlich, ohne Ressourcenbedarf und mehr oder weniger unabhängig von aktuellen Zielen und Aufgaben) bewertet, darüber hinaus binden (insbesondere negativ) valente Reize verstärkt Aufmerksamkeit und werden bevorzugt erinnert. Wie eingangs erwähnt ist eine solche bevorzugte Ausrichtung 7
Die genaue Wirkweise dieses Aufmerksamkeitsmechanismus ist allerdings noch nicht im Detail untersucht worden. Beispielsweise ist unklar, ob die Effekte dadurch zustande kommen, dass gegenvalente Stimuli verstärkt Aufmerksamkeit auf sich ziehen (attentional engagement), oder ob die Ablösung der Aufmerksamkeit erschwert ist (attentional disengagement).
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der Informationsverarbeitung auf emotionale Inhalte durchaus funktional für die Verhaltenssteuerung, insofern die Valenz von Reizen ein allgemeines Relevanzsignal darstellt: Die negative oder positive Valenz eines Reizes verweist auf damit verbundene oder zu erwartende Gefahren oder günstige Gelegenheiten, die häufig ein adäquates und schnelles Handeln erforderlich machen. Im Einklang mit dieser funktionalen Erklärung von Valenzeffekten in termini von Verhaltensrelevanz stehen auch einige der oben referierten Befunde, die eine enge Verbindung zwischen valenten Reizen und globalen Verhaltenstendenzen der Annäherung bzw. Vermeidung belegen.
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7. Kapitel
Appraisaltheorien: Komplexe Reizbewertung und Reaktionsselektion Ursula Hess und Arvid Kappas Emotions have taught mankind to reason. Marquis De Vauvenargues
1 Einleitung 1.1 Theoretischer Hintergrund Appraisaltheorien1, im deutschsprachigen Raum auch (kognitive) Bewertungstheorien oder (kognitive) Einschätzungstheorien genannt, befassen sich mit den unbewussten und bewussten Informationsverarbeitungsprozessen, die Emotionen hervorrufen. Obwohl es keine allgemein akzeptierte Definition des Begriffs Appraisal (vgl. Kappas, 2001) gibt, gilt doch generell, dass Appraisals Prozesse der Informationsverarbeitung sind, die als hinreichende, und von manchen Autoren auch als notwendige Auslöser emotionaler Zustände postuliert werden. Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die Vorläufer des Appraisalkonstrukts, Kernpunkte der Modelle der Begründer der Appraisaltheorie, Magda Arnold und Richard Lazarus, sowie über neuere theoretische Ansätze. Appraisaltheorien verstehen Emotionen als adaptive Reaktionen auf Umweltreize. So beschreibt Smith (2004) Emotionen auslösende Reize als „informationsreiche 1
Wir verwenden im Weiteren zumeist die Begriffe Appraisaltheorie und Appraisal. Die Begriffe Bewertung und Einschätzung haben eine Konnotation mit kognitiv aufwendigen, bewussten Prozessen und können so leicht zu einem Missverständnis bezüglich der dem Appraisal zugrunde liegenden kognitiven Prozesse führen, die im Wesentlichen unbewusst und automatisch ablaufen.
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Signale, welche die Person in erhöhte Aufmerksamkeit versetzen und sie motivieren sowie darauf vorbereiten, auf die adaptiven Implikationen der Umgebung zu reagieren“ (S. 136)2. In ähnlichem Sinne beschreibt Scherer (1984, 1987) Emotionen als einen „biologisch entwickelten, phylogenetisch kontinuierlichen Mechanismus, welcher zunehmend flexible Adaptationen an Umweltbedingungen erlaubt, da er Stimulus und Reaktion entkoppelt und damit eine längere Latenzzeit schafft, die eine Optimierung der Reaktion ermöglicht“3. Appraisaltheorien heben somit, ähnlich anderen evolutionspsychologischen Emotionstheorien (vgl. auch Meyer, Schützwohl & Reisenzein, 1997), die adaptive Funktion der Emotionen an Umweltherausforderungen hervor. Diese Sicht kontrastiert mit der traditionellen Sicht von Emotionen als Störungen und Beeinträchtigungen des rationalen Verstandes, die in der westlichen Philosophie lange vorherrschte.
1.2 Definition des Emotionsbegriffs in der Appraisaltheorie Die Begründerin moderner Appraisaltheorien, Arnold (vgl. Abschnitt 4.1), definiert Emotionen als „die gefühlte Tendenz in Richtung auf alles, was intuitiv als gut (förderlich), und weg von allem, was intuitiv als schlecht (schädlich) bewertet wird. Diese Anziehung und Ablehnung ist von einem Muster physiologischer Veränderungen begleitet, die Annäherung oder Zurückweichen erlauben. Dieses Muster ist unterschiedlich je nach Emotion“ (1960, S. 182)4. Später entwickelte Appraisaltheorien präzisieren sowohl die Details des zugrunde liegenden Emotionsauslöseprozesses im Sinne verschiedener Dimensionen des Appraisals als auch die körperlichen und mentalen Konsequenzen. Aus dieser Definition wird das Kernpostulat der Appraisaltheorien ersichtlich (Bewertungshypothese, Schmidt-Atzert, 1996). Appraisaltheorien gehen davon aus, dass es die persönliche Bewertung eines (internen oder externen) Reizes im Hinblick auf bestimmte Kriterien ist, welche Emotionen hervorruft und differenziert – nicht dessen objektive Eigenschaften. Wichtig ist auch, dass diese Einschätzungen als „direkt, unmittelbar und intuitiv“ (Arnold, 1960, S. 172) zu verstehen sind. Es handelt sich also typischerweise nicht um das Ergebnis eines bewussten Schlussfolgerungsprozesses (Kappas, 2001, 2006) – obwohl es potenziell möglich ist, einen solchen später bewusst zu rekonstruieren (Kappas, 2001; Robinson & Clore, 2001; aber vgl. auch Parkinson, 1997; Parkinson & Manstead, 1992, 1993) und es auch durchaus Situationen gibt, in denen die der Emotion zugrunde liegenden Einschätzungen das Ergebnis eines solchen 2 3 4
Freie Übersetzung der Autoren. Freie Übersetzung der Autoren. Freie Übersetzung der Autoren.
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expliziten Schlussfolgerungsprozesses sind. Wahrscheinlich sind in vielen Fällen die beobachtbaren/messbaren emotionalen Veränderungen ein Produkt teils unbewusster, teils bewusster Appraisals, die parallel und teilweise unabhängig voneinander ablaufen (Leventhal & Scherer, 1987; Scherer, 2001; Smith & Kirby, 2001). Der Hinweis auf intuitive Bewertungen in Arnolds Appraisalkonzept unterstreicht die Bedeutung der Appraisalforschung auch im Rahmen des derzeitigen Interesses an Intuition und Entscheidungsprozessen. Einschränkend ist zu bemerken, dass Appraisaltheorien den Emotionsbegriff auf objektbezogene, relativ kurz andauernde Ereignisse beschränken, die nur so lange währen, bis eine adaptive Reaktion auf den Auslösereiz stattgefunden hat. Diese Charakterisierung unterscheidet Emotionen von Stimmungen (die nicht objektbezogen sind; vgl. auch Mitmansgruber, 2003) wie auch von Präferenzen und Werturteilen (die objektbezogen aber von relativ langer Dauer sind). Kappas (1997, 2001) versteht im Rahmen seiner Dynamic Appraisal Theory of Emotion (DATE) Stimmungen als transiente Modulatoren von Appraisalprozessen. In diesem Sinne sind Stimmungen nicht Emotionen, stellen aber wichtige affektive Rahmenbedingungen für die Emotionsauslösung dar (vgl. auch Russell, 2003). Unabhängig von den Ähnlichkeiten unterschiedlicher Varianten der Appraisaltheorie (vgl. Scherer, 1988) gibt es natürlich auch Unterschiede. Manche Theoretiker, z. B. Lazarus (1991, 2001) oder Roseman (1984, 2001), gehen von einer kleinen Anzahl von diskreten Emotionen aus; andere (z. B. Scherer, 1984) schlagen eine unbegrenzte Anzahl potenziell möglicher emotionaler Zustände vor – wobei einige, stammesgeschichtlich und in der Individualgenese, in ähnlicher Form wieder und wieder auftauchen und so als modale Typen5 subjektiv einen besonderen Status erlangen. Zusammengefasst verstehen alle Appraisaltheorien Emotionen und die zugrunde liegenden Bewertungsprozesse als funktional und adaptiv, es wäre aber falsch, eine bestimmte theoretische Position bezüglich der Frage nach der Anzahl diskreter Emotionen spezifisch mit der Appraisaltheorie zu assoziieren.
2 Allgemeines Modell des Einschätzungsprozesses Trotz der oben genannten Unterschiede teilen Appraisaltheorien doch auch viele Gemeinsamkeiten. So ist es möglich, ein vereinfachtes, allgemeines Modell der modernen Appraisaltheorien zu beschreiben (vgl. auch Scherer, 1988). Danach besteht der erste Bewertungsprozess in den meisten Theorien aus der Feststellung einer eingetretenen oder zu erwartenden Veränderung in Bezug auf 5
Modal im statistischen Sinne von Häufigkeitsgipfeln – also Zustände, die in einer bestimmten Konfiguration öfter auftreten als andere.
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interne oder externe Reize. Diese Veränderung wird dann daraufhin bewertet, inwieweit sie für den Organismus positiv bzw. nützlich oder negativ bzw. schädlich ist. Dabei wird auch bewertet, ob die Veränderung den momentanen motivationalen Bestrebungen des Organismus förderlich oder hinderlich ist. Der Organismus bewertet weiterhin seine Fähigkeit, die Veränderung zu bewältigen oder sich der Veränderung anzupassen. Außerdem wird auch die Übereinstimmung mit den relevanten sozialen und persönlichen Normen bewertet. Wie schon erwähnt, handelt es sich bei Appraisals um eine persönliche Bewertung des Reizes in Bezug auf den bewertenden Organismus und nicht um eine Einschätzung der objektiven Eigenschaften des Reizes. Dieser zentrale Aspekt der Appraisaltheorien ermöglicht es zu erklären, warum (a) die gleiche objektive Situation in verschiedenen Personen unterschiedliche Emotionen hervorruft, (b) warum objektiv unterschiedliche Situationen in verschiedenen Personen die gleiche Emotion hervorrufen und (c) warum der gleiche Stimulus in einer Person zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Emotionen hervorrufen kann. In seinem klassischen Artikel „What is an emotion?“ (1884) präsentierte James ein Szenario, in dem wir einem Bären im Wald begegnen. Nach James gibt es eine direkte Verbindung von der Wahrnehmung zu den physiologischen Veränderungen, die eine Flucht ermöglichen und sie schließlich ausführen. Diese Annahme einer direkten Verbindung zwischen Wahrnehmung und der Reaktion (James, 1884, S. 191) wird von Vertretern der Appraisaltheorie nicht geteilt. So ist anzunehmen, dass ich die Begegnung mit einem Bären als wenig förderlich für meine Motivationslage (körperliche Unversehrtheit behalten) einschätze. Zudem würde ich meine Fähigkeit, der Situation angemessen zu begegnen, als gering einschätzen (ich habe wenig Erfahrung mit Bären und bin über angemessenes Verhalten im Bärenkontakt nicht informiert). Anders stellt sich die Situation für meinen Nachbarn auf Bärenjagd dar. Für meinen Nachbarn ist die Gegenwart eines Bären in hohem Maße motivationskongruent. Außerdem wird er als Bärenjäger seine Fähigkeit, der Situation angemessen zu begegnen, sicherlich als hoch einschätzen. Während ich in Panik verfalle, freut sich mein Nachbar. In diesem Sinne zeigten Kuppens, Van Mechelen und Rijmen (2008) dass individuelle Unterschiede im Ärgererleben im Wesentlichen auf Unterschiede im Appraisal der Situation zurückzuführen sind und erst in zweiter Linie auf Persönlichkeitsunterschiede. Natürlich ist die Hypothese eines spezifischen Bewertungsprozesses nicht der einzige Unterschied zur James-Lange-Theorie. Während James und seine modernen Nachfolger das subjektive Erleben von Gefühlen als eine Konsequenz der wahrgenommenen körperlichen Reaktionen sehen, ist das Gefühl in den Appraisaltheorien eine Konsequenz des Bewertungsprozesses (für eine ausführliche Diskussion dieser Frage vgl. Grandjean, Sander & Scherer, 2008), auch wenn manche Autoren (z. B. Scherer, 2001) einräumen, dass körperliche Reaktionen im
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Sinne von Feedbackprozessen Gefühlszustände modulieren können (vgl. auch Roseman, 2004). Umgekehrt schließt der von James verwendete Wahrnehmungsbegriff eine gewisse, wenn auch primitive, Bewertung des emotionsauslösenden Objekts mit ein (vgl. auch Ellsworth, 1994a). Die Bedeutung der Appraisaltheorie zur Erklärung und Vorhersage interindividueller Unterschiede bezüglich der Reaktionen auf emotionsauslösende Situationen und Ereignisse kann nicht genug unterstrichen werden. Entscheidende Impulse wurden von Lazarus, nach der ursprünglichen Definition des Appraisalkonzepts durch Arnold (1960), im Zusammenhang mit der Stressforschung gegeben. Herrschte vorher die Ansicht vor, dass Stressoren objektiv bestimmbare Reize seien (z. B. Verlust des Arbeitsplatzes), so machte Lazarus deutlich, dass Stress das Produkt der Transaktion zwischen Person und Umwelt ist (vgl. Lazarus, 2001). In der Folge entwickelten sich eine Reihe von Varianten der Appraisaltheorie sensu Arnold/Lazarus. Allerdings bleiben diese neueren Theorien den Grundannahmen von Arnold und Lazarus treu. Wichtig ist dabei – und wir werden diesen Punkt mehrfach in diesem Kapitel wiederholen –, dass es nicht (nur) um bewusste Einschätzungsprozesse geht. Das Bärenszenario könnte dazu verleiten anzunehmen, Appraisaltheorien würden annehmen, dass man angesichts des Bären explizit überlegen müsste, welche Konsequenzen möglich sind. Dem ist nicht so. In dem einen Fall wird der Bär direkt und sofort als gefährlich, im anderen Fall als die gesuchte Herausforderung wahrgenommen. Diese Wahrnehmung ist holistisch und unmittelbar (vgl. Kappas, 2001, 2006). Es ist nicht einmal nötig, ein Objekt bewusst zu erkennen oder es benennen zu können, um eine intuitive affektive Einschätzung zu erlangen (Arnold, 1960; Zajonc, 1980). Oft genügen bestimmte Aspekte eines Objektes, z. B. rapide Bewegung auf mich zu, um die potenzielle Bedeutung der Situation zu erleben (LeDoux, 1996; vgl. auch Abschnitt 6). Im Folgenden werden wir zunächst einen kurzen Abriss der historischen Entwicklung des Appaisalansatzes in der Emotionspsychologie geben. Im Anschluss werden wir beispielhaft für moderne Appraisaltheorien das Komponenten-Prozess-Modell von Scherer (1984, 1987, 2001) vorstellen. Ausgehend von diesem Modell werden wir dann Unterschiede zu anderen gegenwärtigen Appraisaltheorien ansprechen sowie Fragestellungen und kritische Aspekte von Appraisaltheorien diskutieren.
3 Historische Entwicklung des Appraisalansatzes Der Standpunkt, dass Emotionen auf Einschätzungen beruhen, ist keineswegs neu. Bereits Aristoteles (ca. 350 v. Chr.) wies in seiner Rhetorik darauf hin, dass die Art und Intensität der von einem Ereignis hervorgerufenen Emotionen
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davon abhängt, wie die Person das Ereignis interpretiert. Tatsächlich hat Aristoteles Emotionen sogar unter Bezugnahme auf kognitive Einschätzungen definiert. Beispielsweise schreibt er über die Furcht (Rhetorik, 2. Buch, Kapitel 5): „Es sei die Furcht definiert als ein Gefühl von Unlust oder Unruhe, hervorgerufen durch die Vorstellung eines bevorstehenden Übels, das Zerstörung oder Schmerz verursacht.“ Der Verweis auf die „Vorstellung eines bevorstehenden Übels“ als den Auslöser von Furcht macht deutlich, dass er die unmittelbare Ursache von Furcht in einer bestimmten Kognition sah. Aristoteles’ kognitive Emotionstheorie wurde im Mittelalter vom Kirchengelehrten und Philosophen Thomas von Aquin (1225–1274) rezipiert (vgl. Lyons, 1980) und beeinflusste dadurch nachfolgende Theoretiker wie z. B. Hume, Smith oder Spinoza, um nur einige zu nennen. Emotionen wurden in der westlichen Philosophie im Gegensatz zu Aristoteles’ Sichtweise allerdings oft auch als grundsätzlich irrationale Störungen des rationalen Verstandes dargestellt; so bemerkte zum Beispiel Kant (1798, § 73, S. 251) „Affecten und Leidenschaften unterworfen zu sein, ist wohl immer Krankheit des Gemüths, weil beides die Herrschaft der Vernunft ausschließt“. Allerdings wurde diese Auffassung ironischerweise von genau der Person nicht geteilt, der sie im Allgemeinen zugesprochen wird: Descartes. Descartes, wie auch Frijda (1986; vgl. auch Arnold, 1960), sah die Hauptfunktion von Emotionen darin, den Körper auf notwendige Aktionen vorzubereiten „[…] der Haupteffekt aller Passionen [Emotionen] im Menschen ist, dass sie die Seele dazu anregen und disponieren, diejenigen Dinge zu wollen, auf die sie den Körper vorbereiten …“ (1649/1984, Art XL)6. Auch Descartes beschreibt, ähnlich wie Aristoteles, die unterschiedlichen von ihm erörterten Emotionen typischerweise (auch) unter Bezugnahme auf die sie verursachenden Einschätzungen. So schreibt er zum Beispiel, dass die Grundemotionen Liebe und Hass davon abhängen, ob ein Objekt als gut oder schlecht für uns bewertet wird. Kognitive Emotionstheorien wurden außerdem u. a. von Hume, Smith und Spinoza formuliert. Somit gab es also schon vor der Institutionalisierung der Psychologie im 19. Jahrhundert eine ganze Reihe von kognitiven Emotionstheorien. Innerhalb der Bewusstseinspsychologie des 19. Jahrhunderts wurden diese früheren Ansätze ins-
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Diese Übersetzung der Autoren ist abweichend von der Übersetzung Hammachers: „die Hauptwirkung der Leidenschaften bei den Menschen ... besteht [darin], dass sie ihre Seele anregen und instandsetzen, die Dinge zu wollen, zu denen ihre Körper sie veranlassen“ (Descartes, 1984, S. 67). Wir glauben jedoch, dass es eindeutig ist, dass es nach Descartes die Emotionen sind, die den Körper vorbereiten. Im Original heißt es: „Car il est besoin de remarquer que le principal effet de toutes les passions dans les hommes est qu’elles incitent et disposent leur âme à vouloir les choses auxquelles elles préparent leur corps: en sorte que le sentiment de la peur l’incite à vouloir fuir, celui de la hardiesse à vouloir combattre, et ainsi des autres.“
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besondere von Franz Brentano (1838–1917) rezipiert. Zwei seiner Schüler, Carl Stumpf (1848–1936) und Alexius Meinong (1880–1920) entwickelten innerhalb des konzeptuellen Rahmens der Brentano’schen Psychologie der Intentionalität kognitive Emotionstheorien (vgl. Reisenzein & Schönpflug, 1992; Reisenzein, 2003). Diese Emotionstheorien nehmen in vielerlei Hinsichten die Emotionstheorie Arnolds vorweg; Arnold waren diese Theorien jedoch nicht bekannt (vgl. Reisenzein, 2006). Sie wurde vielmehr nach ihrem eigenen Bekunden direkt von Aristoteles und Thomas von Aquin beeinflusst sowie indirekt auch von Brentano über dessen Schüler Husserl (Reisenzein, 2006).
4 Entwicklung des Appraisalkonzepts in der modernen Psychologie 4.1 Arnold Arnolds zentrales Werk ist das zweibändige Emotion and Personality (1960), das auf über 700 Seiten die Grundlagen der modernen Appraisaltheorie entwickelte. In dieser tour de force analysiert und synthetisiert Arnold eine breite Auswahl an Emotionstheorien und empirischen Daten. Ihre eigene Theorie ist dabei die Konsequenz einer Analyse von Emotionen auf der phänomenologischen und auf der physiologischen Ebene. Arnolds Ansicht nach muss eine psychologische Theorie nämlich sowohl auf der psychologischen als auch auf der biologischen Erklärungsebene „funktionieren“. Im Speziellen kann das Phänomen „Emotion“ nicht auf der physiologischen oder psychologischen Ebene alleine erklärt werden, sondern nur durch die gemeinsame Betrachtung beider Ebenen.7 Mit dieser Ansicht greift Arnold der modernen Affective Neuroscience (z. B. Panksepp, 1998) oder Social Neuroscience (z. B. Cacioppo & Berntson, 2005) vor. Ausgangspunkt der Theorie von Arnold war die Beobachtung, dass ein zentrales ungelöstes Problem der damals vorherrschenden, behavioristischen Emotionstheorien die Frage nach der Auslösung spezifischer Emotionen war. Zur Lösung dieses Problems schlug Arnold vor, dass die Entstehung von Emotionen auf einem Prozess der Einschätzung (appraisal) von Objekten beruht. Dieser Einschätzungsprozess enthält im Kern eine Bewertung des auslösenden Objekts oder Sachverhalts im Hinblick auf das Individuum und seine Bedürfnisse. Arnold betonte, dass es sich dabei in aller Regel um eine intuitive, direkte Bewertung handelt. Die Konsequenz dieses Einschätzungsprozesses ist die Aktivierung von bestimmten Handlungstendenzen, deren Funktion die Anpassung des Individuums an die wahrgenommene Situation ist. Das erlebte Gefühl ist nach
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Eine ausführliche Würdigung des Werkes von Magda Arnold kann in Shields und Kappas (2006) nachgelesen werden.
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Arnold nichts anderes als das Erleben dieser Handlungstendenzen. Eine sehr ähnliche Ansicht vertritt auch Frijda (1986). Wie schon gesagt, besteht der Kern des Einschätzungsprozesses nach Arnold in der Bewertung eines Objekts oder Sachverhalts als gut oder schlecht für die Person bzw. in Hinsicht auf ihre Bedürfnisse. Positiv bewertete Objekte ziehen mich an, negative stoßen mich ab. Es ist dabei nicht nötig, sich explizit zu überlegen „Ist dieses Objekt gut oder schlecht für mich?“ Diese Bewertung geschieht vielmehr automatisch und implizit. Damit ist aber keineswegs gemeint, dass eine direkte Verbindung von Reiz und Reaktion im Sinne der Theorie William James besteht; vielmehr ist der Prozess der Einschätzung ein sehr schnell und unbewusst ablaufender kognitiver Prozess, der sowohl Gedächtnisinhalte (z. B. frühere Erfahrungen) als auch den gegenwärtigen Motivationszustand der Person (ihre Wünsche und Bedürfnisse) berücksichtigt. Viele Zusammenfassungen der Arnold’schen Theorie haben den von ihr postulierten Bewertungsprozess auf die Bewertung einer einzigen Dimension (gut, angenehm für mich/schlecht, unangenehm für mich) reduziert. Es ist deshalb wichtig zu betonen, dass dieser Bewertung nach Arnold eine intuitive Beurteilung des Objekts hinsichtlich seiner Relevanz für das Individuum und seine Bedürfnisse zugrunde liegt. Als Beispiel: Ein Apfel, der mir normalerweise schmeckt, löst keine positiven oder sogar negative Reaktionen hervor, wenn ich satt bin. Darüber hinaus postuliert Arnold noch weitere Dimensionen der Einschätzung: Ob eine Emotion auftritt und wenn ja welche, hängt auch davon ab, ob das Objekt nach Meinung der Person präsent oder nicht präsent ist (Einschätzungsdimension Anwesenheit – Abwesenheit), und ebenso davon, wie schwierig es aus der Sicht der Person ist, das Objekt zu erhalten oder zu vermeiden (falls es noch nicht vorhanden ist) oder beizubehalten bzw. damit umzugehen (falls es schon vorhanden ist; Einschätzungsdimension Bewältigungspotenzial ). Arnold postuliert, dass bereits diese wenigen Einschätzungsdimensionen die Auslösung spezifischer Emotionen erklären können. So ist zum Beispiel Hoffnungslosigkeit die Folge einer Bewertung eines abwesenden Objektes als wünschenswert aber nicht erreichbar. Bemerkenswert an Arnolds Theorie ist ferner ihre Vorwegnahme des Konzepts unterschiedlicher, paralleler Ebenen der (affektiven) Informationsverarbeitung, die sich in modernen Zwei- und Mehrprozesstheorien wieder findet (z. B. Chaiken & Trope, 1999). Ähnlich wie diese neueren Theorien unterscheidet Arnold zwischen automatischen/impliziten und reflektierten/expliziten Informationsverarbeitungsprozessen, welche ausführlich, wenn auch nicht immer konsistent, diskutiert werden. Für Arnold sind für die Entstehung von Emotionen vor allem automatische Appraisalprozesse verantwortlich, die allerdings durch bewusste und reflektierte Denkprozesse moduliert werden können. Erwähnens-
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wert ist auch, dass nach Arnolds Ansicht schnelle, initiale Reizbewertungen bereits auf einer sehr frühen Stufe der Informationsverarbeitung stattfinden können. So können bereits rohe sensorische Informationen bewertet werden. Diese Annahmen Arnolds haben angesichts der aktuellen Renaissance von Theorien zu automatischen kognitiven Prozessen (z. B. Wyer & Bargh, 1997) wieder an Aktualität gewonnen. Ironischerweise hatte Arnold mit diesen Annahmen bereits den meisten späteren Kritikpunkten an den Appraisaltheorien (z. B. Zajonc, 1980, 1984) eine plausible Antwort gegeben. Ihre Theorie wurde aber offenbar kaum direkt rezipiert; unter anderem sicher auch deshalb, weil die auf Arnold aufbauende Theorie von Lazarus aus verschiedenen Gründen rasch wesentlich populärer wurde (vgl. auch Shields & Kappas, 2006).
4.2 Lazarus Die von Lazarus (1974) entwickelte Stresstheorie führte den Appraisalbegriff in die Mainstreampsychologie ein und bereitete damit den Weg für die späteren Appraisaltheorien, unter anderem auch – fast 30 Jahre nach seinen Arbeiten zum Thema Stress – für eine später von Lazarus (1991) selbst entwickelte Emotionstheorie. Besonders in seinen frühen Veröffentlichungen bezieht sich Lazarus dabei explizit auf Arnold (1960; vgl. auch Lazarus, 2001). Lazarus entwickelte seine Appraisaltheorie der Stressreaktionen – welche im Kern emotionale Reaktionen sind – unter anderem um zu erklären, warum der gleiche objektive Stressreiz bei verschiedenen Personen ganz unterschiedliche emotionale Reaktionen auslösen kann. Zum Beispiel reagiert der eine Student auf die Ankündigung einer Prüfung mit Angst, der andere mit Entschlossenheit. Die Antwort von Lazarus war, dass diese Reaktionsunterschiede auf Bewertungsunterschiede des Stressreizes zurückzuführen sind (z. B. 1966). Bei der Ausarbeitung dieser Theorie griff Lazarus (1974) auf die Appraisaltheorie von Arnold (1960) zurück (vgl. auch Kappas, 2006; Reisenzein, 2006, zum Verhältnis der Theorien von Lazarus und Arnold). Genauer gesagt kombinierte er Arnolds Bewertungskriterien Anwesenheit – Abwesenheit und (positive vs. negative) Bewertung zum primären Appraisal, während er Arnolds Einschätzung des Bewältigungspotenzials (inwieweit eine Person glaubt, mit der Situation zurechtkommen zu können) sekundäres Appraisal nannte. Ereignisse sind motivrelevant, wenn ein tatsächliches oder antizipiertes Ereignis für die Person positive oder negative Konsequenzen hat. Wenn das Ereignis schon eingetreten ist, dann kann es entweder als Schaden-Verlust oder als Gewinn bewertet werden; wenn das Ereignis antizipiert wird, kann es entweder als bedrohlich oder als Herausforderung bewertet werden. Die jeweilige Bewertung (positiv – negativ) hängt dabei davon ab, ob das Ereignis kongruent oder inkongruent mit den
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Wünschen oder Bedürfnissen der Person ist. Im sekundären Appraisal bewertet die Person dann, ob das Ereignis bewältigt werden kann oder nicht. Ereignisse, die als bedrohlich und nicht bewältigbar eingeschätzt werden, lösen Furcht aus, oder – wenn das Ereignis zudem unvermeidbar erscheint – Hoffnungslosigkeit. Hingegen lösen dieselben Ereignisse Ärger aus, wenn sie der Person bewältigbar erscheinen. Lazarus unterscheidet dabei zwei Formen der Bewältigung (coping). Problemorientiertes Coping besteht in der Bewältigung des Stressreizes (des auslösenden Ereignisses). Emotionsorientiertes Coping bezeichnet hingegen den Versuch, die durch den Stressreiz ausgelöste Emotion zu bewältigen, ohne dabei die auslösende Situation selbst zu verändern (vgl. auch Weber & Laux, 1993). Ein positiver Aspekt der Theorie von Lazarus ist, dass sie auch positive emotionale Reaktionen auf Stressreize erklären kann. Wenn ein Ereignis nämlich zwar als schwierig, aber doch als bewältigbar eingeschätzt wird, und wenn die Person glaubt, dass seine Bewältigung positive Konsequenzen hat, z. B. die Demonstration des eigenen Könnens oder ein Zugewinn an Kompetenz, dann wird es als Herausforderung (challenge) gesehen und kann Vorfreude oder Enthusiasmus auslösen. Wichtig ist auch, dass die beschriebenen Einschätzungen nach Lazarus bei der Auseinandersetzung mit einer Situation keineswegs nur einmal vorgenommen werden. Vielmehr betont er, dass die Situationsbewertung andauernd stattfindet bzw. dass es immer wieder zu Neueinschätzungen (reappraisal) kommt. Genauer gesagt, wenn die Person auf den Stressreiz reagiert, dann verändern sich die inneren und äußeren Bedingungen, die nun wieder neu bewertet werden. Diese Neubewertung kann zum selben, aber auch zu einem anderen Ergebnis führen als die ursprüngliche Einschätzung. So führt die Einschätzung, dass ein antizipiertes negatives Ereignis vermutlich eher nicht bewältigt werden kann, zu Furcht. Im Rahmen der Neueinschätzung ist es möglich, dass das Ereignis als weniger wahrscheinlich oder auch als weniger negativ bewertet wird, was zu einer Reduktion der Furcht führt. Das Konzept der Neueinschätzung spielt auch eine bedeutende Rolle in aktuellen Diskussionen zur Emotionsregulation (z. B. Gross, Richards & John, 2006). In einer Reihe von mittlerweile klassischen Laborstudien wurde die Stresstheorie von Lazarus erfolgreich empirisch überprüft (z. B. Speisman, Lazarus, Mordkoff & Davidson, 1964; Lazarus & Alfert, 1964). Eine wichtige Rolle für die Entwicklung der modernen Appraisaltheorien spielte eine Debatte zwischen Lazarus und dem Sozialpsychologen Robert Zajonc, die durch einen Artikel Zajoncs im American Psychologist (1980) ausgelöst wurde. In diesem Artikel unterzog Zajonc die kognitiven Emotionstheorien einer eingehenden Kritik. Obwohl Lazarus (ebenso wie Arnold) in dieser Kritik nicht namentlich erwähnt wurde, fühlte er sich genötigt, Zajonc im gleichen Forum zu antworten (Lazarus, 1982) und klarzustellen, dass seiner Meinung nach Emo-
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tionen ohne Appraisals nicht entstehen könnten. Zajonc hingegen hatte behauptet (vgl. auch Zajonc, 1984), dass Denken keine notwendige Voraussetzung für Emotionen sei. Die Diskussion zwischen Zajonc und Lazarus (vgl. auch Lazarus, 1984) ist durch Probleme einer unterschiedlichen Begriffsverwendung („Emotion“, „Kognition“) belastet (vgl. Leventhal & Scherer, 1987; Kappas, 2001). Sie ist aber auch die Konsequenz der besonderen Bedeutung, die der Appraisalbegriff bei Lazarus angenommen hatte. Obwohl Lazarus im Laufe der Jahre wiederholt die Bedeutung automatischer Appraisals unterstrich, lag der Schwerpunkt seiner Theorie wie der Methodik seiner empirischen Untersuchungen auf bewussten Bewertungsprozessen (z. B. Verwendung von Fragebögen). Erst kurz vor seinem Tode räumte Lazarus (2001) ein, die Bedeutung automatischer Appraisalprozesse unterschätzt zu haben. Die Popularität der von Lazarus propagierten Variante der Appraisaltheorie mit ihrer Betonung von bewussten Appraisalprozessen ist wahrscheinlich mit Schuld an dem häufig anzutreffenden Missverständnis, dass sich der Appraisalbegriff hauptsächlich oder sogar ausschließlich auf bewusste Einschätzungsprozesse bezieht. Tatsächlich nehmen jedoch fast alle Varianten der psychologischen Appraisaltheorien inklusive der ursprünglichen Formulierung durch Arnold (1960) an, dass Einschätzungsprozesse sowohl automatisch und unbewusst als auch explizit und bewusst stattfinden können (vgl. auch den Beitrag von Wentura und Rothermund in diesem Band). Berücksichtigt man die Möglichkeit automatischer Einschätzungsprozesse, dann ist die Kritik durch Zajonc (1980, 1984) an den Einschätzungstheorien irreführend; Zajoncs theoretische Position wird sogar weitgehend kompatibel mit der Theorie von Arnold (vgl. Kappas, 2006). Allerdings brauchte es möglicherweise den Anstoß durch die Zajonc-Lazarus-Debatte, damit neuere Varianten der Appraisaltheorie entwickelt wurden, die die Unterscheidung zwischen nicht automatischen/bewussten und automatischen/ unbewussten Appraisalprozessen deutlicher herausarbeiteten (z. B. Leventhal & Scherer, 1987; Smith & Kirby, 2001). Im Folgenden sollen einige aktuelle Appraisaltheorien kurz beschrieben werden, die sowohl den Prozess der Einschätzung näher beleuchtet haben als auch zusätzliche Einschätzungsdimensionen enthalten.
5 Aktuelle Appraisaltheorien In den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelten mehrere Emotionspsychologen relativ unabhängig voneinander Emotionstheorien auf der Basis des Appraisalkonzepts (z. B. Frijda, 1986; Lazarus, 1991; Roseman, 1984; Oatley & Johnson-Laird, 1987; Ortony, Clore & Collins, 1988; Smith & Ellsworth,
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1985). Diese Theorien griffen den Grundansatz von Arnold und Lazarus auf, nach dem Emotionen durch die persönliche Bewertung eines (internen oder externen) Reizes im Hinblick auf bestimmte Kriterien hervorgerufen und differenziert werden. Die einzelnen Theorien unterscheiden sich im Wesentlichen im Hinblick auf die Differenzierung der Bewertungskriterien sowie in den Details der Konzeptualisierung des Appraisalprozesses (vgl. auch Scherer, 1988). Im Folgenden werden wir beispielhaft das Komponenten-Prozess-Modell von Klaus Scherer (1984, 1987, 2001) beschreiben.
5.1 Das Komponenten-Prozess-Modell Nach Scherer überprüft das informationsverarbeitende System des Organismus kontinuierlich interne und externe Reize mittels sogenannter Stimulus Evaluation Checks (SECs). Emotionen werden dabei durch die Bewertung der Reize in Bezug auf die in der Theorie beschriebenen Appraisalkriterien hervorgerufen und differenziert. Der Appraisalprozess ist dabei eine Komponente des Emotionsprozesses und nicht der Emotionsauslösung vorangestellt. Das heißt, die Bewertung eines Ereignisses als negativ und als der Motivationslage des Organismus nicht förderlich, ohne dass angemessene Bewältigungsmöglichkeiten wahrgenommen werden, wird als Furcht empfunden und ist nicht der Auslöser von Furcht. Wichtig dabei ist auch, dass der Bewertungsprozess kontinuierlich wiederholt wird. Appraisal ist damit keine one-shot affair (Scherer, 1987). Vielmehr ist es so, dass eine Veränderung in der Umwelt einen andauernden zyklischen Prozess von Bewertungsvorgängen auslöst, der solange anhält, bis der Organismus adaptiv auf den Auslösereiz reagiert hat (d. h. ihn bewältigt oder sich angepasst hat) und somit die Emotionsepisode beendet ist.
5.2 Die sequenzielle Check-Theorie der Emotionsdifferenzierung Scherer (2001) ordnet die emotionsrelevanten Bewertungsprozesse in vier übergeordnete Appraisalkriterien8. Zunächst wird dabei die Relevanz des Ereignisses für den Organismus überprüft. Dann folgt eine Überprüfung der Auswirkungen des Ereignisses, gefolgt von der Bewertung der Bewältigungsmöglichkeiten des Organismus. Das vierte Kriterium bezieht sich auf die Verträglichkeit des
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In früheren Versionen des Komponenten-Prozess-Modells (z. B. 1984, 1987) gruppiert Scherer die von ihm postulierten Appraisaldimensionen in fünf Kriterien – die Dimensionen selber sind aber unverändert.
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Ereignisses mit den relevanten persönlichen und sozialen Normen. Diese vier Kriterien sind jeweils in weitere Bewertungskriterien unterteilt. Diese werden im Folgenden im Detail beschrieben. 5.2.1 Relevanz Diese erste Gruppe von Einschätzungen bewertet den emotionsauslösenden Reiz an sich. Wie schon erwähnt, muss der Organismus zunächst eine Veränderung in der äußeren oder inneren Welt wahrnehmen, damit eine Emotion überhaupt ausgelöst werden kann. Demzufolge bewertet der erste Check (Neuigkeit) die Neuigkeit des Ereignisses. Der nächste Check (intrinsische Angenehmheit) bewertet die reizinhärente Angenehmheit9, genauer das Ausmaß, in dem der Reiz Genuss oder Schmerz hervorrufen kann. Schließlich bewertet der Zielrelevanzcheck die Sachdienlichkeit oder Wichtigkeit des Ereignisses im Hinblick auf die momentane Motivationslage des Organismus. Ein Ereignis ist zielrelevant, wenn es einen wesentlichen Einfluss auf ein motivationales Ziel des Organismus hat, welches relativ hoch in der momentanen Zielhierarchie des Organismus steht. So ist die Feststellung, dass es regnet, zielrelevant, wenn ich mich seit Tagen auf eine Fahrradtour freue, nicht aber, wenn ich plane, heute die Wohnung zu putzen. 5.2.2 Auswirkungen Diese Gruppe von Einschätzungen bewertet, inwieweit der emotionsauslösende Reiz dem Überleben und der Anpassung des Organismus an seine Umwelt förderlich oder hinderlich ist sowie inwieweit der Reiz den Zielen des Organismus entgegenkommt. In diesem Zusammenhang wird der Begriff Ziel sehr weit gefasst und schließt solche Konzepte wie Bedürfnisse, Instinkte etc. mit ein. Dazu führt der Organismus zunächst eine Kausalanalyse durch (Kausalattributionscheck), in der die Ursache des Ereignisses bewertet wird. Für das Ereignis können dabei der Organismus selber, eine andere Person oder aber auch höhere Kräfte, wie in dem Falle des Regengusses, der die Fahrradtour verhindert, verantwortlich gemacht werden. In Weiners Emotionstheorie (Weiner, 1986) spielt diese Kausalanalyse eine zentrale Rolle (vgl. den Beitrag von Rudolph in diesem Band). Der nächste Check (Konzequenzwahrscheinlichkeitscheck10) bewertet nicht
9 Der Begriff der Angenehmheit (intrinsic pleasantness) ist dem der Valenz verwandt – allerdings wird der letztere typischerweise übergreifend zur Beschreibung des affektiven Zustandes verwendet. 10 Im Original: „outcome probability check“.
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so sehr das Ereignis, als vielmehr die Wahrscheinlichkeit der Konsequenzen des Ereignisses. Der Erwartungsdiskrepanzcheck wiederum bezieht sich auf die subjektive Wahrscheinlichkeit des Ereignisses selbst, also inwieweit das Ereignis den momentanen Erwartungen des Organismus entspricht. Der Zieldienlichkeitscheck bewertet, inwieweit das Ereignis den Zielen des Organismus im weitesten Sinn förderlich oder hinderlich ist. Dieser Check unterscheidet sich vom intrinsischen Angenehmheitscheck dadurch, dass hier nicht eine Eigenschaft des Reizes bewertet wird, sondern vielmehr die Kongruenz der Reizes mit dem momentanen Motivationszustand des Organismus. Es ist z. B. immer angenehm, ein Stück Schokolade zu essen, einerlei ob man gerade eine Fastenkur macht oder nicht; im ersten Falle ist es allerdings nicht zieldienlich, Schokolade zu essen. Zieldienlichkeit ist auch unabhängig von der Erwartungsdiskrepanz des Ereignisses. Ein zieldienliches Ereignis kann durchaus unerwartet sein. Der letzte Check dieser Gruppe bezieht sich auf die Dringlichkeit einer adaptiven Reaktion auf das Ereignis. Dringlichkeit ist gegeben, wenn wichtige Ziele des Organismus gefährdet sind. So bedarf die Feststellung, dass die Autobremsen nicht funktionieren, einer dringlicheren Reaktion als die Feststellung, dass die iPodBatterie erneut leer ist, da das Ziel zu überleben im Allgemeinen höherrangiger ist als das Ziel, Musik zu hören. 5.2.3 Bewältigungspotenzial Die dritte Gruppe der Einschätzungen bezieht sich auf die Fähigkeit des Organismus, die Situation zu bewältigen, und ähnelt sehr dem Konzept des secondary appraisal in der Theorie von Lazarus. Dies bedeutet entweder, Wege zu finden, um ungünstige Situationen abzuwehren, oder aber, sich an die Situation anzupassen. Dafür gilt es zunächst, die generelle Kontrollierbarkeit der Situation zu bewerten; dies ist die Aufgabe des Kontrollierbarkeitschecks. Der Machtcheck hingegen gilt der Einschätzung der Ressourcen, die der Organismus zur Bewältigung der Situation zur Verfügung hat. Ressourcen in diesem Zusammenhang schließen nicht nur persönliche Ressourcen, wie Körperkraft, Geld oder Wissen ein, sondern auch das soziale Netz von Freunden und Verwandten oder anderen, die in der Situation helfen könnten. Diese beiden Checks werden in der Literatur nicht immer unterschieden (z. B. Roseman, 1984). Es ist trotzdem wichtig festzuhalten, dass ein prinzipiell kontrollierbares Ereignis nicht notwendigerweise bedeutet, dass ein gegebener Organismus auch in der Lage ist, das Ereignis zu kontrollieren, wie das Beispiel der Begegnung mit einem Bären zeigt. Der letzte Check in dieser Gruppe, der Anpassungscheck, bezieht sich auf die Bewertung der Fähigkeit des Organismus, sich an die Situation anzupassen. Dieser Check ist von besonderer Relevanz, wenn entweder der Kontrollierbarkeitscheck oder der Machtcheck es nahe legen, dass der Situation nicht abgeholfen werden kann.
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5.2.4 Normenkompatibilität Diese letzte Gruppe von SECs bezieht sich auf den sozialen Kontext des Individuums. Während die vorangegangenen Checks im Wesentlichen für alle Organismen, die emotional reagieren können, relevant sind und keine expliziten konzeptuellen Schlussfolgerungen verlangen, benötigt ein Organismus für Normenkompatibilitätschecks hinreichende kognitive Kapazitäten, um eine mentale Repräsentation der relevanten sozialen Normen zu entwickeln. Zwei Aspekte der Normenkompatibilität werden bewertet, die Kompatibilität des Ereignisses mit internen, persönlichen Standards und Normen, und die Kompatibilität mit den externen, sozialen Normen der relevanten Bezugsgruppe.
5.3 Ein Beispiel Diese Prozesse sollen im Folgenden an einem Beispiel verdeutlicht werden. Nehmen wir als Beispiel eine Situation im Kontext eines Computerspiels, vergleichbar mit den experimentellen Situationen, die in mehreren empirischen Tests von Appraisaltheorien zur Manipulation von Reizbewertungen verwendet wurden (vgl. Abschnitt 5.4.2). Nehmen wir also an, dass Sabine ein Computerspiel, Pacman, spielt. Sie weiß, dass sie eine bestimmte Anzahl von Punkten braucht, um einen attraktiven Preis zu gewinnen, dazu muss sie die Pacmanfigur, die regelmäßig von Monstern bedroht wird, so lange wie möglich am Leben erhalten. Sabines Pacman rennt durch das Labyrinth, als wieder einmal scheinbar aus dem Nichts Monster auftauchen. Bevor Sabine auch nur reagieren kann, hört sie einen angenehmen Glockenton, der signalisiert, dass der Pacman ein weiteres Leben verloren hat. Was empfindet Sabine, wenn sie den Signalton hört? Sabines Empfindungen hängen von ihrer Bewertung des Ereignisses ab. Da Sabine auf das Spiel konzentriert war, kommt es zu keiner Veränderung ihrer Aufmerksamkeit. Der Ton, der das Ereignis „Pacman hat ein Leben verloren“ signalisiert, war angenehm (demzufolge ist Ekel als Reaktion auszuschließen). Der Signalton kündigt ein Ereignis an, das für Sabines derzeitige Motivationslage (viele Punkte zu gewinnen) wichtig ist; er ist also zielrelevant. Vergleichen wir Sabine mit Karin. Sie ist nur hier, um Versuchspersonenstunden abzuleisten, und schert sich dabei wenig um die angesammelten Punkte. In diesem Falle wäre das Ereignis wenig oder gar nicht relevant und wir würden nicht erwarten, dass Karin darauf mit einer starken, wenn überhaupt mit einer Empfindung reagiert. Zurück zu Sabine. Sabine bewertet den Verlust des Pacman als ihre eigene Schuld – sie hat nicht schnell genug reagiert. Da der Verlust des Pacman der derzeitigen Motivationslage von Sabine nicht förderlich ist, ist die Zieldienlichkeit des
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Ereignisses gering. Zudem glaubt sie nicht, den Verlust durch besseres Spiel ausgleichen zu können, sie bewertet demzufolge ihre Fähigkeit, das Ereignis zu bewältigen, ebenfalls als gering. Diese Appraisalkonstellation führt zu dem Schluss, dass Sabine traurig oder entmutigt reagiert. Was aber wäre, wenn Sabine das Ereignis anders bewertet? Nehmen wir an, sie findet, dass das Spiel unfair konzipiert ist. Die Monster kommen aus dem Nichts, so dass niemand, unabhängig von der persönlichen Spielfertigkeit, noch schnell genug reagieren könnte. Sabine gibt dem Spiel die Schuld an dem Verlust des Pacman. Sie glaubt auch, dass der Experimentator das Spiel absichtlich so schwer gemacht hat, damit man den Preis kaum gewinnen kann. Sie findet, dass dies die soziale Norm der Fairness verletzt, dass das Verhalten des Experimentators also nicht normenkompatibel ist. Wenn Sabine ihre Fähigkeit, diese Situation zu bewältigen, als hoch einschätzt, etwa weil sie vorhat, sich zu beklagen und so den Preis doch noch zu erhalten oder sich nun besonders anzustrengen, um dem Versuchsleiter zu zeigen, dass solche Manipulationen ihr nichts ausmachen, sollte sie Ärger empfinden. Im Falle, dass sie glaubt, es nütze nichts, sich zu beklagen, oder dass sie ihr Spiel nicht mehr verbessern könne, wäre Verachtung die zu erwartende Empfindung. Das oben angeführte Beispiel zeigt, wie die einzelnen Bewertungskriterien zusammen die Empfindungen einer Person in einer bestimmten Reizsituation bestimmen. Es wird auch klar, wie leicht es dazu kommen kann, dass unterschiedliche Personen die gleiche Situation unterschiedlich einschätzen. Zu welcher Einschätzung es kommt, hängt dabei u. a. von der Persönlichkeit der Person ab, aber auch von ihren Erfahrungen mit ähnlichen Situationen und den Ressourcen, die ihr im Moment zu Verfügung stehen.
5.4 Ähnlichkeiten und Unterschiede zu anderen Appraisaltheorien 5.4.1 Der Appraisalprozess Wie schon erwähnt geht keine Appraisaltheorie davon aus, dass die Appraisalkriterien im Hinblick auf einen bestimmten Reiz nur einmal bewertet werden. Bewertungen werden durchgeführt bis der Organismus auf den Reiz reagiert hat, indem er ihn bewältigt oder sich anpasst. Dabei können vorangegangene Bewertungen auch zum Objekt einer Neubewertung werden (z. B. Ortony et al., 1998). Die Reihenfolge der Bewertungen wird dabei von den meisten Theoretikern als flexibel angenommen. Smith und Lazarus betonen dies auch explizit (z. B. Lazarus & Smith, 1988; Smith & Lazarus, 1990). Im Gegensatz dazu geht
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Scherer (1984, 1987, 2001) davon aus, dass die Sequenz, in der die SECs durchgeführt werden, fest vorgegeben ist. Es gibt eine Reihe von theoretischen Überlegungen, die zumindest eine beliebige Reihenfolge als unwahrscheinlich erscheinen lassen. So unterscheiden sich die verschiedenen Appraisalkriterien wesentlich in den kognitiven Anforderungen, die sie stellen. Robinson (1998) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Bewertung der Positivität bzw. Negativität des Reizes, die dem intrinsischen Angenehmheitscheck zugrunde liegt, höchstwahrscheinlich von einem automatischen, präattentiven Prozess ausgeführt wird. Hingegen verlangt der Zieldienlichkeitscheck ein gewisses Ausmaß an Verarbeitung auf konzeptueller Ebene. Dies impliziert, dass der Zieldienlichkeitscheck im Normalfall nicht vor der Valenzbewertung abgeschlossen werden kann. Siemer und Reisenzein (2007a) weisen allerdings darauf hin, dass oft wiederholte Appraisals einer gegebenen Situation unter Umständen auch ganz entfallen können. In diesem Falle wären dann die Appraisalergebnisse schematisch zusammen mit dem Auslösereiz gespeichert (Reisenzein, 2001). In den letzten Jahren haben sich erste Studien mit dieser Frage beschäftigt, und die Ergebnisse sprechen für eine gewisse Sequenzierung der SECs. Scherer (1999) beschreibt drei Experimente, in denen Versuchpersonen Informationen zu einem emotionsauslösenden Ereignis erhielten, anhand derer sie die dazugehörigen Emotionen in einer Reaktionszeitaufgabe bestimmen sollten. Probanden waren schneller, wenn sie die Information in der von Scherer (1984, 1987, 2001) postulierten Reihenfolge der SECs anstatt in einer Zufallsreihenfolge erhielten. Lanctôt und Hess (2007) prüften die Hypothese, dass der intrinsische Angenehmheitscheck vor dem Zieldienlichkeitscheck abgeschlossen wird. Der Versuchsansatz geht davon aus, dass das emotionale Ausdrucksverhalten Ergebnis spezifischer SECs, nicht aber eines übergeordneten Emotionssystems ist (Scherer, 1992, 2005; Kaiser & Wehrle, 2001; Pope & Smith, 1994; Smith & Kirby, 2001). Beide Checks sollten demnach zu einer Aktivität des m. corrugator supercilii (zieht die Augenbrauen zusammen) im Falle eines negativen Bewertungsergebnisses (unangenehmer oder nicht zieldienlicher Reiz) und des m. zygomaticus major (Lächeln) im Falle eines positiven Bewertungsergebnisses (angenehmer bzw. zieldienlicher Reiz) führen. Der Vergleich des Beginns von Muskelaktivität in Reaktion auf unangenehme Reize, die zieldienliche Ereignisse signalisieren, sowie auf angenehme Reize, die zielbehindernde Reize signalisieren, bestätigte diese Hypothese. Die vom intrinsischen Angenehmheitscheck abhängigen Reaktionen hatten eine kürzere Latenzzeit als die vom Zieldienlichkeitscheck abhängigen Reaktionen. Mittels eines ähnlichen Verfahrens im Rahmen eines Gedächtnistests konnten Aue, Flykt und Scherer (2007) die sequenzielle Abfolge des Zielrelevanz- und des Zieldienlichkeitschecks nahelegen. Grandjean
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und Scherer (2008) konnten mit Hilfe von evozierten Potenzialen weitere Belege dafür vorlegen, dass Neuigkeit und Annehmlichkeit vor Zieldienlichkeit bewertet werden. 5.4.2 SECs und emotionales Ausdrucksverhalten Ausdrucksverhalten ist eine der Emotionskomponenten. Die Frage nach dem kausalen Verhältnis von Ausdrucksverhalten und Gefühlen ist in der Emotionsforschung diskutiert worden, seitdem William James (1884) postuliert hatte, dass Verhalten nicht auf Gefühle folgt, sondern umgekehrt Gefühle das Resultat wahrgenommenen Ausdrucksverhaltens sind. Aus der Sicht der Appraisaltheorien ist Ausdrucksverhalten ein Ergebnis des Emotionsprozesses. Appraisals gehen dem Ausdruck also zeitlich und kausal voraus. Es gibt allerdings subtile Unterschiede zwischen verschiedenen Appraisaltheorien bezüglich der Details des Auslösungsprozesses. So verstehen Frijda und Tcherkassof (1997) Ausdrucksverhalten als Indikator für Aktionsbereitschaften. Die letzteren wiederum sind direkte Konsequenzen des Appraisalprozesses. Aus dieser Sicht stehen Aktionsbereitschaften kausal zwischen Appraisals und Ausdrucksverhalten. In ähnlicher Weise versteht Lazarus das Verhältnis von Appraisal und Core Relational Themes (vgl. unten) auf der einen Seite und von Core Relational Themes und Ausdrucksverhalten auf der anderen Seite. Diese Theoretiker verstehen Ausdrucksverhalten also als eine indirekte Konsequenz des Appraisalprozesses. Im Gegensatz dazu stehen Scherer (1984, 1992, 2005) sowie Smith und Scott (1997). Nach Ansicht dieser Theoretiker gibt es eine direkte kausale Verbindung zwischen bestimmten Appraisals und bestimmten Ausdrücken. Jedes Appraisalresultat führt demnach zu einer bestimmten Ausdrucksreaktion. Der Effekt der Appraisals ist dabei sequenziell kumulativ (Scherer, 1992, 2005). Umgekehrt erlauben emotionale Gesichtsausdrücke auch Rückschluss auf die zugrunde liegenden Appraisals (Scherer & Grandjean, 2008). Kaiser und Wehrle (2001) haben auf der Basis von Überlegungen von Wehrle, Kaiser, Schmidt und Scherer (2000) eine detaillierte Tabelle erstellt, die bestimmte nach dem Facial Action Coding System (FACS, Ekman & Friesen, 1978) beschriebene Ausdruckskomponenten kausal auf bestimmte Appraisalresultate zurückführt. So ist zum Beispiel die Action Unit (AU) 4 (Stirnrunzeln) mit der Wahrnehmung der Blockierung eines Motivationsziels (Zieldienstlichkeitscheck) verbunden, während AU12 (Lächeln) mit intrinsischer Angenehmheit verknüpft ist. Smith und Kollegen (Pope & Smith, 1994; Smith, 1989), aber auch die oben beschriebenen Studien zur Sequenz der Appraisals (Aue et al., 2007; Lanctôt & Hess, 2007), belegen diese Annahmen.
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5.4.3 Sind Appraisals Komponenten, Ursachen oder Konsequenzen von Emotionen? Appraisaltheorien gehen allgemein davon aus, dass der Appraisalprozess kausal für die Emotionsauslösung ist und von den physiologischen, expressiven und behavioralen Änderungen begleitet wird, welche die emotionale Reaktion als solche anzeigen (Arnold, 1960; Lazarus, 1991; Roseman, 1984; Ortony et al., 1998). Kritische Bewertungen von Appraisaltheorien heben darauf ab, dass das Verhältnis von Appraisal und Emotionsauslösung auch anders konzeptualisiert werden kann. So schlägt z. B. Parkinson (1997) vor, dass Emotionen und Stimmungen Appraisals auslösen. So löst nicht etwa das Verschulden eines anderen Ärger aus, vielmehr veranlassen uns Ärgergefühle dazu, einer anderen Person Schuld zuzuweisen (vgl. Parkinson, 1997). Parkinson und Manstead (1992, 1993) gehen dabei davon aus, dass die meisten Belege für Vorhersagen der Appraisaltheorien anhand von Fragebogenverfahren erstellt wurden. Fragebogenverfahren können aber nur zeigen, dass der konzeptuelle Inhalt von bestimmten Emotionen mit dem konzeptuellen Inhalt bestimmter Appraisals überlappt, nicht aber, inwieweit der eine für den anderen kausal ist. Außer Frage steht laut Parkinson (1997), dass die genaue Beschreibung einer emotionalen Situation bestimmte emotionsspezifische Appraisals beinhaltet. In diesem Sinne ist ein Satz wie „Ich ärgere mich über dich, aber ich werfe dir nichts vor“ zunächst erklärungsbedürftig, da Schuldzuweisung ein integraler Aspekt eines Ärgerereignisses ist und Ärger somit in Abwesenheit von Schuld nur unter ungewöhnlichen Rahmenbedingungen auftreten sollte. Ein ähnliches Argument verwenden Sabini und Silver (2005), wenn sie feststellen, dass Appraisals (obwohl kausal für den Emotionsprozess) auch Teil der Beschreibung eines Ereignisses sind. Laut Parkinson (1997) ist genau dies der wichtigste Aspekt von Appraisals. Parkinson (1997) hebt darüber hinaus hervor, dass Emotionen inhärent zwischenmenschlich stattfinden und kommunikativ sind. Nach seiner Sicht stellen Appraisals den Kommunikationsaspekt von Emotionen dar. Aus dieser Sichtweise sind das typische Schuldappraisal (ein Ereignis ist selbstverschuldet) oder das typische Ärgerappraisal (ein Ereignis wurde von einem anderen verschuldet) nicht kausal für die jeweilige Emotion, sondern vielmehr Teil des Austauschs zwischen den Interaktionspartnern. Das heißt, mein Ärger signalisiert meinem Interaktionspartner, dass ich ihm die Schuld an einem Ereignis zuweise, während mein Schulderleben signalisiert, dass ich mir selber die Schuld an dem Ereignis zuweise. Aus dieser Sicht lösen dann Emotionen – in ihrer Eigenschaft als zwischenmenschliche Signale – Appraisals aus. Dieser Infragestellung des kausalen Verhältnisses zwischen Emotion und Appraisal kann mit zwei Argumenten begegnet werden: Zum einen bieten die
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neueren empirischen Studien, die auf experimentalen Ansätzen beruhen, solidere Belege für die kausale Rolle von Appraisals im Emotionsprozess. Aus unserer Sicht wesentlicher ist das Argument, dass Emotionen inhärent kommunikativ sind (vgl. Hess, Kappas & Banse, 1995). Die Appraisaltheorie impliziert schließlich diesen Aspekt (vgl. auch Abschnitt 5.9). Sowohl der Zielrelevanz- als auch der Zieldienlichkeitscheck sind von den jeweiligen sozialen Motiven des Individuums abhängig (vgl. auch Griner & Smith, 2000, im Hinblick auf Zielrelevanz). Auch der Normenkompatibilitätscheck bezieht sich explizit auf das soziale Umfeld des Individuums, da soziale Normen von der spezifischen sozialen Gruppe und dem Verhältnis des Individuums zu der Gruppe abhängen. Damit sind die sozialen Intentionen des Individuums von Appraisaltheorien schon berücksichtigt und müssen nicht als externer Prozess konzeptualisiert werden. Umgekehrt weist Frijda (1986) darauf hin, dass der Emotionsausdruck es ermöglicht, die Beurteilung eines Ereignisses durch den Ausdrückenden nachzuvollziehen. So sagt mir, dass eine Person, die Ärger zeigt, ein Ereignis als extern verschuldet erlebt, oder dass eine Person, die Trauer zeigt, das Ereignis als wenig bewältigbar versteht. Nach diesem Verständnis kommunizieren Emotionsausdrücke Appraisals. Es sollte allerdings relativierend gesagt werden, dass es beim Ausdrucksverhalten darauf ankommt, wer das explizite oder implizite Publikum ist – es macht einen großen Unterschied, ob es sich um Freunde oder Fremde handelt (vgl. Hess et al., 1995). Berkowitz und Harmon-Jones (2004) gehen einen Schritt weiter und postulieren, dass Appraisals zur Emotionsauslösung nicht nötig sind. Ihr Argument bezieht sich im Wesentlichen auf Ärger, hat aber implizite Relevanz für andere Emotionen. Das kognitiv-neoassoziationistische Modell nach Berkowitz (CNA; 1990, 1993, 1999, 2003) postuliert, dass Ärger durch starke Affekte wie z. B. Verdruss oder Unbehagen ausgelöst werden kann, und zwar unabhängig von der Bewertung der emotionsauslösenden Situation durch das Individuum. Berkowitz und Harmon-Jones (2004) nennen als ein Beispiel für die Auslösung von Ärger durch einen Affekt die nicht unübliche Ärgerreaktion auf Schmerz; Appraisaltheorien könnten ihrer Ansicht nach dieses Phänomen nicht erklären (allerdings zeigen Clore & Centerbar, 2004, dass dies möglich ist). Nach Berkowitz handelt es sich dabei um eine rudimentäre Form des Ärgers, welche dann durch die gleichzeitig von der Situation ausgelösten Appraisals moduliert werden kann. So merken Berkowitz and Harmon-Jones (2004) an, dass Ereignisse, „die als willkürliche und ungerechtfertigte Vereitelung eines starken Wunsches beurteilt werden, sehr viel unangenehmer empfunden werden als unbeabsichtigte und relativ unbedeutende Frustrationen“ (S. 151)11. Die Ersteren sollten stärkeren Ärger auslösen als die Letzteren. Laut CNA besteht die Rolle von Ap-
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praisals darin, die initiale, eher rudimentäre emotionale Reaktion zu formen, zu intensivieren oder auch zu unterdrücken. Roseman (2004) merkte dazu an, dass Appraisaltheorien es nicht ausschließen, dass emotionale Ereignisse auf mehr als einer Ebene verarbeitet werden. Im Gegenteil, sowohl Scherer (Scherer, 2001; Leventhal & Scherer, 1987) als auch Smith und Kirby (2000, 2001) haben diesbezüglich explizite Modelle vorgelegt (vgl. Abschnitt 6). Allerdings trifft es zu, dass in der Appraisaltheorie dieser Aspekt nicht weiter ausgeführt wird. Eine klare theoretische Aussage zu der Interaktion zwischen initialen Verarbeitungsprozessen und Prozessen höherer Ordnung zu erarbeiten, ist daher eine der wichtigsten Herausforderungen für Appraisaltheorien (vgl. auch Siemer & Reisenzein, 2007b, zur Kompatibilität von Appraisaltheorien mit Theorien, die Emotionen als situationsgesteuert sehen). Auch Paul Ekman (2007) in seinem Kapitel The Directed Facial Action Task: Emotional Responses Without Appraisal verneint die Notwendigkeit von Appraisals. Nach seiner Sicht lässt sich daraus, dass die bloße willentliche Veränderung des Gesichtsausdrucks zu konkordanten physiologischen und subjektiven Veränderungen führt, schließen das Appraisals nicht wirklich notwendig sind, um emotionale Zustände auszulösen. Sicherlich sind die von William James beeinflussten Körperfeedbacktheorien wieder modern – nicht nur im spezifischen Kontext emotionaler Zustände, sondern im Sinne genereller Verknüpfungen körperlicher Prozesse einerseits und emotionaler, kognitiver und motivationaler Prozesse andererseits (vgl. Semin & Smith, 2008; Thagard & Aubie, 2008). Allerdings hieße es, das Kind mit dem Bad auszuschütten, wenn man solche Befunde (vgl. auch Izard, 1993) dahingehend interpretieren würde, dass Appraisals sekundär oder sogar unbedeutend seien. Dies wäre so, als würde man sagen, ein Auto kann auch ohne Motor fahren, nur weil sich das Auto vorwärts bewegt wenn es angeschoben wird oder wenn es einen Hügel hinunterrollt. Es ist zweifelsohne wichtig zu verstehen, welche Rolle körperliche Prozesse bei der Auslösung und Regulation emotionaler Zustände spielen (vgl. auch Kappas in diesem Band) und zwar im Konzert mit Informationsverarbeitungsprozessen (Kappas, 2008) – aber dennoch gibt es Grund zu der Annahme, dass Appraisals eine primäre Rolle bei der Emotionsauslösung (und -modulation) spielen, wenn man Appraisals eben nicht als bewusste Reflektion versteht, sondern im hier diskutierten ursprünglichen Sinn, der sowohl unbewusste, intuitive Prozesse als auch Denkprozesse umfasst (Kappas, 2006). Die Frage nach dem kausalen Zusammenhang zwischen Emotion und Appraisal muss unterschieden werden von der Frage nach dem möglichen Einfluss von Stimmungen, in denen sich das Individuum vor Eintreten des emotionsauslösenden Ereignisses befand, auf den Appraisalprozess. Dieser Einfluss des momentanen Zustands des Individuums auf seine Bewertung einer emotionsauslösenden
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Situation ist in Appraisaltheorien implizit berücksichtigt insofern, als die gleiche Person zu verschiedenen Zeitpunkten dasselbe Ereignis unterschiedlich bewerten kann, wenn sich die Ressourcen oder das Verständnis der Situation ändern. So kann ich, wenn ich traurig bin, ein Hindernis als unüberwindbar empfinden, ähnlich wie mir eine Treppe, die ich sonst leichtfüßig hinaufeile, als zu beschwerlich vorkommen kann, wenn ich müde bin. Kappas (z. B. 2001) postuliert, dass sich die Schwellenwerte für Appraisals dynamisch in Abhängigkeit von der aktuellen Stimmung des Individuums wie auch in Abhängigkeit von der Erinnerung an frühere Appraisals solcher Situationen ändern. Diese Vorstellung wurde in einer Studie von Keltner, Ellsworth und Edwards (1993) belegt. Die Bewertung einer Situation als unkontrollierbar ist zentral für Trauer, während Ärger eine Bewertung der Situation als veränderbar voraussetzt. Demzufolge sollte eine ärgerliche Person dazu neigen, eine Situation als veränderbar einzuschätzen, während eine traurige Person Situationen eher als unveränderlich interpretieren sollte. In fünf Experimenten konnte dies gezeigt werden. Diese Ergebnisse wurden von Siemer (2001) repliziert (die verwendete Methode der Stimmungsinduktion könnte allerdings auch als emotionsauslösend verstanden werden). Zusammen lassen diese Studien den Schluss zu, dass Stimmungen Appraisalprozesse beeinflussen. Laut Siemer könnte dies der Mechanismus dafür sein, dass Emotionen manchmal eskalieren und im Nachhinein als übertrieben oder sogar irrational erscheinen. 5.4.4 Wie viele Emotionen gibt es? Appraisaltheorien unterscheiden sich im Hinblick darauf, ob Appraisals als kontinuierlich variierend oder als kategorial aufzufassen sind. So postuliert z. B. Roseman (1984), dass Appraisals in eine feste Anzahl von Kategorien fallen, während Scherer (1984, 1987, 2001) fast alle Appraisals als kontinuierlich variierend versteht. Folglich beschreibt Roseman (2001) 17 unterschiedliche Emotionen, während Scherers Theorie buchstäblich tausende von emotionalen Zuständen unterscheiden kann. Jedoch geht Scherer davon aus, dass es bestimmte Umweltherausforderungen gibt, denen die meisten Organismen häufig ausgesetzt sind. So nehmen die Umweltherausforderungen, die zu Flucht oder Kampfverhalten führen, oft sehr ähnliche Formen an und führen zu ähnlichen Appraisalprofilen. Folglich sind auch die Zustände, die wir im Allgemeinen als Furcht oder Ärger bezeichnen, kultur- und speziesübergreifend im Ausdrucksverhalten und (vermutlich) Erleben ähnlich. Genauer geht Scherer (1987) davon aus, dass die Häufigkeitsverteilung von Appraisalprofilen eine begrenzte Anzahl von Maxima hat. Diese Maxima der Häufigkeitsverteilung beschreiben diejenigen Appraisalprofile, welche in einem gegebenen kulturellen Umfeld häufiger vorkommen und typischerweise explizit benannt sind. Scherer definiert diese Maxima
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als prototypische Emotionen (modal emotions im Original) innerhalb einer Familie von verwandten Zuständen, die die gleiche Bezeichnung tragen. So gibt es zum Beispiel in der Familie der Ärgerzustände eine Reihe von möglichen Emotionen, wie z. B. Irritation, Wut, Zorn etc. Diese Zustände teilen ein Appraisalprofil, unterscheiden sich aber für eines oder mehrere Appraisals in ihrer Position auf dem Bewertungskontinuum. Im Gegensatz zu Scherer, der einen eher statistischen Ansatz zur Organisation der enormen Anzahl möglicher Appraisalprofile vertritt, postuliert Lazarus (1991) die Existenz einer zweiten Analyseebene. Laut Lazarus können Appraisalprofile holistisch als Gestalt organisiert werden. Er nennt diese Core Relational Themes (die Grundthemen, die den Bezug zu den Interessen und Bedürfnissen des Individuums widerspiegeln). Man kann sagen, dass ein Core Relational Theme beschreibt, worum es in einer Emotion geht. So ist das Core Relational Theme von Trauer ein unwiederbringlicher Verlust, von Ärger ist es ein Vergehen gegen mich oder die Meinen. Es ist dabei wichtig zu verstehen, dass Core Relational Themes nicht einfach Appraisalprofile sind, sondern vielmehr eine Art Zusammenfassung auf einer höheren Abstraktionsebene. In diesem Sinne ist es möglich, dass Core Relational Themes, obwohl in gewisser Weise auf Appraisalprofilen beruhend, in bestimmten Situationen langsamere Bewertungen „überholen“ und zu einer quasi unmittelbaren Auslösung einer Emotion führen können (nicht unähnlich dem Konzept der schematischen Appraisals, Reisenzein, 2001). Aus dieser Sicht beschreiben die umgangssprachlichen Emotionsbegriffe Prototypen und nicht einen einheitlichen Prozess, welcher z. B. neurologisch bestimmt werden kann.
5.5 Soziale Normen, Appraisals und emotionaler Gesichtsausdruck Ein weiterer wichtiger Aspekt, der bisher nur indirekt angesprochen worden ist, betrifft den Einfluss des sozialen Kontexts auf den Emotionsprozess. Wie schon von Parkinson (1997) betont wurde, sind Emotionen inhärent zwischenmenschlich. Fridlund (1991) geht sogar so weit festzustellen, dass wir nie wirklich außerhalb eines sozialen Kontextes stehen, da wir selbst dann, wenn wir alleine sind, implizit auf die für uns relevanten Referenzgruppen Bezug nehmen. Soziale Kontexte jeder Art sind aber dominiert von sozialen Regeln und Normen, welche auch und gerade die emotionalen Reaktionen der Interaktionspartner betreffen. So beschreiben Ausdrucksnormen (Ekman & Friesen, 1971) Regeln für die in einem bestimmten kulturellen oder sozialen Kontext angemessenen und unangemessenen Emotionsausdrücke. Fridlund (1991) führte aus, dass das von Ekman und Friesen (1971) vorgestellte Modell der Ausdrucksregeln implizit ein Zwei-Stufenmodell annimmt, in dem
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zunächst ein Prozess das Ausdrucksverhalten auslöst und dann ein zweiter Prozess dieses im Hinblick auf die relevanten sozialen Regeln modifiziert. Laut Kappas (1996, 2003) erfordert ein solches Filtermodell des Emotionsausdrucks eine Antwort auf die Frage, wann und wie der Emotionsauslösungsprozess und damit der Ausdrucksauslösungsprozess durch soziale Normen unterbrochen werden kann (vgl. auch Kappas in diesem Band). Unserer Meinung nach bietet die Appraisaltheorie einen Rahmen für die Beantwortung dieser Frage. Tatsächlich beinhalten Appraisaltheorien im Allgemeinen einen expliziten Bezug auf soziale Normen und zwar im Rahmen von Appraisals zur Moral- und Normenkompatibilität eines Verhaltens. Dies ist allerdings nicht die Art von Normen, die wir in diesem Zusammenhang meinen. Die sozialen Normen, die das Ausdrucksverhalten betreffen, können explizit verbalisierbar sein, wie z. B. die bekannte Norm zu lächeln, wenn man ein Geschenk erhält. Im Allgemeinen sind sie aber eher implizit, subtil und nur schwer verbalisierbar. Beobachter haben etwa das Gefühl, dass ein Verhalten „irgendwie“ unangebracht ist; am ehesten noch wird das Verhalten als unhöflich bezeichnet, ohne dass jedoch genau darauf hingewiesen werden könnte, was denn nun unhöflich war. Dies ist der Fall, wenn z. B. jemand zu laut lacht, sich nicht hinreichend betroffen zeigt, wenn er von dem Missgeschick eines anderen erfährt, oder sich in anderer Weise emotional „daneben benimmt“. In Anbetracht der vagen Natur dieser Regeln scheint ein Filtermodell impraktikabel zu sein. Auch ist es nicht klar, wie ein solches Modell rasch genug in den Ausdrucksprozess eingreifen kann, ohne dass der ursprüngliche Ausdruck durchscheint. Wir schlagen vor, dass soziale Normen nicht als Filter wirken, sondern vielmehr direkt Teil des Appraisalprozesses sind. Genauer gesagt gehen wir davon aus, dass Individuen soziale Normen und Regeln, die sie gutheißen, in ihr Ideales Selbst integrieren. Diese Normen und Regeln werden dadurch motivationsrelevant und damit in den Emotionsauslöseprozess integriert, wodurch die Annahme eines Filters überflüssig wird. Dies wird an einem Beispiel deutlich. Nehmen wir an, ich verstehe mich als eine mitfühlende Person. Dann sollten die Missgeschicke anderer auch für meine Motivationslage inkongruent sein. Wenn mir also mein Nachbar erzählt, dass seine Katze überfahren wurde, sollte dies von mir ebenfalls als nicht zieldienlich und unbewältigbar bewertet werden. Demzufolge sollte ich Trauer empfinden und zeigen – und damit auch gleichzeitig mein Mitgefühl signalisieren. Natürlich ist es nicht so, dass alle sozialen Regeln auf der Ebene des Idealen Selbsts integriert werden. Manche Regeln erscheinen – trotz ihrer Prävalenz – eher scheinheilig, wie zum Beispiel die Regel zu lächeln, wenn man ein Geschenk
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bekommt, einerlei wie enttäuschend oder gar unangebracht das Geschenk ist. In solchen Fällen scheint das Filtermodell den stattfindenden Prozess adäquat zu beschreiben.
6 Empirische Belege 6.1 Fragebogenstudien Die bekannten klassischen Studien zur Überprüfung der Vorhersagen von Appraisaltheorien verwendeten zumeist Fragebogen, in denen Probanden gebeten wurden, sich an eine emotionsauslösende Situation zu erinnern und ihre Bewertungen dieser Situation anhand von vorgegebenen Appraisalkategorien zu beschreiben. Mit dieser Methodik konnten Ellsworth und Smith zeigen, dass sich eine Reihe von angenehmen (1988a) wie auch unangenehmen (1988b) Emotionszuständen anhand distinkter Appraisalprofile voneinander unterscheiden lassen (vgl. auch Smith & Ellsworth, 1985, 1987). Im gleichen Sinne fanden Frijda, Kuipers und ter Schure (1989) signifikante Zusammenhänge zwischen bestimmten Formen der Aktionsbereitschaft und bestimmten Appraisalprofilen. Weitere Studien zeigten, dass sich erinnerte emotionale Situationen anhand von Appraisals differenzieren lassen (z. B. Gehm & Scherer, 1988; Fitness & Fletcher, 1993; Scherer, 1993; Smith, Haynes, Lazarus & Pope, 1993). So konnten z. B. Van Dijk und Zeelenberg (2002) Bedauern und Enttäuschung mit Hilfe der von den Probanden beschriebenen Appraisals differenzieren. Auch die Umkehrung der Aufgabe ist möglich, d. h. Probanden können anhand der Beschreibung eines Appraisalprofils auf die zugrunde liegende Emotion zurückschließen (z. B. Borg, Staufenbiel & Scherer, 1988; Reisenzein & Hofmann, 1993; Reisenzein & Spielhofer, 1994; Roseman, 1984). In gleicher Weise berichten Probanden, die sich auf der Basis einer kurzen Beschreibung eine bestimmte emotionsauslösende Situation vorstellen, Emotionen zu erleben, die dem in der Beschreibung suggerierten Appraisalprofil entsprechen (z. B. Smith & Lazarus, 1993; Roseman, 1991). Der Zusammenhang zwischen Appraisal und Emotion konnte auch kulturübergreifend bestätigt werden. So fanden Mauro, Sato und Tucker (1992) erhebliche Übereinstimmungen zwischen subjektivem Empfinden und bestimmten Appraisalprofilen in den USA, Japan, Hongkong und der Volksrepublik China. Auch Scherer (1997) fand eine beachtliche Übereinstimmung zwischen Appraisalprofilen und erinnerten Emotionen in einer 37 Länder einschließenden Studie. Alles in allem erbrachten diese Fragebogenstudien übereinstimmende Belege zur Validität der Appraisaltheorien. Diese Studien wurden aber auch stark kri-
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tisiert (vgl. Abschnitt 5.4.3). Der Hauptkritikpunkt liegt darin, dass sie entweder auf erinnerten Gedächtnisinhalten oder aber der Rekonstruktion hypothetischer Situationen beruhen. Das Untersuchungsobjekt sei bloß eine Repräsentation der Emotion und nicht die erlebte Emotion selbst. Daher informierten diese Studien eher über die naiven Emotionstheorien der Probanden als über den eigentlichen Emotionsprozess (vgl. Parkinson & Manstead, 1992, 1993). Dieser Sicht widersprechen allerdings Robinson und Clore (2001), die „Online“-Appraisals, welche von Probanden sofort nach der Präsentation eines Emotionsauslösers berichtet wurden, mit den Appraisals verglichen, die eine andere Gruppe von Probanden anhand der bloßen Beschreibung des Emotionsauslösers produzierte. Aus der hohen Übereinstimmung zwischen beiden Appraisalprofilen schlossen Robinson und Clore (2001), dass die Fragebogenmethode nicht zu Verzerrungen des Appraisalprofils führt und valide eingesetzt werden kann. Doch es gibt noch weitere Kritikpunkte. Selbst wenn wir annehmen können, dass die Fragebogenmethode nicht zu Verzerrungen führt, so kann sie doch nur testen, inwieweit Appraisals mit Emotionen korrelieren – ein kausaler Zusammenhang kann nicht belegt werden (Parkinson & Manstead, 1993). Zudem verlangt die Logik der Fragebogenmethode, dass Appraisals in einer Weise enkodiert werden, die eine nachträgliche Verbalisierung durch die Probanden ermöglicht. Jedoch kann es sein, dass Emotionen durch Prozesse ausgelöst werden, die nicht verbalisierbar sind (vgl. Berkowitz, 1993; Parkinson, 1999; vgl. auch Abschnitt 5.4.3). Neuere experimentelle Ansätze zur Überprüfung der Vorhersagen von Appraisaltheorien (vgl. unten) sowie auch neuere theoretische Ausarbeitungen, die präattentive und unbewusste Appraisalprozesse explizit berücksichtigen (Scherer, 2001; Smith & Kirby, 2000, 2001), tragen dieser Kritik Rechnung.
6.2 Experimentelle Versuchsansätze Die experimentellen Versuchsansätze zur Überprüfung der Vorhersagen der Appraisaltheorie gestalten Situationen, in denen die meisten Versuchspersonen zu einer bestimmten Bewertung kommen, und messen die resultierende emotionale Reaktion. Roseman und Evdokas (2004) manipulierten so die Bewertung des Motivationszustandes (ob es darum geht, mehr von etwas Angenehmem oder weniger von etwas Unangenehmem zu erhalten) und die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses (ob es sicher oder unsicher ist, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt). Diese Appraisals sollen nach der Theorie von Roseman (1984, 2001) Freude, Erleichterung und Hoffnung voneinander unterscheiden. Entsprechend der theoretischen Vorhersage empfanden Probanden in der sicheren angenehmen Bedingung Freude (allerdings nicht mehr als Probanden in der
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unsicheren angenehmen Bedingung). Probanden, denen gesagt wurde, dass sie mit Sicherheit nicht in die unangenehme Bedingung eingeteilt würden, empfanden Erleichterung, und Probanden, die annahmen, dass sie wahrscheinlich der angenehmen Bedingung zugeteilt würden, Hoffnung (jedoch nicht diejenigen, die erwarten konnten, der unangenehmen Situation wahrscheinlich entgehen zu können). Insgesamt bestätigen diese Ergebnisse die Vorhersagen von Rosemans Appraisaltheorie. Roseman und Evdokas’ (2004) Ergebnisse beruhten auf Selbstaussagen, aber andere Studien haben Appraisalprozesse auch mittels Reaktionszeiten und physiologischer Maße untersucht. Sowohl van Reekum et al. (2004) als auch Kappas und Kollegen (z. B. Kappas & Pecchinenda, 1999; Kappas, Pecchinenda & Bherer, 1999) verwendeten Computerspiele, um Vorhersagen von Scherers Appraisaltheorie (1984, 1987, 2001) zu überprüfen. Van Reekum et al. (2004) manipulierten dabei den Angenehmheitscheck (durch Verwenden eines angenehmen versus unangenehmen Tones) und den Zieldienstlichkeitscheck (Verlust des Spiels oder Aufstieg zum nächsten Level). Dabei konnten die theoretischen Vorhersagen weitgehend bestätigt werden und zwar nicht nur in Bezug auf Selbstaussagen, sondern auch im Hinblick auf die physiologischen Reaktionen der Probanden. In einer Studie von Kappas (zitiert in Kappas, 2001) wurde die Richtung der Joystickbewegung während eines Pacmanspiels kurz verändert. Erwartungsgemäß zeigten die Probanden eine stärkere Aktivierung des m. corrugator supercilii entsprechend der Vorhersage, dass Zielobstruktion zum Herabziehen der Augenbrauen führt. Interessanterweise gaben die Probanden im Selbstbericht nicht an, den Richtungswechsel des Joysticks bemerkt zu haben. In einer weiteren Studie mit Hilfe eines sprachgesteuerten Pacmanspiels konnten Kappas et al. (1999) eine Reihe von Scherers (1984) Vorhersagen zu den von bestimmten Appraisals ausgelösten Änderungen von stimmlichen Merkmalen bestätigen. So zeigte sich zum Beispiel eine Abnahme von schnellen Frequenzänderungen (Jitter), wenn die Probanden mehr Kontrolle über die Spielsituation (Bewältigungspotenzial) hatten. In einer weiteren Studie, die Vorhersagen der Appraisaltheorie im Hinblick auf physiologische Reaktionen überprüfte, fanden Pecchinenda und Smith (1996) die erwartete Korrelation zwischen Hautleitfähigkeitsreaktionen und der Bewertung des Bewältigungspotenzials bezüglich der Situation. Eine Reihe weiterer Studien basiert auf der Messung des Ausdrucksverhaltens als Nachweis für bestimmte Appraisals. Wie schon besprochen, gehen einige Appraisaltheorien davon aus, dass das Ausdrucksverhalten ein direktes Ergebnis spezifischer SECs ist (Scherer, 1992, 2005; Kaiser & Wehrle, 2001; Pope & Smith, 1994; Smith & Kirby, 2001). So fanden zum Beispiel Pope und Smith (1994), dass Versuchpersonen, die sich bestimmte Situationen vorstellen sollten, erhöhte m. corrugator supercilii Aktivität zeigten, wenn diese Situationen motivationsinkongruent waren oder eine Zielobstruktion beinhalteten. M. zygoma-
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ticus major-Aktivität (Lächeln) wurde hingegen gezeigt, wenn die vorgestellten Situationen angenehm waren. Bonanno und Keltner (2004) konnten wiederum die Vorhersage von Lazarus (1991) bestätigen, dass Verlust- und Ungerechtigkeitsthemen zum Ausdruck von Trauer führen. Die Ergebnisse dieser Studie in Hinblick auf Lächeln und Lachen waren allerdings recht komplex, was vermutlich auf die vielschichtigere Verwendung dieser Ausdrucksmerkmale in der sozialen Interaktion zurückzuführen ist. Obwohl experimentelle Studien (im Gegensatz zu Fragebogenstudien) immer nur wenige Appraisals auf einmal variieren können und die oben beschriebenen Studien recht unterschiedliche Methoden verwendeten, lässt sich doch zusammenfassend sagen, dass diese Studien im Großen und Ganzen die Vorhersagen der Appraisaltheorie überzeugend bestätigen. Einschränkend muss allerdings gesagt werden, dass diese Experimente zum Teil sehr komplexe Manipulationen verwenden sowie weit reichende Annahmen zum Zusammenhang zwischen beobachteten Werten und zugrunde liegenden Appraisals machen, und sicherlich repliziert und mittels anderer experimenteller Paradigmen validiert werden sollten.
7 Mehrprozesstheorien Die bisherige Beschreibung der Appraisaltheorie konzentrierte sich im Wesentlichen auf die strukturellen Aspekte dieser Theorie, d. h. auf die Inhalte der Appraisals. Diese Beschreibungsebene berücksichtigt allerdings nicht die den Appraisals zugrunde liegenden kognitiven Prozesse; dieser explikative Mangel wurde kritisiert. Kritische Stellungnahmen zur Appraisaltheorie (z. B. Berkowitz, 1993; Zajonc, 1980) gingen davon aus, dass Appraisals auf bewussten, reflektierten Informationsverarbeitungsprozessen beruhen, die generell verbalisierbar sind. Diese irrtümliche Annahme wurde auch durch die von Appraisaltheoretikern oft gemachte Verwendung des Begriffs „kognitive Bewertung“ gefördert (vgl. auch Kappas, 2006). Dabei hatte, wie bereits mehrmals erwähnt, schon Arnold (1960) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Appraisals „nicht das Ergebnis eines Besinnungsvorgangs sind … [die Appraisals] sind direkt und unbewusst“ (S. 172)12. In jüngerer Zeit wurden mehrere Prozessmodelle der Appraisaltheorie entwickelt (Leventhal & Scherer, 1987; Scherer, 2001, 2005; Robinson, 1998; Smith & Kirby, 2001), die diesem Mangel abhelfen wollen. Die hier genannten Modelle haben gemeinsam, dass sie mindestens zwei Verarbeitungsebenen beschreiben (vgl. auch Chaiken & Trope, 1999), für die sie verschiedene Bezeichnungen verwenden (unbewusst, automatisch, implizit, präattentiv versus bewusst, reflektiert, explizit). Trotz gewisser Unterschiede in
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den verwendeten Begriffen ist es möglich, eine übergreifende Zusammenfassung dieser Theorien zu geben.13 Die präattentive Ebene besteht aus im Gedächtnis gespeicherten Inhalten, die rasch aktiviert werden können (Smith & Kirby, 2001). Die Auslöser, die appraisalrelevante Gedächtnisinhalte aktivieren, können konkrete Reize (Bilder, Töne), aber auch abstrakte Konzepte sein. Die präattentive Ebene spielt eine dominante Rolle für den Emotionsauslösungsprozess. Trotzdem handelt es sich zumeist nicht um die Endstufe des Informationsverarbeitungsprozesses, es folgt vielmehr ein kontrollierter Prozess, welcher aufwendigere Beurteilungen und Inferenzen nach sich zieht (wobei Leventhal & Scherer, 1987, davon ausgehen, dass im Allgemeinen immer alle Ebenen parallel am Emotionsauslösungsprozess beteiligt sind). Laut Robinson (1998) geht die präattentive Valenzbewertung dem primären und sekundären Appraisal voraus und löst diese aus. Robinson geht dabei von einem Dringlichkeitsmodul aus. Dieses Appraisal spezialisiert sich auf die Erkennung von hochgradig motivationsrelevanten Situationen, welche motivationsinkongruent, aber für den Organismus bewältigbar sind und in denen rasch eine Handlung eingeleitet werden muss. In diesen Fällen können laut Robinson die physiologische Aktivierung sowie das emotionale Verhalten bei Furchtzuständen (und zwar nur für solche) unmittelbar und ohne weiteren kognitiven Input ausgelöst werden. Belege für die unbewusste Verarbeitung von furchtrelevanten Reizen haben Öhman und Soares (1993, 1994, 1998) vorgelegt. Die neurologische Basis für einen solchen Prozess könnte die von LeDoux (1996) beschriebene direkte neuronale Verbindung vom Thalamus zur Amygdala sein. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die präattentive Ebene eine wesentliche Rolle im initialen Appraisalprozess spielt. Im Gegensatz dazu ist die Präzisierung der Stimulusbewertung Aufgabe von bewussten (oder doch zumindest dem Bewusstsein zugänglichen), reflektierten Prozessen, eine Auffassung, die schon Arnold (1960) vertrat. Diese zweite Ebene kann erhebliche kognitive Ressourcen in den Emotionsauslösungsprozess einbringen, allerdings auf Kosten langsamerer Verarbeitungszeiten. Der letztere Punkt führt allerdings zu der Frage, wie die beiden Ebenen miteinander interagieren. Smith und Kirby (2001) weisen darauf hin, dass die Schwelle für die Auslösung von Gefühlen durch Appraisalinformation unterhalb der Schwelle der Bewusstwerdung des Appraisalinhalts 13 Allerdings weist Scherer (2005) darauf hin, dass einige dieser Begriffe bestimmte theoretische Voraussetzungen implizieren, die auf unterschiedliche zugrunde liegende Prozesse schließen lassen könnten. Eine vollständige mehrstufige Appraisaltheorie sollte diese Zentralbegriffe als Ankerpunkte eines multidimensionalen Kontinuums auffassen. Diese theoretische Arbeit ist allerdings noch zu leisten.
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liegt. Was passiert also, wenn die beiden Prozesse nicht zu dem gleichen Ergebnis kommen? Eine Möglichkeit ist, dass solch ein divergenter Ausgang zu unangemessenen oder „unsinnigen“ Emotionen führt. Aus dieser Sicht könnte Parkinsons (1999) Kritik, dass die Existenz solcher Emotionen (wie zum Beispiel heftiger Ärger, wenn man trotz größter Müdigkeit aufstehen muss) als im Widerspruch zu den Annahmen der Appraisaltheorie zu sehen ist, abgelehnt werden. Sicherlich stellt die Frage, wie die Ergebnisse von präattentiven und bewussten Appraisalprozessen verarbeitet werden, eine bedeutende Herausforderung für die Entwicklung der Appraisaltheorie dar. Es ist wahrscheinlich, dass neuere Ergebnisse der sozialen Neurowissenschaften dafür von Bedeutung sein werden.
8 Persönlichkeit Smith (2004) fordert eine Weiterentwicklung von Appraisalthorien, die sich mit dem relationalen Charakter des Appraisalprozesses befassen. Ein Grundgedanke der Appraisaltheorie ist es ja, dass die gleiche objektive Situation, wie z. B. die Begegnung mit einem Bären, von verschiedenen Personen unterschiedlich bewertet wird und demzufolge bei ihnen ungleiche Emotionen auslöst. Es wird dabei angenommen, dass Unterschiede in der Persönlichkeit zu Unterschieden in Bewertungen führen. So sollte z. B. eine sozial ängstliche Person ihr Bewältigungspotenzial für soziale Situationen als gering einschätzen. Allerdings elaborieren derzeitige Appraisaltheorien diesen Prozess nicht weiter. Im Gegenteil, empirische Untersuchungen der Appraisaltheorie beschränken sich auf emotionsauslösende Situationen, in denen es gerade nicht zu divergenten Bewertungen kommt. Damit allerdings Appraisaltheorien auch Vorhersagen über komplexere soziale Situationen machen können, müsste der relationale Charakter von Appraisalprozessen theoretisch gründlicher erarbeitet werden (Smith, 2004). Man sollte dabei anmerken, dass diese Idee sich auch in dem Titel von Arnolds Büchern Emotion and Personality (Arnold, 1960) widerspiegelt. Diese Ausarbeitung stellt eine weitere Herausforderung für Appraisaltheorien dar.
9 Kulturelle Ähnlichkeiten und Unterschiede Die Diskussion darüber, ob Emotionen als universell und kulturübergreifend oder als kulturspezifisch zu verstehen sind, hat eine lange Tradition, die zumindest bis auf Darwin (1872/1965) zurückverfolgt werden kann. Zwei miteinander verflochtene Fragen haben dabei oft heftige Diskussionen ausgelöst. Zum einen die Frage, ob es universelle emotionale Gesichtsausdrücke gibt (vgl. auch Kappas in diesem Band), und zum anderen die Frage, ob die Begriffe, die von Forschern und Laien zur Bezeichnung von emotionalen Zuständen verwendet
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werden, kulturübergreifend den gleichen Zustand beschreiben. Was die zweite Frage angeht, so gehen Forscher in der postmodernen Tradition (z. B. Wierzbicka, 1992, 2003; Armon-Jones, 1985) davon aus, dass verschiedene Kulturen unterschiedliche Emotionen hervorbringen. Dabei werden Emotionen nicht als natürliche Zustände, sondern als gelernte Konstrukte verstanden, die auf sozialen Vorstellungen beruhen und daher eo ipso kulturspezifisch sind. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass aus dieser Sicht Emotionen sprachgebunden und vom Sprachgebrauch geformt sind. Diese Sicht ist nicht zu verwechseln mit dem Konzept der kulturellen Ausdrucksregeln (Ekman & Friesen, 1971). Diese beschreiben vielmehr, welche emotionalen Ausdrücke in einer gegebenen Kultur als angemessen oder unangemessen verstanden werden, die zugrunde liegenden Emotionen werden aber als biologische Zustände begriffen. Ein wichtiges Argument zur Kulturspezifität von Emotion ist aus postmoderner Sicht, dass unterschiedliche Sprachen unterschiedliche Emotionslexika haben (so gibt es z. B. nur in der deutschen Sprache ein Wort für „Schadenfreude“). Laut Wierzbicka (1992) „gibt es gute Gründe anzunehmen, dass Unterschiede in der ‚Emotionssprache‘ mit Unterschieden in den Emotionen selber verbunden sind“ (S. 124)14, wobei sie allerdings nicht völlig ausschließt, dass der bezeichnete Zustand verstanden und auch erlebt werden kann, selbst wenn ein entsprechendes Wort in der Sprache fehlt. In Reaktion auf diese theoretische Position wurde angemerkt, dass Worttaxonomien Erleben nur unvollkommen widerspiegeln (Mesquita & Frijda, 1992; Johnson-Laird & Oatley, 2000). Tatsächlich ist es üblicherweise der Fall, dass Emotionszustände beschrieben und erkannt werden können, auch wenn es keine direkte Übersetzung gibt (Oatley, 1991). So wäre zum Beispiel das Genre der Hollywood-Slapstickkomödie nicht denkbar, wenn die Emotion der Schadenfreude auf deutschsprachige Individuen beschränkt wäre. Zum derzeitigen Zeitpunkt steht ein Konsensus über die Frage, ob es emotionale Zustände gibt, die auf bestimmte Kulturen beschränkt sind, weiterhin aus. Dies liegt u. a. daran, dass es kein klares Kriterium zur Definition von Emotionszuständen gibt, das es erlauben würde, semantische und fundamentale Unterschiede zwischen zwei Zuständen zu differenzieren (vgl. aber Johnson-Laird & Oatley, 1989). Die Appraisaltheorie begegnet diesem Problem, indem Appraisals als Vergleichseinheit angenommen werden: Zwei Zustände sind als gleiche Emotion aufzufassen, wenn sie unabhängig von der jeweiligen sprachlichen Benennung gleiche Appraisalprofile haben. In Bezug auf emotionale Gesichtsausdrücke vertrat Darwin (1872/1965) klar die Universalitätsannahme. Nicht lange danach schwang das Pendel der wis-
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senschaftlichen Meinung allerdings um, nachdem eine Reihe von Studien keine Belege für die generelle Wiedererkennung von Emotionsausdrücken fand (z. B. Landis, 1924). In ihrem Übersichtskapitel im Handbuch der Sozialpsychologie betonten dann auch Bruner und Tagiuri (1954) die „kulturelle Stilisierung des Emotionsausdrucks“, womit sie das kulturelle Lernen des angemessenen Ausdrucks einer Emotion in ihrem kulturellen Umfeld meinten (unter Berufung auf LaBarre, 1947, der eine Sichtweise vertrat, die den heutigen Begriff der emotionalen Ausdrucksregeln vorwegnimmt), und kamen zu dem Schluss, dass „man sich nach dem Sinn von Studien zu ‚emotionalen Gesichtsausdrücken‘ in Isolation fragt“ (S. 638)15. Diese Sicht blieb vorherrschend bis ungefähr 1972, als Ekman, Friesen und Ellsworth (1972) ein Buch veröffentlichten mit dem expliziten Ziel, überzeugende Beweise für die Universalität emotionaler Gesichtsausdrücke vorzulegen. Obwohl die Universalitätsannahme auch weiterhin kritisiert wurde (Russell, 1991, 1994, 1995; Fridlund, 1994), war sie doch für die folgenden 25 Jahre vorherrschend. In jüngerer Zeit wurde eine diplomatischere Mittelposition eingenommen, nach der emotionale Gesichtsausdrücke weder ganz universell, noch ausschließlich kulturell gelernt sind. Vielmehr wird unter Verweis auf die Metapher des linguistischen Dialekts der Emotionsausdruck als eine universelle Sprache mit kulturellen Dialekten verstanden (Elfenbein & Ambady, 2002a, b; Elfenbein, Beaupré, Levesque & Hess, 2007). Diese Sicht spiegelt eine generelle Tendenz in der Emotionsforschung wider, sich von den Extremansichten des Universalismus auf der einen Seite und des sozialen Konstruktivismus auf der anderen Seite zu lösen (vgl. auch Ellsworth, 1994b; Mesquita & Frijda, 1992). Dabei sind allerdings diese beiden oft heiß diskutierten Fragen unabhängig von der Fragestellung, ob Appraisalprozesse universell sind. Tatsächlich stellt die Appraisaltheorie einen Ansatz zur Erklärung von oberflächlichen kulturellen Unterschieden auf der Basis eines einheitlichen Emotionsprozesses dar. Denn Appraisaltheorien postulieren, dass zwei Individuen aus unterschiedlichen Kulturen die gleiche Emotion erleben, wenn sie eine Situation gleich bewerten; wenn dies nicht der Fall ist, erleben sie auch unterschiedliche Emotionen. Der zugrunde liegende Bewertungsprozess soll kulturübergreifend allerdings der gleiche sein. Insofern als Appraisals Ausdrucksverhalten bestimmen, können subtile Unterschiede in Appraisalprofilen zu subtilen Ausdrucksunterschieden im Sinne der kulturellen Ausdrucksdialekte (Elfenbein & Ambady, 2002a) führen. Somit könnten sich die innerhalb zweier Kulturen als prototypisch empfundenen emotionalen Gesichtsausdrücke subtil unterscheiden (wie es zum Beispiel
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von Elfenbein, Beaupré, Levesque & Hess, 2007, für Gabun und Quebec gezeigt wurde), weil die jeweilige Modalemotion (Scherer, 1987) subtil anders bewertet wurde, die Appraisalprofile aber doch soweit ähnlich sind, dass die resultierenden Gesichtsausdrücke nicht unterschiedlichen Emotionsfamilien zuzuordnen wären. Des Weiteren steht es mit den Vorhersagen der Appraisaltheorie in Einklang, dass die Häufigkeit und Benennung von Emotionen kulturelle Variationen zeigt. Wenn man davon ausgeht, dass bestimmte Ereignisse in verschiedenen Kulturen eine unterschiedliche Bedeutung annehmen, dann müssen wir auch davon ausgehen, dass sich unterschiedliche Appraisalprofile als explizit benannte Modalemotionen herausbilden. So weist z. B. Scherer (1997) darauf hin, dass afrikanische Probanden geneigt sind, Ereignisse als unmoralisch, unfair und extern verursacht zu bewerten, die von europäischen Probanden anders bewertet werden. Laut Scherer kann dies auf den dort gemeinhin verbreiteten Hexenglauben zurückgeführt werden, der dazu führt, dass Ereignisse wie Krankheit und Tod eher menschlichen Verursachern als dem „Schicksal“ zugeschrieben werden. Da die Zuschreibung des Ereignisses auf eine Person das Ereignis selbst zumindest prinzipiell kontrollierbar macht, sollte Ärger anstelle von Trauer resultieren. Außerdem können Emotionen kulturell unterschiedlich erscheinen, weil sich die angetroffenen modalen Ereignisse inhaltlich unterscheiden. Denn da Kulturen ungleiche Wertesysteme haben, werden unterschiedliche Situationen als relevant und potenziell motivationsinkongruent wahrgenommen. So sind laut Friijda und Mesquita (1994) in sogenannten Ehrenkulturen Ereignisse, die die persönliche Ehre betreffen, besonders relevant und können nicht unbemerkt (und unbewertet) bleiben. Solche Fokalereignisse, die in einer Ehrenkultur insbesondere Emotionen wie Scham oder Verachtung auslösen, erhöhen somit den relativen Anteil dieser Emotionen und machen sie zu markanten Modalemotionen. Ein ähnliches Phänomen beschreiben Mesquita und Ellsworth (2001) für Kulturen, in denen die Autonomie des Individuums mehr oder weniger relevant ist. Sie zitieren dabei als Beispiel die Bewertung eines Ereignisses als „selbst verursacht“. In Kulturen, in denen Autonomiegefühle besonders relevant sind, sollten Individuen auf Ereignisse, die autonomierelevant sind, besonders sensibel reagieren (Markus & Kitayama, 1994) und somit häufiger mit Ärger oder Stolz reagieren als Individuen in Kulturen, für die Autonomie weniger relevant ist. Oberflächlich betrachtet kann dies zu dem Eindruck führen, dass diese Kulturen ein unterschiedliches Emotionsrepertoire haben. Eine Reihe von Fragebogenstudien hat die Vorhersagen der Appraisaltheorie kulturübergreifend untersucht. Auf der Basis einer der größten Studien dieser Art, die in 37 Ländern durchgeführt wurde, kam Scherer (1997) zu dem Schluss, dass die Appraisalprofile für alle sieben untersuchten Emotionen (Ärger, Furcht, Trauer, Freude, Ekel, Scham und Schuld) im Kulturvergleich überaus ähnlich
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waren. Zu ähnlichen Schlussfolgerungen kamen auch Frijda, Markam, Sato und Wiers (1995), Mauro et al. (1992) sowie Roseman, Dhawan, Rettek, Naidu und Thapa (1995), die andere abhängige Variablen und Emotionen benutzten. In gewisser Weise erlaubt Wierzbickas (1995) Vorschlag, Emotionen nicht bei ihrem Namen, sondern vermittels konzeptueller Stammformen zu benennen, eine Konvergenz zwischen der Appraisaltheorie und der Sicht, dass Emotionen kulturell konstruiert sind. So kann Wierzbickas Vorschlag, zur Erleichterung der interkulturellen Kommunikation das Schreien eines Kleinkindes nicht durch einen Emotionsbegriff zu beschreiben, sondern vielmehr als eine Aussage im Sinne von „Ich denke, mir ist etwas Schlechtes zugestoßen; ich fühle deswegen etwas Schlechtes; ich möchte dies nicht“ zu verstehen, als eine Anweisung interpretiert werden, Emotionen kulturübergreifend vermittels von Appraisals und Aktionstendenzen zu kennzeichnen. Obwohl bisherige Studien die untersuchten Appraisalkategorien kulturübergreifend belegen, also bestätigen, dass die auf der Basis westlichen Kulturverständnisses entwickelten theoretischen Überlegungen auch in anderen Kulturen Gültigkeit haben, kann doch nicht ausgeschlossen werden, dass eine kulturübergreifende Fassung der Appraisaltheorie weitere Appraisalkategorien oder -dimensionen einschließen muss. Hinweise darauf gibt Mesquita (2001), die zu dem Schluss kommt, dass Bewertungen im Hinblick auf „Respekt“ in kollektivistischen Kulturen eine größere Bedeutung haben als in individualistischen Kulturen. Kitayama, Markus und Kurokawa (2000) schlagen darüber hinaus vor, dass die Dimension des persönlichen Engagements zur Unterscheidung bestimmter emotionaler Zustände relevant sein könnte. Zusammenfassend legen die vorhandenen Studien nahe, dass Appraisals kulturübergreifend vergleichbar sind und dass Personen, die Ereignisse in gleicher Weise bewerten, auch subjektiv Ähnliches erleben. Wichtig ist dabei, dass aus dieser Sicht erhebliche Unterschiede bezüglich der spezifischen Ereignisse, die eine gleiche Emotion in unterschiedlichen Kulturen auslösen, wie auch erhebliche Variationen in Modalemotionen zu erwarten sind. Am besten wird dies an einem Beispiel deutlich. Scherer (1997) fand erhebliche kulturelle Übereinstimmungen in Bezug auf das Appraisalprofil für Freude. In allen Fällen wurden Ereignisse, die Freude auslösten, als erwartet, bewältigbar und motivationskongruent sowie als nicht unangenehm, zielbedrohend, unfair oder unmoralisch bewertet. Trotzdem heißt dies nicht, dass es sich dabei um die gleichen Ereignisse handelte. Vielmehr konnten Kitayama und Kollegen (Kitayama et al., 2000; Uchida, Norasakkunkit & Kitayama, 2004) zeigen, dass Ereignisse, welche im nordamerikanischen Kontext Freude auslösen, sich häufig auf persönliche Leistungen beziehen, und dass Selbstachtung der beste Prädiktor für Freude ist. Im
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Gegensatz dazu sind Ereignisse, die in einem ostasiatischen Kontext Freude auslösen, eher relevant in Bezug auf interpersonale Bindungen; der beste Prädiktor für Freude ist hier die wahrgenommene Einbindung des Selbst in die soziale Beziehung. Die Ursache für diesen Unterschied liegt wahrscheinlich in der unterschiedlichen Wertestruktur der beiden Kulturen, die zu unterschiedlichen Zielstrebungen der Menschen führen. Demzufolge werden unterschiedliche Ereignisse als zieldienlich bewertet und die Modalemotion Freude bezieht sich auf diese unterschiedlichen Ereignisse.
10 Fazit Es steht außer Frage, dass die Entwicklung der Appraisaltheorie seit Arnold (1960) die Emotionsforschung außerordentlich beeinflusst hat. Im Zusammenhang mit der Reorientierung der Verhaltenswissenschaften zur Neurowissenschaft stellen die modernen Bewertungstheorien, die sowohl automatische, als auch kontrollierte Kognitionen als kausal für Emotionsauslösung ansehen, einen relevanten theoretischen Rahmen dar, der sich als potenziell fruchtbar andeutet (vgl. z. B. Ochsner, 2004). Allerdings ist die theoretische Ausarbeitung dieser Theorien bei Weitem nicht abgeschlossen. So ist ein wesentlicher Aspekt von Appraisaltheorien, dass sie sowohl Bottom-up- als auch Top-down-Prozesse postulieren. Die Integration dieser Prozesse wie auch die genaue Definition der relevanten Verläufe wird von den vorgestellten Theorien unterschiedlich konzeptualisiert. Die theoretische Klärung, inwieweit diese Konzeptualisierungen kompatibel sind, und eine präzisere Ausarbeitung des Integrationsprozesses selber sind wichtige Herausforderungen für die weitere Entwicklung der Appraisaltheorie. Appraisaltheoretiker stehen auch weiterhin vor dem Problem des immer wiederkehrenden Missverständnisses, dass es sich beim Appraisal um einen bewussten, reflektierten Informationsverarbeitungsprozess handelt. Eine Abwendung von dem Begriff „kognitive Bewertung“ und eine größere Betonung des automatischen und unmittelbaren Charakters von Appraisals scheint dabei wichtig – wie auch die weitere Ausarbeitung von Mehrprozessmodellen. Die Appraisaltheorie hat im Gegensatz zu anderen theoretischen Ansätzen den besonderen Vorteil, nicht nur deskriptiv nützlich zu sein, sondern auch klare Vorhersagen zu ermöglichen. Die Entwicklung neuerer Forschungsparadigmen und die Integration von physiologischen und Verhaltensvariablen machen diese Vorhersagen zunehmend einem empirischen Test zugänglich. Damit eröffnen sich neue fruchtbare Forschungsrichtungen für die Emotionsforschung. Es kann davon ausgegangen werden, dass diese Theorien auch in der Zukunft für die Emotionsforschung richtungsweisend bleiben werden.
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8. Kapitel
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1 Einleitung 1.1 Psychophysiologischer Symbolismus Emotionen haben in unserem Erleben eine große Unmittelbarkeit und Evidenz. Sie priorisieren bestimmte persönliche Ziele, motivieren unser Verhalten, verändern die Organisation unseres kognitiven Systems und beeinflussen Handlungsentwürfe, manchmal gegen unseren Verstand. Je nach Ansprechbarkeit und Intensität sind sie ein wichtiger Bestandteil unserer Persönlichkeit. Sie verraten anderen etwas von uns. Bei starken Emotionen spüren wir Veränderungen in unserem Körper. Philosophen haben seit Menschengedenken Seele und Körper, Psyche und Physis in ihren Wechselbeziehungen beschrieben. Ein im abendländischen Denken häufig verwendeter Leitgedanke verknüpfte Emotionen mit Irrationalität, Verlust des freien Willens und animalischer Triebhaftigkeit – von Averill (1974) als psychophysiologischer Symbolismus bezeichnet. Dessen Kern war die Feststellung, dass Emotionen im Körper lokalisiert seien. Plato (427–347 v. Chr.) vertrat eine klare dualistische Auffassung von Leib und Seele als zweier grundverschiedener Wesenheiten; der Körper wurde als das Gefängnis der Seele begriffen. Plato unterschied einen sterblichen und einen unsterblichen Teil der Seele. Leidenschaften und Gefühle wurden der sterblichen, Denken und vernünftiges Handeln der unsterblichen Seele zugeschrieben. Aristoteles (384–322 v. Chr.) konzipierte den Leib-Seele-Zusammenhang ebenfalls dualistisch. Zentral war bei Aristoteles die kategoriale Unterscheidung der Aktivität des Geistes von der Passivität der Emotionen. Entsprechend wurde bis
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Gerhard Stemmler
ins 18. Jahrhundert hinein für Emotionen der Begriff Passion, von lat. pati, erleiden, verwendet. Psychische Phänomene waren nach Aristoteles in abgestufter Weise mit der körperlichen Materie verknüpft; stark bei Emotionen, geringer beim Denken und überhaupt nicht bei dem aktiven Intellekt, der daher als „frei“ aufgefasst wurde. Plotin (204–270) griff die Seelenlehre von Plato wieder auf. Emotionen waren an den Körper gebunden (beseelte Materie). Gefühle wurden als die Rückmeldungen der Körperveränderungen an die passive Seele verstanden. Hier zeigt sich eine bemerkenswerte Vorwegnahme der ca. 1.600 Jahre späteren Auffassungen von William James und von Carl Gustav Lange. In aristotelischer Tradition stand hingegen Thomas von Aquin (1225–1274). In seiner Summa Theologiae handelte er die Emotionen unter den „Passiones animae“ ab. Denken und Verstehen wären auf jenen Teil der Passionen bezogen, bei denen der Seele etwas hinzugefügt werde. Körperliche Veränderungen wären hingegen mit jenen Passionen – wie etwa den Emotionen – verbunden, bei denen der Seele etwas abhanden käme. Emotionen könnten nur in den sinnlichen, nicht aber in den kognitiven Teil der Seele einzuordnen sein, da Passivität nur einen Mangel (eine Möglichkeit, potentia) verkörpere, der bei gottferneren Lebewesen ausgeprägter als bei gottnäheren sei. Descartes (1596–1650) vertrat eine dualistische Leib-Seele-Position besonders eindringlich. Tiere erklärte er als komplizierte Maschinen (reine Körperwelt, res extensa), von denen sich nur der Mensch durch den Besitz einer vernünftigen Seele (Bewusstsein, res cogitans) unterscheiden würde. Die Wechselbeziehung zwischen den beiden Wesenheiten Körper und Seele sollte in der Zirbeldrüse stattfinden: Traf z. B. das Bild eines Furcht erregenden Objektes die Retina, sollten die Lebensgeister von der Zirbeldrüse teils zu den adäquaten Muskeln (Fluchtvorbereitung), teils zum Herzen oder zu anderen Organen herabgemeldet werden, wobei deren Aktivität dem Hirn wieder rückgemeldet würde. Soweit sollte dieser rein mechanische Prozess auch in Tieren ablaufen. Erst durch die bei den Menschen erfolgende Inkenntnissetzung der Seele von den Rückmeldungen der Muskeln und Organe an das Hirn sollten Emotionen (Passionen) entstehen. Mit der Beschreibung des sympathischen Grenzstrangs und seiner neuzeitlichen Konzeption als weit verzweigtes neuronales Verbindungsnetz der Organe durch Winslow ergab sich an der Front des medizinischen Wissens eine neue Zuordnung von Emotionen zu Körpersystemen. Bichat (1771–1802) zählte Wahrnehmung, Verstand und willkürliches Verhalten zum animalischen Leben, das vom Hirn gesteuert und mit der Muskulatur als Effektorsystem versehen sei. Das organische Leben umfasste demgegenüber die Funktionen der Ernährung, Ausscheidung, Atmung, Sekretion, Absorption und Emotion, vermittelt von den sympathischen Ganglien. Emotionales Verhalten sollte von Erregungen im sympathischen
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Nervensystem und den Eingeweideorganen ausgehen, dann dem Hirn aufgeprägt werden und schließlich reflexartig zu Muskelkontraktionen führen. Die „Väter“ zeitgenössischer Emotionstheorien (Plutchik, 1980, nennt Charles Darwin, William James, Sigmund Freud und Walter Cannon) kamen aus dieser oder der nachfolgenden Generation, und das frühe abendländische Denken und seine Symbolismen gehörten unzweifelhaft auch zu ihrem Erbe. Insbesondere sozial-kognitiv orientierte Emotionstheoretiker (z. B. Averill, 1980; Harré, 1996; Kemper, 1978), die die soziale Konstruktion von Emotionen im Unterschied zu deren biologischer Verankerung betonen, verstehen den psychophysiologischen Symbolismus der Emotionen als eine Attribution sozial und kulturell geprägter Gegebenheiten. Die psychophysiologische Seite der Emotionen ist nach dieser Auffassung nur ein Epiphänomen. Andererseits kann der abendländische, psychophysiologische Symbolismus der Emotionen ebenso begründet als Ausdruck einer allgemein vorhandenen Erfahrung verstanden werden, wonach Emotionen eine merkbare und oft willkürlich nicht beeinflussbare Komponente der Körpererregung enthalten (Kövecses, 2000). William James (1842–1910) wird weithin als der Begründer der psychophysiologischen Tradition innerhalb der Emotionsforschung angesehen. Er bekräftigte zunächst die Alltagsmeinung, dass die Emotion das erlebte Gefühl sei. Skelettmotorische und autonome physiologische Reaktionen sind nach James (1884) Prozesse, deren Wahrnehmung eine notwendige Bedingung für das Entstehen eines Gefühls sei. Weniger stark beachtet wurden die Erläuterungen, die James seiner Theorie hinzufügte (James, 1894). Danach steht am Anfang der Emotionsauslösung die individuelle Reizwahrnehmung und Situationsinterpretation (vgl. Hess & Kappas in diesem Band). Ellsworth (1994) weist darauf hin, dass James häufig missverstanden worden sei, wenn ihm die Auffassung unterstellt werde, dass Emotionen nichts als die Wahrnehmung von körperlichen Veränderungen seien. Tatsächlich vertrat James die Ansicht, dass die Körperreaktionen auf die Wahrnehmung oder Interpretation einer Situation hin den spezifisch emotionalen Charakter ausmachen würde. Ein weiteres Missverständnis James’scher Positionen ist das Postulat, dass mit jeder Emotion ein spezifisches körperliches Reaktionsmuster einhergehe. Zwar glaubte er, dass die Körperreaktionen in Abhängigkeit von der Situationswahrnehmung unendlich fein nuanciert seien; Emotionen wären aber nicht eindeutig mit bestimmten körperlichen Reaktionsmustern verknüpft. Zum einen würden verschiedene Personen ganz unterschiedliche emotionale Erfahrungen und wahrgenommene Körperreaktionen mit ein und demselben Emotionswort bezeichnen, zum anderen würden mehrere Personen selbst unter identischen experimentellen Auslösebedingungen verschiedenartige emotionale Reaktionen zeigen können, weil Erfahrung, Erregbarkeit, Vorstellungsfähigkeit und kulturelle Einflüsse die Reaktionen mitbestimmen würden.
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1.2 Basisemotionen – ein strittiges Konzept Theoretische Konzeptionen über Emotionen, in denen Basisemotionen behauptet werden, lassen eine physiologische Emotionsspezifität bzw. eine Spezifität physiologischer Reaktionen in Bezug auf einzelne Teilkomponenten des Emotionsprozesses erwarten. Dabei kann das Argument für das Vorhandensein von Basisemotionen ebenso biologisch wie auch kognitiv akzentuiert sein. Die evolutionär-biologisch akzentuierten Theorien von Ekman und Plutchik und die biosoziale Theorie von Izard, die alle das Vorhandensein von Basisemotionen postulieren, lehnen sich an die Auffassungen von Charles Darwin an. Von Darwin stammt die evolutionstheoretische Argumentation, dass Emotionen Überreste aus unserem stammesgeschichtlichen Erbe seien und dass bei höheren Säugetieren und beim Menschen aus Körperhaltung und Gesichtsausdruck das Vorhandensein von Emotionen abgelesen werden könnte. Nach Ekman (1989) gibt es hinreichende empirische Evidenz für die interkulturelle Universalität des Gesichtsausdrucks bei Emotionen und für die Differenzierbarkeit von Freude, Überraschung, Furcht, Traurigkeit, Ärger und Ekel – Verachtung im Gesichtsausdruck (Scherer & Wallbott, 1994). Unterschiedliche peripherphysiologische Aktivierungsmuster sollten sich für Angst, Ärger und Ekel, nicht jedoch für Freude oder Verachtung finden lassen, da letztere vermutlich keinen Überlebensvorteil mit sich brächten und damit auch nicht mit einem spezifischen motorischen Verhaltensmuster verknüpft seien (Ekman, 1992). Darüber hinaus wären auch spezifische hirnelektrische Aktivitätsmuster von jeder der Basisemotionen zu erwarten (Davidson, 1992; Davidson, Ekman, Saron, Senulis & Friesen, 1990; Ekman, Davidson & Friesen, 1990). Izard geht ebenfalls davon aus, dass Emotionen spezifische neurophysiologische Phänomene sind, die durch natürliche Selektion herausgebildet wurden (Izard, 1977, 1992). Einzelne Emotionen haben den Status von Basisemotionen, weil ihnen ein angeborenes, neuronales Substrat zugrunde liegt, weil sie eigenständige und universell erkannte Gesichtsausdrücke hervorrufen und weil ihnen ein eigenständiges Gefühl zukommt. In Bezug auf spezifische physiologische Muster bei Basisemotionen argumentiert Izard eher zurückhaltend. Neuerdings postuliert Izard (2007) eine nur kleine Anzahl von Basisemotionen: Interesse, Freude, Traurigkeit, Ärger, Ekel und Furcht. „Eine Basisemotion kann als ein Satz von neuralen, körperlich/expressiven und gefühlsmäßig/motivationalen Komponenten verstanden werden, die [die Basisemotion] unmittelbar, automatisch und nicht bewusst ausgelöst wird, wenn sich fortwährend ablaufende kognitiv-affektive Prozesse und Wahrnehmung sowie Empfinden eines ökologisch bedeutsamen Reizes einander beeinflussen und in der Folge evolutionär geformte, neurobiologische und mentale Prozesse aktivieren“ (S. 261 f.,
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Übersetzung durch den Autor). Die Naturgegebenheit von Basisemotionen begründet sich aus einer Reihe von fünf Kriterien (S. 262 f.): 1. Basisemotionen umfassen interne körperliche Aktivität und die Kapazität für Ausdrucksverhalten, die von evolutionär adaptierten neurobiologischen Systemen hervorgebracht werden und die früh in der Ontogenese auftreten. 2. Die Aktivierung oder Auslösung einer Basisemotion hängt in Teilen von der Wahrnehmung eines ökologisch validen Reizes ab, und wenn, dann nur von rudimentären Einschätzungen (Appraisals). Eine Basisemotion hängt nicht von komplexen Einschätzungen oder Kognitionen höherer Ordnung ab, wie Gedanken oder Urteile. 3. Eine Basisemotion hat eine eindeutige Gefühlskomponente, die hauptsächlich in subkortikalen neuralen Systemen des oberen Hirnstamms entsteht und spezifische motivationale Eigenschaften hat. Das diskrete Emotionsgefühl ist angeboren und invariant über die Lebensspanne. 4. Eine Basisemotion hat ein besonderes Vermögen zur Regulation und Modulation von Kognition und Verhalten. Umgekehrt wirken auch die modulierten Kognitionen und Verhaltensweisen auf die Basisemotion zurück. Die Vorrangfunktion von Basisemotionen zur Regulation von Kognition und Verhalten ermöglicht es ihnen, in begünstigenden oder bedrohlichen Situationen rasch ein adaptives Verhalten hervorzubringen. 5. Eine Basisemotion hat nicht zyklische, motivationale Fähigkeiten, darunter das Vermögen, Kognitionen und Verhalten zu beeinflussen. Wegen ihrer relativen Unabhängigkeit von zyklischen, homöostatischen Prozessen und spezifischen physiologischen Bedürfnissen stellen Basisemotionen eine stets verfügbare Quelle von Motivation für adaptive Funktionen bereit. Ebenfalls ein Anhänger von evolutionstheoretisch begründeten Basisemotionen ist auch Plutchik zurückhaltend bei der Beurteilung einer physiologischen Emotionsspezifität: „Es gibt keine eins-zu-eins Beziehung zwischen berichtetem Gefühl und der Physiologie. Das Vokabular der Emotionen ist größer als das der Physiologie, daher kann das letztere nicht als ein direkter Index des ersteren verwendet werden. Physiologische Veränderungen sind Hinweise auf, nicht jedoch direkte Messungen von Emotionen“ (Plutchik, 1980). Die biologische Auffassung von Basisemotionen wird durch die Ergebnisse der Verhaltensbiologie (Schneider & Dittrich, 1990) und durch neurophysiologisch und neurochemisch orientierte Theorien der Emotionen unterstützt (Henry, 1986; Panksepp, 1982, 1998, 2005). Nach Panksepp gibt es eine begrenzte Anzahl von übergeordneten integrativen neuronalen Systemen im Gehirn, die physiologische, behaviorale und psychologische emotionale Reaktionen auslösen und in ihrem Miteinander bestimmen. Panksepp nennt als gegenwärtig unterscheidbare neuronale Emotionssysteme: Erwartung – Vorfreude (SEEK),
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Tabelle 1: Basisemotionssysteme von Panksepp System
Neuronale Netzwerke
Neuromodulatoren
Aspekte
ErwartungVorfreude (SEEK)
VTA, lateraler Hypothalamus, nucleus accumbens, PAG, diffuse mesolimbische und mesokortikale Projektionen
Dopamin (+), Glutamat (+), Neurotensin (+), Opioide (+), andere Neuropeptide
Appetitive Zustände, antizipatorische Spannung, Exploration
Verlangen (LUST)
Amygdala, BNST, präoptischer und ventromedialer Hypothalamus, basales Vorderhirn, ventrales PAG
Steroide (+), Vasopressin, Oxytozin, LH-RH, CCK
Genuss, Befriedigung
Fürsorge (CARE)
Anteriores Zingulum, BNST, präoptischer Hypothalamus, VTA, ventrales PAG
Oxytozin (+), Prolaktin (+), Dopamin, Opioide
Pflege, mütterliche Fürsorge
SpielFreude (PLAY)
Dorsomediales Dienzephalon, PAG
Opioide (+ in kleiner Menge, – in größerer Menge)
Spiel, Freude, Zuneigung
Ärger (RAGE)
Mediale Amygdala, Substanz P (+), BNST, medialer und peri- Ach (+), fornikaler Hypothalamus, Glutamat (+) dorsales PAG
Ärger, Frustration, „heiße“ Aggression
Furcht (FEAR)
Laterale und zentrale Amygdala, medialer Hypothalamus, dorsales PAG
Glutamat (+), DBI, CRH, CCK, alpha-MSH, NPY
Gefahr entkommen
Panik (PANIC)
Anteriores Zingulum, Thalamus, BNST, präoptischer Hypothalamus, dorsales PAG
Opioide (–), Oxytozin (–), Trennungsangst, soziale Prolaktin (–), CRH Bindung
Anmerkungen: PAG: Periaquäduktales Grau, BNST: Nuc. interstitialis striae terminalis, VTA: Ventrales Tegmentum; CCK: Cholezystokinin, CRH: Corticotropin Releasinghormon, DBI: Diazepam-binding-inhibitor, LH-RH: Luteinisierendes Releasinghormon, MSH: Melanozyten stimulierendes Hormon, NPY: Neuropeptid Y. Modifiziert nach Ellis und Toronchuk (2004)
Verlangen (LUST), Fürsorge (CARE), Spiel – Freude (PLAY), Ärger (RAGE), Furcht (FEAR) und Panik (PANIC). Diese Systeme seien genetisch vorbestimmt. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Hirnsysteme und Neuromodulatoren dieser Emotionssysteme.
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Neben biologischen stehen psychologisch orientierte Konzeptionen von Basisemotionen. Die unter dieser Rubrik zusammengefassten Emotionstheorien gehen von der Annahme aus, dass Basisemotionen in der psychologischen Analyse nicht weiter reduzierbar sind (Ortony & Turner, 1990). Diese Eigenschaft kann am Beginn der Emotionsauslösung, etwa bei der individuellen Situationswahrnehmung und Situationsbewertung, oder im Verlauf eines Emotionsprozesses stehen. Die Theorie von Arnold (1960) mag für den ersten, diejenige von Frijda (1986) für den zweiten Gesichtspunkt stehen (vgl. Hess & Kappas in diesem Band). Den eben genannten Theorien, die als „biokognitiv“ bezeichnet werden könnten und die von Situationsbewertungen als den primären, antezedenten Auslösern von Emotionen ausgehen, können auch rein kognitiv konzipierte Emotionstheorien zur Seite gestellt werden, die ebenfalls Basisemotionen postulieren. So definieren Oatley und Johnson-Laird (1987, 1990) Emotionen als kognitive Zustände, die quasiautonome Prozesse im Nervensystem koordinieren. Emotionen stellen eine biologische Lösung für bestimmte Probleme im Übergang verschiedener Pläne in Systemen mit multiplen Zielen dar. Die Autoren postulieren mit Freude, Traurigkeit, Angst, Ärger und Ekel fünf Basisemotionen, deren Aktivierung eine notwendige, nicht jedoch eine hinreichende Bedingung für die Gefühlswahrnehmung, die somatischen Veränderungen, das Ausdrucksverhalten und für die verfolgten Handlungen sind. In den Formulierungen von Leventhal (1979, 1984) und Scherer (Scherer, 1984, 2001; Scherer & Ellgring, 2007) wird das Konzept der Basisemotionen weitgehend verlassen. In dem Modell von Scherer wird Emotion als ein psychologisches Konstrukt verstanden, welches aus verschiedenen Komponenten besteht. Erst die Ergebnisse der stimulus evaluation checks ergeben die nuancierte emotionale Reaktion mit je eigenen Effekten auf die physiologische Messebene (vgl. Hess & Kappas in diesem Band). Leventhal stellt ein hierarchisches Verarbeitungsmodell mit verschiedenen Stufen der Abstraktion sensorischer und kognitiver Informationen vor. In einer gemeinsamen Publikation (Leventhal & Scherer, 1987) wurden beide Theorien miteinander verknüpft. Wenn sich Emotionstheorien also in ihren Auffassungen über die Angemessenheit des Konzepts von Basisemotionen unterscheiden, so sollten sie auch verschiedene Auffassungen hinsichtlich der physiologischen Emotionsspezifität haben. Trotzdem werden von vielen Autoren für einzelne Emotionen oder für Gruppen bzw. Aspekte von Emotionen differenzierte physiologische Muster angenommen, wohingegen ein undifferenziertes physiologisches Arousal bei Emotionen von einer geringeren Anzahl von Autoren vermutet wird. Interessanterweise weisen dabei die meisten Autoren der physiologischen Reaktionsebene immerhin eine notwendige oder zumindest akzessorische Bedeutung bei. Die
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wenigsten Autoren würden allerdings fordern, dass für eine Differenzierung verschiedener Emotionen die physiologische Messebene gleichzeitig notwendig und hinreichend sei.
1.3 Funktionen von Emotionen Die evolutionstheoretische Sichtweise von Emotionen ist ein nützlicher Ausgangspunkt für die Erörterung der Funktion von Emotionen (Nesse, 1990). Organismen begegnen in ihrem Leben wiederkehrenden Problemen und Gelegenheiten. Einige dieser Probleme sind nicht leicht lösbar, auch ziehen sie nicht unerhebliche Konsequenzen für den Organismus nach sich, wenn sie ungelöst bleiben: Sie sind entscheidend für das Überleben und die Fortpflanzung und sie drängen nach adaptiven Lösungen. Emotionen bildeten sich als Lösungen für solche beständigen Probleme und Gelegenheiten heraus. Die Verknüpfung von spezifischen Problemen und Gelegenheiten mit spezifischen adaptiven Verhaltensweisen brachte eine kleine Gruppe von unterschiedlichen Emotionssystemen hervor. Diese Emotionssysteme „können als bewährte Lösungen für zeitlose Probleme und Herausforderungen verstanden werden“ (Levenson, 2003, Hervorhebung im Original, Übersetzung durch den Verfasser). Im Unterschied zu Reflexen, die durch spezifische adäquate Reize ausgelöst werden, kann ein und dieselbe Emotion durch physisch sehr unterschiedliche Reize, Episoden und auch Gedanken ausgelöst werden (Izard, 1993; Stemmler, 2008). Diesen verschiedenen Wegen der Emotionsauslösung liegt allerdings eine gemeinsame Bedeutung zugrunde. So werden wir ärgerlich, wenn wir beim Rückgeld an der Kasse betrogen werden, wenn wir als faul kritisiert werden, obwohl wir unser Bestes gegeben haben, wenn wir von einem Einkaufswagen aus Unachtsamkeit hart gerammt werden oder wenn wir solche Episoden erinnern. Emotionssysteme werden also von spezifischen, adäquaten Bedeutungsstrukturen aktiviert. In Anlehnung an Allport (1937) machen Emotionssysteme unterschiedliche Situationen mit vergleichbaren Bedeutungsstrukturen funktional äquivalent. Auf einer hohen Abstraktionsebene stellen Emotionen das Überleben und die Fortpflanzung der eigenen Person und Sippe sicher. Verschiedene Emotionen dienen diesen Zielen, indem sie spezifische Lösungen für Probleme und Gelegenheiten bereitstellen. Die Funktion von Ekel ist Abstoßung, von Ärger Vernichtung, von Furcht Schutz, von Traurigkeit Wiedervereinigung, von Freude Vermehrung (Plutchik, 1980). Das Ziel der meisten Emotionen ist es, „einen relativ ausgeglichenen (oder ‚normalen‘) Zustand angesichts zwischenmenschlicher Herausforderungen zu bewahren“ (Plutchik, 1997, S. 20, Übersetzung
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durch den Verfasser). Emotionen stellen die kognitiven und körperlichen Mittel zur Erreichung dieses Ziels bereit. Auf einer niedrigeren Abstraktionsebene haben Emotionen wenigstens drei Funktionen (vgl. die Darlegungen verschiedener Autoren in Ekman & Davidson, 1994). Die erste Funktion ist die Bereitstellung von perzeptuellen, kognitiven und körperlichen Ressourcen, um die Ziele einer Emotion zu erreichen. Diese Funktion schließt die Vorbereitung des Körpers für prototypische Verhaltensweisen ein (z. B. Annäherung, Rückzug, Angriff, Abwehr). Die zweite Funktion ist die Mitteilung des eigenen emotionalen Zustands an andere (etwa durch die Körperhaltung, den Gesichtsausdruck, die Hautfärbung, den Inhalt und die Satzmelodie der Sprache). Diese Kommunikation gewährt anderen einen Einblick in die wahrscheinlichen Verhaltensabsichten des Akteurs und damit einen Zeitvorsprung, sich darauf vorzubereiten, noch bevor das Verhalten tatsächlich gezeigt wird. Die dritte Funktion besteht darin, den intraorganismischen Informationsaustausch zu steigern und den Körper vor den schädlichen Folgen von Verletzung oder Krankheit zu schützen (etwa durch kardiovaskuläre Reflexe oder verbesserte Immunabwehr). Intraorganismischer Informationsaustausch schließt die verbesserte Abstimmung von sonst nur lose gekoppelten motorischen, autonomen und zentralnervösen Systemen ein (Gellhorn, 1970), ebenso wie Reafferenzen peripherer Organe an das Gehirn. Solche Reafferenzen waren, wie oben dargestellt, ein zentraler Bestandteil der Emotionstheorie von William James; sie haben eine neue Beachtung in Damasios Somatic Marker Hypothesis erlangt (Damasio, 1994; Dunn, Dalgleish & Lawrence, 2006), nach der die somatischen Folgen von kritischen Ereignissen markiert und unter ähnlichen Umständen reproduziert werden, was Individuen schnellere und bessere Entscheidungen ermöglichen soll.
2 Erlebte somatoviszerale Aktivierung bei Emotionen 2.1 Somatoviszerale Reaktionen als Mediatoren William James’ vielleicht wichtigster Beitrag für die Emotionspsychologie war es, das Sequenzproblem der an einer Emotion beteiligten Reaktionsebenen thematisiert zu haben. Er postulierte die Abfolge: Reiz → Bewertung → Körperreaktion → Gefühl Hiernach folgen Körperreaktionen direkt auf die Wahrnehmung und Interpretation des emotionsauslösenden Reizes; die Wahrnehmung dieser Körperreaktionen macht aus der „gefühllosen“ reinen Objektwahrnehmung ein emotionales
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Ereignis. Entsprechend sollten Bezüge zwischen Körperreaktionen und ihren Empfindungen feststellbar sein. Neurowissenschaftliche Studien weisen in der Tat die Beeinflussung zentraler kortikaler Systeme und von Gefühlsangaben durch afferente Signale aus der Körperperipherie nach (Berntson, Sarter & Cacioppo, 2003; Cameron, 2001; Critchley, Wiens, Rotshtein, Öhman & Dolan, 2004; Pollatos, Gramann & Schandry, 2007; vgl. Vaitl in diesem Band). Tatsächlich gelingt die Differenzierung von Emotionen aufgrund von berichteten Körperempfindungen recht gut. Aus der Zusammenstellung von Befunden in Janke (2002) geht hervor, dass von erwachsenen Probanden aus verschiedenen Kulturen für Freude, Ärger, Angst und Trauer weitgehend spezifische Körperempfindungen berichtet werden (vgl. Tab. 2). Wie die Untersuchung von Janke zeigt, verfügen bereits 10-Jährige über dieses Wissen. Trotzdem bleibt die Frage, wie valide, gemessen an den tatsächlichen Körperreaktionen, diese interozeptiven Berichte sind (Vaitl, 1995). Drei Positionen lassen sich unterscheiden: 1. Die Körperempfindungen unter Emotionen sind zwar valide, die Differenzierung von Emotionen aufgrund tatsächlicher Körperreaktionen ist aber auf nur wenige Variablen beschränkt; 2. die Körperempfindungen unter Emotionen sind nicht valide, trotz vorhandener Differenzierung von Emotionen aufgrund der Körperreaktionen; 3. für die Attribution von Körperempfindungen zu Emotionen sind weniger die Wahrnehmungen selbst als vielmehr Emotionsschemata maßgebend, die durch individuelle biografische und kulturelle Einflüsse geprägt sind. Die erste Hypothese einer mangelnden Differenzierung von Emotionen auf der Ebene von Körperreaktionen entspricht der Auffassung von Schachter und Singers (1962) Zwei-Faktoren-Theorie der Emotionen, wonach die Körperreaktion auf einen emotionsauslösenden Reiz (1) als undifferenziert angesehen wird, (2) ein Signal für eine zu erfolgende kognitive Bewertung darstellt und (3) die Intensität des aus der kognitiven Bewertung qualitativ bestimmten Gefühls bewirkt. Wenn auch das Konzept einer „undifferenzierten“ Körpererregung als widerlegt gelten muss (vgl. Abschnitt 3), mag doch die Schachter und Singer’sche Auffassung als potenzieller Sonderfall weiterhin Gültigkeit haben: Eine starke physiologische Erregung, sofern sie nicht durch interne oder externe Kontingenzen erklärbar ist, signalisiert dem Individuum einen Erklärungsbedarf (Maslach, 1979; Reisenzein, 1983; Zillmann, 1978). Die zweite Hypothese zur Erklärung von Befunden zu Körperempfindungen bei Emotionen betrifft die Validität von Wahrnehmungsleistungen. Nach Shields und Stern (1979) ist sie eine Funktion (1) der Intensität von aktuellen physiologischen Veränderungen, (2) der individuellen Wahrnehmungsschwelle und
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Tabelle 2: Zuordnung von Körperempfindungen zu spezifischen Emotionen Emotion
Körperempfindung
Freude
Der Körper fühlt sich entspannt an4 Ganzer Körper ist warm2,4,5 Knie geben nach1 Rote Backen haben1
Ärger
Einen roten Kopf haben1,6 Der Körper fühlt sich ganz angespannt an3,5,6 Ganz schnell atmen1,7 Körper ist ganz heiß2,4
Angst
Feuchte Hände haben4,7 Blasses Gesicht haben1 Weiche Knie bekommen1 Herzklopfen/Herzjagen5,8
Trauer
Schweres Gefühl im Magen6 Tränen in den Augen haben6 Der Körper ist ganz kraftlos4,6
Anmerkungen: Hochgestellte Zahlen verweisen auf Quellenangaben: 1 Fahrenberg (1965), 2 Rimé & Giovannini (1986), 3 Rimé et al. (1990), 4 Scherer, Summerfield & Wallbott (1983), 5 Scherer & Wallbott (1994), 6 Schmidt-Atzert, Kutscher & Reizammer (1983), 7 Shields (1984), 8 Shields & Stern (1979), modifiziert nach Janke (2002)
(3) von individuellen kognitiven Faktoren. Hierzu zählen etwa vorheriges Lernen über Zusammenhänge zwischen Emotionen und Körperveränderungen oder Voraktivierungen emotionaler Schemata durch nur kurz zurückliegende Ereignisse, wie den Tod eines Angehörigen bei einer Herzattacke und der dabei möglicherweise erfolgten Assoziation zwischen Herzaktivität und Angst. Die dritte Hypothese zur Erklärung von Befunden über den Zusammenhang von Körpererregung und ihrer Empfindung besagt, dass in verschiedenen Mitgliedern einer Kultur durch soziokulturelle Einflüsse relativ gleichartige Emotionsschemata gebildet werden. Pennebaker (Pennebaker & Epstein, 1983) verwies etwa in seinem Konzept der „impliziten Psychophysiologie“ auf die Wechselbeziehungen zwischen den subjektiven Annahmen über physiologische Veränderungen und ihren tatsächlichen Wahrnehmungen bei Alltagserfahrungen. Subjektive Annahmen über den Körper könnten aber auch die Wahrnehmung und die physiologischen Veränderungen selbst beeinflussen. Einen Schritt weiter gingen Rimé, Philippot und Cisamolo (1990). In breit angelegten interkulturellen Untersuchungen hatten bereits Wallbott und Scherer (Wallbott & Scherer, 1986; Scherer & Wallbott, 1994) die transkulturelle Konsistenz berichteter Symp-
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tommuster bei verschiedenen Emotionen herausgearbeitet. Rimé et al. stellten nun fest, dass sich Berichte über Körperempfindungen während aktueller Emotionsepisoden nicht von den Stereotypen unterschieden, die Personen über Körperveränderungen bei diesen Emotionen hatten. Statt auf tatsächlichen Körperreaktionen könnten Berichte über Körperempfindungen also auf intraund interkulturellen kognitiven Schemata beruhen. Solche übereinstimmenden kognitiven Schemata könnten aber auch gerade deshalb entstehen, weil – vielleicht nur bei sehr starken Emotionen – die meisten Menschen ähnliche und bei verschiedenen Emotionen spezifische physiologische Muster an sich und anderen wahrnehmen.
2.2 Das SAME-Modell Cacioppo, Berntson und Klein (1992) stellten mit dem SAME (Somatovisceral Afference Model of Emotion)-Modell einen theoretischen Ansatz vor, der die eben besprochenen Faktoren, die die Wahrnehmung körperlicher Erregungen beeinflussen, zusammenfassen möchte. Nach dem SAME-Modell wird ein Reiz zunächst einer raschen und unvollständigen Bewertung unterzogen, die ihrerseits bereits Körperreaktionen auslösen kann (LeDoux, 1994; vgl. Neumann in diesem Band). Diese Körperreaktionen könnten emotionsspezifisch differenziert, nur partiell differenziert oder vollständig undifferenziert sein. Das Muster der somatoviszeralen Aktivierung wird dem Gehirn afferent zugeleitet und ebenso wie die ursprüngliche Reizwahrnehmung einer umfassenderen kognitiven Bewertung unterzogen. Ziel der kognitiven Bewertung ist es, mit einem diskreten Gefühl eine eindeutige emotionale Stellungnahme hervorzubringen. Die hierbei eingesetzten kognitiven Operationen würden im Fall einer emotionsspezifisch differenzierten somatoviszeralen Afferenz eine Mustererkennung durchführen. Im Fall einer undifferenzierten somatoviszeralen Afferenz würde gemäß Schachter und Singer (1962) ein Bewertungsbedarf entstehen, der zu einer kognitiven Etikettierung der Körpererregung führt. Im Fall einer nur partiell differenzierten somatoviszeralen Aktivierung würden emotionale Schemata angeregt werden und, wie bei optischen Illusionen (Umkehrbilder, Vexierbilder), zu in sich geschlossenen und der erlebenden Person völlig evidenten emotionalen Perzepten führen. Die Autoren betonen als Stärke ihres Modells, dass dieselbe wahrgenommene Gefühlsqualität aufgrund dreier verschiedener psychophysiologischer Mechanismen zustande kommen kann. Gleichzeitig könnte bei unklarer (somatoviszerale Illusionen) oder bei undifferenzierter Körpererregung (kognitive Etikettierung) ein und dasselbe Muster somatoviszeraler Afferenzen zu qualitativ unterschiedlichen Gefühlen führen. Diese potenzielle Entkopplung zwischen Körperreaktionen, deren Wahrnehmung und dem resultierenden Gefühl
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wird in dem Modell allerdings (1) durch die Voraktivierung von Emotionsschemata und (2) durch die mögliche Spezifität der hervorgerufenen physiologischen Aktivierung begrenzt.
3 Somatoviszerale Physiologie der Emotionsregulation 3.1 Die Ausgangsfrage nach spezifischen Aktivierungen Physiologische Prozesse sind auf verschiedenen Systemebenen an dem Vollzug der Funktionen von Emotionen beteiligt. Interessanter noch als diese allgemeine Feststellung ist die Frage, ob Emotionen durch verschiedenartige physiologische Prozesse gekennzeichnet sind. Wenn bei wenigstens einigen Emotionen diese Frage bejaht werden könnte, sollten die jeweiligen spezifischen physiologischen Muster Hinweise auf manche andauernden Probleme der Emotionsforschung geben wie „Wie viele Emotionen gibt es?“, „Welche biologischen Funktionen haben einzelne Emotionen?“ und „Was ist der Zusammenhang zwischen Physiologie, Gefühlen und Verhalten bei Emotionen?“. Wenn emotionsspezifische physiologische Muster nicht nachgewiesen werden könnten, würden kategoriale Emotionsmodelle zugunsten dimensionaler Modelle, etwa mit den Dimensionen Aktivierung und Valenz, infrage zu stellen sein. Allerdings stößt der Nachweis emotionsspezifischer physiologischer Muster auf zahlreiche methodologische Probleme, die in Abschnitt 4 behandelt werden. Auf der anderen Seite wird immer wieder behauptet, dass das autonome Nervensystem spezifische Aktivierungsmuster überhaupt nicht hervorbringen könnte und statt dessen nur eine diffuse Erregung vermitteln würde (Cannon, 1927, S. 109), die im Dienste von „haushälterischen Aufgaben [wie] dem Energiestoffwechsel, der Erneuerung von Gewebe usw.“ stünde (Gray, 1994, S. 243, Übersetzung durch den Verfasser). Eine andere Auffassung besagt, dass somatoviszerale Aktivität – statt die Aktivierung einer bestimmten Emotion anzuzeigen – ausschließlich den Erfordernissen einer Handlungsdisposition, Handlungstendenz oder aktuellem Verhalten folge (Davidson, 1993, 1994; Frijda, 1986; Lang, Bradley & Cuthbert, 1990). Dann würde die somatoviszerale Aktivität in verschiedenen emotionalen Zuständen sehr ähnlich sein und es daher schwierig, wenn nicht unmöglich, machen, emotionsspezifische physiologische Muster zu finden. Diese Argumente werden im Folgenden diskutiert. 3.1.1 Das Autonome Nervensystem Bis auf den heutigen Tag wird der Forschung zur physiologischen Emotionsspezifität Cannons Hauptargument entgegengehalten, dass das sympathische Nervensystem eine vorwiegend undifferenzierte, „diffuse“ Innervation seiner
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Zielorgane vermittele, was prinzipiell jegliche Aussicht auf eine spezifische Emotionsphysiologie zunichte mache. Die heutige Forschung zur Anatomie und Physiologie des Autonomen Nervensystems widerspricht dieser Auffassung jedoch entschieden. Die folgende kurze Darstellung stützt sich auf Jänig und Kollegen (Jänig & Häbler, 2000; Jänig, 2003, 2006). Das Autonome Nervensystem (ANS). Die Beeinflussung der äußeren Welt erfolgt über das somatomotorische System, das ausschließlich unter der Kontrolle des zentralen Nervensystems steht. Im Gehirn sind die äußere Welt und die inneren somatischen Zustände repräsentiert. Exekutive Motorprogramme und Programme für verschiedene Verhaltensmuster werden ebenfalls von höheren Zentren ausgelöst. Das neuroendokrine System und das ANS unterstützen das motorische System durch die Herstellung eines optimalen internen Milieus unter wechselnden Bedingungen und Anforderungen. Auch die Regulation der endokrinen und autonomen homöostatischen Funktionen ist im Gehirn repräsentiert; sie werden unter der Kontrolle des Vorderhirns koordiniert und mit den somatomotorischen und sensorischen Repräsentationen integriert. Die Hauptaufgabe des ANS ist die Verteilung der spezifischen, zentralen Signale an die Zielorgane. Seit Langley (1921) wird das ANS in das sympathische (SNS), parasympathische (PNS) und das enterische Nervensystem untergliedert. Die Unterscheidung zwischen SNS und PNS ist begründet durch die neuroanatomischen Merkmale des autonomen Zuflusses vom zentralen Nervensystem zu den Zielorganen. Zielgebiete des SNS sind: (1) die glatte Muskulatur der Blutgefäße, Haarmuskeln, Pupillen, Lunge und der Ausscheidungsorgane, (2) das Herz, (3) Schweiß-, Speichel- und Verdauungsdrüsen sowie (4) Fettgewebe, Leberzellen, Zirbeldrüse und Lymphgewebe. Zusätzlich innerviert das SNS präganglionisch das Nebennierenmark, das Adrenalin und Noradrenalin an den Blutstrom zur Verteilung in den gesamten Körper abgibt. Zielgebiete des PNS sind: (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7)
Schrittmacherzellen und die Vorhöfe des Herzens, exokrine Drüsen des Kopfes, intraokulare glatte Muskulatur, die glatte Muskulatur und die Drüsen der Luftwege, die glatte Muskulatur und die Drüsen des Verdauungstrakts, die Beckenorgane, sowie Epithel und Schleimhäute des ganzen Körpers und Blutgefäße im Gehirn, Uterus und Gesicht.
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Die meisten Zielorgane sprechen nur auf Signale des SNS oder PNS an, einige wenige auf Signale sowohl des SNS als auch des PNS (z. B. Schrittmacherzellen und Vorhöfe des Herzens). Eine gegenläufige Wirkungsweise (Antagonismus) von SNS und PNS ist selten (Koizumi, Terui & Kollai, 1983). In vivo und unter physiologischen Bedingungen arbeiten SNS und PNS synergistisch oder entkoppelt zusammen. Eine systematische Unterscheidung autonomer Regulationsmuster wurde von Berntson, Cacioppo und Quigley (1991) unter dem Begriff autonomic space vorgenommen. 3.1.2 Die Autonome Endstrecke Das ANS ist aufgebaut aus Gruppen von prä- und postganglionären Neuronen. Auf diesen Pfaden bewegen sich die zentralnervösen Signale hin zu den Zielgebieten. In Analogie zu der „motorischen Endstrecke“ bezeichnet Jänig (2006) sie als die „autonome Endstrecke“. Diese Pfade sind funktionell voneinander getrennt und erlauben daher eine hochspezifische zentralnervöse Kontrolle der autonomen Zielgebiete. Die zentralnervösen Signale können auf dem Weg innerhalb der autonomen Ganglien und der Zielorgane modifiziert werden. So können die Aktivitäten anderer Organe und des Zielorgans mit der zentralnervösen Ansteuerung integriert werden. Als Folge davon ist die Regulation der Körperfunktionen durch das ANS präzise und sehr leistungsfähig. Jänig und Häbler (2000) ziehen aus diesen Erkenntnissen das Fazit, dass (1) Cannons Postulat einer Funktionsweise des SNS nach dem Prinzip der „Massenaktion“ und (2) die Vorstellung von einer einfachen, funktional synergistischen Organisation von SNS und PNS unhaltbar sind. 3.1.3 Spinale und supraspinale Kontrolle Das Rückenmark enthält viele autonome Reflexzentren. Die Aktivität in einigen autonomen Pfaden hängt vornehmlich von solchen spinalen Reflexen ab, in anderen dominieren supraspinale Zuflüsse (z. B. hypothalamische thermoregulatorische Einflüsse auf vasokonstriktorische Neurone). Supraspinale Zentren des unteren Hirnstamms organisieren die homöostatische Kontrolle des kardiovaskulären Systems (z. B. Blutdruckkontrolle durch Barorezeptorreflexe), des respiratorischen Systems und des Verdauungstrakts. Supraspinale Zentren im oberen Hirnstamm, Hypothalamus und dem Limbischen System rufen distinkte Reaktionsmuster hervor, die somatomotorische, autonome und endokrine Anpassungen verknüpfen. Diese Anpassungen koordinieren Körperfunktionen über mehrere Reaktionssysteme hinweg, um den verschiedenen Herausforderungen an den Organismus unter wechselnden Bedingungen genügen zu können. Untersuchte Verhaltensweisen, bei denen es zur Auslösung solcher autonomer
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Tabelle 3: Supraspinal organisierte Reaktionsmuster während verschiedener Verhaltensweisen Organ/ Funktion
Autonomer Pfad
TR
KA
KO
FL
RU
TS
WA
ER
SKM
↓↓
↑↑a
↑↑
↑↑
∅/↓?
↓↓
?
?
PKM
↑↑↑
↓↓b
↓↓
↓↓
↑↑
↑↑↑
↑↑
↑
Herzminutenvolumen
↓↓↓
↑↑
↑↑
↑↑
↓↓
↓↓
↓
↓
Arterieller Blutdruck
∅
↑
↑
↑
↓↓
↓↓↓
↑↑
∅
Atmung
↓↓↓
↑↑
↑/∅
↑↑
↓
↓↓↓
↓
↓
KVK avA
↓↓
↑↑
↑↑c
↑↑
↑?
↓↓
?
?
KVK Nähr
↑↑↑
↑↑
↑↑
↑↑
↑?
↓↓
?
?
VKM
↑↑↑
↑
↑
↑
↑
↓↓
↑↑
↑
VDM
∅
∅
↑↑?
↑↑
∅
↑?/∅
∅
∅
VVK
↑↑↑
↑↑
↑↑
↑↑
↑?
↓↓
↑↑
?
Herz
Haut
Skelettmuskel Niere
Anmerkungen: TR: Tauchreflex (diving response), KA: Körperliche Anstrengung (exercise), KO: Konfrontation (confrontation), FL: Flucht (flight), RU: Ruhigstellung (quiescence), TS: Totstellreflex-Synkope (tonic immobility), WA: Wachsamkeit (vigilance), ER: Erstarren (freezing reaction), SKM/PKM: Sympathische/parasympathische kardiomotorische Neurone, KVK avA/Nähr: Kutane vasokonstriktorische Neurone zu arteriovenösen Anastomosen/zu Gefäßen für Nährstofftransport, VKM/VDM: Vasokonstriktorische/vasodilatatorische Neurone der Muskeln, VVK: Viszerale vasokonstriktorische Neurone. ↑, ↑↑, ↑↑↑/↓, ↓↓, ↓↓↓ = Zunahme/Abnahme der Aktivität; ∅ = relativ unverändert; ? = Effekt unbekannt; a tonisch, b initial, c extrakraniale Vasodilatation in der Gesichtshaut (modifiziert nach Jänig, 2006).
Reaktionsmuster kommt, sind der Tauchreflex, körperliche Anstrengung, die Abwehrreaktion (dabei zu unterscheiden Konfrontation, Flucht und Ruhigstellung), der Totstellreflex, Wachsamkeit und Erstarren. Die autonome Reaktion wird dabei vermutlich unabhängig und meist bereits vor der Verhaltensreaktion ausgelöst. Tabelle 3 gibt einen Überblick über distinkte autonome Reaktionsmuster, die – von supraspinalen Zentren organisiert – die neuronale Aktivität in autonomen Pfaden verändern. Zusammenfassend werden die Regionen, die einen efferenten Einfluss auf autonome Reaktionsmuster ausüben, als das „Zentrale Autonome Netzwerk“ bezeichnet (Thayer & Brosschot, 2005). Hierzu gehören präfrontale und limbische
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Strukturen, u. a. die zentralen Kerngebiete der Amygdala, der anteriore zinguläre Kortex, die Insula, der orbito- und ventromediale Präfrontalkortex, Kerngebiete des Hypothalamus, das periaquäduktale Höhlengrau, die Nuclei parabrachialis, solitarius und ambiguus sowie die Medulla. Für diese bidirektional verbundenen Gebiete ist die Funktionsveränderung einzelner autonomer Variablen wie auch ganzer Reaktionsmuster gezeigt worden. Das Zentrale Autonome Netzwerk ist über präfrontale Modulation von sensorischen Informationen prominent an der flexiblen und adaptiven Regulation autonomer Ressourcen beteiligt und unterstützt damit zielgerichtetes Verhalten. Die zentrale Schlussfolgerung aus diesem kurzen Überblick über die Physiologie des ANS ist, dass der Organismus spezifische und integrierte autonome Reaktionen auslöst, die im Gehirn repräsentiert sind. Insoweit als Emotionen psychobiologische Zustände sind, die die Funktionen haben, (1) perzeptuelle, kognitive und organismische Ressourcen für die Zielerreichung einer Emotion bereitzustellen, (2) anderen Individuen den eigenen emotionalen Zustand anzugeben sowie (3) den intraorganismischen Informationsaustausch zu steigern und (4) den Körper vor den schädlichen Folgen von Verletzung oder Krankheit zu schützen, sind wenigstens einige Emotionen auf die differenzierte Funktionsfähigkeit des ANS angewiesen.
3.2 Physiologische „Landkarten“ Diese Erkenntnisse aus physiologischer und neurowissenschaftlicher Grundlagenforschung werden eindrucksvoll durch psychophysiologische Registrierungen gestützt. Wenn in Multikanalableitungen in verschiedenen, teils wiederholten Situationen somatoviszerale Aktivierungen registriert werden, zeigt sich eine hohe Stabilität und eine hohe Differenzierung der Aktivierungsmuster in Abhängigkeit von der Situation (Physiologische Situationsspezifität) (Stemmler, 2004). Kasten 1: Experiment zur Physiologischen Situationsspezifität Die Aufgaben waren Handgriff (Handdynamometer mit 30 % bzw. 60 % der maximalen freiwilligen Kraft für 2 Minuten drücken), Kopfrechnen (stille, möglichst schnelle Addition von in Matrixanordnung dargebotenen Zahlen mit störendem 70 dBA bzw. 90 dBA weißem Rauschen über Kopfhörer für 4 Minuten), Signalentdeckung (schwachen Ton von 35,5 dBA bzw. 34 dBA aus Störrauschen von 48 dBA identifizieren, über 3,5 Minuten), Lautes Geräusch (innerhalb eines Zeitraums von 80 Sekunden angekündigte 2-Sekunden-Darbietung von weißem Rauschen mit 90 dBA bzw. 105 dBA), Kaltwassertest (Eintauchen der Hand in Eiswasser für 1 bzw. 2 Minuten) sowie Satzergänzung (Rumpfsätze mit neutralem, fröhlichem oder ärgerlichem Anfang ergänzen, ohne Intensitätsvariation).
Gerhard Stemmler
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Zur Illustration soll ein Datensatz mit 48 Probanden, 18 Situationen und 37 somatoviszeralen Variablen herangezogen werden (Stemmler, 1992a). Es wurden sechs Aufgaben, flankiert von einer Prä- und einer Poststimulusphase, vorgegeben. Die eine Hälfte der Probanden erhielt die Aufgaben in einer „leichten“, die andere Hälfte dieselben Aufgaben in einer „schweren“ Ausführung. Handgriff
Kopfrechnen
Signalentdeckung
Lautes Geräusch Prästimulusphasen 6
6 5
5 4
4 3
Kaltwassertest
2
3 2 1 1
Satzergänzung
leicht
schwer
Abbildung 1: Zentroide der Prästimulus-, Aufgaben- und Poststimulusphasen, der Übersichtlichkeit halber getrennt dargestellt. Leichte und schwere Aufgaben wurden unterschiedlichen Probanden zugewiesen. Der Fußpunkt des ersten Pfeils eines Paars liegt auf dem Zentroid der Prästimulusphase, die Spitze des ersten Pfeils auf dem Zentroid der Aufgabe und die Spitze des zweiten Pfeils auf dem Zentroid der Poststimulusphase. In der Mitte sind die Prästimulusphasen aller sechs Aufgaben abgebildet (offene Kreise = Gruppe mit leichten Aufgaben, gefüllte Kreise = Gruppe mit schweren Aufgaben). Zahlen geben die Reihenfolge der Aufgaben an, 1: Handgriff, 2: Kopfrechnen, 3: Signalentdeckung, 4: Lautes Geräusch, 5: Kaltwassertest, 6: Satzergänzung.
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Die Daten wurden in einer multivariaten Diskriminanzanalyse mit Situationen und Schwierigkeitsstufen als zu trennende „Gruppen“ analysiert. Die Zentroide der Situationen im Diskriminanzraum repräsentieren die mittleren physiologischen Profile. Die Anordnung der Zentroide in den Diskriminanzfunktionen gleicht einer „physiologischen Landkarte“ (Stemmler, 1988). Abbildung 1 zeigt diese „Landkarte“ für das vorliegende Beispiel. Dabei wird deskriptiv deutlich, dass auf der Ebene der ersten beiden Diskriminanzfunktionen (1) ein Trend über die (nicht permutierten) Situationen des Experiments besteht, erkennbar an der Verlagerung der Prästimulusphasen, (2) die Aufgaben Handgriff, Kopfrechnen, Lautes Geräusch und Kaltwassertest Reaktionshübe gegenüber ihren Prästimulusphasen mit Verschiebung in unterschiedliche Aktivierungsrichtungen aufweisen, (3) die Schwierigkeitsvariation der Aufgabe Handgriff sich sehr deutlich auswirkt und (4) dieselben Situationen in den beiden Probandengruppen eng beieinander liegen, was die Replizierbarkeit der physiologischen Muster unterstreicht. Das ANS ist also durchaus in der Lage, spezifische Muster hervorzubringen; nur dadurch kann es die vielfältigsten Anpassungsleistungen bei unterschiedlichsten Anforderungen erbringen. Diese Erkenntnis ist für den Psychophysiologen allerdings nicht neu (Fahrenberg, 1987; Lacey, 1967; Stemmler & Fahrenberg, 1989). Warum sollte das ANS nicht auch spezifische Aktivierungsmuster bei Emotionen vermitteln, sofern diese spezifische Funktionen für die menschliche Anpassung haben?
4 Methoden der Spezifitätsforschung 4.1 Was ist Spezifität? Physiologische Emotionsspezifität bezeichnet eine Besonderheit im Muster von physiologischen Reaktionen, die unter dem Einfluss von Emotionen zu beobachten ist. Hierbei wird zunächst vorausgesetzt, dass Emotionen als diskrete Kategorien oder als Bereiche in kontinuierlichen Beschreibungsdimensionen definiert werden können. Emotionstheorien unterscheiden sich in ihren Auffassungen hierüber. Zweitens wird angenommen, dass physiologische Reaktionen einen hohen Differenzierungsgrad aufweisen; erst dann ist eine Musterbildung überhaupt möglich. Diese Voraussetzung für Spezifität gilt, wie in Abschnitt 3 gezeigt worden ist. Drittens wird postuliert, dass eine Validierungsstrategie existiert, mit der empirisch unter Angabe von notwendigen und hinreichenden Bedingungen entschieden werden kann, ob ein gegebenes physiologisches Muster tatsächlich auch spezifisch für eine Emotion ist. Hierzu ist es viertens erforderlich, mögliche gleichzeitig wirksame Einflüsse auf die physiologische Messebene zu differenzieren und ggf. zu kontrollieren. Solche Einflüsse könnten neben einer Emotion z. B. auch Kognitionen oder die Körperhaltung sein. Es zeigt sich also, dass die Untersuchung emotionsspezifischer physiologischer Aktivität ein umfassendes
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Gerhard Stemmler
Forschungsprogramm ist, das in eine Vielzahl theoretischer Vorannahmen eingebettet ist. Es ist daher unumgänglich, im Folgenden Methoden der Spezifitätsforschung zu behandeln.
4.2 Modelle somatoviszeraler Emotionsspezifität Der Identifikation emotionsspezifischer Regulationsmuster stellt sich als Hauptproblem entgegen, dass gleichzeitig oder zeitlich integriert verschiedene, und nicht nur emotionsspezifische, Einflüsse auf somatoviszerale Aktivität wirksam werden können. Solche multiplen Einflüsse verschlechtern notwendigerweise das Signal-Rauschverhältnis bei der Identifikation emotionsspezifischer Aktivität. Verschiedene Modelle der Emotionsspezifität markieren unterschiedliche Erwartungen an den Umfang und die Art dieser Einflüsse (Stemmler, 1992b, 1998): 1. Nichtspezifität von Emotionen behauptet, dass physiologische Reaktionen kein integraler Bestandteil von Emotionen sind. Die bei Emotionen zu beobachtenden physiologischen Reaktionen sind danach nur von nicht emotionalen Bedingungen des Induktionskontextes hervorgerufen. 2. Absolute Emotionsspezifität nimmt dagegen an, dass selbst über verschiedene Kontexte hinweg zumindest einige Emotionen von spezifischen physiologischen Mustern begleitet sind. 3. In dem Kontext-Abweichungsmodell somatoviszeraler Emotionsspezifität wird eine (lineare) Kombination der Effekte verschiedener Einflussfaktoren auf die physiologischen Regulationsmuster postuliert. Ein „emotionaler“ Reiz soll danach ein bereits bestehendes physiologisches Muster modifizieren. Emotionsund Kontexteffekte sind folglich miteinander konfundiert. Das bedeutet, dass Emotionsspezifität nur nach bestimmten experimentellen Kontrollen nachgewiesen werden kann, unter denen diese Konfundierung aufgehoben ist. 4. Spezifität prototypischen Verhaltens nimmt an, dass Emotionen spezifische Handlungstendenzen hervorrufen. Wenn Emotionen zu funktionell unterschiedlichen Verhaltensweisen vorbereiten, könnten physiologische Reaktionsmuster auch in einem gewissen Grad Spezifität aufweisen. Reaktionsmuster würden aber nicht notwendigerweise zwischen Emotionen differenzieren können, die mit ähnlichen Verhaltenstendenzen verbunden sind.
4.3 Untersuchungspläne Aus den Spezifitätsmodellen leiten sich Forschungsstrategien zur Untersuchung von Emotionsspezifität ab, die sich an der Unterscheidung von diskriminanter und konvergenter Validität (DV bzw. KV) orientieren. Ein Anwendungsbeispiel
Somatoviszerale Aktivierung
311
findet sich in Stemmler, Heldmann, Pauls und Scherer (2001). Vorausgesetzt wird, dass mindestens zwei Emotionen mit jeweils eigenen Induktionsverfahren (z. B. Angst in einer Aufgabe zum öffentlichen Sprechen; Ärger in einer Kopfrechenaufgabe mit schikanösen Kommentaren des Versuchsleiters) ausgelöst werden. Die Induktionsverfahren provozieren einerseits emotionale Effekte, andererseits nicht emotionale „Kontexteffekte“ (z. B. Denken, Aufmerksamkeit, Anstrengung, Körperhaltung). 1. Situationale Reaktionsspezifität (DV1). Prüft, ob die physiologischen Muster der nicht emotionalen Kontexte der verwendeten Induktionen verschieden sind. 2. Notwendige Bedingung für physiologische Emotionsspezifität (DV2). Prüft, ob das physiologische Muster der Induktion (emotionaler plus nicht emotionaler Effekt) von dem Muster des Kontextes allein (nicht emotionaler Effekt) verschieden ist. 3. Hinreichende Bedingung für physiologische Emotionsspezifität (DV3). Prüft, ob die physiologischen Muster verschiedener Emotionsinduktionen nach Kontrolle für deren jeweiligen Kontext (DV1) verschieden sind. 4. Situationale Reaktionsunspezifität (KV1). Wenn verschiedene Emotionen in demselben Kontext induziert werden (z. B. Imagination), wird hier geprüft, ob die physiologischen Muster der Kontexte der Emotionsinduktionen gleich sind. 5. Nichtspezifität von Emotionsintensität (KV2). Prüft, ob die physiologischen Muster einer identischen, aber unterschiedlich stark induzierten Emotion eine gleiche Profilgestalt haben (bei vermutlich unterschiedlichen Profilhöhen als Ausdruck der Intensitätsunterschiede). 6. Notwendige Bedingung für physiologische Emotionsspezifität (KV3). Prüft, ob die physiologischen Muster ein und derselben Emotion, die jedoch durch unterschiedliche Induktionsverfahren ausgelöst werden (z. B. einmal über Imagination, ein anderes Mal über einen Film), nach Kontrolle für deren jeweiligen Kontext (DV1) gleich sind. Eine rigorose Anwendung dieser Validierungsstrategien ist in der Literatur nur selten zu finden. Die oft bemängelte Inkonsistenz von Ergebnissen zur physiologischen Emotionsspezifität könnte auf die suboptimalen Untersuchungsstrategien in vielen Studien zurückzuführen sein, insbesondere vor dem Hintergrund einer Überlagerung von Effekten auf der physiologische Messebene, wie in dem Modell der Kontext-Abweichungsspezifität postuliert wird.
4.4 Kontexteffekte Abbildung 2 demonstriert das Ausmaß von Kontexteffekten in physiologischen Variablen im Vergleich zu Befindlichkeitsdaten. Die Daten stammen von Kontrollgruppen einer Angst- und Ärgerinduktion, die in Messwiederholung an
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312 Standardwerte –1
Standardwerte 1
0
-HP -HP-var P-Ampl -T-Ampl -ST-elev -Pe-Qs Q-T rel -LVET -PEP Eject sp -R-Z Heather SV CO SBP DBP -TRP -PVA -PTT SCR-No. SCR-Ampl SCL -TMPforeh -TMPfin RESP Eyeblink EMGcorr EMGzyg EMGGext
–1
0
1
Scham Angst
Trauer Freude Ärger Herzklopfen angespannt-entspannt aktiv-passiv positiv-negativ wach-müde
Imagination Somatoviszerale Variablen
„Real-life“ Befindlichkeitsvariablen
Abbildung 2: Profile der Kontexte Imagination und „Real-Life“ in somatoviszeralen Variablen (links) und in Befindlichkeiten (rechts). Die Daten sind z-standardisierte Rohwerte der Phasen, in denen Angst und Ärger induziert wurden. Ein führendes Minuszeichen bedeutet Umpolung der standardisierten Variablen, d. h. in Richtung von Aktivierung. HP = Herzperiode, HP-var = Herzperiodenvariabilität, P-Ampl = P-Wellenamplitude, T-Ampl = T-Wellenamplitude, ST-elev = ST-Streckensteigung, Pe-Qs = P-Q Zeit, Q-T rel = auf HP relativierte Q-T Zeit, LVET = linksventrikuläre Austreibungszeit, PEP = Anspannungszeit, Eject sp = Austreibungsgeschwindigkeit, R-Z = R-Z Zeit, Heather = Heather Index, SV = Schlagvolumen, CO = Herzminutenvolumen, SBP = systolischer Blutdruck, DBP = diastolischer Blutdruck, TPR = totaler peripherer Widerstand, PVA = Pulsvolumenamplitude, PTT = Pulswellenlaufzeit, SCRNo. = Anzahl Hautleitfähigkeitsreaktionen, SCR-Ampl = Amplitude der Hautleitfähigkeitsreaktionen, SCL = Hautleitfähigkeitsniveau, TMPforeh = Stirntemperatur, TMPfin = Fingertemperatur, RESP = Atemrate, Eyeblink = Anzahl Lidschläge, EMGcorr = EMG corrugator, EMGzyg = EMG zygomaticus, EMGext = EMG extensor digitorum. Einzelheiten vgl. Stemmler, Heldmann, Pauls und Scherer (2001).
Somatoviszerale Aktivierung
313
zwei verschiedenen Untersuchungstagen in einer „Real-life“-Induktion (Darbietung von Szenarien, die Angst bzw. Ärger hervorrufen sollen, wie z. B. die Vorbereitung auf eine Rede im Beisein von kritischem Publikum bzw. unfaire Behandlung beim Lösen einer Kopfrechenaufgabe) und einer Imaginationsinduktion gewonnen wurden. Anders als die Behandlungsgruppen wurden die Kontrollgruppen über die Induktionsabsichten voraufgeklärt, was zwar die Induktion von Emotionen verhindert, die Auswirkungen des Kontexts der Emotionsinduktion auf die erfassten Variablen aber abzubilden erlaubt (zu Einzelheiten des Experiments vgl. Stemmler et al., 2001). Während in den Befindlichkeitsdaten keine Kontexteffekte erkennbar sind, weisen viele der registrierten somatoviszeralen Variablen solche Effekte auf. Wie erwartet, ist die physiologische Aktivierung in der Real-life-Bedingung deutlich höher als in der Imaginationsbedingung. Die somatoviszerale Aktivierung spiegelt die aktuelle physische und kognitive Aufgabenanforderung wider. Befindlichkeiten erfassen hingegen subjektive Bedeutungsstrukturen, die trotz großer Kontextunterschiede weitgehend gleich ausfallen.
4.5 Selektion somatoviszeraler Variablen Die Zusammenstellung somatoviszeraler Variablen in Studien zur Emotionspsychologie wird häufig mehr von der Verfügbarkeit entsprechender Aufnahmegeräte als von A-priori-Erwägungen geleitet. Gegen die Auswahl weniger einzelner Variablen spricht die Einschätzung, dass sie selten in einer exklusiven Beziehung zu psychologischen Konstrukten stehen (Cacioppo & Tassinary, 1990). Daher ist die breite Auswahl somatoviszeraler Variablen eine zweckmäßige Strategie, physiologische Unterschiede zwischen Emotionen zu entdecken und zu sichern. Aber nach welchen Kriterien sollten Variablen ausgesucht werden? Eine Antwort auf diese Frage könnte sein, solche Variablen auszusuchen, die gute Schätzer für zugrunde liegende Aktivierungskomponenten (Stemmler, 1992a, 2003), also die Achsen des „Autonomen Raums“ (autonomic space) sind (Berntson et al., 1991; Berntson, Cacioppo & Quigley, 1993). So versuchte Wenger Emotionen mit Mustern des SNS und PNS zu identifizieren (Wenger, Jones & Jones, 1956). Gellhorn (Gellhorn, 1964a, b, 1967) schlug ähnlich vor, dass Emotionen durch die spezifische Balance der ergotropen und trophotropen Systeme charakterisiert seien. Diese Systeme wurden als hypothalamische Aktivierungszustände mit weit reichenden kortikalen, autonomen und somatischen Effekten verstanden. Eine andere Systematisierung autonomer Aktivität kann über die Neurotransmitter erfolgen, die die Nervenimpulse an die autonomen Zielgebiete übertragen. So wurden insbesondere kardiovaskuläre emotionale Reaktionsmuster als alpha-adrenerge, beta-adrenerge und cholinerge Aktivierun-
314
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Abbildung 3: Effekte einer Ärgerinduktion auf drei kardiovaskuläre Aktivierungskomponenten im Vergleich zu einer Kontrollbedingung mit identischem Kontext (Stemmler, 1992a). Panel (a) zeigt die Daten von Probanden unter Placebo. Panel (b) zeigt die Daten von Probanden, die eine partielle Blockade von betaadrenergen und cholinergen Rezeptoren (60 mg Propranolol bzw. 1 mg Atropin) erhalten hatten; alphaadrenerge Rezeptoren waren also nicht blockiert („alpha-frei“). Jeder Balken repräsentiert den Mittelwert von N = 12 Probanden. Fehlerbalken geben den Standardfehler des Mittelwerts an. Signifikanzsterne innerhalb/außerhalb von Balken kennzeichnen signifikante Mittelwertsdifferenzen von Null/zwischen Ärger- und Kontrollgruppen. Veränderungswerte beziehen sich auf Differenzen zwischen Induktionsoder Kontrollphasen und einer Prästimulusphase. * p ≤ . 0 5 . ** p ≤ .01.
gen bezeichnet (Nyklicek, Thayer & van Doornen, 1997; Stemmler, Grossman, Schmid & Foerster, 1991; Stemmler, 1992a). Abbildung 3 illustriert die Verwendung von kardiovaskulären Aktivierungskomponenten und partiellen autonomen Rezeptorblockaden für die Aufklärung der alpha-adrenergen Aktivierung bei Ärger („Noradrenalin-Hypothese von Ärger“, Funkenstein, King & Drolette, 1954, vgl. Abschnitt 5.3). Unter Placebo zeigte die Ärger- im Vergleich zur Kontrollgruppe (die dieselbe Aufgabe, jedoch ohne unfaire Behandlung erhalten hatte) einen signifikanten Anstieg der Aktivierung in der beta-adrenergen Komponente. Die Ärgergruppe zeigte unerwartet keine alpha-adrenerge Aktivierung (vgl. Abb. 3a). Einer anderen Gruppe wurde eine partielle beta-adrenerge und cholinerge Rezeptorblockade verabreicht und hälftig derselben Ärgerinduktion bzw. der Kontrollbedingung unterzogen. Als Ergebnis der partiellen Blockaden war die beta-adrenerge Aktivierung unter Ärger auf das Niveau der Kontrollgruppe abgesenkt. Nun konnte – unverdeckt durch die beta-adrenergen Einflüsse – die erwartete alphaadrenerge Reaktionskomponente sichtbar werden (Martin et al., 1974; Stemmler, 1992a).
Somatoviszerale Aktivierung
315
5 Ergebnisse der Spezifitätsforschung Viele Arbeiten lassen sich finden zu somatoviszeralen Reaktionen bei einzelnen Emotionen, deutlich weniger zum Vergleich von zwei oder mehr Emotionen. Nur ganz wenige Untersuchungen verwenden eine effektive Kontextkontrolle von Emotionseffekten. Solche Untersuchungen sind zur Bestimmung von Spezifität ebenso erforderlich (vgl. Abschnitt 4.3) wie eine möglichst repräsentative Auswahl von untersuchten physiologischen Variablen.
5.1 Beispiele somatoviszeraler Spezifitätsforschung 5.1.1 Ax (1953) Ax (1953) legte die inzwischen klassisch zu nennende Arbeit zur physiologischen Emotionsspezifität von Angst und Ärger vor; sie gilt als eine der Hauptstützen der Annahme emotionsspezifischer physiologischer Muster. Einen in Teilen gleichen Versuchsaufbau und zum Teil dieselben Probanden verwendete Schachter (1957), dessen Versuchsbeschreibungen in wichtigen Punkten ausführlicher als bei Ax sind. Probanden waren 43 arbeitslose Frauen und Männer. Sie wurden auf ein Bett gelegt und ruhten eine Weile, bevor die Emotionsinduktionen (permutiert) sehr lebensecht inszeniert wurden. Angst wurde durch eine vorgetäuschte, lebensbedrohliche elektrische Störung der Aufnahmeapparatur induziert. Im Mittelpunkt der Ärgerinduktion stand ein – wie den Probanden bedeutet worden war – inkompetenter, arroganter und bereits entlassener Techniker, der seinen erkrankten Nachfolger gerade heute vertrat. Gegen den Willen des Versuchsleiters überprüfte der Techniker Kabelanschlüsse, schaltete die Pausenmusik abrupt ab, rückte die Probanden grob zurecht, kritisierte sie ungerechtfertigt und fügte ihnen Schmerzen zu. Für die statistische Analyse wurden Differenzwerte zwischen den Induktionsphasen und den Prästimulus-Ruhephasen gebildet. In 7 von 14 physiologischen Parametern ergaben sich signifikante Unterschiede zwischen den Emotionsinduktionen: Bei Ärger waren der Anstieg des diastolischen Blutdrucks sowie der Muskelspannung, der Abfall der Herzrate und die Anzahl der Hautleitfähigkeitsreaktionen größer als bei Angst; bei Angst waren der Anstieg der Hautleitfähigkeit sowie der Atemfrequenz und die Anzahl der Muskelspannungsspitzen größer als bei Ärger. Ax integrierte diese Profildifferenzen in der Hypothese, dass das „Angstmuster“ einem Muster bei Adrenalininjektion, das „Ärgermuster“ einem gemischten Adrenalin-Noradrenalin-Muster entspreche. Positiv an dem Experiment von Ax sind insbesondere die „Echtheit“ und die vermutliche Intensität der Emotionsinduktionen, der multivariate physiologi-
316
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sche Ansatz und die Verwendung einer nicht studentischen Stichprobe hervorzuheben. Kritisch beurteilt werden müssen das Fehlen von Befindlichkeits- und Interviewdaten, die daher auch nicht ausräumbaren Zweifel an der emotionalen Eindeutigkeit der Induktionen (besonders bei „Ärger“), die im physiologischen Muster konkurrierenden Bewegungs- und Sprechanteile, die Länge der Registrierphasen, die Wahl von Extremwertparametern (vermutlich geringe Reliabilität), die Konfundierung von Effekten des situativen Kontextes und etwaiger Emotionseffekte in dem statistisch berechneten Differenzwert zwischen Emotionsinduktion und Prästimulusphase und die unvollständig berichtete statistische Analyse (es fehlt die Angabe, ob die Emotionsinduktionen überhaupt einen signifikanten physiologischen Hub erzeugten). 5.1.2 Sinha, Lovallo und Parsons (1992) Sinha et al. (1992) untersuchten mit Hilfe der Imagination persönlich relevanter emotionaler Erlebnisse an 27 männlichen Probanden die Emotionen Angst, Ärger, Freude, Traurigkeit sowie als Kontrollbedingungen die Imagination einer Neutralsituation und einer physischen Anstrengung. Die Imaginationsdurchgänge waren sorgfältig kontrolliert in Bezug auf den (möglichst reinen) angestrebten Emotionsgehalt der vorweg niedergelegten Skripte der Emotionsepisoden, die Beachtung von Reaktionspropositionen in den Skripten (Lang, Kozak, Miller, Levin & McLean, 1980), die Zwischenschaltung von individuell unterschiedlich langen Ruhephasen zwischen einzelnen Imaginationsdurchgängen (Herstellung physiologischer Ruhelagen) und die Wiederholung aller Imaginationen an einem zweiten Versuchstag. Die physiologischen Effekte während der 30-sekündigen Imaginationsphase wurden als Differenz zu einer gleichlangen Prästimulusphase vor jeder Imagination erfasst. Eine Kontrolle des situativen Kontextes erfolgte durch den Vergleich der physiologischen Veränderungen unter den Emotionsinduktionen mit den Veränderungen während der Neutralimagination. Im Vergleich zur Neutralimagination waren während Angst- und Ärgerimaginationen die Herzrate, der systolische Blutdruck und das Herzminutenvolumen erhöht, während das Schlagvolumen erniedrigt war. Unter Ärger waren darüber hinaus der diastolische Blutdruck und der periphere Widerstand erhöht und die linksventrikuläre Austreibungszeit verkürzt. Ärger war von Angst durch Erhöhungen im diastolischen Blutdruck und im peripheren Widerstand unterschieden. Sowohl Angst als auch Ärger waren also durch eine Zunahme der inotropen Aktivierung des Herzens gekennzeichnet und ähnelten darin dem physiologischen Muster während der Imagination einer physischen Anstrengung. Der Unterschied der physiologischen Profile von Angst und Ärger beruhte vermutlich auf einem erhöhten vaskulären Tonus unter Ärger, auf den auch der beobachtete Unterschied im diastolischen Blutdruck zurückführbar ist.
Somatoviszerale Aktivierung
317
5.1.3 Levenson et al. (1990, 1991, 1992) Levenson, Ekman und Friesen (1990) legten eine Serie von drei Teilstudien über die Erprobung der Induktionstechnik der „hergestellten Gesichtsausdrücke“ (directed facial action task) vor. Bei dieser Technik werden die Probanden instruiert, nacheinander verschiedene Gesichtsmuskeln zu kontrahieren (vgl. Ekman, 2007). Dabei wird ihnen das mit diesen Instruktionen hergestellte prototypische Emotionsgesicht nicht unbedingt bewusst sein. Die Probanden hielten dieses Gesicht zehn Sekunden lang, währenddessen die Registrierung erfolgte. Vor jedem Durchgang wurde ein Standardnormalgesicht erzeugt, das als Kontrollbedingung für die nachfolgende Emotionsinduktion diente. Die Autoren ließen auf diese Weise sechs Emotionsgesichter herstellen: Ärger, Ekel, Angst, Freude, Traurigkeit und Überraschung. In dem ersten Teilexperiment wurde außer der eben beschriebenen Induktion auch die Imagination verwendet und dabei in den Profilen der physiologischen Variablen eine signifikante Wechselwirkung zwischen Kontext und Emotion festgestellt. Levenson et al. (1990) stellten die Ergebnisse von vier der registrierten Variablen dar: Herzrate, Fingertemperatur, Hautleitfähigkeitsniveau und EMG flexor digitorum. Die Ärgerinduktion unterschied sich von der Kontrollphase durch eine höhere Herzrate, höhere Fingertemperatur und ein angehobenes Hautleitfähigkeitsniveau. Die Angstinduktion erzeugte eine größere Herzrate und ein höheres Hautleitfähigkeitsniveau. Die Angst- und Ärgerinduktionen unterschieden sich jedoch lediglich in der höheren Fingertemperatur bei Ärger. Levenson, Carstensen, Friesen und Ekman (1991) untersuchten 20 männliche und weibliche Probanden im Altersbereich zwischen 71 und 83 Jahren in der Aufgabe zur Herstellung von Gesichtsausdrücken sowie, in Messwiederholung, in der Imagination emotionaler Episoden. Es wurden die Emotionen Angst, Ärger, Freude, Ekel, Traurigkeit und Überraschung in jeder der beiden Kontexte zu induzieren versucht und die Herzrate, Hautleitfähigkeit, Fingertemperatur und Körperbewegungen registriert. Statistisch verrechnet wurden Differenzwerte zwischen den Registrierphasen während der Emotionsinduktionen und vorgeschalteten Kontrollphasen. Die Auswertung erfolgte für den gesamten Datensatz und alternativ für eine Selektion derjenigen Durchgänge, in denen Probanden die Zielemotion in einer Mindestintensität erlebt hatten (46 % der Probanden in der Herstellungsaufgabe, 60 % in der Imaginationsaufgabe). Unter Verwendung der nach den Befindlichkeiten selegierten physiologischen Daten ergaben sich Unterschiede zwischen Angst und Ärger lediglich in den Körperbewegungen, die bei Angst kleiner als bei Ärger waren. Unterschiede der Emotionsinduktionen zu den Kontrollphasen wurden nicht mitgeteilt. Aus den
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Gerhard Stemmler
Abbildungen ist allerdings ersichtlich, dass Angst und Ärger gegenüber der Kontrollbedingung keine signifikanten Veränderungen in den Variablen Herzrate und Fingertemperatur (mit Ausnahme des Anstiegs der Herzrate unter Ärger in der Herstellungsaufgabe) bewirkt hatten. Levenson, Ekman, Heider und Friesen (1992) untersuchten die Differenzierung von Angst, Ärger, Traurigkeit, Ekel und Freude mit der Methode der Herstellung von Gesichtsausdrücken in einer Stichprobe von Minangkabau auf West-Sumatra. Wie in bisherigen Untersuchungen dieser Arbeitsgruppe wurden die Emotionseffekte in den physiologischen Variablen Herzrate, Hautleitfähigkeit, Fingertemperatur, Pulswellenlaufzeit, Fingerpulsamplitude, Atemrate und Atemtiefe bestimmt. Im Vergleich zu Kontrollgesichtern waren die Angst- und Ärgerinduktionen durch verkürzte Pulswellenlaufzeiten und schnellere Atemraten gekennzeichnet, unter Ärger wurde darüber hinaus eine erhöhte Herzrate gemessen. Angst und Ärger unterschieden sich in keiner der registrierten physiologischen Variablen.
5.2 Meta-Analysen somatoviszeraler Emotionseffekte Die Ergebnisse psychophysiologischer Spezifitätsforschung von Emotionen wurden zuletzt von Cacioppo et al. (2000) metaanalytisch zusammengefasst. Bei den Ergebnissen dieser Meta-Analysen ist zu bedenken, dass die o. g. methodologischen Probleme oft nicht ausreichend berücksichtigt worden sind. Die Schlussfolgerung aus 22 Studien war, dass selbst ein kleiner Satz an Emotionen wie Freude, Traurigkeit, Angst, Ärger und Ekel „nicht vollständig allein durch autonome Aktivität differenziert werden kann“ (S. 184; Übersetzung durch den Verfasser). Wenn hingegen positive versus negative Emotionen kontrastiert wurden, ergaben sich deutlichere Ergebnisse. In den berücksichtigten Studien wurde im Bereich der positiven Emotionalität gelegentlich Freude (happiness), noch seltener aktivierte Freude (joy) sowie ein einziges Mal Wohlbefinden (pleasure) induziert. In fast allen untersuchten somatoviszeralen Variablen war Freude durch geringere Aktivierung als Angst, Ärger oder Überraschung gekennzeichnet; Traurigkeit und Ekel waren nicht reliabel von Freude zu unterscheiden. Die deutlichste Trennung zwischen positiven und negativen Emotionen wurde bei mittelgroßen Effektstärken im diastolischen Blutdruck, Blutvolumen und im Herzminutenvolumen erzielt (vgl. Tab. 4). Trotz dieser Differenzierung ist festzuhalten, dass positive Emotionen sehr viel weniger Aufmerksamkeit als negative Emotionen erfahren haben. Weiterhin ist im Bereich der positiven Emotionen meistens nur eine einzelne Emotion, z. B.
Somatoviszerale Aktivierung
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Tabelle 4: Metaanalytischer Vergleich negativer versus positiver Emotionen in somatoviszeralen Variablen (modifiziert nach Cacioppo et al., 2000) Variable
k
d
Variable
Diastolischer Blutdruck
7
0,54*
Schlagvolumen
Blutvolumen
2
0,50*
Fingertemperatur
Herzminutenvolumen
3
0,47*
Fingerpulsamplitude
Systolischer Blutdruck
5
0,18
32
Handtemperatur
k
d
3
–0,03
15
–0,07
7
–0,09
Respirationsdauer
11
–0,11
0,17*
Muskelaktivität
10
–0,12
4
0,12
Totaler peripherer Widerstand
3
–0,14*
Gesichtstemperatur
3
0,11
Pulswellenlaufzeit
6
–0,22*
Respirationsamplitude
7
0,04
Dauer der Hautblutfluss-Reaktion
5
–0,25*
26
0,03
Dauer der Hautleitreaktion
5
–0,29*
Anzahl unspezifischer Hautleitreaktionen
3
0,02
Linksventrikuläre Austreibungszeit
3
–0,32*
Bewegung
2
0,01
Anspannungszeit
3
–0,32*
Herzrate
Hautleitfähigkeitsniveau
Anmerkungen: k = Anzahl unabhängiger Studien, d = Effektstärkenmaß d (positive Werte bedeuten höhere Werte bei negativen Emotionen). *p ≤ .05
Freude, untersucht worden (Levenson, 2003). Ausschlaggebend hierfür könnte sein, dass häufig verwendete Induktionsmethoden wie Imagination oder das Betrachten von Bildern zu nur geringen Aktivierungshüben führen und daher schwieriger von Kontrollbedingungen zu unterscheiden sind. Dieses „Manko“ könnte insbesondere für die Emotion Zuneigung-Wärme angenommen werden, da hier vermutlich eine stärkere parasympathische Aktivierung erfolgt. Andererseits sind andere positive Emotionen, wie Erwartung-Vorfreude oder Verlangen vermutlich mit deutlichen somatoviszeralen Aktivierungen verbunden. Studien, die seit der Meta-Analyse von Cacioppo et al. (2000) publiziert worden sind, zeichnen ein abweichendes Bild vom Stand der Spezifitätsforschung. Prkachin, Williams-Avery, Zwaal und Mills (1999) fanden in autobiografischer Imagination von Freude, Traurigkeit, Ärger, Angst eine kardiovaskuläre Differenzierung zwischen den Emotionen; dies traf auch in der Untersuchung von Herrald und Tomaka (2002) bei den real-life induzierten Emotionen Ärger, Scham und Stolz zu. Christie und Friedman (2004) riefen über kurze Filme
320
Gerhard Stemmler
Heiterkeit, Zufriedenheit, Ärger, Ekel und Angst hervor. In der multivariaten Analyse waren die induzierten diskreten Emotionen in dem diskriminanzanalytischen, zweidimensionalen Raum entlang der Dimensionen Annäherung und Rückzug mit Ausnahme von Ekel voneinander trennbar, auch wenn die univariaten Analysen nur wenige signifikante Kontraste erbrachten (vgl. die kritische Diskussion des von den Autoren propagierten hierarchischen Modells mit dimensionalen Verhaltenstendenzen und subordinierten diskreten Emotionen, Stemmler, Aue & Wacker, 2007). Watanuki und Kim (2005) verwendeten verschiedene positiv-valente Reize. Ein angenehmer Geruch führte zu einer linksfrontalen EEG Aktivierung, sexuell ansprechende Bilder zu einer vasomotorischen SNS Aktivierung und eine Komikdarbietung zu einer Verminderung des Kortisolspiegels und einer Erhöhung des Immunglobulins A. Rainville, Bechara, Naqvi und Damasio (2006) untersuchten kardiorespiratorische Muster während ängstlicher, ärgerlicher, trauriger und freudiger autobiografischer Imaginationen. Die Emotionen waren bei hohen Diskriminationsraten gut voneinander trennbar. Die Autoren geben in einem Entscheidungsbaum die Variablenkombinationen an, die für einzelne der untersuchten Emotionen charakteristisch sein sollen. Stemmler et al. (2001) induzierten Angst und Ärger sowohl unter Real-life- als auch Imaginationsbedingungen. Sowohl der Kontext als auch die beiden Emotionen wiesen spezifische Einflüsse auf die somatoviszeralen Variablen auf. Waldstein et al. (2000) untersuchten Freude und Ärger in den Kontexten Film, Sprechen über und Vorstellen von relevanten autobiografischen Erinnerungen. Es zeigten sich nur Kontext-, jedoch keine Emotionseffekte. In der Studie von Kreibig, Wilhelm, Roth und Gross (2007) wurden mit Filmclips Angst und Traurigkeit induziert. Mit einer großen Auswahl kardiorespiratorischer Variablen konnte in dieser sorgfältigen Studie die physiologische Spezifität der untersuchten Emotionen nachgewiesen werden. Insgesamt vermitteln diese neueren Untersuchungen ein deutlich anderes Bild, als es in den Kommentaren von Cacioppo et al. (2000) zum Ausdruck kommt. Es bleibt abzuwarten, was der Einbezug dieser Studien in eine Meta-Analyse zur physiologischen Emotionsspezifität erbringt. Speziell zu Studien zum Vergleich von Angst und Ärger liegt eine weitere MetaAnalyse über 15 Studien und 12 somatoviszerale Variablen vor (Stemmler, 2004). Bei der Berechnung von Emotionsreaktionen (Emotion – Kontrolle) waren für Ärger 11 und für Angst 10 Variablen signifikant verändert. Die Ärgerreaktion ähnelte den Effekten einer Mischung von Adrenalin und Noradrenalin mit einem deutlichen Beitrag durch vagalen Rückzug. Die Angstreaktion ähnelte dem Effekt von Adrenalin, wieder verbunden mit vagalem Rückzug. Spezifische Reaktionen ([Angst – Kontrolle] – [Ärger – Kontrolle]) waren in 6 Variablen erkennbar und indizierten einen relativ größeren Einfluss noradrenerger Wirkungen unter Ärger und einen relativ größeren Einfluss adrenerger Wirkungen unter Angst (vgl. Tab. 5).
Somatoviszerale Aktivierung
321
Tabelle 5: Metaanalytischer Vergleich von Angst, Ärger und Kontrolle in somatoviszeralen Variablen (nach Stemmler, 2004) Variable
k
d Angst vs. Kon
d Ärger vs. Kon
d Angst vs. Ärger
Herzminutenvolumen
4
0,85**
0,43*
0,41**
Diastolischer Blutdruck
11
0,93**
1,58**
–0,43**
4
0,32*
1,04**
–0,37**
14
1,32**
1,39**
0,16
7
0,87**
0,47**
0,41**
11
1,67**
1,81**
0,06
Muskelaktivität Herzrate Respirationsrate Systolischer Blutdruck Hautleitfähigkeitsniveau
5
0,12
0,49**
–0,18
Anzahl unspezifischer Hautleitreaktionen
4
1,15**
1,06**
0,02
Schlagvolumen
4
–0,43*
–0,63**
0,12
Gesichtstemperatur
4
–0,02
0,68**
–0,45**
Fingertemperatur
8
–0,68**
–0,32**
Totaler peripherer Widerstand
3
–0,58**
0,32
–0,18 –0,43**
Anmerkungen: k = Anzahl unabhängiger Studien, d = Effektstärkenmaß d (positive Werte bedeuten höhere Werte von Angst in Spalte 3, von Ärger in Spalte 4 und von Angst in Spalte 5), Kon = Kontrolle. *p ≤ .05, **p ≤ .01.
5.3 Die Adrenalin-Noradrenalin-Hypothese von Angst und Ärger Ax (1953) und Funkenstein et al. (1954) legten die Hypothese vor, dass das peripherphysiologische Muster von Ärger dem Wirkprofil einer Mischung von Noradrenalin und Adrenalin und das Muster von Angst dem Wirkprofil von Adrenalin entsprechen würde. Diese Hypothese wurde durch Interspeziesvergleiche im relativen Gehalt von Adrenalin und Noradrenalin im Nebennierenmark nahegelegt: Paviane, Kaninchen, Meerschweinchen, Ratten und Menschen weisen einen größeren Anteil an Adrenalin, Löwen, kleine Haie und Wale einen größeren Anteil an Noradrenalin auf (Funkenstein, 1956). Zu der Hypothese passte auch die Beobachtung, dass bei Eishockeyspielern der Noradrenalin-
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spiegel wesentlich stärker anstieg als der Adrenalinspiegel, während die umgekehrten Verhältnisse bei dem Trainer und zwei Reservespielern zu beobachten waren (Elmadjian, Hope & Lamson, 1957). Wagner (1989; Breggin, 1964) legte eine zusammenfassende Diskussion von Studien zur Peripherphysiologie und zur Hormonausschüttung bei Emotionen vor, die nach seiner Interpretation überwiegend die Adrenalin-NoradrenalinHypothese stützen. Andere Untersuchungen legen jedoch mögliche Grenzen dieser Interpretation nahe. So infundierten Chessick et al. (Chessick, Bassan & Shattan, 1966) ihren Probanden Adrenalin sowie Noradrenalin und verglichen die peripherphysiologischen Reaktionsprofile unter den Angst- und Ärgerinduktionen mit denjenigen der Katecholamininjektionen. Die Autoren konnten keine deutlichen Ähnlichkeiten zwischen den Reaktionen auf die Emotionsinduktionen und auf die Katecholamininfusionen feststellen. In einer Rückschau auf eine Vielzahl von Studien aus ihrem Labor kam Frankenhaeuser (1979) ebenfalls zu der Einschätzung, dass Adrenalin und Noradrenalin nicht selektiv in verschiedenen emotionalen Zuständen ausgeschüttet würden. Auch Glass, Krakoff, Contrada, Hilton et al. (1980) fanden in einer Studie zum Typ-A Verhalten bei einem aufreibenden Wettbewerb nicht die erwarteten Unterschiede im Plasma-Noradrenalin-Spiegel zwischen den experimentellen Gruppen. Als wichtige Alternativhypothese zur postulierten ärgerbezogenen Erhöhung des Noradrenalinspiegels muss bedacht werden, dass muskuläre Aktivierung und aufrechtes Stehen zu einer wesentlichen Erhöhung der Noradrenalinkonzentration im Plasma führen (Ziegler, Lake & Kopin, 1977). Welches sind nun die Auswirkungen von Adrenalin und Noradrenalin auf peripherphysiologische Variable? Adrenalin stimuliert alpha-adrenerge, beta1und beta2-adrenerge Rezeptoren. Gegenüber Kontrollphase bzw. Placebo erhöht Adrenalin die Herzrate, den systolischen Blutdruck, das Schlagvolumen, die linksventrikuläre Kontraktilität, das Herzminutenvolumen, die Anzahl unspezifischer Hautleitreaktionen sowie die Atemfrequenz; Adrenalin verringert weiterhin die Fingertemperatur, vermutlich weil das Blut aus der Peripherie verstärkt zu den Gefäßen der Skelettmuskulatur umverteilt wird, den diastolischen Blutdruck sowie den totalen peripheren Widerstand. Noradrenalin stimuliert alphaadrenerge und beta1-adrenerge Rezeptoren. Noradrenalin erhöht sowohl den systolischen und diastolischen Blutdruck, woraufhin die Herzfrequenz vermutlich über den Barorezeptor-Rückmeldekreis gesenkt wird, als auch die linksventrikuläre Kontraktilität und die Anzahl unspezifischer Hautleitreaktionen. Die Fingertemperatur sinkt. Schlagvolumen und Herzminutenvolumen sind nicht deutlich verändert. Der periphere Widerstand steigt hingegen deutlich an. Unterschiede zwischen Noradrenalin und Adrenalin zeigen sich demnach in niedrigerer Herz- und Atemfrequenz, niedrigerem Schlagvolumen und Herzminutenvolumen sowie in höherem peripheren Widerstand und diastolischen Blutdruck
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sowie höherer Fingertemperatur unter Noradrenalin (Chessick et al., 1966; Löllgen, Meuret, Just & Wiemers, 1985; Wenger et al., 1960). Im Vergleich zu den in Tabelle 5 zusammengefassten Unterschieden zwischen Angst und Ärger zeigt sich mit dieser Charakterisierung der Katecholaminwirkung eine Übereinstimmung in Bezug auf die Reaktionen im diastolischen Blutdruck, peripheren Widerstand (höher bei Ärger als Angst) sowie im Herzminutenvolumen und in der Respirationsrate (höher bei Angst als Ärger). In Bezug auf Herzrate und Fingertemperatur weisen die empirischen Ergebnisse zwar in die Richtung der erwarteten Katecholaminwirkungen, sie sind aber nicht signifikant. Hierzu könnten interindividuelle Unterschiede in der beta-adrenergen Rezeptorsensitivität beitragen (Eisenhofer, Lambie & Johnson, 1985). Somit scheint die Adrenalin-Noradrenalin-Hypothese von Angst und Ärger eine gute, wenn auch nicht erschöpfende Charakterisierung des kardiovaskulären Reaktionsmusters unter Angst und Ärger zu sein.
5.4 Problem der unspezifischen somatoviszeralen Reaktionen Wie haltbar ist die Forderung, dass eine vollständige Differenzierung von diskreten Emotionen durch autonome Aktivität notwendig sei, um ihre biologische Besonderheit zu zeigen? Wie zu zeigen sein wird, ist diese Forderung unbegründet. Tatsächlich ist es so, dass sich physiologische Emotionsreaktionen oft nur in einer Auswahl der untersuchten Variablen unterscheiden (unvollständige Differenzierung). Gleichwohl wird die biologische Bedeutung der physiologischen Emotionsreaktion erst aus der Reaktion in allen Variablen, ob spezifisch oder unspezifisch, ersichtlich. So kann ein Herzratenanstieg ohne starke Blutdrucksteigerung auf vagalen Rückzug, ein Herzratenanstieg mit starker Blutdrucksteigerung jedoch auf eine kombinierte alpha- und beta-adrenerge Aktivierung hindeuten. Ohne Berücksichtigung des in beiden Fällen vorhandenen, also unspezifischen Herzratenanstiegs könnte der erste Fall nicht mehr als vagaler Rückzug, sondern ebenso gut als ausbleibende Reaktion gewertet werden. Unspezifische Emotionsreaktionen sind dadurch charakterisiert, dass sie zwischen Kontroll- und Emotionsbedingungen, nicht aber zwischen Emotionsbedingungen unterscheiden können. In der Meta-Analyse zu Angst und Ärger (vgl. Abschnitt 5.2) wurden unspezifische Emotionsreaktionen für Herzrate, systolischen Blutdruck, die Anzahl unspezifischer Hautleitreaktionen und die Fingertemperatur festgestellt. Diese Reaktionen könnten sehr wohl genuiner Teil der Physiologie von Angst und Ärger sein, etwa weil beide Emotionen für aktives Verhalten mobilisieren (fight and flight). Um die physiologische „Signatur“ einer Emotion und ihre funktionale Bedeutung zu verstehen, müssen also sowohl spezifische wie unspezifische Reaktionen betrachtet werden.
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Somatoviszerale Emotionsspezifität ist fast ausschließlich auf der Ebene einzelner physiologischer Variablen diskutiert worden. Alternativ könnte Emotionsspezifität aber auch auf der Ebene physiologischer Regulationen untersucht werden, wenn z. B. Emotionen spezifisch mit bestimmten neurochemischen oder supraspinalen Mechanismen zusammenhingen, die zu der einzigartigen organismischen Adaptation bei einer Emotion beitragen – wie etwa die bereits besprochene Adrenalin-Noradrenalin-Hypothese von Angst und Ärger. Allerdings könnten verschiedene Kombinationen dieser Mechanismen in einer bestimmten somatoviszeralen Variablen (Herzrate im Beispiel oben) zu der gleichen Reaktion während zweier Emotionen führen und diese Reaktionen somit unspezifisch ausfallen lassen (Berntson, Cacioppo, Quigley & Fabro, 1994; Berntson, Cacioppo & Quigley, 1994; Stemmler, 1993). Ein weiteres Beispiel für die Diskussion von Emotionsspezifität auf der Ebene von physiologischen Regulationen soll sich auf die in Abschnitt 4.5 eingeführten Aktivierungskomponenten beziehen. So könnte bspw. der alpha-adrenerge, beta-adrenerge und cholinerge kardiovaskuläre Tonus als distaler Mechanismus und der diastolische Blutdruck als proximaler Mechanismus verstanden werden. Pharmakologische Studien, die die genannten Rezeptorarten blockieren, wiesen nach, dass der diastolische Blutdruck mit dem alpha-adrenergen Tonus (Nelson, Silke, Hussain, Verma & Taylor, 1984) und mit einem Rückgang des Vagotonus ansteigt (Knoebel, McHenry, Phillips & Widlansky, 1974; Levine & Leenen, 1989; Martin et al., 1974). Gleichzeitig ist unter Ruhebedingungen der diastolische Blutdruck nicht von dem beta-adrenergen Tonus beeinflusst (Silke, Nelson, Ahuja, Okoli & Taylor, 1983). Also kann erwartet werden, dass der diastolische Blutdruck mit erhöhter Aktivität der alpha-adrenergen Aktivierung und verminderter Aktivität der cholinergen Aktivierung ansteigt. Die unspezifischen Zunahmen des diastolischen Blutdrucks in Real-life-Induktionen von Angst und Ärger (vgl. Meta-Analyse in Stemmler, 2004) könnten durch unterschiedliche Mechanismen hervorgerufen worden sein: eine Zunahme des alphaadrenergen Tonus unter Ärger und eine Abnahme des Vagotonus unter Angst. Wie in dem Kontext-Abweichungsmodell von Emotionsspezifität postuliert, sind somatoviszerale Effekte von Emotionen notwendigerweise mit den Effekten des aktuellen Kontextes konfundiert. So kann eine Emotionsreaktion in einem bestimmten Kontext spezifisch, in einem anderen hingegen unspezifisch ausfallen. Im Fall des eben besprochenen diastolischen Blutdrucks waren bei Induktion von Angst und Ärger mittels Imagination die Blutdruckreaktionen spezifisch, unspezifisch hingegen bei Induktion mittels Real-life-Prozeduren. Diese Unterschiede ließen sich auf signifikant ungleiche Angstreaktionen unter Imagination (eher niedrig) und „real-life“ (eher hoch) zurückführen; die entsprechenden Ärgerreaktionen waren hingegen unter beiden Induktionen hoch.
Somatoviszerale Aktivierung
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In der Folge war Emotionsspezifität im diastolischen Blutdruck nur in der Imaginationsbedingung nachweisbar. In der Regel wird also eine nur unvollständige Differenzierung von Emotionen in den betrachteten physiologischen Variablen erfolgen. Dennoch müssen für ein Verständnis der Regulationsmuster unter Emotionen auch die unspezifischen Variablen herangezogen werden. Der Kontext der Emotionsinduktion übt einen maßgeblichen Einfluss darauf aus, ob sich Variablen im Emotionsvergleich als spezifisch oder unspezifisch erweisen.
6 Komponentenmodell somatoviszeraler Reaktionen bei Emotionen 6.1 Das Modell Wie in dem Kontext-Abweichungsmodell somatoviszeraler Emotionsspezifität postuliert, können sich verschiedene Einflussfaktoren simultan auf die Aktivität physiologischer Variablen auswirken. Dies wurde etwa bei der experimentellen Stimulation mit einem Reiz, zwei oder sogar drei simultanen Reizen bzw. Anforderungen gezeigt (Myrtek & Spital, 1986; Foerster, Myrtek & Stemmler, 1993). In dem Komponentenmodell somatoviszeraler Reaktionen geht es um drei Klassen von Einflussfaktoren (Komponenten) auf die beobachtete physiologische Reaktion (Stemmler et al., 2001): 1. Nicht emotionaler Kontext. Die erste Komponente wird durch den „nicht emotionalen“ Kontext einer Emotionsinduktion bestimmt, etwa die Körperhaltung, die Umgebungstemperatur, die momentane motorische Aktivität oder Beanspruchungen durch kognitive Prozesse, die nicht im Dienste von Emotionen stehen. 2. Emotionssignaturen. Die zweite Komponente spiegelt eine fixe (spezifische?) somatoviszerale Adaptation wider, die mindestens zwei Funktionen hat: Schutz des Organismus durch autonome Reflexe und die Vorbereitung des Organismus auf prototypische Verhaltensweisen im Dienste der Erreichung des Emotionsziels. Diese Emotionssignaturen werden vermutlich nur in einem kurzen Zeitfenster während der Emotionsinduktion und kurz danach, stets aber nur vor Beginn von offenem Verhalten erkennbar sein. Es wäre denkbar, dass die in Tabelle 3 zusammengefassten supraspinalen Reaktionsmuster diese Signaturen hervorbringen, im Falle von Ärger das Konfrontationsmuster, im Falle von Angst je nach Kontext das Flucht- oder das Wachsamkeitsmuster. 3. Kontextuelle Ressourcen. Die dritte Komponente umfasst Effekte von organismischen, behavioralen und mentalen Beanspruchungen, die durch die
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aktuelle Situation in Verfolgung eines Emotionsziels erfordert werden, z. B. Flucht hin zu einem sicheren Platz. Diese Komponente organisiert die flexible Zusammenstellung von körperlichen Ressourcen unter aktuellen Situationserfordernissen. Wenn etwa unter Bedrohung die Gelegenheit zu „KampfFlucht“ besteht, wird vermutlich der zentral-autonome Defensivreflex ausgelöst, weil er den Organismus auf die extrem starke Kraftanstrengung bei Kampf oder Flucht vorbereitet (Hilton, 1982). Je nach situativem Kontext, wie er physikalisch gegeben ist und wie das Individuum ihn wahrnimmt und interpretiert, können physiologische Reaktionen verschiedener Emotionen in Folge dieser dritten Komponente deutlich überlappen. Was könnte nun die funktionale Bedeutung der somatoviszeralen Signaturen von Ärger oder Angst sein? Ärger ist ein neurobehaviorales System, das Individuen dazu motiviert, Misserfolg durch Abwenden von Unterordnung oder Beseitigung von Hindernissen zu vermeiden. Plutchik (1980) nannte das prototypische Adaptationsmuster von Ärger „Zerstörung“ (destruction). Angriff ist eine typische Verhaltensreaktion, die eine starke Aktivierung des SNS zu ihrer Bereitstellung erfordert. Die Verhaltensreaktion verlangt insbesondere eine ausdauernde muskuläre, isometrische Anspannung. Kreislaufanpassungen bei isometrischer Anspannung führen zu erhöhtem diastolischen Blutdruck und totalem peripheren Widerstand, was dem verminderten effektiven Perfusionsdruck in stark kontrahierten Muskeln entgegenwirkt und deren Blutversorgung dient (Buell, Alpert & McCrory, 1986; Shanks, 1984). Dieses Reaktionsmuster kann schon in Erwartung einer Handgriffaufgabe auftreten (Mäntysaari, Antila & Peltonen, 1988). Weitere wichtige funktionale Bedeutungen entstehen aus der Wechselbeziehung zwischen kardiovaskulärem System und dem Gehirn. So ist es gut bekannt, dass steigender Blutdruck die Barorezeptoren im Aortenbogen und in den Karotiden (Halsschlagadern) aktiviert. Dadurch wird u. a. die Schmerzschwelle angehoben (Ring, Edwards & Kavussanu, 2008). In gefährlichen Situationen ist ein solcher Mechanismus sicherlich vorteilhaft. Des Weiteren besteht ein positiver Zusammenhang zwischen phasisch erhöhtem Blutdruck und der elektrophysiologisch bestimmten kortikalen Aktivierung, der Aufmerksamkeit und der Reaktionsbereitschaft (Duschek, Meinhardt & Schandry, 2006). Dieser psycho-physiologische Mechanismus ist ebenfalls hochbedeutsam für eine schnelle und entschiedene Verhaltensreaktion. Bei besonders starker Erregung dieses Mechanismus könnte es zu einer funktionellen Entkoppelung inhibitorischer, präfrontaler exekutiver Kontrollprozesse kommen. „Blinde Wut“ könnte die Konsequenz sein. Die Richtung des Zusammenhangs zwischen Blutdruck und Hirnaktivität ist noch unbekannt. Auf der einen Seite übt das Zentrale Autonome Netzwerk
Somatoviszerale Aktivierung
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einen steuernden Einfluss auf das ANS aus und stellt beispielsweise den Sollwert der Blutdruckregulation ein. Auf der anderen Seite spielen Katecholamine und hier insbesondere Noradrenalin eine wichtige Rolle bei der Regulation der kortikalen Aktivierung und der Aufmerksamkeit. Zudem projizieren afferente sympathische und parasympathische Fasern in den präfrontalen Kortex, die Insula und den anterioren zingulären Kortex (Critchley, Mathias et al., 2003). Es gibt also reiche anatomische Verknüpfungen zwischen dem zentralen und dem autonomen Nervensystem, deren Einzelheiten noch aufzuklären sind. Angst ist ein neurobehaviorales System, das Individuen dazu motiviert, Misserfolg durch Abwenden von Bedrohung, Verletzung und Vernichtung zu vermeiden. Plutchik (1980) nannte das prototypische Adaptationsmuster von Angst „Schutz“ (protection). Selbst wenn Flucht eine typische Verhaltensreaktion ist (wenn die Möglichkeit dafür besteht), kann Angst einer effektiven Flucht jedoch auch entgegenwirken, wenn Angst uns zittern, ineffizient denken oder sogar ohnmächtig werden lässt. Der Kern der somatoviszeralen Signatur von Angst könnte möglicherweise nicht die Bereitstellung von Ressourcen für Flucht, sondern ein Schutzreflex des Kreislaufs in Antizipation eines lebensbedrohlichen schweren Blutverlustes sein. Blutverlust ist das wahrscheinliche Ergebnis einer Verletzung und kann einen hypovolämischen Schock auslösen (Larsen, 1996): Das SNS wird stark aktiviert, das PNS stark deaktiviert mit erhöhter Herzrate, myokardialer Kontraktilität und Respirationsrate. Die Blutverteilung wird „zentralisiert“, um die Versorgung des Herzens, des Gehirns und der Lunge zu gewährleisten. Die Zentralisierung wird durch eine starke, alpha-adrenerg vermittelte Vasokonstriktion von Blutgefäßen in der Niere, im Muskel, in den Eingeweiden und in der Haut bewirkt. Diese Blutumverteilung ist erkennbar an Gesichtsblässe und kalten feuchten Händen. Die somatoviszerale Signatur von Angst könnte nun in einer sehr milden Form des Reaktionsmusters unter hypovolämischem Schock bestehen – allerdings ohne Blutdruckabfall, da ja kein Blutverlust eingetreten ist.
6.2 Differenzierung von Emotion und motivationalen Verhaltenstendenzen In einem ersten Test des Komponentenmodells (Stemmler et al., 2007) wurde geprüft, ob (1) die Emotionen Angst und Ärger spezifische somatoviszerale Signaturen aufweisen, (2) die motivationalen Verhaltenstendenzen Annäherung und Rückzug spezifische somatoviszerale kontextuelle Ressourcen rekrutieren und (3) Emotionssignaturen von kontextuellen Ressourcen unabhängig sind.
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Gerhard Stemmler Kasten 2: Experiment zur Differenzierung Emotion – Motivationale Verhaltenstendenzen
Eine Stichprobe von N = 118 männlichen, aktiven Fußballspielern wurde auf vier Experimentalgruppen aufgeteilt: Ärger-Annäherung, Ärger-Rückzug, Angst-Annäherung und Angst-Rückzug. Alle Probanden durchliefen zunächst eine Eingangsruhe, ein Imaginationsskript (Jogging) zur Einübung und ein weiteres Imaginationsskript (Winter), das die Effekte von Bewegungsvorstellung und damit den nicht emotionalen Kontext erfassen sollte. Danach wurden – gruppenspezifisch – Imaginationsskripte von Szenen während und nach einem Fußballspiel präsentiert, die an der Person des Protagonisten in den Geschichten jeweils die Emotionen Angst und Ärger sowie die Verhaltensweisen Annäherung und Rückzug thematisierten. Somatoviszerale Daten wurden jeweils nach der Skriptdarbietung in einer andauernden Vorstellungsphase erhoben. Die 24 Variablen entstammten der Parametrisierung des Elektrokardiogramms, des Impedanzkardiogramms, des Elektromyogramms, der Photoplethysmografie, der Blutdruckmessung und eines Atemgürtels. Die Daten wurden univariat, mit der Winterimagination als Kovariate, sowie multivariat ausgewertet. Für die multivariate Analyse wurden, um eine angemessene statistische Teststärke zu erzielen, aus den 24 Variablen zwei neue „Summenvariablen“ gebildet, die cholinerge vagale (CHOL) und motorische Aktivierung (MOVE) repräsentieren sollten. CHOL sollte den varianzanalytischen Faktor Emotion, MOVE denjenigen der Motivationalen Richtung markieren.
Tatsächlich ließen sich, wie vorhergesagt, (1) spezifische Signaturen für Angst und Ärger, (2) spezifische kontextuelle Ressourcen für Annäherung und Rückzug sowie (3) die Unabhängigkeit von Emotionssignaturen und kontextuellen Ressourcen nachweisen. In der grafischen Veranschaulichung der Zentroide in einer Diskriminanzanalyse über die vier experimentellen Gruppen ist die bei einer optimalen Ergebniskonstellation im Sinne der Vorhersagen erzielbare rechteckige Anordnung der vier Zentroide fast erreicht (vgl. Abb. 4). Die Ergebnisse stützen die Vorstellung von neurobiologisch fundierten Basisemotionssystemen, die bidirektional mit gelingender und misslingender Zielerreichung organisiert sind (Carver, 2004; Carver, Sutton & Scheier, 2000): „Biologische Emotionssysteme könnten bidirektional sein und die ganze Bandbreite von Motiven der Annäherung oder Vermeidung eines gewünschten Zustandes sowie den Erfolg oder Misserfolg in der Erreichung dieser Ziele umfassen“ (Panksepp, 2000, Übersetzung durch den Verfasser). Das Komponentenmodell somatoviszeraler Aktivierung weist darauf hin, dass zu jedem Zeitpunkt mehrere psychologisch beschreibbare Einflüsse einander auf der Ebene physiologischer Reaktionen überlagern und zusammen den Nettoeffekt einer Emotionsinduktion ausmachen. Wenn solche multiplen Einflüsse nicht durch experimentelle Variation und Kontrolle auseinandergehalten werden, können emotionsspezifische physiologische Adaptationen nur schwer entdeckt werden.
Somatoviszerale Aktivierung
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0,4
0,2
DF2
0
–0,2
–0,4
–0,6
–0,8 –0,6
–0,4
–0,2
0
0,2
0,4
0,6
DF1
Abbildung 4: Zentroide experimenteller Gruppen im Diskriminanzraum der Variablen CHOL und MOVE (vgl. Text). Auf der ersten Diskriminanzfunktion werden Angst und Ärger getrennt, auf der zweiten Annäherung und Rückzug. Die Variable CHOL korreliert mit der ersten Diskriminanzfunktion zu r = 0,99, mit der zweiten zu r = –0,02; MOVE korreliert mit der ersten Diskriminanzfunktion zu r = –0,44, mit der zweiten zu r = 0,90 (DF1 = Diskriminanzfunktion 1; DF2 = Diskriminanzfunktion 2; AEA = ÄrgerAnnäherung; AER = Ärger-Rückzug; ANA = Angst-Annäherung; ANR = Angst-Rückzug).
7 Ausblick In den vergangenen Jahren hat es eine erfreuliche Zunahme qualitativ hochwertiger Forschungsergebnisse über somatoviszerale Aktivierung bei Emotionen gegeben. Sie bestätigen überwiegend, dass die physiologischen Muster verschiedener Emotionen unterscheidbar sind. Drei weitere Entwicklungslinien dieser Forschung sind absehbar. Zum einen ist die Frage nach der Veränderbarkeit physiologischer Muster durch parametrische Variation von Reiz- und Kontextbedingungen zu stellen, z. B. bei der noch völlig vernachlässigten Frage nach der Intensitätsvariation von Emotionen. Zum anderen sollten Emotionsmodelle einander gegenübergestellt werden, wobei ein Gutteil der zu leistenden Arbeit die Herausarbeitung testbarer kritischer Modellvorhersagen ist. Schließlich sind die neurobiologische Erforschung der supraspinalen Integrationszentren des Zentralen Autonomen Netzwerks fortzusetzen und die bidirektionalen Wechselbeziehungen mit somatoviszeralen Variablen weiter zu erkunden.
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9. Kapitel
Gefühle als Emotionsmonitor Lothar Schmidt-Atzert
1 Was sind „Gefühle“? 1.1 Gefühle als Emotionskomponente Unter Gefühlen wird in diesem Beitrag eine Komponente von Emotionen verstanden, nämlich die Wahrnehmung des eigenen „emotionalen“ Zustandes. Wie diese Wahrnehmung funktioniert, ist Gegenstand vieler Theorien und Untersuchungen. Vorerst genügt es, die umgangssprachliche Bedeutung von Wahrnehmung zugrunde zu legen, die grundsätzlich auch Interpretationen und Schlussfolgerungen einschließt (deshalb gibt es auch Fehlwahrnehmungen). Mit den Begriffen „emotionales Erleben“ und „emotionales Befinden“ wird der gleiche Sachverhalt bezeichnet. In der englischsprachigen Fachliteratur finden dafür häufig die Begriffe emotional experience, emotional feeling oder affect Verwendung. Eigentlich müsste man von „emotionalen Gefühlen“ sprechen, weil der Begriff „Gefühl“ breiter ist und sich auch auf andere Phänomene als Emotionen beziehen kann (siehe unten). In diesem Beitrag werden unter „Gefühlen“ immer emotionale Gefühle verstanden, sofern nicht explizit eine andere Bedeutung erwähnt wird. In diesem Sinne kennt jeder Zustände, die man für sich selbst als Freude, Wut, Traurigkeit oder etwa Schuldgefühl einordnet und anderen Menschen gegenüber auch so bezeichnet. „Emotion“ ist dagegen das breitere Konzept, innerhalb dessen das „Gefühl“ einen Teilaspekt darstellt. Diese Auffassung ist zwar nicht allgemein anerkannt, wird aber zumindest in vielen Lehrbüchern vertreten (z. B. Meyer, Schützwohl & Reisenzein, 1993, S. 23 f.; Schmidt-Atzert, 1996, S. 21). „Most contemporary theorists […] hold some version of the component view of emotion: that emotion experience is one of several components of emotion“ (Lambie & Marcel, 2002, S. 227).
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1.2 Wahrnehmung interner Veränderungen Strittig ist, was wir wahrnehmen, wenn wir Freude, Angst oder etwa Ärger „erleben“. Sieht man von Sinnestäuschungen, Phantomschmerzen nach der Amputation von Gliedmaßen und durch elektrische Hirnreizung hervorgerufenen Empfindungen ab, so kann man bei jeder Empfindung fragen, worauf sie sich bezieht, was ihr Gegenstand ist. Die Vorstellungen, was bei Gefühlen Gegenstand der Wahrnehmung ist, gehen weit auseinander. Eine Konzeption besagt, dass meist als Folge bestimmter Ereignisse (z. B. ein großer Hund kommt knurrend auf einen zu) eine Emotion in der Person entsteht. Wie diese Emotion beschaffen ist, welche Veränderungen dabei in der Person auftreten, ist zunächst nicht von Bedeutung. Entscheidend ist, dass es sich um konkrete, reale Veränderungen handelt, die im Prinzip daher auch messbar sind. Das Gefühl stellt ein mehr oder weniger genaues Abbild dieser Veränderungen dar. Vereinfacht gesagt, es erfolgt zunächst eine körperliche Reaktion und diese wird von uns als Gefühl der Angst, Freude oder etwa Traurigkeit wahrgenommen. Beispielsweise stellt sich der Neuropsychologe Damasio (2001) den Ablauf wie folgt vor: Emotionen sind Muster chemischer und neuronaler Reaktionen des Gehirns, ausgelöst durch entsprechende Reize. Gefühle stellen die mentale Repräsentation der dabei auftretenden physiologischen Veränderungen dar. „Feelings are the mental representation of the physiological changes that characterize emotions“ (S. 781). Andere Autoren beschreiben den Gegenstand des emotionalen Erlebens teils ähnlich, indem sie körperliche Veränderungen in allgemeiner Form (Erregung) oder nur eine spezifische Komponente (z. B. mimische Reaktion) hervorheben, teils schließen sie auch Kognitionen wie Verhaltensimpulse oder Bewertungen ein bzw. erklären diese zum alleinigen Gegenstand der Gefühle (vgl. Lambie & Marcel, 2002). Barrett, Mesquita, Ochsner und Gross (2007) bezeichnen solche Ansätze als materialistisch. Materialistische Ansätze zeichnen sich dadurch aus, dass die Ursache bzw. der Gegenstand des Erlebens in konkreten Veränderungen im Organismus liegt. Das können etwa körperliche Reaktionen, neurochemische Prozesse und sogar kognitive Prozesse wie die Bewertung einer Situation sein. Barrett et al. stellen dem materialistischen Ansatz einen in der philosophischen Tradition des biologischen Naturalismus stehenden Ansatz gegenüber, demzufolge Gefühle selbst Teil der biologischen Welt sind und damit nicht auf diese reduziert werden können. Demnach ist es zwar grundsätzlich möglich, etwa die neuronalen Vorgänge beim Erleben eines Gefühls zu beschreiben – diese erklären aber das Erleben nicht in einem kausalen Sinn. Vereinfacht gesagt, ist das Gefühl eigenständiger Teil der emotionalen Reaktion, keinesfalls nur deren Wahrnehmung.
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Neben diesen beiden Auffassungen zum Verhältnis von Gefühl und Emotion gibt es noch eine dritte, die man vereinfacht auf die Formel bringen kann: „Gefühl ist das Gleiche wie Emotion“. Gelegentlich wird der Begriff „Gefühl“ auch als Synonym für „Emotion“ verwendet. In der Umgangssprache zeigen Formulierungen wie „man sieht, dass die andere Person Schuldgefühle hat oder sich glücklich oder traurig fühlt“, dass Laien oft das emotionale Erleben mit der Emotion gleichsetzen. Beedie, Terry und Lane (2005) hatten Laien nach Unterscheidungsmerkmalen von Emotion und Stimmung befragt und dabei festgestellt, dass viele Befragte Emotion mit Gefühl in Verbindung brachten oder sogar gleichsetzten, Stimmung dagegen eher mit Kognitionen. In Forschungsberichten werden Emotionen gelegentlich wie selbstverständlich nur über Gefühle operationalisiert, indem den Probanden etwa ein paar Adjektive vorgegeben werden, mit deren Hilfe sie ihr Befinden einstufen sollen. In den Ergebnissen wird dann wie selbstverständlich von Emotion gesprochen. Eine „Einführung in die Emotionspsychologie“ trägt sogar den Titel „Das Gefühl“ (Ulich, 1995); im Text werden die beiden Begriffe austauschbar verwendet. In welchem Verhältnis Gefühl und Emotion gesehen werden, kann also auf einen bestimmten wissenschaftstheoretischen Standpunkt zur Leib-Seele-Problematik zurückzuführen sein (vgl. Beitrag von Stemmler, Kap. 8, in diesem Band), aber auch auf einen unreflektierten Sprachgebrauch bzw. eine Anpassung an ein mangelndes sprachliches Unterscheidungsvermögen von Lesern. Mit der im Titel dieses Beitrags gewählten Spezifizierung von Gefühlen als „Emotionsmonitor“ wird quasi als Arbeitshypothese angenommen, dass Gefühle eine mentale Repräsentation oder „Abbildung“ von emotionalen Reaktionen darstellen. Welche Teile der emotionalen Reaktion zum Gefühl beitragen oder ob sie überhaupt Gefühle beeinflussen, sind empirisch zu beantwortende Fragen. Um diese Position zu verdeutlichen, bietet sich ein Vergleich von Emotionen mit Krankheiten und von Gefühlen mit Beschwerden an, über die ein Patient berichtet. Sieht man von eingebildeten Krankheiten (Hypochondrie) ab, so ist festzustellen, dass viele Krankheiten nicht oder nicht nur mit beobachtbaren Verhaltensweisen wie Husten, Zittern oder Lähmungen (dem entspricht bei Emotionen der Ausdruck) und messbaren physiologischen Veränderungen (Blutdruck, Herzfrequenz, Körpertemperatur, Blutwerte etc.) einhergehen, sondern auch mit bestimmten Beschwerden (Analogie zu Gefühlen). Dazu gehören Schmerzen unterschiedlichster Art, vermehrter Durst, Taubheitsgefühle, Schwindel, Verwirrtheit oder Übelkeit. Medizinisch gut informierte Laien und Ärzte werden diesen Zeichen Bedeutung beimessen und sie nicht als unüberprüfbare subjektive Empfindungen ignorieren. Kein Arzt wird diese Beschwerden mit der Krankheit gleichsetzen. Sie sind ein Teil der Krankheit; man könnte auch von einer Krankheitskomponente sprechen, so wie man Gefühle als eine Emotionskomponente bezeichnet. Schließlich kann es eine wissenschaftlich se-
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riöse Frage sein, ob vermehrter Durst auf einen hohen Blutzuckerwert zurückzuführen ist – genau wie die Frage nach der Entstehung von emotionalen Gefühlen sinnvoll sein kann.
1.3 Abgrenzung von anderen Empfindungen Nach diesen grundsätzlichen Betrachtungen zum Wesen von Gefühlen soll nun eine inhaltliche Spezifizierung der Gefühle vorgenommen werden. Dabei wird auch eine Abgrenzung von verwandten Phänomenen versucht. Der auf das Erleben beschränkte Gefühlsbegriff bedarf einer weiteren Präzisierung, die man mit dem Zusatz „emotionale“ Gefühle annäherungsweise umschreiben kann. Der Gefühlsbegriff wird darüber hinaus auch für andere Empfindungen verwendet: – Körperliche Empfindungen (z. B. „Kältegefühl“, „Druckgefühl“, „Schmerz“), die auf eine Stimulation entsprechender Rezeptoren zurückgeführt werden können, – mentale Zustände (z. B. sich „wach“, „müde“, „erschöpft“ oder „konzentriert“ fühlen) und – vage Eindrücke im Sinne von „nicht genau wissen“ (z. B. „Gefühl, etwas vergessen zu haben“, „sich beobachtet zu fühlen“, „sich abgelehnt zu fühlen“). Clore, Ortony und Foss (1987) haben eine etwas andere Taxonomie vorgeschlagen, nachdem sie Versuchspersonen zahlreiche Begriffe zur Beurteilung vorgelegt hatten. Sie verfolgen aber das gleiche Ziel, nämlich eine Differenzierung zwischen emotionalen Gefühlen und anderen Zuständen. Neben affektiven (z. B. wütend), körperlichen (z. B. hungrig) und kognitiven Zuständen (z. B. interessiert) beschrieben sie so genannte externe Bedingungen (z. B. hilflos). Diese letzte Kategorie entspricht nur sehr grob dem, was oben als „vage Eindrücke“ bezeichnet wurde. Wichtig ist hierbei die Erkenntnis, dass sich diese Kategorien überschneiden. Eine klare Abgrenzung ist also nicht möglich; neben typischen Vertretern finden sich Begriffe, die in den Grenzbereich zu einer anderen Kategorie fallen. Eine abgeschlossene Liste von emotionalen Gefühlen existiert nicht. Von prototypischen Gefühlen wie Angst und Wut ausgehend gelangt man bald in einen unscharfen Grenzbereich mit Begriffen wie Leere oder Entspannung. „Prototypisch“ sind Exemplare, die als gute Beispiele für eine Kategorie angesehen werden, so etwa Orange oder Apfel, aber kaum Olive für die Kategorie Obst. Prototypische Exemplare weisen in der Regel viele Eigenschaften auf, die als typisch für die Exemplare einer Kategorie gelten (Rosch & Mervis, 1975). Einige Begriffe wie „Unanständigkeit“ oder „Mangel“ können als extrem schlechte
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Beispiele für die Kategorie „emotionale Gefühle“ identifiziert werden (Schmidt-Atzert, 1981, S. 36). Averill (1975) hatte 717 vermeintliche emotional concepts in der englischen Sprache gesammelt und von Studierenden danach einstufen lassen, ob sie sich auf eine Emotion beziehen oder nicht. Die mittleren Einstufungen variierten auf einer Skala von 1 bis 7 zwischen 6.99 (angry) und 1.48 (slow); eine sprunghafte Veränderung der Einstufungen ist nicht zu erkennen. Dass am Ende 558 Emotionsbegriffe übrig blieben, lag an der Entscheidung, Wörter mit Einstufungen unter 3 „abzuschneiden“. Über den Sprachgebrauch gelingt eine definitorische Abgrenzung der emotionalen Gefühle von anderen Gefühlen ebenso wenig wie die Differenzierung von Obst und Gemüse. Gefühle lassen sich ebenfalls kaum von Stimmungen abgrenzen. Zwar werden in der Fachliteratur wie auch in Laienkonzeptionen Merkmale zur Unterscheidung von Emotion und Stimmung spezifiziert (z. B. Beedie et al., 2005; Parkinson, Totterdell, Briner & Reynolds, 2000), doch dürfte es unstrittig sein, dass Stimmungen auch einen Erlebensaspekt haben. Folgt man Parkinson et al. (2000, S. 20 f.), so „erlebt jemand, der glücklich, traurig oder deprimiert über eine bestimmte Sache ist, eine Emotion, während sich jemand, der sich ganz allgemein glücklich, traurig oder deprimiert fühlt, ohne dass es einen konkreten Anlass dafür gäbe, in einer bestimmten Stimmung befindet.“ Stimmungen können genauso wie erlebte Emotionen mit Fragebogen erfasst werden. Selbst die Items können partiell die gleichen sein, wie das Zitat von Parkinson et al. (siehe oben) belegt. Manche Autoren nehmen die unscharfen Grenzen zwischen emotionalen Gefühlen und anderen Bewusstseinszuständen zum Anlass, den Gefühlsbegriff auszudehnen und sogar verschiedene Formen des dennoch als „emotional“ bezeichneten Erlebens zu unterscheiden. Solche phänomenologischen Betrachtungen haben etwa Lambie und Marcel (2002) und Frijda (2005) angestellt. Beispielsweise argumentiert Frijda, die Aufmerksamkeit des Individuums könne sich auf die externe Welt richten und das emotionale Erleben sei dann ein affektives Erleben der Welt. Andere Emotionsforscher nennen das Bewertung (appraisal; vgl. Abschnitt 4.1). Diese mangelnde begriffliche oder konzeptuelle Differenzierung scheint verbreitet zu sein. So kommt es immer wieder vor, dass Emotionsforscher von ihren Versuchspersonen eine Bewertung von Reizen oder Ereignissen verlangen, um dann zu folgern, diese hätten entsprechende Gefühle (oder gar „Emotionen“). Als Fazit lässt sich festhalten, dass Gefühle als Komponenten von Emotionen verstanden werden und sich alleine auf das Erleben beziehen. Eine befriedigende konzeptuelle Klärung ist noch nicht möglich. Insbesondere erweist sich die Abgrenzung von nicht emotionalen Gefühlen als schwierig.
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2 Möglichkeiten der Kommunikation über eigene Gefühle Gefühle sind als subjektives Erleben nur dem betroffenen Individuum direkt zugänglich. Die Befürchtung, bei der Erforschung von Gefühlen in die Tradition der Introspektion zurückzufallen, ist nicht berechtigt. Der Bericht über das emotionale Erleben ist als Forschungsgegenstand prinzipiell nicht anders zu werten als etwa der mimische Ausdruck oder physiologische Veränderungen. Durch geeignete Bedingungsvariationen (Emotionsinduktion) können bestimmte Gefühle (oder Angaben darüber) nicht weniger zuverlässig als andere emotionale Reaktionen herbeigeführt werden. Grundsätzliche Zweifel an der Validität von Gefühlsangaben sind also nicht angebracht. Auch wenn letztlich nur der Bericht über die Gefühle und nicht die Gefühle selbst Untersuchungsgegenstand sind, muss angenommen werden, dass sich der Bericht auf etwas (das wir Gefühl nennen) bezieht. Im Folgenden wird erörtert, wie das Verhältnis zwischen den Gefühlen und den Angaben über sie beschaffen ist. Welche Möglichkeiten der Mitteilung an andere Personen bestehen? Was lässt sich über die mutmaßliche Abbildungsqualität sagen? Welche methodischen Limitationen sind bei der Mitteilung von Gefühlen zu beachten?
2.1 Kommunikationsmittel 2.1.1 Sprache Gefühlswörter. Für wissenschaftliche Zwecke stellt die direkte Benennung von Gefühlen durch das Individuum den elegantesten Zugang zum „Innenleben“ dar. Auf eine Frage im Interview oder als Reaktion auf ein Fragebogenitem berichtet die Person, dass sie Angst, Wut, Traurigkeit oder etwa Schadenfreude empfindet. Damit ist die Qualität des Gefühls bestimmt. Die Intensität lässt sich durch Quantoren wie „etwas“ oder „stark“ frei oder in Form eines Kreuzes beispielsweise auf einer fünfstufigen Intensitätsskala (z. B. von „nicht vorhanden“ bis „sehr stark“) mitteilen. Daneben geben manche Gefühlswörter wie verstimmt, verärgert, erbost oder wütend auch ohne Quantoren bereits Intensitäten an. Auch in der alltäglichen Kommunikation stellt die direkte Benennung ein gängiges Mittel dar. Formulierungen wie „ich bin jetzt ganz unglücklich“ oder „ich bin stolz auf meine Leistung“ sind Beispiele dafür. Metaphern. Eine Metapher stellt eine rhetorische Figur dar, bei der ein Wort in einer übertragenen Bedeutung gebraucht wird. Zwischen der wörtlich bezeichneten Sache und der übertragen gemeinten besteht eine Ähnlichkeitsbeziehung. Tote Metaphern (Beispiele: „Tischbein“, „Handschuh“) sind bereits zu gebräuchlichen Begriffen geworden, man nimmt ihre ursprüngliche Bedeutung nicht mehr bewusst wahr. Bei lebendigen Metaphern ist dagegen der Übertragungseffekt
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offensichtlich (Beispiel: „Das Konzert war ein Feuerwerk“). Einige Wörter zur Beschreibung von Gefühlen sind offenbar tote Metaphern (Beispiele: „niedergeschlagen“, „verletzt“, „Geborgenheit“). Ortony und Fainsilber (1989) forderten Versuchspersonen auf zu beschreiben, wie sie sich fühlen, wenn sie bestimmte Emotionen (je vier positive und vier negative; Beispiele Stolz, Traurigkeit) erleben. Sie identifizierten 17 % der Äußerungen als Metaphern, wobei tote Metaphern dominierten; diese kamen achtmal häufiger vor als lebendige. Das emotionale Erleben kann auf unterschiedliche Weise metaphorisch beschrieben werden. Ortony und Fainsilber (1989) erwähnen beispielsweise den Bezug auf einen Auslöser und den Bezug auf einen Aspekt des Erlebens. Wenn jemand sagt, sich „verlassen“, „verraten“ oder „angegriffen“ zu fühlen, erfolgt der Hinweis auf das Befinden über den Verweis auf eine Aktion des Auslösers (der verlässt, verrät oder angreift). Wenn man „heulen könnte“, „sich wie gelähmt fühlt“ oder „jemanden am liebsten umbringen möchte“, so wird das emotionale Erleben durch den Bezug auf den Ausdruck (heulen), ein Köpersymptom (gelähmt) oder eine Verhaltenstendenz (umbringen) charakterisiert. Über die Kommunikationsgenauigkeit bei Verwendung von Metaphern liegen allerdings keine Befunde vor. 2.1.2 Nichtsprachliche Mittel Mimik. Grundsätzlich kann die Mitteilung über das eigene Befinden auch in nicht sprachlicher Form erfolgen. Das differenzierteste Ausdrucksmittel ist dabei die Mimik. Aber auch Bewegungen, Gesten, Körperhaltungen, die Stimme, Tanz, Malerei etc. kommen grundsätzlich als Ausdrucksmittel in Frage. Um einem möglichen Missverständnis vorzubeugen, muss hier betont werden, dass nicht der „spontane“ Emotionsausdruck gemeint ist, sondern der absichtsvolle, geplante Einsatz dieser Kommunikationsmittel. Ein großer Teil der Forschung zum Emotionsausdruck hat sich mit der Frage befasst, welche Emotionen anhand der Mimik erkannt werden und wie gut das gelingt. Dazu wurden Versuchspersonen aufgefordert, Freude, Traurigkeit, Ärger etc. darzustellen. Meist wurden Fotos der Gesichtsausdrücke erstellt, um zu prüfen, welche Information beim Betrachter ankommt, welche Emotion er also „erkennt“. Der Empfänger soll dazu aus einer Liste von Emotionswörtern das passende auswählen oder die Botschaft auf bestimmten Urteilsdimensionen einstufen. Eine ältere Studie von Osgood (1966) veranschaulicht das Prinzip und liefert zugleich wichtige Ergebnisse, weil Laien als Darsteller dienten und die nonverbalen Botschaften nicht vorselegiert wurden. Psychologiestudenten stellen live vor Zuschauern durch ihre Mimik jeweils 10 Sekunden lang eine Emotion dar. Die Zuschauer, ebenfalls Psychologiestudenten, sollten heraus-
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finden, welche von 40 Emotionen damit gemeint war. Die durchschnittliche Trefferquote lag bei 13 % und nach Zusammenfassung von ähnlichen Emotionen zu einer Kategorie immer noch bei nur 30 %. Freude wurde immerhin in 56 %, Ekel in 50 % der Fälle richtig erkannt. Wenn Laien einander im Alltag ihre Gefühle ausschließlich per Mimik mitteilen, ist demnach mit einer eher geringen Kommunikationsgenauigkeit zu rechnen. Allerdings lässt die Studie einen wichtigen Aspekt „normaler“ Kommunikationsbedingungen außer Acht, nämlich den Kontext. Wenn die Mimik im Kontext eines Ereignisses wahrgenommen wird, steigt die Genauigkeit der Kommunikation deutlich an (Wallbott, 1990). Ein fiktives Beispiel soll diese Interaktion verdeutlichen: Wenn jemand mit dem Löffel eine Schnecke aus seiner Tomatensuppe herausfischt und seinem Gegenüber durch einen Ekelausdruck mitteilen will, wie er sich fühlt, so wird dieser die Botschaft vermutlich verstehen. Die Frage, ob und wie gut Gefühle durch die Mimik kommuniziert werden können, lässt sich nicht mit Studien beantworten, in denen ausgelesene Bilder verwendet werden. Hohe Trefferquoten besagen zunächst nichts anderes, als dass eine hohe Übereinstimmung zwischen den Experten, welche die Bilder als prototypisch für eine Emotion ausgewählt haben, und den Laien-Versuchspersonen besteht (vgl. auch Russell & Bullock, 1986). Für eine ausführliche Darstellung zum Emotionsausdruck sei auf Kappas (in diesem Band) verwiesen. Stimme. Neben der Mimik ist auch die Stimme geeignet, einen Gefühlszustand zu kommunizieren. Eine Untersuchungsmethode besteht darin, Sprecher einen oder mehrere inhaltlich neutrale Sätze so vortragen zu lassen, dass allein durch die Stimme eine Emotion mitgeteilt wird. So ließen Fairbanks und Hoaglin (1941) die Aussage „Es gibt keine andere Antwort. Du hast mir diese Frage tausendmal gestellt, und meine Antwort war immer die gleiche. Sie wird immer wieder die gleiche sein“, mit dem Ausdruck von Verachtung, Ärger, Angst, Kummer oder Gleichgültigkeit vortragen. Beurteiler, die jeweils unter 12 Begriffen wählen konnten, erkannten die Botschaft in 66 (Angst) bis 88 % der Fälle (Gleichgültigkeit) richtig. Pittam und Scherer (1993) haben Studien zum Erkennen von Emotionen anhand der Stimme gesichtet und kommen zu dem Schluss, dass die Trefferquoten insgesamt hoch sind. Sie verglichen besonders die Ergebnisse zweier Studien, die in methodischer Hinsicht verschieden waren (u. a. Schauspieler bzw. Laien als Darsteller), aber die gleichen Emotionen zum Gegenstand hatten. Nach Korrektur für Raten ermittelten sie für Traurigkeit und Ärger die höchsten Werte (in 63/65 bzw. 71/60 % erkannt), gefolgt von Freude (69/48 %) und Angst (54/40 %). Am schlechtesten sind die Erkennensleistungen den beiden Studien zufolge bei Ekel mit korrigierten Trefferquoten von 43 bzw. 9 %. Nonverbale Ausdrucksmittel wie die Mimik und die Stimme können also zur Kommunikation eigener Gefühle eingesetzt werden. Die Kommunikationsge-
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nauigkeit variiert jedoch in Abhängigkeit von Emotion und Kanal, wie eine Meta-Analyse von Elfenbein und Ambady (2002) zu kulturvergleichenden Untersuchungen ergab. So wird Freude/Glück relativ gut anhand der Mimik erkannt (durchschnittliche Trefferquote: 88 %), nicht aber anhand der Stimme (29 %). Die Kommunikationsgenauigkeit bei Traurigkeit ist dagegen bei beiden Kanälen etwa gleich hoch (durchschnittlich 68 bzw. 63 %). Eine Person, die ein Gefühl nonverbal kommunizieren will, kann entweder beide Kanäle kombinieren oder den jeweils besten wählen. Weitere Ausdrucksmittel. Neben Mimik und Stimme kommen Körperhaltung und Körperbewegungen als Kommunikationsmittel in Frage; sogar eine taktile Kommunikation ist möglich. Atkinson, Tunstall und Dittrich (2007) untersuchten das Erkennen von Emotionen anhand von Körperbewegungen. In kurzen Filmszenen (je 3 Sekunden) stellten Schauspieler Traurigkeit, Freude, Angst, Ekel, Ärger oder einen neutralen Zustand dar. Studentische Versuchspersonen erzielten dabei eine durchschnittliche Trefferquote von etwa 80 %. Am besten erkannten sie Traurigkeit und am schlechtesten Ekel. Coulson (2004a, b) verwendete eine stilisierte menschliche Figur, die sechs Emotionen durch unterschiedliche „Körperhaltungen“ ausdrücken sollte, als Stimuli. Die Trefferquote der studentischen Versuchspersonen variierte zwischen nur 1 % für Ekel und 79 % für Traurigkeit. Mit der taktilen Kommunikation befassten sich Hertenstein, Keltner, App, Bulleit und Jaskolka (2006). In ihrer Versuchsanordnung waren Sender und Empfänger durch einen Vorhang getrennt und die Aufgabe der Sender bestand darin, nur durch Berührung des Unterarms des Empfängers 12 bzw. acht verschiedene Emotionen (Untersuchung 2) zu kommunizieren. Die Empfänger kreuzten auf einer Liste der verwendeten Emotionen plus einer Antwortkategorie „keine richtig“ die von ihnen erkannte Emotion an. Der Kontakt dauerte in der Regel jeweils nur wenige Sekunden und bestand etwa darin, dass die Sender den Arm streichelten, drückten, schüttelten oder anhoben. Die Trefferquoten lagen für Freude, Stolz, Verlegenheit, Neid und Überraschung im Zufallsbereich. Traurigkeit wurde häufig als Mitgefühl oder Liebe fehlinterpretiert und damit ebenfalls nicht erkannt. Dagegen gelang es den Teilnehmern relativ gut, Ärger, Angst, Ekel, Liebe, Dankbarkeit und Mitgefühl zu erkennen; die Trefferquote lag in beiden Untersuchungen bei etwa 50 % oder mehr.
2.2 Grenzen der Beschreibung von Gefühlen Wenn Menschen ihre Gefühle mit Worten oder nicht sprachlichen Mitteln kommunizieren, wird der Empfänger dieser Informationen aus verschiedenen Gründen kein exaktes Bild des Zustandes bekommen. Erstens stellt sich die Frage, wie präzise die Kommunikation über Gefühle funktionieren kann. Zweitens ist zu fragen, ob Gefühle manchmal aus motivationalen Gründen falsch
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oder verzerrt beschrieben werden. Wenn sich die Beschreibung der Gefühle auf zeitlich zurückliegende Ereignisse oder Beobachtungsphasen bezieht, besteht drittens die Gefahr von Informationsverlust und Verzerrungen im gedächtnisbasierten Bericht. 2.2.1 Bedeutung von Gefühlswörtern kennen Aufgrund des umfangreichen Vokabulars zur Beschreibung von Gefühlen (vgl. Abschnitt 2.1) könnte man vermuten, dass unsere Sprache ein präzises Mittel zur Beschreibung von Gefühlen darstellt. Der große Wortschatz stellt jedoch zugleich ein Problem dar. Wer kennt den Unterschied zwischen Angst und Furcht oder zwischen Frustration und Enttäuschung? Vielleicht besteht für Laien gar kein Unterschied zwischen Angst und Furcht oder der eine Laie differenziert zwischen beiden Begriffen und der andere nicht. Das Problem liegt darin, dass beim Spracherwerb keine eindeutige Referenz für die Gefühle vorhanden ist, auf die sich ein Wort bezieht. Dieser Aspekt wird in Abschnitt 3 noch ausführlich behandelt. Erwerb der Wortbedeutungen. Damit die sprachliche Kommunikation von Gefühlen funktioniert, müssen Sender und Empfänger die Begriffe kennen und ihnen die gleiche Bedeutung beimessen. Beide Voraussetzungen sind nicht trivial. Bei Kindern ist der Wortschatz in Abhängigkeit vom Alter unterschiedlich groß und auch Erwachsene unterscheiden sich im Umfang ihres Wortschatzes. Ridgeway, Waters und Kuczaj (1985) stellten durch Befragung der Eltern von Kindern unterschiedlichen Alters beispielsweise fest, dass diese im Alter zwischen 18 und 23 Monaten (jüngste Gruppe) meist noch nicht wissen, was verlegen, überrascht oder neidisch bedeutet. Begriffe wie glücklich und traurig werden früh verstanden – im Alter von 3 Jahren von über 90 % der Kinder. Selbst mit 5 Jahren können die meisten Kinder mit dem Begriff „neidisch“ noch nichts anfangen. Die aktive Verwendung der Begriffe erfolgt darüber hinaus zeitlich später als das Verstehen. Demzufolge werden viele 5-jährige Kinder anderen noch nicht (zumindest nicht treffend durch Verwendung des richtigen Wortes) mitteilen können, dass sie sich verlegen oder angeekelt fühlen. Schwieriger zu beantworten ist die Frage, ob eine Person die Bedeutung einer Gefühlsbezeichnung „richtig“ versteht. In entwicklungspsychologischen Studien werden die Antworten von Erwachsenen als Standard herangezogen. Auf diese Weise lässt sich zwar nicht feststellen, ob die Kinder etwas „richtig“ wissen, wohl aber, ob sie so denken wie Erwachsene. Janke (2002) hat das „Emotionswissen“ von Kindern im Grundschulalter untersucht, indem sie ihnen teils mit Bildern illustrierte einfache Geschichten vorgelegt hat. Je nach Untersuchungsziel wurden die Kinder nach Gefühlen, Handlungsabsichten, Attributio-
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nen oder etwa körperlichen Reaktionen gefragt. Eines der zahlreichen Ergebnisse war, dass sich 7-Jährige in ihren Annahmen über körperliche Veränderungen bei Angst, Freude, Trauer und Ärger von 10-Jährigen unterscheiden, zwischen 10-Jährigen und Erwachsenen aber kein Unterschied mehr zu finden ist. Beispielsweise brachten nur 15 % der Jüngsten „feuchte Hände haben“ mit Angst in Verbindung; bei den 10-Jährigen waren es dagegen 63 und bei den Erwachsenen 68 %. Aus Untersuchungen dieser Art folgt, dass ein Kind, welches ein bestimmtes Gefühl berichtet, den Gefühlsbegriff eventuell in einer anderen Bedeutung verwendet als ein Erwachsener. Viele Gefühlswörter. In entwicklungspsychologischen Studien zum Emotionswissen werden üblicherweise prototypische Gefühlswörter eingesetzt. Fragt man Erwachsene, welche Gefühle (oder „Emotionen“) sie kennen, erhält man sehr viele Antworten. Bei Mannhaupt (1983) nannten die 200 deutschen Studierenden 119 verschiedene „Gefühlszustände“. Die ebenfalls 200 Studierenden, die Fehr und Russell (1984) in Kanada befragten, lieferten 383 unterschiedliche Wörter. Die größere Produktivität der kanadischen Studierenden mag darauf zurückzuführen sein, dass die deutschen Studierenden zusätzlich zu vielen weiteren Kategorien (Hobbys, Vögel, Gewürze etc.) Beispiele nennen sollten. Charakteristisch ist, dass ein Großteil der Begriffe nur von sehr wenigen Personen genannt wird. Bei Fehr und Russell (1984) wurde fast die Hälfte der gesammelten Begriffe nur von einer einzigen Person genannt. Lässt man Gefühlswörter danach beurteilen, mit welcher Sicherheit sie ein Gefühl (oder eine „Emotion“) bezeichnen, wird eine enorme Streubreite sichtbar. Begriffe wie Freude, Furcht oder Wut werden fast übereinstimmend als Gefühlsbezeichnung angesehen, Entspannung, Belustigung oder etwa Nervosität erhalten niedrige Einstufungen (vgl. Schmidt-Atzert, 1981). Unabhängig von anderen Strukturierungsversuchen (siehe unten) kann man sich das Repertoire an Begriffen, mit denen wir unsere Gefühle beschreiben, als ein Feld mit unscharfer Abgrenzung vorstellen, in dem typische Gefühlsbezeichnungen in der Mitte stehen und am Rand Begriffe angeordnet sind, die zwar noch immer etwas über Gefühle aussagen, aber auch andere Aspekte des Befindens oder auch Eigenschaften betreffen. Diese Betrachtung impliziert, dass es keine geschlossene Liste von Gefühlswörtern gibt; jede Begrenzung ist willkürlich. Die umfangreichste Liste umfasst 558 Wörter (Averill, 1975). Es stellt sich die Frage, ob eine Person ihr emotionales Befinden in 558 begrifflichen Varianten beschreiben kann und eine andere Person im Einzelfall genau versteht, welche der 558 Gefühlsvarianten damit gemeint ist. Angenommen, jemand beschreibe sein emotionales Befinden als „betrübt“. Wird ein Gesprächspartner verstehen, worin der Unterschied zu einem Zustand besteht, den er selbst als deprimiert, niedergeschlagen, bedrückt oder auch mit einem anderen semantisch ähnlichen Begriff beschreiben würde? Ähnliche Begriffe können leicht verwechselt werden. In Untersuchungen zur Struktur des Emotionsvokabulars werden die Ähnlichkeiten der Begriffe auf unterschiedliche Weise erfasst.
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Bedeutungsähnliche Gefühlswörter. In einer dieser Studien (Schmidt-Atzert, 1987, Untersuchung 3) sollten die Versuchsteilnehmer die in Form von Substantiven vorgegebenen Gefühle umgangssprachlich so umschreiben, dass eine andere Versuchsperson das damit bezeichnete Gefühl erkennen kann. Das vorgegebene Wort durfte in dem Satz nicht vorkommen. Beispielsweise kann man Wut durch „ich bin sauer“ umschreiben. Eine andere Versuchsperson sollte jeweils herausfinden, welches der 56 Gefühle gemeint ist. Die Begriffe sollten das ganze Spektrum der Gefühle abdecken und damit eher heterogen sein. In dieser Untersuchung erwiesen sich Erstaunen und Verwunderung als die ähnlichsten Gefühle; sie wurden von 71 % der Versuchspersonen verwechselt. Daran wird deutlich, dass schon bei einer kleinen sprachlichen Transformation die präzise Wortbedeutung so weit verloren geht, dass es zu Verwechslungen kommt. Es ist zu vermuten, dass bei Verwendung eines umfangreichen Emotionsvokabulars in der alltäglichen Kommunikation der Versuch, zwischen ähnlichen Gefühlen zu differenzieren, oft misslingen wird. Benötigen wir wirklich die Begriffe Verwunderung und Erstaunen, um unterschiedliche Gefühlsnuancen zum Ausdruck zu bringen? Wenn ja, merken das unsere Gesprächspartner? Anzumerken ist, dass in der genannten Studie viele Begriffe nicht verwechselt wurden. Abneigung und Erregung, Begeisterung und Zuneigung oder Freude und Schadenfreude sind nur einige Beispiele. 2.2.2 Taxonomie der Gefühlswörter In anderen Wissenschaften, die sich mit einer Vielzahl von Exemplaren in einem Forschungsbereich konfrontiert sehen, ist es gelungen, allgemein akzeptierte Taxonomien einzuführen. So legte der schwedische Botaniker Carl von Linné bereits 1735 ein System zur Einteilung von Pflanzen vor, das noch heute verwendet wird. Sein Prinzip besteht darin, die Pflanzen nach ihren Fortpflanzungsorganen (Staubgefäßen und Stempel) zu klassifizieren. Jede Pflanze wird durch einen zweiteiligen lateinischen Namen charakterisiert, wobei der erste Teil die Gattung beschreibt und der zweite der eigentliche Namen ist. Schon Linné konnte mit Hilfe seines Systems tausende von Spezies klassifizieren, und jede neu entdeckte Pflanze kann noch heute mühelos eingeordnet werden. In der Chemie entwarf Dimitij Mendelejew 1869 das Periodensystem der Elemente. Sein System erlaubte nicht nur, die damals bekannten 70 Elemente einzuordnen, sondern auch Lücken aufzuzeigen, die später durch noch zu entdeckende Elemente gefüllt wurden. Sogar Mendelejews Vorhersagen über die Eigenschaften von damals noch nicht entdeckten Elementen erwiesen sich als zutreffend (Farndon, Woolf, Rooney & Gogerly, 2006). Selbst ein Laie kann mit Hilfe eines Bestimmungsbuches feststellen, dass es sich bei einer Pflanze, die er in seinem Garten entdeckt hat, um eine Acker-Ringelblume (Calendula arvensis L.) handelt und er kann dies anderen mitteilen. Jeder Adressat dieser
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Mitteilung kann (mit einfachen Hilfsmitteln) feststellen, um welche Pflanze es sich handelt. Bei einer Aussage über Gefühle (z. B. „ich bin glücklich“) fehlt dagegen eine eindeutige Referenz. Selbst eine fachlich kompetente Auskunft wie „Glück bezeichnet den intensivsten Wohlbefindenszustand, der die ganze Person ergreift, überdauernder als Freude ist, auf einem allgemeinen positiven Lebensgefühl basiert und in der Regel überindividuelle Bezüge (z. B. soziale Situationen, Einheit mit Natur etc.) aufweist“ (Mayring, 2000, S. 222) ist im Vergleich zum Bestimmungssystem der Botanik nicht wirklich hilfreich. Ein Adressat, der sich mit Hilfe dieser Fachliteratur informiert hat, kann nicht einmal sicher sein, dass die mitteilende Person von der gleichen Definition des Begriffs Glück ausgegangen ist. Wenn Laien Gefühle wie Freude, Liebe oder Traurigkeit beschreiben, finden sich zu jedem Gefühl sehr viele Attribute, die sich nach Auslösern (z. B. bei Freude: Erfolg), Ausdruckserscheinungen (z. B. Lächeln), Verhaltensweisen (z. B. zu anderen freundlich sein) etc. ordnen lassen (Shaver, Schwartz, Kirson & O’Connor, 1987, Untersuchung 2). Zu einer dem Linnéschen System vergleichbaren Taxonomie gelangt man so nicht. In der psychologischen Forschung hat es verschiedene empirische Versuche gegeben, eine Taxonomie von Gefühlen zu erstellen (ausführlich dazu SchmidtAtzert, 2008). Grundsätzlich lassen sich dabei zwei Ansätze unterscheiden: Der eine setzt am Vokabular für Gefühle an, der andere an sprachlichen Beschreibungen des emotionalen Befindens. Semantische Ähnlichkeit. Beim Gefühlswörteransatz wird idealerweise von einer repräsentativen Auswahl von Gefühls-(oder „Emotions-“)Wörtern wie Freude, Glück, Angst, Entsetzen etc. (oder auch glücklich, ängstlich, entsetzt etc.) ausgegangen. Versuchspersonen beurteilen die Ähnlichkeit der damit bezeichneten Gefühle. Dazu stehen verschiedene Methoden wie Paarvergleich, Einstufung auf einem Semantischen Differential oder Sortieren in Gruppen ähnlicher Gefühle zur Verfügung. So erhält man eine Matrix von Ähnlichkeitskoeffizienten, in der die Ähnlichkeiten aller untersuchten Gefühle untereinander quantifiziert sind. Diese Ähnlichkeitsmatrix wird nun mit Hilfe unterschiedlicher statistischer Verfahren wie Faktoren- oder Clusteranalyse reduziert. Die Ergebnisse der einschlägigen Studien zur semantischen Ähnlichkeit von Gefühlen sind im linken Teil von Tabelle 1 aufgeführt. Ähnlichkeitsmatrizen können auch auf zwei oder drei Dimensionen reduziert werden, die dann meist den Dimensionen des semantischen Raums entsprechen; während Valenz und Erregung gut repliziert sind, wird die dritte Dimension (Potenz oder Dominanz) nur selten extrahiert (Schmidt-Atzert, 2009a). Kovariation im Alltag. Um die Ähnlichkeiten von Gefühlen im Alltag zu untersuchen, wurden Personen entweder telefonisch nach bestimmten Gefühlen befragt (Lively & Heise, 2004) oder sie stuften ihr Befinden in einem Fragebogen
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Tabelle 1: Taxonomien von Gefühlen Bestimmung der Ähnlichkeit von Gefühlen Semantische Ähnlichkeit (Urteile) Emotionskategorie
Kovariation im Alltag
SchmidtAtzert & Ströhm (1983)
Shaver et al. (1987)
SchmidtAtzert (1987)
Storm & Storm (1987)
Diener et al. (1995)
Freude
×
×
×
××
×
×
Stolz
×
–
–
×
–
×
Zuneigung
×
×
×
×
×
Sexuelle Erregung
×
–
–
×
Unruhe
×
–
×
×
Angst
×
×
×
×
×
×
×
Traurigkeit
×
×
×
×
×
×
×
Ärger
×
×
×
×
×
××
×
Abneigung/ Ekel
×
–
×
×
–
Scham/ Verlegenheit
×
–
××
×
×
Überraschung
×
×
×
×
Anzahl Gefühle (Items)
56
135
bis 56
72
24
19
30
11 + 3
6
10
12 + 6
6
7+2
6+2
Anzahl Kategorien1
Lively & Fuenzalida Heise et al. (2004) (1981) ×
× ×
× ×
Anmerkungen: Zusammenfassende und vereinfachte Darstellung von Tabelle 1 und 2 in Schmidt-Atzert (2008). Ähnlichkeitsurteile: Probanden sortierten die Wörter auf Stapel; bei SchmidtAtzert waren die Wörter umgangssprachlich auszudrücken. Beurteilungszeitraum bei Ermittlung der Kovariation im Alltag: Diener et al. (1995): Monat, Tag sowie allgemein; Lively und Heise (2004) sowie Fuenzalida et al. (1981): 1 Woche. × = Gefühlskategorie (teils mit leicht abweichender Bezeichnung) vorhanden; in drei Fällen (× ×) kamen zwei semantisch ähnliche Kategorien vor (z. B. Ärger und Wut bei Lively & Heise, 2004). – = Gefühle wurden einer anderen Kategorie zugeordnet (Stolz bei Freude, sexuelle Erregung bei Zuneigung, Unruhe bei Angst, Abneigung/Ekel bei Ärger, Scham/Verlegenheit bei Traurigkeit). Leeres Feld = in dieser Untersuchung wurden keine entsprechenden Gefühlsbegriffe verwendet. 1 Anzahl der in der Tabelle aufgeführten Kategorien + zusätzliche (Schmidt-Atzert & Ströhm (1983): Frustration, Leere, Neid; Storm & Storm (1987): despair, apathy, bewilderment, contentment, admiration, alertness; Lively & Heise (2004): hope, tranquillity; Fuenzalida et al. (1981): guilt, interest).
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ein (Diener, Smith & Fujita, 1995; Fuenzalida, Emde, Pannabecker & Stenberg, 1981). Erfragt wurde die Häufigkeit vorgegebener Gefühle innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Die Ergebnisse finden sich im rechten Teil von Tabelle 1. Gemeinsamkeiten. Welche Erkenntnisse ergeben sich aus den Untersuchungen zur Klassifikation von Gefühlen? Offenbar gibt es eine Reihe von Gefühlsqualitäten, die anhand ihrer semantischen Unähnlichkeit als unterschiedlich gelten müssen und die darüber hinaus auch als selten gemeinsam vorkommend berichtet werden. Über beide Ansätze hinweg besteht weitgehend Konsens bezüglich der Kategorien Freude, Zuneigung, Angst, Traurigkeit, Ärger, Scham und Überraschung (vgl. Tab. 1). Weitere Kategorien wurden offensichtlich aus methodischen Gründen nicht häufig repliziert. Erstens war manchmal die Auswahl an untersuchten Gefühlen beschränkt. So fehlen in den Studien zur Kovariation im Alltag gänzlich sexuelle Erregung und Unruhe; Zuneigung und Überraschung wurden jeweils nur in einer dieser Studien berücksichtigt. Zweitens wurde in einigen Studien eine relativ geringe Anzahl an Kategorien angestrebt, bei Shaver et al. sowie Diener et al. waren es nur sechs. Dies führte dazu, dass Stolz, sexuelle Erregung, Unruhe und Abneigung/Ekel mit anderen, größeren Kategorien (hier Freude, Zuneigung, Angst bzw. Ärger) verschmolzen. Die genannten und einige weitere Gefühlsqualitäten werden vermutlich sicher differenziert, wenn Menschen ihr Befinden beschreiben. Innerhalb dieser Kategorien finden sich Gefühle, die als relativ ähnlich beurteilt werden. Damit besteht die Gefahr von Verwechslungen. So wird Ärger vermutlich von vielen Menschen nicht zuverlässig von Wut, Zorn, Empörung etc. unterschieden. Andererseits wird ein Kommunikationspartner auch wissen, dass beispielsweise ein als „Empörung“ bezeichneter Zustand etwas Ähnliches wie Ärger ist. Je differenzierter eine Person ihren Zustand dadurch zu beschreiben versucht, dass sie innerhalb der großen Gefühlskategorien (Freude, Angst, Ärger etc.) gezielt nach passenden Begriffen sucht, desto wahrscheinlicher ist gleichzeitig die Gefahr von Missverständnissen. 2.2.3 Bedeutung von Gefühlswörtern im Kulturvergleich Wie stark die Bedeutung von Gefühlsbezeichnungen variieren kann, wird bei einem Vergleich zwischen Kulturen deutlich (Russell, 1991). Selbst einige in unserem Kulturkreis wie selbstverständlich benutzte Begriffe wie Angst oder Schadenfreude lassen sich nicht perfekt in eine andere Sprache übersetzen. Während in westlichen Kulturen beispielsweise zwischen Scham und Verlegenheit differenziert wird, ist dies in Japan nicht der Fall. Es gibt Kulturen, in denen die Unterscheidung von Scham und Furcht oder von Scham und Schuld nicht bekannt ist. Einige Gefühlsbezeichnungen scheinen sogar spezifisch für eine Spra-
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che zu sein. Wenn ein direktes Übersetzungsäquivalent fehlt, kann gleichwohl durch eine Umschreibung mitgeteilt werden, was mit dem Begriff gemeint ist. Beispiele hierfür sind das japanische Wort amae (Doi, 1962) oder die koreanischen Begriffe uulhada und dapdaphada (Schmidt-Atzert & Park, 1999). Für wie viele Emotionswörter ein Übersetzungsäquivalent fehlt, lässt sich bei ca. 6.000 gesprochenen Sprachen empirisch kaum ermitteln; Hupka, Lenton und Hutchison (1999) haben sich aber die Mühe gemacht, mit Hilfe von Wörterbüchern nach Übersetzungsmöglichkeiten für 25 Emotionskategorien (nach Shaver et al., 1987) zu suchen. Fast alle der analysierten 64 Sprachen werden von wenigstens einer Million Menschen gesprochen. Eine Emotionskategorie galt als in einer Sprache vorhanden, wenn sich für wenigstens ein Wort aus einem Emotionscluster eine Übersetzung fand. Dies ist ein sehr konservatives Vorgehen. So enthielt das Ärgercluster immerhin 15 Wörter (Ärger, Wut, Hass etc.) und wenn einer dieser Begriffe übersetzbar war, galt dies als Beleg dafür, dass in dieser Sprache Ärger bekannt ist. Ärger gehört zu den Emotionskategorien, die in allen untersuchten Sprachen auffindbar waren. Einige Emotionskategorien konnten jedoch in mehreren Sprachen nicht entdeckt werden. Dazu gehören Ekel (fehlte in 7 Sprachen), Stolz und Neid (jeweils 4 Sprachen). Insgesamt sprechen diese Befunde dafür, dass keine feste Beziehung zwischen dem Referenzobjekt eines Begriffs (dem Gefühl) und dem Begriff (Gefühlswort) besteht. 2.2.4 Multifunktionalität der nonverbalen Kommunikationsmittel Eine Unzulänglichkeit des nonverbalen Ausdrucks wurde bereits oben genannt: Auch wenn die Trefferquoten zum Teil hoch sind, so bedeutet eine (hohe) Trefferquote von 80 % zugleich, dass in 20 % der Fälle die Kommunikation misslingt. Bei einigen Gefühlen liegen die Erkennensraten sogar deutlich unter 80 %. Untersuchungen zum Erkennen von Emotionen anhand des Ausdrucks unterscheiden sich in einem wesentlichen Punkt von der Alltagskommunikation. Während in den Untersuchungen bekannt ist, dass Emotionen kommuniziert werden sollen, so gibt es im Alltag auch alternative Erklärungen. Die Kommunikationsgenauigkeit wird dadurch eingeschränkt, dass ein Signal (z. B. ein Ekelausdruck) in sozialen Interaktionen auch zu anderen Zwecken eingesetzt wird. Die mimischen Reaktionen, die einen Gefühlzustand bezeichnen, werden auch dazu verwendet, das Verhalten von Interaktionspartnern zu beeinflussen; sie dienen also als paralinguales Signal (Fridlund, 1994). Mehrere Untersuchungen (vgl. Chovil, 1997) unterstützen die These, dass Lächeln und andere „Emotionsausdrücke“ eine soziale, das Verhalten anderer Menschen steuernde Funktion haben können. Yik und Russell (1999) stellten fest, dass Beobachter, denen Bilder von typischen mimischen Emotionsausdrücken gezeigt wurden, daraus gleichermaßen Emotionen wie soziale Signale im Sinne Fridlunds ablesen.
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„Emotionsausdrücke“ werden als paralinguales Signal im Gespräch seitens des Sprechers eingesetzt, um eine sprachliche Botschaft zu unterstreichen oder gar zu ersetzen, während Zuhörer damit das Gesagte auf unterschiedliche Weise kommentieren (vgl. Bavelas & Chovil, 1997). Beispiele finden sich in natürlichen Konversationen. Jemand sagt etwa: „Ich hasse Desserts, in denen Alkohol ist“ und kommuniziert seine Abneigung durch einen entsprechenden Gesichtsausdruck (die sprachliche Botschaft wird unterstrichen). Ebenso hätte die sprachliche Botschaft lauten können: „In dem Dessert war Alkohol“ und ein Ekelausdruck hätte die Botschaft ergänzen können (Aussage: „Aber ich mag keinen Alkohol im Dessert“). Zuhörer zeigen manchmal einen Emotionsausdruck, der zu dem Gesagten passt, was Bavelas und Chovil (1997) als motor mimikry bezeichnen. Wenn etwa der Sprecher beschreibt, wie er in eine gefährliche Situation geraten ist, kann der Zuhörer mit einem Angstausdruck signalisieren, dass er verstanden hat, wie es ihm ergangen ist (möglicherweise auch ein Versuch, Mitgefühl auszudrücken). Fazit ist, dass nonverbaler Emotionsausdruck zur Bezeichnung des eigenen emotionalen Befindens dienen kann. Allerdings kann das gleiche Signal auch andere Funktionen übernehmen, so dass der „Empfänger“ nicht immer sicher sein kann, worin die Botschaft besteht. 2.2.5 Mitteilungsbereitschaft Viele Menschen haben offenbar das Bedürfnis, über ihre Gefühle zu sprechen. In schriftlichen Befragungen wollten Rimé, Philippot, Boca und Mesquita (1991) in Erfahrung bringen, wie oft Kinder und Jugendliche (Studie 1), Psychologiestudenten (Studie 2) und Erwachsene im Alter von 18 bis 41 Jahren (Studie 3) anderen Menschen ihre Gefühle mitteilen. Die Befragten sollten sich zunächst an ein emotionsauslösendes Ereignis (Studie 1: Angst und Freude, Studie 2 und 3: Freude, Ärger, Angst, Traurigkeit; Studie 3 auch Zuneigung) erinnern und dann Angaben zur Kommunikation ihrer Gefühle machen. Etwa 90 % der Befragten gaben an, über ihre Gefühle gesprochen zu haben. In den meisten Fällen geschah das innerhalb der nächsten Tage (die kürzeste vorgegebene Zeitspanne) und nicht nur einmal, sondern sogar mehrmals. Allerdings berichteten zwischen 8 und 12 % (Studie 1 und 3) der Befragten, ihre Gefühle anderen überhaupt nicht mitgeteilt zu haben. Eine Differenzierung nach der Qualität der Gefühle zeigte, dass kein signifikanter Unterschied in der Häufigkeit besteht, wohl aber im Zeitpunkt: Ärger wurde früher mitgeteilt als andere Gefühle. Diese mit belgischen und holländischen Probanden gewonnen Befunde konnten in weiteren, ähnlich konzipierten Studien im Wesentlichen auch in Frankreich und Spanien repliziert werden. In einer weiteren kulturvergleichenden Untersuchung, in der nach einem intensiven, kürzlich erlebten negativen Ereignis gefragt wurde (Rimé, Finkenauer, Luminet, Zech & Philippot, 1998),
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traten Unterschiede zwischen Studierenden in asiatischen und westlichen Kulturen hervor. Während relativ wenige Franzosen und US-Amerikaner (11 % bzw. 4 %) angaben, ihre Gefühle für sich behalten zu haben, lagen die Vergleichswerte in Korea, Singapur und Japan deutlich höher (14 % bzw. 22 %). Eine weitere Bedingung, von der es abhängt, ob ein Gefühl mitgeteilt wird oder nicht, scheint die psychische Gesundheit zu sein. Macdonald und Morley (2001) baten Patienten, die zu einer ambulanten psychotherapeutischen Klinik überwiesen worden waren, 7 Tage lang in einem Tagebuch Ereignisse, die bei ihnen Scham, Schuldgefühle, Hass oder Ekel ausgelöst hatten, möglichst zeitnah zu protokollieren. Außerdem sollten sie angeben, ob sie mit jemandem über ihre Gefühle gesprochen hatten. Später wurden sie interviewt, um die Gründe dafür zu erfahren, warum sie mit anderen nicht über bestimmte Gefühle gesprochen hatten. Die Patienten gaben an, immerhin 68 % der im Tagebuch protokollierten Gefühle anderen Personen nicht mitgeteilt zu haben. Nach den Gründen befragt, gaben sie in den meisten Fällen an, dass sie dabei Scham empfinden würden und negative Reaktionen der Gesprächspartner befürchteten, beispielsweise dass diese sie als verrückt oder dumm ansehen könnten. Art der Erlebnisse. Die nahe liegende Hypothese, dass besonders intensive Erlebnisse tendenziell seltener mitgeteilt werden als schwächere, lässt sich nicht bestätigen. Sowohl in Befragungen zu Alltagsereignissen als auch in Laborstudien lässt sich stattdessen ein schwacher positiver Zusammenhang zwischen Emotionsintensität und dem Ausmaß an Mitteilung feststellen (Rimé et al., 1998). In Laborstudien zeigten Luminet, Bouts, Delie, Manstead und Rimé (2000) studentischen Versuchspersonen einen neutralen, moderat negativen oder stark negativen Film (der insbesondere Ekel und Ärger auslöste). Die Probanden wurden in den beiden ersten Experimenten nach Betrachten des Films für eine fünfminütige „Wartephase“ mit einem Bekannten zusammengebracht; dabei wurde ihr Gespräch unbemerkt aufgenommen. Im dritten Experiment wurden die Versuchspersonen gebeten, nach 2 Tagen in einem Fragebogen darüber zu berichten, wie intensiv sie sich mit anderen über ihre Erlebnisse ausgetauscht hatten. In drei Experimenten sprachen die Versuchspersonen nach der intensiven Filmbedingung mehr über ihre Erlebnisse als in den beiden anderen Bedingungen. Den detaillierten Angaben zum Sprachverhalten in Experiment 2 lässt sich entnehmen, dass nicht alle, sondern „nur“ 84 % der Probanden ihre Gefühle beim Betrachten des Films ausgedrückt hatten. Selbst traumatische Erlebnisse werden meist mitgeteilt. Rimé et al. (1998) berichten von einer Befragung belgischer Zivilisten, die 1994 den Völkermord in Ruanda miterlebt hatten und durch eine Militäraktion gerettet wurden. Fast alle (98 %) gaben in einer schriftlichen Befragung an, mindestens einmal anderen Menschen ihre Erlebnisse mitgeteilt zu haben. Ein Großteil gab an, ein starkes Bedürfnis zu verspüren, über ihre schlimmen Erlebnisse zu sprechen.
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Bedeutung des Gesprächspartners. Die bisher dargestellten Untersuchungen zeigen bei einem mehr oder weniger kleinen Teil der Probanden eine Diskrepanz zwischen erlebten und mitgeteilten Gefühlen auf. Ob die Betroffenen keine Gelegenheit gehabt, nicht den richtigen Gesprächspartner gefunden oder absichtlich Informationen zurückgehalten hatten, lässt sich nicht entscheiden. Zur Klärung dieser Frage ist eine anders konzipierte Untersuchung von Zammuner (1996) aufschlussreich. Italienischen Studenten wurden zwei Szenarien beschrieben (Zusage für einen begehrten Job bekommen, Freunde lernen die neue Partnerin oder den neuen Partner kennen und äußern sich sehr positiv). Sie sollten sich in die Situation hineinversetzen und dann einstufen, wie intensiv ihre Gefühle wären und wie sie intensive Gefühle einer ihnen nahe stehenden Person mitteilen würden. Es zeigte sich eine deutliche Diskrepanz zwischen erlebten und kommunizierten Gefühlen: Stolz und verwandte Gefühle (z. B. Triumph) würden den Angaben zufolge abgeschwächt, Freude und verwandte Gefühle (z. B. Glück) dagegen übertrieben. Negative Gefühle wie Angst und Verlegenheit würden ehrlich berichtet. Normative Erwartungen. Eine Erklärung dafür, dass die Mitteilungen über die eigenen Gefühle nicht immer mit den erlebten Gefühlen übereinstimmen, sind Normen zur Angemessenheit von Gefühlen. Hochschild (z. B. 2001) hat dafür den Begriff feeling rules geprägt. Bezogen auf die eingangs beschriebenen Untersuchungen zur Kommunikation der eigenen Gefühle ist anzunehmen, dass nicht nur fehlende Gelegenheiten oder Gesprächspartner dafür verantwortlich sind, sondern dass die Preisgabe von Gefühlsinformationen auch absichtsvoll gesteuert wird. Dabei werden nicht nur Informationen über das eigene Befinden zurückgehalten, sondern manchmal auch übertrieben. Fischer, Manstead, Evers, Timmers und Valk (2004) berichten über eine Reihe von Untersuchungen, die für die Existenz von „Emotionsnormen“ sprechen. Befragungen und die Beurteilung von Gefühlsäußerungen von Personen in bestimmten (fiktiven) Situationen ergaben, dass zum Teil differenzierte Vorstellungen über die Angemessenheit von Emotionen bestehen: Manager sagen etwa, dass Begeisterung und Freude, keineswegs aber Scham, zu einer erfolgreichen Führung passen. In vielen Dienstleistungsberufen gilt es als unangemessen, Kunden gegenüber negative Gefühle oder auch zu wenige positive Gefühle zu zeigen. Gefängnisaufseher oder Polizisten werden hingegen trainiert, Ärger zu zeigen, um sich bei Gelegenheit Respekt zu verschaffen. Männern werden Emotionen wie Ärger und Verachtung, die Macht ausdrücken, eher zugestanden als Frauen, zu denen etwa Traurigkeit, Enttäuschung und Scham eher zu passen scheinen. Die Angemessenheit solcher Gefühlsäußerungen hängt dabei auch vom Geschlecht des Adressaten ab. Schließlich wurden Versuchspersonen nach ihren Motiven gefragt, warum sie bestimmte Gefühle zeigen oder verbergen würden. Männer befürchten eher, als zu emotional zu gelten, wenn sie Gefühle zeigen, Frauen dagegen erhoffen sich Zuneigung und Unterstützung, wenn sie Traurigkeit und Enttäuschung
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zeigen und sie geben eher als Männer an, Erleichterung zu erleben, wenn sie ihre Gefühle ausdrücken. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass emotionale Erlebnisse häufig anderen, nahe stehenden Personen mitgeteilt werden. Ein kleiner Teil der Betroffenen teilt seine Gefühle anderen nicht mit; bei Patienten (Macdonald & Morley, 2001) war es sogar der überwiegende Teil. Offenbar existieren normative Erwartungen, welche Gefühle von wem bei welcher Gelegenheit gezeigt werden sollen bzw. dürfen. Bei der Mitteilung oder Nichtmitteilung von Gefühlen kann es sich auch um ein motiviertes Verhalten handeln, das von bestimmten Erwartungen bezüglich der Konsequenzen geleitet wird. Einige der Studien waren so angelegt, dass die Probanden ihre tatsächlichen Gefühle den Untersuchern (vermutlich anonymisiert) mitteilten und dann berichteten, ob sie auch gegenüber anderen Personen über ihre Gefühle gesprochen hatten. Implizit wird dabei unterstellt, dass für wissenschaftliche Zwecke bereitwillig Auskunft über die eigenen Gefühle gegeben wird. Überprüfbar ist diese Annahme jedoch nicht. Denkbar wäre, dass es auch feeling rules für den Umgang mit Wissenschaftlern gibt. Allerdings zeigte sich, dass Bedingungsvariationen im Rahmen von wissenschaftlichen Untersuchungen kaum einen Effekt auf die Mitteilung von Gefühlen haben. Hull und Levy (1979, Experiment 2) ließen ihre Probanden Gemälde beurteilen und erfassten dabei auch das momentane Befinden. Die Angaben erfolgten anonym oder mit persönlicher Identifikation (Name und Sozialversicherungsnummer waren anzugeben). Woods (1977) zeigte Studierenden einen aversiven Film und erweckte unterschiedliche Erwartungen bezüglich der Angemessenheit starker Gefühle (Indikator psychischer Stabilität oder Gestörtheit bzw. kein Hinweis). Schmidt-Atzert (1993, Untersuchung 8) gab Versuchspersonen einen Text über grausame Zustände in einem Konzentrationslager zu lesen. Die Einstufung des Gefühlszustandes erfolgte anonym oder im Beisein der Versuchsleiterin. In sämtlichen Untersuchungen konnte kein Effekt der Bedingungsvariation auf die Befindensangaben beobachtet werden. 2.2.6 Informationsverlust und Verzerrungen beim Erinnern von Gefühlen Robinson und Clore (2002) argumentieren, dass Berichte über zeitlich zurückliegende Gefühle systematisch verzerrt werden. An die Gefühle in einer zurückliegenden Situation könne man sich nicht direkt erinnern; Gefühle würden nicht gespeichert. Da die direkte Erinnerung versage, greife die Person auf andere Informationen zurück: Zunächst auf die Erinnerungen an das Ereignis, dann auf semantisches Wissen über das Ereignis und schließlich auf situationsübergreifendes semantisches Wissen (Eigenschaften der Person betreffend). Demnach hätte der Bericht über Gefühle vier potenzielle Quellen:
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– tatsächliche Gefühle (aber nur, wenn sie „online“ berichtet werden), – selektiv im Zusammenhang mit der Situation erinnerte Gefühle, – der Glauben oder das Wissen, wie diese Situation sich normalerweise auf die Gefühle auswirkt (z. B. wenn man mich belügt, werde ich wütend), und – das Selbstkonzept bzw. der Glaube, wie man sich generell fühlt (z. B. ich bin ein ängstlicher Mensch). Dass retrospektive Berichte systematischer Verzerrung unterliegen, wird durch Studien belegt, in denen aktuelle Angaben zum Befinden (online reports) gesammelt und mit retrospektiven Berichten verglichen werden. Robinson und Clore legen jedoch keine empirischen Belege dafür vor, dass ein Gefühl nicht wieder herstellbar sei. Man könne sich nur an ein Ereignis erinnern und die Gefühle, die dabei auftreten, seien immer neue Gefühle („a person never feels the same thing twice“, 2002, S. 935). Selektives Erinnern. Dagegen finden sich viele Belege dafür, dass retrospektive Berichte durch situative Faktoren verzerrt werden. In Untersuchungen zu Schmerz, körperlicher Erregung und körperlichen Beschwerden zeigt sich, dass die retrospektiven Berichte durch Spitzenintensitäten und die Intensität am Ende einer Berichtsphase geprägt werden. Vermutlich sind diese Phasen während der Urteilsbildung (Formulierung des retrospektiven Berichts) besser verfügbar. Da das episodische Gedächtnis nicht alle Informationen halten kann, weil es einem schnellen Verfall unterliegt, sind die Erinnerungen an ein Ereignis unvollständig. Einzelne Aspekte und damit auch die Gefühle, die damit zusammenhängen, können verloren gehen. Verzerrungen kommen dadurch zustande, dass manche Informationen schneller verloren gehen als andere. Einfluss von semantischem Wissen. Das semantische Gedächtnis ist zwar wesentlich stabiler, enthält dafür aber nur Verallgemeinerungen. Für die Existenz und die Verfügbarkeit von semantischem Wissen spricht die Tatsache, dass Personen relativ mühelos angeben können, wie sie sich in künftigen oder auch hypothetischen Situationen fühlen werden bzw. würden. Die stereotypen Vorstellungen, wie man sich in bestimmten Situationen fühlt (semantisches Wissen), beeinflussen die retrospektiven Berichte. Eine solche Vorstellung ist, dass sich in einer guten romantischen Beziehung die gegenseitigen Gefühle vertiefen oder intensivieren. Die Autoren verweisen auf eine Untersuchung von Sprecher (1999), der zufolge Menschen in glücklichen Beziehungen berichten, dass ihre gegenseitige Liebe in der letzten Zeit zugenommen habe. Allerdings hatten wiederholte Messungen der aktuellen Gefühle gezeigt, dass sich die Gefühle im Laufe der Zeit überhaupt nicht verändert hatten. Männer wie Frauen glaubten zu wissen, dass Frauen vor der Menstruation mehr negative Gefühle erleben. Mehrere Untersuchungen zeigen, dass sich das retrospektiv berichtete emotionale Befinden von Frauen in Abhängigkeit von ihrem Menstruationszyklus ent-
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sprechend verändert. Dieser Effekt ist jedoch schwächer ausgeprägt oder sogar nicht nachweisbar, wenn das aktuelle Befinden täglich eingestuft wird. In einer Studie (McFarland, Ross & DeCourville, 1989) stuften Frauen mehrere Wochen lang täglich ihre Gefühle ein. Anschließend schätzten sie ein, wie ihr Befinden an einem Tag war, der nun 2 Wochen zurücklag. Anhand ihrer Aufzeichnungen konnten sie feststellen, in welcher Menstruationsphase sie damals waren. Außerdem wurden sie gebeten, ihre „typischen“ Gefühle in verschiedenen Zyklusphasen anzugeben (semantisches Wissen). In den kontinuierlichen Gefühlseinstufungen ließ sich kein Einfluss des Menstruationszyklus auf negative Gefühle nachweisen, wohl aber in den retrospektiven Einstufungen. Die Diskrepanz zwischen den Aufzeichnungen des aktuellen Befindens und den retrospektiven Berichten war umso größer, je stärker die Frauen davon überzeugt waren, dass sie vor der Menstruation negative Gefühle haben. Robinson und Clore führen weitere Beispiele dafür auf, dass retrospektive (oder auch prospektive) Angaben zum Befinden durch falsche implizite Theorien geleitet werden. In zwei anderen Untersuchungen wurde einem Teil der Untersuchungsteilnehmerinnen gesagt, es solle der Zusammenhang zwischen Menstruationszyklus und Befinden erforscht werden. Der andere Teil der Frauen wurde falsch informiert: Sie befänden sich nun in der prämenstruellen Phase. In beiden Fällen wurde vermutlich das „Wissen“ über den Zusammenhang zwischen Zyklus und Befinden aktiviert; jedenfalls wurden die berichteten Gefühle entsprechend verzerrt. Implizite Theorien verzerren auch in anderen Kontexten die Gefühlsangaben. So glauben die meisten Menschen, dass sie sich montags schlechter fühlen als an anderen Tagen oder an ihrem Geburtstag besser als sonst. Sie überschätzen ihr positives Befinden in den Ferien und ihr schlechtes Befinden an der Arbeitsstelle. Offensichtlich gibt es zahlreiche Gründe dafür, warum Angaben zum eigenen Befinden, die auf Erinnerungen beruhen, verzerrt werden. Einfluss des Selbstkonzepts. Zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und berichteten Gefühlen finden sich (schwache) Zusammenhänge. Wenn diese Zusammenhänge bei retrospektiven Berichten größer sind als bei Angaben zum aktuellen Befinden, könnte dies darauf zurückzuführen sein, dass sich die Probanden bei ihren retrospektiven Gefühlsangaben von ihrem Selbstkonzept leiten lassen. Robinson und Clore argumentieren mit Verweis auf Swann und Schroeder (1995), dass Informationen, die zum Selbstkonzept passen, eher beachtet, gesucht und gespeichert werden als solche, die ihm widersprechen. Barrett (1997) beispielsweise ließ Studierende 90 Tage lang dreimal täglich ihr momentanes Befinden („online“) einstufen. Anschließend erhob sie eine globale Einschätzung über den gesamten Zeitraum. Negative Gefühle korrelierten stärker mit Neurotizismus, wenn sie retrospektiv (r = 0,38) versus „online“ erhoben wurden (r = 0,24). Ein ähnlicher Effekt bestand bei positiven Gefühlen und Extraversion. Die Verzer-
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rung retrospektiver Berichte in Abhängigkeit von Persönlichkeitsmerkmalen wird durch weitere Studien belegt. Der Effekt ist übrigens nicht nur auf Gefühle beschränkt, sondern wurde auch bei körperlichen Beschwerden (relevantes Persönlichkeitsmerkmal Neurotizismus) sowie bei Schmerzen während einer Zahnbehandlung (Persönlichkeitsmerkmal Angst vor Zahnbehandlung) beobachtet (Robinson & Clore, 2002, S. 949–950). Eine weitere Personenvariable, die sich auf die Über- bzw. Unterschätzung des aktuellen Befindens in retrospektiven Berichten auswirkt, ist das Alter. Ready, Weinberger und Jones (2007) fanden in Übereinstimmung mit früheren Untersuchungen, dass ältere Menschen (hier alle über 65 Jahre) im Vergleich zu jüngeren (hier durchschnittlich 25 bzw. 23 Jahre) retrospektiv ihr positives Befinden über- und ihr negatives Befinden unterschätzen. Welche Mechanismen für diese Altersunterschiede verantwortlich sind, ist noch nicht bekannt. Im vorliegenden Fall liegt es nahe, dass nicht ein selektives Beachten von positiven oder negativen Ereignissen stattgefunden haben kann. Die Teilnehmer stuften nämlich unter der Online-Bedingung am Ende eines jeden Tages ein, wie sie sich an diesem Tag gefühlt hatten – damit liegt eine retrospektive Beurteilung vor, die mit einer späteren und zudem globaleren Beurteilung verglichen wird. Die beobachtete Verzerrung kommt zustande, wenn die Personen später aus der Erinnerung heraus ein Urteil über einen ganzen Zeitraum abgeben, also beim Erinnern und/oder Integrieren von Informationen.
2.3 Messmethoden zur standardisierten Beschreibung der eigenen Gefühle Die Ansätze zur standardisierten Beschreibung von Gefühlen lassen sich in drei Kategorien einteilen: (1) freie Beschreibung und anschließende inhaltsanalytische Auswertung, (2) Beschreibung mit Hilfe vorgegebener Wörter und (3) Beschreibung mit Hilfe vorgegebener symbolhafter Darstellungen. Inhaltsanalyse. Inhaltsanalytische Auswertungen von standardisiert erhobenen Gefühlsbeschreibungen kommen in der Forschungspraxis nur vereinzelt vor. So schrieben Côté-Arsenault, Bidlack und Humm (2001) Frauen an, die ihr Kind während der Schwangerschaft verloren hatten und fragten: „Please list five words or phrases that would describe how you felt during your pregnancies after loss.“ Die Antworten wurden sieben Emotionsqualitäten (z. B. anxious, worried, angry) zugeordnet, die jeweils durch eine Liste von „Synonymen“ definiert waren (angry: unfair, bitter, cheated, resentful, envious). Magai, Consedine, Krivoshekova, Kudadjie-Gyamfi und McPherson (2006) baten ihre Versuchsteilnehmer, sich an Ereignisse zu erinnern, die in den letzen 2 Jahren bei ihnen Ärger oder Traurigkeit ausgelöst hatten, und diese Erlebnisse nun zu beschrei-
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ben. Aus den dabei verwendeten Wörtern wurden mit Hilfe von Experten die Emotionswörter identifiziert. Die Autoren ordneten die Emotionswörter schließlich zehn vorab festgelegten Kategorien (Ärger, Traurigkeit, Angst etc.) zu. Solche inhaltsanalytischen Auswertungen sind im Vergleich zur direkten Einstufung durch die Betroffenen (siehe unten) relativ aufwändig, es sei denn, dass Texte mit Hilfe eines Computerprogramms nach Emotionswörtern durchforstet werden (Tull, Medaglia & Roemer, 2005; vgl. auch Abschnitt 3.2). Hinzu kommt, dass als Ergebnis nur Worthäufigkeiten vorliegen, die keine Aussage über die Intensität oder Dauer der Gefühle erlauben. Nennt ein Proband ein bestimmtes Gefühl nicht, kann es dennoch vorgelegen haben. Inhaltsanalytische Auswertungen können sich aber als nützlich erweisen, wenn schriftliche oder mündliche Äußerungen bereits vorliegen und eine direkte Einstufung von Gefühlen nicht mehr möglich ist oder aus anderen Gründen nicht angemessen wäre. Als Beispiel sei die Analyse von Tagebuchaufzeichnungen (Pennebaker & Stone, 2004) genannt. Eine spezielle Variante inhaltsanalytischer Auswertungen findet sich bei Mossholder, Settoon, Harris und Armenakis (1995). Die Autoren ermittelten die Valenz verbaler Aussagen mit Hilfe publizierter Valenzeinstufungen. Freie Antworten, die im Rahmen einer schriftlichen Befragung (von Managern) anfielen, wurden in einem weitgehend automatisierten Verfahren nach ihrer Valenz beurteilt. Allerdings wurden dabei nicht nur Gefühlsbezeichnungen wie proud oder sad in die Auswertung einbezogen, sondern auch Wörter, die offensichtlich keine Gefühle bezeichnen (z. B. agree, unfriendly). Grundsätzlich kann die Methode aber auch spezifisch auf Gefühle angewandt werden. Gefühlsfragebogen. Der einfachste Weg zur standardisierten Erfassung von Gefühlen besteht darin, Fragebogen einzusetzen. Diese enthalten eine klare Anweisung, wie die Gefühle zu beschreiben sind, und sie geben feste Antwortmöglichkeiten vor. Die Instrumente unterscheiden sich jedoch in mehrfacher Hinsicht. Erstens wird der Zeitraum oder Zeitpunkt, auf den sich die Messung bezieht, unterschiedlich spezifiziert. So kann nach dem momentanen Befinden, dem Befinden in einer zurückliegenden Situation oder auch nach dem hypothetischen Befinden in einer imaginierten Situation (Russell & Mehrabian, 1977) gefragt werden. Für eine retrospektive Messung spricht, dass der Gefühlszustand dabei nicht durch die Messung beeinflusst werden kann (Reaktivität der Messung). Als nachteilig kann sich erweisen, dass der Bericht durch Gedächtniseffekte verzerrt sein kann, und zwar umso stärker, je mehr Zeit zwischen Erleben und Bericht über das Erleben vergeht. Das Ereignis kann unmittelbar der Messung vorausgegangen sein (in Laborexperimenten ein übliches Vorgehen), aber auch lange zurückliegen. Hypothetische Befindensangaben besagen natürlich nicht, wie die Person sich in einer solchen Situation tatsächlich fühlen würde. Zweitens wird spezifiziert, zu welchem Aspekt der Gefühle Angaben erwartet werden: zur Intensität, Dauer, Häufigkeit oder zum Verlauf. Darüber hinaus kann die Anweisung auch spezifizieren, wie der Proband
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vorgehen soll (z. B. spontan antworten, die vorgegebenen Gefühlsbegriffe als Bezeichnung für einen Bereich ähnlicher Gefühle verstehen, ehrlich antworten). Drittens wird der Messgegenstand (Gefühl) inhaltlich spezifiziert. Bei den Gefühlswörtern kann es sich um eine möglichst repräsentative oder um eine mehr pragmatisch begründete Auswahl handeln, die den Gefühlszustand auf mehreren Dimensionen beschreibt. Im Extremfall wird sogar versucht, das emotionale Befinden auf zwei vermeintlich unabhängige Dimensionen, positiven und negativen Affekt, zu reduzieren (Watson, Clark & Tellegen, 1988). Die beiden Skalen der Positive and Negative Affect Schedule (PANAS) setzen sich aus je zehn Adjektiven zusammen, die positive bzw. negative Zustände benennen („Positiver Affekt“, Itembeispiele: aktiv, enthusiastisch; „Negativer Affekt“, Itembeispiele: nervös, ängstlich). Das Verfahren erfreut sich trotz der offensichtlichen Konfundierung beider Skalen mit Aktivierung sowie der Beschränkung auf einige wenige Gefühlsqualitäten großer internationaler Beliebtheit. Es ist sogar gelungen, das ohnehin kurze Verfahren faktorenanalytisch auf eine Kurzform mit insgesamt 5 Items pro Skala zu reduzieren (Thompson, 2007). Eine Übersicht über deutschsprachige Fragebogen findet sich in Tabelle 2. Die Verfahren unterscheiden sich in der Herkunft der Items und im Vorgehen zur Ermittlung der Struktur, also der Skalen. Alle Items stammen letztlich aus der Umgangssprache. Meist handelt es sich um Adjektive; nur bei den Verfahren EMO 16 und EMO-16-Woche wurden Substantive verwendet. Bei einigen Fragebogen wurden die Items direkt aus Listen von deutschen Gefühlswörtern zusammengestellt (BASTI, EMO 16 und EMO-16-Woche). Die Items der übrigen Verfahren stammen aus deutschen (LSB, MDBF) oder englischsprachigen Befindlichkeitsfragebogen. Zur Ermittlung der Struktur benötigt man Informationen über die Ähnlichkeit der Items. Zum Teil wurde die Ähnlichkeit als semantische Ähnlichkeit operationalisiert (BASTI, EMO 16 und EMO-16Woche), meist jedoch über die Kovariation der Gefühle bei der Beschreibung des Befindens. Daneben existieren auch Fragebogenverfahren, die sich auf nur eine Emotionsqualität wie Angst oder Ärger beschränken. Ohne Gefühlsbegriffe kommen Verfahren aus, die als „Semantisches Differential“ bezeichnet werden. Das Befinden wird auf Skalen wie „angenehm – unangenehm“ beschrieben, um die Valenz, Erregung und eventuell als dritte Dimension die Dominanz zu erfassen. Ein Beispiel findet sich bei Hamm und Vaitl (1993). Alle bisher genannten Verfahren dienen dazu, das emotionale Befinden entweder als Momentaufnahme (aktuelles Befinden) oder als Aggregat über eine gewisse Zeit (Befinden in einer Situation) zu beschreiben. Was sich hinter Angaben zu
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Tabelle 2: Deutschsprachige Fragebogen zur Messung des emotionalen Befindens Theoretische Grundlage/ Konstruktionsprinzip
Anzahl der Skalen und Items; Antwortmodus
BASTI Berliner Alltagssprachliches Stimmungsinventar (Schimmack, 1997)
Semantik der Begriffe in der Umgangssprache; Ähnlichkeitsbeurteilung von Adjektiven
10 spezifische und 3 globale Skalen mit je 2 Items; Einstufung der Intensität (7-stufige Skala)
Teilnahmslosigkeit, Sentimentalität, Deprimiertheit, Mürrische Stimmung, Geladene Stimmung, Ängstlichkeit, Nervosität, Ausgelassenheit (ausgelassen), Heitere Stimmung, Entspannung; angenehm-unangenehm, erregt-ruhig, wach-müde
EMO 16 Schmidt-Atzert & Hüppe, 1996)
Semantik der Begriffe in der Umgangssprache; Ähnlichkeitsbeurteilung von Substantiven
16 Skalen, 1 Item pro Skala; Einstufung der Intensität (6-stufige Skala)
Abneigung (Abneigung), Ärger, Neid, Langeweile, Unruhe, Traurigkeit, Sehnsucht, Scham, Schuldgefühl, Freude, Stolz, Mitgefühl, Zuneigung, Sexuelle Erregung, Überraschung
EMO-16Woche (SchmidtAtzert, 1997)1
vgl. EMO 16
Skalen und Items wie EMO 16; Einstufung der Häufigkeit in den letzten 7 Tagen (5-stufige Skala)
vgl. EMO 16
EWL Eigenschaftswörterliste (Janke & Debus, 1978)2
Faktorenanalyse
15 Skalen (zusätzlich 6 übergeordnete Bereichsskalen) mit insgesamt 161 Items; Angabe, ob Gefühl vorhanden oder nicht (trifft zu – trifft nicht zu)
Aktiviertheit, Konzentriertheit; Desaktiviertheit, Müdigkeit, Benommenheit; Extravertiertheit, Introvertiertheit; Selbstsicherheit, Gehobene Stimmung (heiter); Erregtheit, Empfindlichkeit, Ärger; Ängstlichkeit, Deprimiertheit, Verträumtheit
LSB Leipziger Stimmungsbogen (Hinz, Hessel & Brähler, 2002)3
Items anderer Fragebogen; Faktorenanalyse
5 Skalen mit je 6 Items; Einstufung, wie zutreffend (5-stufige Skala)
Freude (glücklich), Aktivität, Gereiztheit, Erschöpfung, Apathie
Verfahren und Autor(en)
Skalen (ein Itembeispiel in Klammern)
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Tabelle 2 (Fortsetzung): Deutschsprachige Fragebogen zur Messung des emotionalen Befindens
Verfahren und Autor(en)
Theoretische Grundlage/ Konstruktionsprinzip
Anzahl der Skalen und Items; Antwortmodus
Skalen (ein Itembeispiel in Klammern)
MDBF Mehrdimensionaler Befindlichkeitsfragebogen (Steyer, Schwenkmezger, Notz & Eid, 1997)4
Strukturmodell der Befindlichkeit (Stimmungen)
3 Skalen mit je 8 Items: Einstufung der Intensität (5-stufige Skala)
Gute – schlechte Stimmung, Wachheit – Müdigkeit, Ruhe – Unruhe (nervös)
PANAS Positive and Negative Affect Schedule (Krohne, Egloff, Kohlmann & Tausch, 1996)5
Modell der amerikanischen Autoren mit zwei unabhängigen Dimensionen des „Affekts“
2 Skalen mit je 10 Items; Einstufung der Intensität (5-stufige Skala)
Positiver Affekt, Negativer Affekt (bekümmert)
POMS Deutsche Kurzform des Fragebogens „Profile of Mood States“ (vgl. Albani et al., 2005)6
Amerikanisches Original mit 65 Items: Faktorenanalyse
4 Skalen mit je 14 bzw. 7 Items; u. a. Einstufung der Intensität in den letzten 24 Stunden (7-stufige Skala)
Niedergeschlagenheit/Angst (ängstlich), Müdigkeit, Tatendrang, Missmut
Anmerkungen: Modifiziert nach Tabelle 1 in Schmidt-Atzert (2009b). 1 Als Ersatz für Normen, Mittelwerte und Streuungen für 300 Studierende und 151 Berufstätige angegeben. 2 Auch Kurzform EWL-K mit 123 Items (Skala Konzentriertheit entfällt hier); ähnlich konstruiertes Verfahren EWL40-KJ für Kinder mit 10 Salen und 4 Items pro Skala von Janke und Janke (2005). 3 Normen, repräsentative Eichstichprobe. 4 Auch Kurzform A und B mit je 12 Items. 5 Weitere Instruktionen, z. B. Wie haben Sie sich heute gefühlt? Wie fühlen Sie sich im Allgemeinen? 6 Weitere Versionen des POMS verbreitet; Computerversionen auch im Hogrefe TestSystem und im Wiener Testsystem; repräsentative Normen bei Grulke et al. (2006).
einer Situation verbirgt, bleibt bei den üblichen retrospektiven Befindensbeschreibungen offen. Sieht ein Proband etwa 5 Minuten lang einen aversiven Film und berichtet danach durch Ankreuzen von Ärgeritems, moderat intensiven Ärger erlebt zu haben, weiß man nicht, ob die Person während des Films
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ständig moderaten Ärger erlebt hat oder etwa am Ende intensiven Ärger, den sie zusammen mit nicht vorhandenem Ärger zuvor zum Urteil „moderater Ärger“ gemittelt hat. Carrera und Oceja (2007) haben daher ein grafisches Verfahren vorgeschlagen, das darin besteht, die Intensität einzelner Gefühle als Verlauf über die Zeit zu skalieren. Allerdings wird dabei implizit angenommen, dass die Probanden wissen, wie einzelne Gefühle bei ihnen verlaufen sind. Wenn der Verlauf von Gefühlen von Interesse ist, kann das Befinden alternativ auch zu mehreren Zeitpunkten eingestuft werden. Vehrs und Zschuppe (1982) haben bereits früher eine einfache Vorrichtung beschrieben, mit deren Hilfe die Intensität eines Gefühls kontinuierlich aufgezeichnet werden kann. Die Probanden bewegen dazu lediglich einen Hebel; je intensiver ihr Gefühl ist, desto stärker drücken sie. Eine im Prinzip sehr ähnliche Methode wird auch heute verwendet, insbesondere zur kontinuierlichen Registrierung des emotionalen Befindens bei Hören von Musik (Schubert, 2004; Timmers, Marolt, Camurri & Volpe, 2006; Vines, Krumhansl, Wanderley & Levitin, 2006). Anders als bei Vehrs und Zschuppe können die Einstufungen direkt vom Computer aufgezeichnet werden; die Probanden verwenden für ihre Eingaben beispielsweise einen Schieber (Timmers et al., 2006). Die kontinuierliche Erfassung von Gefühlsverläufen hat lediglich einen Nachteil, nämlich die notwendige Beschränkung auf eine oder zwei Gefühlsqualitäten. Bei Timmers et al. wurde die emotionale Betroffenheit erfasst, bei Schubert die Valenz und Erregung, bei Vines et al. die Anspannung. Symbolhafte Beschreibung. Als Alternative zur Befindensbeschreibung mit einem Semantischen Differential wurde das Self-Assessment Manikin SAM, eine stilisierte menschliche Figur, eingeführt (Bradley & Lang, 1994; Hamm & Vaitl, 1993). Beim SAM werden Valenz, Erregung und Dominanz symbolisch durch die Mundform, die Größe eines Sterns in der Herzgegend sowie die Größe der Figur ausgedrückt. Da auch jedes einzelne Gefühl auf den drei Dimensionen des semantischen Raums eingeordnet werden kann (Russell & Mehrabian, 1977), ist es grundsätzlich möglich, aus den „groben“ dimensionalen Befindensangaben von Personen auf deren Gefühlsqualitäten zu schließen. Einen entsprechenden Ansatz stellen Fischer, Brauns und Belschak (2002) vor. Symbolische Beschreibungen des Befindens sind nicht zwangsläufig auf drei Dimensionen beschränkt. Grundsätzlich sollte es auch möglich sein, Emotionen symbolisch darzustellen. Bosch, Schiel und Winder (2005) haben mit den Picture Emotion Scales PES ein Verfahren zur Bewertung von Produkten entwickelt, das vermutlich auch auf die Messung des emotionalen Befindens übertragen werden kann. Insgesamt 12 Emotionen (u. a. Ärger, Freude, Liebe) werden durch mehrere Fotos wie etwa ein tränendes Auge (für Traurigkeit) repräsentiert. Die Probanden wählen die Bilder aus, die zum Produkt (analog zu ihrem Befinden) passen.
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3 Die Wahrnehmung von Gefühlen – Interindividuelle Unterschiede im Zugang zu eigenen Gefühlen Wenn Menschen berichten, bestimmte Gefühle zu erleben, so müssen sie diese zuvor auch wahrgenommen haben. Allerdings gibt es keine wissenschaftlich fundierte Erkenntnis darüber, wie der Wahrnehmungsgegenstand „Gefühl“ beschaffen ist, was also genau wahrgenommen wird. Anders als bei der Wahrnehmung von Farben lässt sich weder ein physikalischer Reiz angeben (Licht bestimmter Wellenlänge), der mit einem bestimmten Wahrnehmungserlebnis (z. B. die Farbe grün sehen) korrespondiert, noch sind die am Wahrnehmungsprozess beteiligten Sinnesorgane (Zapfen, Farbrezeptoren auf der Netzhaut) bekannt. Die Frage nach der zentralen Verarbeitung der vom Wahrnehmungsorgan produzierten Signale stellt sich erst gar nicht. Allerdings liegen theoretische Überlegungen dazu vor, dass Gefühle auf bestimmte Reaktionskomponenten zurückgeführt werden können (vgl. Abschnitt 4). Unter der Prämisse, dass etwa die eigene Körperhaltung, Mimik oder körperliche Erregung das Erleben determinieren, kann im Kontext dieser Theorien nach der Wahrnehmung der vermeintlichen Determinanten von Gefühlen gefragt werden. Interindividuelle Unterschiede in der Wahrnehmung dieser Faktoren, aber auch situative Bedingungen, die sich auf deren Wahrnehmung auswirken (Ablenkung, störende Reize), sollten sich in den Angaben zum emotionalen Befinden niederschlagen. Angaben zum emotionalen Befinden fallen unterschiedlich differenziert aus. Im Extremfall könnte eine Person lediglich sagen, dass sie sich „schlecht“ fühlt, während eine andere sehr genau differenziert, welche negativen Gefühle sie hat und welche nicht (z. B. Angst und Scham, aber keine Traurigkeit, kein Ärger etc.). Ob das Erleben dieser beiden Personen entsprechend undifferenziert bzw. differenziert ist, lässt sich kaum feststellen, da man den Gefühlszustand nicht anders als durch (meist verbale) Angaben zum Befinden erfassen kann. Dennoch ist es möglich, interindividuelle Unterschiede im verbalen Bericht über Gefühle, die möglicherweise mit dem Erleben/der Wahrnehmung der Gefühle korrespondieren, zu untersuchen.
3.1 Valenz- und Erregungsfokus Gefühle lassen sich auf den Dimensionen Valenz und Erregung einordnen und beschreiben (vgl. Abschnitt 2.3). Feldman (1995) argumentiert, dass Personen bei der Beschreibung ihrer Gefühle implizit mehr oder weniger stark zwischen valenz- und ebenfalls mehr oder weniger stark zwischen erregungsbezogenen Zuständen differenzieren. Eine starke Differenzierung zwischen unterschiedlichen Erregungszuständen sollte sich beispielsweise darin zeigen, dass die Person zwei Gefühle wie Angst (hohe Erregung) und Traurigkeit (niedrige Erregung)
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über viele Messgelegenheiten hinweg als unterschiedlich intensiv einstuft. Je niedriger die intraindividuelle Korrelation zwischen diesen Gefühlen ausfällt, desto stärker unterscheidet die Person zwischen diesen beiden Gefühlen. Eine Korrelation von 1 würde besagen, dass die Person überhaupt nicht zwischen diesen beiden Erregungszuständen differenziert. Über viele Gefühlsqualitäten hinweg, die unterschiedlich stark mit Erregung assoziiert sind, sprechen niedrige intraindividuelle Korrelationen für eine starke Betonung der Erregung in den Gefühlsangaben. Analoge Überlegungen gelten für die Valenz. Es muss betont werden, dass es sich hierbei um implizite Verhaltensmaße handelt. Die Personen werden nicht gefragt, wie wichtig ihnen die Unterscheidung zwischen unterschiedlich angenehmen und unangenehmen bzw. zwischen ruhigen und erregenden Zuständen ist, sondern die Betonung dieser Dimensionen wird aus ihren Angaben zum Befinden erschlossen. Neben dem Nachweis, dass sich Personen tatsächlich in der Fokussierung auf Erregung und auf Valenz unterscheiden (Feldman, 1995; hier Operationalisierung über die Varianzaufklärung durch individuell berechnete Faktoren), stellt sich die Frage nach der Herkunft dieser interindividuellen Unterschiede. Barrett (2004) untersuchte, welcher Zusammenhang zwischen der Valenz- und Erregungsfokussierung einerseits und individuellen Unterschieden in der Semantik von Gefühlswörtern besteht. Versuchspersonen beurteilten dazu Emotionswörter nach deren Ähnlichkeit. Daraus wurde berechnet, wie stark die einzelnen Personen die Valenz und die Erregung in den semantischen Urteilen betonen. Zwischen dem Erregungsfokus in Angaben zum alltäglichen Befinden (Studie 1, 2, 3) und der Betonung von Erregung in semantischen Urteilen über Gefühlswörter fanden sich signifikante, aber niedrige Korrelationen. Der Zusammenhang konnte in Studie 2 und 3 auch mit Angaben zum aktuellen Befinden (Emotionsinduktion durch Bilder bzw. Emotionsinduktion durch experimentelle Anordnungen) repliziert werden. Die Ergebnisse zur Valenz waren weniger eindeutig; nur in der dritten Untersuchung fand sich ein signifikanter Zusammenhang. Damit können die interindividuellen Unterschiede in der Fokussierung auf Erregung oder Valenz nicht auf ein semantisches Phänomen reduziert werden. Selbst für die Erregung gehen die Korrelationen nicht über die Größenordnung von r = 0,40 hinaus. Schließlich ist es denkbar, dass die semantischen Urteile Erfahrungen über die Kovariation von Befindenszuständen widerspiegeln (vgl. Reisenzein & Schimmack, 1999). Zumindest die Erregungsfokussierung könnte mit der Sensitivität für die eigene körperliche Erregung zusammenhängen, wie Barrett, Quigley, Bliss-Moreau und Aronson (2004) vermuten. Ein körperliches Signal, das uns manchmal bewusst wird, ist der Herzschlag. Barrett et al. verwendeten ein Leistungsmaß zur Bestimmung der Sensitivität für den eigenen Herzschlag: Die Versuchsteilnehmer sollten beurteilen, ob eine Serie von jeweils 10 Tönen synchron mit ihren
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Herzschlägen erfolgte oder nicht. Die gleichen Personen stuften mehrere Wochen lang ihr emotionales Befinden im Alltag ein. Daraus wurde ein Kennwert für die Fokussierung auf Erregung abgeleitet. Gemittelt über zwei Studien fand sich eine signifikante Korrelation von r = 0,23 zwischen Erregungsfokussierung und Herzschlagsensitivität. Andere Indikatoren für die Art der Gefühlsangaben wie etwa die (analog bestimmte) Valenzfokussierung oder die mittlere Gefühlsintensität zeigten keinen Zusammenhang mit der Herzschlagsensitivität. Der Mechanismus, der die interozeptive Sensitivität mit unterschiedlich starker Betonung der Erregung in Gefühlsangaben verbindet, kann gegenwärtig allerdings nicht schlüssig erklärt werden (vgl. Barrett et al., 2007).
3.2 Alexithymie Unter Alexithymie wird die Unfähigkeit verstanden, die eigenen Gefühle wahrzunehmen und zu benennen. Zur Messung wird meist die Toronto Alexithymia Scale in der revidierten Form (TAS-20) von Bagby, Parker und Taylor (1994) verwendet. Aufgrund faktorenanalytischer Untersuchungen können drei Subskalen gebildet werden. Eine davon, Difficulties Identifying Feelings (DIF; Itembeispiel: „Ich habe Gefühle, die ich schwer identifizieren kann“), ist für die hier interessierende Wahrnehmung der eigenen Gefühle theoretisch hoch relevant. Die beiden anderen Skalen betreffen Schwierigkeiten beim Benennen von Gefühlen bzw. externales Denken. Salminen, Saarijarvi, Toikka, Kauhanen und Aarela (2006) haben die TAS-20 bei einer großen repräsentativen Stichprobe von finnischen Erwachsenen eingesetzt und festgestellt, dass nicht nur die interne Konsistenz hoch ist (α = 0,87), sondern dass die Retest-Reliabilität nach 5 Jahren mit r = 0,69 ähnlich hoch ist wie bei Skalen zur Erfassung breiter Persönlichkeitsmerkmale. Auch die Subskala DIF ist hinreichend reliabel (rtt = 0,62; Salminen et al., 2006). Leider werden nicht in allen Studien zur TAS-20 Subtestergebnisse berichtet. In einer Felduntersuchung haben Friedberg und Quick (2007) mit Hilfe eines elektronischen Tagebuchs bei Patienten, die unter chronischer Müdigkeit litten, 3 Wochen lang täglich sechsmal die Intensität negativer Gefühle erfragt. Die Angaben zum aktuellen Befinden korrelierten positiv mit dem Alexithymie-Gesamtwert (r = 0,21), wie auch mit der DIF-Subskala (r = 0,14). Gesamtwert und Subskala korrelierten ferner in der Größenordnung von r = 0,40 bzw. 0,30 mit Angst und Depressivität. Ein anderer methodischer Zugang besteht darin, Versuchsteilnehmer frei über selbst erlebte Ereignisse sprechen zu lassen. Tull et al. (2005) forderten Studierende und Universitätsmitarbeiter auf, wie zu einem guten Freund etwa 5 Minuten lang über ein zurückliegendes unangenehmes Ereignis zu sprechen. Eine
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vertrauliche Behandlung der Schilderungen wurde zugesichert. Es folgte eine computerbasierte inhaltsanalytische Auswertung. Je höher der TAS-Gesamtwert war, desto mehr negative und desto weniger positive Gefühlswörter verwendeten die Probanden (r = 0,42 bzw. –0,24). Dieses Muster wurde noch prägnanter, wenn nur die Skala DIF betrachtet wurde (r = 0,55 bzw. –0,28). Die Probanden hatten ihr Befinden zusätzlich mit einer Zustandsversion der PANAS (vgl. Abschnitt 2.3) eingestuft. Die hier relevante Skala für negativen Affekt korrelierte moderat mit dem TAS-Gesamtwert sowie mit der Subskala (r = 0,29 bzw. 0,44). Die Ergebnisse widersprechen eindeutig der Erwartung, dass Alexithymie und darüber hinaus speziell die Subskala DIF mit weniger oder mit schwächeren Gefühlen einhergeht. Wagner und Lee (2008) gingen bei der Generierung von Sprachproben ähnlich vor. Sie baten in zwei Studien Studentinnen sowohl um die Beschreibung eines positiven, wie auch eines negativen Ereignisses. Statt eine inhaltsanalytische Auswertung vorzunehmen, ließen sie die Transkripte lediglich danach einstufen, in welchem Ausmaß die Erzählerinnen positive und negative Gefühle ausgedrückt hatten. In beiden Studien korrelierte die TAS-Gesamtskala wie auch die DIF-Skala in der Größenordnung von r = –0,30 mit dem Ausmaß der situationskonformen Gefühle. Bei der Schilderung eines positiven Ereignisses zeigten die Teilnehmerinnen also umso weniger positive Gefühle, je höher ihr Alexithymiewert war. Diese Befunde sind im Gegensatz zu denen von Tull et al. erwartungskonform. In Feldstudien und bei freier Schilderung von Erlebnissen kann nicht kontrolliert werden, ob die Situationen, auf die sich die Gefühlsangaben beziehen, für alle Personen vergleichbar sind. Deshalb sind auch Untersuchungen nötig, in denen die Teilnehmer standardisierten Reizen ausgesetzt werden. Zunächst wird eine Untersuchung mit fiktiven Situationen berichtet, anschließend weitere mit emotionsauslösenden Reizen im Labor. Lane, Quinlan, Schwartz, Walker et al. (1990) haben mit der Levels of Emotional Awareness Scale (LEAS) ein Instrument zur verhaltensnahen Erfassung der Wahrnehmung und Benennung von Gefühlen vorgestellt (deutsch: Subic-Wrana, Thomas, Huber & Köhle, 2001). Der Test besteht aus 20 emotional ambivalenten Situationen, in die sich die Testperson hineinversetzen soll, um dann u. a. ihre Gefühle in dieser Situation zu beschreiben (Beispiel aus Subic-Wrana et al., 2001: „Sie und Ihr Freund arbeiten auf dem gleichen Gebiet. Dort wird die beste Arbeit des Jahres prämiert. Sie haben sich beide sehr angestrengt, um den Preis zu bekommen. Der Abend der Bekanntgabe des Preisträgers ist gekommen: Es ist Ihr Freund. Wie würden Sie sich fühlen? Wie würde sich Ihr Freund fühlen?“). Die freien Antworten werden nach einem theoretisch hergeleiteten 5-Punkte-Schema ausgewertet. Lumley und Gustavson (2005) setzten die TAS-20 zusammen mit diesem Verfahren ein und stellten leicht negative, nicht signifikante Korrelationen des Gesamtwerts wie auch der DIF-Skala mit LEAS fest.
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In einer Untersuchung von Conneley und Denney (2007) sollten Versuchspersonen eine freie Rede vorbereiten und vor der Kamera halten sowie unter Zeitdruck einen Farb-Wort-Interferenz Test bearbeiten. Dabei mussten sie mehrmals ihr Befinden mit Hilfe eines Stimmungsfragebogens (POMS) einstufen. Studierende mit hohen Werten in der TAS-20 wurden mit Kontrollpersonen verglichen, die nach biografischen Merkmalen parallelisiert waren. Alexithyme Personen berichteten über alle Phasen hinweg eine wesentlich größere Anspannung und stärkeren Ärger als die Kontrollpersonen. Die entsprechenden Werte der Alexithymen lagen sowohl vor als auch während der Stressphasen mehr als eine Standardabweichung über denen der Kontrollgruppe. Henry, Phillips, Maylor, Hosie, Milne und Meyer (2006) zeigten Erwachsenen einen aversiven Film und betrachteten die mittlere Intensität der vier eingestuften Emotionen als Maß der emotionalen Reaktivität. Die Korrelationen mit dem DIF-Faktor der TAS-20 lag nahe bei Null und war nicht signifikant (r = 0,06). Allerdings wurde die Ausgangslage des Befindens nicht kontrolliert. Ein Nebenergebnis dieser Studie ist, dass der DIF-Faktor in der Größenordnung von r = 0,30 mit diversen habituellen Maßen für negatives Befinden wie negativem Affekt (PANAS in der Version „letzte Woche“ von Watson et al., 1988), Angst und niedriger Lebensqualität korrelierte. Roedema und Simons (1999) verglichen eine Extremgruppe von Studierenden mit hohen Alexithymiewerten mit solchen, die normale Werte aufwiesen. Die Versuchspersonen sollten emotionsauslösende Bilder betrachten und bei jedem Bild ihr Befinden mit Hilfe des Self Assessment Manikin (vgl. Abschnitt 2.3) einstufen sowie ihr Befinden mit frei wählbaren Adjektiven beschreiben. Alexithyme Versuchsteilnehmer berichteten lediglich schwächere Erregung als die Kontrollpersonen. In ihren Valenz-Einstufungen unterschieden sie sich nicht signifikant. Ferner notierten sie insgesamt weniger Adjektive zur Beschreibung ihrer Gefühle. Der Zusammenhang zwischen Alexithymie und habituellen Merkmalen ist gut erforscht. Saarijarvi, Salminen und Toikka (2001) stellten bei depressiven Patienten Korrelationen in der Größenordnung von r = 0,50 zwischen dem TASGesamtwert, aber auch der Subskala DIF und verschiedenen Maßen für die Schwere der Depression fest. Bemerkenswert ist, dass sich im Laufe eines Jahres zwar die Depressionswerte markant verbessert hatten, die Alexithymiewerte aber relativ stabil blieben. Sowohl bei Gesunden (z. B. Zimmermann, Rossier, Meyer de Stadelhofen & Gaillard, 2005) als auch bei Patienten (z. B. Schaefer, Schneider, Sitte & Franz, 2002) wurden Korrelationen mit Neurotizismus berichtet, die für die Gesamtskala im Bereich von r = 0,40 und die DIF-Skala im Bereich von r = 0,50 liegen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Alexithymie, wie sie mit der TAS20 gemessen wird, ein relativ stabiles Merkmal ist (vgl. Salminen et al., 2006), das stark mit Persönlichkeitsmerkmalen konfundiert ist, die mit negativen
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Emotionen verbunden sind. Die Befunde zum Zusammenhang zwischen Alexithymie und berichteten Gefühlen sind sehr widersprüchlich, so dass man gegenwärtig keineswegs davon ausgehen kann, dass interindividuelle Unterschiede in der Wahrnehmung von Gefühlen mit dem Konstrukt Alexithymie erklärbar sind.
3.3 Komplexität des emotionalen Erlebens Wenn Menschen ihre Gefühle per Fragebogen beschreiben, fallen die Angaben unterschiedlich differenziert aus. Erkennbar ist dies an den Korrelationen der Gefühle über viele Messzeitpunkte, die für jede Person berechnet werden können. Niedrige Korrelationen sprechen für eine starke Differenzierung zwischen den Gefühlen. Während Feldman (1995) sich alleine mit der Differenziertheit auf der Valenz- und der Erregungsdimension befasst, haben Kang und Shaver (2004) vorgeschlagen, generell die Variation und Differenziertheit der Angaben zum Befinden zum Forschungsgegenstand zu machen. Zu diesem Zweck haben sie einen Fragebogen entwickelt, die Range and Differentiation of Emotional Experience Scale (RDEES). Einer explorativen Faktorenanalyse zufolge beschreiben die Items zwei korrelierte Aspekte des emotionalen Erlebens, nämlich die Breite (Itembeispiel: „I experience a wide range of emotions“) und Differenziertheit der Gefühle (Itembeispiel: „I am aware of the subtle differences between feelings I have“). Zur Validierung haben Kang und Shaver die Skala mit anderen Verfahren korreliert. In zwei Untersuchungen mit Stichproben von jeweils mehreren hundert Studierenden ragen die Korrelationen mit der Subskala Externales Denken der TAS (r = –0,49/–0,51) und der Subskala Aufmerksamkeit für emotionale Inhalte der Trait Meta Mood Scale (r = 0,56/0,56) (Itembeispiel aus der deutschen Version von Otto, Döring-Seipel, Grebe & Lantermann, 2001: „Ich denke oft über meine Gefühle nach“) heraus. Vom Messanspruch her wären hohe negative Korrelationen zwischen der Subskala Differenziertheit und der TAS-Subskala Difficulties Identifying Feelings zu erwarten; diese Erwartung findet sich jedoch nicht bestätigt (r = –0,18/–0,09). Anders als die TAS-20 ist die RDEES nicht mit Neurotizismus korreliert, dafür aber in der Größenordnung von r = 0,40 mit Offenheit für Erfahrung. Ob mit der Skala interindividuelle Unterschiede im Erleben von Gefühlen erklärt werden können, wurde wie folgt untersucht: Studierende beschrieben 3 Wochen täglich ihre Gefühle mit Hilfe der PANAS. Daraus wurden zwei Kennwerte für die Differenziertheit der Gefühle abgeleitet: die Anzahl berichteter Gefühle (Gefühle mit einer Mindestintensität von 2 auf der fünfstufigen Skala) und die Variabilität der Gefühle (mittlere individuelle Standardabweichung der Gefühlsintensitäten). Diese Kennwerte korrelierten niedrig, aber signifikant mit dem RDEES-Wert (r = 0,27/0,24). Durch eine weitere Aufgabe sollte die
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Differenziertheit sprachlicher Emotionsbegriffe erfasst werden: 135 Kärtchen mit Emotionswörtern waren in Stapel ähnlicher Gefühle zu sortieren. Die Anzahl der gebildeten Stapel korrelierte r = 0,32 mit der RDEES. Die Differenziertheit des emotionalen Erlebens ist sicherlich ein wichtiger Aspekt von Gefühlen. Allerdings lassen die verfügbaren Messinstrumente noch keinen klaren Schluss zu, ob sie eine differenzierte Wahrnehmung oder die Fähigkeit, das Erleben differenziert verbal zu beschreiben (oder beides), erfassen.
3.4 Affektintensität Menschen unterscheiden sich darin, wie stark sie auf emotionsauslösende Ereignisse reagieren – und zwar unabhängig davon, ob es sich um positive oder negative Ereignisse handelt. Dies ist der Kerngedanke des Konzepts Affect Intensity (Larsen & Diener, 1987). Zur Messung wurde ein aus 40 Items bestehender Fragebogen (Affect Intensity Meassure AIM) entwickelt. Die meisten Items thematisieren eine Situation und ein Gefühl (Beispiel: „Sad movies deeply touch me“, „I enjoy being with other people very much“), andere beschreiben die Art oder die Intensität emotionaler Reaktionen (z. B. „When I’m happy I feel very energetic“). Die Items sind auf einer fünfstufigen Skala von never bis always zu beantworten (Larsen, Diener & Emmons, 1986). Da Affect Intensity durch Angaben des Individuums über seine emotionalen Reaktionen operationalisiert wird, kann auch die Fähigkeit zur Wahrnehmung der eigenen Gefühle mit erfasst werden. Allerdings ließ sich die Annahme, dass der Fragebogen AIM eindimensional ist, in mehreren Studien nicht aufrechterhalten. So berichten Bryant, Yarnold und Grimm (1996) sowie Simonsson-Sarnecki, Lundh und Torestad (2000) übereinstimmend, dass dem Instrument drei Faktoren zugrunde liegen, die sie positive affectivity, negative intensity und negative reactivity nennen. Konzeptuell ist der zweite Faktor am ehesten mit der Wahrnehmung von starken (negativen) Gefühlen verbunden. Die Items besagen, dass negative Gefühle generell intensiv erlebt werden (bei Simonsson-Sarnecki et al., 2000, hat das Item „When I feel guitly this emotion is quite strong“ die höchste Trennschärfe). Es ist bemerkenswert, dass nur diese Subskala bei Simonsson-Sarnecki et al. signifikant mit Alexithymie (TAS-20, r = 0,26) korreliert. Zu erwarten wäre eine negative Korrelation, da alexithyme Menschen schwache Gefühle berichten sollten, „affektintensive“ dagegen starke. Dieser Befund macht deutlich, dass beide Maße offenbar eine Neigung zu starken negativen Gefühlen (mit) erfassen. Obwohl Affect Intensity sich konzeptuell als ein viel versprechendes Konstrukt zur Erklärung von habituellen Unterschieden in der Wahrnehmung von Gefühlen anbietet, kann das vorgeschlagene Messinstrument AIM diesen Anspruch nicht befriedigen.
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4 Determinanten von Gefühlen Gefühle treten meist nach bestimmten Ereignissen auf. Aber konkrete, physisch existente Reize sind nicht immer erforderlich. Alleine die Imagination eines früher erlebten oder auch fiktiven Ereignisses genügt, um Gefühle auszulösen. Wenn, wie in zahlreichen Untersuchungen geschehen, Bilder oder Filme zur Emotionsinduktion verwendet werden, so handelt es sich bei diesen Reizen auch nur um Abbilder der Wirklichkeit (bei Filmen oftmals sogar nur von einer fiktiven Wirklichkeit). Dennoch reicht ein einfaches Reiz-Reaktions-Schema nicht aus, um die Entstehung von Gefühlen zu erklären. Ein (reales, imaginiertes oder in Bildern gezeigtes) Ereignis löst nicht unbedingt bei allen Personen ein Gefühl aus; und wenn es ein Gefühl auslöst, so ist eine gewisse Variation in der Intensität und Qualität der Gefühle festzustellen. Deshalb wurden unterschiedliche Modelle entworfen, wie ein Gefühl entsteht. Diese werden im Folgenden kurz dargestellt.
4.1 Ereignisse und deren Bewertungen Fragt man andere Menschen, so können sie Situationen nennen, in denen sie Angst, Traurigkeit oder etwa Scham erlebt haben. In vielen, wenn nicht sogar allen Fällen waren zuerst das Ereignis und dann das Gefühl vorhanden. Wird das Ereignis „abgestellt“, ändert sich meist auch sehr schnell das Gefühl. Deshalb ist es hoch plausibel anzunehmen, dass Gefühle durch Ereignisse ausgelöst werden können. Durch Befragungen wurde ermittelt, welche Ereignisse bei den meisten Menschen bestimmte Gefühle auslösen. Solche Erhebungen wurden beispielsweise von Wallbott und Scherer (1986) mit Studierenden in mehreren Ländern durchgeführt. Auf diese Weise findet man Ereignisse, die bei vielen Menschen, u. U. sogar in vielen Kulturen, ein bestimmtes Gefühl auslösen. Beispiele sind Gewaltverbrechen (Angst), Tod eines nahe stehenden Lebewesens (Traurigkeit) oder Erfolg (Freude). Solche prototypischen Ereignisse sind geeignet, via Imagination bei vielen Personen bestimmte Gefühle auszulösen. Wählt man eine feinere Auflösung, wird eine enorme Vielfalt gefühlsauslösender Ereignisse sichtbar. In einer klassischen Studie hatte Cason (1930) Ärgernisse erfragt. Die 659 Befragten nannten nicht weniger als 2.581 verschiedene Auslöser für Ärger. Warum diese sehr unterschiedlichen Ereignisse (z. B. jemand betrügt beim Spiel oder jemand spricht ständig über seine Krankheit) das gleiche Gefühl auslösen, ist nicht unmittelbar erkennbar. Es stellt sich die Frage, wie eine sehr große Anzahl unterschiedlicher Ereignisse zu ein- und demselben Gefühl führen kann. Eine Antwort darauf ist, dass die Ereignisse bewertet werden und das Ergebnis dieser Bewertung dafür verantwortlich ist, welches Gefühl resultiert. Eine überschaubare Anzahl von Bewer-
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tungsdimensionen (wie etwa nützlich – schädlich, neu – vertraut) soll ausreichen, um die Bedeutung eines Ereignisses für das Individuum zu analysieren. Vom Ergebnis der Bewertung soll abhängen, welches Gefühl resultiert. Die Idee, dass Ereignisse nicht automatisch zu einer Emotion führen, sondern zunächst einer Bewertung unterzogen werden, geht auf Arnold (1950) zurück und wurde später insbesondere durch Lazarus (z. B. 1966) propagiert. Charakteristisch für diese frühen Bewertungs- oder Appraisaltheorien ist, dass darin explizit zwischen einer primären Bewertung, die sich auf die Bedeutung der Ereignisse bezieht, und einer anschließend erfolgenden sekundären Bewertung unterschieden wird, die auch die eigenen Reaktionen bzw. Reaktionsmöglichkeiten einbezieht. Inzwischen liegen unterschiedliche theoretische Ansätze und Befunde vor (Übersicht bei Ellsworth & Scherer, 2003; Scherer, Schorr & Johnstone, 2001; vgl. auch den Beitrag von Hess und Kappas in diesem Band). Will man die Entstehung von Gefühlen erklären, sind zwei Fragen von herausragender Bedeutung: Welche Bewertungen führen zu welchen Gefühlen? Wie kann man mit Hilfe von Bewertungsprozessen erklären, dass Menschen auf gleiche Ereignisse mit unterschiedlichen Gefühlen reagieren? Die erste Frage zielt darauf ab, mit Hilfe der Bewertungsmuster zu erklären, warum Menschen so viele unterschiedliche Gefühle erleben können. Die meisten Appraisal-Theoretiker nehmen an, dass es sich bei den Bewertungen nicht um diskrete Entscheidungen handelt (z. B. „Ist das Ereignis neu oder vertraut?“), sondern dass die Bewertungen auf bestimmten Dimensionen vorgenommen werden („Wie neu versus vertraut ist das Ereignis?“). Um festzustellen, welche Bewertungen für ein bestimmtes Gefühl charakteristisch sind, hat man verschiedene Untersuchungsansätze verfolgt (vgl. Ellsworth & Scherer, 2003): (1) Probanden erinnern sich an Situationen, in denen sie ein bestimmtes Gefühl erlebt hatten. Sie stufen dann anhand von Items, die sich auf postulierte Bewertungsdimensionen beziehen (z. B. neu, nützlich, hinderlich) ein, wie sie die Situation bewertet haben. (2) Solche Bewertungen werden zeitnah in emotionsauslösenden Situationen vorgenommen. Dabei kann es sich um natürliche Situationen wie etwa eine Prüfung oder um Ereignisse im Labor handeln. (3) Untersucher konstruieren Situationsbeschreibungen so, dass bestimmte Bewertungen nahe liegend sind. Die Probanden stufen ein, wie sie sich in diesen Situationen fühlen würden. Auf diese Weise lassen sich Bewertungsprofile für verschiedene Emotionen konstruieren. Beispielsweise soll die Bewertung eines Ereignisses als sehr neu, sehr angenehm, hoch kontrollierbar etc. zu Freude führen (vgl. Ellsworth & Scherer, 2003, Tab. 29.2). Bei diesen methodischen Ansätzen werden verbale Angaben über Gefühle mit verbalen Angaben der gleichen Person über ihre Bewertungen in Beziehung gesetzt. Diese Beschränkung auf Selbstauskünfte ist problematisch. Und die Frage nach der Kausalität, also ob die Bewertungen zu Gefühlen führen, bleibt unbeantwortet.
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Die zweite Frage gilt interindividuellen Unterschieden im emotionalen Erleben. Während Ellsworth und Scherer (2003) noch konstatieren, dass über individuelle Unterschiede in der Bewertung wenig bekannt ist, liegt inzwischen zumindest eine Studie vor, die sich explizit mit interindividuellen Unterschieden in der Bewertung von Situationen und damit einhergehenden Gefühlen befasst. Kuppens, Van Mechelen, Smits, De Boeck und Ceulemans (2007) legten über 800 Schülern eine Liste mit sorgfältig ausgewählten Situationsbeschreibungen vor. Die Schüler sollten sich die Situationen vorstellen und auf mehrstufigen Skalen angeben, wie sie die Situation erleben (vier Bewertungsdimensionen; z. B. „sich unfair behandelt fühlen“) und wie sehr sie sich ärgern. Anhand der Angaben zur Bewertung der Situationen konnten Kuppens et al. vier Cluster von Personen identifizieren. Eine Gruppe gab an, in den Situationen keine ärgerrelevanten Bewertungen vorzunehmen und auch keinen Ärger zu erleben. Diese Gruppe zeichnete sich, dazu passend, durch die niedrigsten Werte für habituellen Ärger aus. Für eine andere Gruppe war es typisch, dass sie immer Ärger berichtete, wenn das Ereignis ihrer Meinung nach frustrierend war, während für die beiden anderen Gruppen Frustration kein hinreichender Ärgergrund war. Auf weitere Unterschiede wird hier nicht eingegangen. Die Ergebnisse können als Hinweis verstanden werden, dass bestimmte Bewertungen unterschiedliche Konsequenzen für Gefühle haben können. Die allgemeinpsychologische Betrachtung (welche Bewertung führt zu welchem Gefühl?) muss durch eine differentialpsychologische ergänzt werden (wer tendiert zu welchen Bewertungen und wer tendiert bei einer gegebenen Bewertung zu welchem Gefühl?). Fazit ist, dass die Bewertungstheorien eine plausible Erklärung dafür liefern, warum viele unterschiedliche Situationen zum gleichen Gefühl führen können. Wenn die differentialpsychologische Perspektive berücksichtigt wird, können die Bewertungstheorien auch „erklären“, warum eine Situation zu individuell unterschiedlichen Gefühlen führen kann. Der Ansatz erfährt bislang aber nur durch methodisch nicht überzeugende Fragebogenstudien Unterstützung.
4.2 Lust-Unlust-Empfindungen und deren Kategorisierung Barrett hat in mehreren Publikationen – beginnend mit Russell und Barrett (1999), zusammenfassend Barrett et al. (2007) – eine Theorie zur Entstehung von Gefühlen ausgearbeitet, die sie allerdings nicht als einen reduktionistischen Ansatz zu verstehen wünscht. Ob ein Gefühl so ist, wie es in der Theorie dargestellt wird, oder ob es so entsteht, ist keine empirisch zu beantwortende Frage, sondern ein wissenschaftstheoretischer Standpunkt. Deshalb wird diese Theorie hier auch unter der Überschrift „Determinanten von Gefühlen“ behandelt. Barrett postuliert, dass das Gehirn automatisch und kontinuierlich die
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Umwelt nach ihrer Bedeutung für den Organismus (nützlich – schädlich) bewertet. Das Ergebnis dieser Bewertung nennt sie core affect und meint damit einen eher diffusen Zustand, der wie ein neurophysiologisches Barometer ständig die Beziehung des Individuums zu seiner Umwelt anzeige (Barrett, 2005, S. 267). Wenn dieser Zustand ins Bewusstsein gelangt, werde er als Lust oder Unlust empfunden. Russell (2003) verwendet den Begriff ähnlich, schließt jedoch ausdrücklich auch Erregung ein: „A neurophysiological state that is consciously accessible as a simple, nonreflective feeling that is an integral blend of hedonic (pleasure – displeasure) und arousal (sleepy – activated) values“ (S. 147). Damit core affect zu einem Gefühl der Angst, Freude oder etwa des Ärgers wird, sei ein weiterer Schritt nötig, der Kategorisierung genannt wird. Das Individuum verfügt über semantisches Wissen bezüglich Angst, Freude, Ärger etc.; Barrett (2005) spricht von konzeptuellem Wissen. Dieses Wissen formt Barrett zufolge das Erleben bzw. die Wahrnehmung von Gefühlen. Sie stellt dazu einen Vergleich mit der Wahrnehmung von Farben an. Licht kann physikalisch als elektromagnetische Wellen unterschiedlicher Wellenlängen verstanden werden. Bestimmte Bereiche von Wellenlängen haben wir gelernt, als „rot“, „blau“, „gelb“ etc. wahrzunehmen und zu benennen. Analog dazu nehmen wir bestimmte Bereiche des core affect als „Freude“, „Ärger“, „Angst“ etc. wahr – geleitet von unserem semantischen Wissen über diese Gefühle. Über die Natur des core affect ist bislang wenig bekannt, das Konzept wird hauptsächlich durch theoretische Erörterungen erklärt. Der Grundgedanke ist aber in der Emotionspsychologie keineswegs neu: Eine diffuse Reaktion des Organismus wird kognitiv zu einem Gefühl ausgeformt. In dem Beitrag von Stemmler (vgl. Kap. 8) in diesem Band finden sich weitere Erörterungen zur Bedeutung der eigenen körperlichen Reaktionen für Gefühle.
5 Ausblick Obwohl sich die Psychologie schon seit mehr als 100 Jahren mit der Frage befasst, was Gefühle sind und wie sie entstehen, müssen wir heute feststellen, dass noch immer keine theoretisch befriedigenden und empirisch hinreichend gesicherten Antworten auf diese Fragen vorliegen. Es fehlt ein Konsens bezüglich grundlegender Prämissen, etwa ob Gefühle mit Emotionen gleichgesetzt werden dürfen oder ob es sich um eine Teilmenge (Komponente) handelt – und wenn letzteres angenommen wird, durch welche Merkmale Gefühle von anderen Komponenten abgegrenzt oder positiv definiert werden. Jede Wissenschaft benötigt solide Messinstrumente. In diesem Beitrag wurde mehrfach deutlich, dass ein großer Forschungsaufwand mit Messinstrumenten betrieben worden ist, die sich später als sehr unzulänglich erwiesen haben. Markante Beispiele sind die Fragebogen zu Alexithymie und Affektintensität. Es
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werden dringend Messinstrumente benötigt, die habituelle Faktoren des emotionalen Erlebens wie auch das emotionale Erleben selbst valide beschreiben. Der Weg dazu ist vorgezeichnet: theoriegeleitete Konstruktion und sorgfältige Konstruktvalidierung; dazu kommt die Beachtung eher handwerklicher Regeln der Testkonstruktion. Bei der Messung von Gefühlen stellt sich die Frage, ob besser grobe oder differenzierte Maße zu verwenden sind. In der Persönlichkeitsforschung wird heute niemand ernsthaft vorschlagen, einen „Gute Menschen – Schlechte Menschen-Fragebogen“ zu entwickeln. Das emotionale Erleben wird aber bedenkenlos auf positive und negative Gefühle reduziert. Es liegen diverse mehrdimensionale Verfahren vor, die gegeneinander abgeglichen werden können um festzustellen, welche Skalen redundant sind und welche Skalen weitere Gefühlsqualitäten erfassen, die sich von den übrigen sicher unterscheiden lassen. Da Gefühle ein flüchtiges Phänomen sind, sind umfangreiche Itemlisten zur Erfassung des aktuellen Befindens problematisch. Hier könnte ein computerbasiertes, adaptives Vorgehen eine Lösung darstellen: Zunächst wird gefragt, ob überhaupt angenehme (dann unangenehme) Gefühle vorliegen, dann werden grobe Kategorien vorgegeben (z. B. Angst/Unruhe, Scham/Schuldgefühle) und schließlich spezifische Items mit Intensitätsskalen (z. B. ängstlich, besorgt, nervös etc.). Ein „Goldstandard“ muss bei den Messinstrumenten erst noch etabliert werden. Eine Herausforderung bei der Messung von Gefühlen wie auch für theoretische Erklärungsansätze oder Theorien stellt das Phänomen der gemischten Gefühle dar. Fragt man Menschen, die sich beispielsweise geärgert haben, ob sie auch andere Gefühle (Ekel, Angst, Traurigkeit, Verlegenheit etc.) erlebt haben, so werden sie viele zusätzliche Gefühle berichten, zum Teil von ähnlicher Intensität wie bei Ärger (z. B. Ellsworth & Scherer, 2003). Es gibt vermutlich nur wenige Ereignisse, die ein Gefühl isoliert auslösen. Weitgehend ungelöst ist in diesem Zusammenhang auch das Problem, in welcher zeitlichen Abfolge diese Gefühle auftreten. Treten sie simultan auf oder nacheinander und beeinflussen sie sich gegenseitig? Die Methode, einfach den Verlauf der Gefühle über die Zeit einstufen zu lassen (Carrera & Oceja, 2007), überfordert vermutlich die Versuchspersonen und wird darüber hinaus anfällig für diverse Verzerrungen sein. Mit sprachlichen Methoden wird man kaum eine ähnlich feine zeitliche Auflösung erreichen wie dies bei Verhaltens- oder physiologischen Maßen möglich ist. Vielleicht ist es machbar, mit akustischen Signalen den Zeitpunkt zu markieren, auf den sich die Befindensangaben beziehen sollen. Aus den Angaben einer Person bei mehreren identischen Reizdarbietungen oder durch Zusammenfügen der Angaben mehrerer Personen bei dem gleichen Reiz lässt sich möglicherweise nach dem Prinzip der evozierten Potenziale ein realistisches Bild der Gefühlsverläufe gewinnen. Im Detail sind dabei sicherlich noch viele
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Probleme zu lösen. Das Ziel sollte jedenfalls sein, bei der Messung nicht nur eine größere Auflösung bezüglich der Gefühlsqualitäten zu erreichen, sondern auch bezüglich des Zeitverlaufs.
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10. Kapitel
Ausdruck: Kommunikations- und Regulationsmedium Arvid Kappas Auch die Schlauheit1 wird, wie ich glaube, hauptsächlich durch Bewegungen um die Augen dargestellt. Denn diese sind weniger unter der Controle des Willens in Folge der Gewalt lang andauernder Gewohnheit als die Bewegungen des Körpers. Darwin (1872b, S. 269)
1 Einleitung Dieses Kapitel befasst sich mit dem Zusammenhang von emotionalen Zuständen, sozialem Kontext und Ausdrucksverhalten. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Muskelaktivität des Gesichtes. Ist es möglich, anhand von Gesichtsausdrücken auf den emotionalen Zustand einer Person zu schließen, d. h. haben Gesichtsausdrücke einen diagnostischen Wert? Werden Gesichtsausdrücke in normaler Interaktion als Indikatoren emotionaler Zustände wahrgenommen? Welche Rolle spielt das Ausdrucksverhalten für die intra- und interpersonelle Regulation von Emotionen und sozialen Beziehungen?
1.1 Wie wichtig sind Gesichter? Säuglinge zeigen eine Vorliebe für gesichtsähnliche Konfigurationen (Goren, Sarty & Wu, 1975; Johnson & Morton, 1991) infolge genereller Präferenzen für die Verteilung bestimmter visueller Merkmale (z. B. die Häufung visueller 1
Schlauheit ist Carus’ Übersetzung für slyness im Original – Durchtriebenheit oder Listigkeit wären alternative Übersetzungen, die vielleicht Darwins Intention näher kommen. Das Zitat verdeutlicht unter anderem, dass Darwins Buch sich auch mit Prozessen und Ausdrücken befasst, die heute eher kurios wirken.
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Merkmale in der oberen Hälfte einer ovalen Form, Turati, 2004; oder eine spezifische Verteilung von Licht und Schatten, Farroni et al., 2005). Neugeborene imitieren bereits wenige Stunden nach der Geburt bestimmte Gesichtsausdrücke (Meltzoff & Moore, 1977). Die Kombination aus der Präferenz für Gesichter einerseits und dem Hang zur Imitation von Gesichtsausdrücken andererseits ist eine Voraussetzung sozialer Interaktion zwischen dem Kind und seiner direkten Umwelt. Die daraus entstehende Intersubjektivität wiederum wird als die „Wiege sozialer Kognition“ gesehen (Rochat & Striano, 1999, S. 30). Es gilt mittlerweile als gesichert, dass das erwachsene menschliche Gehirn spezifisch auf Gesichter reagiert. Hierbei ist zu beachten, dass nicht nur die Fusiform Face Area (FFA, im Gyrus fusiformis, extrastriatärer Kortex) Sensitivität für Gesichter zeigt (z. B. Kanwisher, McDermott & Chun, 1997), sondern dass Gesichter vermutlich auch in anderen, zum Teil benachbarten, Gebieten des Kortex durch verteilte Aktivierungsmuster redundant enkodiert werden (z. B. Haxby et al., 2001). Es gibt fortwährende Kontroversen, ob die FFA möglicherweise nicht nur auf Gesichter, sondern auch auf andere visuelle Stimuli spezialisiert ist, die mit visueller Expertise zu tun haben (z. B. Gauthier, Curran, Curby & Collins, 2003; vgl. Kanwisher, 2006). Jedoch ist diese Diskussion nicht wirklich entscheidend für die Frage, ob Erwachsene Experten für Gesichter sind. Denn diese Frage kann eindeutig bejaht werden. Der derzeitige Wissensstand in der sozialen Neurowissenschaft unterstreicht, was seit langem vorwissenschaftlich als gesichert galt – Gesichter haben eine besondere Bedeutung für uns (Kappas, 1997)2.
1.2 What’s in a face? Gesichter enthalten wichtige Informationen bezüglich Identität, Geschlecht und Alter. In Sekundenbruchteilen bewerten wir anhand des Gesichtes sowohl die Persönlichkeit als auch generelle Eigenschaften wie die Glaubwürdigkeit einer Person (Willis & Todorov, 2006). Wir schließen auf die Intentionen von Personen und können prototypische emotionale Ausdrücke unseres Gegenübers in kürzester Zeit benennen (Kirouac & Doré, 1983). Über Jahrhunderte konzentrierte sich in der Tat das Interesse von Forschern und Laien an Gesichtern weniger auf Emotionen als auf den Zusammenhang zwischen sichtbarer Physiognomie und unsichtbarer Persönlichkeit bzw. nicht sichtbarem Charakter. Die Veröffentlichung von Darwins The Expression of the Emotions in Man and
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Das immer noch dominante Modell von Bruce und Young (1986) geht davon aus, dass Identität (im Sinne der Wiedererkennung von Personen) und emotionaler Gesichtsausdruck in separaten Modulen verarbeitet werden (vgl. Calder & Young, 2005, und Abschnitt 4.1.6).
Ausdruck: Kommunikations- und Regulationsmedium
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Animals (1872a) war für die Untersuchung des Zusammenhanges von Ausdruck und Emotionen, die Pathognomie, von herausragender Bedeutung. Es ist unbestritten, dass Darwins „außerordentlich prophetisches Buch“ (Ekman, 2003, S. 283) einen großen Einfluss auf die junge wissenschaftliche Psychologie im 19. Jahrhundert hatte und sich in Folge die Untersuchung des Gesichtsausdrucks als eine der Kerndisziplinen der Emotionswissenschaft (Kappas, 2002) etablierte. Trotzdem ist die Frage nach dem Zusammenhang von Emotionen und Ausdruck auch heute noch nicht abschließend beantwortet.
2 Zum Stand der Ausdrucksforschung Russell und Fernández-Dols stellten 1997 fest, dass bis dato noch keine umfassende Geschichte der Gesichtsausdrucksforschung geschrieben wurde (S. 4). Angesichts der Komplexität dieser Aufgabe ist dies nicht verwunderlich. Zum einen gibt es große Unterschiede in den theoretischen Annahmen verschiedener Forscher. Zum anderen beurteilen und interpretieren verschiedene Autoren die vorliegenden empirischen Daten völlig unterschiedlich. Eine mittlere Korrelation zwischen bestimmten Ausdrucksmustern und subjektivem Gefühl wird von den einen als ein zuverlässiges Zeichen der Ausdrucksfunktion interpretiert, von den anderen als ein Beweis, dass Ausdruck offensichtlich kein verlässliches Merkmal emotionaler Zustände sei (vgl. Kappas, 2003; auch Reisenzein, Bördgen, Holtbernd & Matz, 2006). Oberflächlich betrachtet, scheint zumindest eine gewisse Einigkeit bezüglich der Bedeutung Charles Darwins für die moderne Ausdrucksforschung zu herrschen. Doch dieser Eindruck täuscht, denn auch hier sind die Gräben tief. Wenn Paul Ekman, der 1998 die „definitive“ Ausgabe von Darwins The Expression of the Emotions mit Vorwort, Nachwort und eigenen Anmerkungen herausgab, Darwins Aussagen und Intentionen interpretiert, so unterscheidet sich diese Interpretation wesentlich von der Interpretation Alan Fridlunds (vgl. Parkinson, 2005). Im Gegensatz zu Ekman und vielen anderen Forschern auf dem Gebiet des Ausdrucksverhaltens interpretiert Fridlund Ausdrücke nicht als eine Reflektion emotionaler Zustände, sondern als ein Werkzeug sozialer Motivationen (vgl. Abschnitt 2.3.3). Ob Ausdrucksverhalten überhaupt mit Emotionen zusammenhängt, ist ein Einwand, der mit der Unvermeidlichkeit einer Pendelbewegung auftaucht und wieder verschwindet. Der Kontext des Zeitgeistes spielt hierbei eine große Rolle. So wurde unter dem Einfluss des Behaviorismus das Konzept der Emotion als
3
Übersetzung des Autors. Ekman verwendet das Wort „prescient“.
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höchst verdächtig betrachtet. Auch die „Bedeutung“ von Ausdrücken wurde skeptisch beurteilt und im Wesentlichen als kulturelles Phänomen interpretiert. Im Gegensatz dazu herrscht gegenwärtig, im Kontext des Paradigmenwandels von den Verhaltenswissenschaften zur Neurowissenschaft, ein großes Interesse an Emotionen vor. Die dominanten Erklärungsmodelle des Zusammenhangs zwischen Emotionen und Ausdruck in der Neurowissenschaft basieren allerdings auf Theorien, die bereits in den 70er Jahren entwickelt wurden. Die neueren Debatten um den Zusammenhang von Emotion und Ausdruck, die in diesem Beitrag ausführlich diskutiert werden, haben in der Neurowissenschaft bislang noch kaum Eingang gefunden.
2.1 Interesse an Physiognomie und Ausdruck vor Darwin Die Interpretation von, zumeist statischen, Gesichtsmerkmalen als Ausdruck des „Charakters“ hat eine lange Tradition, die bis in die Antike (Pythagoras, Hippokrates, Galen, Aristoteles) zurückreicht. Aber auch in nicht westlichen Kontexten, wie zum Beispiel in der Form des Gesichterlesens in China, war dieser Gedanke schon in der Zeit vor Konfuzius verbreitet (vgl. Fridlund, 1994; Fridlund & Russell, 2006). Die Veröffentlichungen Johann Kaspar Lavaters, dem vielleicht wichtigsten Verfechter einer physiognomiebasierten Charakterkunde im 18. Jahrhundert, sind bis in die Gegenwart einflussreich (vgl. Asendorpf, 1982). Während diese Art der Charakterkunde in der Wissenschaft in einem Atemzug mit Phrenologie, Tarot und Horoskopen genannt wird4, existiert in der Öffentlichkeit offensichtlich ein großes und andauerndes Interesse an charakterspezifischen Interpretationen von Gesichtern und nonverbalem Verhalten, wie etwa ein Blick in die populärpsychologischen Abteilungen von Buchhandlungen belegt.
2.2 Darwins The Expression of the Emotions in Man and Animals 2.2.1 Darwins Motivation Ursprünglich plante Darwin lediglich ein einziges Kapitel zum Emotionsausdruck in seinem Buch Abstammung des Menschen (The Descent of Man, Darwin, 1871; vgl. Cornelius, 1996). Er entschied sich schließlich jedoch dazu, das Material weiter auszuarbeiten, und veröffentlichte The Expression of the Emotions in Man and Animals im Jahr 1872 als eigenständiges Werk. Aus Darwins Briefen 4
Diese Einschätzung der Physiognomie hat eine lange Tradition. „Jetzt sind es die Zeichen an der Stirne die man deuten will, ehemals waren es Zeichen am Himmel.“ (Lichtenberg, 1778, in Asendorpf, 1982, S. 199).
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und Notizen wird deutlich, dass Expression5 einen ganz bestimmten Zweck verfolgte. Charles Bell hatte in seinem populären The Anatomy and Philosophy of Facial Expression (1806) bekräftigt, dass der emotionale Ausdruck des Menschen kein Äquivalent im Tierreich habe, sondern einzigartig sei und so mithin ein Zeichen dafür, dass Gott den Menschen über die Tiere stellte. Diese Aussage stand deutlich im Widerspruch zu Darwins Vorstellungen bezüglich des Ursprungs morphologischer Ähnlichkeiten unterschiedlicher Arten. Daher versuchte Darwin primär zu zeigen, dass es Ähnlichkeiten in der Morphologie und im Verhalten zwischen Menschen und unterschiedlichen Tieren gibt (vgl. Fridlund, 1994). 2.2.2 Darwins Methodologie Darwin verwendete eine Reihe unterschiedlicher Datenquellen und Methoden, um seine Argumente zu unterstützen. Einerseits gingen seine persönlichen Beobachtungen in seinem privaten Umfeld in seine Forschung ein, zum Beispiel die Entwicklung seines Sohnes William. Andererseits berücksichtigte Darwin auch Beobachtungen außerhalb seiner Familie, z. B. das Verhalten blinder Kinder und das Verhalten von Tieren. Darwin führte sogar gezielt Experimente durch, z. B. „bat ich mehrere Personen, ohne ihnen meine Absicht zu erklären, aufmerksam auf ein leises klopfendes Geräusch hinzuhören, dessen Natur und Quelle sie sämmtlich vollkommen kannten; nicht eine von ihnen runzelte die Stirn“ (1872b, S. 226). Zudem schickte Darwin gedruckte Fragebögen an diverse Bekannte, Missionare oder „Beschützer der eingebornen Bevölkerung“ (1872b, S. 17) in verschiedenen nicht europäischen Ländern. Diese enthielten Fragen wie 7. Wenn ein Mensch einen anderen verhöhnt oder beissig anfährt, wird dann der Winkel der Oberlippe über dem Hunds- oder Augenzahn auf der Seite erhoben, auf welcher der so angeredete Mensch sich findet? (Darwin, 1872b, S. 16). Darwin war ein Pionier in der Verwendung fotografischen Materials in wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Expression war reichhaltig illustriert, wenn auch aus Kostengründen einige der fotografischen Originale in den ersten Ausgaben als Stiche reproduziert werden mussten (Prodger, 1998). Fotos und Illustrationen zeigten unter anderem Kinder, Schauspieler, Tiere und anatomische Diagramme. Von besonderer Bedeutung waren die Illustrationen der Fotos von Duchenne de Boulogne, die in der Ekman-Ausgabe von 1998 auch endlich fotografisch wiedergegeben wurden. 5
Wenn im Folgenden auf das Buch The Expression of the Emotions in Man and Animals Bezug genommen wird, wird entsprechend der Darwin’schen Gewohnheit der Begriff Expression oder Ausdruck ohne Artikel verwendet (vgl. Darwin, 1998).
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Abbildung 1: Furcht. Fotografie von Guillaume-Benjamin-Armand Duchenne de Boulogne (Frankreich, 1806– 1875). Aus Mechanics of Human Physiognomy (1862). Mit freundlicher Genehmigung des Museum of Modern Art, New York, NY.
Duchenne verwendete einen elektrischen Stimulationsapparat, um spezifisch einzelne Gesichtsmuskeln zu aktivieren, zumeist bei einem seiner Patienten, der über keine Schmerzwahrnehmung verfügte. Damit zeigte Duchenne als erster, welche Änderungen des Gesichtsausdrucks mit der Aktivität spezifischer Muskeln zusammenhängen. Die Illustrationen des Patienten, mit seinen wirren Haaren, der zum Beispiel einen Ausdruck des Entsetzens oder der Furcht zeigt, sind allgemein bekannt und vielfach reproduziert. Sogar in der Fotografieabteilung des Museum of Modern Art in New York findet sich ein Original aus dieser Serie (vgl. Abb. 1). Es hat fast 150 Jahre gedauert, bis die Arbeit Duchennes formell repliziert und schließlich sogar auf Schimpansen ausgeweitet wurde (Waller et al., 2006). 2.2.3 Darwins drei Prinzipien von dem Ursprung des Ausdrucksverhaltens Darwin entwickelte drei Prinzipien, die den phylogenetischen Ursprung des Ausdrucksverhaltens erklären sollten: „Das erste Princip : Zweckmässige Handlungen werden gewohnheitsgemäss mit gewissen Seelenzuständen associirt und
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werden ausgeführt, mögen sie in jedem besonderen Falle von Nutzen sein oder nicht“ (1872b, S. 27), stellt einen Kernpunkt von Darwins Überlegungen dar. Hierzu sind folgende Anmerkungen zu machen: (1) Ausdrücke, die diesem Prinzip entspringen, entstanden nicht zu Kommunikationszwecken; (2) Ausdrücke müssen nicht im Einzelfall nützlich sein (dies ist von besonderer Bedeutung bei der Diskussion funktionaler Ansätze zum Gesichtsausdruck); (3) es ist von Seelenzuständen die Rede – dieser Begriff ist viel weiter gefasst als Emotionen und umfasst zum Beispiel auch „die Empfindung von etwas Schwierigem“ (S. 228) oder den Zustand des „Versunkensein[s]“ (bspw. S. 232; vgl. Scherer, 1992, zum Thema des Ausdrucks von Kognitionen bei Darwin); (4) Ausdruck bezieht sich nicht nur auf Muskelbewegungen im Gesicht oder Änderungen der Haltung, sondern auch auf die Stimme, auf Schwitzen, Erröten, Erblassen oder sogar das Kräuseln des Kopfhaares; (5) es handelte sich bei diesem Prinzip nicht um eine neue Idee. James (1909) bemerkte: „und [Spencer] war, so viel ich weiß, auch der erste, der darauf hinwies, daß andere Ausdrucksbewegungen des Zornes und der Furcht als rudimentäre Erregungen früher nützlicher Handlungen erklärt werden könnten“ (S. 388). (6) Darwin vermutete, dass sich Bewegungen durch häufige Verwendung als Gewohnheiten etablieren würden und dann auch (im Sinne der Theorie von Lamarck) an folgende Generationen vererbt würden. Zur Funktionalität des Ausdrucks der Furcht etwa schreibt Darwin: Einige der Zeichen können durch die Principien der Gewohnheit, Association und Vererbung erklärt werden, – so das weite Öffnen des Mundes und der Augen mit aufgehobenen Augenbrauen, so dass wir so schnell als möglich rund um uns her sehen können und deutlich hören, was für Laute überhaupt nur unsere Ohren erreichen mögen. (1872b, S. 314) Das zweite Prinzip Darwins geht davon aus, dass gegensätzliche Zustände sich auch durch gegensätzliche Ausdrücke manifestieren. Hier wankt das Argument des nicht kommunikativen Ursprunges der Ausdrücke ein wenig. Darwin spricht in diesem Fall auch explizit vom expressiven Nutzen klarer entgegengesetzter Signale. Ein Beispiel wäre eine Drohgebärde, um „beim Feinde Furcht zu erregen“ (S. 104), bei der ein Tier sich so groß wie möglich erscheinen lassen möchte, im Gegensatz zu einer Unterwerfungsgeste, bei der ein Tier so klein wie möglich erscheinen möchte6. Interessant ist, dass der Ursprung hier auch in
6 John Ohala (1980) präsentierte eine interessante Theorie zum akustischen Ursprung des Lächelns. Er schlägt vor, dass höhere Frequenzen im akustischen Spektrum durch die zurückgezogenen Mundwinkel verstärkt werden, wohingegen bei der antithetischen Drohgebärde der Vokaltrakt durch die nach vorne gestülpten Lippen verlängert würde und so akustisch den Eindruck
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beabsichtigten Ausdrücken liegt, die einen bestimmten Effekt bei einem Interaktionspartner erzielen sollen (sehr im Sinne sozialer Motivation als Determinante expressiver Handlungen; Fridlund, 1991, 1994). Auch das zweite Prinzip beschreibt einen Mechanismus, der durch Gewohnheit regelmäßig zum Einsatz kommt und dann langfristig vererbt wird. Das dritte Prinzip „der directen Wirkung des erregten Nervensystems auf den Körper, unabhängig vom Wille und zum Theil von der Gewohnheit“ (S. 67) ist, zugespitzt formuliert, eine Sammelkategorie, bei der es um eine Art Überschussaktivität geht, die sich ein Ventil sucht. Beeinflusst von Physiologen des 19. Jahrhunderts, wie Herbert Spencer oder Johannes Müller, wirft Darwin mit diesem Prinzip eine Reihe sehr unterschiedlicher Verhaltensweisen in einen Topf. Auch Darwin selbst war mit der Formulierung dieses Prinzips nicht zufrieden, wie er später in einem Brief an den Physiologen Alexander Bain eingestand (vgl. Fridlund, 1994, S. 21). Erstaunlicherweise wurde bis heute nicht systematisch überprüft, ob bestimmte Gesichtsmuskelbewegungen tatsächlich die von Darwin angenommenen Funktionen erfüllen7. Generell muss festgestellt werden, dass die drei Prinzipien, und damit der eigentliche Kern von Darwins Buch, praktisch keine Rolle in aktuellen psychologischen Theorien zum Gesichtsausdruck spielen (vgl. Russell & Fernández-Dols, 1997), im Unterschied zur Ethologie, in der sie zeitweise einen gewissen Einfluss hatten (Scherer & Wallbott, 1990; Fridlund, 1994). 2.2.4 Die Universalitätshypothese Aus der Hypothese, Ausdrucksverhalten habe sich phylogenetisch entwickelt, folgt, dass bestimmte Ausdrücke in jedem Land und in jeder Kultur zu finden sein sollten. Daher die spezifischen Fragen, die Darwin an Korrespondenten in verschiedene Länder schickte (vgl. Abschnitt 2.2.2). Die Frage nach der Universalität des Ausdrucksverhaltens und des Gesichtsausdrucks im Besonderen ist immer noch umstritten (vgl. Abschnitt 2.3.2).
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eines größeren Körpers gibt. Tatsächlich können Teilnehmer eines Telefongespräches hören, ob der Gesprächspartner lächelt oder nicht (Tartter, 1980). Eine Ausnahme bilden einige Studien von van Boxtel und seinen Kollegen (Stekelenburg & van Boxtel, 2001, 2002). Hier wird zum Beispiel gezeigt, dass die Gesichtsmuskulatur eine Rolle spielen kann, um im Kontext der Orientierung auf schwache akustische Stimuli Hintergrundgeräusche abzudämpfen.
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Dabei ist es wichtig zu unterstreichen, dass Darwin bereits feststellte, dass der Ausdruck nicht nur durch vererbte Mechanismen, sondern auch durch sozialen Kontext und durch kulturelle Einflüsse gesteuert, beziehungsweise moduliert wird. Er war allerdings überzeugt, dass sich manche Ausdrucksmerkmale weniger als andere willentlich kontrollieren lassen8. Damit nimmt Darwin sowohl bereits wichtige Elemente der Neurokulturellen Theorie Ekmans als auch das Konzept des nonverbal-leakage 9 voraus (Ekman & Friesen, 1969a, b). 2.2.5 Kommunikation und Emotionsregulation bei Darwin Darwin verschwendete nur wenig Zeit auf die Erörterung menschlicher Kommunikation als solcher (vgl. Parkinson, 2005). Denn Expression war im Wesentlichen der Widerlegung der These gewidmet, Ausdrucksverhalten sei eine stammesgeschichtliche Entwicklung zum Zwecke der Kommunikation (diese Position wäre zu ähnlich der Position Bells). So geht Darwin erst auf der vorletzten Seite von Expression, am Beispiel der Mutter-Kind-Kommunikation, ausdrücklich auf die Bedeutung des Ausdrucks für menschliche interpersonale Regulation ein. Im gleichen Absatz formulierte Darwin die Grundlage der modernen Facial Feedback Hypothese (vgl. Abschnitt 4.2.1). Erstens schlug er vor, dass eine Modulation des Ausdrucks Gefühle modulieren kann: Der freie Ausdruck einer Gemüthserregung durch äussere Zeichen macht sie intensiver. Auf der anderen Seite macht das Zurückdrängen aller äussern Zeichen, so weit dies möglich ist, unsere Seelenbewegungen milder. Wer seiner Wuth durch heftige Geberden nachgibt, wird sie nur vergrössern; wer die äussern Zeichen der Furcht nicht der Controle des Willens unterwirft, wird Furcht in einem bedeutenderen Grade empfinden … (1872b, S. 374) Zweitens vermutete Darwin, dass ein simulierter Ausdruck ausreichen kann, Gefühle auszulösen – „Selbst das Heucheln einer Gemüthsbewegung erregt dieselbe leicht in unserer Seele“ (S. 375).
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Siehe auch das Darwin-Zitat am Eingang des Kapitels. Nonverbal leakage bezieht sich auf ungewollte verräterische nonverbale Signale, die trotz des Versuches, den Ausdruck einer Emotion oder Einstellung willentlich zu kontrollieren, „durchsickern“. Die Annahme ist, dass es nonverbale Kanäle gibt, die unterschiedlich gut kontrolliert werden können (vgl. auch Kappas et al., 1991).
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2.3 Darwin und seine Folgen 2.3.1 Die dunkle Periode10 der Forschung zum emotionalen Ausdruck11 Zunächst war Expression ein kommerzieller Erfolg. Neuntausend Kopien wurden in wenigen Monaten verkauft (Fridlund, 1994) – dann flachte das Interesse jedoch schnell ab. William James veröffentlichte kurz darauf seine Emotionstheorie, in der ebenfalls das Ausdrucksverhalten thematisiert wurde. Es ging bei James allerdings nicht um die phylogenetische Entstehung des Ausdrucksverhaltens, sondern, zusammen mit inneren körperlichen Reaktionen und spezifischen Handlungen, um seine Funktion bei der Entstehung und Modulation von Gefühlen. Die Theorie von James ist ein weiterer wichtiger Vorläufer der Facial Feedback Hypothese. Jedermann weiß wie die Panik durch die Flucht vergrößert wird und wie das Sich-gehen-lassen bezüglich der Symptome von Kummer oder Zorn diese Leidenschaften selbst verstärkt. Jeder Anfall von Schluchzen macht die Trauer heftiger und ruft einen weiteren noch stärkeren Anfall hervor, bis schließlich nur deshalb Beruhigung eintritt, weil der Mechanismus erschlafft und offenbar an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit angelangt ist. In die Wut können wir uns bekanntlich immer mehr „hineinarbeiten“ durch wiederholte Ausbrüche in den Ausdruckserscheinungen. Man unterdrücke den Ausdruck der Leidenschaft, und sie vergeht. (James, 1909, S. 383) Es steht außer Frage, dass James von einigen Ideen Darwins inspiriert war, aber spezifisch Expression scheint keinen großen Eindruck auf seine Theorie gemacht zu haben. Tatsächlich, wenn man sich auf die allgemeinen Ideen des Funktionalismus konzentriert, die in Darwins Gesamtwerk zu finden sind, dann ist die große Mehrheit der Emotionsforscher zum Ende des 19. Jahrhunderts und danach als von Darwin geprägt zu bezeichnen. Anfang des 20. Jahrhunderts folgten eine Reihe experimenteller Studien zum emotionalen Ausdruck, die Darwin nur beschränkt zu bestätigen schienen. Feleky (1914) zum Beispiel12 produzierte 86 Selbstportraits mit unterschiedlichen Gesichtsausdrücken und ließ diese dann beurteilen. Die Ergebnisse deuteten
10 Siehe Cornelius (1996), S. 39, bzgl. des Titels. 11 Diese Zusammenfassung ist extrem selektiv und diskutiert aus Platzgründen weder die wichtigen Arbeiten von Woodworth oder Schlosberg, noch die anthropologischen Arbeiten, wie z. B. Klineberg (vgl. auch Ekman et al., 1982b; Fridlund, 1994; Russell & Fernández-Dols, 1997). Interessante Abhandlungen über die Deutsche Ausdruckspsychologie finden sich in Asendorpf (1982), Asendorpf und Wallbott (1982), Wallbott (1982) sowie Helfrich und Wallbott (1986). 12 Feleky zitierte Darwin nicht (Fridlund, 1994).
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zunächst darauf hin, dass Emotionen im Gesicht nur schlecht erkannt werden. Allerdings hatte diese Studie einige Schwächen: Weder die Auswahl der dargestellten „Emotionen“ (z. B. religiöse Liebe) noch die Qualität der gestellten Ausdrücke Felekys konnte überzeugen. Spätere Analysen der Daten, welche die Emotionen in „Familien“ gruppierten, ließen die Ergebnisse etwas positiver erscheinen (vgl. Ekman, Friesen & Ellsworth, 1982a, b). Landis (1924) hingegen versuchte, spontane Ausdrücke im Labor zu erzeugen, indem er Probanden mit einer Reihe Stimuli konfrontierte, zum Beispiel mit dem Geruch von Ammoniak oder mit Bildern von Hautkrankheiten. Er ließ die Versuchspersonen zuschauen, wie Ratten geköpft wurden, oder brachte die Probanden dazu, ihre Hand in einen Eimer mit Fröschen zu stecken. Die Beurteilungsergebnisse der so entstandenen Fotos waren auch hier gemischt, sie stellten weder die Universalitätshypothese grundsätzlich in Frage, noch lieferten sie eindeutige unterstützende Beweise dafür (Ekman et al., 1982a; Russell, 1994; Russell & Fernández-Dols, 1997). Statt dessen mehrten sich in den folgenden Jahren Indizien, dass das Wissen um den Kontext, aus dem ein Ausdruck stammt, die „Identifizierung“ eines emotionalen Zustandes stark beeinflusst, wenn nicht sogar bestimmt (vgl. Russell, 1997; auch Abschnitt 4.1.4). Es machte sich ein gewisser Pessimismus bezüglich der Universalitätshypothese breit. Generell beeinflusste der Behaviorismus zu Anfang des 20. Jahrhunderts die meisten Untersuchungen zu affektiven Prozessen, besonders in den USA. Schließlich wurde sogar der Nutzen des Konzeptes „Emotion“ angezweifelt (Duffy, 1941). Bruner und Tagiuris Kapitel im Handbook of Social Psychology (1954) kam schließlich zu dem Schluss, dass Emotionen nicht zuverlässig im Gesicht ausgedrückt werden (Ekman et al., 1982a; Keltner, Ekman, Gonzaga & Beer, 2003; aber vgl. Fridlund, 1994, zu einer alternativen Interpretation des Kapitels). 2.3.2 Die Renaissance der Gesichtsausdrucksforschung – die Arbeit Paul Ekmans Die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts stellten einen wichtigen Einschnitt dar. Ein Wendepunkt der modernen Ausdrucksforschung war zweifelsohne die Veröffentlichung einer Studie von Ekman, Sorenson und Friesen (1969) in der renommierten Zeitschrift Science13. 13 Andere Autoren identifizieren die Veröffentlichungen von Tomkins und Plutchik in den frühen 60er Jahren als einen Wendepunkt (z. B. Russell & Fernández-Dols, 1997). Diese theoretischen Überlegungen fanden jedoch wahrscheinlich erst mit den Arbeiten Ekmans und seiner Kollegen sowie denen von Izard den Weg in den mainstream.
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In diesem Artikel berichteten Ekman und seine Kollegen von einer Beurteilungsstudie, in der 30 Portraitfotografien, die Freude, Furcht, Ekel/Verachtung, Überraschung und Trauer zeigen sollten, verschiedenen Probandengruppen in fünf Ländern – in den USA, Brasilien, Japan, Borneo und zwei verschiedenen Gruppen in Neu Guinea – vorgelegt wurden. Die Fotos zeigten weiße Männer und Frauen, Erwachsene und Kinder, Berufs- und Laienschauspieler und psychiatrische Patienten (Ekman et al., 1969, S. 87). Die zusammengefassten Erkennungsraten zeigten eine hohe Übereinstimmung über alle Stichproben hinweg; lediglich die Stichproben aus Borneo und Neu-Guinea zeigten niedrigere Erkennungsraten. Dieser Unterschied ist von besonderem Interesse, da hier davon ausgegangen werden kann, dass diese Probanden nur wenig durch die (westlichen) Medien und den Kontakt mit westlichen Besuchern beeinflusst gewesen waren. Leider sind viele methodologische Details der Experimente beim Stamm der Fore nicht bekannt. Zudem sind nicht alle Ergebnisse veröffentlicht worden. Russell (1994) wies darauf hin, dass Berichte über diese Studien in verschiedenen Veröffentlichungen Ekmans und seiner Kollegen unvollständig und zum Teil sogar widersprüchlich seien. Diese kritische Evaluierung Russells löste eine sehr emotionale und teilweise von persönlichen Angriffen charakterisierte Kontroverse aus (vgl. Ekman, 1994; Izard, 1994; Russell, 1995). Unabhängig von der Validität der in dem Science Artikel von Ekman und seinen Kollegen veröffentlichten Ergebnisse stieg in der folgenden Dekade das wissenschaftliche Interesse am emotionalen Ausdruck und an nonverbaler Kommunikation (und auch an Emotionen selbst; Ekman, 1993). Endlich schienen Darwins Hypothesen empirisch belegt zu sein. Eine Reihe von methodologischen Entwicklungen Ekmans und seiner Kollegen, besonders die Veröffentlichung der Pictures of Facial Affect (Ekman & Friesen, 1976) und des Facial Action Coding Systems (FACS; Ekman & Friesen, 1978)14 führten zu einem qualitativen und quantitativen Anstieg von Studien zum Gesichtsausdruck. Es sollte jedoch betont werden, dass es bereits vor der Veröffentlichung der Studie von Ekman et al. (1969) klare empirische Anzeichen für universelle, d. h. angeborene Gesichtsausdrücke gab – auch wenn die Ekman-Studie allgemein als ein Wendepunkt interpretiert wird. Heute teilen viele Forscher die Einschätzung Ekmans, dass die Universalität einer Anzahl von Gesichtsausdrücken empirisch belegt wurde (Cornelius, 1996). 14 Das Facial Action Coding System erlaubt die objektive Beschreibung von Gesichtsbewegungen. Es handelt sich um ein standardisiertes Kodiersystem, das auf einer anatomischen Analyse der Gesichtsmuskulatur beruht. Jeder möglichen Bewegung ist eine so genannte Action Unit (AU) zugeordnet. Zum Beispiel AU4 beschreibt die Aktivität des Muskels corrugator supercilii – ein Zusammenziehen der Augenbrauen. Das FACS basiert teilweise auf der Arbeit Hjortsjös (1969).
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Ekman geht sogar noch weiter und stellt fest, dass Scherer und seine Kollegen nachgewiesen hätten, dass ähnlich den Gesichtsausdrücken auch bestimmte stimmliche Signale universell seien (Ekman, 2003, S. 60; Untersuchungen zur Stimme werden in Abschnitt 2.4 kurz präsentiert). Aufgrund der gleichen empirischen Studien stellte Russell der Interpretation Ekmans das etwas pessimistischere Konzept der minimalen Universalität gegenüber (Russell 1995; Russell & Fernández-Dols, 1997; vgl. Kasten 1). Auch wenn man geneigt ist, die vorliegenden Daten interkultureller Vergleiche etwas optimistischer zu beurteilen als Russell, so sind seine wesentlichen Einwände plausibel und relevant im Hinblick auf viele der Studien, die diese Daten lieferten. Die Verwendung gestellter (und stereotyper) Ausdrücke auf der Stimulusseite führt zu Kasten 1: Das Konzept der Minimalen Universalität nach Russell und Fernández-Dols (1997) Annahmen 1. Gewisse Muster von Gesichtsmuskelbewegungen treten bei allen Menschen auf. 2. Gesichtsbewegungen sind mit psychologischen Zuständen koordiniert (Handlungen, Handlungsvorbereitungen, physische Zustände, emotionale Zustände, kognitive Zustände und andere psychologische Bedingungen). 3. Die meisten Personen, überall, können etwas über den psychologischen Zustand eines Gegenübers aus Gesichtsbewegungen entnehmen, so wie sie das aus allen anderen Verhaltensweisen des Gegenübers schließen können. 4. Personen aus westlichen Kulturen besitzen Überzeugungen, nach denen spezifische Gesichtsbewegungen der Ausdruck spezifischer Arten von Emotionen wären. Einige Vorbehalte 1. Gesichtsbewegungen sind nicht notwendigerweise Signale. 2. Gesichtsbewegungen sind nicht notwendig oder hinreichend für Emotionen. Gesichtsbewegungen sind nicht notwendigerweise mehr mit Emotionen verbunden als mit anderen psychologischen Zuständen. 3. Die Rückschlüsse, die in einer Kultur oder von einem Individuum getroffen werden, müssen nicht exakt mit den Rückschlüssen, die in einer anderen Kultur oder von einem anderen Individuum getroffen werden, übereinstimmen. 4. Menschen in allen Kulturen müssen nicht die westlichen Überzeugungen bezüglich spezifischer Verbindungen von Emotionen und Gesichtsbewegungen teilen. 5. Westliche Vorstellungen bezüglich der Verbindung von Gesichtsausdrücken und Emotionen sind nicht notwendigerweise faktisch korrekt. Vorhersagen 1. Fotografien von Gesichtsbewegungen werden mit psychologischen Zuständen mit einer überzufälligen Häufigkeit assoziiert. 2. Die Rückschlüsse von Personen aufgrund von Gesichtsbewegungen sind manchmal korrekt. 3. Es wird interkulturelle Ähnlichkeiten geben hinsichtlich dessen, was aus Gesichtsbewegungen geschlossen wird. Anmerkung: Übersetzung des Autors nach Russell und Fernández-Dols (1997, S. 17)
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einer dramatischen Überschätzung der Übereinstimmung von Beurteilern (vgl. Abschnitt 4.1.2). Die gewählten Antwortformate und -kategorien tragen ein Weiteres zu einer solchen Überschätzung bei (vgl. Frijda & Tcherkassof, 1997; Yik & Russell, 1999). Elfenbein und Ambady (2002) kommen nach einem metaanalytischen Vergleich von 97 Studien zu dem Schluss, dass Emotionen zwar über alle untersuchten Kulturen hinweg überzufällig erkannt werden, es aber auch deutliche Anzeichen für kulturspezifische Einflüsse gibt. Insbesondere zeigt dieser Vergleich, dass es einen klaren In-group-Vorteil gibt – das heißt, Probanden erkennen Emotionen deutlich besser, wenn die Portraits Mitglieder der eigenen Kultur oder Subkultur zeigen. Elfenbein und Ambady (2002, 2003) sprechen hier von „emotionalen Dialekten“ (vgl. Marsh, Elfenbein & Ambady, 2003). In neueren Publikationen macht Ekman universelle Ausdrücke nicht mehr zum Kriterium universeller Emotionen. „Ein universelles Signal sollte nicht ipso facto als Evidenz für eine Emotion gelten. Ebenso sollte die Abwesenheit eines universellen Signals nicht so interpretiert werden, ein bestimmtes Phänomen sei keine Emotion“ (Ekman, 1992, S. 1815; vgl. Izard, 1997). Trotz dieser heute differenzierteren Sicht Ekmans (bspw. Ekman, 2003) und anderer Autoren ist zu bemerken, dass Kritiker im Wesentlichen die ursprüngliche Version der Neurokulturellen Theorie (Ekman & Friesen, 1969b) in einer stellenweise karikaturhaften Übersteigerung angreifen (z. B. Fridlund & Russell, 2006). Folgendes Gedankenspiel soll dazu dienen, die Interpretation der auf Beurteilungsstudien basierenden Befunde zur Universalität zu relativieren. In fast allen Studien wird Freude am besten identifiziert. Ein einfacher Stimulus genügt (vgl. Abb. 2), um perfekte Übereinstimmung in den Urteilen von westlichen und nicht westlichen Probanden zu erreichen; besonders wenn als Antwortalternativen nur eine kleine Anzahl von Emotionsworten zur Verfügung steht. Obwohl es offensichtlich ist, dass ein schematisches Gesicht keine Freude empfinden kann, trifft das gleiche auf das Foto eines lächelnden Menschen zu (Kappas, 2003). Denn auch bei der fotografischen Aufnahme waren die Betrachter in der Regel nicht selbst dabei. Ob das Lächeln „echt“ ist oder nicht, kann so durch den bloßen Augenschein nicht eindeutig bewiesen werden. Dennoch wird abgebildetes Lächeln meist als Ausdruck von Freude interpretiert. Zudem ist bekannt, dass das Lächeln als eine Art „universaler Maskierung“ anderer Gefühle verwendet wird. Ebenso wird Lächeln in der ritualisierten Form des Begrüßungslächelns verwendet – unabhängig vom derzeitigen emotionalen Zustand. Ein Lächeln ist also mit Sicherheit kein verlässlicher Hinweis auf empfundene Freude im Gegenüber. Mit anderen Worten, die Tatsache, dass Abbildung 2a als Freude in einer Beurteilungsstudie benannt wird, heißt nicht, dass wir wissen, wann ein solches Lächeln in einer realen Situation gezeigt wird, ob es sich wirk15 Übersetzung des Autors.
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lich um ein zuverlässiges Symptom von Freude handelt, oder ob die Beurteiler zwischen Lächeln unterscheiden können, die in unterschiedlichen emotionalen Zuständen gezeigt werden (vgl. Abschnitt 4.1.4)! a)
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Abbildung 2: Zwei schematische Gesichter. Was drückt Gesicht (a) aus: Freude, Trauer, Ärger, Furcht, Ekel, Überraschung?
Die meisten Autoren, die sich für den Ausdruck von Emotionen interessierten, wie zum Beispiel Darwin oder auch Wundt (vgl. Kappas, Hess & Scherer, 1991), räumten ein, dass kulturelle Kontexte die spontanen Ausdrucksbewegungen beeinflussen. Das Interesse an solchen Prozessen stieg allerdings an, als Ekman und sein Kollege Wallace Friesen diese Prozesse unter dem Namen Display Rules als einen weiteren zentralen Teil der neurokulturellen Theorie systematisch beschrieben. Den Nachweis für solche „Ausdrucksregeln“ sollte eine Studie leisten, die Friesen im Rahmen seiner Dissertation durchführte (1972). Leider ist auch diese Studie nur teilweise veröffentlicht worden, was dazu führte, dass die eigentlichen Befunde Friesens in der Sekundärliteratur – dies bezieht sich auch auf die Veröffentlichungen aus dem Ekman-Labor – simplifiziert dargestellt wurden (Fridlund, 1994). Daher muss bemerkt werden, dass es im Umfeld der zentralen Studie für das Display-Rule-Konzept bei näherer Betrachtung mehr Fragen als Antworten gibt (vgl. Wagner & Lee, 1999). Erstaunlicherweise gibt es nur wenige Versuche, die Ergebnisse dieser klassischen Studie zu replizieren (vgl. Matsumoto & Kupperbusch, 2001). Hier ist mehr Forschung notwendig. Stattdessen konzentrierten sich spätere Studien auf das Erlernen und die Performanz von Display Rules in der Kindheit (vgl. Matsumoto, 2006). Die theoretische Relevanz der Display Rules wird in Abschnitt 3.1 weiter diskutiert. 2.3.3 Fridlund und die Verhaltensökologie Es ist besonders die Arbeit von Alan Fridlund, die spezifische Aspekte der Theorie Ekmans in Frage stellte. Fridlund (1991, 1994) schlug einen „verhaltensökologischen“ theoretischen Rahmen zur Interpretation von Ausdrucksverhalten
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vor. Nach Fridlund geht es beim Ausdruck nicht um die Externalisierung von Gefühlszuständen, sondern um das Erreichen bestimmter für das Individuum relevanter Ziele. Das Kind weint also, so Fridlund, nicht weil es traurig ist, sondern weil es Hilfe benötigt. Eine Konfrontation, zum Beispiel beim Streit um einen Parkplatz im belebten Einkaufszentrum, führt nach Fridlund nicht zum Ausdruck von Ärger, sondern der Ausdruck kommuniziert die Bereitschaft zur weiteren Auseinandersetzung. Tatsächlich zeigen einige Studien, dass Gesichtbewegungen nicht notwendigerweise als Emotionsausdrücke interpretiert werden, sondern auch als Ausdrücke der Handlungsbereitschaft (Frijda & Tcherkassof, 1997; Yik & Russell, 1999). Nimmt man Fridlunds Standpunkt an, stellt sich allerdings die Frage, warum Ausdrücke gezeigt werden, wenn ein Individuum physisch allein ist. Was soll bei anderen erreicht werden, wenn es keine Anderen gibt, die uns sehen oder hören könnten? Hier verwendet Fridlund (1991) einen Kunstgriff. Er behauptet, dass wir zwar physisch, nicht aber psychologisch allein sein können. Er argumentiert, dass wir ständig ein implizites Publikum im Kopf haben, an das unser Ausdrucksverhalten gerichtet sei. Um diese Hypothese zu testen, führte Fridlund (1991) ein sehr originelles Experiment durch. Es gab vier unterschiedliche Bedingungen: 1. Zwei Freunde sehen einen lustigen Film zusammen. 2. Zwei Freunde sehen (scheinbar) gleichzeitig einen lustigen Film in getrennten Räumen. 3. Ein Proband sieht einen lustigen Film, der Freund führt eine andere Aufgabe in einem anderen Raum aus. 4. Nur ein Teilnehmer wurde eingeladen und sah alleine einen lustigen Film. Es gab also zusammen mit den Probanden, die allein zum Experiment kamen, drei Bedingungen, in denen Probanden einen lustigen Film alleine sahen, und eine Bedingung, in der zwei Freunde den Film zusammen sahen. Nach Ekmans Theorie müssten alle drei Bedingungen, in denen ein Proband den Film alleine sah, in gleichem Ausdrucksverhalten resultieren (Fridlund, 1994, S. 158). Insbesondere sollten hier keine Display Rules aktiv sein. Fridlund hingegen argumentierte, die Vorstellung, ein Freund würde gleichzeitig den gleichen Film im Nebenraum sehen, sei „sozialer“ als die Vorstellung, der Freund würde etwas ganz anderes tun. In diesem Sinne zeichnen sich die vier Bedingungen durch unterschiedliche Grade der Sozialität (sociality) aus. Die Ergebnisse bestätigten Fridlunds Erwartungen. Die Intensität des Lächeln (mittels elektromyografischer Aufzeichnungen erfasst) variierte mit dem Grad der Sozialität. Dies ist mit Ekmans theoretischer Position nur sehr schwer vereinbar.
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Chovil (1991) fand in einer verwandten Studie ähnliche Resultate (vgl. Buck, 1991, 1994; Chovil & Fridlund, 1991). Hess, Banse und Kappas (1995) kritisierten die Interpretation von Fridlunds (1991) Studie, im Besonderen, dass das Ausdrucksverhalten lediglich von der (expliziten oder impliziten) sozialen Situation, nicht aber vom emotionalen Zustand der Probanden bestimmt sei. Das Problem ist allerdings, dass Emotion als Faktor nicht variiert wurde. Hess et al. (1995) zeigten daher den Probanden lustige Filme mit unterschiedlicher Intensität. Das Ergebnis war eindeutig: Sowohl die soziale Situation als auch die Intensität der Stimuli bestimmten die Intensität des Ausdrucksverhaltens. Ferner führten Hess et al. (1995) das Experiment nicht nur mit Freundinnen durch, sondern auch mit Probanden, die sich nicht kannten. Waren sich die Versuchspersonen fremd, verschwand nicht nur der Effekt der Sozialität, auch die Intensität der Stimuli führte nicht mehr zu verlässlichen Unterschieden in der Intensität des Ausdrucks. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Studien von Fridlund und Hess et al. (1995), sowie spätere Studien (z. B. Jakobs, Manstead & Fischer, 1999a, b, 2001; Lee & Wagner, 2002) die Annahmen Ekmans in Frage stellen. Das Display-Rule-Konzept – und damit Ekmans Neurokulturelle Theorie – kann in seiner jetzigen Form die Ergebnisse der Studien zur impliziten Sozialität nicht erklären (Kappas, 1996, 1999). Leider ist auch der verhaltensökologische Ansatz nur von beschränktem Wert, wenn es um die Vorhersage konkreten Ausdrucksverhaltens in einer konkreten Situation geht. Der empirische Zusammenhang zwischen Emotionen und Ausdruck wird ausführlich in Abschnitt 3 diskutiert.
2.4 Untersuchungen zur Stimme Da das Interesse an Darwins Vorstellungen zum Ausdrucksverhalten oft auf den Gesichtsausdruck beschränkt ist, fanden seine Aussagen zum stimmlichen Ausdruck weit weniger Beachtung. Dies ist besonders bedauerlich, da Darwin bereits sehr spezifische Vorhersagen machte und für die damalige Zeit erstaunlich spezifische phonologische16 und physiologische17 Mechanismen beschrieb (zu anderen frühen Ansätzen vgl. Helfrich & Wallbott, 1986). 16 „… wir wissen aber aus den Untersuchungen von Helmholtz und Andern, dass die Form der Mundhöhle und der Lippen die Natur und die Höhe der hervorgebrachten Vocallaute bestimmt“ (Darwin, 1872b, S. 93). 17 „Da die Furcht ein Erzittern sämmtlicher Muskeln des Körpers verursacht, so wird auch die Stimme zitternd und gleichzeitig auch wegen der Trockenheit des Mundes heiser, da die Speicheldrüsen nicht thätig sind“ (Darwin, 1872b, S. 93 f.).
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Die konkrete Untersuchung von tierischen oder menschlichen Vokalisationen wurde erst durch neuere technische Möglichkeiten zur Aufnahme und Analyse ermöglicht (vgl. Kappas et al., 1991). Während Gesichter und Körperhaltungen in Zeichnungen, Skulpturen, und zur Zeit Darwins auch durch Fotografien festgehalten werden konnten, fehlten äquivalente Verfahren zur Aufzeichnung der Stimme. Subjektive Beschreibungen von stimmlichen Veränderungen haben sich als nicht sehr zuverlässig erwiesen. Es gibt wenige Verfahren, die ähnlich standardisiert sind wie Ekman und Friesens Facial Action Coding System (1978). Eine Ausnahme bildet hier das von John Laver entwickelte Verfahren zur phonetischen Beschreibung der Stimme (vgl. Laver, 1980). Dieses Verfahren deckt allerdings nur einen Teil der zur Untersuchung von Enkodierung und Dekodierung von emotionalen Zuständen relevanten Veränderungen in der Stimme ab und wurde nur wenig verwendet (vgl. Gobl & Chasaide, 2003). Ein weiteres Problem ist, dass beim Menschen fast alle Vokalisationen sprachlich sind. Durch die Artikulation und andere Modulationen der Stimme, die eine sprachliche Funktion haben (z. B. eine fallende Intonation im Laufe von Sätzen oder größeren sprachlichen Segmenten), sind emotionale und linguistische Veränderungen oft derart vermischt, dass eine objektive akustische Analyse rein emotionaler Veränderungen unmöglich wird. Analysen, die akustische Parameter über einen längeren Zeitraum mitteln (z. B. das „Langzeitspektrum“ oder die mittlere Grundfrequenz der Stimme), haben interessante Ergebnisse erbracht (vgl. Juslin & Scherer, 2005), können dynamische Änderungen in emotionalen Zuständen aber nicht abbilden. Der Großteil der systematischen Studien zur Enkodierung und Dekodierung von Emotionen in der Stimme beschränkt sich auf die Verwendung von standardisierten Sätzen, die von Laien oder von professionellen Schauspielern in unterschiedlichen Bedingungen produziert wurden (vgl. Scherer, 2003). Dies ist allerdings problematisch, wenn man davon ausgehen muss, dass wichtige Aspekte emotionaler stimmlicher Veränderungen nicht willentlich produziert werden können (bspw. der Einfluss der Reduktion des Speichelflusses auf die spektrale Zusammensetzung des Stimmsignals; vgl. Kappas et al., 1991; Russell, Bachorowski & Fernández-Dols, 2003; sowie Abschnitt 4.1.2). Ausdrucksverhalten im Gesicht ist komplex – dennoch kann es auf die Aktivität relativ weniger Muskelgruppen zurückgeführt werden (Ekman & Friesen, 1978). Die akustischen Veränderungen, die möglicherweise mit Emotionen zusammenhängen, sind wahrscheinlich um Größenordnungen komplexer. Der Zusammenhang zwischen objektiven akustischen Parametern und dem Eindruck, den Stimmen hervorrufen, ist ebenfalls komplex (vgl. Helfrich & Wallbott, 1986). Dennoch konzentrieren sich die meisten Studien zu objektiven akustischen Korrelaten emotionaler Zustände auf einige wenige Parameter, die
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sich dadurch auszeichnen, dass sie einfach zu erfassen sind. Wenn also in Studien zu stimmlichen Korrelaten emotionaler Zustände lediglich die mittlere Grundfrequenz der Stimme analysiert wird – weil sie vergleichsweise einfach zu erfassen ist – kommen manche Autoren analog zu dem Schluss, die Stimme würde lediglich einen allgemeinen Aktivierungszustand abbilden (vgl. Scherer & Wallbott, 1990). Solche Fehlschlüsse sind auf die unzureichende Parametrisierung stimmlicher Veränderungen zurückzuführen, die allerdings eine Folge der Komplexität des akustischen Signals ist (vgl. Banse & Scherer, 1996; Juslin & Scherer, 2005). Die Interaktionen zwischen Stimme und Inhalt (vgl. Kappas et al., 1991), zwischen Stimme und Gesichtsausdruck (Hess, Kappas & Scherer, 1988) und zwischen Stimme und situationalem Kontext (Kappas & Poliakova, 2007) komplizieren die Untersuchung der Rolle der Stimme im Ausdrucksverhalten weiter. Dies ist allerdings kein Grund zur Annahme, die Stimme würde wenig zum Ausdruck von Emotionen beitragen, sondern lediglich die Ursache des verhältnismäßig dürftigen Konsensus bezüglich dieser Frage. Umgekehrt müssen die hohen Übereinstimmungen in den Urteilen mancher Beurteilungsstudien mit Vorsicht genossen werden. Es ist relativ einfach, stereotype stimmliche Ausdrücke von Schauspielern erzeugen zu lassen, die dann eine hohe Übereinstimmung in der Beurteilung hervorrufen (bspw. Banse & Scherer, 1996; Scherer, Banse & Wallbott, 2001) – eine wichtige Frage ist allerdings, ob solche Ausdrücke im täglichen Leben angetroffen werden (vgl. Bachorowski, 1991).
2.5 Andere nonverbale Kanäle Nach Darwin ist die Körperhaltung von Tieren auch von emotionalen Zuständen abhängig. Eine der bekanntesten Darstellungen aus Darwins Ausdruck (1872) zeigt eine buckelnde Katze. Eine andere zeigt zur Illustration von Darwins ersten beiden Prinzipien einen Hund, einmal in aggressiver Haltung und einmal in Demutshaltung. Dennoch vermutete Darwin, dass beim Menschen besonders Gesten im Wesentlichen kulturelle Konventionen und daher nicht universell, im Sinne des Gesichts- oder Stimmausdrucks sind. Tatsächlich gibt es keine Hinweise auf einen universellen Zusammenhang zwischen Haltung, Gesten und emotionalen Zuständen. Dies besagt jedoch nicht, dass Haltung oder Gesten Emotionen nicht ausdrücken können. Der Kulturwissenschaftler Aby Warburg zum Beispiel untersuchte zu Beginn des 20. Jahrhunderts den menschlichen Ausdruck, auch anhand von Gestik und Haltung, in unterschiedlichen Epochen abendländischer Kunst (Kappas & Müller, 2006). Warburg diskutierte die Idee so genannter Pathosformeln, die psychologische Zustände ausdrücken und in visuellen Darstellungen weiterleben.
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Die frühe psychologische Forschung besonders im Kontext der deutschen Ausdruckspsychologie konzentrierte sich allerdings eher auf den Zusammenhang solcher körperlicher Merkmale mit dem „Charakter“ von Personen (Wallbott, 1982) – typischerweise mit wenig überzeugenden Resultaten. Ähnliche Vorstellungen und Spekulationen gibt es im klinischen Kontext (z. B. Charakteranalyse, Bioenergetik, vgl. Scherer & Wallbott, 1990). Auch hier fehlen empirische Studien, die die jeweiligen Theorien stützen würden. Eine Meta-Analyse von Elfenbein und Ambady (2002) zur Rolle verschiedener Kanäle zur Kommunikation affektiver Zustände deutet darauf hin, dass die Darstellung des Körpers in Beurteilungsstudien nur wenig, wenn überhaupt zur Information des Gesichts hinzufügt (auch Wallbott, 1998). Teilweise sind diese Befunde aber auch die Konsequenz mangelnder Konsistenz in der Kodierung von Haltung und Gesten. Klar definierte Kodierungsschemata wie das Berner System (Frey, Hirsbrunner, Pool & Daw, 1981) wurden leider nur selten verwendet. Das Berner System findet allerdings neuerdings Verwendung bei der Entwicklung anthropomorpher Schnittstellen (z. B. virtuelle Akteure; Avatare) in der Mensch-Maschine-Interaktion (z. B. Piesk, Heeg, Hönscheid, Krämer & Bente, 2003).
3 Kohäsion von Ausdruck und Emotionen Die Frage nach der Kohäsion von Ausdruck und Emotionen lässt sich zunächst von zwei Seiten betrachten: (1) Werden Emotionen im Verhalten ausgedrückt? (2) Spiegelt Verhalten Emotionen wider? Diese auf den ersten Blick sehr ähnlichen Formulierungen umschreiben zwei unterschiedliche Voraussetzungen. Im ersten ist ein emotionaler Zustand gegeben, und das Verhalten wird daraufhin untersucht, ob es Anzeichen für diesen emotionalen Zustand gibt. Im zweiten ist ein Verhalten gegeben und die Frage ist, ob dieses Verhalten mit einem emotionalen Zustand zusammenhängt. Ohne auf die einzelnen ForschungsergebAusdruck Präsent
Nicht präsent
Präsent
1(E = A)
2(E ≠ A)
Nicht präsent
3(E ≠ A)
4(E = A)
Emotion
Abbildung 3: Die Kohäsion von Ausdruck und Emotionen bezieht sich auf vier mögliche Zustände, nicht nur auf den in Zelle 1 dargestellten Fall, dass Ausdruck von Emotion X gezeigt wird und Emotion X auch tatsächlich präsent ist.
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nisse und Theorien an dieser Stelle einzugehen, kann festgestellt werden, dass ihre Beantwortung komplex ist und nicht mit Ja oder Nein zureichend beschrieben werden kann. Denn es gibt Fälle, in denen eine Emotion (physiologische Reaktionen und subjektives Gefühl) präsent ist, aber kein Ausdruck festgestellt werden kann, und umgekehrt gibt es ebenso Situationen, in denen eine Ausdrucksreaktion beobachtbar wird, die allem Anschein nach emotional ist, aber keine Emotion vorzuliegen scheint. Eine formelle Betrachtung der Frage nach der Kohäsion von Ausdruck und Emotionen impliziert, wie alle diagnostischen Betrachtungen, eine Vier-Felder-Tafel (vgl. Abb. 3). Kappas (2003, S. 217) folgerte: p(EmotionA | AusdruckA ) ≠ p(AusdruckA | EmotionA ) Generell ist zutreffend, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ausdruck A gezeigt wird, wenn Emotion A gefühlt wird, nicht der Wahrscheinlichkeit entspricht, dass Emotion A gefühlt wird, wenn Ausdruck A gezeigt wird. Dieses, vielleicht auf den ersten Blick etwas verwirrende Argument soll kurz mit einem einfach nachzuvollziehenden Beispiel aus einem anderen Kontext erläutert werden. Nehmen wir an, die Wahrscheinlichkeit, dass Grippepatienten Fieber haben, sei 100 %, dann ist die umgekehrte Wahrscheinlichkeit, dass fiebernde Patienten Grippe haben, nicht 100 %, sondern geringer. Denn auch andere Krankheiten rufen Fieber hervor.18 Wird nun in einer empirischen Studie gezeigt, dass Probanden in 60 % aller Fälle, in denen ein Witz als lustig empfunden wurde, ein bestimmtes Lächeln zeigen, dann kann nicht vermutet werden, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein solches Lächeln Amüsiertheit anzeigt, 60 % ist – in diesem Fall müssen auch die Fälle in Betracht gezogen werden, in denen der Ausdruck gezeigt wird, ohne dass die Probanden angeben, amüsiert zu sein. In der Realität kompliziert sich die Frage nach der Kohäsion von Emotion und Ausdruck weiterhin, weil es denkbar ist, dass sich nicht alle Emotionen durch eine gleiche Kohäsion von Ausdruck, subjektivem Empfinden und anderen emotionalen Reaktionen auszeichnen (auch Lee & Wagner, 2002; Reisenzein et al., 2006). Es gibt keine einzige bekannte Emotion A, bei der ein Ausdruck A tatsächlich mit 100 % Wahrscheinlichkeit gezeigt wird. Also ist der Umkehrschluss, von einem spezifischen Ausdruck eine spezifische Emotion diagnostizieren zu wollen, höchst problematisch. Wären wir in der Lage, die Wahrscheinlichkeiten für die vier Felder in Abbildung 3 bestimmen zu können, so wären wir zumindest
18 Ein noch extremeres Beispiel soll dieses logische Problem verdeutlichen. Es ist bekannt, dass der Papst mit 100 % Wahrscheinlichkeit ein Mann ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmter Mann aber Papst ist, ist im Gegensatz extrem gering.
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im Stande, ein probabilistisches Urteil abzugeben – dies wäre bereits ein großer Fortschritt. Für manche Autoren besteht lediglich ein Interesse, „Emotion“ in diesem Zusammenhang mit „Gefühl“ zu operationalisieren. Es geht hier also um den Zusammenhang von Ausdruck und Gefühl. Abhängig vom theoretischen Ansatz ist es aber auch möglich, Emotion als Syndrom zu verstehen; in diesem Fall wäre zum Beispiel die Frage nach der Kohäsion zwischen autonomer Aktivierung und Ausdruck relevant. Folgt man diesem Ansatz, so handelt es sich bei der Frage nach der Kohäsion zwischen Emotion und Ausdruck um einen Sonderfall der Frage nach der Kohäsion emotionaler Komponenten (vgl. Lang, 1979; Lee & Wagner, 2002; Mauss, Levenson, McCarter, Wilhelm & Gross, 2005). Es ist wichtig, in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Messung von Gefühlen – ebenso wie die von anderen emotionalen Komponenten – mit methodologischen und konzeptuellen Problemen befrachtet ist.
3.1 Affekt-Programm-Theorie Ekmans Neurokulturelle Theorie dominiert seit einigen Jahrzehnten die Diskussion bezüglich des Zusammenhanges von Emotion und Ausdruck. Ekman (z. B. 1992) nimmt an, dass es eine kleine Anzahl von Basisemotionen gibt, von denen sich mehrere aufgrund ihrer biologischen Herkunft durch einen universellen Gesichtsausdruck auszeichnen. Er zählt dazu Trauer, Ärger, Überraschung, Furcht, Ekel, Verachtung und Freude (Ekman, 2003). Besonders in Hinblick auf Freude hat sich Ekmans Theorie über die Jahre leicht verändert. So stellt er mittlerweile fest, dass alle happy emotions, wie zum Beispiel Freude oder Erleichterung, den gleichen Ausdruck teilen (Ekman, 2003, S. 59). Umgekehrt räumt Ekman ein, dass es Basisemotionen gibt, die sich nicht durch einen universellen Gesichtsausdruck auszeichnen – aber vielleicht durch einen spezifischen Stimmausdruck oder ein spezifisches Aktivierungsmuster im Gehirn (Ekman, 1992). Izard (z. B. 1997) nimmt ebenso an, dass es eine beschränkte Anzahl von Basisemotionen gibt, die sich durch einen angeborenen Gesichtsausdruck auszeichnen. Auch er bekräftigt, dass es Emotionen gibt, wie zum Beispiel Scham, shyness und Schuld, die nicht mit einem bestimmten Ausdrucksmuster assoziiert sind (1997, S. 60). Russell und Fernández-Dols (1997; vgl. Fridlund & Russell, 2006), Kritiker der Ansätze von Ekman, Izard und deren Mentor Tomkins, fassen diese und ähnliche Theorien unter dem Begriff Facial Expression Program zusammen. Reisenzein et al. (2006) verwenden den Begriff Affect Program Theory. Keiner der Autoren, die der Affekt-Programm-Theorie zugeordnet werden, geht von einem unabdingbaren Automatismus im Bezug auf den beobachtbaren
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Gesichtsausdruck aus. Kein Individuum wird immer seiner empfundenen Freude durch ein Lächeln Ausdruck verleihen, das sich aus der Aktivierung der Muskeln zygomaticus major und orbicularis oculi zusammensetzt19. Nach Ekman und Friesen (1969b) werden emotionale Ausdrücke durch Display Rules (Ausdrucksregeln) moduliert. Display Rules sind kulturell definiert und bestimmen, wer was wann in welchem sozialen Kontext zeigen darf oder zumindest zeigen sollte (vgl. Matsumoto, 2006). Bei der Neurokulturellen Theorie und in weiterem Sinne den anderen Varianten der Affekt-Programm-Theorien handelt es sich also nach Fridlund (z. B. 1994) um Zwei-Faktoren-Theorien (vgl. Abb. 4): Der beobachtbare Ausdruck wird durch die Interaktion zweier Faktoren determiniert – den zugrunde liegenden emotionalen Zustand und den Display Rules. Dieses Konzept ähnelt dem von Scherer und seinen Kollegen vorgeschlagenen Konzept der Push-und-Pull-Einflüsse (vgl. Scherer, Helfrich & Scherer, 1980; Scherer, 1985; Kappas et al., 1991).
soziale Konventionen/ kulturelle Regeln
emotionsauslösende Stimuli
Emotion
X
Abbildung 4: Illustration der Logik von Zwei-Faktoren-Theorien des emotionalen Ausdrucks. Der Ausdruck ist hier das Produkt zweier Prozesse, des emotionalen Zustands und der Regulationsmechanismen. Die Motivation für regulative Einflüsse ist in diesen Theorien meist mit sozialen und kulturellen Vorschriften assoziiert. Nach Fridlund (1994, S. 127).
Es ist für die Affekt-Programm-Theorie also nicht a priori problematisch, wenn die empirische Kohäsion zwischen Ausdruck und Gefühl in bestimmten Situationen nicht perfekt ist. Die erwartete Kohäsion wäre, laut des Zwei-Faktoren-Prinzips, in jeder spezifischen Situation möglicherweise von Display Rules moduliert. Dieses Argument wäre eigentlich kein Problem, wenn spezifische,
19 In der Begrifflichkeit des Facial Action Coding Systems von Ekman und Friesen (1978) Action Units 12 + 6; dieses Muster wird auch als Duchenne-Lächeln bezeichnet.
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explizit definierte, Display Rules herangezogen würden, um vorherzusagen, welche Ausdrücke wann gezeigt werden sollten. Leider sind Ekman und Friesen zwar Vorreiter der Idee der Display Rules, haben aber keinen Katalog geliefert, der spezifische Voraussagen möglich machen würde. In diesem Sinne erscheint es, als würden von verschiedenen Autoren empirische Belege für eine niedrige Kohärenz von Ausdruck und selbstbeurteilten Gefühlen post hoc durch vorher nicht definierte Display Rules gerechtfertigt werden. Dieses Vorgehen scheint die eigentliche Untersuchung des Ursache-Wirkungs-Verhältnisses von Emotionen und Ausdrücken zu umgehen und lässt dadurch auch keine Überprüfung der Vorhersagen der Affekt-Programm-Theorie zu (Kappas, 1996, 1999). Wie kann man dann aber die theoretischen Vorhersagen der Affekt-ProgrammTheorie testen? Da es sich um eine Zwei-Faktoren-Theorie handelt, müsste der Einfluss des Display-Rule-Faktors kontrolliert, oder besser noch, ausgeschlossen werden. Dann sollte lediglich die Emotion den Ausdruck treiben. Diese Kontrolle sollte möglich sein, indem man die Probanden einzeln in einem Versuchsraum testet, ohne sie (offensichtlich) zu beobachten. Mit anderen Worten, in sozialer Isolation sollte die Kohäsion zwischen Emotion und Ausdruck nach der Affekt-Programm-Theorie perfekt sein. Dem ist allerdings nicht so. Von sehr pessimistisch stimmenden Studien (Fernández-Dols, Sanchez, Carrera & RuizBelda, 1997; Reisenzein et al., 2006) zu den erwartungsgemäß optimistischeren Studien von Ekman und seinen Kollegen (bspw. Rosenberg & Ekman, 1994) ist der Zusammenhang zwischen Emotion und Ausdruck in sozialer Isolation nur mäßig und zeigt selten mehr als eine Korrelation von r = 0,5 (vgl. Mauss et al., 2005).
3.2 Appraisal-Ansätze Einige Appraisal-Theorien (vgl. Hess & Kappas in diesem Band) unterscheiden sich von der Affekt-Programm-Theorie dadurch, dass sie nicht von diskreten emotionalen Zuständen ausgehen, die an bestimmte fixe neuronale Programme oder Systeme gebunden sind. Autoren wie Smith (1989; Pope & Smith, 1994; Smith & Scott, 1997) oder Scherer (1984, 1986, 1992, 2001; Scherer & Kappas, 1988) gehen zum Beispiel davon aus, dass die Bewertung bezüglich einzelner Dimensionen von Ereignissen oder Objekten direkt spezifische Änderungen in physiologischen Systemen und Ausdruckskomponenten nach sich zieht. Bestimmte emotionale Zustände, wie zum Beispiel Ärger, sind demzufolge das Produkt von Appraisalmustern. Ähnlich der zentralen oder peripheren physiologischen Aktivierung setzt sich auch das Ausdrucksverhalten aus einzelnen Muskelbewegungskomponenten zusammen. Anders ausgedrückt, diese Ansätze
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zum Ausdrucksverhalten lassen sich als Komponententheorien charakterisieren. Die Frage nach der Kohäsion zwischen Ausdruck und Emotion muss also im Rahmen dieser Theorien umformuliert werden (Kappas, 2003). Erschwert wird die Suche nach einer komponentiellen Kohäsion durch die Tatsache, dass einzelne Muskelbewegungen (z. B. Stirnrunzeln) durch unterschiedliche Appraisals (bspw. Scherer, 2001) und darüber hinaus auch andere Prozesse gesteuert werden könnten (Konzentration, visuelle Anforderungen). Es ist daher a priori deutlich, dass es unmöglich ist, von einer solchen Bewegung diagnostisch auf eine der alternativen Ursachen zu schließen (vgl. Kappas, 2003). Weiterhin gibt es einen prinzipiellen praktischen Unterschied zu Affekt-Programm-Theorien, der sich aus dem Appraisal-Ansatz ergibt. Während das Gefühl als Kriterium der Introspektion zugänglich ist, finden Appraisal-Prozesse oft außerhalb des Bewusstseins statt (Kappas, 2006). Wenn dann eine Gesichtsbewegung als Anzeichen für ein bestimmtes Appraisal interpretiert wird, besteht die Gefahr eines Zirkelschlusses, da es kein unabhängiges Kriterium zum Nachweis des Appraisals gibt. Reisenzein et al. (2006) verwendeten unterschiedliche Manipulationen, um bestimmte Appraisaldimensionen zu beeinflussen. In diesem Fall ist die Plausibilität, dass bestimmte Appraisals vorlagen, durch Replikation mit unterschiedlichen Methoden deutlich erhöht. Die Befunde dieser Studie deuten auf eine sehr geringe Kohäsion zwischen Neuheit und dem Hochziehen der Augenbrauen hin. Auch Vertreter der Komponententheorien, wie beispielsweise Scherer oder Smith übernehmen das Display-Rule-Konzept von Ekman und Friesen (1969b). Da es aus Sicht der Appraisal-Theorie keine klaren Vorhersagen gibt, in welchem sozialen Kontext welche einzelnen Bewegungen moduliert würden, besteht auch hier die Gefahr, Forschungsergebnisse, die keinen klaren Zusammenhang zwischen Appraisals und Ausdruck zeigen, als Folge solcher undefinierten Einflüsse zu interpretieren – dies erschwert den empirischen Test der entsprechenden Vorhersagen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass empirische Untersuchungen der Komponententheorien bisher rar sind und die entsprechenden Vorhersagen nur teilweise unterstützen. Es gibt bis jetzt keinerlei Anzeichen, dass alle Appraisals mit bestimmten Muskelreaktionen gekoppelt sind. Möglicherweise trifft dies auf einige Appraisals und einige Muskelbewegungen zu, aber dies kann jetzt noch nicht beurteilt werden. Die Tatsache, dass einige Muskelbewegungen mit mehreren Appraisals gekoppelt sein sollen, stellt zumindest den diagnostischen Wert der Analyse von Muskelbewegungen für Appraisals in Frage.
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3.3 Dimensionale Ansätze Als dimensionale Ansätze zu Emotionen sollen hier die Theorien verstanden werden, die Emotionen entweder auf die zwei Dimensionen Valenz und Aktivierung oder auf die drei Dimensionen Valenz, Aktivierung und Potenz reduzieren (z. B. Bradley & Lang, 1995; vgl. Roseman & Smith, 2001). Streng genommen sind Appraisal-Theorien in den meisten Varianten ebenfalls dimensionale Ansätze und es gibt auch einen klaren Zusammenhang mit Kerndimensionen wie „Angenehmheit“ oder „Bewältigungspotenzial“ (vgl. Kappas, 2003). Allerdings gibt es historische Unterschiede in der Herkunft dieser Theorien und der Rolle der Zwei- bzw. Dreidimensionsmodelle in der Ausdrucksforschung. Russell (z. B. 1997) schlägt vor, dass Gesichtsausdrücke zunächst automatisch bezüglich der Valenz- und Aktivierungsdimensionen dekodiert werden und dann ein diskreter emotionaler Zustand aufgrund des Kontextes wahrgenommen wird (vgl. Fernández-Dols & Carroll, 1997; Kappas & Poliakova, 2007). Allerdings sind solche Theorien eher relevant für die Dekodierung von Emotionen als für die Frage der Kohäsion zwischen emotionalen Zuständen und Ausdrucksverhalten. Daher werden solche Theorien hier nicht weiter behandelt. Statt-dessen soll im Folgenden kurz auf den Zusammenhang zwischen Ausdrucksverhalten und emotionalem Zustand eingegangen werden. Cacioppo, Petty, Losch und Kim (1986) schlugen vor, dass die Aktivierung des zygomaticus major und des corrugator supercilii Muskels mit der Valenz und der Intensität emotionaler Zustände zusammenhängt. Es ist mittlerweile allerdings klar, dass zygomaticus major, der ein wichtiger Bestandteil des Lächelns ist (zieht die Mundwinkel zur Seite und hoch), nicht nur in positiven, sondern auch in negativen Zuständen aktiviert wird (Kappas & Pecchinenda, 1998; Larsen, Norris & Cacioppo, 2003; Schmidt, 1998; van Reekum, 2000). Das heißt, dass man nicht notwendigerweise aus der Aktivierung dieses Muskels darauf schließen kann, ein Proband befinde sich in einem positiven emotionalen Zustand. Prinzipiell scheint die Aktivität des m. corrugator, der die Augenbrauen zusammenzieht, ein einschlägigeres Korrelat für die Valenz des emotionalen Zustandes zu sein als das Lächeln. Zudem wurde bei positiven Zuständen mittels elektromyografischer Verfahren eine Entspannung relativ zur Baseline gefunden (z. B. Kappas, Bherer & Thériault, 2000). Damit könnte die Aktivität des Corrugator-Muskels sowohl ein Indikator für positive als auch für negative emotionale Zustände sein (vgl. Larsen et al., 2003). Das Problem hier ist allerdings, dass der Corrugator-Muskel, wie bereits erwähnt, auch durch visuelle Anforderungen aktiviert wird und außerdem eine wichtige Rolle in gesprächsbegleiten-
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den Bewegungen spielt, die nicht emotional sind. Dies bedeutet, dass auch hier kein eindeutiger Zusammenhang nachgewiesen wurde, der eine unproblematische diagnostische Funktion des Ausdrucksverhaltens gestatten würde. Mehr Forschung ist sicherlich nötig, um festzustellen, ob eventuell eine Kombination aus bestimmten Muskelaktivierungen ein verlässlicher Indikator positiver oder negativer emotionaler Zustände sein könnte.
3.4 Verhaltensökologie Fridlund (1991, 1994), der im Zentrum des behavioral ecology view (BEV) des Gesichtsausdrucks steht, stellt das Konzept von Emotionen in Frage. Das heißt nicht, dass alle Autoren, die sich in dieser Tradition sehen, Emotionen radikal ablehnen. Selbst Fridlund scheint diesbezüglich zu Zugeständnissen bereit. Fridlund und Russell stellten kürzlich fest: „Obwohl Fridlund (1994) dem Emotionskonzept kritisch gegenüber steht, ist ‚Emotion‘ bestenfalls zweitrangig innerhalb des BEV“20 (2006, S. 311). Ein Schwerpunkt zahlreicher Untersuchungen, die dieser Tradition entspringen, oder die dort zumindest für zentrale Argumente verwendet werden, ist, dass der soziale Kontext und soziale Motivationen, nicht aber emotionale Zustände Ausdrucksverhalten bestimmen. Ein Beispiel ist die klassische Studie von Kraut und Johnston (1979), in der gezeigt wurde, dass Bowlingspieler nicht sofort nach einem guten Wurf lächeln, sondern erst, wenn sie sich zu ihren Mitspielern umdrehen. Fernández-Dols und seine Mitarbeiter untersuchten die Ausdrücke von Medaillengewinnern oder anderen Sportlern (Fernández-Dols & Ruiz-Belda, 1995, 1997; Ruiz-Belda, FernándezDols, Carrera & Barchard, 2003) und kamen zu dem gleichen Schluss. Es ist also nicht überraschend, wenn das Gros der Forschung aus dem BEV-Umfeld praktisch keinen Bezug zwischen Emotionen und Ausdruck aufzeigt. Wie steht es aber mit der Kohäsion zwischen Gesichtsausdruck und sozialer Motivation – dem Konstrukt, das Fridlund und andere Vertreter des BEV als kausal für Ausdrucksverhalten sehen? Leider ist Fridlund extrem vage, was die psychologischen Mechanismen, die den sozialen Kontext vermitteln, angeht (Kappas, 2003). Es gibt wenige empirische Hinweise darauf, dass die Kohäsion zwischen sozialer Motivation und Ausdruck generell ausgeprägter sei als diejenige zwischen Emotion und Ausdruck. Versuche, die Konzepte der Behavioral Ecology, Display Rules und Emotion zu verbinden, deuten darauf hin, dass dringend integrative Modelle entwickelt werden müssen (vgl. Kappas, 2002; Parkinson, 2005; Parkinson, Fischer & Manstead, 2005). Mit großer Sicherheit reichen weder das Neurokulturelle Modell noch andere Varianten der AffektProgramm-Theorie in ihrer derzeitigen Form aus, die empirischen Daten aus 20 Übersetzung des Autors.
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dem BEV-Lager zu erklären (Kappas, 1999). Umgekehrt haben die Studien aus dem BEV-Umfeld bislang nicht überzeugend das Emotionskonzept als einen der Auslöser von Ausdrucksverhalten eliminieren können.
4 Kommunikation und Regulation Ausdrucksverhalten hat mehrere Funktionen (Fridlund & Russell, 2006; Russell, Bachorowski & Fernándes-Dols, 2003; Russell & Fernández-Dols, 1997; Fridlund, 1994). Eine zentrale Funktion ist die Kommunikation mit und die Regulation von Artgenossen im sozialen Umfeld. Ferner legen Studien zunehmend nahe, dass Ausdruck auch eine intrapersonale Regulationsfunktion ausübt. Dieses Kapitel befasst sich mit diesen Funktionen. Im Gegensatz zu anderen Übersichtsartikeln oder Handbuchkapiteln, die hier nicht repliziert werden sollen, liegt der Schwerpunkt dieses Beitrages auf kritischen Überlegungen zu klassischen Beurteilungsstudien, statt auf einer Auflistung bestimmter Muster von Gesichtsausdrücken (vgl. Ekman, 2003) oder akustischer Profile. Ferner werden die Grundlagen der intra- und interpersonalen Regulationsfunktion näher ausgeführt.
4.1 Eine kritische Bewertung von Studien zur Dekodierung emotionaler Zustände Angewandte Ausdrucksforschung entsteht oft aus dem Interesse an den Zusammenhängen zwischen internen Zuständen und Veränderungen in der Aktivierung der Gesichtsmuskelaktivität, der Stimme, der Haltung oder der Veränderung in anderen Verhaltensmodi, mit dem Ziel, diese Erkenntnisse eventuell auch für diagnostische Zwecke zu verwenden (vgl. Abschnitt 5). Hierbei spielt es keine unmittelbare Rolle, ob das Ausdrucksverhalten von untrainierten Beobachtern wahrnehmbar oder unter Zuhilfenahme von technischen Verfahren messbar ist oder nicht. Anders ist die Rolle des Ausdrucksverhaltens in der interpersonalen Interaktion zu bewerten. Hier geht es im Wesentlichen um die Attributionen von Interaktionspartnern bezüglich des emotionalen Zustandes des Gegenübers und seiner Einstellungen und Intentionen. Es geht ferner um die Wirkungen des Ausdruckverhaltens auf die Handlungen der Interaktionspartner. Dabei ist es wichtig, dass solche Effekte nicht nur auf bewussten Attributionen („Jetzt ist er aber ärgerlich!“) basieren, sondern auch außerhalb der fokussierten Aufmerksamkeit (z. B. Chartrand & Bargh, 1999; Bailenson & Yee, 2005) vermittelt werden. Auch wenn Darwin den Schwerpunkt von Expression nicht auf die kommunikative Funktion des Ausdruckverhaltens legte, so stand dieser Aspekt im Fokus des Interesses vieler Forscher nach ihm.
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4.1.1 Enkodierung und Dekodierung Die Komplexität dieses Kommunikationsprozesses wurde z. B. von Scherer und seinen Mitarbeitern oft in der Form des Linsenmodells nach Brunswik formalisiert (z. B. Kappas et al., 1991; Kappas, 1997). Hierbei wird streng zwischen einem Enkodierungsprozess und einem Dekodierungsprozess unterschieden. Verschiedene Prozesse, zum Beispiel Ausdrucksregeln oder soziale Intentionen, können die Enkodierung eines psychischen Zustandes im Ausdrucksverhalten modulieren oder maskieren. Die Untersuchung der Enkodierung befasst sich mit diesen Prozessen (vgl. Abschnitt 3). Selbst wenn es in einer bestimmten Situation objektive Marker z. B. der Furcht in Stimme, Gesicht oder Haltung gäbe, kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese auch wahrgenommen bzw. dekodiert werden. Daher kann es nützlich sein, zwischen etischen und emischen Markern zu unterscheiden, um den Dekodierungsprozess zu verstehen (Giles, Scherer & Taylor, 1979). Emische Marker sind Verhaltensmerkmale, die sowohl mit einem bestimmten Zustand korreliert sind wie auch von Artgenossen als mit diesem Zustand korreliert wahrgenommen werden. Etische Marker hingegen sind zwar korreliert mit einem bestimmten Zustand, werden aber nicht erkannt und daher nicht im Attributionsprozess verwendet.21 (Kappas et al. 1991, S. 202) Des Weiteren beeinflussen Stereotype den Attributionsprozess. Es handelt sich hierbei um statische (z. B. Gesichtsmorphologie) oder dynamische Merkmale, die fälschlicherweise als Hinweisreiz für einen bestimmten Zustand oder als Intention des Gegenübers interpretiert werden. Ebenso beeinflusst der situationale Kontext solche Attributionen. Selbst Ekman (z. B. 1993) glaubt, dass bestimmte Emotionen den gleichen Ausdruck teilen (z. B. Freude, Stolz, Begeisterung) und Beobachter die spezifische Emotion lediglich aufgrund des Kontextes erkennen. Nur wenige Studien kombinieren eine explizite Analyse des Enkodierungs- und Dekodierungsprozesses (Scherer, 1978; Hess & Kleck, 1990, 1994). 4.1.2 Das Problem der Verwendung gestellter Emotionen zur Untersuchung der kommunikativen Funktion des Ausdrucksverhaltens Die Komplexität des Dekodierungsprozesses wird weitläufig unterschätzt (vgl. Russell et al., 2003). Wie bereits in Abschnitt 3.3.1 thematisiert, wird die „Erkennung“ von Emotionen zumeist mit statischen, gestellten und stereotypen Ausdrücken untersucht. Dabei wird zunehmend deutlich, dass die Dynamik
21 Übersetzung des Autors.
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des Gesichtsausdrucks eine wichtige Rolle im Dekodierungsprozess spielt (bspw. Ambadar, Schooler & Cohn, 2005; Krumhuber & Kappas, 2005; Krumhuber, Manstead & Kappas, 2007). Die Probleme idiosynkratisch gestellter Ausdrücke sind bereits seit Feleky (1914) offensichtlich. Daher werden oft standardisierte Serien gestellter Gesichter verwendet, wie die Pictures of Facial Affect (Ekman & Friesen, 1976), die Japanese and Caucasian Facial Expressions of Emotion and Neutral Faces (Matsumoto & Ekman, 1988), die Karolinska Directed Emotional Faces (Lundqvist, Flykt & Öhman, 1998) oder das Montreal Set of Facial Displays of Emotion (Beaupré, Cheung & Hess, 2000). Das Problem liegt darin, dass sich gestellte (willkürliche) und spontane (unwillkürliche) Ausdrücke aufgrund der Innervation des Gesichtes vermutlich unterscheiden (Rinn, 1991; vgl. Kappas et al., 1991). Willkürliche und unwillkürliche Bewegungen werden über getrennte Nervenbahnen aktiviert – klinische Studien zeigen eine doppelte Dissoziation, d. h. es gibt Patienten, die Ausdrücke auf Aufforderung ausführen können, aber spontan ausdruckslos sind und umgekehrt (vgl. Rinn, 1991). Verschiedene Partien bzw. Muskeln im Gesicht unterscheiden sich durch den Grad, mit dem sie willkürlich aktiviert werden können. Diese Unterschiede werden sogar noch deutlicher, wenn nicht nur ein statischer Ausdruck dargestellt werden soll, sondern dynamische Verläufe imitiert werden sollen (Girard, Tassinary, Kappas & Bontempo, 1996). Daher zeigen die Gesichter in den standardisierten Fotoserien nicht den emotionalen Zustand, den der Darsteller gerade fühlt, sondern ein Stereotyp. In den meisten Fällen ist der emotionale Zustand der Darsteller nicht bekannt. Auf den Fotos, die Probanden in Beurteilungsstudien vorgelegt werden, ist zwar zumeist zu erkennen, um welche Emotion es sich handelt; es geht aber nicht darum zu erkennen, was der Darsteller fühlt, sondern was der Darsteller zeigen will oder soll. Die Tatsache, dass manche dieser Beurteilungsstudien eine hohe Übereinstimmung für die Beurteilung spezifischer, standardisierter Ausdrücke zeigen, erlaubt keine Aussage über die Fähigkeit der Probanden, in einer bestimmten Situation zu erkennen, was ein Gegenüber tatsächlich fühlt – da spontane emotionale Ausdrücke durch eine große Varianz der Darstellung gekennzeichnet sind, wie Studien von Landis (1924) bis zu Fernández-Dols et al. (1997) zeigen. Analoge Bedenken treffen auch auf Beurteilungsstudien mit gestellten Vokalisationen oder Haltungen zu (vgl. Kappas et al., 1991; Bachorowski, 1999). 4.1.3 Einfluss der physischen Situation auf die Wahrnehmung des Ausdrucksverhaltens Selbst situationale Faktoren, wie etwa der vertikale Blickwinkel, aus dem ein Gesicht wahrgenommen wird, beeinflussen den Attributionsprozess (Kappas, Hess, Barr & Kleck, 1994; Lyons, Campbell, Plante, Coleman, Kamachi &
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Akamatsu, 2000; Mignault & Chaudhuri, 2003), ebenso wie eine Neigung des Kopfes (Krumhuber et al., 2007) oder der horizontale Blickwinkel (Ambadar & Cohn, 2007). 4.1.4 Einfluss der psychologischen Situation auf die Wahrnehmung des Ausdrucksverhaltens Das vielleicht größte Problem zahlreicher Beurteilungsstudien besteht jedoch in der Verwendung von Gesichtern (oder Stimmen, vgl. Kappas & Poliakova, 2007), die ohne jeden Kontext präsentiert werden. Das Experiment von Lew Kuleschow in der Frühzeit der Filmmontage wird in diesem Zusammenhang oft diskutiert (Wallbott, 1988; Russell, 1997). Kuleschow, ein russischer Regisseur, demonstrierte in einem Workshop kurz nach der Revolution von 1917 die Wirkung bestimmter Filmschnitte. Er produzierte drei Stummfilme, in denen am Ende ein Schauspieler in Nahaufnahme gezeigt wurde. Einmal folgte sein ausdrucksloses Gesicht einer Schüssel heißer Suppe, einmal einer toten Frau in einem Sarg und einmal einem Mädchen, das mit einem Teddy spielte. Angeblich war das Publikum von der subtilen Ausdruckskunst des Schauspielers, Iwan Mosjukin, begeistert. In allen drei Fällen wurde der neutrale Ausdruck wahrgenommen, als würde er unterschiedliche Emotionen darstellen (Russell, 1997). Kuleschow war kein Experimentalpsychologe und das „Experiment“ ist schlecht dokumentiert. Verschiedene Berichte unterscheiden sich in den Details, mit denen sie ausgeschmückt sind, und es ist durchaus möglich, dass manche der Berichte einen gewissen urban-myth-Charakter annehmen. Wichtig ist, dass Berichte über das Kuleschow-Experiment eine Reihe von Forschern inspiriert haben, die Rolle des Kontextes in der Wahrnehmung von Ausdrücken systematisch zu untersuchen (vgl. Ekman, Friesen & Ellsworth, 1982c; Fernández-Dols & Carroll, 1997; Russell, 1997; Wallbott, 1988). Die Ergebnisse sind eindeutig: Kontextinformation kann eine große Rolle in der Wahrnehmung emotionaler Ausdrücke haben. Dieser Befund ist umso wichtiger, wenn man in Betracht zieht, dass spontane Ausdrücke eine große Varianz zeigen und die stereotypen Ausdrücke selten dort gefunden werden, wo man sie erwartet (vgl. Fernández-Dols et al., 1997). Es ist also unwahrscheinlich, dass unser Gehirn feste Schablonen für sechs oder sieben emotionale Zustände hat und wir im Alltag den emotionalen Zustand unserer Gegenüber durch ein einfaches matching mit diesen Schablonen erfahren. Russell (1997) geht zum Beispiel in einem alternativen Vorschlag davon aus, dass Ausdrücke dekodiert werden, indem zunächst eine automatische Beurteilung von hedonischer Valenz und Aktivierung stattfindet und dann ein Emotionslabel aus der Kontextinformation gefunden wird. Damit kann diese Theorie die Varianz spontaner Ausdrücke sowie interkulturelle Unterschiede im Ausdruck „derselben“ Emotion erklären.
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Es ist wichtig, dass die kritischen Bemerkungen hinsichtlich der Methodologie vieler Beurteilungsstudien zur Dekodierung von Ausdrucksverhalten, unabhängig von der Modalität, nicht missverstanden werden. Ausdrucksverhalten ist weder arbiträr, noch eine rein soziale Konstruktion. Es geht vielmehr um den Stellenwert, den bestimmte Ausdrucksmuster, die mit großer Sicherheit biologischen Ursprungs sind, in einem eingebetteten sozialen und kulturellen Kontext haben. Dazu können die meisten Studien, die mit statischen, gestellten und kontextfreien Stimuli durchgeführt wurden, wenig aussagen. Nehmen wir an, wir sehen einen Bericht im Fernsehen zu einer Protestkundgebung im Nahen Osten in Folge eines terroristischen Aktes. Wissen wir wirklich, wie traurig die abgebildeten weinenden und schreienden Menschen sind? Können wir wirklich beurteilen, wie gut unser Witz war, den wir Freunden erzählt haben, wenn wir in ihre Gesichter schauen? 4.1.5 Die subjektive Überschätzung unserer Fähigkeit, nonverbales Verhalten zu interpretieren: Das Beispiel der emotionalen Lüge Ein großes Problem der Forschung zum Ausdrucksverhalten sowie der Emotionsforschung im Allgemeinen (vgl. Cornelius, 1996) liegt darin, dass wir uns aufgrund unserer persönlichen Erfahrung als Experten auf diesem Gebiet sehen. Es bedarf scheinbar keiner komplexen Studien, um zu wissen, dass wir im Alltag ständig Gefühle ausdrücken und auch in anderen erkennen. Doch dieser Eindruck trügt. Ein wesentlicher Fortschritt in der Forschung zum Ausdrucksverhalten in den letzten Jahren besteht darin, dass nun empirisch nachgewiesen ist, dass es eine große Kluft zwischen unserem vorwissenschaftlichen Verständnis, beziehungsweise subjektivem Erleben, und der Realität des eigenen Ausdrucksverhaltens und dem von Interaktionspartnern gibt. Die vielleicht eindrucksvollste Demonstration dieser Kluft ist eine Studie von Ekman und O’Sullivan aus dem Jahr 1991. In ihrem Artikel Who can catch a liar? berichteten sie eine Studie, in der 509 Versuchspersonen jeweils zehn einminütige Videosegmente gezeigt wurden. Jedes Video zeigte eine Krankenschwester, die entweder einen sehr unangenehmen oder einen angenehmen Film betrachtete und scheinbar kommentierte. Tatsächlich beschrieben alle zehn einen angenehmen Naturfilm, so dass einige die Wahrheit sagten und andere logen. Die Aufgabe der Beurteiler war, zu entscheiden, ob die Person in dem Videosegment log. Das Besondere an dieser Studie war die Auswahl der Versuchspersonen. Bei den Probanden handelte es sich anstelle der in Psychologieexperimenten typischerweise verwendeten Studenten um eine gemischte Gruppe, der auch „Profis“ angehörten, die möglicherweise besonders gut im Erkennen von Lügen sind, z. B. Richter, Psychiater, Polizisten und sogar Agenten eines Amerikanischen Geheimdienstes. Die Ergebnisse der Studie bestätigten zunächst
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frühere Befunde – die Probanden waren fast ausschließlich nicht in der Lage, die wahren von den täuschenden Aussagen zu unterscheiden. Lediglich eine Gruppe von Probanden war signifikant besser als Zufallsniveau, nämlich die der Geheimdienstagenten (vgl. Ekman, O’Sullivan & Frank, 1999). Nachdem alle Beurteilungen vorgenommen worden waren, wurden die Versuchsperson gefragt, wie erfolgreich sie glaubten die Lügen erkannt zu haben. Es zeigte sich, dass alle Gruppen ihre Fähigkeiten stark überschätzten und es keine Korrelation gab zwischen der Einschätzung des eigenen Erfolgs und des tatsächlichen Erfolgs – ein Befund, den auch eine spätere Meta-Analyse vieler Studien zum Thema der Täuschung bestätigte (DePaulo, Charlton, Cooper, Lindsay & Muhlenbruck, 1997)22. Die allgemeine subjektive Überschätzung von nonverbalen Fähigkeiten, auch bei Fachleuten, trägt wahrscheinlich dazu bei, bestimmte Forschungsparadigmen beizubehalten, die der alltäglichen Verwendung von Ausdrucksverhalten sehr fern sind. Wie bereits weiter oben ausgeführt, ist es plausibel, dass Beurteilungsstudien, die stereotype statische Gesichtsausdrücke oder Schauspielerdarstellungen von emotionalen Vokalisationen verwenden, die tatsächliche Dekodierfähigkeit in Interaktionen des Alltags überschätzen und verschleiern. So bestätigen die hohen Widererkennungsraten in Dekodierungsstudien (z. B. zur Universalität von emotionalen Gesichtsausdrücken) unser subjektives Empfinden, dass das Lesen von Gefühlen in anderen eine einfache und triviale Aufgabe ist. Dem ist aber nicht so, wie die weiter oben beschriebenen Studien demonstrieren. Die neueren Befunde zur Kluft zwischen Selbsteinschätzung und tatsächlicher Performanz sind eine wichtige Mahnung, die bestehenden Untersuchungsansätze zur Dekodierung von Ausdrucksverhalten mit ökologisch valideren Paradigmen zu ergänzen. Es geht hierbei vor allem um spontane, multimodale Ausdrücke, die in einen situativen Kontext eingebunden sind. 4.1.6 Ist die Neurowissenschaft der Königsweg zur Untersuchung von Dekodierungsprozessen? In den letzten Jahren, hauptsächlich in Folge dramatischer Fortschritte im Kontext bildgebender Verfahren, nahm die Bedeutung von Ergebnissen aus neurowissenschaftlichen Untersuchungen in allen Bereichen der Psychologie zu. Auch die Emotionswissenschaft ist stark von diesem Wandel beeinflusst (Kappas, 2002). Inwieweit hat die Neurowissenschaft aber bisher dazu beigetragen, Ausdrucksverhalten beziehungsweise seine Verarbeitung besser zu verstehen?
22 Eine sehr gute Meta-Analyse zu verbalen und nonverbalen Korrelaten von Lügen und Täuschungsverhalten findet sich bei DePaulo et al. (2003).
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Eine in Nature veröffentlichte Studie aus dem Labor von Antonio Damasio aus dem Jahr 1994 löste großes Interesse aus (Adolphs, Tranel, Damasio & Damasio, 1994). Adolphs und Kollegen berichteten, dass Patientin SM ein spezifisches Defizit habe, den Furchtgesichtsausdruck zu erkennen. Da Patientin SM sehr spezifische Läsionen in beiden Amygdalae aufwies, schien diese Studie ein bedeutender Hinweis darauf zu sein, dass (a) bestimmte Ausdrücke, wie zum Beispiel Furcht, basic im Sinne Ekmans sind, weil das Defizit emotionsspezifisch ist, (b) die Verarbeitung dieses Ausdrucks lokalisiert werden kann und (c) die Amygdala, der eine bedeutende Rolle bei der Verarbeitung der Furcht zuerkannt wird (z. B. LeDoux, 1996; vgl. Vaitl sowie Peper in diesem Band), auch an der Erkennung des relevanten Ausdrucks beteiligt ist. Die Autoren der Studie verwendeten 36 emotionale und 3 neutrale Gesichtsausdrücke aus Ekman und Friesens Pictures of Facial Affect (1976). Auf den ersten Blick scheinen die Ergebnisse der Studie von Adolphs et al. (1994) die Annahmen der Affekt-Programm-Theorien zu bestätigen. Zusammen mit den Ergebnissen anderer Studien zur Funktion der Amygdala (bspw. LeDoux, 1996; Whalen, 1998) scheint es also, dass die Amygdala sowohl mit der Verarbeitung von Ausdruck, subjektivem Empfinden und physiologischen Reaktionen verbunden ist, ganz im Sinne der von Affekt-Programm-Theorien postulierten neuronalen Affektprogramme. Bei genauerer Betrachtung stellten sich die Ergebnisse des Nature Artikels von 1994 aber etwas komplexer dar. Patientin SM zeigte auch deutliche und signifikante Defizite in der Beurteilung der Valenz von ärgerlichen, angeekelten und traurigen Gesichtsausdrücken! Dieses Muster wäre auch kompatibel mit Russells Theorie, dass die Erkennung von positiven und negativen Ausdrücken zwar biologisch verankert ist, spezifische Emotionen aber aus dem Kontext erschlossen werden. Nach Russell (1997) ist dieser zweite Schritt von kulturellen Normen abhängig. In einer neueren Studie von Adolphs und seinen Kollegen (2005) konnte gezeigt werden, dass das spezifische Defizit von Patientin SM deutlich anders interpretiert werden muss als ursprünglich angenommen. Adolphs und seine Kollegen waren in der Lage, mittels einer Analyse des Blickverhaltens festzustellen, dass SM bei der Betrachtung aller Emotionsausdrücke typischerweise die Augenregion vermeidet. Diese ist besonders kritisch, weil die aufgerissenen Augen einen kritischen Hinweisreiz für Furcht darstellen. Whalen und seine Kollegen (2004) konnten sogar zeigen, dass bei gesunden Probanden allein eine Präsentation des Weißen aufgerissener Augen mit einer Dauer von 17 ms ausreichte, die Amygdala zu aktivieren (vgl. Abb. 5; vgl. Fox & Damjanovic, 2006). Es ist dann nicht weiter überraschend, dass Patientin SM Furcht erkennen konnte, beziehungsweise von Freude unterscheiden konnte, als Adolphs et al.
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Abbildung 5: Whalen et al. (2004) verwendeten solche Stimuli, um zu zeigen, dass die Amygdala auf die aufgerissenen Augen, die für Furchtausdrücke typisch sind, reagiert. Die Abbildung ist reduziert auf die Sclera eines Furchtausdrucks und eines Freudeausdrucks. Die Stimuli wurden für 17 ms gezeigt und dann mit neutralen Gesichtsausdrücken maskiert. Invertierte Stimuli, in denen das Weiße der Augen schwarz war, aktivierten die Amygdala nicht.
(2005) die Analysen für die Blickrichtung korrigierten! Folgerichtig ist die ursprüngliche Interpretation der Studie von 1994 falsch. Patientin SM ist trotz der totalen Läsion beider Amygdalae in der Lage, Furchtgesichter zu erkennen. Besonders die Arbeit von Paul Whalen (1998) erlaubt eine alternative Interpretation der Funktion der Amygdala als einer Region, die weniger auf die Verarbeitung von Furcht, sondern auf potenziell relevante aber unklare Informationen spezialisiert ist (vgl. Adams, Gordon, Baird, Ambady & Kleck, 2003). Das Beispiel der Frage, ob die Amygdala spezifisch an der Verarbeitung von Furchtgesichtern impliziert ist, sollte verdeutlichen, dass mit neurowissenschaftlichen Methoden spezifische Hypothesen bezüglich der zugrunde liegenden Prozesse in der Verarbeitung von Ausdrucksverhalten untersucht werden können. Dieses Beispiel ist eine Warnung vor einer simplifizierenden Euphorie: Bildgebende Verfahren erlauben nicht das Lesen von Gedanken. Auch im Zusammenhang neurowissenschaftlicher Forschung wird oft der logische Fehler gemacht, dass die Aktivität einer bestimmten Gehirnregion oder eines Netzwerkes von Strukturen als Reaktion auf einen bestimmten Stimulus notwendigerweise spezifisch und ausschließlich mit diesem Stimulus zusammenhängt. Diese Spezifität wird aber oft nicht nachgewiesen. Insofern ist die Neurowissenschaft zwar ein wichtiger Verbündeter der Emotionswissenschaft, kann aber nicht „alle Fragen zum Ausdrucksverhalten seit Darwin“ beantworten. Es steht allerdings außer Frage, dass besonders bildgebende Verfahren in den nächsten Jahren wichtige Hinweise auf die Verarbeitung von Ausdrucksverhalten geben werden. Ein wichtiges Thema hier sind die sogenannten Spiegelneurone, die im späteren Abschnitt über interpersonale Emotionsregulation diskutiert werden.
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4.2 Intrapersonale Emotionsregulation Generell gibt es verschiedene Möglichkeiten, eigene emotionale Zustände zu regulieren (z. B. Gross, 2002; Gross, Richards & John, 2006; vgl. Egloff in diesem Band). Neben kognitiven Strategien der Neubewertung emotionaler Reize wird auch die Regulation des Ausdrucksverhaltens eingesetzt. 4.2.1 Die Facial Feedback Hypothese Die Facial Feedback Hypothese (FFH) in allgemeiner Form besagt, dass der Gesichtsausdruck den emotionalen Zustand des Ausdrückenden beeinflussen kann. Diese Hypothese basiert zum Teil auf Aussagen von Darwin und James (vgl. Abschnitte 2.2.5 und 2.3) und wurde später von mehreren Autoren aufgegriffen und weiterentwickelt. Da im Laufe der Jahre unterschiedliche Zusammenhänge zwischen Gesichtsausdruck und Emotion postuliert wurden, schlugen Tourangeau und Ellsworth (1979) vor, drei Versionen der FFH zu unterscheiden: Monotonicity-, Sufficiency- und Necessity-Hypothese. In den letzten Jahren sind mehrere Übersichtsartikel erschienen (Adelman & Zajonc, 1989; McIntosh, 1996), die vor allem die Monotonicity- und die Sufficiency-Varianten unterstützen. Monotonicity-Hypothese. Die Monotonicity-Hypothese wird am besten umschrieben mit dem Darwin-Zitat in Abschnitt 2.2.5. Der Zusammenhang zwischen Ausdruck und Emotion, hier besonders dem Gefühl, sei monoton 23. Zunächst wird angenommen, dass mit Zunahme der Intensität eines Gefühls auch der entsprechende Ausdruck intensiver wird. Zum anderen nimmt die Intensität des Ausdrucks ab, wenn das Gefühl abnimmt. Ausdruck und Gefühl sind der Hypothese nach allerdings bidirektional gekoppelt. Daher wird erwartet, dass eine Modulation des Ausdrucks eine monotone Veränderung (also in die gleiche Richtung) des Gefühls nach sich zieht. Wichtig ist, dass ein emotionaler Zustand bereits vorhanden ist, der vom Ausdruck verstärkt oder abgeschwächt werden kann. Es gibt mittlerweile eine Reihe von Studien, die diese Hypothese bestätigen. Während einige der ursprünglich verwendeten experimentellen Paradigmen kritisiert wurden, weil die von den Probanden berichteten Änderungen im subjektiven Gefühl auch durch demand 24-Effekte erklärt werden konnten, gab es sehr kreative Ansätze, wie z. B. die Studien von Strack, Martin und Stepper (1988) oder Larsen, Kasimatis und Frey (1992), die solche Artefakte
23 Monoton wird hier im mathematischen Sinne einer monotonen Funktion verstanden, die entweder stetig ansteigt oder fällt. 24 Bei einem demand-Effekt würde man davon ausgehen, dass Hinweisreize in der experimentellen Situation die Antworten der Probanden bestimmen oder zumindest verfälschen.
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ausschließen konnten. Andere Studien verwendeten physiologische Maße (z. B. Lanzetta, Cartwright-Smith & Kleck, 1976; Kappas, McHugo & Lanzetta, 1989) oder Latenzen (z. B. Hess, Kappas, McHugo, Lanzetta & Kleck, 1992). Interessanterweise stehen diese Ergebnisse im Widerspruch zu einem kathartischen Modell im psychodynamischen Sinne. Hier würde man ganz im Gegenteil erwarten, dass die Kontrolle des Ausdrucks zu einem Anstieg innerer Erregung führen würde bzw. das expressive Abreagieren einer Emotion zu deren Verringerung. Im Sinne dieser Annahme und im Widerspruch zu den Ergebnissen der Facial Feedback-Studien sind die Ergebnisse der Studien von James Gross und seinen Kollegen zur Emotionsregulation (z. B. Gross & Levenson, 1993, 1997). Gross findet bei Unterdrückung des Ausdrucksverhaltens einen Anstieg einiger Parameter sympathischer Aktivierung. Dieser Widerspruch verlangt nach einer Erklärung. Möglicherweise gibt es subtile Unterschiede in den Versuchsanordnungen, die z. B. die Ausdruckskontrolle eher als einen Leistungstest erscheinen lassen – so dass die Schwierigkeit der Aufgabe bzw. der Anspruch, die Aufgabe möglichst gut zu erfüllen, die nicht monotonen physiologischen Veränderungen erklärt. Hier sind weitere Studien dringend nötig. Sufficiency-Hypothese. Nach der Sufficiency-Variante der Facial Feedback-Hypothese ist ein simulierter Gesichtsausdruck ausreichend, um eine Emotion auszulösen. Diese starke Formulierung der FFH ist zunächst von James und Darwin (vgl. Abschnitt 2.2.5) inspiriert. Weitere Vorläufer dieser Idee findet man schon bei Kant und Lessing (Krukenberg, 1920, S. 34). Ein weiterer „Pate“ der Sufficiency-Hypothese ist Silvan Tomkins. Der Mentor Paul Ekmans und Caroll Izards präsentierte eine umfassende Emotionstheorie (1962, 1963), in der das Gesicht eine zentrale Rolle spielt. Die Vorstellung, „Affektprogramme“ könnten von ihren Reaktionskomponenten, besonders dem Gesichtsausdruck „angestoßen“ werden, beruht auf dieser frühen Version der Theorie. Allerdings änderte Tomkins später wichtige Aspekte seiner Affekttheorie und kritisierte einige Tests der FFH (Tomkins, 1982). Nach Tomkins (1982) wäre es völlig unsinnig, Emotionen durch statische Gesichtsausdrücke auslösen zu wollen (Tourangeau & Ellsworth, 1979, instruierten ihre Probanden einen emotionalen Ausdruck über Minuten konstant zu halten, während sie Filme beobachteten). Nach der modifizierten Version seiner Theorie stellt Tomkins fest, „affektive Reaktionen des Gesichts sind weder notwendig noch hinreichend, um einen Affekt bewusst zu erleben“ (1982, S. 392)25.
25 Übersetzung des Autors. NB, dass Tomkins typischerweise den Term „Affekt“ verwendet.
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Aufwind erhielt die Sufficiency-Hypothese durch eine oft zitierte Studie von Ekman, Levenson und Friesen (1983). Ekman und seine Kollegen manipulierten den Gesichtsausdruck von Schauspielern mittels des so genannten Directed Facial Action Task. Mit spezifischen Instruktionen bezüglich einzelner Muskelbewegungen, die aus Ekman und Friesens Facial Action Coding System (FACS, 1978) abgeleitet wurden, werden hierbei sequenziell komplexe emotionale Ausdrücke auf den Gesichtern der Probanden erzeugt. Nach Ekman et al. (1983) bewirkten die gestellten Gesichtsausdrücke sowohl physiologische Veränderungen als auch subjektive emotionale Gefühle. Die Kritik, dass Schauspieler als Probanden möglicherweise nicht repräsentativ seien und ihre Verwendung deshalb zu untypischen Ergebnissen geführt hätten, wurde in mehreren Studien geklärt (z. B. Levenson, Ekman, Heider & Friesen, 1992, mit Eingeborenen in West-Sumatra). Laut Ekman sind die affektiven Reaktionen, die durch den Directed Facial Action Task ausgelöst werden, die Folge zentraler Prozesse im Sinne von Afferenzkopien, die kein peripheres Feedback vom Gesicht benötigen. Nach anfänglicher Skepsis (z. B. Boiten, 1996) werden die Directed Facial Action Task-Studien Ekmans mittlerweile in Lehrbüchern und in der wissenschaftlichen Literatur als klare Indizien für die starke Variante der FFH, die SufficiencyHypothese, beschrieben. Hatte James doch Recht? Glättet die Stirne, lasst eure Augen aufleuchten, setze mehr die Rücken- als die Bauchmuskeln eures Körpers in Tätigkeit, sprecht im Dur-Ton, grüßt die Leute freundlich, und euer Herz müßte von Eis sein, wenn es nicht allmählich auftauen würde! (James, 1909, S. 383) Necessity-Hypothese. Kann es Emotionen ohne Gesichtsausdrücke geben? Die Necessity-Hypothese basiert im Wesentlichen auf der Interpretation Tomkins durch Tourangeau und Ellsworth (1979) und anderen. Nach dem Dementi Tomkins (1982, vgl. oben) hat diese starke Variante der Facial Feedback-Hypothese an Interesse verloren. Empirisch ist diese Hypothese zudem auch sehr schwer zu testen. Zum einen ist es möglich, dass es auch beim Versuch, einen Gesichtsausdruck völlig zu unterdrücken, noch Spuren der Aktivierung im Elektromyogramm gibt (vgl. Kappas et al., 2000; Ekman, 1993). Zum anderen könnte man, selbst wenn auch mittels EMG keine Muskelaktivität nachweisbar wäre, behaupten, dass es nicht um peripheres Feedback gehe, sondern um Feedforward-Prozesse im Sinne der Mechanismen, die Ekman als Erklärung für seine Ergebnisse mit dem Directed Facial Action Task postuliert. So ist eine Studie mit Patient FP, dessen Gesicht gelähmt ist, der aber keine Reduktion im subjektiven Empfinden zeigt, kein zwingender Widerspruch zur Necessity-Hypothese (Keillor, Barrett, Crucian, Kortenkamp & Heilman, 2002). Wenn man so argu-
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mentiert, wird die Hypothese allerdings unfalsifizierbar! Dieses Problem erinnert an die Versuche, die klassische Emotionstheorie von James (und Lange) bezüglich peripheren Körperfeedbacks mit querschnittsgelähmten Probanden zu testen (vgl. Cornelius, 1996). 4.2.2 Body-feedback: Körperliche Haltung und Emotion Nina Bull (1968) berichtete, dass Probanden, die mittels Hypnose in sechs verschiedene emotionale Zustände (z. B. Triumph, Depression) versetzt wurden, spontan bestimmte Körperhaltungen annahmen. Auch Riskind (1984) zeigte einen Einfluss von Erfolg und Misserfolg auf Körperhaltung. Solche empirischen Daten suggerieren einen Zusammenhang zwischen Emotionen und Haltung, auch wenn Beurteilungsstudien keinen klaren und spezifischen Zusammenhang dieser Art gefunden haben (vgl. Abschnitt 2.5). Ausgehend von diesen frühen Studien gab es mehrere Versuche, Körperfeedback nachzuweisen. Stepper und Strack (1993) verwendeten eine ähnlich subtile Manipulation wie in ihrer klassischen Facial-Feedback-Studie (Strack et al., 1988, vgl. Abschnitt 4.2.1). Die Körperhaltung wurde durch unterschiedliche Stühle manipuliert – Probanden saßen entweder aufrecht oder gebeugt. Diese manipulierte Haltung beeinflusste z. B. das Gefühl von Stolz nach einem Erfolgserlebnis (vgl. Wilson & Peper, 2004). Es ist allerdings nicht sicher, ob solche Effekte auf eine biologisch verankerte Kopplung von Gefühl und Haltung hinweisen. Förster (2004) verwendete eine subtile Strategie, in der Probanden dazu gebracht wurden, entweder zu nicken oder den Kopf zu schütteln, während sie Stimuli beurteilen mussten. Positive Stimuli wurden als positiver beurteilt, wenn die Probanden nickten. Allerdings bemerkte schon Darwin, dass Nicken oder Kopfschütteln nicht universell die Bedeutung von Zustimmung oder Verneinung haben. Dies widerspricht nicht einem möglichen Feedback-Effekt, zum Beispiel durch Assoziation im Rahmen der Sozialisation, es stellt aber in Frage, ob solche Befunde auch informativ sind hinsichtlich der biologischen Kopplung von Ausdruck und Gefühl (vgl. Strack & Deutsch, 2004). Andere Studien sind schwer zu interpretieren, da die Manipulationen oft sehr deutlich den Sinn des Experimentes verraten, und eventuelle Veränderungen des subjektiven Gefühlszustandes auf den Einfluss der experimentellen Situation zurückgeführt werden können (vgl. Duclos et al., 1989). Tatsächlich berichtet zum Beispiel Flack (2006), dass in seiner Studie Facial- und Body-Feedback-Effekte bis zu r = 0,40 mit der Erkennung korrelierten, um welche Emotion es sich handeln sollte.
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4.2.3 Bewertung der intrapersonalen Feedback-Effekte Unabhängig von den Mechanismen, die Facial- und Body-Feedback-Effekte zugrunde liegen mögen26 (vgl. Förster, 2004; Schwarz & Clore, 2007), gibt es mittlerweile genügend empirische Belege, um solche Effekte als real anzusehen. Allerdings sind Feedback-Effekte aller Wahrscheinlichkeit nach eher subtil. Die Effektgrößen der empirisch nachgewiesenen Phänomene sind oft gering. Dennoch kann im Kontext eines dynamischen Verständnisses interpersonaler Interaktion Feedback als eine wichtige Komponente in der Modulation des eigenen affektiven Zustandes betrachtet werden. Besonders in unklaren oder instabilen Situationen (im Sinne eines tipping point, z. B. zwischen Weinen und Lachen) könnte Feedback eine wichtige Regulationsfunktion haben (Kappas, 2002; Kappas & Descôteaux, 2003). Dennoch wäre es überzogen, Feedback-Effekte als wichtigste Auslöser von Emotionen anzusehen. Hier sind Informationsverarbeitungsprozesse wesentlich wichtiger (vgl. Hess & Kappas in diesem Band).
4.3 Ausdrucksverhalten und interpersonale Emotionsregulation Wie weiter oben ausführlich dargestellt wurde (vgl. Abschnitt 2.2.1), betonte Darwin (1872) vor allem die „ursprünglichen“ Funktionen des Ausdrucksverhaltens. Um Bell zu widersprechen, spielte Darwin die kommunikative Funktion des Ausdrucks herunter und diskutierte zum Beispiel die Selbstschutzfunktion mancher Ausdrücke oder eventuelle Vorteile für die Verarbeitung von Umweltreizen. Die interpersonalen Funktionen des Ausdrucksverhaltens hingegen spielten nur eine sekundäre Rolle. Auch die empirische Forschung zum Ausdrucksverhalten nach Darwin hat sich oft nur indirekt mit den interpersonalen Funktionen des Ausdrucks beschäftigt. Ekman und Friesens Konzept der Display Rules führte dazu, dass typischerweise Gesichtsausdrücke nicht in der Interaktion, sondern solitär untersucht wurden. Eingebettet in Enkodierungs-Dekodierungs-Modelle (vgl. Krauss & Fussell, 1996) werden die beiden Prozesse getrennt untersucht. Ausdrücke werden in sozialer Isolation aufgenommen und dann anderen Personen (typischerweise auch in sozialer Isolation) zur Beurteilung vorgegeben. Dabei geht natürlich vieles an Authentizität und Unmittelbarkeit verloren. Klassische Modelle der Nachahmung. Emotionen sind nicht nur intrapersonale, sondern auch interpersonale Prozesse. Emotionen beeinflussen gegenseitige 26 Es gab auch Ansätze, vokales Feedback nachzuweisen (Zajonc, Murphy & Inglehart, 1989; Hatfield, Hsee, Costello, Schalekamp & Denney, 1995; Flack, 2006). Allerdings gibt es bisher zu wenige Daten, um diese Effekte bewerten zu können.
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Beziehungen und Verhalten. Dabei spielt die nonverbale Kommunikation eine bedeutende Rolle. Die Vorstellung, dass Ausdrucksverhalten über einen Nachahmungstrieb von Interaktionspartnern automatisch imitiert wird und über Feedback-Prozesse zu empathischen Reaktionen führt, ist bereits über 100 Jahre alt (z. B. Lipps, 1907; Kappas, 1991; vgl. Asendorpf & Wallbott, 1982). Schwab (2004) gibt einen guten Überblick über verschiedene Nachahmungs-/Affektansteckungs-/Empathietheorien, inklusive ethologischer Ansätze (z. B. Preston & de Waal; Bischof-Köhler) seit Lipps (vgl. Hess, Philippot & Blairy, 1999). Der Chamäleon-Effekt. In den letzten Jahren ist ein Verwandter des „Nachahmungstriebes“ sehr populär geworden: Der Chamäleon-Effekt (Chartrand & Bargh, 1999). Chartrand und Bargh (1999) postulieren einen Prozess, der dazu führt, dass beobachtete Haltungen, Gesichtsausdrücke, Gesten und andere Verhaltensweisen unbewusst und ohne Intention imitiert werden. Der Chamäleon-Effekt ist eine von vielen Determinanten automatischen Verhaltens in der Theorie von John Bargh. In diesem Kontext erscheinen einige der Annahmen Lipps weniger esoterisch als vielmehr modern. Es gibt mittlerweile eine Reihe von empirischen Daten, die das Phänomen des Chamäleon-Effektes bestätigen (bspw. Bailenson & Yee, 2005). Es gibt auch einen potenziellen Prozess, der zumindest einen Teil solcher Verhaltensweisen erklären könnte – ein sogenanntes Spiegelsystem. Chartrand und Bargh (1999) postulieren eine direkte Verbindung zwischen Wahrnehmung und imitativer Handlung. Allerdings ist der Grad der Imitation abhängig von dem Verhältnis der beteiligten Personen und von sozialen Intentionen (Lakin & Chartrand, 2003). Spiegelneurone. Rizzolatti und Arbib konnten 1998 nachweisen, dass es im Motorkortex von Makaken spezifische Neurone gibt, die sowohl aktiviert sind, wenn das Individuum eine bestimmte Bewegung ausführt, als auch dann, wenn diese Bewegung beobachtet wird. Rizzolatti und seine Kollegen nannten diesen Typ von Neuron Spiegelneuron. Ein Spiegelsystem soll also aus einem Netzwerk von Spiegelneuronen bestehen, das im Menschen zum Beispiel das Erlernen von Sprache und Gesten erleichtert, aber auch an der Imitation von Gesichtsausdrücken beteiligt ist (vgl. Kappas & Descôteaux, 2003). Dieser Prozess wird mittlerweile als neuronale Grundlage bestimmter empathischer Prozesse vermutet (Rochat & Striano, 1999; Preston & de Waal, 2002; Iacoboni et al., 2005). Aktuelle Fragen zur interpersonalen Regulation durch Ausdrucksverhalten. Die Koevolution der beiden Konzepte des Chamäleon-Effektes auf der Verhaltensseite und des Spiegelsystems in der Neurowissenschaft wird mit großer Wahrscheinlichkeit das Verständnis von Empathie und emotionaler Ansteckung
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stark beeinflussen. Plötzlich erscheinen Phänomene wie die frühkindliche Imitation von Ausdrucksverhalten, aber auch das ältere Konzept der interpersonalen Akkommodation (Giles & Smith, 1979) in einen größeren Rahmen integrierbar (auch Preston & de Waal, 2002). Allerdings gibt es auch Fragen, die durch ein Spiegelsystem aufgeworfen werden. Warum wird Verhalten von bestimmten Personen oder in bestimmten Situationen nicht imitiert (Englis, Vaughan & Lanzetta, 1982; McHugo, Lanzetta, Sullivan, Masters & Englis, 1985; Yabar, Johnston, Miles & Peace, 2006)? Wird die Entkopplung des imitativen Systems (bzw. des Ausdruckssystems) gelernt (Kappas, 2002; Kappas & Descoteaux, 2003; auch Holodynski, 2004)? Ist Imitation tatsächlich mit einem besseren Verständnis des emotionalen Zustandes des Gegenübers verbunden (Hufnagel, SteimerKrause & Krause, 1991; Hess et al., 1999; Hess & Blairy, 2002)? Mit Sicherheit bedarf es eines integrativen Modells, das die Feedback-Systeme auf intra- und interpersonellen Ebenen integriert (Kappas & Descôteaux, 2003;
Abbildung 6: Das Superlinsenmodell von Kappas. Adaptiert nach Kappas (1991) und Kappas und Descôteaux (2003). Enkodierungs- und Dekodierungsprozesse werden vom sozialen Kontext und von kulturellen Prozessen beeinflusst, sowohl im Sinne von Display- und Decoding Rules als auch im Sinne von Einflüssen sozialer Motivationen. Kommunikation ist ein System eingebetteter Feedbackschleifen auf intra- und interpersonellen Ebenen. Hervorzuheben sind auch objektive Marker, die nicht zur Attribution von Eindrücken beitragen, und Attributionen, die nicht auf objektiven Merkmalen beruhen – dargestellt durch nicht verbundene Pfeile im Transmissionsprozess.
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vgl. Abb. 6). Es ist wichtig, dass es hierbei um dynamische Systeme geht, die Kommunikation nicht als ein sequenzielles Ping-Pong-Spiel betrachten, sondern die Gleichzeitigkeit von Wahrnehmungs- und Produktionsprozessen beider (oder mehrerer) Interaktanden voraussetzen. Daher ist die Dyade nicht die Summe zweier Individuen, sondern sie entspricht einem eigenständigen Analyseniveau.
5 Praktische Anwendungen der Ausdrucksforschung und ihre Grenzen Nonverbales Verhalten ist von großem Interesse im Kontext verschiedener angewandter Fragen, besonders im klinischen Kontext (Kappas & Descôteaux, 2003; Philippot, Feldman & Coats, 2003), in der Informatik (Breazeal, 2004) oder im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Terrorismus oder anderen forensischen Fragen (Ekman, 2001; Davis, Pereira & Bulkeley, 2002; Kluger & Masters, 2006; Vrij & Mann, 2005). Es ist hierbei oft fraglich, ob die angestrebten Verwendungen durch den derzeitigen empirischen Wissensstand begründet sind. Zum Beispiel wird im Kontext der automatischen Erkennung des emotionalen Ausdrucks für bestimmte Computeranwendungen oder für Sicherheitsfragen oft von spezifischen Mustern ausgegangen, die theoretisch abgeleitet wurden, z. B. aus Ekmans neurokultureller Theorie27. Wie allerdings bereits oben ausgeführt wurde, ist die Kohäsion zwischen emotionalem Zustand und diesen Mustern nur mäßig. Es geht dabei nicht um das technische Problem der Messung der Gesichtsbewegungen. Hier sind in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht worden (Cohn & Kanade, 2007), und es ist abzusehen, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis spontane Ausdrücke in einer Interaktion mit der gleichen Reliabilität eines trainierten menschlichen FACS-Kodierers schnell und automatisch erfasst werden können. In der Öffentlichkeit und in ingenieurswissenschaftlichen Diskussionen wird die Erkennung von Emotionen als technisches Problem dargestellt. Dies ist ein großer Fehler. Solange es in der Grundlagenforschung keinerlei reliable Anzeichen einer „Pinocchio-Nase“ gibt (DePaulo et al., 2003), ist nicht anzunehmen, dass zum Beispiel das Erkennen von Lügen mittels automatisierter Verfahren ein viel versprechendes Unterfangen ist. Der Stand der Dinge unterscheidet sich hier nicht wesentlich von der Diskussion zum Thema der Lügendetektion mittels peripherer physiologischer Variablen (vgl. Fiedler, Schmid & Stahl, 2002;
27 Laut eines Artikels in Time wird FACS als Screening-Verfahren im Zusammenhang mit der Terrorismusbekämpfung an amerikanischen Flughäfen eingesetzt (Kluger & Masters, 2006).
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Bull et al., 2004). Ein Problem in diesem spezifischen Kontext ist natürlich, dass nicht alle relevante Forschung frei zugänglich oder veröffentlicht ist und entsprechend von der Scientific Community überprüft werden kann. Es ist mit Sicherheit mehr Grundlagenforschung, besonders zur Kohäsion von Emotion und Ausdruck in unterschiedlichen sozialen Kontexten notwendig um abzuschätzen, inwieweit bestimmte Anwendungen überhaupt möglich sind. Umgekehrt sollten potenzielle Anwender der Messung von Ausdrucksverhalten sorgfältig die empirischen Daten evaluieren und sich nicht nur auf theoretische Aussagen stützen. Es gibt zurzeit keinen psychologischen Prozess im Sinne affektiver oder motivationaler Zustände oder bestimmter kognitiver Prozesse, der eindeutig mittels einer singulären Messung des Ausdrucksverhaltens diagnostiziert werden könnte.
6 Ausblick Die Forschung zum Ausdrucksverhalten ist in den letzten Jahren wieder in Bewegung gekommen. Die Bedeutung des Ausdrucks in der Interaktion und im sozialen Kontext wird von mehreren Entwicklungen der letzten Jahre verdeutlicht: (1) Fridlunds Behavioral Ecology hat einige der Annahmen der klassischen neurokulturellen Theorie ins Wanken gebracht. Selbst wenn man mit den radikalen Argumenten seiner Befürworter nicht übereinstimmt, so wird deutlich, dass eine „Neurokulturelle Theorie II“ nötig ist, die grundlegende Konzepte wie das der Display Rules reformiert und die Rolle sozialer Motivationen und Intentionen in der Theorie stärkt. (2) Ausdrucksverhalten spielt eine regulative Rolle sowohl auf intrapersonaler als auch auf interpersonaler Ebene. Die Dynamik echter Interaktionen kann in der für die Experimentalpsychologie typischen räumlichen Trennung von Sender und Empfänger nicht untersucht werden. (3) Unbewusste Verarbeitung von Ausdrucksverhalten wird zum Beispiel im imitativen Verhalten deutlich. Solche Effekte können nicht durch Selbstbeurteilungen abgefragt werden. (4) Die Entdeckung der Spiegelneuronen unterstreicht, dass das Gehirn zur sozialen Interaktion ausgelegt ist. Es geht hierbei um Bewegung und Gemeinsamkeit. Die Beurteilung statischer Bilder in sozialer Isolation stellt somit für das Verständnis der Funktionen des Ausdruckverhaltens ein Hindernis dar. Die Konsequenz aus diesen Schlüssen kann aber nicht sein, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Auch die alten Paradigmen haben ihren Platz. Bestimmte Dinge lassen sich nur schlecht in einer realen Interaktion kontrollieren oder messen. Es muss aber klar sein, dass ein Verständnis des Ausdrucksverhaltens
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eines Ansatzes bedarf, der unterschiedliche Niveaus der Untersuchung (Körpersysteme, Individuum, Individuum im sozialen Kontext, kultureller Kontext) und ihrer Interaktion explizit umfasst, wie dies die soziale Neurowissenschaft fordert (Kappas, 2002; von Scheve & von Luede, 2005). Letztlich bedarf es auch des Transfers dieser neuen Erkenntnisse in die neuen Forschungsanwendungen zum Ausdrucksverhalten. Es ist wichtig, der Komplexität des Ausdrucksverhaltens gerecht zu werden, unabhängig davon, ob es um die Interpretation von nonverbalem Verhalten in Fragen der öffentlichen Sicherheit geht oder um die Realisation von Maschinen, die verbal und nonverbal kommunizieren sollen. Allzu oft basieren solche Anwendungen trotz modernster Technik auf Theorien und empirischen Daten aus den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts. Um die konkreten Forschungsanwendungen auf den neuesten theoretischen Stand zu bringen, ist ein kritischer Dialog zwischen Grundlagenforschung und Anwendern nötig.
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11. Kapitel
Soziales Verhalten Udo Rudolph
1 Einleitung Soziales Verhalten ist ein alltäglicher Bestandteil unseres Lebens: Wir helfen einem Mitarbeiter oder einem anderen Studierenden, sind ärgerlich über eine andere Person und zeigen dies auch deutlich, wir kooperieren oder konkurrieren mit anderen, wir empfinden Zuneigung zu einer anderen Person oder womöglich auch tiefe Abneigung. Aus diesen wenigen Beispielen wird bereits deutlich, dass unsere sozialen Interaktionen oftmals durch Emotionen gekennzeichnet sind, ja dass diese Emotionen (wie etwa Freude, Stolz, Mitleid, Ärger, Scham, Hass oder Liebe) unser Verhalten steuern. Im vorliegenden Beitrag geht es um die Frage, wie soziales Verhalten durch Emotionen beeinflusst wird. Hierbei sind zwei Begriffe zu definieren, nämlich der Begriff der Emotion und der des sozialen Verhaltens. Zur Definition des Begriffs der Emotion verweise ich an dieser Stelle auf andere Beiträge in diesem Band (vgl. z. B. Stemmler, Kap. 1). Der Begriff des sozialen Verhaltens ist dagegen hier neu und zudem in der (Sozial-)Psychologie sehr weit gefasst, mit teils auch recht unterschiedlichen Bedeutungen. Im Folgenden grenzen wir daher den Zusammenhang zwischen Emotionen und sozialem Verhalten genauer ein, um dann anhand zweier verschiedener theoretischer Ansätze zu untersuchen, inwiefern Emotionen bei der Steuerung solchen Verhaltens eine Rolle spielen. Im sozialen Austausch zwischen Personen spielen Emotionen allein schon deshalb eine bedeutsame Rolle, weil Emotionen (nicht unbedingt immer, aber oftmals) gezeigt und somit (willentlich oder unwillentlich) kommuniziert werden. Dies ist so, weil es bei vielen Emotionen einen charakteristischen mimischen
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Ausdruck gibt. Bereits Charles Darwin (1872/1965) hat darauf hingewiesen, dass Emotionen neben einer so genannten „organismischen“ auch eine kommunikative Funktion haben. Mit organismischer Funktion von Emotionen meint Darwin diejenigen Wirkungen einer Emotion, die einerseits „adaptiv“ sind (also einen Anpassungsvorteil darstellen) und andererseits „nicht über den Umweg der Kommunikation psychischer Zustände an Artgenossen zustande kommen“ (Meyer, Schützwohl & Reisenzein, 1999, S. 55; Hervorhebung im Original). Ein Beispiel hierfür ist die Emotion der Überraschung, deren Ausdruck unter anderem in einem weiten Öffnen der Augen, der Vergrößerung der Pupillen, dem Öffnen des Mundes sowie der Unterbrechung anderer gerade ablaufender Handlungen oder Aktivitäten besteht. Diese Merkmale des Ausdrucksverhaltens dienen der möglichst genauen Wahrnehmung des auslösenden Ereignisses, das aufgrund seines unerwarteten Charakters eine Ursachenanalyse erfordert (Meyer, Niepel, Rudolph & Schützwohl, 1991; Niepel, Rudolph, Schützwohl & Meyer, 1993). Der Emotionsausdruck steht somit im Dienste dieser Wahrnehmung und Ursachenanalyse – und eben solche Aspekte werden von Darwin unter anderem als organismische Funktion bezeichnet. Eine weitere organismische Funktion des Emotionsausdrucks ist Darwin zufolge die Regulation des eintretenden Gefühls: „Der freie Ausdruck einer Emotion intensiviert sie. Auf der anderen Seite schwächt die Unterdrückung aller äußeren Anzeichen (so weit dies möglich ist) unsere Emotionen ab“ (Darwin, 1872/1965, S. 365). Bei der kommunikativen Funktion von Emotionen hingegen kommt es gerade auf diejenigen adaptiven Wirkungen des Emotionsausdruckes an, die durch die Kommunikation der Emotion an Artgenossen zustande kommen. Darwin erwähnt als Beispiel die Kommunikation (von Emotionen) zwischen Mutter und Kind und weist darauf hin, dass der Ausdruck von Emotionen die Gedanken und Absichten einer Person wahrheitsgetreuer enthüllen als Worte es tun, die (leichter) gefälscht werden können (zusammenfassend vgl. Eibl-Eibesfeldt, 1999). Es wird somit deutlich, dass viele verschiedene soziale Interaktionen durch Emotionen beeinflusst werden, und zwar allein deshalb, weil wir auf vielfältige Weise gänzlich unterschiedliche Emotionen durch mimischen wie gestischen Ausdruck mitteilen, auf diese Weise unsere Interaktionspartner informieren und beeinflussen, sowie im Gegenzug (anhand der beim Interaktionspartner ausgelösten Emotionen) beeinflusst werden. Insofern gibt es kaum soziale Interaktionen und soziales Verhalten, die nicht zumindest teilweise durch Emotionen beeinflusst werden: Wir freuen uns über eine gute Nachricht, empfinden Mitleid beim Bericht eines Freundes über ein Unglück, ärgern uns über die Unachtsamkeit eines Mitreisenden im Zug, stoßen mit unserer Reaktion auf diese Unachtsam-
Soziales Verhalten
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keit vielleicht auf Unverständnis und geraten in einen unerfreulichen Disput – es ließen sich unzählige solcher Beispiele anführen. Was ist nun eigentlich Verhalten? Gemäß einer möglichst weit gefassten Definition gehören hierzu auch gedankliche Aktivitäten und Gefühlsregungen, spontane und unwillkürliche Reaktionen, Reflexe, aber auch willentliches und geplantes Handeln. Heckhausen (1989) spricht in diesem Zusammenhang von einem „Aktivitätsstrom“, dessen Äußerungen von „Vorstellungsbildern reichen, die (…) durch das Bewusstsein ziehen, bis hin zu Handlungen, die vorausgeplant sind und willentlich unternommen werden“ (Heckhausen, 1989, S. 1). Dennoch ist es nicht dieses weite Feld, das wir untersuchen wollen, wenn es um den Zusammenhang zwischen Emotionen und sozialem Verhalten geht. Dies liegt daran, dass wir im vorliegenden Kontext ein etwas engeres Kriterium für den Begriff „Verhalten“ anlegen. Das Verhalten, das uns im vorliegenden Zusammenhang interessiert, weist zwei Merkmale auf: Zum einen handelt es sich um soziales Verhalten, das auf mindestens zwei Interaktionspartner bezogen ist. Weiterhin interessiert uns insbesondere willentliches und zielgerichtetes Verhalten. Dies bedeutet, dass es nicht unwillkürliche oder unbewusste Reaktionen sind, die wir hier untersuchen werden, wie etwa der zumeist unwillkürliche Ausdruck der Überraschung oder des Ekels, sondern vielmehr intentionale (also zielgerichtete und willentliche) Verhaltensweisen, also Handlungen. Die Emotionsforschung hat in der Vergangenheit wichtige Beiträge zur Erklärung verschiedener sozialer Verhaltensweisen (Handlungen) geleistet; dies sind insbesondere: (1) (2) (3) (4)
Hilfeverhalten (auch als prosoziales Verhalten bezeichnet), aggressives Verhalten, Kooperation und Wettbewerb sowie enge (partnerschaftliche) Beziehungen zwischen Menschen.
Wie eine ganze Reihe von Autoren herausgestellt haben (vgl. Gergen, 1973; McGuire, 1973; Schlenker, 1974; Goldman, 1993), gilt für alle diese sozialen Handlungen, dass sie zahlreiche und in ihrer Verschiedenheit kaum zu überblickende Ursachen haben. So mögen wir jemandem insbesondere dann helfen, wenn wir Mitleid empfinden, oder es mag Personen geben, die aufgrund ihrer Persönlichkeit eher zu Hilfeleistung bereit sind als andere Personen. Aber auch so unterschiedliche Variablen wie die Attraktivität der hilfsbedürftigen Person, Merkmale der Situation, soziale Normen wie Fairness oder ein gegenseitiger Austausch (ich helfe einer anderen Person dann mit höherer Wahrscheinlichkeit, wenn diese vorauslaufend mir geholfen hat) sind sicherlich bedeutsame Einflussfaktoren (vgl. auch Bierhoff, 2002). Das vorliegende Kapitel über Emotionen und soziales Verhalten stellt nicht den Versuch dar, eine umfassende Liste solcher Einflussfaktoren auf soziale Handlungen wie Hilfe und Aggression, Kooperation
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und Wettbewerb sowie zwischenmenschliche Zuneigung zu erstellen. Die resultierende Liste würde den verfügbaren Platz sprengen, und Brandstätter konstatiert in diesem Zusammenhang eine „Zersplitterung der Forschungsergebnisse in eine unüberschaubare, widersprüchliche und kaum integrierbare Menge von Befunden“, die es zu überwinden gilt (Brandstätter, 1990, S. 469). Ein Überblick über die emotionalen Determinanten des sozialen Verhaltens soll an dieser Stelle vielmehr anhand theoretischer Konzeptionen erfolgen: Theorien integrieren die vorhandenen verfügbaren Daten, und die daraus ableitbaren Hypothesen leiten zukünftige Forschung in dem fraglichen Gebiet an. Aus diesen Gründen beschäftigen wir uns im Folgenden exemplarisch mit zwei verschiedenen theoretischen Ansätzen, die Hilfe und Aggression, Kooperation und Wettbewerb sowie zwischenmenschliche Zuneigung vorherzusagen versuchen und verschiedenste Befunde innerhalb eines kohärenten theoretischen Rahmens integrieren. Dies ist zunächst ein kognitiver Ansatz, nämlich die Theorie der Verantwortlichkeit von Weiner (1986, 1995, 2005), sowie anschließend ein evolutionärer Ansatz (für einen Überblick vgl. beispielsweise Buss, 2004). Die Wahl gerade dieser beiden theoretischen Zugänge zu den Phänomenen des sozialen Verhaltens bedeutet nun keineswegs, dass sich damit bereits alle diese Phänomene erschöpfend erklären ließen oder dass andere Ansätze zu vernachlässigen seien. Trotzdem ist diese Wahl keine zufällige: Beide Theorien gehen von sorgfältigen und gut replizierbaren Beobachtungen aus, sie beschreiben sowohl die unmittelbaren Ursachen als auch den Zweck sozialen Handelns und sie erklären eine große Bandbreite sozialen Verhaltens. Wenden wir uns also im Folgenden diesen beiden – wie wir sehen werden – sehr verschiedenartigen Ansätzen zu.
2 Eine kognitive Theorie sozialen Verhaltens: Weiners Theorie der Verantwortlichkeit Weiners Theorie der Verantwortlichkeit (1986, 1995) ist gleichzeitig eine Emotionstheorie und eine Theorie des sozialen Verhaltens, denn sie macht Vorhersagen über die Entstehung bestimmter Emotionen sowie über die Konsequenzen dieser Emotionen für unser Verhalten. Kennzeichnend für diesen theoretischen Ansatz ist die Überlegung, dass wahrgenommene Ursachen (so genannte Attributionen) des eigenen Verhaltens sowie des Verhaltens anderer Personen eine entscheidende Rolle für unser intra- wie interpersonales Erleben und Verhalten spielen. Ein Beispiel mag hier nützlich sein: Wenn die schlechte Leistung eines Schülers kontrollierbare Ursachen hat (so etwa, weil der Schüler sich nicht bemüht hat, den Stoff zu verstehen), dann werden die emotionalen Reaktionen des Lehrers und sein Verhalten anders ausfallen, als wenn der Misserfolg des Schülers unkontrollierbaren Ursachen zuzuschreiben ist (so etwa, wenn er aufgrund einer Krankheit
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zu viel Unterricht versäumt hat): Im ersten Fall (der Schüler bemüht sich nicht) mag der Lehrer sich ärgern und möglicherweise auch Strafen aussprechen, im letzteren Fall (der Schüler war lange krank) erscheint es wahrscheinlicher, dass der Lehrer Mitleid empfindet und Hilfe anbietet. Auch wenn Sie, beispielsweise am Arbeitsplatz, eine wichtige Aufgabe nicht erfolgreich bewältigen, macht es für Ihr Erleben und Ihr Verhalten einen großen Unterschied, ob dieser Misserfolg beispielsweise auf mangelnder Anstrengung beruht oder darauf, dass die Aufgabe ganz einfach zu schwierig war. Im ersten Fall werden Sie sich womöglich schuldig fühlen und nachfolgend größere Anstrengungen aufwenden, im letzteren Falle ärgern Sie sich möglicherweise über die zu schwierige Aufgabenstellung und besprechen dies mit Ihrem Vorgesetzten. Diese Beispiele verdeutlichen, dass das gleiche Ereignis (Misserfolg) zu ganz verschiedenen Reaktionen führen kann, und zwar in Abhängigkeit von den wahrgenommenen Ursachen dieses Ereignisses. An der attributionstheoretischen Betonung der wahrgenommenen Ursachen für nachfolgendes Erleben und Verhalten ist zweierlei bemerkenswert: (1) Weil die wahrgenommenen Ursachen (Attributionen) von Verhalten in diesem Ansatz eine so wichtige Rolle spielen, gehört die Theorie Weiners zu einer Gruppe von Theorien, die man in der Literatur unter der Bezeichnung Attributionstheorien zusammengefasst hat, und die Attributionstheorien wurzeln in den Überlegungen von Fritz Heider zur ‚Common-Sense-Psychologie‘ (zusammenfassend vgl. Reisenzein & Rudolph, 2008). (2) Da die Identifikation von Ursachen ein kognitiver Prozess ist (der mit Wahrnehmung und Denken, im weitesten Sinne also mit „Kognitionen“ zu tun hat), sind alle Attributionstheorien, so auch die Weiner’sche Theorie der Verantwortlichkeit, kognitive Theorien. Kausale Konzepte und Attributionen sind nicht nur in der Emotionspsychologie (Lazarus, 1991; Ortony, Clore & Collins, 1988; Scherer, 1984), sondern in nahezu allen Teilbereichen der Psychologie von großer Bedeutung, so der Allgemeinen Psychologie, der Entwicklungs- und Sozialpsychologie, wie auch in verschiedensten anwendungsbezogenen Disziplinen (Pädagogische, Klinische und Organisations- und Gesundheitspsychologie). Wir betrachten nun zum besseren Verständnis der Überlegungen Weiners zunächst einen kurzen historischen Überblick zur Entwicklung der Attributionsforschung und wenden uns dann der Weiner’schen Theorie der Verantwortlichkeit zu.
2.1 Grundlagen und Wurzeln Ausgangspunkt der Attributionstheorien ist die bahnbrechende Arbeit Fritz Heiders (1958) zur „Psychologie der interpersonalen Beziehungen“. Heider leistete in seinem Buch mehrere Beiträge, die das Feld der Attributionsforschung überhaupt erst begründeten:
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Naive Psychologie. Zum einen erkannte Heider, dass nicht nur Psychologen, sondern wir alle – im positiven Wortsinne – „naive Theorien“ über menschliches Verhalten haben: Menschen sind Heider zufolge naive Wissenschaftler, die sowohl ihr eigenes Verhalten als auch das Verhalten ihrer Mitmenschen gerne verstehen, vorhersagen und sicherlich oftmals auch beeinflussen möchten. Dies bedeutet, dass es unbefriedigend wäre, Ereignisse – seien es eigene Handlungsergebnisse (wie Erfolg und Misserfolg) oder die Handlungen anderer Personen – nur zu beobachten und passiv hinzunehmen. Wenn wir beispielsweise eine wichtige Aufgabe nicht bewältigen können, so würden wir gerne verstehen, warum wir gescheitert sind. Nur wenn wir die Ursache dieses Ereignisses kennen, können wir ähnliche Ereignisse in Zukunft vermeiden und kontrollieren. Diese Überlegungen Heiders (1958) bilden das Fundament der Attributionstheorien, denn sie beinhalten ein ganz bestimmtes Menschenbild, das des naiven Wissenschaftlers, das ein allgemeines Merkmal aller attributionstheoretischen Ansätze ist. Darüber hinaus gilt, dass somit der Gegenstand der Attributionstheorien in der wissenschaftlichen Analyse dieser naiven Theorien liegt: Attributionstheorien sind wissenschaftliche Theorien über die alltäglichen Theorien von uns allen (vgl. a. Kelley, 1992; Reisenzein & Rudolph, 2008). Naive Handlungsanalyse. Ein weiteres Verdienst Heiders besteht darin, dass er das Augenmerk auf alltägliche Erklärungen des Verhaltens lenkte und somit den Ursachenerklärungen eine sehr prominente Rolle für die Vorhersage unseres Erlebens und Verhaltens zuwies. Im Rahmen seiner naiven Handlungsanalyse postulierte Heider (1958), dass insbesondere die Ursachen Begabung/ Fähigkeit, Anstrengung, Aufgabenschwierigkeit und Zufall in der Alltagspsychologie einen wichtigen Platz einnehmen. Zugleich lieferte Heider (1958) eine Klassifikation dieser Ursachen, indem er darauf hinwies, dass Ursachen sich hinsichtlich ihrer Lokation, Stabilität und Kontrollierbarkeit unterscheiden lassen. Angesichts der Vielfalt unterschiedlicher Ursachen (vgl. auch Triandis, 1972) ist eine solche Klassifikation ein wertvolles Instrument, da diese es ermöglicht, verschiedene Ursachen und Ursachenbezeichnungen nach bestimmten Kriterien zu ordnen und in funktional gleichwertige Klassen einzuteilen. Die funktionelle Gleichwertigkeit verschiedener Ursachen ermöglicht es, solche verschiedenen Ursachenzuschreibungen hinsichtlich ihrer gleichwertigen Konsequenzen für das Erleben und Verhalten einer übergeordneten Klasse zuzuordnen und so zusammenzufassen. Da die von Heider vorgeschlagenen Kriterien für eine Klassifikation von Ursachen in der nachfolgenden Theorie Weiners eine wichtige Rolle spielen, betrachten wir diese hier etwas genauer. Die Kriterien zur Klassifikation von Ursachen wurden nachfolgend auch als Kausaldimensionen bezeichnet (vgl. auch Rosenbaum, 1972). Die erste der von
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Heider (1958) vorgeschlagenen Kausaldimensionen ist die Lokationsdimension. Diese Dimension gibt an, ob eine Ursache in der (handelnden) Person oder ob eine Ursache eher in der Situation (einschließlich anderer Personen) lokalisiert ist. In der Person liegende Ursachen (so etwa Anstrengung oder Fähigkeit) werden als internale Ursachen bezeichnet. In der Situation liegende Ursachen sind externale Ursachen, hierzu gehört die Aufgabenschwierigkeit (wie sie etwa einem Schüler in der Klassenarbeit von außen, durch den Lehrer, zugewiesen wird). Auch Zufall ist typischerweise eine externale Ursache, wie beispielsweise in Heiders oft zitiertem Beispiel, bei dem ungünstige Winde und Strömungen einem Ruderer die Aufgabe erschweren, den See zu überqueren. Die Kausaldimension Stabilität (über die Zeit hinweg) gibt an, ob eine gegebene Ursache stabil und somit auch in Zukunft wirksam ist; Heider (1958) unterscheidet stabile versus variable Ursachen. Hinsichtlich der vier von Heider genannten Ursachen (Fähigkeit/Begabung, Anstrengung, Aufgabenschwierigkeit und Zufall) gilt, dass Fähigkeit/Begabung und Aufgabenschwierigkeit eher stabil sind, während Anstrengung und Zufall als variable Ursachen bezeichnet werden. Im Gegensatz zur Lokationsdimension, die dichotomen Charakter hat, sind die zeitlichen Merkmale von Ursachen eher auf einem Kontinuum anzuordnen: Ursachen können völlig stabil sein, wie im Falle einer hohen oder geringen musikalischen Begabung, die einer Person „in die Wiege gelegt“ ist. Ursachen können aber auch lediglich relativ stabil sein, denn eine Person kann ihre Fähigkeiten im Gegensatz zu ihren Begabungen zumindest im Laufe der Zeit verändern, oder der Lehrer mag im Laufe der Zeit erkennen, dass er die Schwierigkeit der von ihm gestellten Anforderungen erhöhen oder senken sollte. Die dritte von Heider (1958) postulierte Kausaldimension ist die der Kontrollierbarkeit. Diese gibt an, inwiefern eine Ursache der willentlichen Kontrolle der Person unterliegt. Aufgabenschwierigkeit, Zufall sowie Fähigkeit und Begabung sind eher unkontrollierbar, während Anstrengung auch kurzfristigen willentlichen Veränderungen unterliegt und kontrolliert werden kann. Die genannten Kausaldimensionen sind zum einen ein wissenschaftliches Konzept zur Klassifikation verschiedener Ursachen und als solches – wie wir noch sehen werden – haben diese sich empirisch bewährt. Zum anderen sind diese Kausaldimensionen aber – und dies folgt aus dem, was über Heiders Beitrag zur Attributionsforschung bereits gesagt wurde – auch Bestandteil der naiven Theorien. Hierbei zeigt sich, dass die meisten Personen die hier genannte Klassifikation verschiedener Ursachen anhand der Kausaldimensionen der Lokation, Stabilität und Kontrollierbarkeit teilen. Zu beachten ist allerdings, und auch dies folgt aus Heiders Überlegungen, dass es die subjektive Einschätzung ver-
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schiedener Ursachen ist, die für das nachfolgende Erleben und Verhalten entscheidend ist: Zwei Personen können beispielsweise bei der gleichen Erkrankung zu ähnlichen Ursachenzuschreibungen kommen, diese aber doch verschieden bewerten: Beide Personen erfahren vom betreuenden Arzt, dass schwerwiegende Herzprobleme auf falsche Ernährung und einen Mangel an Bewegung zurückzuführen sind – und doch mag eine Person diese Ursachen als kontrollierbar erleben und sich vornehmen, dies in Zukunft zu ändern, während die andere Person die gleiche Ursache als unkontrollierbar wahrnimmt und nachfolgend keine Änderung des eigenen Verhaltens zeigt. Wir kommen auf diese Unterscheidung zu einem späteren Zeitpunkt, bei der Darstellung der Weiner’schen Theorie, noch zurück. Ein weiterer wichtiger Schlüssel zum Verständnis der Weiner’schen Theorie ist deren historischer Ausgangspunkt und der Bezug zu voraus gehenden Theorien der Emotion und Motivation. Ausgangspunkt der Arbeiten von Bernard Weiner war Anfang der 70er Jahre das Bemühen, eine Alternative zur Theorie der Leistungsmotivation von John Atkinson (bei dem Weiner promovierte) zu entwickeln (vgl. auch Atkinson, 1964). Atkinsons Leistungsmotivationstheorie ist eine Erwartungs-mal-Wert-Theorie, der zufolge für die verfügbaren Handlungsalternativen eine Abwägung zwischen der Wahrscheinlichkeit einer Zielerreichung einerseits und dem subjektiven Wert des fraglichen Ziels andererseits vorgenommen wird. Im Gegensatz zu früheren Ansätzen in der Motivationsforschung wird zudem auch angenommen, dass neben der Abwägung von Erwartung und Wert auch stabile Persondispositionen (Motive) das Erleben von Emotionen und Verhalten bestimmen. Atkinsons Konzeption kombiniert somit kognitive und hedonistische Überlegungen: Die Theorie ist eine kognitive, weil subjektive Werte und Wahrscheinlichkeiten kognitiv repräsentiert und verrechnet werden. Die Theorie ist eine hedonistische Konzeption, weil es aus der Sicht der handelnden Person gilt, eigene positive Affekte zu maximieren und negative Effekte zu minimieren. Diese Ausgangslage der Motivationsforschung am Ende der 60er Jahre ist aus mehreren Gründen für die nachfolgenden Attributionstheorien bedeutsam gewesen: Die Messung überdauernder Motive als Persondispositionen, die unsere emotionalen Reaktionen und unser Verhalten anleiten, ist zumindest im Rahmen der Atkinson’schen Theorie nicht befriedigend gelöst worden (vgl. auch Heckhausen, 1989). Weitere Probleme ergeben sich aus der Annahme eines Hedonismus, da es eine ganze Anzahl von Hinweisen gibt, dass menschliches Verhalten nicht ausschließlich hedonistischen Prinzipien folgt. Die Attributionsforschung ersetzte daher den kognitiv-hedonistischen Ansatz in der Leistungsmotivationsforschung durch eine rein kognitive Theorie, in deren Rahmen der Mensch – wie bereits gesehen – als naiver Wissenschaftler gesehen wird, der sich und seine Umwelt verstehen, vorhersagen und kontrollieren möchte. Dieser Ansatz ist
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allein deshalb schon kein hedonistischer, weil die kausale Analyse eigener Misserfolge beispielsweise auch schmerzvolle (und nur langfristig wertvolle) Erkenntnisse erbringen mag (vgl. auch Försterling, 1985; Försterling & Rudolph, 1988). Aufgrund der Tatsache, dass (als unbefriedigend empfundene) Konzepte der Theorie der Leistungsmotivation der Ausgangspunkt der Attributionsforschung waren, ist es nicht erstaunlich, dass sich diese zunächst der Erforschung leistungsmotivierten Verhaltens zuwandte (Kukla, 1972; Weiner, Russell & Lerman, 1979), also der intrapersonalen Motivation. Mit Weiners Arbeiten zur Theorie der Verantwortlichkeit erfolgte dann ab den 80er Jahren eine zunehmende Anwendung attributionstheoretischer Überlegungen auf soziales Verhalten, also auf den Bereich der interpersonalen Motivation.
2.2 Grundannahmen der Theorie Im Mittelpunkt der Theorie der Verantwortlichkeit steht die Beschreibung einer ganz bestimmten Abfolge von Kognition, Emotion und Handeln. Weiner nimmt an, und zwar im Einklang mit vielen anderen Autoren, insbesondere auch aus der klinischen Psychologie (vgl. auch Beck, 1967; Ellis, 1962; Ellis & Grieger, 1977; Meichenbaum, 1977), dass unser Denken unsere Gefühle beeinflusst und dass unsere Gefühle wiederum unser Handeln steuern.1 Weiner (1995) spricht hier von drei verschiedenen Prozessen, einem Verantwortlichkeits-, einem affektiven und einem motivationalen Prozess. Der Verantwortlichkeitsprozess – im Folgenden als kognitiver Prozess bezeichnet – spezifiziert die Bedingungen von Zuschreibungen persönlicher Verantwortlichkeit. Die Wahrnehmung unterschiedlicher Grade persönlicher Verantwortlichkeit wiederum führt zu unterschiedlichen Emotionen – so etwa Stolz, Schuld, Scham, Ärger, Mitleid und Dankbarkeit – die im affektiven Prozess beschrieben werden. Und schließlich spezifiziert der motivationale Prozess die Verbindung zwischen den genannten Emotionen und unserem sozialen Handeln, wobei hierbei insbesondere Hilfe und Aggression im Mittelpunkt der theoretischen und empirischen Analyse stehen. Wir untersuchen nun zunächst einen der wichtigsten
1
Im Falle von Weiners Theorie bedeutet „Kognitionen bestimmen Emotionen“, dass es Ursachenzuschreibungen sind, die über unser emotionales Erleben entscheiden. Weiner (1986, 1995, 2005a) zufolge sind nicht alle Emotionen das Ergebnis einer Ursachenzuschreibung, manche Emotionen basieren lediglich auf der Wahrnehmung eines Ereignisses. Weiterhin sind nicht alle Emotionen von der Kontrollierbarkeitsdimension und von Verantwortlichkeitszuschreibungen abhängig; bestimmte Emotionen basieren auf den Dimensionen Lokation und Stabilität. Auf diese Unterscheidungen gehen wir hier nicht ein; einen guten Überblick über die gesamte Theorie geben Meyer et al. (2002).
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Ausgangspunkte der Theorie, nämlich: Warum eigentlich erscheint es sinnvoll, das Konzept der Verantwortlichkeit zur Grundlage einer Theorie des sozialen Verhaltens zu machen? Nachfolgend wenden wir uns dann den einzelnen Teilprozessen der Weiner’schen Theorie zu. 2.2.1 Die Bedeutung des Konzepts der Verantwortlichkeit für soziales Handeln Beginnen wir mit einer Reihe von vermutlich zunächst willkürlich erscheinenden empirischen Fakten: (1) Bei bestimmten Krankheiten oder Handicaps (so genannten Stigmata) ist die Hilfsbereitschaft potenzieller Spender höher ausgeprägt als bei anderen Stigmata. Weiner, Perry und Magnusson (1988) beispielsweise fanden eine wesentlich höhere Hilfsbereitschaft im Falle von Stigmata wie der Alzheimer’schen Erkrankung, Querschnittlähmung oder Erblindung als beispielsweise bei Alkoholmissbrauch, einer HIV-Infektion oder Kindesmissbrauch. (2) Juvonen und Murdoch (1993) berichten, dass jugendliche Schüler den Eltern und Lehrern vorwiegend mitteilen, eigene Misserfolge seien auf einen Mangel an Fähigkeit zurückzuführen, während sie gegenüber ihren Altersgenossen vorwiegend auf einen Mangel an Anstrengung als Ursache für Misserfolge verweisen. Ferner zeigt sich, dass negative Reaktionen seitens der Eltern und Lehrer (wie etwa Strafe) viel wahrscheinlicher sind, wenn Anstrengungsmangel als Ursache wahrgenommen wird. (3) Übergewicht, das auf falsche Ernährung und Bewegungsmangel zurückgeführt wird, führt zu deutlich negativeren Reaktionen als Übergewicht, das auf einer körperlichen Fehlfunktion basiert (deJong, 1980). (4) Personen, die eine HIV-Infektion aufgrund risikoreichen sexuellen Verhaltens haben, erhalten deutlich negativere Reaktionen als Personen, deren HIV-Infektion auf eine verunreinigte Blutkonserve zurückgeht (Graham et al., 1993). (5) Die gesetzliche Strafe für vorsätzlichen Mord (und dies gilt für die weitaus meisten Rechtssysteme dieser Welt) ist deutlich höher als für eine Tötung im Affekt (Totschlag). Dies ist nur eine kleine Auswahl an oftmals replizierten empirischen Fakten. Diese Beispiele haben zwei gemeinsame Merkmale: Positives soziales Verhalten (Hilfe und Zuwendung) sowie negatives soziales Verhalten (Strafe und Aggression) variieren. Ferner variiert in allen Beispielen die wahrgenommene Verantwortlichkeit der beteiligten Personen. Die Reaktionen anderer Personen (seien es potenzielle Spendengeber, Eltern, Lehrer, Freunde, Richter oder Zeitungsleser) sind hierbei umso ungünstiger, je höher die wahrgenommene Verantwortlichkeit ist, sei es im Falle einer Notlage oder im Falle einer Regelverletzung der betreffenden Person. Es ist also offensichtlich, dass die Wahrnehmung von Verantwortlichkeit in vielen verschiedenen Bereichen des sozialen Lebens entscheidend für die Reaktionen von Menschen sind. Warum ist dies so? Um dies zu
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verstehen, untersucht Weiner zunächst den Prozess der Zuschreibung von Verantwortlichkeit und nachfolgend dessen Auswirkungen auf (soziale) Emotionen und soziales Verhalten. 2.2.2 Der kognitive Prozess: Die Zuschreibung von Verantwortlichkeit Im Einklang mit dem Menschenbild der Attributionstheorie wird angenommen, dass Menschen nach den Ursachen von Ereignissen suchen. Weiner (1995) zeigte, dass dies insbesondere bei Ereignissen der Fall ist, die wichtig, negativ oder unerwartet sind. Trotz der Ähnlichkeit der Begriffe der Verantwortlichkeit und der Kontrollierbarkeit haben wir es hier jedoch mit verschiedenen Konzepten zu tun: Wie bereits gesehen, ist Kontrollierbarkeit eine Ursachendimension, also demzufolge das Merkmal einer Ursache. Verantwortlichkeit, im Gegensatz hierzu, ist das Merkmal einer Person. Für eine Verantwortlichkeitszuschreibung müssen nach Weiner (1996) drei Kriterien erfüllt sein: (1) Es muss persönliche Kausalität vorliegen: Es ist die Person, die das Ereignis verursacht, im Sinne einer internalen Attribution sensu Heider. (2) Diese internale Ursache muss kontrollierbar sein, was beispielsweise für Anstrengung, nicht aber für Begabung gilt. (3) Und schließlich müssen mildernde Umstände abwesend sein. Zwei Dinge sind hierbei zu beachten: Zum einen sind die hier skizzierten Kriterien für eine Verantwortlichkeitszuschreibung sicherlich sinnvoll und werden auch oftmals angewandt – wenngleich Menschen hier durchaus auch Fehler machen können. Ein Beispiel hierfür ist der „fundamentale Attributionsfehler“ (Ross & Nisbett, 1991), demzufolge Einflüsse der Situation von Beobachtern oftmals deutlich unterschätzt werden. Zum anderen ist eine Verantwortlichkeitszuschreibung keine dichotome Entscheidung („ja“ versus „nein“), sondern es sind unterschiedliche Abstufungen möglich, was im Übrigen auch der Operationalisierung dieses Konzeptes in den vorliegenden Untersuchungen entspricht. 2.2.3 Der affektive Prozess: Die Entstehung von Ärger, Mitleid, Scham und Schuld In Abhängigkeit von verschiedenen Ereignissen und nachfolgenden Verantwortlichkeitszuschreibungen resultieren der Theorie zufolge unterschiedliche Emotionen. Die Theorie Weiners teilt dieses Merkmal mit anderen kognitiven Einschätzungstheorien wie etwa den Konzeptionen von Meinong (1895, 1906), Lazarus (1999) oder Ortony et al. (1988). Tabelle 1 gibt einen Überblick zu Weiners Annahmen über die Entstehung der Emotionen Scham, Schuld, Ärger und Mitleid. Hierbei sind zwei Fälle zu unterscheiden: Zum einen entstehen Emotionen bei der handelnden Person, zum Beispiel bei dem Schüler, der bei
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einer wichtigen Arbeit Misserfolg hat und nachfolgend verschiedene Verantwortlichkeitszuschreibungen vornehmen kann. Zum anderen entstehen Emotionen bei anderen Personen, so etwa dem Lehrer oder den Eltern des Schülers, die den Misserfolg wahrnehmen und nachfolgend ebenfalls unterschiedliche Verantwortlichkeitszuschreibungen vornehmen.
Tabelle 1: Die Emotionen Schuld, Scham, Ärger und Mitleid im Falle eines negativen Ereignisses in Abhängigkeit von Ausprägungen der Verantwortlichkeitszuschreibung und der Perspektive der Person Negatives Ereignis Handelnde Person
Beobachtende Person
Niedrige Verantwortlichkeit
Scham
Mitleid
Hohe Verantwortlichkeit
Schuld
Ärger
Gemäß den Vorhersagen der Weiner’schen Theorie wird die handelnde Person (in unserem Beispiel: der Schüler) mit höherer Wahrscheinlichkeit Schuld empfinden, wenn sie sich für den Misserfolg verantwortlich fühlt, zum Beispiel aufgrund mangelnder Anstrengung als wahrgenommener Ursache. Die handelnde Person wird dagegen eher Scham empfinden, wenn sie den Misserfolg auf unkontrollierbare Ursachen zurückführt, zum Beispiel auf mangelnde eigene Fähigkeit. Die beobachtende Person (in unserem Beispiel der Lehrer des Schülers) wird mit höherer Wahrscheinlichkeit Ärger empfinden, wenn er dem Schüler Verantwortlichkeit für den Misserfolg zuschreibt (Beispiel: mangelnde Anstrengung). Die beobachtende Person sollte dagegen eher Mitleid empfinden, wenn sie schlussfolgert, dass der Schüler für diesen Misserfolg nicht verantwortlich ist. 2.2.4 Der motivationale Prozess Zuschreibungen von Verantwortlichkeit und die daraus resultierenden Emotionen haben Weiner zufolge großen Einfluss auf das soziale Handeln. Verschiedene Arten des sozialen Verhaltens, die durch Verantwortlichkeitszuschreibungen und Emotionen beeinflusst werden, sind bislang empirisch untersucht worden; dies sind (1) prosoziales und antisoziales Verhalten (Hilfe und Aggression), (2) soziale Sanktionen (Lob und Tadel sowie die Zumessung von Strafen oder Belohnungen), (3) die sozial-kommunikativen Funktionen von Emotion und Handeln sowie (4) Entschuldigungen und Rechtfertigungen vorausgehender
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Handlungen mit dem Ziel einer Verantwortlichkeitsreduktion. Im Folgenden fassen wir den Forschungsstand für diese verschiedenen Teilbereiche des sozialen Handelns jeweils zusammen.
2.3 Empirische Überprüfungen der Theorie Weiners 2.3.1 Hilfe und Aggression Im Rahmen von zwei Meta-Analysen haben Rudolph, Roesch, Greitemeyer und Weiner (2004) alle verfügbaren Studien in den Bereichen Hilfeleistung und Aggression zusammengefasst, in denen Attributionen für eine Hilfsbedürftigkeit oder eine aggressive Handlung, entsprechende Emotionen (Ärger oder Mitleid) und/oder eine entsprechende Handlung (Hilfe oder Aggression) erfasst wurden. Insgesamt gingen in diese Analyse 64 Studien mit mehr als 12.000 Probanden ein. Im Rahmen dieser Analysen wurden verschiedene theoretische Modelle zum Zusammenhang zwischen Kognition, Emotion und Verhalten überprüft; zwei dieser Modelle sind in Abbildung 1 dargestellt. In Modell 1 beeinflussen Modell 1 Mitleid
Hilfe Aggression
Verantwortlichkeit
Ärger
Modell 2 Mitleid
Hilfe Aggression
Verantwortlichkeit
Ärger
Abbildung 1: Empirische Modelle zur Vorhersage von Hilfe und Aggression auf der Basis einer Meta-Analyse aller verfügbaren Daten (Rudolph et al., 2004)
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Verantwortlichkeitszuschreibungen die Emotionen Ärger und Mitleid und diese wiederum das Verhalten (Hilfe beziehungsweise Aggression). Modell 2 weist nur einen Unterschied zu Modell 1 auf, da hier zusätzlich auch direkt die Verantwortlichkeitszuschreibungen das Verhalten beeinflussen. Im Rahmen der Meta-Analysen für Hilfe und Aggression wurde zudem der Einfluss (1) kultureller Variablen (anhand von Daten aus verschiedensten Kulturen) und (2) der Einfluss methodischer Merkmale der jeweiligen Untersuchungen untersucht. Schließlich wurde auch (3) geprüft, ob die Ergebnisse unterschiedlich ausfallen, wenn entweder Gedankenexperimente durchgeführt oder tatsächliches (helfendes beziehungsweise aggressives) Verhalten untersucht wurden. Diese verschiedenen Variablen haben keinerlei Einfluss auf die Ergebnisse, die daher zusammenfassend in Tabelle 2 dargestellt sind. Tabelle 2 zeigt die Pfadkoeffizienten für die beiden genannten Modelle. Für Hilfeverhalten zeigt sich ein starker Zusammenhang zwischen Zuschreibungen von Verantwortlichkeit einerseits und Mitleid (β = –0,45) sowie Ärger (β = 0,52) andererseits. Weiterhin kovariiert Mitleid mit Hilfe (β = 0,38), während Ärger Tabelle 2: Pfadkoeffizienten zur Vorhersage von Hilfe und Aggression (vgl. Modell 1 und 2 in Abb. 1) Hilfeverhalten
Modell 1
Modell 2
–0,45*
–0,45*
Verantwortlichkeit – Ärger
0,52*
0,52*
Verantwortlichkeit – Hilfe
–0,05*
—
0,37*
0,39*
–0,07*
–0,09*
Modell 1
Modell 2
–0,35*
–0,35*
Verantwortlichkeit – Ärger
0,61*
0,61*
Verantwortlichkeit – Aggression
0,17*
—
–0,27*
–0,30*
0,38*
–0,48*
Verantwortlichkeit – Mitleid
Mitleid – Hilfe Ärger – Hilfe Aggression Verantwortlichkeit – Mitleid
Mitleid – Aggression Ärger – Aggression Anmerkung: * p < 0,05.
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Hilfe nur in geringem Maße vorhersagt (β = –0,08). Aufgrund der Tatsache, dass der direkte Einfluss von Verantwortlichkeitszuschreibungen auf Hilfe nur gering (negativ) ausgeprägt ist, zeigt Modell 1 (ohne direkte Verbindung zwischen Kognition und Verhalten) für Hilfeverhalten eine bessere Anpassung an die verfügbaren Daten. Für Aggression finden wir einen negativen Zusammenhang zwischen Zuschreibungen von Verantwortlichkeit und Mitleid (β = –0,35) sowie einen positiven Zusammenhang in Bezug auf Ärger (β = 0,61). In beiden Modellen reduziert ein höheres Ausmaß an Mitleid das aggressive Verhalten (β = –0,29), während Ärger aggressives Verhalten wahrscheinlicher werden lässt (β = 0,43). Zusätzlich findet sich für aggressives Verhalten ein bedeutsamer direkter Einfluss von Verantwortlichkeitszuschreibungen auf das Verhalten (β = 0,17). Aus diesem Grunde gilt, dass Modell 2 für Aggression eine höhere Anpassungsgüte zeigt. Insgesamt erweist sich Weiners Theorie der Verantwortlichkeit aufgrund dieser großen Datenmenge im Bereich von Hilfe und Aggression als sehr gut bestätigt. Bestimmte Details der metaanalytischen Auswertung sollten darüber hinaus Anlass zu weiterer Forschung geben. Insbesondere ist die Frage zu klären, warum aggressives Verhalten im Gegensatz zu Hilfeverhalten in höherem Maße (genauer gesagt: zusätzlich auch) kognitiv vermittelt ist. Weiterhin erweist sich prosoziales Verhalten ganz überwiegend von positiven Emotionen (Mitleid), nicht aber von negativen Emotionen (Ärger) beeinflusst, während aggressives Verhalten gleichermaßen von positiven wie negativen Emotionen bestimmt ist. Zu beachten ist allerdings, dass aggressives Verhalten im Rahmen dieser Theorie ausschließlich als reaktive Aggression untersucht wurde, wenn also eine aggressive Reaktion auf ein Verhalten des Interaktionspartners gezeigt wird, das subjektiv als negativ oder als Provokation erlebt wird (vgl. auch Rudolph, 2003). Wir kommen auf diesen Punkt im letzten Abschnitt dieses Beitrages zurück. 2.3.2 Soziale Sanktionen: Loben und Belohnen, Tadeln und Strafen Erste Studien zu sozialen Sanktionen wurden im Leistungskontext bereits Anfang der 70er Jahre durchgeführt. Beispielhaft sei hier die Studie von Weiner und Kukla (1970) genannt, bei der die Versuchspersonen Beschreibungen von Studierenden erhielten, die eine Prüfung mit unterschiedlichen Ergebnissen (von klarem Misserfolg bis klarem Erfolg) absolviert hatten. Zusätzlich wurden die Probanden über die voraus gehenden Ursachen dieser Resultate informiert; hierbei gab es vier Bedingungen: Das Prüfungsergebnis basierte entweder auf hoher Fähigkeit und hoher Anstrengung, auf hoher Fähigkeit und geringer Anstrengung, auf geringer Fähigkeit und hoher Anstrengung, oder der Prüfungskandidat verfügte weder über hohe Fähigkeit noch hatte er hohe Anstrengung
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aufgewendet. Die Versuchsteilnehmer sollten sich in die Rolle des Lehrers versetzen und angeben, ob sie die betreffende Person loben oder tadeln würden. Die sozialen Sanktionen variieren nun beträchtlich mit dem Prüfungsergebnis: Positive Leistungen sind generell in höherem Maße mit Lob, schlechte Leistungen mit Tadel assoziiert. Darüber zeigt sich, dass Lob ausgeprägter und Tadel weniger ausgeprägt ist, wenn hohe Anstrengung vorliegt, insbesondere auch dann, wenn die Fähigkeit des Prüfungskandidaten eher gering ist. In einer ähnlichen Studie erfasste Karasawa (1991) zudem wahrgenommene Verantwortlichkeit, Ärger und Mitleid für verschiedene Misserfolgsbedingungen, bei denen Misserfolg entweder auf kontrollierbaren oder nicht kontrollierbaren Ursachen basierte. Es zeigt sich, dass Kritik und andere negative Sanktionen dann vorgenommen werden, wenn Verantwortlichkeit als hoch wahrgenommen wird. In diesem Fall ist die Ausprägung von Mitleid niedrig und die von Ärger hoch. Diese Befunde werden auch durch Felduntersuchungen gestützt, welche die Entscheidungen von Jurys in Strafrechtsprozessen untersucht haben. In einem Überblick über die verfügbaren Daten kommt Carroll (1979) zu dem Schluss, dass Intentionalität (wurde das Verbrechen absichtlich begangen) und Verantwortlichkeit die bei weitem besten Prädiktoren für die Zuerkennung des Strafmaßes bei Jurymitgliedern sind. Ähnliche Befunde (auch unter Einbeziehung der Stabilitätsdimension) berichten Carroll und Payne (1977) für die Entscheidungen über mögliche Bewährungsauflagen bei Straftätern. Ziehen wir eine erste Zwischenbilanz: Die hier berichteten Studien legen nahe, dass soziale Sanktionen in hohem Maße von Verantwortlichkeitszuschreibungen abhängig sind: Je größer die wahrgenommene Verantwortlichkeit für einen Misserfolg, desto weniger Mitleid und desto mehr Ärger resultieren, und desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass Kritik und Strafe ausgesprochen werden. Je geringer dagegen die wahrgenommene Verantwortlichkeit, desto wahrscheinlicher werden Mitleid und Hilfe im Gegensatz zu Ärger sowie Kritik und Strafe. Eine Vielzahl empirischer Studien hat diese Zusammenhänge bestätigt (einen Überblick gibt Weiner, 1996). 2.3.4 Die informierenden Funktionen von Emotionen und Verhalten Bislang haben wir in unserer Übersicht die Sequenz von Kognition zu Emotion zum Handeln betrachtet, und hierbei insbesondere die handlungsmotivierenden Effekte von Emotionen wie Mitleid und Ärger. Wir wenden uns nun zwei Phänomenen zu, die verdeutlichen, dass sowohl Emotionen als auch soziale Sanktionen eine informierende Funktion haben; Meyer et al. (2003, S. 121 f.)
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bezeichnen dies auch als sozial-kommunikative Funktion, die aus Weiners Theorie ableitbar ist. Wenn die bisher dargestellten Annahmen der Weiner’schen Theorie richtig sind, dann existieren bestimmte Verknüpfungen zwischen Kognition, Emotion und Verhalten, und diese Verknüpfungen sind demzufolge auch Bestandteil der naiven Alltagspsychologie. Wenn dies zutrifft, so informieren sowohl Emotionen als auch soziale Handlungen über Kognitionen. Meyer und Mitarbeiter (2002) geben hierzu das Beispiel eines Lehrers, der auf den Misserfolg eines Schülers mit Mitleid reagiert: In diesem Fall sollte die emotionale Reaktion des Lehrers dem Schüler mitteilen, dass der Lehrer den Schüler nicht für den Misserfolg verantwortlich macht – dem Schüler wird beispielsweise nahe gelegt, dass der Misserfolg in den Augen des Lehrers auf mangelnde Begabung oder Fähigkeit zurückzuführen ist. Ärger hingegen sollte dem Schüler mitteilen, dass der Lehrer die Ursachen des Misserfolgs in kontrollierbaren Ursachen sieht und den Schüler für diesen Misserfolg verantwortlich macht. Eine empirische Bestätigung dieser Annahmen findet sich erstmals bei Weiner, Graham, Stern und Lawson (1982). Die Probanden sollten sich in dieser Studie vorstellen, ein Lehrer reagiere auf den Misserfolg seines Schülers mit einer von fünf Emotionen, nämlich Ärger, Mitleid, Überraschung, Schuldgefühlen oder Traurigkeit. Aufgabe der Versuchspersonen war es, Angaben über die Ursachenzuschreibungen des Lehrers zu machen. Im Einklang mit den Hypothesen zeigte sich, dass aus einer ärgerlichen Reaktion ganz überwiegend auf Attributionen auf kontrollierbare Ursachen, zum Beispiel Anstrengungsmangel, geschlossen wurde. Bei einer Mitleidreaktion wurde dagegen am häufigsten eine Attribution auf Fähigkeitsmangel vorgenommen, während Schuldgefühle seitens des Lehrers als Indikator eines schlechten Unterrichtes gewertet wurden. Diese Befunde gehen über die eingangs dargestellten, von Darwin angenommenen kommunikativen Funktionen von Emotionen weit hinaus: Die Emotion ist nicht länger nur selbst Gegenstand der (beispielsweise mimisch vermittelten) Kommunikation, sondern darüber hinaus werden auch die kognitiven Schlussfolgerungen desjenigen kommuniziert, der diese Emotion zeigt. Dies bedeutet, dass eine auf emotionalem Wege vermittelte indirekte Rückmeldung geringer Fähigkeit durch Mitleid sowie auch eine Rückmeldung hoher Fähigkeit durch Ärger möglich ist. Rustemeyer (1984) hat darüber hinaus gezeigt, dass solche Fähigkeitsrückmeldungen, die auf diese Weise indirekt und möglicherweise auch unbeabsichtigt mitgeteilt werden, unter bestimmten Bedingungen auch vom Kommunikationspartner (in diesem Falle: dem Schüler) übernommen werden und so dessen Selbstkonzept und sein Verhalten beeinflussen.
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Meyer (1984) hat diese Überlegungen aufgegriffen und weiter systematisiert, indem er den Informationswert von Lob und Tadel genauer untersuchte. Im Fokus der Aufmerksamkeit steht somit nicht der Informationswert emotionaler Reaktionen, sondern der Informationswert bestimmter sozialer Sanktionen wie Lob und Tadel. In einer Serie von Experimenten hat Meyer (zusammenfassend vgl. Meyer, 1984) mögliche paradoxe Wirkungen von Lob und Tadel aufgezeigt: Zunächst einmal zeigt sich, dass Lob vor allem für hohe Anstrengung und in viel geringerem Maße für hohe Fähigkeit ausgesprochen wird. Des Weiteren ist auch Tadel überwiegend anstrengungsabhängig, weil beispielsweise Lehrer oder Vorgesetzte viel seltener die geringe Fähigkeit, wohl aber die mangelnde Anstrengung von Schülern oder Mitarbeitern tadeln. Daraus ergeben sich paradoxe Effekte sozialer Sanktionen wie Lob und Tadel: Lob bei einer einfachen Aufgabe führt zu Schlussfolgerungen, die eigenen Fähigkeiten seien eher gering, während Tadel bei schwierigen Aufgaben den Getadelten schlussfolgern lässt, seine Fähigkeiten seien vergleichsweise hoch. Dies gilt bereits für Kinder ab einem Alter von 10 bis 12 Jahren, wie Leon-Villagra, Meyer und Engler (1990) gezeigt haben: Offensichtlich sind Kinder ab diesem Alter in der Lage, die entsprechenden Schlussfolgerungen vorzunehmen. 2.3.5 Entschuldigungen und Rechtfertigungen Weiner (1996) sieht Entschuldigungen als Strategien an, die geeignet sind, die Verantwortlichkeitszuschreibungen seitens anderer Personen zu beeinflussen. In einer empirischen Arbeit hierzu stellen Weiner, Graham, Peter und Zmuidinas (1991) fest, dass Entschuldigungen zu etwa 75 % im persönlichen Kontext, also unter Freunden und in partnerschaftlichen Beziehungen und weitaus seltener im Leistungskontext vorgebracht werden. Folkes (1982) sowie Weiner, Amirkhan, Folkes und Verette (1987) zeigen weiterhin, dass nur ein geringer Teil vorgebrachter Entschuldigungen nicht geglaubt wird (um 10 %). Dagegen geben Personen, die über den Wahrheitsgehalt ihrer Entschuldigungen befragt wurden, in etwa 50 % der Fälle an, dass ihre Entschuldigungen nicht der Wahrheit entsprechen. Die Annahme, dass Entschuldigungen oftmals eine der Strategien zur Reduktion von Verantwortlichkeit sind, wird durch Daten von Weiner, Figuera-Munoz und Kakihara (1991) gestützt. In dieser Studie wurden die Probanden gebeten, sich an eine selbst vorgebrachte Entschuldigung zu erinnern; weiterhin sollten sie angeben, was der tatsächliche Grund für das Fehlverhalten gewesen sei. Interessant sind hierbei insbesondere wahre Ursachen, die im Rahmen der Entschuldigung verschwiegen wurden, sowie vorgebrachte Entschuldigungen, die nicht wahr sind. Der am häufigsten wahre Grund für ein Fehlverhalten (z. B.: ein Versprechen oder eine Verabredung nicht einhalten) war schlichtweg „Ab-
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sicht“, eine Ursache, die natürlich persönliche Verantwortlichkeit impliziert. Diese Ursache war zugleich diejenige, die am seltensten tatsächlich berichtet wurde (in 10 % der Fälle). Im Gegensatz dazu sind praktisch alle unwahren, aber vorgebrachten Entschuldigungen Verweise auf unkontrollierbare Ursachen, die eine persönliche Verantwortlichkeit und nachfolgend negative Emotionen reduzieren oder gänzlich verhindern. In der hier genannten Studie sind dies 96 % der als Entschuldigung explizit genannten Ursachen, Beispiele sind Krankheit oder unentrinnbare und unvorhersehbare Verpflichtungen. Die bislang hier zusammen gefassten Befunde sprechen dafür, dass Entschuldigungen tatsächlich Strategien zur Reduktion von Verantwortlichkeit sind, sie sagen jedoch nichts darüber aus, ob diese Entschuldigungen die gewünschten Dienste tatsächlich leisten und das soziale Gefüge positiv beeinflussen. Dieser Frage sind Weiner et al. (1987) in weiteren Studien nachgegangen. In einer ersten Studie hatten die Probanden anzugeben, wie es sich ihrer Meinung nach – also aus der Perspektive der sich entschuldigenden Person – auswirken würde, wenn die zurückgehaltene wahre Ursache entdeckt würde. Es zeigten sich hoch signifikante negative Auswirkungen auf die Beziehung der Interaktionspartner, auf das Image der sich entschuldigenden Person und auf die Verantwortlichkeit für das zu entschuldigende Fehlverhalten. Weiterhin nahmen die Probanden an, dass der Interaktionspartner in hohem Maße negative Emotionen (insbesondere Ärger) erleben würde. Alle diese Variablen – Beziehungsqualität, Image, Verantwortlichkeitszuschreibung und negative Emotionen seitens des Interaktionspartners – sind dagegen deutlich im positiven Bereich, wenn die Probanden annehmen, den wahren Grund für das Fehlverhalten erfolgreich zu verschleiern. In einer zweiten Studie überprüften Weiner und Mitarbeiter (1987) die tatsächlichen Auswirkungen guter versus schlechter Entschuldigungen. Eine Hälfte der Probanden wurde gebeten, für eine experimentell herbeigeführte Verspätung entweder eine „gute“ oder eine „schlechte“ Entschuldigung vorzubringen (die Probanden erhielten keinerlei Instruktion darüber, was eine gute oder schlechte Entschuldigung sei). Die andere Hälfte der Probanden hörte sich diese Entschuldigung an und sollte Angaben zu den eigenen Emotionen, Merkmalen des (verspäteten) Interaktionspartners sowie zur erwarteten Qualität zukünftiger Interaktionen machen. Im Falle der „guten“ Entschuldigungen, die ausnahmslos eine Reduzierung von Verantwortlichkeit beinhalteten, berichteten die Kommunikationsempfänger über ein höheres Ausmaß eigener positiver Emotionen, sie beurteilten den Interaktionspartner positiver, und sie erwarteten zudem in höherem Maße positive zukünftige Interaktionen. Gute Entschuldigungen sind somit (in den Worten Weiners) „erfolgreiche Täuschungen“, die geeignet sind, beim Interaktionspartner sowohl die wahrgenommene Verant-
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wortlichkeit als auch die Wahrscheinlichkeit negativer sozialer Konsequenzen zu reduzieren. Es gibt einige Untersuchungen, die diese Überlegungen auch in konkreten Situationen überprüft haben. So berichten Felson und Ribner (1981), dass Personen, die wegen Gewalttätigkeit gegen andere verurteilt wurden, in den weitaus meisten Fällen angeben, dies aus Gründen der Selbstverteidigung getan zu haben. Pollock und Hashmall (1991) prüften weiterhin die psychiatrischen Gutachten über Personen, die wegen sexueller Belästigung von Kindern verurteilt worden waren. Trotz der vorliegenden Beweise gaben 21 % dieser Personen an, dass die Anschuldigungen falsch seien, in 35 % der Fälle behaupteten die Täter, die Handlungen seien nicht sexueller Natur gewesen, und in 36 % der Fälle wurde angegeben, sexuelle Handlungen mit Kindern seien entweder nicht verwerflich oder hätten im Einverständnis mit den Kindern stattgefunden. Zusätzlich sagten 22 % der Verurteilten, die Initiative sei vom Kind ausgegangen, und 48 % machten mildernde Umstände geltend (so etwa Trunkenheit oder Stress). In 38 % der Fälle verwiesen die Täter darauf, selbst als Kind missbraucht worden zu sein. Es sind verschiedene Strategien der Verantwortlichkeitsreduktion, die hier zum Tragen kommen und die in Einklang mit den theoretischen Überlegungen stehen: (1) Die Handlung selbst oder deren negativer Charakter wird geleugnet; (2) die Situation wurde vom Kind initiiert und legt daher eine externale Attribution nahe; (3) der Verweis auf mildernde Umstände (verschiedenster Art) schließlich impliziert Attribution auf unkontrollierbare Ursachen. Abschließend soll die Frage untersucht werden, wie sich die Verwendung und Wahrnehmung von Entschuldigungen im Kindesalter entwickelt. Weiner und Handel (1985) fanden, dass Kinder im Alter von 5 bis 7 Jahren sich der negativen Implikationen „schlechter Entschuldigungen“ (die keine Verantwortlichkeitsreduktion bewirken) nicht so bewusst sind wie 8 bis 12 Jahre alte Kinder. Entsprechend zeigt diese jüngste Altersgruppe eine vergleichsweise hohe Wahrscheinlichkeit, im Rahmen von Entschuldigungen auch auf kontrollierbare Ursachen zu verweisen. Graham, Weiner und Benesh-Weiner (1997) haben weiterhin aggressive (verhaltensauffällige) Kinder mit einer Kontrollgruppe nicht aggressiver Kinder verglichen. Die Daten zeigen, dass aggressive Kinder bei Entschuldigungen in geringerem Maße auf unkontrollierbare Ursachen verweisen. Weiterhin zeigen aggressive Kinder ein geringer ausgeprägtes Verständnis für den Zusammenhang zwischen eigener Verantwortlichkeit und möglichen ärgerlichen Reaktionen bei anderen. Beide Befunde sind ein Hinweis darauf, dass aggressive Kinder zwar einerseits ehrlicher sein könnten, andererseits aber weniger motiviert oder in der Lage sind, die sozialen Konsequenzen entsprechender Mitteilungen in Betracht zu ziehen.
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2.4 Bewertung der Theorie Weiners Theorie der Verantwortlichkeit ist eine kognitive attributionale Theorie, in deren Rahmen die kognitiven Voraussetzungen von Emotionen sowie deren Konsequenzen insbesondere für das soziale Verhalten spezifiziert werden. Im einzelnen erfolgt (1) eine detaillierte Analyse derjenigen Prozesse, die zu Verantwortlichkeitszuschreibungen führen, (2) die Implikationen dieser Zuschreibungen von Verantwortlichkeit für verschiedene Emotionen (insbesondere Scham und Schuld sowie Mitleid und Ärger) wird herausgearbeitet, und schließlich (3) macht die Theorie Aussagen über verschiedene Aspekte und Bereiche des sozialen Verhaltens. Ein großer Vorteil der Theorie ist sicherlich darin zu sehen, dass die Anzahl der getroffenen Annahmen in einem selten günstigen Verhältnis steht zur Bandbreite sehr unterschiedlicher sozialer Handlungen, die vorhergesagt werden: Wie wir gesehen haben, beweist dieser Ansatz seine Gültigkeit für sehr unterschiedliche Verhaltensbereiche: – Hilfe und (reaktive) Aggression in jeweils sehr unterschiedlichen Varianten von helfendem und aggressivem Verhalten (zusammenfassend vgl. Rudolph & Six-Materna, 2005); – soziale Sanktionen wie Lob und Belohnung sowie Tadel und Strafe, im pädagogischen wie im juristischen Kontext; – sozialkommunikative Funktionen hinsichtlich der Inferenzen aus Emotion und Verhalten; – Entschuldigungen und Rechtfertigungen zur Reduktion von Verantwortlichkeit (wiederum im pädagogischen wie im juristischen Kontext). Weiterhin ist die Varianzaufklärung im beobachteten Verhalten beeindruckend. Dies gilt – im Gegensatz zu dem gelegentlich geäußerten Vorurteil, Attributionstheorien stützten sich vorwiegend auf Gedankenexperimente und fiktive Szenarien – auch für tatsächlich beobachtetes Verhalten (zusammenfassend vgl. auch Rudolph et al., 2004). Und schließlich ist positiv hervorzuheben, dass attributionale Konzepte, insbesondere auch die von Weiner, Eingang gefunden haben in die klinische Psychologie (zusammenfassend vgl. Försterling, 1988, 2001). Dieser kurze Überblick wäre dennoch nicht vollständig, wenn an dieser Stelle nicht einige offene Fragen und mögliche Kritikpunkte angesprochen würden. Dies betrifft zunächst Weiners Definition und den funktionalen Status von Emotionen; eine Frage, die wir eingangs bewusst ausgeklammert haben. Betrachten wir zunächst Weiners (1986) Definition von Emotionen:
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Ich definiere eine Emotion als ein komplexes Syndrom oder einen Verbund sich wechselseitig beeinflussender Faktoren. Es wird angenommen, dass Emotionen (1) eine positive oder negative Qualität von (2) einer bestimmten Intensität haben, und dass ihnen (3) häufig eine Einschätzung einer Situation vorangeht, und dass diese schließlich (4) zu einer Vielzahl von Handlungen Anlass geben. (Weiner, 1986, S. 119) Meyer et al. (2002) haben bereits darauf aufmerksam gemacht, dass dies nur scheinbar eine Syndromdefinition ist. Kognitionen sind Weiners Theorie zufolge vorausgehende Bedingungen von Emotionen, Handlungen sind Auswirkungen derselben; beide Aspekte sind nicht Bestandteil der Emotion. Emotionen sind also in der Weiner’schen Theorie als Erlebniszustände aufzufassen, für die – entgegen der von Weiner gebrauchten Begrifflichkeit – der Begriff des Gefühls sicherlich angemessener wäre. Es passt zu dieser Auffassung von Emotionen, dass in der empirischen Überprüfung der Theorie ganz überwiegend Emotionen als subjektiv erfragbare Gefühlszustände erfasst und beispielsweise auch kaum jemals durch physiologische Messungen oder Beobachtungen des Ausdrucksverhaltens ergänzt werden. Ein weiteres bedenkenswertes Merkmal der Theorie ist die Tatsache, dass Weiner sich vorwiegend mit moralischen Emotionen oder Gefühlen befasst (man denke neben Mitleid und Ärger insbesondere an die Emotionen Scham, Schuld und Dankbarkeit; vgl. auch Fußnote 1). Der moralische Aspekt von Verantwortlichkeitszuschreibungen wird insbesondere in denjenigen Überprüfungen der Theorie deutlich, die sozialen Sanktionen gewidmet sind. Dennoch thematisiert Weiner die moralischen Grundlagen von Verantwortlichkeitszuschreibungen nicht explizit (eine Ausnahme ist Steins & Weiner, 1999), sondern beschränkt sich – in der Tradition von anderen Attributionstheorien (vgl. Jones & Davis, 1965; Kelley, 1967, 1972) – ganz überwiegend auf deren unmittelbar kognitiven Voraussetzungen. Abschließend sei auf ein Merkmal der Weiner’schen Theorie hingewiesen, das wir bei der abschließenden Diskussion der hier beschriebenen Ansätze wieder aufgreifen werden: In Weiners Theorie (1996, in Vorb.) gibt es keine teleologische Erklärung menschlichen Verhaltens. Dies bedeutet: Verhalten wird nicht im Hinblick auf den Zweck des Verhaltens erklärt. Dies ist in der Motivations- und Emotionspsychologie eine seltene Ausnahme: In der vorliegenden Konzeption sind es Kognitionen, die Emotionen verursachen, und Emotionen verursachen Verhalten. Es ist nicht das Ziel des Verhaltens, unangenehme Emotionen zu reduzieren oder angenehme Emotionen zu maximieren. Im Gegensatz dazu sei beispielhaft an die schon genannte Atkinson’sche Theorie der Leistungsmotivation erinnert: Leistungsmotiviertes Verhalten wird demzufolge gezeigt, um positive Emotionen (Stolz) zu maximieren und negative Emotionen
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(Scham) zu minimieren. Weiner (in Vorb.) grenzt sich explizit von dieser und allen anderen Varianten eines psychologischen Hedonismus ab und führt hierzu die Unterscheidung zwischen push- und pull-Variablen ein: In seiner theoretischen Konzeption gibt es ausschließlich push-Variablen, die Emotionen oder Verhalten anstoßen; der Zweck des Verhaltens ist nicht von theoretischer Bedeutung. Wenden wir uns nun einem gänzlich anderen Ansatz zur Erklärung sozialen Verhaltens zu, der Evolutionären Psychologie.
3 Evolutionäre Konzepte und Befunde zur Erklärung sozialen Verhaltens Die Liste derjenigen Bereiche des sozialen Verhaltens, mit denen sich die evolutionäre Psychologie befasst, ist beeindruckend lang. Hierzu zählen verschiedenste Aspekte der Partnerwahl und sexueller Strategien, Elternschaft, Verhalten unter Verwandten und Nichtverwandten, Altruismus und Kooperation, Aggression sowie Status, Prestige und Dominanz (einen Überblick geben beispielsweise Buss, 2004; Cartwright, 2002). Eine Einführung in evolutionspsychologische Emotionstheorien geben Meyer, Schützwohl und Reisenzein (1999); und zwar unter besonderer Berücksichtigung der Emotionstheorien von Charles Darwin (Darwin, 1872/1965), William McDougall (z. B. McDougall, 1908, 1920) und Robert Plutchik (z. B. Plutchik, 1980, 1991). Die moderne evolutionäre Psychologie baut auf den Entdeckungen und Ideen von Charles Darwin auf – und es bedarf keiner weiteren Erwähnung, dass Darwins Konzeption der Evolution heutzutage nicht mehr als Theorie gilt, sondern als Tatsache (vgl. auch Mayr, 1988). William McDougall, der sich selbst als jemand sah, der die Arbeiten Darwins auf dem Gebiet der Emotionen fortführte, widerfuhr jedoch leider ein gänzlich entgegengesetztes wissenschaftliches Schicksal: McDougall hatte die Schaffung einer „Evolutionären Psychologie“ bereits vor rund 100 Jahren gefordert und darf durchaus als Erfinder dieses Begriffs gelten. Unglücklicherweise löste McDougall zu seiner Zeit zwar einige Aufmerksamkeit für seine Ideen aus, wurde aber Zielscheibe der vehementen Kritik und auch des Spotts seiner wissenschaftlichen Kollegen, insbesondere von Seiten der behavioristischen Psychologie. So dauerte es 70 bis 80 Jahre, ehe tatsächlich das Projekt einer Evolutionären Psychologie unter genau dieser Bezeichnung (erneut) begonnen wurde. Leider geschah dies unter weitgehender Vernachlässigung sowohl der Ideen McDougalls wie auch der zahlreichen Konzepte und Befunde der Ethologie, die auch unter Berufung auf die bahnbrechenden Arbeiten von Konrad Lorenz und Nicolas Tinbergen als vergleichende Verhaltensforschung bezeichnet wird (vgl. zusammenfassend Eibl-Eibesfeldt, 1998). Heute ist die
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evolutionäre Psychologie nicht etwa ein Teilgebiet der Psychologie, sondern ein übergreifendes theoretisches Paradigma, eine spezifische theoretische und methodische Herangehensweise an unterschiedlichste Fragen aus allen Teilen der Psychologie (vgl. Barrett, Dunbar & Lycett, 2002; Buss, 2004). Im Folgenden geben wir Antworten auf zwei Fragen: Wir werden zunächst erörtern, welche Merkmale das theoretische Paradigma der evolutionären Psychologie auszeichnen. Nachfolgend untersuchen wir beispielhaft die theoretische Analyse von Emotion und sozialem Verhalten am Beispiel von Ärger und Aggression. Dies bedeutet, dass wir uns im empirischen Teil nur mit einem kleinen Ausschnitt der Erkenntnisse der evolutionären Psychologie beschäftigen werden.
3.1 Das Paradigma der Evolutionären Psychologie Die Evolutionäre Psychologie nimmt an, dass die natürliche Selektion dazu geführt hat, dass solche Individuen überleben und sich fortpflanzen, die spezifische Anpassungsprobleme besonders gut lösen können. Zu solchen Anpassungsproblemen zählt der Wettkampf um Ressourcen verschiedenster Art, wie beispielsweise Nahrung, Lebensräume oder Sexualpartner. Die Lösung dieser Anpassungsprobleme gelingt aufgrund vieler verschiedener bereichsspezifischer Mechanismen, so genannter „evolutionärer psychischer Mechanismen“ (im Folgenden: EP-Mechanismen). EP-Mechanismen lösen insbesondere solche Anpassungsprobleme, die in der Geschichte der Menschheit über lange Zeiträume vorhanden gewesen sind und/oder wiederholt wiederkehrten. Ein Beispiel mag hier nützlich sein: Anhand einer solchen Analyse ist es möglich, ein Phänomen wie beispielsweise das der Eifersucht nicht als unerwünschte emotionale Reaktion zu verstehen, sondern mit gänzlich anderen Augen zu sehen. Das Gefühl der Eifersucht und das daraus resultierende Verhalten gegenüber dem eigenen Partner kann ein adaptiver Vorteil (ein EP-Mechanismus) sein, weil es geeignet ist, die drohende Untreue des Partners zu verhindern (vgl. Daly, Wilson & Weghorst, 1982; Meyer et al., 1999). Aus dem Gesagten folgt, dass der Evolutionären Psychologie zufolge viele psychische Merkmale und Dispositionen des Menschen ein Produkt der Evolution sind und dass ihr Ziel die Identifikation dieser Merkmale und die Erforschung ihrer Funktion ist. Meyer et al. (1999) bezeichnen die Evolutionäre Psychologie daher zutreffenderweise als Funktionsforschung. In den Worten von Tooby (1988): „Die evolutionäre Psychologie erforscht die durch natürliche Selektion entstandenen ‚Konstruktionsmerkmale‘ derjenigen Mechanismen, die Verhalten kontrollieren“ (Tooby, 1988, S. 67). Somit untersucht die evolutionäre Psycho-
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logie insbesondere die Frage nach der Funktion oder dem Zweck von psychischen Merkmalen, indem sie die zugrunde liegenden Mechanismen, ihre Struktur und ihre Wirkungsweise identifiziert. Wie lässt sich nun entscheiden, ob ein gefundenes Merkmal ein EP-Mechanismus ist? Cosmides und Tooby (1994) geben hierfür drei Kriterien an: 1. Der Mechanismus ist ein (beim Menschen) kulturübergreifendes Phänomen und entwickelt sich ontogenetisch zuverlässig. 2. Der Mechanismus löst ein identifizierbares Anpassungsproblem, und zwar auf besonders effiziente Weise. 3. Der Mechanismus ist kein Nebenprodukt anderer Anpassungsleistungen und keine zufällige Entwicklung.
3.2 Emotion und soziales Verhalten aus evolutionärer Perspektive Betrachtet man die Geschichte der Evolutionären Psychologie, so wird eine überraschende Diskrepanz deutlich: Einerseits gibt es durchaus eine Analyse von Emotionen aus evolutionstheoretischer Perspektive, andererseits sind in der neueren Evolutionären Psychologie viele soziale Aspekte des Verhaltens erforscht worden, ohne dabei auf emotionale Konzepte zurückzugreifen. Beide Aspekte – Emotion einerseits und soziales Verhalten andererseits – blieben daher bislang von wenigen Ausnahmen abgesehen vergleichsweise unverbunden. Warum ist dies so? Betrachten wir zunächst die Analyse von Emotionen aus evolutionärer Sicht: Bereits Darwin (1872/1965), William James (1890) und später in sehr ausgearbeiteter Form McDougall (1908, 1920) legten dezidiert evolutionäre Emotionstheorien vor. Darwin (1872/1965) beschränkt sich hierbei im Hinblick auf soziale Aspekte von Emotionen ganz überwiegend auf den (mimischen) Emotionsausdruck. Für William James gilt, dass vor allem die Emotionsentstehung besondere Aufmerksamkeit erfährt. McDougall schließlich legt einen (zu Unrecht verkannten) instinkttheoretischen Ansatz vor. Innerhalb der Liste seiner an Instinkte gebundenen Emotionen gibt es zwar eine Reihe von Instinkten, die explizit der Regulation des sozialen Verhaltens dienen; eine empirische Analyse der Verbindung zwischen Emotion und konkretem Verhalten wurde jedoch von McDougall nicht vorgenommen (zu den Gründen hierfür vgl. auch Meyer et al., 1999). Wie steht es nun um die neuere Analyse des sozialen Verhaltens aus evolutionärer Perspektive? Es darf mit Fug und Recht behauptet werden, dass die evolutionäre Psychologie bislang beeindruckende Arbeit geleistet hat, was die Er-
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klärung zahlreicher Aspekte des sozialen Verhaltens betrifft (vgl. Abschnitt 3). Als Beispiel sei die Erklärung altruistischen Verhaltens unter Verwandten und Nichtverwandten genannt. Was auf den ersten Blick als seltsamer Widerspruch zu evolutionären Konzepten erscheinen mag, dass nämlich Individuen (nicht nur Menschen, sondern auch Individuen vieler anderer Spezies) miteinander kooperieren und eigene Kosten nicht scheuen, um anderen Vorteile zu verschaffen, ist Gegenstand einer ganzen Reihe von brillanten Analysen (vgl. Axelrod & Hamilton, 1981; Axelrod, 1984; Hamilton, 1964; Ridley, 1993; Trivers, 1971). Trivers (1985) hat zudem darauf hingewiesen, dass die Evolution von Kooperation und Altruismus wohl einen bedeutsamen Einfluss auf die evolutionäre Entwicklung von Emotionen hatte: Die Fähigkeiten beispielsweise, sich schuldig zu fühlen oder Mitleid zu haben, können somit angesehen werden als Resultate einer erfolgreichen Anpassung an eine Umwelt. Wenn Kooperation und Hilfe für andere arterhaltend wirken, dann „lohnt“ sich ein Mechanismus (eine Emotion), der solches Verhalten anregt (beispielsweise Mitleid). In ähnlicher Weise gilt: Wenn Täuschung und Betrug der Arterhaltung entgegenstehen, dann „lohnt“ sich ein emotionaler Mechanismus, der solches Verhalten unangenehm werden lässt (beispielsweise Schuldgefühle). Im Gegensatz zu diesen theoretischen Überlegungen gibt es bislang vergleichsweise wenige empirische Arbeiten zur evolutionstheoretischen Funktionsanalyse von Emotionen und sozialem Verhalten, bei denen emotionale Reaktionen konkret erfasst werden. Wir beschränken uns im vorliegenden Kontext auf ein Beispiel sozialen Verhaltens und der damit einhergehenden Emotionen; dies ist die Analyse von Ärger und Aggression. Diese Auswahl erscheint deshalb besonders geeignet, weil sie im abschließenden Teil dieses Kapitels einen Vergleich mit der zuvor dargestellten kognitiven, attributionstheoretischen Analyse von Ärger und Aggression erlaubt.
3.3 Ärger und Aggression in sozialen Gruppen Wir konzentrieren uns in diesem Kontext auf Ärger und Aggression innerhalb einer Spezies, und hierbei auf den Menschen und seine direkten Vorfahren, die Primaten. Es ist unabweisbar, dass es beim Menschen viele und oftmals schreckliche Formen der Aggression gibt, von aggressiven Konflikten zwischen Individuen bis hin zu Kriegen zwischen Völkern. Gerade vor diesem Hintergrund erhebt sich die Frage, wie weit eine theoretische Analyse tragen kann, die Aggression nicht als Ausdruck irrationaler oder unbewusster Impulse betrachtet (Freud, 1920), sondern explizit deren Zweck und Funktion untersucht. Hierbei führen wir im Folgenden einige zentrale Begriffe ein und betrachten die Hypothesen, die sich aus einer evolutionspsychologischen Sichtweise ergeben.
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3.3.1 Implikationen einer evolutionären Analyse von Ärger und Aggression Ein wichtiger Ausgangspunkt der evolutionären Überlegungen zur innerartlichen Aggression ist zunächst die Beobachtung, dass es bei allen sozialen Säugetieren wie auch bei in Gruppen lebenden Vögeln eine soziale Hierarchie gibt, die auch als Dominanzhierarchie oder Rangordnung bezeichnet wird. Was ist eine Dominanzhierarchie? Der Begriff weckt zunächst negative Assoziationen, und er erscheint passender für die soziale Organisation im Tierreich denn von Menschen; im letzteren Falle wäre der Begriff soziales Gefüge sicherlich angemessener. Zudem impliziert der Begriff der Dominanzhierarchie nicht nur dominante und dominierende Individuen, sondern auch solche, die sich unterordnen (müssen) – eine Implikation, die unseren Vorstellungen von Menschenwürde und Menschenrechten zuwiderläuft. Weiterhin erhebt sich bei näherer Betrachtung und insbesondere vor dem Hintergrund der evolutionären Analysen von Altruismus und Kooperation die Frage, warum die Evolution Emotionen und dazugehörige aggressive Verhaltensrepertoires bereitstellen sollte, die so vielen Individuen Schaden zufügen. Hierbei sind mehrere Aspekte zu beachten: – Zunächst einmal finden wir bei vielen Spezies große Unterschiede zwischen einer ritualisierten und wenig gefährlichen, innerartlichen Aggression einerseits, und solchen Aggressionen andererseits, wie sie beispielsweise in RäuberBeute-Beziehungen auftreten (zusammenfassend vgl. Immelmann, 1976). – Weiterhin unterscheidet die ethologische Forschung zwischen repressiven und fürsorglichen Rangordnungen. In repressiven Rangordnungen erfolgt die Unterordnung auf Seiten des Verlierers notgedrungen in Folge einer kämpferischen Auseinandersetzung. In fürsorglichen Rangordnungen dagegen erfolgt die Aushandlung einer Dominanzhierarchie auf der Basis einer prosozialen Führung. In diesem Falle wird die Führungspersönlichkeit des Interaktionspartners von den sich unterordnenden Individuen aktiv gewählt, beispielsweise aufgrund von Ressourcen oder Kompetenzen, die ein bestimmtes Individuum (zumindest auch) zum Vorteil der Gruppe bereitstellt (Eibl-Eibesfeldt, 1997). – Insbesondere für die erste Form der Dominanzhierarchien ist es im Hinblick auf den resultierenden Gesamtnutzen der Gruppe wichtig, dass die Etablierung einer Rangordnung schließlich von allen Beteiligten anerkannt wird, und zwar unabhängig davon, wie erbittert der Streit um seine Etablierung auch verlaufen sein mag. Dies bedeutet, dass es neben Ärger und Aggression auch Formen der Unterwerfung, Versöhnung und Anerkennung des erreichten Zustandes geben muss (vgl. auch Scott, 1960). Eine solche Anerkennung auch von Seiten des Unterlegenen kann nachfolgend dann – eine gewisse Stabilität vorausgesetzt – in zukünftigen Interaktionen einen Nutzen stiften.
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– Schließlich ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass das Aushandeln von Dominanzhierarchien bei vielen Spezies auch in der sexuellen Selektion (der Partnerwahl) zum Tragen kommt: Ein hoher Rang garantiert hierbei einen bevorzugten Zugang zu den Mitgliedern des anderen Geschlechts; bei den meisten (polygynen) Spezies gilt dieser positive Zusammenhang zwischen Rangordnung und sexuellen Optionen in höherem Maße für die männlichen Individuen (Perusse, 1993; Petrie, 1983; Trivers, 1971). Aus evolutionärer Perspektive ist weiterhin die Frage interessant, wie Dominanzhierarchien bei unseren direktesten Vorfahren, den Primaten, etabliert und aufrechterhalten werden. Hierzu gibt es bereits umfassende Untersuchungen, so etwa von De Waal (1982) und Goodall (1986). Aus emotionaler Perspektive werden solche Hierarchien durch folgende Mechanismen ausgehandelt: 1. Durch die Zurschaustellung von Ärger, 2. durch möglicherweise nachfolgende aggressive Handlungen und 3. durch dem Ärgerausdruck komplementäre Zeichen der Unterordnung. Aufgrund evolutionärer Überlegungen erwarten wir hierbei, dass die Elemente und der Ablauf dieser Mechanismen für Primaten und Menschen eine hohe Ähnlichkeit aufweisen. Weiterhin sollten, wie bereits Darwin (1872/1965) schlussfolgerte, interkulturelle Differenzen dieser Elemente und Mechanismen gering ausfallen. Betrachten wir nun den schon in der Überschrift dieses Absatzes nahe gelegten Zusammenhang zwischen Ärger und Aggression. Bereits McDougall (1908) reservierte unter den sieben Instinkten, in deren Mittelpunkt so genannte primäre Emotionen stehen, immerhin drei Instinkte, die für die Etablierung und Aufrechterhaltung einer Dominanzhierarchie verantwortlich sind. Dies sind (1) der „Kampfinstinkt“, ausgelöst durch (externe) Hindernisse bei der Ausführung von Handlungsimpulsen und vermittelt durch die Emotion Ärger; weiterhin (2) der „Dominanzinstinkt“, ausgelöst durch eine wahrgenommene Überlegenheit über Artgenossen (mit „Hochgefühl“ als dazugehöriger Emotion, was man etwas moderner sicherlich als Freude bezeichnen würde); schließlich (3) der „Unterordnungsinstinkt“, ausgelöst durch die Wahrnehmung einer Unterlegenheit und durch ein Gefühl der Unterwürfigkeit als entsprechende Emotion (wiederum in etwas modernerer Terminologie als Traurigkeit zu bezeichnen). Es erscheint zwar zumindest einer genaueren Analyse wert, (1) ob etwa das „Hochgefühl“ (zumindest eine Art von Freude) ausschließlich durch die wahrgenommene Überlegenheit über andere ausgelöst wird (vgl. aber auch Gilberts, 1990, 2000), (2) ob „Unterwürfigkeit“ tatsächlich eine Emotion ist, und schließlich (3) ob in diesem Zusammenhang nicht auch kognitive Konzepte wie ein
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erhöhter oder verringerter Selbstwert hilfreich wären (vgl. Barkow, 1989; Baumeister & Leary, 1995). Diese möglichen Vorbehalte können aber nicht über ein wichtiges Verdienst McDougalls hinwegtäuschen: Bemerkenswert an dieser Einteilung ist nämlich die Tatsache, dass der „Kampfinstinkt“ McDougall zufolge dem Beseitigen von insbesondere durch Artgenossen errichteten Hindernissen dient und diesem somit die Funktion zukommt, aggressive Handlungen zumindest anzudrohen oder schließlich auch zu initiieren. Diese Androhung oder tatsächliche Durchführung von aggressiven Handlungen ist zudem durch das Erleben und den Ausdruck einer Ärgeremotion vermittelt. 3.3.2 Empirische Befunde zu den Evolutionären Hypothesen zu Ärger und Aggression Es ist besonders beeindruckend, dass die schon bei McDougall vorgeschlagene enge Verbindung zwischen Ärger und Aggression in mehrfacher Hinsicht auch durch solche Forschungsprogramme bestätigt wird, die nicht einem evolutionären Ansatz zuzuordnen sind: – Averill (1982) legte Tagebuchanalysen vor, bei denen Personen gebeten wurden, partnerschaftliche Interaktionen von Ärger und Aggression zu notieren. Die Daten bestätigen die enge Verbindung zwischen Ärger als Emotion und Aggression als Verhalten. – Averills (1982) Daten zeigen zudem, dass Ärger zwar von praktisch allen Beteiligten (den „Sich-Ärgernden“ wie den „Ärger-Auslösenden“) als hoch unangenehm erlebt wird, zugleich aber die Ärgerepisoden im Nachhinein in der großen Mehrzahl der Fälle und von der Mehrheit aller Beteiligten hinsichtlich ihrer Konsequenzen für das Aushandeln des Konflikts als positiv bewertet werden. Dies ist ein Hinweis auf die konfliktregulierende Komponente von Ärger und Aggression. – Weiterhin haben Berkowitz und Mitarbeiter (zum Beispiel Berkowitz, 1962, 1989) in zahlreichen Arbeiten die Verbindung zwischen Frustration und Aggression bestätigt. Frustration ist ein Konzept, das der McDougall’schen Analyse der Auslöser von Aggression (die Wahrnehmung eines Hindernisses mit dem Ziel seiner Beseitigung) entspricht. Auch zu den anderen Implikationen dieses Ansatzes liegen empirische Daten vor; dies betrifft insbesondere Parallelen im Ausdrucksverhalten bei nicht humanen Primaten und Menschen sowie in verschiedenen Kulturen, und die Auswirkungen einer Rangordnung auf den Zugang zu sexuellen Partnern. Bereits Darwin (1872/1965) hatte auf die Ähnlichkeit des Ärgerausdrucks bei Schimpansen und Menschen hingewiesen sowie auch auf die interkulturellen Ähnlichkeiten des Ärgerausdrucks beim Menschen und entsprechende Befunde
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vorgelegt. Darwins Annahmen und Daten wurden trotz der Kritik an seinen Methoden durch neuere Untersuchungen regelmäßig bestätigt (vgl. zum Beispiel Ekman, 1994; einen Überblick geben Meyer et al., 1999). Eine weitere Methode, die bereits Darwin (1872/1965) angeregt hatte, ist die Untersuchung des Emotionsausdrucks taub und blind geborener Kinder. Eibl-Eibesfeldt (1997) zeigt anschaulich, dass der Ärgerausdruck bei solchen Kindern, der ja nicht durch Lernprozesse zu erklären ist und somit phylogenetische Ursachen haben muss, denen von anderen Kindern sehr ähnlich ist: Die Untersuchung taub und blind geborener Kinder lehrt, dass auch bei ihnen viele der Ausdrucksbewegungen, die Akte der Aggression normaler Weise begleiten, vorhanden sind. Verärgerte Taubblinde beißen die Zähne zusammen und entblößen sie. Sie legen die Stirn in senkrechte Falten, ballen die Fäuste und sie stampfen mit dem Fuß auf – letzteres ein Verhalten, das man im allgemeinen als ritualisierte Angriffsbewegung deutet: als Schritt auf den Gegner zu. (Eibl-Eibesfeldt, 1997, S. 528) Betrachten wir abschließend die möglichen Konsequenzen der Etablierung einer Dominanzhierarchie. Zahlreiche Studien haben zunächst den Zusammenhang zwischen Rangordnung und Zugang zu sexuellen Partnern bei vielen Säugetieren und Primaten belegt. Weiterhin zeigen alle einschlägigen Untersuchungen, dass auch beim Menschen der soziale Status eines Mannes einen großen Anteil an seinem reproduktiven Erfolg hat (für einen Überblick vgl. beispielsweise Buss, 2004; Cartwright, 2001). Zwei mögliche vermittelnde Mechanismen sind in diesem Zusammenhang empirisch untersucht worden, der eine betrifft die intersexuelle Selektion (zwischen den Geschlechtern), der andere die intrasexuelle Selektion (insbesondere innerhalb des männlichen Geschlechts). Zur intersexuellen Selektion: Möglicherweise bieten Männer mit einem hohen sozialen Status Frauen mehr Ressourcen, die nachfolgend den gemeinsamen Kindern zugute kommen. Frauen könnten deshalb geneigt sein, solche Männer bevorzugt als Partner zu wählen. Hierfür sprechen die Befunde von Betzig (1986): In polygynen Gesellschaften (innerhalb derer ein Mann mit mehr als einer Frau sexuelle Beziehungen haben kann, ohne dass dies negativ sanktioniert würde) bevorzugen es Frauen oftmals, die umfangreichen Ressourcen eines ranghöheren Mannes zu teilen, statt die geringeren Ressourcen eines rangniederen Mannes für sich alleine beanspruchen zu können. Zur intrasexuellen Selektion gibt es ebenfalls Daten aus Jäger-Sammler-Gesellschaften, die für eine heftige Konkurrenz zwischen Männern um sexuelle Ressourcen sprechen (Chagnon, 1983). Eine indirekte Bestätigung der größeren Bedeutung von sozialem Status bei Männern im Gegensatz zu Frauen sind schließlich geschlechtsspezifische Unterschiede im Dominanz- und im aggressiven Verhalten, die auch interkulturell bestätigt wurden (Whiting & Edwards, 1988).
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3.4 Bewertung des evolutionspsychologischen Ansatzes Wie schon bei Weiners Theorie der Verantwortlichkeit gilt auch im Falle des evolutionspsychologischen Ansatzes, dass die Fülle der Beobachtungen und der erklärten Verhaltensbereiche beeindruckend ist. Die Datenmenge ist in diesem Falle so groß, dass wir uns hier auf nur einen Bereich (Ärger und Aggression sowie deren Konsequenzen für sozialen Status) beschränkt haben, für den das Zusammenspiel von Emotion und Verhalten untersucht wurde. Im Einzelnen leistet dieser Ansatz wertvolle Beiträge zur systematischen sowie kultur- und speziesübergreifenden Analyse des Ausdrucks von Ärger und der verschiedenen Varianten aggressiven Verhaltens in unterschiedlichen Dominanzhierarchien. Im Rahmen des theoretischen Paradigmas der Evolutionstheorie lässt sich eine Vielzahl von Hypothesen ableiten, diese betreffen die Determinanten von Ärger und Aggression sowie deren Funktion im sozialen Kontext. Hinsichtlich der Funktionen von Ärger und Aggression wurden insbesondere die soziale Unterordnung und die Konsequenzen von Dominanzprozessen für die sexuelle Selektion und den Reproduktionserfolg einer theoretischen Analyse unterzogen. Wie in Abschnitt 3.3.2 gesehen, ist nicht nur die Fülle der resultierenden Beobachtungen beeindruckend; die so gewonnenen Daten stehen auch weitgehend in Einklang mit den theoretischen Ableitungen. Für eine abschließende Bewertung des evolutionspsychologischen Ansatzes ist ein direkter Vergleich zwischen den beiden hier vorgestellten Theorien des sozialen Verhaltens hilfreich, dem wir uns nun zuwenden.
4 Ein abschließender Vergleich beider Ansätze Die beiden hier vorgestellten Theorien des sozialen Verhaltens und der Rolle der Emotionen für dieses Verhalten unterscheiden sich in Bezug auf die Datenbasis, hinsichtlich grundlegender theoretischer Annahmen sowie hinsichtlich metatheoretischer Annahmen. Betrachten wir diese im Einzelnen.
4.1 Unterschiede in der Datenbasis Wie bereits ausgeführt, werden attributionstheoretische Studien zu Emotion und sozialem Verhalten häufig mit der Methode der fiktiven Fragebogenszenarien und Gedankenexperimente in Verbindung gebracht. Diese Kritik ist ungerechtfertigt, wenn man bedenkt, dass auch Studien vorliegen, in denen konkretes Verhalten erfasst wurde und bei denen ganz analoge Daten gefunden wurden. Dennoch ist der experimentelle und der quasi-experimentelle Zugang für Weiners Theorie der Verantwortlichkeit charakteristisch, während solche
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Methoden im Bereich der evolutionären Psychologie zumindest in Bezug auf Emotionen und soziales Verhalten nur selten anzutreffen sind. In diesem Bereich dominieren dagegen zwei andere Methoden: Dies sind zum einen Beobachtungsmethoden, die aus dem Erbe der Ethologie resultieren, sowie der soziobiologische Ansatz zur Analyse des Reproduktionserfolgs (auch: counting babies approach). Natürlich haben beide methodischen Alternativen ihre Berechtigung und sollten einander ergänzen. Dies gilt allein schon deshalb, weil wir gesehen haben, dass beide Herangehensweisen unsere Aufmerksamkeit auf unterschiedliche, in jedem Falle jedoch außerordentlich interessante Phänomene legen. Beispiele hierfür sind Hilfe (Altruismus) und Aggression, Entschuldigungen und Rechtfertigungen, soziale Sanktionen, Dominanz und Unterwerfung. Es erscheint unwahrscheinlich, dass die Funktion von Entschuldigungen beispielsweise aus evolutionärer Perspektive einer so stringenten experimentellen Analyse zu unterziehen wäre; zugleich ist schwer vorstellbar, dass im Rahmen einer attributionalen Analyse die Implikationen von Ärger und Aggression für das soziale Gefüge von Gruppen so detailliert beleuchtet würde.
4.2 Unterschiede in grundlegenden theoretischen Annahmen Auf den ersten Blick gibt es zunächst einmal erstaunliche Parallelen zwischen beiden Ansätzen, insbesondere hinsichtlich der Vorhersage von Aggression: In beiden Fällen ist es die Ärgeremotion, die das aggressive Verhalten (ein-)leitet. Beide Theorien sehen zumindest im weitesten Sinne die Emotion des Ärgers als diejenige Variable an, die zwischen Wahrnehmung und Verhalten vermittelt, auch wenn die Interaktion zwischen den Variablen (Kognition – Emotion – Verhalten) im Rahmen der attributionalen Theorie einer genaueren Analyse unterzogen und auch oftmals gleichzeitig innerhalb einer Studie untersucht wurde. Allerdings gibt es bei genauerem Hinsehen auch gravierende Unterschiede. Beginnen wir mit den Aspekten der Kognition: Es ist im Falle der Weiner’schen Theorie die Kognition der Verantwortlichkeitszuschreibung, im Falle der evolutionären Analyse die Wahrnehmung einer Behinderung eigener Verhaltensoptionen durch andere, die den kognitiven Ausgangspunkt des Ärgers darstellen. Ein weiterer Unterschied besteht in der Operationalisierung von Emotionen; dies gilt für alle untersuchten Emotionen und sei hier nur am Beispiel der Ärgeremotion verdeutlicht: Der Beitrag der Attributionstheorien besteht in höherem Maße in Befragungen subjektiven emotionalen Erlebens und in geringerem Maße in der genauen Erfassung der physiologischen Korrelate und des Ausdrucks der Emotion. Diese beiden letztgenannten Aspekte verdanken den evolutionären Ansätzen eine wesentlich differenziertere und genauere Analyse.
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Und schließlich finden wir auch Unterschiede hinsichtlich der Art des untersuchten Verhaltens, das im Falle der attributionalen Analyse lediglich reaktive aggressive Handlungen beinhaltet, während die evolutionäre Analyse sich in viel höherem Maße auf aktiv initiierte Aggressionen konzentriert. Auf eine Gemeinsamkeit ist noch hinzuweisen: Wie bereits für die Theorie der Verantwortlichkeit erwähnt, beinhaltet dieser Ansatz implizit eine Fokussierung auf moralische Emotionen: Dies bedeutet, dass Emotionen wie Schuld, Scham, Mitleid und Ärger auch moralische Normen und Standards beinhalten, anhand derer wir das Verhalten anderer beurteilen. Auf die Bedeutsamkeit moralischer Emotionen ist auch in der Evolutionspsychologie bereits hingewiesen worden: Haidt (2003) hat darauf aufmerksam gemacht, dass moralische Emotionen oftmals eine Funktion für das Zusammenleben haben, weil sie uns „sagen“, was in verschiedenen sozialen Situationen eine angemessene Reaktion wäre – und zwar auch ohne längeres Nachdenken. Haidt (2001, 2003; Haidt & Sabini, 2000) hat den Wert einer evolutionären Analyse für eine Vielzahl moralischer Emotionen nachgewiesen, wie beispielsweise für Ekel und Abscheu (zum Beispiel als Schutz vor unbekömmlicher Nahrung oder vor Inzest), Verlegenheit (als Signal für Unterwerfung) oder Rachegefühle (wenn man es genießt, einen anderen für ein Fehlverhalten zu bestrafen).
4.3 Unterschiede in metatheoretischen Annahmen Mit metatheoretischen Annahmen sind im vorliegenden Kontext solche Annahmen gemeint, die sich auf die generellen Merkmale (nicht aber auf die konkreten Hypothesen und Annahmen) einer Theorie beziehen. Solche metatheoretischen Annahmen sind zumeist impliziter Natur und werden in vorherrschenden Forschungsparadigmen (innerhalb derer eine Theorie überprüft wird) nur selten explizit reflektiert. Ein wichtiges metatheoretisches Merkmal von Theorien besteht darin, in welcher Weise sie menschliches Verhalten zu erklären suchen und welche Art von Fragen sie hierbei beantworten. Auf welche Art können wir Verhalten erklären? Tinbergen (1963) folgend gibt es vier Alternativen, dies zu tun: Nach den proximalen Ursachen des Verhaltens suchen wir, wenn wir das Verhalten eines Individuums in einer bestimmten Situation analysieren. Proximale Ursachen sind beispielsweise der Einfluss von Hinweisreizen auf die Aggressionsbereitschaft oder der Handlung vorausgehende Kognitionen und/oder Emotionen. Proximale Ursachen geben also an, welche unmittelbar vorliegenden Ursachen aufgrund von räumlicher und zeitlicher Nähe ein Verhalten determinieren. Ontogenetische Ursachen (synonym auch: entwicklungsbedingte Ursachen) des Verhaltens basieren auf der Analyse der Ontogenese (der individuellen
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Geschichte) des Individuums. Lernprozesse sind ein gutes Beispiel für ontogenetische Ursachen. Phylogenetische Ursachen dagegen beziehen sich nicht auf die Entwicklung des Individuums, sondern der Art. Gute Beispiele sind die genannten EP-Mechanismen, die in vielen Verhaltensbereichen auch des Menschen eine große Rolle spielen, und hierzu zählen natürlich auch die Ausdrucksformen des Ärgers. Eine letzte Art der Verhaltenserklärung ist die der ultimativen Ursachen, die Untersuchung des Zwecks oder der Funktion eines Verhaltens, die in Abschnitt 3.1 bereits angesprochen wurde. In Tabelle 3 ist nun zusammenfassend dargestellt, welche Beiträge die beiden hier vorgestellten Theorien für diese verschiedenen Arten der Verhaltenserklärung leisten. Tabelle 3: Verhaltenserklärungen nach Tinbergen (1963) und die Stellung von attributionalen und evolutionären Konzepten zu diesen Erklärungsarten Theorie Art der Erklärung Attributionale Analyse
Evolutionäre Analyse
Kognition, Emotion
Kognition, Emotion
Ontogenetische Ursachen
Kognitive Entwicklung
Emotionale Entwicklung, Bindung
Phylogenetische Ursachen
– nicht explizit adressiert –
Angeborene EP-Mechanismen
Wissen, Verständnis, Bewältigung des sozialen Gefüges
Genese und Beibehaltung des sozialen Gefüges
Proximale Ursachen
Ultimative Ursachen
Es wird deutlich, dass die attributionale Analyse von Emotion und sozialem Verhalten sowohl die proximalen als auch die ontogenetischen Ursachen einbezieht: Proximale Determinanten sind im Rahmen dieses Ansatzes vorausgehende Wahrnehmungen und Kognitionen, deren Entwicklung und kognitive Voraussetzungen auch in entwicklungspsychologischen Studien untersucht wurden. Ein wenig ungewiss ist die Haltung der Theorie zu den phylogenetischen Ursachen: Auf den ersten Blick werden solche Ursachen nicht behandelt. Es stellt sich aber die Frage, wie dieser Sachverhalt zu werten wäre, wenn Weiner die impliziten moralischen Wertungen, die in der Theorie durchaus enthalten sind, einbeziehen würde. Hinsichtlich der ultimativen Ursachen von Verhalten schließlich ist Weiners Position im Gegensatz zu vielen anderen Theorien der Motivation und Emotion in Bezug auf hedonistische Ursachen als Zweck des
Soziales Verhalten
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Verhaltens ablehnend (Weiner, in Vorb.). Weiner schlägt stattdessen in der Tradition von Fritz Heider (1958) andere ultimative Ursachen vor, insbesondere (1) Wissen und Verständnis der eigenen Person und anderer Personen und (2) Bewältigung und Erhaltung des sozialen Gefüges, in dem die Person lebt. Allerdings ist hier anzuführen, dass die Konsequenzen von Kognition, Emotion und Verhalten für das soziale Gefüge allenfalls ansatzweise untersucht werden. Betrachten wir nun den evolutionären Ansatz zur Analyse von Emotion und sozialem Verhalten: Dieser informiert uns über alle der genannten Ursachen von Verhalten, teilweise auch anhand von Daten und Beobachtungen, die hier bislang noch nicht angesprochen wurden: Es sind zumindest auch Kognitionen und Emotion, die soziales Verhalten determinieren, man denke etwa an McDougalls Konzeption des Kampfinstinktes mit seinen entsprechenden kognitiven Voraussetzungen. Zwei Einschränkungen sind hier angebracht: Die empirische Analyse der kognitiven Voraussetzungen ist zum einen nicht so ausgearbeitet (weder theoretisch noch empirisch) wie bei den kognitiven Theorien. Zum anderen wird oftmals postuliert, Verhalten sei zumindest in Teilen auch unbewusst gesteuert (vgl. auch Neumann in diesem Band), weil beispielsweise entsprechende Überlegungen zum Reproduktionserfolg bestimmter sozialer Verhaltensweisen nicht kognitiv repräsentiert oder das Nebenprodukt anderer Mechanismen seien. Ein Beispiel hierfür ist der Zusammenhang zwischen Attraktivität und Partnerwahl: Die Wahrnehmung von Attraktivität kann als vermittelnder Mechanismus gelten, der den reproduktiven Erfolg von Frauen und Männern sicherstellt, und zwar anhand von jeweils unterschiedlichen Interessen und nachfolgend unterschiedlichen Attraktivitätsstandards für Frauen und für Männer (einen Überblick geben Hönekopp, Rudolph, Beier, Liebert & Müller, 2007). Im Bereich der ontogenetischen und phylogenetischen Ursachen aus evolutionärer Perspektive könnte man auf den ersten Blick annehmen, angesichts der starken Dominanz von angeborenen Mechanismen des Erlebens und Verhaltens (EP-Mechanismen) würde die evolutionäre Analyse hinsichtlich einer ontogenetischen Entwicklung keinen oder einen allenfalls geringen Beitrag leisten. Dies mag auf dem Gebiet von Ärger und Aggression so sein (zumindest sind dem Autor hier keine empirischen Beiträge bekannt), dies gilt aber keineswegs für andere Bereiche der emotionalen Entwicklung, wie beispielsweise – und um nur ein Beispiel zu nennen – die Bindungsforschung eindrucksvoll dokumentiert (Bowlby, 1969, 1973). Hinsichtlich der ultimativen Ursachen des sozialen Verhaltens ist aus dem Gesagten bereits ersichtlich geworden, dass Arterhaltung und Reproduktionserfolg im Falle der Evolutionspsychologie selbstverständlich zentrale ultimative Konzepte sind. Am Beispiel von Ärger und Aggression wird zudem deutlich, dass
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die evolutionäre Perspektive hier wertvolle Beiträge auch zu einem detaillierteren Verständnis leistet, indem die konkreten Auswirkungen von Emotion und Verhalten für die Genese und Beibehaltung des soziales Gefüges und des Reproduktionserfolgs untersucht werden. Welches Fazit ziehen wir aus diesem Vergleich? Am Beispiel des Zusammenspiels von Emotion und sozialem Verhalten ist ersichtlich, dass unterschiedliche theoretische Werkzeuge nicht nur nebeneinander ihre Berechtigung und je spezifische Stärken und Schwächen haben, sondern einander sinnvoll ergänzen (vgl. auch Greitemeyer, Rudolph & Weiner, 2003). Es ist der zukünftigen Erforschung des sozialen Verhaltens zu wünschen, dass sich die Wissenschaftler in diesem Feld die Erkenntnisse auch unterschiedlicher theoretischer und empirischer Ansätze zueigen machen, um weitere Fortschritte zu erzielen.
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12. Kapitel
Emotionsregulation Boris Egloff
1 Vorbemerkung Im Vorgänger dieses Buchs, dem von Scherer (1990) herausgegebenen Band Psychologie der Emotion in der Enzyklopädie der Psychologie, ist kein Kapitel zum Thema „Emotionsregulation“ enthalten. Der Beitrag, der diesen Inhaltsbereich im Wesentlichen abdeckt, erschien unter der Überschrift „Bewältigung von Emotionen“ (Laux & Weber, 1990). Wie aus diesem Titel erschlossen werden kann, war das entsprechende Kapitel vor allem in der Stress- und Bewältigungsforschung verankert. Die Autoren konstatierten, dass aus dem originären Bereich der Emotionspsychologie zur damaligen Zeit nur wenige Beiträge zum Thema vorlagen und spekulierten, ob „die meisten Emotionstheoretiker so sehr von der Frage fasziniert sind, wie Emotionen entstehen, dass sich ihnen die Frage, wie man mit den einmal ausgelösten Emotionen umgeht, … gar nicht mehr stellt“ (Laux & Weber, 1990, S. 560). Auch zwei Jahrzehnte später beschäftigt sich die überwältigende Zahl der Beiträge aus der Emotionspsychologie mit der Genese und den Konsequenzen von Emotionen (eine Durchsicht der seit 2001 von der American Psychological Association herausgegebenen Zeitschrift Emotion ist hier außerordentlich instruktiv) – insofern ist die Begeisterung der Emotionsforscher für diese Themen ungebrochen. Allerdings lässt sich inzwischen auch ein Trend zu einem eigenständigen, von der Emotionspsychologie ausgehenden und sich in andere Subdisziplinen der Psychologie ausbreitenden Forschungsgebiet Emotionsregulation feststellen. Diese Beobachtung lässt sich auch empirisch untermauern: Während im Zeitraum 1997 bis 2006 506 Arbeiten im Social Sciences Citation Index (SSCI) des Web of Science zum Suchbegriff emotion regulation gelistet werden, ergibt die Recherche für 1987 bis 1996 nur 40 Treffer. Vor diesem Zeitraum werden keine
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Beiträge gefunden (erster Eintrag: 1989). In der Datenbank PsychINFO der American Psychological Association, die eine noch größere Spannbreite als der SSCI hat (es werden auch Dissertationen sowie einige Bücher und Buchbeiträge erfasst), ergeben sich die folgenden Daten: 821 Treffer (1997 bis 2006), 100 Treffer (1987 bis 1996), 3 Treffer (bis einschließlich 1986). Selbstverständlich existierte auch vor dieser Zeitspanne zahlreiche relevante Literatur zum Thema – allerdings unter anderen Deskriptoren und in anderen Forschungszusammenhängen. Neben der schon erwähnten wichtigen Verankerung in der Bewältigungsforschung (z. B. Lazarus, 1966) wird in Übersichtsarbeiten zur Genese des Forschungsfeldes Emotionsregulation (Gross, 1998b) auf die zentrale Rolle der Arbeiten zur Kontrolle von Affekten und Impulsen in der psychodynamischen Tradition Freuds verwiesen. Der eigentliche Startpunkt der neueren, unter dem Label Emotionsregulation firmierenden Richtung kann dann in der entwicklungspsychologischen Literatur lokalisiert werden (Campos, Campos & Barrett, 1989; Dodge, 1989). Inzwischen ist auf diesem Gebiet, wie nicht zuletzt die oben genannten Zahlen illustrieren, eine rege und erfreulich interdisziplinäre Forschungsaktivität zu registrieren (für einen Überblick vgl. Gross, 2007).
2 Einleitung und Definition Emotionen haben die Funktion, den Organismus angesichts innerer oder äußerer Herausforderungen (Abweichungen von Sollzuständen bzw. Zielen) in Handlungsbereitschaft zu versetzen, indem Reaktionstendenzen auf behavioraler, subjektiv-gefühlsmäßiger und physiologischer Ebene ausgelöst werden. Gemäß dieser Grundannahme, die sicherlich von den meisten gängigen Emotionstheorien und Emotionsdefinitionen geteilt wird, ermöglichen Emotionen also effiziente Reaktionen auf adaptive Herausforderungen. Insofern regulieren Emotionen Verhaltensweisen, z. B. haben Emotionen Effekte auf kognitive Prozesse wie Aufmerksamkeit und Gedächtnis oder soziale Prozesse wie Einstellungen, Urteile, Altruismus und Aggression (vgl. die Beiträge von Wentura & Rothermund sowie Rudolph in diesem Band). Unter dem Begriff Emotionsregulation, wie er in diesem Kapitel konzipiert und weiter unten genauer definiert wird, werden dagegen Studien subsumiert, die untersuchen, wie Emotionen reguliert werden, also Einflussmaßnahmen auf den Emotionsprozess selbst thematisieren. Diese Konzeption von Emotionsregulation bedingt u. a. zwei Fragenkomplexe, auf die im Folgenden eingegangen werden soll: (1) Wenn Emotionen als solche adaptive Prozesse darstellen, warum sollten sie dann überhaupt einer Regulation unterliegen? (2) Kann der Prozess der Emotionsgenese vom Prozess der Emotionsregulation konzeptuell und empirisch separiert werden?
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Die erste Frage kann dahingehend beantwortet werden, dass Emotionen in der Tat eine erfolgreiche Bewältigung von Anforderungen in den meisten Situationen ermöglichen. Allerdings ist es auch unzweifelhaft, dass sich unsere gegenwärtige physikalische und soziale Umwelt stark von der unserer Ahnen unterscheidet. Insofern ist es plausibel, dass durch gewisse Reize evolutionär geformte Basisemotionen wie Ärger, Furcht oder Freude mit ihren entsprechenden Reaktionstendenzen ausgelöst werden, diese aber aus heutiger Sicht situativ inadäquat erscheinen, indem sie übergeordneten, kulturell geformten Handlungszielen und Konventionen widersprechen. Beispielsweise wird oft der Ärger gegenüber mächtigen Personen herunterreguliert, die Furcht einem Gegner nicht gezeigt oder Äußerungen von positiven Emotionen werden in unpassenden Situationen unterdrückt. Insofern verlangt unsere Umwelt, dass emotionale Reaktionen flexibel (anstatt stereotyp), situationsbezogen (anstatt rigide), und leistungsmaximierend (anstatt über- oder untererregend) ablaufen, also sich schnell und effektiv verändern, um z. B. unsere kognitive Leistungsfähigkeit zu optimieren (Thompson, 1994). Die Frage nach der konzeptuellen und methodologischen Abgrenzung der Emotionsregulation vom (eigentlichen) Prozess der Emotionsentstehung ist etwas diffiziler und damit auch weniger eindeutig zu beantworten. Intensität und Qualität empirisch registrierbarer Indikatoren konkreter emotionaler Reaktionen können sowohl das Resultat eines „unregulierten“ Emotionsprozesses sein als auch das Produkt von zusätzlichen Regulationsbemühungen (bzw. deren Interaktionen, vgl. Eisenberg & Farbes, 1992). Dem Produkt ist es also per se nicht anzusehen, ob Regulation vorlag. Insofern wurde argumentiert, dass die Konzepte Emotion und Emotionsregulation nicht zu unterscheiden seien (Stansbury & Gunnar, 1994) bzw. dass unser Verständnis von Emotionen noch zu rudimentär sei, um sie von Emotionsregulation abzugrenzen (Kagan, 1994). Campos, Frankel und Camras (2004) fassen in einem lesenswerten Artikel die Argumente gegen eine Separierung der Konzepte zusammen: Ein zentraler Einwand der Autoren gegen von ihnen so bezeichnete „Zwei-Faktoren-Ansätze der Emotionsregulation“ (erst wird die Emotion generiert, dann reguliert) beinhaltet, dass beide Prozesse in sämtlichen Phasen ihrer Entstehung, Manifestation und Beendigung vielfältig – und damit unseparierbar – interagieren. Sehr oft seien es sogar identische Prozesse, die die Entstehung und die Regulation einer Emotion determinieren. Andere Beiträge einer special section (Langlois, 2004) der Zeitschrift Child Development konzedieren dagegen zwar eine in der Tat bestehende enge Vernetztheit zwischen Prozessen der Emotionsgenese und Prozessen der Emotionsregulation, plädieren aber dafür, dass (a) eine Trennung der Konzepte möglich ist und (b) die Vorteile einer Separierung die möglichen Nachteile überwiegen (Bridges, Denham & Ganiban, 2004; Eisenberg & Spinrad, 2004; Goldsmith
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& Davidson, 2004; Hoeksma, Oosterlaan & Schipper, 2004). So sind z. B. bei bedeutsamen Abweichungen von erwarteten Reaktionen auf situative Auslösereize (z. B. kein Ekelausdruck auf einen generell ekelerregenden Stimulus) oder von üblichen personspezifischen Reaktionsmustern (eine Person, die typischerweise starke Ärgerreaktionen zeigt, reagiert auf eine Provokation äußerst moderat) regulatorische Einflüsse sehr wahrscheinlich, wenn auch nicht sicher. Cole, Martin und Dennis (2004) stellen vier methodische Forderungen für Forschungsarbeiten zur Emotionsregulation auf, die eine empirische Analyse der beteiligten Prozesse ermöglichen sollen: 1. Unabhängige Erfassung von Indikatoren der (aktivierten) Emotion und der (behaupteten) Regulationsstrategie, 2. Analyse der zeitlichen Relationen zwischen Emotion und Regulation, 3. Vergleich von Emotion und Regulation in kontrastierenden Bedingungen und 4. Verwendung von multiplen Indikatoren zur Überprüfung der Organisation von Regulationsprozessen. Diesem Kapitel liegt die folgende Arbeitsdefinition von Emotionsregulation zugrunde Emotion regulation refers to the processes by which individuals influence which emotions they have, when they have them, and how they experience and express these emotions. Emotion regulatory processes may be automatic or controlled, conscious or unconscious, and may have their effects at one or more points in the emotions generative process. Because emotions are multicomponential processes that unfold over time, emotion regulation involves changes in „emotion dynamics“ (Thompson, 1990), or the latency, rise time, magnitude, duration, and offset of responses in behavioral, experiential, or physiological domains. Emotion regulation also involves changes in how response components are interrelated as the emotion unfolds, such as when large increases in physiological responding occur in the absence of overt behavior. (Gross, 1998b, S. 275) Gross (1998b) betont fünf Aspekte bzw. Implikationen dieser Definition. – Obwohl Laien wie Experten die Minimierung der Intensität und/oder Auftretenshäufigkeit negativer Emotionen als prototypische Exemplare von Emotionsregulation ansehen, sind doch prinzipiell auch andere Formen der Einflussnahme auf das emotionale Geschehen möglich: Personen können versuchen, positive wie negative Emotionen zu maximieren, zu erhalten oder zu minimieren (Parrott, 1993). Die vorgestellte Definition von Emotionsregulation umfasst all diese Möglichkeiten.
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– Es ist wahrscheinlich, dass die neuronalen Substrate, die den Prozessen der Emotionsregulation zugrunde liegen, zumindest partiell emotionsspezifisch sind – analog den neuronalen Grundlagen der Emotionen selbst. Daher ist zu erwarten, dass Unterschiede im Regulationsprozess verschiedener Emotionen auftreten. – Die Definition betont explizit die Beeinflussung eigener Emotionen – die Regulation von Emotionen anderer Personen wird dagegen nicht thematisiert (für Definitionen, die diesen Aspekt einschließen, vgl. Masters, 1991; Thompson, 1994). Diese Unterscheidung wird dadurch gerechtfertigt, dass beiden Arten von Regulation oft sehr verschiedene Motive und Ziele unterliegen, die sich wahrscheinlich auch in unterschiedlichen Prozessen manifestieren. – Die Definition umfasst sowohl automatische als auch kontrollierte Prozesse der Emotionsregulation. – Prozesse der Emotionsregulation werden nicht a priori in Kategorien wie „gut“ oder „schlecht“ bzw. „adaptiv“ oder „unadaptiv“ eingeteilt. Die gleiche kognitive Regulationsstrategie, die einem Mediziner erfolgreiches Operieren erlaubt, könnte beispielsweise einem Folterknecht seine (verabscheuungswürdigen) Taten erleichtern.
3 Deskriptive Ansätze Eine Möglichkeit, die Vielzahl der in den Prozess der Emotionsregulation involvierten Komponenten und Strategien zu systematisieren, liegt darin, Personen danach zu befragen, wie sie im Alltag versuchen, ihre Emotionen zu beeinflussen. Gemäß diesem deskriptiven Ansatz bat Rippere (1977) Personen anzugeben, was sie tun, wenn sie sich traurig oder gar depressiv fühlten. Die in den Antworten am häufigsten verwendeten Kategorien (Itembeispiele in Klammern) waren sozial (andere Personen treffen), kognitiv (über Ursachen für Gefühl nachdenken), Bewegung (spazierengehen), direkte Handlung (die Situation verbessern), Ablenkung (sich mit etwas anderem beschäftigen) und Musik hören. Ähnliche Kategorien erhielten auch Parker und Brown (1982) bei einer Befragung von depressiven Patienten (vgl. auch Morris & Reilly, 1987). Thayer, Newman und McClain (1994) erhoben in einem ersten Schritt mit einem offenen Antwortformat 32 verschiedene Kategorien der Regulation von negativen Emotionen. Aus diesen Kategorien wurden dann Items eines Fragebogens formuliert, der einer Vielzahl von Probanden vorgelegt wurde. Eine Faktorenanalyse der Antworten erbrachte sechs Faktoren: Aktive Emotionsregulation (Entspannung, Bewegung, Bewertung der Situation), Angenehme Aktivitäten und Ablenkung suchen (Hobbys nachgehen, Humor, Musik hören), Passive Emotionsregulation (Fernsehen, Essen, ausruhen), Soziale Unterstützung und
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Belohnung (mit jemandem reden, mit anderen zusammen sein), Direkte Spannungsreduktion (Alkohol, Drogen, Sex) und Vermeidung/Rückzug (allein sein, Situation vermeiden). In der wohl ausführlichsten Studie zur Klassifikation von Emotionsregulationsstrategien gewannen Parkinson und Totterdell (1999) zunächst mittels Fragebögen, Interviews, Gruppendiskussionen und Literaturstudium 162 distinkte Strategien zur bewussten Regulation negativer Emotionen, welche in einem zweiten Schritt von Probanden hinsichtlich ihrer Ähnlichkeit klassifiziert wurden. Diese Ähnlichkeitsmatrizen wurden dann einer Clusteranalyse unterzogen. Aus den Resultaten entwickelten die Autoren ein Klassifikationsschema, das nach erfolgtem Abgleich mit der theoretisch erwarteten Struktur als Ausgangspunkt für die Struktur von Strategien zur Emotionsregulation dienen kann (vgl. Tab. 1). Wesentlich ist hierbei zum einen die Separierung von kognitiven und verhaltensbezogenen Strategien der Emotionsregulation, zum anderen die Unterscheidung von Vermeidung und Engagement. In dieses VierFelder-Schema, das vor allem im Bereich der Ablenkung weiter untergliedert ist, lassen sich nach Parkinson und Totterdell (1999) sämtliche Strategien einordnen. Tabelle 1: Klassifikation von Strategien zur Emotionsregulation (nach Parkinson & Totterdell, 1999) Kognitiv Vermeidung Disengagement
Verhaltensbezogen
Vermeiden, über das Problem nachzudenken
Problematische Situation vermeiden
Über angenehme Dinge nachdenken Über entspannende Dinge nachdenken
Etwas Angenehmes tun
– Reallokation von Ressourcen
An etwas denken, was Aufmerksamkeit beansprucht
Etwas Anstrengendes tun
Engagement
Umbewerten
Gefühle ausleben/ ausdrücken Soziale Unterstützung suchen
Nachdenken über Problemlösung
Handlungen zur Problemlösung
Ablenkung – Angenehmes oder Entspannendes suchen
Etwas Entspannendes tun
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4 Prozessmodell der Emotionsregulation Ein Ansatz zur Kategorisierung von Strategien zur Emotionsregulation, der zwischen den oben dargestellten rein deskriptiven und den folgenden funktionalen (bzw. Prozess-)Ansätzen eingeordnet werden kann, wurde von Walden und Smith (1997) vorgelegt. Die Autoren gruppieren die einzelnen Strategien auf der Basis derjenigen Emotionskomponente, die das Ziel ihres Einsatzes darstellt. Hierbei werden vier Ebenen unterschieden: subjektive Erfahrung (Gefühl), physiologische Komponente, Verhalten (z. B. Ausdruck) und distale Verhaltensweisen, die zumindest teilweise durch Emotionen beeinflusst werden (z. B. Aggression). Allerdings wurde dieser Ansatz in mehrfacher Hinsicht kritisiert: So erscheint zum einen die Unterscheidung von direktem emotionsbezogenen Verhalten und Verhaltensweisen, die von Emotionen beeinflusst werden, nicht völlig überzeugend. Auch sind innerhalb der physiologischen Reaktionsebene viele verschiedene Subsysteme involviert, die unabhängigen oder gar komplementären Regulationsprozessen unterliegen. Des Weiteren können sehr verschiedene Strategien (Entspannung der Gesichtsmuskulatur, kognitive Umbewertung) demselben Ziel (Hemmung des Emotionsausdrucks) dienen. Zudem wird oft versucht, die Emotion als Ganzes – also alle Subsysteme simultan – zu beeinflussen. Somit erscheint ein Modell der Emotionsregulation notwendig, das über die bisher beschriebenen Ansätze hinausgeht, indem es auf einer konzeptuellen Analyse der in der Emotionsgenese involvierten Prozesse aufbaut und Regulationsstrategien sowohl funktional als auch hinsichtlich ihres Ansatzpunktes im zeitlichen Verlauf der Emotion einordnet. Ein solches Modell wurde von Gross (1998b, 2002) vorgelegt (vgl. Abb. 1). Auf der obersten Ebene wird hinsichtlich antezedenzfokussierten und reaktionsfokussierten Strategien unterschieden. Letztere umfassen Prozesse der Reaktionsmodulation, also Einflussmaßnahmen auf bereits ausgelöste Reaktionstendenzen (z. B. Unterdrückung des Emotionsausdrucks). Antezedenzfokussierte Regulationsstrategien beinhalten dagegen eine Klasse von Prozessen, die vor dem Auslösen von emotionalen Reaktionstendenzen ansetzen. Hierbei lassen sich grob vier Strategien unterscheiden: Situationsauswahl, Situationsmodifikation, Aufmerksamkeitslenkung und kognitive Veränderung. Situationsauswahl, indiziert durch den fettgedruckten Pfeil in Abbildung 1, bezieht sich auf das Vermeiden bzw. Aufsuchen bestimmter Personen, Orte, Dinge oder Konstellationen, falls eine Wahlmöglichkeit besteht. So könnte ein Examenskandidat entweder kurz vor der Prüfung zusammen mit Kommilitonen warten (S1) oder sich zurückziehen (S2). (Eine weitere, nicht sehr adaptive, Möglichkeit bestünde natürlich darin, nicht zur Prüfung anzutreten.) Effiziente Situationsauswahl erfordert zum einen Kenntnisse über diejenigen Bestandteile
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S2
Reaktions-fokussierte Emotionsregulation
Antezedenz-fokussierte Emotionsregulation
Situationsauswahl
S1
Situation
Situationsmodifikation
S2c
S2b
S2a
Aufmerksamkeitslenkung
A4
A3
A2
Kognitive Veränderung
B1
B2
B3
A1
Situationsaspekte
Bedeutungen
Emotionale Reaktionstendenzen Physiologische Prozesse
Reaktionsveränderung
P–
P
P+
Eigenes Erleben
E–
E
E+
Verhalten
V–
V
V+
Abbildung 1: Prozessmodell der Emotionsregulation nach Gross (1998b, 2002). (S = Situationen, A = Aspekte der Situation, B = Bedeutungen, P = Physiologische Prozesse, E=Erleben, V=Verhalten)
von Situationen, die üblicherweise Emotionen auslösen, zum anderen fundierte Kenntnisse der Präferenzen der eigenen Person. Zudem gilt es, kurz- und langfristige Folgen von Emotionsregulation gegeneinander abzuwägen: Eine schüchterne Person kann durchaus Angstgefühle vermeiden, wenn sie sich nicht sozialen Situationen aussetzt – allerdings auf Kosten von sozialer Isolation (Leary, 1986). Analog kann das Aufsuchen gefährlicher Situationen für Sensation Seeker positive Emotionen induzieren, allerdings um die Gefahr einer möglichen Verletzung (Zuckerman, 1979). Viele Interventionen im klinischen Bereich zielen darauf ab, Klienten bei der Situationsauswahl zu unterstützen bzw. sie zu ermutigen, sich neuen Situationen auszusetzen, um Teufelskreise zu vermeiden (z. B. bei der Therapie von Ängsten oder Depression). Auch das Konzept der Stimuluskontrolle (Kanfer & Gaelick, 1986), das die Verhaltensregulation durch antizipatorische Stimulusselektion umfasst (z. B. Vermeiden bestimmter Orte, die bei Drogenabhängigen mit Verlangen und Konsum assoziiert waren), lässt sich unter Situationsauswahl subsumieren. Befindet man sich in einer bestimmten potenziell emotionsauslösenden Situation, so können durch Prozesse der Situationsmodifikation die (emotionalen)
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Konsequenzen der Situation beeinflusst werden, indem aktiv in die Situation eingegriffen wird (in Abb. 1 wird Situation S2 durch Situationsmodifikation zu Situation S2b und nicht zu S2a oder S2c). In der Literatur zur Stressbewältigung werden diese Prozesse als problemfokussiertes Coping ( problem-focused coping; Lazarus & Folkman, 1984) oder primäre Kontrolle ( primary control; Rothbaum, Weisz & Snyder, 1982) bezeichnet. Um beim Prüfungsbeispiel zu bleiben: Falls man sich dafür entschieden hat, zusammen mit Kommilitonen auf die Prüfung zu warten, kann man sie bitten, über andere, z. B. lustige, Dinge zu sprechen oder aber darauf dringen, die aktuell durchgegebenen letzten Prüfungsfragen zu debattieren. Von Gross (1998b) selbst wird konzediert, dass eine klare Trennung zwischen Situationsauswahl und Situationsmodifikation nicht immer eindeutig möglich ist: Eine effektive Einflussnahme auf eine Situation kann nämlich durchaus eine andere, neue Situation herbeiführen. Interessant ist auch, dass der (strategische wie spontane) Ausdruck von Emotionen eine soziale Situation und ihre emotionalen Folgen dramatisch verändern kann, z. B. das Zeigen von Reue in einer Ärgersituation. Aufmerksamkeitslenkung bewirkt das Fokussieren auf einen bestimmten Aspekt (A3 in Abb. 1) der ausgewählten und ggf. modifizierten Situation. Die Vielzahl der Strategien kann hier z. B. grob in (kognitive) Vermeidungs- und Annäherungsstrategien unterteilt werden (Krohne, 1993; Roth & Cohen, 1986; Suls & Fletcher, 1985; vgl. auch die „kognitive“ Spalte in Tab. 1). In unserem Prüfungsbeispiel kann der Kandidat unmittelbar vor der Prüfung einerseits versuchen, nicht mehr an diese zu denken, indem er z. B. auf den danach folgenden Urlaub fokussiert. Andererseits könnte er sich auch gedanklich intensiv mit den Details (und Implikationen) des Prüfungsgeschehens auseinandersetzen. Ablenkung ist ein prototypisches Beispiel für eine kognitive Vermeidungsstrategie. Ablenkung kann eine Aufmerksamkeitslenkung auf nicht emotionale Aspekte der Situation beinhalten (Nix, Watson, Pyszczinsky & Greenberg, 1995) oder eine kognitive Abwendung von der kompletten Situation umfassen (Derryberry & Rothbart, 1988). Repressives Coping, das meist unter einer dispositionellen Perspektive analysiert wird (Krohne, 2003, und in diesem Band), umfasst eine Vielzahl an aufmerksamkeitsbezogenen Vermeidungsstrategien zur Emotionsregulation, die im Wesentlichen der Reduktion (bzw. der Prävention) negativer, insbesondere angstbezogener Gefühlszustände dienen (Singer, 1990; Weinberger, Schwartz & Davidson, 1979). Auch Regulationstechniken wie Gedankenstop (Meichenbaum, 1985) oder eine Veränderung des Aufmerksamkeitsfokus auf mit der gegenwärtigen Situation (bzw. Emotion) inkompatible Gedanken oder Erinnerungen fallen in diese Rubrik (Rusting & DeHart, 2000). Eine typische Annäherungsstrategie im Sinne einer Lenkung der Aufmerksamkeit auf den potenziell emotionsauslösenden Stimulus ist gedankliche Konzen-
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tration auf das Ereignis. Mit dieser Strategie können Emotionen sowohl initiiert (controlled starting of emotion; Wegner & Bargh, 1998) als auch intensiviert werden. Rumination beinhaltet auch eine Form der Aufmerksamkeitsfokussierung, nämlich die Konzentration auf – und das Nicht-auflösen-Können von – Gefühlszuständen und deren Konsequenzen. Insbesondere bei depressiven Patienten führt diese Strategie zu Beibehaltung und Intensivierung der Störung (Nolen-Hoeksema, 2000). Auch bei Ärger konnte eine Intensivierung der Emotion durch Rumination beobachtet werden (Ray, Wilhelm & Gross, 2008; Rusting & Nolen-Hoeksema, 1998). Das Konstrukt Besorgnis umfasst dagegen eine Aufmerksamkeitsfokussierung auf antizipierte zukünftige Bedrohungen und wird vor allem hinsichtlich seiner Bedeutung bei Angststörungen diskutiert (Borkovec, Ray & Stöber, 1998). Kognitive Veränderung bezieht sich darauf, welche Bedeutung eine Person einer Situation oder einem Situationsaspekt zuschreibt. Bewertungen sind integraler Bestandteil der Emotionsgenese; sie verleihen Perzepten Bedeutung (vgl. Hess & Kappas in diesem Band). Zentral ist neben der Bewertung des Stimulus auch die Abschätzung der Möglichkeiten und Ressourcen des Individuums, auf die Situation adäquat reagieren zu können (vgl. Bandura, 1997; Lazarus & Folkman, 1984). Kern der Emotionsregulationsstrategie kognitive Veränderung ist die Modifikation dieser bei der Emotionsgenese ablaufenden Bewertungsschritte bzw. -kaskaden. Gross (1998b) subsumiert zum einen „klassische“ Angstabwehrmechanismen wie Verleugnung, Isolierung oder Intellektualisierung (Freud, 1964) unter diese Kategorie, zum anderen generell positive Interpretationen einer Situation (Taylor & Brown, 1988), Ab- und Aufwärtsvergleiche sowie kognitives Reframing. Prototyp und am häufigsten empirisch untersuchte Form der kognitiven Veränderung als Emotionsregulation ist die Strategie der kognitiven Umbewertung (reappraisal), die im Detail in Abschnitt 5.1.2 beschrieben wird. Im Prüfungsbeispiel könnte der Kandidat die Situation z. B. so bewerten, dass sie die Möglichkeit bietet, seine Kompetenzen zu beweisen. Andererseits könnte auch der bedrohliche (weil die Möglichkeit des Scheiterns umfassende) Aspekt der Situation fokussiert werden – mit entsprechenden Konsequenzen für das Befinden. Reaktionsveränderungen beziehen sich auf Einflussnahmen auf die physiologische, die verhaltensbezogene und die subjektiv-gefühlsmäßige Reaktionsebene, wenn die entsprechenden Reaktionstendenzen schon aktiviert wurden (reaktionsfokussierte Emotionsregulation). Hier wird also „am Ende“ des Emotionsprozesses eingegriffen bzw. die Prozessergebnisse zu modulieren versucht. Auf physiologischer und subjektiver Ebene werden Pharmaka und Drogen herangezogen, Alkohol, Zigaretten, Koffein oder Nahrung. Entspannungstechniken und Biofeedback werden hier eingeordnet; ebenso wie Sport oder andere Aktivitäten (vgl. Abschnitt 3 „deskriptive Ansätze“). Prototypisch für diese Klasse
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von Regulationsstrategien ist die Modulation, also die Unterdrückung oder Erhöhung, des Emotionsausdrucks, z. B. könnte der Prüfling versuchen, sich seine Angst während der Prüfung nicht anmerken zu lassen.
5 Empirische Untersuchungen zum Modell 5.1 Erste experimentelle Studien: Effekte auf Emotionsausdruck, Gefühle und peripher-physiologische Indikatoren 5.1.1 Unterdrückung des Emotionsausdrucks In einer ersten Untersuchung der Arbeitsgruppe um Gross sahen Versuchsteilnehmer einen ekelerregenden Film (Armamputation; Gross & Levenson, 1993). Eine Hälfte der Probanden erhielt keine spezielle Regulationsinstruktion (sie sollten sich einfach den Film anschauen), während die andere Gruppe instruiert wurde, ihre Gefühle während des Films nicht zu zeigen, so dass jemand, der die Person sehen würde, nicht erkennen könnte, dass sie sich in einem emotionalen Zustand befindet. Hier wurde also explizit die Unterdrückung des Emotionsausdrucks (emotion-expressive suppression) als Verhaltensziel ausgegeben. Es zeigte sich, dass die Unterdrückungsgruppe bedeutsam weniger Verhaltensindikatoren von Ekel als die Kontrollgruppe zeigte (auch generell weniger Gesichtsbewegungen und -berührungen sowie Körperbewegungen); allerdings gelang keine vollständige Inhibition des Ausdrucks. Auf der Gefühlsseite ließen sich keine Effekte der Instruktion, weder für Ekel noch für andere negative oder positive Emotionen, sichern. Auf der Seite der physiologischen Reaktionen zeigte sich (relativ zur uninstruierten Kontrollgruppe) ein Abfall der Herzrate und Anstiege in Indikatoren des sympathischen Nervensystems (elektrodermale Aktivität, Fingerpulsamplitude etc.). In einer methodisch sehr ähnlich aufgebauten Studie untersuchten Gross und Levenson (1997) die Auswirkung von Unterdrückung des Emotionsausdrucks bei Traurigkeit und Erheiterung sowie während eines neutralen Films. Während das Ausdrucksverhalten in allen drei Bedingungen reduziert wurde, ergaben sich für die physiologischen Variablen Effekte für beide Emotionsbedingungen (nicht für den neutralen Film) analog den oben beschriebenen Veränderungen (stärkere sympathische Aktivierung). Interessanterweise traten im Gegensatz zu diesen emotionsunspezifischen Auswirkungen von Emotionsunterdrückung auf physiologische Variable markante Unterschiede der Effekte auf selbst berichtete Emotionen auf: Positive Emotionen waren sowohl in der Erheiterungsbedingung als auch in der Traurigkeitsbedingung in der Unterdrückungsgruppe erniedrigt. Für negative Emotionen zeigten sich dagegen (z. B. für Trauer während
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des Traurigkeitsfilms) keine Effekte der Unterdrückung. Dieser Befund korrespondiert mit Ergebnissen aus der Forschung zum facial feedback, die besagen, dass die (in den Studien oft sehr subtil induzierte) Inhibition des Ausdrucks von Freude oder Stolz die Intensität der empfundenen Emotion vermindert (McCanne & Anderson, 1987; Stepper & Strack, 1993; Strack, Martin & Stepper, 1988; vgl. aber Larsen, Kasimatis & Frey, 1992, für Befunde, dass Ausdrucksinhibition auch negative Gefühle reduziert). Mögliche Ursachen für die asymmetrischen Effekte von Unterdrückung auf den Gefühlszustand können zum einen darin begründet sein, dass das Unterdrücken negativer Emotionen im Alltag häufiger – und auch wichtiger – ist, dadurch besser gelernt und effizienter ausgeführt wird. Zum anderen könnte es sein, dass Unterdrücken des Emotionsausdrucks bei positiven Emotionen stärker mit dem Prozess der Emotionsgenese interferiert und somit nur dort negative Effekte auf das Befinden mit sich bringt. Die Hauptbefunde der Studien von Gross und Levenson (1993, 1997) dokumentieren, dass die Unterdrückung des Emotionsausdrucks mit einer verstärkten Aktivierung von Indikatoren des sympathischen Nervensystems einhergeht, während – zumindest für negative Emotionen – die subjektive Befindlichkeit unbeeinflusst bleibt. Insofern sind die Ergebnisse durchaus kompatibel mit einem hydraulischen Modell, das Emotionen als eine Form von Energie ansieht, die sich auf die eine (Ausdruck) oder andere (physiologische Erregung) Art und Weise manifestieren muss. Wenn also ein Kanal blockiert wird (z. B. durch Inhibition des Ausdrucks), muss zwangsläufig ein anderer Kanal (sympathisches Nervensystem) umso stärker aktiviert werden (vgl. schon Jones, 1935). Allerdings sei darauf hingewiesen, dass eine Serie von Studien von Lanzetta und Mitarbeitern, in denen auch emotionales Ausdrucksverhalten experimentell manipuliert wurde, strukturell divergierende Ergebnisse erbrachte: Wenn Probanden instruiert wurden, ihre Reaktionen auf elektrische Schocks zu verbergen, resultierte dies in geringeren elektrodermalen Reaktionen (und auch in geringeren Schmerzratings) als bei einer Gruppe, die gebeten wurde, ihre Reaktionen zu übertreiben (Colby, Lanzetta & Kleck, 1977; Lanzetta, Cartwright-Smith & Kleck, 1976). Auch Studien, die die physiologischen Effekte von Ausdrucksinhibition mit denen von uninstruierten Kontrollgruppen verglichen, erbrachten uneinheitliche Ergebnisse: Bush, Barr, McHugo und Lanzetta (1989) fanden, dass die Inhibition des Emotionsausdrucks während eines lustigen Films zu einer Reduktion der Freude führte, während sich keine Effekte auf die Herzrate zeigten. Zuckerman, Klorman, Larrance und Spiegel (1981) berichteten, dass die Instruktion, auf angenehme und unangenehme Filme mit einem „neutralen“ Ausdruck zu reagieren, im Vergleich zu Gruppen ohne spezielle Instruktion oder mit Intensivierungsinstruktion zu geringeren Werten in physiologischen Erregungsindikatoren führte.
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Berücksichtigt man diese und ähnliche Ergebnisse, so erscheint das Gesamtbild vielleicht doch nicht ganz so klar, wie es die zentralen Befunde von Gross und Levenson (1993, 1997) nahe legen. Diese Inkonsistenzen, die sowohl in den einzelnen Studien, als auch in Übersichtsarbeiten (Gross, 2002; Pauls, 2004) thematisiert werden, können auf methodische Differenzen zwischen den Studien bezogen werden: So ist zunächst zu hinterfragen, ob Studien, die mit elektrischen Schocks Schmerzen induzieren (oder diese antizipieren lassen) und Probanden instruieren, den Ausdruck der Schmerzen zu inhibieren, tatsächlich Emotionen induzieren (und wenn ja: welche). Ansonsten würde es sich bei diesen Studien um die Untersuchung der Inhibition von nicht emotionalem (motorischem) Verhalten handeln. In der Studie von Zuckerman et al. (1981) wurden die Ergebnisse über die positive und die negative Induktionsbedingung gemittelt, elektrodermale Aktivität und Herzrate zu einem Indikator physiologischer Erregung aggregiert sowie nur Versuchsteilnehmer der Inhibitionsbedingung vorher darüber informiert, dass sie gefilmt wurden. Unabhängig von diesen methodischen Einzelheiten, die die einzelnen Studien unterscheiden (und die auch in den entsprechenden Publikationen bisweilen suboptimal dokumentiert sind), ist die generelle Forderung nach mehr und verbesserten Studien sicher gerechtfertigt. Insbesondere der (leider oft unterschätzte und wenig belohnte) Versuch der Replikation von Befunden ist hier zunächst wesentlich. Daneben gilt es, mögliche Moderatoren zu identifizieren, die z. B. in Form von Unterschieden in der Emotionsinduktion, in der Aggregation der Daten, in Details der Instruktion und in qualitativen Unterschieden zwischen verschiedenen Emotionen – um nur einige zu nennen – vorliegen können. 5.1.2 Kognitive Umbewertung Ausgangspunkt der Studien zur Untersuchung der Effekte von kognitiver Umbewertung als Prototyp einer antezendenzfokussierten Emotionsregulation sind die Pionierarbeiten der Lazarus-Gruppe aus den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts (zusammenfassend: Lazarus, 1966; vgl. auch Laux, 1983). Speismann, Lazarus, Mordkoff und Davidson (1964) verwendeten drei verschiedene Instruktionen vor – und Kommentare während – der Darbietung eines Films, der einen Beschneidungsritus bei australischen Ureinwohnern zeigte. In einer „Traumabedingung“ wurde die Aufmerksamkeit auf die Bedrohlichkeit bestimmter Filmsequenzen gelenkt und somit der Bedrohungsaspekt des Films erhöht. Hierbei zeigten sich verstärkte subjektive und physiologische Belastungsreaktionen (in Termini des Modells von Gross ein Beispiel für Effekte von Aufmerksamkeitslenkung). Zwei andere experimentelle Bedingungen wirkten dagegen (subjektiv wie objektiv) belastungsreduzierend: In der „Intellektualisierungsbedingung“ wurde der Film wissenschaftlich-anthropologisch kommentiert und in der
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„Verleugnungsbedingung“ wurde durch die Betonung der positiven Aspekte des Rituals (Freude der Jungen über die Teilnahme an diesem kulturell wichtigen Ereignis) der potenziellen Bedrohung z. B. durch den Schmerz entgegengewirkt. In einer Nachfolgestudie konnten Lazarus und Alfert (1964) zeigen, dass eine dem Film vorausgehende Verleugnungsinstruktion in geringeren Anstiegen der Herzrate und der elektrodermalen Aktivität sowie positiveren Gefühlszuständen resultierte als ein Film ohne Instruktion und auch als ein Film mit Verleugnungskommentar. Es wurde argumentiert, dass eine Instruktion vor dem Film stärker belastungsreduzierend wirkt als ein Kommentar während des Films, da bei ersterem die Probanden vorbereitet sind, bevor die Bedrohung wirken kann. Genau dies stellt in der Terminologie von Gross (1998b) das Herzstück bzw. den Wirkmechanismus von kognitiver Umbewertung als einer antezendenzfokussierten Emotionsregulationsstrategie dar. In einem strukturell ähnlichen Design instruierten Holmes und Houston (1974) Versuchsteilnehmer, die schmerzhafte Elektroschocks antizipierten, diese entweder als interessante neue Sinneserfahrung zu interpretieren (Redefinition) oder ruhig und uninvolviert zu bleiben (Isolierung). Verglichen mit einer uninstruierten Kontrollgruppe zeigten beide Experimentalgruppen geringere Anstiege der Herzrate und der elektrodermalen Aktivität. Allerdings wurden diese Befunde (trotz ihres massiven Einflusses vor allem auf Theorien der Emotions- und Stressgenese) relativ selten einer weitergehenden empirischen Überprüfung unterzogen: Während Dandoy und Goldstein (1990) die Ergebnisse von Lazarus und Alfert (1964) replizieren konnten, fanden Steptoe und Vögele (1986) keine Belege für eine physiologische Belastungsreduktion nach Umbewertung. Gross (1998a) kontrastierte nun in einem Experiment die Konsequenzen von Unterdrückung des Emotionsausdrucks mit denen der kognitiven Umbewertung. Hierzu wurde der Film zur Armamputation (Gross & Levenson, 1993) herangezogen, den die Probanden unter einer von drei Instruktionen ansahen: Neben einer Kontrollbedingung und der oben geschilderten Unterdrückungsinstruktion wurde eine Gruppe von Probanden instruiert, über den Film in objektiver Art und Weise zu denken, ihn z. B. im Hinblick auf die technischen Aspekte zu betrachten oder aus der Perspektive eines Arztes zu sehen, also zu versuchen, keine Gefühle entstehen zu lassen. Hinsichtlich der Unterdrückungsgruppe konnten die Befunde von Gross und Levenson (1993) repliziert werden: geringerer Ekelausdruck, kein Effekt auf das subjektive Erleben und erhöhte Aktivität des sympathischen Nervensystems. Die Instruktion zur kognitiven Umbewertung des Filminhalts bewirkte (im Vergleich zur Kontrollgruppe) eine Verminderung des Ekelgefühls (und anderer negativer Emotionen) sowie des Ekelausdrucks. Allerdings zeigten sich keine signifikanten Effekte auf physiologische Parameter. Über die Ursachen dieses Nullbefundes kann natürlich nur spekuliert werden: Zum einen könnte es tatsächlich so sein, dass kognitive Umbewertung physiologische Indikatoren nicht beeinflusst (analog dem Befund von Steptoe & Vögele, 1986, und entgegen den Befunden der
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Lazarus-Gruppe). Andererseits wäre es möglich, dass die Situation des Ekelfilms so eingeschränkt (bzw. so stark) war, dass eine kognitive Strategie keine Einflussmöglichkeit (zumindest auf physiologischer Reaktionsebene) hatte. Möglicherweise wären ein weniger intensiver Film, eine andere Emotion (mit stärkerem „kognitiven Anteil“), eine längere Episode, eine weniger passive Situation oder eine andere (besser passende?) Instruktion geeignet gewesen, Effekte auf physiologische Indikatoren hervorzurufen. So konnte z. B. Stemmler (1997) zeigen, dass während einer Ärgerinduktion sowohl eine Instruktion, die Provokation zu ignorieren, als auch eine Entschuldigungsinstruktion zu geringeren Anstiegen des diastolischen Blutdrucks – im Vergleich zur uninstruierten Gruppe – führten (für den Selbstbericht und den Ausdruck waren die Ergebnisse analog den oben geschilderten). Allerdings bewirkte in einer anderen Studie eine eigentlich beruhigend (und damit stressreduzierend) gemeinte Instruktion während der Antizipation eines Redestressors – den Probanden wurde mitgeteilt, dass ihre physiologischen Reaktionen auf einen entspannten und ruhigen Zustand hindeuteten – eine Erhöhung der Herzrate und des Kortisols im Speichel während der Rede im Vergleich zur Kontrollbedingung ohne Instruktion (Rohrmann, Hennig & Netter, 1999). Hierbei ist jedoch zu hinterfragen, ob mit dieser Instruktion tatsächlich Bewertungsprozesse verändert wurden – und in welche Richtung: Es könnte auch sein, dass die Intervention dadurch erwartungskonträr wirkte, weil zum einen teilweise ein falsches Feedback gegeben wurde (die Person war objektiv erregt und registrierte dies auch), zum anderen, weil die Instruktion möglicherweise so fehlinterpretiert wurde, dass man der bevorstehenden Rede zu wenig Aufmerksamkeit beimaß (was wiederum vermehrte Anstrengung und/oder Angst während der Rede induziert haben könnte). 5.1.3 Implikationen Vorläufiges Fazit dieser ersten Serie von experimentellen Studien zu Konsequenzen von Emotionsregulation ist, dass sich trotz aller Unschärfen (und bisweilen auch Widersprüchlichkeiten) der Befunde doch ein Trend erkennen lässt: Strategien der kognitiven Umbewertung haben von Strategien der Unterdrückung des Emotionsausdrucks abgrenzbare Effekte auf verschiedenen Reaktionsebenen negativer Emotionen. – Der Emotionsausdruck ist in der Unterdrückungsbedingung (hier das explizite Regulationsziel) und der kognitiven Umbewertung im Vergleich zu uninstruierten Kontrollgruppen in gleicher Stärke vermindert. – Die Reduktion des negativen Gefühlszustands zeigt sich in der Unterdrückungsbedingung kaum bis gar nicht, wohl aber nach der kognitiven Umbe-
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wertung. Umbewertungsinstruktionen zielen allerdings auch mehr oder weniger deutlich primär auf diese Reaktionsebene. – Auf der Ebene der physiologischen Reaktionen, hier insbesondere der Aktivität des autonomen Nervensystems, bleibt kognitive Umbewertung ohne Effekte oder sie reduziert das Erregungsniveau, während Unterdrückung des Ausdrucks tendenziell die physiologische Erregung erhöht. Insofern erscheint in den meisten Kontexten – wenn eine Auswahl besteht – kognitive Umbewertung effektiver als Unterdrückung des Ausdrucks. Hinsichtlich der präzisen Determinanten bzw. der Prozesskomponenten dieses Ergebnisses besteht allerdings noch wenig Klarheit. Auf einer sehr allgemeinen Ebene wird argumentiert, dass die Modulation einer schon ausgelösten Reaktionstendenz (reaktionsfokussierte Emotionsregulation, z. B. Unterdrückung des Ausdrucks) diffiziler ist – und damit höhere Kosten in Form physiologischer Erregung mit sich bringt – als das eher präventive Wirken antezedenzfokussierter Strategien (wie kognitive Umbewertung): Hier sollen emotionale Reaktionstendenzen erst gar nicht aufkommen bzw. im Vorfeld schon stark minimiert werden, so dass zumindest keine negativen physiologischen Begleiterscheinungen auftreten. Die Inhibition von Emotionen bzw. das Nichtausdrücken vorhandener/aktivierter Emotionen wird mit der Entstehung einer Reihe von Krankheiten in Verbindung gebracht (Friedman & Booth-Kewley, 1987; Traue & Pennebaker, 1993), unter anderem mit kardiovaskulären Erkrankungen (Brosschot & Thayer, 1998; Jorgensen, Johnson, Kolodziej & Schreer, 1996). Hier besteht allerdings eine weite Kluft zwischen klinisch orientierten Studien, die retrospektiv, konkurrent oder prospektiv zumeist selbsteingeschätzte Persönlichkeitsmerkmale erheben und mit medizinischen Daten in Zusammenhang bringen, auf der einen Seite und Laborstudien, die Emotionsregulation experimentell induzieren, auf der anderen Seite. Mögliche Verbindungslinien zwischen beiden Ansätzen könnten darin bestehen, dass die – in den Experimenten beobachteten – akuten Effekte sich bei bestimmten Personen akkumulieren und somit auf lange Sicht das kardiovaskuläre System schädigen. Neben diesem physiologischen Pfad kann aber auch über einen psychologischen Mechanismus spekuliert werden: Häufig und intensiv reduziertes Ausdrucksverhalten kann auch dazu führen, dass die kommunikative Funktion von Emotionen ihre Wirkung nicht entfalten kann, was sowohl in negativeren Interaktionen mit der Umwelt (z. B. mangelnde soziale Unterstützung), als auch in ungünstigeren Arzt-Patient-Interaktionen (z. B. verspätete Arztbesuche und mangelnde Vorsorge) resultieren könnte. Auf lange Sicht ist es zumindest denkbar, dass beide Faktoren zu einer Risikoerhöhung für kardiovaskuläre Erkrankungen beitragen (vgl. Mauss & Gross, 2004). Eine wichtige Aufgabe wird darin bestehen, genaue Mechanismen und mögliche Moderatoren der postulierten Assoziationen zu spezifizieren und zu prüfen (Consedine, Magai & Bonanno, 2002; Kennedy-Moore & Watson, 2001).
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5.2 Weitere experimentelle Arbeiten 5.2.1 Effekte auf Erinnerung Emotionen haben massiven Einfluss auf kognitive Prozesse (Wentura & Rothermund in diesem Band). Gilt dies auch für Strategien der Emotionsregulation? Bei der Analyse dieser Frage ist zunächst zu beachten, dass eine zentrale Funktion von Emotionsregulation gerade darin besteht, die kognitive Leistungsfähigkeit angesichts innerer und äußerer Herausforderungen sowie sich anbahnender emotionaler Reaktionen aufrecht zu erhalten. Insofern sollten etwaige negative Effekte von Emotionen auf kognitive Prozesse (zumindest bei intensiven Emotionen) stärker sein als die von Emotionsregulationen ausgehenden positiven Effekte. Eine mögliche Perspektive besteht darin, dass Emotionsregulation schon früh gelernt und im Alltag oft angewendet wird, so dass es sich um eine hochgradig automatisierte Aufgabe handelt, die – analog zu vielen anderen Dingen des täglichen Lebens (Fitzsimons & Bargh, 2004) – keine kognitiven Ressourcen beansprucht. Andererseits kann basierend auf Kontrolltheorien der Selbstregulation (z. B. Carver & Scheier, 1981; Larsen, 2000) postuliert werden, dass Emotionsregulation Ressourcen beansprucht: Das Bestreben, bestimmte Verhaltensweisen aufrechtzuerhalten oder zu verändern, evoziert eine Feedbackschleife, in der der bestehende Systemzustand (z. B. der aktuelle Emotionsausdruck) mit dem Verhaltensstandard oder -ziel (z. B. emotional neutral zu wirken) verglichen wird. Eine festgestellte Diskrepanz löst einen Prozess aus, der diese Diskrepanz vermindern bzw. den aktuellen Zustand in den Zielzustand überführen soll. Durch solche Prozesse der Selbstbeobachtung und Selbstkontrolle werden wir also in die Lage versetzt, Emotionsregulation erfolgreich zu betreiben. Unter dieser Perspektive erscheint es allerdings sehr wahrscheinlich, dass durch diese Prozesse Aufmerksamkeitsressourcen von anderen Aufgaben abgezogen werden. Emotionsregulation (als eine spezifische Form der Selbstregulation) bringt also kognitive Konsequenzen mit sich. Richards und Gross (1999) boten Personen in zwei Studien Dias dar, die Aufnahmen von Verletzungen zeigten und negative Emotionen hervorriefen. Gleichzeitig mit der Präsentation der Dias wurden mündlich Informationen über die gezeigte Person (z. B. Name, Beruf, Art der Verletzung) gegeben. Neben einer Kontrollgruppe (keine Regulationsinstruktion) wurde einer anderen Gruppe die übliche Unterdrückungsinstruktion präsentiert. Es zeigte sich, dass Emotionsunterdrückung (die Befolgung der Instruktion wurde über die Auswertung von Videoaufzeichnungen objektiviert) schlechtere Erinnerungswerte bewirkte als die Kontrollinstruktion. Bonanno, Papa, Lalande, Westphal und Coifman (2004) konnten zeigen, dass die Effekte von Unterdrückung auf die Erinnerungsleistung auch für positive Emotionen (induziert durch positive Dias) und für
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visuelle Details des Gezeigten gilt. Zudem lässt sich dieser Befund auch in sozial relevanteren Kontexten sichern: Richards und Gross (2000, Studie 1) präsentierten einen Film, der einen Streit zwischen Ehepartnern zum Inhalt hatte und fanden, dass Emotionsunterdrückung dazu führte, dass die Argumente beider Seiten schlechter erinnert wurden. Eine weitere Studie zeigte, dass Partner, die instruiert waren, ihre Emotionen während einer Diskussion über Konfliktherde in der Beziehung zu verbergen, sich weniger gut an die Diskussion erinnerten, als diejenigen, die uninstruiert waren (Richards, Butler & Gross, 2003). Auf der Suche nach den Wirkfaktoren, die die Effekte der Unterdrückung des Emotionsausdrucks auf Erinnerungsprozesse beeinflussen, ist die subjektive Befindlichkeit (der Gefühlszustand) kein aussichtsreicher Kandidat, da in allen Studien relativ konsistent gezeigt werden konnte, dass diese Variable durch Emotionsunterdrückung nicht beeinflusst wird und somit selbst keine Effekte auf Drittvariablen wie Erinnerung zeigen kann. Hingegen wurde weiter oben dargestellt, dass Unterdrückung Effekte auf Indikatoren des autonomen Nervensystems hat. Allerdings konnten Richards und Gross (1999) in einer Studie, in der simultan physiologische und Gedächtnisindikatoren registriert wurden, zeigen, dass physiologische Prozesse und Gedächtnisprozesse unkorreliert waren. Insofern erscheint derzeit ein Erklärungsmodell am aussichtsreichsten, das auf oben dargestellte Kontrollprozesse während der Selbstregulation rekurriert: So war in der Studie von Richards et al. (2003) selbstberichtetes Self-Monitoring bei Personen in der Unterdrückungsbedingung (im Vergleich zur Kontrollgruppe) stärker ausgeprägt, d. h. diese Personen berichteten darüber, vermehrt und intensiver über ihr Verhalten sowie Kontrollambitionen und -versuche während der Konversation nachzudenken. Hohes Self-Monitoring während der Konversation ging wiederum mit schlechterer Erinnerung an das Gesagte einher. Allerdings scheinen Experimente mit komplexeren Versuchsplänen nötig zu sein, bevor kausale Schlussfolgerungen, die die Rolle von physiologischen und Kontrollprozessen betreffen, erfolgen. Insbesondere sollte die experimentelle Kontrolle über vermeintliche Wirkfaktoren angestrebt werden, auch wenn dies sicher beträchtliche Kreativität im Versuchsdesign benötigt und ggf. Abstriche in der ökologischen Validität bedingt. Die Perspektive, dass Emotionsunterdrückung Aufmerksamkeitsressourcen beansprucht und damit die Erinnerung von gleichzeitig mit den Regulationsbemühungen dargebotenen Informationen erschwert, ist kompatibel mit der von Baumeister und Mitarbeitern vorgestellten Theorie der ego depletion (etwa: Selbsterschöpfung, Ich-Auszehrung; Baumeister, Muraven & Tice, 2000). Danach beanspruchen – analog einer energetischen Sichtweise – selbstregulatorische Anstrengungen begrenzte Ressourcen; ein durchgeführter Akt der Selbstregulation reduziert damit die Kapazität oder Bereitschaft, eine weitere, darauf folgende Regulationshandlung zu unternehmen. Entsprechend berichten Baumeister,
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Bratslavsky, Muraven und Tice (1998), dass Personen, die ihre Emotionen während eines negativen Films instruktionsgemäß unterdrückten, unter anderem Leistungseinbußen in nachfolgenden einfachen Problemlöseaufgaben zeigten. Die Theorie von Baumeister et al. (2000) sagt also vorher, dass alle Akte der Selbstkontrolle, so auch Emotionsregulation, Ressourcen erschöpfen, die dann z. B. für Erinnerungsprozesse nicht zur Verfügung stehen. Ob dies tatsächlich auch für andere Formen der Emotionsregulation als die Unterdrückung des Emotionsausdrucks gilt, untersuchten Richards und Gross (2000), indem sie die Effekte dieser Instruktion mit denen von Umbewertung auf die Erinnerung von Dias kontrastierten (Versuchsdesign analog der oben geschilderten Studie von Richards & Gross, 1999). Hierbei zeigte sich, dass Umbewertung erwartungskonform negative Emotionen reduzierte, aber keine Effekte auf die Erinnerung zeigte, während die Befunde zur Unterdrückung repliziert werden konnten. Somit ist es nicht die Regulation an sich (oder die Aufgabe, sich während der Diapräsentation die Regulationsinstruktion präsent zu halten), die Effekte produziert, sondern der Inhalt der Aufgabe. Die Autoren argumentierten, dass es die kognitiven Ressourcen stärker beansprucht, eine schon ausgelöste emotionale Reaktionstendenz zu unterdrücken, als sie im Vorfeld gar nicht erst entstehen zu lassen (Richards & Gross, 2000). Eine interessante Qualifikation der Befunde zu kognitiven Konsequenzen von Emotionsregulation bieten Studien, die auf der Theorie ironischer Prozesse mentaler Kontrolle basieren (Wegner, 1994). Im Kern besagt die Theorie, dass jeder Akt mentaler Kontrolle auf zwei Prozessen beruht: einem Arbeitsprozess und einem Monitorprozess. Der Arbeitsprozess versucht, die intendierte Veränderung herbeizuführen, indem mentale Inhalte gesucht werden, die mit dem angestrebten Zustand konsistent sind. Der Monitorprozess analysiert, ob der Arbeitsprozess (weiter) benötigt wird, indem mentale Inhalte gesucht werden, die mit dem angestrebten Zustand inkonsistent sind. Es wird postuliert, dass der Arbeitsprozess größere Kapazität benötigt und üblicherweise stärkere Effekte bewirkt als der Monitorprozess – daher produziert Selbstkontrolle im Normalfall keine gegenteiligen kognitiven Effekte. Der resultierende mentale Zustand ist aber immer das Resultat des Wirkens beider Prozesse. Somit kann unter Bedingungen, die die kognitive Kapazität reduzieren, der Monitorprozess stärkeren Einfluss gewinnen und damit – ironischerweise – die Sensitivität für mentale Inhalte erhöhen, die konträr zu den intendierten sind. So baten Wegner, Erber und Zanakos (1993) Versuchsteilnehmer, sich an ein trauriges oder freudiges autobiografisches Ereignis zu erinnern und ihre Gedanken zu protokollieren. Darüber hinaus wurden die Probanden in der Trauerbedingung instruiert zu versuchen, sich während der Erinnerung traurig oder nicht traurig zu fühlen (es gab auch eine Kontrollbedingung ohne Instruktion);
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analog wurde in der Freudebedingung vorgegangen (Freude, keine Freude, Kontrollbedingung). Zudem wurde einer Hälfte der Teilnehmer eine Aufgabe zur Belastung der Arbeitsgedächtniskapazität gegeben (Zahlen memorieren). Es ergab sich, dass Personen ihren emotionalen Zustand durchaus effizient regulieren konnten: Sie fühlten sich instruktionsgemäß trauriger (oder weniger positiv) bzw. positiver (oder weniger traurig). Zudem zeigte sich in nahezu idealer Übereinstimmung mit den Vorhersagen der Theorie auch, dass sich die Effekte unter mentaler Belastung umkehrten: In dieser Bedingung berichteten diejenigen Personen negative Emotionen, die positivere Gefühlszustände anstrebten (und vice versa). Insofern war Emotionsregulation hier nicht nur erfolglos, sondern in das genaue Gegenteil des Intendierten umgeschlagen. 5.2.2 Soziale Konsequenzen Eine zentrale Funktion von Emotionen liegt in ihrer kommunikativen Wirkung: Vor allem über den Emotionsausdruck, aber auch durch das Verbalisieren von inneren Gefühlszuständen und über äußere Anzeichen von physiologischer Erregung teilen wir anderen Personen mit (ob intendiert oder nicht), wie es um uns steht und ggf. welche Art von Unterstützung in der jeweiligen Situation wünschenswert wäre (vgl. Kappas in diesem Band). Somit erfüllt der Ausdruck von Emotionen während einer interpersonalen Kommunikation zentrale Funktionen: So wird sowohl der Abgleich von Zielen („interpersonale Koordination“) als auch der relative Status und die Beziehung während einer Interaktion durch ausgedrückte (und entsprechend dekodierte) Emotionen signalisiert (Kappas & Descoteaux, 2003). Butler et al. (2003) analysierten in zwei Studien die interpersonalen Konsequenzen von Emotionsregulation. Hierzu sahen zwei einander unbekannte Studentinnen zunächst einen negative Emotionen induzierenden Film, über dessen Implikationen sie dann miteinander diskutieren sollten. Nach dem Film, aber vor der Diskussion, wurde in einer Bedingung eine Teilnehmerin (ohne Kenntnis der anderen) instruiert, ihre Emotionen zu unterdrücken, während die andere Person keine entsprechende Instruktion erhielt. In der Kontrollgruppe waren beide Personen entsprechend uninstruiert. Es ergab sich, dass Personen, die ihren Emotionsausdruck unterdrücken sollten (Unterdrückungsakteure), geringeren Ausdruck positiver wie negativer Emotionen sowie geringere Responsivität zeigten. Sie gaben zudem an, während der Konversation abgelenkter gewesen zu sein und berichteten weniger positive, aber mehr negative Emotionen über ihre Partner als Kontrollpersonen. Zudem war ihr Blutdruck während der Konversation stärker angestiegen. Diejenigen Personen, die mit Personen interagierten, die ihren Emotionsausdruck unterdrückten (Unterdrückungspartner), berichteten geringeren Rapport und ein vermindertes Bedürfnis nach Anschluss (Affiliationsmo-
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tivation). Bemerkenswerterweise hatte Emotionsunterdrückung einen interpersonalen Effekt auf physiologischer Ebene: Die Unterdrückungspartner zeigten den höchsten Blutdruckanstieg aller Personen. Eine Zusatzanalyse ergab, dass sich Experimental- und Kontrollgruppe in einer Reihe von Kontrollvariablen (Körperbewegung, Konversationslänge, Sprechzeiten) nicht bedeutsam unterschieden. Mediatoranalysen erbrachten das Ergebnis, dass Responsivität während der Konversation die zentrale Wirkvariable für Rapport darstellt, während sich hinsichtlich Affiliation und Blutdruck keine Mediatoreffekte zeigten. Butler et al. (2003) konnten in einer zweiten Studie die zentralen Ergebnisse für Unterdrückung replizieren, während eine Umbewertungsinstruktion im Wesentlichen keine von der Kontrollinstruktion unterscheidbaren Resultate bewirkte. Harris (2001) replizierte die Effekte von Emotionsunterdrückung in einem interpersonalen Kontext, bei dem es um die Induktion von Verlegenheit bzw. Peinlichkeit ging (Videoanalysen der Gesangskünste der Probanden in Anwesenheit von Versuchsleitern): Personen, die ihre Emotionen unterdrückten, zeigten höhere Blutdruckanstiege als Angehörige der Kontrollgruppe, während es keine Effekte auf den Gefühlszustand gab. Mendes, Reis, Seery und Blascovich (2003) demonstrierten, dass der Ausdruck von Emotionen in einer Interaktionssituation mit einer bisher unbekannten Person ein kardiovaskuläres Reaktionsmuster nach sich zog, das den Autoren als Ausdruck von Herausforderung galt, während Emotionsunterdrückung zu einem Reaktionsmuster führte, das typisch für Bedrohungsbewertungen ist (Tomaka, Blascovich, Kelsey & Leitten, 1993). 5.2.3 Zentralnervöse Korrelate Mit dem Aufkommen immer präziserer bildgebender Verfahren erhielt die Suche nach zentralnervösen Korrelaten von Emotionen und Emotionsregulation in jüngster Zeit starken Auftrieb (vgl. Vaitl in diesem Band; Bechara, 2004; Ochsner & Gross, 2008; Phelps, 2006). Zentrale Frage ist die nach der anatomischen und funktionalen Abgrenzung bestimmter Hirnstrukturen, die während Regulationsaufgaben aktiv sind. In einer Übersichtsarbeit zur kognitiven Kontrolle von Emotionen (Ochsner & Gross, 2005) werden Aufmerksamkeitslenkung und kognitive Veränderung als Strategiegruppen differenziert, während Davidson, Putnam und Larson (2000) sowie Lane und McRae (2004) in ihren Übersichten auch Emotionsunterdrückung explizit thematisieren. Selektive Aufmerksamkeit wurde beispielsweise induziert, indem Probanden entweder emotionsbezogene oder rein perzeptuelle Stimulusaspekte beurteilen sollten. Allerdings zeigten die Studien relativ inkonsistente Ergebnisse: Einerseits wurde berichtet, dass Aufmerksamkeit auf emotionale Aspekte und Bewertung von emotionalen Aspekten mit Aktivitätsveränderungen in der Amygdala ein-
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hergehen (Hariri, Bookheimer & Mazziotta, 2000; Hariri, Mattay, Tessitore, Fera & Weinberger, 2003), andererseits existieren Studien, die keine Effekte auf die Amygdalaaktivität zeigen (Anderson, Christoff, Panitz, De Rosa & Gabrieli, 2003; Vuilleumier, Armony, Driver & Dolan, 2001). Wahrscheinlich sind unterschiedliche Anforderungen der jeweiligen Aufgaben an Aufmerksamkeitskapazitäten (und deren divergierende Effekte auf die Amygdala; Bishop, Duncan & Lawrence, 2004) sowie die in manchen Paradigmen unter Umständen zusätzliche aktive kognitive Regulation (z. B. im Sinne von Umbewertung) für diese Divergenzen verantwortlich. Generell zeigen alle Arbeiten übereinstimmend, dass dem präfrontalen Kortex die zentrale Rolle bei der bewussten Regulation von Emotionen zukommt (Davidson et al., 2000; Lane & McRae, 2004; Ochsner & Gross, 2005). Insbesondere der orbitofrontale Kortex, der mediale präfrontale Kortex, der dorsolaterale präfrontale Kortex und der anteriore Gyrus cinguli stellen die kritischen Regionen bei der Top-down-Regulation der Aktivität der limbischen Emotionsareale (wie der Amygdala) dar (vgl. Goldin, McRae, Ramel & Gross, 2008). So konnten Lévesque et al. (2003) zeigen, dass die Unterdrückung von Trauer während eines trauerinduzierenden Films mit einer Aktivierung des orbitofrontalen und des dorsolateralen präfrontalen Kortex einherging (vgl. auch Ohira et al., 2006). Ochsner, Bunge, Gross und Gabrieli (2002), Ochsner et al. (2004), Phan et al. (2005) sowie Schaefer et al. (2002) berichten, dass während kognitiver Umbewertung insbesondere der anteriore Gyrus cinguli und der laterale präfrontale Kortex aktiviert sind, während die Aktivität der Amygdala erniedrigt ist. Insgesamt zeigen die bisher vorliegenden Befunde, dass in die Kontrolle emotionaler Reaktionen sehr ähnliche präfrontale Hirnareale involviert sind, in denen auch während der Selbstregulation anderer Verhaltensweisen hohe Aktivität registriert werden kann (vgl. z. B. Botvinick, Cohen & Carter, 2004). In diesem sehr frühen Stadium der Forschungsbemühungen ist es durchaus gewagt, über eine funktionale ZNS-Architektur der kognitiven Emotionskontrolle zu spekulieren (für erste Versuche vgl. Ochsner & Gross, 2005, sowie Phillips, Ladouceur & Drevets, 2008). Bevor präzise Aussagen über spezifische Funktionen einzelner Systeme – und wie diese verschiedene Regulationsstrategien in verschiedenen Kontexten implementieren – möglich sind, sind sicherlich noch weitere Daten vonnöten (vgl. auch Peper in diesem Band). 5.2.4 Erhöhung des Emotionsausdrucks Reaktionsfokussierte Emotionsregulation wurde bisher ausschließlich im Kontext der Unterdrückung bzw. Minimierung des Emotionsausdrucks diskutiert. Obwohl dies im Alltag sicherlich die häufigere Variante der Regulation von
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(insbesondere negativen) Emotionen darstellt, lassen sich doch zahlreiche Beispiele, Strategien und Motive für die Erhöhung bzw. Intensivierung bereits vorhandener emotionaler Reaktionstendenzen anführen (Demaree, Schmeichel, Robinson & Everhart, 2004; Parkinson & Totterdell, 1999; Parrott, 1993). In der Literatur zur Emotionsregulation sind Studien zur Steigerung des Emotionsausdrucks allerdings unterrepräsentiert, sowohl was ihre Anzahl, als auch was ihre Prominenz angeht. Jackson, Malmstadt, Larson und Davidson (2000) verglichen die Effekte einer Erhöhung des Emotionsausdrucks mit denen einer Kontrollinstruktion und einer Unterdrückungsbedingung während der Präsentation unangenehmer Bilder. Es zeigte sich, dass die Erhöhung des Ausdrucks negativer Emotionen zu einer verstärkten Aktivität des M. corrugator sowie zu einem verstärkten Blinkreflex führte. Frühere Arbeiten zeigten eine erhöhte Aktivität des autonomen Nervensystems (insbesondere der elektrodermalen Reaktivität) während des verstärkten Ausdrucks negativer Emotionen (Lanzetta et al., 1976; Vaughan & Lanzetta, 1981; Übersicht in McHugo & Smith, 1996). Bezüglich des subjektiven Erlebens berichteten Lanzetta et al. (1976), dass eine Intensivierung des Ausdrucks mit einem negativeren Gefühlszustand einherging. Muraven, Tice und Baumeister (1998) konnten dagegen in einem Filmparadigma keine Anzeichen für eine subjektive Veränderung sichern; ein Befund, der in zwei Studien von Demaree et al. (2004, 2006), in denen Ekel bzw. Erheiterung induziert wurde, bestätigt werden konnte. In den Studien von Demaree et al. (2004, 2006) wurden zudem die Ergebnisse hinsichtlich der Erhöhung der elektrodermalen Reaktivität während der Reaktionsintensivierung repliziert; hier zeigte sich außerdem in der Ekelbedingung eine Beschleunigung der Herzrate (während in der Unterdrückungsbedingung – in Übereinstimmung mit Gross & Levenson, 1993 – eine Erniedrigung der Herzrate feststellbar war). Ähnliche Befundmuster werden auch von Kunzmann, Kupperbusch und Levenson (2005) berichtet. Es lässt sich also das Fazit ziehen, dass beide reaktionsfokussierten Regulationsstrategien – die Unterdrückung und die Intensivierung bereits ausgelöster emotionaler Reaktionstendenzen – von Probanden instruktionsgemäß implementiert werden können, sind doch die Effekte dieser Strategien auf den Emotionsausdruck registrierbar. Die Studien ergaben keine oder nur vereinzelte Effekte beider Strategien auf das subjektive Erleben. Ebenso sind bei beiden Regulationsbemühungen Erhöhungen der Aktivität des autonomen Nervensystems die Folge, während die Auswirkungen auf die Herzaktivität noch nicht abschließend geklärt erscheinen. Interessanterweise konnten Schmeichel, Demaree, Robinson und Pu (2006) zeigen, dass auch die Erhöhung des Emotionsausdrucks Selbstregulationsressourcen benötigt bzw. verbraucht, die dann – analog den Effekten der Emotionsunterdrückung – für nachfolgende Aufgaben (z. B. kognitive
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Tests, vgl. Abschnitt 5.2.1, ego depletion) nicht mehr zur Verfügung stehen. Insgesamt existieren also mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede beider Strategien.
5.3 Individuelle Differenzen in der Emotionsregulation Zeitlich stabile und über Situationen konsistente Persönlichkeitsunterschiede in der Intensität und Häufigkeit emotionaler Reaktionen sind das Resultat differentieller Affizierbarkeit, Verarbeitung und Regulation emotionsbezogener innerer und äußerer Reize. Derartige Eigenschaften sind offenbar für die Selbst- und Fremdbeschreibung zentral, da drei der fünf „großen“ Persönlichkeitseigenschaften (John & Srivastava, 1999) wesentlich über Unterschiede in emotionaler Reagibilität bestimmt sind: Extraversion (positive Emotionen), Neurotizismus (negative Emotionen) und (Un-)Verträglichkeit (Ärger, Feindseligkeit, Aggression). An dieser Stelle soll nur exemplarisch darauf hingewiesen werden, dass in jüngster Zeit die Rolle von Emotionsregulationsprozessen bei der Analyse dieser Konstrukte stärker an Bedeutung gewinnt (Lischetzke & Eid, 2006; Meier, Robinson & Wilkowski, 2006; Tamir, 2005). Umfangreiche Literaturen zu dispositionellen Unterschieden im Umgang mit negativen Emotionen, insbesondere Angst, existieren auch in der Stress- und Copingforschung (Übersicht in Krohne in diesem Band; vgl. auch Kohlmann, 1997; Laux & Weber, 1990). Dort werden auch die entsprechenden Instrumente zur Erfassung dieser Dimensionen beschrieben (vgl. auch Schwarzer & Schwarzer, 1996), die – mit jeweils unterschiedlicher theoretischer Verankerung und entsprechender Schwerpunktsetzung in der Itemauswahl – zumeist zwanglos in das Prozessmodell der Emotionsregulation (Gross, 1998b) eingeordnet werden können. Der Cognitive Emotion Regulation Questionnaire (CERQ; Garnefski, Kraaij & Spinhoven, 2001) kann – zumindest von der Namensgebung her – als Übergang vom Coping zur Emotionsregulation angesehen werden. Daneben existieren zahlreiche Skalen zur Messung von dispositionellen Unterschieden im Emotionsausdruck und in der Emotionskontrolle. Exemplarisch sei an dieser Stelle lediglich auf Inventare zur Erfassung des Wissens über display rules (Matsumoto, Yoo, Hirayama & Petrova, 2005), zur Messung emotionaler (Dys-)Regulation (Gratz & Roemer, 2004) oder Affektregulation (Hemenover, Augustine, Shulman, Tran & Barlett, 2008) verwiesen. Hier soll nur ein Verfahren etwas ausführlicher dargestellt werden, das sich explizit auf das oben dargestellte Modell bezieht und darauf abzielt, individuelle Differenzen in Umbewertung und Unterdrückung zu erfassen: Der Emotion Regulation Questionnaire (ERQ; Gross & John, 2003) umfasst zehn Items (sechs Umbewertungsitems, vier Unterdrückungsitems), die emotionsunspezifisch die
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Häufigkeit des Einsatzes dieser Strategieklassen messen. Exploratorische und konfirmatorische Faktorenanalysen ergaben eine klare zweidimensionale Faktorenstruktur mit eindeutigen Ladungsmustern; entsprechend waren die internen Konsistenzen der Skalen gut (insbesondere, wenn die geringe Itemanzahl berücksichtigt wird) und die Interkorrelation nahe Null. Die Reteststabilität (3 Monate) lag im Bereich von 0,70. Männer und ethnische Minderheiten in den USA zeigten höhere Werte in Unterdrückung, während es in Umbewertung keine Gruppenunterschiede gab. Mit wachsendem Alter wird ein vermehrter Einsatz umbewertender und ein verminderter Einsatz emotionsunterdrückender Regulationsstrategien berichtet (John & Gross, 2004). Mit der Ausnahme einer negativen Assoziation von Unterdrückung und Extraversion zeigen Skalen des ERQ und der „Big Five“ diskriminante Validität; gleiches gilt für Intelligenz und soziale Erwünschtheit. Umbewertung korreliert positiv mit der Skala Reinterpretation des COPE (Carver, Scheier & Weintraub, 1989). Des Weiteren ist Umbewertung positiv mit der Häufigkeit und Intensität des Erlebens positiver Emotionen, negativ mit der Häufigkeit und Intensität des Erlebens negativer Emotionen und positiv mit zahlreichen Verfahren zur Erfassung von Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit assoziiert. Unterdrückung zeigt mit diesen Variablen das genau entgegengesetzte Korrelationsmuster. Spezifisch für Unterdrückung sind zusätzlich noch negative Assoziationen mit der Skala Venting des COPE sowie mit verschiedenen Indikatoren sozialer Unterstützung, Bindung und des social sharing von Emotionen (Gross & John, 2003). Richards und Gross (2000) zeigten, dass dispositionelle Unterdrückung des Emotionsausdrucks negative Assoziationen mit einer Skala zur Erfassung von Erinnerungen an Konversationen (Inventory of Memory Experiences; Herrmann & Neisser, 1978) aufweist. Zudem ist Unterdrückung negativ mit der (unangekündigten) Erinnerung an Details von täglich protokollierten Emotionsregulationsepisoden korreliert. Dispositionelle Umbewertung ist dagegen von beiden Erinnerungsindikatoren unabhängig. Mauss, Cook, Cheng und Gross (2007) selegierten in einem Extremgruppenansatz das obere und untere Terzil der Verteilung in dispositioneller kognitiver Umbewertung und kontrastierten die Effekte einer Ärgerprovokation auf Personen mit hoher und niedriger Ausprägung in dieser Variable. Es zeigte sich, dass Umbewerter geringeren Ärger und zwar andere negative, insgesamt aber mehr positive Emotionen berichteten sowie ein von den Autoren als adaptiv bezeichnetes kardiovaskuläres Reaktionsprofil aufwiesen (geringerer peripherer Widerstand, höhere ventrikuläre Kontraktilität, höherer kardiovaskulärer Output; vgl. Tomaka et al., 1993). Allerdings bestanden die Gruppenunterschiede in allen Variablen auch schon während des neutralen Films, der als Baseline intendiert war. Insofern können die Ergebnisse dieser Studie nur mit großen Einschränkungen interpretiert werden.
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Somit konvergieren die Befunde zu Korrelaten habitueller, selbstberichteter Emotionsregulation mit den oben referierten Resultaten experimenteller Studien: Unterdrückung führt zu (bzw. korreliert mit) einem weniger adaptiven physiologischen Reaktionsmuster, interferiert mit Erinnerung, stört soziale und vor allem kommunikative Aspekte von Interaktionen, während Umbewertung keine oder günstige Effekte zeigt. Die Unterschiede im emotionalen Erleben sind in den Studien der dispositionellen Perspektive prononcierter: Hier zeigt Unterdrückung (im Gegensatz zu den Nullbefunden der experimentellen Arbeiten) dezidiert negative Assoziationen mit positiven und positive mit negativen Emotionen. Dies mag in langfristigeren oder kumulativen Effekten des Strategieeinsatzes im Alltag sowie in der eingeschränkten Intensität und ökologischen Validität von Laborexperimenten begründet sein. Zudem ist auch an die Bedeutung von Methodenvarianz bei ausschließlicher Verwendung von Selbstberichten zu denken.
5.4 Spontane (uninstruierte, automatische) Emotionsregulation Eine mögliche Verknüpfung der experimentellen und der differentiellen Tradition könnte darin bestehen, Korrelate von Emotionsregulation bei uninstruierten Probanden angesichts fordernder Aufgaben im Labor zu analysieren. In einem solchen Design werden emotionale Reaktionen auf allen Ebenen (physiologisch, verhaltensbezogen und subjektiv) während kontrollierter Auslösesituationen registriert. Andererseits wird den Versuchsteilnehmern keine Strategie vorgegeben – stattdessen sind sie frei, je nach Motivation und Fähigkeit ihre Emotionen zu regulieren. Die aktuell eingesetzten Strategien können ereignisnah erfragt und dann mit den Indikatoren emotionaler Reaktionen in Zusammenhang gebracht werden. Dieser Ansatz setzt natürlich voraus, dass Personen willens und fähig sind, über ihre gerade verwendeten Strategien Auskunft zu geben. Ein Vorteil des Vorgehens, die Person nicht zu instruieren, ist, dass die Regulation dann entsprechend selbst motiviert- und nicht von außen vorgegeben ist. Ein kritisches Argument, das so empirisch überprüft werden kann, lautet nämlich, dass die eher ungünstigen Effekte von Unterdrückung vor allem dadurch entstehen, dass das Verhaltensziel (keinen Emotionsausdruck zu zeigen) sowohl von außen generiert als auch in den meisten experimentell realisierten Situationen eher merkwürdig bzw. deplatziert erscheint. In zwei Studien von Egloff, Schmukle, Burns und Schwerdtfeger (2006) sollten Probanden in einer sozial-evaluativen Situation eine komplizierte Rede vor einer Kamera halten. Mit an den ERQ angelehnten kurzen Skalen wurde direkt nach der Rede erfasst, ob und welche Strategien die Teilnehmer zur Emotionsregulation während der Rede einsetzten. Es zeigte sich zunächst, dass der Ein-
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satz beider Strategien unkorreliert war sowie negativ mit dem objektiv kodierten Emotionsausdruck zusammenhing. Hinsichtlich negativer emotionaler Befindlichkeit ergab sich ein negativer Zusammenhang mit Umbewertung, während Unterdrückung hiermit unkorreliert war. Erinnerung an Einzelheiten der Rede war negativ, Indikatoren der Erregung des sympathischen Nervensystems waren dagegen positiv mit Unterdrückung assoziiert – für beide Variablengruppen ergab sich kein Zusammenhang mit Umbewertung. Somit konnten während einer Aufgabe, die einerseits großes Engagement und starke Aktivität erforderte (und sich auch darin von den Filmparadigmen unterschied; vgl. Herrald & Tomaka, 2002) sowie andererseits den Probanden freie Hand bei der Wahl ihrer Regulationsstrategie ließ, die Befunde der experimentellen Tradition bestätigt werden. Richards und Gross (2006) replizierten die Befunde spontaner Emotionsunterdrückung für Erinnerung an Details von Filmen. Eine mit der Analyse spontaner Regulationsprozesse verwandte Fragestellung besteht darin zu untersuchen, welche Strategien Personen tatsächlich anwenden, wenn sie gebeten werden, ihren Ausdruck zu unterdrücken bzw. zu intensivieren: Es zeigte sich, dass vor allem in der Unterdrückungsbedingung der Einsatz zusätzlicher kognitiver, umbewertender Strategien durchaus häufig angegeben wurde – und dies war wiederum mit vermindertem Selbstbericht negativer Emotionen verbunden (Demaree, Robinson, Pu & Allen, 2006). Insofern können selbstverständlich ablaufende Regulationsprozesse in Kontrollgruppen (sowie partielle Noncompliance in den Experimentalgruppen) Kontraste zwischen den Bedingungen erhöhen oder erniedrigen. Zwei weitere Untersuchungsansätze sollen noch geschildert werden, die darauf abzielen, automatische Emotionsregulation zu erfassen (vgl. Forgas, 2000): Jackson et al. (2003) konnten zeigen, dass das Ausmaß der frontalen Asymmetrie des EEGs während Ruhe (ein als zentralnervöser Marker von Emotionsverarbeitung diskutierter Indikator; vgl. Davidson, 2004) mit einer Abnahme des Blinkreflexes bei der Präsentation negativer Bilder einhergeht (zur Rolle von Indikatoren des Blink- und Schreckreflexes bei der Emotionsregulation vgl. auch Dillon & LaBar, 2005; Hagemann, Levenson & Gross, 2006). Mauss, Evers, Wilhelm und Gross (2006) adaptierten einen Impliziten Assoziationstest (IAT; Greenwald, McGhee & Schwartz, 1998) zur Messung der Assoziationen zwischen den Konzepten „Emotionsregulation vs. Emotionsausdruck“ und „positiv vs. negativ“. Starke Assoziationen zwischen den Konzepten „Emotionsregulation“ und „positiv“ gingen mit geringerem Ärgerempfinden und geringerer kardiovaskulärer Erregung während einer Provokation einher. Somit zeigen auch Maße, die nicht auf dem Selbstbericht beruhen, Assoziationen mit Indikatoren von Emotionen und Emotionsregulation (vgl. auch Egloff & Schmukle, 2002; Egloff, Wilhelm, Neubauer, Mauss & Gross, 2002).
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6 Erweiterte Perspektiven auf Emotionsregulation 6.1 Emotionale Intelligenz Seit der Einführung des Begriffs „Emotionale Intelligenz“ in die wissenschaftliche Diskussion durch Salovey und Mayer (1990) – und seiner Popularisierung und Vermarktung durch Goleman (1996) – hat wohl kaum ein Konzept vergleichbar starke Emotionen ausgelöst und damit die Regulationskompetenz aller Beteiligten gefordert. Es sollen an dieser Stelle weder die pointierte konzeptuelle und inhaltliche Kritik (vgl. z. B. Schuler, 2002) noch die Lobeshymnen der Befürworter rekonstruiert werden, sondern lediglich Grundgedanken und einige mögliche Verbindungslinien zur Emotionsregulation illustriert werden (für eine Übersicht vgl. Schulze, Freund & Roberts, 2006). Generell werden unter emotionaler Intelligenz (EI) vier Fähigkeitsbereiche subsumiert, die entsprechend ihrer Konzeption mit Performanzmaßen erfasst werden sollen. Das prominenteste Instrument zur Erfassung ist der Mayer-SaloveyCaruso Emotional Intelligence Test (MSCEIT; Mayer, Salovey & Caruso, 2002), der folgende Bereiche von EI misst: (1) Wahrnehmung, Bewertung und Ausdruck von Emotionen, z. B. eigene und fremde Emotionen zu erkennen, (2) Emotionale Förderung des Denkens, z. B. Emotionen für die Informationsverarbeitung nutzbar zu machen, (3) Verstehen und Analysieren von Emotionen, Anwendung emotionalen Wissens, z. B. Wissen über und Erkennen von komplexen Gefühlen und Gefühlsübergängen sowie (4) Reflexive Emotionsregulation, z. B. sich in Abhängigkeit von den situativen Erfordernissen auf Emotionen einzulassen bzw. davon zu lösen, Emotionen unter verschiedenen Gesichtspunkten zu evaluieren, Emotionen bei sich und anderen zu regulieren. Wie bei Performanztests üblich, werden die Antworten nach Richtigkeit ausgewertet, hier operational so definiert, ob und wie weit sie vom Konsensus (durchschnittliche Ratings von Laien und Experten) abweichen. Neben Details der Messung (Palmer, Gignac, Manocha & Stough, 2005) wird gegenwärtig intensiv diskutiert, ob sich die postulierte inkrementelle Validität von EI tatsächlich empirisch sichern lässt (Amelang & Steinmayr, 2006). Wie unschwer zu erkennen ist, bewegt sich EI auf einem relativ hohen Abstraktionsgrad: Reflexive Emotionsregulation als Komponente von EI beinhaltet also eine flexible, aus einer Vielzahl von Einzelstrategien bestehende Kompetenz, die sich zudem auch auf die Regulation von Emotionen anderer Personen bezieht. Der Abstand zu den dagegen sehr kleinteilig (man könnte auch sagen: fokussiert) wirkenden Studien zur experimentellen Analyse der Effekte einzelner Strategien ist beträchtlich. Welcher Ansatz fruchtbarer ist, wird zukünftige Forschung zeigen. Allerdings soll nicht verschwiegen werden, dass der vergleichs-
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weise hohe Geheimhaltungsgrad der Items und insbesondere der Auswertungsprozedur des MSCEIT auch gegenüber Wissenschaftlern bisweilen irritierend wirkt.
6.2 Emotionsregulation und Selbstdarstellung Aus der Copingforschung stammende Taxonomien von Bewältigungsintentionen spezifizieren neben den beiden „klassischen“ emotionsfokussierten (z. B. den Ausdruck regulieren) und problemfokussierten Strategien und Zielen (z. B. in die Situation eingreifen) von Bewältigung auch die Regulation des Selbstwerts (wiederherstellen, schützen, steigern) und die Interaktionsregulation (Gefühle und Selbstbilder kommunizieren, Beziehung fördern, erwünschtes Verhalten hervorrufen; vgl. Laux & Weber, 1993). Selbstdarstellung, konzipiert als zielgerichtete Eindruckslenkung, kann prinzipiell hinsichtlich aller Ziele ins Spiel kommen. Zentral ist aber, dass über den Emotionsausdruck versucht wird, den Interaktionspartner zu beeinflussen und das Selbstwertgefühl zu schützen, indem neben Informationen über den aktuellen Zustand auch Selbstbilder vermittelt werden (zu den vielfältigen Motiven und Normen von Emotionsregulation vgl. auch Fischer, Manstead, Evers, Timmers & Valk, 2004; Kitayama, Karasawa & Mesquita, 2004). Das Repertoire der Eindruckslenkung umfasst alle Möglichkeiten der display rules: übertreiben, andeuten, verbergen, unterdrücken, umwandeln etc. Besonders interessant an dieser Perspektive erscheint unter anderem, dass auch Konstrukte wie Selbstbehinderung (self-handicapping) oder Selbstextension in den Blickpunkt geraten: Selbstbehinderung meint, dass jemand einen vergleichsweise geringen Makel zugibt (bzw. sein Vorhandensein darstellt), damit für den Selbstwert zentrale Bereiche (z. B. Intelligenz) nicht tangiert werden. So könnte ein Prüfling antizipiertes oder tatsächliches Versagen auf taktisch verbalisierte Angstsymptome zurückführen (bzw. diese Schlussfolgerung den Interaktionspartnern nahe legen), um von (real existierenden oder imaginierten) Fähigkeitsdefiziten abzulenken (zur Rolle von Täuschung in der Emotionsregulation vgl. auch Hrubes, Feldman & Tyler, 2004). Allerdings weisen Laux und Weber (1990) darauf hin, dass sich bei häufigem Einsatz diese Strategie chronifizieren kann – wichtige andere Personen und schließlich auch der Darsteller selbst könnten langfristig davon überzeugt werden, dass die Angst tatsächlich existiert. Selbstextension meint das Gegenstück dazu: Durch das häufige und intensive Darstellen von Angstfreiheit kann diese bisweilen tatsächlich erreicht werden (Laux & Weber, 1993). Diese Forschungstradition weist also darauf hin, dass Ausdruck und Regulation von Emotionen in einem sozialen Rahmen stattfinden. Zudem motiviert die von
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den Zielen der Selbstwert- und Interaktionsregulation inspirierte Selbstdarstellungsperspektive von Emotionsregulation eine emotionsspezifische Analyseebene: Jede Basisemotion hat nicht nur spezifische Auslöser und Ausdrucksebenen, sondern repräsentiert auch verschiedene Bedürfnisse, Selbstwertbedrohungen und Chancen (Renner, Laux, Schütz & Tedeschi, 2004; Weber, Wiedig, Freyer & Gralher, 2004).
6.3 Emotionsregulation und Selbstregulation Verschiedentlich wurde in diesem Beitrag die Perspektive angedeutet, Emotionsregulation in den größeren Kontext der Selbstregulation zu stellen (vgl. Erber & Erber, 2000; Larsen, 2000; Tice & Bratslavsky, 2000). Insbesondere die in Abschnitt 5.2.1 skizzierten Theorien der ego depletion und der ironischen Prozesse mentaler Kontrolle stellen diesen Zusammenhang her (vgl. auch die Beiträge in Baumeister & Vohs, 2004; Wegner & Pennebaker, 1993). Auch die im vorherigen Abschnitt referierten Überlegungen zur emotionalen Selbstdarstellung passen gut in diesen weiter gesteckten Rahmen. Zukünftige Arbeiten zum Thema werden von der Einbeziehung von Funktionen und Zielen von Emotionsregulation sowie deren Interaktionen mit anderen Formen der Selbstregulation profitieren können.
7 Ausblick Emotionsregulation hat einen wichtigen Platz im Alltagsleben (Gross, Richards & John, 2006) und für unser Selbstkonzept. Entgleisungen in der Emotionsregulation sind von zentraler Bedeutung in der Genese und Symptomatik vieler psychischer Störungen (Kring & Werner, 2004). Nicht nur daher ist die Beschäftigung mit diesem Thema sicherlich ebenso relevant wie interessant. Zum Abschluss sei es erlaubt, einige Gedanken zu potenziell interessanten Gebieten innerhalb des Forschungsfeldes Emotionsregulation zu äußern: Viel versprechend erscheint es, den simultanen (und möglicherweise interaktiven) Einfluss von personalen und situativen Faktoren auf die verschiedenen Emotions(regulations)komponenten zu analysieren (vgl. Pauls, 2004; Stemmler, 1997). Auch Untersuchungen zur Konsistenz (z. B. Labor – Feld) und Stabilität von Strategien sind sicherlich wünschenswert. Für eine Einbettung in größere Zusammenhänge der Selbstregulations- und Copingforschung (und ein Rezipieren der Klassiker) wurde schon plädiert. Unbedingt sind genauere Prozessanalysen des Regulationsgeschehens notwendig (vgl. Chow, Ram, Boker, Fujita & Clore, 2005). Eine Analyse des Vorgehens von ausgewiesenen Experten in der Emotionsregulation kann sehr instruktiv bei der Hypothesengenerierung sein (Ekman,
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Davidson, Ricard & Wallace, 2005). Insgesamt besteht die Hoffnung, dass das Forschungsfeld der Emotionsregulation als Schnittstelle vieler Subdisziplinen der Psychologie in Zukunft weiteren Auftrieb erhalten wird und wesentliche Erkenntnisse zur Lösung relevanter Probleme beisteuern kann.
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13. Kapitel
Die Entwicklung von Emotionen und emotionalen Kompetenzen über die Lebensspanne Ute Kunzmann und Maria von Salisch
1 Einleitung In diesem Beitrag gehen wir der Frage nach, wie sich verschiedene Aspekte einer Emotion über die Lebensspanne hinweg verändern. Im ersten Teil des Kapitels werden wir zunächst den Begriff „Emotion“ näher bestimmen. Hierauf aufbauend werden wir uns mit zentralen emotionalen Kompetenzen beschäftigen, so wie sie in der Emotions- und Entwicklungspsychologie konzeptualisiert und empirisch untersucht werden; hierzu zählen die willentliche Regulierung emotionaler Reaktionssysteme, die empathische Akkuratheit und das Wissen über Emotionen. Den Schwerpunkt unseres Beitrages bilden die entwicklungspsychologischen Befunde zur Veränderung von Emotionsprozessen im engeren Sinne sowie von emotionalen Kompetenzen im weiteren Sinne, über die wir im zweiten und dritten Teil des Kapitels zusammenfassend berichten. Dabei werden wir uns sowohl mit Entwicklungsprozessen in der Kindheit und Jugend beschäftigen als auch mit altersbezogenen Veränderungen im Erwachsenenalter und Alter. Im vierten und letzten Teil unseres Beitrages werden wir einen Ausblick auf zukünftige Forschungen im Bereich der emotionalen Entwicklung über die Lebensspanne geben. Die „Leitsätze der Entwicklungspsychologie der Lebensspanne“ werden den Rahmen für unseren Ausblick bilden (vgl. Baltes, 1987, 1997). Während viele entwicklungspsychologische Arbeiten von einem uniformen Wachstumsprozess einer jeden Kompetenz ausgehen (d. h. Wachstum in der Kindheit, Stabilität im Erwachsenenalter und Abbauprozesse im Alter), erlaubt die Entwicklungspsychologie der Lebensspanne ein differenzierteres Bild. Danach
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Ute Kunzmann und Maria von Salisch
ist die Entwicklung von Emotionsprozessen und emotionalen Kompetenzen (a) multidirektional (d. h. die Entwicklungsverläufe verschiedener Facetten einer Emotion können sich hinsichtlich ihres Beginns, Ausmaßes und ihrer Richtung voneinander unterscheiden), (b) differentiell (d. h. es existieren substanzielle individuelle Unterschiede in intraindividuellen Veränderungen emotionaler Prozesse), (c) kontextuell (d. h. die emotionale Entwicklung wird vom jeweiligen Lebenskontext eines Individuums mitbestimmt) und (d) plastisch (d. h. Entwicklungsverläufe sind optimierbar und jedes Individuum hat ein zu bestimmendes Entwicklungspotenzial). Diese Leitsätze verweisen auf einige noch offenstehende Fragen für die zukünftige Forschung im Bereich der emotionalen Entwicklung.
2 Begriffsbestimmung: Emotion und emotionale Kompetenz 2.1 Was ist eine Emotion? Auch wenn Arbeiten zu impliziten Theorien über Emotionen ergeben haben, dass unter Laien weitgehend Einigkeit darüber besteht, was unter einer Emotion zu verstehen ist (z. B. Fehr & Russell, 1984), so gibt es in der Wissenschaft doch kaum Einigkeit über die Frage, wie genau eine Emotion beschaffen ist (vgl. Ekman & Davidson, 1994; Frijda, 1986; Lazarus, 1991; Scherer, 1990; Ulich & Mayring, 1992). Bei dem Bemühen, Emotionen zu beschreiben und zu definieren, lassen sich mindestens zwei Herangehensweisen ausmachen. Sogenannte Dimensionsansätze gehen von einer Vielzahl von Emotionen und emotionalen Zuständen aus und versuchen diese hinsichtlich einiger weniger Dimensionen zu klassifizieren. Solche Dimensionen betreffen beispielsweise die Valenz (positiv oder angenehm vs. negativ oder unangenehm) oder das Erregungsniveau (gering vs. hoch) einer Emotion. Emotionen wurden in der Vergangenheit ebenfalls hinsichtlich der ihnen zugrundeliegenden motivationalen Richtungstendenz entweder als Vermeidungs- oder als Annäherungsemotion geordnet (vgl. Davidson, 1993; Lang, 1995; Russell, 1980; Watson, Wiese, Vaidya & Tellegen, 1999). Solche Klassifikationen haben den Vorteil, dass sie einen Rahmen bieten, mittels dessen man die vielen spezifischen Emotionen je nach zugrundeliegender Fragestellung sinnvoll und sparsam voneinander unterscheiden kann. Andererseits laufen solche Ansätze Gefahr, wichtige Unterschiede zwischen den einzelnen Emotionen zu übersehen. Genau solchen Unterschieden zwischen den spezifischen Emotionen widmen sich sogenannte diskrete Emotionsansätze (z. B. Ekman, 1992; Levenson, 1992; Stemmler, 2002). Die Vertreter diskreter Emotionsansätze gehen davon aus, dass es eine begrenzte Anzahl von sogenannten Basisemotionen gibt, die jeweils mittels einer spezifischen Konfiguration von kognitiven Bewertungen (vgl.
Die Entwicklung von Emotionen und emotionalen Kompetenzen
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Hess & Kappas in diesem Band), zentral- und peripherphysiologischer Aktivierung (vgl. Peper sowie Stemmler in diesem Band), subjektivem Erleben (vgl. Schmidt-Atzert in diesem Band), mimischem Ausdrucksverhalten (vgl. Kappas in diesem Band) und Handlungsimpulsen (vgl. Hamm in diesem Band) beschreibbar sind. Doch wie viele und welche Emotionen gehören zu den Basisemotionen? Gewöhnlich werden fünf bis 16 Emotionen genannt, wobei die negativen Emotionen Angst, Ärger, Ekel und Traurigkeit nie fehlen. In neuerer Zeit wurde auch Evidenz dafür vorgelegt, dass sogenannte „das Selbst reflektierende Emotionen“ wie Scham, Schuld und Stolz ein jeweils distinktes Muster von kognitiven Bewertungen, mimischem Ausdrucksverhalten und sozialen Funktionen aufweisen und somit ebenfalls zu den Basisemotionen gerechnet werden können (z. B. Beer, Heerey, Keltner, Scabini & Knight, 2003; Keltner, 1995). Eine entwicklungspsychologische Perspektive legt nahe, dass die Unterschiede zwischen den sogenannten Basisemotionen nicht nur die oben genannten Komponenten, sondern auch den Entwicklungsverlauf betreffen können. So gibt es beispielsweise Hinweise darauf, dass sich komplexere selbstreflektierende Emotionen wie Scham und Schuld später entwickeln als weniger komplexe Emotionen wie Angst oder Ärger (z. B. Lewis, 1993, 2007). Beide oben beschriebenen Definitionsansätze wurden in der Entwicklungspsychologie im Rahmen von Feldstudien und experimentellen Untersuchungen aufgegriffen (vgl. auch Kunzmann, 2008a). Dabei liegt der Schwerpunkt von Feldstudien auf der Frage, inwieweit sich Emotionen auf der Ebene des subjektiven Erlebens über die Lebensspanne hinweg verändern. Um diese Frage zu untersuchen, wurden die Häufigkeit und die Intensität verschiedener subjektiver Gefühle retrospektiv mittels Selbstauskünften (und korrespondierenden Fremdberichten) in verschiedenen Altersgruppen oder über die Zeit in Längsschnittstudien erfasst. Im Rahmen von experimentellen Studien, die bisher ausschließlich querschnittlicher Natur sind, werden emotionale Reaktionen hingegen in vivo untersucht, indem sie unter standardisierten Bedingungen mittels verschiedener Reize (bspw. Dias) in verschiedenen Altersgruppen ausgelöst werden. Die einzelnen Reaktionssysteme, wie das subjektive Erleben, das mimische Ausdrucksverhalten und die peripherphysiologische Aktivität, können dann simultan und in Echtzeit erfasst werden. Insoweit erlauben es experimentelle Untersuchungen, die Frage nach altersbezogenen Veränderungen in der Emotion sehr viel differenzierter zu untersuchen als dies im Rahmen der Feldforschung möglich ist. In unserer Literaturübersicht zur emotionalen Entwicklung werden wir uns auf die Befunde experimenteller Forschung konzentrieren und, soweit dies möglich ist, einem diskreten Emotionsansatz folgend der Frage nachgehen, wie sich einzelne Emotionen bzw. Emotionskomponenten entwickeln. Es sei jedoch schon an dieser Stelle bemerkt, dass die bisherige Forschung zur emotionalen Ent-
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wicklung meist auf globaleren Forschungsfragen basiert und kaum zwischen Emotionen und ihren Komponenten differenzierende Befunde bereitgestellt wurden.
2.2 Was ist emotionale Kompetenz? Das Konzept der „emotionalen Kompetenz“ erfreut sich derzeit in einer Reihe von psychologischen Teildisziplinen großer Beliebtheit. So beschäftigen sich sowohl Entwicklungspsychologen mit diesem Konzept (z. B. Carstensen & Charles, 1998; Halberstadt, Denham & Dunsmore, 2001; Saarni, 1999, 2002, 2007; von Salisch, 2002), als auch Vertreter der differentiellen Psychologie, insbesondere der Intelligenzforschung (z. B. Mayer, Roberts & Barsade, 2008; Mayer & Salovey, 1993; Salovey & Mayer, 1990). Trotz der großen Popularität werden die gegenwärtigen Konzeptualisierungen emotionaler Kompetenz kontrovers diskutiert. Was macht emotionale Kompetenz aus? Welche Fähigkeiten sollten unter diesen Begriff gefasst werden? In der Literatur wurde eine Reihe von Definitionen vorgeschlagen, die sich hinsichtlich ihres Inhaltes und ihrer Breite deutlich voneinander unterscheiden (vgl. bspw. Davies, Stankov & Roberts, 1998; Halberstadt et al., 2001; Mayer et al., 2008; Mayer & Salovey, 1997; Roberts, Zeidner & Matthews, 2001; Saarni, 1999; Salovey & Pizarro, 2003). Salovey, Mayer und Kollegen haben ein Modell emotionaler Intelligenz vorgeschlagen, das auch für die entwicklungspsychologische Forschung fruchtbar sein könnte. Es besteht aus den folgenden vier Dimensionen: (a) der Fähigkeit, Emotionen angemessen wahrnehmen zu können, (b) der Fähigkeit, Emotionen so zu nutzen, dass sie für Denkprozesse nützlich sind, (c) der Fähigkeit, Emotionen zu verstehen, sowie (d) der Fähigkeit, Emotionen den eigenen Zielen gemäß zu regulieren (z. B. Mayer, Salovey, Caruso & Sitarenios, 2003). Jede dieser vier Komponenten ist wiederum multidimensional und bezieht sich prinzipiell sowohl auf die eigenen Emotionen als auch auf die Emotionen anderer. Diese Konzeptualisierung emotionaler Kompetenz hat den großen Vorteil, nicht so breit zu sein, dass Facetten des Selbst und der Persönlichkeit inbegriffen sind. So wurden in jüngerer Vergangenheit Definitionen emotionaler Intelligenz vorgeschlagen, die auch solche Konzepte wie Selbstwirksamkeit, Selbstregulation oder die Tendenz, warmherzig und freundlich auf andere zu reagieren, beinhalten (eine Übersicht geben Mayer et al., 2008). Auf der anderen Seite ist zu konstatieren, dass das oben beschriebene Modell nicht alle emotionalen Kompetenzen beinhaltet, die bislang in der Entwicklungspsychologie untersucht worden sind. Zum Beispiel fehlt die emotionale Reaktivität, d. h. das spontane und angemessene Reagieren auf emotionale Reize. Die basale Kapazität, auf bestimmte Ereignisse überhaupt emotionale Reaktionen
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zeigen zu können, ist aber eine Voraussetzung dafür, diese willentlich zu regulieren. Auch könnte das Modell um eine weitere Empathiekomponente erweitert werden. Empathie umfasst nicht nur das in dem Modell berücksichtigte akkurate Wahrnehmen der Gefühle eines Gegenübers, sondern auch eine emotionale Komponente, das Miterleben der Gefühle anderer. Ein Grund für das Fehlen solcher Komponenten ist sicher in dem kognitiven Fokus des Modells zu sehen. Emotionale Intelligenz, so wie sie von Salovey, Mayer und Kollegen definiert wird, bezieht sich nämlich primär auf die Wechselwirkung von Emotion und Kognition, also zum einen darauf, wie Emotionen dabei helfen können, kognitive Prozesse zu optimieren, und zum anderen darauf, wie kognitive Fähigkeiten genutzt werden können, um emotionale Prozesse zu steuern. Passend zu diesem kognitiven Fokus enthält der von Salovey, Mayer und Kollegen entwickelte psychometrische Test zur Erfassung emotionaler Intelligenz primär kognitive Aufgaben, die sich auf den Inhaltsbereich „Emotion“ beziehen. So geht es etwa darum zu erkennen, welche Emotionen in Gesichtern oder Bildern gezeigt werden, zu beurteilen, welche Stimmungen für welche kognitiven Aufgaben förderlich sind, oder anzugeben, aus welchen spezifischen Emotionen sich komplexe emotionale Zustände zusammensetzen. Selbst die Testaufgaben zur Fähigkeit, die eigenen Emotionen regulieren zu können, erfassen nicht Emotionsregulation per se, sondern allgemeines Wissen darüber, wie Menschen ihre Emotionen in bestimmten Situationen am besten regulieren können. Ob und wenn ja, wie erfolgreich eine Testperson die in den Testaufgaben zur Auswahl stehenden Strategien der Emotionsregulation dann im eigenen Leben tatsächlich anwendet, muss offen bleiben. Außerdem bleibt unklar, ob die gewählten Strategien den Werten und Zielen einer Person entsprechen. Insoweit gehen die Autoren bei ihren Überlegungen bezüglich der validen Messung emotionaler Kompetenzen vermutlich nicht weit genug, wenn sie primär Wissen über Emotionen bzw. wissensbasierte emotionale Kompetenzen erfassen. Es ist zumindest fraglich, ob man ein vollständiges Bild über die emotionalen Kompetenzen einer Person erlangen kann, ohne diese in emotionserregende Situationen zu bringen und ihre Kompetenzen in solchen Situationen zu beobachten oder von vertrauten Personen bestätigen zu lassen. Wir gehen im zweiten Teil unseres Beitrages, wenn wir die zentralen Befunde zur Entwicklung emotionaler Kompetenzen referieren, auf eine methodische Alternative näher ein, die darin besteht, emotionale Kompetenzen in vivo im Rahmen von experimenteller Forschung zu untersuchen. Basierend auf den obigen Überlegungen könnte das Modell der emotionalen Intelligenz von Salovey, Mayer und Kollegen für zukünftige entwicklungspsychologische Fragestellungen einen nützlichen Rahmen bieten, besonders wenn es in methodischer und konzeptueller Hinsicht erweitert würde. Eine entwicklungspsychologisch orientierte Alternative bietet das Modell zur emotionalen Kompetenz von Saarni (1999, 2002, 2007).
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Ute Kunzmann und Maria von Salisch
In unserer Literaturübersicht zur emotionalen Entwicklung werden wir uns auf die in der entwicklungspsychologischen Forschung bislang untersuchten Kompetenzen konzentrieren. Hierzu gehört die Fähigkeit, die eigenen Emotionen willentlich zu regulieren, das Wissen über Emotionen sowie die empathische Akkuratheit und das empathische Miterleben der Gefühle anderer. Einschränkend vorweggenommen sei, dass die Empathieentwicklung bislang primär in der Kindheit und im Jugendalter untersucht wurde.
3 Emotionale Entwicklung über die Lebensspanne In dem nun folgenden Überblick werden wir uns darauf konzentrieren, zentrale Konzepte und Entwicklungstendenzen herauszugreifen. Eine detaillierte Darstellung der entwicklungspsychologisch relevanten Emotionstheorien sowie der Vielzahl einzelner empirischer Arbeiten würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen.
3.1 Emotionale Entwicklung in der Kindheit und Jugend Oft werden emotionale Reaktionen als ein Prozess dargestellt, der sich im Einzelnen abspielt: Ein emotionsgenerierendes Signal wird, vereinfacht gesagt, vom Individuum wahrgenommen, bewertet, in verschiedenen Systemen verarbeitet und dann moduliert oder unmoduliert nach außen ausgedrückt (z. B. Gross, 1998). Dieses Modell ist jedoch unvollständig. Am Beginn des Lebens sind es die Bezugspersonen (Spangler, 1999), später sind es Freundinnen, Peers, Liebespartner und andere Vertraute (Neyer & Asendorpf, 2001; von Salisch, 2001), die die emotionalen Reaktionstendenzen der Person akut und habituell beeinflussen. Theoretische und empirische Arbeiten zur emotionalen Entwicklung in Kindheit und Jugend lassen sich daher in zwei Ansätze einteilen: Zum einen in solche, die Menschen als Einzelpersonen in den Mittelpunkt stellen und deren intrapsychische Veränderungen betrachten, und zum anderen in solche, die interpersonale Einflüsse auf ihre emotionale Entwicklung zu ergründen suchen. Entsprechend kann man heuristisch zwischen den intrapsychischen Emotionstheorien (z. B. Case, Hayward, Lewis & Hurst, 1988), die die neurologischen, kognitiven, motorischen, sprachlichen und moralischen Umwälzungen in den ersten Lebensjahren in ihren „Auswirkungen“ auf die emotionale Entwicklung behandeln, und den interpersonalen Emotionstheorien (z. B. die Bindungstheorie), die den Einfluss von Beziehungspartnern auf die emotionale Entwicklung zum Gegenstand haben, unterscheiden. Die folgende Übersicht ist entlang dieser theoretischen Unterscheidung strukturiert; wie beide Aspekte zusammenwirken, wird im Ausblick diskutiert.
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3.1.1 Emotionsprozesse In der Emotionspsychologie besteht Konsens, dass Emotionen aus mehreren Komponenten bestehen. Wie diese Komponenten im Einzelnen miteinander zusammenhängen, liegt jedoch weitgehend im Dunkeln. Ebenso ungeklärt sind viele Punkte bei der Entwicklung der einzelnen Komponenten und ihrer Zusammenhänge. Da die Forschungsliteratur zur Entwicklung der emotionalen Reaktionstendenzen im zentralen und autonomen Nervensystem in Kindheit und Jugend bestenfalls rudimentär ausgebildet ist, beschränken wir uns darauf, die Entwicklung der anderen Komponenten, insbesondere des mimischen Ausdrucksverhaltens, nachzuzeichnen. Die Mimik ist eines der wenigen Verhaltenssysteme, das schon ab der Geburt einsatzbereit ist, ist das Gesicht doch fähig, Gefühlszustände (und andere Empfindungen) erstaunlich differenziert zu übermitteln. Gab man neugeborenen Babys süße und saure Lösungen zu schmecken, so war an ihrem Gesichtsausdruck eindeutig zu erkennen, welche Probe sie gekostet hatten (Oster & Ekman, 1978). Neugeborene sind (bei optimaler Aufmerksamkeit) in der Lage, emotionale und nicht emotionale Ausdrucksformen auf dem Gesicht von Erwachsenen nachzuahmen (zusammenfassend Rauh, 2002) und selbst nahezu die ganze Bandbreite emotionaler Ausdrucksformen hervorzubringen (Ekman, 1988). Ab der sechsten Woche setzt das soziale Lächeln ein, d. h. das regelmäßige „Zurücklächeln“ auf das Lächeln der Bezugspersonen. Im zarten Alter von 10 Wochen reagierten Säuglinge unterschiedlich, je nachdem, ob ihre Mutter ein ärgerliches, trauriges oder freudiges Gesicht machte und ihre Stimme entsprechend klang. Nicht immer, aber doch überzufällig häufig „spiegelten“ die Babys den Gesichtsausdruck ihrer Mutter auf dem eigenen Gesicht (Haviland & Lelwica, 1987). Die Kommunikation mit und über das emotionale Ausdrucksverhalten ist ein wichtiger Bestandteil des Austausches zwischen den Eltern und ihrem Kind. Damit sichern die noch „unfertigen“ Säuglinge ihr Überleben, indem sie ihre Bezugspersonen dazu bewegen, stellvertretend für sie zu handeln (Sroufe, 1996). Da die Bezugspersonen die emotionalen Ausdrucksbewegungen der ihnen anvertrauten Babys ebenfalls häufig mit eigenen Ausdrucksformen beantworten, ergeben sich erste Möglichkeiten der interpersonalen Einflussnahme: Die Säuglinge lernen die kontingenten Reaktionen ihrer Bezugspersonen auf ihre eigenen emotionalen Ausdrucksbewegungen (z. B. Malatesta & Haviland, 1982). Gleichwohl überschneiden sich in den ersten Lebenswochen die Ausdrucksformen von Ärger und Kummer oder Unbehagen („Distress“), denn sowohl bei Ärger als auch bei Distress schreien junge Säuglinge in der Regel. Die begleitenden Körperbewegungen lassen ebenfalls keine eindeutige Zuordnung zu (Camras, 1992). Außerdem treten beide Emotionen gewöhnlich in ähnlichen Situationen auf, oft innerhalb der gleichen Episode. Camras (1992) beschreibt,
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wie das Gesicht ihrer Tochter bei vielen Schreiepisoden zwischen Ausdrucksformen des Ärgers, des Kummers, der Trauer und des Schmerzes hin- und heroszillierte. Regelmäßiger mit bestimmten Anlässen verknüpft sind nach Sroufe (1996) die Ausdrucksmuster der Emotionen Interesse, Wohlbehagen (Lächeln), Erschrecken oder Furcht und Ekel. Dennoch nennt Sroufe (1996) auch diese Emotionen „Vorläufer-Emotionen“, weil sie noch nicht mit (kognitiven) Bewertungen verknüpft sind. Ab dem zweiten Lebensmonat lassen sich die ersten kognitiven Bewertungen entdecken, denn frühestens ab diesem Zeitpunkt lässt sich belegen, dass die Bewertung, dass eigene Ziele behindert werden, bei der Entstehung des Ärgers eine Rolle spielt. Ärger und Distress fangen in der Folge an, sich zu unterscheiden. Den Nachweis hierfür lieferte ein Konditionierungsexperiment von Lewis, Allessandri und Sullivan (1990): Parallel zum Greifen, bei dem visuelle und propriozeptive motorische Informationen koordiniert werden müssen, bilden Säuglinge ab dem dritten Lebensmonat ein erstes Verständnis dafür aus, dass sie bestimmte Mittel einsetzen müssen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen (Piaget & Inhelder, 1986). In dem Experiment mit Babys von 2, 4, 6 und 8 Monaten gab es eine Kontingenzgruppe, bei der das Ziehen einer Schnur regelmäßig mit dem Erscheinen von Babybildern auf einem Fernsehbildschirm verbunden war. Die Säuglinge der Kontrollgruppe konnten die Fernsehbilder nicht selbst steuern. Erwartungsgemäß zeigten die Babys der Kontingenzgruppe während der Lernphase mehr Freude, Interesse und Überraschung auf ihren Gesichtern als die Säuglinge der Kontrollgruppe, wenn es ihnen gelang, die interessanten Bilder auf den Bildschirm zu zaubern. Während der Löschungsphase drückten sie wie erwartet mehr Ärger und Wut aus als die Kontrollgruppe. Lewis et al. (1990) folgerten daraus, dass Ärger (und nicht Distress) auf dem Gesicht immer zuverlässiger dann entsteht, wenn die Kinder ein Verständnis für die Ziel-Mittel-Relation erwerben, denn damit lernen sie umgekehrt auch zu verstehen, wann das Erreichen ihrer Ziele frustriert wird. Doch auch interpersonale Faktoren beeinflussen die Entwicklung der emotionsgenerierenden Bewertungen. Ab der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres neigen Kleinstkinder nämlich dazu, bei Unsicherheit einen rückversichernden Blick in das Gesicht von Erwachsenen zu werfen, um deren Einschätzung des Sachverhalts einzuholen (soziale Bezugnahme). Dies ist das Ergebnis der Experimente von Sorce, Emde, Campos und Klinnert (1985) mit dem visuellen Kliff, das auf eine Unsicherheit auslösende Tiefe eingestellt war. Wenn die Mutter am tiefen Ende des visuellen Kliffs stand und lächelte, kamen alle 1-Jährigen über den vermeintlichen Abgrund hinweg zu ihr herüber gekrabbelt. Signalisierte ihr Gesicht Angst, so hielten alle an der visuellen Klippe an (Sorce et al., 1985). Spätere Experimente zeigten, dass die Bereitschaft der Kinder, bei Unsicherheit per Blick die Bewertungen von erfahreneren Personen einzuholen, nicht
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auf das Kleinkindalter, nicht auf die visuelle Modalität und nicht auf die Eltern beschränkt ist (Walden, 1991). Wichtig ist dabei, dass dieser Austausch nicht auf der Ebene des Verhaltens abläuft (denn der junge Mensch übernimmt ja nicht den Gesichtsausdruck des älteren), sondern auf der Ebene der emotionalen Bewertungen der Situation, die miteinander geteilt werden. Neue Emotionsqualitäten entstehen dadurch, dass Kinder zu immer komplexeren Bewertungen imstande sind. Ein Beispiel: Im Verlauf ihres zweiten Lebensjahres gewinnen Kleinkinder eine objektive Selbst-Bewusstheit (Bischof-Köhler, 2000), die mit spezifischen Ausdrucksmustern der Verlegenheit einhergeht (Lewis, Sullivan, Stanger & Weiss, 1989). Etwas später lernen sie, ihre eigene Person in Hinblick auf die Erfüllung von sozialen Normen zu bewerten. Je nachdem, ob sie eine Situation, die sie als Misserfolg einschätzen, ihrer globalen oder spezifischen Unfähigkeit zuschreiben, entstehen die Emotionen Scham oder Schuld. Erfolg, der spezifischen eigenen Fähigkeiten zugeschrieben wird, resultiert analog in Stolz (Lewis, 1993). Ob Kinder in einer Misserfolgssituation Scham oder Schuld zeigten, hing wiederum mit den globalen oder spezifischen Zuschreibungen zusammen, die ihre Eltern machten (Lewis, 1993). An dieser Stelle zeigt sich noch einmal die interpersonale Einflussnahme auf die emotionale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Je komplexer die Bewertungen für eine Emotion sind, desto später kann diese verbal benannt werden. So sind Kinder zum Beispiel erst ab dem Grundschulalter in der Lage, Scham und Schuld konzeptuell voneinander zu unterscheiden (Ferguson, Stegge & Damhuis, 1991). Gleichwohl zeigen Kinder in ihrem Verhalten schon in den ersten Lebensjahren Scham, Schuld und Eifersucht (etwa auf ein nachgeborenes Geschwisterkind), auch wenn sie die komplexen Konstellationen von Bewertungen, die mit diesem Gefühl einhergehen (Ben-Zeev, 2000), noch gar nicht verbalisieren können (Harris, 1992). Noch später, nämlich erst ab Beginn des Jugendalters, ist das Verständnis für ambivalente Gefühle gegenüber einem Sachverhalt voll entwickelt (Harris, 1992). Insgesamt, so ist zu konstatieren, differenzieren sich die einzelnen Emotionskomponenten und ihr Zusammenspiel im Laufe der ersten 10 Lebensjahre aus.
3.1.2 Emotionale Kompetenzen Die mentale Repräsentation von Emotionen Bei der mentalen Repräsentation von Emotionen geht es zunächst einmal ganz grundlegend darum, die Emotionen von anderen Menschen zu erkennen. Später geht es um das verbale Benennen von Emotionen und schließlich um das Verständnis der einzelnen Emotionskomponenten und ihrer Verbindungen
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untereinander. Dass schon Neugeborene die Emotionen anderer Menschen erkennen können, belegen die oben berichteten Studien zur Imitation (Rauh, 2002). Eine wesentliche Errungenschaft des zweiten Lebensjahres ist der Erwerb der Sprache und anderer Symbolsysteme. Wie Dunn und ihre Mitarbeiterinnen demonstrierten, werden innere Zustände und Befindlichkeiten, darunter auch Gefühle, von den Kindern immer häufiger benannt. Machten Kleinkinder im Alter von 18 Monaten im Verlauf einer 2-stündigen Familienbeobachtung im Durchschnitt 0,8 Äußerungen zu ihrer Befindlichkeit, so waren es 6 Monate später im Durchschnitt schon fast sechs Mal so viele. Die Diskussionen um Ursachen und Folgen von Befindlichkeiten steigerten sich im gleichen Untersuchungszeitraum ebenfalls erheblich, und zwar überproportional zum normalen Anstieg aller Gesprächsäußerungen im Familienkreis (Dunn, Bretherton & Munn, 1987). Kleinkinder lernen mit Worten das zu benennen, was ihnen wichtig ist, eben ihre Emotionen und Befindlichkeiten. Die interpersonale Einflussnahme auf die Benennung von Emotionen wird bei der Kommunikation über die vom Kind geäußerten Emotionen im Kreise der Familie deutlich. Denn allein schon wie oft Emotionen in der Familie thematisiert wurden, hatte Folgen für die mentale Repräsentation von Emotionen und das spätere Sozialverhalten der Kinder (Dunn, Brown, Slomkowski, Tesla & Youngblade, 1991). Häufiges Sprechen über Gefühle (und ihre Anlässe) mit der Mutter und dem älteren Geschwisterkind im Alter von knapp 3 Jahren sagte eine bessere affektive Perspektivenübernahme 7 Monate später voraus, also eine genauere Vorhersage, welche Emotionen die Protagonisten in hypothetischen Geschichten fühlen würden. Die Antworten der Kinder fielen auch dann akkurater aus – und dies ist bei 3-Jährigen bemerkenswert –, wenn die Emotionen der Hauptpersonen in den Geschichten nicht mit ihren eigenen in der gleichen Situation übereinstimmten. Folgen einer ausgebildeteren affektiven Perspektivenübernahme im Alter von etwas über 3 Jahren waren längere Episoden bezogenen Spiels mit dem Freund oder der Freundin mit knapp 4 Jahren (Slomkowski & Dunn, 1996), die korrektere Benennung von (ambivalenten) Emotionen mit gut 6,5 Jahren (Brown & Dunn, 1996) und eine entwickeltere moralische Sensitivität mit knapp über 7 Jahren, die sich in mehr Mitgefühl und mehr Schuldgefühlen bei Regelübertretungen äußerte (Dunn, Brown & Maguire, 1995). Kinder, die als Kleinkinder im Familienkreis häufiger über Gefühle sprachen, bildeten also insgesamt ein fortgeschritteneres Emotionsverständnis und ein kooperativeres Spielverhalten gegenüber ihren Altersgenossen aus. Im Verlauf der Vorschuljahre schreitet das Wissen über die verschiedenen Komponenten von Emotionen und ihre Zusammenhänge schnell voran (vgl. Janke, 2002; Stegge & Meerum Terwogt, 2007). Kinder sind mit 4 und 5 Jahren imstande, Situationen, die in der Regel mit Basisemotionen einhergehen, das ent-
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sprechende Emotionswort zuzuordnen. Umgekehrt können sie zu diesen Emotionswörtern auch relevante Situationen erfinden (Harris, 1992), etwa „Freude“ und „Geburtstag“ miteinander in Verbindung bringen. Im Schulalter erweitert sich diese Liste um Emotionen, die kein direktes Ausdrucksäquivalent haben (wie etwa schuldig, eifersüchtig oder besorgt; Harris, 1992, S. 88), sowie um die nicht immer beobachtbaren emotionsbegleitenden Reaktionen des autonomen Nervensystems (Janke, 2002). In einer Serie von Experimenten zur Theory of Mind wies Harris (1992) nach, dass Kinder im Laufe des Vorschulalters erkennen, dass Emotionen auf Bewertungen beruhen, die immer facettenreicher werden und zunehmend kognitive Umdeutungen und Neubewertungen einbeziehen (von Salisch, 2000). Mit dem wachsenden Wissen über die Verknüpfungen von Emotionen mit Situationen, Bewertungen, Ausdrucksmustern und körperlichen Reaktionen schaffen sich Kinder eine immer genauere mentale Repräsentation der emotionalen Prozesse, die sich in ihrer eigenen Person und bei anderen Menschen abspielen. Ein fortgeschrittenes Emotionsverständnis im Vorschulalter trägt nach einer neueren Längsschnittstudie sowohl zur Ausbildung sozialer Fähigkeiten in Peer-Beziehungen (Mostow, Izard, Fine & Trentacosta, 2002) als auch zu besseren Schulleistungen bei (Izard, Fine, Schultz, Mostow, Ackerman & Youngstrom, 2001). Emotionsregulation Emotionsregulation bezeichnet die Fähigkeit von Menschen, zu beeinflussen, welche Emotionen sie wann haben und wie sie diese erleben und ausdrücken (Gross, 1998; Thompson, 1990; Gross & Thompson, 2007; vgl. Egloff in diesem Band). Nach dem Modell von Gross (1998) setzt die Regulation von Emotionen an drei Punkten an: zum einen bei der Aufmerksamkeit gegenüber antezedenten Bedingungen internaler oder externaler Art, zum zweiten bei der Bewertung dieser antezedenten Bedingungen (beides bezeichnet Gross als antezedenzorientierte Regulation) und zum dritten bei der Modulation von Selbstbericht, Ausdruck und physiologischen Reaktionen (dies wird als reaktionsorientierte Regulation bezeichnet). Weil Emotionen an mehreren Stellen ihres Verlaufs reguliert werden, ist es ein recht diffiziles Unterfangen, spontane und regulierte emotionale Reaktionen voneinander zu trennen. Probleme entstehen daraus, dass die Messung bisher nicht in Echtzeit, sondern nur am Ende des Emotionsprozesses, also nach allen Veränderungen, stattfinden kann. Dies ist methodisch wenig zufriedenstellend, zumal noch kaum etwas über die natürlichen, also durch äußere Gegebenheiten unbeeinflussten temporalen Verlaufsmuster der einzelnen Emotionen bekannt ist, geschweige denn über deren allgemeine und differentielle Entwicklung. Auch lassen sich die Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen Emotionskomponenten kaum entwirren, vor allem wenn man annimmt, dass reziproke Beziehungen, wie etwa Aufschaukelungsprozesse, zwischen einzelnen Komponenten bestehen (M. D. Lewis, 1996). Ob es über-
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haupt unregulierte Emotionen gibt, ist damit zu einer Frage von spannenden Kontroversen geworden (Cole, Martin & Dennis, 2004; Gross, 1999). Angesichts dieser konzeptuellen Schwierigkeiten empfehlen Cole et al. (2004) folgende Vorgehensweisen für einen überzeugenden Nachweis der Regulierung von Emotionen: (a) eine unabhängige Messung von Emotionen und angenommenen Regulierungsstrategien vorzunehmen, um diese beiden Größen nicht nur konzeptuell, sondern auch empirisch zu trennen, was allerdings bei multiplen Durchgängen durch das gleiche Beobachtungsmaterial schwierig wird; (b) die Analyse der zeitlichen Verläufe emotionaler Reaktionen durchzuführen, um die „Auswirkungen“ von Regulierungsstrategien auf die weiteren emotionalen Reaktionen zu ermitteln; (c) einen Vergleich emotionaler Reaktionen unter verschiedenen (experimentellen) Bedingungen zu erstellen, um einen Nachweis für die Wirkung von Kontextfaktoren (wie zum Beispiel die Anwesenheit anderer Personen) zu erbringen; (d) multiple und konvergente Maße von emotionalen Reaktionen für den Nachweis zu benutzen, da Emotionen aus mehreren Komponenten bestehen. Im Folgenden werden wir zwei Schwerpunktthemen in der Entwicklung der Emotionsregulierung aufgreifen. Weitere Details zur Entwicklung der Emotionsregulierung finden sich beispielsweise bei von Salisch (2000) und bei von Salisch und Kunzmann (2005). Thema 1: Verbreiterung des Repertoires der Regulierungsstrategien. Im Laufe der Entwicklung weitet sich das Repertoire der Regulierungsstrategien aus. Ausgangspunkt ist eine aktive heranwachsende Person, die emotionsgenerierende Bedingungen im Laufe ihrer Entwicklung unterschiedlich verarbeitet, denn die Ausbildung der neuropsychologischen Funktionen sowie die großen Umwälzungen, die die Entwicklung von Symbolfunktion und Sprache, Theory of Mind und Moralentwicklung sowie formal-logisches Denken und Metakognition mit sich bringen, eröffnen jeweils neue Möglichkeiten zur Regulierung von Emotionen. In Verbindung mit diesen Veränderungen der allgemeinen Entwicklungspsychologie entstehen neue Möglichkeiten, selbst Emotionen zu regulieren und/ oder die Regulierungsangebote der Bezugspersonen aufzunehmen. Dieser Punkt wird im Folgenden anhand einer Studie zur Emotionsentwicklung im ersten und zweiten Lebensjahr illustriert. Während zu Beginn des Lebens die Aufmerksamkeitsregulierung die wichtigste Strategie zur Emotionsregulierung darstellt (Rothbart & Bates, 1998), stellt die zweite Hälfte des ersten Lebensjahres ein Zeitfenster dar, in dem sich das Repertoire der Strategien zur erfolgreichen Reduktion von negativen Emotionen in ihrem Ausdruck (und vielleicht auch in ihrem Erleben) entscheidend erweitert. Dies ist das Ergebnis der Beobachtungsstudie von Buss und Goldsmith
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(1998), die 148 Kleinkinder von 6, 12 und 18 Monaten im Labor durch standardisierte Reize in Angst, Ärger und Freude versetzten und ihr anschließendes emotionales Ausdrucksverhalten bzw. ihre Regulierungsstrategien beobachteten. Nur wenn die Intensität des Emotionsausdrucks im Verlauf zurückging (oder nicht weiter anstieg), lag für Buss und Goldsmith (1998) ein Nachweis vor, dass die Emotion reguliert worden war. Den Babys mit 6 Monaten gelang es in der Regel nur durch Ablenkung, ihre Angst und ihren Ärger im Ausdruck zu dämpfen. Erst ab dem Alter von 1 Jahr reduzierte sich die Intensität des Ärgerausdrucks auch dann, wenn die Kinder zum vorenthaltenen Spielzeug griffen oder zur Mutter oder zur Versuchsleiterin blickten. Indem sie selbst aktiv wurden und anfingen, planvoll zu handeln oder erwachsene Personen einzubeziehen, schafften es die 1-Jährigen, ihren Ärger zu besänftigen. Bei Angst war die Erweiterung ähnlich (Buss & Goldsmith, 1998). Mit diesen zusätzlichen Strategien haben sich die Möglichkeiten von Kleinstkindern zur Bewältigung ihrer negativen Gefühle im Verlauf von wenigen Monaten vervielfacht. Im Laufe der Kindheit wandelt sich die Form, in der Emotionen bevorzugt reguliert werden. Während bis zum zweiten Geburtstag vor allem behaviorale Strategien zur Kontrolle des Ausdrucksverhaltens gelernt werden, gewinnen kognitive Strategien ab dem Vorschulalter zunehmend an Bedeutung (Harris, 1992). Dass die Ausdrucksmodulation schon sehr früh perfektioniert wird, lässt sich daran ablesen, dass es den meisten 3-Jährigen aus Eigeninteresse bereits gelingt, Erwachsene zu täuschen (Lewis, Stanger & Sullivan, 1989). Die willentliche Ausdrucksmodulation zur Erfüllung von sozialen Darbietungsregeln wird ab den Vorschuljahren immer weiter verfeinert. Den Nachweis hierfür erbrachte Cole (1986) in einem Experiment, in dem sie u. a. bei 20 Mädchen zwischen 3:0 und 4:9 Jahren durch Belohnungen eine positive Erwartungshaltung aufbaute, die sie dann enttäuschte, indem sie dem Mädchen ein Geschenk gab, das es am Anfang als sehr unattraktiv eingestuft hatte. War das Kind bei der Übergabe des Geschenks zusammen mit der „neutral“ aussehenden Versuchsleiterin im Raum, dann überwogen die positiven Reaktionen in der Mimik. Wenn die Versuchsleiterin den Raum gleich nach Aushändigung der Gabe verließ und das Kind allein zurückließ, überwogen jedoch die negativen Reaktionen (Cole, 1986). Kinder schaffen es demgemäß schon vor der Vorschulzeit, ihre Enttäuschung durch positives Ausdrucksverhalten (meist Lächeln) zu maskieren, wobei Mädchen dies früher und häufiger tun als Jungen (Saarni, 1984). Da behaviorale Strategien, wie etwa die Maskierung der Enttäuschung, impliziter Natur sind, scheint sich die Regulierung auf dieser Ebene früher zu entwickeln als das explizite Wissen darüber. Dass man andere durch sein Ausdrucksverhalten in die Irre führen kann, konnte nämlich nur eins der 20 Mädchen bei der Nachbefragung in Coles Studie (1986) mit Worten benennen. Holodynski (2004)
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untermauerte in einem abgewandelten Enttäuschungsexperiment, dass das Wissen über die Wirkungen der Ausdrucksminimierung mit einer Reduktion des Ausdrucks von Freude und Enttäuschung einherging. Dass zwischen 6 und 8 Jahren zudem der Ausdruck (nicht aber das Erleben) von Freude und Enttäuschung geringer wird, führt Holodynski (2004) auf die zunehmende Internalisierung dieser Emotionen zurück. Ab dem Schulalter können Kinder über die Strategien Auskunft geben, mit denen sie ihre Gefühle regulieren. Auch wenn Selbstauskünfte zum Gefühlsleben Verfälschungstendenzen unterliegen, so gewinnt man auf diese Weise doch Einblick in intrapsychische Regulierungsstrategien, die anders bisher außerordentlich schwierig (wenn überhaupt) nachzuweisen sind. Nach den Forschungen von Harris und Kollegen (1992) können Kinder mit fortschreitendem Alter eine immer größere Zahl von Strategien benennen, um belastende Situationen zu bewältigen. Während 6-Jährige vor allem Strategien auf der Handlungsebene schilderten, gaben 10- und 15-Jährige häufiger mentalistische Strategien an, deren Folgen sie erläutern konnten (Harris, 1992). Mit der Erweiterung des Repertoires im Jugendalter (Grob & Smolenski, 2004) wächst die Flexibilität der Heranwachsenden beim Einsatz von Strategien der Emotionsregulierung, die sie darüber hinaus nun auch immer bewusster einsetzen können. Thema 2: Die Emotionsregulierung verschiebt sich von interpersonaler zu intrapsychischer Regulierung. Während der Einfluss der Bezugspersonen auf die Regulierung am Anfang des Lebens noch relativ groß ist, werden im Laufe der Entwicklung immer mehr Situationen und Emotionen eigenständig gemeistert. Die interpersonale Regulierung verlagert sich dabei im Laufe der Zeit immer mehr zur intrapsychischen Regulierung (Sroufe, 1996). Für den Einfluss der ElternKind-Beziehung auf die Emotionsregulierung von jungen Kindern liegen viele Ergebnisse vor, so etwa die Wiedervereinigungssequenzen bei sicher gebundenen Kleinkindern im Fremde-Situations-Test der Bindungsforschung (Grossmann et al., 1997) sowie die Sequenzmodelle von Friedlmeier und Trommsdorff (2002). Dass die Selbstregulation zunehmend an die Stelle der Emotionsregulierung durch die Bezugspersonen tritt, ist vielfach nachweisbar (Holodynski & Friedlmeier, 2005; Friedlmeier & Holodynski, 1999; Spangler, 1999; Grossmann et al., 1997). In Anlehnung an Sroufe (1996) beschreiben Holodynski und Oerter (2002) den Übergang von einer interpersonalen zu einer intrapersonalen Emotionsregulation als ein in fünf Phasen erfolgender Prozess, in dem das Kind immer mehr Anteile der Regulation, die zuvor die Bezugsperson ausgeführt hat, selbstständig ausführen kann. Offen ist dabei allerdings, ob die Selbstregulation ausschließlich durch die Fremdregulation gelernt wird (Holodynski, 1999) oder ob Veränderungen in anderen Bereichen der Entwicklung ebenfalls einen Beitrag leisten (vgl. Thema 1).
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Daher möchten wir im Folgenden die im Schulalter stattfindende Verschiebung der Einflussnahme hin zu den Peers illustrieren. Zeman und Garber (1996) befragten Kinder der 1., 3. und 5. Schulklasse zu den Erwartungen, die sie hegten, wenn ein Protagonist ihres Alters und ihres Geschlechts Empfindungen von Ärger, Trauer oder Schmerz in hypothetischen Geschichten vor drei verschiedenen Personengruppen zeigte. Zwischen den Kindern variierte, ob die Mutter, der Vater, oder ein gleichaltriges Kind den Emotionsausdruck sah. Auch wenn die Ergebnisse je nach Emotion etwas unterschiedlich ausfielen, so wurde doch eins deutlich: Im Beisein von Peers würden die Kinder Ärger, Trauer oder Schmerz am wenigsten intensiv ausdrücken, denn von den Gleichaltrigen erwarteten die Kinder am wenigsten Verständnis, wenn sie diese Gefühle offen zeigten (Zeman & Garber, 1996). Dass sich Schulkinder gegenüber Peers selbst bei ärgererregenden Provokationen nur zu minimalen Ausdrucksbewegungen hinreißen lassen, deckt sich mit einer Beobachtungsstudie von Underwood, Hurley, Johanson und Mosley (1999). Eigene Untersuchungen zur Entwicklung der Ärgerregulierung in der Freundschaft bestätigen, dass Strategien der Distanzierung zwischen 9 und 13 Jahren nach eigenen Angaben immer häufiger gewählt wurden (von Salisch, 2000, 2001), allerdings nicht von Jungen mit ADHS (Bonekamp & von Salisch, 2007). Im Verlauf des Jugendalters ging die Distanzierung dann aber im Mittel zurück, während die Aushandlung des Ärgers in den Vordergrund trat (von Salisch & Vogelgesang, 2005; von Salisch, in Druck). Entscheidend war dabei der Beziehungskontext einer spezifischen Freundschaft, denn Selbstbericht und Fremdbericht über die Ärgerregulierung stimmten nur dann überzufällig überein, wenn beide Partner eines Freundespaares darüber berichtet hatten (von Salisch & Pfeiffer, 1998). Empathie Auch wenn der Begriff Empathie in verschiedenen Forschungszusammenhängen in etwas unterschiedlicher Weise definiert wurde (z. B. Eisenberg & Fabes, 1998; Hoffman, 2000), so ist doch allen Definitionen gemeinsam, dass Empathie eine Reaktion auf die Gefühlslage einer anderen Person darstellt. Dabei geht es darum, die Gefühle des anderen zu teilen und zu verstehen, wobei das Gefühl auf den anderen bezogen bleibt und als dessen Gefühl erkannt wird (z. B. Bischof-Köhler, 2000). Dadurch unterscheidet sich Empathie von einer Gefühlsansteckung, die bereits bei Neugeborenen auftritt, etwa wenn diese in das Schreien anderer Säuglinge einstimmen. Dabei überträgt sich zwar ein Gefühl, aber der angesteckte Säugling kann nicht erkennen, dass das subjektive Erleben anderer die Ursache für seine eigene Empfindung ist (Bischof-Köhler, 1988, 2000). Empathie kann man als ein multidimensionales Konstrukt auffassen, das neben einer emotionalen Facette auch kognitive und behaviorale Dimensionen umfasst,
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also die Fähigkeit, die Gefühle eines Gegenübers richtig wahrzunehmen (kognitive Komponente) und seine Not durch Hilfeleistung zu lindern (behaviorale Komponente, die gemeinhin als prosoziales Verhalten bezeichnet wird). Die Forschungen zur Empathieentwicklung in der Kindheit erfassen überwiegend die behaviorale Komponente der Empathie. Bei dieser Operationalisierung muss man in Kauf nehmen, dass Hilfe gelegentlich geleistet wird, auch wenn empathisches Mitgefühl und Verständnis gar nicht vorhanden sind, und umgekehrt, dass das Ausbleiben von Hilfeleistungen nicht zwangsläufig fehlendes Mitgefühl und Verständnis anzeigen muss (vgl. Bischof-Köhler, 2000). In solchen Fällen ist man bei Kleinkindern darauf angewiesen, das Ausdrucksverhalten zu analysieren. Hier geht es um die schwierige Frage, wie man empathisches Mitgefühl von Gefühlsansteckung und selbstbezogener Anspannung und Unruhe abgrenzen kann. Ab welchem Alter zeigen Kinder die Bereitschaft und die Fähigkeit zur Empathie? Um ein Gefühl auf einen anderen Menschen beziehen zu können, muss ein Kind zunächst sicher zwischen dem Selbst und den Anderen unterscheiden können (Bischof-Köhler, 1988). Da dies im Laufe des ersten Lebensjahres noch nicht möglich ist, reagieren Kleinkinder auf das Leid Anderer entweder nicht oder aber so, als wären sie selbst betroffen (z. B. Zahn-Waxler & Radke-Yarrow, 1982). Sobald die Ich-Andere-Unterscheidung jedoch im Laufe des zweiten Lebensjahres möglich wird, zeigen Kinder empathische Gefühle und bieten in eine missliche Situation geratenen Personen ihre aktive Hilfe an (z. B. Bischof-Köhler, 2000; Eisenberg & Fabes, 1998; Zahn-Waxler et al., 1992). Die Mittel, die sie dabei wählen, entsprechen allerdings noch oft ihren eigenen Präferenzen, wie etwa der Schnuller, den sie dem traurigen Erwachsenen zum Trost anbieten. Mit dem Erwerb einer Theory of Mind mit etwa 3–4 Jahren erweitern sich die Fähigkeiten von Kindern, die Emotionen anderer akkurat zu erfassen, noch einmal erheblich (Denham, 1999; Dunn et al.,1991). In einer Reihe von Untersuchungen wurden schon im frühen Alter von 2 Jahren interindividuelle Differenzen im Ausmaß des empathischen Verhaltens festgestellt. Warum verhält sich das eine 2-jährige Kind empathisch, wenn einer Spielgefährtin ein Missgeschick unterläuft, während ein gleichaltriges Kind mit den gleichen kognitiven Voraussetzungen in einer ähnlichen Situation entweder gar nicht reagiert oder im Angesicht des Leids der Spielgefährtin Unbehagen und Anspannung erlebt? Solche Unterschiede wurden zum einen auf ungleiche Sozialisationsbedingungen zurückgeführt, insbesondere die Bindungsqualität zwischen Kind und der primären Betreuungsperson. Die empirische Evidenz spricht beispielsweise dafür, dass unsicher gebundene Kleinkinder mehrheitlich unempathisch auf die Notlage einer Person reagieren, während sicher gebundene eher Betroffenheit und Hilfeversuche zeigen (Bischof-Köhler, 2000). Bezüglich des elterlichen Erziehungsstils scheint für die Empathieentwicklung vor allem förderlich zu sein, wenn die Eltern einfühlsam, freundlich und unterstützend
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mit dem Kind umgehen, dieses auf die Folgen seines Verhaltens hinweisen und so Zusammenhänge und Einsichten vermitteln (warmer und induktiver Stil; z. B. Eisenberg & Fabes, 1998; Hoffmann, 2000; Ulich, Kienbaum & Volland, 2000). Als eine weitere Quelle für individuelle Unterschiede im empathischen Verhalten von Kindern wurden Temperamentsunterschiede untersucht. So sprechen empirische Befunde dafür, dass Reaktivität und Regulationsfähigkeit eine bedeutsame Rolle spielen. Kinder, die leicht emotional erregbar sind und ihre Erregung nur schlecht regulieren können, sind weniger empathisch und fühlen sich im Angesicht einer Person in Not eher angespannt und unwohl als Kinder, deren Erregungsschwelle höher liegt und die sich besser regulieren können (z. B. Rothbart, Ahadi & Hershey, 1994; Valiente et al., 2004). Eine Reihe von Untersuchungen belegt entsprechend, dass in sozialen Situationen gehemmte und schüchterne Kinder sich seltener empathisch verhalten als ihre ungehemmteren Altersgenossen (z. B. Young, Fox & Zahn-Waxler, 1999). Letztendlich interferiert eine Übererregung in unbekannten und belastenden Situationen, so die Annahme, mit dem Vermögen, sich gegenüber anderen empathisch zu verhalten. Was die allgemeine Entwicklung der Empathie in der Kindheit angeht, ist kein stetiges Anwachsen zu erwarten oder zu beobachten. Spätestens im Kindergartenalter lernen Kinder immer stärker zu differenzieren, wer Empathie und Hilfeleistung verdient und wer nicht (z. B. Hay, 1994). Kinder werden mit den Erwartungen der Eltern und Erzieher konfrontiert und lernen beispielsweise, dass selbstverschuldetes Leid weniger Empathie verdient als schuldloses. Spätestens im dritten Lebensjahr werden Kinder mit Überlegungen zu Fairness und Gerechtigkeit vertraut (z. B. Keller & Edelstein, 1993). Das wachsende Wissen über soziale Konventionen und die Ausbildung eigener normativer Überzeugungen führen dazu, dass Kinder sich immer stärker daran orientieren, wer wirklich Empathie und Hilfestellung verdient (z. B. Volland, Ulich & Fischer, 2004). Empathisches Verhalten wird somit komplexer, differenzierter, empfängerbezogener und kann auch abstraktere Formen annehmen. Im Vergleich zur Kindheit gibt es relativ wenige entwicklungspsychologische Untersuchungen der Empathie im Jugend- und Erwachsenenalter. Zwei Befunde verdienen es jedoch, erwähnt zu werden. Zum einen verläuft die Entwicklung von Empathie insofern weiterhin differentiell, als sich Jugendliche an ähnlichen Situations- und Personenmerkmalen wie Kinder orientieren, wenn es um die Frage geht, wer Empathie verdient (Ulich & Volland, 1998). Zum anderen hat sich gezeigt, dass es auch im Jugendalter beachtliche individuelle Differenzen in der Bereitschaft zu empathischem Verhalten gibt. Die von anderen erfahrene Wertschätzung der eigenen Person scheint hierbei eine Rolle
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zu spielen, denn Jugendliche, die von ihren Eltern und Gleichaltrigen eine hohe Wertschätzung erfuhren und in diesem Sinne bindungssicher waren, reagierten eher empathisch als Jugendliche, denen weniger Wertschätzung entgegengebracht wurde (vgl. Ulich et al., 2002). Die Einflüsse der Wertschätzung durch andere konnten im späten Jugendalter bzw. im jungen Erwachsenenalter allerdings nicht mehr nachgewiesen werden. Eine Erklärung hierfür könnte darin liegen, dass die frühen Erfahrungen von Wertschätzung internalisiert wurden. Das in der frühen Jugend ausgebildete Selbstkonzept mag im Erwachsenenalter zunehmend stabiler und von einzelnen Erfahrungen immer weniger modifizierbar sein (z. B. Swann, 1990). 3.1.3 Zusammenfassung Insgesamt kennzeichnet unseren Überblick über die emotionale Entwicklung in Kindheit und Jugend eine zweiseitige Perspektive, bei der allgemeine emotionale Entwicklungen in ihrer Verschränkung mit der Einflussnahme durch Bezugspersonen und andere Vertraute dargestellt werden. Die intrapsychische Sicht wurde damit durch eine interpersonale ergänzt. Wünschenswert wäre es, wenn die zukünftige Forschung im Sinne eines dynamischen Interaktionismus untersuchen würde, wie die Charakteristika einer Person (beispielsweise ihr Temperament sowie ihre Ziele und Interessen) und die ihres sozialen Kontexts sich kontinuierlich und wechselseitig beeinflussen und somit die emotionale Entwicklung gemeinsam prägen. Auf einer deskriptiven Ebene lässt sich die emotionale Entwicklung in Kindheit und Jugend als ein miteinander verbundenes System von Komponenten beschreiben, die zunehmend bewusster werden (was natürlich das Wissen einschließt, dass manche Emotionen mitunter nur sehr schwer zu verbalisieren sind; Saarni, 1999). Aus den regelhaften Verknüpfungen von Ausdruck und Situation bei einer kleinen Zahl von Vorläuferemotionen der Neugeborenenzeit bildet sich durch die immer subtiler werdenden Bewertungen mit der Zeit ein größeres Spektrum von differenzierteren Emotionen aus. Interpersonale Einflüsse im ersten Lebensjahr beziehen sich auf das Kontingenzlernen der Kinder, welcher Emotionsausdruck der Eltern ihrem eigenen emotionalen Ausdrucksverhalten regelhaft folgt. Auf der Ebene von geteilten emotionalen Bewertungen läuft die soziale Bezugnahme in zweideutigen Situationen ab, die zum Ende des ersten Lebensjahres hin immer häufiger wird. Die Entwicklung emotionaler Kompetenzen beginnt relativ früh im Lebenslauf, wobei die einzelnen Kompetenzen zunehmend komplexer werden. Wie berichtet, macht die mentale Repräsentation von Emotionen durch den Spracherwerb einen großen Schritt nach vorn. Wie häufig (oder selten) emotionsbe-
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zogene Ausdrucksmuster, physiologische Reaktionen oder Situationskonstellationen (neben anderen Befindlichkeiten) von den Bezugspersonen mit Emotionswörtern belegt werden, war Gegenstand von Familienbeobachtungen, die die interpersonale Einflussnahme auf die semantische Repräsentation von Emotionen verdeutlichen. Was in diesem Forschungsbereich fehlt, sind Studien, die sich nicht auf die Quantität, sondern auf die Qualität dieser emotionsbezogenen Äußerungen von Bezugspersonen beziehen, also die Akkuratheit und die Angemessenheit dieser verbalen Emotionsbenennungen untersuchen und ihre Auswirkungen auf die emotionale, soziale und moralische Entwicklung der Kinder erforschen. Denn gerade im Vorschulalter wächst mit dem Sprachvermögen, dem Erwerb einer Theory of Mind und der Kommunikation über Gefühle mit vertrauten Partnern in schnellen Schritten auch das Verständnis für Emotionen. Im Verlauf der 2 Jahre vor ihrem 6. Geburtstag erwerben die meisten Kinder ein Wissen über die Emotionskomponenten Situation, Ausdruck, physiologische Reaktionen und Bewertungen. Für zukünftige Forschungen wäre es interessant, die Entwicklung der zunehmend komplexeren Bewertungen nachzuzeichnen und interpersonale Einflüsse auf diese Wissensbestände zu ergründen. Während am Beginn des Lebens Bezugspersonen großen Einfluss auf die Emotionsregulation nehmen, werden Heranwachsende zunehmend fähig zur Selbstregulation und zu neuen Formen der Emotionsregulation, wie dem klärenden Gespräch über Ursachen und Folgen des eigenen Gefühls, was gemeinhin als „soziale Unterstützung“ bekannt ist. Wer als Unterstützungspartner bevorzugt wird, das wandelt sich dabei von Eltern über Freundinnen und Freunde hin zu romantischen Partnerinnen und Partnern. Alle Bemühungen dieser „signifikanten anderen“ treffen auf einen Menschen, der sich auf einem spezifischen Entwicklungsstand befindet, der von seiner Konstitution her bestimmte Temperamentsmerkmale (z. B. in Hinblick auf seine emotionale Reaktivität) mit sich bringt und der in seinem Leben wiederholt bestimmte Beziehungserfahrungen (z. B. über die Zugänglichkeit von Bezugspersonen in Belastungssituationen) gemacht hat. Diese Punkte sind ebenso wie der Einfluss des Geschlechts bei der Erforschung der emotionalen Entwicklung zu bedenken. Schließlich beginnt auch die Entwicklung der Empathie sehr früh im Lebenslauf, wobei das empathische Verhalten und Erleben während der mittleren Kindheit immer differenzierter und mit dem jeweiligen situativen Kontext abgestimmter wird. Wie wir referiert haben, wird die Entwicklung der Empathie maßgeblich von den sozialen Erfahrungen der Heranwachsenden wie auch von deren Temperament und Persönlichkeit geprägt. Ein Thema für die zukünftige Forschung bezieht sich auf die Frage, inwieweit Temperament und sozialer Kontext bei der Empathieentwicklung zusammenwirken. Möglicherweise kann der soziale Kontext eines Kindes etwaige Nachteile, die sich durch Schüchtern-
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heit und Gehemmtheit ergeben könnten, ausgleichen. Umgekehrt sind auch Kontexte denkbar, die Temperamentsunterschiede zwischen Kindern über die Zeit hinweg verstärken (vgl. Kienbaum, 2002). Eine weitere Frage, die bislang nicht systematisch angegangen wurde, bezieht sich auf die einzelnen Empathiekomponenten und die Frage, ob diese sich in unterschiedlicher Weise entwickeln. So wäre es möglich, dass sich das akkurate Verstehen der Gefühle anderer in der Kindheit später entwickelt als das empathische Mitgefühl und das prosoziale Verhalten. Auch sollten nicht nur individuelle Differenzen im empathischen Verhalten zu einem gegebenen Zeitpunkt untersucht werden, sondern vor allem auch individuelle Differenzen in intraindividuellen Veränderungen. Wie kann man etwa erklären, dass ein zunächst hoch empathisches Kleinkind im Laufe seiner Kindheit weniger empathisch wird, während ein anderes Kind den umgekehrten Entwicklungsverlauf zeigt? Um diese und ähnliche Fragen zu beantworten, bedarf es einer kreativen Mischung von experimentellen Designs und längsschnittlichen Untersuchungen im Feld.
3.2 Emotionale Entwicklung im Erwachsenenalter und Alter 3.2.1 Allgemeine theoretische Perspektiven Im Mittelpunkt der Forschung zur emotionalen Entwicklung im Erwachsenenalter und Alter steht die Frage, ob sich das Emotionserleben verbessert oder verschlechtert. Im Gegensatz zur Kinder- und Jugendforschung wird hier also über die Richtung der Entwicklung, Wachstum oder Verlust, debattiert. Auf der einen Seite stehen Forscher, die davon ausgehen, dass Emotionen im Erwachsenenalter und besonders im Alter ein Verlustthema sind. Besonders frühere Arbeiten vertraten die Annahme, dass das Emotionserleben mit zunehmendem Alter immer mehr abflacht, insgesamt negativer getönt ist und emotionale Kompetenzen zum Erliegen kommen (vgl. Malatesta, 1981; Schulz, 1985; vgl. auch Looft, 1972). Diese altersbezogenen Verluste wurden auf verschiedene Weise erklärt. Zum ersten ging man schlicht davon aus, dass emotionale Kompetenzen einen ganz ähnlichen Altersverlauf nehmen wie basale kognitive und biologische Funktionen (vgl. Schulz, 1985). Zum zweiten wurde gemäß der Disengagement-Theorie angenommen, dass die Vorbereitung auf den eigenen Tod mit einem emotionalen Rückzug von der Welt einhergeht, der sowohl vom betroffenen Individuum als auch von seiner sozialen Umgebung gewollt ist (Cumming & Henry, 1961). Dieser Rückzug, so die Annahme, sollte zu Verlusten in der Positivität und Reichhaltigkeit des Emotionserlebens führen. Insgesamt betonten frühere Arbeiten also die mit dem Alter einhergehenden Verluste und Einschränkungen; der alternde Mensch wurde als ein mehr oder weniger passives Opfer dieser Ereignisse begriffen.
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Im Gegensatz zu diesen frühen Arbeiten zeichnen neuere Arbeiten ein durchweg positives Alternsbild. Hier werden Emotionen als eines der wenigen Gewinnthemen des Erwachsenenalters und Alters verstanden, die im Gegensatz zu basalen kognitiven und biologischen Funktionen im Laufe des Erwachsenenalters und Alters nicht von Verlusten gekennzeichnet sind (z. B. Carstensen, 2006; Carstensen & Charles, 1998; Charles & Carstensen, 2007). Vertreter dieser Sichtweise betonen, dass das Älterwerden mit der Akkumulation von Lebenserfahrung einhergeht, die den emotionalen Kompetenzen eines Individuums zugute kommen. Auch wird angeführt, dass es gerade die emotional getönten Erlebnisse sind, die im Alter Bedeutung besitzen, und es insofern unwahrscheinlich ist, dass emotionale Kompetenzen wie beispielsweise die Fähigkeit, die eigenen Emotionen regulieren zu können, verloren gehen. Demnach geht das Altern keineswegs mit einem generellen motivationalen Defizit einher, wie dies in der Disengagement-Theorie postuliert wurde. Die von Carstensen entwickelte „Socioemotional Selectivity Theory“ geht vielmehr davon aus, dass das Altern und die hiermit verbundene immer kürzer werdende Lebenszeit eine Prioritätenverschiebung persönlicher Ziele und Interessen mit sich bringt, und zwar zugunsten von emotional bedeutsamen und befriedigenden Erlebnissen (z. B. Carstensen, 2006; Carstensen, Isaacowitz & Charles, 1999). Diese Prioritätenverschiebung zeigt sich beispielsweise darin, dass ältere Menschen ihnen emotional nahestehenden Personen den Vorzug geben und den Kontakt zu entfernt stehenden Menschen eher aufgeben (Carstensen, 1995). Auch konnte gezeigt werden, dass ältere Menschen emotionalen Informationen generell viel Aufmerksamkeit schenken und sich an diese besser erinnern als an neutrale Informationen (z. B. Carstensen & Charles, 1994; Charles, Mather & Carstensen, 2003; Mather & Carstensen, 2003). Schließlich berücksichtigen ältere Erwachsene bei der Bewältigung von Lebensproblemen in größerem Ausmaß emotionale Belange als dies junge Erwachsene tun (z. B. Blanchard-Fields, Jahnke & Camp, 1995; Blanchard-Fields, Mienaltowski & Seay, 2007). All diese altersbezogenen Veränderungen, so die Annahme, vertragen sich nicht mit einem Verlust an emotionaler Lebensqualität, sondern sollten vielmehr mit einer Stabilität bzw. Optimierung emotionaler Kompetenzen einhergehen. Welche Sichtweise ist nun die angemessene? Wie verändern sich Emotionen und emotionale Kompetenzen im Erwachsenenalter und Alter? Was ist das vorherrschende Thema: Verlust oder Gewinn? Bezieht man die Leitsätze der Entwicklungspsychologie der Lebensspanne auf den Bereich des emotionalen Alterns, wird deutlich, dass die Antwort auf diese Frage einer differenzierten Betrachtung bedarf. Die empirischen Befunde, die wir im nächsten Abschnitt referieren werden, legen ebenfalls nahe, dass die emotionale Entwicklung im Erwachsenenalter und Alter vielgestaltig ist; sie umfasst gleichzeitig Gewinne und Verluste.
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3.2.2 Emotionsprozesse Hinsichtlich basaler Emotionsprozesse hat sich die Forschung zum emotionalen Altern hauptsächlich damit beschäftigt, wie sich die Kapazität, auf potenziell emotionale Ereignisse spontan und angemessen zu reagieren, mit dem Alter verändert. Hierbei geht es um die Frage, ob sich die Intensität der emotionalen Reaktionen im Laufe des Erwachsenenalters und Alters verändert. Haben ältere Erwachsene also ähnlich intensive Gefühle wie junge Erwachsene oder ist die emotionale Reaktivität im Alter eher abgeschwächt? Laientheorien des Alterns schreiben die „Sturm und Drang“-Phase der Jugend zu, während von älteren Erwachsenen eher gemäßigte emotionale Reaktionen erwartet werden (z. B. McFarland, Ross & Giltrow, 1992). Aber wie sieht die empirische Befundlage hierzu aus? Übereinstimmend mit impliziten Alternstheorien berichten ältere Menschen tatsächlich, dass ihre Gefühle im Allgemeinen weniger intensiv sind als die jüngerer Erwachsener (z. B. Diener, Sandvik & Larsen, 1985; Gross et al., 1997; Lawton, Kleban, Rajagopal & Dean, 1992). In einer Untersuchung von Lawton und Kollegen (1992) stimmten ältere Menschen beispielsweise den folgenden Aussagen eher zu als Erwachsene mittleren und jüngeren Alters: „Meine negativen Emotionen sind ziemlich mild“, „Meine Sorgen sind so gering, dass ich sie oft gar nicht bemerke „ oder „Meine Gefühle sind weniger stark als die anderer Menschen“. In einer Stichprobe von 16 bis 68 Jahre alten Personen stellten auch Diener und Kollegen (1985) fest, dass die Intensität von positiven wie auch negativen Gefühlen in negativem Zusammenhang mit dem Lebensalter steht. Falls diese Befunde nicht das Resultat von Kohorteneffekten sind, würde eine biologische Sichtweise die mit dem Alterungsprozess einhergehende reduzierte Effizienz sowie die Verlangsamung basaler biologischer Prozesse als eine Erklärung anführen (z. B. Timiras, 1994; Woodruff-Park, 1997). Das autonome Nervensystem, das eine wichtige Rolle für die emotionale Intensität spielt, ist eines von vielen biologischen Systemen, das sich mit dem Alter verändert; dabei nehmen sowohl der sympathische als auch der parasympathische Tonus mit zunehmendem Alter ab (z. B. Evans & Williams, 1992; Frolkis, 1977). Solche altersbezogenen Veränderungen könnten sich direkt auf die Intensität des Emotionserlebens auswirken und somit einen Grund für die selbstberichtete Abnahme im subjektiven Gefühlserleben darstellen. Die Frage, ob die von älteren Erwachsenen berichtete geringere Intensität subjektiver Gefühle die Folge einer reduzierten biologischen Kapazität darstellt, kann man wohl am besten im Rahmen experimenteller Forschung klären. Hier werden junge und ältere Erwachsene unter standardisierten Bedingungen den
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gleichen emotionsauslösenden Ereignissen ausgesetzt und die hierauf folgenden physiologischen, subjektiven und auch behavioral-expressiven Reaktionen simultan und in Echtzeit erfasst. Vor allem Levenson und seine Kollegen haben solche Experimente durchgeführt und Erwachsene verschiedenen Alters mit Ereignissen konfrontiert, die diskrete Emotionen wie Angst, Ärger, Ekel oder Freude auslösen (z. B. Levenson, Carstensen, Friesen & Ekman, 1991; Levenson, Carstensen & Gottman, 1994; Tsai et al., 2000). Die Studien dieser Forschungsgruppe haben ergeben, dass die mit den jeweiligen diskreten Emotionen verbundenen autonomen Reaktionen älterer Erwachsener (bspw. Herzrate, Atmungsfrequenz oder Fingertemperatur) tatsächlich von geringerer Intensität waren als die junger Erwachsener. Labouvie-Vief und ihre Kollegen konnten den Befund einer reduzierten kardiovaskulären Reaktion im Alter beim Wiedererleben emotional bedeutsamer persönlicher Erlebnisse, die mit den Emotionen Ärger, Angst, Traurigkeit und Freude verbunden waren, replizieren (Labouvie-Vief, Lumley, Jain & Heinze, 2003). Im Gegensatz hierzu fanden sich allerdings keine altersbezogenen Unterschiede in den subjektiven und mimisch-expressiven Reaktionen auf die bislang verwendeten emotionsauslösenden Reize. In einer Studie mit traurigen und lustigen Kurzfilmen berichteten beispielsweise junge und ältere Erwachsene ähnlich intensive gefühlsmäßige Reaktionen (Tsai et al., 2000). Gleiches wurde auch mittels anderer emotionsauslösender Aufgaben festgestellt, wie etwa beim Wiedererleben emotional bedeutsamer persönlicher Ereignisse oder während Gesprächen über langandauernde Konflikte mit dem Ehepartner (Malatesta, Izard, Culver & Nicolich, 1987; Levenson et al., 1991, 1994). Hier ergaben sich zwar Altersunterschiede im Ausmaß der peripherphysiologischen Aktivierung; junge und ältere Erwachsene unterschieden sich jedoch nicht in der Intensität ihrer subjektiven und mimisch-expressiven Reaktionen. Insgesamt spricht die experimentelle Befundlage somit dafür, dass die Kapazität, Gefühle zu erleben und diese auch zu zeigen, bis ins hohe Alter hinein erhalten bleibt trotz der Intensitätsabnahme auf der Ebene autonomer Reaktionen. Dies ist ein Hinweis auf die relative Unabhängigkeit der Emotionssysteme sowie ein Beleg dafür, dass Entwicklungsprozesse keineswegs uniform sind, sondern multidirektional. Darüber hinaus gibt es auch Evidenz dafür, dass Altersunterschiede in der emotionalen Reaktivität von Kontextfaktoren abhängig sind. So konnte in einem Experiment von Kunzmann und Grühn (2005) Evidenz dafür vorgelegt werden, dass die Altersrelevanz von emotionsauslösenden Ereignissen eine zentrale Rolle spielt. Hier reagierten ältere Erwachsene auf verschiedene Filmausschnitte,
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deren gemeinsames Merkmal es war, dass sie altersbezogene Verluste wie Tod und Sterben oder die Alzheimerkrankheit thematisierten, konsistent mit stärkeren subjektiven Gefühlen, insbesondere Traurigkeit, als junge Erwachsene. Darüber hinaus wurde in dieser Studie keine altersbezogene Abnahme in der peripherphysiologischen Reaktivität festgestellt: Die autonomen Reaktionen der älteren Erwachsenen waren ebenso stark wie die der jungen Erwachsenen. Diese Evidenz ergänzt die Befunde früherer Studien, die altersneutrale Stimuli verwendeten, und spricht gegen einen generellen altersbezogenen Abbau in der Kapazität, auf relevante Situationen mit den angemessenen Emotionen zu reagieren. Beziehen sich emotionale Reize auf zentrale Entwicklungsaufgaben und -themen des Alters (z. B. Erikson, 1959) und sind für ältere Erwachsene deshalb besonders bedeutsam, reagieren sie ebenso stark oder stärker als junge Erwachsene; selbst auf der Ebene peripherphysiologischer Reaktionen lassen sich dann keine altersbezogenen Verluste mehr nachweisen. Ähnliche Befunde wurden auch von Charles und Piazza (2007) für die Ebene des subjektiven Erlebens im Rahmen einer Vignettenstudie vorgelegt. Hier wurden junge und alte Erwachsene darum gebeten, sich an die Intensität ihrer Emotionen in einer Reihe von sozialen Interaktionen, die sich hinsichtlich ihrer Altersrelevanz voneinander unterschieden, zu erinnern. Dass ältere Menschen dennoch berichten, sie würden im Alltag generell weniger intensive Gefühle erleben als jüngere Erwachsene, könnte die folgenden komplementären Gründe haben: Zum einen ist das tägliche Leben älterer Menschen möglicherweise weniger abwechslungsreich als das junger Erwachsener. Eine Vielzahl von Untersuchungen hat festgestellt, dass die sozialen Netzwerke mit zunehmendem Alter kleiner werden (Lang & Carstensen, 1994). Auch verfolgen ältere Menschen seltener soziale und individuelle Freizeitaktivitäten als jüngere Erwachsene (Baltes, Maas, Wilms, Borchelt & Little, 1999). Solche Veränderungen des täglichen Lebens könnten dazu führen, dass man mit zunehmendem Alter seltener intensive Gefühle – und zwar positive wie negative – erlebt. Eine weitere Möglichkeit, auf die wir im nächsten Abschnitt ausführlicher eingehen werden, besteht darin, dass ältere Erwachsene ihre Gefühle häufiger und vielleicht auch besser willentlich regulieren und deshalb den Eindruck gewinnen, diese seien gewöhnlich weniger intensiv als die Gefühle jüngerer Erwachsener.
3.2.3 Emotionale Kompetenzen Emotionsregulation Ältere Erwachsene glauben von sich selbst, dass sie ihre emotionalen Reaktionen öfter und besser regulieren als Jugendliche und junge Erwachsene, und stimmen Aussagen wie den folgenden eher zu: „Man sieht mir weder an, wenn ich glück-
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lich noch wenn ich traurig bin“, „Ich versuche es zu vermeiden, emotional zu reagieren“ oder „Ich kann mich gut beherrschen, auch wenn ich starke Gefühle habe“ (Lawton et al., 1992; vgl. auch Gross et al., 1997). Angesichts der sozialen Erwünschtheit solcher Aussagen und dem Befund, dass ältere Menschen eher sozial erwünscht antworten als junge Erwachsene (Stöber, 2001), ist die Validität dieser Fragebogendaten allerdings in Frage zu stellen. Auch aus der Perspektive der eingangs erwähnten Forschung zur emotionalen Intelligenz ist die Selbstberichtmethode zur Erfassung von Altersunterschieden in der Emotionsregulation fragwürdig, denn „objektiv“ feststellbare Fähigkeiten einer Person müssen keineswegs mit deren subjektivem Fähigkeitsselbstkonzept übereinstimmen (z. B. Salovey & Pizarro, 2003). Dementsprechend wäre es sicher lohnenswert, in zukünftigen alterskomparativen Untersuchungen performanzbasierte Testaufgaben der Emotionsregulation, wie sie von Salovey, Mayer und Kollegen entwickelt wurden, einzusetzen (vgl. Mayer et al., 2008). Aber auch Fähigkeitstests der Emotionsregulation haben Schwächen, wird hier doch eher Wissen über Emotionsregulation erfasst als Emotionsregulation per se. Eine methodische Alternative, die dieses Problem umgeht, besteht darin, Altersunterschiede in der Emotionsregulation experimentell zu untersuchen. Hier gibt man Erwachsenen unterschiedlichen Alters im Labor und unter standardisierten Bedingungen emotionsregulatorische Aufgaben auf und bestimmt die entsprechenden Leistungen objektiv. Eine solche Untersuchung haben Kunzmann, Kupperbusch und Levenson (2005) durchgeführt. Dabei stand eine Form der Emotionsregulation im Mittelpunkt des Interesses: die Regulierung – Verstärkung und Verminderung – des mit negativen Emotionen einhergehenden mimischen Ausdrucksverhaltens. Um Altersunterschiede in dieser Form der Emotionsregulierung zu testen, wurde ein von Gross und Levenson (1993, 1997) entwickeltes experimentelles Paradigma zur Untersuchung der Unterdrückung mimischen Ausdrucksverhaltens junger Erwachsener erweitert. Junge und ältere Erwachsene wurden darum gebeten, sich Filmausschnitte über medizinische Prozeduren anzuschauen, die vor allem starken Ekel auslösen und als äußerst stressreich empfunden werden. Kurz vor Beginn eines Films wurde ein Teil der Studienteilnehmer außerdem instruiert, die eine oder andere der folgenden zwei Anweisungen zu befolgen: „Wenn Sie den folgenden Filmausschnitt sehen, versuchen Sie bitte, so gut Sie können zu zeigen, was Sie empfinden“ (Emotionsverstärkung) oder „Wenn Sie den folgenden Filmausschnitt sehen, versuchen Sie bitte, so gut Sie können, nicht zu zeigen, was Sie empfinden“ (Emotionsunterdrückung). Den Befunden dieser Untersuchung zufolge können ältere Erwachsene ihren Emotionsausdruck ebenso gut wie junge Erwachsene regulieren, also verstärken und unterdrücken. Auch hatte die Regulierung des Emotionsausdruckes in
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beiden Altersgruppen die gleichen peripherphysiologischen Auswirkungen; beide Formen der Regulierung gingen mit einer erhöhten peripherphysiologischen Aktiviertheit (d. h. höherer elektrodermaler Reaktivität) einher. Diese experimentellen Befunde sind einerseits positiv zu bewerten, denn sie sprechen dafür, dass die hier untersuchte Form der Emotionsregulation keine altersbezogenen Verluste aufweist. Auf der anderen Seite ist zu konstatieren, dass ältere Menschen sich selbst möglicherweise zu positiv einschätzen, denn die performanzbasierten Maße sprechen anders als die Selbstberichtsmaße nicht für eine altersbezogene Optimierung (empirische Evidenz für eine Diskrepanz zwischen subjektiven und performanzbasierten Maßen der akademischen Intelligenz berichtet auch Kunzmann, 2008b). Unseres Wissens gibt es neben der gerade beschriebenen Untersuchung keine weiteren Studien, die Altersunterschiede in der Fähigkeit zur Emotionsregulation mittels performanzbasierter Maße, also mittels emotional anspruchsvollen Problemen, die es unter standardisierten Laborbedingungen zu lösen gilt, untersucht haben. Somit stellt sich die Frage, inwieweit der Befund der altersbezogenen Stabilität auf andere Formen der Emotionsregulation generalisierbar ist. Wie bereits ausgeführt, existiert eine Vielzahl von Formen der Emotionsregulation, die man hinsichtlich des Zeitpunktes der Regulation (z. B. vor oder während einer Emotionsepisode), der zu regulierenden Emotion (z. B. Trauer, Freude) und der zu regulierenden Emotionskomponente (z. B. subjektives Gefühl, mimischer Ausdruck) voneinander unterscheiden kann (vgl. Gross, 1998; Thompson, 1994). Damit stellt sich die Frage, ob die sich jeweils ergebenden spezifischen Formen der Emotionsregulation möglicherweise unterschiedliche Altersverläufe zeigen. Die mentale Repräsentation von Emotionen Besonders Labouvie-Vief und ihre Arbeitsgruppe hat sich mit der Frage beschäftigt, wie sich mentale Repräsentationen von Emotionen über Erwachsenenalter und Alter hinweg verändern. In den entsprechenden empirischen Arbeiten wurden Erwachsene verschiedenen Alters gebeten, sich selbst, die Beziehung zu anderen Menschen wie den Eltern und persönlich bedeutsame Erlebnisse zu beschreiben (z. B. Labouvie-Vief, Chiodo, Goguen, Diehl & Orwoll, 1995; Labouvie-Vief et al., 1989; Labouvie-Vief, Diehl, Chiodo & Coyle, 1995). Diese verbalen Berichte wurden hinsichtlich eines von LabouvieVief entwickelten theoriebasierten Kodierschemas, das verschiedene Stufen der persönlichen Reife umfasst, ausgewertet. Den Befunden zufolge nehmen Jugendliche und junge Erwachsene relativ selten Bezug auf ihre eigenen Bewertungen und inneren Gefühle. In deren Beschreibungen geht es weniger um Individualität und mehr um das Einhalten von sozialen Normen und Konventionen. Erwachsene des mittleren Erwachsenenalters bzw. des jüngeren
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Alters (bis ungefähr 65 Jahre) beziehen sich dagegen sehr viel eher auf ihre inneren Gefühle, wobei auch konfliktreiche Gefühle zugelassen und deren zeitliche Dynamik mitgedacht werden. Entgegen Labouvie-Viefs ursprünglicher Annahme werden die mentalen Repräsentationen alter und sehr alter Erwachsener wieder weniger komplex und befinden sich auf einem ähnlichen Niveau wie dem junger Erwachsener (vgl. auch Coats & Blanchard-Fields, 2008). Labouvie-Vief führt die altersbezogene Abnahme in der Komplexität primär auf die mit dem Alter typischerweise einhergehenden Einbußen in der kognitiven Verarbeitungskapazität zurück (z. B. Labouvie-Vief & Medler, 2002). Alternativ könnte man auch argumentieren, dass der zunächst unerwartete Befund Unterschiede zwischen Kohorten widerspiegelt und somit nicht primär altersbezogen ist. So könnte es sein, dass sich frühere Kohorten infolge ihrer Sozialisation weniger bereitwillig mit ihren inneren Gefühlen, insbesondere den konfliktreichen, auseinandersetzen. Des Weiteren ist anzumerken, dass querschnittliche Untersuchungen lediglich unterschiedlich alte Personengruppen miteinander vergleichen und keinesfalls Veränderungen, wie sie innerhalb von Individuen über die Zeit stattfinden, thematisieren. Um die Frage nach intraindividuellen Veränderungen anzugehen, haben Labouvie-Vief und Kollegen eine erste längsschnittliche Untersuchung vorgelegt (Labouvie-Vief, Diel, Jain & Zhang, 2007). Obgleich diese die bisherigen querschnittlichen Daten zu bestätigen scheint, ist doch kritisch anzumerken, dass der Untersuchungszeitraum dieser Studie von insgesamt 6 Jahren zu kurz ist, um die von den Autoren angenommenen längerfristigen Veränderungsprozesse über das Erwachsenenalter hinweg abzubilden. Trotz dieser methodischen Einschränkungen sprechen die Befunde von Labouvie-Vief dafür, dass Emotionen mit dem Älterwerden zunächst eine zunehmend größere Rolle für die eigene Identität spielen und die mentale Repräsentation von Emotionen komplexer und differenzierter wird. Im höheren Alter allerdings könnte die Wissensstruktur über Emotionen aufgrund der mit dem Altern verbundenen kognitiven Einbußen wieder weniger komplex werden. Die von Labouvie-Vief untersuchte kognitiv-affektive Komplexität zeigt somit einen ähnlichen Altersverlauf wie einige andere in der Alternsforschung untersuchte komplexe kognitive Prozesse: Zunahme bis ins mittlere Erwachsenenalter, Stabilität bis ins sogenannte junge Alter sowie eine leichte Abnahme im höheren Alter (vgl. bspw. Baltes et al., 2006). 3.2.4 Zusammenfassung Die von uns referierten Befunde zu altersbezogenen Veränderungen basaler Emotionsprozesse und emotionaler Kompetenzen stehen in Übereinstimmung mit der Annahme, dass die Entwicklung im Erwachsenenalter und Alter nicht
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einseitig als Verlust- oder Gewinnthema zu betrachten ist. So scheinen sich die Reaktionssysteme einer Emotion grundsätzlich in unterschiedlicher Weise altersbezogen zu verändern: Das Ausmaß peripherphysiologischer Reaktivität ist im Alter geringer als in jungen Jahren; auf der Ebene der subjektiven und mimisch-expressiven Reaktionen finden sich jedoch keine Altersunterschiede. Des Weiteren gibt es erste Hinweise darauf, dass kontextuelle Faktoren von Bedeutung sind. Ob sich junge und ältere Erwachsene in ihren emotionalen Reaktionen voneinander unterscheiden, scheint beispielsweise erheblich von der Altersrelevanz der verwendeten emotionalen Reize abzuhängen. Auch die Literatur zu Altersunterschieden in emotionalen Kompetenzen wie der Emotionsregulation, der mentalen Repräsentation von Emotionen oder der Empathie lässt vermuten, dass die Entwicklung im Erwachsenenalter und Alter multidirektional verläuft und somit gleichzeitig Kontinuität, Gewinn und Verlust aufweist. Diese Multidirektionalität manifestiert sich beim Vergleich verschiedener emotionaler Kompetenzen; so scheint die Fähigkeit, Emotionen willentlich regulieren zu können, bis ins höhere Alter hinein unvermindert zu sein, während die Komplexität oder Vielschichtigkeit des Emotionswissens im Alter geringer ausgeprägt zu sein scheint als im jungen und mittleren Erwachsenenalter. Aber auch die verschiedenen Untereinheiten ein und derselben emotionalen Kompetenz verändern sich möglicherweise in multidirektionaler Weise. Diese Möglichkeit sollte in zukünftigen Arbeiten aufgegriffen und untersucht werden.
4 Schlussfolgerungen und Ausblick 4.1 Emotionsprozesse In diesem Kapitel haben wir uns mit der emotionalen Entwicklung von der frühen Kindheit bis ins hohe Alter hinein beschäftigt. Als Rahmen für unsere Darstellung der empirischen Befunde zu Altersunterschieden in basalen emotionalen Reaktionen haben wir einen diskreten Emotionsansatz gewählt und deshalb bevorzugt experimentelle Studien referiert, die es erlauben, diskrete Emotionen wie auch die verschiedenen Komponenten einer Emotion zu differenzieren. Zunächst lässt sich festhalten, dass die Entwicklung basaler Emotionsprozesse auch in der Kindheit und Jugend von Multidirektionalität gekennzeichnet ist. In der frühen Kindheit beispielsweise entwickeln sich komplexere Emotionen wie die der Scham und Schuld zu einem späteren Zeitpunkt als basale Emotionen wie Ekel, Angst oder Freude. Auch die Entwicklung der einzelnen Emotionskomponenten unterscheidet sich hinsichtlich ihres Beginns. So ist der mi-
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mische Ausdruck von Emotionen ab der Geburt einsatzbereit, während sich die dazugehörigen kognitiven Bewertungen erst später zu entwickeln beginnen und bis ins Erwachsenenalter hinein Transformationen unterliegen. Während der Schwerpunkt der Forschung in den ersten Lebensjahren vor allem auf dem Beginn der Entwicklung verschiedener Emotionen und Emotionskomponenten liegt, gibt es nur wenig empirisch fundiertes Wissen über den Verlauf der weiteren Entwicklung, also beispielsweise über deren Ausmaß und Richtung. Die mehr oder weniger implizite Annahme ist die, dass alle emotionalen Prozesse während der ersten Lebensjahre gleichermaßen von Wachstum geprägt sind. Dies muss jedoch keineswegs der Fall sein, so könnten beispielsweise die verschiedenen diskreten Emotionen bzw. deren einzelne Komponenten ganz unterschiedliche Entwicklungsgradienten zeigen. Die Entwicklungspsychologie der Lebensspanne geht darüber hinaus davon aus, dass jeglicher Entwicklungsschritt im Sinne einer Spezialisierung immer gleichzeitig als Gewinn und Verlust aufgefasst werden muss (z. B. Baltes et al., 2006). Besonders spannend erscheint es deshalb, in zukünftigen Forschungen der Frage nachzugehen, wie dieses Wechselspiel in den ersten Lebensjahren zu demonstrieren ist. Als einen Verlust könnte man beispielsweise die Verminderung der emotionalen Spontaneität, Offenheit und Verankerung im „Hier und Jetzt“ auffassen, die mit der wachsenden Fähigkeit zur Selbstkontrolle in den ersten Lebensjahren einhergeht. Werden Emotionen durch den Erwerb (und die Automatisierung) von Regulierungsprozessen nach wenigen Lebensjahren in der Regel als weniger intensiv und dauerhaft erlebt, so mag dies einerseits als Gewinn zu verstehen sein, weil Menschen ihren unangenehmen negativen Emotionen dann weniger ausgeliefert sind. Andererseits kann dies aber auch bedeuten, dass die intensive Lebensfreude junger Menschen seltener erlebt wird. Ob sich die wachsenden Fähigkeiten zur Emotionsregulierung auch auf die Herunterregulierung positiver Gefühle erstreckt, sollte in Zukunft erforscht werden. Der bisherigen Befundlage nach manifestiert sich die Multidirektionalität der Entwicklung im Erwachsenenalter und Alter vor allem in den verschiedenen Emotionskomponenten. Während subjektives Erleben und mimisch-expressive Reaktionen grundsätzlich von Kontinuität gekennzeichnet sind, lassen Reaktionen auf der peripherphysiologischen Ebene mit dem Alter an Intensität nach. Gemäß funktionalen Emotionstheorien kann diese altersbezogene Verminderung als dysfunktional bezeichnet werden, denn Emotionen einschließlich der physiologischen Komponenten haben wichtige motivationale Funktionen und liefern Informationen für den Betroffenen selbst wie auch für seine soziale Umwelt (z. B. Levenson, 1994). Auf der anderen Seite sind auch Situationen denkbar, in denen eine reduzierte physiologische Reaktivität möglicherweise als Gewinn aufgefasst werden kann, beispielsweise wenn es darum geht, die inneren Gefühle oder den äußeren Emotionsausdruck willentlich zu vermindern. Auch
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wurde berichtet, dass die mit Emotionen einhergehende peripherphysiologische Erregung als unangenehm erlebt wird (Lawton et al., 1992), und zwar insbesondere von Männern (Levenson et al., 1994). Insofern erscheint es uns interessant, in zukünftigen Arbeiten zu untersuchen, inwieweit eine altersbezogene Abnahme in der peripherphysiologischen Aktiviertheit nicht nur als ein Verlust, sondern auch als ein Gewinn aufgefasst werden kann. Weiterhin sei abschließend bemerkt, dass einige Aspekte basaler Emotionsprozesse in entwicklungspsychologischen Arbeiten noch gar nicht aufgegriffen wurden. Hierzu gehört die Entwicklung des zeitlichen Verlaufs emotionaler Reaktionen wie er durch die Latenz (Zeit zwischen Reizaufnahme und Reaktion), die Aufbauphase (Zeit bis zum maximalen Reaktionsniveau) und die Abbauphase (Zeit bis zum Wiedererreichen des Ausgangsniveaus) angezeigt wird. Dabei dürften sich die Verlaufsmuster zwischen den verschiedenen Emotionen bzw. Emotionskomponenten unterscheiden. Fragen zu Altersunterschieden hinsichtlich der Variabilität von Emotionen über Stunden, Tage oder Wochen hin betrachtet, sind ebenfalls weitestgehend offen. Der Zusammenhang zwischen dem Lebensalter und der emotionalen Variabilität ist vermutlich nicht linear: Nach einer Zeit der schnellen Fluktuation von Emotionen in der Neugeborenen- und Säuglingszeit wird die Variabilität im Laufe der Kindheit wahrscheinlich abnehmen, im frühen Jugendalter wiederum leicht ansteigen (Steinberg, 2002), im Erwachsenenalter bei den meisten Menschen hinweg kontinuierlich gering sein, um dann im Alter eventuell wieder zuzunehmen. Ob man einen Anstieg der emotionalen Variabilität im hohen Alter erwartet, wird vermutlich davon abhängen, ob man eher die altersbezogenen Verluste in der biologischen Kapazität und Regulation im Auge hat oder aber einem positiven Altersbild folgt, das altersbezogene Gewinne in der willentlichen Emotionsregulation betont.
4.2 Emotionale Kompetenzen Auch wenn das empirisch fundierte Wissen über die Entwicklung der einzelnen Facetten emotionaler Kompetenz über die Lebensspanne geringer ist als das Wissen über Altersunterschiede in basalen Emotionsprozessen, gibt es doch Anhaltspunkte dafür, dass sich die Entwicklung in diesem Bereich ebenfalls multidirektional gestaltet. So macht unser Überblick zur Entwicklung der Emotionsregulation in der Kindheit beispielsweise deutlich, dass sich die Form wandelt, in der Emotionen bevorzugt reguliert werden. Während zu Beginn des Lebens die Aufmerksamkeitslenkung vorherrscht und bis zum zweiten Geburtstag vor allem behaviorale Strategien zur Kontrolle des Ausdrucksverhaltens gelernt werden, so gewinnen kognitive Strategien, die auf Veränderungen der Bewertung
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emotionaler Situationen abzielen, ab dem Vorschulalter zunehmend an Bedeutung (Harris, 1992). Denkbar ist, dass sich auch im Verlauf des Erwachsenenalters und Alters Präferenzen für spezifische Strategien der Emotionsregulation herausbilden. So gibt es Hinweise darauf, dass es älteren Menschen besonders wichtig ist, ihre sozialen Beziehungen und alltäglichen Aktivitäten so zu gestalten, dass negative Gefühle weitestgehend vermieden werden können (z. B. Carstensen & Charles, 1998; Coats & Blanchard-Fields, 2007; Lawton et al., 1992). Zukünftige Forschung sollte untersuchen, ob diese von Gross als „antezedenzorientiert“ bezeichnete Form der Emotionsregulation (Gross, 1998a, b) tatsächlich mit dem Alter zunimmt und insbesondere ältere Menschen ihre Lebensumstände entsprechend gestalten. Hinsichtlich der Interpretation einer solchen altersbezogenen Veränderung als Gewinn oder Verlust möchten wir zu bedenken geben, dass die Vermeidung potenziell negativer Lebenssituationen zwar auf kurze Sicht helfen mag, Gefühle wie Angst, Ärger oder Traurigkeit nicht erleben zu müssen. Auf längere Sicht könnte ein solcher Lebensstil jedoch damit einhergehen, dass wichtige Chancen für persönliches Wachstum, das gerade durch emotional herausfordernde Erlebnisse und das gelegentliche „Ertragen“ negativer Gefühle gefördert wird, verpasst werden (z. B. Labouvie-Vief & Medler, 1998). Ganz allgemein lässt sich argumentieren, dass jede der in der Literatur besprochenen verschiedenen Formen der Emotionsregulation nach ihrem Erwerb differenzielle Entwicklungsverläufe zeigen könnte. Dies gilt voraussichtlich ebenfalls für die verschiedenen Unterbereiche anderer von uns referierter emotionaler Kompetenzen wie der Empathie oder dem emotionalen Wissen. Als einen Rahmen für die Darstellung der Befunde zur Entwicklung emotionaler Kompetenzen haben wir das Modell emotionaler Intelligenz von Mayer, Salovey und Kollegen gewählt. Obgleich dieses Modell in methodischer und inhaltlicher Hinsicht erweiterungsbedürftig und insgesamt wenig entwicklungspsychologisch ausgerichtet ist, stellt es unserer Meinung nach aus drei Gründen einen guten Ausgangspunkt für eine integrative Darstellung der relevanten entwicklungspsychologischen Forschung dar. Zum ersten verdeutlicht das Modell, welche Komponenten emotionaler Kompetenz von der entwicklungspsychologischen Forschung bislang nicht oder nur unzureichend beachtet worden sind. Hierzu gehört vor allem die Fähigkeit, die eigenen Emotionen und die ihnen innewohnenden Informationen beim Denken und bei der Lösung von Problemen verschiedener Art zu nutzen, oder die Empathie in der Entwicklungspsychologie des Erwachsenenalters und Alters. Zum zweiten lenkt das Modell die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit, sich mit der Definition emotionaler Kompetenzen näher zu beschäftigen – einschließlich der Frage, inwieweit sich die Bedeu-
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tung und die inhaltliche Zusammensetzung emotionaler Kompetenzen über die Lebensspanne hinweg verändern (Saarni, 1999). So ist das Wissen über Emotionen beispielsweise in der Kindheit relativ einfach strukturiert und dreht sich um das Verstehen der Bedeutung von Emotionen und deren Ursachen (z. B. „ich bin traurig, weil mein Meerschweinchen gestorben ist“). Diese Art des Emotionswissens verändert sich im Laufe des Erwachsenenalters erheblich und umfasst ein Verständnis der Komplexität (z. B. „ich habe ambivalente Gefühle meinen Enkelkindern gegenüber, die ich einerseits liebe, denen ich aber auch böse bin, weil sie sich so wenig für mich interessieren“) und Dynamik emotionaler Episoden (z. B. „ich habe eine Freundin zurückgewiesen aus Angst davor, dass sie mich nicht mögen könnte und mir das irgendwann zeigt“). Bei der Interpretation von altersbezogenen quantitativen Veränderungen im Emotionswissen und anderen emotionalen Kompetenzen sind solche und ähnliche qualitativen Unterschiede unbedingt im Auge zu behalten. Schließlich verweist das Modell auf die Frage, in welcher Sequenz sich die einzelnen emotionalen Kompetenzen entwickeln und wie sich das Zusammenspiel der verschiedenen emotionalen Komponenten altersbezogen verändern könnte. Ist beispielsweise der Spracherwerb oder der Erwerb von Wissen über Emotionen eine Voraussetzung dafür, dass man seine Emotionen effizienter regulieren kann (vgl. hierzu Wranik, Barrett & Salovey, 2007)? Diese und ähnliche Fragen sollten in der zukünftigen Forschung angesprochen werden. Zusätzlich zu den bereits skizzierten offenen Fragen hinsichtlich der Entwicklung von basalen Emotionsprozessen sowie emotionalen Kompetenzen scheint uns auch die Auseinandersetzung mit den folgenden übergreifenden Themen für die zukünftige Forschung gewinnbringend zu sein.
4.3 Zukünftige Forschungsthemen 4.3.1 Die differenzielle Entwicklung von Emotionen und emotionalen Kompetenzen Da die emotionale Entwicklung ein relativ junges Forschungsfeld ist, stand bisher die allgemeine emotionale Entwicklung im Vordergrund. Darüber hinaus mag das traditionelle Verständnis von Entwicklung eine Rolle gespielt haben, das jene Entwicklungsprozesse in den Vordergrund stellt, die eine Vielzahl (wenn nicht alle) Individuen in normalen Entwicklungsumwelten in ähnlicher Weise durchlaufen (vgl. Baltes et al., 1999; Lerner, 2002, 2008; Montada, 2002). Im Gegensatz hierzu sieht die Entwicklungspsychologie der Lebensspanne ihre Aufgabe auch darin, differenzielle Entwicklungsverläufe zu beschreiben und zu verstehen (z. B. Baltes, 1987, 1997). Hierzu bedarf es längsschnittlicher Studien,
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im Rahmen derer Veränderungen innerhalb von Personen untersucht werden können und nicht lediglich verschieden alte Personengruppen miteinander verglichen werden, wie dies in querschnittlichen Studien der Fall ist. Auch kann im Rahmen von längsschnittlichen Designs das in querschnittlichen Designs existierende Problem der Konfundierung von Alters- und Kohorteneffekten angegangen werden. Wohlgemerkt sind die beiden Sichtweisen auf die allgemeine und die differenzielle Entwicklung keineswegs widersprüchlich; sie ergänzen einander. Wie wir referiert haben, gibt es beispielsweise querschnittliche Evidenz dafür, dass die Komplexität des Emotionswissens im Alter geringer ist als in jüngeren Jahren (vgl. Labouvie-Vief et al., 1989). Gleichzeitig ist es aber offenkundig, dass nicht alle Menschen im Laufe ihrer Entwicklung einen Verlust in der Komplexität ihres Emotionswissens erfahren (vgl. bspw. Labouvie-Vief et al., 2007). Somit scheint es trotz des allgemeinen Entwicklungstrends in der Komplexität des Emotionswissens beträchtliche individuelle Unterschiede darin zu geben, ob und wenn ja, wie diese sich in der zweiten Lebenshälfte verändert. Dabei sind individuelle Unterschiede in der emotionalen Entwicklung kein Phänomen des Erwachsenenalters und Alters. Die Entwicklung verläuft von der frühesten Kindheit an bis zu einem gewissen Grad individuell. So existieren beispielsweise bereits in den ersten Lebensjahren individuelle Unterschiede in der Entwicklung emotionaler Kompetenzen, wie etwa dem prosozialen Verhalten oder der affektiven Perspektivenübernahme (vgl. Eisenberg & Fabes, 1998). Die Beschäftigung mit solchen individuellen Unterschieden in der Entwicklung führt von einer rein deskriptiven Beschreibung von alterskorrelierten Veränderungen zu einer Analyse der Veränderungsbedingungen und somit zu der Beantwortung der Frage, welche Faktoren innerhalb des Individuums und in der Umwelt für bestimmte Veränderungen verantwortlich sind. 4.3.2 Die emotionale Entwicklung als ein Resultat der dynamischen Interaktion zwischen dem Individuum und seinem Kontext Wie unser Überblick der Forschung zur emotionalen Entwicklung im Erwachsenenalter und Alter deutlich gemacht hat, sind die bislang vorgelegten Studien primär deskriptiver Natur. Empirisch fundiertes Wissen über die individuellen und kontextuellen Bedingungen altersbezogener Veränderungen in Emotionsprozessen und emotionalen Kompetenzen existiert kaum. Die Forschung zur emotionalen Entwicklung in der Kindheit ist hier bereits einen Schritt weiter und hat sowohl Personenfaktoren, wie das Temperament, als auch kontextuelle Faktoren, wie die Bindungsqualität, als Bedingungen für eine differenzielle emotionale Entwicklung untersucht. Dabei können die relevanten Beiträge danach unterschieden werden, ob sie ihren Schwerpunkt auf das Individuum und
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die intraindividuellen Bedingungen der emotionalen Entwicklung setzen oder ob sie den sozialen Kontext und dessen Bedeutung für die emotionale Entwicklung in den Mittelpunkt stellen. Entsprechend dieser Unterscheidung konnten wir kaum empirische Arbeiten identifizieren, die zugleich die individuellen und die kontextuellen Voraussetzungen der emotionalen Entwicklung im Blick haben. Dies ist insofern bedauerlich, als ein vollständiges Bild der emotionalen Entwicklung die Beachtung beider Einflussfaktoren erfordert, die in reziproker und dynamischer Weise miteinander verschränkt sind. Sinnvoll erscheint deshalb die Annahme eines dynamischen Interaktionismus, der verdeutlicht, dass sich das Individuum wie auch seine Bezugspersonen im Zuge der Entwicklung verändern und dass beide kontinuierlich und wechselseitig aufeinander Bezug nehmen (Lerner, 2002, 2008). Zusammenfassend erscheint es für die zukünftige Forschung wünschenswert, mehr längsschnittliche Untersuchungen durchzuführen, im Rahmen derer die allgemeine und die differenzielle Entwicklung von Emotionen und emotionalen Kompetenzen über längere Zeitabschnitte und in verschiedenen Altersgruppen bzw. Kohorten untersucht werden kann. Dabei würde es eine theoriegeleitete Auswahl und Erfassung von individuellen und kontextuellen Bedingungsfaktoren der emotionalen Entwicklung erlauben, individuelle Differenzen in intraindividuellen Veränderungen emotionaler Kompetenzen umfassender, als es bisher geschehen ist, zu verstehen und erklären.
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14. Kapitel
Individuelle Differenzen in Emotionsprozessen Heinz Walter Krohne 1 Geschichte, Problemstellungen, Perspektiven 1.1 Historischer Hintergrund Die Emotionsforschung hat sich immer schon mit individuellen Differenzen in emotionalen Prozessen und Reaktionen befasst. Bereits in der Antike spekulierten Hippokrates (ca. 460–370) und nach ihm Galen (ca. 129–200) über den Einfluss chemischer Vorgänge im Körper (beschrieben durch die sog. Körpersäfte) auf die Ausprägung bestimmter Temperamente (sanguinisch, melancholisch, cholerisch und phlegmatisch) als der persönlichkeitsspezifischen Grundlage emotionaler Prozesse und Reaktionen. Diese antike Spekulation hat auch Spuren in der modernen Psychologie hinterlassen. So unterscheidet Wundt (1903) Menschen hinsichtlich Schnelligkeit und Intensität der Gefühlsentstehung. Die durch Kombination von jeweils zwei Ausprägungen dieser Dimensionen (schnell/langsam bzw. stark/schwach) resultierende Ordnung personspezifischer Emotionalität entspricht dabei im Wesentlichen den vier Temperamenten des Hippokrates. So sollen Choleriker etwa durch eine schnell ausgelöste und starke Gefühlsentstehung gekennzeichnet sein, während Phlegmatiker durch das entgegengesetzte Reaktionsmuster beschrieben werden. In der neueren Persönlichkeitsforschung bezieht Eysenck (1981) seine zentralen Dimensionen „Extraversion“ und „Neurotizismus“ ausdrücklich auf die antike Temperamentenlehre in ihrer Reformulierung durch Wundt. Auch wenn die moderne Physiologie, Endokrinologie oder Persönlichkeitspsychologie derartige Temperamentenlehren als unangemessene Vereinfachungen zurückweisen, so ist es doch unbestritten, dass die Dauer, Intensität und wahrscheinlich auch Qualität ausgelöster Emotionen wesentlich von bestimmten Charakteristika der betreffenden Person abhängen (Frijda, 1986; Gross, 2008;
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Pervin, 1993). Emotionen sind also nicht nur Funktion der konkreten Situation, sondern werden immer auch durch Merkmale der einzelnen Person determiniert (vgl. Arnold, 1960). Diese Überzeugung findet sich implizit bereits bei Darwin (1872), der den Emotionen eine adaptive Funktion innerhalb der Evolution zuweist. Eine derartige Annahme ist aber letztlich nur sinnvoll, wenn gleichzeitig individuelle Differenzen bei emotionalen Reaktionen betrachtet werden. Individuelle Differenzen innerhalb einer Art sind nämlich das einzige Material, an dem die Selektion systematisch ansetzen kann (vgl. auch Merz, 1984). Noch deutlicher wird der Bezug zur Persönlichkeit, wenn man die Rolle der Emotionen bei psychopathologischen Erscheinungen analysiert. So hat das Werk Freuds, beginnend mit seinen ersten Arbeiten zur Hysterie und Angstneurose (Freud, 1893, 1895), die Beziehung zwischen Emotion und Persönlichkeit als ein zentrales Thema. Für Freud enthalten Emotionen stets Elemente, die über die unmittelbar gegebene Situation hinausreichen und so gewissermaßen verschiedene Situationen für eine Person verbinden. Die Person trägt diese Elemente in die Situation hinein, so dass die Emotion zwar durch die Situation ausgelöst wird, ihr wesentlicher Ursprung aber im Individuum liegt. Das Interesse an Persönlichkeitsunterschieden trat zurück mit dem Aufkommen einer primär an physiologischen Prozessen orientierten Emotionsforschung (z. B. Dunlap, 1928). Die Kontroverse um die Theorien von James (1884, 1890) bzw. Lange (1887) und Cannon (1927) ließ wenig Raum für eine differenzialpsychologische Betrachtung. Erst die Aufdeckung vergleichsweise stabiler interindividueller Unterschiede im Muster neurophysiologischer Reaktionen durch Wenger (1941, 1942, 1943; vgl. auch Freeman & Pathman, 1942) und deren systematische Erforschung in den Arbeitsgruppen von Lacey (z. B. Lacey, 1950; Lacey & Lacey, 1958a, b) und Malmo (z. B. Malmo & Shagass, 1949) verstärkte wiederum das Interesse an Persönlichkeitsmerkmalen. Hinzu kam, dass bei der Analyse der Reaktionen auf extreme Stressbelastung, insbesondere im Zusammenhang mit Ereignissen des 2. Weltkrieges (vgl. z. B. Eysenck, 1944; Grinker & Spiegel, 1945; Janis, 1951), die Bedeutung interindividueller Unterschiede erneut deutlich wurde. Wallbott und Scherer (1985) beschreiben vier Problemstellungen, um die die gegenwärtige Emotionsforschung zentriert ist: (1) Die Analyse der Rolle antezedenter Situationen bei der Emotionsauslösung, (2) den Nachweis differenzieller Emotionsmuster für diskrete Emotionen, (3) die Identifizierung personspezifischer Reaktionsmuster sowie (4) die Frage nach der Kontrolle und Regulation von Emotionen in sozialen Interaktionen. Im Zentrum der persönlichkeitsspezifischen Betrachtung des emotionalen Geschehens steht zweifellos der dritte von Wallbott und Scherer angesprochene Fragenkomplex. Von diesem soll deshalb auch die weitere Analyse individueller Differenzen in Emotionsprozessen ihren Ausgang nehmen.
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1.2 Deskriptive und explikative Betrachtung Zur Analyse personspezifischer Reaktionsmuster lassen sich zwei Zugangsweisen unterscheiden. Arbeiten wie die von Lacey (1950) oder Malmo und Shagass (1949) sind primär um Reaktionsunterschiede zentriert; d. h. individuelle Unterschiede bei emotionsbezogenen Prozessen und Reaktionen (z. B. in der Herzrate) werden als Persönlichkeitsmerkmal betrachtet. Derartige Ansätze verzichten also zunächst auf eine persönlichkeitstheoretische Erklärung dieser Differenzen. Dieser Zugang wird deshalb als deskriptiv bezeichnet. In den erwähnten Arbeiten Freuds (aber auch in dem eingangs angesprochenen Modell Eysencks) werden dagegen Persönlichkeitsmerkmale theoretisch bestimmt (z. B. die Tendenz zu bestimmten Angstabwehrmechanismen) und sodann zu Vorhersagen und Erklärungen interindividueller Unterschiede bei emotionalen Reaktionen und damit zusammenhängenden Verhaltensweisen (z. B. Angst und Vermeidung) herangezogen. Hier geht es also weniger um Reaktions- als um Verursacherunterschiede. Dabei kann das Persönlichkeitsmerkmal sowohl als erklärender (im Hinblick auf resultierende Emotionen) wie auch als zu erklärender Sachverhalt (bei Betrachtung der antezedenten Bedingungen dieses Merkmals) fungieren. Ich nenne diesen Zugang, der häufig auch Interaktionen von Person und Situation einschließt, explikativ. Forschungen zu Reaktionsunterschieden (deskriptive Ansätze) und zu Verursacherunterschieden (explikative Ansätze) bilden keine Dichotomie, sondern eher ein Kontinuum von Ansätzen mit zunehmend stärkerer theoretischer Verankerung. Ich beginne die Analyse mit einem Überblick über Konzepte zu individuellen Differenzen, die eher eine deskriptive Orientierung erkennen lassen. Drei Gruppen von Ansätzen werden unterschieden: (1) Variablen, die vergleichsweise stabile Unterschiede in biologischen Merkmalen zum Inhalt haben; (2) Variablen, die Unterschiede in psychologischen Reaktionen beschreiben; (3) ein Ansatz, der über das Konzept der subjektiv-autonomen Reaktionsdissoziation Forschungen zu biologischen und psychologischen Variablen zusammenführt.
2 Die deskriptive Perspektive 2.1 Überblick Die in diesem Abschnitt darzustellenden Konstrukte bilden eine recht heterogene Gruppe. Einige sind hinsichtlich ihres Beitrags zur aufgeklärten Varianz beobachteter Daten sehr eng angelegt (z. B. der zirkadiane Rhythmus), andere sind empirisch auf eine Vielzahl erlebnis- und verhaltensmäßiger Dimensionen bezogen (z. B. das Berichten von Symptomen, symptom reporting). In einigen Konstrukten drücken sich unmittelbar individuelle Differenzen in der Emotio-
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nalität aus (etwa auf biologischer Ebene, in der Hemisphärenasymmetrie oder auf psychologischer Ebene, in der positiven und negativen Affektivität). Andere sind dagegen nur indirekt auf individuelle Unterschiede in der Emotionalität bezogen, und zwar über Variablen, die das emotionale Erleben beeinflussen, wie z. B. die Wahrnehmung viszeraler Aktivitäten bzw. köperlicher Symptome (Interozeption). Einige Konzepte sind schließlich deskriptiv im Sinne der oben beschriebenen Perspektive (z. B. die individualspezifischen Reaktionsmuster), während andere (z. B. die positive und negative Affektivität oder die emotionale Expressivität) eng auf weitere Persönlichkeitskonstrukte bezogen sind und damit auch eine gewisse erklärende Funktion besitzen. Diese letztgenannten Konstrukte bilden somit den Übergang zur explikativen Perspektive.
2.2 Biologische Ansätze 2.2.1 Individualspezifische Reaktionsmuster Das in einem bestimmten Augenblick beobachtete Muster autonomer Reaktionen ist das Ergebnis einer simultanen sympathischen und parasympathischen Aktivierung. Ausgehend von frühen Spekulationen von Eppinger und Hess (1910) über eine Polarität vegetativer Regulationsformen („Vagotonie vs. Sympathikotonie“), führte Wenger (1941) das Konzept des „autonomen Gleichgewichts“ (autonomic balance) ein. Er nahm an, dass es – normalverteilte – individuelle Unterschiede in der habituellen Dominanz des sympathischen oder parasympathischen Systems gebe (vgl. Wenger & Cullen, 1972). Die jeweilige habituelle Dominanz soll mit Unterschieden hinsichtlich des Erlebens negativer oder positiver Emotionen verbunden sein. Die empirische Evidenz für diese Annahmen (zusammenfassend in Wenger & Cullen, 1972) ist jedoch dürftig (für eine kritische Überprüfung vgl. Myrtek, 1980). Wenn überhaupt, dann finden sich stabile individuelle Unterschiede auf der Ebene spezifischer physiologischer Reaktionen und nicht bei allgemeineren vegetativen Mustern. Nach Fahrenberg (1967) liegt der Wert der Arbeiten Wengers weniger in der Methodik und den empirischen Ergebnissen, als vielmehr in dem programmatischen Ansatz, physiologische Grundlagen der Persönlichkeit zu erforschen. Die Idee möglicher individueller Unterschiede bei spezifischen physiologischen Reaktionen wurde von Malmo und Shagass (1949; vgl. auch Malmo, Shagass & Davis, 1950) aufgenommen und zum Konzept der „Symptomspezifität“ ausgebaut. Die Autoren konnten zeigen, dass Patienten auf einen Schmerzreiz oder während einer Therapiesitzung in dem physiologischen Subsystem am stärks-
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ten reagierten, in dem psychosomatische Erkrankungssymptome vorlagen. So zeigten Patienten mit Kreislaufbeschwerden in derartigen Belastungssituationen eine erhöhte Herzfrequenz, während Patienten mit Spannungskopfschmerzen mit erhöhten EMG-Werten der Nackenmuskulatur reagierten. Das Prinzip der „individualspezifischen Reaktionsmuster“ (ISR) stellt eine Ausweitung des Konzepts der Symptomspezifität auf die Normalpopulation dar. Es basiert auf der Beobachtung, dass Indikatoren der Aktivierung unterschiedlicher physiologischer Subsyteme oft nur niedrige Korrelationen über Individuen und Situationen zeigen (Fahrenberg, 1986). Hierauf basiert die Hypothese einer „selektiven Aktivierung“ spezifischer Subsysteme in einzelnen Personen. In einer Serie von Pionierstudien konnten Lacey und Mitarbeiter zeigen, dass eine größere Zahl von Individuen auf unterschiedliche Klassen belastender Situationen (z. B. mentale Belastung, Eiswassertest oder Hyperventilation) individuumsspezifisch mit einer maximalen Aktivation in jeweils demselben physiologischen Subsystem reagiert (Lacey, 1950; Lacey, Bateman & van Lehn, 1953). Foerster, Schneider und Walschburger (1983) führten eine Untersuchung an einer großen Stichprobe durch, in der sieben physiologische Variablen (elektrodermale Aktivität, Herzrate, Fingerpuls, EMG, Lidschlagfrequenz, Alpha-EEG und Atmung) in vier belastenden Situationen (Kopfrechnen, freies Vortragen, Eiswassertest und Blutentnahme) erhoben wurden. Sie wiesen dabei nach, dass rund ein Viertel der Varianz dieses dreifaktoriellen varianzanalytischen Designs (Personen, Situationen, Variablen) auf ISR entfielen. Fahrenberg, Foerster, Schneider, Müller und Myrtek (1986) konnten darüber hinaus belegen, dass sich ISR, die bei Probanden im Labor identifiziert wurden, auch im Feldversuch sichern lassen und zudem zeitlich stabil sind. Das ISR-Prinzip hat also den Charakter eines Persönlichkeitsmerkmals (vgl. auch Fahrenberg, Schneider & Safian, 1987; Foerster, 1985; Marwitz & Stemmler, 1998). Marwitz und Stemmler (1998) wandten gegen diese Forschungen ein, dass die Annahme einer ausschließlich konstitutionellen Determination habitueller Unterschiede bei physiologischen Reaktionen zu einfach sei. Sie schlagen deshalb ein revidiertes ISR-Modell vor, das auch situative und psychologische Faktoren berücksichtigt. Was die situativen Faktoren betrifft, so weisen sie darauf hin, dass Situationen entlang einer „Stark-schwach“-Dimension variieren. Starke Situationen (z. B. eine rote Verkehrsampel) üben einen hohen situativen Druck auf das Verhalten aus, der sich in einer geringen interindividuellen Variabilität des Verhaltens manifestiert. Demgegenüber sind schwache Situationen durch geringen Druck und die Existenz zahlreicher Verhaltensoptionen gekennzeichnet, was wiederum Raum lässt für sehr unterschiedliche psychologische Prozesse.
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Wenn also in einer Untersuchung zwei unterschiedliche, aber gleichermaßen starke Situationen dargeboten werden, dann wäre auf Grund des situativen Drucks nur ein schwacher ISR-Effekt zu erwarten, während bei zwei schwachen Situationen ein ausgeprägtes ISR auftreten sollte. Hinsichtlich der psychologischen Faktoren weisen sie Prozessen der Situationswahrnehmung und -bewertung eine zentrale Rolle zu. Diese Prozesse könnten wiederum von persönlichen Zielen, Absichten, Bedürfnissen u. Ä. abhängen (vgl. auch Lazarus, 1991). Wahrnehmungen und Bewertungen bestimmen, in welchem Ausmaß einzelne Situationen vom Individuum als einander ähnlich erlebt werden. Je ähnlicher sich einzelne Situationen sind, desto gleichartiger sollen auch die in der einzelnen Person ausgelösten physiologischen Reaktionen sein, was sich wiederum in starken ISR-Effekten manifestieren müsste (Stemmler, 1997). In Übereinstimmung mit dieser Hypothese fanden Marwitz und Stemmler (1998), dass ängstliche Personen (bestimmt durch hohe Werte in Neurotizismus und niedrige Werte in Extraversion) ein besonders starkes ISR aufwiesen. Insgesamt gesehen scheint der ISR-Ansatz eine Erfolg versprechende Strategie im Bereich der peripheren Psychophysiologie zu sein. Relativ stabile und situationsübergreifende ISR-Effekte bei einer Reihe von Probanden belegen die Bedeutsamkeit des Konzepts als einer Persönlichkeitsvariable im Bereich emotionaler Prozesse. Darüber hinaus könnte die ISR-Forschung auch zur Klärung von Ursachen und Verlauf psychosomatischer Erkrankungen beitragen. Starke und konsistente individualspezifische Reaktionen auf eine Vielzahl von Situationen könnten zu einer Fehlfunktion desjenigen physiologischen Systems führen, in dem diese Maximalreaktion auftritt (vgl. Fahrenberg, Foerster & Wilmers, 1995; Fredrikson et al., 1985). Allerdings weisen Marwitz und Stemmler auch darauf hin, dass die registrierten Stabilitätskoeffizienten alles andere als perfekt sind. Die künftige Forschung wird also in noch stärkerem Maße als bisher den Einfluss situativer und psychologischer Faktoren auf ISR-Effekte analysieren müssen. 2.2.2 Hemisphärenasymmetrie Die Erforschung neurophysiologischer Korrelate interindividueller Differenzen im Emotionsausdruck richtet sich auch auf funktionale Asymmetrien der beiden Großhirnhemisphären. Relevanz besitzen hier Unterschiede in Art und Ausmaß der Spezialisierung der Hemisphären im Hinblick auf verschiedene psychische Funktionen und Prozesscharakteristika („Hemisphärenspezialisierung“) sowie interindividuell variable Tendenzen zur stärkeren oder vorrangi-
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gen Aktivierung einer bestimmten Hemisphäre („Hemisphärizität“). Besonders die Hemisphärizität ist bedeutsam für die Erklärung interindividueller Unterschiede im emotionalen Erleben und Verhalten. Bakan (1969) postulierte einen Zusammenhang zwischen Augenbewegungen und der zerebralen Aktivierung. Eine Klassifikation von Individuen in Right Movers und Left Movers wurde von Duke (1968) in Anlehnung an die Arbeiten von Day (1964, 1967) eingeführt (für Übersichten vgl. Ehrlichman & Weinberger, 1978; Schulter, 1984; Tucker, 1981). Unter der Annahme, dass eine verstärkte unilaterale zerebrale Aktivierung von Augenbewegungen in die kontralaterale Richtung begleitet ist, lässt sich die Hemisphärizität durch die Registrierung lateraler Augenbewegungen operationalisieren. Hierbei scheint es sich um ein relativ zuverlässiges Maß zu handeln. So berichtet Schulter (1984) für die Erfassung von Augenbewegungen Reliabilitätskoeffizienten zwischen 0,83 und 0,95 sowie Stabilitätskoeffizienten von 0,65 bis 0,92. Nach Day (1964, 1967) neigen Left Movers zu stärkeren emotionalen Reaktionen und Right Movers zu einer eher objektiven, emotionslosen Sprache. Zur Beziehung zwischen Augenbewegungen und Abwehrmechanismen liegen Untersuchungen vor, die dafür sprechen, dass Left Movers vermehrt zum Einsatz verleugnender Abwehrstrategien (Gur & Gur, 1975), zur Projektion (Barkóczi, Komlósi & Séra, 1980) und zu Schilderungen von psychosomatischen Symptomen (Gur & Gur, 1975) neigen. In der Studie von Gur und Gur berichteten Right Movers häufiger als Left Movers aggressive Reaktionen auf Frustrationen. Die Ergebnisse zur Bevorzugung bestimmter Abwehrmechanismen sind jedoch inkonsistent (Schulter, 1984). Ausgehend von diesen Befunden sowie der klinischen Beobachtung, dass linksbzw. rechtsseitige Läsionen unterschiedliche emotionale Reaktionen bei Patienten hervorrufen (erstmals Jackson, 1878, zusammenfassend Tucker, 1981), haben Forscher versucht, die zugrunde liegenden biologischen Substrate individueller Differenzen im emotionalen Reagieren zu identifizieren. Im Zuge dieser Forschungen wurde es zunehmend deutlicher, dass die Aktivierung der linken Hemisphäre im Frontalbereich mit positiven Emotionen und die Aktivierung der entsprechenden rechten Hemisphäre mit negativen Emotionen verbunden ist (Davidson, 1992). Davidson (1984) postulierte Annäherung vs. Vermeidung als entscheidende Grundlage dieser Asymmetrie. Die linke Frontalregion soll danach das zentrale Areal eines Netzwerkes sein, das annäherungsbezogenes Verhalten vermittelt. Demgegenüber soll die rechte Hemisphäre im Frontalbereich eine wesentliche Rolle in einem vermeidensbezogenen Hirnprozess spielen. Es wurde postuliert, dass eine unterschiedliche Aktivierung der Hemisphären im Frontalbereich (frontale Hirnasymmetrie) mit Unterschieden im „affektiven Stil“ verbunden sein soll, weil positive und negative Emotionen mit Annäherungsbzw. Vermeidensverhalten verbunden sind. Dieser affektive Stil manifestiert sich
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in verschiedenen Merkmalen wie Reaktionsschwelle, Reaktionsamplitude, Zeit bis zum Erreichen der Maximalreaktion sowie Erholungszeit (Davidson, 1998a). In einem eindrucksvollen Forschungsprogramm konnte der Arbeitskreis um Davidson zeigen, dass EEG-Maße der frontalen Aktivation mit verschiedenen Variablen aus dem Emotionsbereich assoziiert sind (zusammenfassend Davidson, 1998a; Davidson, Jackson & Kalin, 2000). Dabei können vier Untersuchungsschwerpunkte unterschieden werden: (1) Differenzielle Reaktivität auf experimentell induzierte Emotionen, (2) Unterschiede in habituellen Emotionsmaßen, (3) Assoziationen mit Affektstörungen und (4) psychometrische Eigenschaften (Reliabilität und Stabilität) der herangezogenen Parameter. Hinsichtlich affektiver Reaktionen auf experimentell induzierte Emotionen konnten Tomarken, Davidson und Henriques (1990) zeigen, dass eine relativ stärkere rechtsseitige frontale Aktivierung im Ruhezustand mit intensiveren negativen Affekten beim Betrachten eines aversiven Filmausschnitts assoziiert war. Dieser Befund wurde in einer Studie erweitert, in der Reaktionen auf positive und negative Filme 3 Wochen nach der Erhebung des Ruhe-EEGs analysiert wurden. Bei Teilnehmern, die über diesen Zeitabschnitt eine stabile frontale Asymmetrie aufwiesen, war eine stärkere linksseitige Aktivierung mit stärkeren positiven Affekten beim Sehen eines positiven Films verbunden, während Teilnehmer mit deutlicherer rechtsseitiger Aktivierung intensivere negative Affekte als Reaktion auf negative Filme berichteten (Wheeler, Davidson & Tomarken, 1993). Die Ähnlichkeit der von Davidson (1984) formulierten Annahmen zur Annäherung vs. Vermeidung mit dem von Gray (vgl. Gray & McNaughton, 2000) entwickelten Modell der beiden umfassenden Systeme zur Kontrolle motivierten Verhaltens – Behavioral Inhibition System (BIS) und Behavioral Activation System (BAS) – ist augenscheinlich. Wenn man das BIS-BAS-Modell auf die Lateralisierung der frontalen Hirnaktivierung bezieht, dann müsste alles Verhalten, das eine Funktion von BAS ist (Verhaltenserleichterung und -mobilisierung), mit einer relativ starken linksseitigen Aktivierung verbunden sein, während Verhaltenshemmung als Funktion von BIS mit einer relativen rechtsseitigen Aktivierung assoziiert sein sollte. Wacker, Heldmann und Stemmler (2003) wiesen darauf hin, dass in vielen bisherigen Arbeiten die Dimension der affektiven Valenz (positiv-negativ) mit der Richtung motivationsgesteuerten Verhaltens (Annäherung-Vermeidung) konfundiert ist. Eine Trennung dieser beiden Aspekte ist jedoch notwendig, wenn man bedenkt, dass bestimmte negative Affekte (z. B. Ärger) sehr wohl mit Verhaltensaktivierung und damit Annäherungstendenzen verbunden sind. In diesem Zusammenhang konnten E. Harmon-Jones, Sigelman, Bahlig und C. HarmonJones (2003) zeigen, dass Ärger auslösende Situationen, die entweder unkon-
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trollierbar oder aber durch eigenes Verhalten beeinflussbar (Verhaltensaktivierung) waren, zwar in gleichem Maße selbstberichteten Ärger hervorriefen, dass aber in der kontrollierbaren Situation die linksseitige frontale Aktivierung signifikant stärker ausfiel als in der unkontrollierbaren Situation. Weitere allerdings sehr komplexe Befunde zur Trennung von affektiver Valenz und Richtung motivierten Verhaltens werden von Wacker et al. (2003) berichtet. (Für weitere Ergebnisse vgl. auch Hewig, Hagemann, Seifert, Naumann & Bartussek, 2004.) Bei Anwendung der Positive and Negative Affect Schedule (PANAS; Watson, Clark & Tellegen, 1988) als eines Maßes der habituellen Emotionalität konnten Tomarken, Davidson, Wheeler und Doss (1992) nachweisen, dass Probanden mit verstärkter linksseitiger frontaler Aktivierung höhere Werte in positiver Affektivität (PA) und niedrigere Werte in negativer Affektivität (NA) aufwiesen als Teilnehmer mit stärkerer rechtsseitiger Aktivierung. Sutton und Davidson (1997) analysierten Zusammenhänge der frontalen Aktivierung mit Scores der Behavioral Inhibition and Activation Scales (BIS/BAS; Carver & White, 1994). Die BIS/ BAS-Skalen sind dispositionelle Maße, die enger auf Annäherungs- und Vermeidenstendenzen bezogen sind als die PANAS. Es zeigte sich, dass linksseitige im Vergleich zu rechtsseitiger Aktivierung mit höheren Annäherungs- (BAS) im Vergleich zu Vermeidensscores (BIS) verbunden war. Tomarken und Davidson (1994) fanden, dass Represser, verglichen mit Nichtrepressern, eine relativ starke linksseitige frontale Aktivierung aufwiesen. Represser wurden dabei bestimmt durch hohe Werte auf der Skala zur Erfassung sozialer Erwünschtheit von Crowne und Marlowe (1964) sowie niedrige Scores auf der Traitskala des State-Trait Anxiety Inventory (Spielberger, Gorsuch & Lushene, 1970) bzw. auf dem Beck Depression Inventory (Beck, Ward, Mendelson, Mock & Erbaugh, 1961; zur Operationalisierung von Repressern und Nichtrepressern vgl. Weinberger, Schwarz & Davidson, 1979; zur theoretischen Bestimmung vgl. auch Krohne, 2009). Dieser Befund ging allerdings ausschließlich auf Unterschiede in der sozialen Erwünschtheit zurück. Die Autoren folgern, dass verstärkte linksseitige Aktivierung im Frontalbereich mit einem Stil der Verhaltens- und Affektregulation verbunden ist, der der Hemmung des Erlebens und Ausdrückens negativer Sachverhalte dient. Wenn Personen in unterschiedlichem Maße sensitiv sind für positive und negative emotionale Zustände, wie dies etwa durch EEG-Maße der frontalen Hirnasymmetrie angezeigt wird, dann sollten sich auf diesem Wege auch Vulnerabilitäten für Affektstörungen bestimmen lassen (Tucker, 1981). Eine chronisch erhöhte Reaktivität angesichts negativer Reize oder ein vermindertes Ansprechen auf positive Reize könnte ein Antezedenz (oder zumindest Begleiter) derartiger Störungen sein. So fanden Henriques und Davidson (1991, 2000) bei depressiven Patienten eine Unteraktivierung im linken Frontalbereich. Bei diesem Muster soll es sich um das neurophysiologische Korrelat eines eingeschränkten Erlebens positiver Emotionen, eines Interesseverlusts und verringerten Reagierens
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auf Belohnung sowie eines insgesamt schwachen Annäherungsverhaltens handeln (Davidson, 1998a). Daneben zeigen zunehmend mehr Untersuchungen, dass Angst und phobisches Verhalten mit einer Überaktivierung im rechten Frontalbereich verbunden sind (Davidson, Marshall, Tomarken & Henriques, 2000; Heller, 1993; Heller & Nitschke, 1998). Tomarken, Davidson, Wheeler und Kinney (1992) untersuchten, ob die Indices der frontalen EEG-Asymmetrie die psychometrische Qualität erreichen, die man von Maßen habitueller individueller Unterschiede erwarten muss. Die Autoren registrierten die EEG-Aktivität im Ruhezustand während zweier 3 Wochen auseinander liegender Sitzungen und berechneten die Alpha-Koeffizienten für verschiedene abgeleitete Maße. Alle Werte lagen über 0,85, was auf eine gute Reliabilität der Asymmetriewerte im Ruhezustand verweist. Auch die Stabilitätsprüfung fiel mit Werten zwischen 0,65 und 0,75 zufriedenstellend aus. Damit können also Maße der frontalen EEG-Asymmetrie als Indikatoren stabiler Persönlichkeitsunterschiede verwendet werden. Die Gesamtheit der berichteten Befunde macht deutlich, dass theoretische Konzepte an der Schnittstelle von Emotionspsychologie, Persönlichkeitsforschung und klinischer Psychologie auf neuropsychologische Strukturen und Mechanismen bezogen werden können. Empirische Ergebnisse aus den vier vorgestellten Forschungsbereichen konnten demonstrieren, dass ein reliables und stabiles EEGMaß der frontalen Asymmetrie bedeutsam zusammenhängt mit Reaktionen auf affektiv valente Stimuli, mit Verhaltensaktivierung bzw. -hemmung, Affektstörungen sowie verschiedenen Dimensionen der Persönlichkeit. (Für eine kritische Diskussion einiger negativer Befunde vgl. Davidson, 1998b.) Forschungen zum Zusammenhang von Hemisphärenasymmetrie und individuellen Unterschieden sollten auch von weiteren Fortschritten bei der Anwendung bildgebender Verfahren wie der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) oder der Positronenemissionstomografie (PET) profitieren (Canli, Desmond, Zhao, Glover & Gabrieli, 1998). Auf diese Weise können neben kortikalen Bereichen auch weitere zentrale Strukturen, insbesondere die Amygdala (vgl. Davidson et al., 2000), untersucht und so ein besseres Verständnis derjenigen zeitlichen und strukturellen Mechanismen gewonnen werden, die an individuellen Unterschieden bei zentralnervösen Prozessen beteiligt sind. 2.2.3 Zirkadianer Rhythmus Die Messung von physiologischen, biochemischen und psychologischen Variablen zu mehreren Tageszeiten verweist auf individuelle Unterschiede in Verlauf und Variation dieser Parameter (Horne & Östberg, 1976). Mit dem Begriff zir-
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kadianer Rhythmus wird die charakteristische Kurve bezeichnet, die den Verlauf dieser Variablen innerhalb eines 24-Stundenabschnitts beschreibt. Diese Kurve folgt ungefähr dem Schlaf-Wach-Zyklus sowie spezifischen Aktivierungsmustern, wie sie etwa durch Arbeitszeiten bestimmt sind. Um individuelle Unterschiede im Schlaf-Wach-Zyklus zu messen und damit auch die für einzelne Personen günstigste Tageszeit für mentale und physische Leistungen zu bestimmen, entwickelten Horne und Östberg (1976) einen Fragebogen. Dieses Instrument erfasst eine eindimensional-bipolare Persönlichkeitsdimension, Morningness-Eveningness bzw. Morning type (M-type) vs. Evening type (E-type). Studien zur Validierung dieses Konstrukts konnten Unterschiede zwischen M- und E-Typen (d. h. den Extrempositionen auf dieser Skala) in verschiedenen psychophysiologischen Variablen am Morgen bzw. Abend nachweisen. Generell zeigte sich, dass die mittels dieser Variablen identifizierten Aktivationsniveaus bei M-Typen am Morgen höher waren als am Abend, während bei E-Typen das entgegengesetzte Muster registriert wurde (Übersicht in Kerkhof, 1985). Die endokrinen Vermittler von Stressreaktionen, im Wesentlichen die Katecholamine und Glucocorticoide, werden nach einem zirkadianen Muster ausgeschüttet, das – neben der Reaktion auf externe Stressoren – im Wesentlichen mit dem Schlaf-Wach-Zyklus koordiniert ist. Nebel et al. (1996) bezogen zirkadiane Variationen kardiovaskulärer Stress-Reaktionen in gesunden Personen und Koronar-Patienten auf individuelle Unterschiede in der M-E-Variablen. Sie konnten dabei eine Wechselwirkung von Persönlichkeitsmerkmal und Tageszeit der Messung auf diese Reaktionen nachweisen. In beiden Stichproben zeigten M-Typen ein höheres Niveau kardiovaskulärer Aktivität (Herzrate, Blutdruck) am Morgen als am Abend, während E-Typen ihr Aktivierungsmaximum am Abend erreichten. Andere Studien fanden entsprechende Zusammenhänge für frühmorgendliche Speichelkortisolniveaus (Bailey & Heitkempter, 1991) sowie Schlafphasen und Hirnpotenziale (Kerkhof & Lancel, 1991). Neben diesen biologischen Variablen ist die zirkadiane Dimension auch mit unterschiedlichen Gipfeln der Reaktionsgeschwindigkeit assoziiert: M-Typen zeigen ihre schnellsten Reaktionen am Morgen und E-Typen am Abend (Kerkhof, 1985). Fahrenberg, Brügner, Foerster und Käppler (1999) konnten nachweisen, dass die M-E-Variable mit zirkadianen Veränderungen der Leistung des Arbeitsgedächtnisses zusammenhängt. M-Typen zeigten bessere Leistungen am Morgen und E-Typen am Abend. Cofer et al. (1999) wiesen anhand retrospektiver Erhebungen bei Studierenden nach, dass die M-E-Dimension mit der Leichtigkeit des morgendlichen Aufstehens, Ermüdungsphasen sowie Konflikten mit Eltern über den Ablauf täglicher Routinen verbunden ist.
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Individuelle Unterschiede auf der M-E-Dimension zeigen eine starke genetische Determination. So schätzen Hur, Bouchard und Lykken (1998), dass die genetische Variation für 54 % der Gesamtvarianz in Morningness-Eveningness verantwortlich ist. Daneben bestehen aber auch spezifische Umwelteinflüsse auf die Ausprägung in diesem Merkmal, insbesondere aus gemeinsamen Aktivitäten mit anderen Personen (etwa Spielkameraden) sowie aus Schul- und Arbeitszeiten. Besondere Relevanz hat die Unterscheidung in M- und E-Typen hinsichtlich möglicher Anwendungen auf Arbeitszeiten, z. B. Schichtarbeit. Wenn einige Personen eine durch subjektive, verhaltensmäßige (z. B. Leistung) und psychophysiologische Indikatoren nachgewiesene „Präferenz“ für bestimmte Tageszeiten haben, dann wäre es sinnvoll, derartige Personen zu identifizieren und ihre Arbeitszeiten und -abläufe soweit wie möglich an diese Rhythmik anzupassen (Khaleque, 1999; Nachreiner, 1998). Beziehungen der M-E-Dimension zu anderen aktivierungsbezogenen Persönlichkeitsvariablen wie etwa Extraversion-Introversion sind wenig ausgeprägt. Es besteht eine schwache Tendenz, dass Extraversion mit Eveningness verbunden ist (Tankova, Adan & Buela-Casal, 1994). Hier scheint allerdings eine indirekte Beziehung zu bestehen, die über das Schlaf-Wach-Verhalten vermittelt wird. Das Schlafbedürfnis hängt nicht nur von einem inneren Taktgeber, sondern auch von psychosozialen Faktoren ab. Habituelle Unterschiede bei den Schlafzeiten und -mustern (mit einer stärkeren sozialen Aktivität Extravertierter am Abend) scheinen andere zirkadiane Rhythmen zu verdecken. Auf diese Weise könnte Extraversion-Introversion einzelne zirkadiane Muster über unterschiedliche Zeiten des Schlafengehens beeinflussen (Kerkhof, 1985).
2.3 Psychologische Ansätze 2.3.1 Interozeption Interozeptionsforschung befasst sich mit der Wahrnehmung interner körperlicher Zustände und Prozesse wie Herzschlag, Blutdruck oder Signalen aus dem gastrointestinalen System (vgl. Vaitl, 1996). Die Bedeutung der Wahrnehmung interner Veränderungen, insbesondere in der autonomen Aktivität, für das Entstehen von Emotionen wurde in einflussreichen Emotionstheorien hervorgehoben (vgl. Cannon, 1927; James, 1884; Schachter & Singer, 1962). In einem neueren Ansatz analysiert Thayer (1989), wie interozeptive Information, die mit bestimmten Energiezuständen verbunden ist, Emotionsprozesse beeinflusst. In einem zweidimensionalen Modell konzipiert Thayer die beiden Energiezustände „energetische Erregung“ (energetic arousal) und „angespannte Erregung“ (tense arousal). Die Wahrnehmung dieser Zustände soll dabei mit positivem bzw. negativem Affekt verbunden sein.
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Zur Messung der Fähigkeit, physiologische Aktivitäten im Körper zu entdecken und korrekt einzuschätzen, wurde eine Vielzahl von Untersuchungsparadigmen entwickelt (Übersichten in Hodapp & Knoll, 1993; Jones, 1994; Kohlmann, 1997). Dabei lassen sich generell zwei Ansätze unterscheiden: Ein erster Ansatz zielt darauf ab, diese Fähigkeit unter Laborbedingungen zu messen. Hierbei werden alle Umwelt- oder Situationsfaktoren kontrolliert, so dass die reine Wahrnehmung der physiologischen Aktivität erfasst werden kann. Experimente dieser Richtung verwenden dabei meist Parameter der Signalentdeckung. Die Teilnehmer sitzen in einem schallgedämpften Raum und müssen Muster ihrer autonomen Aktivität (z. B. Herzschlag) über eine Anzahl von Durchgängen korrekt identifizieren. Sie sind dabei ausschließlich auf interne Hinweisreize angewiesen. Der zweite Ansatz fordert von den Teilnehmern in deren natürlichen Umwelt (etwa zuhause oder am Arbeitsplatz) oder bei Durchführung physisch bzw. emotional beanspruchender Tätigkeiten im Labor wiederholte Angaben über ihre autonome Aktivität. Dieser Ansatz, der eher naturalistisch und damit weniger kontrolliert ist, erlaubt es den Teilnehmern, sowohl externe wie interne Hinweisreize bei der Einschätzung der physiologischen Aktivität zu nutzen. Neben diesen Ansätzen lassen sich bei Studien zur Interozeption zwei Arten der Genauigkeitsbestimmung unterscheiden (vgl. Kohlmann, 1997; Pennebaker & Watson, 1988): „Niveaugenauigkeit“ bezeichnet den Unterschied zwischen dem geschätzten Niveau physiologischer Aktivität (z. B. Anzahl der Herzschläge pro Minute) und dem tatsächlichen Niveau. „Kovariationsgenauigkeit“ bezieht sich auf das Ausmaß, in dem Fluktuationen der geschätzten physiologischen Reaktionen mit den gemessenen Fluktuationen kovariieren (vgl. Kohlmann, 1993). Die Fähigkeit, interne körperliche Prozesse genau wahrzunehmen, wurde u. a. in Beziehung gebracht zum Geschlecht, zur Hemisphärenspezialisierung, zu „Stilen“ der Aufmerksamkeitsorientierung sowie zu Merkmalen des Gesundheitsstatus. Generell ist die interozeptive Genauigkeit am geringsten bei Laboruntersuchungen unter Verwendung von Parametern der Signalentdeckung. Sie fällt leicht besser aus, wenn Probanden im Labor bestimmte Aufgaben ausführen und anschließend ihre physiologische Aktivität angeben. Am höchsten ist die Genauigkeit bei lebensechten Untersuchungen. Offensichtlich steigt die Wahrnehmungsgenauigkeit mit der Verfügbarkeit externer Hinweisreize. Geschlechterdifferenzen manifestieren sich in derselben Sequenz (Roberts & Pennebaker, 1995). In Studien, die Parameter der Signalentdeckung verwenden, sind Männer bei der Wahrnehmung physiologischer Aktivitäten, speziell des Herzschlags, generell genauer als Frauen. Diese Differenzen werden schwächer, wenn, wie etwa in natürlicheren Laboruntersuchungen mit Selbstberichtsdaten, eine begrenzte Anzahl externer Hinweise zur Verfügung steht. Und sie verschwinden in der Regel vollständig in Feldstudien, d. h. wenn eine Vielzahl externer Hinweise vorliegt (vgl. Kohl-
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mann, 1993). Diese Beziehung legt den Schluss nahe, dass sich Frauen bei der Einschätzung ihres körperlichen Zustands eher auf externe Hinweise verlassen, während Männer sowohl externe wie interne Information heranziehen. Zur Überprüfung dieser Annahmen führte Kohlmann (1993) eine naturalistische Laboruntersuchung durch, in der Niveau- und Kovariationsgenauigkeit der Blutdruckschätzung bei Ausführung bestimmter Aufgaben (z. B. Kopfrechnen) sowie in Ruhephasen bestimmt wurden. Er konnte nachweisen, dass sich Frauen tatsächlich stärker auf externe Hinweise verlassen als Männer. Darüber hinaus zeigte sich, dass beide Geschlechter zwar bei der Kovariationsgenauigkeit gleich abschneiden, bei der Niveaugenauigkeit aber deutliche Geschlechterunterschiede bestehen. Frauen überschätzten ihren systolischen Blutdruck nach Aufgaben wie Kopfrechnen, während Männer ihren Blutdruck in der Ruhephase unterschätzten. Kohlmann vermutet, dass hier vom Selbstkonzept der eigenen Fähigkeit der entscheidende moderierende Einfluss ausgeht, eine Annahme, die weiterer empirischer Überprüfung bedarf. Eine andere relevante Variable, die vermutlich in Beziehung steht zu Geschlechterdifferenzen, ist die Spezialisierung bzw. Lateralisierung der Hemisphären des Gehirns. Aus einer Reihe experimenteller wie auch klinischer Beobachtungen kann gefolgert werden, dass die rechte Hemisphäre in besonderem Maße an der Verarbeitung emotionaler Reize beteiligt ist (vgl. Cacioppo & Gardner, 1999; Davidson, 1992; Gainotti, Caltagirone & Zoccolotti, 1993). So konnte gezeigt werden, dass eine durch laterale Augenbewegung registrierte Aktivierung und Präferenz der rechten Hemisphäre in Paradigmen der Signalentdeckung mit einer besseren Wahrnehmung des Herzschlags verbunden ist (Davidson, Horowitz, Schwartz & Goodman, 1981; Hantas, Katkin & Reed, 1984; Katkin, Cestaro & Weitkunat, 1991; Montgomery & Jones, 1984). Das bedeutet allerdings nicht, dass die linke Hemisphäre überhaupt nicht zur Verarbeitung emotionaler Reize beiträgt. So konnten Untersuchungen an Split-brain-Patienten zeigen, dass beide Hemisphären gleichermaßen an der Identifizierung emotionaler Gesichtsausdrücke beteiligt sind (Stone, Nisenson, Eliassen & Gazzaniga, 1996). Zwei Befunde legen den Schluss nahe, dass die Hemisphärenspezialisierung mit Geschlechterdifferenzen hinsichtlich der oben dargestellten Fähigkeit zur Wahrnehmung körperlicher Zustände verbunden ist. Erstens, Männer zeigen für eine Reihe von Aufgaben eine stärkere rechtshemisphärische Lateralisierung als Frauen, und, zweitens, Frauen sind generell weniger lateralisiert als Männer (Safer, 1981). Die Dominanz der rechten Hemisphäre bei Männern könnte dann einen Vorteil darstellen, wenn die Wahrnehmung von Körperzuständen ausschließlich von der Verarbeitung interner Hinweise abhängt (Roberts & Pennebaker, 1995).
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Eine weitere, innerhalb der Interozeptionsforschung wichtige Variable individueller Unterschiede ist der Stil der Aufmerksamkeitsorientierung (Cioffi, 1991). Wie im Zusammenhang mit der Stressbewältigung noch dargestellt werden wird, haben einige Personen, die sog. Vigilanten bzw. Sensitizer (vgl. Hock & Krohne, 2004; Krohne, 1989, 1993), die Tendenz, ihre Aufmerksamkeit in verstärktem Maße auf negative emotionale Reize zu richten. Demgegenüber ziehen andere Personen (die kognitiven Vermeider bzw. Represser) ihre Aufmerksamkeit von derartigen (internen und externen) Hinweisen ab. Diese Bestimmung individueller Unterschiede der Aufmerksamkeitsausrichtung lässt erwarten, dass eine vigilante Orientierung assoziiert ist mit einer genaueren Interozeption (Steptoe & Vögele, 1992) und dementsprechend einem verbesserten Zugang zu eigenen Gefühlzuständen (McFarland & Buehler, 1997). Im Gegensatz hierzu sollte kognitive Vermeidung mit schlechterer Interozeption verbunden sein. Die empirischen Befunde zu dieser Hypothese sind jedoch uneindeutig. So fand Kohlmann (1993), dass die Niveaugenauigkeit bei der Blutdruckschätzung weder mit Vigilanz noch mit kognitiver Vermeidung zusammenhängt. Allerdings zeigte sich, dass für Personen mit hoher Vermeidung der Varianzanteil der Blutdruckschätzung, der durch das Heranziehen externer (aus der Situation stammender) Hinweisreize aufgeklärt wurde, signifikant höher war als bei niedrigen Vermeidern. Kohlmann bezieht diesen Befund auf Pennebakers (1989) Konzept des „eingeschränkten Denkens“ (low-level thinking). Damit ist ein Stil der Informationsverarbeitung in belastenden Situationen gemeint, der durch eine insgesamt verengte Perspektive, einen Mangel an Selbstreflektion und eine geringe Aufmerksamkeit für Gefühlszustände gekennzeichnet ist. Durch eine derartige Strategie versuchen Individuen, die Verarbeitung von (insbesondere unangenehmer) emotionaler Information zu blockieren. Hodapp und Knoll (1993) berichten über einen Befund, der auf den ersten Blick den von Kohlmann dargestellten Zusammenhängen zu widersprechen scheint. Die Autoren beobachteten, dass eine gute Herzschlagwahrnehmung – erfasst mit Hilfe eines Verfahrens der Signalentdeckung – zusammenhing mit niedriger Emotionalität (d. h. niedriger Angst und Affektintensität), niedriger Vigilanz sowie erhöhter kognitiver Vermeidung. Dieses Muster widerspricht der Annahme, dass Vigilanz zu verbesserter und kognitive Vermeidung zu verschlechterter Interozeption führt. Es entspricht jedoch recht gut Pennebakers (1989) Konzept des eingeschränkten Denkens sowie Cioffis (1991) kognitivperzeptuellem Modell der „somatischen Interpretation“. Cioffi folgt in ihrem Modell Vorstellungen von Leventhal und Everhart (1979), nach denen die Überwachung körperinterner Vorgänge häufig mit dem Ziel ausgeführt wird, Verbindungen zwischen Körperempfindungen und weitergehendem Stresserleben zu unterbrechen. Nach Cioffi handelt es sich bei der Überwachung interner Vorgänge mithin um eine Ablenkungsstrategie, die auf Kosten umfassenderer
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Interpretationen dieses Vorgangs (das wären nach Pennebaker Denkprozesse auf höherem Niveau) geht. Je intensiver eine Person diese interne Information verarbeitet, desto weniger Kapazität bleibt für andere Verarbeitungsvorgänge übrig. Die Überwachung körperinterner Vorgänge soll nach Cioffi also häufig nicht der Gewinnung relevanten Wissens dienen, sondern der Vermeidung unangenehmer Information. Dass zwischen der Fähigkeit zur Interozeption und verschiedenen Variablen des Gesundheitsstatus eine Beziehung besteht, ist offensichtlich. Wer beispielsweise habituell nicht dazu in der Lage ist, Erschöpfungszustände bei sich rechtzeitig wahrzunehmen und entsprechend darauf zu reagieren, wird über kurz oder lang ein gesundheitliches Problem bekommen. An dieser Stelle sollen nur solche Variablen interessieren, die zugleich eine Beziehung zu Emotionsprozessen aufweisen. Als Beispiele werden Befunde zum Typ-A-Konstrukt und zu Essstörungen aufgeführt. Ein wesentlicher Aspekt des Typ-A-Verhaltensmusters besteht in der Vermeidung der Verarbeitung von Information, die eigene Fehler und negative somatische und affektive Reaktionen beinhaltet (vgl. Ben-Zur, Breznitz & Hashmonay, 1993; Carver, Coleman & Glass, 1976; Glass, 1977). Gleichzeitig zeigen Typ-A-Personen eine erhöhte Aufmerksamkeit für Umweltanforderungen, und zwar insbesondere dann, wenn mit diesen Anforderungen ein Verlust der eigenen Kontrolle verbunden sein könnte (vgl. Weidner & Collins, 1993). Dieses Muster – erniedrigte Schwelle für die Wahrnehmung von und das Reagieren auf Umweltanforderungen bei gleichzeitig erhöhter Schwelle für die Wahrnehmung emotionaler und körperlicher Belastungsreaktionen – sollte u. a. mit einem unangemessenen Gesundheitsverhalten (kein Einlegen von Ruhepausen sowie verzögertes Aufsuchen medizinischer Hilfe) und damit einem erhöhten Erkrankungsrisiko verbunden sein (Carver et al., 1976). Essstörungen sind durch eine Vielzahl psychologischer und biologischer Faktoren determiniert (Übersicht in Polivy & Hermans, 2002). Einer dieser Faktoren wird als Mangel an „interozeptiver Bewusstheit“ (lack of interoceptive awareness; LIA) bezeichnet. Personen mit hoher Ausprägung im LIA können zwar eventuell interne Zustände entdecken, aber nicht korrekt identifizieren. So mögen derartige Personen zwar eine emotionale Anspannung wahrnehmen, diese aber als Hunger interpretieren und entsprechend darauf mit zusätzlichem Essen reagieren (Bruch, 1973). Umgekehrt mag ein tatsächlicher Hungerzustand nicht als solcher wahrgenommen werden. Dass Personen mit Essstörungen durch LIA gekennzeichnet sind, scheint unstrittig zu sein (Polivy & Hermans, 2002). Es stellt sich allerdings die Frage nach den kausalen Beziehungen. Bruch (1973) vermutet, dass beide Merkmale
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durch fehlerhafte Lernprozesse in der frühen Kindheit determiniert sind, wenn Erzieher Nahrung nicht nur als Reaktion auf Hunger, sondern auch auf alle möglichen Anzeichen von emotionaler Anspannung bereitstellen. Auf diese Weise wird eine genaue Trennung der Hungerwahrnehmung und der Wahrnehmung emotionaler Anspannung unterminiert. 2.3.2 Berichten von Symptomen (symptom reporting) Die dargestellten Untersuchungen zum ISR-Konzept haben die Existenz stabiler individueller Differenzen in psychophysiologischen Reaktionen auf verschiedene belastende Situationen belegt. Pennebaker (1982) stellte sich nun die Frage, ob entsprechende Unterschiede auch auf der subjektiven Ebene nachweisbar sind. Dabei standen zwei Themen im Vordergrund: (1) Der Nachweis einer spezifischen Beziehung zwischen wahrgenommenen körperlichen Zuständen und bestimmten Emotionen. (2) Die Frage, ob konsistente individuelle Differenzen in der Wahrnehmung und dem Berichten derartiger körperlicher Zustände (bzw. Symptome) bestehen. Zur Beantwortung der ersten Frage ließ Pennebaker (1982) neun Probanden mehrmals täglich an fünf aufeinanderfolgenden Tagen eine „Symptom-Emotions-Checkliste“ bearbeiten. In dieser Liste wurden 18 Symptome (u. a. Kopfschmerzen, feuchte Augen, schwitzende Hände, kalte Hände) und elf Emotionen (z. B. glücklich, ängstlich, ärgerlich, traurig) auf einer siebenstufigen Skala eingeschätzt. Tatsächlich fanden sich bei der Mehrheit der Teilnehmer einige spezifische Assoziationen zwischen Symptomen und Emotionen. So war etwa – wenig überraschend – das Symptom angespannter oder zitternder Muskeln mit dem Gefühlszustand der Anspannung verbunden. Allerdings bestanden starke individuelle Unterschiede in der Anzahl, dem Grad und der Richtung derartiger Verbindungen zwischen Symptomen und Emotionen. Persson und Sjöberg (1987) konnten nachweisen, dass die Stärke der Beziehung zwischen Symptomen und Emotionen von der Spezifität des wahrgenommenen Symptoms abhängt. Die Autoren analysierten je eine Gruppe spezifischer (Schleimhautreizungen wie Husten, laufende Nase, trockener Mund) und unspezifischer Symptome („neurasthenische“ Merkmale wie Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Schlaflosigkeit) und fanden stärkere Zusammenhänge mit berichteten Emotionen für unspezifische Symptome. Je unspezifischer („diffuser“) körperliche Symptome sind, desto schwerer fällt es der betroffenen Person offenbar, konkrete Ursachen für deren Auftreten anzugeben. Diese Unsicherheit sollte stärker mit negativen Emotionen, insbesondere Angst, verbunden sein, als dies bei inhaltlich gut zu bestimmenden, spezifischen Symptomen (z. B. einer Reizung der Schleimhäute) der Fall ist (vgl. Erdmann, 1983).
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Pennebaker, Gonder-Frederick, Stewart, Elfman und Skelton (1982) konnten nachweisen, dass derartige Muster bereits auf der Ebene des Zusammenhangs autonomer Erregung und wahrgenommener Symptome existieren. Die Autoren konnten bei einer Analyse über alle Probanden keinen Zusammenhang zwischen autonomer Reaktion (Blutdruck) und Symptomen registrieren. Wenn diese Symptome jedoch für jeden einzelnen Teilnehmer über 40 Messzeitpunkte mit dem Blutdruck korreliert wurden, so fand sich für 23 von 30 Personen wenigstens eine bedeutsame Beziehung. Die Art dieser Beziehung war für die einzelnen Teilnehmer jedoch sehr unterschiedlich. So korrelierte etwa der systolische Blutdruck bei einer Person mit berichteter erschwerter Atmung und schnellem Puls, bei einer zweiten mit dem Gefühl eines angespannten Magens und bei einer dritten mit feuchten oder warmen Händen. Analoge Befunde, in denen auch die Konsistenz dieser Muster über die Zeit gesichert werden konnte, werden in Pennebaker (1982) dargestellt (für eine Übersicht über neuere Ergebnisse vgl. auch Pennebaker, 2000). Zur Analyse der Beziehung zwischen individuellen Differenzen und dem Berichten von Symptomen führten Kroenke und Spitzer (1998) einen Geschlechtervergleich durch. Die Autoren fanden, dass nach Kontrolle von Alter, Rasse, Schulabschluss sowie Depression, Angststörungen und anderen medizinischen Befunden Frauen bei 10 von 13 berichteten Symptomen höhere Werte erreichten. Obwohl erwartungsgemäß Depression und Angststörungen die stärksten Prädiktoren berichteter Symptome waren, leistete das Geschlecht einen unabhängigen Beitrag und war tatsächlich unter den demografischen Variablen der stärkste Prädiktor. Kohlmann und Krohne (1991) bezogen Unterschiede im Berichten von Symptomen auf die bereits erwähnte Stressbewältigungsvariable Vigilanz. Sie fanden, dass Vigilante bedeutsam höhere Werte auf einer Symptom-Emotions-Checkliste, die fünfmal täglich über sieben fortlaufende Tage zu beantworten war, erreichten als Nichtvigilante. Das Berichten von Symptomen hat also offenbar den Charakter eines stabilen Persönlichkeitsmerkmals. Zu dessen Messung entwickelte Pennebaker (1982) das „Pennebaker Inventory of Limbic Languidness“ (PILL). In diesem Fragebogen müssen die Probanden das Auftreten von insgesamt 54 Symptomen (z. B. tränende Augen, Wadenkrämpfe, Schlaflosigkeit, Schwindelgefühle, Übelkeit) auf einer fünfstufigen Skala (1 = nie oder fast nie, 5 = mehr als einmal pro Woche) angeben. Das Instrument lässt es dabei offen, ob diese Vielzahl von Symptomen noch einmal in verschiedene Gruppen (die sich etwa hinsichtlich der oben beschriebenen Spezifität unterscheiden könnten) eingeteilt werden kann. Kohlmann (1997) führte deshalb an ca. 650 Personen eine Hauptkomponentenanalyse der Items durch und fand acht Komponenten. Die beiden varianzstärksten Faktoren reflektierten dabei sehr gut die von Persson und Sjöberg (1987) vorgenommene Unterteilung in spezifische und unspezifische Symptome. Die erste
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Komponente enthielt sieben Symptome (u. a. Druckgefühl im Kopf, Schwindelgefühle, Schwächegefühl; α = 0,81) und entsprach damit sehr genau den unspezifischen („neurasthenischen“) Symptomen. Die zweite Komponente vereinte dagegen sechs sehr spezifische Erkältungssymptome (z. B. laufende Nase, verstopfte Nase, tränende Augen; α = 0,79) auf sich. Im Anschluss an die Untersuchung von Persson und Sjöberg (1987) war vermutet worden, dass speziell das Erleben von Angst mit der Stärke der Wahrnehmung unspezifischer Symptome – weniger mit der Wahrnehmung spezifischer Symptome – variiert. Kohlmann (1997) prüfte diese Hypothese, indem er die Assoziation der beiden von ihm gefundenen varianzstarken Faktoren des PILL (Faktor 1 unspezifische, Faktor 2 spezifische Symptome) mit der Angst analysierte. Außerdem ging er der Frage nach, ob die oben bereits erwähnte Persönlichkeitsvariable kognitive Vermeidung die Enge dieses Zusammenhangs moderiert. Wie erwartet, fand er für beide PILL-Faktoren eine signifikant positive Beziehung zur (selbstberichteten) Angst, wobei die Korrelation für die unspezifischen Symptome allerdings bedeutsam höher war als für spezifische Symptome (r = 0,43 vs. 0,17; N = 440–450). Nur für den Bericht unspezifischer Symptome fand sich darüber hinaus eine signifikante Interaktion dieses Faktors mit der kognitiven Vermeidung: Je stärker die kognitive Vermeidung ausgeprägt war, desto schwächer fiel der Zusammenhang zwischen Symptombericht und Angsterleben aus. Mit anderen Worten: Der im Anschluss an Persson und Sjöberg vermutete Zusammenhang gilt im Wesentlichen nur für Personen, die belastende Ereignisse nicht durch kognitive Vermeidung bewältigen. Watson und Pennebaker (1989) sehen als dispositionelle Basis des Berichtens von Symptomen die – im nächsten Abschnitt genauer darzustellende – negative Affektivität an. Personen mit einer ausgeprägten negativen Affektivität sind dadurch gekennzeichnet, dass sie ein negatives Selbstbild besitzen und sich bevorzugt als stark belastet beschreiben. Dementsprechend sollen sie auch verstärkt dazu tendieren, körperliche Empfindungen und Symptome zu beachten und als beunruhigend zu erleben. 2.3.3 Negative und positive Affektivität Es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Konstrukte negative Affektivität, Ängstlichkeit und Neurotizismus neben der Extraversion eine der fundamentalen Bestandteile jedes Persönlichkeitssystems bilden (vgl. u. a. Revelle, 1995). Die drei genannten Konstrukte sind nicht identisch, aber eng miteinander verwandt. Negative Affektivität (NA) ist dabei das allgemeinste Konzept. Personen mit hohen Werten in NA erleben vermehrt negative emotionale Zustände wie etwa die angstbezogenen Gefühle der Nervosität, Anspannung und
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Besorgnis, aber auch Zustände wie Ärger, Schuld, Unzufriedenheit oder Traurigkeit. NA ist als eine umfassende Persönlichkeitsdisposition konzipiert, die sich auch bei Abwesenheit situativer Anlässe manifestiert. Nach Watson und Clark (1984, S. 466) bezieht sich NA auf die Art und Weise, wie Menschen generell gefühlsmäßig zu sich selbst und ihrer Umwelt Stellung nehmen. Im Bereich der Komponenten Nervosität, Anspannung und Besorgnis besteht eine substanzielle Überschneidung zwischen den Dispositionen negative Affektivität und Ängstlichkeit. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Konstrukten liegt jedoch darin, dass die Ängstlichkeit als weitgehend reaktives Merkmal konzipiert ist, sich also nur bei Vorliegen entsprechender situativer Auslöser als Zustandsangst (Spielberger, 1972) manifestieren soll, während Indikatoren der negativen Affektivität durchgehend registriert werden können, also auch bei Abwesenheit „negativer“ Anlässe. Ängstlichkeit wird deshalb auch bestimmt als die intraindividuell stabile, aber interindividuell variierende Tendenz, vermehrt Situationen als bedrohlich zu bewerten und auf diese mit einem erhöhten Angstzustand zu reagieren (vgl. Krohne, 2009). In welcher Beziehung das Erleben positiver Affekte (positive Affektivität, PA) zur negativen Affektivität steht, ist bis heute Gegenstand einer kontroversen Debatte (vgl. Russell & Carroll, 1999). Frühe Emotionsforscher (z. B. Bradburn, 1969; Nowlis & Nowlis, 1956) gingen zunächst von einer eindimensional bipolaren Beziehung zwischen PA und NA aus, konzipierten dann aber aufgrund faktorenanalytischer Befunde zwei voneinander unabhängige Dimensionen PA und NA. Diese zweidimensionale Struktur wurde dann von Watson und Tellegen (1985) zur Grundlage ihrer umfassenden Konzeption positiver und negativer Affektivität gemacht. Empirische Unterstützung für diese (eher kontraintuitive) Annahme liefern in der neueren Forschung vor allem Daten, die mit der PANAS erhoben wurden (Watson et al., 1988; dt. Version Krohne, Egloff, Kohlmann & Tausch, 1996). Mit diesem Verfahren werden generell voneinander unabhängige Testwerte für PA und NA gewonnen. Die zweidimensionale Konzeption erlebter Affektivität wurde jedoch von verschiedenen Autoren in Frage gestellt (Barrett & Russell, 1998; Bentler 1969; Egloff, 1998; Egloff, Tausch, Kohlmann & Krohne, 1995; Green, Goldman & Salovey, 1993; Larsen & Diener, 1992). So konnte etwa Bentler (1969) zeigen, dass Reaktionstendenzen wie Aquieszenz (die Tendenz, Items unabhängig von ihrem Inhalt zuzustimmen) eine tatsächlich vorhandene negative Korrelation zwischen PA und NA maskieren könnten. Egloff et al. (1995) wiesen darauf hin, dass die PA-Skala der PANAS in erster Linie durch Items definiert ist, die Zustände positiver Aktiviertheit beschreiben (z. B. aktiv, stark, aufmerksam). Demgegenüber fehlen Items, die sich auf weniger aktive positive Zustände beziehen (wie etwa glücklich, zufrieden, entspannt). Die Autoren konstruierten
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deshalb zwei verschiedene Maße zur Erfassung positiver Affektivität. Eines erfasste (über Items wie die oben genannten) die Aktiviertheitskomponente, das andere die Komponente eines angenehmen (nichtaktiven) Zustands (pleasantness). Erwartungsgemäß fand sich eine signifikante positive Korrelation zwischen den beiden Komponenten der positiven Affektivität (r = 0,45). Bedeutsamer war jedoch der Befund, dass PA-Aktiviertheit und NA tatsächlich, wie von Watson und Tellegen (1985) postuliert, unabhängig von einander variierten (r = –0,07), während PA-Pleasantness und NA hoch negativ korrelierten (r = –0,58). Egloff (1998) erweiterte diesen Ansatz, indem er vor und nach der Induktion eines positiven bzw. negativen Gefühlszustands (Erfahrung von Erfolg bzw. Misserfolg) zusätzlich zu den PANAS-Skalen PA und NA eine Pleasantnessund eine Unpleasantness-Skala (mit Items wie traurig, bedrückt oder einsam) darbot. Wieder waren die beiden PANAS-Skalen in allen Bedingungen unkorreliert, während die Pleasantness-Unpleasantness-Skalen deutlich (und von den Koeffizienten der PANAS-Skalen signifikant verschieden) negativ korrelierten. Dabei fielen die Korrelationen nach der Emotionsinduktion (mit Werten um –0,50) höher aus als vor der Induktion (r ≈ –0,35). Egloff, Schmukle, Burns, Kohlmann und Hock (2003) differenzierten innerhalb des positiven Affekts nach Freude, Interesse sowie Aktiviertheit und registrierten für diese drei Komponenten über eine Prüfungsperiode (mit den Abschnitten Vorbereitung, Konfrontation und Rückmeldung) sehr unterschiedliche Verläufe. Schmukle, Egloff und Burns (2002) konnten mit Hilfe von Strukturgleichungsmodellen ferner zeigen, dass die postulierte Unabhängigkeit von PA und NA nur bei ihrer Verwendung als dispositionelles Maß gilt. Demgegenüber ist das Ausmaß der in einer Situation erlebten aktuellen positiven und negativen Affekte deutlich negativ korreliert. Aus diesen und weiteren Befunden (u. a. Barrett & Russell, 1998) kann man den Schluss ziehen, dass die zweidimensionale Struktur der Affektivität, wie sie von Watson und Tellegen (1985) unterstellt wurde, empirisch offenbar nur dann gesichert werden kann, wenn man PA und NA als Indikatoren dispositioneller Tendenzen verwendet oder aus der PA-Komponente die eher nichtaktiven Items eliminiert und sich stattdessen auf Aktivitätsitems konzentriert (vgl. auch Russell & Carroll, 1999). 2.3.4 Emotionale Expressivität Individuen drücken die von ihnen erlebten Emotionen in ihrem verbalen und nonverbalen Verhalten aus. Dementsprechend bezieht sich der Begriff Emotionsausdruck auf die verhaltensmäßigen Veränderungen, z. B. lächeln, Stirn runzeln, weinen, fortlaufen, die typischerweise das Erleben einer Emotion begleiten
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(vgl. Gross & John, 1997). Diese Definition ist nicht auf einen bestimmten Ausdruckskanal oder auf eine spezifische Emotion beschränkt. Der wichtigste nonverbale Kanal zur Kommunikation von Gefühlen ist das menschliche Gesicht. Um das Ausdrucksverhalten im Gesicht quantitativ zu erfassen, haben Ekman und Friesen (1978) auf anatomischer Basis das Facial Action Coding System (FACS) entwickelt. In diesem System werden 44 distinkte Muskelbewegungen (sog. „action units“) beschrieben. Neben dem Gesichtsausdruck stellen motorische Aktivitäten des Körpers weitere Indikatoren von Gefühlszuständen dar (Freedman, 1977; K. R. Scherer, Wallbott & U. Scherer, 1979). So können etwa eine aufrechte Körperhaltung als Zeichen von Stolz (Stepper & Strack, 1993) oder bestimmte Handbewegungen als Indikatoren von Angst (Barroso, Freedman, Grand & van Meel, 1978) interpretiert werden (vgl. auch Krohne & Hock, 1994). Weitere Indikatoren des nonverbalen Emotionsausdrucks finden sich im Bereich der Vokalisation, z. B. Lautstärke, Sprechgeschwindigkeit, Stimmqualität („Timbre“) oder Sprechstörungen (z. B. „äh“, „ah“ u. Ä.). Beim verbalen Verhalten ist die offensichtlichste Quelle des Emotionsausdrucks der Selbstbericht einer Person (etwa die Bejahung der Aussage „ich bin nervös“ in einem Fragebogen). Die bereits dargestellte PANAS ist das derzeit verbreitetste Instrument zur Erfassung selbstberichteter emotionaler Zustände. Während die ursprüngliche Form (Watson et al., 1988) der unabhängigen Messung der beiden breiten Emotionskategorien positiver und negativer Affektivität dient, gestattet eine erweiterte Form (die PANAS-X; Watson & Clark, 1994) eine genauere Erfassung spezifischer positiver (z. B. Freude, Entspanntheit) oder negativer (u. a. Furcht, Traurigkeit, Schuld) Emotionen. Weitere Instrumente zur Registrierung von Selbstberichten emotionaler Erfahrungen sind die „Multiple Affect Adjective Check List“ (MAACL; Zuckerman & Lubin, 1965), die „Mood Adjective Check List“ (MACL; Nowlis, 1965), das „Profile of Mood States“ (POMS; McNair, Lorr & Droppleman, 1971), die „Differential Emotions Scale“ (DES; Izard, 1991) sowie für den deutschen Sprachraum die „Eigenschaftswörterliste“ (EWL; Janke & Debus, 1978). Als emotionale Expressivität zusammengefasste individuelle Unterschiede im Emotionsausdruck sind seit langem ein wichtiger Gegenstand persönlichkeitspsychologischer Forschung (vgl. bereits Allport & Vernon, 1933). Gross, John und Richards (2000) haben in einem Modell der Emotionsgenese veranschaulicht, an welchen Stellen im Emotionsprozess sich individuelle Unterschiede im Emotionsausdruck manifestieren können: bei der Konfrontation mit emotionalen Reizen (Input), bei der Bewertung dieser Reize, hinsichtlich genereller emotionaler Reaktionstendenzen sowie bei der Modulation des Ausdrucks von Emotionen. Beim Input spielt besonders die Aufmerksamkeitsorientierung im
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Hinblick auf emotionsrelevante Reize eine wesentliche Rolle. So ist etwa die Aufmerksamkeit von hochängstlichen Personen derart ausgerichtet, dass der Entdeckung von potenziell bedrohlichen Reizen Priorität eingeräumt wird (Williams, Mathews & MacLeod, 1996). Unterschiede hinsichtlich der Reizbewertung werden in besonderem Maße bei mehrdeutigen Informationen (durch die viele soziale Situationen gekennzeichnet sind) offenkundig. So tendieren Personen mit der später noch genauer darzustellenden Tendenz zu vigilanter Angstbewältigung stärker als anders disponierte Individuen dazu, mehrdeutige Information im Sinne ihrer bedrohlichen Komponente zu interpretieren (Hock, Krohne & Kaiser, 1996; Hock & Krohne, 2004). Auf der Stufe der emotionalen Reaktionstendenzen lassen sich Personen unterscheiden nach der Schwelle, oberhalb derer es zur Emotionsauslösung kommt (Rothbart & Ahadi, 1994), wie auch nach der Stärke des ausgelösten Impulses (Larsen & Diener, 1987). Bei der Reaktionsmodulation wird untersucht, inwieweit individuelle Unterschiede Einfluss auf die Umsetzung emotionsspezifischer (z. B. positiver vs. negativer) Reaktionstendenzen in bestimmte (positive bzw. negative) emotionale Reaktionen haben (vgl. Gross & John, 2003; King & Emmons, 1990). Nach Larsen (2000) basiert dieser Prozess der Modulation (bzw. Regulation) auf dem Vergleich eines Standards für den Ausdruck von Emotionen (set point) mit den emotionsrelevanten Merkmalen der aktuellen Situation. Dieser Prozess wird von einer Reihe von personspezifischen Faktoren beeinflusst. So hängt der Standard für den Ausdruck von Emotionen von personspezifischen Werten und Überzeugungen ab, während der Einfluss der Situation moduliert wird durch die Fähigkeit, den aktuellen emotionalen Zustand wahrzunehmen, die Sensitivität für Diskrepanzen zwischen Standard und aktueller Situation sowie Präferenzen für bestimmte Strategien der Emotionsregulation. Individuelle Unterschiede in der Kommunikation emotionaler Zustände bestehen aber nicht nur auf der Seite desjenigen, der einen Zustand ausdrückt (des Senders), sondern auch bei denen, die eine emotionsbezogene Botschaft empfangen. Buck (1984) stellt ein experimentelles Paradigma zur Analyse individueller Unterschiede hinsichtlich der Genauigkeit des Sendens und Empfangens derartiger Botschaften vor. Dem als Sender fungierenden Teilnehmer wird eine Serie emotionsauslösender Bilder gezeigt. Dabei wird er, ohne es zu wissen, gefilmt. Anschließend soll er seinen emotionalen Zustand beschreiben. Die Videoaufnahme wird (ohne Ton) einem Empfänger vorgespielt, der den emotionalen Zustand des Senders wie auch den Inhalt des jeweils dargebotenen Bildes einschätzen soll. Zwei Gruppen von Ergebnissen sind von besonderem Interesse: Erstens, Frauen reagierten mit einem stärkeren und emotionsbezogen genaueren Gesichtsausdruck als Männer, waren als Beurteiler (also Empfänger) aber nicht genauer.
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Dass Frauen Emotionen stärker und genauer ausdrücken als Männer, konnte inzwischen mehrfach bestätigt werden (vgl. u. a. Kring & Gordon, 1998). Zweitens, Personen, die den stärksten mimischen Emotionsausdruck aufwiesen, zeigten die schwächsten physiologischen (insbesondere elektrodermalen) Reaktionen. Auch dieser Befund konnte mehrfach gesichert werden (vgl. u. a. Notarius & Levenson, 1979). Er wird von Buck (1984) auf das Konzept Internalisierung-Externalisierung (Jones, 1935) bezogen. Hiernach werden Personen mit hohen Werten in emotionaler Expressivität und geringen physiologischen Reaktionen in emotionsinduzierten Situationen als Externalisierer bezeichnet, während Internalisierer durch das entgegengesetzte Muster gekennzeichnet sind. Individuelle Unterschiede hinsichtlich der emotionalen Expressivität werden bislang vorzugsweise über Selbstberichte (Tagebuch oder Fragebogen) erfasst. Dabei wird nicht immer deutlich, auf welche Stufe in dem von Gross et al. (2000) vorgeschlagenen Prozessmodell der Emotionsgenese sich die Datenerhebung bezieht (vgl. z. B. Friedman, Prince, Riggio & DiMatteo, 1980; Kring, Smith & Neale, 1994). Ferner stehen eindimensionalen Konzeptionen von Expressivität (Friedman et al., 1980; Kring et al., 1994; Larsen & Diener, 1987) mehrdimensionale Ansätze gegenüber (Gross & John, 1997). Während beispielsweise Larsen und Diener individuelle Unterschiede der emotionalen Expressivität auf die Intensität des Emotionserlebnisses beziehen, unterscheiden Gross und John auf der Basis faktorenanalytisch gewonnener Daten drei Facetten: Impulsstärke, negative Expressivität und positive Expressivität. Die erste Facette beschreibt dabei die generelle Stärke emotionaler Reaktionstendenzen, während sich Expressivität auf das Ausmaß bezieht, in dem positive oder negative Reaktionstendenzen im Verhalten ausgedrückt werden. Da die drei Facetten deutlich (im Bereich von r = 0,50) korreliert sind, schlagen Gross und John (1997) ein hierarchisches Modell mit einem allgemeinen Expressivitätsfaktor als übergeordneter Dimension vor. Zur Messung dieser Aspekte entwickelten sie das „Berkeley Expressivity Questionnaire“ (BEQ; Gross & John, 1995). Validierungsstudien zum BEQ erbrachten positive Zusammenhänge zwischen Selbstberichten und Peer-Ratings auf den genannten Expressivitätsdimensionen. Ferner zeigte sich, dass der Fragebogen expressives Verhalten differenziell vorhersagt. Positive Expressivität prädizierte den Ausdruck positiver (z. B. Lächeln), aber nicht den negativer Gefühle auf einen lustigen Film, während negative Expressivität mit dem entgegengesetzten Muster bei einem traurigen Film assoziiert war. Impulsstärke war dagegen moderat positiv sowohl mit dem Ausdruck positiver wie negativer Emotionen korreliert, wobei dieser Zusammenhang auch nach Kontrolle von Unterschieden im physiologischen Reagieren bestehen blieb (Gross & John, 1997).
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Generelle Expressivität
Kernexpressivität Vertrauen in die eigene Ausdrucksfähigkeit
Positive Expressivität
Tendenz, sich zu verstellen
Impulsstärke
Negative Expressivität
Abbildung 1: Komponenten der emotionalen Expressivität (nach Gross & John, 1998)
Auf Grund gemeinsamer faktorenanalytischer Untersuchungen des BEQ und anderer Expressivitätsskalen haben Gross und John (1998) inzwischen ein revidiertes und erweitertes Modell emotionaler Expressivität entwickelt (vgl. Abb. 1). Hiernach repräsentiert ein Faktor „Generelle Expressivität“ das Gesamtfeld des emotionalen Ausdrucks. Dieser gliedert sich in das zentrale Konstrukt der „Kernexpressivität“ und die beiden eher marginalen Dimensionen des „Vertrauens in die eigene Ausdrucksfähigkeit“ (expressive confidence; z. B. „ich würde wahrscheinlich einen guten Schauspieler abgeben“) und der „Tendenz, sich zu verstellen“ (masking; „ich bin nicht immer die Person, als die ich erscheine“). Die Kernexpressivität gliedert sich dann noch einmal in die bereits beschriebenen Facetten Impulsstärke sowie negative und positive Expressivität. Empirische Befunde zeigten, dass Frauen auf allen drei Dimensionen der Kernexpressivität höhere Werte erreichen als Männer, während die Tendenz, sich zu verstellen, bei Männern stärker ausgeprägt ist. In einer Reihe von Untersuchungen mit den von Gross und John (1998) verwendeten Fragebogen sowie weiteren Skalen zur emotionalen Expressivität überprüfte Tausch (2006) das Modell und kam zu einer etwas differenzierteren Struktur der Facetten emotionaler Expressivität. Die drei zentralen Facetten der generellen Expressivität bezeichnet sie als „Soziale Expressivität“, „Kernexpressivität“ und „Kognitive Expressivität“. Soziale Expressivität gliedert sich dabei nochmals in
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die vier Facetten Darstellungstendenz und Darstellungsfähigkeit sowie Verstellungstendenz und Verstellungsfähigkeit. Analog teilt sich die Kernexpressivität auf in die Facetten positive und negative Impulsstärke sowie positive und negative Expressivität. Facetten der kognitiven Expressivität sind die Gefühlsklarheit und die Ambivalenz hinsichtlich des Ausdrucks von Emotionen (vgl. a. Tausch & Krohne, 2007). Das von Gross und John vorgelegte Modell stellt sicherlich einen vielversprechenden Ansatz zur Erforschung der Struktur emotionaler Expressivität auf der Ebene des Selbstberichts dar. Allerdings bleibt eine Reihe von Punkten ungeklärt. So bezieht sich die bislang gesicherte Struktur auf die Interkorrelation ausgewählter Fragebogen. Die Hinzunahme von Dimensionen, die mit guten Gründen ebenfalls zur Expressivität gerechnet werden können (z. B. „Klarheit erlebter Gefühle“; Salovey, Mayer, Goldman, Turvey & Palfai, 1995; Tausch, 2006), könnte diese Struktur u. U. verändern. Außerdem ist nicht einsichtig, warum die Impulsstärke nicht noch einmal nach positiven und negativen Emotionen differenziert wird. Insbesondere Untersuchungen zum in der Forschung bislang vernachlässigten Gebiet positiver Emotionen (vgl. Burgdorf & Panksepp, 2006) könnten wertvolle Impulse zur weiteren Strukturierung dieses Bereichs liefern. Hier sind also noch weitere Studien zur Klärung der Struktur emotionaler Expressivität angesagt. Dabei müssten auch ökologisch validere Situationen als etwa Filmausschnitte verwendet und über die Ebene des Selbstberichts hinausgegangen werden.
2.4 Subjektiv-autonome Reaktionsdissoziation Wenn unterschiedliche Parameter als Indikatoren emotionaler Prozesse und Zustände herangezogen werden, muss beachtet werden, dass jeder Parameter spezifischen physiologischen oder psychologischen Regulationen unterliegt (Leventhal, 1991). Die regulatorischen Prozesse sind zeitlich unterschiedlich erstreckt und werden von unterschiedlichen Faktoren, einschließlich Persönlichkeitsmerkmalen, beeinflusst. Es ist deshalb sehr unwahrscheinlich, dass bei einem Individuum parallele Verläufe dieser Parameter während einer emotionsinduzierenden Episode auftreten. Aber selbst wenn in den Daten, die über eine Stichprobe aggregiert wurden, parallele Veränderungen registriert werden, so bedeutet dies noch nicht, dass diese Variablen korreliert sind. Tatsächlich fallen die Korrelationen zwischen Indikatoren emotionaler Zustände aus verschiedenen Bereichen (etwa Selbstberichte und Variablen des autonomen Nervensystems) in der Regel niedrig aus (Fahrenberg & Foerster, 1982; Schwerdtfeger, 2004). Derartige niedrige Korrelationen indizieren jedoch nicht notwendigerweise eine unzureichende Validität des einen oder anderen Erhebungsverfahrens. Sie zeigen
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vielmehr auf, dass kein Parameter sozusagen stellvertretend für einen anderen bei der Abschätzung emotionaler Zustände verwendet werden kann. Jeder Parameter muss individuell interpretiert werden im Hinblick auf die Art der emotionsauslösenden Situation (z. B. kontrollierbar vs. unkontrollierbar; Frankenhaeuser, 1986), den Zeitpunkt der Erhebung (z. B. Vorbereitung auf eine emotionale Konfrontation, Konfrontation oder Postkonfrontation; Krohne, 1986) sowie relevante Persönlichkeitsdispositionen (Lazarus, 1966). Die Annahme, dass die einzelnen Parameter emotionaler Erregung situations- und personspezifischen Regulationsprozessen unterliegen, steht im Zentrum des Konzepts der subjektiv-autonomen Reaktionsdissoziation. Für den Bereich der Persönlichkeitsdispositionen konnte in einer Reihe von Untersuchungen ein Zusammenhang zwischen dem Merkmal Repression bzw. kognitive Vermeidung und dem Ausmaß der subjektiv-autonomen Reaktionsdissoziation nachgewiesen werden (Übersichten in Kohlmann, 1997; Krohne, 1986; Schwerdtfeger & Kohlmann, 2004). Bei Repression bzw. kognitiver Vermeidung handelt es sich, wie bereits erwähnt, um eine dispositionelle Form der Stressbewältigung, die durch Abwendung der Aufmerksamkeit von stressbezogenen Hinweisreizen und eine Hemmung bei der Weiterverarbeitung aversiver Information gekennzeichnet ist (vgl. Krohne, 1993, 2003). Im Allgemeinen berichten dabei Personen, die hohe Werte in Repression bzw. kognitiver Vermeidung aufweisen, in Stresssituationen ein niedriges Niveau negativer Emotionen (z. B. Angst), während sie auf physiologischen Variablen (z. B. Herzrate) zugleich ein erhöhtes Erregungsniveau manifestieren. Operational bestimmt wird dabei Repression bzw. kognitive Vermeidung auf unterschiedliche Weise, etwa durch entsprechende Scores auf der „Repression-Sensitization-Skala“ (Byrne, 1961; Krohne, 1974), durch die Kombination aus niedrigen Werten in selbstberichteter Angst und hohen Werten in Defensivität, z. B. der Tendenz zur sozialen Erwünschtheit (Weinberger et al., 1979), oder mit Hilfe speziell zur Erfassung dieser Bewältigungsdispositionen konstruierter Inventare (Krohne & Egloff, 1999; Miller, 1987). Die Dissoziation von subjektiven und autonomen Stressreaktionen bei vermeidenden Personen wurde zuerst von Lazarus (1966) diskutiert und anschließend von ihm und seinen Mitarbeitern systematisch empirisch untersucht. So führten Weinstein, Averill, Opton und Lazarus (1968) eine Reanalyse von Experimenten dieser Forschergruppe durch und konnten dabei für vermeidende, verglichen mit nicht vermeidenden Personen relativ stärkere autonome (Herzrate, Hautleitfähigkeit) als subjektive (selbstberichtete Angst) Stressreaktionen in Belastungsituationen registrieren. Ähnliche Befunde wurden u. a. von Weinberger et al. (1979), Asendorpf und Scherer (1983) sowie Kiecolt-Glaser und Greenberg (1983) gesichert (Übersicht in Krohne, 2003; Schwerdtfeger & Kohlmann, 2004). Allerdings wiesen Weinstein et al. (1968) darauf hin, dass die Unterschiede
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zwischen Vermeidern und Nichtvermeidern nur durch Differenzen im subjektiven Maß, nicht durch entsprechende Unterschiede in den autonomen Variablen zustande gekommen sind. (Zur transsituativen und Langzeitstabilität derartiger Maße vgl. Schwerdtfeger, Schmukle & Egloff, 2006b.) Gudjonsson (1981) kehrte dieses Paradigma um und versuchte, Scores auf Persönlichkeitsskalen (Neurotizismus, Defensivität) aus Diskrepanzen zwischen selbstberichteter Emotionalität und Veränderungen in autonomen Maßen (Hautleitfähigkeit) in einer selbstwertbedrohlichen Situation (Fragen zu Gesetzesübertretungen) vorherzusagen. Vermeider wurden dabei definiert durch niedrige Scores in selbstberichteten negativen Emotionen und starke autonome Reaktionen. Das entgegengesetzte Muster konstituierte die Gruppe der vigilanten Personen. Hierbei handelt es sich um Individuen, die Stress durch verstärkte Aufmerksamkeit auf entsprechende Hinweisreize und eine Weiterverarbeitung aversiver Information bewältigen (vgl. Krohne, 1993, 2003). Dabei konnte der Autor nachweisen, dass Vermeider bedeutsam höhere Werte in Defensivität (Tendenz zur sozialen Erwünschtheit) und niedrigere Werte in Neurotizismus zeigen als Personen mit anderen Kombinationen subjektiver und autonomer Daten. Dieses Ergebnis entspricht der Definition von kognitiver Vermeidung bzw. Repression. Derart dispositionierte Personen tendieren zu einem defensiven Leugnen von Schwächen und emotionaler Betroffenheit und sollten deshalb in entsprechenden subjektiven Maßen der Emotionalität niedrige, bei Instrumenten, die Defensivität erfassen, aber hohe Werte erreichen (vgl. Krohne & Rogner, 1985; Weinberger et al., 1979). Das bei Personen mit kognitiv vermeidender Stressbewältigung beobachtete Muster aus starken autonomen Reaktionen in Belastungssituationen bei gleichzeitig eingeschränktem Erleben (oder zumindest Berichten negativer Emotionen) könnte in zweifacher Weise mit gesundheitlichen Problemen verbunden sein. Zum einen sind die starken autonomen Reaktionen, insbesondere die erhöhte kardiovaskuläre Reaktivität (vgl. Asendorpf & Scherer, 1983; Kohlmann, Weidner & Messina, 1996; Newton & Contrada, 1992), in Belastungssituationen mit der Möglichkeit späterer Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems verbunden (Schwartz et al., 2003). Zum anderen sollte das verminderte Erleben emotionaler Betroffenheit den Zugang zu emotionalen Hinweisreizen (z. B. Besorgniskognitionen) erschweren und somit die Einleitung präventiven Gesundheitsverhaltens behindern (vgl. u. a. Bonanno, Keltner, Holen & Horowitz, 1995; Drinkmann & Hauer, 1995; Schwerdtfeger, Schmukle & Egloff, 2006a; Übersicht in Schwerdtfeger & Kohlmann, 2004). Neuere Studien zur subjektiv-autonomen Reaktionsdissoziation analysierten die Bedeutung situativer Variablen als mögliche Moderatoren der Beziehung zwischen vermeidend-vigilanter Stressbewältigung und subjektiven bzw. objek-
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tiven Belastungsreaktionen (vgl. Kohlmann, 1997). Ein wesentliches situatives Merkmal scheint dabei die soziale Bewertung zu sein. Hinweise auf das Vorhandensein von Bewertungen erhöhen die öffentliche Selbstaufmerksamkeit und machen somit soziale Standards salienter (Carver & Scheier, 1981). In diesem Zusammenhang bestimmten Newton und Contrada (1992) kognitive Vermeidung als einen emotionsbezogenen Bewältigungsstil, der dazu führt, dass emotionale Reaktionen durch Prozesse der Selbstbewertung, die sich am Vorhandensein sozialer Standards orientieren, reguliert werden. Entsprechend dieser Annahme müsste die subjektiv-autonome Reaktionsdissoziation bei Vermeidern besonders in öffentlichen Bewertungssituationen ausgeprägt sein. Diese Hypothese konnten die Autoren in einer empirischen Untersuchung bestätigen (weitere Befunde in Schwerdtfeger & Kohlmann, 2004). Kohlmann (1997) kam nach einer Reanalyse zahlreicher Arbeiten zum Zusammenhang zwischen kognitiver Vermeidung und Reaktionsdissoziation zu dem Schluss, dass sich die Veränderungen subjektiver und autonomer Erregungsindikatoren (und damit die Diskrepanzen zwischen ihnen) in den meisten Fällen auf zwei Haupteffekte zurückführen lassen: Die zur Bestimmung kognitiver Vermeidung verwendeten Angstskalen prädizieren nur Veränderungen in der selbstberichteten Emotionalität, während die Defensivitätsskalen nur mit Unterschieden der autonomen Aktivität zusammenhängen. Während die erstgenannte Beziehung evident ist, bedarf die zweite einer Erläuterung. Nach Kohlmann beinhalten alle Situationen, in denen diese Dissoziation registriert wurde, Aufgaben des „aktiven Coping“, d. h. Aufgaben, in die ein besonderes Maß an Anstrengung investiert werden musste. Dieser Zusammenhang ist ganz typisch für Situationen der sozialen Bewertung (z. B. einen Bericht vor Zuhörern abgeben). Diese Anstrengung ist mit vermehrter Energiefreisetzung verbunden, die wiederum von verstärkten autonomen Reaktionen begleitet sein sollte (vgl. u. a. Bongard, 1995). Wenn diese Annahme zutrifft, dann müsste sich die verstärkte autonome Aktivität beim Übergang von einem nicht öffentlichen zu einem öffentlichen Kontext besonders für kardiovaskuläre Variablen zeigen, weil diese Parameter besonders auf vermehrte Anstrengung ansprechen. Andere autonome Parameter, z. B. die elektrodermale Aktivität, indizieren dagegen weniger die Anstrengung, sondern eher das Ausmaß der in belastenden Situationen ausgelösten negativen Emotionen. Solche Variablen sollten deshalb bei kognitiven Vermeidern in Stresssituationen generell, unabhängig vom Grad der Öffentlichkeit des Kontextes, erhöht sein. Empirische Befunde scheinen die Gültigkeit dieser Annahme zu bestätigen (Schwerdtfeger, 2002; Schwerdtfeger & Kohlmann, 2004). Untersuchungen zur subjektiv-autonomen Reaktionsdissoziation haben wichtige Hinweise auf die Dynamik der Regulation subjektiver und autonomer Parameter
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der Emotionalität erbracht. Gleichzeitig verweisen sie auf eine mögliche Bedeutung dieser Regulationsprozesse für den individuellen Gesundheitsstatus. Allerdings ist die betreffende Forschung noch mit einer Reihe von Unzulänglichkeiten belastet, die in künftigen Studien eliminiert werden müssten. So sollte, erstens, bei Verwendung von Mehrvariablenansätzen zur Bestimmung von Persönlichkeitsdispositionen, von denen ein Einfluss auf die Reaktionsdissoziation erwartet wird, der Haupteffekt jeder einzelnen Variablen zusammen mit ihren Wechselwirkungen geprüft werden. Zweitens müsste, bevor ein Score für die Diskrepanz aus subjektiven und autonomen Variablen berechnet wird, geprüft werden, ob jede Einzelvariable, die in diesen Score eingeht, überhaupt von den Persönlichkeitsvariablen beeinflusst wird. Drittens müsste genauer analysiert werden, welcher autonome Parameter überhaupt von spezifischen bewältigungsrelevanten Regulationsprozessen beeinflusst wird und damit ein Kandidat für die Bestimmung subjektiv-autonomer Reaktionsdissoziationen ist. Nach den bisher vorliegenden Befunden (vgl. Schwerdtfeger & Kohlmann, 2004) dürfte es sich hier insbesondere um Indikatoren der beta-adrenergen Aktivierung handeln (z. B. Q-T-Strecke oder Auswurfleistung des Herzens; vgl. Stemmler, 2003). Schließlich sollten in künftigen Untersuchungen diejenigen situativen Merkmale systematisch variiert werden, die einen besonderen Einfluss auf die Selbstregulation emotionaler Prozesse ausüben und damit die Beziehung zwischen Persönlichkeitsdispositionen und der Reaktionsdissoziation moderieren.
3 Die explikative Perspektive 3.1 Kognitiv-affektive Persönlichkeitseinheiten und Emotionsprozesse Bei der Erforschung individueller Differenzen lässt sich derzeit eine Abkehr registrieren von globalen, sozusagen kontextfreien Eigenschaftskonzepten (wie z. B. Ängstlichkeit) hin zur Entwicklung von Theorien, in deren Zentrum die Dynamik von Verarbeitungsmechanismen steht, die die Komplexität von kognitiven Operationen und Verhaltensmanifestationen widerspiegeln (Mischel & Shoda, 1998). Die meisten dieser Ansätze gehen von Modellen der Informationsverarbeitung aus und sind mit einem Wechsel des Analyseschwerpunkts verbunden. Statt zu fragen, wie ausgeprägt eine spezifische Einheit (etwa ein Trait) bei einer Person ist, interessiert nun in erster Linie, wie diese einzelnen Einheiten innerhalb einer Person im Sinne eines Netzwerkes miteinander verbunden sind. Mischel und Shoda (1995) haben fünf zentrale Elemente (bzw. Einheiten) dieses Netzwerkes bestimmt und ihr Zusammenwirken im Rahmen eines kognitivaffektiven Persönlichkeitssystems (CAPS) beschrieben: (1) Enkodierungsstrate-
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gien, (2) Erwartungen und Überzeugungen, (3) Affekte, (4) Ziele und Werte sowie (5) selbstregulatorische Pläne und Kompetenzen. Diese Einheiten unterscheiden sich allerdings noch einmal nach ihrer Komplexität, kognitiven Zugänglichkeit und zeitlichen Erstreckung (Karoly, 1999). Von besonderem Interesse für die Analyse individueller Differenzen in Emotionsprozessen sind die Einheiten Enkodierungsstrategien, Selbstregulation (speziell als Emotionsregulation) sowie Ziele und Werte (Krohne, 2003).
3.2 Bewertungen, Emotionsregulation, Ziele und Werte 3.2.1 Bewertungen Encodierungssstrategien wurden in der Emotionsforschung speziell unter dem Aspekt der Bewertung (appraisal) analysiert (Arnold, 1960; Lazarus, 1966, 1991; Lazarus & Launier, 1978; Scherer, 1988, 1993). In seiner umfassenden Emotionstheorie schlägt Lazarus (1991) zwei grundlegende Formen der Bewertung vor – Primär- und Sekundärbewertung. Primärbewertung bezieht sich auf jede Auseinandersetzung mit der Umwelt im Hinblick auf die Integrität der betreffenden Person. In der Sekundärbewertung vollzieht das Individuum eine Abschätzung seiner Ressourcen und Möglichkeiten hinsichtlich eines erfolgreichen Abschlusses einer emotional relevanten Auseinandersetzung. Für die Primärbewertung werden drei Komponenten unterschieden: Zielrelevanz, Zielkongruenz und Art der Ich-Involviertheit. Zielrelevanz bezeichnet dabei das Ausmaß, in dem ein Ereignis persönliche Ziele (z. B. des Selbstwertschutzes) berührt. Zielkongruenz beschreibt den Grad, in dem die Auseinandersetzung mit einer Situation in Übereinstimmung mit den persönlichen Zielen verläuft. Art der Ich-Involviertheit bezeichnet eine Reihe relativ unpräzise bestimmter Aspekte des persönlichen Beteiligtseins bei einer Auseinandersetzung, etwa moralische Werte, Ich-Ideale und Ich-Identität. In ähnlicher Weise werden bei der Sekundärbewertung drei Komponenten unterschieden: Verantwortungszuschreibung, Bewältigungspotenzial und Zukunftserwartung. Verantwortungszuschreibung bezieht sich auf die Einschätzung einer Person, welche Instanz für ein bestimmtes Ereignis verantwortlich ist. Bewältigungspotenzial bezeichnet die variable Überzeugung, eine Anforderung mit bestimmten Mitteln meistern zu können. Zukunftserwartung beschreibt die Abschätzung des weiteren Verlaufs eines Ereignisses hinsichtlich des Aspekts der Zielkongruenz. Das Entstehen einer basalen Emotion ist nach Lazarus Konsequenz eines spezifischen Musters aus diesen Komponenten der Primär- und Sekundärbewer-
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tung. Auf einer eher molaren Analyseebene werden diese Muster als zentrale Beziehungsthemen beschrieben. So ist beispielsweise das zentrale Beziehungsthema für Angst die Konfrontation mit Unsicherheit und Bedrohung. Diesem Thema liegt das folgende (molekulare) Muster aus primären und sekundären Bewertungen zugrunde: Es muss ein gewisser Grad an Zielrelevanz bestehen. Die Zielkongruenz ist niedrig, d. h. persönliche Ziele werden als bedroht erlebt. Die Ich-Involviertheit konzentriert sich auf den Schutz der Ich-Identität gegen Bedrohung. Schließlich herrscht hinsichtlich des Bewältigungspotenzials und der Zukunftserwartungen Unsicherheit. Die besondere Bedeutung dieses Ansatzes liegt in der Spezifizierung von Persönlichkeitskonzepten und ihres Zusammenwirkens bei der Auslösung von Bewertungsprozessen. Im Zentrum stehen dabei Konzepte wie persönliche Ziele, Selbstwert, Ich-Ideal oder Selbstwirksamkeitserwartungen hinsichtlich der Bewältigung einer Anforderung. 3.2.2 Emotionsregulation Emotionsregulation ist seit den Arbeiten Freuds (1923) über den Zusammenhang zwischen der Kontrolle affektiver Impulse und psychischer Gesundheit ein zentrales Thema der Emotions- und Persönlichkeitsforschung. Emotionsregulation manifestiert sich in Veränderungen der Latenz, des Anstiegs sowie der Höhe, Dauer und Beendigung emotionsbezogener Reaktionen auf subjektiver, verhaltensmäßiger und physiologischer Ebene (Gross, 1998, 2008; vgl. auch Egloff in diesem Band). Sie umfasst neurophysiologische Reaktionen, kognitive Prozesse der Aufmerksamkeitsorientierung und Enkodierung interner Hinweisreize sowie die Verhaltensprozesse der Situationsselektion, Situationsmodifikation und Reaktionsauswahl (Gross, 1998, 2008; Thompson, 1994; Walden & Smith, 1997). Ein zentrales Forschungsproblem ist das Fehlen genauer Abgrenzungen zwischen den verschiedenen Prozessen, die während der Entfaltung einer emotionalen Episode wirksam werden können, etwa zwischen den Prozessen der Bewertung (appraisal), der Regulation bzw. Bewältigung (coping) und des Erlebens (bzw. Berichtens) eines emotionalen Zustands. Tatsächlich dürfte eine separate Erfassung des Prozesses der Emotionsentstehung und der sich dabei manifestierenden Intensität einer Emotion und des Prozesses der Regulation dieser Emotion (bislang) nicht möglich sein (vgl. Gross, 1998; Kagan, 1994). Von besonderem Interesse für die Analyse individueller Differenzen in Emotionsprozessen sind zwei kognitive Prozesse der Emotionsregulation – die Veränderung des Aufmerksamkeitsfokus und die Erzeugung emotionskongruenter
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oder -inkongruenter Kognitionen. Was den Aufmerksamkeitsfokus betrifft, so wurden verschiedene Hypothesen über den Zusammenhang zwischen der Art erlebter Emotionen und dem Fokus formuliert (vgl. Krohne, 2003; Salovey, 1992): – Positive und negative emotionale Zustände verringern die Selbstaufmerksamkeit. Diese Erwartung leitet sich aus Schachters (1964) Annahme ab, dass Emotionen zunächst als unspezifische Erregungszustände wahrgenommen werden, deren genauere Einordnung erst nach einer Suche nach den externen Auslösern dieser Erregung erfolgen kann. – Nur negative Emotionen erhöhen den Selbstfokus (Tomkins, 1962). Diese Annahme geht besonders von klinischen Beobachtungen aus, nach denen negative emotionale Zustände (insbesondere Depression) mit erhöhter Selbstaufmerksamkeit verbunden sind (Ingram, 1990). – Positive und negative Emotionen verstärken den Selbstfokus. Diese Hypothese geht von der Tatsache aus, dass Emotionen mit erhöhter autonomer Erregung und der anschließenden Initiierung selbstregulatorischer Prozesse verbunden sind. Beides soll Aufmerksamkeit auf das Selbst lenken und an interne Prozesse binden (vgl. u. a. Wood, Saltzberg & Goldsamt, 1996). – Negative Emotionen lenken die Aufmerksamkeit auf externe Reize. Diese Hypothese leitet sich von der Annahme ab, dass eine Verlagerung der Aufmerksamkeit nach außen bei einem negativen emotionalen Zustand (beispielsweise nach erlebtem Misserfolg) ein wirksames Mittel der Abschwächung dieses Zustands darstellen kann. Dieser Mechanismus wurde deshalb auch mood repair (Clark & Isen, 1982) genannt. Die Befundlage zur empirischen Überprüfung dieser vier Hypothesen bietet allerdings ein sehr uneinheitliches Bild (vgl. Krohne, 2003). Auch für die Beziehung zwischen der Art des emotionalen Zustands und der Valenz der anschließend auftretenden Kognitionen wurden unterschiedliche Hypothesen formuliert: – Die „Stimmungskongruenz-Hypothese“ (Bower & Mayer, 1991) postuliert, dass die Gedanken, Assoziationen und Urteile einer Person thematisch und hinsichtlich ihrer Valenz kongruent sind mit dem momentanen emotionalen Zustand dieser Person. Diese Erwartung leitet sich direkt aus der Netzwerktheorie von Bower (1981) ab, nach der emotionale Zustände kongruente Kognitionen auslösen. – Die „Mood Repair-Hypothese“ (Clark & Isen, 1982) postuliert einen zweistufigen Prozess in der Beziehung zwischen Emotionen und Kognitionen. Die erste (automatisch gesteuerte) Stufe vollzieht sich nach der von Bower und Mayer formulierten Kongruenzhypothese. An diese Stufe soll sich jedoch eine zweite (strategisch gesteuerte) Stufe anschließen, in der die durch nega-
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tive Emotionen ausgelösten negativen Kognitionen durch positive Inhalte ersetzt werden. Dieser Mood Repair genannte Übergang soll sich deshalb bei negativen Emotionen vergleichsweise leicht vollziehen, weil negatives Material im Gedächtnis der meisten Menschen relativ schwach integriert ist. Während die Mood Repair-Hypothese empirisch vergleichsweise gut gesichert ist (vgl. Isen, 1984), fällt die Evidenz für die Kongruenzhypothese eher gemischt aus (vgl. u. a. Power & Dalgleish, 1997; Rusting, 1998). Das uneinheitliche Bild bei Studien zur Überprüfung der genannten Hypothesen ist sicher zum Teil Resultat der Vernachlässigung von Persönlichkeitsvariablen als mögliche Moderatoren der Beziehung zwischen Emotionen und Kognitionen (Singer & Salovey, 1988; Rusting, 1998). Eine wichtige Rolle scheint in diesem Zusammenhang die Depressivität zu spielen. So fanden Pyszczynski und Greenberg (1985, 1987), dass depressive Personen nach erlebtem Misserfolg, nicht aber nach Erfolg, ihren Selbstfokus verstärkten, während Nichtdepressive das gegenteilige Muster zeigten. Depressive erzeugten nach Induktion negativer Emotionen auch über längere Zeit negative Erinnerungen, während Nichtdepressive hier, im Sinne der Mood Repair-Hypothese, schneller zu positiven Erinnerungen wechselten (Josephson, Singer & Salovey, 1996). Beziehungen, die denen für Depressive berichteten gleichen, fanden sich auch bei Personen mit niedrigem Selbstwertgefühl und hohen Werten in Neurotizismus, während sich die bei Nichtdepressiven registrierten Zusammenhänge in entsprechender Weise auch bei Extravertierten und Personen mit hoher dispositioneller positiver Affektivität sichern ließen (Übersicht u. a. in Rusting, 1998). Auch für die bereits dargestellten Persönlichkeitsmerkmale Repression (bzw. kognitive Vermeidung) und Sensitization (bzw. Vigilanz) lassen sich Hypothesen über den Ablauf kognitiver Prozesse der Emotionsregulation formulieren: So sollten kognitiv vermeidende Personen im Zustand negativer Emotionalität zu Strategien des Mood Repair tendieren. Diese Strategien umfassen die Vermeidung von Kognitionen, die mit dem auslösenden negativen Ereignis verbunden sind, und deren Ersetzung durch nicht negative Gedanken sowie die Ablenkung vom Selbst, d. h. die Lenkung der Aufmerksamkeit auf externe (nicht selbstbezogene) Information (Boden & Baumeister, 1997). Vigilante Personen sollten demgegenüber eine starke Orientierung auf aversive Reize und die durch sie ausgelösten Emotionen zeigen. Hier müssten sich also im Zustand negativer Emotionalität Kongruenzeffekte und eine Zentrierung der Aufmerksamkeit auf das Selbst und intern erzeugte Hinweisreize finden. Auch hier ist die empirische Befundlage gemischt. Boden und Baumeister (1997) fanden Belege für die Hypothese, dass Represser im Zustand negativer Emotionalität eher positive Gedanken erzeugen und glückliche Erinnerungen aus ihrem autobiografischen Gedächtnis abrufen. Demgegenüber beobachteten
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McFarland und Buehler (1997) – erwartungswidrig – denselben Mood RepairEffekt bei Sensitizern. Krohne, Pieper, Knoll und Breimer (2002) induzierten positive und negative Emotionen über die Erfahrung von Erfolg und Misserfolg und registrierten die anschließende kognitive Aktivität über ein Verfahren zur Gedankennennung (thought-listing procedure; Amsel & Fichten, 1990). In genereller Übereinstimmung mit den dargestellten Hypothesen fand sich, dass kognitive Vermeider nach der Erfahrung von Misserfolg vergleichsweise wenige negative Kognitionen generierten. Allerdings ersetzten sie diese nicht – wie Forscher zur Mood Repair postulieren – durch positive, sondern durch neutrale Gedanken. Dies mag tatsächlich eine besonders effiziente Strategie der Emotionsregulation sein, da beispielsweise die Erinnerung an glückliche Ereignisse bei einer Person, die sich sehr niedergeschlagen fühlt, den negativen emotionalen Zustand eher noch verstärken könnte. Um diese Gefahr zu umschiffen, wäre es in diesem Fall sinnvoller, die emotionale Valenz sozusagen aus den Gedanken herauszunehmen und bevorzugt nichtaffektives Material zu verarbeiten. Die Befunde für den Selbstfokus waren uneinheitlich. Erwartungsgemäß zeigten hochvigilante Personen unmittelbar nach Misserfolg eine besonders ausgeprägte Selbstaufmerksamkeit. Allerdings sank dieser Selbstfokus nach einiger Zeit bedeutsam ab und erreichte das – von Anfang an niedrige – Niveau der Nichtvigilanten. Kognitive Vermeider manifestierten – erwartungswidrig – unmittelbar nach der Rückmeldung von Erfolg und Misserfolg einen verstärkten Selbstfokus, der sich dann aber, ähnlich wie bei Vigilanten, im Verlauf der Episode bedeutsam abschwächte. 3.2.3 Ziele und Werte Ziele und Werte stellen sozusagen den Kern der Persönlichkeit dar (Karoly, 1999; Mischel & Shoda, 1995). Sie definieren die transsituationale und transtemporale Relevanz bestimmter Sachverhalte, stellen Verbindungen zu anderen Konstrukten wie Rolle, Selbstkonzept oder Erwartung her, bilden den Ausgangspunkt und Standard für zielgerichtetes Handeln, definieren das Ausmaß notwendiger Verhaltensanpassung und beeinflussen emotionsbezogene Bewertungsprozesse (Karoly, 1999; Lazarus, 1991). Drei Gruppen von Faktoren sind in besonderem Maße an der Setzung von Zielen und der Planung von Handlungen beteiligt: Erwartungen (entweder als Konsequenzerwartungen, z. B. im Hinblick auf das Eintreten eines aversiven Ereignisses, oder als Kompetenzerwartungen, etwa hinsichtlich der Fähigkeit, dieses Ereignis zu bewältigen), affektive Faktoren (Bedürfnisse, Motive, Werte) und angestrebte Selbstkonzepte (z. B. bei allen Menschen beliebt zu sein). Bezogen auf die Analyse individueller Differenzen bei der Emotionsregulation und Stressbewältigung unternimmt das Modell der Bewältigungsmodi (MBM; Krohne,
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1993) den Versuch, diese drei Gruppen von Faktoren zu Prozessen der Bewältigung und Emotionsregulation in Beziehung zu setzen. Im Zentrum des MBM steht die Analyse individueller Unterschiede bei der Aufmerksamkeitsorientierung und Informationsverarbeitung in stressinduzierenden, insbesondere bedrohlichen Situationen: Zur Beschreibung und Erklärung derartiger Unterschiede wird das – bereits dargestellte – Konstruktpaar Vigilanz und kognitive Vermeidung eingeführt. Vigilanz bezieht sich dabei auf die verstärkte Aufnahme und Verarbeitung bedrohlicher Information. Kognitive Vermeidung bezeichnet demgegenüber die Abwendung der Aufmerksamkeit von bedrohungsrelevanten Reizen und die Hemmung der weiteren Verarbeitung derartiger Information. Diese beiden Tendenzen werden als unabhängig voneinander variierende Persönlichkeitsdimensionen konzipiert. Dementsprechend betrachtet das Modell die spezifische Konfiguration der Werte einer Person auf beiden Dimensionen und bezeichnet dieses Muster als „Bewältigungsmodus“ (vgl. Abb. 2). Nach einer Reihe theoretischer Konzeptionen und empirischer Studien (Krohne, 2009) lassen sich stressauslösende Situationen durch drei allgemeine Aspekte kennzeichnen: die Anwesenheit aversiver Stimuli, einen hohen Grad an Mehrdeutigkeit und das Fehlen von unmittelbaren Reaktionen auf die Bedrohung. Die subjektiv-erlebnismäßige Repräsentanz dieser Situationsmerkmale, die als Grundlage des entstehenden Angstzustandes betrachtet werden kann, sind steigende emotionale (körperliche) Erregung und ein erhöhter Zustand der Unsicherheit. Im MBM wird nun angenommen, dass emotionale Erregung die Tendenz zur kognitiven Vermeidung bedrohungsbezogener Hinweisreize auslöst, während Unsicherheit vigilante Verhaltenstendenzen aktivieren soll. Kognitiv vermeidendes Verhalten kann damit als erregungsmotiviert („Angst vor der Angst“), vigilantes Verhalten als unsicherheitsmotiviert („Angst vor der Gefahr“) Unsicherheitsintoleranz
Vigilanz
hoch
Sensitization
Ängstlichkeit
niedrig
NichtDefensivität
hoch
hoch
Repression niedrig
Konsistente Überwachung Erregungsintoleranz
Fluktuierende Bewältigung
niedrig
Situationsbezogene Bewältigung
hoch
Konsistente Vermeidung niedrig
Abbildung 2: Das Modell der Bewältigungsmodi (nach Krohne, 1993)
Kognitive Vermeidung
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beschrieben werden. Diese beiden Prozesse werden im MBM konzeptuell mit der Persönlichkeit dadurch verbunden, dass angenommen wird, der habitualisierte Einsatz kognitiv vermeidender oder vigilanter Strategien reflektiere eine differenzielle Empfänglichkeit für emotionale Erregung bzw. Unsicherheit. Unterschiede in dispositioneller Vermeidung und Vigilanz sollen deshalb mit dem variablen Ausmaß verbunden sein, in dem Individuen die in Bedrohungssituationen ausgelöste emotionale Erregung oder Unsicherheit tolerieren können (vgl. Abb. 2). Personen mit hoher Ausprägung in kognitiver Vermeidung lassen sich beschreiben durch eine geringe Fähigkeit, eine durch bedrohliche Hinweisreize ausgelöste emotionale Erregung zu tolerieren. Ihre Bewältigungsstrategien sind deshalb primär darauf ausgerichtet, die emotionale Wirkung von Gefahrenreizen zu minimieren. Durch Abzug der Aufmerksamkeit und Hemmung des Prozesses der Verarbeitung bedrohlicher Informationen versuchen sie den von ihnen als besonders unangenehm erlebten Anstieg emotionaler Erregung zu begrenzen. Personen mit hohen Scores in Vigilanz werden dagegen vorzugsweise durch die in vielen Bedrohungssituationen ausgelöste Unsicherheit affiziert. Diese Unsicherheit ist bei ihnen mit einer Angst vor „negativer Überraschung“ bzw. Gefahr verbunden. Diese Angst fördert wiederum ein extensives und kontinuierliches Überwachen der Umwelt hinsichtlich des Auftauchens oder der Gegenwart von Gefahrensignalen wie auch verstärkte Aktivitäten der Informationssuche nach Entdeckung derartiger Signale. Darüber hinaus analysieren derartige Personen Elemente einer Situation, die möglicherweise auf eine Bedrohung verweisen, gründlicher und elaborierter, um so deren Bedeutung und Implikationen zu klären. Das MBM spezifiziert vier Bewältigungsmodi. Personen mit hoher Vigilanz und niedriger Vermeidung sind intolerant gegenüber Unsicherheit, können gleichzeitig aber emotionale Erregung relativ gut ertragen. Dieser, Sensitizer genannte, Modus soll deshalb konsistent vigilantes Verhalten zeigen. Demgegenüber sind Individuen mit niedriger Vigilanz und hoher Vermeidung durch eine geringe Toleranz gegenüber emotionaler Erregung und durch höhere Toleranz gegenüber Unsicherheit gekennzeichnet. Dieser Modus wird Represser genannt und soll konsistent kognitiv vermeidendes Verhalten zeigen. Personen mit niedrigen Werten in Vigilanz und Vermeidung haben eine höhere Toleranz für Unsicherheit und emotionale Erregung und sind damit insgesamt in Bedrohungssituationen durch Angst weniger belastet. Sie werden als Nichtdefensive oder Niedrigängstliche bezeichnet. Personen mit hohen Werten in Vigilanz und Vermeidung zeigen demgegenüber eine geringere Toleranz sowohl gegenüber Unsicherheit als auch aversiver emotionaler Erregung. Sie befinden sich deshalb in Bedrohungssituationen in einem Annäherungs-Vermeidungs-Konflikt, der mit intensiver Angst und einem instabil-fluktuierenden Bewältigungsverhalten verbunden sein sollte. Entsprechend werden deshalb derartige Personen als Hochängstliche
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bezeichnet. Zur Messung von Vigilanz und kognitiver Vermeidung wurde das nach dem Prinzip der Stimulus-Response-Inventare aufgebaute Angstbewältigungs-Inventar (ABI) konstruiert (Krohne & Egloff, 1999). Individuelle Unterschiede, die sich auf die Konstrukte Vigilanz und kognitive Vermeidung beziehen lassen, wurden bislang für unterschiedliche Aspekte der Informationsverarbeitung gesichert (Egloff & Krohne, 1996; Hock, 1999; Hock & Egloff, 1998; Hock & Krohne, 2004; Hock et al., 1996; Krohne & Hock, 1993, 2008; Krohne, Hock & Kohlmann, 1992; Krohne et al., 2002): bei der Orientierung auf eine Informationsquelle und der Informationsaufnahme (Reizregistrierung), bei der Hemmung der Verarbeitung von Information bzw. der Aktivierung von Informationsrepräsentationen (Enkodierung) sowie bei der Elaborierung und dem Abruf verarbeiteter Information. Diese Forschungen verweisen auf die Möglichkeit, dass bei repressiv disponierten Personen eine Diskontinuität zwischen den Phasen der Enkodierung (Speicherung) und des Abrufs emotional relevanten Materials besteht. Die bisherige Forschung zu den Konstrukten Vigilanz und Vermeidung ging lange Zeit von einer Kontinuitätsannahme aus. Hiernach soll sich die Tendenz einer Person, aversive Reize entweder zu meiden oder aufzusuchen, über das gesamte Verarbeitungskontinuum in konsistenter Weise manifestieren (vgl. Bell & Byrne, 1978). Die oben zitierten Untersuchungen legen es jedoch nahe, diese Auffassungen zu Gunsten einer differenzierten Konzeptualisierung aufzugeben. So muss die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass für repressive Personen in wahrnehmungsorientierten Prozessen, die an der initialen Aufmerksamkeitsorientierung hin zu oder fort von Bedrohung beteiligt sind, eine verstärkte Sensitivität für Bedrohung besteht. Erst in konzeptuellen Prozessen, die bei der Hemmung, Elaboration, schematischen Verarbeitung und Rekonstruktion derartiger Information eine Rolle spielen, manifestieren sich dann Phänomene der Insensitivität wie etwa Gedächtnisdefizite für Bedrohung. Dieser Prozess wurde „repressive Diskontinuität“ genannt (vgl. Hock & Krohne, 2004; Krohne & Hock, 2008).
4 Ausblick In diesem Kapitel wurden verschiedene Persönlichkeitskonstrukte vorgestellt, die einen Beitrag leisten zur Erklärung individueller Differenzen in Emotionsprozessen. Dabei wurden zwei Perspektiven unterschieden: Als deskriptiv wurden Ansätze diskutiert, in deren Zentrum die Registrierung vergleichsweise stabiler individueller Unterschiede in emotionalen oder emotionsbezogenen Reaktionen stand. Allerdings haben auch diese Ansätze zum Teil erhebliche explikative Kraft. So spielen einige von ihnen eine zunehmend wichtige Rolle im Hinblick auf die Bestimmung der Ursprünge und des Verlaufs physischer Erkrankungen oder
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affektiver Störungen. Darüber hinaus lässt sich für die unter der deskriptiven Perspektive beschriebenen biologischen Ansätze in den letzten Jahren eine deutliche Zunahme ihrer theoretischen Elaboration als Konsequenz verfeinerter Erhebungsverfahren registrieren. Unter der explikativen Perspektive wurde insbesondere deutlich, dass die globalen und weitgehend kontextfreien Eigenschaftskonzepte wie etwa Ängstlichkeit, Neurotizismus oder Depressivität, die das Feld der Persönlichkeitsforschung lange Zeit dominiert haben, einer Überarbeitung bedürfen. Derartige globale Konzepte lassen sich besser als ein Netzwerk aus kognitiv-affektiven Einheiten beschreiben, wie sie etwa von Mischel und Shoda (1995) vorgeschlagen wurden. Drei dieser Einheiten wurden als wichtig für die Erklärung individueller Differenzen in emotionalen Prozessen hervorgehoben und näher beschrieben: Enkodierstrategien bzw. Bewertungen, Selbstregulation bzw. (spezielle) Emotionsregulation sowie Ziele und Werte. Das Modell der Bewältigungsmodi wurde abschließend als Beispiel für die Funktion dieser Einheiten im Bereich der Stressbewältigung vorgestellt.
Danksagung Ich danke Carl-Walter Kohlmann und Andreas Schwerdtfeger für wertvolle Hinweise zu diesem Kapitel.
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15. Kapitel
Gestörte Emotionsprozesse: Psychopathologie Georg W. Alpers, Thomas D. Meyer, Andreas Mühlberger und Paul Pauli
1 Einleitung Dieses Kapitel befasst sich mit jenen Besonderheiten des Emotionsprozesses, die im Zusammenhang mit psychischen Störungen stehen. Beispielhaft werden die Angststörungen (spezifische Phobien, Panikstörung) und die affektiven Störungen (Depression und Manie) dargestellt, die zu den häufigsten psychischen Störungen zählen. Im Klassifikationsschema DSM (Saß, Wittchen, Zaudig & Houben, 2003) werden Angststörungen und affektive Störungen auf der Achse I aufgeführt. Eine direkte Gegenüberstellung dieser Störungen ist besonders interessant, weil aktuell diskutiert wird, ob eine einheitliche Konzeptionalisierung dieser beiden Störungsgruppen möglich und hilfreich wäre (Clark & Watson, 2006). Gemeinsam ist den beiden Störungen der negative Affekt. Angststörungen zeichnen sich durch erhöhte autonome Erregung aus, während affektive Störungen vor allem durch die gedrückte Stimmung charakterisierbar sind. Störungen anderer Emotionssysteme (vgl. Rottenberg & Johnson, 2007), z. B. des Ärgersystems, sind zum Teil den Persönlichkeitsstörungen der Achse II zuzuordnen und werden hier nicht diskutiert, auch aufgrund der Forschungsschwerpunkte der Autoren. Die weitere Gliederung des Kapitels leitet sich jeweils für beide Störungsgruppen aus den Emotionsaufgaben (vgl. Stemmler, Kap. 1 in diesem Band) her: Reizbewertung, Orientierungsreaktion, Aufmerksamkeitsausrichtung, Gelernte Reiz-Reaktion-Kontingenzen, Reaktionsbereitschaft, explizite und implizite Bewertung, Nonverbale Kommunikation, Verhaltensklassen A und Verhaltensklassen B.
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2 Angst und Furcht 2.1 Charakterisierung pathologischer Angst In Gefahrensituationen ist Angst funktional nützlich und hilft, negative Konsequenzen für den Organismus abzuwenden. Von pathologischer Angst spricht man, wenn die Angstreaktion in Stärke oder Dauer nicht angemessen ist. Pathologische Angst führt zu deutlichen Einschränkungen in der Lebensführung und zu bedeutsamem Leidensdruck, wobei Angstpatienten normalerweise erkennen, dass ihre Angst übertrieben oder unbegründet ist (vgl. Hofmann, Alpers & Pauli, 2009). Knapp 10 % der männlichen und 20 % der weiblichen Bevölkerung erkrankt im Laufe des Lebens an einer Angststörung (Jacobi et al., 2004), die 12-Monats-Prävalenz liegt in Deutschland bei ungefähr 6 % (Demyttenaere et al., 2004). Im tier- und humanexperimentellen Kontext wird zwischen Angst und Furcht unterschieden: Angst wird als eine ungerichtete peripherphysiologische, zentralnervöse und subjektive Überaktivierung bei der Wahrnehmung von Gefahr definiert. Furcht dagegen stellt eine spezifische motorische, physiologische und subjektive Reaktion bei Identifikation der Gefahr und bei Auslösung der entsprechenden Bewältigungsmechanismen dar. Entsprechend dieser Terminologie ist Angst typisch für Patienten mit Panikattacken, da es oft keine konkreten Angstauslöser gibt. Furcht dagegen ist typisch für phobische Patienten, bei denen phobische Objekte (z. B. ein Hund) oder Situationen (z. B. Autofahren) unmittelbar Furchtreaktionen und Flucht- bzw. Vermeidungsverhalten auslösen. Bei Angststörungen können auch andere Emotionen, wie Ekel eine Rolle spielen, vor allem bei Patienten mit Blut-/Injektions-/Verletzungsphobie (Schienle et al., 2003) und Spinnenphobie (Schaller, Gerdes & Alpers, 2006). Angstreaktionen können in drei Systemen erfasst werden: dem verbal-kognitiven, dem motorischen und dem physiologischen System (Lang, 1968), die in experimentellen Untersuchungen von Angststörungen immer berücksichtigt werden sollten. In diesem Teil wird die Psychopathologie von Angststörungen vorwiegend anhand der spezifischen Phobien (Furcht) und der Panikstörung (Angst) dargestellt. An anderer Stelle gehen wir näher auf deren Entstehungsbedingungen (Alpers, Mühlberger & Pauli, 2005) sowie auf Behandlungsmöglichkeiten (Ellgring & Alpers, 2009) ein.
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2.2 Reizbewertung: Spezifische Furchtreize, internale Panikreize 2.2.1 Spezifische Furchtreize Furchtreaktionen können durch spezifische perzeptuelle Reize, durch Kontextreize sowie durch Informationen ausgelöst werden. Zum Beispiel löst bei Patienten mit Spinnenphobie der Anblick einer Spinne an der Wand eine unmittelbare Furchtreaktion aus, ebenso ein Kellerraum, in dem eine Spinne sein könnte, oder bereits der Gedanke an diese Situation. Die Netzwerkmodelle von Lang (1979) und von Foa und Kozak (1991) postulieren, dass diese unterschiedlichen Auslöser in einem engmaschigen neuronalen Furchtnetzwerk aus Reiz-, Bedeutungs- und Reaktionspropositionen verknüpft sind. Die Aktivierung von Reiz- sowie Bedeutungspropositionen löst die damit verknüpften Furchtreaktionen aus. In realen Situationen liegen angstrelevante Reize (z. B. visuelle Hinweisreize) und Bedeutungspropositionen (z. B. Risikoeinschätzungen) häufig gleichzeitig vor und führen zu einer umfassenden Aktivierung des Furchtnetzwerkes und damit zu Furchtreaktionen in allen Systemen (subjektiv, physiologisch und behavioral). Spezifische Hinweisreize Im Humanexperiment wurden Furchtreaktionen bislang meist durch die Präsentation perzeptueller Reize (z. B. Bilder) oder die Induktion von Vorstellungen dieser Reize (Imagination) ausgelöst und die entsprechenden Reaktionen auf unterschiedlicher Ebene als abhängige Variable erhoben. Die neuronale Struktur, die solchen Reiz-Reaktionskopplungen zugrunde liegt, ist vor allem im Tiermodell mit konditionierten Reizen recht gut beschrieben (LeDoux, 2000). LeDoux geht dabei davon aus, dass die Furchtperzepte auf zwei Wegen verarbeitet werden. Auf einer direkten Route werden basale Informationen direkt von sensorischen Thalamuskernen an die Amgydalakerne weitergeleitet (quick and dirty), um eine schnelle Furchtreaktion einzuleiten. Auf einer zweiten Route über kortikale Assoziationsareale werden die Reize eingehender analysiert und die Furchtreaktion durch Bewertungen moduliert. Spezifische Phobien mit Angst vor kleinen Tieren (z. B. Spinnen) sind weit verbreitete psychische Störungen, bei denen perzeptuelle Angstreize im Vordergrund stehen. Zum Beispiel erfolgen die phobischen Reaktionen sehr schnell. Wenn Patienten etwa Bilder der gefürchteten Spinnen betrachten, zeigen sie einen verstärkten Schreckreflex (Details und Funktion s. u.) auf ein lautes Geräusch (Lang, Davis & Öhman, 2000). Mit bildgebenden Verfahren können die
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vermittelnden Gehirnareale identifiziert werden: So zeigt sich bei phobischen Patienten eine stärkere Aktivierung der Amygdala bei der Betrachtung von Spinnenbildern im Vergleich zu neutralen Bildern (Dilger et al., 2003). Die relevanten Gehirnstrukturen scheinen beim Menschen denen des Tiermodells weitgehend zu entsprechen. Durch Präsentation subliminaler Reize kann untersucht werden, ob furchtrelevante Reize auch ohne bewusste Wahrnehmung zu physiologischen Reaktionen führen. Öhman und Kollegen konnten beispielsweise nachweisen, dass Bilder von Schlangen, Spinnen, Blumen oder Pilzen bei einer maskierten Darbietungszeit von bis zu 30 ms nicht erkannt werden können (Öhman & Soares, 1994). Forced-choice-Antworten, bei denen Probanden raten müssen, was sie gesehen haben, zeigen nur zufällige Treffer an. Gleichwohl reagieren phobische Patienten beispielsweise spezifisch mit Hautleitfähigkeitsreaktionen auf die subliminale Darbietung der für sie angstrelevanten Reize, nicht aber auf angstirrelevante Reize. Auch die verstärkte Schreckreaktion bleibt erhalten (Merckelbach, De Jong, Leeuw & Van den Hout, 1995), was auf einen hohen Grad an Automatisierung dieser Reaktion schließen lässt. Für das Vorliegen präattentionaler Prozesse spricht (vgl. Wentura & Rothermund in diesem Band), wenn Zielreize sehr schnell und effektiv, unabhängig von der Anzahl der gleichzeitig vorliegenden Distraktoren identifiziert werden können (Pop-out-Phänomen). Öhman und Kollegen konnten zeigen, dass phobierelevante Spinnen- und Schlangenbilder unter neutralen Bildern leichter identifiziert werden können als neutrale Bilder unter Spinnenbildern (Öhman, Flykt & Esteves, 2001). Besonders wichtig ist, dass dieses Pop-out-Phänomen oft spezifisch für den phobierelevanten Reiz auftritt, also spinnenphobische Patienten sehr effektiv Bilder von Spinnen – nicht aber von Schlangen – unter einer Reihe von neutralen Bildern entdecken (vgl. Hamm, Schupp & Weike in diesem Band). Dass phobierelevante Reize von Phobikern tatsächlich besser gesehen werden, lässt sich mit binokularer Rivalität dokumentieren (Gerdes & Alpers, 2008): Werden den beiden Augen inkompatible Bilder präsentiert, entsteht binokulare Rivalität. In der Wahrnehmung setzt sich abwechselnd der Sinneseindruck eines Bildes durch, während der des anderen unterdrückt wird. Dieser Wettstreit ist weitgehend unbeeinflusst von willentlicher Aufmerksamkeitslenkung. Wenn Spinnenphobikern Bilder von Spinnen und Blumen jeweils gepaart mit einem neutralen Muster stereoskopisch dargeboten wurden (Gerdes & Alpers, 2008), zeigte eine signifikant längere Wahrnehmungsdauer die Wahrnehmungsdominanz des phobischen Stimulusmaterials.
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Furchtreize im situativen Kontext Im Tiermodell wurde vielfach gezeigt, dass Kontextreize (z. B. die Box, in der ein aversiver Reiz präsentiert wurde) allein Furchtreaktionen auslösen können, auch wenn der spezifische furchtassoziierte Hinweisreiz nicht dargeboten wird (Grillon, 2002). Auch im Humanexperiment können Umgebungsvariablen ängstliche Reaktionen modulieren, z. B. führt Dunkelheit zu einer erhöhten Schreckreaktion (Grillon, Pellowski, Merikangas & Davis, 1997). Bei Angstpatienten wurde die Bedeutung von Kontextreizen bei der Furchtkonditionierung ebenfalls experimentell nachgewiesen (Grillon, Morgan, Davis & Southwick, 1998). Gerade situationsbezogene Phobien sind dadurch gekennzeichnet, dass keine spezifischen Objekte als Auslöser identifizierbar sind, sondern die Furcht von typischen physikalischen Kontextbedingungen ausgelöst wird. So werden klaustrophobische Ängste typischerweise in engen Räumen ohne Fenster ausgelöst (Rachman, 1997). Furchtinduktion durch Informationen Nach der oben bereits erwähnten Netzwerktheorie sollte eine Aktivierung von Furcht außer durch spezifische Reize und Kontextbedingungen auch durch die Aktivierung von Bedeutungspropositionen möglich sein. Erste Studien konnten im instructed fear-Paradigma Furchtreaktionen sowie erhöhte Gehirnaktivität alleine durch Informationen über mögliche aversive Reize ohne direkte Konditionierung nachweisen (Phelps et al., 2001). Es liegt nahe, dass die Auslösung von Angst über Informationen bei manchen Angststörungen besonders zentral ist. Obwohl die genauen Angstauslöser bei sozialer Phobie bisher noch umstritten sind, spielen Information und die damit verbundene Risikoerwartung gerade hier eine wichtige Rolle. Während von einigen Autoren die Bedeutung internaler Reize betont wird (Mansell, Clark & Ehlers, 2003), gibt es eine weitgehende Übereinstimmung darin, dass bei der sozialen Phobie vor allem kognitive Faktoren zentral sind, insbesondere kognitive Verzerrungen bei der Interpretation von sozialen Situationen (Clark & McManus, 2002). Evolutionär vorbereitete Furchtreize Watson und Rayner hatten bereits 1920 in einem Experiment aufgezeigt, wie Phobien durch klassische Konditionierung entstehen können (Watson & Rayner, 1920). Die wiederholte gemeinsame Präsentation eines unkonditionierten Reizes (UCS; Schreckreiz, lautes Geräusch) mit einem zuvor neutralen Reiz (CS;
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Ratte) führte bei dem kleinen Albert zu einer stabilen Furchtreaktion. Auch ließ sich schon in diesem Experiment eine Generalisierung der Angst nachweisen, d. h. die Furchtreaktion wurde auch durch Objekte ausgelöst, die dem konditionierten Reiz ähnelten (Kaninchen), aber niemals gemeinsam mit dem unkonditionierten Reiz präsentiert worden waren. Die Preparedness-Theorie (prepared, dt: vorbereitet sein) betont allerdings, dass nicht alle Reize gleichermaßen relevant und konditionierbar sind (Seligman, 1971). Die typischen phobischen Reize (z. B. Spinnen) sind solche Reize, die in der Entwicklungsgeschichte des Menschen häufig eine Gefahr darstellten (Öhman, 2000). Für phylogenetisch vorbereitete Furchtreize werden eine rasche Aneignung von (phobischem) Furcht- und Vermeidungsverhalten oft bereits nach einmaliger Konfrontation und eine erhöhte Extinktionsresistenz erwartet. Experimentell konnte sowohl beim Tier als auch beim Menschen gezeigt werden, dass beim Modelllernen und bei der klassischen Konditionierung bestimmte Objekte stabiler mit einer Furchtreaktion assoziierbar sind als andere (Öhman, 2000). Bei Affen war beispielsweise ein Spielzeugkrokodil leichter mit Furcht assoziierbar als ein Spielzeughase (Cook & Mineka, 1989). Angeborene Furchtreize Wie die Preparedness-Theorie geht auch die Theorie der angeborenen Furcht nicht von der Gleichwertigkeit möglicher Furchtreize aus. Im Unterschied zur Preparedness-Theorie wird angenommen, dass die Furcht vor evolutionär relevanten Reizen biologisch angelegt ist (prepotency). Phobien entstehen demnach, wenn während kritischer Phasen in der Ontogenese ungenügend Gelegenheit zur Exposition bestand oder aufgrund individueller Unterschiede eine ungenügende Habituation bei der Exposition stattfand. Diese Theorie stützt sich vor allem auf die Überlegung, dass bestimmte Ängste protektiv sind, indem sie den Organismus vor Gefahren schützen. Beispielsweise würde extreme Furchtlosigkeit eine besondere Gefährdung für ein Individuum bedeuten, das vor einem tiefen Abgrund steht. Auch Rhesusaffen, die im Labor aufgewachsen sind und keine Erfahrung mit Schlangen hatten, zögern, wenn sie Futter in der Nähe einer Schlange angeboten bekommen (Nelson, Shelton & Kalin, 2003). Im Humanbereich erbrachte eine prospektive Studie (Poulton & Menzies, 2002) an ca. 1.000 Kindern, die von Geburt an mehrfach untersucht wurden, ebenfalls hypothesenkonforme Ergebnisse. Im Zusammenhang mit der Höhenphobie, die durch evolutionär vorbereitete Reize ausgelöst werden sollte, ergab sich, dass z. B. Stürze mit Brüchen, Verrenkungen und anderen ernsthaften Verletzungen bis zum Alter von 9 Jahren mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit einer Phobie im Alter von
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18 Jahren assoziiert waren. Dieser Befund widerspricht dem einfachen klassischen Konditionierungsmodell, nach dem Stürze die Entstehung von Höhenangst fördern sollten. Erklärbar sind diese Befunde dadurch, dass Kinder mit Stürzen die angeborene Angst vor Höhe eher verlernen und keine Phobie entwickeln. Bezüglich der Zahnarztphobie, bei der die typischen Angstreize keine evolutionäre Grundlage haben können, zeigte sich das erwartete Muster des Modells der klassischen Konditionierung. 2.2.2 Internale Panikreize Panikpatienten scheinen vor allem interozeptive Reize, speziell den eigenen Herzschlag, verstärkt wahrzunehmen (Ehlers & Breuer, 1992). Bei einem Teil der Panikpatienten wirken diese interozeptiven Wahrnehmungen Angst auslösend oder Angst verstärkend (Pauli et al., 1991). Bei Patienten, die mit der stärksten Angst auf solche Herzwahrnehmungen reagierten, zeigte sich in der Folge der Wahrnehmung eine weitere Erhöhung der Herzrate. Diese positive Rückkopplung zwischen viszeraler Aktivität, interozeptiver Wahrnehmung und Angst trägt nach dem so genannten Teufelskreismodell zur Entstehung und Aufrechterhaltung der Panikstörung bei (Clark, 1988). Auch konditionierte Reize, wie sie oben für die spezifischen Phobien diskutiert wurden, spielen bei der Panikstörung eine Rolle. Während frühere Theorien, die der klassischen Konditionierung eine Rolle bei der Entstehung der Panikstörung zusprachen, stark kritisiert wurden (z. B. McNally, 1990), gibt es neuerdings wieder ein größeres Interesse an Konditionierungsprozessen (Bouton, Mineka & Barlow, 2001). Demnach führt das Erleben spontaner Panikattacken zur konditionierten Angstreaktion auf äußere Hinweisreize (agoraphobische Situationen) sowie auf Hinweisreize, die in der Person selbst liegen (z. B. harmlose körperliche Empfindungen). Schon nach wenigen Konditionierungsdurchgängen macht die konditionierte Angstreaktion das Auftreten weiterer Panikattacken wahrscheinlicher. Interessant ist dabei vor allem, dass Patienten mit Panikstörung nach diesem Modell lernen, dass relativ schwache Anzeichen von Paniksymptomen mit einer voll ausgeprägten Panikattacke assoziiert werden. Es wird angenommen, dass die Panikstörung dann das Resultat eines Aufschaukelungsprozesses ist.
2.3 Orientierungsreaktion, Aufmerksamkeitsausrichtung und Aufmerksamkeitsverzerrungen Eine zentrale Annahme kognitiv-behavioraler Ansätze ist, dass Angst mit verzerrten Kognitionen einhergeht. Da Angst bzw. Furcht auslösende Reize eine potenzielle Bedrohung signalisieren und die Überlebenswahrscheinlichkeit eines
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Organismus erhöht wird, wenn solche Reize besonders beachtet werden, erfahren sie eine besondere Beachtung, selbst wenn dies nicht in jedem Fall nötig gewesen wäre. Dies wird auch als „adaptiver Konservatismus“ bezeichnet (Mineka, 1992). Die natürliche Selektion führt also nicht unbedingt zu korrekten Kriterien, sondern ermöglicht auch eine Verzerrung (bias) von kognitiven Prozessen bei der Verarbeitung angstrelevanter Reize. Verzerrte kognitive Prozesse (cognitive biases) im Zusammenhang mit Angst und Furcht wurden bisher für Aufmerksamkeit und Wahrnehmung, Gedächtnis sowie Erwartungen und Kontingenzschätzungen untersucht. Bei Angstpatienten wird vermutet, dass sie die Aufmerksamkeit automatisch und unbewusst auf potenziell bedrohliche Reize fokussieren. Angstpatienten scheinen auch veränderte Wahrnehmungsschwellen für angstrelevante, störungsspezifische Reize zu haben, selbst wenn es sich um Wörter handelt, die eine kognitive Verarbeitung erfordern. Pauli und Mitarbeiter (1997) haben Panikpatienten störungsrelevante und störungsirrelevante Wörter an einer zuvor bestimmten Wahrnehmungsschwelle präsentiert. Bei störungsspezifischen Wörtern zeigte sich im Vergleich zu neutralen Wörtern eine bessere Erkennungsleistung (vgl. auch Hamm, Schupp & Weike in diesem Band). Beim emotionalen Stroop-Test (Williams, Mathews & MacLeod, 1996) handelt es sich um eine Interferenzaufgabe mit emotionalen Wörtern, die farbig geschrieben sind. Verzögert die emotionale Valenz der Wörter die Benennung der Schriftfarbe, wird diese Interferenz als Hinweis selektiver Aufmerksamkeit für die Wortreize interpretiert (vgl. auch Wentura & Rothermund in diesem Band). Tatsächlich benötigten spinnenphobische Patienten für die Farbbenennung bei spinnenassoziierten Wörtern mehr Zeit als bei neutralen Wörtern (Watts, Trezise & Sharrock, 1986). Die Interferenzeffekte sind umso deutlicher, je spezifischer die Wörter für die jeweilige Störung sind und je stärker die persönliche Relevanz für die Probanden ist (vgl. Williams et al., 1996). Diese Stroop-Effekte treten aber nicht nur bei Angstpatienten oder angstassoziierten Reizen auf, sondern sind generell bei Informationen von persönlicher Relevanz beobachtbar (Mueller, Alpers & Reim, 2006). Beim Dot-Probe-Deployment-Paradigma (McLeod, Hoehn-Saric & Stefan, 1986) werden ein angstrelevanter und ein angstirrelevanter Reiz (Wörter oder Bilder) gleichzeitig nebeneinander gezeigt. Die Reaktionszeit auf einen Testreiz (ein Punkt oder Buchstabe), der unmittelbar danach erscheint, gibt Aufschluss darüber, auf welche Bildschirmseite die Aufmerksamkeit während der ursprünglichen Reizdarbietung gerichtet war. Angstpatienten reagieren auf einen Testreiz schneller, der nach angstrelevanten im Vergleich zu neutralen Wörtern erscheint (McLeod et al., 1986). Auch bei anderen Angststörungen ließ sich dies zeigen, wobei bei sozialphobischen Patienten der Test jedoch keine Aufmerksamkeits-
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zuwendung, sondern die Vermeidung von Gesichtern (im Vergleich zu Haushaltsgegenständen) anzeigt (Chen, Ehlers, Clark & Mansell, 2002). Unklar bleibt, ob diese Befunde tatsächlich eine schnelle und effektive selektive Aufmerksamkeitszuwendung auf angstrelevante Reize widerspiegeln oder eine verlangsamte Abwendung der Aufmerksamkeit von ihnen (Koster, Crombez, Verschuere & De Houwer, 2004). Einige neuere Untersuchungen, die Augenbewegungen aufzeichnen, sprechen dafür, dass Angstpatienten Schwierigkeiten haben, ihre Aufmerksamkeit von angstbezogenen Inhalten zu lösen. In einer Reaktionszeitaufgabe, bei der Distraktoren zu ignorieren waren, die Spinnenbilder oder neutrale Bilder enthielten, waren die spinnenphobischen Probanden durch alle Distraktoren stärker abgelenkt als gesunde Probanden (Gerdes, Alpers & Pauli, 2008). Phobische Probanden waren beim Ablösen der Aufmerksamkeit aber spezifisch verlangsamt, wenn sie auf einen Distraktor mit einer Spinne geblickt hatten, was zu langsameren Reaktionen in der Aufgabe führte. Basierend auf dem Dot-Probe-Deployment-Paradigma wurde auch der kausale Zusammenhang zwischen selektiven Aufmerksamkeitsprozessen und einer Vulnerabilität für emotionale Stressreaktionen untersucht (vgl. Mathews & MacLeod, 2002). In der Trainingsphase lernten gesunde Probanden, ihre Aufmerksamkeit gezielt auf angstrelevante Hinweisreize zu richten. In einem nachfolgenden Stresstest reagierten sie im Vergleich zu einer Kontrollgruppe ohne Aufmerksamkeitsverzerrung verstärkt.
2.4 Gelernte Reiz-Reaktion-Kontingenzen: Kovariationsverzerrung Im Zusammenhang mit kognitiven Komponenten von Angststörungen stellt sich die Frage, ob angstrelevante Reize mit der Erwartung von aversiven, unangenehmen Konsequenzen einhergehen. Von einem Covariation Bias (verzerrte Kontingenzwahrnehmung) spricht man, wenn der spezifische Zusammenhang zwischen angstrelevanten Hinweisreizen und negativen, unangenehmen Konsequenzen entgegen den erlebten objektiven Kontingenzen überschätzt wird. Wenn auf angstrelevante und angstirrelevante Hinweisreize aversive oder neutrale Konsequenzen folgen, wobei die Kontingenzen objektiv zufällig sind, nehmen Personen mit Spinnen- oder Schlangenangst eine illusorische Korrelation wahr, d. h. sie überschätzen spezifisch das gemeinsame Auftreten von angstrelevanten Hinweisreizen und unangenehmen Konsequenzen (Tomarken, Mineka & Cook, 1989). Diese Befunde wurden für Patienten mit spezifischer Phobie und für Patienten mit hoher und niedriger Panikangst und Panikpatienten repliziert (Pauli, Montoya & Martz, 1996; Wiedemann, Pauli & Dengler, 2001). Eine
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erfolgreiche Behandlung der Angststörung geht mit einem Verschwinden des Covariation Bias einher und ein Rückfall nach einer Behandlung ist wahrscheinlicher, wenn die Verzerrung nach der Behandlung noch beobachtbar ist (De Jong, Van den Hout & Merckelbach, 1995). In Zusammenhang mit dem Covariation Bias stehen auch Befunde über die erwarteten Konsequenzen bei Konditionierungsexperimenten (UCS-Erwartungen). Davey und Kollegen konnten in einer Serie von Experimenten zeigen, dass a priori die Erwartung einer Koppelung von angstrelevanten Reizen und aversiven Konsequenzen besteht (Davey, 1995; Davey & Craigie, 1997). Der kausale Zusammenhang dieser Erwartungen zu Lernprozessen, die im Konditionierungsexperiment mit physiologischen Reaktionen verifiziert werden konnten, ließ sich hier jedoch nicht dokumentieren. Bei Phobikern zeigte sich allerdings, dass der Erwartungseffekt bei ontogenetisch relevanter Tierphobie deutlich langsamer als bei phylogenetisch relevanter Phobie korrigiert wird und damit zu einem Covariation Bias führt (Mühlberger, Wiedemann, Herrmann & Pauli, 2006).
2.5 Reaktionsbereitschaft: Defense und modulierte Schreckreaktion Angst und Furcht sind Verhaltensdispositionen für Kampf- bzw. Fluchtreaktionen (s. u.) und verstärken daher protektive Reflexe (Lang, 1995). Dies gilt auch für den Schreckreflex, der durch unerwartete Reize hoher Intensität (z. B. ein plötzlicher lauter Ton oder ein Lichtblitz) ausgelöst wird, der damit einhergehende protektive Lidschluss kann beim Menschen mittels der Amplitude der EMG-Aktivität am m. orbicularis oculi zur Quantifizierung herangezogen werden. Die Auslösung der Schreckreaktion erfolgt im zentralen Nervensystem auf sehr direktem Wege (Davis, 1989), wird aber durch negative Emotionen verstärkt und durch positive Emotionen reduziert (vgl. Hamm, Schupp & Weike in diesem Band). Im Humanbereich hat sich der Einsatz von standardisierten Bildreizen zur Untersuchung der Emotionsmodulation der Schreckreaktion bewährt (Lang, 1995). Bei den verschiedenen Angststörungen unterscheidet sich das Ausmaß der Modulation der Schreckreaktion. Bei spezifischen Phobien mit Angst vor evolutionär relevanten Objekten (Spinnen, Schlangen etc.) ist eine deutlich erhöhte Schreckreaktion zu beobachten, wenn diese Reize vorhanden sind. Bezieht sich die phobische Angst auf Reize, bei denen die visuellen Hinweisreize evolutionär bedeutungslos sind (z. B. Flugphobie), so fällt die Erhöhung der Schreckreaktion geringer aus (Mühlberger et al., 2006). Bei Patienten mit Panikstörung und Agoraphobie ist im Vergleich zu Kontrollpersonen keine veränderte Modulation der Schreckreaktion zu beobachten.
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Allerdings wurde bei diesen Patienten ein generell erhöhtes Niveau der Schreckreaktion festgestellt, was allerdings auf die Antizipationsangst vor der Untersuchung zurückgeführt werden kann. Unabhängig von den spezifischen Reizen zeigen Panikpatienten sogar stärkere Reaktionen als Personen mit Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS), bei denen die Schreckhaftigkeit ein wesentliches Symptom des klinischen Bildes darstellt (Lang, Bradley & Cuthbert, 1998). Im Unterschied zu den häufig berichteten Nullbefunden bei peripherphysiologischen Reaktionen sozialphobischer Patienten deuten neueste Ergebnisse darauf hin, dass die Modulation des Schreckreflexes auch ein viel versprechender Indikator sozialer Angst sein könnte (Cornwell, Johnson, Berardi & Grillon, 2006).
2.6 Explizite und implizite Bewertung: Interpretations- und Gedächtnisverzerrungen Neben den Aufmerksamkeitsverzerrungen wird angenommen, dass Angstpatienten angstrelevante Reize besonders gut im Gedächtnis behalten. Die experimentellen Untersuchungen hierzu haben Unterschiede zwischen Angstpatienten und gesunden Probanden hinsichtlich der Enkodierungs- und Dekodierungsphase von angstrelevanten und angstirrelevanten Wörtern untersucht (Coles & Heimberg, 2002). Verzerrte implizite Gedächtnisprozesse konnten für die meisten Angststörungen nachgewiesen werden. Verzerrte explizite Gedächtnisprozesse wurden dagegen nur für die Panikstörung und teilweise auch für die PTBS und die Zwangsstörung gefunden, insbesondere wenn die Information elaboriert enkodiert worden war. Patienten mit sozialer Phobie oder generalisierter Angststörung unterscheiden sich dagegen in der Gedächtnisleistung für angstrelevante oder angstirrelevante Informationen nicht von gesunden Kontrollpersonen (Coles & Heimberg, 2002). Die Untersuchung elektrophysiologischer Korrelate solcher verzerrter expliziter oder impliziter Gedächtnisprozesse bei Panikpatienten erbrachte aber bisher keine eindeutigen Befunde (Pauli & Birbaumer, 2003; Pauli, Dengler & Wiedemann, 2005).
2.7 Nonverbale Kommunikation: Angstspezifischer Gesichtsausdruck, Erröten Dass spezifische Emotionen wie Angst mit eigenen Gesichtsausdrücken einhergehen, wurde schon früh belegt (Darwin, 1872). Selbst bei schwachem affektivem Erleben können mit dem EMG entsprechende Reaktionen der Gesichtsmuskulatur registriert werden (Tassinary & Cacioppo, 1992): Werden positive Bilder betrachtet, so zeigt sich eine Aktivierung des zygomaticus major (am Lächeln beteiligt), bei negativen Bildern des corrugator supercilii (Stirn runzeln).
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Neben einer evaluativen Komponente können jedoch auch die so genannten Display Rules, d. h. Wissen über situationsangemessene Mimik, einen Einfluss auf den Gesichtsausdruck haben (Ekman & Friesen, 1975; vgl. Kappas in diesem Band). Es liegt bisher wenig Forschung zu Gesichtsausdrücken bei Angstpatienten vor, Untersuchungen bei sozial ängstlichen Kindern deuten jedoch darauf hin, dass ihre Mimik weniger expressiv ist (Melfsen, Osterlow & Florin, 2000). Bei sozialer Phobie ist das Erröten ein weiteres beobachtbares Merkmal, das wahrscheinlich mit dem Emotionsausdruck zu tun hat (Mulkens, de Jong, Dobbelaar & Bogels, 1999). Sozialphobische Patienten erröten jedoch nur in außerordentlich belastenden sozialen Situationen stärker als gesunde Probanden (Gerlach, Wilhelm, Gruber & Roth, 2001). Bei sozialphobischen Patienten, die subjektiv stark unter dem Erröten leiden, spiegelt sich dies nicht in objektiven physiologischen Maßen für das Erröten wider. Andere physiologische Maße deuten jedoch auf eine besondere physiologische Erregbarkeit dieser Patienten hin.
2.8 Verhaltensklassen A: Vermeidungsverhalten Bei der Angst steht im behavioralen System das Vermeidungsverhalten deutlich im Vordergrund. Im so genannten Zwei-Prozess-Modell (Mowrer, 1947), welches klassische Konditionierung und Aspekte des operanten Konditionierens integriert, wird erklärt, dass das Vermeidungsverhalten wesentlich zur Aufrechterhaltung von Angststörungen beiträgt. Nach einer klassischen Konditionierung löst der CS eine Furcht-Vermeidungsreaktion aus, die den CS beendet. Neben einer Vermeidung der aversiven Konsequenz wird auch die Angst reduziert. Dieses Flucht- und Vermeidungsverhalten wird also durch negative Verstärkung aufrechterhalten. Vermeidung ist aber längerfristig ein dysfunktionaler Bewältigungsversuch, da eine Löschung der klassischen Konditionierung verhindert wird. Die Angst auslösende Wirkung des CS bleibt also erhalten. An diesem Punkt setzen die am besten evaluierten psychotherapeutischen Maßnahmen an, die eine Reizkonfrontation in Kombination mit Reaktionsverhinderung nutzen (vgl. Ellgring & Alpers, 2009).
2.9 Verhaltensklassen B: Physiologische und endokrinologische Reaktionen Neben dem oben dargestellten Verhalten, das beobachtbar ist, geht Angst mit einer Vielzahl von Reaktionen im physiologischen System einher. So wirkt sich die Aktivierung des autonomen Nervensystems auf eine Vielzahl von Organsystemen aus, an denen Veränderungen erfasst werden können (vgl. Alpers, Mühlberger et al., 2005). Im Folgenden werden zunächst die wichtigsten peripherphysiolo-
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gischen Korrelate charakteristischer Angstsymptome dargestellt, dann werden die zentralnervösen Korrelate behandelt. Schwitzen schlägt sich in Veränderungen der Hautleitfähigkeit nieder. Die Spontanfluktuationen der Hautleitfähigkeit gelten als besonders sensibles Maß für Angst. Gelingt es, eine wirkliche Ruhebedingung herzustellen, weisen Probanden mit spezifischen Phobien keine Anomalien der Hautleitfähigkeit auf, sie zeigen aber starke Hautleitfähigkeitsreaktionen auf die jeweils phobierelevanten Reize, auch wenn lediglich Abbildungen präsentiert oder die Probanden gebeten werden, sich die Reize vorzustellen. Diese Reaktionen können selbst bei tachistoskopischer Präsentation (Öhman & Soares, 1994) und semantischem Material (Wörtern; Van den Hout, De Jong & Kindt, 2000) beobachtet werden. Eine Ausnahme bildet die Blut-/Injektions-/Verletzungsphobie (s. u.), bei der bei Konfrontation mit dem phobischen Reiz keine erhöhte Hautleitfähigkeit auftritt (Hamm, Cuthbert, Globisch & Vaitl, 1997). Patienten mit Panikstörung reagieren deutlich schwächer auf angstspezifische Reize, weisen aber erhöhte Ruhe- und antizipatorische Hautleitfähigkeitsveränderungen auf, was dem unspezifischen Charakter der ständigen Angst und Sorge vor dem weiteren Auftreten von Panikattacken entspricht. Die Herzfrequenz wird vielfach als geeignetes physiologisches Maß zur Erfassung von Angst angesehen (Nesse, 1985). Bei spezifischen Phobien findet man eine Erhöhung der Herzrate auf phobierelevante Reize. Es fand sich beispielsweise ein hoch signifikanter linearer Trend in der Beziehung von Herzfrequenzanstieg und Stufen der Angsthierarchie bei Konfrontation mit Angst auslösenden Stimuli (Lang, Melamed & Hart, 1970). Wie bei der Furcht vor spezifischen Objekten können typische Anstiege der Herzrate auch bei der Konfrontation in phobischen Situationen beobachtet werden (Alpers, Wilhelm & Roth, 2005; Alpers & Sell, 2008). Eine Ausnahme bildet auch hier die spezifische Phobie vom Blut-/Injektions-/Verletzungstyp, bei der nach einem kurzen initialen Anstieg eine Herzratendezeleration folgt, die in Verbindung mit dem Blutdruckabfall häufiger zu einer Ohnmacht führt (Curtis & Thyer, 1983). Eine Besonderheit der sozialen Phobie ist, dass die physiologischen Reaktionen von Betroffenen bei gängigen Furchtinduktionsparadigmen kaum von denen von Kontrollprobanden abweichen. In der Übersicht von Hofmann et al. (2004) lässt sich deutlich sehen, dass sozialphobische Patienten, wenn sie eine Rede halten müssen, trotz deutlicher Angstanstiege keine ausgeprägten physiologischen Reaktionen zeigen. Bei der Posttraumatischen Belastungsstörung treten ebenfalls verstärkte Herzratenreaktionen bei Imagination der traumatischen Ereignisse, aber auch bei allgemein erschreckenden Reizen (z. B. lauten Tönen) auf (Shalev, Peri, Brandes, Freedman, Orr & Pitman, 2000). Bei der Panikstörung zeigen sich vor und
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besonders während einer Panikattacke Herzratenzunahmen, die aber im Mittel ein nur geringes Ausmaß von 5 bis 10 Schlägen haben (Margraf, 1990). Es konnten aber immer wieder einzelne Panikattacken mit starken Reaktionen der Herzrate beobachtet werden (vgl. Alpers, Mühlberger et al., 2005). Besonders bei der Panikstörung wird respiratorischen Parametern eine Schlüsselrolle zugewiesen. Durch die bei Panikattacken auftretende Hyperventilation werden körperliche Symptome induziert, die nach gängigen Theorien der Panikstörung zu einem positiven Feedback und einer Erhöhung der Angst führen (Ley, 1998). Bei Panikattacken, die im Feld aufgezeichnet wurden, ließ sich aber meist keine Hyperventilation nachweisen (Garssen, Buikhuisen & van Dyck, 1996), was aber mit valideren Messverfahren inzwischen möglich ist (Alpers, Wilhelm et al., 2005). Andererseits reagieren Panikpatienten mit besonders starkem Lufthunger und Angst auf die Inhalation von Gasmischungen, die mit CO2 angereichert wurden (z. B. 7 % CO2), was für viele Menschen sehr unangenehm ist. Da selbst Verwandte von Panikpatienten, die nicht unter Panikattacken leiden, stark auf diesen Stressor reagieren, geht die „Erstickungsalarm“-Theorie davon aus, dass die Sensoren für Erstickungssignale bei Panikpatienten aufgrund eines biologischen Defekts hypersensibel sind (Klein, 1993). Durch die Erfassung von Muskeltätigkeit (EMG) können körperliche Spannungszustände erfasst werden, die bei der generalisierten Angststörung im Unterschied zu autonomen Reaktionen verstärkt auftreten (Hazlett, McLeod & Hoehn-Saric, 1994). Bei anderen Angststörungen kann kein einheitliches Muster von erhöhtem oder erniedrigtem Muskeltonus gefunden werden. Neben der Aktivierung des autonomen Nervensystems, die sich vornehmlich auf die oben dargestellten peripherphysiologischen Maße auswirkt, werden körperliche und psychische Belastungen auch von endokrinen Reaktionen begleitet (vgl. Bandelow, 2005). Während Noradrenalin- und Adrenalinausschüttungen die bereits dargestellten autonomen Reaktionen beeinflussen, gewährleistet das über die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden (HPA)-Achse freigesetzte Glukokortikoid Kortisol vor allem die Bereitstellung von Energie (Hellhammer & Pirke, 1996). Obwohl einige Studien vorliegen, die bei Panikattacken von Panikpatienten Kortisolreaktionen nachweisen konnten (Bandelow, Wedekind, Pauls, Broocks, Hajak & Ruther, 2000), gibt es auch gegenteilige Befunde (Woods, Charney, McPherson, Gradman & Heninger, 1987). Im Gegensatz zu früheren Studien mit spezifischen phobischen Objekten (z. B. Curtis, Nesse, Buxton & Lippman, 1978) konnte ein besonders deutliches Ansprechen der HPA-Achse bei situationsbezogenen Phobien beobachtet werden (Alpers, Abelson, Wilhelm & Roth, 2003). Obwohl die körperlichen Symptome der Angst als unangenehm und vielfach auch als bedrohlich erlebt werden, wird auch aus der obigen Schilderung deut-
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lich, dass die peripherphysiologischen Korrelate der Angst nicht als gesundheitsbedrohlich einzuschätzen sind. Im Gegenteil, die Symptome können zusammenfassend am besten als ein Aktivierungszustand des Organismus verstanden werden, der auf körperliche Leistung vorbereitet und damit das Überleben des Organismus in Gefahrensituationen schützt. Dieser Zusammenhang wurde schon früh als Fight-or-Flight-Reaktion (Kampf/Flucht) beschrieben (Cannon, 1915). Eine Besonderheit stellt in diesem Zusammenhang wieder die Blut-/Injektions-/Verletzungsphobie dar, da hier eine starke Bradykardie sowie ein starker Blutdruckabfall bei Konfrontation mit dem phobischen Reiz auftreten (Dahlloef & Öst, 1998). Auch dies entspricht einem Schutzmechanismus, der den Körper bei starken Verletzungen vor übermäßigem Blutverlust schützen kann (vgl. Stemmler, Kap. 8, in diesem Band). Zur Erfassung zentralnervöser Korrelate eignen sich insbesondere die ereigniskorrelierten Potenziale (EKPs) des Elektroenzephalogramms (EEG). Sie haben eine hohe zeitliche Auflösung und können daher besonders gut den Verlauf emotionaler Reaktionen abbilden, die – im Gegensatz zu Gefühlen – normalerweise nur sehr kurz (3 Sek.) andauern. Da die verschiedenen Komponenten eines EKPs perzeptiven und kognitiven Verarbeitungsprozessen zugewiesen werden können, eignet sich die Untersuchung von EKPs dazu, den zeitlichen Verlauf der Reizverarbeitung zu untersuchen. Bei Angstpatienten zeigt sich die oben dargestellte bevorzugte Verarbeitung angstrelevanter Reize auch in den ausgelösten ereigniskorrelierten Potenzialen des EEG. Diese sind durch eine erhöhte Positivierung ab 300 ms (P300) nach Reizpräsentation charakterisiert (Miltner, Krieschel, Hecht, Trippe & Weiss, 2002; Pauli et al., 1997). Besonders auffällig ist daneben eine späte langsame Positivierung, die vermutlich eine elaborierte und intensive Verarbeitung angstrelevanter Inhalte anzeigt. Eine außerdem zu beobachtende Asymmetrie in der frontalen Gehirnaktivität, ausgelöst durch angstrelevante Hinweisreize oder angstrelevante Situationen, spricht zudem für eine dominante Aktivität eines Vermeidungs-Rückzugssystems bei Angstpatienten (Davidson, Marshall, Tomarken & Henriques, 2000; Wiedemann et al., 1999). Die ereigniskorrelierten Potenziale, ausgelöst durch emotionale Bild- und Wortreize, sind durch eine frühe posteriore Negativierung, beginnend 200 ms nach der Reizpräsentation, sowie eine erhöhte postsensorische Positivierung, beginnend 300 ms nach Reizpräsentation, charakterisiert. Die Negativierung ist vermutlich ein Merkmal verstärkter automatischer sensorischer Reizverarbeitung, die erhöhte Positivierung ist vermutlich ein elektrophysiologisches Korrelat verstärkter Aufmerksamkeit und elaborierter Verarbeitungsprozesse. Studien an Panikpatienten (Pauli et al., 1997) und phobischen Patienten (Miltner et al., 2002; Mühlberger et al., 2006) konnten erhöhte Positivierungen, ausgelöst durch störungsspezifische Angstreize, nachweisen. Die in einer funktionelle MagnetResonanz-Tomografie (fMRT) Studie bei Panikpatienten beobachtete erhöhte
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Aktivität im linken posterioren zingulären Kortex und im linken dorsolateralen präfrontalen Kortex, ausgelöst durch angstrelevante Wortreize, werden ebenfalls als Zeichen einer elaborierten Verarbeitung dieser Reize interpretiert (Maddock, Buonocore, Kile & Garrett, 2003). Offen ist aber, ob diese elektrophysiologischen Charakteristika differenzialdiagnostisch bedeutsam und als Trait- oder Statemarker anzusehen sind. Die verzerrte Erwartung aversiver Konsequenzen nach angstrelevanten Hinweisreizen hat als elektrophysiologisches Korrelat eine veränderte langsame Welle des EEG (contingent negative variation, CNV). Panikpatienten zeigen beispielsweise nach Betrachtung eines angstrelevanten Hinweisreizes kurz vor einer möglichen unangenehmen Konsequenz eine erhöhte kortikale Negativierung (Amrhein, Pauli, Dengler & Wiedemann, 2004). Mit bildgebenden Verfahren wurde bei Patienten mit spezifischen Phobien keinerlei Veränderung im PET festgestellt, wenn sie kurz vor der Aufzeichnung mit einem Angst auslösenden Reiz konfrontiert wurden (Mountz et al., 1989). Erfolgte die Reizkonfrontation während fMRT Aufzeichnung, so zeigte sich eine Zunahme des Blutflusses im visuellen Assoziationskortex, in thalamischen Gehirnregionen (Fredrikson, 1993) sowie im orbitofrontalen Kortex und in der Amygdala (Dilger et al., 2003; Alpers, Gerdes, Lagarie, Tabbert, Vaitl & Stark, im Druck). Eine rechtsfrontale Überaktivierung bei phobischen Patienten ist vermutlich Ausdruck einer metakognitiven Strategie, die Angstreaktion zu regulieren, da sie nur zu beobachten ist, wenn die angstrelevanten Reize keine Panikattacken auslösen (Johanson et al., 1998). Diese Überaktivierung zeigt sich nach einer erfolgreichen kognitiven Verhaltenstherapie nicht mehr (Paquette et al., 2003). Asymmetrien in der frontalen Gehirnaktivität können durch das Spontan-EEG quantifiziert werden. Davidson (1992) interpretiert eine Asymmetrie als Indikator für das Vorherrschen einer negativen oder positiven Emotion. Davidson et al. fanden beispielsweise, dass emotional negative Filmszenen mit einer relativ stärkeren rechtsfrontalen Aktivierung im EEG (reduzierte rechtsfrontale Alphaaktivität) und positive Filmszenen mit einer relativ stärkeren linksfrontalen Gehirnaktivität einhergehen (Davidson, Ekman, Saron, Senulis & Friesen, 1990). Entsprechende Asymmetrien fanden sich auch bei Panikpatienten bei der Konfrontation mit angstassoziierten Bildreizen (Wiedemann et al., 1999). Bei sozialphobischen Patienten zeigt sich die Asymmetrie während der Antizipationsphase vor dem Halten einer Rede (Davidson et al., 2000). Die in beiden Studien gefundene erhöhte rechtsfrontale Gehirnaktivierung während Angstphasen wird als neurobiologisches Zeichen für die Aktivität eines Vermeidungs-Rückzugssystems interpretiert, die in der Regel mit einer negativen emotionalen Valenz einhergeht. Auch für diese elektrophysiologischen Parameter sind aber die differen-
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zialdiagnostische Bedeutung, der prädiktive Wert für die Entstehung und Aufrechterhaltung der Störung sowie die Frage State und Trait noch ungeklärt (Coan & Allen, 2004).
3 Depression und Manie 3.1 Charakterisierung pathologischer Depressivität und Euphorie Im Zusammenhang mit Depressionen und Manien ist es zunächst wichtig, zwischen den Begriffen Stimmung und Emotion zu unterscheiden. Fast alle Menschen erleben hin und wieder Situationen, in denen sie traurig, niedergeschlagen oder lustlos sind oder in denen sie sich freuen und sich voller Energie und Zuversicht fühlen. Emotionen sind schnelle Reaktionen, die auftreten, wenn eine Person mit einem bedeutungsvollen Reiz konfrontiert wird, der die Möglichkeit für eine Herausforderung oder die Notwendigkeit einer Adaptation beinhaltet (vgl. Keltner & Gross, 1999). Demgegenüber sind psychopathologisch relevante depressive oder gehobene Stimmungen längerfristige Veränderungen, die nicht an spezifische Auslöser gekoppelt sind (Ekman, 1994; Watson, 2000). Der in den USA inzwischen häufig benutzte Begriff mood disorders scheint deswegen passender zu sein als affektive Störungen. Von klinisch relevanten Depressionen wird gesprochen, wenn entweder Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit oder Anhedonie, d. h. Verlust der Fähigkeit, Lust bzw. Vergnügen zu empfinden, für einen umschriebenen Zeitraum (mindestens ca. 2 Wochen) im subjektiven Erleben dominieren. Diese veränderte Stimmungslage geht einher mit Veränderungen im Appetit, Schlafstörungen oder vermehrtem Schlaf, Entscheidungs- und Konzentrationsschwierigkeiten, ständiger Müdigkeit oder auch Selbstmordgedanken (sog. Major Depression). Diese Symptome sind aber weder notwendig noch hinreichend für die Diagnose. Manche Betroffene erleben nur eine einzelne depressive Episode in ihrem Leben, während andere solche Phasen wiederholt erleben (rezidivierende Depression). Wenn ausschließlich depressive Episoden berichtet werden, spricht man von einer unipolaren Depression (Hautzinger & Meyer, 2002). Wenn die Stimmung deutlich gehoben ist, kann es sich um eine Manie oder deren leichtere Variante – Hypomanie – handeln. Die Änderung der Stimmung ist ebenfalls situationsinadäquat; sie kann auch gereizt sein. Aus diagnostischer Sicht wird eine Mindestdauer für die veränderte Stimmungslage von ca. 1 Woche gefordert. Die gehobene oder reizbare Stimmung reicht ebenfalls diagnostisch nicht aus, sondern erfordert weitere Symptome wie z. B. einen deutlich gesteigerten Antrieb, verringertes Schlafbedürfnis, übertriebenes Selbstvertrauen (bis zu Größenwahn) oder auch vermehrten Wunsch nach sozialen Kontakten. Die
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Betroffenen erleben sich subjektiv als leistungsfähig, kreativ und produktiv; dies kann vorübergehend auch zutreffen. Die Beeinträchtigung zeigt sich meist jedoch unmittelbarer für Dritte (Fehleinschätzungen der Realisierbarkeit der Ziele oder Nichtberücksichtigung der Grenzen anderer). Sobald mindestens eine hypomane oder manische Episode in der Anamnese diagnostiziert werden kann, wird von einer bipolaren Störung gesprochen. Dies impliziert zwar, dass die Betroffenen sowohl depressive als auch manische Zustände erleben, ist aber unabhängig davon, ob jemand jemals depressive Phasen durchlebt hat. Im DSM-IV wird zudem zwischen der Bipolar-I (manische Episoden) und der Bipolar-IIStörung (hypomane Episoden) differenziert (vgl. Hautzinger & Meyer, 2002). Dass sowohl Euphorie als auch Reizbarkeit maniforme Episoden kennzeichnen können, ist angesichts von neueren Emotionsmodellen und Analysen von Emotionszielen nicht überraschend (Roseman & Kaiser, 2001). Manie und Hypomanie können als dysfunktionale Varianten der Emotion Freude verstanden werden. Wenn die Erreichung dieser Ziele als blockiert wahrgenommen wird, kann dies zu Wut bzw. Reizbarkeit führen. Das Risiko, irgendwann einmal im Leben an einer unipolaren Depression zu erkranken, liegt bei etwa 17 % und für die bipolare Störung bei ca. 1 % (Jacobi et al., 2004) bzw. höher für das bipolare Spektrum (3 bis 5 %, z. B. Kessler et al., 1994).
3.2 Reizbewertung Während bei Angststörungen oft sehr spezifische Reize als Auslöser für entsprechende Reaktionen zur Verfügung stehen, scheinen bei affektiven Reaktionen spontane und automatische Bewertungsprozesse weniger von Bedeutung zu sein. In Untersuchungen mit experimenteller Erzeugung emotionaler Zustände analog zur Depression oder Manie muss darauf geachtet werden, nicht nur kurzfristige Traurigkeit oder Glücksgefühle, sondern überdauernde Stimmungen zu induzieren, was relativ aufwändig ist. Am besten geeignet ist die vorherige Erfassung positiver und negativer autobiografischer Situationen, die oft von passender Musik begleitet erneut vorgegeben werden. Negative Stimmung lässt sich dabei leichter induzieren als gehobene Stimmung.
3.3 Orientierungsreaktion, Aufmerksamkeitsausrichtung und Aufmerksamkeitsverzerrungen Kognitive Modelle der Depression betonen Veränderungen in der Informationsverarbeitung, wobei der Fokus auf einer negativen Sicht der eigenen Person, der Welt und der Zukunft liegt (Beck, 1967). Zur experimentellen Untersuchung
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der Hypothesen, dass die Aufmerksamkeit depressiver Personen automatisch und selektiv auf negative Ereignisse ausgerichtet ist, kam wie bei der Angst vorwiegend der emotionale Stroop-Test (Williams et al., 1996) sowie das Dot-ProbeParadigma (McLeod et al., 1986) zum Einsatz. Anstelle spezifischer angstassoziierter Reize werden allerdings solche benutzt, die positive, negative und neutrale Valenz haben (z. B. Erfolg – Misserfolg oder traurig – glücklich). 3.3.1 Interferenzeffekte in der Aufmerksamkeit Im emotionalen Stroop-Test sollen primär Interferenzen ausgelöst werden, d. h. inwieweit der emotionale Gehalt des Farbwortes zur Verlängerung der Reaktionszeit führt (vgl. Wentura & Rothermund in diesem Band). Es konnte gezeigt werden, dass depressive Probanden mehr Zeit brauchen, die Farbe eines Wortes zu benennen, wenn das Wort eine negative Valenz aufwies (z. B. Gotlib & Cane, 1987). Es gibt allerdings auch widersprüchliche Befunde: Gilboa und Gotlib (1997) induzierten vor der Durchführung des emotionalen Stroop-Tests eine negative Stimmung bei remittiert depressiven Personen und gesunden Kontrollpersonen. Sie fanden hinsichtlich der Latenzzeiten bis zur Antwort auf negative Stimuli keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. In einer anderen Studie fand sich ebenfalls kein Zusammenhang zwischen aktuellen Depressionswerten und den Reaktionszeiten (Hill & Knowles, 1991). Mogg, Bradley, Williams und Mathews (1993) verglichen subliminal und supraliminal dargebotene Reize bei depressiven Patienten und Angstpatienten. Dabei zeigte sich, dass der Interferenzeffekt für negative Wörter bei Angstpatienten reliabel aufgezeigt werden konnte, aber nicht bei depressiven Patienten. Mogg et al. (1993) folgern, dass Effekte im Zusammenhang mit Depression auf die komorbide Ängstlichkeit zurückzuführen sei. Dozois und Dobson (2001) verglichen daher komorbid ängstlich-depressive Personen mit rein depressiv und rein ängstlichen Probanden sowie einer gesunden Kontrollgruppe. Im emotionalen Stroop-Test ergaben sich keinerlei differenzielle Effekte, auch wenn alle psychiatrischen Patienten stärkere Interferenzeffekte für negative Wörter aufwiesen als die Kontrollpersonen. Gotlib, Kasch et al. (2004) untersuchten Patienten mit einer Major Depression oder sozialen Phobie sowie eine psychiatrisch unauffällige Kontrollgruppe. Sie fanden ebenfalls keine Hinweise auf spezifische Interferenzeffekte. Bei bipolaren Störungen stellt sich als erstes die Frage, für welche Reize man Interferenzeffekte erwarten würde. Einerseits wird Manie oft als ein Zustand bewertet, der den Gegenpol zur Depression darstellt; eine Sichtweise die nicht von allen theoretischen Positionen geteilt wird. Bentall und Thompson (1990) untersuchten Probanden mit unterschiedlich hoher Vulnerabilität für manische
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Symptome mit dem emotionalen Stroop-Test. Personen mit erhöhtem Risiko für bipolare Störungen hatten ein ähnliches Interferenzmuster wie depressive Personen. Sie brauchten länger, die Farben zu benennen, wenn die Wörter einen direkten Bezug zur Depression hatten, als wenn diese Euphorie ausdrückten. French, Richards und Scholfield (1996) konnten dies replizieren. Obwohl in keiner der beiden Studien eine strukturierte klinische Diagnostik durchgeführt worden war und somit die Probanden eventuell bereits die Kriterien für affektive Störungen erfüllt haben könnten, konnten French et al. (1996) zumindest ausschließen, dass die Effekte auf Ängstlichkeit zurückzuführen waren. Lyon, Startup und Bentall (1999) führten eine entsprechende Untersuchung an bipolaren Patienten in einer akuten depressiven und manischen Phase durch. Insgesamt zeigten die akut manischen Patienten die langsamsten Reaktionszeiten. Entscheidender war aber, dass der Interferenzeffekt am stärksten für Karten mit depressions-relevanten Wörtern war und zwar sowohl für bipolar depressive als auch für manische Patienten. Eine ähnliche Untersuchung verglich unipolar und bipolar affektiv erkrankte Patienten (Kerr, Scott & Philipps, 2005). Die Patienten waren generell langsamer als unauffällige Kontrollpersonen, es ergaben sich allerdings keine Hinweise auf störungsspezifische Interferenzeffekte. Diese Studien erlauben demnach bislang keine eindeutigen Schlussfolgerungen bezüglich eines Aufmerksamkeitsbias zugunsten negativer Informationen. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Interferenzeffekte umso deutlicher sind, je spezifischer die Wörter für die jeweilige Störung sind und je stärker die persönliche Relevanz ist. Hier könnte ein Problem im Zusammenhang mit affektiven Störungen – v. a. bipolarer Natur – liegen, da im Rahmen einer Manie eventuell andere Reize relevant sind als die, die im engeren Sinne eine gehobene Stimmung oder Euphorie beschreiben. 3.3.2 Selektive Aufmerksamkeit Inwieweit die Aufmerksamkeit spezifisch auf Stimuli mit bestimmter Valenz (z. B. negativ) gerichtet wird, haben Ingram, Benet und McLaughlin (1994) mit einer Aufgabe zum dichotischen Hören bei Studenten untersucht, die in der Vorgeschichte entweder depressive Episoden aufwiesen oder noch nie unter Depressionen gelitten hatten. Mit entsprechenden autobiografischen Erinnerungen und trauriger Musik wurde eine traurige Stimmung induziert. Die Probanden sollten dann auf einem Ohr einer Geschichte folgen, während auf dem anderen Ohr positive, negative und neutrale Distraktorwörter dargeboten wurden. Wie erwartet führte die Stimmungsinduktion dazu, dass remittiert depressive Personen bei negativen Distraktorreizen mehr Fehler machten.
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Im Dot-Probe-Paradigma mit depressiv verstimmten Personen fand sich zunächst kein Bias für negative Informationen (z. B. MacLeod, Mathews & Tata, 1986; Mogg et al., 1993). In nachfolgenden Untersuchungen, in denen die Darbietungsdauer auf mindestens 1.000 ms erhöht wurde, zeigte sich allerdings, dass sich dysphorische Personen vermehrt depressionsrelevanten Reizen zuwandten. Umgekehrt ergaben sich Hinweise, dass depressive Personen keinen Aufmerksamkeitsbias für positiv-valente Reize aufwiesen, wie er für gesunde Kontrollgruppen immer wieder berichtet wird. In letzter Zeit werden als Reize in diesem Paradigma verstärkt Bilder statt Wörter eingesetzt, z. B. Gesichter, die verschiedene Emotionen in unterschiedlicher Intensität zum Ausdruck bringen. Zwei Studien fanden Hinweise für einen Bias zugunsten trauriger Gesichtsausdrücke bei dysphorischen Personen (Bradley, Mogg, Falla & Hamilton, 1998; Bradley, Mogg & Millar, 2000). In zwei weiteren Studien wurden depressive Patienten ohne komorbide Angststörung mit einer Gruppe von Patienten mit generalisierter Angststörung bzw. sozialer Phobie verglichen. In diesen beiden Studien fand sich bei 1.000 ms Expositionszeit ein spezifischer Bias depressiver Patienten in Richtung trauriger Gesichter, was in den anderen Gruppen nicht der Fall war (Gotlib, Kasch et al., 2004; Gotlib, Krasnoperova, Neubauer & Joormann, 2004). Bislang fehlen Untersuchungen mit diesen Paradigmen bei bipolaren Patienten. Im Zusammenhang mit unipolaren Depressionen wird die bisherige Evidenz im Sinne eines sehr spezifischen Aufmerksamkeitsbias interpretiert. Dies insbesondere aufgrund der konsistenteren Effekte, die bei längeren Präsentationszeiten auftreten: Depressionen gehen anscheinend im Gegensatz zur Angst nicht mit einer automatischen Aufmerksamkeitsausrichtung auf relevante Stimuli einher, sondern führen eher dazu, dass die Aufmerksamkeit auf negative Informationen fokussiert bleibt (z. B. Rinck & Becker, 2005). Die Hypothese, dass bei Depressionen eventuell ein Defizit in der Hemmung von negativen Informationen vorliegt, untersuchte Joorman (2004) mit dem Negativen-Priming-Paradigma, bei dem die Reaktionslatenz auf einen Zielreiz, der im vorherigen Durchgang ein Distraktor war, verlängert ist. Zwar sind die Effekte in den drei Experimenten nicht ganz konsistent, aber insgesamt stützen die Befunde die These einer schlechteren Hemmung negativer Informationen bei Depression. Mit Hilfe einer Modifikation des Posner-Paradigmas konnten auch Koster et al. (2005) zeigen, dass erstens dysphorische Personen – indiziert durch verzögerte Reaktionszeiten – spezifische Probleme hatten, sich von dargebotenen negativen Informationen zu lösen, und zweitens diese stimmungskongruenten Effekte vor allem auftraten, wenn die Darbietungszeit der entsprechenden Hinweisreize länger war. Bei kürzeren Darbietungszeiten zeigten sich keine Unterschiede zwischen dysphorischen und nicht dysphorischen Studenten.
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Murphy et al. (1999) untersuchten bei manischen und (bipolar) depressiven Patienten, ob unabhängig von der Polarität der aktuellen affektiven Episode der gleiche Aufmerksamkeitsbias zugunsten negativer Informationen auftritt, wie es die Manic defense-Hypothese (Lyon et al., 1999) nahe legen würde. Allerdings zeigte sich, dass manische Patienten im Vergleich zu psychiatrisch unauffälligen Kontrollpersonen langsamer auf traurige Wörter reagierten, nicht aber auf positive Wörter. Umgekehrt reagierten bipolar depressive Patienten langsamer auf positive Zielreize als auf traurige. Die Autoren interpretieren dies als Beleg für ein jeweils stimmungskongruentes Aufmerksamkeitsbias, was gegen die Manic defense-Hypothese spricht. Erickson et al. (2005) konnten die Ergebnisse im Hinblick auf eine Stichprobe nicht medikamentös behandelter unipolar depressiver Patienten replizieren. Sie berichten zudem, dass Kontrollpersonen im Sinne eines Positivbias länger benötigten, auf traurige als auf glückliche Wörter zu reagieren. Einen Hinweis auf syndromale Spezifität fanden auch Waters, Badcock und Maybery (2006): Schizophrene Patienten mit aktuell hohen Depressionswerten zeigten hypothesenkonform schnellere Reaktionszeiten auf negative Reize. Die im Zusammenhang mit der selektiven Aufmerksamkeit beobachteten beeinträchtigten Hemmprozesse gegenüber bestimmten emotionalen Reizen scheinen somit relativ spezifisch für depressive Zustände zu sein, und zwar unabhängig von der jeweiligen DSM-Diagnose. Dies geht zudem mit spezifischen auffälligen neuronalen Reaktionsmustern im ventralen präfrontalen Kortex einher (s. u.) (z. B. Elliott et al., 2004).
3.4 Gelernte Reiz-Reaktion-Kontingenzen: Verzerrung der Interpretationen Kognitive Theorien der Depression postulieren, dass dysfunktionale Einstellungen wie z. B. „Alle müssen mich mögen“ oder „Nur, wer Erfolg hat, ist etwas wert“ das Risiko erhöhen, bei Konfrontation mit entsprechenden Situationen und kritischen Lebensereignissen depressive Symptome zu entwickeln (Beck, 1967). Auch im Hoffnungslosigkeits-Modell werden Faktoren spezifiziert, die das Risiko für die Entwicklung einer Depression erhöhen (Abramson, Metalsky & Alloy, 1989). Ursprünglich wurde ein internaler, stabiler und globaler Attributionsstil (Ursachenzuschreibung) für negative Ereignisse als charakteristisch für die Depression bewertet. In der revidierten Fassung werden folgende Aspekte betont: (1) die Tendenz, negative Ereignisse auf stabile und globale Ursachen zu attribuieren, (2) die Tendenz anzunehmen, dass negative Ereignisse weitere Katastrophen nach sich ziehen, und (3) die Tendenz, das eigene Selbst infolge solcher Ereignisse als minderwertig zu bewerten. In zahlreichen Studien wurde geprüft, inwieweit sich entsprechende depressogene Attributionsmuster und dysfunktionale Einstellungen bei akuten und
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remittierten depressiven Patienten sowie Personen mit erhöhtem Risiko für affektive Störungen aufzeigen lassen (Übersicht bei Gibb & Coles, 2005). Auch prospektive Längsschnittstudien zeigen, dass Personen mit einem bestimmten kognitiven Stil oder dysfunktionalen Einstellungen tatsachlich vermehrt Depressionen entwickeln, wenn sie mit belastenden Lebensereignissen konfrontiert werden (z. B. Lewinsohn, Joiner & Rohde, 2001). Es konnte mehrfach gezeigt werden, dass depressive Probanden sich im Vergleich zu Kontrollpersonen selbst mehr negative als positive Attribute zuschreiben (z. B. Dozois & Dobson, 2001; Gotlib, Kasch et al., 2004). Gemar und Kollegen untersuchten, ob eine negative Stimmungsinduktion Einfluss auf dysfunktionale Einstellungen und die Ergebnisse eines Impliziten Assoziationstests (IAT) haben (Gemar, Segal, Sagrati & Kennedy, 2001). Der IAT ist geeignet, automatische Prozesse der Informationsverarbeitung zu untersuchen, da er die Stärke der Assoziation zwischen verschiedenen Konzepten erfasst (z. B. ich – traurig, andere – glücklich). Bei remittierten depressiven Personen zeigte sich im Vergleich zu Kontrollpersonen tatsächlich eine stärkere Zunahme des Ausmaßes dysfunktionaler Einstellungen nach der Stimmungsinduktion. Dem entsprach eine verstärkte negative Selbstbewertung im IAT. Die Befunde bei remittierten depressiven Patienten stimmten mit denen akut depressiver Patienten überein. Es gibt erste Hinweise, dass es sich bei solchen Assoziationen um gelernte Verknüpfungen handeln könnte: Gesunde Kinder von bipolaren Patienten zeigen im Vergleich zu Kontrollkindern ohne familiäre Belastung kein negativeres Selbstbild (Gotlib et al., 2005), und depressive Symptome erlauben bei Kindern eine Vorhersage darüber, ob der Attributionsstil im Verlauf der nächsten Monate ungünstiger wird (Gibb & Alloy, 2006). Erst in den letzten Jahren werden auch kognitive Modellvorstellungen zu dysfunktionalen Einstellungen und Attributionsstilen für maniforme Symptome entwickelt. Zum einen konnte gezeigt werden, dass die Unterschiede zwischen unipolaren und bipolaren Patienten in kognitiven Variablen (z. B. dysfunktionalen Einstellungen) fast immer im Zusammenhang mit aktuellen Symptomen stehen, und zum anderen insgesamt mehr Ähnlichkeiten als Unterschiede zwischen diesen Patientengruppen bestehen (z. B. Jones et al., 2005). In Anlehnung an die zuvor erwähnte Manic defense-Hypothese wurde auch der Attributionsstil bipolarer Patienten untersucht. Winters und Neale (1985) setzten dabei als implizites Maß den „Pragmatic Inference-Test“ ein. Hier zeigte sich, wie erwartet, ein ungünstiger Attributionsstil für Misserfolg bei impliziter, aber ein hoher Selbstwert bei expliziter Erfassung. Auch bei Lyon et al. (1999) zeigte sich diese Diskrepanz: Manische Patienten und Kontrollpersonen zeigten im Gegensatz zu depressiven Patienten im Attributionsstilfragebogen als explizites Maß
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einen selbstwertdienlichen Bias, d. h. höhere Internalität/Stabilität/Globalität bei Erfolg als bei Misserfolg. Im Pragmatic Inference-Test zeigten aber nur die Kontrollpersonen und nicht die manischen Patienten diesen selbstwertdienlichen Bias. Inzwischen liegen auch erste Befunde vor, die zeigen, dass Personen mit erhöhter Vulnerabilität für bipolare Störungen (z. B. remittierte Patienten), die ungünstige Attributionsmuster aufweisen, in Folge von Belastungen oder auch von positiven Erfahrungen eine Zunahme maniformer Symptome berichten (z. B. Reilly-Harrington et al., 1999). Hierbei zeigte sich z. B., dass das Erreichen wichtiger persönlicher Ziele mit einem erhöhten Risiko für manische Symptome im Folgejahr einhergehen kann (Johnson et al., 2008). Das subjektive Erleben von Erfolg scheint ein relativ spezifischer Faktor zu sein, der bei Vulnerabilität für bipolare Störungen positive Erwartungen, positiven Affekt und Aktivitätssteigerungen sowie letztendlich eine Manie auslösen kann (Johnson, 2005). In einer älteren Studie fanden Stern und Berrenberg (1979), dass eine Erfolgsrückmeldung in einer leistungsbezogenen Aufgabe bei Personen mit hypomanen Symptomen dazu führt, dass sie vermehrt internale Attributionen hinsichtlich ihrer eigenen Leistungen machen und höhere Erwartungen bezüglich der nächsten Aufgabe aufbauen, selbst wenn die Rückmeldung zufällig erfolgt. In einer neueren Studie wurde ebenfalls ein fingiertes positives Feedback über die Leistung gegeben und untersucht, welche Aufgaben als nächstes gewählt werden und wie hoch die Erfolgserwartung sein würde (Johnson, Ruggero & Carver, 2005). Hier änderte die Vulnerabilität für bipolare Störungen zwar nichts an der Leistung in der nachfolgenden Aufgabe, aber sie ging mit höheren Erfolgserwartungen einher. Aktuelle hypomane Symptome sagten außerdem eine Zunahme im positiven Affekt sowie höhere Erfolgserwartungen vorher, während aktuelle oder frühere Depressionen völlig irrelevant waren (Johnson et al., 2005). Meyer und Baur (2005) konnten zeigen, dass sich Risikopersonen für bipolare Störungen und Kontrollpersonen nicht in ihren Attributionen für ihre Leistungen in einem Intelligenztest unterschieden, aber die Risikopersonen nach einer Erfolgsrückmeldung dazu neigten, die Leistung in einer Zufallsaufgabe (Würfeln) stärker global und internal zu attribuieren. Insgesamt lässt sich sagen, dass es bestimmte kognitive Schemata, Einstellungen und Überzeugungen im Zusammenhang mit affektiven Störungen gibt, die unter bestimmten Bedingungen (z. B. Misserfolg, Trennung) aktiviert werden und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, affektive Symptome unterschiedlichster Art zu erleben.
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3.5 Reaktionsbereitschaft Einen möglichen Ansatz zur Verhaltensdisposition von Depression und Manie bieten evolutionsbiologische Überlegungen (Nesse, 2000). Das zentrale Charakteristikum der Depression wird dabei im Rückzugsverhalten und der Aufgabe von Aktivitäten gesehen. Damit soll angesichts aversiver Situationen ein Schutzmechanismus aktiviert werden, der eine Selbstschädigung durch ein Mehr an Aktivität verhindert. Zwei unterschiedliche Erklärungen wurden bisher herangezogen: Erstens, dass das Fehlen von positivem Affekt bei Depressionen das Ansprechen auf positive Reize verringert. Etliche Symptome der Depression können tatsächlich als Ausdruck einer fehlenden Annäherungsmotivation aufgefasst werden (Depue & Iacono, 1989). Empirisch kann gezeigt werden, dass emotionale Reaktionen auf angenehme Reize bei depressiven Personen geringer ausfallen als bei nicht depressiven Personen (Berenbaum & Oltmanns, 1992; Sloan, Strauss & Wisner, 2001). Zweitens, dass die massiven negativen Affekte (z. B. Traurigkeit, Schuldgefühle) zu stärkeren Reaktionen auf negative Reize führen (negative potentiation), was sich bereits in älteren kognitiven Modellen widerspiegelte (Beck, 1967). Auch hierfür liegen Befunde vor: Durch Induktion einer negativen Stimmung können Veränderungen in der Aufmerksamkeit und im Gedächtnis beobachtet werden (Scher, Ingram & Segal, 2005). Rottenberg, Gross und Gotlib (2005) führen in Anlehnung an die oben erwähnten evolutionsbiologischen Überlegungen eine dritte Hypothese ein (context-insensitivity hypothesis). Danach führen depressive Zustände dazu, dass jegliches motivierte Verhalten unterbleibt, was sowohl positive als auch negative Anreize betrifft. Studien, die depressive Personen mit Reizen unterschiedlicher Valenz konfrontieren, weisen ebenfalls auf ein unspezifisches Defizit in der emotionalen Reaktion hin. Dies zeigt sich z. B. in einer geringeren Modulation des Schreckreflexes oder in vermindertem expressiven Verhalten (Dichter, Tomarken, Shelton & Sutton, 2004; Rottenberg, Gross, Wilhelm, Najmi & Gotlib, 2002). Es wird angenommen, dass dieser unspezifisch hemmende Effekt auf Emotionen bzw. emotionale Reaktionen hauptsächlich bei schweren depressiven Zuständen auftritt (Rottenberg, 2007). Eine Annahme, wie maniforme Zustände das Verhalten beeinflussen, besagt, dass Personen mit bipolaren Störungen Emotionen sehr intensiv erleben und gegenüber positiven wie negativen Reizen emotional stark reagieren. Als besonders relevant werden solche Situationen und Reize diskutiert, die mit Verstärkung oder deren Erwartung assoziiert sind (Depue & Iacono, 1989; Johnson,
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2005). Remittierte Patienten und Risikopersonen für bipolare Störungen berichten vermehrt von positivem Affekt, z. B. auch bei täglichen Erhebungen im Alltag (Hofmann & Meyer, 2006). Die Befundlage zu negativen Affekten ist uneinheitlich; deshalb wird angenommen, dass Dysregulation im positiven Affekt für bipolare Störungen zentraler ist, wobei Manie mit hohem und Depression mit geringem positivem Affekt assoziiert ist. Es konnte bislang keine Studie zeigen, dass die Induktion negativer Emotionen (z. B. Misserfolgsrückmeldung) zu einer stärkeren emotionalen Reaktion führte. Die Hypothese einer generell erhöhten Reagibilität der Stimmung auf positive und negative Reize dürfte daher eher unzutreffend sein. Inwieweit aber ein Übermaß an positivem Affekt als auch das generelle Ansprechen auf positive Reize jeglicher Art verstärkt oder spezifisch die Reagibilität auf belohnungs- oder verstärkungsrelevante Reize erhöht ist, muss noch untersucht werden.
3.6 Explizite und implizite Bewertung: Spezifische Interpretations- und Gedächtnisverzerrungen Spezifische Interpretationsverzerrungen im Sinne überdauernder Überzeugungen, Attributionen und Einstellungen wurden oben dargestellt. Im Folgenden wird der Fokus auf dem Erkennen und der Interpretation von Emotionen sowie auf Gedächtnisprozessen liegen. Das Erkennen und richtige Interpretieren von emotionalen Gesichtsausdrücken ist speziell für interpersonelle Situationen wichtig. Mehrere Studien fanden, dass depressive Patienten dabei langsamer und weniger genau sind, wobei jedoch Gesichter mit freudigem Ausdruck nicht schlechter erkannt wurden (Suslow, Junghanns & Arolt, 2001). Hale (1998) fand eine positive Assoziation zwischen der Schwere der Depressivität der Patienten und der Intensität der eingeschätzten ausgedrückten Traurigkeit der Gesichter. Zudem schätzten die Patienten auch das Ausmaß positiver Emotionen in den Gesichtsausdrücken als geringer ein als gesunde Personen. Lior und Nachson (1999) berichteten, dass depressive Patienten bei neutralen Gesichtsausdrücken häufiger fälschlicherweise emotionale Ausdrücke (sowohl Traurigkeit als auch Fröhlichkeit) annehmen. Leppänen et al. (2004) fanden zwar keine Unterschiede in der korrekten Zuordnung von Gesichtern zu den Kategorien „glücklich“, „traurig“ oder „neutral“, depressive Patienten benötigten für ihre Entscheidung aber länger als gesunde Kontrollpersonen und waren bei der Zuordnung neutraler Ausdrücke besonders langsam. Auch in dieser Studie interpretierten depressive Patienten neutrale Gesichtsausdrücke häufiger als traurig oder glücklich, was dafür spricht, dass sie neutrale Gesichtsausdrücke als uneindeutiger wahrnehmen. Lennox und Kollegen (2004) zeigten akut manischen Patienten Bilder, die digital bearbeitet worden waren, um unterschiedliche Intensitätsgrade glücklicher
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und trauriger Gesichter darzustellen. Die manischen Patienten schätzten den Gesichtsausdruck generell als weniger traurig ein als Kontrollpersonen, bei Gesichtern mit glücklichem Ausdruck fanden sich hingegen keine Unterschiede. Ein stimmungskongruenter Bias führt demnach bei depressiven Patienten dazu, Traurigkeit bzw. Niedergeschlagenheit auch in neutralen Gesichtern zu sehen. Manische Patienten hingegen bewerten traurige Ausdrücke als weniger traurig im Vergleich zu Kontrollpersonen. Auch Lembke und Ketter (2002) berichten, dass mit zunehmendem Schweregrad der aktuellen manischen Symptome das Erkennen von Traurigkeit in Gesichtern schlechter wird. Kein einziger Fehler unterlief den manischen Patienten beim Erkennen glücklicher Gesichter, was für keine andere Emotionskategorie der Fall war. Dieser Bias ist allerdings auf akute Phasen beschränkt, remittierte euthyme bipolare Patienten zeigen ihn nicht (Lembke & Ketter, 2002). Die Befunde zum Gedächtnis – vor allem bei Depressionen – sind relativ konsistent, wenn es um explizite Gedächtnisinhalte geht, aber weniger einheitlich beim impliziten Gedächtnis. Beim autobiografischen, expliziten Gedächtnis, zeigen die Studien, dass depressive Personen mehr negative als positive Ereignisse aus ihrem persönlichen Leben erinnern (Williams, 1992). Es stellt sich jedoch die Frage, ob Betroffene in ihrem Leben nicht vermehrt mit negativen Lebensereignissen konfrontiert sind. Eine Methode, die sehr oft zur Erfassung von Gedächtniseffekten zum Einsatz kommt, ist die Self Referent Encoding Task (SRET) (Rogers, Kuiper & Kirker, 1977). Der Person werden Wörter mit positiver und negativer Valenz dargeboten, wobei sie gebeten wird, bei jedem Wort zu beurteilen, ob das Wort sie selbst beschreibe oder nicht. Dabei werden die Häufigkeit der ich-relevanten Wörter und die Latenzzeit der Antworten bestimmt. Danach wird oft ein Erinnerungstest (inzidenzielle Erinnerung) durchgeführt, bei dem die Probanden so viele Wörter aus der Liste wie möglich wiedergeben sollen. In einer Meta-Analyse zeigte sich, dass nicht depressive Personen mehr positives als negatives Material erinnern, während klinisch depressive Personen mehr negatives als positives Material erinnern (Matt, Vazquez & Campbell, 1992), vor allem bei ich-bezogener Verarbeitung. Auch bei depressiven Kindern und Jugendlichen konnten ähnliche Effekte aufgezeigt werden, wobei sich der Bias mit zunehmendem Alter zu verstärken scheint (Neshat-Doost, Taghari, Moradi, Yule & Dalgleish, 1998). Auch bei depressiven Kindern sowie vulnerablen Personen – z. B. remittierten depressiven Patienten oder deren Kindern – lässt sich dieser Effekt nachweisen, wenn zuvor eine negative Stimmung induziert wurde (z. B. Gilboa & Gotlib, 1997; Timbremont & Braet, 2004). Bei bipolaren Störungen lag bislang der Fokus auf generellen Defiziten im Gedächtnis und deren Bedeutung für die Erkrankung (Bearden et al., 2006; Meyer
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& Deckersbach, 2005) und weniger auf emotionsbezogenen Gedächtnisverzerrungen. In der Studie von Lyon et al. (1999) wählten sowohl manische Patienten als auch gesunde Personen mehr positive Wörter als selbstbeschreibend aus als depressive Patienten. Bei der Erinnerungsaufgabe produzierten allerdings nur gesunde Personen mehr positive als negative Wörter, während es bei manischen Patienten und bei depressiven Personen umgekehrt war (Lyon et al., 1999). Der vermutete Positivbias wurde also nicht gefunden. Eich, Macauley und Lam (1997) zeigten, dass bei Manie und Depression sowohl stimmungskongruente Effekte beim Generieren positiver versus negativer autobiografischer Erlebnisse gefunden werden können als auch stimmungsabhängige Vorteile für das Erinnern autobiografischer Situationen. Letzteres bedeutet, dass unabhängig davon, ob die Erinnerungen positiv oder negativ waren, sie besser erinnert wurden, wenn die Patienten in der Situation des Erinnerns in demselben Zustand waren (z. B. manisch) wie in der Situation, in der sie die Erlebnisse hatten.
3.7 Nonverbale Kommunikation Sowohl Depression als auch Manien können sich in nonverbalen Verhaltensweisen ausdrücken, wie z. B. in hängenden Schultern oder in traurigem Gesichtsausdruck. Manche dieser nonverbalen Anzeichen sind sogar DSM- bzw. ICDSymptome der Depression bzw. Manie, etwa Veränderungen im Sprachtempo, verlangsamte Bewegungen und psychomotorische Unruhe (APA, 1994; WHO, 2000). Auch Anzeichen von Entscheidungs- oder Konzentrationsschwierigkeiten können oft von außen beobachtet werden. Eine Verhaltensweise, die oft als typisch für eine niedergeschlagene und traurige Stimmung betrachtet wird, ist das Weinen. Im Gegensatz zum klinischen Eindruck fanden Rottenberg et al. (2002), dass bei depressiven im Vergleich zu nicht depressiven Personen die Wahrscheinlichkeit, bei einem traurigen Film zu weinen, nicht erhöht war.
3.8 Verhaltensklassen A Verschiedene Aspekte des beobachtbaren Verhaltens wurden, wie z. B. der soziale Rückzug bzw. vermehrte Geselligkeit, psychomotorische Verlangsamung oder Unruhe, bereits erwähnt. Ein weiteres Charakteristikum affektiver Störungen ist die Veränderung im Aktivitätsniveau (z. B. Depue & Iacono, 1989). Die Betroffenen schränken ihre Tätigkeiten immer mehr ein (z. B. mehr Zeit im Bett verbringen, keine Verabredungen mehr eingehen), wobei dadurch auch immer weniger angenehme und positive Erfahrungen gemacht werden können und gleichzeitig negative Gefühle und Gedanken verstärkt werden. Dass ein zuneh-
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mendes Defizit an angenehmen Aktivitäten die Depression aufrechterhält oder verstärkt, wird auch in therapeutischen Ansätzen berücksichtigt; es scheint eine wesentliche Bedingung für effektive Behandlungen zu sein, diesen Kreislauf zu durchbrechen (Lewinsohn, Gotlib & Hautzinger, 1999). Ähnliche Modelle wurden inzwischen auch für maniforme Zustände entwickelt: Eine Zunahme im Aktivitätsniveau oder eine Störung der zirkadianen Rhythmik (eine Abnahme des Schlafbedürfnisses oder reduzierte Schlafdauer) ziehen Gefühle von Euphorie und Reizbarkeit sowie eine Zunahme positiver Selbstbewertungen bzw. eine Steigerung des Selbstwerts nach sich (z. B. Healy & Williams, 1989; Johnson, 2005).
3.9 Verhaltensklassen B: Physiologische und endokrinologische Reaktionen Bei affektiven Störungen sind zahlreiche physiologische und endokrinologische Veränderungen zu beobachten. Die noradrenergen und serotonergen Neurotransmittersysteme wurden schon seit langem als zentral für depressive Zustände (z. B. Appetit, Schlaf ) erachtet, was zudem auch mit den pharmakologischen Behandlungsansätzen korrespondiert (Thase, Jindal & Howland, 2002). Auch die dopaminergen Bahnen spielen eine große Rolle im Zusammenhang mit affektiven Symptomen unterschiedlicher Polarität, z. B. bei der Modulation des emotionalen Ausdrucks sowie zielgerichteten und verstärkungsorientierten Verhaltens (Depue & Iacono, 1989; Willner, 1995). Metaboliten von Noradrenalin lassen sich jedoch nur bei einer Subgruppe depressiver Patienten im Urin nachweisen, bipolare Depressionen und Symptome, wie z. B. ausgeprägte psychomotorische Verlangsamung, scheinen hier besonders stark assoziiert zu sein (Ressler & Nemeroff, 1999). Die Konsequenzen einer andauernden Aktivierung des noradrenergen Systems sind laut Thase et al. (2002) eine deutliche Abnahme von explorativem Verhalten. Lange Zeit wurde dem serotonergen System am meisten Aufmerksamkeit gewidmet, was unter anderem auf die Beobachtung zurückzuführen ist, dass Depressionen mit einer Störung der zirkadianen Rhythmik einhergehen (Ehlers, Frank & Kupfer, 1988). Serotonin ist wesentlich bei der Aufrechterhaltung zirkadianer Rhythmen wie dem Schlaf-Wach-Rhythmus beteiligt (Duncan, 1996). Außerdem ist dabei von Bedeutung, dass bei suizidalen Patienten ein niedriger Spiegel eines Abbauprodukts des Serotonins (5-H1AA) gemessen wurde (Maes & Meltzner, 1995). Bestimmte Antidepressiva – die Serotonin-WiederaufnahmeHemmer – werden eingesetzt, um die zentralnervöse Verfügbarkeit von Serotonin zu erhöhen. Obwohl diese Medikamente wirksam sind, hat sich kein Zusammenhang mit dem individuellen Serotoninspiegel und dem Ansprechen auf diese Medikamente nachweisen lassen. Dysregulationen im Serotoninspiegel sind auch nicht spezifisch für Depressionen, sondern können ebenfalls im Zusam-
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menhang mit Impulsivität und Aggressivität beobachtet werden (Maes & Meltzner, 1995; Thase et al., 2002). Eine Methode, um die Funktion des Serotonins zu untersuchen, besteht in der Reduktion von Tryptophan – einem Serotoninvorläufer – durch entsprechende Diät (Delgado et al., 1991). Durch Tryptophanentzug kann z. B. die Wirkung von Antidepressiva partiell rückgängig gemacht werden, oder es können leichte depressive Symptome induziert werden, wenn ein erhöhtes Risiko für affektive Störungen, z. B. bei Verwandten ersten Grades von bipolaren Patienten, besteht (Quintin et al., 2001). Auch das Kortisol, das als Reaktion auf zahlreiche Stressoren ausgeschüttet wird, spielt eine Rolle. Sowohl generell erhöhte Kortisolspiegel als auch Veränderungen im Tageslauf der Kortisolsekretion wurden bei 40 bis 60 % aller depressiven Patienten beobachtet und sind assoziiert mit dem Schweregrad der Depression, einem erhöhten Risiko für zusätzliche psychotische Symptome, Gewichtsverlust, Schlaflosigkeit und Suizidalität (Thase et al., 2002). Eine häufig eingesetzte Untersuchungsmethode ist der Dexamethason-Suppressionstest. Der Plasma-Kortisolspiegel wird dabei vor und nach der Gabe von Dexamethason (ein synthetisch gewonnenes Glukokortikoid) gemessen. Normalerweise führt die einmalige Gabe von Dexamethason dazu, dass die ACTH- und Glukokortikoid-Sekretion für ca. 24 Stunden unterdrückt wird. Bei akut depressiven Patienten erfolgt diese Unterdrückung seltener, nach erfolgreicher Behandlung meistens aber normal (Thase et al., 2002). Ein oft untersuchter Bereich bei affektiven Störungen ist die Schlafphysiologie. Während sich im Wach-EEG keine Auffälligkeiten bei depressiven Patienten zeigen, können Veränderungen im Schlaf-EEG beobachtet werden. Die meisten Studien berichten von einer verringerten Latenz bis zur ersten REM-Schlafperiode, verstärkter REM-Aktivität und geringem Anteil an Tiefschlaf (vgl. Thase et al., 2002). Es gibt zudem Hinweise, dass die verkürzte REM-Latenz sowie die Veränderungen im Tiefschlaf einerseits dem Beginn einer depressiven Episode vorausgehen und andererseits nach Remission persistieren können (Thase et al., 1998). Nach diesen Autoren gehen Auffälligkeiten im Schlaf mit einem schlechteren Ansprechen auf psychotherapeutische Interventionen einher. Obwohl zwischen 40 und 80 % der depressiven Patienten diese Auffälligkeiten im Schlaf-EEG zeigen, ist dies bei jüngeren ambulanten depressiven Patienten trotz starker Klagen über Schlaflosigkeit oder vermehrten Schlaf meist nicht zu beobachten. Untersuchungen mit Computertomografie (CT) oder Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT) von Gehirnstrukturen bei affektiven, insbesondere rezidivierenden Störungen finden zahlreiche strukturelle Auffälligkeiten, z. B. Veränderungen der Seitenventrikel, erweiterte kortikale Sulki, oder vermehrte subkortikale Hyperintensität (z. B. Sheline, 2000; Soares & Mann, 1997). Die Befundlage ist aber nicht eindeutig, oft nicht hinreichend spezifisch und die ätiologische Relevanz
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unklar, wobei es sich wahrscheinlich oft um neurodegenerative Folgen multipler Krankheitsepisoden handelt (Wang & Ketter, 2005). Unabhängig von strukturellen Auffälligkeiten lassen sich aber auch funktionelle Auffälligkeiten (z. B. Durchblutung, Glukosemetabolismus) beschreiben: Der präfrontale Kortex (PFC), der anteriore zinguläre Kortex (ACC), der Hippokampus sowie die Amygdala werden dabei besonders diskutiert und immer besser theoretisch eingeordnet (Soares & Mann, 1997; Davidson, Abercrombie, Nitschke & Putnam, 1999; Davidson, Pizzagalli & Nitschke, 2002; Drevets, 2001). Beim PFC ist die linke Seite stärker involviert, wenn es um appetitive Ziele, Annäherungsmotivation und positive Emotionen geht. Umgekehrt sollen rechte präfrontale Gebiete vor allem dann von Bedeutung sein, wenn es um die Aufrechterhaltung von Zielen geht, die eine Hemmung von Verhaltensweisen oder einen Rückzug aus Situationen erfordern, d. h. es gibt eine stärkere Assoziation mit Vermeidung und negativ getönten Emotionen (Davidson et al., 1999). Eine Unteraktivierung bestimmter präfrontaler Areale soll zudem mit Problemen assoziiert sein, die mit dem Verfolgen von Zielen zu tun haben. Hinzu kommt, dass bestimmte orbitale und ventrale frontale Areale besonders sensitiv auf Belohnung und Bestrafung ansprechen (O’Doherty, Kringelbach, Rolls, Hornak & Andrews, 2001). Im Zusammenhang mit Depressionen wurde teilweise eine beidseitig reduzierte, aber meistens eine relativ und absolut betrachtet linksseitig dominierende Unteraktivierung gefunden (Davidson et al., 2002). Dies korrespondiert mit einem Mangel an positiven Gefühlen und einer eher passiven, wenig Ziel führenden Handlungsbereitschaft. Auch im EEG findet sich oft eine Asymmetrie dahingehend, dass im Vergleich zur rechten Hemisphäre die linksseitige Aktivierung bei depressiven oder dysphorischen Personen reduziert ist (Pauli, Wiedemann & Nickola, 1999). Es zeigen sich auch systematische Veränderungen in Abhängigkeit von der Polarität der Symptome mit stärker linkshemisphärischer Abnahme in der Depression und stärker rechtshemisphärischen Veränderungen in der Manie (Ketter et al., 1994). Das ACC gilt als eine Art Verbindungsstück zwischen Aufmerksamkeitsprozessen und emotionalen Prozessen. Laut Davidson et al. (2002) ist das ACC besonders in solchen Situationen relevant, in denen es um eine Beobachtung und Bewertung von möglichen Konflikten für den Organismus geht. Bei unipolar depressiven Patienten zeigt sich reliabel eine Unteraktivierung des ACC. Davidson et al. (2002) postulieren, dass diese Hypoaktivierung u. a. mit subjektiv flachem Affekt, Anhedonie, Unsicherheit bei Entscheidungen und Konflikten sowie inadäquaten Bewältigungsversuchen einhergeht. Der Hippokampus spielt eine große Rolle beim Lernen und bei Gedächtnisprozessen, auch bei der Regulation des ACTH (Davidson et al., 2002). Seine Bedeutung für die klassische Konditionierung von Furcht wird immer wieder
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herausgestellt. Dabei scheint nicht die Valenz, sondern besonders die Hinweisfunktion von Reizen für den jeweiligen Kontext bedeutsam zu sein. Emotionale Reize führen demnach zur Aktivierung und Konsolidierung von Kontextinformationen, die in der Vergangenheit mit ähnlichen Situationen assoziiert waren (Nader, Schafe & LeDoux, 2000). Viele emotionale Störungen könnten als Störungen der Kontextregulation aufgefasst werden, d. h. es werden normale affektive Reaktionen (z. B. Traurigkeit) in inadäquaten Situationen gezeigt (z. B. Party). Zwar wurde bei depressiven Patienten wiederholt eine Atrophie des Hippokampus um 8 bis 19 % gefunden, ursächlich können hierbei aber auch andere Merkmale einwirken (z. B. höheres Alter, Schweregrad und Dauer der Depression). Es wird vermutet, dass der bei Depression oft beobachtete Hyperkortisolismus zur Schädigung der Neurone im Hippokampus beiträgt (Davidson et al., 2002; Sheline, 2000). Es wird oft auf die besondere Assoziation von negativem Affekt und Amygdala verwiesen (LeDoux, 2000), andere Autoren sehen in der Regulation von negativem Affekt aber nur einen Spezialfall der Aufgaben der Amygdala (Davidson et al., 2002; vgl. Vaitl in diesem Band). Dies würde bedeuten, dass die wesentliche Funktion der Amygdala eher darin zu sehen ist, dass die Aufmerksamkeit auf emotionale Reize gerichtet wird, die eventuell aufgrund der Bedeutung für das jeweilige Individuum weiterer Verarbeitung bedürfen. Strukturell findet sich oft eine Vergrößerung der Amygdala bei depressiven Patienten, auch bei vorliegender bipolarer Störung, wobei die Richtung der Kausalität ungeklärt ist. Gleichzeitig findet sich zudem sowohl im Wachzustand und im Schlaf eine vermehrte Aktivität in der Amygdala, die sich nur bei manchen Betroffenen nach Remission wieder normalisiert und deswegen auch bei manchen Depressionstypen eine Art Vulnerabilitätsfaktor darstellen könnte (Davidson et al., 2002; Drevets, 2001). Davidson et al. (2002) weisen speziell darauf hin, dass die Hyperaktivität der Amygdala bei Depressionen ein Korrelat der verzerrten Bewertung und Reaktion auf wahrgenommene Informationen sein könnte, sowie ein mögliches Substrat für die hohe Komorbidität von Angst und Depression. Außerdem könnte die tonisch erhöhte Aktivität der Amygdala das Auftreten von Rumination durch die erleichterte Verfügbarkeit emotional negativer Assoziationen begünstigen (Drevets, 2001). Angesichts der vielfältigen Funktionen der einzelnen Strukturen und der wechselseitigen Beziehungen ist es durchaus vorstellbar, dass Depression im Einzelfall durch gänzlich verschiedene Dysfunktionen zustande kommt. Während klassische Konzepte wie reaktive versus endogene Depression oder melancholische versus nicht melancholische Depression in solchen Studien oft nicht empirisch bestätigt werden, kann es sein, dass Antriebslosigkeit und Anhedonie ohne deutlich niedergeschlagene oder traurige Stimmung sich funktionell anders darstellen als Traurigkeit oder Niedergeschlagenheit. Davidson et al. (2002)
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nehmen an, dass je nachdem, in welchen Bereichen die Auffälligkeiten verstärkt auftreten oder welche Kombinationen zu beobachten sind, sich langfristig verschiedene Subtypen affektiver Syndrome herauskristallisieren könnten, die mit der gängigen Einteilung im ICD-10 oder DSM-IV nicht übereinstimmen, aber ätiologische und therapeutische Implikationen haben.
4 Fazit und Ausblick Nachdem in der empirischen Psychopathologieforschung zunächst das beobachtbare Verhalten im Mittelpunkt stand und im Zuge der Kognitiven Wende die Betrachtung kognitiver Prozesse betont wurde, steht gegenwärtig die Erforschung affektiver Prozesse verstärkt im Fokus des wissenschaftlichen Interesses. An den Beispielen der Angststörungen und der affektiven Störungen wurden in diesem Kapitel gestörte Emotionsprozesse dargestellt. Dabei ließ sich feststellen, dass in beiden Störungsgruppen bei allen Emotionsaufgaben pathologische Prozesse beobachtbar sind (Reizbewertung, Orientierungsreaktion, Aufmerksamkeitsausrichtung, Gelernte Reiz-Reaktion-Kontingenzen, Reaktionsbereitschaft, explizite und implizite Bewertung, Nonverbale Kommunikation, Verhaltensklassen A und Verhaltensklassen B). Dass sich die gestörten emotionalen Prozesse in vielen Fällen auch anhand von objektiven Messungen auf behavioraler oder psychophysiologischer Ebene bestätigen lassen, stützt die Validität der vorliegenden Befunde. Da für beide der hier dargestellten Störungsgruppen dieselbe Gliederung der Darstellung genutzt wurde, können die Besonderheiten der beiden Störungsgruppen gegenübergestellt werden. Ein direkter Vergleich der spezifischen Emotionsprozesse, die für die eine oder die andere Störung charakteristisch sind, wurde jedoch nur in wenigen Studien direkt untersucht. Für zukünftige Forschungsarbeiten lässt sich hier eine wichtige Perspektive ableiten. Neben den ausgewählten Störungsgruppen scheinen gestörte emotionale Prozesse bei einer Vielzahl anderer psychischer Störungen eine wichtige Rolle zu spielen. Besonders hervorzuheben sind dabei Abhängigkeitserkrankungen, aber auch psychotische Störungen und bestimmte Persönlichkeitsstörungen. Ob gestörte Emotionsprozesse kausal mit den Störungen verknüpft sind, wurde erst in relativ wenigen Studien direkt untersucht. Es konnten dabei z. B. Hinweise darauf gefunden werden, dass Aufmerksamkeitsverzerrungen in der Genese und Aufrechterhaltung psychischer Störungen eine Rolle spielen könnten. Zum besseren Verständnis solcher Wirkungen sind jedoch vor allem auch prospektive Studien erforderlich. In dieser Hinsicht könnten weitere Forschungsarbeiten der Grundlagenforschung auch einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung therapeutischer Interventionen liefern.
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Autorenregister Hinweis: die kursiv gedruckten Seitenangaben beziehen sich auf die Literaturverzeichnisse der Artikel.
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Albani, C. 365, 379 Aleman, A. 120 Alessandri, S. 565 Alexander, G. E. 45, 69 Alfert, E. 256, 285, 500, 522 Algom, D. 211, 212, 237 Allen, J. J. B. 141, 159, 160, 283, 331, 432, 513, 518, 639, 657 Alloy, L. B. 644, 645, 656, 659, 665 Allport, G. W. 298, 330, 592, 609 Alpers, G. W. 141, 162, 203, 623, 624, 626, 630, 631, 634–636, 638, 656, 658–660, 663, 665 Alpert, B. S. 326, 330 Alpert, N. M. 127 Alt, C. 567 Amaral, D. G. 31, 33–35, 44, 69, 70, 74, 77, 100, 109, 120, 184, 185, 187, 195, 197 Amaro, E. 83, 120 Ambadar, Z. 416, 417, 431 Ambady, N. 278, 283, 347, 380, 400, 406, 421, 434, 439 Amelang, M. 514, 517, 618 Ameli, R. 175, 197 Amin, Z. 81, 121 Aminoff, M. J. 74
Amirkhan, J. 462, 484 Amrhein, C. 190, 195, 638, 656 Amsel, R. 605, 609 An, X. 110, 120, 126 Anders, S. 199 Andersen, A. H. 130 Anderson, A. K. 105, 120, 215, 237, 508, 517 Anderson, J. A. 498, 523 Anderson, J. R. 224, 237 Anderson, S. 121 Andrew, C. 51, 52, 127 Andrews, C. 126, 653, 664 Angleitner, A. 240 Angrilli, A. 180, 188, 200, 201 Annable, L. 71 Antila, K. J. 326, 334 Antony, M. M. 660 App, B. 347, 381 Appley, M. H. 333, 613, 616 Arana, F. S. 106, 120 Arbib, M. A. 427, 440 Archer, T. 162 Ardestani, A. 43, 79 Armenakis, A. A. 362, 382 Armon-Jones, C. 277, 282 Armony, J. L. 23, 35, 65, 79, 127, 128, 221, 237, 508, 526 Arnell, K. M. 214, 244
670 Arnold, M. B. 247, 248, 251–258, 265, 274–276, 281, 282, 297, 330, 375, 379, 572, 601, 609 Arnow, B. A. 107, 120, 659 Arnulf, L. 664 Arolt, V. 648, 666 Aronson, K. R. 368, 379 Asendorpf, J. B. 390, 396, 427, 431, 532, 566, 567, 597, 598, 609 Assal, G. 70 Astrachan, D. I. 175, 182, 196 Atkinson, A. P. 347, 379 Atkinson, J. W. 452, 466, 480 Aubie, B. 267, 289 Aue, T. 263, 264, 282, 320, 337 Augustine, A. A. 510, 520 Augustine, J. R. 88, 120 Autry, M. W. 229, 244 Averill, J. R. 168, 195, 291, 293, 330, 343, 349, 379, 473, 480, 597, 622 Avison, M. J. 130 Ax, A. F. 315, 321, 330 Axelrod, R. 470, 480 Aybek, S. 71 Aziz, Q. 110, 120
Baas, D. 87, 120 Baas, J. 55, 73 Bachorowski, J. A. 404, 405, 414, 416, 431, 440 Bachrach, C. A. 618 Backes, V. 78 Bäckman, L. 123 Badcock, J. C. 644, 666 Baeyens, F. 160, 206, 238 Bagby, R. M. 369, 379 Bailenson, J. N. 414, 427, 431 Bailer, H. 379, 381 Bailer, U. F. 123 Bailey, S. L. 581, 609 Bain, E. E. 659
Autorenregister Bak, P. 210, 211, 233, 244, 245 Bakan, P. 577, 609 Balaban, M. T. 55, 70, 175, 178, 195, 199 Balota, D. A. 206, 241 Baltes, M. M. 550, 558, 560 Baltes, P. B. 527, 550, 553, 555, 558, 560, 564, 566 Bandelow, B. 636, 656 Bandettini, P. 82, 121 Bandler, R. 30, 72, 120 Bandura, A. 496, 517 Banner, L. L. 120 Banse, R. 266, 284, 287, 403, 405, 431, 436, 441 Bantick, S. J. 116, 121, 127 Bar, M. 173, 195 Baraldi, P. 124 Barbas, H. 44, 70 Barch, D. M. 122 Barchard, K. 413, 440 Bargh, J. A. 133, 138, 140, 144, 149, 157, 158–161, 207, 208, 232, 237, 239, 241, 255, 290, 414, 427, 432, 496, 503, 519, 526, 618 Barkóczi, I. 577, 609 Barkow, J. 473, 480 Barlett, C. P. 510, 520 Barlow, D. H. 629, 656 Baron, H. 432 Bar-On, R. 567 Barr, C. L. 416, 437, 498, 517 Barrett, A. M. 424, 438 Barrett, J. 656 Barrett, K. C. 488, 518 Barrett, L. F. 1, 4, 17, 95, 121, 153, 162, 164, 168, 201, 214, 237, 288, 340, 360, 368, 376, 379, 383, 468, 480, 558, 569, 590, 591, 609, 613 Barris, R. W. 41, 70 Barroso, F. 592, 610 Barsade, S. G. 530, 566
Barta, S. G. 232, 241 Bar-Tal, D. 481 Bartussek, D. 73, 188, 197, 579, 614 Bassan, M. 322, 331 Bateman, D. E. 575, 617 Bates, J. E. 538, 567 Bauer, M. 666 Bauland, A. 217, 240 Baumeister, R. F. 147, 157, 159, 473, 480, 504, 505, 509, 516, 517, 519, 523, 604, 610 Baur, M. 646, 663 Bavelas, J. B. 355, 379 Baylis, G. C. 49, 70, 74 Bearden, C. E. 649, 656 Beaudoin, G. 124, 126, 522, 664 Beauducel, A. 65, 70 Beaupré, M. G. 278, 279, 283, 416, 432 Beauregard, M. 107, 121, 124, 126, 521, 522, 664 Becerra, L. 127 Bechara, A. 43, 70, 90, 107, 121, 184, 195, 320, 335, 507, 517 Beck, A. T. 453, 480, 579, 610, 640, 644, 647, 656 Becker, E. S. 643, 665 Becker, G. 73, 197 Beckmann, C. F. 127 Beebe-Center, J. G. 235, 237 Beedie, C. J. 341, 343, 379 Beer, C. 441 Beer, J. S. 397, 438, 529, 560 Beest, I. van 16, 17 Behniea, H. 35, 69 Beier, L. 479, 482 Bell, J. S. 662 Bell, P. A. 608, 610 Belschak, F. 366, 381 Benesh-Weiner, M. 464, 482 Benkelfat, C. 664 Bennett, A. F. 159
Autorenregister Benning, S. D. 182, 195 Bentall, R. P. 641, 656, 662 Bente, G. 406, 440 Bentler, P. M. 590, 610 Ben-Zeev, A. 535, 560 Ben-Zur, H. 586, 610 Berardi, L. 633, 657 Berenbaum, H. 647, 656 Berg, W. K. 175, 178, 195, 200 Berkowitz, L. 266, 272, 274, 282, 435, 473, 480, 619 Berkowitz, R. L. 60, 70 Berman, S. R. 666 Bernet, C. Z. 660 Berney, A. 71 Berntson, G. G. 139, 159, 170, 188, 196, 234, 238, 253, 282, 300, 302, 305, 313, 324, 330, 518 Berrenberg, J. L. 646, 666 Berridge, K. C. 56, 70, 110, 121, 135, 165 Betz, A. L. 139, 160 Betzig, L. L. 474, 480 Beumont, P. J. V. 244 Bherer, F. 273, 285, 412, 437 Bidlack, D. 361, 380 Biederman, I. 173, 195 Biehl, B. 70 Bierhoff, H.-W. 447, 480 Birbaumer, N. 21, 25, 38, 70, 130, 160, 188, 193, 196, 201, 633, 664, 666 Birren, J. E. 563, 568 Bischof-Köhler, D. 535, 541, 542, 561 Bishop, S. 508, 517 Blairy, S. 427, 428, 436 Blanchard-Fields, F. H. 547, 553, 557, 561, 562 Blanchette, I. 217, 237 Blaney, P. H. 174, 195 Blankstein, K. R. 334, 336 Blascovich, J. 507, 523, 526 Blaser, G. 379, 381 Blecker, C. 124, 128
Bless, H. 162 Bliss-Moreau, E. 17, 368, 379 Block, J. H. 561 Blonder, L. X. 130 Bloom, F. E. 662, 667 Bloom, R. L. 70 Blumberg, S. J. 240 Blumenthal, T. D. 175, 195 Boakes, R. A. 197 Boca, S. 355, 383 Bocher, M. 108, 121 Bock, M. 232, 237 Boden, J. M. 604, 610 Boehmelt, A. H. 195 Bogels, S. M. 634, 663 Bogousslavsky, J. 38, 70, 71 Bohlig, A. 614 Boiten, F. 424, 432 Boker, S. M. 516, 518 Bonanno, G. A. 162, 274, 282, 502, 503, 517, 518, 598, 610 Bonekamp, E. 541, 561 Bongard, S. 599, 610 Bontempo, D. 416, 435 Bookheimer, S. Y. 124, 508, 520 Booth-Kewley, S. 502, 519 Borchelt, M. 550, 560 Bördgen, S. 389, 440 Borg, I. 271, 282 Borkovec, T. D. 496, 517 Bornhovd, K. 121 Bornstein, B. H. 229, 238 Bornstein, R. F. 133, 159, 160 Borod, J. C. 52, 61, 70, 129 Borras, C. 127 Borsook, D. 127 Bosch, C. 366, 379 Bosniak, M. 70 Botvinick, M. M. 122, 508, 517 Bouchard, T. J. Jr. 582, 615 Bourgouin, P. 121, 124, 126, 522, 664 Bourke, P. A. 214, 237 Bouton, M. E. 629, 656
671 Bouts, P. 356, 382 Bowden, C. 656 Bower, G. H. 72, 174, 195, 224, 237, 288, 603, 610, 619 Bowles, R. J. 213, 239 Bowtell, R. 126 Boxtel, A. van 175, 195, 394, 441, 442 Bradburn, N. 590, 610 Bradley, B. P. 146, 161, 216, 219, 220, 242, 641, 643, 656, 663 Bradley, M. M. 22, 52, 54, 70, 75, 107, 108, 121, 125, 139, 161, 169, 170, 172, 175, 176, 178–180, 186–188, 190, 192, 195, 196, 198–201, 206, 241, 303, 334, 366, 379, 412, 432, 633, 661 Braet, C. 649, 666 Brähler, E. 364, 379, 381 Brammer, M. J. 51, 52, 122, 127, 129 Branaman, A. 381 Brand, M. 21, 78 Brandao, M. L. 30, 70, 75 Brandes, D. 635, 665 Brandstätter, H. 448, 480 Brandstätter, V. 384 Brandtstädter, J. 231, 237 Brannan, S. K. 75, 125 Bratslavsky, E. 147, 157, 159, 505, 516, 517, 526 Braun, C. 178, 200 Brauns, D. 366, 381 Bräutigam, S. 67, 70 Braver, T. S. 122 Breazeal, C. 429, 432 Breggin, P. R. 322, 330 Breimer, N. 605, 617 Breiter, H. C. 107, 121 Bretherton, I. 536, 562 Breuer, P. 629, 658 Brewer, M. B. 152, 159 Breznitz, S. 586, 610 Brickman, A. M. 70 Bridges, L. J. 489, 517
672 Briggs, S. R. 522 Briner, R. B. 343, 383 Broadbent, K. 232, 245 Brody, S. 178, 200 Broks, P. 43, 70 Bromm, B. 121 Broocks, A. 636, 656 Broomfield, N. M. 222, 238 Brosch, T. 217, 218, 238 Brosschot, J. F. 212, 238, 306, 337, 502, 517, 620 Brown, J. D. 491, 496, 525 Brown, J. R. 536, 561, 562 Brown, J. S. 175, 182, 196 Brown, K. J. 122 Brown, L. B. 523 Brown, S. 178, 197 Bruce, V. 388, 432 Bruch, H. 586, 610 Bruffaerts, R. 658 Brügner, G. 581, 612 Bruner, J. S. 278, 282, 397, 432 Bryant, F. B. 373, 380 Bublatzky, F. 202 Buccino, G. 436 Buchanan, T. W. 120, 431 Büchel, C. 100, 110, 119, 121, 125, 184, 196 Buchkremer, G. 664, 666 Buchsbaum, M. S. 129 Buck, R. 6, 17, 170, 196, 403, 432, 593, 594, 610 Buckner, R. L. 121 Bucy, P. C. 24, 74 Buehler, R. 585, 605, 618 Buela-Casal, G. 582, 621 Buell, J. C. 326, 330 Buikhuisen, M. 636, 659 Bulka, D. 564 Bulkeley, W. M. 429, 433 Bull, N. 425, 432 Bull, R. 430, 432 Bulleit, B. A. 347, 381 Bullmore, E. 51, 52, 122, 662 Bullock, M. 346, 383 Bunge, S. A. 126, 508, 523 Buonocore, M. H. 638, 662
Autorenregister Burgdorf, J. 109, 121, 596, 610 Burleson, M. H. 188, 198 Burns, L. R. 512, 519, 591, 612, 620 Burruss, J. W. 45, 71 Bush, G. 107, 121 Bush, L. K. 498, 517 Busnel, M.-C. 441 Buss, D. M. 448, 467, 468, 474, 480 Buss, K. A. 538, 561 Butler, E. A. 504, 506, 507, 518, 524 Buxton, M. 636, 657 Byrne, D. 597, 608, 610
Caballo, V. E.
662 Cabeza, R. 113, 114, 123, 125 Cacioppo, J. T. 139, 152, 159, 163, 170, 188, 196, 200, 201, 234, 238, 244, 253, 282, 300, 302, 305, 313, 318, 319, 324, 330, 412, 432, 438, 584, 610, 633, 666 Caesar, S. 661 Cahill, L. 39, 71, 113, 121 Cain, V. S. 618 Calder, A. J. 51, 52, 88, 103, 121, 125, 127, 388, 432, 662 Calderon, G. 659 Caldwell, J. 215, 244 Caltagirone, C. 584, 613 Calvo, M. G. 206, 238 Cameron, O. G. 111, 121, 300, 330 Camp, C. 547, 561 Campbell, I. C. 129 Campbell, J. J. 48, 72 Campbell, R. 416, 439 Campbell, W. K. 649, 662 Campos, J. J. 488, 489, 518, 534, 568 Campos, R. G. 518 Camras, L. 489, 518, 533, 561
Camurri, A. 366, 385 Cañamero, L. 289 Candel, I. 229, 238 Cane, D. 641, 659 Canli, T. 81, 113, 121, 122, 580, 610 Cannon, D. M. 659 Cannon, W. B. 24, 71, 293, 303, 330, 572, 582, 610, 637, 656 Capitano, J. P. 195 Cardinal, R. N. 185, 197 Cardoso, S. H. 70 Carlson, N. R. 21, 71 Carlsson, A. 27, 71 Carmichael, S. T. 34, 70, 120, 184, 195 Carota, A. 62, 71 Carrera, P. 366, 378, 380, 410, 413, 434, 440 Carroll, J. M. 412, 417, 434, 590, 591, 619 Carroll, J. S. 460, 481 Carstensen, L. L. 317, 334, 530, 547, 549, 550, 557, 561, 563, 565, 566, 568 Carter, C. S. 93, 107, 122, 508, 517 Carter, R. M. 48, 71 Cartwright, J. 467, 474, 481 Cartwright-Smith, J. 423, 438, 498, 522 Caruso, D. R. 514, 523, 530, 566 Carver, C. S. 6, 10, 15, 17, 134, 163, 328, 331, 503, 511, 518, 579, 586, 599, 610, 611, 646, 661 Case, R. 532, 561 Cason, H. 374, 380 Catani, M. 185, 196 Cattell, R. B. 79 Centerbar, D. B. 234, 238, 266, 282 Cerchetto, D. F. 44, 71 Cestaro, V. L. 584, 615 Ceulemans, E. 376, 381
Autorenregister Chagnon, N. A. 474, 481 Chaiken, S. 137, 150, 152, 159, 160, 164, 254, 274, 282 Chajut, E. 211, 237 Chandler, M. P. 122 Chang, K. 660 Chapman, M. 569 Charles, S. T. 530, 547, 550, 557, 561 Charlton, K. 419, 433 Charney, D. S. 636, 658, 659, 667 Chartrand, T. L. 244, 414, 427, 432, 438 Chasaide, A. N. 404, 435 Chaudhuri, A. 417, 439 Checkley, S. A. 129 Cheek, J. M. 522 Chen, M. 140, 159 Chen, Y. P. 631, 657 Cheng, J. Y. J. 511, 522 Chessick, R. D. 322, 323, 331 Cheung, N. 416, 432 Chiodo, L. M. 552, 564 Chisin, R. 121 Chochol, C. 23, 35, 65, 79, 128 Chopra, S. 76, 126, 523 Chovil, N. 354, 355, 379, 380, 403, 432 Chow, S.-M. 516, 518 Christenfeld, N. 620 Christianson, S. A. 229, 230, 238, 244, 666 Christie, I. C. 319, 331 Christoff, K. 41, 71, 120, 508, 517 Chun, M. 388, 437 Ciani, A. C. 9, 17 Ciaramidaro, A. 79 Cinotti, L. 127 Cioffi, D. 585, 611 Cirillo, L. 164 Cisamolo, D. 301, 336 Clair, R. N. S. 435 Clare, S. 121, 127, 129 Claridge, G. 70
Clark, D. M. 627, 629, 631657, 662 Clark, L. A. 363, 385, 579, 590, 592, 621, 623, 657, 659 Clark, M. S. 162, 287, 330, 603, 611, 617 Clemens, T. L. 338 Clore, G. 516, 518 Clore, G. L. 132, 134, 142, 144, 153, 159, 163, 164, 234, 238, 248, 257, 266, 272, 282, 286, 287, 342, 358–360, 380, 383, 426, 441, 449, 483 Coan, J. A. 283, 331, 432, 639, 657 Coats, A. H. 553, 557, 562 Coats, E. J. 429, 436, 437, 439, 442, 521 Coburn, N. 213, 240 Codispoti, M. 121, 178, 190, 195, 196, 202 Cofer, L. F. 581, 611 Cohen, J. D. 122, 508, 517 Cohen, L. J. 495, 524 Cohn, J. F. 416, 417, 429, 431, 432 Coifman, K. 503, 517 Coimbra, N. C. 75 Colby, C. Z. 498, 518 Cole, P. M. 490, 518, 538, 539, 562 Coleman, A. E. 586, 610 Coleman, M. 416, 439 Coles, M. E. 633, 645, 657, 659 Coles, M. G. H. 74, 188, 192, 196–198, 615 Collins, A. 257, 286, 449, 483 Collins, A. M. 173, 196 Collins, D. 388, 435 Collins, P. F. 26, 47, 56, 72 Collins, R. L. 586, 622 Collins, W. A. 561, 566 Connelly, M. 380 Conrad, W. 70
673 Consedine, N. S. 361, 382, 502, 518 Conte, H. R. 335 Contrada, R. 322, 332 Contrada, R. J. 598, 599, 618 Cook, C. L. 511, 522 Cook, E. W. III. 176, 178, 196, 198 Cook, M. 628, 631, 657, 666 Cook, R. G. 442 Cools, R. 26, 71 Cooper, C. L. 481 Cooper, H. M. 419, 433 Cooper, J. C. 76, 126, 523 Coplan, J. D. 70 Corbetta, M. 218, 238 Corbit, J. D. 235, 244 Corfield, D. R. 110, 122 Corkin, S. 112, 124 Cornelius, R. R. 390, 396, 398, 418, 425, 432 Cornwell, B. R. 633, 657 Cosmides, J. 469, 481 Costello, J. 426, 435 Costes, N. 127 Côté-Arsenault, D. 361, 380 Coulson, M. 347, 380 Cox, S. G. 129 Coyle, N. 552, 564 Craig, A. D. 111, 122 Craig, F. I. M. 156, 159 Craigie, P. 632, 657 Critchley, H. D. 97, 110, 111, 114, 115, 122, 300, 327, 331 Crites, S. L. 188, 196 Crockett, L. J. 237 Crombez, G. 214, 221, 240, 241, 631, 661 Crone, E. A. 44, 73 Crowne, D. P. 579, 611 Crucian, G. P. 424, 438 Csibra, G. 434 Cuellar, A. K. 661 Cullen, T. D. 574, 622 Culver, C. 549, 566
674 Cumberland, A. 568 Cumming, E. 546, 562 Cummings, J. L. 38, 45, 47, 48, 71, 75 Curby, K. M. 388, 435 Curko, E. A. 70 Curran, T. 388, 435 Curtis, G. C. 635, 636, 657, 663 Cuthbert, B. N. 54, 75, 125, 139, 161, 170, 172, 175, 176, 178, 186, 188, 190, 192, 195, 196, 198– 201, 206, 241, 303, 334, 633, 635, 660, 661 Czapinski, J. 233, 243
Dagher, A. 128 Dahlloef, O. 637, 657 Dalgleish, T. 129, 161, 282, 299, 331, 604, 619, 649, 663 Dalton, K. M. 521 Daly, E. 122 Daly, M. 468, 481 Damasio, A. R. 41, 43, 51, 52, 58, 59, 70, 71, 88, 90, 111, 120–122, 156, 158, 184, 195, 299, 320, 331, 335, 340, 380, 420, 431 Damasio, H. 51, 52, 70, 121, 184, 195, 420, 431 Damhuis, I. 535, 562 Damjanovic, L. 420, 434 Damon, W. 560, 562, 567 Dandoy, A. C. 500, 518 Danielssons, T. 613 Daroff, R. B. 74 Darsie, M. L. 338 Darwin, C. 276, 277, 282, 387, 390–396, 401, 403, 405, 414, 421–423, 425, 426, 432, 433, 440, 446, 461, 467, 469, 472, 473, 481, 572, 611, 633, 657 Das, P. 97, 122 Davey, G. C. L. 632, 657, 664
Autorenregister Davi, A. 122 Davidson, K. W. 620 Davidson, L. 256, 289 Davidson, R. J. 17, 17, 21, 22, 43, 44, 52, 56, 61, 65, 71, 72, 78, 87, 90– 93, 122, 125, 126, 139– 141, 159, 171, 176, 196, 198, 199, 282, 294, 299, 303, 331–334, 337, 380, 433, 438, 490, 495, 499, 507–509, 513, 517, 518– 521, 525, 526, 528, 562, 565, 577–580, 584, 611, 614, 616, 620–622, 637, 638, 653, 654, 657, 658 Davies, M. 530, 562 Davis, A. 429, 433 Davis, F. C. 442 Davis, C. E. 130 Davis, F. H. 466, 574, 617 Davis, M. 34, 53, 55, 72, 73, 75, 79, 86, 87, 99, 123, 127, 170, 173, 175, 182, 184, 185, 187, 196, 197, 199, 202, 625, 627, 632, 658, 660, 661, 664 Davis, T. L. 176, 196 Davison, L. 525 Davitz, J. R. 168, 197 Daw, W. 406, 434 Dawson, M. E. 195 Day, M. E. 577, 611 De Boeck, P. 376, 381 De Gelder, B. 123 De Houwer, J. 146, 161, 206–209, 221, 225, 232, 236, 238, 241, 242, 244, 631, 661 De Jong, P. J. 626, 632, 635, 658, 663, 666 De Long, M. R. 45, 69 De Oca, B. M. 73 De Raedt, R. 661 De Rosa, E. 508, 517 De Ruiter, C. 212, 238 Dean, J. 548, 565 Dearing, M. F. 171, 197 Debener, S. 192, 199
Debner, J. A. 132, 160 Debus, G. 337, 364, 381, 384, 564, 592, 615, 659 Decety, J. 58, 72 Decker, L. R. 125, 129 Deckersbach, T. 650, 663 DeCola, J. P. 73 DeCoster, J. 150, 163 DeCourville, N. 360, 382 Deffenbacher, K. A. 229, 238 deGelder, B. 124 Deguchi, D. 126 DeHart, T. 495, 524 deJong, W. 454, 481 Delaloye-Bischof, A. 70 Delgado, P. L. 652, 658 Delie, F. 356, 382 Demaree, H. A. 509, 513, 518, 525 Dembrowski, T. M. 330 Demyttenaere, K. 624, 658 Dengler, W. 631, 633, 638, 656, 664, 666 Denham, S. A. 489, 517, 530, 542, 562, 563 Denney, C. 426, 435 Denney, D. R. 371, 380 Dennis, T. A. 490, 518, 538, 562 Denton, D. 125 Depaulis, A. 30, 72 DePaulo, B. M. 419, 429, 433 Depue, R. A. 26, 47, 56, 72, 647, 650, 651, 658 Derakshan, N. 220, 241 Derryberry, D. 79, 187, 197, 222, 235, 236, 238, 239, 495, 518 Desai, P. 121, 196 Descartes, R. 252, 282 Descôteaux, J. 426–429, 437, 521 Desmond, J. E. 120, 122, 580, 610 Detre, T. 330
Autorenregister Deutsch, R. 143, 150, 152, 159, 164, 234, 239, 425, 442 Devinsky, O. 93, 123 DeVoe, M. 564 Devos, T. 147, 161 Dewar, B. K. 122, 331 Dhawan, N. 280, 288 Dichter, G. S. 647, 658 Dickinson, A. 171, 197 Diedrich, O. 188, 197 Diehl, M. 552, 564, 565 Diekman, H. 200 Diener, E. 65, 69, 72, 352, 353, 373, 380, 382, 590, 593, 594, 617 Dienstbier, R. A. 197, 332 Dijk, W. W. van 271, 283 Dilger, S. 102, 123, 129, 626, 638, 658 Dillon, D. G. 513, 518 DiMatteo, M. R. 594, 613 Dimberg, U. 141, 142, 159, 162 Dittrich, W. 295, 336 Dittrich, W. H. 347, 379 Dobbelaar, A. 634, 663 Dobson, K. S. 641, 645, 658 Dodge, K. A. 488, 518, 522, 569 Doerksen, S. 228, 239 Doi, L. T. 354, 380 Doise, W. 243 Dolan, R. J. 21, 23, 52, 66, 71, 72, 79, 121, 122, 125, 184, 187, 196, 200, 221, 237, 300, 331, 508, 526, 659 Dolcos, F. 44, 72, 112, 113, 123 Dolski, I. 521 Donato, R. 185, 196 Donchin, E. 192, 193, 197 Doornen, L. J. P. van 314, 335 Doré, F. Y. 388, 438 Döring-Seipel, E. 372, 382 Doss, R. C. 579, 621
Dougherty, D. D. 127 Dozois, D. J. A. 641, 645, 658 Drabant, E. M. 66, 73 Draguns, J. G. 620 Draine, S. C. 209, 239 Drevets, W. C. 77, 89, 123, 508, 524, 653, 654, 658, 659 Drinkmann, A. 598, 611 Driver, J. 79, 508, 526 Drolette, M. 314, 332 Droppleman, L. F. 592, 618 Duclos, S. E. 425, 433 Dudman, J. T. 72 Duffy, E. 397, 433 Duffy, J. D. 48, 72 Duke, J. 577, 611 Dunbar, R. 468, 480 Duncan, J. 214, 237, 508, 517 Duncan, S. 17 Duncan, W. C. 651, 658 Dunlap, K. 572, 611 Dunn, B. D. 299, 331 Dunn, J. 536, 542, 561, 562, 568 Dunsmore, J. 530, 563 Dunton, B. C. 133, 160 Duschek, S. 326, 331 Dutton, K. 213, 223, 239 Dyck, R. van 636, 659 Dyer J. R. 241
Eagly, A. H. 137, 159 Ebling, R. 169, 202 Edelstein, W. 543, 564 Eder, A. 210, 240 Edwards, C. P. 474, 485 Edwards, K. 268, 285 Edwards, L. 326, 336 Eelen, P. 139, 160, 209, 214, 232, 238, 240, 242, 244 Efron, R. 62, 72 Egan, G. 125 Egloff, B. 147, 158, 159, 365, 381, 487, 512, 513, 518, 519, 590, 591, 597,
675 598, 602, 608, 611, 612, 614, 616, 620 Ehlers, A. 627, 629, 631, 657, 658, 660, 662 Ehlers, C. L. 651, 658 Ehlers, W. 620 Ehrlichman, H. 178, 197, 577, 612 Eibl-Eibesfeldt, I. 168, 197, 446, 467, 471, 474, 481 Eich, E. 650, 658 Eid, M. 65, 69, 72, 365, 385, 510, 522 Eisenberg, N. 489, 519, 541–543, 559, 562, 567– 569 Eisenhofer, G. 323, 331 Ekman, P. 4, 17, 78, 125, 139, 159, 163, 168, 197, 206, 216, 239, 264, 267, 269, 277, 278, 283, 294, 299, 317, 318, 331, 332, 334, 336, 389, 391, 395– 401, 404, 408–411, 414– 418, 420, 424, 426, 429, 433, 434, 438–442, 474, 481, 484, 516, 519, 528, 533, 549, 562, 565, 566, 592, 611, 612, 634, 638, 639, 657, 658 Elbert, T. R. 188, 198 Elder, K. A. 243 Elfenbein, H. A. 278, 283, 347, 380, 400, 406, 434, 439 Elfman, L. 588, 619 Elias, M. J. 567 Eliassen, J. C. 584, 620 Ellenbogen, M. A. 236, 239 Ellgring, H. 4, 18, 203, 297, 336, 624, 634, 658 Elliott, R. 41, 43, 72, 122, 644, 659 Ellis, A. 453, 481 Ellis, G. F. R. 16, 19, 296, 332 Ellis, R. D. 332 Ellsworth, P. 397, 417, 422–424, 433
676 Ellsworth, P. C. 7, 17, 251, 257, 268, 271, 278, 279, 283, 285, 286, 289, 293, 332, 375, 376, 378, 380, 442 Elmadjian, F. 322, 332 Ely, T. D. 187, 198 Emde, R. N. 353, 381, 534, 568 Emery, N. J. 187, 197 Emmons, R. A. 373, 382, 593, 615 Enck, P. 120 Ende, G. 167, 199 Endler, N. S. 525 Engel, A. K. 192, 199 Engel, B. T. 338, 613 Engle, R. W. 214, 239 Engler, U. 462, 482 Englis, B. G. 144, 161, 428, 434, 439 Eppinger, H. 574, 612 Epstein, D. 301, 335 Erbaugh, J. 579, 610 Erber, M. W. 516, 519 Erber, R. 505, 516, 519, 526 Erdmann, G. 587, 612 Erickson, E. A. 518 Erickson, K. 644, 659 Erikson, E. H. 550, 562 Erk, S. 79 Eshleman, S. 661 Estess, F. M. 338 Esteves, F. 142, 144, 161, 162, 217, 243, 626, 664 Etcoff, N. L. 121, 130 Etkin, A. 61, 72, 102, 123 Etter, A. 287 Eugene, F. 522 Euler, H. A. 382 Evans, A. C. 128 Evans, J. G. 548, 562 Evdokas, A. 163, 272, 288 Everhart, D. 585, 617 Everhart, D. E. 509, 518 Everitt, B. J. 54, 72, 73, 185, 197, 200 Evers, C. 357, 380, 513, 515, 519, 522
Autorenregister Exner, J. E. 610 Exner, S. 23, 72 Eysel, U. T. 128 Eysenck, H. J. 29, 72, 571, 572, 612
Fabes, R. A.
541–543, 559, 562, 568 Fabro, V. T. 324, 330 Fahrenberg, J. 22, 67, 72, 73, 77, 301, 309, 332, 337, 574–576, 581, 596, 612 Fainsilber, L. 345, 382 Fairbanks, H. 346, 380 Falconer, J. J. 618 Falkner, B. 330 Falla, S. J. 643, 656 Fallon, J. 121 Fanselow, M. S. 30, 73, 99, 123, 184, 197 Faraguna, D. 434 Farber, I. E. 175, 196 Farbes, R. A. 489, 519 Farndon, J. 350, 380 Farroni, T. 388, 434 Fasiczka, A. L. 666 Faulk, M. E. 88, 126 Fazio, R. H. 133, 134, 138, 139, 142, 152, 159, 160, 163, 208, 223, 239 Featherstone, E. 122 Fehr, B. 349, 380, 528, 562 Feldman, L. A. 367, 368, 372, 380 Feldman, R. S. 337, 380, 429, 436, 437, 439, 442, 515, 517, 519–521, 524 Feleky, A. M. 396, 416, 434 Felson, R. 464, 481 Fera, F. 124, 508, 520 Ferguson, M. J. 144, 149, 157, 160, 232, 239 Ferguson, T. J. 535, 562 Fernández-Dols, J. M. 283, 284, 289, 379, 380, 389, 394, 396, 397, 399, 404, 408, 410, 412–414, 416, 417, 434, 435, 440, 441
Ferrari, V. 190, 196 Ferrazzini, M. 70 ffytche, D. H. 185, 196 Fichten, C. S. 605, 609 Fiedler, K. 164, 429, 434 Field, M. 146, 161 Fig, L. M. 125, 129 Figueroa-Muñoz, A. 484 Filion, D. L. 175, 195 Filippi, M. 78 Fine, S. 537, 564, 566 Fink, G. R. 127 Finkenauer, C. 355, 383 Fischer, A. 543, 569 Fischer, A. H. 357, 380, 403, 413, 436, 439, 515, 519 Fischer, H. 87, 123 Fischer, L. 366, 381 Fischer, S. 481 Fiske, S. T. 526 Fitness, J. 271, 283 Fitzek, C. 123, 658 Fitzgerald, D. A. 524 Fitzsimmons, J. R. 121, 187, 196, 201 Fitzsimons, G. M. 503, 519 Fize, D. 190, 202 Flack Jr., W. F. 425, 426, 434 Flaisch, T. 187, 201 Flechsig, P. 23, 73 Fletcher, B. 495, 525 Fletcher, G. J. O. 271, 283 Flor, H. 664 Florin, I. 634, 663 Flykt, A. 190, 200, 217, 243, 263, 282, 416, 439, 626, 664 Foa, E. B. 625, 659 Foerster, F. 314, 325, 332, 337, 575, 576, 581, 596, 612 Folk, C. F. 218, 239 Folkes, V. S. 462, 481, 484 Folkman, S. 495, 496, 522 Fong, G. W. 124 Forgas, J. P. 162, 163, 165, 237, 289, 513, 519
Autorenregister Fornito, A. 73 Förster, J. 234, 239, 243, 425, 426, 434 Försterling, F. 453, 465, 481 Förstl, H. 656 Foss, M. A. 342, 380 Fox, E. 206, 211, 213, 215, 217, 220, 222, 239, 420, 434 Fox, N. A. 337, 521, 525, 526, 543, 569, 615, 621 Fox, P. T. 125 Francis, S. 126 Franck, E. 661 Frank, E. 651, 658 Frank, G. K. 106, 123 Frank, M. 419, 434 Frank, R. 128 Frankel, C. B. 489, 518 Frankenhaeuser, M. 322, 332, 597, 613 Frankenstein, U. N. 116, 123 Fransson, P. 123 Franz, M. 371, 384 Fredrikson, M. 123, 576, 613, 638, 659 Freedman, N. 121, 592, 610, 613 Freedman, S. 635, 665 Freeman, G. L. 572, 613 Freeman, W. J. 119, 123 French, C. C. 642, 659 Fresco, M. A. 665 Freud, A. 496, 519 Freud, S. 470, 481, 572, 613 Freund, P. A. 514, 525 Frey, K. 422, 438, 498, 522 Frey, S. 406, 434 Freyer, J. 516, 526 Fridlund, A. J. 169, 197, 269, 278, 283, 354, 381, 389–391, 394, 396, 397, 400–403, 408, 409, 413, 414, 432, 434, 435 Friedberg, F. 369, 381
Friedlmeier, W. 540, 562, 563, 568 Friedman, B. H. 319, 331 Friedman, H. S. 502, 519, 594, 613 Friesen, W. V. 139, 159, 206, 216, 239, 264, 269, 277, 278, 283, 294, 317, 318, 331, 332, 334, 395, 397, 398, 400, 401, 404, 409–411, 416, 417, 424, 433, 434, 439, 549, 565, 592, 612, 634, 638, 657, 658 Frieze, I. H. 481 Frijda, N. H. 6, 17, 167, 197, 252, 254, 257, 264, 266, 271, 277, 278, 280, 283, 284, 286, 288, 297, 303, 332, 343, 381, 400, 402, 435, 437, 528, 563, 571, 613, 619 Frisk-Holmberg, M. 613 Friston, K. J. 72, 94, 97, 121, 125 Frith, C. D. 58, 73, 79, 125 Frith, U. 58, 73 Frolkis, V. V. 548, 563 Fu, Ch. Y. 120 Fuenzalida, C. 352, 353, 381 Fuglevand, A. J. 442 Fujita, F. 353, 380, 516, 518 Fukuyama, S. 523 Funkenstein, D. H. 314, 321, 332 Furey, M. L. 435 Furmark, T. 103, 123 Fussell, S. R. 426, 438 Fuster, J. M. 43, 79
Gabbay, F. H.
618 Gabrieli, J. D. E. 41, 71, 76, 122, 126, 508, 517, 523, 580, 610 Gaelick, L. 494, 521 Gaillard, F. 371, 386
677 Gainotti, G. 76, 78, 79, 584, 613 Gallagher, M. 197 Gallese, V. 130, 436 Ganiban, J. M. 489, 517 Garber, J. 522, 541, 569 Garcia, M. T. 138, 160 Gardner, W. L. 139, 159, 170, 196, 584, 610 Garnefski, N. 510, 519 Garrett, A. S. 638, 662 Garssen, B. 636, 659 Gasquet, I. 658 Gatenby, J. C. 74, 127, 664 Gati, J. S. 129 Gauggel, S. 76 Gauthier, I. 388, 435 Gautier, C. H. 176, 196 Gawronski, B. 143, 159, 234, 236, 239 Gazzaniga, M. S. 199, 202, 584, 620 Gehlert, D. R. 100, 127 Gehm, T. L. 271, 284 Geier, A. 146, 160 Gellhorn, E. 299, 313, 332 Gemar, M. C. 645, 659 Gendron, M. 17 George, M. S. 661 Georgiadis, J. R. 124 Georgiou, G. A. 215, 239 Gerdes, A. B. M. 624, 626, 631, 638, 656, 659, 665 Gergen, K. J. 447, 481 Gerin, W. 620 Gerlach, A. L. 634, 659 Geurts, H. M. 44, 73 Gewirtz, J. C. 34, 73 Geyer, M. 379, 381 Ghahremani, D. G. 120 Ghashghaei, T. 70 Ghika-Schmid, F. 71 Giampietro, V. 127 Gibb, B. E. 645, 659 Gigerenzer, G. 164 Gignac, G. 514, 523 Gilbert, D. T. 235, 240, 526 Gilbert, P. 481, 482
678 Gilboa, A. 114, 123 Gilboa, E. 641, 649, 659 Giles, H. 415, 428, 435, 441 Giltrow, M. 548, 566 Giner-Sorolla, R. 138, 160 Giovannini, D. 301, 335 Girard, E. 416, 435 Girod, C. 128 Gitelman, D. R. 125 Giuliano, T. 482 Glahn, D. C. 656 Glass, D. C. 322, 332, 586, 610, 613 Glauche, V. 121 Glauer, M. 103, 129 Globisch, J. 176, 198, 635, 660 Glover, G. 580, 610 Glover, G. H. 120 Gobbini, M. I. 96, 124, 435 Gobl, C. 404, 435 Goebel, R. 130 Goedeking, P. 441 Goeleven, E. 661 Goetestam Skorpen, C. 563 Gogerly, L. 350, 380 Goguen, L. A. 552, 564 Goldin, P. R. 508, 519 Goldman, A. 447 Goldman, S. L. 590, 596, 613, 619 Goldsamt, L. A. 603, 622 Goldsmith, H. H. 17, 17, 198, 282, 333, 334, 337, 380, 438, 489, 519, 521, 538, 561, 616, 620 Goldstein, A. G. 500, 518 Goldstein, A. P. 521 Goldstone, R. L. 243 Goleman, D. 514, 519 Gollwitzer, P. M. 161, 231, 240, 241 Gonder-Frederick, L. 588, 619 Gonzaga, G. C. 397, 438 Gonzales, M. H. 138, 164 Goodall, J. 472, 482 Goodman, D. M. 584, 611
Autorenregister Goodnick, P. 661 Gordon, A. H. 421, 594, 616 Gordon-Smith, K. 661 Gore, J. C. 74, 127, 664 Goren, C. C. 387, 435 Gorman, J. M. 70 Gorno-Tempini, M. L. 115, 124 Gorsuch, R. L. 158, 164, 579, 620 Goschke, T. 232, 240 Gosselin, F. 120, 431 Gothard, K. M. 442 Gotlib, I. H. 641, 643, 645, 647, 649, 651, 657, 659, 660, 662, 665, 666 Gottdiener, J. S. 618 Gottman, J. M. 549, 565 Graaf, F. H. C. E. van der 124 Grace, A. A. 44, 78, 127 Gradman, A. H. 636, 667 Grady, C. L. 123 Grafman, J. 45, 73, 156, 163 Graham, S. 454, 461, 462, 464, 482, 484 Gralher, J. 516, 526 Gramann, K. 300, 335 Grand, S. 592, 610, 613 Grandjean, D. 250, 263, 264, 284, 288 Gratz, K. L. 510, 519 Gray, J. A. 39, 52, 59, 60, 63, 73, 213, 220, 240, 303, 332, 578, 613 Grebe, M. 372, 382 Greégoire, M. C. 127 Green, D. P. 590, 613 Green, S. 221, 240 Greenberg, B. 597, 615 Greenberg, J. 495, 523, 604, 619 Greenberg, L. S. 659 Greenfield, N. S. 622 Greenwald, A. G. 139, 143, 158, 160, 209, 237, 239, 240, 513, 519
Greenwald, M. K. 169, 175, 198, 199 Greitemeyer, S. 457, 483 Greitemeyer, T. 480, 482 Grice, J. W. 611 Grieger, R. 453, 481 Griffiths, R. 244 Grillon, C. 55, 73, 127, 175, 197, 627, 633, 657, 660, 664 Grimm, L. G. 373, 380 Griner, L. A. 266, 284 Grinker, R. R. 572, 613 Grob, A. 540, 563 Grodd, W. 128 Gross, C. G. 49, 50, 73 Gross, J. J. 22, 67, 76, 115– 117, 126, 136, 148, 158, 159–161, 256, 284, 320, 333, 340, 379, 408, 422, 423, 435, 439, 488, 490, 493–500, 502–505, 507– 511, 513, 516, 518–524, 532, 537, 548, 551, 552, 557, 561, 563, 568, 569, 571, 592, 594–596, 602, 613, 614, 639, 647, 661, 665 Grossman, P. 314, 337 Grossmann, K. E. 540, 563 Gruber, K. 634, 659 Grühn, D. 549, 564 Grulke, N. 365, 381 Gruneberg, M. M. 520 Grunedal, S. 141, 159 Gudjonsson, G. 432 Gudjonsson, G. H. 598, 614 Guex, P. 71 Guitierrez, E. 126 Gunnar, M. R. 489, 525 Gur, R. C. 51, 52, 128, 614 Gur, R. E. 51, 52, 614 Gustafson, L. 660 Gustavson, B. J. 370, 382 Gutberlet, I. 658
Ha, Y. 129 Habel, U. 78 Häbler, H.-J. 304, 305, 333
Autorenregister Hackley, S. 175, 195 Hadjikhani, N. 87, 124 Hagemann, D. 57, 73, 579, 614 Hagemann, T. 513, 520 Hahlweg, K. 660 Haidt, J. 477 Haier, R. J. 121 Hajak, G. 636, 656 Halberstadt, A. 530, 563 Hale, W. W. 648, 660 Hall, J. 185, 197 Hamani, C. 75 Hamann, S. B. 187, 198 Hamilton, L. R. 643, 656 Hamilton, V. 288, 619 Hamilton, W. D. 470, 480, 482 Hamm, A. O. 55, 73, 99, 124, 167, 169, 170, 175, 176, 179, 184, 187, 188, 190, 198–203, 244, 363, 366, 381, 626, 630, 632, 635, 660 Hammen, C. L. 657, 666 Hampson, S. 432 Han, J. S. 74 Handel, S. J. 464, 484 Hankin, B. L. 659 Hansen, C. H. 216, 240 Hansen, R. D. 216, 240 Hantas, M. 584, 614 Haque, S. 661 Hare, R. D. 180, 198 Hariri, A. R. 66, 73, 114, 115, 124, 508, 520 Harmon-Jones, C. 614 Harmon-Jones, E. 141, 160, 266, 282, 578, 614 Harré, R. 282, 293, 332 Harrigan, J. A. 436 Harris, C. R. 213, 226, 227, 231, 240, 507, 520 Harris, D. B. 563 Harris, P. 535, 537, 539, 540, 557, 563 Harris, S. G. 362, 382 Harrison, A. A. 26, 73 Harrison, B. J. 65, 73
Hart, J. 635, 662 Hartl, L. 664 Haruno, M. 46, 74 Harvey, J. H. 338, 485 Hashmall, J. M. 464, 483 Hashmonay, R. 586, 610 Hasselmo, M. E. 49, 74 Hastorf, A. H. 611 Hatfield, E. 170, 196, 426, 435 Hauer, K. 598, 611 Haufler, A. J. 337 Hauk, O. 198 Hautzinger, M. 639, 640, 651, 656, 658, 660, 662 Haviland, J. M. 383, 533, 563, 565, 566, 619 Haviland-Jones, J. M. 75, 284, 330, 613, 664 Hawk, L. W. 176, 178, 196, 198 Haxby, J. V. 96, 124, 388, 435 Hay, D. F. 543, 563 Hayman, L. A. 71 Haynes, J.-D. 117, 124 Haynes, K. N. 271, 289 Hayward, S. 532, 561 Hazlett, R. L. 636, 660 Head, A. S. 77 Healy, A. F. 242 Healy, D. 651, 660 Hecht, H. 123, 125, 637, 658, 663 Heckhausen, H. 231, 240, 447, 452, 482 Heeg, R. 406, 440 Heerey, E. A. 529, 560 Heider, F. 147, 160, 449– 451, 455, 479, 482 Heider, K. 318, 334, 424, 439 Heil, M. 214, 243 Heilman, K. M. 50, 52, 61, 71, 74, 424, 438 Heimberg, R. G. 633, 657 Heinrichs, N. 660 Heinze, H. 549, 565 Heise, D. R. 351, 352, 382
679 Heitkemper, M. M. 609 Heldmann, M. 141, 164, 311, 312, 337, 578, 621 Helfrich, H. 396, 403, 404, 409, 435, 441 Hell, W. 164 Helle, P. 235, 241 Heller, W. 50, 52, 74, 580, 614 Hellhammer, D. 636, 660 Hemenover, S. H. 510, 520 Hen, R. 72 Heninger, G. R. 636, 658, 667 Hennig, J. 66, 74, 77, 501, 524 Henriques, J. B. 578, 579, 611, 614, 621, 637, 657 Henry, J. D. 371, 381 Henry, J. P. 295, 333 Henry, S. 123 Henry, W. 546, 562 Hentschel, U. 620 Herlitz, A. 123 Hermann, A. 128 Hermans, C. P. 586, 619 Hermans, D. 139, 160, 208, 209, 214, 232, 238, 240, 242, 244 Heron, J. 661 Herpers, M. 77 Herrald, M. M. 319, 333, 513, 520 Herrmann, D. 511, 520 Herrmann, M. 76, 77 Herrmann, M. J. 632, 663 Herrmann, U. 67, 74 Hershey, K. L. 543, 566 Hertenstein, M. J. 347, 381 Hess, L. 574, 612 Hess, M. 141, 145, 162 Hess, U. 247, 263, 264, 266, 278, 279, 283–285, 401, 403, 405, 410, 415, 416, 423, 426–428, 432, 436, 437
680 Hessel, A. 364, 381 Heuer, F. 226, 240 Heuer, H. 243 Hevenor, S. J. 123 Hewig, J. 579, 614 Hewstone, M. 480 Heymsfield, B. 129 Hietanen, J. K. 662 Higgins, E. T. 146, 163, 164, 231, 234, 237, 240, 438, 441, 568 Hill, A. B. 641, 660 Hillman, C. H. 201 Hillyard, S. A. 188, 199 Hilton, S. M. 326, 333 Hilton, W. F. 322, 332 Hinton, E. 120 Hinz, A. 364, 381 Hirayama, S. 510, 522 Hirsbrunner, H. P. 406, 434 Hirsch, J. 72, 129 Hitchcock, J. 55, 72 Hjortsjö, C. H. 398, 436 Hoaglin, L. W. 346, 380 Hochschild, A. R. 357, 381 Hock, M. 585, 591–593, 608, 612, 614, 616, 617 Hodapp, V. 583, 585, 614 Hoehn-Saric, R. 630, 636, 660, 662 Hoeksma, J. B. 490, 520 Hoesen, G. W. van 110, 130 Hoffman, J. M. 187, 198 Hoffman, M. L. 541, 543, 563 Hoffmann, H. 230, 238 Hoffmann, E. A. 96, 124 Hofler, M. 660 Hofmann, B. U. 648, 660 Hofmann, S. G. 624, 635, 660 Hofmann, T. 271, 287 Holbrook, J. B. 224, 242 Holen, A. 598, 610 Holland, A. J. 120 Holmes, A. 221, 240 Holmes, D. S. 500, 520
Autorenregister Holmes, K. 226, 240 Holmes, M. D. 119, 123 Holodynski, M. 428, 436, 539, 540, 562, 563, 568 Holroyd, C. B. 40, 74 Holstege, G. 108, 124, 183, 200 Holtbernd, T. 389, 440 Holting, C. 660 Hölzl, R. 664 Hommer, D. 124 Hönekopp, J. 479, 482 Hönscheid, R. 406, 440 Hope, J. M. 322, 332 Hornak, J. 126, 653, 664 Horne, J. A. 580, 581, 615 Horowitz, M. E. 584, 611 Horowitz, M. J. 598, 610 Horstmann, G. 217, 240 Hosie, J. 371, 381 Hosten, N. 187, 203 Houben, I. 623, 665 Houston, B. K. 500, 520 Howard, R. J. 129 Howell, R. H. 618 Howland, R. H. 651, 666 Hrubes, D. 515, 520 Hsee, C. K. 426, 435 Hsu, A. Y. C. 563 Huber, M. 370, 385 Hudlicka, E. 289 Hufnagel, H. 428, 436 Hugdahl, K. 56, 61, 71, 170, 200, 221, 222, 244 Hughes, J. N. 284, 435, 520 Hughes, M. 661 Huijzen, C. van 21, 30, 31, 34, 39, 40, 43, 64, 76 Hull, J. G. 358, 381 Hülsenbeck, K. 137, 162 Humm, A. 361, 380 Hunt, W. A. 174, 199 Hupka, R. B. 354, 381 Hüppe, M. 364, 384 Hur, Y.-M. 582, 615 Hurley, J. 541 Hurley, R. A. 71
Hurst, P. 532, 561 Hussain, M. 324, 334 Hutchison, K. A. 354, 381
Iacoboni, M. 427, 436 Iacono, W. G. 182, 195, 647, 650, 651, 658 Iaria, G. 71 Ichikawa, N. 523 Ickes, W. J. 338, 485 Ihssen, N. 215, 240 Iidaka, T. 523 Ikemoto, S. 109, 124 Immelmann, K. 471, 482 Inglehart, M. 426, 443 Ingram, R. E. 603, 615, 642, 647, 660, 665 Inhelder, B. 534, 566 Irle, E. 21, 23, 61, 65, 77 Isaacowitz, D. M. 547, 561 Isen, A. M. 603, 611, 615 Ishai, A. 435 Ismer, S. 77, 285 Isowa, T. 523 Ito, T. A. 201, 330 Izard, C. E. 1, 4, 17, 18, 267, 284, 294, 298, 333, 398, 400, 408, 436, 537, 549, 564, 566, 592, 615, 617, 618 Izdebski, K. 437 Jackson, D. C.
21, 22, 43, 44, 56, 65, 72, 122, 509, 513, 520, 521, 525, 578, 611 Jackson, J. H. 577, 615 Jackson, J. R. 133, 160 Jackson, P. L. 58, 72 Jacob, R. 662 Jacobi, F. 624, 640, 660 Jacoby, L. L. 132, 150, 152, 160 Jahnke, H. C. 547, 561 Jain, E. 549, 553, 565 Jakobs, E. 403, 436 James, W. 1, 18, 23, 74, 132, 160, 250, 254, 264, 267, 284, 292, 293, 299,
Autorenregister 333, 393, 396, 422–425, 436, 469, 482, 572, 582, 615 Jäncke, L. 81, 82, 124 Jänig, W. 304–306, 333 Janis, I. L. 572, 615 Janke, B. 300, 301, 333, 348, 365, 381, 536, 537, 564 Janke, W. 337, 364, 365, 381, 384, 564, 592, 615, 659 Jaskolka, A. R. 347, 381 Jasper, H. 41, 76 Jeeves, M. A. 77 Jenike, M. A. 130 Jenkins, J. M. 169, 200 Jennings, J. R. 198, 615 Jeong, G. W. 126 Jerabek, P. A. 75 Jindal, R. 651, 666 Joanette, Y. 522 Jobe, I. B. 618 Johanson, C. 541 Johanson, A. 638, 660 Johansson, M. 228, 240 John, O. P. 160, 210, 211, 233, 243, 256, 284, 393, 404, 422, 427, 435, 452, 510, 516, 520, 521, 592, 594–596, 613, 614 Johnson, B. T. 502, 521 Johnson, L. 633, 657 Johnson, M. H. 387, 434, 436 Johnson, R. 129, 192, 198, 201 Johnson, R. H. 323, 331 Johnson, S. L. 623, 659, 646, 647, 651, 661, 665 Johnson-Laird, P. N. 4, 10, 18, 257, 277, 284, 286, 297, 335 Johnston, J. C. 218, 243 Johnston, L. 428, 443 Johnston, R. E. 413, 438 Johnston, V. S. 188, 198 Johnstone, T. 18, 163, 284–289, 336, 375, 384, 440–442, 665
Joiner, T. E. Jr. 645, 662 Jonas, K. 480 Jones, E. E. 466 Jones, B. E. 38, 74 Jones, D. K. 185, 196 Jones, F. N. 313, 338 Jones, G. E. 583, 584, 615, 618 Jones, H. E. 498, 521, 594, 615 Jones, K. M. 361, 383 Jones, L. 645, 661 Jones, M. H. 313, 338 Jones, W. H. 522 Jones-Gotman, M. 128 Jongen-Relo, A. L. 44, 74 Joorman, J. 643, 659–661 Jordan, J. 564 Jorgensen, R. S. 502, 521 Joseph, S. 564 Josephs, O. 122, 331 Josephson, B. R. 604, 615 Jostmann, N. B. 236, 241 Joubert, S. 124 Jourdain, M. 195 Julien, R. M. 25, 26, 74 Jung, S. 77, 285 Junghanns, K. 648, 666 Junghöfer, M. 187, 188, 190, 191, 196, 198, 199, 202, 244 Jürgens, U. 78 Juslin, P. N. 404, 405, 436 Jussim, L. J. 139, 160 Just, H. 323, 334 Juvonen, J. 454, 482
Kagan, J.
442, 489, 521, 602, 615 Kahn, R. S. 120 Kahneman, D. 233, 240 Kaiser, J. 593, 614 Kaiser, S. 263, 264, 273, 284, 290, 640, 665 Kakihara, C. 462, 484 Kalin, N. H. 21, 22, 43, 44, 56, 65, 72, 122, 578, 611, 628, 663 Kalish, H. I. 175, 196
681 Kamachi, M. 416, 439 Kanade, T. 429, 432 Kandel, E. R. 72 Kanfer, F. H. 494, 521 Kang, H. K. 126 Kang, S. M. 372, 381 Kant, I. 252, 284 Kanwisher, N. 388, 437 Kaplan, B. 164 Kapp, B. S. 34, 74 Kappas, A. 247–249, 251, 253, 255, 257, 266–268, 270, 273, 274, 276, 284, 285, 289, 387–389, 395, 400, 401, 403–405, 407, 409–413, 415–417, 419, 423, 424, 426–429, 431, 435–438, 441, 496, 506, 521 Käppler, C. 581, 612 Karama, S. 107, 124 Karasawa, K. 460, 482 Karasawa, M. 515, 521 Karcher, S. 77 Kardes, F. R. 139, 152, 160, 208, 239 Kargerer, S. 110, 128 Karoly, P. 601, 605, 615 Kasch, K. L. 641, 643, 645, 659 Kasimatis, M. 422, 438, 498, 522 Kastner, S. 187, 201 Kaszniak, A. W. 159 Katafiasz, H. A. 244 Katkin, E. S. 584, 614, 615 Katsikitis, M. 285, 437 Kaube, H. 79 Kauhanen, J. 369, 384 Kaur, S. 656 Kavussanu, M. 326, 336 Kawasaki, M. C. 75 Kawato, M. 46, 74 Kaye, W. H. 123 Kehoe, K. 332 Keil, A. 190, 198, 215, 240 Keillor, J. M. 424, 438 Keller, H. 563 Keller, M. 543, 564
682 Kellerman, H. 18, 330, 333 Kelley, H. H. 450, 466, 482 Kelly, J. L. 35, 69 Kelsey, R. M. 507, 526 Keltner, D. 268, 274, 282, 285, 347, 381, 397, 438, 529, 560, 564, 598, 610, 639, 661 Kemp, A. H. 122 Kemper, T. D. 293, 333 Kennedy, S. J. 645, 659 Kennedy, W. A. 121 Kennedy-Moore, E. 502, 521 Kensinger, E. A. 112, 124 Kerkhof, G. A. 581, 582, 615 Kern, R. P. 226, 227, 240 Kerr, A. 44, 74 Kerr, N. 642, 661 Kessler, C. 184, 202 Kessler, R. C. 640, 661 Ketter, T. A. 649, 653, 661, 662, 666 Keysers, C. 130 Khaleque, A. 582, 615 Kidd, R. F. 338, 485 Kiecolt-Glaser, J. K. 597, 615 Kienbaum, J. 543, 546, 564, 568 Kihlstrom, J. F. 133, 160 Kile, S. J. 638, 662 Killgore, W. D. S. 97, 124 Kilpatrick, L. 121 Kilts, C. D. 187, 198 Kim, H. J. 126 Kim, H. S. 412, 432, 442 Kim, J. J. 39, 74 Kim, K. A. 442 Kim, Y.-H. 125 Kim, Y. K. 320, 338 Kimberg, D. Y. 525 Kimbrell, T. A. 661 Kindt, M. 635, 666 King, L. A. 593, 615 King, S. H. 314, 332 King, W. 121, 196 Kinney, L. 580, 621
Autorenregister Kirby, L. D. 154, 163, 249, 257, 263, 267, 272–275, 289 Kirker, W. S. 649, 665 Kirouac, G. 388, 438 Kirsch, P. 109, 124, 128, 129, 665 Kirson, D. 10, 18, 351, 384 Kissler, J. 199 Kitayama, S. 147, 161, 279, 280, 283–286, 290, 515, 521 Klauer, K. C. 139, 160, 208– 211, 224, 240, 241, 243, 245 Kleban, M. H. 548, 565 Kleck, R. E. 415, 416, 421, 423, 436–438, 498, 518, 522 Klein, D. F. 636, 661 Klein, D. J. 170, 196, 302, 330 Klein, R. M. 221, 241 Kleinginna, A. M. 1, 18 Kleinginna, P. R. 1, 18 Klemenhagen, K. C. 72 Klinger, E. 232, 237, 241 Klinger, M. R. 139, 160 Klinnert, M. D. 534, 568 Klorman, R. 498, 526 Klose, U. 128 Kluger, J. 429, 438 Klüver, H. 24, 74 Knight, R. T. 529, 560 Knoebel, S. B. 324, 333 Knoll, J. F. 583, 585, 614 Knoll, N. 605, 617 Knowles, T. H. 641, 660 Knowlton, B. J. 173, 202 Knutson, B. 116, 124 Kobal, G. 126 Kobinger, W. 336 Koch, C. 71 Koch, M. 55, 74, 175, 198, 201 Kochiyama, T. 190, 201 Koeppe, R. A. 125, 129 Köhle, K. 370, 385
Kohlmann, C.-W. 365, 381, 510, 521, 583–585, 588–591, 597–600, 608, 609, 612, 616, 617, 620 Koizumi, K. 305, 333 Kolers, P. A. 156, 160 Kollai, M. 305, 333 Rolls, E. T. 653, 664 Kolodziej, M. E. 502, 521 Komlósi, A. 577, 609 Konorski, J. 170, 174, 198 Koob, G. F. 45, 46, 79 Koole, S. L. 236, 241 Koomen, W. 144, 149, 157, 164 Kop, W. J. 337 Kopin, I. J. 322, 338 Kortenkamp, S. 424, 438 Koster, E. H. W. 221, 222, 241, 631, 643, 661 Kötter, R. 24, 74, 76 Kövecses, Z. 293, 333 Kovess, V. 658 Kozak, M. J. 316, 334, 625, 659 Kraaij, V. 510, 519 Krakoff, L. R. 322, 332 Kramer, A. E. 192, 197 Krämer, N. 406, 440 Kranczioch, C. 192, 199 Krantz, D. S. 337, 618 Krasnoperova, E. 643, 659 Krause, R. 428, 436 Krauss, R. M. 426, 438 Kraut, R. E. 413, 438 Krebs, H. 665 Kreibig, S. D. 320, 333 Krieschel, S. 125, 637, 658, 663 Kring, A. M. 516, 521, 594, 616 Kringelbach, M. L. 89, 91, 124, 126, 653, 664 Kristof, A. 148, 161 Krivoshekova, Y. S. 361, 382 Kroenke, K. 588, 616 Krohne, H. W. 365, 381, 495, 510, 521, 571, 579,
Autorenregister 585, 588, 590, 592, 593, 596–598, 601, 603, 605, 606, 608, 610, 612, 614, 616, 617, 621, 622 Kronast, S. 77, 285 Krosnick, J. A. 139, 159, 160 Kruglanski, A. W. 156, 160, 163, 237, 240, 438, 441 Krukenberg, H. 423, 438 Krumhansl, C. L. 366, 385 Krumhuber, E. 416, 417, 438 Kryscio, R. J. 130 Krystal, J. H. 658 Kuczaj, S. A. 348, 383 Kudadjie-Gyamfi, E. 361, 382 Kuhl, D. E. 663 Kuhl, J. 232, 235, 240, 241 Kuiken, D. 610 Kuiper, N. A. 649, 665 Kuipers, P. 271, 283 Kukla, A. 453, 459, 482, 485 Kunzmann, U. 509, 521, 527, 529, 538, 549, 551, 552, 564, 567 Kupfer, D. J. 651, 658, 662, 667 Kuppens, P. 250, 285, 376, 381 Kupperbusch, C. 401, 439 Kupperbusch, C. S. 509, 521, 551, 564 Kurokawa, M. 280, 285 Kurtzman, H. S. 618 Kutas, M. 228, 245 Kutscher, R. 301, 336
LaBar, K. S.
49, 54, 74, 105, 113, 114, 123, 125, 513, 518 LaBarre, W. 278, 285 Labouvie-Vief, G. 382, 549, 552, 553, 557, 559, 564, 565 Lacey, B. C. 572, 617
Lacey, J. I. 309, 333, 572, 573, 575, 617 Ladouceur, C. 508, 524 Lagarie, B. 638, 656 Laird, J. D. 433 Lake, C. R. 322, 338 Lakin, J. L. 427, 438 Lalande, K. 503, 517 Lam, R. W. 650, 658 Lamberts, K. L. 243 Lambie, D. G. 323, 331 Lambie, J. A. 339, 340, 343, 382 Lamson, E. T. 322, 332 Lancaster, J. 125 Lancel, M. 581, 615 Lanctôt, N. 263, 264, 285 Landeira-Fernandez, J. 73 Landis, C. 174, 199, 278, 285, 397, 416, 438 Lane, A. M. 341, 379 Lane, R. D. 52, 70, 77, 86, 93, 107, 119, 125, 129, 159, 197, 370, 382, 507, 508, 521 Lang, F. 36, 37, 78 Lang, F. R. 550, 565 Lang, P. J. 21, 22, 51, 52, 54, 70, 75, 84, 121, 125, 136, 139, 140, 158, 160, 161, 167, 169, 170, 172– 176, 178, 180, 182, 184, 186–188, 190, 192, 195– 202, 206, 238, 241, 303, 316, 334, 366, 379, 408, 412, 432, 438, 528, 565, 624, 625, 632, 633, 635, 661, 662 Lange, C. G. 23, 75, 572, 617 Lange, G. 129 Langley, J. N. 304, 334 Langlois, J. H. 489, 522 Langstrom, B. 123 Lantermann, E. D. 372, 382 Lanzetta, J. T. 144, 161, 423, 428, 434, 436–439, 498, 509, 517, 518, 522, 526
683 Larrance, D. T. 498, 526 Larsen, J. T. 244, 330, 412, 422, 438 Larsen, P. 327, 334 Larsen, R. J. 206, 241, 373, 382, 498, 503, 516, 522, 548, 590, 593, 594, 617 Larson, C. L. 176, 199, 507, 509, 518, 520 Lasko, M. 127 Launay, J. M. 664 Launier, R. 601, 617 Lautrey, G. J. 567 Laux, L. 256, 290, 487, 499, 510, 515, 516, 522, 524 Lavenne, F. 127 Laver, J. 404, 438 Lavie, N. 214, 241 Lawrence, A. D. 121, 126, 299, 331, 508, 517 Lawrence, C. 121 Lawson, M. E. 461, 484 Lawton, M. P. 548, 551, 556, 557, 565 Lazarus, R. S. 137, 138, 144, 146, 147, 161, 168, 199, 247, 249, 251, 255– 257, 260, 262, 264, 265, 269, 271, 274, 285, 289, 375, 382, 449, 455, 482, 488, 495, 496, 499, 500, 522, 525, 528, 565, 576, 597, 601, 605, 617, 622 Leary, M. R. 473, 480, 494, 522 Lecours, A. R. 124 LeDoux, J. E. 24, 32, 33, 38, 44, 52, 54, 55, 63, 74, 75, 77, 87, 99, 109, 125, 127, 155, 156, 161, 184, 199, 220, 241, 251, 275, 285, 302, 334, 420, 439, 625, 654, 662, 663 Lee, G. P. 70 Lee, H. J. 74 Lee, M. A. 663 Lee, M. B. 130
684 Lee, V. 370, 385, 401, 403, 407, 408, 438, 442 Lee, Y. 184, 197 Leenen, F. H. 324, 334 Leeuw, I. 626, 663 Leitten, C. L. 507, 526 Lelwica, M. 533, 563 Lembke, A. 649, 662 Lennox, B. R. 648, 662 Lenton, A. P. 354, 381 Leon, D. F. 334 Leonard, C. M. 49, 70 Leonard, J. J. 334 León-Villagrá, J. 482 Lepine, J. P. 658 Leppänen, J. M. 648, 662 Lerman, D. 144, 164, 453, 485 Lerner, R. M. 558, 560, 565 Leroux, J. M. 124, 126, 522, 664 Lester, D. 383 Lester, H. 121 Lester, V. 239 Lev, S. 211, 237 Levenson, R. W. 90, 125, 136, 161, 169, 202, 298, 317–319, 334, 408, 423, 424, 434, 435, 439, 497– 500, 509, 513, 520, 521, 528, 549, 551, 555, 563– 565, 568, 594, 618 Levenston, G. K. 180, 199 Leventhal, H. 154, 156, 161, 249, 257, 267, 274, 275, 285, 297, 334, 585, 596, 617 Lévesque, J. 121, 126, 508, 522, 664 Levesque, M. 278, 279, 283 Levin, D. N. 316, 324, 334 Levine, M. A. 324, 334 Levitin, D. J. 366, 385 Levy, A. S. 358, 381 Lewin, K. 139, 161, 232, 241 Lewinsohn, P. M. 645, 651, 662
Autorenregister Lewis, M. 75, 196, 284, 330, 383, 613, 617, 619, 664 Lewis, M. D. 114, 119, 125, 534, 537, 561, 566 Ley, R. 636, 662 Li, K. X. 164 Li, L. 176, 203 Liberzon, I. 77, 114, 125, 126, 129, 130 Libkuman, T. M. 226, 240 Licinio, J. 658 Liddell, B. J. 122 Lieb, R. 660 Liebert, A. 479, 482 Likhtik, E. 127 Linden, W. 620 Lindenberger, U. 560 Lindquist, K. A. 17 Lindsay, D. S. 132, 160 Lindsay, J. J. 419, 433 Lindzey, G. 282, 432, 526 Linley, P. A. 564 Lior, R. 648, 662 Liotti, M. 75, 110, 125 Lipp, O. V. 175, 195, 220, 241 Lippman, D. 636, 657 Lipps, T. 427, 439 Lischetzke, T. 510, 522 Lister, R. G. 617 Litt, J. 139, 159 Little, T. D. 550, 560 Liu, T. J. 139, 160 Lively, K. J. 351, 352, 382 Locke, E. A. 148, 161 Loewy, A. D. 71 Loftus, E. F. 173, 196, 229, 230, 238 Loftus, G. R. 230, 238 Löllgen, H. 323, 334 London, H. 610 Looft, W. R. 546, 566 Lorr, M. 592, 618 Losch, M. E. 412, 432 Losoya, S. H. 568 Lotze, M. 187, 203 Lovallo, W. R. 316, 336 Löw, A. 190, 199
Lozano, A. M. 75 Lubin, B. 592, 622 Luck, S. J. 188, 192, 199 Luede, R. von 431, 441 Lüken, U. 23, 77 Luminet, O. 355, 356, 382, 383 Lumley, M. A. 370, 382, 549, 565 Lundh, L. G. 373, 384 Lundqvist, D. 144, 161, 190, 200, 217, 243, 416, 439 Lupson, V. 662 Lushene, R. E. 164, 579, 620 Lutzenberger, W. 666 Luu, P. 79, 121 Lycett, J. 468, 480 Lykken, D. T. 582, 615 Lynn, A. R. 139, 160 Lyon, H. M. 642, 644, 645, 650, 662 Lyons, M. J. 416, 439 Lyons, W. 252, 286 Lythgoe, D. 127
Maas, I.
550, 560 Macaulay, D. 658 Macdonald, J. 356, 358, 382 Macht, M. 203 MacKay, D. G. 228, 241 Mackie, D. M. 147, 161 Mackiewicz, K. L. 126 Mackintosh, B. 221, 241 MacLean, P. D. 24, 75 MacLeod, C. 219, 220, 230, 241, 242, 245, 593, 622, 630, 631, 643, 662, 666 MacSweeney, M. 120 Madden, L. 125 Maddock, R. J. 93, 113, 125, 638, 662 Maes, M. 651, 662 Magai, C. 361, 382, 502, 518, 566 Magnusson, J. 454, 485
Autorenregister Magoun, H. W. 24, 29, 76 Maguire, E. A. 67, 79, 114, 125 Maguire, M. 536, 562 Mahaffey, D. 192, 201 Mahurin, R. K. 75 Maia, T. V. 59, 75 Maier, S. 73, 169, 188, 197 Maier, S. F. 200, 231, 242 Maisonnette, S. S. 30, 75 Malatesta, C. Z. 533, 546, 549, 566 Malmo, R. B. 29, 75, 572– 574, 617 Malmstadt, J. R. 509, 520 Malone, B. 433 Mandl, H. 382 Mandler, G. 149, 161 Manes, F. 47, 79 Mann, J. J. 652, 653, 666 Mann, S. 429, 442 Mannhaupt, H. R. 349, 382 Mannucci, E. G. 332 Manocha, R. 514, 523 Mansell, W. 627, 631, 657, 662 Manstead, A. S. R. 138, 145, 157, 162, 248, 265, 272, 283, 287, 331, 337, 356, 357, 380, 382, 403, 413, 416, 436, 438, 439, 515, 519 Mäntysaari, M. J. 326, 334 Manuck, S. B. 330 Manusov, V. 435, 439 Marangell, L. 661 Marcel, A. J. 339, 340, 343, 382 Maree, J. G. 567 Maren, S. 184, 185, 200 Margraf, J. 636, 662 Marian, D. E. 241 Markam, S. 280, 283 Markowitsch, H. J. 21, 23, 77, 78, 127 Marks, I. M. 127 Markus, H. R. 147, 161, 235, 242, 279, 280, 283– 286
Marlot, C. 190, 202 Marlowe, D. 579, 611 Marolt, M. 366, 385 Marquardt, C. 664 Mars, R. B. 74 Marsh, A. A. 400, 439 Marshall, J. R. 580, 611, 637, 657 Martin, C. E. 314, 324, 334 Martin, G. F. 183, 200 Martin, L. L. 144, 164, 422, 442, 525 Martin, S. A. 538, 562 Martin, S. E. 518 Martis, B. 130 Martz, G.-E. 631, 664 Marwitz, M. 575, 576, 618 Maser, J. D. 199, 657 Maslach, C. 300, 334 Mason, W. A. 195 Masson, M. E. J. 224, 242 Masters, C. 429, 438 Masters, J. C. 491, 522 Masters, R. D. 428, 439 Mather, M. 547, 561, 566 Mathews, A. 219–222, 230, 241, 242, 245, 593, 622, 630, 631, 641, 643, 662, 663, 666 Mathiak, K. 130 Mathias, C. J. 122, 327, 331 Matjak, M. 178, 200 Matsumoto, D. 401, 409, 416, 439, 510, 522 Matsumura, M. 190, 201 Matt, G. E. 649, 662 Mattay, V. S. 124, 508, 520 Mattek, P. W. 243 Matthews, G. 139, 142, 161, 530, 566 Matthews, K. A. 330 Matthews, P. M. 129 Matz, D. 389, 440 Mauro, R. 271, 280, 286 Mauss, I. B. 136, 158, 159, 161, 408, 410, 439, 502, 511, 513, 519, 522 Maxeiner, M. E. 232, 241
685 Maxwell, J. S. 442 Mayberg, H. S. 41, 75 Maybery, M. T. 644, 666 Mayer, D. 235, 243 Mayer, J. D. 514, 523, 525, 530, 531, 551, 557, 566, 567, 596, 603, 610, 619 Mayer, K. R. 128 Mayer, K. U. 560 Maylor, E. A. 371, 381 Mayne, T. J. 162 Mayr, E. 467, 482 Mayring, P. 351, 382, 528, 568 Mazziotta, J. C. 124, 436, 508, 520 McCanne, T. R. 498, 523 McCarter, L. 136, 161, 408, 439 McCarthy, G. 44, 72 McClain, T. M. 491, 525 McClelland, J. L. 59, 75, 150–152, 161 McConkey, K. M. 159 McCrory, W. W. 326, 330 McDermott, J. 388, 437 McDougall, W. 467, 469, 472, 473, 482 McEwen, B. S. 39, 75 McFarland, C. 360, 382, 548, 566, 585, 605, 618 McGaugh, J. L. 39, 75, 112, 125, 226, 242 McGhee, D. E. 513, 519 McGinnis, S. 75 McGlone, F. 126 McGonagle, K. A. 661 McGorty, E. K. 229, 238 McGuire, W. J. 447, 483 McHenry, P. L. 324, 333 McHugo, G. J. 423, 428, 436, 437, 439, 498, 509, 517, 523 McInerney, S. C. 130 McIntosh, D. N. 422, 439 McIntyre, M. C. 123 McKenna, F. P. 211, 213, 242 McKenna, M. 126
686 McKoon, G. 173, 200 McLaren, D. G. 442 McLaughlin, S. C. 642, 660 McLean, A. 316, 334 McLean, A. A. 442 McLeod, D. R. 630, 636, 641, 660, 662 McManis, M. H. 178, 179, 192, 196, 200 McManus, F. 627, 657 McMullin, K. 130 McNair, D. M. 592, 618 McNally, R. J. 232, 244, 629, 663 McNamara, J. 224, 242 McNaughton, B. L. 150, 161 McNaughton, N. 59, 60, 63, 73, 578, 613 McNeely, H. E. 75 McNeely, J. 243 McNish, K. A. 73 McPherson, C. A. 636, 667 McPherson, R. 361, 382 McRae, K. 507, 508, 519, 521 Mecklinger, A. 228, 240 Medaglia, E. 362, 385 Medin, D. L. 663 Medler, M. 553, 557, 565 Meehan, O. 127 Meel, J. van 592, 610 Meerum Terwogt, M. 536, 568 Mega, M. S. 45, 47, 75 Mehler, W. R. 183, 200 Mehrabian, A. 362, 366, 383 Meichenbaum, D. A. 453, 483, 495, 523 Meier, B. P. 510, 523 Meiners, L. C. 124 Meinhardt, J. 326, 331 Meinong, A. 455, 483 Melamed, B. G. 635, 662 Melfsen, S. 634, 663 Melmed, R. N. 110, 122
Autorenregister Melo, L. L. 70 Meltzer, H. Y. 662 Meltzoff, A. N. 388, 439 Melzig, C. A. 175, 190, 200 Mendelson, M. 579, 610 Mendes, W. B. 507, 523 Mendez, M. F. 38, 71 Mendoza, S. P. 195 Menon, E. 434 Menon, R. S. 129 Mensour, B. 126, 522, 664 Mentzel, H. J. 102, 123, 129, 658 Menzies, R. G. 628, 664 Mercer, K. A. 206, 241 Merckelbach, H. 229, 238, 626, 632, 658, 663 Merikangas, K. 175, 197 Merikangas, K. R. 627, 660 Mervis, C. B. 342, 383 Merz, F. 572, 618 Mesquita, B. 147, 161, 277–280, 284, 286, 340, 355, 379, 383, 515, 521 Messina, C. 598, 616 Mesulam, M.-M. 125 Metalsky, G. L. 644, 656 Metcalfe, J. 149, 161, 235, 242 Meuret, G. 323, 334 Meyer, C. 381 Meyer, T. D. 623, 639, 640, 646, 648, 649, 660, 663 Meyer, W.-U. 248, 286, 339, 382, 446, 453, 460– 462, 466–469, 474, 482, 483 Meyer de Stadelhofen, F. 371, 386 Michael, A. 663 Michalowski, J. M. 190, 200 Mienaltowski, A. 547, 561 Mignault, A. 417, 439 Milders, M. 662 Miles, L. 428, 443 Millar, N. H. 643, 656
Miller, B. L. 45, 47, 48, 52, 75 Miller, D. R. 188, 198 Miller, G. A. 316, 334 Miller, H. L. 658 Miller, I. 661 Miller, N. E. 171, 172, 200 Miller, S. M. 597, 618 Millman, L. 163 Mills, D. E. 319, 335 Milne, A. B. 371, 381 Milner, A. D. 77 Milner, P. 24, 76 Miltner, W. 178, 200 Miltner, W. H. R. 102, 125, 129, 637, 658, 663 Mimoshima, S. 125 Mineka, S. 157, 162, 628– 631, 656, 657, 663, 666 Mini, A. 188, 200 Minoshima, S. 129 Mischel, W. 149, 161, 235, 242, 600, 605, 609, 618 Mishkin, M. 125 Mistlin, A. J. 77 Mitmansgruber, H. 249, 286 Mize, J. 17 Mock, J. 579, 610 Modell, J. G. 663 Mogg, K. 146, 161, 213, 216, 219, 220, 242, 641, 643, 656, 663 Molnar-Szakacs, I. 436 Molto, J. 176, 200 Monahan, J. L. 134, 161 Monkul, E. S. 656 Montada, L. 558, 563, 566 Montgomery, W. A. 584, 618 Montoya, P. 631, 664 Montoya, R. L. 660 Moore, G. J. 524 Moore, H. 44, 78, 127 Moore, M. K. 388, 439 Moors, A. 207, 232, 236, 242 Moradi, A. R. 649, 663 Moran, K. E. 244
Autorenregister Mordkoff, A. M. 256, 289, 499, 525 Morgan, C. A. 627, 660 Morgan, M. A. 44, 75 Morley, I. 356, 358, 382 Morrell, M. J. 123 Morris, J. S. 87, 94, 97, 113, 121, 125, 187, 200 Morris, P. E. 520 Morris, W. N. 491, 523 Morton, J. 387, 436 Moruzzi, G. 24, 29, 76 Moscovitch, D. A. 660 Moscovitch, M. 123 Moser, E. 61, 66, 78 Moskowitz, G. B. 231, 240 Mossholder, K. W. 362, 382 Mostow, A. 537, 564, 566 Mountz, J. 638, 663 Mowrer, O. H. 634, 663 Mucha, R. F. 146, 160 Mueller, C. J. 521 Mueller, J. 630, 663 Mühlberger, A. 190, 195, 203, 623, 624, 632, 634, 636, 637, 656, 663, 665 Muhlenbruck, L. 419, 433 Mulkens, S. 634, 663 Müller, M. G. 405 Müller, C. 479, 482 Muller, N. 660 Müller, W. 575, 612 Munn, P. 536, 562 Münte, T. F. 77 Muraven, M. 147, 157, 159, 504, 509, 517, 523 Murdock, T. B. 482 Murphy, D. 122 Murphy, F. C. 84, 85, 94, 99, 126, 644, 663 Murphy, S. T. 133, 134, 139, 142, 161, 162, 174, 200, 210, 243, 426, 443 Murphy, T. 129 Musch, J. 139, 160, 208, 209, 211, 224, 241, 243, 245 Myers, K. M. 34, 72
Myrtek, M. 19, 22, 72, 73, 76, 77, 325, 332, 334, 568, 574, 575, 612, 618
Nachreiner, F.
582, 618 Nachson, I. 648, 662 Nadel, L. 70, 119, 125, 159, 197 Nader, K. 654, 663 Nagai, N. 126 Nagele, T. 128 Naidu, R. K. 280, 288 Najmi, S. 647, 665 Najt, P. 656 Nakabeppu, Y. 126 Nakajima, T. 523 Nakajo, M. 126 Nakhutina, L. 70 Naqvi, N. 320, 335 Narain, C. 127 Naruo, T. 106, 126 Nathan, P. J. 524 Naumann, E. 73, 188, 197, 579, 614 Neale, J. M. 594, 616, 645, 667 Neath, I. 223, 243 Nebel, L. E. 581, 618 Neisser, U. 511, 520 Nelson, C. B. 661 Nelson, E. E. 628, 663 Nelson, G. I. 324, 334, 336 Nelson, R. J. 197 Nemeroff, C. 163 Nemeroff, C. B. 651, 665 Neshat-Doost, H. T. 649, 663 Nesse, R. M. 298, 335, 635, 636, 647, 657, 664 Nesselroade, J. R. 79 Netter, P. 66, 74, 501, 524 Neubauer, D. 643, 659 Neubauer, D. H. 158, 159, 513, 519 Neumann, O. 163, 243 Neumann, R. 134, 137, 140, 141, 143–145, 147,
687 154, 162–164, 214, 234, 243 Newman, J. P. 232, 243 Newman, J. R. 491, 525 Newman, E. 441 Newton, N. 332 Newton, T. L. 598, 599, 618 Neyer, F. 532, 566 Ng, V. W. 129 Nickola, M. 653, 664 Nicolich, M. 549, 566 Niedenthal, P. M. 139, 162, 164, 288, 379 Niepel, M. 446, 483 Nietert, J. Y. 176, 199 Nieuwenhuis, S. 74 Nieuwenhuys, R. 21, 30, 31, 34, 39, 40, 43, 64, 76 Nilsson, L. G. 162 Nimmo-Smith, I. 126, 214, 237 Nisbett, R. E. 138, 162, 455, 483 Nisenson, L. 584, 620 Nitschke, J. B. 50, 52, 74, 101, 122, 126, 521, 580, 614, 653, 657 Nix, G. 495, 523 Noam, G. G. 564 Nobre, A. 125 Nolen-Hoeksema, S. 496, 523, 524 Noll, D. 122 Nomura, M. 523 Norasakkunkit, V. 280, 290 Nordby, H. 222, 244 Norris, C. J. 412, 438 Norton, R. E. 71 Notarius, C. I. 594, 618 Notz, P. 365, 385 Nowlis, H. H. 590, 618 Nowlis, V. 590, 592, 618 Nozoe, S.-I. 126 Nunner-Winkler, G. 564 Nusbaum, A. O. 129 Nussinson, R. 140, 163
688 Nutzinger, D. O. 664 Nyklicek, I. 314, 335, 522
Oatley, K.
4, 10, 18, 169, 200, 257, 277, 284, 286, 297, 335 Oceja, L. 366, 378, 380 Ochsner, K. N. 22, 43, 67, 76, 115–117, 126, 153, 162, 227, 228, 243, 281, 286, 340, 379, 507, 508, 523 O’Connor, C. 10, 18, 351, 384 O’Connor, K. J. 127, 664 O’Doherty, J. P. 71, 79, 91, 105, 106, 122, 126, 331, 653, 664 O’Dwyer, A. M. 127 Oerter, R. 540, 563, 566 Oettingen, G. 235, 243 Ogilvie, A. 659 Ohala, J. 393, 439 Ohira, H. 508, 523 Öhman, A. 87, 122, 125, 126, 135, 136, 142, 144, 157, 160–162, 170, 187, 190, 200, 202, 217, 233, 243, 244, 275, 286, 300, 331, 416, 439, 625, 626, 628, 635, 661, 664 Okoli, R. C. 324, 336 Olds, J. 24, 76 Oliver-Rodriguez, J. C. 188, 198 Olivieri, G. 122 Olsson, A. 101, 126 Oltmanns, T. F. 647, 656 Ongur, D. 110, 120, 126 Oord, S. van der 44, 73 Opton, E. M. 597, 622 O’Reilly, R. C. 150, 161 Oreland, K. M. 243 Orr, S. P. 127, 635, 665 Ortiz, H. 73 Ortony, A. 4, 18, 142, 153, 159, 257, 262, 265, 286,
Autorenregister 297, 335, 342, 345, 380, 382, 449, 455, 483 Orwoll, L. 552, 564 Osgood, C. E. 345, 382 Öst, L.-G. 637, 657 Östberg, O. 580, 581, 615 Oster, H. 533, 566 Osterlaan, J. 520 Osterlow, J. 634, 663 Österlund, K. 229, 244 O’Sullivan, M. 418, 419, 434 Otani, H. 226, 240 Ott, U. 128, 129 Otto, J. H. 372, 382, 384 Overholser, J. C. 41, 76 Owen, A. M. 120
Paans, A. M. J. 124 Packard, M. G. 74 Pagnoni, G. 124 Palfai, T. P. 596, 619 Palmer, B. R. 514, 523 Palmer-Seal, D. 611 Palomba, D. 180, 188, 191, 200, 201 Pandya, D. N. 21, 27, 28, 33, 39–41, 43, 49, 63, 64, 76, 77 Panitz, D. 120, 508, 517 Panksepp, J. 1, 4, 16, 18, 21, 52, 53, 76, 109, 121, 124, 253, 286, 295, 328, 335, 596, 610 Pannabecker, B. J. 353, 381 Pantelis, C. 73 Papa, A. 503, 517 Pape, H. C. 39, 76 Papez, J. W. 24, 76 Papousek, H. 78 Papousek, M. 78 Paquette, V. 103, 126, 522, 638, 664 Parag, Y. 121 Pare, D. 127 Park, H.-S. 354, 384 Park, K. 107, 126 Parker, G. B. 491, 523 Parker, J. D. A. 369, 379
Parkinson, B. 138, 145, 157, 162, 248, 265, 269, 272, 286, 287, 343, 383, 389, 395, 413, 439, 492, 509, 523 Parkinson, J. A. 120, 185, 197, 200 Parr, L. A. 442 Parrish, T. B. 125 Parrott, W. G. 490, 509, 524 Parsons, O. A. 316, 336 Partridge, R. T. 382 Pascoe, J. P. 74 Pashler, H. E. 213, 218, 226, 227, 231, 240, 243, 245 Passant, U. 660 Passingham, R. E. 65, 66, 76 Pastor, M. C. 176, 200 Pasupathi, M. 563 Pathman, J. H. 572, 613 Patrick, C. J. 176, 180, 195, 199, 201 Patterson, M. L. 435, 439 Pauli, P. 146, 160, 190, 195, 203, 623, 624, 629– 633, 637, 638, 653, 656, 658–660, 663–666 Pauls, C. A. 311, 312, 337, 499, 516, 524 Pauls, J. 636, 656 Paus, T. 40, 76 Pawlik, K. 73 Paxinos, G. 200 Paykel, E. S. 663 Payne, J. W. 460, 481 Pazzaglia, P. 661 Peace, V. 428, 443 Pecchinenda, A. 214, 243, 273, 285, 287, 412, 437 Peduto, A. 122 Peeters, G. 211, 233, 243 Pelletier, J. G. 127 Pellowski, M. 627, 660 Peltonen, T. E. 326, 334 Penfield, W. 41, 76, 88, 126
Autorenregister Pennebaker, J. W. 301, 335, 362, 383, 502, 516, 524, 526, 583, 584, 586–589, 618, 619, 622 Penrod, S. D. 229, 238 Peper, E. 420, 425, 443 Peper, M. 21–23, 54, 61, 65, 66, 76–78 Pereira, J. 429, 433 Peri, T. 635, 665 Perrett, D. I. 49, 77 Perrez, M. 73 Perry, R. P. 454, 485 Persson, L.-O. 587–589, 619 Pérusse, D. 483 Pervin, L. A. 160, 242, 289, 521, 572, 617, 619 Pessoa, L. 61, 77, 100, 126, 187, 201 Peter, O. 462, 484 Petersen, S. E. 216, 222, 243 Petrides, M. 41, 77 Petrie, M. 472, 483 Petrova, G. 510, 522 Petty, R. E. 152, 159, 163, 412, 432 Pfeiffer, I. 541, 567 Pfister, H. 660 Phan, K. L. 23, 77, 84, 85, 89, 93, 94, 99, 104, 114, 126, 130, 508, 524 Phelps, E. A. 32, 74, 75, 100, 101, 112, 113, 115, 126, 127, 215, 226, 237, 243, 507, 524, 627, 664 Philippot, P. 301, 336, 337, 355, 380, 383, 427, 429, 436, 437, 439, 442, 517, 519–521, 524 Philipps, M. L. 642, 661 Phillips, J. F. 324, 333 Phillips, L. H. 371, 381 Phillips, M. L. 52, 60, 63, 77, 88, 94, 97, 98, 103, 122, 127, 129, 508, 524 Piaget, J. 534, 566 Piazza, J. R. 550, 561
Picchioni, M. M. 120 Pichler, A. 239 Pickering, T. G. 620 Picton, T. W. 192, 201 Piefke, M. 113, 127 Pieper, M. 605, 617 Piesk, J. 406, 440 Pietrini, P. 435 Pigarev, J. N. 50, 77 Pinel, E. C. 240 Pinel, P. 129 Pines, D. 484 Pirke, K. M. 636, 660 Pissiota, A. 123 Pitkänen, A. 31, 34, 70, 77, 120, 195 Pitman, R. K. 635, 665 Pittam, J. 346, 383 Pittman, T. S. 133, 159, 160 Pizarro, D. A. 530, 551, 567 Pizzagalli, D. 122, 653, 657 Plailly, J. 130 Plante, A. 416, 439 Pliner, P. 334, 336 Ploghaus, A. 101, 117, 121, 127, 129 Ploog, D. 38, 78 Plutchik, R. 4, 18, 22, 78, 293–295, 298, 326, 327, 330, 333, 335, 467, 483 Poehlmann, K. M. 330 Polan, M. L. 120 Poliakova, N. 405, 412, 417, 437 Poline, J.-B. 129 Polis, S. 442 Polivy, J. 586, 619 Pollatos, O. 300, 335 Pollock, N. L. 464, 483 Pool, J. 406, 434 Pope, L. K. 263, 264, 271, 273, 287, 289, 410, 440 Porges, S. W. 197 Porro, C. 124 Posada-Villa, J. 658 Posner, M. I. 40, 74, 78, 121, 216, 218, 219, 222, 243
689 Post, R. M. 661 Potter, D. D. 77 Poulton, R. 628, 664 Powell, M. C. 139, 152, 160, 208, 239 Power, M. J. 282, 604, 619 Powys, M. 242 Pradelli, S. 124 Prather, M. 195 Pratto, F. 139, 159, 210, 211, 233, 243 Preston, S. D. 58, 78, 427, 428, 440 Price, I. H. 658 Price, J. L. 34, 70, 120, 126, 184, 195 Priester, J. R. 234, 238 Prince, L. M. 594, 613 Prinz, W. 141, 163 Pritzel, M. 21, 78 Prkachin, K. M. 319, 335 Proctor, R. 242 Prodger, P. 391, 440 Przuntek, H. 128 Pu, J. 509, 513, 518, 525 Pujol, J. 73 Purcell, D. G. 206, 217, 243 Putnam, K. M. 122, 507, 518, 653, 657 Pyszczynski, T. 523, 604, 619
Qualls, S. H.
565 Quante, M. 121 Quick, J. 369, 381 Quigley, K. S. 305, 313, 324, 330, 368, 379 Quinlan, D. M. 370, 382 Quintin, P. 652, 664 Quirk, G. J. 100, 127, 184, 185, 200
Rachman, E. S. 657 Rachman, S. J. 627, 664 Radi, C. J. 611 Radke-Yarrow, M. 542, 569 Raichle, M. E. 89, 123 Rainville, P. 320, 335
690 Rajagopal, D. 548, 565 Ram, N. 516, 518 Ramel, W. 508, 519 Randell, T. 209, 225, 238 Rapcsak, S. Z. 159 Ratcliff, R. 173, 200 Rauch, R. A. 71 Rauch, S. L. 77, 107, 108, 121, 127, 130 Rauh, H. 533, 536, 566 Rausch, M. 128 Rawlinson, H. 242 Ray, R. D. 76, 126, 496, 523, 524 Ray, W. J. 517 Raymond, J. E. 214, 215, 244 Rayner, R. 627, 666 Ready, R. E. 361, 383 Reddy, D. P. 70 Reddy, P. S. 334 Redouté, J. 107, 127 Reed, M. A. 222, 239 Reed, S. D. 584, 614 Reekum, C. van 273, 287, 412, 440 Rees, G. 117, 124 Regli, F. 70 Reichenbach, J. R. 123, 658 Reilly, N. P. 491, 523 Reilly-Harrington, N. A. 646, 665 Reim, N. 630, 663 Reiman, E. M. 51, 52, 125 Reinders, S. A. A. T. 124 Reinshagen, G. 77 Reis, H. 507, 523 Reisberg, D. 226, 240 Reisenzein, R. 136, 158, 163, 248, 253, 255, 263, 267, 269, 271, 286, 287, 289, 300, 335, 339, 368, 382, 383, 389, 407, 408, 410, 411, 440, 446, 449, 450, 467, 483 Reizammer, J. 301, 336 Remington, R. 218, 239 Rempel-Clower, N. 70 Rémy, F. 123
Autorenregister Renner, B. 126 Renner, K.-H. 516, 524 Repa, J. C. 127 Reske, M. 78 Ressler, K. J. 651, 665 Rettek, S. I. 280, 288 Revelle, W. 589, 619 Reymert, M. L. 379, 611 Reynolds, C. F. III 666 Reynolds, S. 343, 383 Ribner, S. A. 464, 481 Ricard, M. 517, 519 Richards, A. 642, 659 Richards, J. M. 256, 284, 422, 435, 503–505, 511, 513, 516, 520, 524, 592, 614 Richardson, M. P. 79 Richter, W. 123 Ridgeway, D. 348, 383 Ridley, M. 470, 483 Rieger, E. 232, 244 Riemann, B. C. 232, 244 Riggio, R. E. 442, 594, 613 Rijmen, F. 250, 285 Rimé, B. 301, 335, 336, 355, 356, 382, 383, 437 Rinck, M. 643, 665 Ring, C. 326, 336 Ring, H. A. 661 Rippere, V. 491, 524 Rippon, G. 432 Risberg, J. 660 Ritter, W. 192, 201 Rizzolatti, G. 50, 77, 130, 427, 436, 440 Ro, T. 214, 241 Robbins, T. W. 26, 54, 71– 73, 185, 197, 200, 663 Roberts, A. C. 26, 71, 120 Roberts, R. D. 514, 525, 530, 562, 566 Roberts, T.-A. 583, 584, 619 Robertson, E. R. 76, 126, 523 Robillard, R. 125 Robins, R. W. 147, 164, 565
Robinson, J. L. 509, 513, 518, 525 Robinson, M. D. 135, 144, 156, 163, 164, 248, 263, 272, 274, 275, 287, 358– 360, 383, 510, 523 Robinson, P. 441 Robinson, S. 61, 66, 78 Robinson, T. E. 56, 70 Robles, R. 134, 163 Rochat, P. 388, 427, 440 Rockland, C. 184, 195 Rockstroh, B. 198 Rockstroh, S. 25–27, 78 Roedema, T. M. 371, 383 Roediger, H. L. 156, 160 Roemer, L. 362, 385, 510, 519 Roesch, S. C. 457, 483 Rogan, M. T. 72 Rogers, R. D. 663 Rogers, T. B. 649, 665 Rogner, J. 598, 617 Rohde, P. 645, 662 Rohrmann, S. 501, 524 Rolls, E. T. 4, 18, 38, 39, 43, 44, 47, 49, 50, 52, 55, 56, 66, 70, 74, 78, 89, 91, 100, 105, 124, 126, 127, 171, 201, 653, 664 Romanski, L. M. 44, 75 Rooney, A. 350, 380 Rosch, E. 342, 383 Roseman, I. J. 146, 163, 249, 251, 257, 260, 265, 267, 268, 271, 272, 280, 287, 288, 412, 440, 640, 665 Rosen, J. 55, 72 Rosenbaum, R. M. A. 450, 483 Rosenberg, E. L. 410, 440 Rosenblatt, J. 441 Rosenkranz, J. A. 44, 78, 100, 127 Rosenthal, R. 436 Roskos-Ewoldsen, D. R. 139, 142, 163
Autorenregister Rösler, F. 76, 337 Ross, L. 455, 483 Ross, M. 360, 382, 548, 566 Rossier, J. 371, 386 Rossnagel, C. 160 Roth, G. 656 Roth, S. 495, 524 Roth, W. T. 320, 333, 634– 636, 656, 659 Rothbart, M. K. 40, 78, 495, 518, 538, 543, 566, 567, 593, 619 Rothbaum, S. 495, 524 Rothermund, K. 205, 208, 210–212, 224, 225, 231– 233, 235, 236, 237, 238, 244, 245 Rotshtein, P. 122, 300, 331 Rottenberg, J. 623, 647, 650, 665 Royet, J.-P. 130 Rozin, P. 148, 163 Rubinsztein, J. S. 659, 663 Ruchkin, D. S. 192, 201 Rudolph, U. 445, 446, 449, 450, 453, 457, 459, 465, 479, 480, 481–483 Ruffalo, D. 176, 199 Rugg, M. D. 227, 228, 244 Ruggero, C. J. 646, 661 Ruiz-Belda, M. A. 410, 413, 434, 440 Ruiz-Padial, E. 176, 201 Runge, U. 184, 202 Russell, C. 214, 241 Russell, D. 144, 164, 453, 485 Russell, J. 244 Russell, J. A. 168, 201, 249, 278, 283, 284, 288, 289, 346, 349, 353, 354, 362, 366, 376, 379, 380, 383, 386, 389, 390, 394, 396– 400, 402, 404, 408, 412– 415, 417, 420, 434, 435, 440, 441, 443, 528, 562, 567, 590, 591, 609, 619
Russo, R. 213, 215, 223, 239 Rustemeyer, R. 461, 483 Rusting, C. L. 495, 524, 604, 619 Ruther, E. 636, 656 Ruthruff, E. 218, 243 Ruvolo, A. 235, 242 Ryu, S. B. 126
Saarijarvi, S.
369, 371, 383, 384 Saarni, C. 530, 531, 539, 544, 558, 567 Sabatinelli, D. 121, 187, 196, 198, 201 Sabini, J. 265, 288, 477 Safer, M. A. 229, 244, 584, 619 Safian, P. 575, 612 Safran, J. D. 659 Sagrati, S. 645, 659 Saha, S. 70 Sahakian, B. J. 659, 663 Salisch, M. von 527, 530, 532, 537, 538, 541, 561, 562, 567, 568 Salminen, J. K. 369, 371, 383, 384 Salovey, P. 514, 523, 525, 530, 531, 551, 557, 558, 566, 567, 569, 590, 596, 603, 604, 613, 615, 619, 620 Salthouse, T. A. 567 Saltzberg, J. A. 603, 622 Sammer, G. 124, 129 Sanbonmatsu, D. M. 152, 160, 208, 239 Sanches, M. 656 Sanchez, M. A. 410, 434 Sandblom, J. 123 Sander, D. 156, 163, 250, 284 Sanders, A. F. 243 Santa-Maria, G. 611 Saper, C. B. 44, 71, 111, 128 Sapolsky, R. M. 39, 75
691 Sargeant, J. A. 199 Sarinopoulos, I. 126 Sarlo, M. 180, 201 Saron, C. D. 139, 159, 294, 331, 638, 657 Sarter, M. 300, 330 Sarty, M. 387, 435 Saß, H. 623, 665 Sato, A. 523 Sato, K. 271, 280, 283, 286 Sato, W. 190, 201 Satz, P. 71 Scabini, D. 529, 560 Scandolara, C. 50, 77 Schachter, J. 315, 336 Schachter, S. 168, 201, 300, 302, 336, 582, 619 Schacter, D. L. 150, 152, 163, 173, 202 Schaefer, H. S. 126 Schaefer, R. 371, 384 Schaefer, S. M. 508, 525 Schafe, G. E. 654, 663 Schäfer, A. 102, 103, 128, 665 Schaie, K. W. 563, 567, 568 Schalekamp Weisman, M. 435 Schaller, E. 624, 665 Schandry, R. 300, 326, 331, 335 Scharnowski, F. 130 Scheier, M. F. 6, 17, 328, 331, 503, 511, 518, 599, 610 Schell, A. E. 195 Scher, C. D. 647, 665 Scherer, K. R. 1, 4, 7, 17, 17, 18, 22, 61, 67, 78, 136, 145, 149, 154, 156, 161, 163, 198, 248–251, 257, 258, 263, 264, 267– 269, 271–275, 279, 280, 282, 284–290, 294, 297, 301, 311, 312, 333–337, 346, 374–376, 378, 380, 383–385, 393, 394, 399, 401, 404–406, 409–411,
692 415, 431, 435–438, 440, 441, 449, 480, 484, 487, 521, 522, 525, 528, 567, 572, 592, 597, 598, 601, 609, 611, 616, 619–621, 665 Scherer, T. 337 Scherer, U. 409, 441, 620 Scheve, C. von 77, 285, 431, 441 Schiel, S. 366, 379 Schienle, A. 88, 102–104, 124, 128–130, 624, 665 Schiepek, G. 67, 78 Schimmack, U. 212, 244, 364, 368, 383, 384 Schipper, E. M. 490, 520 Schlenker, B. R. 447, 484 Schmaltz, S. 663 Schmeichel, B. J. 509, 518, 525 Schmid, A. 175, 198, 201 Schmid, H. 314, 337 Schmid, J. 429, 434 Schmidt, L. A. 337 Schmidt, R. F. 21, 25, 36– 38, 70, 78 Schmidt, S. 264, 290, 412, 441 Schmidt-Atzert, L. 22, 78, 248, 289, 301, 336, 339, 343, 349–352, 354, 358, 364, 384 Schmidt-Daffy, M. 337, 384, 564, 659 Schmukle, S. C. 512, 513, 518, 519, 591, 598, 612, 620 Schmutzer, G. 379, 381 Schneider, C. 371, 384 Schneider, E. 433 Schneider, F. 60, 78, 107, 128 Schneider, H.-J. 575, 612 Schneider, K. 295, 336 Schnitzler, A. 120 Schnitzler, H.-U. 55, 74, 175, 198, 201 Scholfield, E. J. C. 642, 659
Autorenregister Schönberger, G. 70 Schönpflug, W. 253, 287 Schooler, J. 416, 431 Schore, A. N. 119, 128 Schorr, A. 18, 163, 284– 289, 336, 375, 384, 440, 441, 665 Schotte, D. E. 244 Schouten, J. L. 435 Schreer, G. E. 502, 521 Schroeder, D. G. 360, 385 Schroeder, H. W. S. 184, 202 Schubert, E. 366, 384 Schuler, H. 514, 525 Schulter, G. 577, 620 Schultz, D. 537, 564 Schulz, R. 546, 568 Schulz, S. 141, 162 Schulze, R. 514, 525 Schuman, H. R. 41, 70 Schupp, H. T. 167, 176, 184, 187, 188, 190–192, 196, 198, 200–202, 206, 244 Schuster, P. 23, 78 Schütz, A. 516, 524 Schützwohl, A. 248, 286, 339, 382, 446, 467, 483 Schwab, F. 427, 441 Schwartz, A. R. 598, 620 Schwartz, G. E. 125, 159, 370, 382, 495, 526, 584, 611, 622 Schwartz, J. 10, 18, 351, 384 Schwartz, J. L. K. 513, 519 Schwartz, S. 187, 202 Schwartzman, A. E. 236, 239 Schwarz, N. 134, 163, 165, 210, 245, 426, 441 Schwarzer, C. 510, 525 Schwarzer, R. 510, 525 Schwenkmezger, P. 365, 385 Schwerdtfeger, A. 512, 519, 596–600, 609, 620 Schyns, P. 120, 431
Scott, H. S. 264, 289, 410, 441 Scott, J. 642, 661 Scott, J. P. 471, 484 Scott, S. K. 127 Seay, R. B. 547, 561 Seery, M. D. 507, 523 Segal, Z. V. 645, 647, 659, 665 Seibt, B. 137, 140, 149, 162–164 Seifert, J. 579, 614 Seiffer, A. 242 Seligman, M. E. 231, 242, 628, 665 Sell, R. 635, 656 Semba, K. 38, 78 Semin, G. 267, 289 Seminowicz, D. 75 Senior, C. 127 Senulis, J. A. 139, 159, 294, 331, 638, 657 Seo, J. J. 126 Séra, B. 577, 609 Serafini, M. 124 Sergerie, K. 23, 35, 65, 79, 87, 128 Sethre-Hofstad, L. 611 Settoon, R. P. 362, 382 Sewards, M. A. 30, 31, 38, 79 Sewards, T. V. 30, 31, 38, 79 Sexter, M. 433 Seymour, B. 71, 79 Shade, R. 125 Shafto, M. 241 Shagass, C. 572–574, 617 Shalev, A. Y. 635, 665 Shanks, R. G. 326, 336 Shapiro, K. L. 214, 215, 244 Sharma, D. 211, 213, 217, 218, 238, 242 Sharrock, R. 630, 666 Shattan, S. 322, 331 Shaver, J. A. 334 Shaver, P. 10, 18, 287, 288, 351–354, 384
Autorenregister Shaver, P. R. 372, 381 Sheline, Y. L. 652, 654, 665 Shelton, R. C. 647, 658 Shelton, S. E. 628, 663 Shepard, S. A. 568 Shergill, S. S. 120 Sherry, D. F. 150, 152, 163 Shields, S. A. 253, 255, 289, 300, 336 Shimamura, A. P. 228, 239 Shin, L. M. 127, 130 Shlien, J. M. 661 Shoda, Y. 600, 605, 609, 618 Shulman, G. L. 218, 238 Shulman, T. 510, 520 Siemer, M. 263, 267, 268, 289 Sigelman, J. D. 578, 614 Silke, B. 324, 334, 336 Silver, M. 265, 288 Simons, A. D. 666 Simons, R. F. 199, 371, 383 Simonsson-Sarnecki, M. 373, 384 Simpson, J. A. 284, 435, 520 Singer, J. A. 604, 615, 620 Singer, J. E. 168, 201, 300, 302, 336, 582, 619 Singer, J. L. 495, 525 Singer, T. 58, 79 Sinha, R. 316, 336 Sitarenios, G. 530, 566 Sitte, W. 371, 384 Sjöberg, L. 587–589, 619 Skelton, J. A. 588, 619 Skolaski, R. L. 243 Skov, R. B. 206, 243 Slater, P. J. B. 441 Sloan, D. M. 647, 665 Sloman, L. 482 Slomkowski, C. L. 536, 562, 568 Small, D. M. 105, 106, 128 Smelser, N. J. 566 Smith, C. A. 154, 163, 247, 249, 257, 262–264, 266, 267, 271–276, 283–285,
287, 289, 410–412, 440, 441, 509, 523 Smith, C. D. 130 Smith, D. A. 594, 616 Smith, E. R. 147, 150, 161, 163, 164, 289 Smith, G. 620, 660 Smith, H. 353, 380 Smith, M. C. 493, 526, 602, 621 Smith, N. C. 518 Smith, N. K. 233, 244 Smith, P. 428, 435, 441 Smith, P. A. 77 Smith, R. 134, 163 Smith, S. M. 121, 129 Smith Pasqualini, M. C. 442 Smits, D. J. M. 376, 381 Smolenski, C. 540, 563 Snyder, D. K. 284, 435, 520 Snyder, S. S. 495, 524 Snykes, R. N. 520 Soares, J. C. 652, 653, 656, 666 Soares, J. J. F. 135, 136, 142, 162, 275, 286, 626, 635, 664 Sollers, J. J. III 176, 201 Solomon, A. 120 Solomon, R. C. 147, 164 Solomon, R. L. 235, 244 Solomon, R. M. 658 Somerville, L. H. 442 Sonnenschein, R. R. 338 Sorce, J. F. 534, 568 Sorensen, R. E. 215, 244 Sorenson, E. R. 397, 434 Sorrentino, R. M. 164, 568 Soto, J. A. 169, 202 Southwick, S. M. 627, 660 Spangler, G. 532, 540, 568 Speisman, J. C. 256, 289, 525 Spence, E. L. 176, 196, 202 Spiegel, J. P. 572, 613 Spiegel, N. H. 498, 526 Spiegel, S. 156, 160
693 Spielberger, C. D. 158, 164, 579, 590, 620 Spielhofer, C. 271, 287 Spielman, L. A. 139, 159 Spiers, H. J. 67, 79 Spigel, I. M. 334, 336 Spinhoven, P. 510, 519 Spinrad, T. L. 489, 519 Spital, S. 325, 334 Spitzer, R. L. 588, 616 Sprecher, S. 346, 355, 359, 385 Spreer, J. 77 Sprengelmeyer, R. 97, 103, 128 Sprung, L. 287 Spruyt, A. 209, 225, 244 Spyer, K. M. 71 Squire, L. R. 173, 202 Srivastava, S. 510, 521 Sroufe, L. A. 533, 534, 540, 568 Srull, T. K. 159, 282, 615 Stahl, T. 429, 434 Stange, A. 564 Stanger, C. 535, 539, 565, 566 Stankov, I. 530, 562 Stansbury, K. 489, 525 Stapel, D. A. 144, 149, 157, 164 Stappen, I. 120 Stark, R. 100, 103, 107, 108, 110, 124, 128–130, 187, 198, 638, 656, 665 Starkstein, S. E. 47, 79 Startup, M. 642, 662 Staub, F. 71 Staudinger, U. M. 560 Staufenbiel, T. 271, 282 Stefan, R. L. 630, 662 Stegagno, L. 180, 201 Stegge, H. 535, 536, 562, 568 Steidle, S. 176, 203 Steimer-Krause, E. 428, 436 Stein, M. B. 660 Steinberg, L. 556, 568
694 Steiner, J. E. 144, 164 Steinhäuser, N. 147, 162 Steinmayr, R. 514, 517 Steins, G. 466, 484 Stekelenburg, J. J. 394, 441, 442 Stemmler, G. 3, 6, 19, 57, 78, 79, 141, 164, 298, 307–314, 320, 321, 324, 325, 327, 332, 337, 501, 516, 525, 528, 568, 575, 576, 578, 600, 618, 620, 621 Stenberg, C. 353, 381 Stephan, K. E. 76 Stepper, S. 422, 425, 442, 498, 525, 592, 620 Steptoe, A. 500, 525, 585, 620 Stern, G. S. 646, 666 Stern, L. 433 Stern, P. 461, 484 Stern, R. M. 300, 336 Sternbach, R. A. 622 Sternberg, R. J. 567 Stevens, S. S. 200 Stewart, A. L. 206, 243 Stewart, H. 588, 619 Stewart, J. 236, 239 Steyer, R. 365, 385 Stipek, D. J. 147, 164 Stöber, J. 496, 517, 551, 568 Stockburger, J. 190, 200, 202, 244 Stoléru, S. 127 Stone, A. A. 618 Stone, L. D. 362, 383 Stone, V. E. 584, 620 St-Onge, M.-P. 105, 129 Stork, O. 39, 76 Storm, C. 352, 385 Storm, T. 352, 385 Stormark, K. M. 221, 222, 244 Stough, C. 514, 523 Strack, F. 134, 137, 138, 140, 143, 144, 149, 150, 152, 159, 162–164, 234,
Autorenregister 239, 243, 422, 425, 442, 498, 525, 592, 620 Straube, T. 102, 123, 129, 658 Strauman, T. J. 146, 164, 243 Strauss, M. E. 647, 665 Strelau, J. 240 Strian, F. 664 Striano, T. 388, 427, 440 Strick, P. L. 45, 69 Stroebe, W. 480 Ströhm, W. 352, 384 Ström, G. 613 Strongman, K. T. 288, 441, 617 Stroop, J. R. 210–212, 216, 222, 223, 225, 232, 245 Sturm, W. 77 Subic-Wrana, C. 370, 385 Sullivan, D. G. 418, 428, 439 Sullivan, M. W. 534, 535, 539, 565, 566 Suls, J. 495, 525 Summerfield, A. B. 301, 335, 336, 385 Sundin, Ö. 613 Supple, W. F. 74 Surprenant, A. M. 223, 243 Suslow, T. 648, 666 Sutton, S. 192, 201, 647, 658 Sutton, S. K. 6, 17, 328, 331, 579, 621 Swann, W. B. 360, 385, 544, 568 Swerdlow, N. R. 45, 46, 79 Sy, M. 129 Szwillus, G. 440
Tabbert, K.
100, 119, 129, 638, 656 Taber, K. H. 71 Tabert, M. H. 113, 129 Taghari, M. R. 649, 663 Tagiuri, R. 278, 282, 432 Tamir, M. 144, 164, 510, 525
Tanabe, H. 70 Tancer, M. E. 524 Tang, C. Y. 129 Tangney, J. P. 565 Tankova, I. 582, 621 Tartter, V. C. 394, 442 Tassinary, L. G. 200, 313, 330, 416, 435, 633, 666 Tata, P. 219, 241, 643, 662 Tausch, A. 365, 381, 590, 612, 616 Tausch, A. P. 596, 621 Taussig, H. N. 55, 70 Taylor, D. M. 415, 435 Taylor, F. 130 Taylor, G. J. 369, 379 Taylor, J. K. 241 Taylor, S. E. 235, 245, 496, 525 Taylor, S. F. 77, 113, 115, 125, 126, 129 Taylor, S. H. 324, 334, 336 Tcherkassof, A. 264, 284, 400, 402, 435 Teasdale, J. D. 114, 129, 154, 164 Tedeschi, J. T. 516, 524 Tellegen, A. 363, 385, 528, 569, 579, 590, 591, 621, 622 Temoshok, L. R. 522 ter Shure, E. 283 Terriere, E. 662 Terry, P. C. 341, 379 Terui, N. 305, 333 Tesla, C. 536, 562 Tessitore, A. 124, 508, 520 Thagard, P. 267, 289 Thapa, K. 280, 288 Thase, M. E. 651, 652, 666 Thayer, J. F. 93, 119, 129, 176, 201, 306, 314, 335, 337, 502, 517, 620 Thayer, R. E. 491, 525, 582, 621
Autorenregister Thériault, M. 412, 437 Thews, G. 21, 36, 37, 78 Thirion, B. 118, 129 Thomae, H. 522 Thomas, S. 206, 238 Thomas, W. 370, 385 Thompson, E. P. 156, 160 Thompson, E. R. 363, 385 Thompson, M. 641, 656 Thompson, M. E. 334 Thompson, R. A. 489–491, 526, 537, 552, 563, 568, 602, 621 Thompson-Schill, S. L. 525 Thorpe, S. 190, 202 Thunberg, M. 141, 159 Thyer, B. A. 635, 657 Tice, D. M. 147, 157, 159, 504, 509, 516, 517, 523, 526 Tillfors, M. 123 Timbremont, B. 649, 666 Timiras, P. S. 548, 568 Timmers, M. 357, 380, 515, 519 Timmers, R. 366, 385 Tinbergen, N. 467, 477, 478, 484 Todorov, A. 388, 443 Todt, D. 441 Toikka, T. B. 369, 371, 383, 384 Tomaka, J. 319, 333, 507, 511, 513, 520, 526 Tomarken, A. J. 578–580, 611, 621, 622, 631, 637, 647, 657, 658, 666 Tomkins, S. S. 408, 423, 424, 442, 603, 618, 621 Tooby, J. 468, 469, 481, 484 Torestad, B. 373, 384 Toronchuk, J. A. 16, 19, 296, 332 Toth, J. P. 132, 160 Totterdell, P. 343, 383, 492, 509, 523 Toufexis, D. J. 34, 79
Tourangeau, R. 422–424, 442 Touyz, S. W. 244 Tracey, I. 116, 121, 129 Tracy, J. L. 147, 164, 565 Traill, S. K. 659, 660 Tran, T. Q. 510, 520 Tranel, D. 51, 52, 120, 121, 156, 158, 184, 195, 420, 431 Traue, H. C. 502, 526 Treasure, J. 129 Treese, A. C. 228, 240 Trentacosta, C. 537, 566 Trepel, M. 21, 79 Trezise, L. 630, 666 Triandis, H. 450, 484 Trippe, R. 125, 637, 663 Trivers, R. L. 470, 472, 484 Trommsdorff, G. 540, 562 Trope, Y. 150, 152, 159, 160, 164, 254, 274, 282 Trumbull, R. 333, 613, 616 Tsai, J. L. 549, 563, 568 Tsutsui, J. 126 Tucker, D. 660 Tucker, D. M. 52, 58, 79, 187, 197, 577, 579, 621 Tucker, J. 271, 286 Tugade, M. M. 214, 239 Tull, M. T. 362, 369, 385 Tulving, E. 150, 152, 164, 173, 202, 228, 245 Tuma, A. H. 199 Tunstall, M. L. 347, 379 Turati, C. 388, 442 Turkkan, J. S. 618 Turner, T. J. 4, 18, 297, 335 Turpin, G. 222, 238, 337 Turvey, C. 596, 619 Tversky, A. 233, 240 Tyler, J. 515, 520
Uchida, Y. 280, 290 Uhde, T. W. 524 Uher, R. 107, 129 Uleman, J. S. 133, 164, 618
695 Ulich, D. 341, 385, 528, 543, 544, 568, 569 Ungerleider, L. G. 126, 187, 201 Urry, H. L. 521
Vaidya, J.
528, 569 Vaitl, D. 23, 55, 73, 81, 103, 128–130, 175, 176, 182, 184, 187, 198, 300, 337, 363, 366, 381, 582, 621, 635, 638, 654, 656, 660, 665 Valiente, C. 543, 568 Valk, G. 357, 380, 515, 519 Van De Poll, N. E. 199 Van den Hout, M. A. 626, 632, 635, 658, 663, 666 Van Hoesen, G. W. 41, 71 Van Lighten, O. 433 Van Mechelen, I. 250, 285, 376, 381 Vandekerckhove, M. 77, 285 VanGoozen, S. 199 VanLehn, R. 617 Vargha-Khadem, F. 125 Varner, J. L. 124 Vaughan, K. B. 428, 434, 509, 526 Vauth, R. 65, 77 Vazquez, C. 649, 662 Vehrs, W. 366, 385 Veit, R. 130 Verette, J. A. 462, 484 Verma, S. P. 324, 334 Vernon, P. E. 592, 609 Verschuere, B. 221, 241, 631, 661 Vick, S. J. 442 Vila, J. 176, 200, 201 Vilensky, J. A. 110, 130 Villarreal, V. 656 Vines, B. W. 366, 385 Vingerhoets, A. 522 Vogel, E. K. 188, 199 Vögele, C. 500, 525, 585, 620
696 Vogelgesang, J. 541, 567 Vogt, B. A. 92, 123, 130 Vohs, K. D. 516, 517, 519 Volland, C. 543, 568, 569 Volpe, G. 366, 385 Voogd, J. 21, 30, 31, 34, 39, 40, 43, 64, 76 Voon, V. 75 Voss, A. 233, 244 Vrana, S. R. 176, 202 Vrij, A. 429, 432, 442 Vuilleumier, P. 35, 79, 187, 202, 221, 240, 508, 526
Waal, F. de
472, 484 Waal, F. B. M. de 58, 78, 427, 428, 440 Wacker, J. 141, 164, 320, 337, 578, 621 Wagener, D. 70 Wager, T. 77, 126 Wager, T. D. 87, 95, 102, 104, 121, 123, 130 Wagner, A. 123 Wagner, E. 569 Wagner, H. 322, 331, 337, 370, 385, 401, 403, 407, 408, 438, 442 Walden, T. 535, 569 Walden, T. A. 493, 526, 602, 621 Waldstein, S. R. 320, 337 Walker, C. D. 236, 239 Walker, D. L. 34, 72, 79, 183, 184, 202 Walker, P. A. 370, 382 Wallace, B. A. 517, 519 Wallace, J. F. 243 Wallbott, H. G. 294, 301, 335–337, 346, 374, 385, 394, 396, 403–406, 417, 427, 431, 435, 441, 442, 572, 592, 620, 621 Waller, B. M. 392, 442 Walschburger, P. 575, 612 Walter, B. 102, 103, 124, 128, 129, 665 Walter, H. 67, 79 Wanderley, M. M. 366, 385
Autorenregister Wang, P. W. 653, 666 Wapner, S. 164 Ward, C. H. 579, 610 Warkentin, S. 660 Warrenburg, S. 178, 197 Warrington, E. K. 173, 202 Watanuki, S. 320, 338 Waters, E. 348, 383 Waters, F. A. V. 644, 666 Watkins, L. R. 169, 200 Watson, C. 495, 523 Watson, D. 363, 371, 385, 528, 569, 579, 583, 589– 592, 619, 621, 622, 623, 639, 657, 666 Watson, J. B. 627, 666 Watson, J. C. 502, 521 Watts, F. N. 220, 245, 630, 666 Weber, H. 256, 290, 487, 510, 515, 516, 522, 526 Wedekind, D. 636, 656 Weghorst, S. J. 468, 481 Wegner, D. M. 496, 505, 516, 524, 526 Wehrle, T. 263, 264, 273, 284, 287, 290 Wei, T. C. 129 Weidner, G. 586, 598, 616, 622 Weike, A. I. 99, 124, 175, 176, 184, 187, 188, 190, 198, 200, 202, 203, 244 Weil, Y. M. 121 Weiller, C. 121 Weinberger, D. A. 495, 526, 577, 579, 597, 598, 612, 622 Weinberger, D. R. 66, 73, 124, 508, 520 Weinberger, M. I. 361, 383 Weiner, B. 144, 147, 164, 259, 290, 448, 449, 452– 457, 459–466, 476, 478, 480, 482–485 Weiner, I. B. 197 Weingartner, H. J. 617 Weinstein, J. 597, 622 Weintraub, J. G. 511, 518
Weiskrantz, L. 202 Weiss, M. 535, 566 Weiss, P. H. 127 Weiss, S. M. 330 Weiss, T. 125, 330, 637, 663 Weiss, U. 128 Weisskopf, N. 117, 130 Weisz, J. R. 495, 524 Weitkunat, R. 584, 615 Wellenkamp, J. C. 283 Wellens, A. R. 134, 163 Wells, A. 139, 142, 161 Wendt, J. 187, 203 Wenger, M. A. 313, 323, 338, 572, 574, 622 Wentura, D. 139, 165, 205, 208, 210–212, 224, 225, 233, 238, 244, 245 Werner, K. H. 516, 521 West, M. L. K. 97, 130 Westphal, M. 503, 517 Weyers, P. 665 Whalen, P. J. 74, 87, 97, 121, 123, 130, 175, 184, 187, 197, 420, 421, 442 Wheatley, T. P. 240 Wheeler, R. E. 578–580, 621, 622 Whitaker, D. 144, 164 White, M. 217, 245 White, N. S. 121 White, R. 661 White, T. L. 579, 611 Whitehouse, W. G. 665 Whiting, B. 474, 485 Wickens, C. 192, 197 Wicker, B. 103, 130 Widlansky, S. 324, 333 Wiedemann, G. 190, 195, 631–633, 637, 638, 653, 656, 663, 664, 666 Wiedig, M. 516, 526 Wiemers, K. 323, 334 Wiens, S. 122, 300, 331 Wiers, R. 280, 283 Wierzbicka, A. 277, 290 Wiese, D. 528, 569 Wieser, M. J. 188, 203
Autorenregister Wilbarger, J. 135, 165 Wildgruber, D. 199 Wilhelm, F. H. 136, 158, 159, 161, 320, 333, 408, 439, 496, 513, 518, 519, 522, 524, 634–636, 647, 656, 659, 665 Wilkowski, B. M. 510, 523 Wilks, Y. 382 Williams, C. J. 133, 160 Williams, E. 482 Williams, J. M. G. 210–212, 220, 232, 245, 593, 622, 630, 649, 651, 660, 666 Williams, K. D. 16, 17 Williams, R. 219, 242, 641, 663 Williams, R. B. 330 Williams, S. C. R. 51, 52, 120, 122, 129 Williams, T. F. 548, 562 Williams-Avery, R. M. 319, 335 Willis, J. 388, 443 Willner, P. 651, 667 Wilmers, F. 576, 612 Wilms, H.-U. 550, 560 Wilson, M. 468, 481 Wilson, M. W. 663 Wilson, T. 138, 162 Wilson, T. D. 240 Wilson, V. E. 425, 443 Winder, T. 366, 379 Windmann, S. 227, 245 Winett-Peilman, C. 661 Winkielman, P. 134, 135, 137, 142, 164, 165, 210, 245, 288, 379 Winkler, P. 434 Winocur, G. 123 Winters, K. C. 645, 667 Wise, R. G. 121, 127 Wisner, K. L. 647, 665 Wittchen, H.-U. 623, 660, 665
Wittmann, W. W. 65, 79 Wohlfarth, R. 77 Wolfe, J. M. 216–218, 245 Wood, J. V. 603, 622 Woodman, G. F. 188, 199 Woodruff-Park, D. S. 548, 569 Woods, D. J. 358, 385 Woods, S. W. 175, 197, 636, 667 Woolf, A. 350, 380 Wranik, T. 558, 569 Wren, T. E. 564 Wright, C. I. 102, 123, 130 Wu, P. Y. 387, 435 Wundt, W. 571, 622 Wyer, R. S. 158, 159, 255, 282, 290, 615
Yabar, Y. 428, 443 Yale, U. 483 Yamada, J. 523 Yantis, S. 218, 245 Yarnold, P. R. 373, 380 Yee, N. 414, 427, 431 Yeomans, J. S. 176, 203 Yeterian, E. H. 21, 27, 28, 33, 39, 40, 42, 43, 49, 63, 64, 76 Yiend, J. 220, 222, 245 Yik, M. S. M. 354, 386, 400, 402, 443 Yonelinas, A. P. 227, 228, 244, 245 Yoo, S. H. 510, 522 Yoshikawa, S. 190, 201 Young, A. W. 51, 52, 121, 125, 127, 388, 432 Young, S. K. 543, 569 Youngblade, L. 536, 562 Youngstrom, E. 537, 564 Yücel, M. 73 Yule, W. 649, 663 Yurgelun-Todd, D. A. 97, 124
697
Zahn-Waxler, C.
542, 543, 569 Zaidel, D. W. 73 Zajonc, R. B. 133, 134, 136, 138, 142, 161, 162, 165, 174, 200, 210, 243, 245, 251, 255–257, 274, 290, 422, 426, 431, 443 Zald, D. H. 87, 99, 130 Zalla, T. 156, 163 Zamarripa, F. E. 125 Zammuner, V. L. 357, 386 Zanakos, S. 505, 526 Zandbergen, M. 229, 238 Zanini, S. 122, 331 Zanna, M. P. 619 Zarate, C. A. 659 Zatorre, R. J. 128 Zaudig, M. 623, 665 Zech, E. 355, 383 Zeelenberg, M. 271, 283 Zeidlin, S. 382 Zeidner, M. 525, 530, 566 Zeigarnik, B. 232, 245 Zelazo, P. D. 44, 74 Zentner, J. 77 Zhang, F. 553, 565 Zhao, S. 661 Zhao, Z. 122, 580, 610 Zhou, Y. D. 43, 79 Zhu, J. 178, 197 Ziegler, J. 440 Ziegler, M. G. 322, 338 Zilles, K. 127 Zillmann, D. 300, 338 Zimmermann, G. 371, 386 Zimmermann, J. 175, 200 Zimmermann, L. K. 611 Zmuidinas, M. 462, 484 Zoccolotti, P. 584, 613 Zschuppe, U. 366, 385 Zuckerman, M. 494, 498, 499, 526, 592, 622 Zulian, L. 434 Zwaal, C. 319, 335
Sachregister γ-Aminobuttersäure (GABA) 27
A blenkung 116 Abwehrbereitschaft 170 Abwehrreaktion 306 ACTH 37 Adrenalin-Noradrenalin-Hypothese 321 Affective Simon task 209 Affekt-Programm-Theorie 408–410 Affektintensität 373 Affektive Balance 235 Affektive Neurowissenschaft 21, 66 Affektiver Stil 57 Affektmodel der Verhaltensregulation 7 Aggression 456, 457, 470, 473 Aktionsbereitschaft 264 Aktivierungskomponenten 324 Aktivitätsniveau 650 Alexithymie 369 Alter 361, 546 Altruismus 470 Amygdala 31, 54, 85, 87–91, 94–107, 109, 110, 112–117, 119, 183, 420, 421, 638, 654 Amygdala-Läsion 184, 215 Angenehmheit, intrinsische 259 Angst 85–87, 90, 92, 97, 98, 103, 321, 327, 346, 353, 624 Ängstlichkeit 589 Angststörung 623 Angstsystem 53 Annäherung 57 Annäherungs- oder Vermeidungsverhalten 139 Annäherungsbereitschaft 170 Annäherungscharakter 234 Annäherungstendenz 212 Anorexia nervosa 106 Anpassungscheck 260
Anpassungsproblem 468 Ansatz – deskriptiver 491 – soziobiologischer 476 Antizipation 102, 116 Appraisal 411 – primäres 255 – sekundäres 255 Appraisaltheorie 375, 410, 412 – der Stressreaktionen 255 – Kernpostulat 248 Arbeitsgedächtniskapazität 214 Areal, motorisches 91 Ärger 15, 84, 92, 94, 95, 97, 115, 321, 326, 346, 354, 357, 371, 374, 376, 456, 470, 473 – alpha-adrenerge Aktivierung 314 Arousal 22, 112, 215 Assoziationskortex 93 – sensorischer 105 – visueller 103 Assoziationslernen 99, 100 Asymmetrie 638 Atmung 110 attentional blink 214, 215 attentional disengagement 213 Attributionsmuster 644 Attributionstheorien 449 Aufmerksamkeit 86, 87, 89, 91, 93, 94, 100, 104, 113, 115 – Disengagement der 222 – exogene und endogene Orientierung von 218 – explizite 186 – natürliche motivierte 186 – selektive 116, 207 – volitionale 186 Aufmerksamkeitsbias 643 – für negativ-valente Reize 220
Sachregister Aufmerksamkeitsfokus 602 Aufmerksamkeitslenkung 495 Aufmerksamkeitsregulierung 538 Aufmerksamkeitsressourcen 213, 504 Aufmerksamkeitsverzerrung 629, 640 Aufsteigendes Retikuläres Aktivierungssystem (ARAS) 24 Augenbewegung 631 Ausdruck 168 Ausdrucksdialekt, kultureller 278 Ausdruckskontrolle 423 Ausdrucksmodulation 539 Ausdrucksnorm 269 Ausdrucksregeln, kulturelle 277 Ausdrucksverhalten 264, 418 – mimisches 551 Automatizität, konditionale 208 Azetylcholin 26
B asales Vorderhirn 38, 86 Basalganglien 41, 86, 103, 104, 107 Basisemotionen 294 Basisemotionssystem 8, 296, 328 Berliner Alltagssprachliches Stimmungsinventar (BASTI) 363, 364 Beanspruchung 22 Bed nucleus der Stria Terminalis (BNST) 185 Behavioral Activation System (BAS) 578 Behavioral Ecology 430 Behavioral Inhibition System (BIS) 59, 213, 578 Belohnung 90, 109, 116 Belohnungserwartung 56 Belohnungswert 56 Beobachtungsmethode 476 Berichten von Symptomen (symptom reporting) 573, 587 Berner System 406 Bestrafung 90, 91 Bewältigung (coping) 256 Bewältigung von Emotionen 487 Bewältigungsintentionen 515 Bewältigungsmodus 606, 607 Bewältigungsstrategie 102 Bewertung (appraisal) 601 – kognitive 302 Bewertungsdimensionen 374, 376 Bewertungsgefühl 10
699
Bewertungsprozess 142 Bezugnahme, soziale 534 Bindungsqualität 542 Blood-oxygen-dependent-Reaktion (BOLD) 83 Blutdruck 87, 99 Blutdruckanstieg 86 Brückenregion 110 Bulimie 107
C hamäleon-Effekt
427 cognitive biases 630 Colliculus superior 98 context-insensitivity hypothesis 647 Copingforschung 516 core affect 377 Core Relational Theme 137, 264, 269 Corpus callosum 91 Covariation Bias 631 CRH 37 cuing 218 Cuing-Paradigma 216, 219, 222 current concern 232
D arbietungsregel, soziale 539 Defensivität 598 Depression 371, 639 Dexamethason-Suppressionstest 652 Dienzephalon 36, 37 Directed Facial Action Task 424 Disengagement-Theorie 546 Display Rules 401–403, 409–411, 413, 426, 430, 634 Dominanzhierarchie 471 Dopamin 25 dot probe 220, 221, 222 Dot probe-Paradigma 219 Dot probe-Technik 216 Dot-Probe-Deployment-Paradigma 630 Dringlichkeit 260 Dringlichkeitsmodul 275 DSM 623 E hrenkultur 279 Einfluss, experientieller 149 Einschätzungsansätze 146 Einschätzungsdimensionen 254 Ekel 84, 85, 90, 94, 95, 97–99, 103, 104, 108, 115, 346, 347, 354, 497, 551, 624
700
Sachregister
Ekelreaktion 143 Ekelsensitivität 104 elektrodermale Reaktion 86, 101 Elektroenzephalogramm (EEG) 81, 119, 637, 652 EMO 16 363, 364 Emotion 248, 445, 528 – adaptive Funktion 248 – allgemeines Modell der modernen 249 – Anzahl diskreter 249 – Auslösung 138 – Auslösung spezifischer 253 – Definition 248 – differenzielle Entwicklung 558 – erlebte somatoviszerale Aktivierung 299 – Funktionen 298 – implizite 133 – kausales Verhältnis Emotion – Appraisal 265 – kommunikative Funktion 446 – Kulturspezifität 276, 277 – kulturübergreifende 271, 276 – mentale Repräsentation 535, 552 – moralische 477 – organismische Funktion 446 – prototypische 269 – soziale Konsequenzen 506 – unbewusste 132 – Zwei-Faktoren-Theorie 300 Emotion Regulation Questionnaire (ERQ) 510, 512 Emotion-Motivations-System 90 Emotional Stroop 210–212 Emotionale Intelligenz 514 – Modell 530, 557 – Test zur Erfassung 531 Emotionsansatz, diskreter 528 Emotionsaufgabe 7 Emotionsausdruck 446, 469, 591 – Erhöhung 509 – Unterdrückung 497 Emotionsauslösung 131 – konzeptuelle 154 – schematische 154 – sensorisch-motorische 154 Emotionsentstehung 469, 489 Emotionskomponente 136
Emotionsmodell, neurobiologisches 21 Emotionsprozess 2, 533, 548, 554, 623 Emotionsregulation 84, 114, 395, 422, 423, 537, 550, 557, 602 – Arbeitsdefinition 490 – automatische 513 – Fähigkeitstest 551 – interpersonale 426 – interpersonale Konsequenzen 506 – kognitive Konsequenzen 505 – Korrelate 512 Emotionsregulationsstrategie – antezedenzfokussierte 493, 500 – Klassifikation 492 – reaktionsfokussierte 493 Emotionsstrategie 9 Emotionssystem 11 Emotionstaktik 9 Emotionstheorie – interpersonale 532 – intrapsychische 532 Emotionsunterdrückung 507 – spontane 513 Emotionswissen 348 Emotionsziel 4 Empathie 541 Endstrecke, autonome 305 Entschuldigung 462 Enttäuschungsexperiment 540 Entwicklungsaufgabe 550 Entwicklungspsychologie der Lebensspanne 527, 547, 555 Entwicklungstrend, dualer kortikaler 63 EP-Mechanismen 468 ereigniskorreliertes Potenzial (EKP) 187, 637 Erinnerung 94, 503 Erklärungsmodell 2 – biobehaviorales 3, 9 Erregung – körperliche 368 – sexuelle 108, 110 Erröten 634 Erwachsenenalter 546 Erwartung-Vorfreude 12 Erwartungsdiskrepanzcheck 260 Erwartungssystem 52 Erziehungsstil, elterlicher 542 Essstörung 106
Sachregister Evening type (E-type) 581 Evolutionsbiologie 647 Eigenschaftswörterliste (EWL) 364 Expression 391, 396, 414 Expression of the Emotions in Man and Animals 389, 390 Expressivität – emotionale 574, 591 – Kern- 595 – kognitive 595 – soziale 595 Extraversion 360, 571, 582, 589
F acial Action Coding System (FACS)
398, 404, 424, 429, 592 Facial Feedback Hypothese (FFH) 396, 422–425 feeling rules 357, 358 Filtermodell des Emotionsausdrucks 270 Fokalereignis 279 Frequenz – hohe räumliche 221 – niedrige räumliche 221 Freude 92, 94, 95, 97, 346, 357 Frontallappen 41, 88 funktionelle Magnet-Resonanz-Tomografie (fMRT) 82, 83, 118, 637 Funktionsschleife – anterior-zinguläre 46 – dorsolaterale 48 – fronto-striatale 44 – orbital-präfrontale 47 Furcht 15, 84, 86, 89, 92, 94, 95, 97, 99, 103, 104, 115, 624 Furcht-Angst 99 Furchtkonditionierung 84, 99, 100, 114 Furchtsystem 54 fusiform face area (FFA) 96, 388
G edächtnis
103, 112, 116 – autobiografisches, explizites 113, 649 – episodisches 93, 225, 230 – semantisches 223 Gedächtnismodell, parallel verteiltes 224 Gedächtnisprozess 648 Gedächtnissystem 151 Gedächtnisverzerrung 633 Gedankenexperiment 475
701
Gefühl 10, 339 – auslösende Ereignisse 374 – Differenziertheit 372 – Erinnern 358 – gemischtes 378 – Kovariation im Alltag 351 – Mitteilungsbereitschaft 355 – semantische Ähnlichkeit 351 – Taxonomie 352 – Valenz- und Erregungsfokus 367 – Wahrnehmung 367 Gefühlsansteckung 541 Gefühlsfragebogen 362 Gefühlswörter 344, 348 – Kulturvergleich 353 – Taxonomie 350 Gefühlszustände 168 Gegenregulation 236 – Mechanismen 235 Gesichtsausdruck 86, 93, 96, 97, 98, 99, 113, 387, 633, 648 – emotionaler 277 – Universalität emotionaler 278 Gleichgewicht, autonomes 574 Globus pallidus 95 Glück 115 Glücklichsein 84 Glutamat 26 Griseum centrale mesencephali 29 Gütekriterientest, methodischer 68 Gyrus – angularer 104 – anteriorer fusiformer 39, 40, 58, 88, 105 – fusiformer 93, 97, 98, 102 – inferiorer okzipitaler 96 – lateraler fusiformer 96 – okzipitaler 93 – parahippokampaler 39, 105, 106, 113 – superiorer parietaler 97, 104 – superiorer temporaler 105
H abituation 100, 102 Handlungsanalyse, naive 450 Handlungstendenzen 253 Handlungsziel 489 Hautleitfähigkeit 635 Hedonismus 452 Hemisphäre 87, 90
702
Sachregister
Hemisphärenasymmetrie 574, 576 Hemisphärenspezialisierung 576 Hemisphärenunterschied 61 Hemisphärizität 577 Herzfrequenz 635 Herzrate 87, 99 Herzwahrnehmung 111 Hilfe 456, 457 Hippokampus 34, 38, 88, 89, 105, 109, 112, 113 Hirnstamm 86, 91, 107, 109 Homöostase 111, 112 Homosexuelle 108 HPA-Achse 37 Hyperventilation 636 Hypothalamus 36, 86, 89, 90, 105, 107, 109, 110, 111 – lateraler 86, 91 Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden (HPA)-Achse 636
Ich-Andere-Unterscheidung 542 Imitation 427, 428 Impliziter Assoziationstest (IAT) 645 Impulskontrolle 47 Indikatorgefühl 10 Informationsverarbeitungsprozess – automatischer/impliziter 254 – reflektierter/expliziter 254 Inhaltsanalyse 361 Inhibition 115, 119 Insel 109 instructed fear 627 Insula 49, 96–99, 101, 102, 104–107, 111, 116, 117 – rechte anteriore 111 Interaktionismus, dynamischer 544, 560 International Affect Picture System (IAPS) 84, 206 Interozeption 111, 574, 582 – Wahrnehmung 101 James, William 293 James-Lange-Theorie 250 Jugend 532 Kampf-Flucht-System (fight/flight system) 60 Kausalattributionscheck 259
Kausaldimension 450 Kindheit 532 Kliff, visuelles 534 Kognitiv-affektives Persönlichkeitssystem (CAPS) 600 Kommunikation 344 – interpersonale 506 Kommunikationsgenauigkeit 354 Kompetenz, emotionale 530, 535, 556 Komplex, limbisch-hypothalamischer 30 Komponenten-Prozess-Modell 258 Komponentenmodell somatoviszeraler Reaktionen 325 konditionierter Stimulus (CS) 99, 100 Konditionierung, klassische 627 Konflikt 91–93, 107 Konnektivität 100 – neuroemotionaler Systeme 27 Konsolidierung 112, 113 Konstruktvalidierung 68 Kontext, sozialer 269, 387, 413 Kontexteffekte 311 Kontextreiz 627 Kontrolle, spinale und supraspinale 305 Kontrollierbarkeitscheck 260 Konvergenzzone 64 Konzequenzwahrscheinlichkeitscheck 259 Körperempfindung 300, 301 Körperfeedbacktheorie 267 Körperhaltung 347 Körpersprache 96, 98 Kortex – anteriorer 92 – anteriorer zingulärer (ACC) 89, 91– 93, 95, 109, 110, 119, 120, 653 – caudomedialer orbitofrontaler 106 – dorsaler medialer präfrontaler 116 – dorsolateraler präfrontaler 89, 91, 101, 102, 103, 104 – dorsomedialer 95 – entorhinaler 88 – extrastriärer 113, 114 – inferolateraler präfrontaler 112 – insulärer (s. a. Insula) 87–89, 91, 103, 111 – lateraler orbitofrontaler 95 – lateraler präfrontaler 107, 115 – medialer 92 – medialer orbitofrontaler 103, 109
Sachregister – – – – – – –
medialer präfrontaler 89, 113, 114 medialer zingulärer 116 okzipitaler 94, 100 okzipitotemporaler 104 olfaktorischer 89 orbitaler 59 orbitofrontaler 87, 89–91, 95, 96, 99–101, 103–106, 110, 116, 119, 120 – parietaler 91, 104, 111 – posteriorer zingulärer 92, 109 – präfrontaler (PFC) 90, 95, 98, 103, 115, 117, 508, 653 – prämotorischer 98 – primärer visueller 94, 96, 100 – retrosplenialer 92, 113 – rostraler 95 – sekundärer 89 – sekundärer visueller 94 – sensorischer 100 – somatosensorischer 96, 99, 111 – tertiärer gustatorischer 89 – ventraler parietaler zingulärer 92 – ventromedialer präfrontaler 99, 111 – visueller 100 – zerebraler 111 – zingulärer 89, 91, 93, 116 Kortisol 636, 652 Kultur – individualistische 147 – kollektivistische 147 Kulturunterschied 147 Kurzzeitgedächtnis 226
Leib-Seele-Zusammenhang
291 Lernen 112, 116 Lernprozess 90 Levels of Emotional Awareness Scale (LEAS) 370 Limbisches System 24 Linsenmodell nach Brunswik 415 Lob 456 Locus coeruleus 86 Löschung 115 LPP-Amplitude 191 Leipziger Stimmungsbogen (LSB) 363, 364 Lüge 418, 429 Lust-Unlust 376
703
Machtcheck 260 Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT) 652 Magnetenzephalogramm (MEG) 81, 119 Manic defense-Hypothese 644 Manie 639 Marker 415 Mehrdimensionaler Befindlichkeitsfragebogen (MDBF) 363, 365 mediales Vorderhirnbündel (MVB) 30 Medulla oblongata 86 Mere-Exposure-Effekt 133 Meta-Analyse 84, 85, 89, 91, 93, 94, 99, 114 – somatoviszeraler Emotionseffekte 318 Metapher 344 Mimik 345 Mitleid 456 Modalemotion 279 Modell – der Basisemotionssysteme 6 – der Bewältigungsmodi (MBM) 605 – kathartisches 423 – kognitiv-neoassoziationistisches 266 – somatoviszeraler Emotionsspezifität 310 Modelllernen 628 Moderationen affektiver Verarbeitungsprozesse 230 mood disorders 639 Mood Repair-Hypothese 603, 604 Morning type (M-type) 581 Morningness-Eveningness 581, 582 Motivation, soziale 389, 394, 413 Motivationssystem 54 motor mimikry 355 Multidirektionalität 554 Muskeltätigkeit (EMG) 633, 636 Muster, emotionsspezifische physiologische 303 Nahrungsaufnahme 105 Negative Affektivität (NA) 574, 579, 589 Negatives-Priming-Paradigma 643 Negativierung, posteriore 188 Negativitätsbias 233 Nervensystem, autonomes 303, 548 Neueinschätzung (reappraisal) 256 Neuigkeit 259 Neurofeedback 117
704
Sachregister
Neurokulturelle Theorie 408, 409 Neuropsychotherapie 67 Neurotizismus 360, 371, 571, 589, 598 Neurotransmission 25 Neurotransmittersystem, noradrenerges und serotonerges 651 Nichtdefensive 607 Niedrigängstliche 607 Noradrenalin 25 Normenkompatibilitätscheck 261 Nucleus – accumbens 86, 91, 109, 110, 116, 117 – ambiguus 86 – basalis Meynert 88 – caudatus 104 – facialis 86 – parabrachialis 86, 111 – paraventricularis hypothalami 86 – reticularis pontis caudalis 86 – trigeminus 86
Okzipitallappen 109 Operculum 95, 106 Orientierung, motivationale 231 Orientierungsreaktion 629, 640 Panik 629 Paniksystem 53 Parietal- und Occipitallappen 50 Passion 292 Pathognomie 389 Pathosformeln 405 perceptual load 214 periaquäduktales Grau 89, 110, 116 Persönlichkeitsunterschiede 510 Perspektivenübernahme, affektive 536 Phobie 102 – soziale 103 – spezifische 179, 625 – Spinnen- 102, 103 – vom Blut-/Injektions-/Verletzungstyp 635 Physiognomie 388, 390 Physiologische Situationsspezifität 307 Physiologische Landkarten 307 Picture Emotion Scales (PES) 366 Profile of Mood States (POMS) 365 Pop-out-Phänomen 216, 217, 626
Positive Affektivität (PA) 574, 579, 590 Positive and Negative Affect Schedule (PANAS) 363, 365 Positronen-Emissions-Tomografie (PET) 82, 83 Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) 633 Potenziale, langsame positive 192 Präfrontalkortex 41 Precuneus 114 Preparedness 628 prepotency 628 Primärbewertung 601 Priming – affektives 133, 208–210, 223 – semantisches 223 Priming-Aufgabe 173 Prozess – adaptiver 488 – automatischer 131, 207 – automatischer evaluativer 138 – impliziter kognitiver 133 – kontrollierter 131 – motivationaler 145 – semantischer 144 Prozessmodell 274 Psychologie – evolutionäre 467 – kognitive 205 – naive 450 Psychophysiologischer Symbolismus 291 Pulvinar 98 Pupillenerweiterung 86 Pyramidenregionen 110
Range and Differentiation of Emotional Experience Scale (RDEES) 372 Rapid Serial Visual Presentation-Paradigma 215 Reaktion 110 – elektrodermale 86, 101, 110, 111 – gastrointestinale 110 – kardiovaskuläre 110, 111 – konditionierte 115 – körperliche 169 – unspezifische somatoviszerale 323 – vasomotorische 110 Reaktionsdissoziation 596 Reaktionsmodulation 593
Sachregister Reaktionsmuster, individualspezifische 574 Reaktionstendenz, emotionale 593 Reaktionsveränderungen 496 Reaktivität, emotionale 549 Rechtfertigung 462 Regulierung, interpersonale 540 Regulierungsstrategie, intrapsychische 540 Reiz, subliminaler 626 Reizbewertung 593 Remember versus know 228 Represser 607 Repression 597, 604 Repression-Sensitization-Skala 597 resting-state networks 65 Rezeptoren, beta-adrenerge 112 Rhythmik, zirkadiane 651 Rückzug 57
Sadomasochisten 108 Salienz 93, 94, 103, 104, 109 SAME-Modell 302 Sanktion, soziale 459 Sättigung 105 Scham 357, 456 Schema, kognitives 646 Schlaf-Wach-Zyklus 581 Schläfenlappen, anteriorer 113 Schmerz 84, 88, 101, 110, 114, 116 Schreckhaftigkeit 86 Schreckreaktion 99, 174 – Modulation 176 – Potenzierung 175 Schreckreflex 632 Schuld 456 Sekundärbewertung 601 Selbst 145 Selbst-Bewusstheit, objektive 535 Selbstberichtmethode 551 Selbstdarstellung 515 Selbstkonzept 461 Selbstregulation 516 Selektion – intersexuelle 474 – intrasexuelle 474 – natürliche 468 – somatoviszeraler Variablen 313 Self Referent Encoding Task (SRET) 649 Self-Assessment Manikin (SAM) 366
705
Sensitization 604 Sensitizer 607 Septum 30 Serotonin 25 Single-Photon-Emissions-Computertomografie (SPECT) 82, 83 Situationsauswahl 493 Situationsmodifikation 494 Social cognition-Forschung 206 Socioemotional Selectivity Theory 547 Somatic marker 58, 111 Spezifitätsforschung – Methoden 309 – somatoviszerale 315 Spiegelneuron 427, 430 Spiegelsystem 427, 428 split-brain 61 Stabilitäts-Plastizitätsdilemma 151 Stimme 346, 403, 405 – Grundfrequenz 404 Stimmung 267, 341, 343, 639 Stimmungsinduktion 642 Stimuli – noxische 88 – unerwartete 88 Stimulus Evaluation Checks (SECs) 258 – Sequenzierung 263 Störung – affektive 623 – bipolare 640 Striatum 89, 98, 106, 109, 110 – ventrales 109, 110 Stroop-Test 630, 641 Sucht 110 Sulkus – intraparietaler 98 – superiorer temporaler 96, 98 Superlinsenmodell 428 Symptom-Emotions-Checkliste 587 Symptomspezifität 574 System – hypothalamisch-hypophysäres adrenokortikales 36 – kortikoamygdaloides 33 – limbisches 63 – neuroemotionales 23 – rhombenzephales 28 – serotonerges 651 – thalamoamygdaloides 33
706
Tachykardie
Sachregister
86 Tadel 456 Tegmentum 86 Temperamentsunterschied 543 Temporallappen 49, 85, 88 – anteriorer medialer 97 Thalamus 37, 88, 96, 97, 99, 100, 104, 107, 109, 111, 116 Theorie – der Verantwortlichkeit 448 – der Leistungsmotivation 452 – kognitive 644 Theory of Mind 537 Tiermodell 625 Toronto Alexithymia Scale (TAS) 369, 372 Trait Meta Mood Scale 372 Trauer 85, 92, 94, 95, 115 Traurigkeit 16, 84, 97, 346, 347, 357 Trigeminusnerv 86 Typ-A-Verhaltensmuster 586
Umbewertung
116 – kognitive 499, 500, 502 Umweltreiz 247 Unbewusstheit 209 Universalität, minimale 399 Unkonditionierter Stimulus (US) 99 Unterdrückung des Ausdrucks 502 Unterschiede, interindividuelle 251 Untersuchungspläne 310
Vagotonie vs. Sympathikotonie
574 Valenz 112, 142, 168 Valenzasymmetrien 233 Verachtung-Ekel 16 Veränderung, kognitive 496 Verantwortlichkeit – Wahrnehmung 454 – Zuschreibung 455 Verfahren, bildgebende 507 Verhalten – expressives 647 – ontogenetische Ursache 477 – phylogenetische Ursache 478 – proximale Ursache 477 – soziales 445 – ultimative Ursache 478
Verhaltensaktivierungssystem (syn. behavioural activation system, BAS) 60 Verhaltensforschung, vergleichende 467 Verhaltenshemmungssystem 213 Verhaltensökologie 401, 413 Verhaltenstendenz, motivationale 327 Verlangen 13 Vermeidung 607 – kognitive 597, 604 Vermeidungsfokus 234 Vermeidungsreaktion 140 Vermeidungstendenz 212 Vermeidungsverhalten 634 Verstärker 105, 106 Verstärkung 90, 91 Verstärkungskontingenz 89 Vertrautheit und Erinnerung (familiarity-based and recollection-based memory) 227, 228 Vigilanz 86, 87, 94, 100, 101, 604, 607 – kognitive 607 Visuelle Suche 216–218 Vorläufer-Emotionen 534
Wahrnehmungsschwelle
135
Weinen 650 Wiedererinnern 93 Wut 85 Wutsystem 53
Zentrale versus periphere Details 229 Zentrales Autonomes Netzwerk 306 Zerebellum 103 Ziel- und Tätigkeitsfokus 233 Zieldienlichkeitscheck 260 Zielerreichung 7 Zielrelevanzcheck 259 Zingulum – anteriores 87, 88, 92, 97, 99, 102– 107, 110, 111, 116 – dorsales anteriores 117 – posteriores 91 – präfrontales 106 – prägenuales anteriores 92 Zirkadianer Rhythmus 580 Zuneigung-Wärme 14 Zwangsgedanken und -handlungen 104 Zwangsstörung 104 Zweiprozessmodell 150, 156