Copyright © 1986 für diese bearbeitete Ausgabe by GRENO Verlagsgesellschaft m.b.H. Nördlingen. Alle Rechte vorbehalten.
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Copyright © 1986 für diese bearbeitete Ausgabe by GRENO Verlagsgesellschaft m.b.H. Nördlingen. Alle Rechte vorbehalten.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung des Bearbeiters ................................................ VII Nach dem ersten deutschen Tank kam sofort die Dresdner Bank ............................................. V I I Die Dresdner Bank in der Weltwirtschaftskrise .................... XI Die Dresdner Bank in der Depression ............................ XXXI Der Kapitalhunger und seine Folgen: »Arisierung« der Wirtschaft und Zwangsarbeit ................................ XXXVIII Machtkämpfe und Nachkriegsplanungen .............................. LI V Vorgeschichte und Entstehung des Untersuchungsberichts................................................... L X X Der Kampf um die Bankenentflechtung ............................. XCIV Rettung der Kontinuität................................................... CXIII Karl Rasche in Nürnberg ........................................ CXXIX Zur Edition .............................................................. CXXXIV KAPITEL I:
Empfehlungen.................................................
KAPITEL II:
Zusammenfassung ........................................
KAPITEL III:
3 5
Die Entwicklung der Dresdner Bank
zur Großbank .................................................................... 9 KAPITEL IV:
Organisation der Dresdner Bank ................
21
Die Dresdner Bank eine Konzentration wirtschaftlicher Macht .....................
29
KAPITEL V:
KAPITEL VI:
1. 2. 3. 4. 5.
Die Inlandstätigkeit der Dresdner Bank . . Aufrüstung der Luftwaffe.............................................. Die Beschaffung von Öl ................................................ Die Dresdner Bank und die Hermann Göring-Werke . . . »Arisierung« der deutschen Wirtschaft ............................. Notifizierung der Dresdner Bank ...................................
-V-
45 49 57 71 76 84
INHALTSVERZEICHNIS
KAPITEL VII:
Die Auslandstätigkeit der Dresdner Bank 1. Die Dresdner Bank als Spionage- und Propagandastelle der Nazis.......................................................................... 2. Die Dresdner Bank in der Tschechoslowakei..................... 3. Die Dresdner Bank in Polen........................................... 4. Die Dresdner Bank in den Niederlanden.......................... 5. Die Dresdner Bank in Belgien........................................ 6. Die Dresdner Bank in den Baltischen Staaten.................. 7'. Die Tätigkeit der Dresdner Bank in anderen Ländern . . .
94 101 124 136 155 167 175
VIII: Die Dresdner Bank heute ........................
191
KAP ITEL
IX: Kurzbiographien .................................... Carl Goeta........................................................................ Wilhelm Kisskalt .............................................................. Wilhelm Avieny ............................................................. Friedrich Flick.................................................................. Heinrich Koppenberg......................................................... Karl Lindemann ............................................................... Wilhelpt Marotake ............................................................ Walther Schieber ............................................................... HansUllrich .................................................................... Hans Walz ....................................................................... Hans Puder...................................................................... Karl Rasche...................................................................... HansSchippel ................................................................... HugoZinßer.....................................................................
201 201 214 216 220 227 232 236 241 244 247 251 255 267 271
Verzeichnis der Beweisstücke ....................................... Anmerkungen zur Einleitung ....................................... Anmerkungen des Bearbeiters .......................................... Index der wichtigsten Abkürzungen................................. Register ..............................................................................
275 295 311 343 345
KAPITEL
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Einleitung des Bearbeiters
NACH DEM ERSTEN DEUTSCHEN TANK KAM SOFORT DIE DR E S DNER B ANK
»Sehr geehrter Herr Dr. Rasche! Wir hören aus unserem Kundenkreis einen kleinen scherzhaften, für Sie aber sehr schmeichelhaften Vers: Wer marschiert hinter dem ersten Tank? Das ist der Dr. Rasche von der Dresdner Bank! Dieser nette Vers wurde ... soeben anläßlich einer Unterhaltung ... über unsere Affiliationen, die einen außergewöhnlichen Umfang angenommen haben, mitgeteilt.«1 So schrieb die Filialdirektion Krefeld der Dresdner Bank AG im Herbst 1943 an jenes Vorstandsmitglied der Berliner Zentrale, das für die westdeutschen Filialbezirke, aber auch für Belgien, Holland, die Baltischen Staaten und die Tschechoslowakei (»Protektorat Böhmen und Mähren«) zuständig war. Was sie nicht wußte: der Vers, den sie kolportierte, war wahrscheinlich vier Jahre zuvor als Refrain zu einem Spottlied der tschechischen Widerstandsbewegung entstanden. Und er bezog sich ursprünglich auf ein Ereignis, über das es in einem tschechoslowakischen Regierungsbericht heißt: »Am Tage der Besetzung Prags durch das deutsche Militär, am 15. März 1939, erschien in der Böhmischen EscompteBank der Direktor der Dresdner Bank Reinhold von Lüdinghausen mit einem Stab von Mitarbeitern mit der Begründung, daß die Dresdner Bank die Böhmische Escompte-Bank übernehme. Die jüdischen Mitglieder des Vorstandes wurden aufgefordert, ihre Funktionen niederzulegen und die übrigen Funktionäre wurden der Leitung der Vertreter der Dresdner Bank unterstellt.«2
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
Karl Rasche war bei der Besetzung der Bank nicht anwesend. Aber er begann sofort im Hintergrund zu handeln. In den Berichten der Verfolgten als eiskalter Geschäftsmann und raffinierter Diplomat beschrieben, trieb er ein Spiel, das er schon vor der Annexion der Westprovinzen der Tschechoslowakei (»Sudetengebiete«) im Herbst 1938 zusammen mit leitenden Beamten des Reichswirtschafts- und -finanzministeriums sowie der Reichsbank eingefädelt hatte. Der Einsatz war hoch. Es ging um die »Übernahme« eines tschechischen Bankinstituts, an dem die Dresdner Bank keinerlei Beteiligungen hatte, zum Nulltarif. Einen Monat vor der Besetzung der »Rest-Tschechei« hatte ein Spitzenbeamter des Reichsfinanzministeriums in einer Aktennotiz festgehalten, was den Generalreferenten Hans Kehrl im Reichswirtschaftsministerium bewogen hatte, den Plan der Dresdner Bank gutzuheißen: »Die Gründe, die für das Reichswirtschaftsministerium maßgebend sind, ein großes deutsches Bankinstitut in Prag unter deutschen Einfluß zu bringen, sind neben der ... Betreuung der deutschen Industrie die Ermöglichung der Einschaltung bei den in der Tschecho-Slowakei bevorstehenden Arisierungen, die sicherstellen soll, daß der jüdische Besitz in deutsch-arische Hände überführt wird, und die Anbahnung von Beziehungen nach dem Südosten. Die Auswahl der Böhmischen Escompte-Bank erklärt sich noch besonders daraus, daß diese über wertvolle deutsche Beteiligungen in der Tschecho-Slowakei verfügt.. .«3 »Deutsch« besagt in diesem Zusammenhang nur, daß es in der Bank und den Industrieunternehmen einige deutsch sprechende Direktoren tschechoslowakischer Nationalität gab, auf deren Kollaborationsbereitschaft man besonders baute. Die Prozedur des »Erwerbs« selbst war ein Gemisch aus Erpressung, abenteuerlichen Devisenoperationen und Währungsmanipulationen. Im Herbst 1938 »übernahm« die Dresdner Bank die »Sudeten«-Filialen der Böhmischen Escompte-Bank und brachte dabei neben einem Reichsmarkbetrag von unbekannter Höhe 80000 Pfund Sterling in ihr Portefeuille. Dem damaligen Umrechnungskurs (1:12) zufolge waren etwa eine Million Reichsmark für diese englischen Noten zu bekommen. Mit Erlaubnis des Reichswirtschaftsmi-
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
nisteriums tauschte die Dresdner Bank jedoch nicht zu diesem amtlichen Kurs, sondern in blockierten Reichsmarkbeträgen (»Sperrmark«), die erheblich abgewertet waren - in diesem Fall 10:1 -, und erhielt so zehn Millionen Sperrmark. Mit diesem Betrag ging sie dann zur tschechoslowakischen Nationalbank, bei der die Reichsbank inzwischen die Übernahme aller im »Sudetenland« sistierten tschechischen Kronen mit unbeschränkter Konvertierbarkeit zu einem extrem überbewerteten Reichsmarkkurs erzwungen hatte, und tauschte den Sperrmarkbetrag in 125 Millionen tschechische Kronen ein. Ohne einen Pfennig aus den eigenen Depots lockerzumachen, hatte die Dresdner Bank die Sudetenfilialen der Böhmischen Escompte-Bank »gekauft«. Die verbleibende Summe tschechischer Kronen war so groß, daß auch gleich noch von den wichtigsten Industriebeteiligungen der Böhmischen Escompte-Bank im »Sudeten«gebiet (Poldihütte und Brünner Maschinen) Minderheitsbeteiligungen von je 25 Prozent des Aktienkapitals »erworben« werden konnten.4 Bis zum Münchner Abkommen war die Böhmische Escompte-Bank ein wohlfundiertes Institut mit einem Eigenkapital von 130 Millionen tschechischen Kronen gewesen. Erst nach der Herauslösung ihrer Filialen und Industriebeteiligungen im westlichen Grenzgebiet der CSR war sie in Schwierigkeiten geraten. Auf just diese politisch erzwungene Bilanzverschlechterung setzten die führenden Köpfe der Dresdner Bank, Carl Goetz und Karl Rasche, als sie seit dem Oktober 1938 die nächsten Schritte planten5 und dann von der Ministerialbürokratie im Februar 1939 grünes Licht erhielten. Da die Dresdner Bank ja noch immer keine Aktienbeteiligung an der Böhmischen Escompte-Bank hatte, konnte sie eine Majorität nur gewinnen, wenn sie das Kapital der tschechischen Bank unmittelbar nach der Besetzung und Übernahme der Leitung zusammenlegte und anschließend mit »eigenen« Geldern wieder aufstockte. So geschah es: unter der Regie des selbsternannten Verwaltungsratpräsidenten Rasche wurde nach der Besetzung das Stammkapital von 130 Millionen tschechischen Kronen auf 32,5 Millionen herabgesetzt und unmittelbar danach wieder auf 100 Millionen erhöht. Die Gelder für diese Zweidrittel-Beteiligung erhielt die Dresdner Bank auch dies-IX-
EINLEITUNG DES BEARBEITERS
mal von der Tschechischen Nationalbank, die ein ReichsbankKommando ebenfalls am 15. März 1939 besetzt und ihrer Gold- und Devisenreserven beraubt hatte. Weitere Millionenbeträge von tschechischen Kronen wurden für den »Erwerb« der noch verbliebenen Industriebeteiligungen der Böhmischen Escompte-Bank und für die Enteignung jüdischer Unternehmen mobilisiert, darunter allein 160 Millionen tschechische Kronen, um französische und belgische Beteiligungen auszukaufen.6 Alles in allem hatte die Dresdner Bank zwischen September 1938 und Frühjahr 1940 die Böhmische Escompte-Bank und zusammen mit ihr Schlüsselstellungen in der tschechoslowakischen Industrie zu einem Betrag von etwa 500 Millionen tschechischen Kronen »erworben«. Das eigene schmale Portefeuille war weitgehend unangetastet geblieben. Die Hauptmasse der Vermögenswerte war der Bank von den deutschen Kommissaren der Tschechischen Nationalbank zugewiesen und teilweise mit Hilfe von kombinierten Sperrmarktransaktionen zu zusätzlichen Devisenmanipulationen benutzt worden.7 Die Kapitalvermögen, die die Dresdner Bank auf diese Weise unter ihre Kontrolle brachte, wurden fast vollständig der Substanz der tschechoslowakischen Volkswirtschaft entnommen. Der Einsatzstab der Dresdner Bank wußte also, warum er sich zusammen mit der Einsatzgruppe der Deutschen Reichsbank hinter die ersten deutschen Panzerspitzen begeben hatte. Was im März 1939 in Prag geschah, war ein unerhörtes Ereignis, das es in dieser Kombination von offener Gewalt, Erpressung, Währungsmanipulation und Devisentransaktionen noch nie gegeben hatte. Bis zum Beginn der Blitzkriegsoperationen 1938/39 galten die Bankiers des »Dritten Reichs« im großen und ganzen noch als Leute, die auf Formen und Diskretion achteten und den freilich schon beträchtlich angeschwollenen schmutzigen Teil ihrer Geschäfte mit einem dichten Schleier der Geheimhaltung umgaben. Was hatte die Dresdner Bank dazu bewogen, sich nun derart sichtbar zu exponieren? Was hatte ihre Spitzenmanager veranlaßt, nicht wie die anderen Großbankkollegen zu warten, bis sie die wirtschaftspolitischen Früchte der Nazi-Eroberungen ein-X-
EINLEITUNG DES BEARBEITERS
heimsen konnten? Warum haben sie 1938/39 bei der wirtschaftspolitischen Planung der ersten Blitzkriegseroberungen an führender Stelle mitgemacht? Und warum machte dieses Verhalten danach allgemein Schule? Wir leben fast 50 Jahre nach diesen Ereignissen, und die Distanz zu ihnen wird immer größer. Unmittelbar nach dem Kriegsende war es noch anders. Eine Arbeitsgruppe der amerikanischen Militärregierung versuchte, den Geheimnissen der Dresdner Bank AG auf die Spur zu kommen. Sie schloß ihre Untersuchungen Ende April 1946 mit einem Bericht ab, der sich über weite Strecken wie ein Kriminalroman über ein gigantisches Wirtschaftsverbrechen liest. In der folgenden Einleitung soll versucht werden, diese Untersuchungsergebnisse unter Zuhilfenahme heute zugänglicher Urkundenbestände wirtschaftsgeschichtlich zu vertiefen. Die zentrale Fragestellung h^t sich jedoch nicht verändert. Warum mischte sich die zweitgrößte Bank des »Dritten Reichs« so weithin sichtbar unter die Räuber? Und warum hielt sie sich den Ruf, ein Räuber und eine Nazi-Bank dazu zu sein, so selbstgefällig zugute?
DI E DRESDNER BANK IN DER W E L T W IR T S C HA F T S KR IS E
In den Jahren 1929 und 1930 häuften sich auf den krisengeschüttelten internationalen Geld- und Kapitalmärkten Ereignisse, die selbst eingefleischte Branchenkenner kaum mehr verstanden. Deutsche Finanzgruppen operierten in Amsterdam, Zürich und New York gegen den Kurs der YoungAnleihe, jenes komplexen Anleihesystems der deutschen Regierung, mit dessen Hilfe große Teile der deutschen Reparationsschuld gerade in einen langfristigen Kredit umgewandelt worden waren. Deutsche Dollarbonds, festverzinsliche Werte amerikanischer Großbanken zur Refinanzierung nach Deutschland vergebener Kredite, erlitten einen dramatischen Kursverfall, und es stellte sich heraus, daß auch dieser »Rückgang im wesentlichen mit auf deutsche Verkäufe zurückzuführen« war. 8 Deutsche Großkonzerne, allen voran die I.G. -XI-
EINLEITUNG DES BEARBEITERS
Farben, die Großbanken, die Vereinigten Stahlwerke, Siemens, Mannesmann, Bosch und AEG, transferierten im Gegenzug beträchtliche Kapitalsummen in die Schweiz, nach Holland, Skandinavien, in die USA, nach Südosteuropa und nach Lateinamerika, um Auslandsbeteiligungen zu erwerben oder eigene Niederlassungen aufzubauen.9 Offenkundig spekulierten die potentesten deutschen Wirtschaftsgruppen mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen ihre eigene »Firma Deutschland«, und die Emissionszentren des internationalen Kreditmarktes folgerten daraus, daß »für sie die Emission deutscher Werte in Zukunft nicht mehr in Frage« komme.10 Sie zogen die Notbremse, aber die Beweggründe ihrer deutschen Geschäftspartner blieben ihnen lange verborgenGemessen an den damaligen Verhältnissen, waren Wirtschaft und Verwaltung der Weimarer Republik in gigantischer Höhe gegenüber dem Ausland verschuldet. 1930/31 standen acht Milliarden kurzfristiger Bankkredite zu Buch, zusätzlich etwa 15 Milliarden kurzfristiger Titel (Warenschulden, direkte Industriekredite), so daß jährlich 23 Milliarden prolongiert werden mußten. Hinzu kamen 2,7 Milliarden mittelfristige (zwei bis fünf Jahre) und 8,6 Milliarden langfristige Darlehen (über fünf Jahre), die Gesamtsumme der bei den Geschäftsbanken und den öffentlichen Kreditinstituten stehenden Verbindlichkeiten betrug 19,3 Milliarden Reichsmark." Ohne Berücksichtigung der Reparationen belief sich die Gesamtverschuldung auf etwa das Doppelte (ca. 35 Milliarden Reichsmark), und jährlich waren für Tilgung und Verzinsung etwa drei Milliarden aufzubringen. Hinzu kamen jährlich etwa zwei Milliarden Reparationszahlungen, die aufgrund des YoungAbkommens von 1929 zum überwiegenden Teil in langfristige Anleihen umgewandelt waren. Wenn die deutsche Wirtschaft unter diesen Voraussetzungen ihre eigene Kreditwürdigkeit untergrub und zusätzlich so demonstrativ Kapitalflucht betrieb, war es nicht verwunderlich, daß ihre ausländischen Gläubiger alsbald ihrem Beispiel folgten. Den endgültigen Anstoß zur Flucht aus den deutschen Effekten lieferten die Reichstagswahlen vom 14. September 1930, bei denen die Nazis zur wählerstärksten Partei avancierten und mit 107
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
Abgeordneten in das Parlament einzogen. Die Nazis und die Deutschnationalen hatten vor allem gegen die Young-Anleihe mobilgemacht. Die Übereinstimmung zwischen ihrer lautstarken Propaganda und der verschwiegenen Praxis der deutschen Unternehmer auf den internationalen Finanzmärkten war verblüffend. Die ausländischen Gläubiger zogen nun die Konsequenzen. Sie riefen große Teile ihrer kurzfristigen Gelder aus Deutschland zurück. Fällige Kredittermine wurden nicht mehr verlängert, mittel- und langfristige Anleihen in Kurzkredite umgewandelt. Allein von Mitte September bis Ende Oktober 1930 flössen aus der Reichsbank, den öffentlichen Kreditinstituten und den Geschäftsbanken Devisen in Höhe von einer Milliarde Reichsmark ab. Seither kam der Abzug von Geldern und Kapitalien nicht mehr zum Stillstand. Je nach den politischen Tagesereignissen verlief er phasenweise abgeschwächt oder verstärkte sich wieder. Bis zum endgültigen Zusammenbruch im Januar 1932 verloren allein die Berliner Großbanken ausländische Einlagen in Höhe von vier Milliarden Reichsmark.12 Selbst auf die sich seit dem Herbst 1930 bedrohlich zuspitzende Lage reagierten die deutschen Bankiers auffällig gelassen. Sie unternahmen auf den internationalen Geld- und Kapitalmärkten keinerlei Interventionen, um die Young-Anleihe und die deutschen Dollarbonds zu stützen. Vom Kurs dieser festverzinslichen Werte hing aber die Bereitschaft der westeuropäischen und nordamerikanischen Geldmärkte und Emissionszentren ab, ihre kurzfristigen Titel in Deutschland stehenzulassen. Noch katastrophaler wirkte sich die Tendenz der Banken aus, im Ausland kurzfristig Devisen zu ordern und ihre Auslandsguthaben abzubauen. Auch von seilen der Reichsbank geschah so gut wie nichts, wenn man von einem Zwischenfinanzierungskredit absieht, der im Herbst 1930 den dramatischen Devisenabfluß kompensieren sollte (Lee-Higginson-Kredit). Im Gegenteil: wie um den sich abschließenden internationalen Kapitalmarkt auch binnenwirtschaftlich abzuwürgen, verschärfte die Reichsbank 1930/31 ihren Restriktionskurs weiter, sorgte sich um die Überbewertung der Reichsmark und hielt die Diskontsätze hoch. Der wirtschaftspolitische Effekt war eindeutig. Im Kontext der seit dem -XIII-
EINLEITUNG DES BEARBEITERS
Oktober 1929 offen ausgebrochenen Weltwirtschaftskrise sollte die Krise in Mitteleuropa nicht etwa nur »ausbrennen«, sie wurde zusätzlich deflationistisch verschärft.13 Was ging also in Deutschland vor sich? Die gängige wirtschaftshistorische Literatur ist sich einig: die herrschenden Machtgruppen von Wirtschaft und Finanz seien schlechte Schachspieler gewesen, die einer falschen deflationistischen Lehre anhingen. Sie hätten die großen Zusammenhänge der Wirtschaftspolitik nicht verstanden, ihnen hätte das wirtschaftswissenschaftliche Rüstzeug gefehlt. Dadurch hätten sie falsche Züge gemacht, und die Krisenentwicklung sei gegen ihre besseren Absichten vertieft worden. Die Akten bestätigen diese Argumentation nicht. In ihnen sind jene angeblich gewissenhaften, aber wissenschaftlich leider falsch orientierten Schachspieler die Ausnahme. Statt dessen herrschte das Hasard vor - ein Hasard, das auf eine abenteuerliche Konzeption setzte. Unter dem Eindruck des katastrophalen Kreditabzugs vom September/Oktober 1930 schlug Oscar Wassermann, der Seniorchef der Deutschen Bank und Disconto-Gesellschaft, vor, die Nazis in die Regierung aufzunehmen.14 Sein Vorstandskollege Emil Georg von Stauß nahm Kontakt mit Hermann Göring auf, um zu sondieren, inwieweit unter nazistischer Regierungsbeteiligung der durch seine Mitverantwortung überakkumulierten Kfz-Industrie mit Hilfe eines großangelegten Rüstungsprogramms aus der Misere geholfen werden könne. Innerhalb eines Jahres arrangierte von Stauß dann das langfristige Bündnis zwischen dem Finanzpolitiker Hjalmar Schacht und Göring.15 Herbert Gutmann, der Auslandsexperte der Dresdner Bank, lotete währenddessen die internationalen Chancen einer um die Nazis »nach rechts erweiterten« Präsidialregierung aus. Gutmann berichtete, in der Londoner City sei »man sehr fest für Deutschland«, und man habe »volles Verständnis für den nationalsozialistischen Standpunkt«.16 Die führenden Köpfe der Commerz- und Privatbank AG, bislang dem Reichspräsidenten Hindenburg und seiner Umgebung verpflichtet, schlössen sich an; Friedrich Reinhart, der spätere Vorstandssprecher, unterstützte die nazistische Bewegung seit 1931 öffentlich.17 Lediglich Jacob Goldschmidt, der Chef der Darm-
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
Städter und Nationalbank, hielt auch 1930/31 noch dafür, »daß die bürgerlichen Parteien allein keine Grundlage böten« und »daß man ohne die Sozialdemokraten nicht regieren könne«. 18 Da die Großbanken im Juli 1931 in den Strudel ihrer eigenen Katastrophenpolitik gerieten, konnten ihre Hauptrepräsentanten den Kurs des »Ausbrennens« der Präsidialkabinette zugunsten der Nazis jedoch nicht beschleunigen. Sie setzten jedenfalls schon im Herbst 1930 auf die Nazis, um ihre Auslandsschulden mit Hilfe eines Moratoriums zu annullieren und die organisierte Arbeiterbewegung zu zerschlagen. Permanent gemachter Lohn- und Sozialabbau und brüske Schuldenliquidierung galten ihnen als Eckpfeiler für die künftige Reorganisation der inneren Kapitalbildung. Wenn man von den erklärten Nazianhängern von Stauß, Schacht und Reinhart absieht, war dabei den Nazis freilich nur die Rolle einer rabiaten Hilfstruppe zugedacht, die man nach getaner Arbeit wieder kaltstellen wollte. Diesem Konzept gemäß mußte der Krisenzyklus planvoll verschärft werden. Und in diesem Kontext macht der von den deutschen Finanzgruppen wesentlich mit initiierte »Run« der internationalen Geld- und Emissionsmärkte auf die »Firma Deutschland« durchaus Sinn. Indes »erweiterte« sich das Präsidialkabinett Brüning, das seit dem Sturz der großen Koalition im März 1930 regierte, keineswegs um die Deutschnationalen und die Nazis. Aber es war ein Kabinett der Großunternehmen, vielfältig von Industrie und Hochfinanz abhängig. Heinrich Brüning beispielsweise war tief in die Machenschaften verstrickt, mit denen der Zentrumsführer Kaas und die Deutsche Bank und DiscontoGesellschaft im Rheinland ein bankrottes Verlagsunternehmen des politischen Katholizismus am Leben erhielten.19 Die von der Dresdner Bank 1931/32 betriebene Sanierung des Bankhauses Hardy & Co. war mit der Organisation eines geheimen Wahlfonds für die Regierung Brüning verbunden.20 Über die Darmstädter und Nationalbank wurden umfangreiche Finanzierungsoperationen abgewickelt, die der Expansion deutscher schwerindustrieller Interessen in die Hüttenwerke des polnischen Teils von Oberschlesien dienten.21 Die Beispiele ließen sich beliebig fortsetzen. Das Kabinett Brüning
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
konnte sich zwar dem politischen Globalkonzept der Großbanken entziehen, aber es war gezwungen, seine Wirtschaftsund Revisionspolitik zu wesentlichen Teilen daran auszurichten. So machte das Kabinett Brüning eine rechtsextremistische Politik ohne die chauvinistische Rechte. Lohn- und Sozialabbau wurden von Notverordnung zu Notverordnung weiter verschärft, weil man sich aus dem Zusammenbruch der Städte, der Gemeindefinanzen und des Sozialbudgets eine Disziplinierung der gesamten Arbeiterbewegung erhoffte. Das Existenzminimum breiter Bevölkerungsschichten sollte aber auch planvoll unterschritten werden, um den Vertragspartnern von Versailles eine vollständige »Kommerzialisierung« der Reparationsverpflichtungen und eine »Stillhaltung« den kommerziellen Kreditschulden gegenüber abzutrotzen. Massenverarmung und wirtschaftspolitische Katastrophenpolitik sollten sich also in eine stille Diplomatie der Annullierung von Versailles übersetzen. Der sozial- und wirtschaftspolitische Kollaps kompensierte die noch nicht ausreichend restaurierte politische Macht: durch das Ausspielen einer ins Katastrophale gesteigerten ökonomischen Schwäche sollte das Ansinnen abgewehrt werden, zugunsten internationaler wirtschaftspolitischer Hilfsmaßnahmen den politischen Revisionsanspruch zu dämpfen. In einer Zeit des rigorosen Sozialabbaus und einer in die Milliarden gehenden krisenbedingten Kapitalvernichtung wurden Konzepte für einen deutsch-österreichischen »Anschluß«, für eine Exportoffensive nach Südosteuropa, für die Revision der polnischen Westgrenze und für eine nunmehr offene Wiederaufrüstung geboren. Was machtpolitisch nicht durchsetzbar war, sollte die ökonomische Katastrophe möglich machen. Es war eine »stille« Variante jenes Globalkonzepts der Hochfinanz und der Großindustrie sowie der Reichswehr, die freilich unter Ausschluß des politisch organisierten Rechtsextremismus durchgesetzt wurde.22 In diesem programmatischen Zusammenhang agierten die Großbanken. Auch wenn er ihnen mit seiner Abgrenzung gegenüber der politischen Rechten inkonsequent erschien, so akzeptierten sie doch die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. In den auf den Zyklus der Hyperinflation folgenden
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
Prosperitätsjahren war das imperiale Großbanksystem der wilhelminischen Ära restauriert worden. Gleichwohl war ungeliebte Konkurrenz entstanden: mächtige Sparkassen- und Genossenschaftsverbände hatten sich breitgemacht, und eine beträchtliche Zahl von Privat- und Regionalbanken hatte sich mit Hilfe der profitablen Zinssätze der Rationalisierungskredite erholt. Also konnte den Großbanken auch auf ihrem ureigensten Terrain eine reinigende Restriktionspolitik nur recht sein. Ein regelrechtes Übernahme- und Fusionsfieber setzte ein. Von der Dresdner Bank wurden zwischen 1920 und ihrem eigenen Zusammenbruch im Juli 1931 in den mittleren und östlichen Bezirken Deutschlands Dutzende von Privatbanken aufgesogen; noch 1942 rühmte sie sich, daß mit der größten Fusionswelle ihrer Geschichte zwischen 1920 und 1931 im Zeichen einer zugespitzten Kreditknappheit »auch eine wichtige volkswirtschaftliche Funktion erfüllt wurde.«23 Die Zahl der stillen Beteiligungen und Übernahmen ist bis heute nicht vollständig rekonstruiert worden. Die anderen Großbanken standen der Dresdner Bank nicht nach. Die Folge war eine verschärfte Konkurrenz untereinander, die bald groteske Formen annahm. Parallel dazu gab es 1928/29 eine Reihe verschwiegener Fusionsverhandlungen. Von besonderer Bedeutung war der Versuch der Deutschen Bank, durch einen Zusammenschluß mit der Darmstädter und Nationalbank (Danatbank) an die Montanindustrie heranzukommen24 und die riesigen Verluste bei der Rationalisierung der Kfz-Industrie und des Maschinenbaus auszugleichen. Die Verhandlungen scheiterten, und statt dessen kam es 1929 zum Zusammenschluß zwischen der Deutschen Bank und der Disconto-Gesellschaft (DeDi Bank), während die Dresdner Bank und die Danatbank im Gegenzug einen »Freundschaftsvertrag« schlössen.25 Aber auch nach dieser neuerlichen Fusionswelle blieb das Fundament der Großbanken auf Sand gebaut. Mit den Realitäten des Weimarer Wirtschaftssystems hatte ihre Geschäftsstruktur wenig zu tun, auch wenn sich die Bankmagnaten seit der Stabilisierung intensiv bemüht hatten, die Großindustrie an ihren eigenen imperialen Standard anzupassen. Sie hatten einen fatalen Mechanismus in Gang gesetzt. Milliarden kurzfristiger Auslandskredite gaben sie als langfri-
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
stige Investitionsdarlehen an die Wirtschaft weiter und verschafften ihr so trotz des fehlenden inneren Kapitalmarkts einen rasanten Rationalisierungs- und Wachstumsimpuls. Riesige Überkapazitäten wurden geschaffen, die an den beschränkten Möglichkeiten des Binnenmarktes vorbeigeplant waren. Ohne kontinuierlich hohe Auslastungsziffern war es unmöglich, die hohen Selbstkosten (Energie, Rohstoffe, Zinsen, Schuldendienst usw.) wieder hereinzuholen. Die variablen Kostenanteile aber, Löhne und Sozialabgaben, waren relativ geschrumpft. Sie fielen aufgrund der Rationalisierung der Großproduktion kaum mehr ins Gewicht, und selbst die drastischen Abbaumaßnahmen seit 1930 bewirkten keine Verbesserung der Profitlage.26 So hatten die Großbanken die Großunternehmen in eine dauerhafte Unrentabilität mit hineingezogen, die selbst in einem mit riesigen Kapitalvernichtungen einhergehenden Krisenzyklus nicht mehr kompensiert werden konnte. Es gab keinen systemimmanenten Ausweg zur klassischen kapitalistischen Profitabilität mehr - außer der staatlich finanzierten Produktionsankurbelung für eine neuerliche imperialistische Expansion. In den Chefetagen der Großbanken setzte man noch vor der Schwerindustrie und den Junkern auf das Hasardspiel der Katastrophe. Die in den Denkschriften der Banken anzutreffende Behauptung, zum Kollaps sei es vor allem deshalb gekommen, weil steigende Löhne und Sozialkosten die kurzfristigen Unternehmenskredite aufgefressen hätten27, wurde von diesen selbst als reines Ablenkungsmanöver und als an die Regierung adressierte Zweckpropaganda angesehen. In der zweiten Maiwoche des Jahres 1931 trat die mitteleuropäische Krise in ein neues Stadium, als die Insolvenz der größten österreichischen Geschäftsbank, der Österreichischen Creditanstalt, bekannt wurde. Die Zahlungsunfähigkeit der österreichischen Rothschild-Niederlassung war ein letztes Alarmzeichen. In den internen Machtzirkeln war man sich klar darüber, daß das Rothschild-Imperium durchaus solvent genug war, um diesen Zusammenbruch zumindest abzufedern; daß aber die französische Regierung wegen der prodeutschen Optionen Österreichs (Zollunion) und der damit verbundenen deutsch-österreichischen Expansionspläne in Rich-XVIII-
EINLEITUNG DES BEARBEITERS
tung Südosteuropa eine Rettungsaktion des Pariser und Londoner Zweigs der Rothschilds blockierte. Folgerichtig arbeitete die deutsche Hochfinanz unter Gustav Stolper ein Gegenkonzept aus, um im Schlepptau einer von der Bank von England aus gestarteten Stützungsoperation die Sanierung der Österreichischen Creditanstalt unter ihre Kontrolle zu bekommen.28 Dieser Schachzug war jedoch nur teilweise erfolgreich, denn die erforderlichen Sanierungsinvestitionen waren von einer Größenordnung, die die deutsche Finanzkraft überstieg. Die Brüning-Regierung versuchte dann Anfang Juni, Zugeständnisse in der Zollunionsfrage an Konzessionsforderungen in der Reparationspolitik zu koppeln. Als sie zusätzlich eine weitere Verschärfung des inneren Sozialabbaus mit außenpolitischen Drohgesten gegen die Reparationsgläubiger abfederte (»Tributaufruf« zur Notverordnung vom S.Juni 1931), hatte sie den Bogen endgültig überspannt. Die Kapitalabflüsse überstiegen innerhalb weniger Wochen alles bisher Dagewesene, entblößten die Großbanken ihrer letzten Reserven und brachten die Reichsbankdevisen unter die Deckungsgrenze.29 Jetzt dämmerte allen Beteiligten, daß der Versuch, den Katastrophenkurs auf die Gemeindefinanzen und das Sozialbudget zu beschränken und die Großbanken zu schonen, gescheitert war. Angesichts dieser Perspektive wurde es selbst dem Zyniker Hjalmar Schacht, der noch im Januar davon ausgegangen war, daß »es möglich sein müsse, die Städtekatastrophe eintreten zu lassen und gleichzeitig die Bankkatastrophe zu verhindern«30, mulmig. So machte der Katastrophenkurs auch vor seinen Urhebern nicht mehr halt. Ein Entrinnen war kaum mehr möglich. Der einzig gangbare Ausweg bestand darin, unter den Großbanken einen geeigneten Sündenbock zu finden und sich auf seine Kosten irgendwie in Sicherheit zu bringen. Eine der Großbanken mußte mit möglichst großem Abstand vor den anderen zahlungsunfähig werden. Ihr Sturz sollte endgültig zeigen, wie schlecht es um die deutsche Wirtschaft stand, und den Durchbruch in der Reparations- und kommerziellen »Stillhaltungsfrage« erzwingen, wohlgemerkt auch jetzt ohne den geringsten Abstrich von den Großmachtambitionen. Trotz der Verkündung des sogenannten Hoover-Moratoriums am 20. Juni 1931 -XIX-
EINLEITUNG DES BEARBEITERS
und der danach einsetzenden kommerziellen Stillhalteverhandlungen in London und Basel ist auch dieser Hasard-Zug nur teilweise geglückt. Nun setzte unter den Großbanken ein gnadenloser Konkurrenzkampf ein. Die offenen und stillen Reserven waren bald aufgezehrt. Um die Aktienkurse zu stützen, kauften die Großbanken schließlich an den Börsen ihre eigenen Aktienpakete auf- de facto eine getarnte Herabsetzung des Eigenkapitals: die Deutsche Bank und Disconto-Gesellschaft kaufte 105 Millionen ihres Eigenkapitals zurück, die Dresdner Bank 56 Millionen, die Commerz- und Privatbank 37,5 Millionen, und die Danatbank nahm 35 Millionen von ursprünglich 60 Millionen in ihr Portefeuille.31 Damit waren die vier Großbanken in annähernd gleichem Umfang nicht nur illiquide, sondern bankrott. Es ging seil Anfang Juli 1931 nur noch um die zeitlichen Abfolge, welche der vier Banken auch öffentlich für insolvent erklärt würde. Dabei war die Darmstädter und Nationalbank wegen ihrer notleidend gewordenen industriellen Großkredite besonders gefährdet, denn hier handelte es sich um kompakte Millionenbeträge, die sich im Fall eines Bankrotts der großindustriellen Schuldner besonders schlecht kaschieren ließen. In einigen Fällen wurde durchaus diskret geholfen. Im Fall Borsig beispielsweise wegen seiner Schlüsselrolle bei der geheimen Wiederaufrüstung der Reichswehr, fortlaufend seit 1930 auch im Hinblick auf die ost-oberschlesischen Engagements des Friedrich Flick.32 Der Bankrott des Textilkonzerns Norddeutsche Wollkämmereien (Nordwolle) ließ sich hingegen nicht vertuschen, denn die damit zusammenhängenden Betrugsmanöver und zweifelhaften Auslandsengagements wurden zuerst von Holland und England aus publik. Anfänglich wurde von einem Defizit zwischen 30 und 40 Millionen gesprochen, im Verlauf der ersten Juliwoche stellte sich heraus, daß 200 Millionen verloren waren.33 Die Hauptgläubiger der Nordwolle, an erster Stelle die Danatbank und mit gewissem Abstand auch die Dresdner Bank AG, kamen im europäischen Ausland ins Gerede. Der Zusammenbruch von Borsig und anderen Unternehmen mit starken Geheimengagements in der Aufrüstung blieb hingegen verborgen. Es gibt Anhaltspunkte
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dafür, daß der publizistisch hochgespielte Fall Nordwolle auch ein Ablenkungsmanöver in dieser Hinsicht darstellte. Im Zusammenhang mit der immer weitere Kreise ziehenden Nordwolle-Affäre wurde rasch klar: das Los, zum ersten Sündenbock zu werden, hatte tatsächlich die Danatbank gezogen. Das war auch politisch nicht inopportun, denn Jacob Goldschmidt war der einzige Großbankier gewesen, der in den vergangenen Monaten vor einer vollständigen Loslösung des Brüning-Regimes von den Gewerkschaften gewarnt und die Erfolgschancen einer verschärften Krisenpolitik eher skeptisch beurteilt hatte. Nun mußte nur ein wenig dafür gesorgt werden, daß es die Danatbank als erstes erwischte. Hier ergriffen die Chefs der Deutschen Bank und Disconto-Gesellschaft die Initiative - was die Repräsentanten der Dresdner sowie der Commerz- und Privatbank AG keineswegs entschuldigt, denn erst durch ihre Beteiligung bekam das Kesseltreiben gegen die Danatbank den Charakter einer konzertierten Aktion. Auf der Berliner Börse wurden mysteriöse Leerverkäufe von Aktienpaketen der Danatbank vor allem in die Schweiz und nach Holland getätigt, hinter denen überwiegend Geschäftspartner der DeDi-Bank standen. 34 Auf Initiative der DeDi-Bank wurde der Fall Danatbank mehrfach in schweizerischen Zeitungen »besprochen«. In zahlreichen Verhandlungen machten die DeDi-Exponenten zwischen dem 5. und l I.Juli entweder als Vertreter in eigener Sache oder als offizielle Bankenvertreter der Regierung klar, daß sie nichts davon hielten, die Danatbank zu stützen.35 Da eine behördliche »Garantierung« den anderen Großbanken in ihrer schwierigen Lage zu viel Konkurrenz mache, komme sie nicht in Frage. Verzweifelte Versuche des Danat-Managements, sich statt dessen mit Hilfe einer Aktienumlage und anderer Stützungsaktionen seitens der anderen Großbanken über Wasser zu halten, blockierten die DeDi-Banken ebenfalls. Ihr erklärtes Ziel war die Liquidierung der Danatbank so schnell wie möglich. Es war ein offenes Geheimnis, »daß man sich bei der DeDi-Bank im kleinsten Kreise auf eine Siegesfeier über Jacob Goldschmidt vorbereitete«.36 Das war die Rache für die gescheiterten Fusionsverhandlungen des Jahres 1928, eine Rache, die sehr gut mit der Absicht harmonierte, von der ins Haus stehenden
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eigenen Insolvenz abzulenken und zugleich einen weiteren Zug im Hasardspiel zu tun. Strategie, Taktik und kurzfristige Tagesinteressen paßten bestens zusammen. Nun kam aber für die Brüning-Regierung eine glatte Liquidierung der Danatbank wegen der gerade bevorstehenden Stillhalteverhandlungen für die kommerziellen Kredite nicht in Frage. Nach hektischen Konferenzen, die sich über den 11. und 12. Juli hinzogen, wurde schließlich beschlossen: am Montag, den 13. Juli 1931, bleiben die Schalter der Danatbank geschlossen, die Zahlungseinstellung wird aber mit einer Reichsgarantie für die Gläubiger verbunden. Da die Durchsicht der Geschäftsbilanzen nun auch bloßlegte, daß neben den Reserven auch ein Großteil des Eigenkapitals durch Eigenkäufe verloren war, konnte es bei der Ernennung eines Reichstreuhänders und der Reichsgarantie allein nicht bleiben. Die Option zur Sanierung der Danatbank durch Fusion mit einer anderen Großbank oder durch Kapitalzusammenlegung blieb zunächst offen.37 Indes ging, wie sich in den folgenden Tagen rasch zeigte, die Kalkulation der übrigen Großbanken nicht zur Gänze auf. Obwohl am 13. Juli keineswegs ein echter Run auf die Bankschalter einsetzte, sondern sich die Abhebungen eher auf dem Niveau eines nervösen Ultimogeschäfts bewegten, stellte die DeDi-Bank gegen Mittag ebenfalls ihre Zahlungen teilweise ein, die Dresdner und die Commerzbank folgten. Eine von der DeDi-Bank ausgearbeitete Notverordnung legalisierte nun zusätzlich zwei allgemeine Bankfeiertage. Aber die Lage war jetzt derart bedrohlich, daß die Banken erst am 5. August und die Sparkassen zwei Tage später den vollen Zahlungsverkehr wieder aufnehmen konnten. Trotz dieser Einschränkungen schien sich aber ein paar Tage lang das Grundkonzept doch noch durchzusetzen, nämlich die Danatbank als Sündenbock zu opfern und hinter ihrer öffentlich verkündeten Zahlungsunfähigkeit im Stillen eigene Rettungsschritte einzuleiten. Dabei blieb es nicht lange. Zumindest die Führung der DeDi-Bank kam rasch zu dem Schluß, auf das erste Bauernopfer müsse noch ein zweites folgen. Unter ihrer diskreten Mitwirkung wurde seit dem l I.Juli auch die Dresdner Bank in Schweizer Zeitungen »be-XXII-
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sprechen«. Einen Tag später teilte der zu einer Kabinettssitzung zugezogene Oscar Wassermann mit, »daß auch die Dresdner Bank nicht zu halten sei«38; einen Fusionsplan für die beiden notleidenden Institute unter entsprechender Reichsgarantie hatte er schon entworfen. Einen Tag vorher hatte sich Walther Frisch, neben Henry Nathan und Herbert Gutmann der führende Kopf der Dresdner Bank, noch der Boykottinitiative der DeDi-Bank gegen die Danatbank angeschlossen.39 Nun mußte er miterleben, daß auch sein eigenes Institut zum Dominostein geworden war und daß die DeDiBank erst recht begonnen hatte, die allgemeine Krise für die Eroberung einer unangefochtenen Monopolstellung im Bankwesen zu nutzen. Herr des Sanierungs- und Fusionsverfahrens in Sachen Danat und Dresdner Bank gedachte jedenfalls die Deutsche Bank und Disconto-Gesellschaft selbst zu sein. Es half dem Dresdner Bank-Vorstand wenig, daß er noch am selben Tag die Mitteilungen des Oscar Wassermann an die Regierung entrüstet dementierte. Zwar durchschaute Brüning jetzt das Spiel der DeDi-Bank: »Es war das Ringen, welche Großbank zunächst abgemurkst werden sollte. Dadurch wollten die anderen dann einen Schuldigen haben, wenn sie selbst nachher Schwierigkeiten hätten. Er habe Wassermann jetzt kennengelernt. Der Danat habe man gar nichts davon gesagt, daß man sie mit der Dresdner fusionieren wolle.«40 Tatsächlich stand die Dresdner Bank seit der dritten Juliwoche ebenfalls vor dem Konkurs. Der DeDi-Bank und der Commerz- und Privatbank gelang es hingegen, durch die rabiate Liquidierung ihrer Auslandsguthaben und anhaltende Aufkäufe von eigenen Aktienpaketen ihren eigenen Bankrott bis zur Jahreswende 1931/32 zu verschleiern. Am 15. Juli war auch die Dresdner Bank zahlungsunfähig geworden. Drei Tage Abstand zur Danatbank hatten gerade genügt, daß man mit ihr anders würde umspringen müssen als mit Goldschmidt: »Einen zweiten Zusammenbruch kann sich unser Kreditsystem nicht leisten«. 41 Hinzu kam, daß die Dresdner Bank 160 Millionen Forderungen an die Haushalte der Kommunen und Länder ausstehen hatte und daß 1400 gewerbliche Kreditgenossenschaften von ihrem Kredit abhängig waren. Den nachfolgenden Massenkollaps der Gemeinden -XXIII-
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und Kreditgenossenschaften hätte das Präsidialkabinett Brüning nicht überstanden. Aber der Überlebenskampf war alles andere als einfach. Die DeDi-Bank unternahm alles, um auch den Bankrott der Dresdner Bank öffentlich manifest werden zu lassen. Ihren in den Vortagen erarbeiteten Sanierungs- und Fusionsplan für die Danat- und die Dresdner Bank zog sie in der dritten Juliwoche zurück, denn Wassermann war »offenbar an diesem Plan nur so lange gelegen, als er geglaubt habe, damit die Dinge ganz in seine Hand zu bekommen«.42 Genauso sperrte sich DeDi-Bank-Vorstandsmitglied Georg Solmssen gegen den Vorschlag, »eine gewisse Solidargarantie unter Mitwirkung des Reiches bei der Gründung einer Akzeptbank (200 Millionen Kapital)« seitens des Bankgewerbes einzurichten, »auf welche die Dresdner Bank und die Danatbank (unter Übertragung ihrer Forderungen) ziehen sollten«.43 Erst als die Reichsbank in ihrer Not einen alternativen Fusionsplan zwischen der Dresdner Bank und der reichseigenen Reichs-Kredit-Gesellschaft AG vorlegte, konnte die Gründung einer Akzept- und Garantiebank durchgesetzt werden. Gleichwohl ging es mit der Danat- und der Dresdner Bank weiter bergab. Die DeDi-Bank drückte ihre Kurse nach Kräften, und jetzt wanderten auch immer mehr Konten von der Dresdner Bank zur DeDi-Bank ab. So mußte der offene Bankrott von der Regierung nicht nur entgegen den volkswirtschaftlichen Fakten, sondern auch gegen den Widerstand der DeDi-Bank verschleiert werden. In den letzten Julitagen kam es zu einer neuerlichen Zuspitzung des Machtkampfs, die den Ereignissen vom 11. bis 13. Juli in nichts nachstand. Aber die Regierung hatte diesmal keine andere Wahl mehr: »Das Mißtrauen gegen die Dresdner Bank hat ungeheuer zugenommen (Deutsche Orientbank, Deutsch-Südamerikanische Bank). Frisch ist zusammengebrochen. Er fürchtet, daß von den l ,2 Milliarden Guthaben etwa 800 Millionen abgezogen werden. 200 Millionen Material ist da. Das Kabinett würde stürzen, wenn die Sache mit der Dresdner Bank nicht geht. Wenn die Dresdner Bank nicht 600 Millionen habe, ist ausgeschlossen durchzuhalten. Vereinigung mit der ReichsKredit-Gesellschaft ist ausgeschlossen, weil Erka in den Ab-
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grund mit hineinkäme«.44 Um gegen das Konzept der DeDiBank zu bestehen, die jetzt mit dem Bankrott der Dresdner Bank auch auf den Sturz der Brüning-Regierung, ein neues Rechtskabinett und ein offenes Schuldenmoratorium setzte — parallel zum Angriff auf die Dresdner Bank drohten gerade die Stillhalteverhandlungen am Verhalten der DeDi-Bank-Vertreter zu scheitern -, institutionalisierte Brüning jetzt eine Gruppe von ausländischen Finanzberatern, die ihm schon in den Wochen zuvor informell zugearbeitet hatte. Mit ihrer Hilfe wurden die Schritte zur Rettung der Dresdner Bank erstmals in ein übergreifendes Sanierungskonzept eingebettet: —ein Industriellenkonsortium übernimmt die 35 Millionen Eigenkapitalverlust der Danatbank zu einem überhöhten Börsenkurs, während das Reich bei fortbestehender Garantie für die Gläubiger diesen Betrag in Schatzanweisungen vorfinanziert; - die Dresdner Bank wird mit einem Neukapital von 300 Millionen Vorzugsaktien ausgestattet, und zwar ebenfalls durch Schatzanweisungen des Reichs; - die Aufsichtsrats- und Vorstandsmitglieder beider Institute erklären sich bereit, auf Verlangen der Reichsregierung von ihren Posten zurückzutreten; —die zu gründende Akzept- und Garantiebank sichert die Zahlungsfähigkeit der beiden Großbanken, und zwar durch langfristige Kredite mindestens in der jeweiligen Höhe ihres Aktienkapitals.45 Flankierend sollte ein Stillhalteabkommen mit den ausländischen Gläubigern die derzeit noch sechs Milliarden Reichsmark kurzfristiger Schulden (parallel zum Hoover-Freijahr für die Reparationen) ein Jahr lang stornieren. Und nicht zuletzt sollte die Einführung einer Bankenaufsicht dafür sorgen, daß die Reichsbank und die Wirtschafts- und Finanzbehörden bei der Einsicht in die Bilanzverhältnisse der Großbanken nicht mehr ausschließlich von deren good will abhängig waren. Das Baseler Stillhalteabkommen wurde am 17. September unterzeichnet 46, der erste Reichskommissar für das Bankgewerbe am 19.9.1931 ernannt.47 Er war mit überraschend weitreichenden Vollmachten ausgestattet; die aber sind, wie wir sehen werden, niemals ausgeschöpft worden.
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Insgesamt hatte die Regierung Brüning bis Anfang August mit Hilfe vor allem ihrer ausländischen Berater die ersten Schritte zur Rettung der beiden zuerst bankrottgegangenen Großbanken eingeleitet - getreu der Einsicht, daß das »privatwirtschaftliche System nur zu halten (sei), wenn es gegen die Kapitalisten geschützt werde«.48 Der Erfolg der Notmaßnahmen war jedoch noch keineswegs sicher, denn die DeDi-Bank setzte ihre Obstruktionspolitik kompromißlos fort. Sie baute einen Vertrauensmann, den rheinischen Bankier Robert Pferdmenges, systematisch auf, um mit seiner Hilfe die Neubesetzung des Leitungsapparates der Dresdner Bank unter Kontrolle zu bekommen.49 Auch im Industriellenkonsortium für die Aktienübernahme der Danatbank besetzte sie die Schlüsselpositionen (Clemens Lammers und Paul Silverberg) :50 Dort optierte sie jetzt entschieden für eine Fusion zwischen der Danat- und der Commerz- und Privatbank AG, um das von den Industriellen gezeichnete Aktienkapital für die Zwecke der allmählich dringend werdenden Eigensanierung zu sich herüberzuziehen. Schließlich löste sich das Konsortium wieder in Nichts auf, als die Regierung in der dritten Krisenphase endgültig die Fusion der Danat- mit der Dresdner Bank beschloß. Sein Hauptziel, eine Ausweitung des öffentlichen Sektors im Bankwesen zu verhindern, war jedenfalls erreicht51, während Paul Silverberg auch danach Breitseiten gegen alle Formen behördlicher Sanierungspolitik abfeuerte52, Gustav Schlieper weiterhin die internationalen Stillhaltegläubiger brüskierte53 und DeDi-Bank-Vorstandsmitglied Georg Solmssen in seiner Eigenschaft als Präsident des Centralverbands des Privaten Bank- und Bankiersgewerbes jegliches Arrangement zwischen Regierung und Bankwesen blokkierte.54 Dessen ungeachtet sind der Dresdner Bank im August die 300 Millionen Reichsmark Schatzanweisungen für die Neuausgabe von Vorzugsaktien überwiesen worden, und ihre Zahlungsfähigkeit wurde genauso wie im Fall Danatbank durch die neugegründete Akzeptbank stillschweigend garantiert. Viel mehr geschah bis zur Jahreswende 1931/32 nicht. Die Akten sind voll von Verhandlungen und Krisensitzungen, und es fehlte wahrhaft nicht an Versuchen, die beiden dahinsterbenden Großbanken irgendwie wieder flott zu machen. - XXVI -
EINLEITUNG DES BEARBEITERS
Nur das Personalkarussell begann sich zu drehen. Vom Dresdner Bank-Vorstand wurden bis auf Walther Frisch und Henry Nathan alle Mitglieder entlassen (Georg Mosler, Herbert Gutmann, Paul Schmidt-Bränden und Wilhelm Kleemann), und auch die meisten Aufsichtsratsmitglieder mußten - mit Ausnahme u. a. des Vorsitzenden Fritz Andreae - ihren Hut nehmen.55 Bei der Danatbank blieben hingegen alle Personalfragen bis zur endgültigen Lösung vertagt, da es sich um eine Kommanditgesellschaft auf Aktien mit persönlich haftenden Gesellschaftern handelte. Aber die Inhaber bekamen Treuhänder vorgesetzt, Staatssekretär Bergmann aus dem Reichsfinanzministerium und den Reichsbankbeamten Hans Schippel. Die beiden arbeiteten in der Folgezeit eng mit einem seit dem 7. Oktober 1931 fest etablierten Bankenkuratorium des Reichskabinetts zusammen, in dem die Personalfrage immer mehr in den Vordergrund rückte.56 Kandidaten kamen und gingen. Nach langem Tauziehen wurden dann Samuel Ritscher, der Vorstandssprecher der Reichs-Kredit-Gesellschaft, und Carl Goetz, Vorstandsmitglied der Commerz- und Privatbank AG, an die Spitze des Vorstands und eines neu zu schaffenden Kreditausschusses der Dresdner Bank berufen. Mehr geschah nicht. Denn gegenüber der Deutschen Bank bleibt eine Regierung offensichtlich so lange handlungsunfähig, wie sie diese nicht liquidiert hat bzw. solange sich die Deutsche Bank nicht im Zustand einer publik gewordenen Zahlungsunfähigkeit befindet. Erst in der dritten Etappe der Bankenkrise, die im Dezember 1931 einsetzte und nun auch die DeDi-Bank mit sich riß, gelang es der bedrängten Regierung, sich ein Stück weit freizuschwimmen und die endgültige Sanierung der Großbanken einzuleiten.57 Das bedeutete allerdings nicht, daß sie den Vorstandsmitgliedern der DeDi-Bank nun die Rechnung für ihren Amoklauf präsentiert hätte. Der an sich fällige Canossagang blieb der DeDi-Bank und zuvor schon der Commerzund Privatbank erspart, sie genossen sogar eine diskrete Vorzugsbehandlung. Ihr wichtigstes bankpolitisches Ziel, die Liquidierung der nunmehr seit Monaten reichsgestützten Danat- und Dresdner Bank, mußten sie allerdings aufgeben. Daß die Reichsregierung im übrigen zu keinem Zeitpunkt -XXVII-
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ernsthaft mit dem Gedanken einer Verstaatlichung der Großbanken gespielt hat, ist schon erwähnt worden. Die Dezemberereignisse kamen aufleisen Sohlen. Die Commerz- und Privatbank mußte am 18. Dezember mitteilen, daß jetzt auch sie neben ihren Reserven den weitaus größten Teil des Eigenkapitals auf dem Weg der internen Stützungskäufe verloren hatte. Die Ministerialbürokratie konnte das von der Commerz- und der DeDi-Bank hartnäckig verfolgte Konzept einer Commerz-Danat-Fusion ad acta legen; bis Anfang Februar 1932 brachte die Akzeptbank 100 Millionen kurzfristige Stützungskredite auf, um den Bankrott der Commerzbank zu verschleiern.58 Im Verlauf des Januars folgte dann die DeDi-Bank, bis Anfang Februar hatte auch sie 150 Millionen vorübergehender Stützungsgelder verschlungen. Ihr Vorstand hatte bis zur äußersten Grenze gereizt. Der Kapital- und Reservebestand in Höhe von 445 Millionen Reichsmark war auf 72 Millionen Kapital und 18 Millionen Reserven zusammengeschmolzen. Keine der anderen Großbanken hatte es sich erlauben können, ihren Bankrott so lange zu tarnen. Trotzdem war sich die Regierung einig: die DeDi-Bank sollte erste Adresse bleiben, d. h. so saniert werden, daß der Eindruck entstand, es sei gelungen, »die Deutsche Bank ohne Reichshilfe flottzumachen«.59 Die Modalitäten hierzu wurden hinter den Kulissen der Regierung verhandelt. Zuerst entwickelte Wassermann einen Plan, der darauf hinauslief, den Riesenverlust überhaupt bilanzmäßig zu vertuschen. Zu den noch vorhandenen 90 Millionen Eigenkapital und Reserven sollten 75 bis 100 Millionen Kapital von befreundeten Großunternehmen zur Verfügung gestellt werden. Bekomme er dazu 200 Millionen stille Reichsanleihen, so »brauche er ... die Angaben: 445 Millionen Kapital und Reserven vorläufig nicht zu ändern, und das sei wichtig zur Vermeidung eines runs«.60 Zwar hatte einer der eingeweihten Regierungsvertreter, Staatssekretär Hans Schäffer vom Reichsfinanzministerium, »gegen dieses System, das die ganze politische Gefahr der nächsten zwei Jahre dem Reiche auferlegt, große Bedenken«; aber das Projekt kam erst zu Fall, als sich der vorgesehene großindustrielle Hauptaktionär, die I.G.Farben, wieder zurückzog: »Schmilz sei wohl
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dazu bereit gewesen, aber die beiden Chemiker Bosch und Duisberg hätten keine Neigung, die Deutsche Bank nachher am Bein zu haben«. 61 Dabei blieb es, und die DeDi-Bank mußte nach einem letzten Versuch, sich die ausgefallenen 50 Millionen der I.G.Farben aus dem Konsortialfonds der Danatbank bzw. der Bank für Industrie-Obligationen zu holen, Farbe bekennen. Ihre Bilanz wurde auf 72 Millionen Eigenkapital und 12 Millionen Reserven zusammengestrichen. Statt der erhofften 75-100 Millionen erhielt sie 22 Millionen Aktien aus befreundeten Industriekonzernen (Mannesmann, Reemtsma, Siemens).62 Die ausgebliebenen 50 Millionen wurden durch eine Stützungsaktion des Reichs (Aktienübernahme durch die Deutsche Golddiskontbank) beigesteuert. Die Reichsbeteiligung am Eigenkapital wurde vertuscht, war aber auch nach dem Ausstieg der I. G. Farben entsprechend erniedrigt, wenn man die durch die Akzeptbank gegebenen Überbrückungskredite zur Behebung der akuten Illiquidität ausklammert. So war für die Deutsche Bank und DiscontoGesellschaft doch noch »etwas gefunden worden, was möglichst privat aussieht«.63 Diese Vorzugsbehandlung wurde auch der Commerz- und Privatbank zuteil. Ihr Ausgangskapital und ihre Reserven wurden auf etwas mehr als ein Drittel zusammengestrichen. Mit 45 Millionen Aktien bei der Deutschen Golddiskontbank sowie 11 Millionen Schatzanweisungen des Reichs wurde ein neues Eigenkapital von 80 Millionen Reichsmark gebildet, und darauf folgte noch die Fusion mit einer Regionalbank, dem Barmer Bank-Verein. Sie stand somit vergleichsweise gut da (Eigenkapital 1930: 75 Millionen), die Eigenkapitalbasis der DeDi-Bank war dagegen von noch 285 Millionen im Jahr 1930 auf 144 Millionen im Frühjahr 1932 geschrumpft.633 Nach dieser diskreten Behandlung in den Hinterzimmern des Präsidialkabinetts war endlich auch der Weg zur Sanierung der beiden vom Reich gestützten Großbanken frei geworden. Ihre Fusion wurde endgültig beschlossen, und zwar unter dem Namen Dresdner Bank AG. Das im August 1931 gegebene Vorzugskapital der ursprünglichen Dresdner Bank (300 Millionen) wurde auf 152 Millionen Schatzanweisungen des Reichs und 48 Millionen Golddiskontbankaktien zusammen-
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gestrichen. Das übriggebliebene Aktienkapital wurde gleichzeitig auf 30 Prozent herabgesetzt, so daß das neue Institut zunächst mit 220 und nach einer weiteren Herabsetzung mit 150 Millionen Eigenkapital und Reserven dastand.64 Davon waren anfanglich 90 Prozent Reichseigen turn. Insgesamt war das Reich, abgesehen von seinen bis zum Jahreswechsel 193l/ 32 getätigten Millionenausgaben für die Emission neuer Aktien und der Refinanzierung des Zahlungsverkehrs, endgültig mit 200 Millionen Reichsmark an den Großbanken und einigen notleidenden Regionalbanken beteiligt: die Reichsbank hatte aus ihrem Jahresgewinn von 1931 200 Millionen als Aktien der »Kapitalgruppe C« an die Golddiskontbank geliefert, und diese Aktien wurden zu weit überhöhten Kursen an die Banken begeben.65 Mit dieser Operation war im Frühjahr 1932 die Bankensanierung im wesentlichen abgeschlossen (Notverordnung zur Bankensanierung vom 20. Februar 1932). Sie konnte freilich nur Erfolg haben, wenn anschließend auch die notleidend gewordenen großindustriellen Kreditnehmer restrukturiert wurden. Denn diese unseriösen Debitoren drückten die Bankaktien in unterschiedlicher Intensität, und »da jede Solidarität im deutschen Bankwesen fehlt, werden ... die niedrigst notierten Banken, zur Zeit also Dresden, am stärksten betroffen«.66 So wurde der Milliarde für die Bankensanierung eine weitere halbe Milliarde nachgeworfen, um den Banken auch auf der Debitorenseite einigermaßen gleiche Startchancen beim Kampf um die Wiederherstellung ihrer Profitabilität zu verschaffen. Dafür mußten sie bereit sein, mit eisernem Besen bei ihren Industriebeteiligungen zu kehren und sie unerbittlich zur Kostensenkung anzutreiben. Vorbedingung war die Abschreibung ihrer inzwischen eingetretenen Verluste mit Staatshilfe. Von einer Deutschen Finanzierungs-institut AG (Definag) wurden die Aktien für restrukturierte Unternehmen übernommen, eine mit ihr verbundene Tilgungskasse (Tilka) hatte für die komplementäre Verlustabschreibung über mehrere Jahre zu sorgen.67 Firmen, die diese Roßkur überstanden, mußten zusehen, wie die Bankiers ihre nicht abgeschriebenen Kreditschulden nach und nach in Bankbeteiligungen umwandelten. Die Produktions-Kreditmaschinerie war mit Staats-
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hilfe auf eine kleinere Größe redimensioniert, ihr Rationalisierungstempo jedoch weiter verschärft worden. Alles in allem waren im Ergebnis der Sanierungsprozedur für die publizistische und politische Öffentlichkeit zwei Großbanktypen geschaffen, eine mit und eine ohne Reichsbeteiligungen. Dieser Eindruck entsprach nicht den Tatsachen. Als um die Jahreswende 1931/32 der allgemeine Bankzusammenbruch endgültig da war, hingen alle Großbanken vom Reich ab. Ihre Restrukturierung war lediglich unterschiedlich organisiert, und zwar entsprechend der zeitlichen Abfolge der Zusammenbrüche. Insgesamt war »die ganze Mitwirkung der öffentlichen Hand den gestürzten Halbgöttern so furchtbar widerwärtig und peinlich«68, aber es bedurfte eben einer asketischen und dem Privatkapitalismus bedingungslos ergebenen Ministerialbürokratie, um sie zu einer kapitalistischen Ordnung zurückzurufen, die den Bankrott meisterte. Dies ist der Brüning-Regierung auch geglückt. Ende Mai 1932 wurden ihr dann nach getaner Arbeit endgültig die Geschäftsgrundlagen entzogen, denn ohne den Übergang zur staatlich garantierten Kreditschöpfung und Rüstungsproduktion hätte ein zweiter Zusammenbruch ins Haus gestanden, der durch systemimmanente Mittel nicht mehr zu beheben gewesen wäre. Die stille Katastrophenpolitik genügte jetzt nicht mehr, sie verlangte nach einer Übersetzung in künstliche innere Kapitalbildung und anschließende äußere Expansion. In den Vorstandsetagen der Großbanken hielten effizienzorientierte Sanierungsexperten und Expansionisten Einzug. Das KatastrophenHasardspiel weitete sich aus.
DI E DRESDNER B AN K IN D E R DEPR E S S ION
Für die sanierte und mit der Danatbank fusionierte Dresdner Bank AG begannen nun harte Jahre des Großhungerns. Daran vermochte auch die mittlerweile von der Großindustrie, der Hochfinanz und den Junkern an die Macht gehievte Koalitionsregierung der Nazis und Deutschnationalen vorerst nichts zu ändern. Natürlich hatten sich die allgemeinen Ge-
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schäftsbedingungen gebessert, und dies wurde im Geschäftsbericht für 1933 entsprechend gewürdigt: »Die im Laufe des Jahres 1933 vollzogene Neugestaltung des politischen Lebens der Nation hat auch auf wirtschaftlichem Gebiet die Grundlagen für einen Wiederaufbau und die Bereinigung der aus der Krise verbliebenen Schäden geschaffen.« Aber echter Optimismus kam noch nicht auf: »Dem Bank- und Kreditwesen werden hierbei ... große Aufgaben bei der Finanzierung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, der Zuführung von Betriebskrediten an die Wirtschaft sowie der Mitwirkung an der Wiederherstellung eines gesunden Kapitalmarktes zufallen. Ihre Bewältigung wird möglich sein, nachdem die aus der Krise des Jahres 1931 verbliebenen Schäden immerhin soweit bereinigt sein dürften, daß die notwendige Leistungsfähigkeit des Kreditapparates gegeben erscheint.«69 Die Zuversicht, mit der beispielsweise die DeDi-Bank in die nazistische Zukunft blickte, wurde von der gebeutelten und recht bunt zusammengewürfelten Leitungsgruppe der Dresdner Bank zunächst nicht geteilt. Dazu hätte sie auch kaum Grund gehabt. Selbst im innersten Führungszirkel ging es kaum vorwärts. Nach dem Tod von Henry Nathan im November 1932, dem Rücktritt von Walther Frisch und einer schweren Erkrankung des in die Dresdner Bank delegierten Finanz-Staatssekretärs Bergmann war der Vorstand auf Carl Goetz, Samuel Ritscher und den ehemaligen Danat-Treuhänder Hans Schippel geschrumpft. Der Kompetenteste von ihnen, Ritscher, dessen Ernennung schon 1931 beinahe an seiner »nichtarischen Abkunft« gescheitert war, wurde zunehmend angefeindet und fristete bis zu seiner Entlassung 1937 ein Schattendasein. 70 Von den übrigen vier Reichs-Repräsentanten waren aber weder im Tagesgeschäft noch in Grundsatzfragen Aktivitäten zu erwarten; sie vertraten die Aktienbeteiligungen des Reichs, vermieden aber alles, was als Tendenz zur Verstaatlichung hätte mißverstanden werden können. Der Kreditausschuß, ursprünglich als staatliches Instrument zur Kontrolle des Geschäftsgangs und zur Abwehr der Obstruktionspolitik der DeDi-Bank gedacht, erfüllte noch nicht einmal restriktive Funktionen. Als schließlich auch der neukonstituierte Auf-
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sichtsrat eine zweite Säuberungswelle (»Arisierung«) durchmachte, gerieten die Aktivitäten der Leitungsgremien vollends auf den Nullpunkt.71 Um die Stagnation zu beheben, blieb schließlich nichts anderes übrig, als um den sich zur Vaterfigur stilisierenden Carl Goetz eine Gruppe von »jungen Leuten« zu scharen, die, teilweise gar nicht mehr jung, neue Dynamik in den Konzern brachten. Sie standen vor keineswegs attraktiven Aufgaben: das Filialnetz mußte zusammengelegt und reorganisiert, ein System von regionalen Zwischeninstanzen mit gewissen beschränkten Entscheidungskompetenzen bei Sanierungsoperationen und Kreditvergaben geschafTen werden (Kopffilialen). Zusätzlich waren schwierige Sanierungsgeschäfte bei den wichtigsten notleidenden Debitoren durchzusetzen und zu überwachen. Um einem neuerlichen Fiasko vorzubeugen, wurde das Kreditrisiko möglichst auf alle Wirtschaftszweige verteilt. Das alles stellte harte Alltagsarbeit dar, ohne sich in spektakulären Erfolgen auszuzahlen. Im Verlauf der Jahre 1933/34 kooptierte die reorganisierte Leitung schließlich einige Filialdirektoren,72 die sich besonders hervorgetan hatten (Alfred Busch, Hans Pilder und Hugo Zinßer). Für das sich allmählich belebende Rüstungsgeschäft insbesondere in der Flugzeugindustrie wurde Emil H. Meyer, der Leiter der Dresdner Bank-internen NSDAP-Zelle, aus der Genossenschaftsabteilung rekrutiert. Aber noch fehlte ein überragender Mann, der über die nötige Härte verfügte, um sich der wichtigsten Sanierungsoperationen anzunehmen. Nach ihm wurde lange und intensiv gesucht. Zuerst war Otto Schniewind im Gespräch, ein Ministerialbeamter des Reichswirtschaftsministeriums und Mitglied des Schacht-Kreises. Schniewind lehnte ein befristetes Probemandat vor seiner Ernennung zum Vorstandsmitglied ab. Deshalb kamen der Wirtschaftsberater Wilhelm Keppler und die ReichsbankGruppe mit einem neuen Vorschlag: Karl Rasche.73 Als die Dresdner Bank ihn zum stellvertretenden Vorstandsmitglied berief, war er 42 Jahre alt. Im ersten Weltkrieg hatte er als Nachrichtenoffizier gedient und sich, wie er in seinem später für die SS verfaßten Lebenslauf schrieb, auch als Nahkampfspezialist einen Namen gemacht. Gegen die Novemberrevolu-
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tion hatte er 1918/19 im Baltikum Freikorps organisiert, nach seiner Rückkehr in die westfälische Heimat Einwohnerwehren gegen den »Bolschewismus« gegründet.74 Danach hatte er sein Jurastudium mit einer Promotion abgeschlossen und war in den Barmer Bankverein eingetreten, in dem er rasch zum Prokuristen und Justitiar aufgestiegen war. Als der Barmer Bankverein Anfang 1932 mit der Commerz- und Privatbank fusionierte, war er in den Vorstand der Bochumer Westfalenbank übergewechselt. Dort war er den Experten der Reichsbank als kompromißloser Sanierungsfachmann aufgefallen. Rasche hatte sich aber auch als Wirtschaftsberater des Gauleiters von Westfalen-Süd verdient gemacht, dessen Büro sogar in das Gebäude der Westfalenbank verlegt worden war. In Berlin stellte er seit 1934/35 unter Beweis, daß er tatsächlich der richtige Mann für die Dresdner Bank war. Kompromißlos sanierte er übernommene »arisierte Unternehmen« (Engelhardt-Brauerei, Tietz-Konzern), brachte Banktöchter aus den roten Zahlen (Hardy & Co. GmbH) und bewies seine Fähigkeiten als industrieller Sanierungsexperte für notleidende Großbetriebe (Dyckerhoff Portland-Zementwerke AG).75 Die Dresdner Bank stagnierte nicht mehr, sie begann durchzustarten. Während die »jungen Leute« die Geschäftsgrundlagen verbesserten und die ersten Schlüsselpositionen in der aufkommenden Rüstungsindustrie besetzten, begab sich Carl Goetz auf das allgemeine politische Terrain. Er widmete sich vor allem dem thüringischen Gauleiter und Reichsstatthalter Fritz Sauckel, in dessen politischem Herrschaftsbereich wichtige Beteiligungen der Dresdner Bank lagen: »Erfahre soeben Ihre Ernennung zum Reichsstatthalter für Thüringen. Bitte anläßlich Übernahme hohen Amtes meine ergebensten Glück- und Erfolgswünsche aussprechen zu dürfen«, kabelte er dem späteren Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz Anfang Mai 1933 76 , zu einer Zeit, als gerade die Verhandlungen um einen großzügigen Zweimillionenkredit der Dresdner Bank zur Sanierung des thüringischen Landeshaushalts zum Abschluß kamen. So begann nach dem Bankrott eine neue Ära des Gebens und Nehmens. Man arrangierte sich selbst in heiklen Dingen, wenn es der Wirt-XXXIV-
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Schaftsbelebung guttat. Beispielsweise bei der Übernahme eines in Thüringen gelegenen Betriebs des bankrottgegangenen Nordwolle-Konzerns, für dessen Abwicklung die Dresdner Bank jetzt zuständig war. Sauckel an Götz Anfang Januar 1934: »Die in Aussicht genommene Firma ist ein altes Geschäft, wenn auch etwas jüdisch angehaucht. Doch kann mir das im Interesse der hunderte von wieder in Arbeit und Brot kommenden Arbeiter ziemlich Wurst sein; die Hauptsache ist, der Betrieb läuft.«77 Zuvor hatte sich Sauckel Goetz gegenüber erkenntlich gezeigt, nachdem diesem geschäftsschädigende Aktionen von SA-Aktivisten zugetragen worden waren, die den geordneten Vollzug einer von der Dresdner Bank mitgetragenen »Arisierungs«operation gestört hatten: »Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie ... sich an Herrn Sauckel wenden würden, ihn über die erfolgte Gleichschaltung der Zentralverwaltung des Tietz-Konzerns aufklären und insbesondere darauf hinweisen würden, daß heute eine 60% ige arische Majorität an der Offenen Handelsgesellschaft beteiligt ist und ein entscheidender arischer Einfluß in der Geschäftsleitung gesichert wurde. Ferner wäre es richtig, darauf aufmerksam zu machen, daß erhebliche Mittel bankseitig investiert wurden und zwar nicht zuletzt von Banken, welche sich in Händen des Fiskus befinden, wie z. B. Ihr Institut. Ferner sind im Tietz-Konzern 18000 Angestellte beschäftigt .. . Es müssen für alle selbständigen Aktionen scharfe Strafen angedroht werden ... Die Angelegenheit ist äußerst dringend, da gerade die thüringischen Häuser einen täglichen Verlust bringen und eine Schließung erfolgen muß, wenn nicht in kurzer Zeit eine Wendung eintritt.«78 Der geschäftsführende Bittsteller des Tietz-Konzerns, ein Baron Tann, konnte beruhigt sein. Die »wilden« Ausschreitungen wurden abgestellt. Als Sauckel im September 1934 zum SS-Gruppenführer ernannt wurde, wartete sein Hauptbankier mit einem sorgfältig formulierten Glückwunschschreiben auf.79 Allerdings bedeuteten derart früh geknüpfte Beziehungen zu den politischen Machthabern des Nazismus keineswegs, daß sich die im Sanierungsprozeß der Brüning-Ära festge-
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schriebene Hierarchie zwischen reichsgestützten und scheinbar aus eigener Kraft reorganisierten Großbanken geändert hätte. Der Nimbus der Deutschen Bank und Disconto-Gesellschaft blieb für die Dresdner Bank auch in den frühen Jahren der Naziherrschaft unerreichbar. Dies zeigte sich deutlich anläßlich der Sitzung einer Kommission zur Bankenenquete, die der frischgebackene Reichsbankpräsident Schacht im August 1933 einberief, um den völkisch-radikalen Großbankkritikern innerhalb der nazistischen Massenbewegung das Wasser abzugraben. In den nichtöffentlichen Sitzungen ging es hoch her. Vertreter der Sparkassenverbände und Girozentralen fielen über die Großbankenvertreter her und forderten unter Zuhilfenahme völkischer Argumente die Verstaatlichung der reichsgestützten Institute. Einige Privatbankiers kamen ihnen ein Stück weit entgegen und empfahlen - so beispielsweise der Kölner Bankier Kurt von Schröder —, die Dresdner Bank in eine Reihe von Regionalinstituten umzuwandeln, dafür aber die DeDi- und die Commerzbank in Ruhe zu lassen.80 Dafür gab es eine Reihe vernünftiger volkswirtschaftlicher Argumente, vor allem den Nachweis, daß die Bankensanierung der Brüning-Ara der mittleren und kleinen Unternehmensstruktur praktisch jegliche Kreditbasis entzogen hatte. Den Vorschlag zur Regionalisierung der reichsgestützten Großbanken hatte die Vereinigung Deutscher Maschinenbau-Anstalten schon im August 1931 eingebracht81, ein solches Vorgehen hatte also auch gewichtige industrielle Fürsprecher. Stand die Dresdner Bank doch noch einmal zur Disposition? Sicher nicht, auch wenn das NS-Regime erst nach dem sogenannten RöhmPutsch Ende Juni 1934 eine offene Demütigung der Wirtschaftsinteressen seiner mittelständischen Massenbasis wagte. Trotzdem bestand einiger Anlaß, um vor der BankenenqueteKommission zu kämpfen. Aber nicht Carl Goetz, sondern die Wortführer der SchachtGruppe und die zweite Garnitur der DeDi-Bank, die inzwischen ihre desavouierte Sprechergruppe, Nazis und »Nichtarier« gleichermaßen, ebenfalls zurückgezogen hatte, beherrschten das Terrain. DeDi-Bank-Vorstandsmitglied Hans Rummel entzog seinen mittelständischen Gegnern mit einem monumentalen Referat die Basis, in dem er nachzuweisen
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suchte, daß nur Großbanken vom Zuschnitt der Berliner Universalinstitute die Rentabilität verbessern, Unkosten wegrationalisieren und die Erträge steigern könnten.82 Aufsichtsratsvorsitzender Franz Urbig übernahm den ideologischen Part. Er verwies auf die glorreichen Zeiten vor dem ersten Weltkrieg, wo die großen Aktienbanken die Hauptrolle bei der imperialistischen Wirtschaftsexpansion gespielt hätten - ein Wink mit dem Zaunpfahl: »ein verstaatlichtes Bankwesen (könne) die Initiative, die das private deutsche Bankwesen bis zum Jahre 1914 mit starkem Erfolg im Auslandsgeschäft entfaltet habe«, einfach nicht aufbringen.83 Demgegenüber wirkte der Auftritt des Carl Goetz ausgesprochen blaß. Er wies lediglich darauf hin, daß die Chance zur Verstaatlichung des Bankwesens ja durchaus bestanden hätte, aber aus gutem Grund ausgeschlagen worden sei: »Wenn überhaupt von Verstaatlichung die Rede war, so wurde wohl am meisten an mein Institut, die Dresdner Bank, gedacht. Hier ist das Reich bereits Großaktionär. Die vom Reich in die Verwaltung eingestellte Ministerialbürokratie hat aber keinen Einfluß auf die Geschäftsgebarung genommen, vielmehr den Direktoren die volle Verantwortung für ihre ... Arbeit überlassen; sie hat sich stets enthalten, prinzipielle Entscheidungen im Geschäftsverkehr zu treffen ... Jedes andere System würde zum vollen Mißerfolg werden.«84 Dieses Argument überzeugte die Widersacher wenig, denn die Reichsbank- und Ministerienvertreter hatten ja ein »anderes System« noch nicht einmal im Ansatz versucht. Bei dieser einmaligen Intervention blieb es. Die Dresdner Bank wurde nicht von ihren eigenen Spitzenvertretern, sondern vom Schacht-Kreis und den Vorstandsvertretern der DeDi-Bank über die mittelständischen Nachwehen der Machtübergabe an die Nazis hinweggelotst. Ihre Reprivatisierung kam 1937 zum Abschluß, als eine Privatbank unter stiller Anteilnahme der DeDi-Bank die letzten großen reichsgestützten Aktienpakete der Dresdner Bank bei deren befreundeten Großunternehmen (Flick, Krupp) unterbrachte. 85 Durch diese Transaktion wurde der Vernichtungskrieg zwischen der Dresdner und der DeDi-Bank beendet. Zwar standen neue Konkurrenzkämpfe ins Haus. Aber der Organisator der
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Transaktion, ein Mitinhaber des Bankhauses Delbrück, Schickler & Co. 86, und Carl Goetz lernten sich bei dieser Gelegenheit kennen und schätzen. Als Hermann J. Abs Ende 1937 vom Bankhaus Delbrück, Schickler & Co. in den Vorstand der inzwischen wieder als Deutsche Bank AG firmierenden DeDi-Bank überwechselte, war der Krieg der beiden führenden Großbanken aufgrund des Wissens um die segensreichen Wirkungen der Arbeitsteilung dem Waffenstillstand nahe.
DER KAPITALHUNGER UND SEINE FOLGEN : » ARISIERUNG « DER WIRTSCHAFT UND ZWANGSARBEIT
Seit der Jahreswende 1934/35 wiesen die internen Bilanzen aus, daß nun auch bei der Dresdner Bank wieder eine bescheidene Kapitalbildung eingesetzt hatte. Durch die Straffung des unüberschaubar gewordenen Zentralapparats und die Zusammenlegung der Filialen wurden die Unkosten um ein Viertel gesenkt. Das Sanierungsgeschäft erbrachte teilweise erhebliche Beratungsprovisionen, und nach der Liquidierung der Verluste auf Staatskosten gab es bei einigen sanierten industriellen Beteiligungen wieder solide Zinsen. Das Geschäft war also wieder angelaufen, wenn auch auf Sparflamme. Denn in Relation zu den Vorkrisenjahren blieben die Einkünfte niedrig. Sie reichten gerade zu ersten symbolischen Ablösungsschritten gegenüber den Reichsbeteiligungen und für Stützungsoperationen zugunsten der ausländischen Niederlassungen, um sie über Wasser zu halten. Die Deutsche Orientbank wurde liquidiert, aber es blieben Dresdner Bank-Filialen in Kairo und Istanbul erhalten. Die Deutsch-Südamerikanische Bank kriselte vor sich hin, bis sie dann im Jahr 1936 im Zusammenhang mit den Unterstützungsaktivitäten des Reichs zugunsten der Putschgeneräle um Franco einen ersten Wiederaufschwung erlebte. Die für die Südosteuropaplanung so entscheidende Wiener Tochter (Mercurbank, 1932 von der Danatbank übernommen) wurde mit einem bescheidenen neuen Startkapital ausgestattet.87
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Große Sprünge konnte also die Dresdner Bank aus ihrer eigenen Substanz heraus nicht machen. Um sich effektiv von der Talsohle zu entfernen, beanspruchte sie eine zusätzliche Starthilfe, die jetzt freilich von Staats wegen großzügig bereitgestellt wurde: die künstliche Kreditschöpfung für die Aufrüstung. Der Mechanismus war einfach, und die Dresdner Bank sorgte genauso wie das übrige Kreditwesen dafür, daß er geräuschlos funktionierte. Die Reichsfinanzverwaltung gab neue Schatzwechsel an die Rüstungsindustrie heraus, später auch andere Anleihepapiere und Schatzanweisungen, die im laufenden Börsenverkehr abgesetzt wurden. Sie waren als Handelswechsel getarnt und konnten wie erstklassige Wechsel entweder als Liquiditätsreserve deponiert oder bei der Reichsbank zur Einlösung präsentiert werden. Entsprechend blähten sich die Aktiva auf, sie betrugen bei den Großbanken schon Ende 1938 6,3 Milliarden Mark. Hinzu kamen steigende Sparund Depositeneinlagen seitens der Lohn- und Gehaltsempfänger, denn ihre Kaufkraft war aufgrund der zunehmenden Verknappung von Konsumgütern »zurückgestaut«. Schließlich wurden die Banken zur wichtigsten Drehscheibe der Kriegsfinanzierung, indem sie die ihnen als Kundeneinlagen zugeflossenen Einkommen zu über 80 Prozent in Reichsschuldtiteln anlegten. Für die Banken brachte die wachsende Gläubigerposition gegenüber dem sich mit ihrer Hilfe geräuschlos verschuldenden Reichsetat eine enorme Liquiditätssteigerung mit sich, auf deren Basis sie nun ihr Kreditgeschäft wieder ausweiteten. Dadurch stiegen die Zinseinkünfte und Provisionen wieder, und die Dresdner Bank benutzte sie, um die Reichsbeteiligungen zu verringern und sich schließlich dem Reich gegenüber vollends zu entschulden. Die Entschuldung der Banken (und der übrigen Wirtschaft) hatte also die zunehmende Verschuldung des Reichs zur Voraussetzung. 88 Äußerlich war die Dresdner Bank seit 1936/37 wieder »normal fundiert«. Aber es handelte sich um eine Solidität, der keine volkswirtschaftlichen Wertschöpfungen gegenüberstanden. Die neue Liquidität war ein fiktiver Wechsel auf die Zukunft, und im besten Fall konnte man darauf hoffen, den seit der Krise
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vollzogenen Formwandel in der Art der Kapitalvernichtung (erst reale Substanzvernichtung, jetzt Rüstungsgüter) nach einem gewonnenen Krieg aus der Substanz anderer Volkswirtschaften zu bezahlen. Die Bankiers durchschauten den hohlen Schein der neuen »Prosperität« genau.89 Sie unterstützten ihn vorbehaltlos, weil er es ihnen gestattete, ihre Verschuldung auf den Staat zurückzuübertragen und mit Hilfe der neuen Ersatz-Liquidität ihre Kredit- und Kapitalgeschäfte wieder anzukurbeln. Gleichwohl erzeugte die Scheinprosperität der Rüstungskonjunktur einen umso größeren Hunger nach echten Kapitalwerten. Dem Ziel, von den Reichsbeteiligungen so schnell wie möglich loszukommen, tat die Umkehrung der Schuldnerposition zwischen Staat und Großbank zweifellos gut, und die Großbanken verkauften sich der Hochrüstung und Kriegsplanung mit Haut und Haaren. Aber sie wollten unter diesem Schutzschild zur klassischen Universalbankpolitik zurückkehren. Der offene Kredit- und Kapitalmarkt blieb jedoch so leergefegt wie in den schlimmsten Krisenjahren, und die internationalen Geldmärkte waren jetzt verschlossen. Um echte Substanz zuzulegen, konnten die Banken nur noch da zugreifen, wo Kapitalvermögen »vakant« wurden. Es lag nahe, in solchen Situationen etwas »nachzuhelfen«. Im Wissen um den hohlen Schein der Rüstungskredite und Schatzanweisungen begannen die Großbanken, sich lange vor Kriegsausbruch mehr oder weniger verdeckt an fremden Kapitalvermögen zu vergreifen. Im vorliegenden Untersuchungsbericht werden einige spektakuläre »Arisierungs«aktionen der Dresdner Bank beschrieben. Zieht man die Aktenunterlagen der Autorengruppe zu Rate, so ergibt sich auch in Fällen, die keinen Eingang in den Bericht fanden, ein typisches Szenario.90 Die jüdischen Majoritätseigner oder Eigentümer eines Unternehmens begannen je nach politischer Weitsicht schon 1932/33 oder später Vermögensanteile ins Ausland zu verlagern. Ihre Transaktionen waren jetzt natürlich höchst unerwünscht. Es gab seit dem »Neuen Plan« Schachts verschärfte Devisenrestriktionen, die im Kern bis ins Jahr 1931 zurückreichten. Diese Restriktionen versuchten die Verfolgten zu umgehen, und es entspann sich
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ein regelrechter Kleinkrieg mit den Devisenstellen des Reichswirtschaftsministeriums und den Oberfinanzpräsidenten. Irgendwann schalteten sich dann die Gauwirtschaftsberater der zuständigen NSDAP-Gauleitungen ein, und sie mobilisierten nach einiger Zeit die Justiz und häufig auch die Gestapo. Verfahren wegen Steuerhinterziehung, Devisenvergehen usw. wurden eingeleitet, Exponenten der inkriminierten Unternehmen verhaftet. In diesem Stadium präsentierten die Gauwirtschaftsberater dann eine Reihe von »Arisierungs«interessenten unterschiedlichster Provenienz. Diese verfügten im Regelfall nicht über die erforderlichen Mittel, um selbst bei extremer Unterbewertung die in Frage stehenden Unternehmen zu »übernehmen«. Spätestens jetzt schalteten sich die Banken ein. Handelte es sich um sanierungsbedürftige Objekte, so sorgten sie nicht nur für die erforderlichen Kredite, sondern auch für die richtigen Experten. In anderen Fällen wurden die Banken schon in einem früheren Stadium von den Gauwirtschaftsberatern damit beauftragt, die gesamte Transaktion abzuwickeln, worin oft auch die Entscheidung über den »besten Bewerber« Inbegriffen war. Für industrielle und Handelsunternehmen war die geschilderte Konstellation typisch. Die Filialdirektoren der Großbanken legten sich im Lauf der Zeit spezialisierte Referate zu, die im Lauf der Jahre eine standardisierte Vorgehensweise entwickelten. Ihre Experten gebärdeten sich mehr und mehr als »stille Makler«, die Gerichtsvergleiche arrangierten, die Entlassung aus der Gestapohaft bewerkstelligten, unruhig gewordene Gläubiger ruhigstellten. Als Gegenleistung für ihre guten Dienste handelten sie Verkaufsverträge aus, die von mehr als halbierten Substanzschätzungen ausgingen. Und es lag in der Eigenart der Transaktionen, daß die Position des »guten Maklers« auch einmal durch gezielte Indiskretionen seitens der Bank an die Steuerfahndung und die Gestapo herbeigeführt wurde. Der Kapitalhunger war groß, die Konkurrenz oft scharenweise und dicht auf den Fersen. Im Fall des Zuschlags winkten nicht nur hohe Provisionen und neue Betriebskredite, sondern auch dauerhafte Beteiligungen von Bedeutung. Situationen, in denen sich die »nichtarischen« Eigentümer direkt an die Banken wandten, waren in der Minderzahl. Sie blieben
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meistens auf Privatbanken erster Bonität und mit historischem Namen beschränkt.91 Nun zeigen die Akten, daß die Dresdner Bank vom Beginn der NS-Herrschaft an im trüben Geschäft des »Losklopfens« von jüdischen Kapitalwerten weiter ging als die anderen Großbanken.92 Fälle, in denen sie sich trotz offen schikanös geführter Wirtschaftsstrafverfahren und willkürlicher Gestapoverhaftungen »ermittelnd« einmischte, sind zweifelsfrei nachgewiesen und haben nach 1945 in der frühen publizistischen Aufarbeitung der »Arisierungen« eine große Rolle gespielt. Auch die 1937/38 erfolgte Einrichtung einer »Arisierungsabteilung« in der Berliner Zentrale93 war für die anderen Großbanken nicht typisch, auch wenn die Deutsche Bank ihrerseits in einer Zentralstatistik alle »arisierungsfähigen« jüdischen Unternehmen erfaßt hatte. Aber der Vorstand der Deutschen Bank mahnte die Direktoren seiner Kopffilialen immer wieder zur Vorsicht; das »Arisierungs«geschäft müsse »mit Überlegung behandelt werden und erfordert viel Geschick, damit nicht durch taktisch unrichtige Behandlung Verärgerungen und Verstimmungen ausgelöst werden«. 94 Und nicht die Deutsche Bank, sondern Carl Goetz wurde vom berüchtigten Judenreferat des Reichswirtschaftsministeriums um Rat angegangen, als man im Frühjahr 1938 begann, die »Arisierung der Wirtschaft« reichsweit zu beschleunigen. Sogar der neuernannte Reichswirtschaftsminister Funk verhandelte mit Goetz über »die Schaffung einer Auffang-Gesellschaft für das nach der Deklaration des jüdischen Vermögens zu übernehmende Geschäftseigentum. Man denke daran, die Aktienposten der großen Industrie- und Bankenunternehmungen . . . zu übernehmen und dann von der staatlichen AuffangGesellschaft aus Einfluß auf Verwaltung und Aufsichtsrat auszuüben ... Dagegen habe man noch keine klaren Vorstellungen, was mit den zahlreichen geschäftlichen Unternehmungen, die als Einzelfirmen, offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften mit industriellem oder Handelsbetrieb (geführt werden), geschehen solle.« Goetz fuhr fort, »es sei nach seinem Erachten notwendig, daß wir Banken hier durch geeignete Vorschläge uns einschalteten, um nicht Teile unserer Kundschaft zu verlieren und staatliche Einflüsse auch -XLII-
EINLEITUNO DES BEARBEITERS
auf diese Unternehmungen zuzulassen.«95 Um diese Frage zu klären, übernahm Goetz die Rolle des Emissärs gegenüber den Großbanken. Am 2. Juli fühlte Goetz bei einem Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bank vor: Er »denke sich die Sache vorläufig so, daß man an Stelle des Reiches die von diesem zu übernehmenden Betriebe und Firmen erwerbe und dem Reiche einen Teil des Wertes der dafür hingegebenen Reichsanleihe als Anzahlung oder Vorschuß gebe.« Wenig später wurde sein Mandat noch erweitert; er wurde »aufgefordert«, »die Frage der Arisierung des ganzen jüdischen Besitzes in Deutschland zu studieren«.96 Am 23. Juli sprach Goetz erneut in der Deutschen Bank vor, sein Gesprächspartner war diesmal Vorstandsmitglied Karl Kimmich. Goetz schlug eine konzertierte Aktion der Großbanken vor, um die Gründung einer Staatsholding zu verhindern: Die Banken »hätten doch ein bedeutendes Interesse daran, in dieser Frage nicht abseits zu stehen. Er denke sich z. B. ein Aktien-Konsortium aufzuziehen für die notierten Werte und hierin könnten wohl vielleicht schon Gewinne gemacht werden. Die übrigen Sektoren hätten ja weniger Reiz, aber man müsse sie natürlich behandeln. Das Reich sei bereit, durch Schatzanweisungen zu helfen und außerdem auch einen Garantiefonds zu geben für den Bodensatz. Größere Schwierigkeiten etc. würden sich ergeben bei den Grundstücken und bei einzelnen Objekten sowie den unnotierten Werten.« Karl Kimmich gefiel dieses Ansinnen nicht. Eine »Arisierungs«-Holding der Großbanken sei viel zu spektakulär und gefährlich für die »Erhaltung unseres Auslands-Kredits«. Um das Bankenengagement zu tarnen, müßten staatliche »Treuhänder« eingeschaltet werden, und nur in ihrem Hintergrund könnten die Banken dann reprivatisierend aktiv werden. Dies ermögliche zugleich eine flexiblere Handhabung. Abschließend beschied der Deutsche Bank-Vertreter Goetz, daß auch im »Arisierungs«geschäft etwas mehr Diskretion wohltue und man sich gerade hier nicht zu stark von den Behörden antreiben lassen solle. Kimmich in seiner Aktennotiz: »Ich könnte ihm verraten, daß wir sehr viele Unternehmungen bereits mit Erfolg arisiert hätten. Die ganze Frage sei ja weniger eine Kapital- als eine Personenfrage. Wenn dem Staat der bisherige Gang der Dinge
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zu langsam gewesen sei und eine Totallösung von ihm angestrebt würde, so könnte ich mir eine Behandlung der Angelegenheit nur in dieser Art vorstellen.«97 In diesen Verhandlungen wird klar, in welcher Situation sich die Dresdner Bank noch im Sommer 1938 befand. Ihr Kapitalhunger war derart groß, daß sie sich für eine Initiative des Reichswirtschaftsministeriums hergab, die mit einem Schlag und in aller Öffentlichkeit die Großbanken zum Zentrum der wirtschaftspolitischen Vernichtung der Juden machen wollte. Auf »Auslandskredite« brauchte die Dresdner Bank noch nicht wieder Rücksicht zu nehmen, nur die Deutsche Bank agierte in diesen Jahren weltweit. Und diese Ausgangssituation erklärt, warum selbst ein so erfahrener Bankier wie Goetz alle Vorsicht fallen ließ. Aus dem Projekt, einem weitaus schlimmeren als dem, das Karl Rasche dann noch einmal 1942 in seinen Verhandlungen mit einem Emissär des Judenreferats des Reichssicherheitshauptamts reaktivierte - vgl. den Untersuchungsbericht -, wurde freilich nichts. Die Deutsche Bank machte nicht mit. In einem ausführlichen Planungspapier legte Kimmich nach seinen Verhandlungen mit Goetz nieder, wie zugunsten der geräuschlosen Effizienz, des Bankprofits und des Auslandskredits die »Arisierung« a la Deutsche Bank fortzusetzen sei.98 Nachdem schon die graue Eminenz der Dresdner Bank derart rabiate Konzepte vorgelegt hatte, nimmt es nicht wunder, daß die »jungen Leute« ihm nach Kräften nacheiferten. Als nach der Konsolidierung der Naziherrschaft in Österreich und der Tschechoslowakei im Frühjahr 1939 auch dort die »Arisierung der Wirtschaft« einsetzte, wuchsen sich die seit Jahren im Reichsgebiet gesammelten Erfahrungen und Techniken ins Monströse aus. Die Autoren des Untersuchungsberichts haben zu Recht die »Arisierungs«praxis in das Zentrum ihrer Analyse über die Auslandsaktivitäten der Dresdner Bank gestellt. Hier soll ergänzend über einen Fall berichtet werden, der zur Zeit des Abschlusses des Berichts im Frühjahr 1946 noch nicht aktenkundig war. Zwei Tage vor der Besetzung Prags durch deutsche Truppen verhaftete ein Sonderkommando des Sicherheitsdienstes der SS (SD-Inland) den Bankier Louis Rothschild in Wien und setzte ihn im Hotel Metropol gefangen. Ein »Reichstreu-
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händer für das ehemalige Rothschildsche Vermögen« wurde ernannt. Er sollte das Rothschildsche Vermögen erfassen, beschlagnahmen und später an potente »Arisierungserwerber« verkaufen." Es ging um enorme Kapitalvermögen: das Bankhaus S. M. Rothschild in Wien, um die Rothschildschen Aktienanteile an der Österreichischen Creditanstalt und um umfangreichen Grundbesitz. Hauptziel der SD-Begierde war jedoch die Witkowitzer Berg- und Hüttengewerkschaft in Mährisch-Ostrau, die ein Drittel der Kohleförderung, 40 Prozent der Roheisenproduktion und 30 Prozent der Rohstahlerzeugung der Tschechoslowakei auf sich vereinigte. Für Witkowitz wurde unmittelbar nach der Okkupation eine »Abwesenheitstreuhandschaft« eingesetzt, ein Verwaltungsrat (Paul Pleiger, Hans Kehrl, Karl Rasche und andere) sorgte für die Wiederaufnahme der Produktion. Göring und Reichswirtschaftsminister Funk beauftragten Kehrl und Rasche persönlich, Witkowitz für den Montanblock der Reichswerke Hermann Göring zu »kaufen«. Freilich hatte Louis Rothschild längst vorgesorgt. Er hatte das Verfügungsrecht über sein Österreichisches Vermögen an den Bankkonzern Kühn und Loeb in New York übertragen, der es nach seiner Verhaftung sofort blockierte. Die Aktienpakete (Kuxe) der Witkowitzer Berg- und Hüttengewerkschaft befanden sich schon seit 1937, in Zertifikate umgewandelt, im Besitz einer Alliance Assurance Company in London, welche die Rothschild-Familie zusammen mit dem Miteigentümer Wilhelm Gutmann kontrollierte. Dadurch war ein glatter Vermögenstransfer unmöglich gemacht. In Wien und Prag wurden SD-Sonderkommandos eingerichtet, während Gestapo-Spezialisten Louis Rothschild weiter verhörten. Zunächst blieb Louis Rothschild hart. Die ersten Kontakte zu Verhandlungen über seine Freilassung knüpfte die Rothschild-Familie von London und Paris aus. Es kam zu Vorverhandlungen mit verschiedenen Bankhäusern über das österreichische Vermögen, und Rasche reiste Ende März in großer Begleitung nach Paris, um wegen der Witkowitz-Transaktion zu sondieren. Währenddessen saß Louis Rothschild in Wien weiter in Haft. Bei den ersten Gesprächen wurde das in Wien inhaftierte
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Faustpfand der Nazis nur beiläufig erwähnt. Die RothschildGruppe erklärte sich grundsätzlich bereit, »den bestehenden Trust für die Kuxe in Witkowitz aufzulösen und beiläufig 90% der Kuxe zu veräußern«.100 Dann wurde um den Verkaufspreis verhandelt. Der Realwert wurde von den Bietern zunächst auf 10 Millionen Pfund Sterling beziffert. Rasche machte eine Gegenofferte von einem Viertel und ging dann auf 3,6 Millionen Pfund hoch, wobei er Informationsmaterial des Prager SD-Sonderkommandos über die Nationalität der Eigentümergruppe, das wegen ihres Status als »Deviseninländer« von Bedeutung war, ausspielte. Als sich der Geschäftsabschluß abzeichnete, warfen Rothschilds Berater die Inhaftierung von Louis Rothschild als Sonderproblem in die Debatte. Rasche sagte dazu, daß er sich um die Freilassung bemühen werde. Als daraus bis Anfang April nichts geworden war, brachen die Rothschilds die Verhandlungen ab und machten die Freilassung zur ultimativen Vorbedingung für den Vertragsabschluß. Nun war Rasche wieder am Zug. Im Auftrag Kehrls suchte er Louis Rothschild in seiner Wiener Gestapohaft auf und holte sich dessen Placet zu dem Abkommen über Witkowitz. Die offerierte Freilassung war zusätzlich an die Entsperrung des bei Kühn & Loeb eingefrorenen österreichischen Vermögens gebunden, und die freie Hand für die Transaktion der beiden Komplexe an das Ultimatum geknüpft, »daß Louis Rothschild Deutschland . . . als freier Mann spätestens am 4. Mai verlassen haben muß«.101 So geschah es, Rotschild kam frei, sein Bruder Eugene de Rothschild schloß mit den deutschen Unterhändlern ab, und mit einem zeitlichen Abstand von mehreren Monaten bis Jahren teilten sich mehrere deutsche Bankunternehmen die Beute. Im Mai wurde unter Rasches Regie in Paris der Witkowitz-Vertrag unterzeichnet. Das Bankhaus S. M. Rothschild ging per Transaktionsabkommen vom 31. 10. 1939 an das Münchener Bankhaus Merck, Finck und Co. 102 Der Übernahmekampf in Sachen Creditanstalt zwischen der Deutschen Bank und der Reichs-Kredit-Gesellschaft kam erst im Jahr 1942 zum Vorteil der Deutschen Bank zum Abschluß.103 Rasche hatte seine Bewährungsprobe als Mittelsmann zwischen dem SD und den Reichswerken Her-
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mann Göring einerseits und der Rothschild-Familie andererseits glänzend bestanden. Seine Informanten und die Akteure bei der Freilassung von Louis Rothschild, Dresdner BankAufsichtsratsmitglied Fritz Kranefuß und SS-Gruppenführer Karl Wolff, bedachte er mit einer Dankestour. Er dankte »für die wertvolle Unterstützung ..., die mir durch Überlassung wichtigen Informationsmaterials, welches bei den Verhandlungen in Paris mit Erfolg benutzt werden konnte, zuteil geworden ist. Ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich ausspreche, daß es mit Hilfe der mir zugegangenen Materialien gelungen ist, den Kaufpreis für die Kuxe von Witkowitz um einen Betrag zu verbilligen, der bei etwa l Million Pfund liegt.«104 Seinen »Mitarbeitern« teilte er streng vertraulich mit, daß das Hauptstück des Coups natürlich die »Erörterung« der »Freilassung des Louis Rothschild« gewesen war.103 Aber Rasche freute sich zu früh. Der Witkowitzer Vertrag enthielt einen unscheinbaren Schlußpassus, wonach das mit langen Zahlungsterminen gespickte Abkommen ungültig würde, wenn es nicht in einer bestimmten Frist vollzogen war.106 Dieser Passus trat mit Kriegsbeginn am I.September 1939 in Kraft. Der Vertrag war annulliert. Die Hauptmasse der Zertifikate blieb in London deponiert, der Rest - 43 000 Einheiten — ging an das Bankhaus von Eugene de Rothschild in Paris. Die Einverleibung von Witkowitz in den Montanblock der Hermann-Göring-Werke, deren Treuhandschaft im Kriegsverlauf aufgehoben und durch einen regulären Verwaltungsrat unter Pleiger ersetzt wurde, stellte auch formaljuristisch Raub dar. Seit dem Oktober 1939 startete die Dresdner Bank einen Winkelzug nach dem anderen, um ihre Schlappe wettzumachen und der Witkowitz-Transaktion wieder das Mäntelchen der Rechtmäßigkeit umzuhängen. Am 5. Oktober erhielt sie erstmals von der Devisenabteilung des Reichswirtschaftsministeriums die Erlaubnis, alle weiterlaufenden Devisenbezüge von Witkowitz aus dem Ausland - später auch aus Übersee — auf ihre Tarngesellschaft »Gesellschaft für überseeische bergbauliche Unternehmungen« zu übertragen.107 Mit diesen Devisenbeträgen kompensierte sie im Auftrag der Witkowitzer Bergbau- und Hüttengewerkschaft laufende Rohstoffbezüge,
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einen Teil hielt sie aber auch zurück, um auf den ausländischen Börsen und Kapitalmärkten jedes nur erreichbare Witkowitz-Zertifikat aufzukaufen. Weit kam die Dresdner Bank dabei nicht. Deshalb ließ Rasche nach der Besetzung Frankreichs die bei den Pariser Rothschilds deponierten Zertifikatpakete beschlagnahmen und getarnt aufkaufen, nachdem der SD ihn über ihren Verwahrungsort informiert hatte.108 Die Manöver zwischen Rasche und den Rothschilds zogen sich bis zum Kriegsende hin, und Goetz kommentierte einmal in einer Notiz für Rasche, »daß von den Rothschilds, die ihre Felle in Paris haben wegschwimmen sehen, nun von Amerika aus eine neue Fühlungsnahme gesucht wird«.109 Es sollte nicht übersehen werden, daß diese librettoreife Vermischung von Erpressungsmanövern und an Raffinement kaum zu überbietenden Bankoperationen auf dem Hintergrund einer blutigen Tragödie ablief: das geraubte Witkowitz war eine der effizientesten Produktionsstätten des Göring-Rüstungskonzerns, es war Ort brutaler Ausbeutung von Zwangsarbeitern und eine der Hochburgen des tschechoslowakischen Arbeiterwiderstands. Hier muß aber auch erwähnt werden, daß die Dresdner Bank es bei ihren Transaktionen im besetzten Ausland keineswegs immer nötig hatte, die kapitalistischen Geschäftsregeln zu verlassen. Das Aktenmaterial legt eher den Schluß nahe, daß Gewalt und Erpressungsmanöver häufig erst im Zusammenhang mit einer erstaunlich weit gehenden Kollaborationsbereitschaft seitens des Bürgertums der okkupierten Länder voll wirksam wurden. Im Gegensatz zur Deutschen Bank, die sich in Westeuropa deutlich zurückhielt und nur in Ost- und Südosteuropa kompromißlos mitzog, wandte die Dresdner Bank in allen besetzten Ländern mehr oder weniger systematisch Gewalt an. Aber sie bemühte sich gleichzeitig um kollaborationsbereite Bankgruppen, mit denen sie durchaus normale bis freundschaftliche Geschäftsverbindungen unterhielt. Ein Beispiel dafür ist das Management der Banque des Pays de l'Europe Centrale, einer Pariser Universalbank der zweiten Garnitur, die sich offensichtlich von Anfang an auf eine langfristige NS-Herrschaft über Europa eingerichtet hatte. Wenige Wochen nach der Besetzung Wiens wandte sich der Direktor ihrer Wiener Niederlassung an die Reichskanzlei, legte ihr die
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Bilanzen seines Instituts offen und regte »eine Zusammenarbeit mit national eingestellten französischen Finanzgruppen an«.110 Die Reichskanzlei leitete das an Hitler adressierte Schreiben zuständigkeitshalber an das Reichsbankdirektorium weiter. Das prüfte rasch die Bonität der Offerte und machte den Vorstand der Dresdner Bank auf diese wahrhafte Morgengabe aufmerksam. Die Dresdner Bank erhielt in diesen Tagen wohl den Zuschlag, weil die Auslandsexperten der Deutschen Bank unter der Führung von Abs sehr zum Mißfallen der zuständigen Reichskommissare in Windeseile ihre Hand auf die Österreichische Creditanstalt gelegt hatten. Die Dresdner Bank, die sich demgegenüber in den ersten Besatzungswochen eher umständlich um die Fusion ihrer Tochter Mercur mit der Wiener Niederlassung der Prager Zivno-Bank bemüht hatte, griff sofort zu und baute nun auch die Niederlassung der Pariser Länderbank in ihr Vorhaben ein. Sie schloß zu außerordentlich günstigen Bedingungen ab und sah sich plötzlich der Chance gegenüber, ihren bislang hoffnungslosen Abstand zur Deutschen Bank wesentlich zu verkleinern. Am 19. Mai, nachdem alles unter Dach und Fach war, teilten Hans Pilder und Karl Rasche den zuständigen Behörden mit, daß nun auch sie begonnen hätten, aus der Substanz der drei genannten Institute »ein neues schlagkräftiges Bankunternehmen zu schaffen«."1 »Jahrelang«, hieß es in einer wenig später nachgelieferten Denkschrift, hätte als Ziel der Dresdner Bank gegolten, »im Augenblick des Anschlusses und des Sieges der nationalsozialistischen Bewegung in Österreich ein schlagkräftiges Bankunternehmen zur Verfügung zu stellen für den wirtschaftlichen Zusammenschluß Österreichs mit dem Altreich«.112 Nunmehr sei die Zeit vorbei, wo für das Ausgangsinstitut Mercurbank die Direktoren »nicht eigentlich unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung, sondern mehr unter dem Gesichtspunkt des Ariers und des Deutschen ... berufen worden«113 seien. Jetzt gelte es, deutsch-arisch zu bleiben, aber zugleich hart und leistungsbewußt zuzupacken. Das in der Ära Brüning geborene und von der Dresdner Bank seinerzeit entschieden mitverfochtene Mitteleuropakonzept war aufgegangen. Aber auch bei den Franzosen herrschte eitel Freude. Andre Luquet, der Präsident der Banque des Pays de l'Europa
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Centrale, feierte auf einer Sonder-Hauptversammlung in Paris die Transaktion mit bewegten Worten. Es sei ein Gebot der Vernunft gewesen, einen so wichtigen Aktivposten aus einem Gebiet zurückzuziehen, »das von jetzt ab in Deutschland liegt«.114 Es sei ein Glück gewesen, im Moment des »Anschlusses« »ein gediegenes und begehrtes Instrument in den Händen zu haben ... Wir konnten warten, bis man kam, uns interessante und konkrete Vorschläge zu machen.« Luquet verschwieg, daß er durchaus eine Avance gestartet hatte. Daß die Dresdner Bank sich im Gegenzug verpflichtet hatte, nun die Banque des Pays de l'Europe Centrale als ihre französische Hauptbankverbindung zu hofieren, konnte sich hingegen jeder der Anwesenden ausmalen. Luquet schloß seine Rede mit den Worten, es sei »nur eine Ehre für unser Institut ..., daß seine neuen Herren geglaubt haben, der Bank in Wien den Namen >Länderbank< erhalten zu müssen«."5 Was als gegenseitige Terrainabgrenzung begann, weitete sich rasch zum kontinentalen Bündnis aus. Die Beteiligungen der Banque des Pays de l'Europe Centrale erreichten nur selten den Umfang der Banque de la Societe Generale des Credit Lyonnais oder der Banque de Paris et des Pays Bas (Paribas). Aber sie waren weit gestreut, und die Fraternisierungspraxis fand bald auch bei einigen erstklassigen Adressen, vor allem der Paribas, Nachahmer. Luquet ließ sie sich in allen Fällen ohne Widerrede von der Dresdner Bank abkaufen, soweit es sich um Unternehmen in Ost- und Südosteuropa handelte. Im Jahr 1942 offerierte er der Dresdner Bank sogar eine Beteiligung an der Zentrale in Paris unter der bemerkenswerten Bedingung, daß ihm im Gegenzug erlaubt würde, in das »Ostland«-Engagement der Dresdner Bank einzusteigen.116 Der »Bolschewismus« war wieder einmal der Hauptfeind, der die Expansionisten mit den westeuropäischen Kollaborateuren zusammenschweißte. Erst die geschäftsmäßige und reibungslose Übernahme der Beteiligungen dieser Pariser und anderer westeuropäischer Banken machte die Gewaltpolitik der Dresdner Bank zu einer wirklich wirksamen Waffe. Wo Kapitalhunger dazu verführt, sich an den räuberischen Rändern der etablierten kapitalistischen Geschäftsordnung fremde Vermögenswerte anzueignen, ist der Weg nicht weit,
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der zurückgelegt werden muß, um sich auch an ungewöhnlichen Formen der Ausbeutung von Arbeitskraft zu beteiligen. Das Management der Dresdner Bank war mit der Zwangsarbeit früh konfrontiert, die in den industriellen Großbeteiligungen seit 1939/40 eingeführt wurde (Flick, Krupp, Reichswerke Hermann Göring usw.). Gerade die »jungen Leute«, überwiegend erfahrene industrielle Sanierungsexperten, wußten von der Bedeutung der Zusammensetzung einer Belegschaft, vom Zusammenhang von Lohn und Leistung und von den Problemen, mit den Mitteln der betrieblichen Sozialpolitik gegen die Gleichmacherei des durchrationalisierten Massenbetriebs eine ergebene Arbeiteraristokratie heranzuziehen. In den Akten gibt es eine Reihe von Beispielen, wo sich Dresdner BankDirektoren mit den Problemen der relativen Lohnstückkosten, Arbeitsbewertungsverfahren bis hin zu allgemeinen Problemen der Aufrechterhaltung des »sozialen Friedens« unter den Bedingungen der Frauenarbeit, der sich verbreiternden Angelerntentätigkeit und der Fremdarbeit beschäftigen. Ein Dresdner Bank-Direktor bestätigte später im Verhör: »In den letzten Kriegsjahren war auch die Arbeiterfrage ein wichtiges Moment in der Beurteilung des Kreditantrages, da sehr viel mit Frauen, Anlernlingen und mit ausländischen Kräften und in einer Reihe von Betrieben auch mit KonzentrationslagerHäftlingen gearbeitet wurde ... Die Arbeiterfrage ... wurde daher im Hinblick auf Kredithergabe wichtig.«" 7 Was hat diese Manager aber dazu gebracht, sich mit 11 Millionen Reichsmark direkt und mit einem Kreditvolumen von über 30 Millionen indirekt an den wirtschaftlichen Unternehmen der SS zu beteiligen?118 Die Frage läßt sich immer noch nicht eindeutig beantworten. Sicher ist, daß die in den Verhören und Stellungnahmen aus der Zeit nach der Befreiung regelmäßig wiederkehrende Behauptung, im Aufsichtsrat und Vorstand der Dresdner Bank habe sich ein SS-Flügel breitgemacht, der sich mit der ebenfalls gut vertretenen Gruppe der NSDAP-Gauwirtschaftsberater einen bankinternen Machtkampf geliefert habe, zwar durchaus zutrifft, aber letzten Endes nichts erklärt. Zunächst fällt auf: wenn man von den etwas obskuren Garantieerklärungen des Reichsführers SS absieht, die den -LI-
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ansonsten ungedeckten Krediten und Darlehen immerhin den Quasi-Charakter einer Reichsanleihe gaben, fallt zunächst die Normalität des Geschäfts ins Auge. Es handelte sich um völlig normale Betriebsmittelkredite und Investitionsdarlehen, die ein normales Bankinstitut zu den üblichen Geschäftsbedingungen abwickelte. Die Kreditvergabe an die SS war ein Routinegeschäft, das abgehandelt wurde unter vielen. Zum zweiten ist die Verlagerung der Kreditschwerpunkte bemerkenswert, die schon 1937/38 begann und die bis dahin eher monströsen Projekte der SS (Kredite zur Entschuldung des SS-Führerkorps, archäologische Ausgrabungen, Wewelsbergprojekt usw.) zunehmend ausgrenzte. Die Wirtschaftsunternehmen der SS traten mehr und mehr in den Vordergrund. Die Dresdner Bank stellte 1941/42 einen Rationalisierungsexperten ab, um den Geschäftsbetrieb der Wirtschaftszentrale, des späteren Wirtschafts-Verwaltungs-Hauptamts, reorganisieren zu helfen.119 Drittens ist von Bedeutung, daß die Betriebsmittelkredite im Lauf der Jahre immer weniger für die Beschaffung von Arbeitsgerät für körperliche Schwerstarbeit (Gerätschaften für manuelle Erdarbeiten, Loren, primitive Ziegeleiausrüstungen) gegeben wurden. Die Betriebsmittel zur Produktionserweiterung wurden zunehmend umgesetzt in mechanisierte Produktionsinstrumente. Die Zwangsarbeit wurde seit 1938 intensiviert und mechanisiert. Summiert man diese Befunde, so drängt sich das überraschende Ergebnis auf: die Dresdner Bank setzte ihre SS-Kredite zunehmend so ein, als handelte es sich bei den wirtschaftlichen Unternehmen der SS um einen normalen Mischkonzern mit Schwerpunkten im Bauwesen und in der Textilerzeugung. Sie war dabei so erfolgreich, daß sogar die Deutsche Bank im Januar 1943 versuchte, ihr die Position der Hauptbankverbindung streitig zu machen.120 Durch die kreditbedingte Ausweitung des Produktionsvolumens wurden aber, wie wir wissen, die Arbeitsbedingungen keineswegs verbessert. Eher im Gegenteil: die »Vernichtung durch Arbeit«, die lange vor den Rückwirkungen der allgemeinen Arbeitskräfteverknappung in der Schlußphase des »totalen Kriegs« einsetzte, streifte zunehmend den Aspekt der außerökono-
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misch begründeten Vernichtung ab und ersetzte ihn durch eine intensivierte und zunehmend mechanisierte Vernichtung durch Verwertung von Arbeitskraft. Erst jetzt begann unter den KZ-Gefangenen das Massensterben. Wenn dieser Befund zutrifft, dann stellte sich die Dresdner Bank mit ihrer »sanierungsbewußten« und effizienzorientierten Kreditpolitik dem I. G. Farben-Konzern zur Seite, der in Auschwitz unter den Augen der SS mit der Vernichtung von Zwangsarbeitern durch eine das Überlebensvermögen übersteigende Verwertung im Arbeitsprozeß experimentierte. Der Komplex I. G.-Auschwitz hatte u. a. auch die Dresdner Bank als Kreditgeber.121 In der Berliner Zentrale der Dresdner Bank waren überproportional viele Leitungspositionen mit Managern besetzt, die sich als industrielle Sanierungs- und Rationalisierungsexperten hochgedient hatten. Angesichts dieser Tatsache erscheint es somit naheliegend, daß diese Manager das ihnen zu Gebote stehende Druckmittel Betriebskredit auch gegenüber der SS mehr und mehr nach reinen Rentabilitätskriterien handhabten. Da sich durch ihre Intervention aber an den allgemeinen Arbeits- und Überlebensbedingungen nichts änderte, führte dies zu einer fatalen Verschlechterung der Überlebenschancen der Arbeitssklaven, die gleichzeitig immer häufiger außerhalb der Konzentrationslager in der Rüstungsindustrie eingesetzt wurden. Die Direktoren der Dresdner Bank sind offensichtlich genauso wie die Oberingenieure der LG. Farben in Auschwitz-Monowitz von der für sie selbstverständlichen Voraussetzung ausgegangen, daß es im Kapitalismus eine qualitativ festzumachende Grenze in der Ausbeutungsintensität von Arbeitsvermögen prinzipiell nicht gibt. Unter den Bedingungen eines chronischen Kapitalmangels und unter der Voraussetzung des unbegrenzten Überangebots von schrankenlos unterjochten Arbeitern erschien es dann systemimmanent logisch, im Interesse der Beschleunigung der Kapitalbildung ihre Lebenshaltungskosten völlig gegen Null zu treiben und sie innerhalb von Wochen oder Monaten durch die hemmungslose Vernutzung ihres Arbeitsvermögens zu vernichten.
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
MACHTKÄMPFE UND NACHKR IEGSPLANUNGEN
Zwei Jahre lang, vom Frühsommer 1940 bis zum Herbst 1942, herrschte der Nationalsozialismus über Europa. In dieser Zeit bestand für ihn die Aussicht auf ein siegreiches Kriegsende. Die Dresdner Bank nahm diesen Sieg, wie die anderen Großbanken des »Dritten Reichs« auch, bereits ein Stück weit vorweg. Sie durchdrang die Wirtschaft der besetzten Gebiete in Nord-, Ost-, Südost- und Westeuropa, eroberte dort Schlüsselstellungen und heckte in ihren expandierenden Niederlassungen bald erstaunliche Gewinne. Zumindest teilweise wurde in diesen Jahren der chronisch gewordene Hunger nach Eigenkapital gestillt, wie die Bilanzen zeigen, und die Kooperation mit den Behörden des »Dritten Reichs« klappte vorzüglich. Gerhard Saager, ein leitender Beamter der Bank- und Börsenabteilung des Reichswirtschaftsministeriums, bekannte Ende 1947 in einer Aussage, es sei auf seinem »Gebiet nie dazu gekommen, daß irgend ein wesentlicher Gegensatz in der Linie der wirtschaftlichen Durchdringung der besetzten Länder zwischen den Reichsbehörden und den Großbanken bestand«.122 Bei einem derart hohen Maß an Einvernehmen übersahen die Bankvorstände gern, daß sich die außenwirtschaftliche Stärkung der Eigenkapitalbasis mit einem unaufhörlichen Anwachsen der fiktiven Guthaben verband, mit denen sie die innere Kriegswirtschaft geräuschlos kreditierten. Das aufblühende Geschäft in den besetzten Gebieten ließ diese bedrohliche Entwicklung allenfalls als einen Schönheitsfehler erscheinen, der zu noch mehr Aktivität anstachelte. Die Wege, die die Dresdner Bank dabei einschlug, sind im vorliegenden Bericht eindrucksvoll beschrieben. Die Begeisterung über das Emissions-, Beteiligungs-, Kredit- und Verflechtungsgeschäft ließ in diesen Jahren auch Zweifel an den politisch-militärischen Grundlinien der Kriegsführung nicht aufkommen. Ihr Erfolg stand von vornherein fest, und je häufiger er sich wiederholte, desto weniger Rücksicht brauchten die Banken bei ihrem ökonomischen Expansionskurs zu nehmen. Im September 1940 hielt Goetz in einer -LIV-
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Aktennotiz fest, was ihm anläßlich eines Gesprächs mit einem zögernden belgischen Bankier durch den Kopf gegangen war: »Wenn die politische Entscheidung in England zu unseren Gunsten gefallen sei, könnten uns die ganzen wirtschaftlichen Objekte nur in den Schoß fallen, und keiner der Belgier, der heute mit allen möglichen Ausreden und Windungen sich einer vertraglichen Zusammenarbeit zu entziehen suche, könne uns dann durch die Lappen gehen.«123 Und Reinhold von Lüdinghausen, inzwischen in einem Wirtschaftsstab der Wehrmacht tätig, schrieb in einem Brief zum Jahreswechsel 1940 an Rasche: »Wie einzigartig sind die Erfolge, die Deutschland 1940 erringen konnte ... Wie meisterhaft hat der Führer alle Probleme, die aufkamen, gelöst.«124 So werde es auch 1941 weitergehen. Da »Amerika und England den Kampf bis zum letzten führen werden«, stehe man »wieder einmal vor bedeutenden Ereignissen«. Auch sein »bisheriges Arbeitsgebiet« werde davon betroffen, und von Lüdinghausen deutete an, weshalb: um England und die USA niederzuringen, werde man den Weg über die Zerschlagung und ökonomische Ausplünderung der Sowjetunion nehmen. Ende Juli 1941 meldete sich von Lüdinghausen dann aus einem Wirtschaftsstab im Osten:125 »Wir hoffen, daß nach Beendigung der jetzt tobenden Schlacht die Kampfkraft der Roten gebrochen ist. So schwer und verlustreich die Kämpfe sind, man glaubt die Masse vor der Wolga vernichten zu können.« Danach werde es einen Berg wirtschaftspolitischer Aufgaben geben: »Am wichtigsten ist wohl die Bezeichnung als Kolonialproblem. Auch nach Schleifung der Industrie des Landes ... soll die Bildung von Privatkapital für die Landeseinwohner nur beschränkt zugelassen werden.« Deshalb müßten die Banken auf der Hut sein und rechtzeitig verhindern, daß die Behörden hier eine »neue Staatswirtschaft aufbauen ... Ich glaube, daß Sie über Körner und Neumann hierauf Einwirkung nehmen können.« Für die Bankiers war es eine Zeit der siegestrunkenen Harmonie. Das Management der Dresdner Bank war mehr als bereit, seinen Part bei der privatwirtschaftlichen Konsolidierung des »kontinentaleuropäischen Wirtschaftsraums« zu spielen. Privatwirtschaft aber bedeutet Konkurrenz, auch wenn sie
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sich nur noch zwischen einigen wenigen Großbanken abspielte. Die Deutsche Bank war und blieb der große Gegenspieler. Der Drang, ihr jetzt die Führung abzujagen, ließ die Manager der Dresdner Bank zusätzlich zusammenrücken. Bis zum Frühsommer 1940 waren die Vorteile ziemlich gleichmäßig verteilt. Auf dem Wiener Bankplatz hatte sich die Deutsche Bank einen deutlichen Vorsprung ergattert. In Prag hatte die Dresdner Bank das Rennen gemacht, genauso im okkupierten Polen. In den Niederlanden war der Deutschen Bank die Vormachtstellung wegen ihrer jahrzehntelangen Beteiligungen an führenden Bankhäusern unangefochten zugefallen. Nun standen Belgien und Luxemburg zur Debatte. Die Dresdner Bank forderte lautstark die Führungsposition, als Gegenleistung für ihr Stillhalten in Holland. Aber sie vermochte sich gegen den Leiter der Auslandsabteilung der Deutschen Bank, Hermann J. Abs, und gegen den für Belgien-Luxemburg zuständigen Abteilungs-Direktor Alfred Kurzmeyer nicht durchzusetzen. Erst schnappten ihr Abs und Kurzmeyer im Verein mit dem SS-Bankier Kurt von Schröder (!) eine Aktienmajorität des Luxemburger ARBED-Konzerns vor der Nase weg, und die Dresdner Bank-Direktoren bettelten bei der Verkäufergruppe, der Societe Generale, vergeblich um die »zweite Hand«: dies gehe nur an, »sofern Baron von Schröder« sie »aus seinem Wort entließe«.126 Darauf folgte ein zweiter Schachzug, der Verkauf der Majorität an der Banque Generale de Luxembourg, einer Tochter der Banque de la Societe Generale (seit 1941 Generalbank AG, Luxemburg), ebenfalls an die Deutsche Bank.127 Weitere Transaktionen folgten, und der Dresdner Bank blieb nichts anderes übrig, als in Belgien und Luxemburg weitgehend auf sich allein gestellt zwei relativ bedeutungslose Konkurrenzinstitute (Continentale Bank S. S. Brüssel, Internationale Bank Luxemburg) aufzumachen. Da ihnen große Transaktionsmöglichkeiten verschlossen blieben, hielten sich die beiden Tochterinstitute dann, wie der Bericht zeigt, in den folgenden Jahren mehr an die schmutzigen Geschäftspraktiken des Besatzungsregimes. Monatelang versuchten die zuständigen Dresdner BankDirektoren herauszubekommen, warum sie bei der ersten Transaktionswelle nach der Besetzung Belgiens und Luxem-
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burgs so schlecht abgeschnitten hatten. Dann machten ihnen die belgischen Partner nach und nach die Gründe klar. Die Leitung der Societe Generale habe den Eindruck gewonnen, »daß die Deutsche Bank im Gegensatz zu uns ein Institut sei, welches nach internationalen bankmäßigen Gebräuchen seine Abkommen schließe«.128 Diese »Gebräuche« bezogen sich interessanterweise lediglich auf Formfragen. Die »schnelle Übernahme der Filialen im Eupener Gebiet« sei übel vermerkt worden, aber auch der Hitlergruß in der Auslandskorrespondenz. Höflicherweise habe die Deutsche Bank bei den Übernahmeverträgen auch einen Passus akzeptiert, der eine Rücktrittsklausel enthalte, falls sich »der Status von Luxemburg doch nicht in dem deutschen Sinne entwickeln sollte«.129 Dies war tatsächlich nur eine Floskel, sie war aber für die Societe Generale wichtig, weil sie damit diejenigen, die die Kollaboration mit den Deutschen kritisierten, auf Distanz halten konnte. De facto bedeutete dieser Passus nichts, und Goetz selbst gab dies nach dem Krieg zu: Selbstverständlich war die Dauer aller wirtschaftlichen Vereinbarungen von dem Ausgang des Krieges abhängig, ganz gleichgültig ob eine diesbezügliche Klausel vereinbart war oder nicht.«130 Abs hatte das Rennen gemacht, weil er den Kollaborateuren die Möglichkeit gelassen hatte, ihr Gesicht zu wahren. Für die Kriegswirtschaft der Nazis war die sofortige Übernahme der Aktienpakete der Kapitaldrehscheibe Luxemburg wichtig, und nicht irgendwelche Formfragen oder unnötige Brüskierungen. Damit stand auch in Westeuropa das Image der Dresdner Bank fest, was freilich die Kollaborateure im französischen Bankwesen wenig störte. Aber bei einem Weltkonzern war das anders: »Die Dresdner Bank sei im Gegensatz zu vorstehenden Handlungsmethoden der Deutschen Bank eher mit einer gewissen Eroberungslust aufgetreten«, stellte einer ihrer Berliner Direktoren fest.131 »Nach all diesem stände die Dresdner Bank bei der Societe Generale als ... >Nazi-Bank< da, welche rückhaltlos die politischen Ziele des Reiches verkörpere. Vor diesem Tempo habe die Societe Generale jedoch etwas zurückgeschreckt«132, schrieb ein anderer. Sollte man also im Umgang mit den politisch reserviert bleibenden, aber ökonomisch bereitwillig kollaborierenden
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Spitzenkonzernen Westeuropas den Stil ändern? Diese Frage wurde Dresdner Bank-intern offensichtlich nicht angeschnitten. Man anerkannte den Primat des erfolgreichen Bankgeschäfts, in den Methoden aber wollte man sich deshalb nicht zurückhalten. Indem sie »Verträge mit Notausgang« abschließe, kompliziere die Deutsche Bank in Belgien das Verflechtungsgeschäft, beschwerten sich Hans Pilder und Emil H. Meyer gemeinsam bei Erich Neumann, dem zweiten Staatssekretär in der Vierjahresplanbehörde.133 Continentale Bank-Direktor Joachim Overbeck gab Goetz gegenüber zu bedenken, »es müßte bei den verantwortlichen Behörden abgewogen werden, ob derartige Erfolge, wie sie die Deutsche Bank bei dem Generalbank-Vertrag und beim ARBED-Vertrag erzielt hat, wirkliche Erfolge sind, oder ob die Schädigung, die die gesamte Linie erfährt, nicht diese Erfolge überwiegt.«134 Das Problem wurde tatsächlich »bedacht«, denn Rasche alarmierte schließlich auch Hitlers Wirtschaftsberater Keppler. Der trug den »peinlichen Verlauf dieser Vertragsverhandlungen« im Reichswirtschaftsministerium vor135 - und holte sich eine Abfuhr: die Spitzenpositionen des belgischluxemburgischen Wirtschaftspotentials waren nur mit den von der Deutschen Bank benutzten Samthandschuhen zu erobern. Währenddessen wurde die belgische Volkswirtschaft vom Kommissar der Nationalbank in Brüssel ausgepreßt wie eine Zitrone, und die Tochtergesellschaften der Dresdner Bank organisierten die dafür erforderliche Infrastruktur im Bereich des privaten Kreditwesens. Alles in allem steht fest: in der Zeit der Hochblüte der nazistischen Herrschaft über Europa stand das Leitungspersonal der Dresdner Bank geschlossen hinter den Strategien und Taktiken der imperialistischen »Neuordnung«. Es praktizierte einen rigorosen Führungsstil, der auch äußerlich unzweideutig mit dem NS-Regime identifiziert war und die Bank deutlich von ihrer Konkurrenz abhob. Der Aktenlage zufolge bildeten die Spezialisten des Bankgeschäfts, die Industrieexperten, die Juristen, aber auch die Führungsgremien einen geschlossenen Block. Aber diese Harmonie dauerte selbst bei der Dresdner Bank nicht unbegrenzt. In den letzten Monaten des Jahres 1942 setzte sich in den
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
Führungszirkeln des »Dritten Reichs« angesichts der Rückschläge der Wehrmacht in der Sowjetunion die Einsicht durch, daß ihr Kriegsprogramm gescheitert war. Die Rote Armee hatte über ein Jahr lang standgehalten und begann nun, an der Wolga eine ganze deutsche Armee aufzurollen. Die Konzeption, die angelsächsischen Mächte von einem um die zerschlagene Sowjetunion erweiterten »Kontinentaleuropa« aus in die Knie zu zwingen, wurde endgültig Makulatur. War es nicht langsam Zeit, die Strategie zu ändern? Gab es vielleicht eine Möglichkeit, die übermächtig werdende Koalition der Kriegsgegner auseinanderzusprengen? Diese Fragen drängten sich allen Machtgruppen des Regimes auf, der NSElite gleichermaßen wie den oppositionellen Honoratioren um Carl Goerdeler und den Kreisauer Kreis. Unabhängig vom völlig offenen Ausgang der nun einsetzenden Kontroversen warf die sich abzeichnende Spaltung in der Kriegsstrategie sofort gewaltige Loyalitätsprobleme auf. Für die Großbanken stellte sich vor allem die Frage, wie sich deren Vorstände dem Hauptschuldner von 80 Prozent ihrer Aktiven gegenüber verhalten sollten, dessen Bonität im Angesicht von Stalingrad deutlich abbröckelte. Entziehen konnten sich die Bankvorstände ihm nicht, sie hatten sich ihm mit Haut und Haaren ausgeliefert. Es lag deshalb nahe, daß sie sich im Interesse ihres Riesenkredits alsbald an die Kurspflege des Hauptschuldners machten. Die Bankiers waren unabhängig von ihrem politischen Standort über den Kursverlust der Schuldnerfirma NS-Deutschland besonders gut im Bilde; sie waren die über die nationalen Entwicklungen am besten informierte Gruppe der Herrschaftselite überhaupt. Von daher ist verständlich, daß die Repräsentanten der Großbanken bald zu begehrten Diskussionspartnern der Machtzirkel und der bürgerlich-junkerlichen Opposition wurden, aber auch, daß sie allen vertretenen Positionen ihr Ohr liehen. Sie waren an der Auseinanderentwicklung zweier strategischer Linien beteiligt. Die eine plädierte für unbeirrtes Festhalten am Kriegskurs; sie setzte auf maximale Rüstungsanstrengung, forcierte Ausplünderung der besetzten Territorien, Verschärfung der inneren Diktatur, Mobilisierung noch unerschlossener Arbeitskräftereserven einschließlich Zwangs-LIX-
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arbeit und auf die Priorität neuer Entwicklungslinien in der Kriegsfiihrung, insbesondere bezogen auf Massenvernichtungswaffen. Dieses Spiel mit dem völligen Untergang läßt sich heute nur schwer nachvollziehen, aber das zehn Jahre zuvor durchgemachte Hasard der Weltwirtschaftskrise war ihm wesensverwandt. Die zweite Strömung wollte die endgültige Katastrophe um jeden Preis vermeiden. Als solche wurden eine noch radikalere Neuauflage der Revolution 1918, die Abschaffung des Privateigentums und ein Sieg der Roten Armee angesehen - mit allen angsteinflößenden Querbeziehungen, die sich daraus konstruieren ließen. Um dies alles zu verhindern, galt es, mit dem angelsächsischen Teil der AntiHitler-Koalition zu einem Arrangement zu kommen, die Weltmachtziele zurückzuschrauben und aus Großdeutschland einen gegen den »Bolschewismus« gerichteten Vormachtposten der »europäischen Kultur« zu machen. Es war ein Rückzug auf die revisionistische Linie gegen Versailles, wie sie in der Brüning-Ära entwickelt worden war. Natürlich entstanden diese beiden Grundpositionen nicht über Nacht. Aber sie wurden um die Jahreswende 1942/43 schon in allen Machtzirkeln diskutiert, die sich - zuerst unmerklich hinter Ersatzkonflikten versteckt - allmählich auseinanderdividierten. Wenn man von der Opposition der bürgerlich-junkerlichen Honoratioren absieht, die ausschließlich für die zweite Variante einstand136, waren alle Gruppierungen der Machtelite vom Dissens betroffen, auch und gerade die Nazipartei. Die Spaltung machte nirgends Halt, auch nicht vor den Sitzungszimmern der Bankenvorstände. Im Bankgewerbe nahm der sich entwickelnde Konflikt zunächst eine spezielle Färbung an, die viel mit einer im Sommer 1942 eingeleiteten Kampagne zur Bankenrationalisierung zu tun hatte. Um Arbeitskräfte und volkswirtschaftliche Reserven zu mobilisieren, schlössen die Kriegswirtschafts- und Verwaltungsbehörden eine Reihe kleiner Privatbanken und dünnten die Sparkassen und Genossenschaftsbanken aus, während die drei Großbanken in gemeinsamer Absprache und in Übereinstimmung mit dem Reichsaufsichtsamt für das Kreditwesen ihr Geschäft lediglich reorganisierten. Das machte böses Blut, und das nazistisch-mittelständische Bankgewerbe zeigte
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mit dem Finger auf die großen Drei, die noch im Sommer 1942 in Berlin fast 200 Depositenkassen unterhielten (Dresdner Bank 82, Deutsche Bank 66, Commerzbank 5l).137 Sie fühlten sich wieder einmal — und das sicher nicht zu Unrecht benachteiligt. Die Partei wurde mobilisiert, die Einsetzung eines Kommissars gefordert, um diese und andere Mißstände zu beseitigen. Dieses Aufbegehren der Parteibasis traf sich mit sorgenvollen Überlegungen der Spitze, die Großbanken könnten sich auf unkontrollierte und vielleicht auch unerwünschte Weise daranmachen, Initiativen zur Hebung der Bonität des zweifelhaft werdenden Hauptschuldners NS-Staat zu ergreifen. So gründete man im Oktober/November 1942 einen »Bankenausschuß« und benannte ihn nach dem Leiter der Parteikanzlei, Martin Bormann. Der Bankenausschuß unternahm sogleich Schritte, um nun auch die hinter den Wirtschaftsministerien, der Reichsbank und dem Reichsaufsichtsamt für das Kreditwesen wohlverschanzten großen Drei zu einer angemessenen Verkleinerung ihres Filialnetzes zu veranlassen. Dies geschah nach einigem Widerstreben, nachdem man in einigen mit Filialen »übersetzten« Regionen Niederlassungen insbesondere der Dresdner und der Commerzbank demonstrativ polizeilich geschlossen hatte.138 Danach machte sich der Bankausschuß an seine Hauptaufgabe, nämlich in die wieder allmächtig gewordenen Großbanken einige zusätzliche politische Sicherungen einzubauen. Wer nun annähme, dabei sei es darum gegangen, die sich herauskristallisierende Durchhalte-Linie vor der Katastrophenabwehr-Strömung in Position zu bringen, ginge fehl. Zweifellos wünschte »der Führer eine Zurückdrängung des Einflusses der Banken«, hielt Reichskanzleichef Lammers nach einer Besprechung mit Reichswirtschaftsminister Funk in einer Aktennotiz fest.139 Und Rasche teilte seinem Parteigenossen und Deutsche Bank-Vorstandsmitglied Karl Ritter von Halt im November 1942 mit, »mit der Auffassung, daß die Vorstände der Banken nationalsozialistisch ausgerichtet seien, käme man nicht mehr durch. Man würde bei dieser Behauptung riskieren, daß man als Parteigenosse nicht mehr ernst
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genommen würde«.140 Aber zuallererst ging es darum, das wieder einmal großbankenfeindliche Aufbegehren der großbankfeindlichen Sparkassen- und Genossenschaftsverbände abzuwehren: »Es ist der Plan aufgetaucht, altbewährte Parteigenossen in die Vorstände ... besonders der Großbanken hineinzubringen. Im besonderen hat der Generaldirektor der Girozentrale, der Landrat a. D. Börnicke, den Versuch gemacht, Vorsitzer des Vorstandes der Deutschen Bank zu werden. Reichsleiter Bormann hat sich ganz entschieden gegen diese Pläne ausgesprochen.«141 Die Begründung ist aufschlußreich: »Er (Bormann) hält die Pläne für undurchführbar, da es überhaupt nicht in Frage kommen kann, daß die Partei irgendwelche Verantwortung für die Banken übernimmt.« Die Partei, besagte dies, hatte mit der Reichsverschuldung schon genug Probleme. Es hätte gerade noch gefehlt, sich nun auch noch die größten Gläubiger aufzuhalsen. Deshalb war es völlig ausreichend, wenn »die Banken selbst geeignete Fachleute, die Parteigenossen sind, für ihre Vorstände vorschlagen.« Der Bormann-Ausschuß konstituierte sich folgerichtig aus einer Reihe von Gauwirtschaftsberatern mit Bankerfahrung und aus Parteigenossen aus den Vorständen der Großbanken. Die De-facto-Leitung übernahmen der Gauwirtschaftsberater von Berlin und dessen Stellvertreter, Heinrich Hunke und Karl Heinrich Heuser; als Beauftragter des Reichswirtschaftsministeriums wurde Reichsbank-VizePräsident Kurt Lange nominiert; der Vertreter der Parteikanzlei, Börnicke, war somit wirkungsvoll »eingerahmt«. Kurt Lange sagte in Nürnberg aus, »daß bei den seitens der Parteikanzlei geäußerten Wünschen kein Druck auf die Banken ausgeübt werden durfte und die Banken wußten das«.142 Und so machten die Berliner Gauwirtschaftsberater und die nazistischen Vorstandsmitglieder die Revirements und Machtkämpfe unter sich aus. Sie beendeten einen Zustand, in dem sich die Deutsche Bank und die Dresdner Bank bislang angeblich nur »durch die Hereinnahme eines bekannten und anerkannten Parteigenossen ein nationalsozialistisches Mäntelchen« umgelegt hatten.143 Die Dresdner Bank kooptierte zu ihren schon vorhandenen Vorstands-Parteigenossen einen -LXII-
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Wehrwirtschaftsführer und tauschte einige Aufsichtsratsmitglieder aus. Auch Ritter von Halt von der Deutschen Bank erhielt Verstärkung: Gauwirtschaftsberater Heinrich Hunke selbst und ein in den Vorstand geholter nazistischer Filialdirektor (Robert Frowein) schirmten die in Verruf geratene »Katholikengruppe« des Deutsche Bank-Vorstands wirkungsvoll ab.144 Damit schien die Affäre vom Tisch. Paradoxerweise trugen ausgerechnet die in der letzten Nazifizierungsetappe nominierten Parteigenossen die nun mit voller Wucht einsetzende NS-interne Strategiedebatte um eine Revision der Kriegsziele in die Leitungsgremien der Großbanken hinein. So war es jedenfalls bei der Dresdner Bank. Erst im Spätherbst 1942 kristallisierte sich bei ihrer Führung eine Strömung heraus, die sich angesichts der katastrophalen militärischen Entwicklung im Osten Sorgen um die Zukunft ihres Instituts zu machen begann. Das war neu, denn bis dahin hatten sowohl der Seniorchef Goetz wie auch die Gruppe der parteipolitisch nicht oder nur formal gebundenen Börsen-, Konsortial- und Filialspezialisten (Fritz Andre, Alfred Busch, Gustav Overbeck, Hans Pilder, Hans Schippel und Hugo Zinßer) den kompromißlosen Expansionskurs voll mitgetragen. Das überragende Engagement der Bank überall da, wo sich die Wirtschaftsflügel der NSDAP und der SS praktisch betätigten (Reichswerke Hermann Göring, Vierjahresplanbehörde, Wirtschafts-Verwaltungs-Hauptamt der SS), wirkte kunstvoll ausbalanciert und stand bis dahin als Ausgangspunkt für den Konkurrenzkampf mit der Deutschen Bank von keiner Seite in Frage. Das änderte sich jetzt. Die Leitungsgremien der Dresdner Bank vollzogen erst jetzt mit einer gewissen Verspätung die Differenzierung nach jenen strategischen Optionen, die sich zwischen den beiden großen wirtschaftspolitischen Machtblöcken Reichswerke Hermann Göring und Wirtschaftsunternehmen der SS längst NSDAP-intern akzentuiert hatten. Das Wirtschafts-Verwaltungs-Hauptamt repräsentierte dabei das Konzept des bedingungslosen Durchhaltens, und es gewann im nun bankintern aufbrechenden Meinungsstreit seine Fürsprecher in Fritz Kranefuß, Emil H. Meyer, Karl Rasche und
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einigen »Arisierungs«spezialisten (Alfred Hölling), die zugleich für die Fortsetzung der bisherigen Bankpolitik einstanden. Von ihnen setzte sich jetzt Seniorchef Goetz ab, und mit bemerkenswerter Verspätung schlössen sich einige Spezialisten an (Hans Pilder). Es handelte sich wohlgemerkt um eine Auseinandersetzung, die zunächst in voller Analogie zu den Dissoziationen innerhalb der nazistischen Macht der NSDAP ablief, wo sich im Angesicht der drohenden Niederlage die Revisionspolitiker des Schacht-Kreises sowie um Göring und die Reichswerke145 unter der Parole des Separatfriedens mit den Westalliierten neu formiert hatten. Dieser Gruppierung gehörten bald auch die meisten Gauwirtschaftsberater der NSDAP an. Und sie hatte auch den Bormann-Bankenausschuß in der Hand. Carl Goetz mobilisierte ihn, um mit seiner Hilfe die Ressourcen der Dresdner Bank in die neue Revisionslinie einzupassen. Vom Berliner Gauwirtschaftsberater Hunke, einem engen Vertrauten Görings, holte er sich am 14. Dezember 1942 die folgende »ganz geheime« Order: »Im Einvernehmen mit dem Leiter des Bankenausschusses und der Parteikanzlei, Parteigenosse Dr. Börnicke, und dem Beauftragten des Reichswirtschaftsministeriums, Vizepräsidenten Kurt Lange, habe ich folgendes zu übermitteln: 1. Im Zuge der vom Reichswirtschaftsministerium und der Parteikanzlei verfügten Neuordnung des Bankwesens werden Sie vom Aufsichtsrat in den Vorstand auf die Dauer eines Jahres delegiert und übernehmen für die Dauer der Delegation den Vorsitz im Vorstand der Dresdner Bank. (...) 2. In den Vorstand sollen alte angesehene Parteigenossen eintreten. Als erster der Parteigenosse Professor Dr. Carl Luer, Frankfurt/M. Nachdem der Parteigenosse Bankier Julius Maier, Hannover, es abgelehnt hat, in den Vorstand der Dresdner Bank einzutreten, behalte ich mir vor, einen anderen Parteigenossen vorzuschlagen, über den wir abstimmen werden. Falls Sie selbst geeignete Parteigenossen in Vorschlag bringen können, bitte ich um Namhaftmachung. Der Parteigenosse ist neben den ihm zu übertragenden sachlichen Aufgaben mit allen parteilichen und politischen Angelegenheiten zu
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betrauen, insbesondere hat er die Ausrichtung der Dresdner Bank im Sinne der Bankenreform zu gewährleisten. 3. Es ist ferner erforderlich, daß der Aufsichtsrat durch zwei bis drei Mitglieder ergänzt wird, die sich in der Wirtschaft und der wirtschaftspolitischen Arbeit der Partei bewährt haben. Ich schlage Ihnen folgende Parteigenossen vor: a. Gauwirtschaftsberater Generaldirektor Avieny, Frankfurt/Main, Vorsitzer des Vorstandes der Metallgesellschaft, b. den stellvertretenden Gauwirtschaftsberater Dr. Karl Heuser, Berlin, Direktor der Norddeutschen Eiswerke, Berlin. Heil Hitler! gez. Hunke«146 Das war ein Putschversuch auf der ganzen Linie, der Versuch, die Dresdner Bank mit einem Schlag auf den NSDAP-internen »Westlösungsflügel« um Göring hinüberzuziehen. Die von Hunke aufgeführten neuen Mandatsträger gehörten alle jener Machtgruppe an, die den Glauben an den »Endsieg« verloren hatte und von ihren Wirtschaftspositionen aus auf einen von der NSDAP-Spitze selbst zu tragenden Separatfrieden mit den Westmächten hinarbeitete. Sie sollten Goetz, der zu dieser Zeit Aufsichtsratsvorsitzender und Vorsitzer des Arbeitsausschusses war, helfen, die im Zeichen des Expansionsbooms recht selbstbewußt gewordenen »jungen Leute« des Vorstands zu zügeln. Goetz verfolgte sicher auch ein gerütteltes Maß an Eigeninteressen, als er versuchte, sich im Rahmen des anstehenden Revirements wieder als beherrschende Überfigur aufzubauen. Der Vorstand, dessen Expertengruppe im Gegensatz zu den politischen Köpfen Meyer und Rasche die dahinterstehenden politischen Konflikte offensichtlich noch gar nicht überblickte, reagierte einmütig. Er ernannte Karl Rasche zu seinem Sprecher und peitschte ein neues Vorstandsstatut durch, das die Führungskompetenzen gegenüber dem Arbeitsausschuß und dem Aufsichtsrat unzweideutig festschrieb.147 Carl Goetz wurde gedemütigt und zur Unterzeichnung eines neuen Abkommens gezwungen, das ihn auf »grundlegende Angelegenheiten« und »repräsentative Aufgaben« beschränkte.148 Carl Lüer wurde kurzerhand abgesetzt, die neuen Aufsichtsratsmandate blieben offen.
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Nach diesem Gegen-Coup entspann sich ein hektisches Tauziehen, in das sich zuletzt die gesamte Führung der Reichswerke und dann Göring selbst einmischte. Die geschlossene Front der Experten, die sich gegen einen neuen Übervater Goetz wehrten, und der Durchhaltebankiers vom Schlag der Kranefuß, Meyer und Rasche bröckelte erst im Verlauf des Jahres 1944. Man einigte sich zuletzt auf Kompromisse, die Koexistenz der beiden strategischen Linien innerhalb der Bank wurde arrangiert. 1482 Der Restriktionskurs, den der Vorstand zeitweilig gegenüber den Reichswerken Hermann Göring eingeschlagen hatte (die Dresdner Bank war als Hauptbank nicht zu ersetzen), wurde wieder gelockert, und auch die großzügige Kreditpolitik gegenüber den SS-Unternehmen unangefochten fortgesetzt. Carl Lüer wurde zuletzt doch als Vorstandsmitglied akzeptiert, Goetz blieb Aufsichtsratsvorsitzender, und die Zahl der Anhänger des Göringschen Revisionskurses (Gauwirtschaftsberater und Direktoren der Reichswerke, darunter Avieny und Heuser) wuchs beträchtlich.149 In der Dresdner Bank blieb die strategische Alternative blockiert, und man übte sich in neuer »Kameradschaft« für den totalen Krieg. Als sich der den Mittelkurs repräsentierende Carl Goetz in den Goerdeler-Kreis verirrte, wo die Honoratioren nun energisch auf eine Spaltung der Anti-Hitler-Koalition mittels politischer Vorleistung plus Westlösung setzten150, holte ihn der Vorstand einmütig aus seiner Gestapozelle in Moabit.151 Er blieb auch danach Aufsichtsratsvorsitzender und Galionsfigur, während Hans Pilder als einziges Vorstandsmitglied ausschied.152 Als es mit dem »Dritten Reich« zu Ende ging, rüsteten sich die beiden koexistierenden Nazi-Fraktionen gemeinsam für den Nachkrieg. Die Wirren und Machtkämpfe, die wir hier schildern, spielten vor einer dramatischen Kulisse: dem Bombenkrieg. Die Berliner Zentrale der Dresdner Bank in der Behrenstraße wurde mehrfach schwer getroffen, verheerend im November 1943, am 28./29.Januar 1944 und zuletzt am S.Februar 1945.153 Natürlich hatte der Vorstand längst vorgesorgt, bevor die ersten Bomben die Hauptbuchhaltung, die umfangreichen Depots, die Filial-, Kredit- und Konsortialkartei, die Beteiligungsregister und die Archive der Direktionsabteilung gefähr-
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
den konnten. Das Schlagwort hieß »Auslagerung«, und im Verlauf des Jahres 1943 bekam die Politik der Dezentralisierung erstmals Methode. Es war ein nicht unbeabsichtigtes Understatement, als die Direktion Mitte Februar 1945 an die Bankenabteilung des Reichswirtschaftsministeriums schrieb, der neuerliche schwere Bombenschaden vom 3. Februar habe sie veranlaßt, »unsere vorsorglichen Auflockerungsmaßnahmen fortzusetzen und zu erweitern«.154 Nach den schweren Bombenangriffen auf Hamburg von Ende Juli/Anfang August 1943, die auch für Berlin nichts Gutes verhießen, begann die Berliner Zentrale mit dem Aufbau von vier regionalen Leitungsgruppen.155 Den jeweiligen Direktionsköpfen wurden Stäbe von Oberbeamten und Angestellten zugeteilt, die je einen zentralen Funktionsbestand, z. B. Filial- oder Konsortialbüro, Hauptbuchhaltung usw., sowie die Akten für einen der vier deutschen Regionalbereiche übernahmen. Nach dem Abschluß der Vorarbeiten setzten sie sich in die »weniger luftgefährdeten Gebiete« des Reichs ab. Das Filialbüro, zusätzlich regional zuständig für Mittel- und Ostdeutschland, wurde nach Dresden und Breslau verlegt. Eine »Vorstandsgruppe West« (Rasche und Lüer) ging nach Bad Nauheim; sie übernahm die Aufsicht über die Filialbezirke in Westdeutschland. In Würzburg ließ sich die Hauptbuchhaltung nieder, und zwar zusammen mit der Regionalleitung für Süddeutschland. Die übrigen Zentralfunktionen blieben, auf einige Depositenkassen ausgelagert, in Berlin, und die dortige Vorstandsgruppe übernahm die Direktionsaufgaben für Norddeutschland. Bei dieser Aufspaltung in vier Säulen blieb es im Prinzip bis Februar/März 1945. Als seit dem Herbst 1944 eine ausländische Niederlassung nach der anderen zur Liquidation anstand, nahmen die vier Direktionsköpfe deren »Abwicklungsstäbe« bei sich auf. Nach der Zerstörung von Dresden und Würzburg setzten sich die dorthin verlagerten Leitungsgruppen erneut in Bewegung, und zwar in Richtung Erfurt und Beckum in Westfalen. Entsprechend dem Status quo der beiden strategischen Positionen in der Nachkriegsplanung war bei der Dresdner Bank im Gegensatz zur Deutschen Bank die Frage lange tabu, ob es nicht an der Zeit sei, aus der Not der vom Bombenkrieg
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
aufgezwungenen Dezentralisierungspolitik eine politische Tugend zu machen. Archivalisch läßt sich noch nicht belegen, wann die Führungskader begannen, die seit dem Dezember 1942 aufgerissenen und seither nur überbrückten Gräben in Fragen der Kriegszielstrategie wieder einzuebnen. Die diesbezüglichen Auseinandersetzungen dürften im Spätherbst 1944 begonnen haben. Man war mit der Aussicht auf eine vollständige Niederlage konfrontiert, davon war auszugehen. Wie konnte die Bank hinübergerettet werden und das Fiasko überstehen? Die Hypothek war gewaltig, und seit dem katastrophalen Untergang einiger Niederlassungen in den besetzten Gebieten, wo mit der Aktenvernichtung zu spät begonnen worden war, konnten alle Beteiligten davon ausgehen, daß die schmutzigen Geschäftsbilanzen nicht restlos zu beseitigen waren. Gleichwohl gab es auch Tröstliches. Die beiden führenden Köpfe der Dresdner Bank hatten unabhängig voneinander in Erfahrung gebracht, daß es um die Anti-Hitler-Koalition entgegen dem Schein ihrer äußeren Deklarationen nicht allzu gut stand. Carl Goetz war bis 1944 neben Abs im deutschen Bankenausschuß des internationalen Stillhalteabkommens vertreten156 , und nach seinem letzten Aufenthalt in Basel durfte er die frohe Kunde mit nach Hause nehmen, daß die Finanzwelt des Westens auf einen milden Frieden hinarbeitete und eine Konzeption verfocht, die mit der antibolschewistischen Bollwerkkonzeption der Honoratioren innerhalb und außerhalb der Nazipartei bestens harmonierte. Daran hatte auch der gescheiterte 20. Juli 1944 nichts geändert. Aber auch Karl Rasche verschloß sich nun nicht länger den Zeichen der Zeit. Er intensivierte seine Beziehungen zu den Großbanken des neutralen Auslands, insbesondere zur Enskilda-Bank in Stockholm und zum Schweizerischen Bankverein in Zürich, für die er seit einiger Zeit Clearing-Geschäfte zwischen den Achsenmächten und den Neutralen arrangiert hatte.157 Diese Tätigkeit koordinierte er nun mit dem von Karl Blessing geleiteten »Europakreis« des Reichsministeriums für Rüstung und Kriegsproduktion, der sich intensiv mit einer Überlebensstrategie der deutschen Wirtschaft auf der Seite der künftigen westalliierten Sieger beschäftigte.158
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Natürlich erfuhren Goetz und Rasche bei ihrem Bemühen, den Puls der künftigen Entwicklungen richtig und zum Vorteil ihres Instituts zu fühlen, keineswegs alles. So entging ihnen beispielsweise, daß ihren Interessen keineswegs optimal gedient war, wenn sie die Ressourcen der Bank umstandslos in die künftigen Westzonen abzogen und den jeweiligen Militärregierungen ohne Unterschiede ihre guten Dienste anboten. Auch jetzt war ihnen die Deutsche Bank wieder um eine Nasenlänge voraus, und sie war offensichtlich keineswegs bereit, die Konkurrenten über einige für die unmittelbare Nachkriegspraxis wichtige Differenzen zwischen den Westalliierten zu informieren. Während die Deutsche Bank hellsichtig ihre Zentrale in die künftige britische Zone verlagerte159, teilte die Dresdner Bank ihre Ressourcen flächendeckend auf die künftige amerikanische, britische und französische Zone auf. Alle mobilisierbaren Gelder, Wertpapiere, Guthaben und Kreditunterlagen wurden aus den in der künftigen sowjetischen Zone gelegenen Filialen abgezogen, weitere Schlüsselakten des Vorstands und des Arbeitsausschusses nach Klietz bei Schönhausen an der Elbe ausgelagert.160 Die bisher vier Vorstandsgruppen wurden auf zwei Leitungsgremien verringert, und zwar auf einen Führungsstab West unter der Leitung von Alfred Hölling in Hamburg und eine Zentraldirektion West in Frankfurt/Main unter Hugo Zinßer. Um sie herum wurden die verschiedenen Zentralbüros neu gruppiert (Hauptbuchhaltung wieder in Würzburg, Konsortialbüro in Gießen usw.).161 Während in Berlin eine Restgruppe des Vorstands verblieb (Andre, Busch, Overbeck), wanderten die Aktiva (Reichsanleihen, Schatzwechsel der Deutschen Golddiskontbank usw.) nach einem an den jeweiligen Dotierungen der Gläubiger orientierten Verteilungsschlüssel in die Depots der Kopffilialen der künftigen Westzonen. »Außerdem hat«, berichtet Zinßer in einer im Juli 1945 verfaßten Übersicht, »die Zentrale Berlin einen beträchtlichen Teil ihrer Gesamtdispositionsreserven in das westliche Gebiet verlagert«162 , und zwar je 300 Millionen an die Kopffilialen Düsseldorf und Nürnberg und je 250 Millionen nach Frankfurt/Main und Hannover; Filialen, die jetzt Zentralbüros bei sich beherbergten (Würzburg, Gießen, Wiesbaden, Hamburg und Beckum), erhielten
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
kleinere Depots. »Die Zahlungsbereitschaft der im westlichen Deutschland gelegenen Filialen ist damit gesichert unter der Voraussetzung, daß die Reichsbank funktionsfähig bleibt und die bereits erwähnten Reichstitel und Golddiskontbankwechsel ... ihren Charakter als liquide Mittel behalten bis zur endgültigen Klärung der Frage der Reichsschulden.« So waren kurz vor dem Einmarsch der Alliierten die ost- und mitteldeutschen Filialen leergeräumt, die Berliner Zentrale war in den Westen verlegt, und in Hamburg und Frankfurt hatten unter der Regie der beiden Führungsstäbe eine Filialgruppe Süd- und Südwestdeutschland (amerikanische und französische Zone) sowie eine Filialgruppe West- und Norddeutschland (britische Zone) ihre Tätigkeit aufgenommen. Am Vorabend der Niederlage hatte sich die Führungsgruppe der Dresdner Bank nun doch noch auf die revisionistische Westlösung geeinigt. Der erste gemeinsame Schritt hierzu bestand in der bankpolitischen Vorwegnahme der Spaltung Deutschlands.
VORGESCHICHTE UND ENTSTEHUNG DES UNTER SUC HUNGSBER ICHTS
Während die Dresdner Bank ihre zunächst luftkriegsbedingten Auslagerungen 1943/44 für ihre eigene Westlösung nutzte, nahmen in den USA und England die ersten Untersuchungsgruppen ihre Tätigkeit auf, um das deutsche Banken- und Finanzwesen zu studieren. Ihre Hauptziele waren zweifacher Art. Zum einen sollte erklärt werden, warum ausgerechnet die Banken, obwohl ihnen ihr wichtigster ökonomischer Machthebel, der Kredit, zunächst so gut wie nicht zur Verfügung gestanden hatte, eine derart beherrschende Rolle in der Europapolitik der Achsenmächte spielten. Andererseits sollten die ersten Materialien für die alliierte Nachkriegsplanung zur Verfügung gestellt werden, und dies geschah lange, bevor die diesbezüglichen Kontroversen und Kompromisse im Herbst 1944 Kontur gewannen. Diese ersten Recherchen und Vorstudien waren breit gefä-
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EINLEITUNO DES BEARBEITERS
chert. Die Forschungs- und Untersuchungsabteilung des Office of Strategie Services (OSS) legte bereits Anfang 1943 die erste Sonderkartei über deutsche Industrielle und Finanziers an.163 Danach wandte sie sich im Auftrag von Roosevelts Board of Economic Warfare den deutschen Versicherungskonzernen zu (Allianz, Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft)164, die seit 1940 bei der Internationalisierung des deutschen Wirtschaftskriegs zusammen mit der I.G. Farben, den Vereinigten Stahlwerken und Siemens eine Schlüsselstellung innehatten. Von daher datiert dann eine kontinuierliche Durchleuchtung des deutschen Bank-, Versicherungs- und Finanzwesens, und über die oben skizzierten politischen Revirements in den Großbankvorständen von 1943/44 wurde im März 1944 detailliert Bericht erstattet. 165 Die Abteilung für die Kontrolle von Auslandsvermögen (Foreign Funds Control) des Finanzministeriums (Treasury Department) übernahm um die Jahreswende 1943/44 die einschlägigen Recherche-Ergebnisse des OSS, legte Personalakten der führenden deutschen Bankiers und Finanzierungsexperten an und verband sie schließlich mit Dossiers über die zentralen Finanzinstitutionen und die sechs Berliner Großbanken. Schließlich nahm eine Programm-Planungsgruppe im Morgenthau-Ministerium ihre Tätigkeit auf und erstellte bis zum Herbst 1944 die ersten umfangreichen Vorstudien. In den Akten sind Voruntersuchungen über die DAF-eigene Bank der Deutschen Arbeit, die Commerz- und Privatbank AG, die Deutsche Bank AG und die Dresdner Bank AG enthalten. Die »Preliminary Study of the Dresdner Bank«, mit 119 Seiten schon eine recht umfangreiche Ausarbeitung, war eine Zusammenstellung von exakten statistischen Übersichten über Bilanzen und Beteiligungen, von teilweise überraschend präzisen Personalinformationen (beispielsweise über Vorstandsmitglied Emil H. Meyer) und von Mutmaßungen: der Freundeskreis Himmler beispielsweise wurde als eine Einrichtung kolportiert, mit der die SS der Freimaurerei (»Neue Freimaurer«) Konkurrenz mache.166 Seit dem Spätsommer 1944 weiteten sich die Untersuchungsobjekte dann immer mehr aus, und es bildete sich ein ganzes Geflecht von untergeordneten Arbeitsstäben, die mehr
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
oder weniger locker mit der Foreign Funds Control kooperierten und ihre Ergebnisse zunehmend auch mit britischen Spezialstäben und Geheimdiensteinrichtungen austauschten. Hervorzuheben sind aus dem umfangreichen und für die wirtschaftsgeschichtliche Forschung hoch bedeutsamen Material Studien der Deutschlandabteilung der Civil Affairs Division im Kriegsministerium über die Reserven-Politik der Großbanken, detaillierte britische Verhörberichte von deutschen Kriegsgefangenen über die Großbankzentralen und die Einrichtung der Reichsbank167 , eine Skizze der gemeinsamen Enemy Branch des englischen Foreign Office und des Ministeriums für Wirtschaftskriegsführung über die Entwicklung der Großbanken in den letzten Kriegsjahren168 , sowie Analysen der amerikanischen Foreign Economic Administration über die Rolle der Großbanken in der Hyperinflation von 1923 und während der Bankenkrise 193l.169 Besondere Bedeutung sollte aber eine Ausarbeitung der Leitung des New Yorker Federal Reserve System über die »Deutsche Bankenpenetration in Kontinentaleuropa« erlangen. Die Gouverneure des Federal Reserve System analysierten nicht nur die deutsche Bankenexpansion von Land zu Land und von Großbank zu Großbank, sondern legten erstmals auch das Prinzip dieser expansionistischen Praxis bloß. Sie wiesen nach, daß die Großbanken keineswegs schon wieder über die erforderliche Eigenkapitalbasis verfügten, als sie im Frühjahr 1938 mit ihrer Durchdringungspolitik begannen. Statt dessen hatten sie die klassische Politik des Kapitalexports auf den Kopf gestellt: in unmittelbarer Koordination mit den militärischen Operationen eroberten sie zunächst die Schlüsselstellungen in den wichtigsten Universalbanken der jeweiligen Länder, drangen in deren industrielle Beteiligungssysteme ein und kauften seit 1939/40 die belgisch-französischen Bankbeteiligungen auf. Erst im Zug der »Neuordnung Europas« von 1941/42 war ihre Kapitalbasis dann so gestärkt, daß sie das politisch-militärisch Eroberte auch ökonomisch konsolidieren konnten, indem sie eine klassische Kredit- und Kapitalexportoffensive einleiteten.170 Ohne Zweifel zog das deutsche Finanz- und Bankwesen seit 1943/44 bei den Westalliierten die Aufmerksamkeit auf sich,
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
die ihm aufgrund seiner zentralen Stellung im europäischen Herrschaftssystem des Nationalsozialismus gebührte. Folgerichtig entzündeten sich an diesem Thema parallel zur Debatte um die Behandlung der internationalen Kartellverflechtungen der deutschen Großindustrie zuerst die Kontroversen um die Frage, was nach der militärischen Zerschlagung der Achse wirtschafts- und finanzpolitisch geschehen solle. Der Meinungsstreit der Experten tobte gerade in diesem Bereich lange, bevor er zum Zankapfel in den übergeordneten Planungs- und Entscheidungsstäben geworden war. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die englischen Planungsvorhaben, denn sie haben die amerikanischen Gegner eines harten finanz- und bankpolitischen Sanktionskurses entscheidend beeinflußt. Der englische Hauptplan lag seit dem 22.Januar 1944 vor. 171 Da man zu dieser Zeit noch ähnlich wie zuvor in Algerien und Italien mit einem erfolgreichen Putsch der revisionistischen Honoratioren um Goerdeler und den Kreisauer Kreis rechnete, setzte man im ersten Hauptabschnitt die Situation einer »friedlichen Besetzung« nach dem Abschluß eines Separatfriedens voraus. Als größte Gefahr wurde eine auf den Einmarsch der Westalliierten folgende Vertrauenskrise angesehen, die, »von sozialen oder politischen Unruhen ausgehend«, das »Banksystem schwer bedrohen« und zu einer schlagartigen Entfesselung der bislang durch Lohn- und Preiskontrollen sowie die Rationalisierungspolitik zurückgestauten Inflation fuhren würde. Ihr müsse mit allen Mitteln vorgebeugt werden. In frappierender Übereinstimmung mit den diesbezüglichen Positionspapieren des Goerdeler-Kreises wurde deshalb empfohlen, das gesamte System der Lohn- und Preiskontrollen aufrechtzuerhalten, Bankfeiertage zu verkünden und ein allgemeines Moratorium sowohl der Reichsschuld wie auch der Auslandsschulden zu erklären. Irgendwelche Sanktionsmaßnahmen waren nicht vorgesehen. Die Position der Reichsbank und der Wirtschaftsministerien sollte sogar gestärkt werden, um das Kunststück zu vollbringen, sowohl eine Wiederholung der Hyperinflation von 1923 als auch des Bankenzusammenbruchs von 1931 zu verhindern. Es war ein Programm zur völligen Aufrechterhaltung des deutschen Finanzpotentials, ein Versuch, die Res-
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
sourcen des NS-Systems bruchlos in ein »antibolschewistisches Bollwerk« einzubringen. Für den Fall einer militärischen Eroberung wurde prinzipiell von den gleichen Voraussetzungen ausgegangen, wenngleich es jetzt galt, die Zeit bis zur Kapitulation durch Zwischenmaßnahmen zu überbrücken. In jeder besetzten Region sollten die Reichsbankhauptstellen und die Großbankfilialen mit Ausnahme der Bank der Deutschen Arbeit sofort wiedereröffnet werden, obwohl man von den Durchdringungsmanövern auch der fünf großen Berliner Banken wußte. Ansonsten waren auch jetzt keinerlei Restriktionsmaßnahmen beabsichtigt. Lokale Bankiersausschüsse sollten in Aktion treten und zusammen mit den Beamten der Reichsbankhauptstellen die gesamte Finanzstruktur reorganisieren. Sogar die schwebende Reichsschuld wollte man nur vorübergehend einfrieren, »bis eine neue deutsche Regierung die Verantwortung für die Refinanzierung der kurzfristigen Schulden übernimmt«.172 Auch für den Fall einer völligen militärischen Eroberung Deutschlands durch die Alliierten galt das von Goerdeler vorformulierte Prinzip, die Reichsschuld längerfristig zum Nominalkurs abzuwickeln. Die Finanzplanung der Engländer stand unter dem Vorzeichen einer bedingungslosen Kontinuität. Trotz der Monstrosität ihrer politischen Vorgaben haben die britischen finanzpolitischen Besatzungsplanungen einige amerikanische Planungsstäbe stark beeinflußt. Es gibt Korrespondenzstücke zwischen Experten der Foreign Economic Administration (FEA) und der frühen Unterabteilung für Finanzinstitutionen in der Finance Division der späteren amerikanischen Militärregierung, in denen positiv über die Anpassung der eigenen Vorhaben an das Krisenmanagement von 1931 gesprochen und für eine sofortige »Bedienung der Reichsschuld« plädiert wurde173 , bis hin zur sofortigen Ausgabe einer neuen Währung. Und noch Mitte Juli 1944 geisterte durch diese Unterabteilung der Vorschlag, eine amerikanische Großbank, die über ein Bilanzvolumen von vier Milliarden Dollar verfügte und 12000 Angestellte beschäftigte, kurzerhand der Reichsbank zur Seite zu stellen und als Institution der Militärregierung mit der Rettung des deut-
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
sehen Finanz- und Bankensystems zu beauftragen!174 Die Aufrechterhaltung des deutschen Finanzpotentials wurde auch von den Finanzkreisen der Wall Street, die voll mit den englischen Plänen übereinstimmte, als ein lohnendes Geschäft angesehen. Allerdings meldete sich schon vor den großen Auseinandersetzungen des Spätsommers 1944 entschiedene Opposition zu Wort. In den Finanzausschüssen der Planungsabteilung der Civil Affairs Division (War Department) saßen Beamte, die das Finanzministerium dorthin delegiert hatte. Sie reagierten sarkastisch auf die finanzpolitischen Konzepte für einen »sanften Frieden«, erarbeiteten kompromißlose Gegenvorschläge und stimmten sich mit der Foreign Funds Control des Treasury Department ab. Zwischen diesen beiden Institutionen gab es auch einen militärischen Zusammenhang, denn im Sommer 1944 wurde der Treasury-Beamte Bernard Bernstein, jetzt Finanzberater des Oberkommandierenden und Finanzdirektor der Civil Affairs Division der westalliierten Streitkräfte (SHAEF), auch zum Direktor der künftigen Finance Division der amerikanischen Militärregierung ernannt. Im Wechselspiel zwischen den zentralen Finanzstäben in Washington und den sich in London auf die Landung in der Normandie vorbereitenden amerikanisch-britischen Streitkräften bildete sich allmählich eine entschiedene Gegenpartei heraus, die sich für einen »harten« finanzpolitischen Frieden stark machte. Sie legte im Juni und Juli zwei »Civil Affairs Guides« über die Entnazifizierung der Großkonzerne und die Entfernung der Nazis aus der deutschen Bankstruktur vor175, die sich wie eine unverhüllte Kampfansage an die eigenen »appeasers« lesen. Ungeachtet ihrer jeweiligen Zugehörigkeit zu politischen NSInstitutionen sollten alle leitenden Beamten, Vorstandsmitglieder und Aufsichtsräte der Finanzinstitutionen und der sechs Großbanken entlassen werden. Und mit Entschiedenheit wurden strukturelle Eingriffe in das Finanz- und Universalbanksystem gefordert, um eine Wiederholung ihres abenteuerlichen Expansions- und Aggressionskurses unmöglich zu machen. Die Zerschlagung dieser Strukturen erhielt jedenfalls Vorrang vor den Problemen einer effizienten und der Rehabilitierung von Wirtschaft und Finanz gewidmeten Politik.
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Bis zum August 1944 war freilich nichts von diesen alternativen Vorstellungen in die Besatzungsplanungen der übergeordneten Stäbe eingegangen. Der Vereinigte Generalstab hatte Ende April 1944 eine »Direktive für die Militärregierung in Deutschland bis zur Niederlage oder Kapitulation« verabschiedet (CCS 551), wonach zwar die »Nazihierarchie« zerschlagen werden sollte, aber die volle Aufrechterhaltung des Produktionspotentials ohne alle Beschränkungen oder auch nur Kontrollen vorgesehen war.176 Parallel dazu hatte ein Working Security Committee des Außen-, Kriegs- und Marineministeriums dem Ende 1943 gegründeten interalliierten European Advisory Council (EAC) mit Planungspapieren zugearbeitet, die unverhüllt auf die Erhaltung des Wirtschaftspotentials nach einer Kapitulation zielten. Schließlich war Mitte August von SHAEF mit der Ausgabe eines Handbuchs für die Militärregierung in Deutschland begonnen worden, wo sich das westalliierte Militär auf eine reibungslose Übernahme der Wirtschaftsstruktur vorbereitete. Der Oberkommandierende Eisenhower gab in diesen Tagen Morgenthau gegenüber unverblümt zu, daß sich auf breiter Linie die Optanten für einen »sanften Frieden« durchgesetzt hätten, weil sie beabsichtigten, aus Deutschland ein »Bollwerk gegen Rußland zu machen«.177 Das war die Lage, als Morgenthau am G.August 1944 mit einer Gruppe engster Mitarbeiter in London eintraf, um sich einen Überblick über das Funktionieren der Finanzpolitik in den ersten befreiten französischen Gebieten zu verschaffen.178 Als er bei dieser Gelegenheit von seinem Unterstaatssekretär Harry D. White über die Deutschlandpläne des State Department und des EAC, und von Bernstein über die Direktiven von SHAEF informiert wurde, löste er mit seinen heftigen Gegenreaktionen eine langwierige Kontroverse aus. Der von der Umgebung Morgenthaus eingenommene Standpunkt ist bis heute nur polemisch abwertend gewürdigt worden. Im Rahmen dieser Einleitung kann nur auf die Folgen eingegangen werden, die der schließlich nach monatelangem Tauziehen erzielte Kompromiß für die Finanz- und Bankenpolitik der westalliierten Militärregierungen hatte. Aber es muß zumindest erwähnt werden, weshalb sich die Exponenten des
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
Treasury Department und später der Finanzabteilung der amerikanischen Militärregierung dagegen wehrten, einen oberflächlichen Schilderwechsel durchzuführen, das deutsche Wirtschafts- und Rüstungspotential auf die Seite der Westalliierten hinüberzuziehen und die Anti-Hitler-Koalition möglichst umgehend zu liquidieren. Morgenthau, White und Bernstein fürchteten ein solches Auseinanderbrechen, weil eine offene Kontroverse um Deutschland ihrer Überzeugung nach unmittelbar zum dritten Weltkrieg geführt hätte. Als sie sich in die Deutschlandplanung einmischten, hatten sie gerade den Versuch hinter sich, für die beiden künftigen Supermächte einen fairen und offenen weltwirtschaftlichen Nachkriegsrahmen zu zimmern (Konferenz von Bretton Woods). Aus dieser Nachkriegsperspektive wollten sie gleichzeitig Deutschland als politischen und ökonomischen Faktor heraushalten. Denn, so ihre Analyse, »das größte Risiko für einen dritten Weltkrieg war ein besiegtes Deutschland, das stark genug blieb, um das Gleichgewicht der Kräfte zwischen dem Westen und der Sowjetunion zu bestimmen. Würde Deutschland noch einmal in eine solche Machtposition kommen, dann würde es auch bereit sein, sein Gewicht in die Waagschale zu werfen ..., und den dritten Weltkrieg auslösen.«179 Immer wieder beschworen sie die Fähigkeit und Bereitschaft der deutschen Machtelite zu einer solchen »trigger«-Funktion. Und hatten sie nicht recht? Seitdem die Niederlage um den Jahreswechsel 1942/43 feststand, arbeiteten die Wirtschafts- und finanzpolitischen Honoratioren inner- und außerhalb der NSDAP genau einer solchen Vorbedingung, einer einseitigen »Westlösung«, zu. Abgesehen davon sahen die führenden Köpfe des US-Finanzministeriums nicht ein, weshalb ausgerechnet die deutsche Volkswirtschaft, die sich um den Preis der Plünderung oder Verwüstung des Wirtschaftspotentials ihrer Nachbarländer saniert hatte, nun auch noch bevorzugt wiederaufgebaut werden sollte. Die Finanz- und Wirtschaftszentren, die dem Ergebnis der ersten Vorstudien zufolge die Rolle eines entscheidenden Scharniers gespielt hatten und sich nun auf die Auslösung einer noch größeren Weltkatastrophe vorbereiteten, sollten endlich für ihr Hasardspiel bestraft werden. Ihre Auslandsvermögen sollten sie für Reparations- und Wiedergutma-
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chungsprogramme zur Verfügung stellen. Ihre Finanz- und Wirtschaftskraft sollte aufgebrochen und auf mehrere Teilstaaten verteilt werden. Vor allem aber sollten sie lernen, einige Jahre lang ihren wirtschaftlichen und finanziellen Bankrott selbst zu verwalten. Unter diesen Voraussetzungen bildeten die zu erwartende Inflation, die Zerrüttung des Bankwesens und die Liquidierung der Reichsschuld kein vorrangiges Problem. In mehr oder weniger abgeschwächter Form und immer mit den nötigen Hintertürchen für Sonderregelungen versehen, sind diese Vorstellungen korrigierend in die amerikanische Nachkriegsplanung eingefugt worden.180 Seit dem September 1944 hinterließ der zeitweilige Umschwung, der immerhin den drohenden dritten Weltkrieg zum »kalten« Krieg und zu einigen Regionalkonflikten zu »mäßigen« half, in den einschlägigen Planungsdokumenten seine Spuren. Das für die Verteilung an die Truppen fertiggestellte SHAEF-Handbook of Military Government for Germany erhielt genauso wie der Plan CCS 551 einen korrigierenden Nachtrag, wonach unter keinen Umständen exponierte Nazis in ihren Ämtern belassen werden dürften und an wirtschaftspolitischen Maßnahmen nur Schritte zur Sicherung der laufenden militärischen Operationen erlaubt seien. Einen noch breiteren Niederschlag fanden trotz aller internen und publizistischen Anfeindungen die Vorstellungen des Finanzministeriums in der berühmten Direktive JSC 1067, und zwar bezeichnenderweise in den finanzpolitischen Passagen. Der Inflationsbekämpfung und dem Problem der schwebenden Reichsschuld wurden Prioritäten grundsätzlich nicht mehr eingeräumt. Die Militärregierung wurde bevollmächtigt, Vermögenswerte zu blockieren und alle Auslandsguthaben einzufrieren. Alle Spitzenvertreter von Banken und Finanz waren summarisch zu entlassen und festzunehmen, der Beweis für ihre antinazistische Haltung sollte von ihnen selbst als Vorbedingung für eine Wiedereinstellung erbracht werden. Auch mit dem Anspruch, die Finanzinstitutionen des Reichs ihren eigenen fiskalischen Kollaps selbst ausbaden zu lassen, setzten sich die Exponenten des Finanzministeriums und die Finanzoffiziere der Armee zunächst durch.181 In der Zeit vom Februar bis Anfang April kam die Finanzplanung der kommen-
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den Militärregierung zum Abschluß. Sie setzte die in der Direktive JCS 1067 niedergelegten Prinzipien in praktische Politik um und ging, als Annex XIV in einen Grundsatzplan (Basic Plan) für die künftige Militärregierung ein. Eine Reihe konkreter Planungsschritte folgte Ende 1944/Anfang 1945. Ein Ministerial Collecting Center wurde praktisch zu einem Internierungslager für Spitzenbeamte der Wirtschafts- und Finanzbehörde, dessen am wenigsten belastete Vertreter dann für den Neuaufbau eines entnazifizierten und dezentralisierten Finanzwesens herangezogen werden sollten. Im Basic Plan war auch zum erstenmal von einer Sondergruppierung innerhalb der kommenden Finanzabteilung die Rede (Financial Intelligence and Liaison Branch): sie sollte nicht nur die Einhaltung der vielfaltigen Blockierungsvorschriften überwachen, sondern auch das gesamte Finanz- und Banksystem des »Dritten Reichs« durchleuchten und mit ihren Untersuchungsberichten die Voraussetzung sowohl für die Aburteilung von Kriegsverbrechen wie auch für die langfristige Dezentralisierung und Demokratisierung schaffen.182 Bevor sie zusammen mit den Kampftruppen den Rhein überschritt, hatte sich die Finanzabteilung der Militärregierung der USA im scharfen Kontrast zu den Engländern unzweideutig festgelegt: »Die Dezentralisierung der finanziellen Kontrollen, Machtstrukturen und Funktionen der deutschen Zentralregierung und einer Reihe von Privatunternehmen, die auf nationaler Ebene operieren, wird innerhalb der kürzest praktikablen Zeit durchzuführen sein.«183 Trotz dieser klaren Zielstellungen blieb Teilen des deutschen Bank- und Finanzwesens, darunter auch der Dresdner Bank, in den ersten Monaten nach der Kapitulation eine Galgenfrist. Zwar blockierten die Kontroll- und Finanzoffiziere entsprechend den Finanzanweisungen ihrer Handbücher die Konten der NS-Institutionen, bestimmter Großunternehmen und exponierter Persönlichkeiten (Gesetz Nr. 52), und die Auslandsguthaben und Devisen wurden eingefroren (Gesetz Nr. 53). Auch die Führungspersönlichkeiten und die Nazis wurden in den ersten Besatzungswochen aus Leitungspositionen entfernt, und alle Bankiers und Industriellen, die sich auf einer von der Geheimdienst-Direktion des US-Hauptquartiers her-
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ausgegebenen Fahndungsliste befanden, wurden intensiv gesucht. Weder die von Russell A.Nixon, einem energischen jungen Rechtsanwalt, geleitete Entnazifizierungsgruppe der Finanzabteilung noch anfänglich auch das Oberste Hauptquartier waren bereit, sich nur der politisch-militärischen Funktionsträger anzunehmen. Im Vorwort zur erweiterten SHAEF-Fahndungsliste vom 20. Juni 1945 über deutsche Industrielle und Finanziers wurde betont, »daß, obwohl diese Männer auf unterschiedliche Weise hinter den Kulissen arbeiteten, sie nichtsdestoweniger genauso gefährlich sind wie der deutsche Militarist, der SS-Mann und der Parteiführer der NSDAP. Das ist der Grund, weshalb sie in die Liste jener Personen aufgenommen sind, die festgenommen werden müssen.«184 Gleichwohl wurden die Bankfilialen wieder eröffnet, und die bislang nur oberflächlichen Kontrollen genügten nicht, um das weitere Geschehen hinter den Türen der Filialbüros zu überblicken. Von den unmittelbar vor dem Einmarsch der Alliierten abgschlossenen Umstrukturierungen erfuhren die Kontrolloffiziere zunächst nichts. In Frankfurt/M. beispielsweise logen die beiden Dresdner Bank-Direktoren Ende April einem Finanzoffizier gegenüber das Blaue vom Himmel herunter: die Aktiva und Wertpapiere befänden sich noch zu 80 Prozent in der Berliner Zentrale, praktisch das gesamte Börsengeschäft sei dort konzentriert, und von irgendwelchen Transaktionen hätten sie nichts gehört.185 Im Juni hakte ein Hauptmann aus der Finanzgruppe der lokalen Militärregierung nach. Die Entlassungen und Kontrollauflagen waren in der Zwischenzeit durchgeführt worden, aber er bemerkte jetzt, daß sich dahinter Abgründe auftaten. Zwar habe, berichtete er, schon diese oberflächliche Untersuchung die Manager der Filiale beeindruckt, und die Effizienz der in den USA üblichen Finanzuntersuchungen zeitige »gewisse wohltuende Wirkungen«. Aber er bekannte doch abschließend, daß es nur erfahrenen Bankexperten gelingen werde,nach einigen Wochen härtester Untersuchungsarbeit den wirklichen Machtstrukturen der Großbanken auf die Spur zu kommen.186 Demgegenüber wiesen die Dresdner Bank-Direktoren vorsorglich auf die Folgen weitergehender Recherchen hin. Wenn wirklich jeder Nazian-
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Hanger aus der Bank entfernt würde, müßte der Hauptbuchhalter die Filiale allein weiterfuhren. Das werde Arbeitslosigkeit und Unruhen zur Folge haben, und daraus werde sich schließlich »ein politisches Denken entwickeln, das den Interessen der Vereinigten Staaten feindlich gegenüberstehen wird«.187 Die entscheidende Machtprobe stand also noch bevor, und die Finanzabteilung der Militärregierung war entschlossen, sich ihr zu stellen. Denn die Informationen über die tatsächliche Schlüsselfunktion, die die Großbanken für die nazistische Kriegsmaschinerie gehabt hatten, verdichteten sich. Aus Frankreich wurden riesige Kapitaltransaktionen bekannt, bei denen die Dresdner Bank eine Führungsrolle gespielt hatte.188 Aus Holland, Belgien und der Tschechoslowakei trafen Berichte über die Aktivitäten der Dresdner Bank-Niederlassungen und Karl Rasche ein, die die Einschätzungen der bisherigen Vorstudien weit übertrafen. Hinzu kamen die Ergebnisse der ersten, im Verlauf des Juli abgeschlossenen Untersuchungen über einige Repräsentanten der deutschen Hochfinanz, vor allem Walther Funk und Hjalmar Schacht189 , die das reibungslose Wechselspiel zwischen den Wirtschaftsministerien, der Reichsbank und den Großbanken enthüllten. Das alles führte im Stab der Finanzabteilung zu der Einsicht, daß die bisherigen Kontrollen von Banken und Finanz, Ausdruck des Kompromisses zwischen den amerikanischen Konfliktparteien, deren Substanz nicht treffen würden. 190 Jedenfalls würde die Hochfinanz mit den bisherigen Entnazifizierungsund Kontrollrichtlinien nicht zu neutralisieren sein. Orvis A. Schmidt, der Leiter der Foreign Funds Control des Finanzministeriums, erklärte am 2. Juli vor dem Kilgore-Unterausschuß in Washington, »die größte Gefahr« für die alliierte Nachkriegspolitik werde »von solchen Repräsentanten der Industrie und Finanz ausgehen, die keine eingeschriebenen NSDAP-Mitglieder gewesen sein mögen, die aber kooperierten und beim Aufstieg Hitlers... mithalfen«191. An der Entschlossenheit fehlte es nach alldem nicht, aber es gab Prioritätenprobleme, und es fehlte an den erforderlichen Spezialisten und nicht zuletzt an der nötigen Zeit. Tatsächlich waren der in den ersten Nachkriegsmonaten
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140 Mitglieder umfassende Stab und die Unterabteilungen von Bernsteins Finanzabteilung in dichter Folge mit Aufträgen von höchster Dringlichkeit eingedeckt. In rascher Aufeinanderfolge wurden alle Gruppierungen, auch die Sektion für finanzielle Nachforschungen (Financial Investigation Section) in der Geheimdienst- und Verbindungsgruppe (Financial Intelligence and Liaison Branch), für Sonderaufträge eingesetzt. In den ersten Wochen ging es um die Reichsbank, deren geheime Gold- und Devisenreserven und SS-Depots Mitte April entdeckt wurden, was monatelange Aktivitäten erforderte, um sie zu bergen, ihre Herkunft zu identifizieren und ihre Rückgabe vorzubereiten, vor allem aber um herauszubekommen, auf welchen Wegen die europäischen Neutralen (Schweiz, Schweden, Portugal) ihre Lieferungen von kriegswichtigen Rohstoffen an das »Dritte Reich« finanziert hatten.192 Im Verlauf des Mai wurden anschließend die Wege rekonstruiert, auf denen sich die Reichsbank - in frappierender Übereinstimmung mit der Dresdner Bank - in einen »Führungsstab Nord« und einen »Führungsstab Süd« aufgespalten und das gesamte Finanzpotential des Reichs in die künftigen Westzonen transferiert hatte.193 Während die Jagd nach den beiden Reichsbankgruppen »Thusnelda Nord« und »Thusnelda Süd« noch andauerte und die ersten Konflikte mit den Engländern nach sich zog, die »Thusnelda Nord« umgehend legalisierten, begann die Sistierung des Personals und der Aktenmassen der LG. Farben; die diesbezüglichen Aktivitäten wurden schon am 12. September in Gestalt eines vorläufigen Berichts abgeschlossen.194 Um die Untersuchungsergebnisse vor allem in Hinblick auf die internationale Kartellpolitik der Großindustrie zu vertiefen, wurde im August eine weitere Sondergruppe geschaffen, die sich eine Reihe von Großunternehmen vornahm: Robert Bosch, Metallgesellschaft, Degussa, Mannesmann, Daimler-Benz, Henkel, Henschel, Vereinigte Stahlwerke usw.195 Ihre Berichte erschienen in schneller Reihenfolge und mit profunden Ergebnissen, die auch teilweise die Ausbeutung von Fremdarbeitern mit einbezogen. Währenddessen arbeitete die Hauptgruppe, die sich inzwischen im Gebäude der Frankfurter Reichsbankhauptstelle etabliert hatte, hektisch weiter. Sie erstellte für den
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anlaufenden Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß weitere Dossiers über fuhrende Finanz- und Wirtschaftsmagnaten des »Dritten Reichs« und lieferte schon Ende September ebenfalls für Nürnberg eine Ausarbeitung über die Rolle der wirtschaftspolitischen Schlüsselinstanzen bei der ökonomischen Ausplünderung Europas ab.196 Auch in dieser Hinsicht hat die wirtschaftsgeschichtliche Forschung vielfach — z. B. bei der Analyse des Deutschen »Zentralclearing« - auch heute noch nicht an den Stand der damaligen Erkenntnisse angeknüpft. Um das Bild über das Ausmaß der Aktivitäten abzurunden, ist auf die vielfältigen ad hoc-Aktionen zu verweisen, die kleinere Arbeitsgruppen der Finanzabteilung bis zum Herbst 1945 durchgeführt haben. Im Juni 1945 verhinderte beispielsweise die Untergruppe für Finanzinstitutionen die Freilassung des gerade vom Office of Strategie Services verhörten Friedrich Flick, stellte in der Maximilianshütte in Rosenberg und in der Umgebung Rosenbergs (Oberpfalz) das gesamte Konzernarchiv sicher, überführte es nach Frankfurt ins Gebäude der Finance Division und leitete eine Sonderuntersuchung ein.197 Eine andere Gruppe intensivierte die Fahndung nach den Akten des Kölner SS-Bankiers Kurt von Schröder, von denen schon im April 1945 Schlüsselbestände sichergestellt worden waren. Die Begründung, mit der der für die Operation verantwortliche Finanzoffizier sein Vorgehen rechtfertigte, ist aufschlußreich und repräsentativ für das Engagement der gesamten Finanzabteilung in diesen Monaten. Auftragsgemäß ging es darum, die Materialbasis für einen zweiten internationalen Hauptkriegsverbrecherprozeß zu verbreitern, für den die Anklage nur Industrielle und Bankiers, darunter Kurt von Schröder, vorsah. Aber es gab noch einen viel gewichtigeren Grund zur Eile: »Unsere Untersuchungsspezialisten haben die Recherche gemacht... Lassen Sie uns die erforderliche Konsequenz ziehen, statt daraus ein Verfahren der britischen Militärregierung werden zu lassen..., die eines Tages ihre Entscheidung von der Empfehlung der J. Henry Schroeder Bank in London abhängig macht... Am effektivsten ist es, die Angelegenheit jetzt durchzuziehen, solange das SHAEF hier in Frankfurt die Politik in Köln diktieren kann.«198 Das Oberste Hauptquartier der westalliierten
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Truppen, das für die amerikanische und britische Operationszone gleichermaßen die Kommandohoheit hatte, wurde am 13. Juli 1945 aufgelöst und machte der jeweiligen britischen und amerikanischen Militärregierung Platz. Anfang Oktober war die Schonfrist für die Dresdner Bank und die anderen Großbanken abgelaufen. Ihre Direktoren hatten die bisherige Zurückhaltung der Finanzabteilung, deren Geheimoperationen ihnen verborgen geblieben waren, gründlich mißdeutet. Zu diesem Mißverständnis trugen natürlich auch die günstigen Nachrichten aus der britischen Zone bei, wo die Militärregierung Hermann J. Abs zum Vorsitzenden eines Finanzberatergremiums ernannt, seinen Vorschlägen gemäß die Reichsbankgruppe »Thusnelda Nord« zur »Reichsbankleitstelle Nord« aufgewertet und den Hamburger »Führungsstäben« der Großbanken praktisch unbegrenzte Handlungsfreiheit in ihrem Besatzungsgebiet gewährt hatte.199 Nun machten die Dresdner Bank-Direktoren auch in der amerikanischen Zone ihre Avancen in der Annahme, daß das Feuer der Entnazifizierung endlich erloschen sei, und enthüllten den Finanzoffizieren offenherzig, daß auch sie im Dienst der antibolschewistischen Westlösung seit dem Frühjahr 1945 vorgesorgt hatten.200 Die Parallele zum Vorgehen der Großkonzerne und der Reichsbank war evident. Es war höchste Zeit, folgerten die in der Finanzabteilung assoziierten Linken der amerikanischen Militärregierung, den sich anbahnenden Flirt der Dresdner Bank mit einigen Stäben der eigenen Militärregierung zu beenden. Die Vorbereitungen zur Großbankenrecherche fielen in die Schlußphase der Ermittlungen gegen die I.G. Farben. Mitte August wurde Rüssel A. Nixon von der Unterabteilung für Entnazifizierung in die Leitung der Unterabteilung für Geheimdienst- und Verbindungsfragen versetzt. Damit war er jetzt für die Sektion für Finanzuntersuchungen zuständig. Er vereinbarte mit seinem Vorgesetzten Bernstein die Ausweitung der bislang auf Sonderprobleme der Reichsbank beschränkten finanzpolitischen Nachforschungen auf das gesamte Bankwesen, mit der Reichsbank und den Berliner Großbanken als Kern. 201 Innerhalb von zwei bis drei Monaten sollte eine Gesamtstudie erstellt werden, um die »Rolle der
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Banken und ihres Personals bei der Machtübergabe an die Nazis vor 1933, bei der Koordination der NS-Herrschaft von 1933-1939, beim Aufbau der deutschen Kriegsmaschine und Rüstungswirtschaft und bei der Führung des deutschen Aggressionskriegs« aufzuklären.202 Parallel dazu sollten spezielle Arbeitsgruppen die Untersuchung von je zwei der sechs Berliner Großbanken übernehmen. Um so rasch wie möglich zum Ziel zu kommen, sollten in einer alle Abteilungen der Militärregierung übergreifenden Aktion die Urkunden gesammelt und ihre Auswertung mit den laufenden Verhören der führenden Manager gekoppelt werden. Nixon war optimistisch. Vier oder fünf hervorragende Ökonomen und Finanzexperten sollten für die Leitung des Vorhabens gewonnen werden. Wenn man ihnen klarmache, daß es sich bei dem Ganzen um eine »hochwichtige politisch-ökonomische Analyse der Rolle des deutschen Finanzwesens im NS-System« handelte203 , müßten auch prominente Leute aus den übergeordneten Stäben der US-Armee, insbesondere der OSS, zu gewinnen sein. Wenn es nach Nixon gegangen wäre, dann hätte der Ökonom Paul Sweezy als Projektdirektor der Untersuchung ein Glanzlicht aufgesetzt. Dazu kam es freilich nicht. Aus Gründen, die wir noch nicht kennen, sagten Sweezy und andere Prominente ab; sie wurden aber auch möglicherweise von Direktoren der anderen Abteilungen und von dem stellvertretenden Militärgouverneur Lucius D. Clay abgelehnt. Die Anfänge des neuen Projekts der Gruppe für finanzielle Nachforschungen blieben bescheiden. Um so intensiver waren die Anfeindungen. Als das Dresdner Bank-Team Anfang Oktober unter Leitung von Helga Wolski seine Tätigkeit aufnahm, mußte es genauso wie die NachbarTeams konstatieren: der Wind hatte sich gedreht. Aber man war entschlossen, zu einem Abschlußbericht zu kommen. Der geplante Gesamtbericht über das deutsche Finanzsystem würde hingegen, das wurde rasch klar, Makulatur bleiben. Die Jagd nach den Akten der Dresdner Bank hatte schon Mitte September in Würzburg eingesetzt. Hauptmann A.J. Mikules von der Sektion für Finanzinstitutionen hatte stellvertretend bis zur Konstituierung der Dresdner Bank-Gruppe die Fährte aufgenommen und in Würzburg einen großen Urkun-
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denbestand sistiert, der die Jahre 1942-1945 abdeckte, während ein großes Dokumentendepot aus den Jahren 1940/41 offensichtlich bei der Zerstörung der Stadt am 16. März 1945 verbrannt war. Mikules hatte auch den Hauptbuchhalter der Dresdner Bank-Zentrale vernommen, der im Zug der Auslagerungen zusammen mit der Hauptbuchhaltung nach Würzburg gekommen war.204 Dabei hatte sich erstmals der Dezentralisierungsplan der Bank in seinen Grundzügen enthüllt, denn die Verteilung der Hauptakten auf die künftigen Westzonen war den Verteilungsschlüsseln für das Personal, aber auch für die Wertpapiere, Guthaben usw. gefolgt. Der Faden war aufgenommen. Die Spuren wiesen nach Frankfurt und Gießen, wo die Direktionen bislang die Amerikaner an der Nase herumgeführt hatten, aber auch nach Bad Nauheim und nicht zuletzt nach Berlin zurück. Mikules forderte dringend, den Informationen nachzugehen und das über ganz Berlin und die Westzonen verstreute Aktenmaterial der Dresdner Bank zu sichten und die Schlüsselbestände zu beschlagnahmen. Die Dresdner Bank-Gruppe, die sich Anfang Oktober endlich offiziell mit dem Auftrag konstituierte, die Tätigkeit der Dresdner Bank und der Bank der Deutschen Arbeit während des »Dritten Reichs« zu erforschen, ließ sich das nicht zweimal sagen. Nun begann noch einmal eine hektische Aktensuche. Gleich die ersten Funde waren derart brisant, daß das Vorhaben, die Bank der Deutschen Arbeit sozusagen als zweite Nazibank gleichrangig zu behandeln, alsbald zurückgestellt wurde. Ein Abschlußbericht über die DAF-Bank ist dann auch nicht mehr zustande gekommen.205 Zunächst setzte die Gruppe in Berlin an. Dort hatte sie Pech. Die schwer beschädigte Dresdner Bank-Zentrale in der Behrenstraße, zwischen der Französischen Straße und der Ecke Markgrafenstraße gelegen, war gerade geräumt und von der Berliner SPD als Hauptsitz übernommen worden. Dabei war es ähnlich zugegangen wie bei der Räumung der Frankfurter LG. Farben-Zentrale im April. »Alles, was an Akten gerade im Augenblick der Übernahme des Gebäudes zur Hand war, wurde in ein Gebäude in der Markgrafenstraße gekarrt, und da liegen sie nun in einer mehr oder weniger großen Unordnung.«206 Es handelt sich dabei vor allem um
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die Akten der Auslandsabteilung. Das weitere Vorgehen wurde zusätzlich durch die Tatsache kompliziert, daß die überhaupt noch in Berlin vorhandenen Urkundenbestände im wesentlichen auf die in den Westsektoren gelegenen Kopffilialen und Depositenkassen verteilt worden waren. Selbst die sonst so wohlinformierten Buchhalter beschworen, den Überblick verloren zu haben. Das hatte zur Folge, daß nach der Übernahme der Berliner Schlüsselbestände bis zum Abschluß des Untersuchungsberichts immer wieder in den Depositenkassen neue Spezialbestände auftauchten. Die Akten beispielsweise, die über die Beziehung zwischen der Dresdner Bank und den Wirtschaftsunternehmen der SS Auskunft geben konnten, wurden erst Ende Januar 1946 sichergestellt. Nur 30 von ihnen konnten noch für den Schlußbericht berücksichtigt werden, die Hauptmasse, 800 an der Zahl207, ging später in den letzten Nürnberger Nachfolgeprozeß ein bzw. blieb in einer besonderen Filmsammlung des amerikanischen Nationalarchivs für die spätere Forschung erhalten. Am ergiebigsten war die Aktensuche in Gießen (Akten der Konsortialabteilung), in Iserlohn (Bestände der westeuropäischen Niederlassung) und vor allem in Bad Nauheim. Dort hatten Karl Rasche und Carl Lüer 1943/44 die »Vorstandsgruppe West« geleitet und Kernbestände der Unterlagen des Direktions-Sekretariats aus Berlin übernommen. Bei der zweiten Umgruppierung zu den Filialdirektionen Nord und Süd war es nicht mehr gelungen, sie entsprechend weiterzutransportieren. So fielen sie zusammen mit den Personalakten Rasches der Dresdner Bank-Gruppe schon in der ersten Oktoberwoche in die Hand. Nach der ersten Durchsicht konnte Major S. L. Klepper, der Leiter der Sektion für finanzielle Nachforschungen, seinem Vorgesetzten Nixon mitteilen, daß die Dresdner Bank-Gruppe nunmehr über einen Dokumentenbestand verfügte, der alle bisherigen Vermutungen über die Rolle der Großbanken weit übertraf. Die Akten enthielten abgesehen von der persönlichen Korrespondenz Rasches umfangreichen Briefwechsel, Geschäftsunterlagen und Denkschriften aus Kontakten mit Regierungsstellen, der Reichsbank, Industrieunternehmen, den eigenen Beteiligungen und Filialen. Sie deckten ein umfangreiches Terrain ab: »Arisie-
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rungs«geschäfte, Transaktionen zum »Erwerb« von Beteiligungen, wirtschaftspolitische Spezialberichte, Clearinggeschäfte mit den Neutralen, Transfers von Auslandsguthaben und Finanzierungsoperationen für die Schwer- und Rüstungsindustrie. Der Eindruck muß überwältigend gewesen sein. Klepper schloß seinen Bericht: »Wenn man deutsche Bankiers jemals wieder in Positionen zuläßt, wo sie Denkschriften und Geschäftskorrespondenz verfassen können, die in der Zukunft Akten ähnlich wie die von Rasche geführten zur Folge haben, dann ist es nicht wahrscheinlich, daß sich der nächste Krieg vermeiden läßt.«208 Die sensationellen Aktenfunde der Dresdner Bank-Gruppe gaben dem gesamten Bankenprojekt einen enormen Auftrieb. Nixon schrieb am l O.Oktober an Bernstein, der urkundliche Nachweis liege nun vor, daß die Großbanken die finanzökonomische Hauptstütze der nazistischen Kriegsmaschinerie gewesen seien. Mit 25 Milliarden Reichsmark Aktiva hätten sie nicht nur das gesamte Bankwesen kontrolliert, sondern auch den wirtschaftspolitischen Kurs der 200 größten deutschen Industriekonzerne bestimmt. Sie hätten geräuschlos die sensibelsten Kontingente der Reichsschuld bedient. Sie seien als Kriegsverbrecher anzusehen, denn sie hätten die besetzten Gebiete geplündert und mit ihren Betriebsmittel- und Konsortialkrediten die Umstellung der Kriegswirtschaft auf Zwangsarbeit finanziert. Die Zerschlagung der in ihnen zusammengeballten ökonomischen Macht sei vordringlich, denn ihr Kriegspotential sei noch immer ungebrochen. Um allen beteiligten Stellen die drohende Gefahr vor Augen zu fuhren, müßten die begonnenen Untersuchungen beschleunigt werden. Deshalb schlug Nixon die summarische Verhaftung aller noch auf freiem Fuß befindlichen Aufsichtsrats- und Vorstandsmitglieder der Großbanken vor. Sie sollten mit ihrer urkundlichen Hinterlassenschaft konfrontiert und systematisch verhört werden.209 Bernstein gab Nixon und den Arbeitsgruppen grünes Licht. Gemeinsam appellierten die beiden im Verlauf des Oktober an den Militärgouverneur, um die summarischen Verhaftungen durchzusetzen. Sie hatten Erfolg. Es war die letzte bedeutende Konzession, die an die Linken innerhalb der Militärregierung -LXXXVIII-
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gemacht wurde.210 Die Denkschriften Nixons und Bernsteins waren mit den das Vorgehen legitimierenden Passagen aus den Planungspapieren der Civil Affairs Division, des Potsdamer Abkommens und der Direktive JCS 1067 wohl bestückt, und die beiliegenden Verhaftungslisten waren jetzt außerordentlich präzis. Die Untersuchungsgruppen benötigten die Verhaftungsorders seitens der Spitze der Militärregierung, denn sie hatten inzwischen nicht nur die Stäbe der Juristischen, Politischen und der Wirtschaftsabteilung der Militärregierung, sondern auch den gesamten mittleren und unteren Armeeapparat gegen sich. Darüber wird noch zu berichten sein. Die Suche nach den noch in Freiheit befindlichen Aufsichtsräten und Vorstandsmitgliedern begann in der zweiten Oktoberhälfte. In der Umgebung der Zentraldirektion West (Frankfurt/M. - Gießen - Wiesbaden) hatte sich inzwischen eine erstaunlich große Zahl von Spitzenmanagern der Vorstands- und der ersten Direktorenebene niedergelassen. Ihre Verhaftung machte keine Schwierigkeiten. Andere Direktoren wurden unter dem Vorwand, sie sollten zur Finance Division reisen, um mit ihr über finanzpolitische Probleme zu verhandeln, nach Frankfurt gelockt. So geschah es mit Carl Goetz, der, nichts Gutes ahnend und deshalb mit einem Zertifikat der bayerischen Militärregierung über seine »antifaschistische Gesinnung« versehen, am 26. Oktober in Begleitung eines Finanzoffiziers nach Frankfurt reiste.2" Um andere Dresdner Bank-Repräsentanten, insbesondere die Aufsichtsratsgruppe der Gauwirtschaftsberater und Direktoren der Hermann Göring-Werke, die sich teilweise noch in den Verhörlagern der Field Information Agency Technical (FIAT) befanden, mußte gefeilscht werden. Am kompliziertesten gestaltete sich die Suche nach Karl Rasche. Rasche hatte bis zum Herbst 1945 abenteuerliche, aber nicht untypische erste Nachkriegsmonate hinter sich gebracht. Am 8. April war er in Bad Nauheim von einem französischen Verbindungsoffizier der US-Armee verhaftet worden, weil er ihn anläßlich der Beschlagnahme des Opel-PKW seines Vorstandskollegen Lüer mit der Bemerkung provoziert hatte, »daß die Opelwerke zum amerikanischen Konzern der General Motors gehörten«. 212 Nach Zwi-
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schenstationen in Gefangnissen in Metz und Idar-Oberstein war er um die dritte Aprilwoche bei der Surete in Paris gelandet. Dort hatte man ihn über die Reichswerke Hermann Göring, die geheimen Gold- und Devisenreserven der Reichsbank und sicher auch über seine Verbindungen zu Pariser Bankhäusern verhört. Alsbald hatten sich seine Bankiersfreunde für ihn eingesetzt, offensichtlich auch die Rothschilds213 - vielleicht nur in der irrigen Annahme, daß ihm die seinerzeitige Freilassung Louis Rothschilds aus der Wiener Gestapohaft zu verdanken sei. Am 16. Mai war Rasche dann als freier Mann in Begleitung dreier französischer Offiziere zurückgekehrt und hatte dem Filialleiter in Gießen bedeutet214, daß er jetzt für die französische Militärregierung koordinierend tätig sei. Tatsächlich hatte er dann bis Oktober erst in Baden-Baden und dann in Maikammer in der Pfalz »Projekte einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich« in Gang gebracht215 und sich wohl eine Stellung erobert, wie sie Abs bei der britischen Militärregierung in Hamburg einnahm. Diese Vorgänge waren der Dresdner Bank-Gruppe aus einem »Target Evaluation Report« des Geheimdiensts ihrer eigenen Armee vom 24. 6. bekannt.216 Sie konnten sich ausmalen, daß ein offizielles Auslieferungsbegehren keine Chance hatte, und holten Rasche statt dessen zu »finanzpolitischen Verhandlungen« ab. In Frankfurt wurde er dann am 25. November verhaftet und in das Darmstädter Gefängnis gebracht. Ein solches Vorgehen konnte sich die Finance Division nur gegenüber den Franzosen leisten. Allerdings waren die Vorstandsrepräsentanten in Hamburg in den kritischen Wochen von sich aus so klug, die amerikanische Zone zu meiden. Sie bereisten sie erst, als die linken Fraktionen innerhalb der Finanzabteilung vollends entmachtet waren. Im Dezember 1945 war der gesamte Führungskreis der Dresdner Bank verhaftet; erst ab Frühjahr 1947 wurde er nach und nach wieder freigelassen. Von den Vorstandsmitgliedern befand sich nur noch Alfred Hölling, der in Hamburg britische Protektion genoß, in Freiheit. Nun begannen Monate intensiver Verhöre. Die Dresdner Bank-Manager, allen voran die technokratischen Experten, fertigten umfangreiche Ausarbeitungen an, die auch heute noch zum überwiegenden Teil
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erstrangige wirtschaftsgeschichtliche Quellen darstellen. Mit den »politischen« Vorstandsmitgliedern und Aufsichtsratsvertretern kamen die Verhörspezialisten weitaus schlechter zurande. Goetz und Rasche wußten, was für sie auf dem Spiel stand. Sie gaben nur zu, wovon sie wußten, daß es unzweideutig aktenkundig war, und zogen sich ansonsten auf die Argumentation zurück, daß ihr Erinnerungsvermögen stark gelitten habe. Über Rasche hieß es im abschließenden Verhörsbericht, er werde einem mit Dokumenten fundierten Kreuzverhör sicher nicht gewachsen sein.217 Die Qualitäten von Goetz wurden anders beurteilt. Es stehe fest, daß er für die engen Verflechtungen der Dresdner Bank mit den Nazis verantwortlich sei. Aber er verfüge über eine überragende Intelligenz und habe ein perfektes System entwickelt, um sein Wissen und seine Mitverantwortung zu verschleiern.218 Hierzu muß allerdings erläuternd bemerkt werden, daß die in der vorliegenden Einleitung zum Untersuchungsbericht benutzten Dokumente, die Goetz sicher in die gleichen Schwierigkeiten gebracht hätten wie Rasche, bis zum Abschluß der Untersuchungen noch nicht bekannt waren. Insgesamt hatte die Dresdner Bank-Untersuchungsgruppe schon nach kürzester Frist eine erstaunliche Bilanz vorzuweisen. Im ersten Anlauf hatte sie sich eine Dokumentenbasis gesichert, um die sie die anderen Untersuchungsgruppen zu recht beneideten. Von diesen Urkunden ausgehend, war es ihr gelungen, die meisten noch bestehenden Wissenslücken durch Verhöre zu schließen. Wie rasch die einzelnen Komponenten zusammenwuchsen, geht aus den gemeinsamen Zwischenberichten hervor, die die Großbanken-Teams zwischen November 1945 und März 1946 erstatteten. Im Novemberbericht wurde ausführlich über die laufende Verhaftungskampagne berichtet, wobei die Dresdner Bank-Direktoren im Mittelpunkt standen.219 Im Dezemberbericht, der in seiner allgemeinen Zusammenfassung die Befunde der amerikanischen Notenbankgouverneure über die besondere Struktur der deutschen Bankenexpansion seit 1938 weiter präzisierte220 , hatte sich der Abstand zum Commerz- und Deutsche Bank-Team weiter vergrößert. Helga Wolksi hatte in der Tat imposante Teilergebnisse mitzuteilen. Sie präsentierte erste Teilstudien
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über die »Arisierungs«praxis der Dresdner Bank in Deutschland und den besetzten Gebieten. Eine Zusammenfassung über die Rolle der Dresdner Bank bei den »Clearing«-Arrangements mit den europäischen »Neutralen« erregte Aufsehen; dabei kam auch die stillschweigende Beteiligung britischer Banken zum Vorschein; deshalb wurde dieser Passus im Schlußbericht weggelassen.221 Paul J. Brand, der spätere Chef des Deutsche Bank-Teams, legte einen vorläufigen Bericht über die Continentale Bank NV/SA, die Dresdner BankNiederlassung in Brüssel vor, der ihre Beteiligung an den schmutzigen Finanzoperationen des Kommissars der belgischen Nationalbank und der Devisenschutzkommandos des SD aufdeckte und konsterniert vermerkte, daß es trotz alledem auch wachsende Querverbindungen mit der belgischen Wirtschaft gegeben habe.222 Auch spezielle Mitteilungen über bankpolitische Fragen (Depotstimmrecht, Rolle der Börsenabteilung) fehlten nicht. Die Präsentation Wolskis endete mit einer Darstellung der Rasche-Akten von Bad Nauheim, deren wichtigste Stücke in englischer Übersetzung beigefügt waren. Insgesamt fand der Zwischenbericht der Dresdner BankGruppe breite Resonanz. Die mit der Deutschlandpolitik befaßten Schlüsselministerien der USA forderten Zusatzinformationen an, darunter selbst das State Department, und die Arbeitsgruppe erhielt Zusatzaufträge über die Rolle der internationalen Tarnfirmen der Dresdner Bank (Allgemeine Waren-Finanzierungsgesellschaft, Gesellschaft für überseeische bergbauliche Unternehmungen), vor allem aber über die Aktivitäten der Deutsch-Südamerikanischen Bank in Lateinamerika.223 Ende Januar 1946 kamen die Vorarbeiten zum Abschluß. Sie bestanden aus über 20 Einzelbeiträgen. Auf die Einbeziehung der umfangreichen neuen Aktenfunde in Berlin wurde aus Zeitgründen verzichtet. Statt dessen wurde, um weitere Recherchen zu begünstigen, der inzwischen voll rekonstruierte Auslagerungsplan aufgezeichnet, nach dem die Berliner Zentrale ihre Archive in die Westsektoren der Stadt und in die Westzonen verteilt hatte.224 Anschließend stellte die Arbeitsgruppe, die offensichtlich schon im März aufgelöst wurde, ihre Ausarbeitungen über die Tätigkeit der Dresdner Bank in den
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besetzten Gebieten in Länderkapiteln zusammen. Die Zusammenfassung der Materialien für die einleitenden Kapitel besorgten die Teamleiterin Wolski und der Chef der Sektion für finanzielle Nachforschungen, Major Klepper, gemeinsam, während danach Saul Kagan, der neue Leiter der Financial Intelligence and Liaison Branch, die Schlußredaktion übernahm.225 Ende März erhielt die Reinschrift und anschließende Vervielfältigung des Berichts oberste Priorität.226 Ende April waren 50 Kopien gebunden, und 18 Ausgaben enthielten eine beigefügte Zusammenstellung der Beweismittel.227 Am 6. Mai konnte Joseph M. Dodge, der Nachfolger Bernsteins, Lucius D. Clay den ersten großen Bankenbericht überreichen, wenn man von dem im März fertiggestellten Abschlußbericht über den SS-Bankier Kurt von Schroeder absieht.228 Clay dürfte ihn mit gemischten Gefühlen gelesen haben. Denn er gehörte einer politischen Denkrichtung zu, die sich weigerte, die reaktionären Honoratioren der Bankenwelt aus ihrer historischen Verantwortung zu entlassen. So heißt es in einem wahrscheinlich von S. L. Klepper stammenden kritischen Kommentar zur ersten Entwurfsfassung über die Ölpolitik der Dresdner Bank zugunsten des Oberkommandos der Kriegsmarine (Kapitel VI, 2): »Die Frage ist nicht, ob die Dresdner Bank in Harmonie mit den Nazis zusammenarbeitete. Die Frage ist, unterstützte sie Kriegsvorbereitungen und Versuche, mehr Macht für Deutschland zu erlangen. Ob sie das als Nazis oder Nationalisten taten, spielt keine Rolle... Sie bekämpften die Nazis immer, weil sie sie für Amateure hielten. Im Ziel, die Welt zu erobern und zu beherrschen, gab es keine Unterschiede, da waren sich alle einig. Sie unterschieden sich in den Methoden und außerdem darin, daß die alte Herrenkaste (deutsch im Original) die Neureichen verachtete. Was hier zur Aburteilung steht, das ist das üble deutsche Großmachtstreben, das alle 20 Jahre einen Krieg entfesseln wird: Industrie, Banken, Militär.«229 Durch eine solche Analyse mußten sich natürlich all die herausgefordert fühlen, die sich der Option verschrieben hatten, genau diesen Machtpfeilern des »Dritten Reichs« die Chance zu geben, nun im Gewand des »antibolschewistischen« Juniorpartners die Kontinuität zu wahren.
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
DER KAMPF UM DIE B ANKENENTFLECHTUNG
Der Dresdner Bank-Bericht war unter extrem ungünstigen Bedingungen enstanden. Im Herbst 1945 war es in der USZone nicht mehr opportun, sich aktiv für die Entnazifizierung einzusetzen, schon gar nicht in der Wirtschaft. Die mittleren und unteren Stäbe der Militärregierung waren auf breiter Front dazu übergegangen, alle wirtschafts- und finanzpolitischen Kontrollmaßnahmen zu sabotieren. Unternehmen und Banken, die ihre Direktoren unmittelbar nach der Entlassung wieder als leitende Angestellte engagierten, wurden offen gedeckt. Gegenaktivitäten der Finanzabteilung wurden mit der Bemerkung abgetan, dahinter stecke der Haß »des jüdischen Glaubens«, und die bayerische Militärregierung ließ verbreiten, ein Schuster sei zum Bankdirektor ernannt worden.230 Die Untersuchungstätigkeit wurde immer häufiger von Offizieren der eigenen Armee mit dem Argument behindert, es handle sich »um radikale Aktionen gegen gute Industrielle und Bankiers«, die doch für den Aufbau eines »Bollwerks gegen Rußland« so dringend gebraucht würden.231 Immer offener bediente sich die Opposition gegen die weitere Durchleuchtung der Wirtschafts- und Finanzinstitutionen solcher antikommunistischer Argumente. Sie war sicher nicht nur in der sich jetzt dramatisch verschlechternden Großwetterlage der heraufziehenden atomaren Diplomatie der USA begründet. Ein wesentlicher Grund lag auch in der monatelangen Auseinandersetzung der lokalen Besatzungsstäbe mit den ehemaligen Zwangsarbeitern (»displaced persons«), unter denen sich vor allem die Russen gegen ihre neuerliche Internierung wehrten und sich häufig auf eigene Faust an ihren nazistischen Mißhandlern rächten. Schon im Mai 1945 hatte sich Bernstein vergeblich bei seinen Offizierskollegen um Verständnis bemüht und sie beschworen, statt ihres fanatischen Insistierens auf »law and order« solche Unruhen und Übergriffe als Akt der Gerechtigkeit und der Wiederherstellung von sozialer Identität zu akzeptieren.232 Aber solche einzelnen Appelle hatten nichts gefruchtet. Bald erlaubten es sich auch die deutschen Honoratioren, die Entlassung von Nazis als kom-
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munistische Machenschaften zu denunzieren. So schrieb der Bamberger Erzbischofjoseph Otto Kolb nach der Entlassung des Direktors der Bamberger Dresdner Bank-Filiale, eines bekannten NSDAP-Mitglieds, an Eisenhower, es »wäre sehr zu bedauern, wenn vielleicht kommunistische Elemente unter dem Deckmantel der Nazi-Bekämpfung eine wirksame Agitation zur Beseitigung ausgezeichneter und positiv eingestellter Persönlichkeiten betreiben würden.«233 Die Karten standen schlecht für die Großbanken-Teams im Herbst 1945. Hinzu kam, daß sie Zug um Zug auch ihren Rückhalt in der Spitze der Militärregierung verloren. In den ersten Nachkriegsmonaten waren die Untersuchungsgruppen voll in die laufende Besatzungspraxis der Finanzabteilung integriert gewesen. Am 12. September hatte Clay die Abteilung dann halbiert und die laufenden finanzpolitischen Aktivitäten der Finance Division von der Tätigkeit ihrer Unterabteilung für finanzielle Nachforschungen abgetrennt. Um Bernstein nicht vollends zu brüskieren, hatte er ihm anheimgestellt, einen kleinen Teil seines bisherigen Stabs zu behalten und mit ihm eine neue Abteilung zur Untersuchung von Kartellen und Auslandsvermögen (Division of Investigation of Cartels and External Assets - DICEA) zu gründen.234 In dieser amputierten Einrichtung waren dann die Bank-Teams entstanden. Sie waren von Anfang an nicht nur von der laufenden Kontrollund Reorganisationstätigkeit den Banken gegenüber abgetrennt, sondern hingen auch kompetenzlos in der Luft: über ihre künftigen Funktionen sollte erst »später« entschieden werden, hieß es in einer Anweisung vom I.Oktober 1945.235 Daß sie es überhaupt noch schafften, die Schlüsselakten zu sistieren, ihr Verhaftungsprogramm durchzusetzen und gegen den allgemeinen Widerstand der zuständigen Dienststellen im Gefängnis von Darmstadt ein eigenes Internierungslager einzurichten, verdankten sie vor allem Joseph M.Dodge, dem neuen Direktor der Finanzabteilung. Dodge schrieb am 8. November an Russell A. Nixon, der inzwischen Bernstein als Direktor der DICEA vertrat, er »stimme mit den bislang eingeschlagenen Schritten zur Untersuchung und Bestrafung der Schuldigen innerhalb der Finanzgruppen Deutschlands vollkommen überein«.236 Aber lange konnte auch er Nixon
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
nicht halten. Als Bernstein nach einer abschließenden Zeugenaussage im Kilgore-Unterausschuß als DICEA-Direktor zurücktrat, wurde auch sein Vertreter abgesetzt und die Abteilung Mitte Dezember 1945 aufgelöst. 237 Ihr kleiner Stab wurde noch einmal halbiert: die Kartellspezialisten kamen in die Wirtschaftsabteilung, die Bank-Teams wurden in die Finanzabteilung zurückübernommen. Dort konnten sie gerade noch ihre wichtigsten Arbeiten, darunter den Dresdner BankBericht, abschließen. Es war also ausschließlich dem Engagement der Untersuchungsgruppe und der Leitung der Finanzabteilung zuzuschreiben, daß sie bis zu ihren Abschlußberichten durchhielten. Deshalb stellt sich die Frage, was sie unter den obwaltenden restriktiven Bedingungen überhaupt noch bewirkten. Weil er, unter extremem Zeitdruck abgeschlossen, als erster vorgelegt wurde, wurde der Dresdner Bank-Report zum entscheidenden Prüfstein. Es zeigte sich, daß die Mühe nicht ganz umsonst gewesen war. Da sein Abschluß sich nicht hatte verhindern lassen, mußte seine Existenz jetzt in Rechnung gestellt werden. Solange es in den USA eine kritische Öffentlichkeit gab, die gegen allzu demonstrative Revirements in der deutschen Besatzungsverwaltung mobilzumachen verstand, hatte der Bericht genauso wie die nach ihm noch abgeschlossenen die Macht des Faktischen auf seiner Seite. Man würde die Honoratiorenkaste und unter ihnen die Bankiers an erster Stelle bald wieder brauchen, aber öffentlich konnte man sich mit ihnen noch nicht einlassen. Dafür waren ihre Geschäftsbilanzen denn doch zu schmutzig. Gezielt unter die zentralen Ministerien und Institutionen der USA verteilt, wirkten die 50 Kopien des Dresdner Bank-Reports wie eine Hypothek, die zu schnelle Arrangements störte. Die Finanzabteilung, die auch nach der Ausschaltung der Linksliberalen und Neomarxisten von der amerikanischen Ostküste keineswegs bruchlos auf den allgemeinen Restaurationskurs einschwenkte, hat deren kritischen Geschäftsbericht bis zur öffentlichen Wende zum Kalten Krieg geschickt zu nutzen gewußt. Schon als die Dresdner Bank-Gruppe ihre ersten Teilergebnisse vorlegte, sah sich die Finanzabteilung, die wichtigste Stütze der DICEA, nach neuen Bündnispartnern um. Ende
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Oktober 1945 begab sich sich auf ein Terrain, wo es wegen der internationalen Aufmerksamkeit noch nicht möglich war, den amerikanischen Vertretern den geheimen Restriktionskurs der eigenen Militärregierung aufzuzwingen: den Alliierten Kontrollrat. Das war ein geschickter Schachzug. In seinem schon zitierten Schreiben an Nixon von Anfang November hatte Dodge mitgeteilt, er wolle sich nun an das Finanzdirektorium des Kontrollrats wenden, um mit den künftigen Untersuchungsergebnissen der DICEA als Rückendeckung die finanzpolitischen Richtlinien der Direktive JCS 1067 und des Potsdamer Abkommens in die Tat umzusetzen. Eine Reihe von Vorschlägen sei schon eingebracht, um dafür zu sorgen, daß die deutsche Finanzhierarchie nie mehr fähig werde, den Weltfrieden aufs Spiel zu setzen.238 Der Kampf um die Bankenentflechtung begann im Kontrollrat der Alliierten. Was sich in der eigenen Zone nicht durchsetzen ließ, sollte nun mit dem Gewicht von Beschlüssen erzwungen werden, die für alle vier Besatzungszonen verbindlich waren. Die erste formelle Denkschrift zur Liquidierung der Großbanken brachte Dodge am 30. Oktober 1945 im Finanzdirektorium des Alliierten Kontrollrats ein.239 Gemäß den Bestimmungen des Potdamer Abkommens müsse die übermäßige Wirtschaftsmacht der Großbanken zerstört werden. Sie hätten nicht nur das Bankwesen selbst, sondern mittels des Depotstimmrechts, der Überkreuzverflechtung in den Aufsichtsräten und der Beteiligungssysteme die gesamte Industrie des »Dritten Reichs« beherrscht. Deshalb seien sie vollständig von der Industrie zu trennen. Ihre Berliner Zentralen sollten geschlossen, die Reichs-Kredit-Gesellschaft und die Bank der Deutschen Arbeit vollkommen liquidiert werden. Was die drei verbleibenden großen Filialbanken betreffe, so seien ihre Kopffilialen voneinander unabhängig zu etablieren und ihr Filialnetz auf Länderebene zu beschränken. In einem am 15. November eingereichten Ergänzungspapier empfahl Dodge sogar, die Maßnahmen zur Dezentralisierung bis auf das Großstadt- und Landkreisniveau voranzutreiben. Ihren vorläufigen Abschluß fand seine Initiative in einer am 27. November vorgelegten Denkschrift, in der er die nötigen Schritte zur Auflösung des Universalbankensystems präzisierte und
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zusätzlich für die Auflösung der Reichsbank eintrat. 240 Sie sollte nach dem gleichen Schema wie die Großbanken auf den Status regionaler Notenbanken zurückgeführt werden. Bestand das Hauptanliegen der Finanzabteilung darin, für die eigene Zone neuen Handlungsspielraum zu gewinnen, so hoffte sie aber auch, Druck auf die Engländer ausüben zu können, die sich mit der offenen Institutionalisierung der »Reichsbankleitstelle Nord« und zuvor schon der Großbanken-Führungsstäbe weit vorgewagt hatten. Die britische Militärregierung ließ sich jedoch nicht beeindrucken, obwohl sie in einer Januarsitzung des Finanzdirektoriums zu erkennen gab, daß sie den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden hatte. 241 Sie startete in ihrer Zone eine Medienkampagne gegen die in ihren Augen zu radikale Bankenpolitik der Amerikaner, unterbreitete dem Finanzdirektorium Gegenpapiere über die Effizienz und Erhaltungswürdigkeit des deutschen Universalbanksystems und verlegte sich, als sie zuletzt die anderen drei Alliierten gegen sich hatte, auf verdeckte Obstruktionsmaßnahmen. Sie ließ sich nicht vom Konzept abbringen, »die ehemalige finanzielle Führerschaft Berlins durch die von Hamburg zu ersetzen.«242 Die sowjetischen Vertreter stimmten dem amerikanischen Plan sofort zu. Dies war für sie keineswegs nur ein formaler Akt. Ihr Verhältnis zu den amerikanischen Finanzoffizieren war gut. Sie hatten im Juni 1945 die Großbankenfilialen aufgelöst, weil sie großteils zerstört und ihre Aktiva und Wertpapiere in die Westzonen und die Westsektoren Berlins abgezogen waren. In einem Geheimbericht vom 29. Juli 1945 hatte die Finance Division erklärt, daß es keine Alternative zum Vorgehen der Sowjets gegeben habe. Sie sei »beeindruckt (gewesen) von ihrem direkten und verantwortungsbewußten Verhalten gegenüber den drängenden Finanzproblemen«.243 Versuche seitens einiger deutscher Finanzpolitiker aus dem Berliner Herrenclub und dem Schacht-Kreis, dieses Vorgehen als »Beginn einer Bolschewisierungspolitik« in der sowjetischen Zone zu denunzieren, hatte die Finance Division mit der Rückfrage beantwortet, ob die politischen Motive dieser Bankiers hinterfragt worden seien. Gegen einen dieser Informanten, den ehemaligen Reichskommissar für das Kreditwesen
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Friedrich Ernst, der ihnen vom OSS wärmstens empfohlen worden war, leitete sie selbst ein Untersuchungsverfahren ein.244 Und als die Finanzabteilung im Januar/Februar 1946 nun ihrerseits mit einem massiven Guthabenabzug aus den Großbankenfilialen konfrontiert war (»die Großbankenfilialen in unserer Zone haben jetzt praktisch alle Aktiva in die britische Zone transferiert, genauso wie sie sie vor dem Einmarsch der Russen in unsere Zone transferiert hatten«)245, forderte der Leiter der Unterabteilung für Finanzinstitutionen (Financial Institutions Branch) unverblümt, es den Sowjets gleichzutun. Seit dem Frühjahr 1946 geistert durch die Akten der Finanzabteilung die bewegte Klage darüber, nicht die Gunst der Stunde genutzt und das ganze Großbankenproblem in den ersten Tagen der Okkupation durch eine glatte Liquidierung aus der Welt geschafft zu haben. Im Frühjahr 1946 stand es dank der Initiative Dodges und des Dresdner Bank-Reports zeitweilig schlecht um die Großbanken. Eine Bankenkommission des Finanzdirektoriums erarbeitete ausgehend von Dodges Vorschlägen mehrere Grundsatzpapiere, und die Briten, die zwischenzeitlich sogar die Führungsstäbe der Deutschen und der Dresdner Bank für einige Wochen in den »automatischen Arrest« geschickt hatten, um sie vor einem härteren Zugriff der Amerikaner zu schützen, gerieten unter Zugzwang. Am 5. April ergriff Dodge erneut die Initiative.246 Er gab vor dem Finanzdirektorium eine Erklärung ab, die jetzt ganz dem Tenor der Sektion für finanzielle Nachforschungen und besonders dem der Dresdner Bank-Gruppe entsprach. Die Bankenuntersuchungen hätten den Beweis erbracht, daß die »Großen Sechs« »Hauptinstrumente bei der Erzeugung einer außergewöhnlichen Wirtschaftsmacht« gewesen seien. Sie hätten die für den Aufbau der deutschen Kriegswirtschaft entscheidenden Auslandsvermögen beschafft. Sie hätten Kriegsverbrechen begangen. Ohne ihren finanzwirtschaftlichen Beitrag wäre die Bildung von Kartellen und anderen ökonomischen Machtpotentialen undenkbar gewesen. Sie hätten das deutsche Wirtschaftspotential für die deutsche Kriegsmaschine mobilisiert, »und zwar sowohl für die Vorbereitung wie für die Durchführung eines Aggressionskriegs«.247 Deshalb müsse jetzt gehandelt werden.
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Erneut forderte Dodge, die Berliner Großbankenzentralen zu liquidieren, ihre Kopffilialen nur noch auf Provinzebene zuzulassen und ihnen das Aktien- und Beteiligungsgeschäft zu entziehen. Zudem schlug er vor, daß Landeszentralbanken als regionale Notenbanken die zu liquidierende Reichsbank ersetzen sollten. Die zusätzliche Empfehlung, unter der Aufsicht der vier alliierten Mächte eine Länder-Union-Bank zur Koordinierung der Landeszentralbanken zu gründen, war wohl als letzte Konzession an die in die Ecke gedrängten Briten gedacht. Aber die Briten setzten weiter auf Zeitgewinn. Während sie sofort das Konzept der Länder-Union-Bank zustimmend aufgriffen und ausspielten, lehnten die Franzosen und Sowjets aus unterschiedlichen Motiven einen solchen Vorgriff ab: die Dezentralisierung des Bank- und Finanzwesens habe Vorrang. Wieder trat die Bankenkommission in Aktion, nachdem sich die Amerikaner, Franzosen und Sowjets in der Zentralbankenfrage auf eine abgeschwächte Vierzonen-Lösung geeinigt hatten. I hr neuer Vorschlag wurde am 21. Juni 1946 eingereicht und mit dem blockierenden Votum der Briten weitergegeben.248 In der Schlußphase machten die Sowjets noch einmal erstaunlich weitgehende Konzessionen, als ihr Repräsentant Maletin für das Finanzdirektorium ein Kompromißpapier verfaßte.249 Dann wurde das ganze Projekt am 17. Oktober im Koordinierungsausschuß des Kontrollrats begraben. Auf dieses Gremium hatte die amerikanische Finanzabteilung keinen Einfluß mehr. Die Spitze der amerikanischen Militärregierung dürfte wie auch sonst dem Veto der Engländer den Vortritt gelassen haben, um im Hintergrund zu bleiben und den Konflikt mit ihrer eigenen Finanzabteilung in Grenzen zu halten. Am 2I.Oktober stellte der Kontrollrat auf seiner 44. Sitzung fest, daß die Bankenentflechtung gescheitert war.250 Die Finanzabteilung machte sich über die Folgen keine Illusionen. Für harte Eingriffe in der eigenen Zone war der erhoffte Rückhalt ausgeblieben. Und eine Grundvoraussetzung für die im Potsdamer Abkommen vereinbarte wirtschaftliche Integration der vier Zonen war blockiert. Stand schon im Hinblick auf den strukturellen Aspekt der Banken- und Finanzentflechtung eine Menge auf dem Spiel, so -C-
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gilt dies in weitaus größerem Maß für ihre finanzökonomische Seite. Als Dodge hier ebenfalls die Initiative ergriff, wollte er entsprechend dem Potsdamer Abkommen die Entnazifizierung der Finanzpolitik auf das Schulden- und Währungsproblem ausweiten. Auch in der Frage der Währungsreform waren sich die amerikanischen und sowjetischen Finanzpolitiker zunächst grundsätzlich einig. Am 20. Mai 1946 legte eine aus den Wirtschaftswissenschaftlern Gerhard Colm und Ray Goldsmith sowie Dodge bestehende Expertengruppe einen Plan zur Liquidierung der Kriegsfinanzen und zur finanziellen Rehabilitation Deutschlands vor (CDG-Plan). Sein Ziel war, durch die Reorganisation des Währungs- und Finanzsystems in Übereinstimmung mit dem Potsdamer Abkommen für ganz Deutschland ein antiinflationäres Programm in Gang zu bringen.251 Eine neue Währung, die Deutsche Mark, sollte eingeführt werden und im Verhältnis von 10:1 die bisherige Reichsmarkwährung ersetzen. Durch diesen Schnitt sollte der gesamte Kaufkraftüberhang der deutschen Bevölkerung, der die vorhandenen Konsumgüter um das Zehnfache überstieg, zusammen mit der schwebenden Reichsschuld von etwa 700 Milliarden Reichsmark auf einen Schlag liquidiert werden. Jedoch sollten nicht nur die Sparer, denen nur ein geringer »Kopfgeld«-Tauschbetrag im Verhältnis 1:1 zugedacht war, für die finanziellen Kriegsfolgen geradestehen. Durch eine hohe Zwangshypothek auf alle Sachwerte und eine drastische Besteuerung der Kriegs- und Kapitalgewinne sollten sie ebenfalls im Verhältnis von 10:1 zur Kasse gebeten werden. Das gesamte Projekt war, wie es in einem Kommentar aus der Finanzabteilung vom 16. September 1946 heißt, auf eine gleiche Verteilung der Kriegsverluste angelegt. Niemand sollte geschont werden. »Entsprechend ihren Einkommen und ihrem Verhalten während des Kriegs sollten alle Klassen und Individuen gleich behandelt werden.«252 Vor allem aber sollte die seit 1938 anhaltende Flucht der Mittel- und Oberschichten in die Sachwerte rückwirkend bestraft werden. In den USA-Ministerien, die sich mit der Deutschlandfrage befaßten, stieß das Konzept auf wenig Gegenliebe. Im Kriegsund Marineministerium beklagte man sich, das Konzept sei
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zu scharf gegen die Geschäftsleute und enthalte »zuviel soziale Reform«; als aber diesmal das State Department nach einer Intervention des Ökonomen Kenneth Galbraith die Expertengruppe stützte, wurde ihr Plan ohne allzugroße Abstriche gebilligt.253 Im Finanzdirektorium des Kontrollrats wurde der CDGPlan erstmals am 12. September 1946 diskutiert.254 Es bildeten sich die gleichen Fronten wie bei der Frage der Bankenentflechtung. Die Briten widersprachen und legten später Gegenkonzepte vor, die auf eine Umverteilung der Liquidierungslast zugunsten der Sachwertbesitzer hinausliefen, und zwar auf dem Weg einer kontrollierten Inflation. Die Franzosen widersetzten sich zunächst, weil sie eine Entkopplung der Finanzpolitik ihrer Zone von der Inflationsentwicklung in ihrem eigenen Land fürchteten, lenkten aber später ein. Grundsätzliche Zustimmung kam wieder nur von den Sowjets.2543 Allerdings widersprachen sie in einigen Einzelpunkten: die Besitzer kleiner Sparguthaben sollten begünstigt werden, und einen Lastenausgleich für Kriegssachschäden lehnten sie ab, weil sie nicht einsahen, daß die deutschen Städte rascher wiederaufgebaut werden sollten als die zerstörten russischen.255 Bis zum Jahresende 1946 war jedoch zwischen den amerikanischen und russischen Finanzoffizieren Einigkeit erzielt. Aber auch hier kam der Dissens, und zwar zum Jahreswechsel 1946/47. Scheinbar entzündete er sich zunächst an technischen Fragen und spielte sich dann auf Entscheidungsebenen ab, auf die die Urheber des Plans keinen Einfluß mehr hatten. Eines der Hauptziele des Plans, auch von der Bilanzseite her die Großbanken mit der Autorität des Kontrollrats auf eine entmilitarisierte Nachkriegswirtschaft zurückzustutzen, mußte jedenfalls vertagt werden. Dem ursprünglichen Konzept zufolge wären die Einlagen der Großbanken um 93,5 Prozent und ihre Aktiva um 90 Prozent geschrumpft, und sie wären bei der Neubildung von Eigenkapital und Liquiditätsreserven völlig von den Landeszentralbanken abhängig gewesen. Ohne Aussicht auf den Zufluß der späteren MarshallPlan Gelder hätten sie 1946 die aktien- und handelsrechtliche Tilgung ihrer Hamburger und Frankfurter Führungszentralen hinnehmen müssen.
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Alles in allem wuchs sich die Initiative der Finanzabteilung gegenüber dem Alliierten Kontrollrat im Herbst 1946 zum Fiasko aus. Ihr Scheitern fiel genau mit dem Übergang zum offenen Zerwürfnis zwischen den USA und der Sowjetunion zusammen, der im September 1946 in der Stuttgarter Rede des US-Außenministers Byrnes und in den Bizonen-Vereinbarungen der Amerikaner und Briten zum Ausdruck kam. Sie mußte sich auf ihre eigene Besatzungszone zurückziehen und wieder an die wenigen Fäden anknüpfen, die sie parallel zu ihren Aktivitäten im Finanzdirektorium und dessen Ausschüssen gesponnen hatte. Sie mußte dabei mit dem Widerstand ihres eigenen Militärapparats, der deutschen Verwaltungsbehörden und am intensivsten der Großbanken selbst rechnen. Parallel zu seiner Initiative im Kontrollrat hatte Dodge den Ministerpräsidenten in den Ländern der US-Zone (Bayern, Hessen, Württemberg-Baden) am I.November 1945 ein Grundsatzpapier über Zentralbank- und Bankenaufsichtsfragen zustellen lassen.256 Die darin enthaltenen Richtlinien stimmten mit den Grundsätzen der Kontrollratspapiere überein. Sie enthielten ergänzende Anweisungen zur Einführung von Bankenaufsichtsgremien und über die Beziehungen zwischen den zu dezentralisierenden Geschäftsbanken und den künftigen Landeszentralbanken, die sich stark an das amerikanische Federal Reserve System anlehnten: die Banken sollten prozentuale Anteile ihrer Guthaben und Liquiditätsreserven bei den Landeszentralbanken anlegen und auch den Verrechnungsverkehr ihrer Filialen über sie abwickeln. Damit gedachte Dodge zu verhindern, daß sich bei den reorganisierten Geschäftsbanken ein zu großes Giralgeldvolumen ansammelte. Über die nun einsetzende Obstruktionspolitik der Finanzbehörden der Länder, des Länderrats und der Großbanken selbst ließe sich ein eigenes Buch schreiben. Die Finanzminister der Länder präsentierten einen Gesetzentwurf nach dem anderen. Es wurde darin viel Fachmännisches über Probleme der Währungszirkulation, der Liquiditätssicherung und der Kreditvergabe an die öffentliche Hand gesagt; nur die der Finanzabteilung so wichtigen Prinzipien der Bankenentflechtung und der Bankenaufsicht kamen in diesen Konzepten
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nicht vor. Dodge wies die Entwürfe alle zurück.257 Auch auf die Entwürfe des Finanzausschusses des Länderrats, der seit dem Juli 1946 ebenfalls ein Papier nach dem anderen verfaßte, ließ sich die Finance Division nicht ein.258 Das ganze Problem wurde von ihr bis zum Herbst 1946 jedoch recht dilatorisch behandelt. Die Situation änderte sich dann im Oktober, als das Scheitern der Kontrollratsinitiative feststand. Nun übte Dodge auf die deutschen Verwaltungen Druck aus. Ende November wurden schließlich für die drei Länder der US-Zone in etwa gleichlautende Gesetze verabschiedet, die schon im Zeichen des beginnenden Zurückweichens vor den deutschen Finanzexperten standen. Zwar wurden dem Federal Reserve System entsprechende finanztechnische Bindungen der Geschäftsbanken an die Landeszentralbanken in Aussicht gestellt, aber die Kernfrage der Bankenentflechtung wurde lediglich in vagen Absichtserklärungen abgehandelt. Die Gesetze traten am I.Januar 1947 in Kraft.259 In der Großbankenfrage selbst aber geschah nichts. Vor den Direktionen der »Großen Drei« baute sich eine geschlossene politische Verteidigungslinie auf, die von Monat zu Monat an Stärke gewann. Die Länderministerien, der Länderrat, später dann die Finanz- und Bankausschüsse des Bizonen-Wirtschaftsrats und die Landeszentralbanken selbst verweigerten jede substantielle Initiative. Es war wie in der britischen Zone, und auch die veröffentlichte Meinung, die Gewerkschaften und die politischen Parteien mit Ausnahme der Kommunisten schwenkten 1946/47 auf die ablehnende Linie der deutschen Expertengremien ein. Vor diesem Hintergrund begann nun ein verschwiegener Kampf hinter den Kulissen. Die Bankdirektoren betrachteten die bis zum Jahreswechsel 1945/46 zunehmenden Untersuchungs- und Verhaftungsaktivitäten der Sektion für finanzielle Nachforschungen und den bankpolitischen Druck der gesamten Finanzabteilung auf die deutschen Behörden als zwei Seiten einer Medaille und begannen, sie ernstzunehmen. Sie entschieden sich für eine Abstimmung auf dem Kapitalweg, worin sie ja seit 1930/31 große Erfahrungen besaßen. Ein gewaltiger Transfer von Aktiva und Aktienpaketen in die
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britische Zone setzte ein. An der Hamburger Börse wurde ein »unerklärlicher« Boom verzeichnet, und in zentralen Industriewerten kam es zu einer regelrechten Hausse. Es war ein gewagtes Spiel, denn der durch den Kaufkraftüberhang bislang verschleierte Bankrott der Großbanken wurde dadurch manifest — zumindest für die Eingeweihten. Die nicht realisierbaren Reichsanleihen - bei den bayerischen Banken beispielsweise 15,76 Milliarden bei einer Bilanzsumme von 21,1 Milliarden Reichsmark - wurden jetzt gefährlich. Ein den Banken keineswegs mißgünstiger deutscher Experte schrieb im Juli 1946, eigentlich müßten alle Banken Konkurs anmelden, und an »diesem Zustand absoluter Illiquidität wird sich auch vorläufig nichts ändern, bis eine einschneidende Währungsreform Wandlung schafft«.260 Angesichts dieser Verhältnisse müssen die Bankiers über ein genaues Insiderwissen verfügt haben, das ihnen garantierte, daß trotz ihres brüskierenden Pokers eine glatte Liquidierung nicht mehr in Frage kam. Wegen ihrer politischen Brisanz - das Kapitalvermögen und die Auslandswerte waren durch ein besonderes Kontrollratsgesetz gesperrt — bekamen in diesem Zusammenhang die Aktientransaktionen und anschließenden Verschiebungen von umfangreichen I.G. Farben-Werten eine besonders spektakuläre Note. Im November/Dezember 1945 gründeten die Banken ein Syndikat, um in der US-Zone Aktienpakete der I.G. Farben aufzukaufen und an die Führungsstäbe der Hamburger Großbanken, aber auch auf der Hamburger Börse weiterzuveräußern.261 Parallel dazu wurden I.G. Farben-Werte bankintern in die britische Zone verschoben. Der Geheimdienst der Finanzabteilung ging den Kapitalbewegungen nach und stieß auf einige brisante Spuren. Zum einen stellte er fest, daß die I.G.-Werte in allen Westzonen angezogen hatten, weil die im Oktober erfolgte Sprengung zweier reichseigener Pachtbetriebe - und nicht etwa von echten I.G. Werken - in Bayern allen öffentlichen Verlautbarungen zum Trotz als Überlebensgarantie für den I.G. Farben-Komplex gedeutet worden war.262 Noch spektakulärer war allerdings die Entdeckung, daß einer der Hintermänner des Bankensyndikats, der ehemalige Reichsbankdirektor und jetzige Mitinhaber des »arisier-
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ten« Münchener Bankhauses Seiler & Co., Otto Schniewind, die Transaktionen mit Offizieren des I.G. Farben ControllOffice der eigenen Militärregierung abgesprochen hatte.263 Hier zeigte sich erstmals auch in der US-Zone das Bündnis zwischen den Honoratioren der deutschen Finanzwelt und den Spitzenstäben der amerikanischen Militärregierung, gegen das die Finanzabteilung langfristig keine Chance hatte. Die Affäre wurde intern vertuscht, aber sie wurde zum Ausgangspunkt einer neuen Runde im Machtkampf. Die Geheimdienstund Untersuchungssektionen der Finanzabteilung erkannten nun endgültig die Gefahr, die von den Finanzmagnaten des ehemaligen Berliner Herrenclubs und des Schacht-Kreises drohte, und legte neue Dossiers an.264 1942/43 hatte sich diese Finanzelite taktisch vom Durchhalteflügel des »Dritten Reichs« abgesetzt, und jetzt saß sie in den Startlöchern, um von der Westlösung zu profitieren. Mit besonderer Bitterkeit registrierten die Rechercheure der Finanzabteilung, daß auch die Frankfurter Zentraldirektion der Dresdner Bank an den Transaktionen der I.G.-Werte beteiligt war. Anfang Januar 1946 setzte Dodge ein Gesetz Nr. 55 durch, das den Handel mit I.G.-Aktien verbot und unter Strafe stellte.265 Wie das Schlußkapitel des vorliegenden Untersuchungsberichts zeigt, verbrachte Max Schobert, einer der Frankfurter Dresdner Bank-Direktoren, noch am 30. Januar, einen Tag vor Inkrafttreten des Gesetzes, persönlich 500000,— Reichsmark I.G.Aktien zum Führungsstab Hamburg, der sie zu einem Börsenkurs von 146 Punkten auf der Hamburger Börse verkaufte.266 Als Dodge anschließend versuchte, das Gesetz Nr. 55 zu erweitern und die Großbanken grundsätzlich vom Aktien- und Beteiligungsgeschäft auszuschließen, holte er sich eine Abfuhr. Erneut scheiterte er im Alliierten Kontrollrat: die Engländer blockierten auch dieses Gesetz, und Anfang 1948 war auch dieser Initiative endgültig der Erfolg versagt.267 Aber noch gab die Finanzabteilung der amerikanischen Militärregierung den Kampf nicht auf. Sie organisierte den seit der I.G. Farben-Affäre entflammten Kleinkrieg auf verschiedenen Ebenen, weil sie immer noch auf die für eine Gesamtliquidierung der Großbankenzentralen erforderlichen Kontrollratsgesetze hoffte. Soweit überhaupt noch möglich,
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wurde die Untersuchungstätigkeit der Großbanken-Teams beschleunigt. Zwischen ihrem Stab und den Unterabteilungen, die in direkter Konfrontation mit den Zentraldirektionen und Kopffilialen standen, entwickelte sich trotz der von Clay verfugten Restriktionen ein lebhafter Informationsaustausch, der mit neuen Dokumenten und Analysen den sich abzeichnenden Formierungsprozeß der Finanzoligarchie verhindern sollte. Um jede Haftentlassung wurde erbittert gerungen. Ein Untersuchungsbericht jagte den anderen; man versuchte den Führungsstellen in den USA klarzumachen, aufweiche Kontinuitäten sich die zentralen und die Länderstäbe der Militärregierung einließen. Nachrücker, die die Positionen verhafteter Manager einnahmen, wurden kritisch durchleuchtet. Die Auseinandersetzung um den Dresdner Bank-Direktor Hans Rinn beispielsweise, der dem verhafteten Leiter der Zentraldirektion West, Hugo Zinßer, nachgefolgt war — er wurde im Februar 1946 ebenfalls interniert -, füllte schließlich ganze Aktenordner.268 Parallel dazu unternahmen die mit der Überwachung und Kontrolle der Großbanken befaßten Instanzen der Finanzabteilung alle möglichen Versuche, um die sich immer enger abzeichnende bankinterne Kooperation über die Grenzen der Westzonen hinweg aufzuhalten. Damit ließ sich natürlich ein Entflechtungsgesetz, das das Statut der Landeszentralbanken ergänzt hätte, nicht ersetzen. Noch illusorischer war die Hoffnung, die britische Militärregierung durch irgendwelche Berichte über die NS-Aktivitäten der Banken zu beeindrucken. Im Februar 1946 informierte Saul Kagan, der Chef des Finanzgeheimdiensts, seinen Vorgesetzten über gerade aufgedeckte »Arisierungs«aktivitäten von Alfred Hölling, dem Vorstandssprecher des Hamburger Führungsstabs der Dresdner Bank. Er schloß, daß die führende Rolle Höllings bei der geschilderten »kriminellen Arisierung« diesen »selbst in den Augen des britischen Bankenausschusses diskreditieren müßte«.269 Mit dieser Annahme hatte Kagan weit gefehlt. Aber auch der Appell eines anderen Finanzoffiziers an die Adresse der eigenen Militärregierung, man müsse doch zumindest dem westlichen Ausland gegenüber mit seinem Anspruch auf ein »zivilisiertes und demokratisches« Deutschland einstehen, bewirkte bald nichts mehr. Die be-
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schämende Tatsache, daß Banken, die sich weigerten, über den Verbleib jüdischer Guthaben Auskunft zu geben, ungestraft blieben, demoralisierte die Finanzoffiziere ganz besonders.270 Am 6. Mai 1947 raffte sich die Finanzabteilung zu einem letzten Kraftakt auf. Sie erließ ein Gesetz Nr. 57, das in das Geschäftsgebaren der Commerzbank, der Deutschen Bank und der Dresdner Bank unmittelbar eingriff.271 Dieser Schritt erregte gewaltiges Aufsehen. Auf einer Sonderkonferenz der Präsidenten der Landeszentralbanken und der Länderfinanzminister der US-Zone rechtfertigte ihn der Vertreter der Finanzabteilung mit einer Begründung, die die Obstruktionspolitik der deutschen Finanzbehörden in den vergangenen Monaten schlaglichtartig erhellt: »Trotz wiederholten Drängens haben Sie die Initiative nicht ergriffen. Bei verschiedenen Gelegenheiten haben Sie Vertretern der Militärregierung erklärt, daß die Diskussion der Dezentralisierungspolitik... gefährliche Folgen für das öffentliche Vertrauen dem Banksystem der US-Zone gegenüber haben würde.«272 Der Gesetzestext, der nun zur Verteilung komme, solle helfen, endlich den Widerstand der Bankiers zu brechen, die bis jetzt jeden Schritt in diese Richtung blockiert hätten. Tatsächlich aber rechtfertigte das Gesetz diesen Auftritt nicht. Die Großbankenzentralen wurden nicht den Bestimmungen des Aktienrechts gemäß liquidiert, und es war nach den gemachten Erfahrungen Augenwischerei, den deutschen Finanzbehörden einen solchen Schritt anheimzustellen. Statt dessen schrieb das Gesetz vor, für jedes der drei Länder (später auch die Enklave Bremen) eine regionale Nachfolgebank zu gründen. Verwalter wurden bestellt, denen aber jeder Eingriff in die Kapitalstruktur untersagt war. Der Verrechnungsverkehr zwischen den jeweiligen Länderzentralen war nun endgültig über die Landeszentralbanken abzuwickeln. Die neuen Nachfolgebanken, ihrer rechtlichen Situation nach eher Übergangseinrichtungen, deren Entwicklung völlig offen war, mußten sich Namen zulegen, die nicht mehr an ihre Vorgeschichte erinnerten. Per Erlaß vom S.Juni 1947 erhielten beispielsweise die Übergangsgesellschaften der Dresdner -C V I I I -
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Bank die Geschäftsnamen Handels- und Industriebank (Bayern), Rhein-Main-Bank (Hessen), Allgemeine Bankgesellschaft (Württemberg-Baden) und Bremer Bank (Bremen) zugeteilt.273 Als die französische Militärregierung im Oktober 1947 und die britische Militärregierung im April 1948 nachzogen, war die Dresdner Bank in elf Übergangsgesellschaften aufgespalten. Die Zahl der Übergangsinstitute belief sich (unter Einschluß der Commerzbank und der Deutschen Bank) schließlich auf 30. 274 Die Hamburger Chefs der Dresdner Bank hatten sich zuvor von der Reichsbankleitstelle und der Finanzabteilung der englischen Militärregierung bestätigen lassen, daß sich an der aktienrechtlichen Existenz nichts ändern werde und es deshalb richtig sei, »daß die Sitzungen der Aufsichtsratsmitglieder fortgesetzt werden. Herr Oberst Helmuth bittet allerdings, von irgendwelchen Veröffentlichungen über den Aufsichtsrat und seine Tätigkeit abzusehen. Damit dürfte die rechtliche Basis für die Tätigkeit der Aufsichtsratsmitglieder klargestellt sein.«275 Das Gesetz wurde sofort von allen Seiten bekämpft. Alle Gegenaktivitäten hatten nur ein Ziel: den alten Zustand aufrechtzuerhalten. Angesichts der offengehaltenen Abschlußlösung und der allgemeinpolitischen Entwicklung dürften sich die Offiziere der Finanzabteilung keine Illusionen über den Ausgang gemacht haben. Aber mehr als diesen Schwebezustand hatten sie einfach nicht mehr durchsetzen können. Dies zeigt sich exemplarisch an der harschen Kritik, die unmittelbar nach dem Erlaß des Gesetzes vom Geheimdienst der eigenen Militärregierung geübt wurde, welcher jetzt seine Wochenberichte zum Forum für die Bankhonoratioren machte.276 Die Deutschen seien gefährlich brüskiert worden, heißt es darin. Die Aktion der Finanzabteilung gefährde ihre doch jetzt so dringend gewünschte Eigeninitiative. Der gerade überbrückte Graben zu den Briten werde wieder vertieft. Die neuen Geschäftsnamen seien absurd: »der Name >Deutsche Bank< war vorteilhaft und in der gesamten Geschäftswelt wohlbekannt; die Zurückhaltung des alten Namens wird unsere Anstrengung sehr behindern«.277 Im Wochenbericht vom 28. Juni 1947 wird dann über ein Gespräch mit einem Vorstandsmitglied der Deutschen Bank berichtet, das wohl bele-
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gen sollte, wie unsinnig solche Initiativen wie die der Finance Division seien, wo es doch jetzt darum gehe, gemeinsam die sowjetisch besetzte Zone für den freien Westen zu retten. Originalton Deutsche Bank 1947: »Deutschland ist grundsätzlich ein westeuropäisches Land. Würde einer seiner wichtigsten Teile in der sowjetischen Einflußsphäre belassen, so wäre dies nicht nur für Deutschland, sondern für die gesamte Welt einschließlich der USA eine sehr ernste Angelegenheit.«278 Unter dieser Voraussetzung wirkten dann die durch das Gesetz Nr. 57 erzwungenen Übergangsmaßnahmen tatsächlich schon fast wie ein Sabotageakt. Die Dresdner Bank, deren inzwischen in »Zonenstelle der US-Zone« umbenannte Zentraldirektion West im Herbst 1946 einen Teil der in die britische Zone verschobenen Aktiva, darunter 620,5 Millionen Reichsanleihen, wieder nach Frankfurt zurückgeholt hatte279, mußte nun in der US-Zone ihre mit dem Hamburger Führungsstab koordinierten zentralen Bankoperationen einstellen.280 Für ihre Direktoren begann eine harte Zeit. Sie erlernten das Kunststück, an ihren Verwaltern vorbei die bankinternen Strukturen nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern entgegen dem sich der äußeren Alltagsroutine anpassenden Geschäftsgebaren systematisch zu verstärken. Die Guthaben, Filialverrechnungen, Konsortialkredite und Giralgelder konnten jetzt nicht mehr offen zwischen den beiden Zentralen in Hamburg und Frankfurt aufgeteilt werden. Bald blühte eine feinnervige und diskrete Kunst des Tarnens, wobei man sich an zwei von den drei Großbankvertretern gemeinsam verfaßte Grundsatzpapiere vom l I.Januar und l O.Oktober 1946 als oberste Richtschnur hielt.281 Die Aufsichtsratsmandate in der Industrie wurden planvoll vermehrt, um die Schlüsselpositionen unter Kontrolle zu halten. Über die Ländergrenzen hinweg wurden gemeinsame Filialen gegründet, von Bayern bis nach Bremen hinauf.282 In den Westsektoren Berlins entstanden insgeheim neue Kopffilialen: so wurde durch die Dresdner Bank-Niederlassung am Breitenbachplatz das von der Alliierten Kommandatur gemeinsam getragene Berliner Stadtkontor gezielt unterlaufen.283 Seit langem waren schon interzonale Kurierdienste eingerichtet. Groß- und Konsortialkredite wurden über die Länder- und
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westzonalen Grenzen hinweg insgeheim gepoolt. Carl Goetz, den das Nürnberger Office of War Crimes nach dem Scheitern des geplanten Dresdner Bank-Prozesses im Frühjahr 1947 freiließ, reorganisierte von der Schweinfurter Filiale aus die Depotstimmrechte des gesamten Instituts.284 Zum Jahreswechsel 1947/48 wurden die Reichsanleihen und die Depotstimmrechte endgültig auf die Übergangsinstitute der drei Westzonen neu verteilt, und die Finanzabteilung konstatierte lakonisch, daß die Uhr nun endgültig zurückgestellt werde285 , als ihr der Zusammenhang dieser Aktion mit einer parallel laufenden Neuausgabe von Aktien klarwurde. Es erübrigt sich fast, darauf hinzuweisen, daß auch die Landeszentralbanken gezielt umgangen wurden. Anstatt ihre Überweisungsbelege bei ihnen einzureichen, rechneten sich die Übergangsbanken ihre Gut- und Lastschriften einfach gegenseitig auf. »Auch im Überweisungsverkehr über Landesgrenzen hinweg gingen sie mehr und mehr dazu über, die Überweisungen eines ganzen Monats zusammenkommen zu lassen und dann lediglich die Spitzenbeträge über das Zentralbanksystem abzurechnen.«286 Das alles geschah mit der größten Diskretion. Immer wieder wurde betont, wie wichtig es sei, nichts davon in die Wirtschaftspresse durchsickern zu lassen. Abhörberichte des Geheimdienstes belegen, daß die deutschen Finanzbehörden das Verhalten der drei Großbanken ohne Wenn und Aber deckten.287 Renitente Verwalter der Übergangsbanken aber wurden von den sich allmählich wieder in den Vordergrund schiebenden Vorstandsvertretern der alten Garde höchstpersönlich zur Ordnung gerufen. So wies Dresdner Bank-Vorstandsmitglied Fritz Andre von Westberlin aus den Verwalter der bayerischen Übergangsniederlassung eindringlich darauf hin, daß das Gesetz Nr. 57 keineswegs der von ihm verwalteten Bayerischen Bank für Handel und Industrie den selbständigen Status einer Regionalbank verliehen habe: »Da die Militärregierung weder das Aktienrecht, noch das Handelsgesetzbuch, noch die Aktiengesellschaft Dresdner Bank zur Auflösung gebracht haben, müssen alle Organe... den alten Rechtsauffassungen verpflichtet und darauf bedacht sein, Regreßansprüche gegen sich nicht zur Entstehung kommen zu lassen.«288 Zumindest nach solchen Briefen dürfte den Ver-
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waltern die Einsicht gedämmert haben, daß sie ziemlich allein im Regen standen. Bizarrerweise lief dieser Kampf um die Kontinuität der Großbanken in einer Situation ihres vollständigen Ruins ab. 80 Prozent ihrer Aktiva waren weiterhin null und nichtig. Ihre Liquidität basierte auf den Depositen einer fiktiven Kaufkraft.289 Im historischen Vergleich war das Bankwesen relativ zur volkswirtschaftlichen Gesamtsituation noch stärker aufgebläht als 1931. Die bescheidene Kreditexpansion, die gleichwohl 1947 in Anlehnung an die Finanzpolitik in der britischen Zone einsetzte - dazu weiter unten - und zu einem bemerkenswerten ersten Schub in der Nachkriegsproduktion führte, hatte keinerlei reale Grundlage.290 Aber die verschleierte Hyperinflation verdeckte diesen Zustand auch weiterhin. Es ist erstaunlich zu sehen, wie die Bankiers mit ihren irrealen Pfunden wucherten und sich als Motor der Rekonstruktion aufspielten. Gleichzeitig arbeiteten sie mit dem Rückhalt der deutschen Finanzbehörden darauf hin, die dahingeschmolzenen Reichstitel so bald wie möglich wieder zu Lasten der Masseneinkommen in reale Werte umzuwandeln. Vor seiner Verhaftung hatte Carl Goetz noch im November 1945 vor einem Expertengremium die Forderung nach ihrer zeitlich gestaffelten Realisierung zum Nennwert eingebracht.291 Seine Direktoren hielten daran fest und erklärten seit dem Herbst 1947 ihren amerikanischen Gesprächspartnern frank und frei, sie würden das Gesetz Nr. 57 immer bekämpfen, genauso wie eine ihnen abträgliche Währungsreform.292 Dies geschah zu einer Zeit, in der sich die amerikanischen Experten, diesmal aus rein finanzökonomischen Gründen, zum letztenmal Gedanken über ein abschließendes Liquidierungsprogramm machten. »Jo - dieser Vorschlag wurde gar nicht gut aufgenommen«, heißt es in einer handschriftlichen Rückgabenotiz zu einem solchen Planungspapier.293 Es gab zuletzt nur noch die politischen Argumente des kalten Kriegs, die die Sanierung der nach 15 Jahren erneut bankrotten deutschen Großbanken rechtfertigen.
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R E T T UNG DER K ON T I NU I T Ä T
Arn 6. März 1947 erklärte US-Präsident Harry S. Truman in einer Rede an der Baylor University, es gebe für die Vereinigten Staaten eine Angelegenheit, die »höher als der Frieden bewertet wird«.294 Sechs Tage später fugte er vor den beiden Häusern des Kongresses hinzu: »Die »freien Völker rechnen auf unsere Unterstützung zur Erhaltung ihrer Freiheit«. 295 Der seit der Regierungsübernahme Trumans im April 1945 verschwiegen eröffnete und seit September 1946 intensivierte »Kalte Krieg« war nun in aller Form vor der Weltöffentlichkeit verkündet. In den politisch-militärischen Planungsstäben der USA löste die Truman-Doktrin Begeisterung aus. In den folgenden März- und Aprilwochen wurden die seit langem für diese Konfrontation geleisteten Vorarbeiten konsolidiert und in die jetzt offen zur Schau gestellte Weltstrategie des »Containment« eingebracht. Man war sich rasch darüber einig, daß es am erfolgversprechendsten war, unter dem Dach des weltweit proklamierten Herrschaftsanspruchs der USA zentrale Konfrontationsschwerpunkte zu bestimmen. Den neuralgischsten Punkt bildete, darüber konnte es keinen Zweifel geben, Deutschland. Am 29. April 1947 verabschiedete das Strategische Gutachterkomitee des Vereinigten Generalstabs ein Grundsatzpapier über US-Hilfe für andere Länder vom Standpunkt der nationalen Sicherheit der USA, das zusammen mit Denkschriften des Außenministeriums die Fundamente für die künftige Deutschlandpolitik der USA legen sollte.296 Darin hieß es, trotz der unmittelbar erforderlichen Blockierung der Revolution in Südosteuropa und im Fernen Osten sei Westeuropa von oberster Priorität für die Vereinigten Staaten. Die stärkste Militärmacht in dieser Region aber sei Deutschland. »Ohne deutsche Hilfe ist kaum zu erwarten, daß die übrigen westeuropäischen Länder den Armeen unserer ideologischen Gegner widerstehen können, bis die USA ihre Streitkräfte mobilisiert und dorthin gebracht haben, um ihnen ihre Niederlage beizubringen. Mit einem wiederbelebten Deutschland, das an der
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
Seite der Westalliierten kämpft, wäre dies möglich. Darüber hinaus ist der vollständige Wiederaufstieg der deutschen Industrie, insbesondere des Kohlenbergbaus, lebenswichtig für die ökonomische Erholung Frankreichs, dessen Sicherheit untrennbar mit der Sicherheit der Vereinigten Staaten, Kanadas und Großbritanniens verknüpft ist. Der wirtschaftliche Wiederaufstieg Deutschlands ist deshalb von erstrangiger Bedeutung vom Standpunkt der Sicherheit der Vereinigten Staaten.«297 Dies müßten auch die Führer Frankreichs und der anderen westeuropäischen Staaten einsehen. Deutschland sei längst der diplomatische Hauptkampfplatz zwischen dem »totalitären Rußland und den westlichen Demokratien«. Der Kampf werde nur dann zum Vorteil des Westens ausgehen, wenn »ein drastischer Wandel in seiner Wirtschaftspolitik Deutschland gegenüber« Platz greife, dessen Wirtschaftspotential ohnehin entscheidend für den Wirtschaftsaufschwung in Westeuropa sei. Mit noch größerer Entschiedenheit votierten die Planungsstäbe des State Department für einen reinen Wirtschaftskrieg. Um ihn langfristig führen zu können, müsse erst einmal durch Akutmaßnahmen die europäische Nachkriegskrise überwunden werden.298 Deshalb sei es angezeigt, direkte amerikanische Hilfsmaßnahmen von einem europäischen Wiederaufbauprogramm zu trennen, dessen amerikanische Ressourcen von den westeuropäischen Regierungen selbst eingesetzt werden müßten. Hierfür sei eine Föderation der zentral- und westeuropäischen Staaten erforderlich. In weiteren Planungsrichtlinien, die auf die offizielle Ankündigung des Marshall-Plans am 5. Juni 1947 folgten, wurde dann klargelegt, daß dies auch der einzige Weg sei, um die von einem restaurierten deutschen Wirtschaftspotential ausgehenden Gefahren zu bändigen. Wenn Deutschland ohne eine funktionsfähige europäische Föderation erstarke, dann werde es unter dem Vorzeichen des antisowjetischen Containment eine restaurierte Vorherrschaft Deutschlands über Europa geben. Bleibe es aber schwach, dann stehe der europäische Wiederaufbau in Frage, »und wir fordern eine russische Vormachtstellung geradezu heraus«.299 Das Beste sei wohl ein Mittelweg, nämlich eine Dezentralisierung oder Spaltung Deutschlands. Auf jeden Fall aber müß-CXIV-
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ten, um entweder ganz Deutschland oder die Westzonen für eine europäische Integration zu gewinnen, gewisse Trotzreaktionen ihrer Eliten den USA gegenüber abgebaut werden. Das mache es erforderlich, den bisherigen Kurs der wirtschaftspolitischen Restriktionen radikal aufzugeben und ihnen freie Hand beim ökonomischen Wiederaufbau zu lassen. Vor allem aber »müssen wir so schnell wie möglich mit solchen Aktionen Schluß machen (Entnazifizierung, Umerziehung, und vor allem die Nürnberger Prozesse), die uns zu Mentoren und Richtern über interne deutsche Probleme machen«.300 Die Offerte an die deutschen Machteliten zur Integration in das europäische Wiederaufbauprogramm der amerikanischen »Containment«-Strategie lockte mit einem radikalen Schlußstrich unter die besatzungspolitischen Versuche zur Zähmung ihrer abgründigen Vergangenheit. Das war, bezogen auf Deutschland, die entscheidende politische Gegenleistung der USA. Indem sie ihren chauvinistischen Expansionismus zugunsten ihrer antisowjetischen Bollwerkfunktion »europäisch« integrierte, sollte die deutsche Finanz- und Wirtschaftselite für die zu erwartende Folge des neuen Kurses gewonnen werden — die langfristige Spaltung Deutschlands. Die deutschen Machteliten, die sie ja selbst im Frühjahr 1945 schon durch den Abzug ihrer Ressourcen aus der künftigen sowjetischen Zone vorweggenommen hatten, hatten diesen Schritt bislang immer nur als Zwischenlösung bis zum nächsten rollback verstanden, und dabei ist es ja auch bis in die sechziger Jahre geblieben. Für die amerikanische Militärregierung bewirkten die neuen Direktiven aus Washington im Juni/Juli 1947 einen radikalen Einschnitt in ihre bisherige Finanz- und Wirtschaftspolitik. Sie veränderten den bislang trotz allem noch aufrechterhaltenen Status quo zwischen den Linksliberalen in der Finanzabteilung sowie einigen untergeordneten Stäben bei Justiz und politischer Verwaltung und der reaktionären Mehrheit zugunsten der »appeasers«. Die Finanzabteilung wurde gezwungen, die erbitterten Auseinandersetzungen mit den korrupten Militaristen und Wirtschaftsführern in der britischen Militärregierung, die im Bereich der Finanzpolitik den praktischen Vollzug der seit September 1946 hängigen Bizonen-Fusion blockiert hatten, zugunsten eines Kompromisses
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zu beenden. Und die Spitze der amerikanischen Militärregierung, allen voran Lucius D. Clay, wahrte nun nicht länger das Gesicht. Der von Washington befohlene Kurswechsel wurde rasch vollzogen. Seinen formellen Rahmen erhielt er durch die neue Besatzungsdirektive JCS 1179 vom 11.7.1947, die das bisherige Kompromißprogramm JCS 1067 ersetzte.301 Die neue Direktive verkündete praktisch die Übernahme der Finanz- und Wirtschaftspolitik der britischen Militärregierung für das amerikanische Besatzungsgebiet. Der Marshall-Plan sah riesige Wiederaufbaukredite zur möglichst raschen Reaktivierung des Wirtschaftspotentials der Westzonen vor.302 Dafür war die Konsolidierung des gesamten Finanz- und Bankenapparats genauso wie die Liquidierung der verschleierten Hyperinflation mitsamt ihren volkswirtschaftlichen Folgen (Schwarzmarkt, Zigarettenwährung) unerläßliche Vorbedingung. Im ersten Schritt mußten deshalb die inzwischen institutionell auseinanderentwickelten und nur von den Großbanken verschwiegen zusammengehaltenen Strukturen des Geld- und Kreditwesens der amerikanischen, britischen und französischen Zone vereinheitlicht werden. Die Einigung mit den Briten war trotz des jetzt hergestellten grundsätzlichen Konsenses in der zukünftigen Besatzungspolitik aus verschiedenen Gründen schwierig. Die Unterschiede im Finanz- und Bankwesen waren groß, und ihre Angleichung erforderte weitreichende Eingriffe. Die Hamburger Reichsbanklei tstelle hatte sich bis Mitte 1947 unter der Regie der aus dem Schacht-Kreis kommenden Wilhelm Vocke und Ernst Hülse bereits wieder Machtpositionen erobert, die selbst den Zentralismus des vergangenen Reichsbankdirektoriums in den Schatten stellten. In ihr waren alle Zentralbankfunktionen mit der Bankenaufsicht vereinigt, welche sich während der NSZeit beim Reichswirtschaftsministerium befunden hatte. In enger Kooperation mit den Führungsstäben der Großbanken hatte sie den deutschen Behördenapparat der englischen Zone kaltgestellt und ein Kreditvolumen von über drei Milliarden Reichsmark in den Bergbau und die Montanindustrie des Ruhrgebiets gepumpt. Das gesamte System von Refinanzierung und privatwirtschaftlicher Kreditpolitik befand sich in
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
den Händen einer Finanzoligarchie, die in voller Übereinstimmung mit der englischen Militärregierung ihre Finanz- und Kreditmittel zugunsten einer unbeschränkten »Selbstverwaltung der Wirtschaft« einsetzte. Unter ihrer Regie führte die sogenannte Entflechtung des Bergbaus und der Montanindustrie des Ruhrgebiets schon 1947/48 zu einer ersten Reorganisation des wichtigsten Wirtschaftszentrums der Westzone. Überfällige Strukturbereinigungen, technische Innovationen und Neukapitalbildung galten als erster Schritt zur Verwirklichung der langfristigen Nachkriegsplanungen der Unternehmer. Die Bergbaukonzerne wurden bis März 1948 mit 2,3 Milliarden Reichsmark zinslos subventioniert.303 Ein von der Reichsbankleitstelle und der Deutschen Bank geführtes Kreditkonsortium versorgte die Schwerindustrie mit den erforderlichen Wechselkrediten, welche die Schuldenverwaltung der britischen Zone mit einer Garantieerklärung abdeckte, um die Produktion wieder in Gang zu bringen.304 Darauf folgte im Frühjahr 1947 ein zweites, diesmal von der Dresdner Bank geleitetes Bankenkonsortium, das die mit einem niedrigen Eigenkapital ausgestatteten »entflochtenen« Unternehmen der Eisen- und Stahlindustrie mit 125 Millionen Reichsmark Betriebsmittelkrediten ausstattete, während die Reichsbankleitstelle 274 Millionen Reichsmark langfristige Darlehen für den Auskauf der ausgegliederten Eisen- und Stahlwerke zur Verfügung stellte.305 Die Finanz- und Machtstrukturen waren unverändert dieselben wie während des »Dritten Reichs« geblieben, und der von Berlin nach Hamburg übergesiedelte Herrenclub der Hochfinanz kommandierte wirkungsvoll und kompromißlos das wichtigste Zentrum westzonaler Wirtschaftspolitik. »In ihrer Bankenpolitik«, hatte die Reichsbankleitstelle im November 1946 erklärt, »hat die britische Militärregierung soweit wie möglich an die bestehenden Verhältnisse angeknüpft und vorerst nur dort Änderungen eintreten lassen, wo es durch die Verhältnisse geboten war.«306 Und dabei war es bis zum Sommer 1947 geblieben. Die anstehenden Nürnberger Industriellen- und Bankiersprozesse verschleierten diese Kontinuität höchstens; anhaben konnten sie ihr genausowenig wie zuvor die Aktivitäten der Finanzabteilung seit dem Herbst 1945. »Ihre Bankenpolitik trug den Briten in ihrer
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EINLEITUNO DES BEARBEITERS
Zone einhellige Zustimmung von Kreditinstituten, öffentlicher Meinung, Parteien, Gewerkschaften und Zonenbeirat ein und machte die britische Zone auch für manche Politiker und Bankiers anderer Zonen zum beneideten Refugium einer Banklandschaft, die in ihrer traditionellen Ausprägung als das den deutschen Verhältnissen allein angemessene eingeschätzt wurde.«307 Mit diesem wohlverschanzten Machtzentrum sollte es nun um jeden Preis zum bizonalen Arrangement kommen, und zwar wegen des strategisch wichtigen Potentials der Ruhrkonzerne in kürzester Frist. Die Führungsstäbe der Großbanken und das Direktorium der Reichsbankleitstelle aber waren nicht nur politisch, sondern auch ökonomisch voll aufeinander abgestimmt, genauer: die Reichsbankleitstelle, deren führende Direktoren ihre Ernennung einem Votum des Hermann J. Abs verdankt hatten308 , garantierten den Großbanken ihre Weiterexistenz. Das Bilanzvolumen der Banken in der britischen Zone belief sich 1947 auf etwa 100 Milliarden Reichsmark, aber sie vergaben nur etwa zwei Milliarden normal verzinsungsfähige Kredite.309 Ihre Eigenkapitalbildung hing von den Konsortialkrediten an die Ruhrindustrie ab, die die Reichsbankleitstelle nicht nur refinanzierte, sondern auch mit den zusätzlich erforderlichen langfristigen Darlehen abdeckte. So schmal die Ertragsbilanz der Führungsstäbe gewesen sein mag, genügte sie doch, um die »politischen« Guthaben- und Wertpapierverschiebungen zwischen der britischen und den beiden anderen Westzonen zu tragen und die Illiquidität der dortigen Niederlassungen zu begrenzen. Die Großbanken der Westzonen wurden in der für sie kritischen Zeit mittelbar aus Haushaltsmitteln der britischen Zone gestützt, indem die Reichsbankleitstelle sie refinanzierte. Auf die aus dem »Dritten Reich« geerbte verschleierte Hyperinflation wurde also zusätzlich eine erste Nachkriegsinflation aufgepfropft, um die für die Kapitalrekonstruktion kritische Zeit zu überbrücken. Nun stand zur Disposition, ob die letzte unangefochtene Finanz- und Bankenbastion des »Dritten Reichs« geschleift oder ob ihr der große Sprung an die Fleischtöpfe des »European Recovery Program« des Marshall-Plans gelingen würde. Dies wurde 1947/48 noch nicht von ihren Direktoren,
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
sondern von den westalliierten Siegermächten entschieden, wobei die Amerikaner trotz aller strategischen Kursveränderungen noch eine Zeit lang auf die Vorstellungen ihrer Finanzabteilung Rücksicht nehmen mußten. Am Tag der Verkündung der neuen Besatzungsdirektive JCS 1779 legte der Bankenausschuß dem Bizonenamt (Bipartite Board) der beiden Militärregierungen sein abschließendes Kompromißkonzept zur Angleichung der Finanz- und Kreditstrukturen in der amerikanischen und britischen Zone vor.310 Das bisherige Veto der Engländer, die eine Übernahme des amerikanischen Gesetzes zur Dezentralisierung der Banken mit dem Argument blockiert hatten, dadurch würden die Ruhrkonzerne von ihrer Kreditbasis abgeschnitten, wurde taktisch umgangen. Es wurde vereinbart, durch die Gründung einer Länder-Union-Bank eine Zentralbank der Landeszentralbanken zu schaffen. Diese Zentralbank sollte nicht die unbeschränkte Machtfülle der Hamburger Reichsbankleitstelle erhalten. Aber sie sollte mit ihrem Notenprivileg und ihrer Kompetenz zur Refinanzierung von Krediten stark genug sein, um die Fiskal- und Kreditpolitik der Bizone zentral zu steuern. Im Gegenzug erklärten sich die Engländer bereit, die Reichsbankleitstelle aufzulösen, nun auch in der britischen Zone Landeszentralbanken zu gründen und die Großbankzentralen zu der — oben beschriebenen — Etablierung von regionalen Übergangsgesellschaften zu veranlassen. Die Konzessionsbereitschaft der Engländer wurde durch die Vereinbarung erleichtert, daß die bisherige Subventionierung des Ruhrbergbaus aus dem britischen Zonenhaushalt in den Etat der künftigen Bizone übernommen würde. Zudem sollte eine mit der Länder-Union-Bank assoziierte Monopolgesellschaft gegründet werden (»Gesellschaft für Wiederaufbau-Anleihen« Reconstruction Loan Corporation), um die künftigen Marshallplangelder als langfristige Darlehen an die Wirtschaft der Bizone zu verteilen. Die Verhandlungen kamen Ende Oktober 1947 zum Abschluß.311 Die Landeszentralbanken erhielten in Gestalt einer Bank deutscher Länder die zentralistischen Strukturen des Finanzwesens der britischen Zone übergestülpt, aber die Großbanken standen zunächst im Abseits. Die Engländer
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
konnten mit dem Verhandlungsergebnis mehr als zufrieden sein, denn die Möglichkeiten ihrer inflationistischen Wiederaufbaupolitik waren inzwischen erschöpft. Den amerikanischen Finanzoffizieren hatte man es ermöglicht, im Hinblick auf die Großbankenfrage ihr Gesicht zu wahren. Und die deutschen Bankiers lamentierten in der Wirtschaftspresse, man habe nun eine alte Tradition zerstört. Hinter den Kulissen aber begannen sie, das amerikanisch-britische Abkommen zu unterlaufen und die Weichen für eine vollständige Übertragung ihres Reichsbank- und Großbankenmodells auf das Vereinigte Wirtschaftsgebiet der Bizone zu stellen. Die Wintermpnate der Jahre 1947/48 standen zunächst im Zeichen zäher Verhandlungen über die künftige Struktur der Bank deutscher Länder.312 Für die deutsche Finanzelite ging es um einen hohen Einsatz: einmal darum, die bislang von der Hamburger Reichsbankleitstelle aufrechterhaltene Kontinuität zu wahren, zum anderen das Privileg der Notenausgabe für alle Besatzungszonen einschließlich der sowjetischen durchzusetzen. Bezogen auf die künftige Struktur der Zentralbank hatte sie Erfolg, wenn es ihr auch nicht im ersten Anlauf gelang, die Landeszentralbanken entscheidend zu schwächen. Die amerikanischen Finanzofiiziere, die die »Auferstehung der guten alten Reichsbank, die doch eigentlich ersetzt werden soll«313, miterlebten, waren nicht mehr in der Lage, den bizonalen Aufstieg des Reichsbankdirektoriums zu verhindern. Das Militärgesetz Nr. 60 über die Gründung einer Bank deutscher Länder, das am 1. März 1948 in Kraft trat, schrieb die zentralistischen Kompetenzen des Reichsbankdirektoriums genauso fest wie seine nach außen abgeschottete Machtfülle.314 Die Finanzoffiziere konnten nur noch gegen die personelle Zusammensetzung protestieren. Im April 1948 kam es zum Eklat. Der deutsche Wirtschaftsrat der Bizone hatte beschlossen, das Präsidium und die Spitze des Zentralbankrats mit zwei Männern zu besetzen, die für Kontinuität standen: Hermann J. Abs, als graue Eminenz der Banken- und Finanzpolitik in der britischen Zone seit September 1947 Intimus der Deutschlandberater des Präsidenten Truman, und Otto Schniewind, der Ende 1945 die Kapitalflucht aus der amerikanischen Zone mitorganisiert hatte. Otto Schniewind
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hatten die Amerikaner schon vorher als Leiter der deutschen Marshallplanbehörde eingesetzt. Die Finanzabteilung fühlte sich provoziert. Sie legte ihrer Militärregierung Dossiers und Untersuchungsberichte über Abs und Schniewind vor 315 und forderte, unterstützt von der französischen Militärregierung, den Widerruf der Ernennung. Als gewichtiges Argument führte sie an: Abs und Schniewind hätten nur unter der Bedingung zugesagt, daß ihr Votum in Geld- und Kreditfragen nur von einer Dreiviertelmehrheit des Zentralbankrats überstimmt werden könne.316 Clay blieb hart und deckte die beiden, trotz der eklatanten Verletzung der Bestimmungen des Militärgesetzes: »Nachdem wir unser Bett gemacht haben, müssen wir uns auch hineinlegen.«317 Aber Abs und Schniewind schraubten ihre Forderungen weiter hoch und forderten zusätzlich ein uneingeschränktes Vetorecht bei der Vergabe von Krediten an die öffentliche Hand.318 Das war für die Militärregierung denn doch unannehmbar, und die beiden Finanziers brachen die Verhandlungen ab, bevor sie formal abgelehnt wurden. Es lockten sie inzwischen aussichtsreichere Posten, von denen aus sich die Rettung der Großbanken noch besser bewerkstelligen ließ. Statt dessen wurde Wilhelm Vocke zum Präsidenten ernannt, ein Mann, der die Finanzund Bankengesetzgebung der Amerikaner von der Hamburger Reichsbankleitstelle aus nicht weniger kompromißlos bekämpft hatte.319 Den Anspruch, die neue Zentralbank als Notenbank aller Besatzungszonen zu konstituieren (Bank der deutschen Länder), vermochte freilich auch die nun nach Frankfurt am Main übersiedelnde Führungsmannschaft der Reichsbankleitstelle nicht durchzudrücken. Doch die erste entscheidende Vorbedingung für die Mobilisierung der Marshallplangelder, die Vereinheitlichung des Finanz- und Bankapparats, war erfüllt. Brisanter war allerdings die zweite: die Beseitigung der verschleierten Hyperinflation durch eine Währungsreform. Um die Jahreswende 1946/47 hatte die von den Sowjets unterstützte Initiative der Finance Division den Koordinierungsausschuß des Alliierten Kontrollrats nicht passiert. Im Februar hatte man die Verhandlungen im Finanzdirektorium des Kontrollrats wiederaufgenommen.320 Der bereits darge-
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EINLEITUNO DES BEARBEITERS
stellte Planungsrahmen war rasch verabschiedet, obwohl die deutschen Expertengremien (Sonderstelle Geld und Kredit der Finanzverwaltung der Bizone, Konklave von Rothwesten bei Kassel) im letzten Augenblick eine gehörige Portion Wasser in den Wein schütteten.321 Der Dissens hatte sich an technischen Fragen entzündet. Aufgrund ihrer schlechten Erfahrungen anläßlich der gerade durchgeführten Währungsumstellung in Österreich mochte die Sowjetunion einem einzigen Druckort für die neuen Banknoten in der Reichsdruckerei (Westsektor Berlins) nicht mehr zustimmen. Später forderten die sowjetischen Vertreter, die Ausgabe der neuen Währung auf die vier Besatzungszonen zu verteilen, da die Voraussetzungen für eine zentrale amerikanische Notenemission aufgrund der zunehmenden amerikanisch-britischen Blockbildung nicht mehr bestünden.322 Als die Sowjets bemerkten, daß die Amerikaner und Briten immer offenkundiger auf eine separate Währungsreform hinarbeiteten, ergänzten sie ihr Votum und empfahlen, eine zentrale Finanzverwaltung des Kontrollrats einzurichten, die nach der Währungsumstellung die Folgeprobleme der annulierten Reichsschuld bearbeiten sollte.323 Vergeblich warnte die Finance Division davor, daß eine Währungsreform der Westzonen allein die sowjetische Zone automatisch zum »Ausland« machen würde und daß es durchaus möglich sei, einen Kompromiß zu finden. Westliche Geheimdienstmeldungen, wonach die Sowjetunion ihrerseits insgeheim eine Währungsreform vorbereite, bezeichnete die Finance Division als »unverantwortlich«, da sie jeder Grundlage entbehrten.324 Aber der Rat der Finance Division war seit dem Juli 1947, den Tagen des finanzpolitischen Grundabkommens mit den Briten, nicht mehr gefragt, genausowenig wie das Argument einiger Landeszentralbankpräsidenten der US-Zone, allein schon die Gründung der Bank deutscher Länder werde die ökonomische Einheit Deutschlands gefährden. 325 Im September 1947 lief die »Operation Bird Dog« an: der geheime Druck neuer D-Mark-Banknoten in den USA.326 Seit Anfang 1948 verließen die Spitzen der amerikanischen und britischen Militärregierung die Ebene der Verhandlungen und arbeiteten mit den in Frankfurt deponierten D-Mark-Banknoten im Hin-CXXII-
EINLEITUNG DES BEARBEITERS
tergrund — auf den Bruch des Kontrollrats in der Frage der Währungsreform hin. Am 20. März zogen die Sowjets aus dem Kontrollrat aus, erklärten sich aber zu weiteren Währungsverhandlungen bereit. 327 Genau drei Monate später fand dann die Währungsreform in den Westzonen statt. Als die Sowjets am 23.Juni ihrerseits eine Währungsreform für ihre Besatzungszone und Großberlin ankündigten, weiteten die Westalliierten einen Tag später die D-Mark-Umstellung auf die Westsektoren Berlins aus. Die Sowjets sahen sich vor die Frage gestellt, wie sie den finanziellen Ruin ihrer eigenen Zone durch den massenhaften Zufluß von Reichsmark aus den Westzonen abwenden sollten. Dies war wohl der Hauptgrund, der sie veranlaßte, die Berlin-Blockade zu verhängen. Finanzpolitisch reagierten sie auf den einseitigen Schritt der Westalliierten mit der Ausgabe von überstempelten Reichsmark-Scheinen (Kuponmark), die als provisorische Neuwährung dienen mußten.328 Die Analyse der Finanzabteilung hatte sich bewahrheitet. Deutschland war finanz- und währungspolitisch gespalten, und die Welt stand am Abgrund des dritten Weltkriegs. Damit war die Zeit gekommen, die letzten kritischen Positionen innerhalb der amerikanischen Militärregierung auszuschalten. Im Frühjahr 1948 waren die deutschen Bankiers noch nicht mächtig genug gewesen, die Finanzoffiziere der Amerikaner beim Poker um die Spitzenpositionen der Bank deutscher Länder zu demütigen. Dies wurde jetzt nachgeholt, als es um die Gründung der Reconstruction Loan Corporation ging, die nunmehr die deutsche Bezeichnung Kreditanstalt für Wiederaufbau erhielt. 329 Hier ging es ums Ganze. Für die Finanzoffiziere bot sich die letzte Chance, durch die Einflußnahme auf die Vergabe der ERP-Mittel des Marshallplans die wirtschaftliche Konsolidierung der Westzonen von einer zentralen Stelle aus zu beeinflussen — im Interesse eines »friedlichen Wiederaufbaus«, wie sie in ihren Denkschriften immer wieder betonten330, und das war für sie gleichbedeutend mit der Entscheidung, die Großbanken von den Dollarmilliarden fernzuhalten. Ganz anders die Großbankenvertreter: ihre Kreditinstitute kämpften nicht nur um ihren Zusammenhalt, sondern waren jetzt im Ergebnis der Währungsreformgesetze auf ein Zehntel ihres Bilanzvolumens und Eigenkapitals ge-
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schrumpft. Wieder einmal bildeten staatliche Garantieanleihen die wichtigste Geschäftsgrundlage. Nach dieser zweiten Sanierungskur innerhalb einer Zeitspanne von noch nicht einmal 20 Jahren konnten sie ihre Kontinuität nur retten, wenn es ihnen gelang, sich unmittelbar in die Verteilung der ERP-Darlehen einzuschalten. Dadurch würde es wie in der Ära des Dawes-Plans zu einer rapiden Erholung ihrer Kapitalbasis kommen, aber diesmal ohne den Bumerang der Umwandlung kurzfristiger Kredite in langfristige Darlehen: sie würden langfristige Darlehen, für die sie ökonomisch nicht geradezustehen hatten, als kurz- und mittelfristige Kredite weiterreichen können! Dies war die Bedingung für die Wiederherstellung des imperialen Standards, der 1948 genauso wie 1924 und 1933 nur durch die Umwälzung der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen erkämpft werden konnte. Entsprechend unversöhnlich prallten die konzeptionellen Vorstellungen aufeinander. Die Statutenentwürfe der Finance Division zur Kreditanstalt hatten drei Schwerpunkte:331 die innere Entscheidungsstruktur sollte eine wirksame Kontrolle des Vorstands garantieren und die Interessen der Einzelländer der Westzonen angemessen berücksichtigen; die Kreditpolitik sollte sich zum Wiederaufbau »einer friedlichen deutschen Wirtschaft« mit Schwerpunkten vor allem im Wohnungsbau und der Landwirtschaft verpflichten; und drittens wurde vorgeschlagen, eine Reihe gemischtwirtschaftlicher Banken als nachgeordnete Kreditverteilungsinstanzen zu reaktivieren, die ein ziemliches Kümmerdasein fristeten (Deutsche Bau- und Bodenbank, Rentenbank usw.). Im Bizonenamt der beiden Militärregierungen wurde dieses Konzept der amerikanischen Finanzoffiziere im Sommer 1948 mit geringen Abstrichen verabschiedet.332 Dann wurde es an den deutschen Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebiets weitergereicht, der als Träger der Kreditanstalt ausersehen war. Dort aber waren die Bankiers am Zug. Mit dem Argument, das kommende Institut dürfe den Banken keine Konkurrenz machen, wurde der Plan sofort seines Kernanliegens beraubt: die Kreditanstalt sollte sich ausschließlich als Darlehensgeber an sie betätigen und »den Kreditinstituten im Vereinigten Wirtschaftsgebiet für den Wiederaufbau und die Entwicklung der
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Wirtschaft mittel- und langfristige Darlehen... gewähren, soweit die Kreditinstitute nicht in der Lage sind, die erforderlichen Investitionen auf andere Weise zu finanzieren.«333 Das war ein klares Votum für die Großbanken, denn sie brauchten die zu erwartenden Zinsspannen für ihre Kapitalbildung. Natürlich sollte der Vorstand der Kreditanstalt eine unbeschränkte Entscheidungskompetenz erhalten, und der Aufsichtsrat, in dem es auch »ein politisches Zuckerbrot für die SPD«334 geben würde, sollte sich auf Repräsentationspflichten beschränken. In der Vorstands- und Personalfrage bliesen die Finanzoffiziere schon im August zum Rückzug, denn hier hatten sie ja schon im April, wie es in einer Aktennotiz heißt, in Sachen Bank deutscher Länder nichts ausrichten können.335 In der Frage der Kreditpolitik aber wollten sie nicht nachgeben. Gelang es nicht, die zukünftigen Vorstandsmitglieder hier festzulegen, dann schufen sie die materiellen Voraussetzungen für das endgültige Überleben der Großbanken und statteten gleichzeitig die Schlüsselkonzerne der westzonalen Wirtschaft mit Milliardenkrediten für eine neue Exportoffensive und die Wiederaufrüstung aus. Als das Gesetz über die Kreditanstalt für Wiederaufbau am S.November 1948 veröffentlicht wurde336, war die Auseinandersetzung noch nicht ausgestanden. Im Dezember 1948 kam der große Triumph der deutschen Finanziers. Am 8. Dezember wurden Otto Schniewind und Hermann J. Abs vom Exekutivausschuß des Wirtschaftsrats zu den Verwaltungsratsvorsitzenden der Kreditanstalt für Wiederaufbau ernannt.337 Der Protest aus den Reihen der Finanzverwaltung blieb diesmal aus, auch dann, als Abs sein Verwaltungsratsmandat für ruhend erklärte, in den Vorstand hinüberwechselte und dort im wesentlichen die Deutsche Bank in Position brachte.338 Abs und Schniewind hatten jetzt die Kreditanstalt in der Hand, und nur noch für die Akten (und den Historiker) mochte man in der Finance Division »die Tatsache festhalten, daß Abs und Schniewind auch noch Aufsichtsratsposten in einer Reihe von Unternehmen halten, die die Kreditanstalt um Kapital angehen.«339 Solche Fakten spielten in der Ära der Berlinblockade keine Rolle mehr.
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Genauso selbstverständlich erschien es jetzt, daß die Militärgouverneure am 15. Dezember nach einem Treffen mit den »bizonal Germans« ihre Finanzabteilungen anwiesen, sich den deutschen Bankiers zu unterstellen, konnten sie doch sicher sein, »daß die Kreditanstalt selbst eine sorgfältig abgewogene Anleihepolitik ausarbeiten werde, die für die Militärregierung akzeptabel ist«.340 Der Rest der alten Garde der Finanzoffiziere verstand den Wink, vertraute seinen Akten noch schnell einige grimmige Memoranden über das erste von Abs und Schniewind verantwortete »Aktionsprogramm« zur wechselseitigen Stärkung der Großkonzerne und der Großbanken an341 und verließ Westdeutschland fast fluchtartig. Die Wall Street besetzte ihre Positionen. Shepard Morgan avancierte zum Finanzberater Clays und später des Hochkommissars McCloy, und die Finanzabteilung rückte nach rechtsaußen. Es war an der Zeit, nun auch den Großbanken wieder den ihnen gebührenden Platz im westzonalen Wirtschaftsleben zuzuweisen. Bei den geschilderten Rettungsoperationen blieb die Dresdner Bank unerwähnt. Sie war auch bis zum Abschluß des letzten Nürnberger Prozesses - dazu weiter unten - an den entscheidenden Weichenstellungen und Spitzenverhandlungen nicht beteiligt. Sie stand aber keineswegs vollständig abseits. Sie nahm an dem nach der Gründung der Bank deutscher Länder und der Währungsumstellung einsetzenden Tauziehen um eine schrittweise Annullierung des Gesetzes Nr. 57 teil. Im aktienrechtlichen Sinn hatten die Großbanken nicht zu bestehen aufgehört, sie existierten sozusagen in ihren Führungsstäben als Altbanken neben den 30 regionalen Übergangsinstituten weiter. Hier setzten nun die alten Vorstandsrepräsentanten an. Eile tat not: in der durch die Währungsreform und die Kreditanstalt für Wiederaufbau gesicherten neuen Prosperität konnte es durchaus passieren, daß die Direktionen der aufblühenden Regionalinstitute einen eigenen Appetit enwickelten und nach dem Fortfall ihrer Erzfeinde von der Finance Division die alte Abkunft »vergaßen«. Um dies zu verhindern, entwickelte Dresdner Bank-Altvorstandsmitglied Fritz Andre von Westberlin aus emsige Aktivitäten. Immer wieder brachte er seine Argumente vor: der Kontroll-
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rat habe die aktienrechtliche Liquidierung »versäumt«, und nun müsse unter Abschreibung der ostdeutschen Vermögenswerte, was ohnehin »wahrscheinlich keine Vermögenseinbuße, sondern eine Entlastung bedeuten würde«342, eine für alle Gläubiger befriedigende Lösung gefunden werden. In einem ermüdenden Tauziehen kristallisierte sich schließlich eine Konzeption heraus, auf die sich die drei Großbankenzentralen einigten: aus Gründen der politischen Optik sollten die 30 Übergangsinstitute in einem Zweistufenprogramm wieder ihren alten Vorständen unterstellt werden. Im ersten Schritt beabsichtigte man, die Übergangsbanken in eine beschränkte Zahl von Regionalbanken überzuleiten, und zwar so, daß die Aktien der Regionalbanken in die Hände der Vorkriegsbanken gelangten. Einige Jahre später sollten dann die alten drei Großbanken auch formell-aktienrechtlich in die Westzonen verlagert werden, die Nachfolgeinstitute der zweiten Generation übernehmen und sich ihre ehrwürdigen Geschäftsnamen wieder zulegen. Diese Operation glückte nur mit einiger Verzögerung. Es gab auch nach der Gründung der Bundesrepublik noch immer einige Widersacher in der Alliierten Hohen Kommission, die jetzt in deren Rechtsabteilung tätig waren.343 Diese nahmen es den Repräsentanten der Altbanken insbesondere übel, daß sie unter ihre Denkschriften jetzt sogar den Namen des Aufsichtsratsvorsitzenden der Dresdner Bank setzten: Carl Goetz.344 Aber nicht nur sie schreckten vor der letzten Konsequenz, einer Gesetzgebung zur Wiederherstellung der Großbanken, zurück. Das Gesetz über den Niederlassungsbereich von Kreditinstituten vom 29. März 1952 kam deshalb erst als westdeutsches Bundesgesetz zustande.345 Und im Deutschlandvertrag vom 26. Mai 1952 gab es einen eigenen Artikel, der die Großbanken in aller Form zu einer Anstandsfrist von drei Jahren verpflichtete, bevor sie sich ihre alten Namen und ihre alte Struktur wieder zulegen konnten.346 Als das Gesetz 1952 in Kraft trat, sah man, daß es für die Dresdner Bank knapp zugegangen war. Auf der Basis eines Aktientauschs im Verhältnis 10:6,2 wurden zusammen mit je einer neuen Aktie der Altbank zum vollen Nennwert die Nachfolgeinstitute gegründet. Ihre Eigenkapitalien waren bescheiden: die Hamburger -CXXVII-
EINLEITUNG DES BEARBEITERS
Kreditbank AG erhielt 21 Millionen, die Rhein-Ruhr-Bank AG 36 Millionen, die Rhein-Main-Bank AG ebenfalls 36 Millionen DM Eigenkapital.347 Immerhin war die Kontinuität gerettet. Kontinuität aber verpflichtet - zu Solidarität und Konkurrenz. Die Solidarität war wichtig gegenüber den politischen Machthabern. Weil man sie beherrschte, schrieb ein Mitarbeiter der Finance Division im Herbst 1945, »wurden große Rüstungsaufträge, die Ausplünderung fremder Länder, die Zerstörung der Gewerkschaften und die Beschaffung von Zwangsarbeit, aber auch die >Arisierung<, die Ausschaltung des Kleingewerbes und der Konkurrenz durch die Selbstverwaltung der Wirtschaft* den Bankiers und Industriellen vom Nazismus auf dem Silbertablett gereicht«.348 Und noch im Dezember 1948 wagte es ein Direktor der Finance Division, die Großbanken des »Dritten Reichs« mit Elefanten, Löwen, Schakalen und Füchsen zu vergleichen, um ihren Konkurrenzkampf untereinander zu beschreiben: »Sie waren wie der Löwe und der Schakal und der Fuchs und der Elefant... Sie balgten sich untereinander... Im Gegensatz zum Löwen und Schakal hielten sie es für möglich, die Sache nicht auszukämpfen. Sie sagten: du kriegst den Hinterhof, und ich nehme das Vorderhaus«.349 Angesichts der heutigen Enwicklungen erscheint es nicht nur historisch bedeutsam, den Akten ein wichtiges Kapitel wirtschaftspolitischer Zeitgeschichte zu entreißen. Was wir darüber wissen, haben wir fast ausschließlich einer kleinen Gruppe von Enrages der amerikanischen Militärregierung zu verdanken.
KARL RASCHE IN NÜRNBERG
Aber auch die Aufrechterhaltung der Kontinuität verlangte ihren Preis. Und dieser Preis mußte von einem Bankier bezahlt werden, der zuletzt als einziger Repräsentant seiner Kaste vor den Schranken der Nürnberger Kriegsgerichte der Amerikaner stand: Karl Rasche. An seinem Fall wurde bereits im vollen Bewußtsein des neuen Bündnisses der deutschen Hochfinanz mit der »freien Welt« ein Exempel statuiert. Es war einem Vorstandssprecher zugedacht, der zusammen mit
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EINLEITUNO DES BEARBEITERS
seinem Institut in mehreren Fällen die Grenze des im internationalen Bankgeschäft Üblichen derart offen überschritten hatte, daß die Finanzwelt sich in ihren Grundsätzen der Diskretion und der Raffinesse gerade bei außergewöhnlichen Transaktionen verletzt fühlte. Die Dresdner Bank-Untersuchungsgruppe hatte von Anfang an eng mit dem Nürnberger Office des Chief of Counsel for War Crimes zusammengearbeitet. Oft hatte sie die Schwerpunkte ihrer Arbeit an den Vorschlägen und Suchaufträgen der Nürnberger Wirtschaftsspezialisten (Economic Ministries Division) ausgerichtet, die die Industriellen- und Bankiersprozesse vorbereitete. Schon im Dezember 1945 war dem Leiter der Sektion für finanzielle Nachforschungen mitgeteilt worden, daß der Nachweis einer üblichen Beteiligung der Banken an der Rüstungsproduktion für ein Verfahren nicht genügte; der Urkundenbeweis mußte erbracht werden, daß die Bankiers auch mit den Planungen zur Vorbereitung und Führung eines Angriffskriegs vertraut gewesen waren.350 Im Februar und März 1946 hatten die Untersuchungsgruppen dann intensiv für einen zweiten internationalen Militärgerichtsprozeß nur gegen Bankiers und Industrielle recherchiert.351 Als dieses Prozeßvorhaben zurückgenommen wurde und die Nürnberger Anklagevertretung der Amerikaner sich auf eine Serie eigener Nachfolgeprozesse einrichtete, hatte die Dresdner Bank bei den geplanten Wirtschaftsprozessen ganz obenan gestanden. Aber auch jetzt blieb lange unklar, ob es aus prozessualen Gründen überhaupt möglich sein würde, einer einzelnen Großbank den Prozeß zu machen, oder ob man die Anklage auf die Hauptverantwortlichen aller Großbanken ausdehnen sollte. Bis zum Juli 1946 dachte man daran, von den damals inhaftierten 35 Aufsichtsrats- und Vorstandsmitgliedern 14 Großbankenvertreter in einem gemeinsamen Prozeß anzuklagen.352 Im Herbst 1946 machten sich die Auswirkungen des Kalten Kriegs auch in Nürnberg bemerkbar, und die für die Wirtschaft zuständige Anklägergruppe beschränkte sich auf die Prozeßvorbereitung gegen die Dresdner Bank. Vom Sommer 1946 an gab die Finanzabteilung die Arbeitsunterlagen der aufgelösten Dresdner Bank-Gruppe nach
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
Nürnberg ab. Die Verhörprotokolle und Personalakten wurden neu sortiert. Dann folgten die Akten. Sie wogen am Ende zwei Tonnen und waren auf über 100 Boxen verteilt.353 Das Beweismaterial war so dicht wie in kaum einem anderen Wirtschaftsprozeß; es kam durchaus an den Urkundenbestand der LG. Farben heran. Auch die Gefangenen wurden aus dem Darmstädter Internierungslager der Finance Division übernommen und bis weit in das Jahr 1947 in Haft gehalten.354 Die Vorbereitungen zur Anklage gegen die Führungsspitze der Dresdner Bank begannen im Januar 1947: »Auf der Grundlage des Untersuchungsberichts über die Dresdner Bank bereitet das Office of Ghief of Counsel for War Crimes seinen ersten Prozeß gegen führende deutsche Finanziers vor, nämlich gegen die Verantwortlichen der Dresdner Bank«, heißt es in einem Bericht Kagans über die Tätigkeit seiner Unterabteilung.355 Bis zum März waren die letzten Unterlagen abgegeben, darunter die Beweisstücke zum Dresdner Bank-Bericht. Am 18.Juni meldete der Westberliner Tagesspiegel, daß die Nürnberger Anklagevertretung ihre Ermittlungen abgeschlossen habe und nun ihre Schriftsätze einreiche.356 Aber die Dresdner Bank hatte Glück. Als es gegen sie in Nürnberg ernst wurde, kündigte Außenminister George C. Marshall gerade das Wiederaufbauprogramm für Europa und Westdeutschland an: die deutschen Bankiers wurden wieder gebraucht. Der Dresdner Bank-Prozeß wurde zurückgestellt, die großen Industriekonzerne (Flick, Krupp, I.G. Farben) wurden angeklagt. Für die Großbanken, die im Fall eines exemplarischen Prozesses gegen ihr vermeintliches schwarzes Schaf unweigerlich in Mitleidenschaft gezogen worden wären, begann die Zeit zu arbeiten. Während Abs im I.G. Farben-Prozeß aussagte, konsultierten ihn in Nürnberg amerikanische Finanzspezialisten zu währungstechnischen Sonderproblemen beim Transfer der künftigen ERP-Anleihen. Ende Oktober 1947 gab der amerikanische Hauptankläger schließlich bekannt, »daß auf gerichtliche Verfolgung der Dresdner Bank und der Hermann Göring-Werke verzichtet werde. Führende Persönlichkeiten beider Unternehmen sollten zusammen mit Beamten des Außen- und des Propagandaministeriums in einem >Ministerprozeß< abgeurteilt werden.
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
Eine Anweisung aus Washington, wonach Kriegsverbrecherprozesse bis Weihnachten abzuschließen seien, habe diese Zusammenfassung notwendig gemacht.«357 Von diesen führenden Persönlichkeiten blieb auf der Seite der Dresdner Bank nur Rasche übrig, obwohl die Voruntersuchung auch gegen Carl Goetz und andere Vorstandsmitglieder abgeschlossen war. Rasche (und mit ihm die Dresdner Bank) war nur noch einer von 21 Angeklagten. Die Anklage zum Fall XI wurde am 15. November 1947 eingereicht und am 19. Dezember dem Militärgericht Nr. IV zur Verhandlung übertragen. Einen Tag später wurde Rasche der Greueltaten gegen die Zivilbevölkerung (Anklagepunkt V), des Raubs und der Plünderung (Punkt VI), der Mitverantwortung für Zwangsarbeiterprogramme (Punkt VII) sowie der Mitgliedschaft in verbrecherischen Organisationen (Punkt VIII) bezichtigt und nach seinem Schuldbekenntnis befragt. Rasche erklärte sich für nicht schuldig, wie die anderen Angeklagten aus den Wirtschaftsbehörden und Ministerien auch. Am 7.Januar 1948, mitten in den Vorbereitungen zur Gründung der Bank deutscher Länder und zur separaten Währungsreform, begann die Beweisaufnahme.358 Das Material der Anklage gegen Rasche und die Dresdner Bank war erdrückend. Die umfangreichen Dokumentenbände, die die Beteiligung der Dresdner Bank an »Arisierungen«, Plünderungsaktionen in den besetzten europäischen Ländern und vor allem ihre Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsunternehmen der SS belegten, konnten nicht entkräftet werden. Die Anklage, in der hervorragende Finanzexperten vertreten waren, reichte ergänzende Ausarbeitungen über die Haupttreuhandstelle Ost, die Reichswerke Hermann Göring, die Deutsche Umsiedlungs-Treuhandgesellschaft usw. nach; in allen diesen Schriftsätzen kamen die Funktionen der Dresdner Bank zur Sprache. Vor allem die Beziehungen der Dresdner Bank zu den übrigen Angeklagten aus der Vierjahresplanbehörde, der Reichsbank und den Wirtschaftsministerien wurden herausgearbeitet. Schon nach einigen Kreuzverhören brach die Linie der Verteidigung zusammen. Danach gab es für die Verteidigung nur noch zwei Hilfskonstruktionen: entlastende und abschwächende Zeugenaussagen
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
und eine Flucht in die Frage, ab wann denn und wie überhaupt sich eine expansiv ausgerichtete Wirtschaftspolitik an Straftatbeständen messen lasse. Interessant sind die umfangreichen Entlastungsdokumente, die die Verteidigung einreichte. Sie bestanden mit Ausnahme von etwa 25 Urkunden aus den Akten der Dresdner Bank aus einer Vielzahl eidesstattlicher Erklärungen.259 Die Palette war weit gefächert. Je mehr das Jahr 1948 dem Ende näherrückte, desto häufiger dementierten ehemalige Mitgefangene ihre belastenden Aussagen aus den Jahren 1945/46. Und seit der Proklamation der Truman-Doktrin tauchten auch prominente Fürsprecher aus aller Welt auf. Louis P. Lochner, seinerzeit Mitglied der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer, attestierte, daß sich Rasche in den finsteren Jahren des »Dritten Reichs« allzeit für den friedlichen Wettbewerb zwischen den Völkern engagiert habe.360 Avery Brundage, der Präsident des Olympischen Komitees der USA, schrieb entlastend an Präsident Truman, Rasche sei nur ein Sportsmann gewesen, der Politik und Geschäft immer aus dem hohen Ethos des olympischen Amateursports herausgehalten habe, und ließ der Nürnberger Verteidigung ein Faksimile zusenden.361 Rudolf Speich vom Schweizerischen Bankverein erklärte feierlich, Rasche habe seine Geschäfte immer in den »international üblichen Formen durchgeführt«.362 Selbst Wilhelm Gutmann, neben den Rothschilds Miteigentümer der Berg- und Hüttengewerkschaft Witkowitz, ließ sich im September 1948 zu Gunsten Rasches herbei.363 Es war eine illustre Gesellschaft. Die unterschiedlichsten Kreise wagten bereits wieder für Rasche Partei zu ergreifen: hohe SS-Chargen; Kollaborateure, die zusammen mit den Direktionen der tschechischen Niederlassungen geflohen waren; Professoren der Wirtschaftsraumlehre, die sich inzwischen zu Sozialdemokraten gemausert hatten; aber auch überlebende Opfer des Kapitalhungers der Dresdner Bank. Nach und nach erkannte und nutzte auch die Verteidigung selbst die Zeichen der Zeit. Angesichts der besonders gravierenden Beweislast über das Vorgehen der Dresdner Bank in der Tschechoslowakei focht sie die Erörterung dieses Komple-
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
xes mit der Argumentation an, die Tschechoslowakei sei kampflos erobert worden, und damit entfalle die Zuständigkeit des Gerichts; später schob sie das Argument nach, das Gericht sei nicht zuständig, weil es sich um Gebiete des Deutschen Reichs gehandelt habe.364 Das war ein spezifischer Beitrag der Verteidigung Rasches zu der allgemeinen Verteidigungslinie dieses letzten Nürnberger Prozesses, die These nämlich, daß die internationale Tendenz zum »totalen Krieg« die Bestimmungen der Haager Landkriegsordnung und des Völkerrechts längst außer Kraft gesetzt habe. Immer lautstärker wurde zuletzt argumentiert, daß »der Angriffskrieg in Wirklichkeit gar kein Verbrechen (gewesen) sei«.365 Die Verteidigung bezog sich mit ihrem Hinweis auf die »Wandlungen im letzten Jahr«, auf den Kalten Krieg, wenn sie erklärte, daß ein Staat heute das Recht habe, ohne jede Einschränkung sein eigener Schiedsrichter bei der Entfesselung eines Angriffskriegs zu sein.366 Tatsächlich pflichtete einer der Richter in seinem Minderheitsvotum dieser Auffassung bei.367 Aber die beiden anderen folgten ihm nicht. In den meisten anderen Anklagepunkten freigesprochen, wurde Rasche wegen seiner Beteiligung an den Plünderungen und Raubzügen der Dresdner Bank vor allem in der Tschechoslowakei zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt.368 Rasche wurde vorzeitig aus der Haft entlassen. Dies mag insoweit gerecht sein, als es unangemessen ist, nur die Schakale zu fangen und die Löwen laufenzulassen. Denn manchmal fehlt den Löwen nur die Möglichkeit, sich auch einmal wie ein hungriger Schakal zu verhalten. Am S.Januar 1943 beschied SS-Obergruppenführer Oswald Pohl das Ansinnen des Karl Ritter von Halt, Vorstandsmitglied der Deutschen Bank und Sportsfreund des Karl Rasche, abschlägig, nun auch eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bank Geschäfte mit dem Wirtschafts-Verwaltungshauptamt der SS machen zu lassen. Begründung: »An sich pflegen die der Aufsicht des Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes unterstehenden Unternehmungen stärkere Beziehungen zu einem anderen Bankinstitut, weil das SS-WVHauptamt bei allen möglichen Gelegenheiten von dort aus mehr als prompt bedient worden ist. Es ist gewissermaßen ein
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EINLEITUNG DES BEARBEITERS
Akt der Dankbarkeit, diese Bankverbindung als Hauptbankverbindung bestehen zu lassen. Trotzdem werde ich Ihre Anregung aufgreifen und die Angelegenheit im Auge behalten.«369
ZUR EDI T ION
Die vorliegende Ausgabe entstammt den Akten der amerikanischen Militärregierung (OMGUS), deren Original in den National Archives in Washington lagern. Große Teile dieses Bestands, so auch den vorliegenden Ermittlungsbericht und die dazugehörigen Beweisstücke, gibt es in Mikroform-Reproduktion in westdeutschen Archiven. Unsere Vorlage basiert auf Aktenkopien aus Washington, weil in der MikroformReproduktion einige Seiten fehlen. Auch die Beweisstücke wurden wegen der schlechten Qualität und des Durcheinanders in der Mikroform-Reproduktion den amerikanischen Beständen entnommen. Überall, wo zitiert wird, haben wir die Originalzitate aus den Urkunden übertragen. Die Übersetzung des Texts wurde von Frau Ulrike Bischoff besorgt. Da es sich um einen fertig ausgearbeiteten Text mit durchgehenden Belegen für die zitierten Beweisstücke handelte, konnten wir diese Zitierweise auch in die Übersetzung übernehmen. Die zusätzlich eingefügten Fußnoten verweisen auf Anmerkungen und Ergänzungen des Bearbeiters. Der Text ist anhand der Beweisstücke überprüft. Korrigiert haben wir stillschweigend nur einfache Übertragungsfehler. In einigen Fällen gilt dies auch für die Originalvorlagen selbst, aus denen die Autoren zitiert haben. Wegen der auch in der wissenschaftlichen Literatur der angelsächsischen Länder üblichen zusammenfassenden Zitierweise haben wir in vielen Fällen das Originalzitat erweitert oder vervollständigt. Die vorliegende Ausgabe unterscheidet sich dadurch in diesem Punkt von der Originalvorlage, weil wir einer möglichst exakten Zitierweise aus den Beweisstücken Priorität einräumen wollten. Der Edition wurde auch diesmal wieder zur schnellen Ori-
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EINLEITUNO DES BEARBEITERS
entierung ein Verzeichnis der Beweisstücke beigefugt. Es enthält eine Konkordanzliste, der entnommen werden kann, welche Beweisstücke in den Fall XI der Nürnberger Nachfolgeprozesse eingingen bzw. als Dokumente der Serie NI und NID (Nürnberg Industrialists, Nürnberg Industrialists - Dresdner Bank) existieren. Wir haben vielen Personen und Institutionen zu danken, die uns bei der Vorbereitung dieses Untersuchungsberichts der amerikanischen Militärregierung behilflich gewesen sind: den Archivarinnen und Archivaren der National Archives in Washington, des Bundesarchivs, des Staatsarchivs Nürnberg, der Handschriftenabteilung der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, des Kieler Instituts für Weltwirtschaft sowie des Archivs des Instituts für Zeitgeschichte in München, das uns freundlicherweise auch die nicht aus dem Stenogramm übertragenen Aufzeichnungen des ehemaligen Staatssekretärs Hans Schäffer zur Bankenkrise 193l/ 32 zur Verfügung gestellt hat. Ohne das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte wäre der fristgerechte Abschluß dieses Buches nicht möglich gewesen. Namentlich danken möchte ich der wissenschaftlichen Lektorin unserer Stiftung, Frau Dr. Angelika Ebbinghaus. Sie hat dazu begetragen, auch komplizierte banken- und wirtschaftspolitische Zusammenhänge verständlich darzustellen. Karl Heinz. Roth
Ermittlungen gegen die Dresdner Bank
An den Ermittlungen gegen die Dresdner Bank1 haben folgende Personen mitgearbeitet2: Sidney L. Klepper John Higby Helga Wolski Saul Kagan Jules Schlezinger Wm. Schmeling Henry H.Collins
Irving Saxe Erna Uiberall Norbert Heilpern Paul Brand Renee Brand Emil Lang Patricia Clay
Kapitel I Empfehlungen
Es wird empfohlen: 1. durchgreifende Maßnahmen zu treffen, die geeignet sind, den Dodge-Plan zur Dezentralisierung des Bankwesens in Form eines Viermächtegesetzes zu verwirklichen3; 2. die Dresdner Bank zu liquidieren4 ; 3. die verantwortlichen Mitarbeiter der Dresdner Bank, alle Aufsichtsrats- und Vorstandsmitglieder sowie bestimmte Abteilungs-, Filial- und Zweigstellenleiter anzuklagen und als Kriegsverbrecher vor Gericht zu stellen5 ; 4. die verantwortlichen Mitarbeiter der Dresdner Bank von wichtigen Positionen im politischen und wirtschaftlichen Leben Deutschlands zu entfernen und für die Zukunft davon auszuschließen.
Kapitel II
Zusammenfassung Die Ermittlungen gegen die Dresdner Bank haben ergeben, daß sie eine übermäßige Konzentration wirtschaftlicher Macht darstellt und daß sie an Kriegsverbrechen beteiligt war. In Amerika findet sich keine Entsprechung zur Dresdner Bank, die sich als Universalbank6 sowohl auf dem Gebiet des Handels- und Investmentbankwesens als auch auf dem des Filialbankwesens betätigte. Sie kontrollierte große Aktienpakete anderer Gesellschaften, für die sie das Stimmrecht ausübte, obwohl ihr nur ein geringer Teil davon gehörte. Sie beherrschte den Effektenmarkt und unterhielt praktisch eine eigene Wertpapierbörse innerhalb ihrer Bank. Zwischen ihr und anderen Geldinstituten und Industrieunternehmen bestanden so starke personelle Verflechtungen, daß sie zusammen eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Die Dresdner Bank ist die zweitgrößte Geschäftsbank Deutschlands. Noch 1931-1932 war sie dem Konkurs nur durch zwei finanzielle Sanierungen entgangen7; während des Nazi-Regimes jedoch entwickelte sie sich zu einer hochkonzentrierten Wirtschaftsmacht, deren Anteil an den gesamten Aktiva aller Geschäftsbanken in Deutschland sich auf 14% oder 8,6 Milliarden Reichsmark belief. Allein in den sechs Jahren von 1938—1944 verdreifachten sich die Aktiva der Dresdner Bank, und ihre Einlagen stiegen im gleichen Maß. Die beherrschende Stellung, zu der sie in den zwölf Jahren der NaziHerrschaft aufstieg, resultierte aus ihrer skrupellosen Ausnutzung aller Bereicherungsmöglichkeiten, die das Nazi-Regime ihr bot, zunächst innerhalb Deutschlands, später in allen eroberten Ländern Europas. Die Dresdner Bank stand in enger Verbindung zu den -5-
KAPITEL II
wichtigsten Industrieunternehmen Deutschlands und übte über ganze Schlüsselbereiche des deutschen Wiederaufrüstungsprogramms eine beherrschende finanzielle Kontrolle aus. Welche personellen Verflechtungen und Querverbindungen zwischen der Dresdner Bank und der deutschen Industrie bestanden, zeigt die Tatsache, daß die neun Vorstandsmitglieder der Bank zusammen 195 Sitze in den Aufsichtsräten wichtiger Unternehmen innehatten; Carl Goetz saß zudem in mehr Aufsichtsräten der Schwerindustrie als irgend jemand sonst in Deutschland. Die Dresdner Bank war für die gesamte militärische Flugzeugindustrie in Deutschland von den ersten Anfängen bis in die letzten Kriegsmonate hinein die Hauptemissions- und Hausbank. Von 1934 an leitete sie das Bankenkonsortium zur Finanzierung des ersten Konzerns für synthetische Treibstoffe, Brabag, der die ganze deutsche Braunkohleindustrie umfaßte. 1937 plante sie gemeinsam mit Admiral Raeder vom Oberkommando der deutschen Kriegsmarine die Beschaffung und Tarnung großer Ölreserven in Mexiko und dem Irak, um die Versorgung der deutschen Kriegsmarine im Kriegsfälle sicherzustellen. Sie leitete das Bankenkonsortium, das 1937 das Grundkapital der Hermann Göring-Werke finanzierte, obwohl deren Kreditwürdigkeit allgemein in Zweifel gezogen wurde. Die Gründung dieses Unternehmens, das zum zweitgrößten Stahlproduzenten Deutschlands wurde, diente ausdrücklich dem Zweck, eine ausreichende Versorgung der deutschen Rüstungsindustrie mit Eisenerz zu gewährleisten. Während der Expansionsphase des Unternehmens übernahm die Dresdner Bank als Hausbank der Hermann Göring-Werke unmittelbar nach der Annexion der Tschechoslowakei im Auftrag ihres Klienten die acht größten Kohle-, Stahl-, Werkzeugmaschinen- und Rüstungskonzerne des Landes einschließlich der Skoda Werke. Unter den Kreditinstituten in Deutschland beteiligte sich die Dresdner Bank besonders rege an der Ausbeutung und Ausplünderung der wirtschaftlichen Ressourcen in den eroberten Ländern Europas. Von 1937 bis 1942 stieg die Zahl ihrer Auslandsfilialen auf das Achtfache. Als Ziele ihrer Auslandstätigkeit — integraler Bestandteil der von den Nazis ver-6-
ZUSAMMENFASSUNG
folgten Absicht, Europa zu beherrschen - definierten Göring, Funk und andere fuhrende Nazis: 1. die ökonomischen Ressourcen der eroberten Länder für das deutsche Kriegspotential nutzbar zu machen; 2. die Wirtschaft dieser Länder in die Deutschlands zu integrieren und eine permanente Kontrolle des Industrie-, Handels- und Bankwesens in diesen Ländern einzurichten. In der Tschechoslowakei, Polen, Belgien, Holland und Luxemburg führte die Dresdner Bank diese Richtlinien durch, indem sie zahllose Banken und Industriebetriebe rücksichtslos an sich brachte. Mit ihren Zweigniederlassungen und Filialen bildete sie sowohl in Deutschland als auch in den eroberten Ländern die treibende Kraft zur Zwangs»arisierung« von Unternehmen in jüdischem Besitz. Viele große und kleinere Firmen gingen in ihren Besitz über, nachdem die jüdischen Eigentümer ins Gefängnis oder in Konzentrationslager verschleppt worden waren, wo man sie unter Androhung der Todesstrafe zwang, ihre Geschäftsanteile der Dresdner Bank zu übertragen. Sie nutzte ihre Beziehungen zur Partei und zur SS, um Unternehmen ausfindig zu machen, die sich zur »Arisierung« eigneten, und vermittelte »Käufer«, denen sie die notwendigen Kredite zur Fortführung der Geschäfte garantierte, um dann Gebühren entsprechend dem Wert des vermittelten Objekts zu erheben. Das enorme Wachstum und die Expansion der Dresdner Bank in der Zeit von 1933-1942 waren nur aufgrund der engen Verbindungen möglich, die sie zu Regierung, Partei, SS und ihnen angeschlossenen Organisationen unterhielt. Keine andere große Geschäftsbank in Deutschland war so rückhaltlos in ihrer Politik, ihrem Personal und ihren Praktiken auf den Nationalsozialismus eingeschworen wie die Dresdner Bank. Drei Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrates waren SS-Brigadeführer und sieben gehörten dem berüchtigten Kreis um Himmler und Keppler an. Zu den vier einflußreichsten Persönlichkeiten der Dresdner Bank gehörten SS-Brigadeführer Fritz Kranefuß, SS-Brigadeführer Emil Meyer und SSObersturmbannführer Karl Rasche. In einem Zeitraum von neun Jahren besorgte die Dresdner Bank SS-Organisationen — 7—
KAPITEL II
Kredite in Höhe von mehreren 10 Millionen Reichsmark und ließ dem Himmler-Kreis aus eigenen Mitteln jährlich 50000 Reichsmark für »besondere Zwecke« zukommen.8 Über ihre Filialen und Zweigniederlassungen diente die Dresdner Bank in den Vorkriegsjahren als Stützpunkt zur Verbreitung von Nazi-Propaganda in Südamerika, den Balkanländern und im Nahen Osten, wobei viele ihrer leitenden Angestellten und Mitarbeiter in diesen Ländern fuhrende Rollen übernahmen. Die Dresdner Bank setzte ihre außerordentliche wirtschaftliche Macht in Deutschland und den eroberten Gebieten Europas dazu ein, der Durchführung der kriminellen Absichten des Nazi-Regimes Beihilfe zu leisten. Sie handelte als Komplize bei der Ausführung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen den Frieden und die Menschlichkeit. Die direkte Verantwortung für diese Verbrechen liegt bei den Vorstandsmitgliedern der Dresdner Bank, die sie anordneten, bei den Mitgliedern des Aufsichtsrates, die sie billigten und sich daran beteiligten, und bei den leitenden Mitarbeitern, die sie ausführten.
Kapitel III Die Entwicklung der Dresdner Bank zur Großbank
Die Dresdner Bank ist die zweitgrößte Bank Deutschlands, eine Position, die sie durch Übernahme kleinerer Banken in Deutschland und durch Expansion im Ausland erreichte. Die Dresdner Bank wurde am 12. November 1872 in Dresden mit einem Grundkapital von 24 Millionen Reichsmark gegründet.9 Bis 1945 war das Firmenkapital einschließlich nicht ausgeschütteter Gewinne auf 190 Millionen Reichsmark angewachsen. 1884 verlegte die Bank ihre Zentrale nach Berlin, in die Hauptstadt des imperialistischen Deutschland. Ende des 19. Jahrhunderts besaß sie Filialen in Hamburg und Bremen und hatte damit den Grundstein zu einer Expansion gelegt, die sie zu einem der Finanzpotentaten im Deutschland des »Dritten Reichs« machen sollte. In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg (1900-1914) hielt sie mit dem Wachstum der deutschen Industrie Schritt und dehnte ihre Geschäfte, dem Imperialismus des Kaisers folgend, auf das Gebiet der internationalen Finanz aus. Die Dresdner Bank übernahm eine führende Rolle bei der Gründung der Deutschen Orientbank und der Deutsch-Südamerikanischen Bank im Jahre 1906. Sie nahm Verbindungen zu wichtigen Banken in anderen Ländern auf wie der Morgan Bank in New York und der Banque de Paris et des Pays-Bas. Der Erste Weltkrieg und die nachfolgende Inflation brachten die Bank in eine schwierige Lage, aus der sie nicht wieder zu der konjunkturellen Blüte zurückfand, deren sie sich im imperialistischen Deutschland erfreut hatte10; und die 1929 einsetzende internationale Finanzkrise erschütterte ihre Stabilität ebenso wie die der anderen Bankhäuser. 1931 erreichte die Bankenkrise in Deutschland ihren Höhepunkt; der Staat mußte eingreifen.11 Von diesem Zeitpunkt bis zur »Reprivati-9-
KAPITEL III
sierung« der größeren Banken im Jahr 1937 gehörten 90% des Aktienkapitals der Dresdner Bank dem Deutschen Reich.' 2 Ihre zweite Expansionsphase begann, als sie mit staatlicher Genehmigung das viertgrößte Kreditinstitut Deutschlands, die kurz vor dem Zusammenbruch stehende Darmstädter Bank, übernahm. Nach dem Zusammenschluß besaß sie ein Kapital von 150 Millionen Reichsmark, 332 Filialen, Einlagen in Höhe von 2,175 Millionen Reichsmark und die Unterstützung des Staates. Sie war nun stark genug, unter den Nazis eine fuhrende Rolle bei der Finanzierung der Aufrüstung Deutschlands für den Krieg zu übernehmen. Seit ihrer Gründung gehörte es zur Geschäftspolitik der Dresdner Bank, Regionalbanken und kleine lokale Banken, die bei der örtlichen Industrie ein hohes Ansehen genossen, unter ihre Kontrolle zu bringen - eine Firmenpolitik, die wesentlich dazu beitrug, daß sie ihren Einfluß in der deutschen Wirtschaft vergrößern und ihren Wirkungsbereich auf ganz Deutschland ausdehnen konnte. Selbst bei oberflächlicher Betrachtung der Liste von Privatund Regionalbanken, die die Dresdner Bank im Laufe ihrer Geschichte erwarb13, ist das Ziel dieses Vorgehens klar zu erkennen (Beweisstück 1). In ihrem Bestreben, den Einfluß der Bank zu vergrößern, gab sich die Geschäftsleitung nicht damit zufrieden, mehr als 22 Banken - zum Teil mit mehreren Filialen -, die strategisch günstig übers Land verteilt waren, zu übernehmen. Sie ging einen Schritt weiter, indem sie Mehrheitsanteile an mehreren »unabhängigen« Kreditinstituten aufkaufte und hielt (Beweisstück 2). Die Oldenburgische Landesbank mit 28 Filialen in Nordwestdeutschland ist eines dieser »unabhängigen« Häuser, die die Dresdner Bank kontrollierte. Aber auch hierbei blieb sie in Verfolgung ihrer Absicht, in die deutsche Finanzwelt einzudringen, nicht stehen. Sie wandte sich den Privatbanken wie Merck, Finck & Co., Pferdmenges & Co. und den Hypothekenbanken zu, um sich deren Aktiva und Geschäftsverbindungen nutzbar zu machen und den eigenen Einfluß zu stärken.14 Die Bindungen zwischen ihr und den kleineren und Spezialbanken lassen sich deutlich an der beachtlichen Zahl von -10-
DIE ENTWICKLUNG ZUR
GROSSBANK
Bankiers festmachen, die Hypotheken- und Privatbanken im Aufsichtsrat der Dresdner Bank vertraten. Die prominentesten unter ihnen waren Robert Pferdmenges (von der »arisierten« Bank Pferdmenges & Co., vormals Oppenheim & Co.)15, Josef Wichen (im Vorstand der Deutschen Centralbodenkredit AG, größte deutsche Hypothekenbank)16 und Otto Kämper (im Vorstand von vier Hypothekenbanken).17 Die breite Streuung ihres Einflusses auf Regional-, Spezialund Privatbanken erwies sich für die Dresdner Bank als großer Vorteil bei der Gründung der Emissionskonsortien18, die den gewaltigen Kapitalbedarf der expandierenden Rüstungsindustrie deckten. Während sie so ihre heimischen Angelegenheiten regelte, vernachlässigte sie jedoch keineswegs den Auslandsbereich und vermehrte beständig die Zahl ihrer Auslandsfilialen, denen sie 1929 und 1930 die Societatea Bancara in Bukarest und die Bank für Handel und Gewerbe in Danzig hinzufügte. Mit der Machtübernahme der Nazis beschleunigte sich die Expansion der Dresdner Bank, deren Auslandstätigkeit nun als fester Bestandteil in den nationalsozialistischen Plan zur Beherrschung Europas integriert wurde. Das erste kleinere Land, das sich Hitler-Deutschland einzuverleiben gedachte, war Osterreich. Die intensiven Vorbereitungen und sorgfältigen Planungen mündeten schließlich in den Anschluß Österreichs am l I.März 1938. Nachdem die Dresdner Bank dazu beigetragen hatte, mit den Nazis den Militärapparat aufzubauen, der solche Pläne erst möglich machte, mußte sie ihre Rolle weiterspielen. Als einziger Anteilseigner der Mercurbank in Wien sollte sie ihren Einfluß im Sinne der wirtschaftlichen Integration geltend machen, die der politischen folgen sollte. Damit machte sie sich zum Komplizen der Nazi-Verschwörung gegen Österreich. Die Korrespondenz zwischen Wilhelm Keppler, Hauptwirtschaftsberater Hitlers19, und Carl Goetz20, Aufsichtsratsvorsitzender der Dresdner Bank, zeigt eindeutig, welche Rolle ihr bei den Vorbereitungen auf die Machtübernahme in Österreich zugedacht war. In einem Brief vom 13. Juli 1937 schreibt Keppler: »Vergangene Woche war ich zu politischen Verhandlungen -11-
KAPITEL III
in Wien und habe gestern auf der Rückkehr mit dem Führer über die österreichischen Verhältnisse ausführlich gesprochen. Die Sprache kam hierbei auch auf die wirtschaftlichen Stützpunkte, die Deutschland in Österreich hat. — Der Führer vertrat eindeutig den Standpunkt, daß wir diese Stützpunkte, insbesondere die Merkurbank, unbedingt halten und ausbauen müssen und daß es in diesem Zusammenhange unbedingt erforderlich ist, nunmehr die Arisierung der Merkurbank durchzuführen, da sonst das gewünschte Ziel keineswegs erreicht werden könnte. Es ist mir sehr darum zu tun, diesem Wunsch des Führers baldigst zu entsprechen, und ich wäre dankbar, wenn Sie einen Herrn Ihres Institutes bestimmen würden, der zu diesem Zweck sich mit meinem Büro ins Benehmen setzt. Heil Hitler Ihr sehr ergebener gez. Keppler.« (Beweisstück 3) Am nächsten Tag, dem 14.Juli 1937, brachte Carl Goetz sein Verständnis für die Notwendigkeit einer »Arisierung« der Mercurbank 21 als Schritt zur Verwirklichung der Ziele des Führers in Osterreich zum Ausdruck: »Über das wünschenswerte Ziel der Arisierung der Mercurbank und Behauptung des in ihr verkörperten deutschen Stützpunktes besteht, glaube ich, an keiner Stelle unserer Bank irgend ein Zweifel. Es hat sich bisher bei den Besprechungen über die bei der zwangsweisen Übernahme durch die Dresdner Bank im Jahre 1932 vorgefundene scheußliche Konstruktion des Wiener Institutes immer nur darum gehandelt, einen Weg zu finden, der die auf der Personenfrage und der überwiegend jüdischen Kundschaft beruhende Gefahr einer Bereinigung möglichst mildert. Nachdem aus Ihrem Schreiben hervorgeht, daß der Führer nach Ihrem eingehenden Vortrag, wobei Sie, wie ich als selbstverständlich annehme, auch auf die von uns gesehenen Gefahren hingewiesen haben werden, die Entscheidung gefällt hat, daß die Arisierung zwecks Ausbaues des in der Mercurbank verkörperten deutschen Stützpunktes beschleunigt durchgeführt werden soll, müssen wir neue Wege zur raschen Erreichung dieses Zieles suchen. -12-
DIE ENTWICKLUNG ZUR GROSSBANK
Ihrem Wunsche entsprechend habe ich die beiden ab Montag in Berlin anwesenden Vorstandsmitglieder, Herrn Prof. Dr. Dr. Meyer und Herrn Dr. Rasche, gebeten, sich für die von Ihnen gewünschte Besprechung zur Verfügung zu halten und sich zu diesem Zweck raschest mit Ihrem Büro in Verbindung zu setzen. Die Sachbearbeiter sind in Berlin anwesend und die schriftliche Darlegung der seit der Übernahme 1932 ergriffenen Maßnahmen steht den beiden Herren zur Verfügung. Heil Hitler! Ihr sehr ergebener gez. Carl Goetz« (Beweisstück 4) Als „der Tag" kam, ging die Dresdner Bank daran, ihren Stützpunkt in Osterreich zum Hauptinstrument ihres Vordringens in Ost- und Südosteuropa auszubauen: aus dem Zusammenschluß der Mercurbank mit den österreichischen Filialen der Banque des Pays de l'Europe Centrale und denen der Zivnostenska Bank in Prag entstand die Länderbank Wien.22 Gleichzeitig mit der Übernahme der österreichischen Filialen von der Banque des Pays (Länderbank) schloß sie diese für 25 Jahre von jeder Einflußnahme auf Österreich und Deutschland aus. In dem Vertrag, der diese Transaktion besiegelte, heißt es: »1. Die >Länderbank< Paris gibt ihre Wiener Niederlassung, ihre österreichischen Zweigniederlassungen und Exposituren, nachstehend »Länderbank Wien« genannt, im Lande Österreich auf und wird auch künftig im Lande Österreich oder sonst in Deutschland während der nächsten 25 Jahre keine Niederlassungen errichten.« (Beweisstück 5) Sechs Monate später war die Dresdner Bank zur Stelle, um die Beute aus der Annexion des Sudetenlandes einzustreichen.23 Sie übernahm 32 Filialen der Böhmischen EscompteBank im Sudentenland und 4 Filialen der Zivnostenska Bank. Dieser Eingriff schwächte die Escompte-Bank in einem solchen Maße (Verlust von 32 ihrer insgesamt 38 Filialen), daß ihr späterer Übergang an die Dresdner Bank von vorneherein feststand. Die Besetzung der Tschechoslowakei im März 1939 besiegelte dann formal diese Übernahme. (Siehe: »Die Dresdner Bank in der Tschechoslowakei«.) -13-
KAPITEL III
Die militärische Invasion Polens und die Nazifizierung unter dem Generalgouvernement bildeten das Vorspiel zur späteren Invasion durch die Dresdner Bank. Bis Ende 1939 hatte sie in sieben Großstädten Filialen eröffnet und bis 1940 zwei Banken speziell für Polen gegründet — die Ostbank, Posen, und die Kommerzialbank, Krakau, die zunächst unter der Kontrolle der Länderbank Wien stand; 1940 übernahm die Dresdner Bank jedoch auch dieses Kreditinstitut, um die gesamte Geschäftstätigkeit in Polen zu koordinieren.24 (Siehe: »Die Dresdner Bank in Polen«.) Am 12. Oktober 1939, weniger als einen Monat nach dem Blitzkrieg in Polen, beendete Emil Meyer, SS-Mann und Mitglied des Vorstands 25 , einen Polenbesuch, der der Aufnahme von Geschäften in diesem Land diente. Er schrieb: »Ich möchte daher die Gelegenheit benutzen um Ihnen (Oscar R. Henschel26, Henschel Flugzeugwerke AG [Zusatz im Untersuchungsbericht]) mitzuteilen, daß mein Institut in Krakau mit Zustimmung der deutschen Zivilverwaltung ein Bankinstitut aufgemacht hat, das auch schon im Zusammenwirken mit der Reichskreditkasse in Tätigkeit getreten ist. Ich würde mich freuen, wenn sich auch in dem dortigen Bezirk eine Zusammenarbeit mit Ihnen ergeben würde.« (Beweisstück 6) Nur zu gerne nahm die Bank die Möglichkeiten wahr, die sich ihr durch die Eroberungen im Westen erschlossen.27 Ab Mai 1940 eröffnete sie Filialen in Eupen, Metz, Straßburg und anderen Städten in den besetzten Gebieten. Der Reichtum Belgiens, Hollands und Luxemburgs wurde zum Gegenstand eines heftigen Ringens unter den Banken, das die Vermittlung Schachts erforderlich machte. Carl Goetz beschreibt in einer Aktennotiz für Schacht28 den Kampf zwischen der Deutschen Bank und der Dresdner Bank um die Vorherrschaft in Belgien: »Im Mai ds.Js. (1940) während des deutschen Vormarsches in Holland und Belgien habe ich anläßlich einer Besprechung bei Herrn Minister Funk Gelegenheit gehabt, ihn darauf aufmerksam zu machen, daß ich dank meines zehnjährigen Aufenthaltes in Belgien vor dem Weltkriege und dank zahlreicher Besuche bei den belgischen Korre-14-
DIE ENTWICKLUNG ZUR
OROSSBANK
spondenten sowohl der Commerzbank (bis 1931) als der Dresdner Bank (seit 1931) über sehr ausgedehnte Personenkenntnisse in Belgien verfuge ... Ich stände zu seiner Verfügung, wenn ich ihm, besonders in der ersten Zeit nach der Besetzung von Brüssel und Antwerpen, dienlich und nützlich sein könnte ... Als einige Zeit später seitens der Bank-Abteilung des Wirtschaftsministeriums und des Präsidenten des Aufsichtsamts die Frage an mich gestellt worden ist, mit welchen Banken wir (Dresdner Bank) in Belgien arbeiteten, habe ich geäußert, daß dies die Societe Generale und die Banque de Bruxelles seien, zu beiden Banken hätte ich außerdem noch gute persönliche Beziehungen. Nach der Besetzung Brüssels haben wir durch die Übernahme der Eupener und Malmedyer Niederlassung der Societe Generale de Belgique Gelegenheit gehabt, des öfteren mit den leitenden Herren der Bank... zusammen zu treffen. (...) Im Laufe einer etwas späteren Unterhaltung mit Herrn Dr. Riehle im Wirtschaftsministerium wurde uns der Wunsch bekannt gegeben, daß die deutschen Banken möglichst rasch zur Erzielung einer engen wirtschaftlichen Verflechtung zwischen beiden Ländern ihre eigenen Beziehungen zu den belgischen Korrespondenten ausbauen und so eng wie möglich gestalten sollten. Ich habe dabei die Bitte geäußert, daß das Ministerium verhüten möge, daß die beiden großen Institute (Deutsche Bank und Dresdner Bank) gleichzeitig an dieselben Banken herantreten und daß die die Besprechung führenden Herren der deutschen Banken sich gewissermaßen gegenseitig im Besuchszimmer ablösen. Ich habe darauf hingewiesen, daß ein solches Nebeneinanderherlaufen für die deutsche Gesamtposition schädlich und des deutschen Bankwesens wenig würdig sei. Die Diskussion ergab, daß man dies vielleicht durch eine Art Vorhand für die ersten Verhandlungen erreichen könnte, in dem Sinne, daß eines der Institute in Holland und das andere in Belgien die erste Wahl treffen und die Verhandlungen fuhren sollte.« (Beweisstück 7) Nachdem diese Auseinandersetzung geregelt war29, errich-15-
KAPITEL III
tete die Dresdner Bank in Belgien eine Stützpunktniederlassung, die Continentale Bank.30 In Holland unterhielt sie lediglich eine Effektenbank, die Handelstrust West. (Siehe: »Die Dresdner Bank in den Niederlanden« und »Die Dresdner Bank in Belgien«.) Zur gleichen Zeit übernahm sie in Luxemburg die Internationale Bank von der Banque de Bruxelles und der Banque de l'Union Parisienne und baute damit ihre frühere Minderheitsbeteiligung zur vollständigen Kontrolle aus.31 Die Besetzung der Balkanländer durch Deutschland brachte der Dresdner Bank die Kroatische Landesbank und verstärkte Kontrolle über die Societatea Bancara Romana ^2
ein." Sie dehnte ihren Einflußbereich bis nach Griechenland aus, wo sie die Griechisch-Deutsche Finanzierungs-AG gründete und ein Arbeitsabkommen mit der Banque d'Athenes schloß. In Bulgarien und Ungarn erwarb sie ansehnliche Beteiligungen an der Bulgarischen Handelsbank Sofia und der Ungarischen Allgemeinen Kreditbank, die vorher in französischer Hand war. Aus der Korrespondenz der Dresdner Bank mit dem Reichswirtschaftsministerium geht hervor, daß die Franzosen den Kaufpreis für diese Anteile selbst zahlen mußten, und zwar über das berüchtigte Verrechnungskonto Nr. 1006 bei der Reichskreditkasse, über das Kapitaltransfers aus besetzten Ländern abgewickelt wurden.33 In den besetzten Gebieten Rußlands und der baltischen Staaten arbeitete eine Filiale der Dresdner Bank, die anfangs Ostland Bank hieß, später in Handels- und Kreditbank Riga umbenannt wurde. Vor dem deutsch-russischen Krieg hatte sich die Dresdner Bank in den baltischen Ländern, einem Auftrag der deutschen Regierung folgend, »auf ausdrücklichen Wunsch Ihres Ministeriums (Reichswirtschaftsministerium) unmittelbar vor der Besetzung Estlands durch die Sowjetunion trotz des großen Risikos, dessen wir uns schon damals bewußt waren, bereitgefunden ..., eine Beteiligung an der Dorpater Bank in Reval zu übernehmen.« (Beweisstück 7 A) Sie wurde dafür belohnt und erhielt in Estland, Lettland -16-
DIE ENTWICKLUNG ZUR GROSSBANK
und Litauen einen fast monopolistischen Status im Bankwesen. Innerhalb von fünf Jahren (1937-1942) erhöhte die Dresdner Bank die Zahl ihrer Auslandsfilialen auf das Achtfache.34 Dieser enorme Zuwachs resultierte weitgehend aus ihrer Kooperation mit der militärischen und politischen Aggressionspolitik Nazi-Deutschlands. Sie bildete die finanzielle Speerspitze bei Hitlers Vorbereitungen auf seine Eroberungsfeldzüge und erhielt als Gegenleistung ihren Anteil an der europäischen Beute. Die Expansion der Dresdner Bank in Deutschland und im Ausland ist den beigefügten Schaubildern (Beweisstücke 8 u. 9) zu entnehmen, die den Stand von 1933 und 1941 wiedergeben. Wie weit sie geographisch in die besetzten Gebiete Europas vordrang, zeigt die Europakarte mit dem erläuternden Kommentar (Beweisstücke 10 und 11). Das phänomenale Wachstum der Dresdner Bank unter der für sie günstigen Atmosphäre Hitler'scher Aggression und Rassenverfolgung belegen die Statistiken.35 Analysiert man die Zuwachsraten der Aktiva, der Firmenund Spareinlagen und der Anzahl der Filialen und Beschäftigten, so zeigt sich, welch ungeheure Entwicklung dieses kleine Bankhaus genommen hat, das in den frühen Gründerjahren in Dresden eröffnet wurde. In einem Zeitraum von sechs Jahren (1938-1944) verdreifachten sich die Aktiva von 2,785 Millionen Reichsmark im Jahre 1938 auf 8,613 Millionen Reichsmark im Jahr 1944; das entspricht etwa einem Sechstel der Gesamtaktiva aller Geschäftsbanken Deutschlands im selben Jahr. Einen entsprechenden Zuwachs zeigen auch die Gesamteinlagen der Dresdner Bank für diesen Zeitraum. Von 2,034 Millionen Reichsmark im Jahr 1938 stiegen sie auf 6,176 Millionen Reichsmark im Jahr 1944, das entspricht einer Steigerung von 300%. Über die Spareinlagen liegen nur unvollständige Zahlen vor, aus denen sich für den gleichen Zeitraum eine Zunahme auf das Siebenfache ergibt. Beweisstück 12 enthält Angaben über den gewaltigen Zuwachs der Geldmittel, die die Bank zur Finanzierung des deutschen Angriffskriegs verfügbar machen konnte. -17-
KAPITEL III
Die Gesellschaft, die diese Vermögenswerte anhäufen konnte, bestand aus einem ausgedehnten Netz von Filialen und Zweigstellen, die sich über ganz Deutschland verteilten. 1933 besaß sie 332 Filialen, 1941 waren es 368, und dies trotz der Auflage, daß nicht kriegswichtige Arbeiten einzustellen waren - ein bezeichnender Hinweis auf die Bedeutung, die die Nazi-Behörden der Geschäftstätigkeit der Dresdner Bank beimaßen. Als man nach Stalingrad Deutschland rigoros nach jedem verfügbaren Mann durchkämmte, schloß die Bank einige Filialen und senkte deren Zahl bis 1943 auf 307. Das Diagramm in Beweisstück 13 gibt den Stand der Aktiva, Depositen, Spareinlagen und Filialen für die Jahre 1933-1944 wieder. Die Zahl der Beschäftigten bei der Dresdner Bank stieg von 11 157 im Jahr 1933 auf 13 700 im Jahr 1943, wobei die Zahlen für die Kriegsjahre viele Soldaten mit einschließen, da sie weiterhin in den Personallisten geführt wurden. Beweisstück 14 enthält die Beschäftigtenzahlen der Dresdner Bank für die Jahre 1933-1944. Die Daten in den aufgeführten Tabellen und Diagrammen wurden aus offiziellen Statistiken der Dresdner Bank und aus Teilakten zusammengestellt, die Mitarbeiter der heutigen Belegschaft rekonstruiert haben.36 Der Zuwachs der Aktiva und Depositen und die steigende Zahl der Filialen und Beschäftigten spiegeln den Machtzuwachs der Bank wider, der sie in die Lage versetzte, den Nazi-Staat bei der Durchführung seiner finanziellen Ziele in Deutschland und Europa zu unterstützen. Die Geschichte und die statistischen Wachstumsdaten der Dresdner Bank unterstreichen die Tatsache, daß hier eine Konzentration finanzieller Macht vorlag. Das Nervenzentrum dieser unermeßlichen Ressourcen lag in Berlin, der Hauptstadt des nationalsozialistischen Deutschland. Die neun Vorstandsmitglieder, für die Regierung leicht zu erreichen, konnten auf der Stelle eine gewaltige Wirtschaftsmacht für jedes beliebige Projekt mobilisieren. Die Geschichte der Aktivitäten der Dresdner Bank, die dieser Bericht in den nachfolgenden Kapiteln beschreibt, unterstreicht allenthalben nachdrücklich, wie bedeutsam diese Tatsache für das nationalsozialistische Deutschland gewesen ist. Wo auch immer die Haken-18-
DIE ENTWICKLUNG ZUR GROSSBANK
kreuzfahne wehte, fand man die Dresdner Bank. 37 Wo immer Nazi-Ziele verfolgt wurden, bot die Dresdner Bank Rat und Unterstützung an. Die Nazis fanden in dieser riesigen Schlüsselinstitution ein Instrument vor, das auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten war, und machten von seinen Möglichkeiten umfassenden Gebrauch.
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Kapitel IV Organisation der Dresdner Bank
Die allgemeine Struktur der Dresdner Bank 38 entsprach der gesetzlichen Regelung in Deutschland; innerhalb dieses Rahmens machten jedoch die umfassenden und komplexen Geldgeschäfte, die sie abwickelte, eine gewisse Aufgabenteilung erforderlich. Die Hauptversammlung: Das deutsche Aktiengesetz sieht einmal im Jahr eine Hauptversammlung der Aktionäre vor. Die Aufgaben dieser Versammlung waren begrenzt und beschränkten sich gewöhnlich auf die Annahme des Jahresberichts, auf Satzungsänderungen und auf die Wahl eines Fünftels der Aufsichtsratsmitglieder. Der Aufsichtsrat: Der Aufsichtsrat war das Gremium, über das die Aktionäre die Geschäftspolitik der Bank kontrollieren konnten. Er kam etwa zweimal im Jahr zusammen; seine Hauptaufgaben waren die Berufung und Überwachung des Vorstandes und die Feststellung der Zwischenbilanzen. Da ihm das Recht zur Bestellung und Abberufung des Vorstands zukam, war er auch für dessen Tätigkeit verantwortlich. Ein Aufsichtsratsmitglied konnte jederzeit durch Mitteilung an den Aufsichtsratsvorsitzenden oder den Vorstand von seinem Amt zurücktreten ( § 1 2 der Geschäftsordnung der Dresdner Bank, Beweisstück 15). Der Vorsitzende des Aufsichtsrats und sein Stellvertreter hielten sich über das tägliche Bankgeschäft auf dem laufenden und wurden bei größeren Transaktionen vom Vorstand zu Rate gezogen. Vorsitzender des Aufsichtsrats und des Arbeitsausschusses war seit 1936, als er vom Vorstand in diese Position hinüberwechselte, Carl Goetz, die Schlüsselfigur der Bank. Er genoß eine Sonderstellung und besaß außerordentliche Entscheidungsbefugnisse, rechtlich abgesichert durch den Vertrag, den er am 18. April 1936 vor Amtsantritt mit dem Aufsichtsrat abschloß: -21-
KAPITEL IV
»Darüber hinaus ist Herr Carl Goetz verpflichtet, seine volle Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft zu stellen. Er hat die gesamte Geschäftsführung des Vorstandes der Dresdner Bank laufend zu überwachen, die geschäftlichen Beziehungen mit der Kundschaft der Dresdner Bank zu pflegen und die für die Geschäftsführung des Vorstandes vorgesehenen Richtlinien... zu erteilen.« (Beweisstück 16) Der Aufsichtsrat setzte sich aus Vertretern der wichtigsten Bankkunden zusammen: dazu gehörten führende Industrielle, prominente Persönlichkeiten des politischen Lebens und andere, zu denen die Bank ein enges, freundschaftliches Verhältnis pflegen wollte. Obschon das deutsche Aktiengesetz den Aufsichtsrat auf 20 Mitglieder beschränkte, bestand er bei der Dresdner Bank mit Sondergenehmigung des Wirtschafts- und des Justizministeriums ständig aus 25 und mehr Mitgliedern. Der Arbeitsausschuß: Dieser kleine Ausschuß wurde aus Mitgliedern des Aufsichtsrats gebildet und führte die laufende Überwachung der Geschäftsleitung durch, die dem Gesamtaufsichtsrat nicht möglich war. Er kam einmal im Monat zusammen und nahm die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats zwischen den Sitzungen wahr. Er erörterte die Vergabe größerer Kredite sowie die Umsetzung der vom Aufsichtsrat allgemein festgelegten Geschäftspolitik in konkreten Situationen. Der Arbeitsausschuß traf sich normalerweise mit dem Vorstand zur Beratung und hielt sich über die Geschäftsvorgänge auf dem laufenden. Kredite über 2 Millionen Reichsmark bedurften seiner vorherigen Zustimmung, desgleichen die Einstellung leitender Angestellter in der Berliner Zentrale und den Hauptfilialen sowie größere Beteiligungen an anderen Banken und Industrieunternehmen, Zusammenschlüsse, Effektenemissionen, Affiliationen und so weiter (Beweisstück 17). Der Vorstand: Als Geschäftsleitung trug der Vorstand die Verantwortung für alle Unternehmungen der Bank. Ihm oblag gemeinsam mit Carl Goetz, dem Aufsichtsratsvorsitzenden, die Überwachung der täglichen Geschäftsabläufe. Die Tabelle Beweisstück 18 gibt eine Übersicht über die Aufsichtsrats- und Vorstandsmitglieder der Jahre 1932-1945 und ihre Hauptverbindungen zu Industrie und Regierung. -22-
ORGANISATION
Im Unterschied zu amerikanischen Banken war die Dresdner Bank ein Vertikalkonzern, dessen Tätigkeit den gesamten Finanzbereich abdeckte. Als Universalbank bot sie alle Leistungen des Handels- und Investmentbankwesens, die die deutsche Industrie brauchte. Sie besaß Zweigstellen in ganz Deutschland und zahlreiche Auslandsfilialen, die alle unter Leitung der Berliner Zentrale standen. Aus Verwaltungsgründen waren die Tätigkeitsbereiche der Bank auf 14 Abteilungen aufgeteilt. Jedes Vorstandsmitglied zeichnete für eine oder mehrere der folgenden Abteilungen verantwortlich: Konsorttal-Abteilung: Ihre Aufgabe war die Zeichnung großer Industrieanleihen und -kredite, für die mehrere Kreditinstitute gemeinsam das Risiko trugen. Börse: Sie wickelte sowohl auf eigene wie auch auf Rechnung ihrer Kunden an den verschiedenen Börsen den Wertpapierhandel ab. Kreditabteilung Flugzeugindustrie: Die Kredite für die Flugzeugindustrie wurden von einer eigenen, größeren Abteilung bearbeitet. Als größter privater Finanzier der deutschen Flugzeugindustrie während ihrer Aufbauphase hatte die Dresdner Bank diese Abteilung kurz nach der Machtergreifung der Nazis eingerichtet. Liquiditätsreserve: Sie bearbeitete Handelswechsel und Wertpapiere, die bei der Reichsbank rediskontfähig waren. Auslands-Abteilung: Sie war zuständig für Devisen, Außenhandel und Formalitäten, die die deutsche Devisenbewirtschaftung vorschrieb. Vorstands-Sekretariat (Affiliationen): Zuständig für alle Kreditinstitute im In- und Ausland, an denen sie beteiligt war oder mit denen sie Arbeitsabkommen unterhielt. Hauptabteilung Berlin Filialen Berlin: Die 97 Zweigstellen in Berlin erforderten eine größere Abteilung (Beweisstück 19). Filial-Büro: Zusätzlich zu dieser Abteilung waren die deutschen Filialen in 11 Regionen aufgeteilt, die jeweils einem Vorstandsmitglied unterstanden. Organisations-Abteilung: Ihr unterstand die interne Organisation, Versorgung und Verwaltung. -23-
KAPITEL IV
Haupt-Buchhaltung Revision*-Abteilung: Sie prüfte die Bücher sowohl der Zentrale als auch aller Filialen. Juristisches Büro Personal-Abteilung Die Bank unterhielt über ihre Zweigstellen und Filialen Geschäftsbeziehungen zu folgenden Ländern, die wiederum jeweils einem Vorstandsmitglied zugeteilt waren: Saargebiet Protektorat Böhmen Bulgarien Lothringen und Mähren Griechenland Polen Österreich Türkei Slowakei Baltische Staaten Ägypten Kroatien Schweden Italien Serbien Finnland Schweiz Sudetenland Westliche Hemisphäre Frankreich Elsaß Spanien Albanien Holland England Ungarn Belgien Ferner Osten Dänemark Luxemburg Rumänien Norwegen Der Vorstand der Dresdner Bank bestand aus neun Mitgliedern, die alle nach der Machtergreifung der Nazis 1933 in dieses Amt berufen wurden. Sie regelten untereinander die Verteilung der Verantwortungsbereiche und der 14 Abteilungen und 43 geographischen Regionen, in denen die Dresdner Bank sich aktiv betätigte. Aus dieser Zuweisung der Tätigkeitsbereiche sowohl nach Aufgaben als auch nach geographischen Gebieten ergab sich eine Überschneidung der Zuständigkeiten bei den Vorstandsmitgliedern. Nachfolgend sind die neun Mitglieder des letzten Vorstandes der Dresdner Bank aufgeführt sowie das Jahr ihrer Berufung in dieses Amt und die Abteilungen und Gebiete, für die sie zuständig waren: Alfred Busch39: Vorstandsmitglied seit 1935 (stellvertretendes Mitglied seit 1933) Zuständig für: Abteilungen: Konsortial-Abteilung Filial-Büro (Mitdirektor) -24-
ORGANISATION
Gebiete in Deutschland: Sachsen Mitteldeutschland Gebiete im Ausland: Westliche Hemisphäre England Spanien Alfred Hölling^: Vorstandsmitglied seit 1941 (stellvertretendes Mitglied seit 1937) Zuständig für:
Abteilungen: Hauptabteilung Berlin Filial-Büro (Mitdirektor) Filialen Berlin Gebiete in Deutschland: Hamburg Ostde utschland CarlLüer*1: Vorstandsmitglied seit 1937 Zuständig für:
Abteilungen: Keine Gebiete in Deutschland: Südwestdeutschland Gebiete im Ausland: Saargebiet Lothringen Emil MeyerK:
Vorstandsmitglied seit 1935 (stellvertretendes Mitglied seit 1933) Zuständig für: Abteilungen: Luftfahrtkredite Juristisches Büro Vorstands-Sekretariat (Affiliationen) Auslands-Abteilung (seit April 1944) Keine Gebiete in Deutschland: Polen (Ostbank, Posen, und Gebiete im Ausland: Kommerzialbank, Krakau) Slowakei (Creditbank, Preßburg) Kroatien (Kroatische Landesbank, Zagreb) Serbien (Südbank, Belgrad) -25-
KAPITEL IV 3
Gustav Overbeck* : Vorstandsmitglied seit 1941 (stellvertretendes Mitglied seit 1937) Zuständig für: Abteilungen: Organisations-Abteilung Haupt-Buchhaltung Revisions-Abteilung Filial-Büro (Mitdirektor) Gebiete in Deutschland: Schlesien Gebiete im Ausland: Sudentenland Hans Pilder": Vorstandsmitglied seit 1941 (stellvertretendes Mitglied seit 1933) Zuständig für: Abteilungen: Auslands-Abteilung Gebiete in Deutschland: Keine Gebiete im Ausland: Norwegen Ungarn Albanien Dänemark Elsaß Rumänien Frankreich Schweiz Italien Ägypten Bulgarien Griechenland Türkei Karl Rasche*5: Vorstandsmitglied seit 1935 (stellvertretendes Mitglied seit 1933) Zuständig für: Abteilungen: Vorstands-Sekretariat (Affiliationen, gemeinsam mit Emil Meyer) Filial-Büro (mit Overbeck und Hölling) Gebiete in Deutschland: Westdeutschland Nordwestdeutschland -26-
ORGANISATION
Gebiete im Ausland:
Holland (Handelstrust West, Amsterdam) Belgien (Contibank, Brüssel) Luxemburg(InternationaleBank) Protektorat Böhmen und Mähren (BEB, Prag) Österreich (Länderbank, Wien) Baltische Staaten (Handels-Kreditbank, Riga) Schweden Finnland
Hans Schippel46:
Vorstandsmitglied seit 1933 Zuständig für:
Abteilungen: Personal-Abteilung Gebiete in Deutschland: Nordostdeutschland Gebiete im Ausland: Ferner Osten Hugo Zinßer":
Vorstandsmitglied seit 1941 (stellvertretendes Mitglied seit 1933) Zuständig für:
Abteilungen: Gebiete in Deutschland:
Liquiditätsreserven Börse Süddeutschland
Beweisstück 20 gibt eine Übersicht über die Aufgabenverteilung der Vorstandsmitglieder und die Arbeitsgebiete der 14 Abteilungen im Zentralbüro. Es enthält ferner die Namen der stellvertretenden Vorstandsmitglieder und der Abteilungsleiter sowie ihrer Stellvertreter. Die Landes-Ausschüsse: Die Landes-Ausschüsse wurden mit dem ausdrücklichen Ziel gegründet, die Beziehungen zwischen der Dresdner Bank und der deutschen Industrie auf regionaler Ebene zu festigen. Diese Gremien, die eine besondere Bedeutung erhielten, als durch das Aktiengesetz vom 30. Januar 1937 die Mitgliederzahl der Aufsichtsräte begrenzt -27-
KAPITEL IV
wurde, dienten der Dresdner Bank als zusätzliche Mittel, Querverbindungen zur Industrie herzustellen. Sie besaß 12 Landes-Ausschüsse in Großdeutschland mit insgesamt etwa 250 Mitgliedern, die in Politik, Handel und Industrie der jeweiligen Region fuhrende Positionen innehatten.48
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Kapitel V Die Dresdner Bank - eine Konzentration wirtschaftlicher Macht
Die sechs deutschen Großbanken49 beherrschten das gesamte Bankwesen des Landes und kontrollierten oder beeinflußten fast alle Bereiche der deutschen Industrie. Gemeinsam mit der NSDAP und dem Nazi-Staat bildeten sie und die Großunternehmen den Nazismus. Nach der Deutschen Bank war die Dresdner Bank das zweitgrößte Kreditinstitut in Deutschland. Obwohl die sechs Großbanken zahlenmäßig nur 1% der gesamten deutschen Geschäftsbanken (650) ausmachten, belief sich ihr Anteil an den Gesamtaktiva auf mehr als 50% und der aller Einlagen einschließlich Spareinlagen und Einlagen von Kreditinstituten auf über 60% .50 Allein der Anteil der Dresdner Bank an den Gesamtaktiva machte 14% oder 8,6 Milliarden Reichsmark aus. Gemessen an der Zahl ihrer Beschäftigten (13700 im Jahr 1943) und ihrer Filialen (368 im Jahr 1941) wurde sie nur von der Deutschen Bank übertroffen. Nur die Tatsache, daß sie eine gigantische Konzentration wirtschaftlicher und finanzieller Macht darstellte, erlaubte es der Dresdner Bank, in einer Weise aktiv zu werden, wie dieser Bericht es in späteren Kapiteln beschreibt. Hinter dem deutschen Staat stand eine Organisation von Trusts und Konzernen, die flexibler, dauerhafter und fester zusammengeschlossen waren als die offizielle Regierung und praktisch eine zweite Regierung bildeten.M Diese Konzerngiganten waren das Herzstück der deutschen Industrie, die Schrittmacher des deutschen Wirtschaftslebens. Aber sie standen wiederum in ihren Entscheidungen unter dem beherrschenden Einfluß der Großbanken. Zum Machtbereich der Großbanken sagte Baron Kurt von Schröder:52 -29-
KAPITEL V
»Der Einfluß der Großbanken auf die deutsche Industrie erreichte ein derartiges Ausmaß, daß es kaum einen Teil der deutschen Industrie gab, der nicht unter ihrer Kontrolle stand.« (Beweisstück 21) Die Dresdner Bank kannte die verschiedensten Mittel und Wege, ihren Interessen in der Industrie Geltung zu verschaffen: vom Aktienbesitz über die Vertretung großer Aktienpakete auf den Jahreshauptversammlungen der Industrieunternehmen und persönliche Bindungen in Form von Überkreuzverflechtungen der Aufsichtsräte bis hin zum wohl wichtigsten Hebel, der Kreditbewilligung, die es der deutschen Industrie in der Zeit von 1933-1944 erlaubte, so sehr zu expandieren, daß sie die Aggressionspläne des Nazi-Regimes ausführen konnte. Eine knappe Analyse jeder dieser Methoden der Dresdner Bank wird zeigen, daß ihr Einfluß auf die Aktivitäten bestimmter Industriezweige alles in allem groß genug war, um die Forderung zu rechtfertigen, sie mitverantwortlich für Taten zu machen, die irgendeiner dieser Konzerne begangen hat und die unter die Definition von Kriegsverbrechen sowie von Verbrechen gegen den Frieden und die Menschlichkeit fallen.53 Die Dresdner Bank hatte nur vergleichsweise geringe Aktienanteile an Industrieunternehmen in ihrem direkten Besitz, da die großen Gesellschaften darum bemüht waren, den Großteil ihrer Aktien selbst in der Hand zu behalten. Lediglich 1931—1932, während der industriellen Reorganisation, die der Weltwirtschaftskrise folgte, kam sie durch die Umwandlung eingefrorener Kredite in Gesellschaftsanteile zu beachtlichen Aktienmengen. Wegen des damit verbundenen Risikos hatte sie jedoch kein Interesse daran, sie zu behalten. Sie zog es im allgemeinen vor, ihre Industriebeteiligungen gestreut an ihre Kunden zu verkaufen54, wobei sie sich die Vertretung der Anteile auf den Hauptversammlungen vorbehielt. Es war in Deutschland immer schon üblich, daß Aktionäre ihre Wertpapiere ins Depot ihrer Bank gaben und ihr das Stimmrecht auf den Hauptversammlungen der Gesellschaft übertrugen. Dr. Otto Schniewind, ehemaliger Leiter der Abteilung für Bankwesen im Reichswirtschaftsministerium55, er-30-
KONZENTRATION WIRTSCHAFTLICHER MACHT
klärte, daß die Großbanken aufgrund dieser Praxis in fast allen deutschen Industriekonzernen die Stimmenmehrheit kontrollierten und somit die Geschäftspolitik fast jeden Unternehmens von einiger Bedeutung entscheidend beeinflußten (Beweisstück 22). Ein Teil der Aktien, für die die Bank das Stimmrecht ausübte, gehörte zu ihrem eigenen Bestand, der weitaus größere Teil aber war ihr von Kunden zur Verwahrung anvertraut. Indem also die Dresdner Bank die Aktien in ihrem Kundenkreis hielt, sicherte sie sich das Stimmrecht. Beweisstück 22A zeigt, für welche Aktienmenge allein die Frankfurter Filiale der Dresdner Bank im Jahr 1943 das Depotstimmrecht ausübte. Damit konnte die Bank einerseits ihr Risiko minimieren und andererseits ihren Einfluß auf bestimmte Industrieunternehmen behalten. Hans Rinn, bis 1939 Leiter der Konsortial-Abteilung in der Zentrale der Dresdner Bank und später Leiter der Börsen-Abteilung56, erklärte, daß die Bank die meisten Aktientransaktionen außerhalb der Börse vornahm. »Wir zogen es vor, solche Aktienanteile unter unseren Kunden zu verteilen, um eine gewisse Kontrolle über die Stimmrechte zu behalten.« (Beweisstück 23) Hätte man die Aktien an Außenstehende verkauft, wäre diese Kontrollmöglichkeit verlorengegangen. Sich die Stimmrechte zu erhalten war um so wichtiger, als sie in den meisten Fällen den Verteilungsschlüssel für die Quoten lieferten, nach denen die Banken an großen Anleihen und Krediten einschließlich Konsortialgeschäften beteiligt wurden. Im allgemeinen richtete sich der Anteil einer Bank an einem Konsortialgeschäft nach ihrem Stimmenanteil an der betreffenden Gesellschaft oder wurde zumindest davon beeinflußt. Trotz gewisser gesetzlicher Beschränkungen (Aktiengesetz von 1937, § 110 und § 114 Absatz 4, wonach die Bank eine schriftliche Ermächtigung des Kunden braucht, um ihn in der Hauptversammlung zu vertreten)57 übten die Banken weiterhin freizügig das Depotstimmrecht für ihre Kunden aus, und die schriftliche Ermächtigung wurde reine Routinesache (Beweisstück 24). Ein weiterer Faktor, der den Stimmenanteil der Bank erhöhte, war die Tatsache, daß die Sicherheiten für ein Darlehen häufig in Gesellschaftsanteilen bestanden; selbstverständlich vertrat sie diese Aktien ebenso wie die übrigen. -31-
KAPITEL V
Die engen Beziehungen zwischen der Dresdner Bank und der Industrie kamen in den Überkreuzverflechtungen der Aufsichtsräte deutlich zum Ausdruck. Die Männer, die in der Dresdner Bank an den Hebeln der finanziellen Macht saßen, übten auch auf die Industrie einen gewaltigen, konzentrierten Einfluß aus, der durch ihre Präsenz in den Aufsichtsräten der Industriekonzerne sichergestellt war. Aus Beweisstück 25 geht die Zahl der Positionen hervor, die Führungskräfte der Dresdner Bank in anderen Firmen bekleideten. Die Tabelle gibt den Stand von 1944 wieder und führt, nach Industriezweigen untergliedert, Unternehmen des Inund Auslands auf; sie erfaßt 92% der gesamten Führungsspitze der Dresdner Bank, in der 34 Vertreter insgesamt 451 Positionen in anderen Gesellschaften innehatten. Diese Männer kontrollierten große Bereiche der Schlüsselindustrien in Deutschland. Über sie und über die Einflußmöglichkeiten, die ihr die Kontrolle der Aktienanteile eröffnete, nahm sie eine strategische Position im Wirtschaftsleben Deutschlands ein. Es wurde darauf verzichtet, diesen statistischen Informationen noch Angaben über Verflechtungen auf der Ebene der Filial- und Abteilungsleiter hinzuzufügen, obwohl sie in der Tat erheblich zum Kontrollsystem beitrugen, das die Dresdner Bank über die Wirtschaft aufgebaut hatte. Jedoch gibt ein internes Memorandum vom 18. August 1942, das sich mit Überkreuzverflechtungen beschäftigt, Aufschluß über deren Ausmaß. In den 117 aufgeführten Firmen waren 80 Aufsichtsratssitze von Mitarbeitern besetzt, die nicht in der Berliner Zentrale beschäftigt waren (Beweisstück 26). Die Dresdner Bank bemühte sich tatkräftig, diese verzweigten Verflechtungen herzustellen, wie ein Brief von Hans Rinn vom 17. April 1942 deutlich zeigt. Darin ging es um die Verteilung des Aktienkapitals der Schering AG in Höhe von 29585000 Reichsmark, wovon die Dresdner Bank etwa 25% kontrollierte. Rinn schlägt vor: »Aus all diesen Gründen wäre daher doch die Frage zu prüfen, ob man nicht zu gegebener Zeit wegen einer engeren Verbindung, evtl. Erlangung eines Aufsichtsratsmandats bei Schering entsprechende Fühlung aufnehmen sollte.« (Beweisstück 27) -32-
KONZENTRATION WIRTSCHAFTLICHER MACHT
Bei diesen Aufsichtsratsposten handelte es sich nicht um bloße Ehrenmitgliedschaften, es ging vielmehr um einen Weg, sich die Kontrolle über die Geschäftspolitik einer Gesellschaft zu sichern. Eine interne Aktennotiz über die geplante Finanzierung einer neu »erworbenen« Firma im Protektorat beschäftigt sich mit diesem Aspekt. Es heißt dort: »Da der bisherige Detag-Vorstand für die Bewältigung der neuen Aufgaben nicht zureichend erscheint, vor allem seine Ergänzung durch einen industriell orientierten Textilmann nötig ist, habe ich Herrn Elkmann... davon in Kenntnis gesetzt, daß uns Herr Schlüter, der Trübau kennt, und dem Herr Achter, Gladbacher Wolle, die Leitung in Trübau anvertrauen wollte, geeignet erschiene.« (Beweisstück 28) In der Organisation des deutschen Geschäftslebens gab es eine Besonderheit, die weiterreichende Einflußmöglichkeiten eröffnete, als es auf den ersten Blick erscheint. Eine Aktiengesellschaft konnte Gesellschafterin einer GmbH sein, wodurch ihre Haftung auf die Höhe ihrer Beteiligung beschränkt war. Die beherrschende Stellung innerhalb einer Aktiengesellschaft erstreckte sich daher auch auf die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, an denen sie beteiligt war. Die Dresdner Bank schöpfte dieses Mittel so weit wie möglich aus. Der riesige Chemiekomplex Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt bestand zum Beispiel aus insgesamt 42 separaten Unternehmenseinheiten, von denen 12 Aktiengesellschaften und 30 Gesellschaften mit beschränkter Haftung waren.58 Die Dresdner Bank war nur in den Aufsichtsräten der Schlüsselkonzerne vertreten, reichte aber aufgrund der bestehenden Gesellschaftsverträge mit ihrem Einfluß in alle Zweiggesellschaften hinein. Da die großen Firmen häufig die Dienste mehrerer Großbanken in Anspruch nahmen, ist es manchmal schwer auszumachen, ob sie unter der ausschließlichen Kontrolle einer bestimmten Bank standen. Bei genauerer Betrachtung zeichnen sich jedoch gewisse eindeutige Tendenzen ab. Die gesamte deutsche Flugzeugindustrie war Hauptdomäne der Dresdner Bank. Das gleiche gilt für Krupp, Wintershall, Brabag und so weiter. Ihr Verhältnis -33-
KAPITEL V
zur Flugzeugindustrie wird in einem anderen Kapitel behandelt. Die Stellung der Familie Krupp innerhalb der deutschen Schwerindustrie und ihr Anteil an der Planung und Vorbereitung des Ersten und des Zweiten Weltkrieges bedarf keiner weiteren Erörterung.59 Die Dresdner Bank war die Hausbank des Kruppkonzerns. Ihre engen Verbindungen gehen bis ins Jahr 1890 zurück. Der einzige Vertreter einer Bank im Aufsichtsrat von Krupp war ein Vorstandsmitglied der Dresdner Bank. Bis 1932 war dies Henry Nathan, dem Samuel Ritscher folgte; als er sich 1937 angesichts der Nazi-Rassengesetze gezwungen sah, sich aus der Geschäftsführung der Bank zurückzuziehen, übernahm Carl Goetz, die führende Persönlichkeit in der Dresdner Bank, seinen Platz. Umgekehrt war die Krupp AG immer im Aufsichtsrat der Dresdner Bank vertreten, bis 1937, als Alfried Krupp Mitglied des Aufsichtsrats wurde, durch Buschfeld, den Direktor der Einkaufsabteilung bei Krupp. 1939 kam ein weiteres Mitglied der Krupp-Geschäftsleitung, Ewald Löser, hinzu.60 Es ist bezeichnend, daß damit zwei der drei Männer des KruppFührungsgremiums im Aufsichtsrat der Dresdner Bank waren. Die Bindungen zwischen Krupp und der Dresdner Bank setzten sich auch auf regionaler Ebene fort, wo Busemann, Finanzdirektor der Krupp AG, dem Länderausschuß der Dresdner Bank für Westfalen angehörte. Die Dresdner Bank erwies der Krupp AG große Dienste, indem sie Anleihen für die Firmenexpansion zeichnete und ihr und ihren Tochtergesellschaften langfristige Kredite verschaffte.61 1936 zeichnete sie eine Anleihe von 53,8 Millionen Reichsmark. 1937 stellte sie der Krupp-Tochter, Krupp Treibstoffwerke, Essen, (Aktienkapital 20 Millionen Reichsmark) 10 Millionen Reichsmark zum Bau und Betrieb einer Anlage für synthetischen Treibstoff auf der Basis von KohleNebenprodukten zur Verfügung. Zweck dieses Unternehmens war, »sich an ähnlichen Gesellschaften (für synthetische Treibstoffe) zu beteiligen oder solche zu erwerben.« 1939 verlängerte sie eine langfristige Anleihe von 40 Millionen Reichsmark. Damit waren die wesentlichen Anleihen bewilligt, die die Friedrich Krupp AG für ihre Geschäfte brauchte, -34-
KONZENTRATION WIRTSCHAFTLICHER MACHT
und die Dresdner Bank stellte ihr diese Geldmittel zur Verfügung (Beweisstück 29). Die enge Zusammenarbeit der beiden Unternehmen beschränkte sich jedoch nicht auf die Verflechtung der Aufsichtsräte und die Bewilligung von Darlehen. Als 1937 das Aktienkapital der Dresdner Bank aus staatlichem in privaten Besitz überführt wurde, kaufte die Krupp AG Anteile im Wert von über l Million Reichsmark. Die Dresdner Bank stellte Krupp die Möglichkeiten ihrer Auslandsfilialen und -Zweigniederlassungen zur Verfügung. So räumte zum Beispiel die Orientbank in der Türkei Krupp einen Kredit von 5-10 Millionen Reichsmark zur Deckung seiner Im- und Exportgeschäfte mit diesem Land ein. Die Führung des Krupp-Konzerns gehörte zu den 22 Angeklagten der internationalen Prozesse gegen Kriegsverbrecher in Nürnberg.62 Die Dresdner Bank trägt eine große Mitverantwortung, da sie die Krupp-Aktivitäten finanzierte. Die Dresdner Bank war nicht nur mit Krupp, dem führenden Unternehmen der Schwerindustrie, aufs engste verbunden, sondern auch mit der Wintershall AG - dem Hauptproduzenten von Pottasche und nach der LG. Farben dem größten Chemiekonzern in Deutschland 63 —, deren Hausbank sie war. Auf der Jahreshauptversammlung dieser Firma vertrat sie ein ansehnliches Aktienpaket von etwa 15-20%. Henry Nathan vertrat die Bank im Aufsichtsrat von Wintershall bis 1932, Carl Goetz bis 1935 und anschließend Karl Rasche. Der führende Mann und Aufsichtsratsvorsitzende bei Wintershall, Heinrich Schmidt 64, war Mitglied des Aufsichtsrats der Dresdner Bank, wo er neben der Vertretung eines großen Industriekonzerns auch eine politische Funktion erfüllte, da er Keppler und seinem Kreis sehr nahe stand. Gustav Römer65, Direktor bei Wintershall, gehörte dem Länderausschuß der Dresdner Bank in Hessen-Nassau an. Die Dresdner Bank gewährte der Gesellschaft in der Zeit von 1938—1942 zwei Darlehen von je 10 Millionen Reichsmark und leitete das Bankenkonsortium, das Wintershall eine Anleihe von 60 Millionen Reichsmark verschaffte. Für die Rüstung und den geplanten Krieg brauchte man mehr Öl, als Deutschland aus eigenen Quellen fördern konnte. -35-
KAPITEL V
Ziel war die Entwicklung synthetischer Herstellungsverfahren. Daher wurde schon 1934 auf Anordnung von Hjalmar Schacht und unter Beteiligung aller deutschen Braunkohlegesellschaften die Brabag (Braunkohle-Benzin AG, Berlin) gegründet.66 Nach seiner ersten Unterredung mit den Braunkohleproduzenten wandte sich Schacht an Karl Rasche von der Dresdner Bank mit dem Ergebnis, daß dieser ein Bankenkonsortium zusammenführte, welches die Finanzierung der Brabag übernehmen sollte. Das Unternehmen war von Anfang an im großen Stil geplant, was ein entsprechendes Kapital erforderte. Die Zeugenaussage Gustav Brechts, des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden der Brabag67, belegt die führende Rolle, die die Dresdner Bank hierbei spielte (Beweisstück 30). Das Bankenkonsortium unter ihrer Leitung gewährte 25 Millionen Reichsmark; davon übernahm die Dresdner Bank einen Anteil von 25%. Aufsichtsratsvorsitzender der Brabag war Keppler, weitere Mitglieder waren Kranefuß68, Rasche, Flick69, führende Vertreter der Dresdner Bank - alle zuverlässige Anhänger der Nazis. Auch wenn die Dresdner Bank mit führenden Teilen der deutschen Schlüsselindustrien in engster Verbindung stand, reichte ihr Einfluß weit tiefer und durchdrang alle Industriebereiche in Deutschland. Ihr wichtigstes Mittel bestand dabei in der Bewilligung von Anleihen und Krediten, die ein sprunghaftes Wachstum der Industrie in der Zeit von 1933-1944 möglich machten. Eine unvollständige Liste der Industrieanleihen, die unter Leitung der Dresdner Bank nach 1933 gewährt wurden, gibt einen Einblick in ihren Einflußbereich.70
C HEMIE
Wintershall
Kapital: 150 RM Anleihe: 50 Mio RM Personelle Verflechtung über: Karl Rasche Heinrich Schmidt -36-
KONZENTRATION WIRTSCHAFTLICHER MACHT
Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt Kapital: 35,6 Mio RM Anleihe: 30 Mio RM Personelle Verflechtung über: Wilhelm Avieny71 Carl Goetz
E I S E N UN D S T AH L
Krupp Kapital: 160 Mio RM Anleihe (1936): 53,8 Mio RM (1937): 10 Mio RM (1939): 40 Mio RM Personelle Verflechtung über: Ewald Löser Alfried Krupp v. Bohlen u. Halbach Carl Goetz Mitteldeutsche Stahlwerke AG Kapital: 75 Mio RM Anleihe: 29,4 Mio RM Personelle Verflechtung über: Friedrich Flick Alfred Busch Zu fast 100% im Besitz von Flick. Erzbergbau und Hüttenbetrieb Göringwerke Kapital: 560 Mio RM Anleihe: 25 Mio RM Stärkste Persönlichkeit in den Göring-Werken war Hellmuth Roehnert72, Aufsichtsratsmitglied der Dresdner Bank. Röchling'sche Eisen- und Stahlwerke Kapital: 36 Mio RM Anleihe (1936): 15 Mio RM (1943): 25 Mio RM
ELEKTROINDUSTRIE UND ENERGIEERZEUGUNG
Lech Elektrizitätswerke AG Kapital: 40,5 Mio RM
Anleihe: 5 Mio RM 20 Mio RM Kontrolliert vom RWE (Rheinisch Westfälisches Elektrizitätswerk AG), das über Ernst Henke73 und Carl Goetz mit der Dresdner Bank verflochten war. Die Dresdner Bank war auch im Vorstand vertreten. -37-
KAPITEL V
C.Lorenz AG (Telefonbau) Kapital: 9,5 Mio RM Anleihe: 15 Mio RM Personelle Verflechtung über: Alfred von Feronce von der Dresdner Bank74, hier Aufsichtsratsvorsitzender; Emil Meyer Vorstandsmitglied beider Firmen Rheinisch Westfälisches Elektrizitätswerk A G Kapital: 246 Mio RM Anleihe: 25 Mio RM Das RWE war das größte Energieversorgungsunternehmen in Deutschland. Personelle Verflechtung über: Ernst Henke Carl Goetz
SYNTHETISCHE TR E IB S T OFFE
Braunkohle-Benzin AG Kapital: 100 Mio RM Anleihe: 40 Mio RM Fünf Vertreter der Bank hatten Spitzenpositionen in der Brabag: Fritz Kranefuß, Karl Rasche, Heinrich Schmidt, Friedrich Flick und Heinrich Koppenberg.75 Gelsenberg-Benzin Kapital: 50 Mio RM Anleihe: 55 Mio RM Den Mehrheitsanteil hielt eine Tochtergesellschaft der Vereinigten Stahlwerke.
BERGBAU
Bergbau AG, Lothringen Kapital: 20 Mio RM Anleihe 8 Mio RM Ein Aktienanteil von 28% war im Besitz von Wintershall. Personelle Verflechtung über: Gustav Overbeck Heinrich Schmidt Grube Leopold AG, Bitterfeld (AEG) Kapital: 10,5 Mio RM Anleihe: 5,33 Mio RM Die Dresdner Bank war mit der AEG über ihre Beteiligung an Gesfurel (Gesellschaft für Elektrische Unternehmungen) ver-38-
KONZENTRATION WIRTSCHAFTLICHER MACHT
bunden und personell verflochten über Friedrich Flick und August Goetz76, den stellvertretenden Vorsitzenden des AEGAufsichtsrats. KOHLE
Gelsenkirchener Bergwerke
Kapital: 200 Mio RM Anleihe: 130 Mio RM Dies war die größte Unternehmenseinheit der Vereinigten Stahlwerke. Die Dresdner Bank stellte den deutschen Industriegiganten immense Geldsummen zur Verfügung. Allein im Jahr 1941 bewilligte sie folgende große Kredite: AEG 39 290 000 RM LG. Farben-Komplex 34 838 000 RM Hermann Göring-Werke 125 000 000 RM Vereinigte Stahlwerke 39 000 000 RM Haniel-Konzern 35 000 000 RM Zentral-Textilien 31 000 000 RM Junkers 32 000 000 RM Flick 38 553 000 RM An Firmen, die von der Vierjahresplanbehörde mit Rohstoffbeschaffung beauftragt waren 49 000 000 RM Beweisstück 31 enthält eine Tabelle der 20 größten Kredite, die die Frankfurter Filiale in den Jahren 1934-1944 vergeben hat. Alle aufgeführten Darlehen gingen an Unternehmen im Einzugsgebiet dieser Filiale und nicht etwa an große nationale Firmen. Dennoch betragen sie im Durchschnitt ungefähr 500000 Reichsmark, wobei das größte bei fast 9 Millionen Reichsmark liegt. Und das sind nur die Kredite einer der beinahe 350 Filialen dieser Großbank. Eine der wichtigsten Kontrollmöglichkeiten, deren sich die Dresdner Bank bediente, bestand darin, Posten in den Firmen, denen sie Kredite oder Anleihen bewilligt hatte, mit ihren Aufsichtsrats- oder Vorstandsmitgliedern besetzen zu lassen. Die Wirkungsweise dieser Methode wird am Beispiel eines -39-
KAPITEL
V
Briefes (Beweisstück 32) deutlich, den die Flugzeuggesellschaft Henschel an Dr. Meyer von der Dresdner Bank schrieb, um ihn von seiner bevorstehenden Wahl in den Aufsichtsrat der Firma zu benachrichtigen. Seine Mitgliedschaft sollte jedoch nur bis zur Rückzahlung des Kredits in Höhe von 2,5 Millionen Reichsmark an die Bank bestehen. Auf diesem Wege erhielt die Bank auch Informationen über industrielle und finanzielle Entwicklungen aus allen Wirtschaftsbereichen und konnte bestimmen oder zumindest beeinflussen, welche Richtung die hochintegrierte deutsche Wirtschaft einschlug. Dieser Einfluß reichte allerdings weit über die Grenzen Deutschlands hinaus, da die Vertreter der Bank in zahlreichen Auslandsunternehmen Ämter innehatten und auch die deutschen Firmen, in denen sie vertreten waren, Auslandskontakte unterhielten. Zudem besaß die Dresdner Bank direkt oder über Mehrheitsanteile viele Kreditinstitute außerhalb Deutschlands, die ihrerseits über ein Netz von Filialen und Zweigstellen verfügten und innerhalb der Industrie ihrer Region ihre Interessen geltend machten. Der Verlauf der Verhandlungen, die die Dresdner Bank im Frühjahr 1938 mit dem Bevollmächtigten der Banque des Pays de l'Europe Centrale, Reuter, über den Kauf der Länderbank Wien, einer österreichischen Tochtergesellschaft der Banque des Pays de l'Europe Centrale, führte, lassen das Ausmaß ihrer Macht erkennen. In einer Verhandlungsphase ging es um die Entscheidung über Führungskräfte und Inhaber von Spitzenpositionen innerhalb der Unternehmen, die die Länderbank Wien kontrollierte. Durch den Erwerb der Länderbank erhielt die Dresdner Bank unumschränkte Vollmacht, diese Leute zu entlassen oder zu ersetzen (Beweisstück 32A). Ein Auszug aus der Liste der Beteiligungen und personellen Unternehmensverflechtungen der Länderbank Wien vermittelt einen Eindruck von der Größe des Einflußbereichs, den die Dresdner Bank durch die Übernahme dieses Kreditinstituts in der österreichischen Industrie hinzugewann (Beweisstück 33). Die Länderbank Wien war mit 30-40% an der Perlmooser Zementwerke AG beteiligt, deren Aktienkapital 19,5 Millionen Reichsmark und deren Aktiva 36 Millionen Reichsmark -40-
KONZENTRATION WIRTSCHAFTLICHER MACHT
betrugen. Der Konzern besaß 16 Zweigwerke in ganz Österreich. Ihr Anteil an den Papierfabriken Pötschmühle-Steyrermühl AG belief sich auf 25-30% des Aktienkapitals von insgesamt 12 Millionen Reichsmark. Das Unternehmen umfaßte 14 Betriebe, darunter Papierfabriken, Sulfat- und Elektrizitätswerke. Direktor Walzt, Länderbank7'', saß in den Aufsichtsräten folgender Firmen: Zellwolle- und Papierfabrik Lenzing AG Aktienkapital: 25 Mio RM Aktiva: 41 382 341 RM Litega Linoleum - Teppiche - Gardinen AG Aktienkapital: 1,5 Mio RM Allgemeine Elementar-Versicherungs-AG Aktienkapital: 6 Mio RM Aktiva: 26 227 726 RM Steirische Magnesit-Industrie AG Aktienkapital: 2,4 Mio RM Aktiva: 4375660 RM Brucker Zuckerindustrie AG Leykam-Josefsthal AG, Papierindustrie Aktienkapital: 12 Mio RM Aktiva: 31 641 120 RM Kremenetzki AG, Glühlampenfabrik Aktienkapital: 2,5 Mio RM Aktiva: 10 479 226 RM Direktor Wilhelm Lehr76, Länderbank, saß in den Aufsichtsräten folgender Firmen: Waagner-Biro AG (Stahlwerke) Aktienkapital: 6,336 Mio RM Aktiva: 25 435 292 RM Gaskoks Vertriebs-Gesellschaft mbH Pölser Zellulose AG Aktienkapital: 5 Mio RM Aktiva: 9 745 247 RM Lihag, Landwirtschaftliche Industrie- und Handels AG Direktor Adolf Warnecke19, Länderbank, saß in den Aufsichtsräten folgender Firmen: Papierfabriken Pötschmühle-Steyrermühl AG Aktienkapital: 12 Mio RM Aktiva: 11 504025 RM Vorarlberger Zementwerke Lorüns AG Aktienkapital: 2 733 300 RM Aktiva: 4 858 845 RM Perlmooser Zementwerke AG Aktienkapital: 19,48 Mio RM Aktiva: 35 945 489 RM Gaskoks-Vertriebs-Gesellschaft mbH -41-
KAPITEL V
Julius Meinl AG (Lebensmittelimport) Aktienkapital: 8 Mio RM Aktiva: 39 553 542 RM Vereinigte Lederwerke Franz Schmitt AG Aktienkapital: l Mio RM Aktiva: 2 162 420 RM Vereinigte Lederfabriken AG Aktienkapital: 2 363 500 RM Aktiva: 3 491 352 RM Als die Dresdner Bank im Gefolge der deutschen Eroberungen weitere Banken und Niederlassungen übernahm, stieg proportional dazu auch die Zahl der Industriebetriebe, die sie in den besetzten Gebieten kontrollierte. Dr. Otto Schniewind, ehemaliger Leiter der Abteilung für Bankwesen im Reichswirtschaftsministerium, sagte aus: »Infolge der deutschen Expansion und der Besetzung fremder Gebiete erhielten die deutschen Banken die Gelegenheit, ausländisches Vermögen zu erwerben. Alle Großbanken machten von dieser Möglichkeit Gebrauch und übernahmen im Zuge der deutschen Besatzung Anteile an ausländischen Banken. Die Dresdner Bank hatte, wohl aufgrund ihrer ungewöhnlich engen Beziehungen zur Partei, in dieser Hinsicht größere Vorteile als die anderen Banken.« (Beweisstück 22) Mit Hilfe der gleichen Mittel, die ihren Einfluß auf die deutsche Industrie sicherten, dehnte sie nun ihre Kontrolle auf die Wirtschaft der Länder aus, die die deutschen Truppen überrannt hatten. 1939, nach dem Einmarsch in die Tschechoslowakei, übernahm sie die BEB (Böhmische Escompte-Bank) in Prag.80 Zu den bedeutenderen Unternehmen, an denen sie beteiligt war und die nun in den Machtbereich der Dresdner Bank fielen, gehörten:81 Elbekosteletzer Zuckerraffinerie AG, Prag Aktienkapital: 10 Mio RM Aktiva: 123 317 728 RM Beteiligung: etwa 35% Vereinigte Carborundum Electrit-Werke Aktienkapital: 3,5 Mio RM Aktiva: 8 270 209 RM Beteiligung: etwa 40% Königshofer Zementfabrik AG, Prag Aktienkapital: 9,6 Mio RM Aktiva: 20 501 632 RM Beteiligung: etwa 20% -42-
KONZENTRATION WIRTSCHAFTLICHER MACHT
Poldihütte, Prag Aktienkapital: 25 Mio RM Aktiva: 79 417 490 RM Beteiligung: etwa 9% »Sphinx« Vereinigte Emaillewerke AG, Prag Aktienkapital: 3,7 Mio RM Aktiva: 9 391 898 RM Beteiligung: etwa 40% Zigarettenpapierfabrik Olleschau, Prag Aktienkapital: 3,5 Mio RM Beteiligung: etwa 35-40% Aktiengesellschaft für Spiritusindustrie, Prag Aktienkapital: 2,4 Mio RM Aktiva: 4 314 933 RM Beteiligung: etwa 20-25% Milchindustrie AG, Prag Aktienkapital: l,4 Mio RM Aktiva: 3 682 891 RM Beteiligung: etwa 20% Brosche AG, Prag Aktienkapital: l,8 Mio RM Aktiva: 6 963 086 RM Beteiligung: etwa 20-25% Holliner Spiritusfabrik, Prag Aktienkapital: l,26 Mio RM Aktiva: 6 063 000 RM Beteiligung: etwa 20-23% Außerdem besaß die BEB zahlreiche personelle Verflechtungen zu verschiedenen tschechischen Industrieunternehmen, deren Reichweite sich an der folgenden Teilliste ablesen läßt: »Direktor Novotny, BEB, Prag82 Elbekosteletzer Zuckerraffinerie AG Vereinigte Carborundum Elektrit-Werke (Chemikalien) Poldihütte, Prag Pilsener Aktienbrauerei Vereinigte Mährische Zuckerfabriken, Olmütz Melantrichverlag AG, Prag (Papier und Druck) Königshofer Zementfabrik AG, Prag AG für Spiritusindustrie, Prag Nordmährische Brauerei, Mähr. Schönberg Prager Eisenindustrie AG, Prag Moldavia Versicherungs AG, Prag Direktor von Lüdinghausen, BEB, Prag83 Königshofer Zementfabrik AG, Prag -43-
KAPITEL V
»Sphinx« Vereinigte Emaillewerke AG, Prag Waffenwerke Brunn, Brunn Erste Brünner Maschinenfabrik AG, Brunn Berauner Textilwerke AG, Prag Skoda-Werke, Pilsen (Munition) Brosche AG, Spiritus-Industrie AG, Prag RinghofFer Tatra Werke, Prag (Schwermetall und Maschinen) Milchindustrie AG, Prag Direktor Dr. Hölzer, BEB, Prag 84 Roth Kosteletzer Spinnerei AG, Prag Zigarettenpapierfabrik Olleschau, Prag Inwald Glaswarenfabrik, Prag Julius Meinl AG, Prag (Lebensmittel) Kolliner Spiritus AG, Prag Fanto Werke AG, Prag (Chemikalien) Berghütte, Prag Prag-Neusiedler Papierfabriken, Prag« (Beweisstück 34) Diese sehr unvollständige Liste der personellen Verflechtungen, die die BEB in der Tschechoslowakei besaß, zeigt schon, welchen Machtzuwachs die Dresdner Bank innerhalb der tschechischen Industrie allein durch die Übernahme einer Bank erzielte. Die BEB ist kein Einzelfall. Sie ist nur eines der zahlreichen Kreditinstitute, die die Dresdner Bank an sich brachte (Beweisstück 35) und mit deren Hilfe sie die Reichweite ihres Einflußbereichs auf die Wirtschaft der besetzten Gebiete in ganz Europa ausdehnte. Ihr indirekter Einfluß ging sogar noch weiter, da die Führungskräfte der von ihr oder ihren Filialen kontrollierten Firmen wiederum in anderen Unternehmen Spitzenpositionen einnahmen, woraus sich ein dichtes Netz personeller Verflechtungen ergab, das ungeachtet aller politischen Grenzen ganze Wirtschaftssysteme durchzog und in alle Teile der Welt vordrang.
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Kapitel VI Die Inlandstätigkeit der Dresdner Bank
Von 1933 an bestand ein enger Zusammenhang zwischen dem Reichtum und der Macht, die die Dresdner Bank anhäufte, und dem steilen Aufstieg der Nazis und ihren Aktivitäten.85 Man kann wohl sagen, daß sie sich in ihrer Politik gegenseitig ergänzten und beide aus dieser Beziehung große Vorteile zogen. Diese Partnerschaft brachte es mit sich, daß die Bank ihre Mittel und Möglichkeiten zur Verfügung stellte, um in der Zeit von 1933—1939 die deutsche Wirtschaftsressourcen für den Krieg zu mobilisieren. Als Gegenleistung für die Dienste, die sie dem Reich erwiesen hatte, durfte sie sich nach 1939 an der Ausplünderung Europas beteiligen. Die Beziehungen der Dresdner Bank zu Regierung, Partei, SS und ihnen angegliederten Organisationen86 forderten diese enge Verbindung, deren Arbeitsgrundlage die Kontakte der Bank zu den Regierungsstellen bildeten, besonders zum Reichswirtschaftsministerium und dem Ministerium Speer. Es kann daher kaum überraschen, wenn man bei genauerer Prüfung ihrer Aktivitäten in Deutschland feststellt, daß sie skrupellos und unersättlich die Bereicherungsmöglichkeiten ausnutzte, die das Nazi-Regime ihr bot. Eine dieser Gewinnchancen lag in der zwangsweisen »Arisierung« deutscher Firmen, die sich in jüdischem Besitz befanden. Die Dresdner Bank war das führende Kreditinstitut für solche »Arisierungen« und sehr stark an diesen kriminellen Geschäftspraktiken beteiligt.87 Ein weiterer Aspekt ihrer Tätigkeit, der belegt, wie eng sie mit der Nazi-Regierung bei deren Rüstungsvorbereitungen zusammenarbeitete, zeigt sich an ihrem Auftrag, Ölkonzessionen zu besorgen. So betrieb sie 1937 mit Admiral Raeder vom Oberkommando der deutschen Kriegsmarine88 die Beschaf-45-
KAPITEL VI
fung und Tarnung großer Ölreserven in Mexiko und dem Irak, um die deutsche Flotte zu versorgen. Auch wenn letztlich die deutsche Regierung die Aufrüstung Deutschlands betrieb, so konnte sie ihr Ziel in dem Umfang, wie sie es anstrebte, nur mit Hilfe der Großbanken und deren unerschöpflichen Ressourcen erreichen. Die Dresdner Bank stellte dem Staat von Anfang an ihre umfangreichen Mittel, die sie über ihr sorgfältig ausgebautes Zweigstellennetz, die ihr angeschlossenen Privatbanken und die Auslandsfilialen bereitstellen konnte, zur Verfügung. Sie entwickelte sich zur Hauptemissions- und Hausbank der gesamten militärischen Flugzeugindustrie in Deutschland. Sie leitete das Bankenkonsortium, das die Brabag, den Konzern für synthetische Treibstoffe, finanzierte. Sie stand dem Bankenkonsortium vor, das das Grundkapital der Hermann Göring-Werke finanzierte, und war in der Expansionsphase Hausbank dieser Firmen. Sie beteiligte sich an der Finanzierung aller Rüstungsbereiche; ihre Jahresbilanzen zeigen die Größenordnung. Die vorliegenden Jahresbilanzen für die Jahre 1936-1943 weisen für den Wert der Darlehen, Wechsel und Akzepte sowie Wertpapiere folgende Summen aus89: Jahr
1936 1937 1938 1939 1940 1941 1942 1943
Wechsel und Akzepte RM 544 896 274,55 734 496 732,81 671 726999,05 675917 144,03 676 738 606,39 702 308 450,51 851 685 652,56 825 341 994,86
Darlehnen
RM 1 057 177 725,80 984 997 973,02 1 007724361,37 1 121 051 260,96 866 115342,33 1 053 432 785,74 1 232 733 134,83 1 590617 117,15
Wertpapiere
RM
244 882 543,03 245 123 156,51 221 715054,31 202 704 882,23 209813239,19 211 410295,20 220 254 983,53 206743 101,05
Die Rubrik »Wechsel« enthält auch alle bei der Reichsbank rediskontfähigen Wechsel, also bis 1939 auch die berüchtigten Mefowechsel, über die der Hauptteil der Vorkriegsrüstung in Deutschland finanziert wurde90; nach 1939 wurden diese Wechsel von der Reichsbank nicht mehr akzeptiert. Über die Mefowechsel konnte die Reichsbank eine Bestim-46-
DIE INLANDSTATIOKEIT
mung in ihrer Satzung umgehen, wonach es ihr untersagt war, dem Staat mehr als 400 Millionen Reichsmark Kredite zu gewähren. Ein Rüstungsfabrikant konnte nun einen Wechsel auf die Metallurgische Forschungsgesellschaft (MeFo) ziehen und ihn dann bei einer Bank wie zum Beispiel der Dresdner diskontieren lassen. Durch das Indossament der Bank wurde der Wechsel rediskontfähig. Die Irreführung bestand in der Tatsache, daß die Mefo eine kleine Gesellschaft mit einem Grundkapital von 200000 Reichsmark war und ihre ausstehenden Wechsel sich auf mehr als 200 Millionen Reichsmark beliefen. Hätten die Banken bei der Übertragung der Mefowechsel nicht voll kooperiert, hätte dies den Fluß der staatlichen Kredite an die Rüstungsindustrie wesentlich beeinträchtigt.91 Indem die Dresdner Bank diese Wechsel hereinnahm, machte sie sich zum Mitwisser und unverzichtbaren Partner des Rüstungsprogramms. Unter die Rubrik »Darlehen« entfielen zahlreiche Kredite mit Laufzeiten von drei und sechs Monaten, die es Rüstungsbetrieben ermöglichten, Aufträge der verschiedenen Waffengattungen der Wehrmacht fertigzustellen. Da viele Akten vernichtet worden sind, ist es nicht möglich, die Kredite, die die Dresdner Bank an die Industrie vergab, spezifiziert aufzuführen; nach den vorliegenden Unterlagen zu urteilen beliefen sie sich jedoch auf eine immense Summe. In vielen Fällen konnte die Bank solche Mittel nicht ohne Reichsbürgschaft bereitstellen. Beispiele hierfür finden sich im Kapitel über die Finanzierung der Flugzeugindustrie. Durch die Vergabe dieser Kredite machte sich die Dresdner Bank zum ausführenden Organ der Regierung. In der nachfolgenden Tabelle ist der Wert der Staatspapiere aufgeführt, die die Bank laut Jahresbericht besaß92 : 1936 RM 274 288 809,96 1937 RM 240407029,82 1938 RM 429792138,79 1939 RM 868036488,21 1940 RM 2 008 923 524,63 1941 RM 2 583 795 334,84 1942 RM 3 010 139 588,48 1943 RM 3 564 494 439,96 -47-
KAPITEL VI
Otto Schniewind, bis 1937 Leiter der Abteilung für Bankwesen im Reichswirtschaftsministerium, beschreibt die Rolle der Banken als Haupteigner von Staatspapieren so: »Anders als im Ersten Weltkrieg, als die deutschen Staatspapiere im wesentlichen öffentlich verkauft wurden, gab man in diesem Krieg die deutschen Staatsobligationen ausschließlich an Kreditinstitute wie Banken und Sparkassen und an Versicherungsgesellschaften aus. Dabei bildeten die Großbanken (die Dresdner und andere Berliner Banken) aufgrund der enormen Geldmittel, die ihnen zur Verfügung standen, den Hauptfaktor.« (Beweisstück 22) Zur Unterstützung des Rüstungsprogramms konnte die Dresdner Bank auf eine ausgedehnte Kette von Zweigstellen, Tochterunternehmen, Filialen, assoziierten Privatbanken und Freunden zurückgreifen, die bereit waren, Anleihen zu zeichnen. Eine Teilliste (Beweisstück 36) der Firmen, denen sie in den Jahren 1936-1945 bei der Finanzierung von Effektenemissionen behilflich war, liest sich wie ein Verzeichnis der wichtigsten Persönlichkeiten der Nazi-Rüstungsindustrie. Die bewilligten Kredite beliefen sich auf l 530 759 000 Reichsmark. Die Dresdner Bank besaß gute Voraussetzungen, um ihrer Rolle bei der Verwirklichung der Ideen des Nazismus gerecht zu werden. Die Industrie zu beeinflussen und zu unterstützen gehörte zu ihrem alltäglichen Geschäft. Die Leistungen der deutschen Wirtschaft in der Zeit von 1933-1939 sprechen für sich. Ihre Aktivitäten fügten sich nahtlos in die Erfordernisse ein, die die Planung und Führung eines Angriffskrieges stellten. Die Korrespondenz der Bank mit den Wirtschaftsstellen des Staates und der Partei ist umfangreich genug, um Einblick in die Art und Weise zu gewähren, wie die Bank die Wirtschaftspolitik der deutschen Regierung unterstützte. Firmen, die mit Rüstungsaufgaben befaßt waren, konnten bei der Dresdner Bank praktisch unbegrenzte Kredite erhalten.93 Die Dresdner Bank entfaltete in Deutschland so zahlreiche und vielfältige Aktivitäten, daß es nicht möglich ist, sie im einzelnen auszuführen.94 Im Folgenden werden fünf ausgewählte Bereiche dargestellt, die die Vielseitigkeit dieser großen Universalbank beispielhaft zeigen. -48-
DIE INLANDSTATIGKEIT
1.
AU FR ÜST UNG DER LUFT WAFFE
Zur Zeit der Machtübernahme der Nazis bestand die deutsche Flugzeugindustrie aus ein paar verstreuten, unkoordinierten Betrieben. Innerhalb weniger Jahre sollte aus ihnen das gigantische Arsenal der Luftwaffe hervorgehen, mit dem es 1939 möglich war, jeden Widerstand im Luftraum über den Kriegsschauplätzen Europas zu brechen.95 Daß man der Entwicklung dieses Industriezweiges eine vorrangige Bedeutung einräumte, ist leicht zu verstehen, wenn man bedenkt, welche Rolle die Luftwaffe in der deutschen Blitzkriegtaktik spielte. In einem Bericht über die Flugzeugfabrikjunkers betonte ihr Generaldirektor Heinrich Koppenberg, zugleich Aufsichtsratsmitglied der Dresdner Bank, welche Bedeutung die Großbanken als Partner des Reichsluftfahrtministeriums für die Schaffung dieses Arsenals hatten: »Entsprechend dem langsamen Anlauf der Aufrüstung ganz zu Anfang der Aufrüstungsperiode waren die in Frage stehenden Geldbeträge noch nicht übermäßig hoch. Dennoch war der Versuch des Reichsluftfahrtministeriums, Großindustrie und Banken für die Luftfahrtindustrie zu interessieren, nur von geringem Erfolg. (...) Die damals in Deutschland vorhandenen Luftfahrtindustriellen waren aber durchgehend zu klein und zu kapitalschwach, um aus eigener Kraft und gestützt auf Zutrauen, das sie selber besaßen, einen industriellen Aufbau und eine namhafte Vergrößerung ihrer Werke... vorzunehmen. So entschloß sich dann das D-Amt, die Finanzierungsabteilung des RLM, die Entwicklung der vorhandenen und die Schaffung neuer Werke der Luftfahrtindustrie selber vorzunehmen. Zunächst mußte den Geldgebern, Banken und anderen Geldinstituten, ein Anreiz für die Herausgabe von Mitteln für die Investitionen geboten werden. Dies geschah durch die Schaffung der sog. AbschreibungsgararcftV. ( .. . ) Es war möglich, gegen Übertragung der Abschreibungsgarantie Mittel zum Bau von Anlagen zu bekommen.« (Beweisstück 37) Um die erste Anleihe, die nach diesem Plan gezeichnet -49-
KAPITEL VI
wurde, geht es in dem Bericht über ein Treffen vom 20. Mai 1935 (Beweisstück 38), an dem Vertreter der führenden Banken, General Kesselring vom Luftfahrtministerium96 und Wilhelm Keppler, der persönliche Wirtschaftsberater Hitlers, teilnahmen. Das war die erste Zusammenkunft im Rahmen des Bündnisses, das Regierung und Hochfinanz eingingen, um eine starke militärische Flugzeugindustrie in Deutschland aufzubauen. Die Verhandlungspartner wußten, daß es hier nicht um eine der üblichen Geschäftstransaktionen ging, da die Regierung durch das für militärische Fragen zuständige Luftfahrtministerium vertreten wurde und nicht durch das Wirtschaftsministerium, das sich mit Belangen der zivilen Flugzeugindustrie befaßte. Man behandelte die gesamte Angelegenheit streng vertraulich (Beweisstück 39). Der Leiter der Filiale der Dresdner Bank in Bremen97, mit der Auszahlung des Kredits an Focke-Wulf betraut, sagte aus: »Die Luftfahrtkredite unterlagen strengsten Geheimhaltungsvorschriften und wurden nur von einem kleinen besonders bestimmten Personenkreis bearbeitet. Die Filiale Bremen war hierbei ausgeschaltet.« (Beweisstück 40) Vertreter der Dresdner Bank auf dem Treffen im Mai 1935 war Emil Meyer, Vetter von Keppler, überzeugter Nazi und Leiter der Abteilung für Kredite an die Flugzeugindustrie. Diese Abteilung hatte die Bank schon 1933 eingerichtet, zu einer Zeit, als die deutsche Flugzeugindustrie so klein war, daß Göring in einer geheimen Erklärung, die er 1938 vor etwa 50 Vertretern der deutschen Luftfahrt abgab, sagte: »1933 hatten wir Null...« (Beweisstück 41) Die Dresdner war die einzige deutsche Bank, die eine eigene Abteilung für die Vergabe von Krediten an diesen Wirtschaftszweig einrichtete und sie sogar auf eine Stufe mit größeren Abteilungen wie der Konsortial- und der AuslandsAbteilung oder dem Juristischen Büro stellte. Sie engagierte Baron Payrebruno, der selbst Flieger und später Major der deutschen Luftwaffe war, als Stellvertreter Meyers. Obwohl ihre Führungsrolle bei der Finanzierung der Flugzeugindustrie später diese Abteilung voll rechtfertigte, läßt ihre Gründung im Jahre 1933 darauf schließen, daß die -50-
DIE INLANDSTATIGKEIT
Bank sich an der Verschwörung zur erneuten Rüstung für einen Angriffskrieg beteiligte. Offensichtlich sah Meyer mit seinen ausgezeichneten Verbindungen zum inneren Kreis der NSDAP die Bedeutung dieses Finanzierungsbereichs voraus. Daß er die treibende Kraft für den Enthusiasmus der Dresdner Bank war, geht aus einer Aussage des Leiters der Gruppe Flugzeugindustrie beim Reichswirtschaftsministerium hervor; er schrieb: »Die einzige private Bank, die ein gewisses Verdienst für sich in Anspruch nehmen könnte, ist die Dresdner Bank in der Person des Herrn Professor Meyer.« (Beweisstück 42) Auf dem ersten Treffen im Mai 1935, auf dem sich die anderen Bankiers den Plänen des Luftfahrtministeriums widersetzten, vertrat er folgenden Standpunkt: »Dr. Dr. Meyer (berichtete) über die seitens der Dresdner Bank bisher mit dem Luftfahrtministerium geführten Verhandlungen, wobei er ausführte, daß die Dresdner Bank an sich durchaus bereit und gewillt sei, in jeder Weise das Luftfahrtministerium zu unterstützen, daß aber möglichst Vorsorge getroffen werden müßte, daß die Banken ihre mittelfristigen Kredite in irgendeiner Weise mobilisieren könnten.« (Beweisstück 38) Diese uneingeschränkte Unterstützung sicherte den Erfolg der Unternehmung, und das Luftfahrtministerium betrachtete von nun an die Dresdner Bank als zuverlässigen Partner ihrer Verschwörung. Ein Bericht vom 18. September 1936 über Verhandlungen mit dem Luftfahrtministerium zeigt, daß die Dresdner Bank in vertrauliche Pläne eingeweiht war: »Heinkel: ( . . . ) Das Kapital der Firma Heinkel befindet sich in Privathänden, das Reich selbst ist aber durch sehr große Darlehen an dem Unternehmen interessiert. Überdies baut das Reich gemeinsam mit Heinkel zur Zeit mit einem Aufwand von etwa RM 22000000,- ein neues Flugzeugwerk in Oranienburg. Dieses Werk soll als GmbH aufgezogen werden, ein Kapital von etwa RM 12000000,- und ein Reichsdarlehen von etwa RM 10000000- haben. ( . . . ) Focke-Wulf: In Bearbeitung ist die finanzielle Neukonstruktion des Unternehmens. Es ist beabsichtigt, das Kapital auf RM 5 000 000,- zu erhöhen ... Die für den Ausbau -51-
KAPITEL VI
der Anlagen des Werkes erforderlichen Mittel sollen zum Teil durch Reichskredite, zum Teil durch Kredite von Banken aufgebraucht werden. ( . . . ) Bayerische Flugzeugwerke: Kapital jetzt RM 4000000,-, überwiegend in der Hand des Reiches. Zur Zeit wird ein neues großes Werk in Regensburg mit Hilfe des Reiches gebaut. Die Konstruktionen der Bayerischen Flugzeugwerke sind erstklassig.« (Beweisstück 43) Das Ausmaß ihrer Bereitschaft läßt sich aus der Tatsache ersehen, daß sie 1935 nur zu 22 Flugzeugfirmen Geschäfts beziehungen unterhielt, während es 1937 schon 52 waren. 1937 schrieb sie ans Luftfahrtministerium: »Unter Bezugnahme auf die mündliche Besprechung füge ich als Anlage eine Liste der Flugzeugfirmen bei, so wie wir sie aus unseren volkswirtschaftlichen Unterlagen ermittelt haben. Mit einem größeren Teil dieser Firmen stehen wir schon in angenehmer Geschäftsverbindung. Sie kennen meinen persönlichen Wunsch, bei dem Ausbau der Flugzeugindustrie auch von Seiten meines Instituts mitzuarbeiten, um vor allem der Industrie durch Bereitstellung von Betriebsmittelkrediten zu helfen. Wir möchten damit vor allem bei denjenigen Firmen einsetzen, bei denen vor allem auch das Reichsluftfahrtministerium an einer kreditmäßigen Förderung interessiert ist. Ich würde es daher begrüßen, wenn mir von Ihnen darüber Angaben gemacht werden könnten, bei welchen Firmen Ihnen eine solche Geschäftsverbindung mit uns erwünscht wäre, damit wir gegebenenfalls die Verbindung mit diesen Firmen aufnehmen können.« (Beweisstück 44) Aufgrund der Expansion der Produktionsanlagen nahm der Kapitalbedarf dieses Industriezweiges kein Ende. Koppenberg schreibt darüber: »Das RLM war aber immer ein schlechter Zahler, es hielt über die Gebühr lange zurück mit der Anweisung und Zahlung der fälligen Beträge ..., sodaß die Industrie, die ja aus ihrer ganzen Entstehung heraus nicht kapitalkräftig, sondern ganz im Gegenteil zu allermeist überlastet mit Schulden war (sie war eben eine Treibhausblüte), für die Durchführung des laufenden Betriebes auf die Hilfe des -52-
DIE 1NLANDSTATIGKEIT
Kapitalmarktes und der Banken etc. angewiesen war.« (Beweisstück 37) Die Akten der Dresdner Bank sind unvollständig, aber ein ungefährer Eindruck vom Ausmaß der Kredite, die sie für Betriebsmittel zur Verfügung stellte, läßt sich aus dem Kontoauszug von Focke-Wulf gewinnen, der sich im Juni 1942 auf Verbindlichkeiten von 19750000 Reichsmark belief.98 Die Verschwörung gegen die Versailler Verträge war gelungen. Normalerweise liefen die Kredite an die Flugzeugindustrie über die Bank der Deutschen Luftfahrt, die dem Reichsluftfahrtministerium angeschlossen war", obschon der Großteil des Geldes über Konsortialbeteiligungen der Großbanken wie der Dresdner aufgebracht wurde. Der Grund für die Abwicklung dieser Finanzierungen über die Organisation des Luftfahrministeriums lag in dem Wunsch, daß die Stelle, die für die Festlegung und Beschaffung des technischen und des laufenden Bedarfs der Luftwaffe zuständig war, auch die Industrie kontrollieren sollte. Göring legte in einer geheimen Rede an Vertreter der Flugzeugindustrie im Juli 1938 dar, wieviel Macht er besaß: »Also gerade auf dem Gebiet der Luftfahrtindustrie habe ich gottlob nicht zu klagen. Deshalb kann ich es umsomehr, als es auf die Luftfahrtindustrie nicht zutrifft, sagen: Ich würde heute keine Sekunde, aber auch keine Sekunde zögern. .., um sofort einzugreifen und dem Betreffenden augenblicklich seinen ganzen Laden abzunehmen, von dem ich das Gefühl hätte, er kapiert es nicht, er sieht nur den Klosettdeckelhorizont seines eigenen Betriebes und sieht nicht darüber hinaus. Der Mann versündigt sich, der Mann muß weg. Mit einem Federstrich würde er sein Geschäft und seinen Besitz los.« (Beweisstück 41) Karl M. Hettlage, Leiter der Hauptabteilung für Wirtschaft und Finanzen im Ministerium Speer100, beschreibt die Stellung der Luftfahrtbank: »Kontrolliert und geführt (wurde die Bank der Deutschen Luftfahrt) vom Luftfahrtministerium, (sie) war der Agent des Luftfahrtministeriums in Finanzfragen.« (Beweisstück 45) In einem Brief der Dresdner Bank vom 22. April 1942 an die -53-
KAPITEL VI
Bank der Deutschen Luftfahrt wird die Beziehung der beiden Kreditinstitute sehr deutlich. Er enthält eine Liste von 17 Transaktionen, an denen die Dresdner Bank interessiert war; darin heißt es u.a.: »Hansa-Leichtmetall. Wie Ihnen mitgeteilt, würden wir entscheidenden Wert darauf legen, bei der Finanzierung der Hansa-Leichtmetall, vor allen Dingen soweit die deutsche Finanzierung in Frage kommt, mitzuarbeiten. Sollte eine Finanzierung in Ländern in Frage kommen, in denen wir durch eigene Institute vertreten sind, würden wir es begrüßen, wenn auch diese mit eingeschaltet werden könnten, z.B. Kroatien. (...) Ringhoff er Tatra-Werke. Wir haben uns dahin verständigt, daß Herr Dr. Rasche als Vorsitzer des Aufsichtsrates der Ringhoffer Tatra-Werke seinen Einfluß dahin geltend machen wird, daß die ... Kredite durch uns und die Luftfahrtbank gemeinschaftlich gegeben werden. (...) Focke-Wulf Flugzeugbau. (...) Sie teilten mir mit, daß der Betriebsmittelkredit RM 12 Mill. beträgt und daß wir in den nächsten Tagen Mitteilung bekommen werden über die Konditionen, zu denen wir entsprechend Ihren Zusagen an die Firma den auf uns entfallenden Anteil des Betriebsmittelkredites von RM 6 Mill, herauslegen können.« (Beweisstück 46) Die Dresdner Bank gab sich mit der Expansion der Produktionsmöglichkeiten in Deutschland nicht zufrieden, sondern übernahm auch die Finanzierung beim Ausbau der Luftwaffen in den mit den Nazis verbündeten Achsenmächten. Sie war sich über den Charakter ihrer Geschäfte völlig im klaren. In einer Aktennotiz über ein Treffen mit dem Luftfahrtministerium, in dem die Einzelheiten eines Geschäfts mit dem ungarischen Kriegsministerium geklärt werden sollten, heißt es: »Selbst wenn die Flugwaffe nur den heutigen Umfang behält, werden ständig sehr erhebliche Ersatzbestellungen zur Vergebung kommen, weil im großen Durchschnitt alle vier Jahre der Flugzeugpark vollkommen erneuert wird. Diese Tatsache gewährleistet... die wirtschaftliche Zukunft der Fabriken. Dazu kommt, daß das Reich selbst durch ungewöhnlich große Darlehen an den Werken interessiert sei -54-
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DIE INLANDSTATIGKE1T
und gewiß alles tun werde, um den Werken ihre Existenz zu erhalten. Natürlich könne eine Verpflichtung des Luftfahrtministeriums in schriftlicher Form nicht gegeben werden, daß tatsächlich den Werken durch entsprechende Aufträge auch während der nächsten sieben Jaftre die Existenz gesichert bleibe.« (Beweisstück 43) Der Vertragsentwurf für diese Transaktion sah vor, daß die Dresdner Bank den Bau von Flugzeugen für das ungarische Kriegsministerium, den die Firmen Heinkel, Junkers, FockeWulf und 12 weitere Unternehmen durchführen sollten, mit einem Kredit von 27,5 Millionen Reichsmark finanzierte (Beweisstück 47). Dieser Auftrag wurde so erfolgreich abgewickelt, daß, als man 1938 über die Finanzierung von Austro-Fiat verhandelte, der zuständige Vertreter des Luftfahrtministeriums berichtete: »Bei dem heutigen Telefongespräch hat mir Herr Regierungsrat Wienstein nochmals ausdrücklich erklärt, daß die Dresdner Bank bei allen diesen Verhandlungen durch das Luftfahrtministerium absolut gedeckt sei und es der dringende Wunsch des Staatssekretär Milch und des Generaloberst Göring sei, daß die Kreditverhandlungen bei der Austro-Fiat in einem günstigen Sinne zu Ende geführt werden ...« (Beweisstück 48) Als schließlich der Angriffskrieg begann, wollte die Dresdner Bank natürlich davon profitieren. In einer Aktennotiz vom September 1941 stellte sie die folgende Liste von Geschäftsabschlüssen zusammen, die sich auf die besetzten Gebiete Europas bezogen und an denen sie beteiligt werden wollte: (1) »Die Luftfahrtbank hat große Bestellungen in Belgien für die Luftfahrt-Industrie aufgegeben. Es sollen für die Zahlungen, die sich auf 59 Mill. Franken belaufen, durch unsere Vermittlung oder durch unsere Bank Akkreditive gestellt werden.« (2) »Im Generalgouvernement sind größere Finanzierungen durchzuführen, vor allem durch die Luftanlagegesellschaft, eine Tochter der Luftfahrtbank. Diese Finanzierung soll die Luftfahrtbank durch die Kommerzialbank vornehmen lassen und zwar in voller Höhe. Wir sollen jedoch der -55-
KAPITEL VI
Luftfahrtbank zusagen, daß wir sie auf Wunsch an diesen Krediten mit der Hälfte beteiligen.« (3) »Die Ostmärkischen Motorenwerke sind mit sofortiger Wirkung wieder den Junkers-Werken abgenommen worden ... (Sie) werden den Daimler-Benz-Werken zur Betreuung übergeben, weil Daimler-Benz-Motoren gebaut werden sollen in Serien. Die Ostmärkischen Motorenwerke sollen das größte deutsche Motorenwerk werden. Es ist dabei auszugehen von Investitionen von RM 150 Mill. und Krediten von RM 100 Mill. Durch diese Neuordnung ändert sich die vorgesehene Quoten-Angelegenheit, weil jetzt die Deutsche Bank über Daimler-Benz mit Forderungen kommen wird. Herr Rudorf101 wird in dieser Richtung mit DaimlerBenz verhandeln. Für den Konzern der Dresdner Bank dürfte seiner Meinung nach ein Betrag von RM 40 Mill. Investitionen und RM 20-25 Mill. Betriebskredite in Frage kommen. Herr Rudorf wird unsere Interessen bei der Quotenverteilung vertreten. Die Quote wäre dann von uns auf Länderbank und Bebca. . . zu verteilen.« (4) »In Paris ... werden sehr große Kredite an französische Flugzeugfirmen oder Zubringer-Industrien vergeben. Herr Rudorf ist bereit, uns an diesen Krediten. . . zu beteiligen.« (5) »Herr Rudorf und Herr Harke (fahren) nach Brüssel, und werden die Verbindung mit unserer Tochter dort aufnehmen. Ich habe zugesagt, unseren Direktor Overbeck entsprechend zu informieren.« (6) »In Holland hat die Luftfahrtbank die Buitenländ'sche Bank erworben. ( . . . ) Die Herren haben empfohlen, daß unsere Bank sich mit der Buitenländ'schen Bank in Verbindung setzt, um die gemeinsame Arbeit der beiden Banken zu besprechen.« (Beweisstück 49) Der Überblick über die Rolle, die die Dresdner Bank bei der Finanzierung der deutschen Flugzeugindustrie unter den Nazis spielte, wäre unvollständig, ginge man nicht näher auf Emil Meyer ein. Er nahm eine untergeordnete Stellung in der Abteilung für landwirtschaftliche Genossenschaften bei der Bank ein102 , wurde aber mit der Machtergreifung der Nazis 1933 ein wichtiger Mann und richtete die Kreditabteilung Flugzeugindustrie ein. Er war ein Nazi mit ausgezeichneten -56-
DIE INLANDSTATIGKE1T
Parteiverbindungen und machte schnell Karriere. Er war das Bindeglied der Bank zum Luftfahrtministerium und zur Flugzeugindustrie. In einer hausinternen Mitteilung vom Juni 1936 über die Berufung Meyers in den Beirat der Arado Flugzeugwerke heißt es: »Hierdurch teilen wir Ihnen ergebenst mit, daß Herr Direktor Dr. Dr. E. H. Meyer vom Reich zum Verwaltungsratsmitglied der Arado Flugzeugwerke GmbH, Brandenburg a. d. Havel, bestellt worden ist. Wir bitten der guten Ordnung halber uns Ihr Einverständnis mit der Annahme dieses Mandats bestätigen zu wollen, und verbleiben mit Heil Hitler! Dresdner Bank, gez. Sabath, Heinze. Einverstanden: gez. Goetz« (Beweisstück 50) Von Anfang an machte sich die Dresdner Bank beim heimlichen Ausbau der Luftwaffe zum Verbündeten des Nazi-Staates. Wie vollständig sie sich mit dieser Aufgabe identifizierte, zeigt das folgende Zitat aus einem Brief von Carl Goetz, dem Leiter der Bank: »Es ist uns allen eine große Genugtuung, daß wir durch Unterstützung des Segelfluggedankens in unserem Hause wenigstens in bescheidenem Maße produktive Vorarbeit für die Luftwaffe leisten konnten, und wir werden auch in Zukunft gern in diesem Sinne weiter tätig sein. Mit besten Grüßen und Heil Hitler! Ihr gez. Carl Goetz». (Beweisstück 51)
2.
DIE BESCHAFFUNG VON ÖL
Die Dresdner Bank - mit ihren Zweigstellen und weltweiten Filialen eine komplexe und weitreichende Institution - konnte eine Vielzahl finanzieller und geschäftlicher Aufgaben übernehmen. Sie war der ideale Partner für Missionen, mit denen die Regierung nicht allzusehr identifiziert werden wollte. Die Darstellung der verzweifelten Bemühungen Deutschlands, seine Ölversorgung sicherzustellen, die zum Betrieb des -57-
KAPITEL VI
Kriegspotentials notwendig war, an dem man so fleißig arbeitete, bedarf eines gewissen Einblicks in die Vielfalt der Leistungen, die die Bank anbieten konnte. Sie stellte die nötigen technischen, politischen, rechtlichen und finanziellen Mittel bereit, um die Ölreserven für den bevorstehenden Krieg zu sichern. Sie übernahm bei Verhandlungen mit dem Ausland die Rolle des Diplomaten; sie unterstützte Gesellschaften; sie stellte im Rahmen ihrer Finanzleistungen einen Geologen zur Verfügung - Aktivitäten, die sich alle auf die Beschaffung des Öls richteten, das für das Rüstungsprogramm der Nazis benötigt wurde. Öl war der Rohstoff, der Deutschland angesichts seiner Kriegsvorbereitungen am meisten fehlte. Die Oberkommandos aller drei Waffengattungen der Wehrmacht befaßten sich mit der Lösung dieses Problems, desgleichen das Wirtschaftsministerium und die Vierjahresplanbehörde.103 Die deutsche Kriegsmarine, die sich trotz der Beschränkungen durch die Versailler Verträge auf einen Krieg vorbereitete, verwies auf die Notwendigkeit von Ölreserven. In einem Bericht vom 9. September 1938 schrieb Admiral Raeder: »Die Kriegsmarine kann ihren Aufgaben im Kriege nur dann voll gerecht werden, wenn sie neben der laufenden Ölversorgung aus dem Inlande auch über aufgespeicherte Bestände an Mineralöl verfügt. Als Lagerbestand in dem hierfür erforderlichen Umfang muß ungefähr ein Kriegsjahresbedarf angesehen werden.« (Beweisstück 52) Aus diesem Bericht geht weiter hervor, daß das Oberkommando der Kriegsmarine sich Gedanken über seine zukünftige Rolle machte: »Die vorgeschlagene Ölkonzession in Mexiko soll der lebenswichtigen Ölversorgung der Kriegsmarine schon in Friedenszeiten dienen... Darüber hinaus können möglicherweise die in Mexiko vorgesehenen Anlagen, wenn rechtzeitig schon im Frieden erforderliche Vorkehrungen getroffen werden, der Kriegsmarine auch im Kriege gewisse Versorgungsmöglichkeiten bieten.« (Ebenda, S. 5) Die Dresdner Bank wurde bei diesen heimlichen Kriegsvorbereitungen Deutschlands zum Partner des Oberkommandos der Kriegsmarine. Sie übernahm die Aufgabe, Ölfelder in -58-
DIE INLANDSTATIGKEIT
Lateinamerika ausfindig zu machen. In einem Bericht beschreibt Admiral Raeder die Rolle der Dresdner Bank. Das Oberkommando der Kriegsmarine habe »die Dresdner Bank für Zwecke der Tarnung und auch für die finanzielle Seite des Vorhabens zur Mitarbeit herangezogen, um das Risiko des Verlustes von Devisen für das Deutsche Reich oder eines Reichsmarkverlustes für das Oberkommando auszuschalten.« (Beweisstück 53) Sie unterstützte auch ein frühes Projekt (1934), an dem sich eine Gruppe deutscher Geschäftsleute stellvertretend für das Wirtschaftsministerium beteiligte und das die Ausbeutung einer Ölkonzession in den Mosulfeldern im Irak104 zum Gegenstand hatte. Aufgrund der Devisenknappheit in Deutschland konnte die Gruppe ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen und sah sich gezwungen, ihre Anteile zu verkaufen. Die Bank als ihr Treuhänder »versuchte alles in ihrer Macht stehende, die Aktien in Deutschland zu plazieren - ein Bestreben, das ganz im Interesse des Oberkommandos der deutschen Kriegsmarine lag...« (Beweisstück 54, Verhörprotokoll Hans Pilder, Leiter der Auslands-Abteilung der Dresdner Bank). Die Bank wußte, worum es bei diesen Verhandlungen ging. Admiral Raeder schrieb: »Ebenso wie bei den Verhandlungen für die Beteiligung an der Mosul Oil Fields, so hatte auch hier das Oberkommando der Kriegsmarine die Dresdner Bank für Zwecke der Tarnung ... herangezogen«. (Beweisstück 53) Kurz nach dem Scheitern dieser Bemühungen gestattete das Wirtschaftsministerium dem Oberkommando der Kriegsmarine, 600000 Pfund, die man bei den Mosul-Transaktionen erzielt hatte, für die Finanzierung von Olkonzessionen in Lateinamerika zu verwenden. Das Projekt, das das Oberkommando im Auge hatte, erforderte eine noch engere Zusammenarbeit und ein vorsichtigeres Vorgehen, aber es hatte volles Vertrauen in die Männer, die die Mosul-Verhandlungen geführt hatten, und war überzeugt, daß sie diesen Abschnitt der deutschen Kriegsvorbereitungen gekonnt abwickeln würden. Admiral Raeder beschreibt die Aufgaben dieses Vorhabens folgendermaßen: »Zur weiteren Förderung der Sache hat nun das Oberkom-59-
KAPITEL VI
mando der Kriegsmarine im Sommer 1937 die Dresdner Bank veranlaßt, die Gesellschaft für überseeische bergbauliche Unternehmungen zu gründen mit der Aufgabe, in dem nach vorstehenden Ausführungen verbleibenden günstigsten Räume im einzelnen bestimmte Ölfelder zu ermitteln und möglicherweise die erforderlichen Konzessionsverträge mit der in Betracht kommenden ausländischen Regierung einzeln vorzubereiten und gleichzeitig das geologische und politische Risiko, welches mit der Ölkonzession im Auslande verquickt sein kann, zu ermitteln.« (Beweisstück 52, S. 3) Mit der Durchführung dieses Auftrages waren bei der Bank im wesentlichen zwei Männer betraut, Karl Erk, einer der stellvertretenden Leiter der Auslands-Abteilung, und Professor Bentz vom Geologischen Institut Berlin.105 Die AuslandsAbteilung der Bank bearbeitete die Angelegenheit; die Beweisstücke 54, 55, 56 und 57, Aussagen von Hans Pilder, dem Leiter dieser Abteilung, enthalten ein Resümee der wichtigsten Entwicklungsschritte. Kurz zusammengefaßt ergibt sich daraus folgendes Bild: Nach einem Plan, den Fetzer106 für das Oberkommando der Kriegsmarine und die Dresdner Bank erarbeitet hatten, gründete man ein Tarnunternehmen, die Gesellschaft für Überseeische Bergbauliche Unternehmungen, mit einem Kapital von 50000 Reichsmark, deren Aktien vollständig im Besitz der Bank und einer ihrer Filialen, der Treuhand Vereinigung, waren. Fünf Tage nach der Gründung dieser Gesellschaft fuhren Erk und Bentz nach Mexiko. Sie erhielten ihre Instruktionen direkt vom Oberkommando der Kriegsmarine, aus zahlreichen Eintragungen in den Geschäftsbüchern der Firma geht jedoch hervor, daß man dessen Beteiligung weiterhin tarnte, indem alle Auslagen von der Gesellschaft beglichen wurden. Zu den Reisezielen der beiden gehörten auch Kolumbien und Venezuela. Sie kamen zu dem Ergebnis, daß Mexiko den Anforderungen des Oberkommandos der Kriegsmarine am ehesten gerecht würde, und zwar aus folgenden Gründen: »Nach Prüfung der Verhältnisse, besonders in Mexiko, Kolumbien und Venezuela, ergab sich, daß nur in Mexiko -60-
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DIE INLANDSTATIGKEIT
Gebiete erworben werden können, welche mit verhältnismäßig geringen Bardevisen in kürzester Zeit große Mengen Öl zu liefern vermögen. ( . . . ) In Mexiko ... sind Felder angeboten, welche nicht weiter als höchstens 60 km landeinwärts von ausgebauten Ölverschiffungshäfen liegen. ( . . . ) Mexiko ist schließlich das einzige Land, in welchem der Einfluß des amerikanischen Standard-Oil- und Shell-Konzerns wirkungsvoll ausgeschaltet ist, welche in anderen Ländern erfahrungsgemäß alle Bemühungen darauf abstellen, andere Staatsangehörige nicht in Besitz selbständiger Ölkonzessionen kommen zu lassen." (Beweisstück 52, S. 3 f.) Diese Unterhandlungen für die Streitkräfte des nationalsozialistischen Deutschland hätten für eine Bank durchaus unübliche Leistungen sein müssen, es stellt sichjedoch heraus, daß »Direktor Erk als Vertreter der oben erwähnten >Gesellschaft für überseeische bergbauliche Unternehmungen ... in den letzten Monaten an Ort und Stelle mit der mexikanischen Regierung Konzessionverträge bereits bis in alle Einzelheiten entworfen und abgestimmt (hat).« »Hinsichtlich des politischen Risikos beziehe ich mich ... auf eine hier beiliegende Niederschrift des Bankdirektors Erk ...« (Beweisstück 52, S. 4) Das Oberkommando der Kriegsmarine hatte eine gute Wahl getroffen, als es für diese schwierige Mission die Dienste der Dresdner Bank in Anspruch nahm. Aber es stand mit seinem Vertrauen in dieses Kreditinstitut nicht allein. Auch das Wirtschaftsministerium beteiligte sich an der Suche nach Möglichkeiten einer sicheren Ölversorgung. Es ging davon aus, daß es den Bedarf Venezuelas nach Absatzmärkten für seinen Kaffee als Druckmittel einsetzen könnte, um Ölverkäufe zu erzwingen. Es wollte das Öl in Sondermark bezahlen, was die Ölgesellschaften Venezuelas, die sich in US-Besitz befanden, nicht akzeptierten. Man wandte sich an H. Wedekind, einen führenden Vertreter der Filiale der Dresdner Bank in Südamerika, der DeutschSüdamerikanischen Bank107, mit der Bitte, die Verhandlungen zu übernehmen. In Wedekinds offiziellem Bericht über seinen Auftrag heißt es: -61-
KAPITEL VI
»Im April 1935 wurden die Deutsche Bank und DiscontoGesellschaft Filiale Hamburg, die Dresdner Bank in Hamburg und die Deutsch-Südamerikanische Bank AG Zweigniederlassung Hamburg vom Reichswirtschaftsministerium (Dr. Schlotterer) aufgefordert, ihr Urteil abzugeben, in welcher Form die Möglichkeit bestände, aus Venezuela, von wo man in der Hauptsache nur Kaffee kaufe, auch den für Deutschland sehr wichtigen Rohstoff Rohöl zu beschaffen, und zwar gegen Zahlung in Sondermark.« (Beweisstück 58, S. 1) Das Kernproblem faßt er mit den Worten zusammen: »... es war nun die Frage zu lösen, wie die zur Bezahlung dieses aus Venezuela stammenden Öls zu bestimmten Zeitpunkten benötigten Devisen aus dem Handel mit Venezuela freigemacht werden konnten.« (Ebenda, S. l f.) Die Rolle, die die Bank in dieser Sache spielte, kann in ihrer Bedeutung kaum überschätzt werden. Es geht hier um den Fall, daß ein Ministerium eine Bank bittet, die Bedingungen für den gesamten Handel zwischen Deutschland und Venezuela auszuhandeln. Der Bericht sagt hierzu: »Die Deutsch-Südamerikanische Bank AG, Hamburg, nahm dann nach Abstimmung mit dem Reichswirtschaftsministerium im Oktober 1936 die direkte telegrafische Verbindung mit dem Fomento-Minister Dr. Nestor Luis Perez, auf und schloß an die Unterhandlungen an, die das Ministerium mit den verschiedenen Gruppen in der Ölbeschaffungsfrage gehabt hatte. Dem Minister wurde mitgeteilt, daß laut Wunsch des Reichswirtschaftsministeriums die erwähnte Bank die einzige Stelle sei, mit der man in Zukunft diese Fragen zu behandeln hätte, und der Minister wurde gebeten, sich zu äußern, ob es der venezolanischen Regierung recht sei, daß eine Interessentengruppe bestehend aus Ölinteressenten und einem Bevollmächtigten der DeutschSüdamerikanischen Bank zu Verhandlungen nach Venezuela ausreise.« (Ebenda, S. 3 f.) Die Verhandlungen zwischen dem deutschen Vertreter der Bank und dem Landwirtschaftsminister von Venezuela liefen über eine Zeit von sechs Monaten, von Anfang November 1936 bis März 1937. Eine Übereinkunft scheiterte vornehm-62-
DIE INLANDSTATIGKEIT
lieh an der Tatsache, daß »die (amerikanischen) Ölgesellschaften sich weigerten, Öl« außer gegen Goldzahlung »nach Deutschland zu liefern«. Deutschland konnte aber lediglich in Sperrmark zahlen108 . Der Druck der KaiTeepflanzer reichte nur zur Durchsetzung einer geringfügigen Erhöhung der Olexporte nach Deutschland. Wedekind hatte nicht die Menge Öl beschafft, die die Nazis brauchten; er erwirkte eine Zusage von der Regierung Venezuelas, daß sie versuchen würde, eine Kündigung der gegenwärtigen Ölkonzessionen zu erreichen. Nach den neuen Verträgen sollte die Bezahlung der Förderabgaben dann in Form von Öl erfolgen, wodurch es möglich würde, die vom Wirtschaftsministerium geplanten Transaktionen durchzuführen. Bei der Bank wußte man sehr wohl, wofür das Öl letzten Endes gebraucht wurde, denn Wedekind schreibt in seinem Bericht: »Man muß berücksichtigen, daß die Zeitungsnachrichten über die spanischen Wirren in Venezuela seinerzeit so lauteten, daß die Venezolaner wirklich glauben mußten, Deutschland könnte täglich in kriegerische Handlungen verwickelt werden.« (Beweisstück 58, S. 9) Nachdem Deutschland 1939-1940 den Krieg begonnen hatte und auch während des Luftkrieges gegen England war Öl nach wie vor das Versorgungsproblem Nummer eins. Um aus dem besetzten Europa die größtmöglichen Produktionsmengen herauszuholen, beschloß man, die Bemühungen um die Beschaffung von Öl in einer riesigen Monopolgesellschaft mit dem Namen Kontinentale Öl AG zusammenzufassen.109 Ein Bericht an den Vorstand der Dresdner Bank vom 22.Januar 1941 besagt zur Entstehung dieses Plans: »In einer von Herrn Staatssekretär Neumann" 0 einberufenen Sitzung wurde von ihm Bericht erstattet über die Pläne hinsichtlich der neu zu errichtenden Continental Erdöl AG, die auf Grund einer vor einiger Zeit zwischen dem Führer und Reichsmarschall Göring stattgehabten Aussprache die Gesamtinteressen Deutschlands auf dem Erdölgebiet... umfassen soll.« (Beweisstück 59) Und zum Plan selbst: »Es ist. . . die Errichtung einer Holding zwecks zentraler -63-
KAPITEL VI
Lenkung aller in dieses Gebiet einschlägigen Transaktionen (sie! d. Bearb.) beabsichtigt, während die Produktionsgesellschaft im einzelnen in eigener juristischer Form und Regie weiter arbeiten sollen.« (Ebenda, S. 1) Man erwog die Bildung eines Kartells. Im Bericht an den Vorstand der Dresdner Bank heißt es: »Die Produktionsgesellschaften, die schon jetzt auf deutschem Gebiet arbeiten (in erster Linie Elverath, Deag, Wintershall, Preussag)' 11 , zu denen dann etwas anders gelagert die LG. Farben hinzutritt und hinsichtlich Steinkohle der Benzolverband, hinsichtlich Braunkohle die Brabag, sollen ihre deutschen Bohrungen und Betriebe in eigener Regie fortsetzen.« (Ebenda) Die Firmenbeteiligungen dieser geplanten Gesellschaft sollten sich über den gesamten europäischen Kontinent erstrekken. Dazu der Bericht an den Vorstand der Dresdner Bank über das erste Treffen: »Es wird nicht zum Aufgabenkreis der Conti gehören, im Altreich Bohrungen vorzunehmen, dagegen Verfeinerung und Transport. Vorläufig ist der Erwerb der Concordia (erforderlich 22/2 Millionen), Columbia (erforderlich 20 Millionen), Südost-Interessen der Wifo"2 (erforderlich 12 Millionen) vorgesehen. Ferner schweben Verhandlungen über die Standard-Beteiligungen in Ungarn (über die LG. FarbenStandard-Verbindungen).« (Ebenda, S. 3) Weiter geht aus dem Bericht vom 22. Januar 1941 hervor, in welch ungeheurer Größenordnung sich die damit verbundenen Kredite bewegten: »Die gegenwärtig sichtbaren Pläne umfassen also ca. RM 100 Millionen. Sollten sie ausgeführt werden, so wird von vornherein zu den 50 Mill. jetzt vorhandenen Mitteln die Beschaffung von bis zu weiteren 70 Millionen ins Auge zu fassen sein. Über die Beschaffung dieser 70 Millionen wurden die anwesenden Vertreter gebeten, sich in ihrem Kreise zu unterhalten, um dann Anregungen zu geben.« (Ebenda, S. 3) Ergebnis dieser »Diskussion« war, daß man sich wieder einmal an die großen Universalbanken um kräftige Unterstüt-64-
DIE INLANDSTATIGKEIT
zung bei der Finanzierung des Angriffskriegs der Nazis wandte. Laut einem Brief Görings vom S.März 1941 sollten die notwendigen Mittel nach dem folgenden Plan aufgebracht werden: »1. Die Stammaktionäre (d.h. die Produktions- und Verarbeitungsunternehmen - Zusatz in der amerikanischen Übersetzung), denen 50faches Mehrstimmenrecht zugebilligt wird, zeichnen und zahlen ein 50 Mill. RM. 2. die Banken zeichnen als Eigengeschäft 30 Mill. Stammaktien mit einfachem Stimmrecht und zahlen darauf zunächst 25 ein; 3. die Banken räumen der Gesellschaft einen Kredit von 40 Mill. ein, dessen Verzinsung noch geklärt werden muß.« (Beweisstück 61) Die Institution, die daraus entstand, war mehr als ein Mittel zur Kontrolle der vorhandenen ölproduzierenden Unternehmen; es war eine Monopolgesellschaft. Im Bericht der Dresdner Bank über das Treffen vom 21. Januar 1941 heißt es: »Gemäß Weisung des Reichsmarschalls soll diese Gesellschaft unter staatlicher Lenkung stehen, jedoch im übrigen völlig nach privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten von der Privatwirtschaft geführt werden. ( . . . ) Um die staatliche Lenkung der Conti zu sichern, soll Herr Reichsminister Funk ad personam den Vorsitz der Gesellschaft übernehmen, die Staatssekretäre Keppler und Neumann den stellvertretenden Vorsitz.« (Beweisstück 59, S. l, 2) Den Aufsichtsrat der neuen Monopolgesellschaft bildete eine eindrucksvolle Gruppe von nationalsozialistischen Wirtschaftsführern, die die Aufrüstung Deutschlands geleitet hatten und die nun hofften, aus dem Angriffskrieg zu profitieren, den sie über die Welt gebracht hatten. Görings Brief führt 28 Aufsichtsräte auf. Zu den wichtigsten gehören" 3: Wilhelm Keppler — Leiter der Zentralstelle für die Wirtschaftspolitischen Organisationen der NSDAP und Beauftragter des Führers und Reichskanzlers für Wirtschaftsfragen Fritz Kranefuß - Führender Mann in dem Kreis von Industriellen um Keppler -65-
KAPITEL VI
Heinrich Bütefisch114 Karl Rasche
und Aufsichtsratsmitglied der Dresdner Bank - Vorstandsmitglied der I.G. Farben - Experte der Dresdner Bank für die Ausbeutung von Nazi-Eroberun-
gen Karl Blessing1 - Im Wirtschaftsministerium der zuständige Mann für Ölfragen Dr. A. Bentz - hatte früher bei der mexikanischen Öltransaktion mit der Dresdner Bank zusammengearbeitet. (Beweisstück 66) Der Anteil der Dresdner Bank an diesem riesigen Unternehmen belief sich auf ein Drittel der Gesamtsumme. Die anderen Banken sollten sich ebenfalls beteiligen (Beweisstück 62). In ihrem Jahresbericht für 1941 rühmt sich die Dresdner Bank ihrer führenden Rolle bei der Finanzierung dieser Unternehmung. In einer Zusammenfassung der Diskussion, die im Vorstand der Dresdner Bank am 18. März 1941 geführt wurde, kommt der aggressive Charakter ihrer Initiative zum Vorschein: »Hinsichtlich der Führung erhebt die Deutsche Bank mit Rücksicht auf die Vorarbeiten Anspruch. Ich habe bei Herrn Abs"6 angeregt, uns die Mitführung bei einer Federführung durch die Deutsche Bank zuzugestehen. Darauf will er noch zurückkommen.« (Beweisstück 63) Dieser Vorschlag wurde angenommen, wie aus einer Aktennotiz vom 19. März 1941 hervorgeht: »Im Anschluß an die Besprechung. . . im Amt des Vierjahresplanes teilte Herr Abs fernmündlich mit, daß die Deutsche Bank bereit sei, der Dresdner Bank die Mitführung bei einer ständigen Federführung durch die Deutsche Bank zuzugestehen von dem Augenblick ab, in dem man sich wegen Placierung der Aktien oder dergl. an das Publikum wenden würde. Auch mit der Quotenverteilung je 35% Deutsche Bank und Dresdner Bank und je 15% Reichskreditgesellschaft und Berliner Handelsgesellschaft erklärt sich die Deutsche Bank einverstanden.« (Beweisstück 64) -66-
DIE INLANDSTATIGKEIT
Man erwartete von der Bank nicht nur Hilfe bei der Beschaffung des Startkapitals für die neue Ölgesellschaft. Wie schon bei den oben beschriebenen Ölgeschäften hatte die Regierung auch hier die Absicht, sich die führenden Vertreter der Dresdner Bank und ihr weitreichendes Finanzimperium zunutze zu machen. In einem Brief Görings vom 20. März 1941 heißt es: »Die Gesellschaft soll nach ihrer Gründung zunächst die aus belgischem Besitz erworbene Aktienmehrheit der Concordia und sodann aus französischem Besitz die Mehrheit der Colombia übernehmen. Über die weiteren Pläne wegen des Erwerbs von ausländischen Unternehmungen wird auf der Gründungsversammlung berichtet werden.« (Beweisstück 60) Bedenkt man, welch skrupellose Methoden zum Erwerb von Firmenbeteiligungen in den besetzen Gebieten eingesetzt wurden, kann man wohl mit Sicherheit davon ausgehen, daß von den beteiligten Banken erwartet wurde, diese Aufgabe zu übernehmen. (Siehe den Bericht über die Tätigkeit der Dresdner Bank in Belgien und den Niederlanden.) Die Kontinentale Öl AG expandierte weiter nach Osten. In einem Bericht des Wirtschaftsministeriums, der die Ausbeutungsrechte für die deutschen Ölvorkommen aufteilt, erhält die Kontinentale Öl AG unter anderem die Zuteilung für die reichen russischen Felder. »In Verfolg des besonderen Auftrages, den die Kontinentale Öl AG für die russische Mineralölwirtschaft erhalten hat, nimmt sie im eigenen Namen oder durch Tochtergesellschaften sämtliche der Mineralölwirtschaft dienenden Anlagen in Besitz.« (Beweisstück 65) 1941 hatte Stalingrad die Wehrmacht noch nicht zum Stehen gebracht, und die Nazis konnten ihre Pläne vom Standpunkt des Eroberers aus machen. Daher erhielt die Kontinentale Öl AG die Anweisung, spezielle Unternehmen für die Ausbeutung verschiedener Ölregionen aufzubauen, unter anderem für die baltischen Staaten, Zentralrußland, die Ukraine und den Kaukasus (Beweisstück 65).1'7 Die Reichsregierung und das Oberkommando hielten dies für eine Aufgabe von -67-
KAPITEL VI
höchster Priorität. In einem Brief vom 22. Juli 1941 schrieb der Wirtschaftsminister: »An die Kontinentale Öl AG Berlin W 35 Potsdamerstraße 95 Betr.: Russische Mineralölwirtschaft Unter Bezugnahme auf den Ihnen erteilten Auftrag für die Durchführung der auf dem Mineralölgebiet in Rußland zu treffenden Maßnahmen übersende ich Ihnen in der Anlage eine Ausarbeitung über die Aufgabenstellung der Gruppe Mineralöl bei Wi Stab Ost. Ich bitte, Ihrerseits alle erforderlichen Maßnahmen mit Nachdruck zu betreiben. Sie sind berechtigt, sich bei der Durchführung auf diesen Auftrag zu beziehen. Sofern auftretende Schwierigkeiten nicht von Ihnen überwunden werden können, wollen Sie mich umgehend davon unterrichten, damit ich das Erforderliche veranlassen kann.« (Beweisstück 65, Anschreiben) Die Dresdner Bank leistete fortwährend die verschiedensten Beiträge zur Sicherung des Ölbedarfs des nationalsozialistischen Militärapparates. Der Jahresbericht weist in der Liste der größeren finanziellen Transaktionen - die Bank »war stolz«, hieran »einen führenden Anteil übernommen zu haben« - eine hohe Zahl von Krediten für Ölgeschäfte aus. Die Akten der Bank sind unvollständig, ein Eindruck vom Ausmaß ihrer Kredite an dieses Kriegsunternehmen läßt sich jedoch aus einer Teilliste von Anleihen gewinnen, die sie für Gesellschaften zeichnete, welche sich mit der Herstellung von synthetischen Treib- und Schmierstoffen befaßten118: 1. Deutsche Continental-Gas1937: RM 25 Mio Gesellschaft, Dessau 1937: RM 55 Mio 2. Gelsenberg-Benzin 1937: RM 10 Mio 3. Krupp Treibstoff 1938: RM 120 Mio 4. Braunkohle-Benzin AG (Brabag) 5. Rheinisch Westfälische Elektrizitäts1939: RM 25 Mio werk AG 6. Union Rheinische Braunkohlen1940: RM 60 Mio Kraftstoff -68-
DIE INLANDSTATIGKEIT
7. Rheinische AG für Braunkohle etc. 1940: RM 50 Mio 8. Wintershall AG 1940: RM 60 Mio 9. Braunkohle- und Brikettwerke Roddergrube 1941: RM 60 Mio 10. Essener Steinkohlenbergwerke 1941: RM 30 Mio 11. Sudentenländische Treibstoffwerke AG 1944: RM 109 Mio Die Dresdner Bank blieb auf der Suche nach dem Öl, das das Militär zur Deckung seines Bedarfs brauchte, bis zum Ende ein Bündnispartner der Nazi-Regierung. Nach der Eroberung Südosteuropas setzte sie ihren über den ganzen Kontinent reichenden Einfluß ein, um die Olgesellschaften dieser Region unter deutsche Kontrolle zu bringen. Ein Brief von Ludwig Schmidt" 9 , einem Vertreter der Kontinentalen Öl AG, an Rasche von der Dresdner Bank belegte den Wert dieser weit gestreuten Geschäftsverbindungen: »Fanto A G, Prag ... Bei meiner Rückkehr von einer längeren Dienstreise durch die Ukraine, wo ich im Interesse der Kontinentale Öl AG die Organisation der Mineralöl-Verteilung aufzubauen habe, fand ich über obige Firma folgende Notiz in der Berliner Börsenzeitung vom 10.12. 1941: >Die schweizerische Majoritätsgruppe hat von ihrem Verfügungsrecht in der Verwaltung Gebrauch gemacht und den Vorsitz dem Vorstandsmitglied der Dresdner Bank, Alfred Busch, angebotene Sie werden sich vielleicht aus unseren gemeinsamen Prager Tagen erinnern, daß der BV (Benzin-Benzol-Verband, d. Bearb.) sich bei der Errichtung des Protektorates sehr für einen Erwerb der Fanto AG, Prag, interessierte und darüber auch mit den maßgebenden Herren der Contvalor, Basel, verhandelt hat. Diese Verhandlungen führten damals nicht zum Ziele... Aus der Zeitungsnotiz glaube ich, entnehmen zu können, daß der Einfluß Ihrer Bank sich inzwischen bei dem Prager Unternehmen verstärkt hat. Ich möchte Ihnen deshalb persönlich und vertraulich davon Kenntnis geben, daß der Benzol-Verband nach wie vor ein Interesse daran hat, seine Mineralöl-Organisation im Protektorat zu verstärken und -69-
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hierbei in der Prager Fanto ein geeignetes Objekt sehen würde. Sollten Sie daher eine Möglichkeit sehen, die seinerzeit gebrochenen Verhandlungen wieder aufzunehmen, so wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn wir uns über diese Angelegenheit einmal mündlich unterhalten könnten. (...) Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch erwähnen, daß der BV unter Umständen auch ein Interesse am Erwerb der ungarischen Fanto haben würde, deren Aktienkapital sich m. W. im Besitze der Allgemeinen Kreditbank Budapest befindet. ( . . . ) Sollten Sie die Möglichkeit einer Vermittlung sehen, so wäre ich auch in diesem Falle für einen Hinweis dankbar.« (Beweisstück 67) Und 1942 sagt die Dresdner Bank in einem Bericht über einen erfolgreich ausgeführten Auftrag, auf den die Kontinentale Öl AG »ganz besondere Wert legte«120 : »Im Anschluß an unser Schreiben vom 20. ds. Mts. (Juni, d. Bearb.) dürfen wir Ihnen mitteilen, daß wir soeben von der Continentalen Bank, Brüssel, erfahren haben, daß es deren Bemühungen gelungen ist, die fraglichen St. 60 Faraky Romaneasca Aktien von Herrn Waterkayn. . . zu dem von Ihnen gedachten Preise von bfrs. 2000,— zu erwerben. ( . . . ) Die Legalisierung der von Ihnen gewünschten Vollmacht wird noch eine geraume Zeit beanspruchen. (...) Wir begrüßen es, daß es uns gelungen ist, die obengenannten Aktien trotz der erschwerten Verhältnisse für Sie zu erwerben, und grüßen Heil Hitler! Dresdner Bank« (Beweisstück 68) Daß die deutsche Kriegsmaschinerie mangels Treibstoff zum Erliegen kam, ist nicht auf das Fehlen einer regen Beteiligung an den weitreichenden Bemühungen, die Versorgung sicherzustellen, zurückzuführen.
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DIE INLANDSTATIGKEIT
3.
D IE HERM AN N G ÖR ING -W ERKE
Der Hermann Göring-Komplex war der drittgrößte Konzern Europas, gleich nach der I.G. Farben und den Vereinigten Stahlwerken.121 Er war das erste und größte Industrieunternehmen der Nazis, das nur zu einem einzigen Zweck gegründet wurde - das nationalsozialistische Deutschland für einen Angriffskrieg zu rüsten, indem man eine ausreichende Versorgung mit Eisenerz, Kohle, Stahl und sonstigen für einen modernen Krieg unerläßlichen Grundstoffen sicherstellte. In dem Maße wie Deutschland seine Expansion nach Osten, Süden und Westen betrieb, zogen die Hermann Göring-Werke mit. In der kurzen Zeit von 1937-1941 übernahmen sie fünf große Gesellschaften in Deutschland, vier in Österreich, zwei im Sudetenland, sechs im »Protektorat Böhmen und Mähren«, drei in Polen, zwei in Lothringen und zahlreiche kleine Unternehmen in der Sowjetunion, die als Berg- und Hütten Ost AG zusammengeschlossen wurden. Das Deutsche Reich mag die Hermann Göring-Werke kontrolliert haben, wenn es jedoch um Bankleistungen ging, wandte man sich an die Dresdner Bank.122 Otto Schniewind, bis 1937 Leiter der Abteilung für Bankwesen im Wirtschaftsministerium, sagte hierzu: »Ein wichtiges Beispiel auf diesem Gebiet (Finanzierung von Rüstungsbetrieben) war der Aufbau der Hermann Göring-Werke ... ein unrentabler Konzern und voraussichtlich ein hohes Kreditrisiko. Trotzdem übernahm die Dresdner Bank die Führung bei der Auflage großer Anleihen für die Hermann Göring-Werke.« (Beweisstück 22) Die Dresdner Bank kann für sich nicht in Anspruch nehmen, widerwilliger Agent eines Staatsunternehmens gewesen zu sein. In einem Brief an Hellmuth Roehnert, einen der prominentesten Vertreter der Hermann Göring-Werke, schrieb Rasche: »Lieber Hellmuth! Bei unserer letzten Unterhaltung erzählte ich Dir von der Möglichkeit, einen in Belgien gelegenen Rüstungsbetrieb zu -71-
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pachten. Aus der Anlage sind nähere Einzelheiten hierüber ersichtlich. Herzliche Grüße und Heil Hitler! Dein (gez.) Rasche« (Beweisstück 69) Als im Herbst 1937 das Aktienkapital der Hermann GöringWerke von 5 Millionen Reichsmark auf 400 Millionen Reichsmark erhöht wurde, erhielt die Dresdner Bank die Vollmacht, für diese Aktien Zeichnungen von der Stahlindustrie zu beschaffen. Sie leitete auch das Konsortium, das den Auftrag hatte, Aktienanteile des Unternehmens im Wert von 25 Millionen Reichsmark zu plazieren. Karl Rasche, das Bindeglied zwischen den Hermann Göring-Werken und der Dresdner Bank, führte für den Reichsmarschall »besondere Missionen« durch. In einem Brief vom 23. Dezember 1943 an Gritzbach, Chef des Stabsamts von Reichsmarschall Göring123, rühmte sich Rasche: »Als im Jahre 1938 die Heimkehr des Sudentenlandes erfolgte und die BEB ihre sudentendeutschen Filialen an die Dresdner Bank abgab und man die weitere Entwicklung noch nicht absehen konnte, haben wir auf Wunsch deutscher öffentlicher Stellen versucht, schon damals deutschen Einfluß auf die Industrie des Protektorates zu gewinnen. (...) Im weiteren Verlauf der Geschehnisse wurde ... Herrn Präsident Kehrl und mir eine noch weitergehende Sondervollmacht zum Erwerb und zur Umgruppierung solcher Industrie-Angelegenheiten vom Herrn Reichsmarschall erteilt, und es ist uns, glaube ich, mit gutem Erfolg gelungen, diesen Auftrag auf Grund seiner Vollmacht zu erfüllen. (...) Sie sehen aus alledem, wie sehr wir gerade für die HGW (Hermann Göring-Werke, d.Bearb.) auch auf diesem Gebiet tätig waren, ähnlich wie wir es vorher in anderer Beziehung in Deutschland gewesen sind ...« (Beweisstück 70) Die Bindungen zwischen den beiden Gesellschaften wurden durch die Mitgliedschaft einiger Führungskräfte der Hermann Göring-Werke im Aufsichtsrat der Dresdner Bank noch weiter gefestigt. Der wichtigste unter ihnen war Hellmuth Roehnert, der nach Pleiger124 die stärkste Persönlichkeit des Göringkonzerns war. Wilhelm Meinberg125, Direktor von acht Tochter-72-
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gesellschaften des Unternehmens, war stellvertretender Vorsitzender im Arbeitsausschuß der Dresdner Bank; er und Wilhelm Marotzke, der in der Vierjahresplanbehörde der zuständige Mann für die Hermann Göring-Werke war126 , trugen wesentlich dazu bei, die engen Beziehungen zwischen der Dresdner Bank, ihren Filialen und den Hermann GöringWerken zu untermauern. Die Korrespondenzakten der Dresdner Bank enthalten unzählige Briefe über eine Vielzahl von Finanzangelegenheiten, die sie für den Konzern regelte.127 Wie weit sie bei dieser Zusammenarbeit über das normale Bankgeschäft hinausging, läßt sich aus der Tatsache schließen, daß sie beim Verkauf eines großen französischen Stahlunternehmens, der S.A. des Hauts Fourneaux et Fonderies de Pont-ä-Mousson Gewerkschaft Carolus Magnus, an die Hermann Göring-Werke zu den Unterhändlern gehörte (Beweisstück 71) und daß sie die Verhandlungen führte, als es darum ging, Ansprüche zu regeln, die den Göring-Werken aus dem Erwerb tschechoslowakischer Firmenbeteiligungen entstanden. Der Bericht Karl Rasches über die Hermann Göring-Werke (Beweisstück 72) beschreibt - wenn auch manchmal etwas vage — die engen Verbindungen, die vom Tage seiner Gründung an zwischen dem Konzern und der Dresdner Bank bestanden. Auch aus Rasches Brief an Gritzbach (Beweisstück 70) geht hervor, daß die Bank die finanzielle Speerspitze für die Hermann Göring-Werke bildete. Über ihre Filialen sicherte sich die Dresdner Bank die besten Unternehmen in allen Industriezweigen der besetzten Gebiete Europas. Wie sie die Skoda Werke in der Tschechoslowakei unter die Kontrolle der Hermann Göring-Werke brachte, steht als Beispiel für die Rolle, die sie bei der Expansion des Konzerns spielte (Beweisstück 72). Mit der Böhmischen Escompte-Bank übernahm die Dresdner Bank 1939 auch deren ausgedehnte Industriebeteiligungen und übergab sie den Hermann Göring-Werken. Die Böhmische Escompte-Bank blieb die Hausbank der tschechoslowakischen Unternehmen, die nun den Hermann Göring-Werken angeschlossen waren. Sie tätigte Kapitalerhöhungen und -73-
KAPITEL VI
kaufte Aktienanteile auf, die sich noch in Privatbesitz befanden, um den Hermann Göring-Werken den Mehrheitsanteil zu sichern; dies belegt der Bericht von Wilhelm Marotzke, dem Leiter der Abteilung, die in der Vierjahresplanbehörde für die Hermann Göring-Werke zuständig war (Beweisstück 73). Das Kapitel über die Tätigkeit der Dresdner Bank in der Tschechoslowakei behandelt ausführlich die wichtigsten Transaktionen, die sie im Auftrag der Hermann GöringWerke im Protektorat und dem Sudentenland abwickelte. Die Hermann Göring-Werke »forderten wohl kaum andere Banken auf« - das heißt solche, die nicht der Dresdner Bank angeschlossen waren -, für sie Geschäfte in der Tschechoslowakei zu erledigen (Beweisstück 72). Eine der vorrangigen Methoden, die die Dresdner Bank zur Expansion der Hermann Göring-Werke einsetzte, war die »Arisierung«. Ein klassisches Beispiel hierfür ist die Übernahme der Gewerkschaft Witkowitz Sudetenland.128 Dieses große Bergbauunternehmen wurde zu 75% von der Familie Rothschild und zu 25% von der Familie Guthmann kontrolliert. Die Dresdner Bank führte die Verhandlungen um die Übergabe des Unternehmens an die Hermann Göring-Werke. Zahlungstermin war der I.Oktober 1939. Doch »da am I.September 1939 der Krieg ausbrach, konnte der Vertrag nicht erfüllt werden« (Beweisstück 72). In Österreich arbeitete die Länderbank Wien, eine Filiale der Dresdner Bank, eng mit den österreichischen Tochtergesellschaften der Hermann Göring-Werke zusammen, und zwar über Hitschfeld, eine Führungskraft der Länderbank und Aufsichtsratsmitglied der Hermann Göring-Werke.129 Ein weiteres Vorstandsmitglied der Länderbank, Wolzt, war im Aufsichtsrat von Steyr-Daimler-Puch, einer Tochtergesellschaft der Hermann Göring-Werke (Beweisstück 72). In welchem Maße die Dresdner Bank den Konzern finanziell unterstützte, zeigen die Kredite, die den verschiedenen Tochtergesellschaften des Unternehmens in ganz Europa mit Genehmigung des Kreditausschusses der Bank eingeräumt wurden. Allein 1941 stellte sie den Hermann Göring-Werken über die folgenden Filialen insgesamt 123614000 Reichsmark zur Verfügung130: -74-
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Länderbank Wien: RM 90 737 000 Kommerzialbank, Krakau: RM 19000000 Handels- und Kreditbank, Riga: RM 13877000. Die Tätigkeit der Dresdner Bank ging über die genannten Bankleistungen, die darin bestanden, Geldmittel zur Verfügung zu stellen, hinaus. Rasche sagte über die Aufgaben, die sich dem Leiter ihrer Filiale, der Böhmischen Escompte-Bank, im Protektorat stellten: »Nachdem nun von Lüdinghausen fast l Jahr von Prag abwesend ist, haben sich hier wichtige Wirtschaftsfragen ergeben, für deren Lösung die dauernde Anwesenheit von v. L. in Prag erforderlich ist. Die der hiesigen Industrie gestellten Aufgaben, wie Umstellungen, Verlagerungen, Erweiterungen und Konzentrationen, sind besonders kriegswichtig, so daß die Mitarbeit von v. L. in den Verwaltungen der bedeutenden Gesellschaften, in denen er meistens einer der wenigen deutschen Vertreter ist, notwendig ist. Dazu kommt die gestiegene politische Spannung, die eine Verstärkung des deutschen Einflusses in diesen Gesellschaften erforderlich macht. Außerdem finden zur Zeit Verhandlungen statt, um v. L. bei einer großen Gesellschaft, die für die Rüstungswirtschaft von besonderer Bedeutung ist, in die Geschäftsleitung zu delegieren. Aus beiliegender Anlage sind die Gesellschaften, in denen v. L. tätig ist, und ihre Bedeutung für die Rüstungswirtschaft zu ersehen.« (Beweisstück 74) Die Hälfte der ausgeführten Firmen gehört zum Hermann Göring-Konzern. Der Brief zeigt, daß die Dresdner Bank nicht irgendeine Nebenrolle als Bank spielte, sondern aktiver Partner der riesigen Rüstungsbetriebe im nationalsozialistischen Deutschland war. Die Aktivitäten der Hermann Göring-Werke als führendes Unternehmen bei den Vorbereitungen Deutschlands auf den Angriffskrieg sind auftragsgemäß Gegenstand einer eigenen Untersuchung.' 31 Die Dresdner Bank trägt als wichtigste Stütze dieses Konzerns und als offensiver Partner seiner Unternehmungen in Deutschland und Europa die Mitverantwortung in politischer, ökonomischer und strafrechtlicher Hinsicht.132 -75-
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4. » A R I S I E R U N G «
D ER D E U T S C HE N W I R TS C HA F T
»Gering: Meine Herren, die heutige Sitzung ist von entscheidender Bedeutung. Ich habe einen Brief bekommen, den mir der Stabsleiter des Stellvertreters des Führers Bormann im Auftrag des Führers geschrieben hat, wonach die Judenfrage jetzt einheitlich zusammengefaßt werden soll und so oder so zur Erledigung zu bringen ist. Durch telefonischen Anruf bin ich gestern vom Führer noch einmal darauf hingewiesen worden, jetzt die entscheidenden Schritte zentral zusammenzufassen. Da das Problem in der Hauptsache ein umfangreiches wirtschaftliches Problem ist, wird hier der Hebel angesetzt werden müssen. (. ..) In der Sitzung, in der wir damals zum ersten Mal über diese Frage sprachen und den Beschluß faßten, die deutsche Wirtschaft zu arisieren, den Juden aus der Wirtschaft heraus und in das Schuldbuch hineinzubringen und auf die Rente zu setzen, haben wir leider Gottes nur sehr schöne Pläne gefaßt, die dann aber nur sehr schleppend verfolgt worden sind. (...) Wenn heute ein jüdisches Geschäft zertrümmert wird, wenn Waren auf die Straße geschmissen werden, dann ersetzt die Versicherung dem Juden den Schaden - er hat ihn garnicht -, und zweitens sind Konsumgüter, Volksgüter zerstört worden. Wenn in Zukunft schon Demonstrationen, die unter Umständen notwendig sein mögen, stattfinden, dann bitte ich nun endgültig sie so zu lenken, daß man sich nicht in das eigene Fleisch schneidet. Denn es ist irrsinnig, ein jüdisches Warenhaus auszuräumen und anzuzünden, und dann trägt eine deutsche Versicherungsgesellschaft den Schaden, und die Waren, die ich dringend brauche - ganze Abteilungen Kleider und was weiß ich alles -, werden verbrannt und fehlen mir hinten und vorn. Da kann ich gleich die Rohstoffe anzünden, wenn sie hereinkommen.« (Auszug aus der Stenographischen Niederschrift der Besprechung über die Judenfrage unter Vorsitz von Feldmarschall Göring im Reichsluftfahrtministerium am 12. November 1938 - Beweisstück 75) -76-
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So faßte Göring die wirtschaftlichen Ziele des Nazi-Regimes bei der »Arisierung« von Eigentum in Deutschland zusammen. Göring konnte von der Dresdner Bank nicht behaupten, daß sie »nur schöne Pläne gemacht hätte«. Von Anfang an hatte sie offensiv jede Gelegenheit genutzt, »den Juden aus der deutschen Wirtschaft herauszubringen«. Sie erwarb sich auf diesem Gebiet einen solchen Namen, daß Firmen, die vorhatten, sich mit »Arisierung« zu befassen, sie um Unterstützung baten, worauf sie bereitwillig einging.133 Das nachfolgende Antwortschreiben auf eine solche Anfrage läßt keinen Zweifel an ihrer Bereitschaft, sich an diesem schmutzigen Geschäft zu beteiligen: »Sehr geehrter Herr Doktor! Von dem Inhalt Ihres Schreibens vom 22. März (1938, d. Bearb.) habe ich Kenntnis genommen. Die Dresdner Bank hat sehr häufig mit Arisierungsangelegenheiten zu tun und ist dabei durch ihre Beziehungen durchaus in der Lage, Ihnen behilflich zu sein, daß die Geschäfte in die richtigen Hände kommen. Ich würde mich über diese Angelegenheit sehr gern mit Ihnen unterhalten und darf Sie bitten, mit mir, sowie Sie in Berlin sind, einen Termin für eine Rücksprache zu vereinbaren. Mit freundlichen Grüßen und Heil Hitler! (gez. Professor Dr. Dr. E.H.Meyer)« (Beweisstück 76) Die Dresdner Bank betrieb ihre »Arisierungstätigkeit« auf verschiedene Weise.134 Zunächst erwarb sie selbst eine Reihe von Firmen, darunter Banken und einige Industrieunternehmen. Darüber hinaus — und dies war weit häufiger - finanzierte sie »Arisierungen«135 , was sie oft mit der Auswahl geeigneter Objekte, der Taxierung ihres Wertes und der Suche nach Käufern verband. Dabei konnte sie ihren Ruf der politischen Zuverlässigkeit einsetzen und ausnutzen, um bei Zuteilungen auf nationaler Ebene vom Wirtschaftsministerium und auf regionaler und lokaler Ebene vom Gauwirtschaftsberater bevorzugt zu werden. Jüdische Firmenbeteiligungen gab es in Deutschland vor 1933 in der Schwerindustrie recht wenig, stärker im privaten Bankwesen und vergleichsweise häufig in -77-
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der Konsumgüterindustrie, vornehmlich bei Lederwaren, Schuhen, Bier, Kosmetika und Bekleidung. Die Verteilung jüdischer Unternehmen auf die Industriezweige spiegelt sich in der Art der Gewerbebetriebe wider, die »arisiert« wurden.136 Die Dresdner Bank war wahrscheinlich die einzige, die schon 1933-1934 politischen Druck im Zusammenhang mit »Arisierungen« ausübte. Zu dieser Zeit brachte sie die zweitgrößte deutsche Brauerei unter ihre Kontrolle. Der Mehrheitsanteil an der Engelhardt Brauerei AG gehörte Ignatz Nacher.137 Wie aus Zeugenaussagen hervorgeht (Beweisstück 77, 78 und 79), war Nacher sich darüber im klaren, daß es ihm unmöglich sein würde, die Leitung seiner großen Brauerei zu behalten, und er nahm Kontakt zu einem kleinen Kreditinstitut, der Eidenschink Bank in München, auf, um die Verkaufschancen für seine Anteile zu sondieren. Im Mai 1934 war der Vertrag zwischen Nacher und der Eidenschink Bank perfekt. Hierzu ein Zitat aus der Zeugenaussage Dr. Adolf Fischers138, eines Teilhabers der Bank: »Die Dresdner Bank erfuhr innerhalb kurzer Frist von diesem Vertrag und ließ kurzer Hand, nachdem sie sich selbst größtes Interesse an dem Erwerb, insbesondere an der Engelhardt Brauerei hatte, Herrn Ignaz Nacher unter irgend einem Vorwand verhaften. Bevor es mir möglich war, Herrn Nacher im Gefängnis aufzusuchen, wurde er derart unter Druck gesetzt, daß er seinem Anwalt Dr. Aschoff eine uneingeschränkte Generalvollmacht mit dem Ziel der Veräußerung seiner Besitzungen geben mußte und gab. Man erklärte unter anderem, daß er niemals mehr die Freiheit erreichen würde, wenn er diese Vollmacht nicht unterzeichne. Bei meinem Besuch im Gefängnis Alexanderplatz war dieser Akt bereits vollzogen. ( . . . ) Damit war wohl Herr Nacher frei, aber der Verkauf des Engelhardt-Paketes aufgrund der erpreßten Generalvollmacht, blieb trotzdem gültig.« (Beweisstück 77) Es ist recht offensichtlich, daß jemand mit dem Gauleiter von Berlin Kontakt aufnahm, um dafür zu sorgen, daß Nacher sein Unternehmen der Dresdner Bank übergab. Der Verdacht einer Verschwörung zwischen der Geschäftsleitung der Dresd-78-
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ner Bank und den führenden Behörden der Nazis erhärtet sich weiter durch eine Klage, die die Eidenschink Bank gegen die Dresdner Bank wegen Bruchs eines rechtsgültigen Vertrages und auf Schadensersatz erhob. Die Teilhaber der Eidenschink Bank wurden daraufhin nach Berlin zitiert und von der Gestapo in Kenntnis gesetzt, daß sie mit einer Verhaftung zu rechnen hätten, wenn sie diese Angelegenheit nicht fallenließen (Beweisstück 77). Die Aktenauszüge der Dresdner Bank von 1936 zeigen die Ergebnisse, die die Übertragung von Nachers Besitz für die Bank brachte. Von den Vorzugsaktien im Wert von 100000 Reichsmark hielt sie 92%, und von dem Aktienkapital von 12 Millionen Reichsmark gehörten ihr Anteile im Wert von 5 556 000 Reichsmark.139 Dem neuen Aufsichtsrat der Brauerei gehörten Karl Rasche, Overbeck und Baron du Four von Feronce an, sämtlich führende Persönlichkeiten der Dresdner Bank. Karl Rasche machte man sogar zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Brauerei. Die Dresdner Bank berief weitere Mitglieder in den Aufsichtsrat; Karl Rasche brachte zum Beispiel Paul Pleiger, der die Nazis schon früh im Rheinland unterstützte und später Generaldirektor der Hermann-Göring-Werke wurde, in die Geschäftsleitung der Brauerei. Die Privatbanken, die sich in »nichtarischem« Besitz befanden, waren leichte Beute für die nationalsozialistischen Bankiers, mit der Dresdner Bank als Vorreiter, die die Privatbanken Gebrüder Arnhold in Dresden und Berlin, S. Bleichröder 6 Co., Berlin, die Bank für Brauindustrie, Berlin, und Simons & Co., Düsseldorf, übernahm.140 Ein Beispiel für »Arisierungen«, die die Dresdner Bank zu ihrem eigenen Vorteil durchführte, war die Übernahme der Bank Gebrüder Arnhold und S. Bleichröder14' - ein äußerst wichtiges und einträgliches Geschäft, das sie gemeinsam mit dem ihr angeschlossenen Haus Hardy & Co. betrieb. Die Firma der Gebrüder Arnhold galt unter den kleinen deutschen Banken als eine der bekanntesten und gesündesten. Der Familienbesitz der Arnholds142 belief sich etwa auf 15 Millionen Reichsmark. Ein Brief von Dr. Walther Frisch143, einem Geschäftspart-79-
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ner Arnholds, vom 9. Oktober 1945 zum Thema »Die Übernahme der Firma Gebrüder Arnhold und S. Bleichröder durch die Dresdner Bank« beschreibt die Umstände und Gründe, die zu dieser Transaktion führten: »Die Verhältnisse waren... für die Arnholds in Dresden unleidlich geworden, da der Gauleiter Mutschmann die Arnholds in Dresden auf die übelste Weise verfolgte und ihnen das Leben unmöglich machte. Alles, was nur irgendwie mit Arnholds zusammenhing, wurde auf die gehässigste Weise angegriffen. Die Dresdner Bank trat nach dem Tode Heinrich Arnholds an uns heran, mit der Anfrage, ob sie das Dresdener Geschäft kaufen könne. Unter den geschilderten Verhältnissen schien es uns das beste, auf das Angebot einzugehen. Irgend ein Druck konnte von der Dresdner Bank umsoweniger ausgeübt werden, als noch andere Angebote vorlagen und die Dresdner Bank aus Prestige-Rücksichten sich das Geschäft nicht entgehen lassen konnte, zumal im Dresdener Hause von G. A. (Gebrüder Arnhold, d. Bearb.) wertvolle sächsische Konsortialbeteiligungen verankert waren. (...) Die Verhandlungen mit der Dresdner Bank kamen im Dezember 1935 zum Abschluß. Ich erinnere mich nicht, daß Arnholds mit dem Abschluß unzufrieden waren... Wenn 1935 infolge der sogenannten Nürnberger Gesetze die Verhältnisse für jüdische Bankgeschäfte schon schwierig waren, so steigerten sich die Schwierigkeiten 1936 und 1937 so, daß verschiedentlich Anregungen . . . an uns herangetragen wurden, auch das Berliner Geschäft zu liquidieren bezw. zu verkaufen, um den Herren Arnhold zu ermöglichen, ins Ausland zu gehen. (...) Lästig für Arnholds waren die hohen Pensionskosten bei Bleichröder, ca. 200 000 M pro Jahr, denen ein ungenügender Pensionsfonds von ca. 700 000 M gegenüberstand, für die Arnholds aufzukommen hatten. ( . . . ) Ich habe gerade über diesen Punkt gewöhnlich viel verhandelt und die immer wieder auftauchenden Schwierigkeiten zu zerstreuen gesucht, die sachlich berechtigt waren. Ein Punkt, über den die Dresdner Bank die Verhandlung ablehnte, war, wie Arnholds das frei gewordene Vermögen transferieren sollten. Dieser Punkt ist trotz -80-
DIE INLANDSTATIGKEIT
aller Anstrengungen nicht geklärt worden, trotzdem Arnholds alles versuchten. Das Geschäft selbst wurde in fairer Weise abgeschlossen. ( . . . ) Die Pensionen wurden vorn Käufer übernommen, ausgenommen die jüdischen Angestellten, die die Arnholds selbst abzufinden hatten. Von den Debitoren wurden die schlechtesten nach Prüfung ausgeschieden. (...) Der Abschluß kam im Februar 1938 zustande. Die Dresdner Bank brachte noch als Partner die ihr gehörende Firma Hardy & Co. GmbH mit in das letzte Stadium der Verhandlungen. Hardy sollte das laufende Geschäft, die Pensionskassen und die Auslandsverpflichtungen übernehmen, während die Dresdner Bank die Konsortialbeteiligungen behielt. Für Hardy war das kein gutes Geschäft. ( . . . ) Als Entgelt für die Beteiligung der Firma Hardy bei dem Geschäft mit Arnholds kann man betrachten, daß die Dresdner Bank 1938 noch einmal eine endgültige Bereinigung der Hardy-Bilanz vornahm. (...) Die spätere Entwicklung der Börsenkurse in 1939 und im Kriege hat dann wohl der Dresdner Bank aus dem Abschluß mit Arnholds Gewinn gebracht...« (Beweisstück 81) Der größere Teil der »Arisierungen«, die die Dresdner Bank durchführte, waren Fälle, bei denen sie die Finanzierung übernahm, »geeignete« Klienten suchte und ihre Beziehungen zu den Nazi-Behörden, wo sie ein hohes Ansehen genoß, zur Abwicklung dieser Geschäfte einsetzte. Ein sehr deutlicher Fall dieser Art ist die Firma I. & C. A. Schneider, Frankfurt/M., ein großer Lederwaren- und Schuhhersteller, dessen Jahresumsatz 1938 20 Millionen Reichsmark betrug und dessen Reingewinn sich im gleichen Zeitraum auf über 2,5 Millionen Reichsmark belief.144 Die Dresdner Bank setzte für dieses Unternehmen den Gauwirtschaftsberater der NSDAP in Frankfurt/M. ein. In einer beeideten Erklärung beschreibt Fred Adler145 , der als eingebürgerter amerikanischer Staatsbürger in New York lebt, die Umstände dieses Vorgangs im einzelnen: »Wir, mein Bruder und ich, die Eigentümer, wurden von den Nazis unter stärksten wirtschaftlichen und politischen Druck gesetzt. Dieser Druck nahm an Stärke zu und gipfelte -81-
KAPITEL VI
in wiederholten Drohungen, uns umzubringen oder festzunehmen, wenn wir nicht nachgäben. Besonders nach der Reichskristallnacht vom 9. November 1938 wurde dieser Druck unerträglich, und wir gaben unsere Versuche auf, entweder nicht zu verkaufen oder aber für unsere Firma eine Summe zu erzielen, die ihrem wahren Wert auch nur entfernt entsprochen hätte. Am 9. November 1938 verhaftete man mich und brachte mich in das berüchtigte Lager Buchenwald. Dort erhielt ich offiziell Nachricht von einem Vertreter der oben erwähnten Handelsabteilung der Frankfurter NSDAP, daß ich nicht damit rechnen könnte, jemals aus Buchenwald entlassen zu werden, wenn mein Bruder und ich nicht die Vorschläge des beiliegenden Vertrages akzeptierten. Ich nahm also an und wurde am 23. November 1938 entlassen, und der beigefügte Vertrag trat endgültig am 17. Dezember 1938 in Kraft.« (Beweisstück 82) Dieser Vertrag, der unter Androhung einer nochmaligen Deportation ins Konzentrationslager Buchenwald zustande kam, sah für das Unternehmen I. & C.A.Schneider einen Preis von weniger als 3% seines Nettowertes vor (Beweisstück 83). Solche und ähnliche Fälle lassen sich für Firmen aus allen Wirtschaftsbereichen und in allen Größenordnungen anführen. Einige Posten aus den Akten der Dresdner Bank lassen den Umfang dieser Geschäfte erkennen146: 1938: Darlehen von 1,6 Millionen Reichsmark an Liedermann für die »Arisierung« der Firma Goetze in Schlesien. 1938: Darlehen von 100000 Reichsmark an Graf Donnersmark für die »Arisierung« der Vemag Eisengießerei. 1938: Darlehen von 1,048 Millionen Reichsmark an die Grohag (Großhandels-Finanzierungs-AG Berlin) für die »Arisierung« von Kaufhäusern. 1939: Darlehen von 300000 Reichsmark an die Robert Koch Stiftung für die Arisierung von Holz Industrie Witkowitz. 1939: Darlehen von 2 Millionen Reichsmark an Alfred Bonnecke für die »Arisierung« von Anselm-Kahn, Heilbronn. -82-
DIE INLANDSTATIGKEIT
Die Dresdner Bank nutzte die Gesetze, die die Nazi-Regierung erlassen hatte, um Juden aus der deutschen Wirtschaft und jüdische Angestellte aus deutschen Unternehmen zu entfernen, voll aus. So führt heute keine deutsche Bank mehr ein Konto für einen Juden. Alle Vermögenswerte, die Juden bei deutschen Banken hinterlegt hatten, wurden während des Nazi-Regimes beschlagnahmt.147 Die Schaffung einer »gesetzlichen Grundlage« für solche Beschlagnahmungen hinkte zeitlich hinter den tatsächlichen Konfiszierungen her. Es gibt Kopien von Verfügungen (Beweisstück 84), aufgrund deren man die Banken als Mittel einsetzte, um den Diebstahl jüdischen Eigentums zu erleichtern. Die Enteignung jüdischer Firmen fiel in den Amtsbereich des jeweiligen Gauwirtschaftsberaters. Walther Schieber148, Wilhelm Avieny und Karl Heinrich Heuser149 gehörten zu den Führungskräften der Dresdner Bank, die ein solches Amt bekleideten und daher auch die Aufgabe hatten, die Übernahme jüdischer Unternehmen zu überwachen und zu fördern. Die Direktoren der Bank zogen auch persönlich Vorteile aus der »Arisierung« jüdischen Eigentums, unter ihnen auch Heinrich Koppenberg, Generaldirektor der Junkerswerke und seit 1935 Aufsichtsratsmitglied der Dresdner Bank. 1939 kaufte er von Strauß, einem Juden, der zu dieser Zeit im Konzentrationslager saß, die Argus Motorenwerke. Die Dresdner Bank bewilligte ihm für diese Transaktion ein Darlehen von 2 Millionen Reichsmark.150 Es sei hier angemerkt, daß ein Drittel der Arbeiterschaft in diesen Betrieben aus Zwangsarbeitern aus Frankreich, Holland, Belgien und der Ukraine bestand und daß die Arbeiter aus der Ukraine in bewachten Lagern gehalten wurden.151 Die Dresdner Bank »säuberte« ihre Zweigstellen und Filialen gründlich von »nichtarischen« Angestellten. Sie ging sogar einen Schritt weiter und stellte sicher, daß in den von ihr kontrollierten Unternehmen keine Juden beschäftigt waren.152 Ein Beispiel für die Gründlichkeit, mit der man Juden aus den Firmen entfernte, zu denen die Dresdner Bank personelle Querverbindungen unterhielt, findet sich in einem Brief vom -83-
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21. Februar 1938, in dem es um die Firma Mimosa in Dresden geht und der bei den Akten von Busch, Vorstandsmitglied der Dresdner Bank und Direktor bei Mimosa, gefunden wurde. Dort heißt es, »daß in der Gesellschaft und ihren Tochtergesellschaften sämtliche Nichtarier sowie jüdisch Versippte sofort verschwinden müßten.« (Beweisstück 85) Bei der Verwirklichung von Hitlers Ziel, die Juden aus dem deutschen Leben zu eliminieren, bildete die Dresdner Bank eine treibende Kraft. Sie setzte dazu ihre ausgedehnten Geldmittel ein und nutzte das hohe Ansehen, das sie in Partei, Regierung und SS genoß, um sicherzustellen, daß sie und ihre Kunden den größtmöglichen Vorteil aus dieser Politik zogen. Schließlich trug sie die Erfahrungen, die sie auf dem Gebiet der »Arisierung« besaß, in die besetzten Gebiete Europas.153 Die Verantwortung für die Mittäterschaft an diesem ungeheuren Verbrechen gegen die Menschlichkeit liegt beim Vorstand, der diese Politik betrieb, beim Aufsichtsrat, der sie billigte, und bei den leitenden Angestellten der Dresdner Bank, die sie praktisch ausführten.
5.
NAZ I FIZ IER UNG DER DR E S DN E R B AN K
Die NSDAP besaß die volle Unterstützung der Dresdner Bank, die ihr half, ihre totalitäre Diktatur zu erhalten und zu festigen.154 Von der Machtergreifung der Nazis 1933 bis zum Ende des Krieges nahm der Anteil der Parteimitglieder bei den Vertretern der Bank ständig zu, und ein großer Teil der übrigen gehörte zu ihren direkten Förderern. Man säuberte die Personallisten der Bank, gab einer Vielzahl von halboffiziellen Partei- und Hilfsorganisationen finanzielle Unterstützung und räumte ihnen Kredite ein. Die Dresdner Bank hatte die zweifelhafte Ehre, als »SSBank« bekannt zu sein — eine Beifallsbekundung der Partei, die sie sehr wohl verdiente.155 Der Machtübernahme Hitlers ließ sie eine gründliche Nazifizierung ihres Personals folgen. Genaue Zahlen über den -84-
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Anteil von Parteimitgliedern unter ihren Angestellten liegen nicht vor. Eine Akte, die das Berliner Zentralbüro der Bank aufgrund der verfügbaren Teilunterlagen zusammenstellte, führt 219 Personen auf, die in der Zeit von 1933-1937 aus politischen Gründen entlassen wurden (Beweisstück 85A). Die Haltung der Bank zeigt sich deutlich in ihrem Jahresbericht über die Angestelltensituation von 1936, in dem es heißt: »Wir haben ferner wie in den Vorjahren besondere Jahreskurse für ausgewählte Gefolgschaftsmitglieder abgehalten, in denen die Teilnehmer eine eingehende bankgeschäftliche und weltanschauliche Schulung erhalten.« (Beweisstück 85B, S. 9) Und weiter: »Innerhalb unserer Betriebsgemeinschaft war unser besonderes Augenmerk darauf gerichtet, das Gefühl der Zusammengehörigkeit und den Kameradschaftsgeist zu fördern. Wir wurden hierbei durch die Vertrauensmänner tatkräftig unterstützt.« (Ebenda, S. 9) Er schließt mit folgendem Absatz: »Daneben widmen wir den Sportvereinigungen unseres Betriebes nach wie vor eine sorgfältige Pflege. (...) In Berlin gehören diesen Einrichtungen mehr als ein Viertel der gesamten Gefolgschaft als Mitglieder an, von denen bereits eine größere Anzahl auch das SA-Sportabzeichen erworben hat. Als ein erfreuliches Zeichen für das große Interesse unserer Gefolgschaft an diesen Fragen ist es ferner anzusehen, daß in neuerer Zeit auch der Segelflugsport innerhalb unserer Bank einen festen und entwicklungsfähigen Standpunkt gefunden hat.« (Ebenda) Was diese Worte praktisch bedeuteten, läßt sich aus einer Zeugenaussage von Robert Stuck, dem Leiter der Filiale Bremen156, zu diesem Punkt entnehmen. Er sagt: »... wir hätten auch Schwierigkeiten mit unserem Hauptbüro in Berlin bekommen, wenn wir uns geweigert hätten (in die NSDAP einzutreten).« (Beweisstück 87) Gründliche »Schulung in bankgeschäftlichen und weltanschaulichen« Fragen wurde gleichermaßen vom höchsten wie vom niedrigsten Angestellten erwartet. Die Dresdner Bank hatte drei Vertreter in Martin Bormanns Bankausschuß 157 : -85-
KAPITEL VI
Heuser, Schieber und Avieny, die alle ebenfalls im Arbeitsausschuß der Dresdner Bank waren (Beweisstück 86). Kurt von Schröder, Leiter der Fachgruppe Privatbankiers in der Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe, sagte zur Gründung dieses Bankausschusses: »... daß dieser Ausschuß und sein Zweck, führende Parteifunktionäre in größere Banken einzuführen, vorher mit Goetz, Rasche und Meyer von der Dresdner Bank abgesprochen war.« (Beweisstück 86) Die Bank hielt sich nicht nur selbst an die Rassenideologie der Nazis, sie sorgte auch dafür, daß alle Mitarbeiter ihrer ausgedehnten Filial- und Zweigstellenkette dies ebenfalls taten. Schon im August 1933 schrieb die Deutsch-Südamerikanische Bank: »Betr. Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums Sehr geehrter Herr Goetz, Wir erlauben uns Ihnen mitzuteilen, daß wir den ArierParagraphen des obigen Gesetzes in unseren deutschen Niederlassungen Berlin und Hamburg durchgeführt haben.« (Beweisstück 88) 1933 bestand der Aufsichtsrat zu 67% aus Parteimitgliedern, 1945 waren es 84% (Beweisstück 89). Carl Goetz, der führende Mann der Dresdner Bank, gab, zu den Gründen für die Umbesetzungen in diesem Gremium befragt, folgende Kommentare: »... Kopher-Aschoff... man übernahm ihn nicht in den fusionierten Aufsichtsrat (Darmstädter-Dresdner), weil irgendeiner gehen mußte, und er war ein Demokrat alter Schule. ... Bachern. . . er war Direktor einer sozialistischen Bank. ... Meindl. . . er ging zur Länderbank Wien..., als wir Platz für ein paar Parteigenossen schaffen mußten. ... Löser... Differenzen mit der Partei in Essen.« (Beweisstück 90) Und was die übrigen betrifft, fielen mit monotoner Gleichförmigkeit ähnliche Kommentare. Ab 1937 bestand der Vorstand aus insgesamt neun Mitgliedern, von denen fünf in der NSDAP waren, während die -86-
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restlichen - obwohl nicht in der Partei — für die starke SSGruppe innerhalb der Bank völlig akzeptabel waren. Die SS-Bank hatte eine ganze Menge leitender Kräfte aus den Reihen der SS aufzuweisen. Allein in Aufsichtsrat und Vorstand waren drei Brigadeführer, ein Standartenführer, ein Obersturmbannführer, zwei Sturmbannführer und ein Hauptsturmführer, deren Mitgliedschaft bekannt war (Beweisstück 90A). Sie unterstützte die unzähligen Hilfsorganisationen der NSDAP auf unterschiedlichste Weise. Über die Gesamtsumme der Spenden liegen keine Zahlen vor, aber die Jahresberichte weisen folgende Einrichtungen als Empfänger von Geldern aus: Beihilfen zur Teilnahme an Erholungsreisen mit der NSG »Kraft durch Freude« Freizeitgestaltung Sportliche Gemeinschaften SA-Sportabzeichen Sportvereinigungen des Betriebes Segelflugsport Sport- und Erholungsheim Grünau Reichsberufswettkampf Leistungskampf der deutschen Betriebe (Gaudiplome) Reichslehrgänge zur Schulung des Nachwuchses (Reichsgruppe Banken) Musik- und Spielmannszug. Die Geschichte des nationalsozialistischen Terrors ist hinreichend dokumentiert, und eine der bestbekannten Gruppierungen ist der berüchtigte Keppler Kreis158 : Industrielle und Bankiers, die sich um Himmler sammelten. Die Dresdner Bank war in dieser ausgewählten Gruppe durch Rasche, Meyer, Kranefuß, Lindemann159, Flick, Walz und Roehnert vertreten. Lindemann sagte in einer Zeugenaussage aus, daß eher Kranefuß als Keppler der führende Kopf dieses Zirkels gewesen sei. Seine Aussage zeigt, daß von hier aus geschäftliche Angebote kamen: »Helfferich160 fügte hinzu, daß es schw«t für ihn sein werde, gute Geschäftsbeziehungen zum NDL (Norddeutschen Lloyd) aufrechtzuerhalten, wenn Lindemann in dieser -87-
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Weise weitermache, und erinnerte ihn daran, daß sie und die HAL (Hamburg-Amerika-Linie) auf staatliche Unterstützung angewiesen seien ...« (Beweisstück 91) Die Bücher der Bank weisen jährliche Spenden von 50000 Reichsmark an diesen Kreis aus. Zum Beitrag von 1944 schrieb Meyer: »Lieber Herr Schröder! Ich komme heute zurück auf Ihre freundlichen Zeilen vom 15. März und bitte Sie, davon Kenntnis zu nehmen, daß vom Vorstand der Dresdner Bank heute auf das Sonderkonto »S« beim Bankhaus J. H. Stein in Köln ein Beitrag von RM 50000überwiesen wurde, den mein Institut dem Reichsführer SS für seine besonderen Aufgaben zur Verfügung gestellt hat. Mit freundlichen Grüßen Heil Hitler! Ihr ergebener (gez. Meyer)« (Beweisstück 92) Bei Krediten an die SS wußte die Bank, daß die einzige Quelle, aus der die SS sie zurückzahlen konnte, in der Plünderung und Erpressung von Juden, politischen Gegnern des Nazi-Regimes und später von Einwohnern der besetzten Gebiete Europas bestand. Die ehrbaren Bankiers der »SS-Bank« hatten von diesem schmutzigen Geschäft eine unbekümmerte Auffassung. Über die Bewilligung dieser »Geschäfts«-Darlehen161 heißt es in den Aktennotizen des Vorstands: »21. 7.38. Herr Dr. Meyer berichtet zu dem Kredit Steffm Mandel, Berlin,... daß ihm der Führer der SS Totenkopfverbände und Konzentrationslager, Regierungsrat Piefke, auf Befragen mitgeteilt habe, daß die SS-Totenkopfverbände den Antrag auf Übernahme der Sachsenhausen-Häuser bei der Reichsführung SS gestellt haben . . . In dem dem Reichsfinanzministerium zur Genehmigung vorliegenden Etat der SS seien bereits die fraglichen Beträge (RM 20000,- pro Haus) aufgeführt. Die Hypothekenbeschaffung sei nach seiner Meinung ohne Schwierigkeiten. (...)
DIE INLANDSTATIGKE1T
15.9.38. Bericht über die bevorstehenden Veränderungen im Aufsichtsrat der Deutschen Ansiedlungsbank, die vom Rasse- und Siedlungsamt geplant sind. Der Vorstand ist der Ansicht, daß zunächst eine Erklärung zu unserer Schadloshaltung von maßgebender Stelle angestrebt werden soll, bevor wir zu obengenannten Änderungen Stellung nehmen. (...) 27. 3. 39. Bericht über den von der SS Gesellschaft Deutsche Erde- und Steinwerke GmbH beantragten Kredit von 5 Millionen (2,5 Millionen zunächst) auf l Jahr. Der Vorstand ist der Auffassung, daß ohne Verpflichtung des Reichsführers SS in der bereits bekannten Form dem Antrag nicht nähergetreten werden kann. (...) 19.6.39. Meyer berichtet, daß die Gesellschaft zur Pflege deutscher Kulturdenkmäler (SS) einen Kredit von zunächst RM 2 000 000,- mit üblicher Garantieerklärung des Reichsführers SS nachgesucht hat. Im Jahre 1940 wird eine weitere Million benötigt. Dagegen soll 1940 das zurzeit bei der Bank der Deutschen Arbeit bestehende Konto auf uns überführt werden, das ab März 1940 in Höhe von RM l 000000 bei uns dauernd unterhalten werden wird, wobei die auf diesem Konto einlaufenden Spargelder mindestens bis zur Höhe des in Anspruch genommenen Kredits bei uns verbleiben sollen. Die Rückzahlung des Kredits soll 1941 einsetzen mit je RM 750000,-jährlich ... Der Vorstand ist grundsätzlich einverstanden. (...) 7. 8. 39. Herr Professor Dr. Dr. Meyer berichtet, daß die Reichsführung SS um Erhöhung des zurzeit laufenden Kredites zum Zwecke der Entschuldung der SS-Führer um weitere RM 3000000,- gebeten hat. Nach Rücksprache mit Herrn Goetz ist wegen dieser Beträge mit der Gothäfcr Lebensversicherungsgesellschaft und der Allianz verhandelt worden, die für den Fall, daß die notwendigen Genehmigungen hierfür beigebracht werden, bereit wären, diesen Kredit zu refinanzieren zu einem Satz von 4,9 bezw. 5%. Die Reichsführung SS würde bereit sein, für den Kredit 6% zu zahlen. Der Kredit soll ebenso abgesichert werden wie -89-
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der schon laufende Kredit mit der bekannten Erklärung des Reichsführer SS. Der Vorstand beschließt, daß zunächst noch einmal überprüft werden soll, welche Bedeutung die Erklärung des Reichsführer SS als Sicherungsunterlage besitzt.« (Beweisstück 93) Jede Kreditakte schließt mit einem lakonischen »vom Vorstand genehmigt«. Das ist das »Heil Hitler« der Dresdner Bank, die den organisierten Raub der SS billigte und mitbetrieb.
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Kapitel VII Die Auslandstätigkeit der Dresdner Bank
Die Dresdner Bank war mit ihrer Vorrangstellung innerhalb Deutschlands nicht zufrieden, sie hatte Filialen und Tochterbanken in allen Teilen Europas, dem Nahen Osten und Lateinamerika, wo sie der nationalsozialistischen Sache diente.162 Im Jahresbericht von 1940 heißt es: »Die endgültige Regelung unserer Wirtschaftsbeziehungen zu den näher an das Reich herangerückten Gebieten, der Ausbau neuer Formen für ein europäisches Währungssystem und der Wiederaufbau des Außenhandels werden Aufgaben stellen, die unsere ganze Kraft und Aufmerksamkeit erfordern werden. Wir hoffen, daß wir dank unseres im vergangenen Jahrzehnt bewußt in dieser Richtung ausgebauten Apparates unserer Kundschaft und damit dem deutschen Wirtschaftsleben nützliche Dienste werden leisten können.« (Beweisstück 94, S. 16) »Die endgültige Regelung unserer Wirtschaftsbeziehungen«, das hieß, Europa nach Mehrheitsbeteiligungen an europäischen Schlüsselindustrien zu durchforsten. Die Dresdner Bank, ihre Filialen und ihre Vertretungen versuchten, in jedem Land mit allen nur möglichen Mitteln den Besitz an sich zu bringen, den die Nazis für die Beherrschung Europas brauchten. Zu diesen Mitteln gehörten Einschüchterung, Schwarzhandel und die Gestapo.163 Die »nützlichen Dienste für unsere Kundschaft« umfaßten die »Arisierung« begehrter Firmen, Hilfestellung bei der Nazifizierung der Industrie in den eroberten Gebieten, die Bereitstellung von Wirtschaftsinformationen und Vermittlungstätigkeiten zwischen den Verwaltungen der besetzten Gebiete, nationalsozialistischen Geschäftsleuten und den Nazi-Behörden. Die Bank hatte im Rahmen der Ausbeutungspläne der -91-
KAPITEL VII
Nazis für die eroberten Teile Europas »ihren Apparat bewußt ausgebaut«. Als der Leiter des Planungsamts des Generalbevollmächtigten für Rüstungsaufgaben 1944 Rasche die nachfolgenden Anweisungen aushändigte, besiegelte er damit amtlich die Partnerschaft mit der Dresdner Bank. Sie hatte sich als so erfolgreiche Speerspitze erwiesen, daß man sie auch beim Vordringen in neue Gebiete zum ausführenden Organ wählte.164 In den Instruktionen heißt es: »Im Rahmen einer umfassenden Untersuchung der im deutschen Machtbereich und bei den verbündeten und neutralen europäischen Ländern vorhandenen Produktionsmöglichkeiten, insbesondere der industriellen Kapazitäten zur Erhöhung der Leistung für unsere Rüstung und zur stärkeren Aktivierung des gegenseitigen Güterverkehrs, beauftrage ich Sie entsprechend den mir vom Herrn Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion im Einvernehmen mit der Zentralen Planung erteilten Weisungen mit der laufenden Beobachtung und Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Ungarn und Schweden. Der Ihnen in der Anlage zugehende Erlaß über die Aufgaben des Planungsamtes vom 16.9. 1943, von dem ich Kenntnis zu nehmen bitte, unterrichtet Sie über die mir in diesem Zusammenhang gestellte Aufgabe. Ihre Aufgabe ist es: 1.) Möglichkeiten zur Entwicklung ungenutzter oder ungenügend genutzter produktiver Kräfte zu erforschen sowie die industriellen Kapazitäten nach ihrem neuesten Stand festzustellen; 2.) Angaben und Vorschläge darüber zu machen, aufweichen Gebieten durch Zurverfügungsstellung deutscher Erfahrungen und Sachverständiger, evtl. unter Übertragung entsprechender Patente, Geheimverfahren usw., zusätzliche Leistungen für die Kriegsproduktion erzielt werden können; 3.) Möglichkeiten für konkrete Einzelgeschäfte in Kombination mit dritten Ländern und zusätzlichen Ausfuhrmöglichkeiten aus den besetzten Gebieten aufzuzeigen; 4.) über die spezielle handelspolitische Lage, ihre Verbesserungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der Clea-92-
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ring-, Devisen- und Währungsfragen laufend zu berichten; 5.) mich fortlaufend über ausländische Persönlichkeiten zu unterrichten, die als Partner von industriellen Geschäften in erster Linie in Frage kommen, oder die einen besonders starken Einfluß auf die Wirtschafts- und Handelspolitik ausüben oder insbesondere solche, die dem Gedanken einer starken europäischen Gemeinschaftsarbeit auf industriellem Gebiete aufgeschlossen gegenüberstehen; 6.) die allgemeine wirtschaftliche und politische Lage des betreffenden Landes unter besonderer Berücksichtigung bereits vorliegender Wirtschaftsplanungen oder Bestrebungen hierzu ständig zu beobachten und berichtsweise auszuwerten; 7.) ganz allgemein die wirtschaftliche Tätigkeit der Feindstaaten und ihrer Vertreter zu beobachten und hierüber zu berichten, insbesondere über Maßnahmen, die geeignet sind, der deutschen Kriegswirtschaft zu schaden, wie Störungskäufe u.a.; 8.) ganz allgemein auf Gefahren, die den Ablauf der deutschen Kriegswirtschaft stören könnten, aufmerksam zu machen. Von Ihrer zielbewußten Arbeit erwarte ich vor allem diejenigen Informationen, die ich als wichtige Ergänzung zu meinen amtlichen Unterlagen und zur Erfüllung der mir gestellten Aufgaben dauernd benötige und von deren sachgemäßer Auswertung ich den notwendigen Effekt für unsere wirtschaftliche Kriegführung erhoffe. Die laufende Fühlungnahme mit Ihnen und die Zusammenarbeit im einzelnen erfolgt über Herrn Direktor Karl Blessing, Kontinentale Öl AG, Berlin-Schöneberg, MartinLuther-Str. 61-66, der die Koordinierung und Auswertung der Vorschläge und Berichte der einzelnen Mitarbeiter in meinem Auftrage übernommen hat.« (Beweisstück 95) Es bestand wohl kaum eine Notwendigkeit, die Dresdner Bank oder Rasche in ihre Pflichten als Fünfte Kolonne auf wirtschaftlichem Gebiet einzuweisen. Die folgenden Kapitel über ihre Spionage- und Propagandaaktivitäten und ihre Tä-93-
KAPITEL VII
tigkeit in der Tschechoslowakei, den Niederlanden, Polen, Belgien und den Baltischen Staaten zeigen, wie erfahren sie war. Hier trat der »Apparat«, der »im vergangenen Jahrzehnt bewußt in dieser Richtung ausgebaut« worden war, in Aktion.
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DIE DR ESDNER B ANK ALS SPIONAGE - UND PROPAGANDAST E LLE DER NA Z I S
Die engen Beziehungen zwischen der Dresdner Bank, der NSDAP und den Regierungsstellen zeigte sich auch in der Propaganda- und Spionagetätigkeit ihrer Auslandsfilialen und Tochterbanken.'65 Sie wirkte mit bei der Verbreitung von Nazi-Propaganda im Ausland und unter wichtigen Persönlichkeiten, die Einfluß in der Bank- und Finanzwelt besaßen. Bei Ausbruch des Krieges ersuchte die Auslandsabteilung im Stab des Stellvertreters des Führers die Banken um ihre Zusammenarbeit und bat sie, ihr Personal und ihre Geschäftskontakte im Ausland dazu einzusetzen, diese Leute über die Vorzüge des Nazi-Regimes in Deutschland »aufzuklären«. Daraufhin stellte Carl Goetz eine Liste zusammen166, die die Schweiz, Holland, Rumänien, Luxemburg, Dänemark, Belgien, Schweden und die Vereinigten Staaten umfaßte (Beweisstück 96). Es war nicht das erste Mal, daß Goetz sich an einer Propagandakampagne beteiligte. In einem Brief an ihn vom 3. Mai 1938 bestätigte C.H. Ehlers, 70 Pine Street, New York, den Erhalt eines Schreibens und einer Kopie der Rede, die Hitler am 20. Februar 1938 gehalten hatte. Ehlers muß ein indoktrinierter Nazi gewesen sein. In seinem Brief bedauert er die Dummheit des amerikanischen Volkes, das an seinem Glauben an die Demokratie festhalte (Beweisstück 97). Einen wichtigen Propagandafeldzug führten die Nazis in Südamerika. Die Dresdner Bank unterhielt Filialen in Argentinien, Brasilien, Chile, Mexiko und Paraguay und hatte über ihre Tochterbank, die Deutsch-Südamerikanische Bank, Vertreter in Bolivien, Ecuador, Peru und Venezuela.167 Alle südamerikanischen Zweigstellen arbeiteten mit der -94-
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NSDAP an der Verbreitung ihrer Ideologie. So entließ zum Beispiel die Deutsch-Südamerikanische Bank auf Verlangen der NSDAP den »nichtarischen« Leiter ihrer Filiale in Buenos Aires.168 Carl Goetz sagte dazu aus: »Wir hatten immer Einmischungen von Seiten der Partei... Ein Vertreter der Reichskanzlei, Herr von Gackwitz, trat an mich heran und drängte uns, Haase (den jüdischen Leiter der Filiale in Buenos Aires) zu entlassen.« (Beweisstück 98) Ein Bericht aus Argentinien vom Hauptrevisor der Deutsch-Südamerikanischen Bank zeigt, wie weit man in der Kooperation mit der NSDAP zu gehen bereit war: »Herr Haase hat sich zweifellos durch seine Fähigkeiten und sein liebenswürdiges Wesen zahlreiche Sympathien in deutschen und argentinischen Kreisen erworben, die Filiale mit Geschick aus der Krisenzeit und der üblen Lage, in die sie durch die frühere Direktion geraten war, herauslaviert und zusammen mit Herrn Levin von Banco Aleman Transatlantico ... dazu beigetragen, manche Schwierigkeiten zu überbrücken, die nach dem Umschwung in Deutschland auftraten, zumal der Einfluß auf die argentinische Regierung seitens jüdischer Firmen, insbesondere der eine Macht bedeutenden Firma Bunge & Born, offensichtlich ist. ... Ich hatte Gelegenheit, mit dem deutschen Gesandten, Freiherrn von Thermann, über den Fall zu sprechen. Er erklärte mir,... wie ich auch von dem früheren Landesleiter der Partei hörte, daß mancher deutsche Firmeninhaber nicht wage, sich der deutschen Sache intensiv zu widmen aus der Befürchtung heraus, bei den deutschen Banken dann auf Schwierigkeiten bezüglich ihrer Kreditfazilitäten zu stoßen. Auf solche Fälle bin ich während der Revision nicht gestoßen und glaube, daß diese Annahme... nicht zutreffend sein dürfte. Andererseits vertrat der Herr Gesandte die Ansicht, daß die Position von Herrn Haase durch die Demission des Herrn Levin auf die Dauer unhaltbar geworden sei und Herr Haase aus sich selber heraus in nicht allzu langer Zeit die Konsequenzen ziehen müsse.« (Beweisstück 99) Ein weiteres Beispiel für diese Zusammenarbeit findet sich in der Korrespondenz (Beweisstück 100) über den Rücktritt -95-
KAPITEL VII
des Aufsichtsratsmitglieds Carlos Meyer-Pellegrini, eines prominenten Geschäftsmannes.169 Er war über Jahre hinweg für die argentinische Filiale der Deutsch-Südamerikanischen Bank ein überaus nützlicher Berater. Sie faßt in einem Brief an die Dresdner Bank seine Rücktrittsgründe zusammen: »In einem ausführlichen Brief an Herrn Leute (Filialleiter von Buenos Aires), dessen Abschrift wir von letzterem erhalten haben, schreibt Herr Dr. Meyer Pellegrini..., daß ihm der Entschluß sehr schwer falle, weil er sich innerlich mit Deutschland auch heute noch aufs engste verbunden fühle, aber als Sohn seines Vaters und als Argentinier käme er auf Grund des Programms und der Handlungen der NSDAP in einen Konflikt, aus dem er nunmehr für richtig halte, die Konsequenzen zu ziehen.« (Beweisstück 100, Brief Deutsch-Südamerikanische Bank an Goetz, 20. 1.41) Als Umstand, der für Dr. Meyer-Pellegrini den Ausschlag gab, führt sie an: »Es hat sich hier kürzlich ein Zirkel gebildet, der sich >Amigos de Alemania< nennt. Dieser beabsichtigte, zu Ehren des Deutschen Botschafters während der Anwesenheit der englischen Willingdon-Mission eine Kundgebung zu veranstalten. Zu diesem Behuf sollte ein Komitee gebildet werden, das die Einladung übernehmen sollte. Neben verschiedenen anderen Personen erging auch an Herrn Dr. Meyer Pellegrini die Aufforderung, jenen Akt zu protegieren. Genannter lehnte dies ab .. . Dr. Meyer Pellegrini geht in seinem Schreiben bei der Begründung seines Entschlusses von der Voraussetzung aus, daß die Partei von ihm als Mitglied des Aufsichtsrates der Bank verlangen könne, an Kundgebungen teilzunehmen, die mit seiner politisch-neutralen Einstellung als Argentinier nicht in Einklang gebracht werden könnten.« (Ebenda) Die Antwort der Dresdner Bank, wie sie in einem Entwurf von Carl Goetz vorliegt, zeigt, wie vollständig sie sich mit den Zielen der Nazis identifizierte. Der betreffende Absatz lau170. tet »Wie ich höre, sind für Ihren Entschluß politische Gründe maßgebend, und es bleibt mir infolgedessen nichts anderes -96-
DIE AUSLANDSTAT1GKEIT
übrig, als Ihre Demission anzunehmen.« (Beweisstück 100, Brief Goetz an Meyer-Pellegrini - Entwurfsfassung) Auch die Entlassung von Otto Egg, dem Leiter der Deutsch-Südamerikanischen Bank in Chile, im Jahre 1937 wegen »Teilnahme an der Verbreitung jüdischer Emigrantenliteratur« (Beweisstück 101) ist ein Beleg für die enge Zusammenarbeit der Dresdner Bank und ihrer Tochter, der Deutsch-Südamerikanischen Bank, mit der NSDAP und sogar der Gestapo.171 Sie lieferte aus Südamerika nachrichtendienstliche Informationen als Beitrag zur Rüstung und Kriegswirtschaft der NaziRegierung. Ein Beispiel hierfür ist ein Dankbrief von der Hausbank der LG. Farben an die Deutsch-Südamerikanische Bank für Informationen über Zentral- und Südamerika mit der Bitte, sie an die Berliner LG.-Zentrale, das Nachrichtenzentrum der LG. Farben, weiterleiten zu dürfen (Beweisstück 102). Vertretungen der Deutschen Bank im Ausland dienten nicht nur als Zentren für die Propagandatätigkeit der Nazis, in einigen Fällen waren unter ihren leitenden Angestellten auch Leute, die mit Spionage und allgemein mit subversiven Aktivitäten zu tun hatten. 172 Wie eng die Beziehungen der Dresdner Bank zur Auslandsorganisation der NSDAP (AO) unter der Leitung von Bohle173 waren, wird aus ihrem Briefwechsel mit dieser Stelle deutlich: »Gauleiter, ich nehme Bezug auf unsere Unterhaltung am 18. Mai (1944, d. Bearb.) und gebe Ihnen nachstehend die bei meinem Institut vorgesehene Verteilung der Auslands-Referate auf die Herren des Vorstandes der Dresdner Bank bekannt: (...) Im übrigen werde ich mir erlauben, baldmöglichst die Verbindung mit Parteigenossen Christians aufzunehmen, um auf diese Weise eine engere Zusammenarbeit unserer Affiliationen im Ausland mit der Auslandsorganisation der NSDAP sicherzustellen (...) gez. E. H. Meyer« (Beweisstück 103) Bohle nahm diese Zusage von Emil Meyer, der eine Liste -97-
KAPITEL VII
der Vorstandsmitglieder beilag, die für Bankgeschäfte mit dem Ausland zuständig waren, höchst erfreut entgegen. Die Dresdner Bank finanzierte von Berlin aus die Propagandatätigkeit der Nazis im Ausland und nutzte ihre geschäftlichen Möglichkeiten zum Transfer von Geldmitteln, die für Unternehmungen des Auswärtigen Amtes und der Auslandsorganisation bestimmt waren. In einem Briefwechsel zwischen Franz von Papen, dem früheren deutschen Botschafter in der Türkei und Meisterspion im Ersten und Zweiten Weltkrieg174, und Carl Goetz (Beweisstück 104) geht es um eine Spende der Dresdner Bank von 13 000 Reichsmark an die Deutsche Schule in Istanbul. Das Auswärtige Amt plante die Einzelheiten dieser Transaktion in einer Weise, die es den türkischen Devisenbehörden unmöglich machen sollte, die Herkunft und Bestimmung dieser Gelder zu identifizieren. Ohne Zweifel hat die Dresdner Bank beträchtliche Geldmittel für ähnliche Zwecke entweder direkt beigesteuert oder über ihre Kanäle weitergeleitet. Sie stellte die Führungskräfte ihrer Auslandsfilialen und Tochterbanken jederzeit dem Auswärtigen Amt zur Verfügung. Als die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei kurz vor dem Abbruch standen, wies die Dresdner Bank ihren Hauptrepräsentanten in der Türkei, Posth175, an, im Lande zu bleiben, und entsprach damit dem Wunsch des Auswärtigen Amtes, führende deutsche Wirtschaftsvertreter dort zu behalten, die sich um die deutschen Kapitalanlagen kümmern und darüber hinaus die Basis für künftige deutsche Aktivitäten in der Türkei bilden sollten (Beweisstück 105). Die Bank war in neutralen und verbündeten Ländern besonders nützlich, weil unter dem Deckmantel ihrer routinemäßigen Bankgeschäfte und getarnt als normale Bankangestellte der deutsche Geheimdienst und die Fünfte Kolonne arbeiten konnten.176 Ein klassisches Beispiel hierfür ist die Arbeit der Dresdner Bank in Ägypten — der überaus wichtigen Region am Suezkanal. Untersuchungen über die deutsche Spionage- und Propagandatätigkeit in Ägypten für die Zeit von 1933 bis September 1939 haben ergeben, daß die Bank als Zentrum für die -98-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
Aktivitäten der Nazis bekannt war, Spionage und Propaganda Inbegriffen, worin die deutschen Angestellten zu einem mehr oder weniger großen Teil verwickelt waren.177 Auf der Liste der prominenten Deutschen, die mit den Operationen der Auslandsorganisation der NSDAP, des Auswärtigen Amtes und des deutschen Geheimdienstes zu tun hatten, erscheinen praktisch alle deutschen Angestellten der Dresdner Bank in Ägypten. Die Bank unterhielt Filialen in Kairo und Alexandria, obwohl es dafür laut Rudolf Tefs178 , der von 1934-1939 in der ägyptischen Filiale angestellt war (Beweisstück 106), keinen triftigen geschäftlichen Grund gab. Willy Lohmann, Leiter der Filiale in Alexandria und Präsident des Deutschen Sportvereins, war eng mit der ortsansässigen Organisation der NSDAP in Ägypten verbunden. Hans Sieber, Leiter der NSDAP in Alexandria, war ebenfalls leitender Angestellter bei der Dresdner Bank. Er erledigte die Verwaltungsangelegenheiten für alle Nazi-Gruppierungen in Alexandria und unterhielt sehr enge Beziehungen zum deutschen Konsulat. Der Leiter der Devisenabteilung bei der Bank, Friedrich Wülfken, war zugleich amtierender Präsident des Inspektionsamts in Alexandria. Koloman Erdoes, eine weitere Spitzenkraft der Dresdner Bank in Alexandria, unterhielt - obschon ungarischer Abstammung - intensive Kontakte zum deutschen Generalkonsulat in der Stadt. Walter Bernecker, verantwortlich für das Wechselportefeuille der Bank, war ein aktiver Organisator der Nazis. Arnold Gauer, ebenfalls leitender Angestellter der Dresdner Bank, war ein führendes Mitglied der Deutschen Gemeinde in Ägypten und arbeitete als Berater von Hans Sieber, als Sekretär der deutschen Frauenorganisation und als Schatzmeister der Deutschen Schule in Ägypten. Das prominenteste Mitglied der Deutschen Gemeinde in Ägypten war Baron von Richter, der Leiter der Dresdner Bank in Kairo. Er stand in ständiger Verbindung mit dem deutschen Botschafter in Ägypten und galt allgemein als fanatischer Nazi. Wie Hans Pilder, Vorstandsmitglied der Dresdner Bank und zuständig für Auslandsfragen, aussagte (Beweis-99-
KAPITEL VII
stück 107), genoß von Richter das volle Vertrauen der politischen und diplomatischen Vertreter Deutschlands in Ägypten. Man ernannte ihn zum Leiter der Deutschen Handelskammer des Landes. Kurt Hunzel, Abteilung Liquiditätsreserven, war der führende Organisator des NSDAP in Kairo und wurde schließlich Handelsattache des deutschen Konsuls in Beirut. Typisch für die Deutschen, die eine Handels- oder Banktätigkeit als Tarnung für ihre subversiven und Spionageaktivitäten benutzten, ist Ernst Otto, der 1937 nach Ägypten kam und gleichzeitig bei der Dresdner Bank und bei Bayer, der I.G. Farben-Tochter für Pharmazeutika, angestellt war. Er war als eines der ältesten Parteimitglieder der NSDAP bekannt, speziell für Propagandazwecke geschult und hatte mit Spionage zu tun. Kassenwart der NSDAP in Ägypten und der Ortsgruppe Kairo war Harry Venske, eine Führungskraft der Dresdner Bank in dieser Stadt. Ein weiteres Beispiel für einen prominenten Vertreter der Dresdner Bank, der zugleich als deutscher Agent tätig war, ist Felix Graf Czernin179 , ein Direktor der S.A. Continentale Bank, Brüssel - der Speerspitze der Dresdner Bank in Belgien —, Führungskraft einer Filiale der Dresdner Bank im Sudentenland und Vorstandsmitglied der Länderbank Wien. Graf Czernin machte für die Bank ausgedehnte Reisen durch Europa und erstattete darüber Karl Rasche Bericht. Einer dieser Berichte vom 24. Mai 1944 (Beweisstück 108) handelt von Ungarn und beschreibt lebhaft den »Arisierungsprozeß« der ungarischen Wirtschaft. Er geht detailliert auf die Auswirkungen der »Arisierung« auf die ungarische Industrie und das Bankwesen ein und schlägt Methoden vor, wie die Dresdner Bank die jüdischen Industrie- und Bankanteile in Ungarn ersetzen könnte. Viele Aktivitäten der Continentalen Bank, die im Kapitel »Die Dresdner Bank in Belgien« behandelt werden, sind Graf Czernin zuzuschreiben. Damit soll nicht unterstellt werden, daß er etwas anderes war als ein aktiver, gewissenhafter Vertreter der Dresdner Bank, wenn auch ein Verhör von Oberst Dehmel, bis Februar 1944 Leiter der Nachrichtenabteilung des Oberkommandos der deutschen -100-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
Wehrmacht in Danzig und von Februar 1944 bis Kriegsende Leiter der Nachrichtenstelle Prag des Reichssicherheitshauptamtes180 , ergab, daß Graf Felix Czernin Agent der Deutschen Spionageabwehr war und als Czernin, Felix Graf, alias Burger, Agent Nr. A-306, (Beweisstück 109) geführt wurde.
2.
DIE DRESDNER BANK IN DER TSCHECHOSLOWAKEI
Wie in allen anderen eroberten Ländern übernahm die Dresdner Bank auch in der Tschechoslowakei die Führung, als es darum ging, das Vorgehen bei organisiertem Betrug und Raub festzulegen. 'Mit der monopolistischen Macht, die Göring ihr übertragen hatte, mit den engen Parteibeziehungen, die sie auszunutzen wußte, und mit ihrer Politik, das letzte aus der tschechischen Industrie in jüdischem Besitz herauszuholen, lag sie bei der Unterwerfung der tschechischen Wirtschaft an erster Stelle.181 Im Verlauf der Wirtschaftseroberung verhandelte die Dresdner Bank mit Regierung (Wirtschafts- und Finanzministerium) und Partei; sie setzte die ihr angeschlossenen Banken in anderen Ländern ein und übte Druck auf die Behörden des Protektorats aus; sie bildete Konsortien, kaufte und verkaufte Aktienanteile, verwaltete Wertpapiere als Treuhänderin und betätigte sich als Zwischenhändler. Sie übernahm die Funktion eines wirtschaftlichen Nachrichtendienstes - immer vorausplanend - und besorgte sogar Einreisegenehmigungen. Der Plan für die wirtschaftliche Versklavung der Tschechoslowakei entstand gleichzeitig mit den Plänen für die politische Eroberung.182 Schon vier Tage nach dem Münchener Abkommen stand Carl Goetz mit dem deutschen Auswärtigen Amt in Verhandlungen, die tschechischen Banken zu übernehmen, und brachte das besondere Interesse der Dresdner Bank an der Böhmischen Escompte-Bank (BEB) und der Zivno Bank zum Ausdruck (Beweisstück 110). Sie entwickelten sich später zu ihren Hauptstützpunkten in der Tschechoslowakei. Noch bevor der Krieg offiziell erklärt und der militärische -101-
KAPITEL VII
Einmarsch in die Tschechoslowakei eingeleitet war, gab Göring Kehrl und Rasche die Vollmacht, die tschechische Industrie zu übernehmen. Und so schildert Rasche den Vorgang in einem Brief vom 23. Dezember 1943 an Ministerialdirektor Gritzbach, den Chef des Stabsamts von Reichsmarschall Göring: »Betr. die Aktienverteilung bei der Poldihütte AG Die Poldihütte, die 50 Jahre besteht und in dieser Zeit für ihren Markenstahl Weltgeltung errungen hat, hat auch in ihren Gesellschaftsverhältnissen, selbst in tschechischer Zeit, ihre Tradition aufrecht erhalten können. Die Poldiaktie hat in Böhmen seit ihrer Gründung einen verhältnismäßig dauerhaften Aktionärbestand gehabt, darunter die Böhmische Escompte-Bank, die schon bei der Gründung mitgewirkt hat. Als im Jahre 1938 die Heimkehr des Sudetenlandes erfolgte und die BEB ihre sudetendeutschen Filialen an die Dresdner Bank abgab und man die weitere Entwicklung noch nicht übersehen konnte, haben wir auf Wunsch deutscher öffentlicher Stellen versucht, schon damals deutschen Einfluß auf die Industrie des Protektorates zu gewinnen. Dies gelang uns, indem wir treuhandmäßig für eine noch zu bestimmende deutsche industrielle Gruppe rd. 25% der. Aktien der Poldihütte erwarben und außerdem die Majorität der Brünner Maschinen, die in diesem Zusammenhang nicht interessieren. Im weiteren Verlauf der Geschehnisse wurde, wie Sie wissen, Herrn Präsident Kehrl und mir eine noch weitergehende Sondervollmacht zum Erwerb und zur Umgruppierung solcher Industrie-Angelegenheiten von Herrn Reichsmarschall erteilt, und es ist uns, glaube ich, mit gutem Erfolg gelungen, diesen Auftrag auf Grund seiner Vollmacht zu erfüllen. Wie Sie wissen, stammen aus diesen Verhandlungen neben den eben genannten noch die SkodaAktien, die Brünner Waffen-Aktien und die Gruppe, die heute zusammengeschlossen ist unter dem Namen Sudetenländische Bergbau AG. Ebenfalls gelang es mir damals, die Verhandlungen über Witkowitz zu Ende zu bringen. Leider ist, wie Sie wissen, der Kaufpreis infolge Kriegsausbruchs nicht mehr gezahlt worden. Sie sehen aus alledem, wie sehr -102-
DIE AVSLANDSTATIGKEIT
wir gerade für die HGW (Hermann Göring-Werke, d. Bearb.) auch auf diesem Gebiet tätig waren, ähnlich wie wir es vorher in anderer Beziehung in Deutschland gewesen sind, was mir persönlich, das darf ich ruhig hier hervorheben, öfter von anderen Konzernen verdacht worden ist. Bei der Poldihütte war das damalige Ziel, nach und nach einen größeren Aktienbesitz und damit die Führung dieser Gesellschaft fest in deutsche Hand zu bringen. Auch dies gelang über die Bildung eines Syndikates, in welchem neben den obigen 25% noch Aktien verschiedener alter Aktionäre gebunden wurden, sodaß man unter Zuziehung des freien Marktes und durch Aufruf erworbener Aktien zu einer festen 51%igen Majorität in deutscher Hand im Laufe des Jahres 1939 gelangte. Ende 1939 und auch Anfang 1940 ist dann sowohl vom Reichsfinanzministerium als auch vom Reichswirtschaftsministerium mehrfach jeder weitere Erwerb von Aktien für die deutsche industrielle Gruppe (die HGW waren damals nach außen namentlich noch nicht benannt) abgelehnt worden. Andererseits wurde ein damals von uns vorgeschlagener Rückerwerb der Aktien (die dem Reichsfinanzministerium zunächst zu teuer erschienen waren) gleichfalls abgelehnt. Am 4.4. 40 traten dann die HGW offen in den Poolvertrag ein.« (Beweisstück 70) Rasche geht in seinem Verhör vom 19. Dezember 1945 (Beweisstück 111) näher auf die Bemühungen der Dresdner Bank im Auftrag der Hermann Göring-Werke ein. Sobald sie im Sudetenland Fuß gefaßt hatte, richtete sie ihr Hauptaugenmerk auf die Expansion der Hermann Göring-Werke in dieses neue Gebiet, das reiche Kohle- und Eisenvorkommen besaß.183 Das wichtigste Unternehmen, das die Dresdner Bank für die Hermann Göring-Werke übernahm, waren die Sudetenländischen Treibstoffwerke mit einem Aktienkapital von 100 Millionen Reichsmark. Sie tätigte dieses Geschäft mit voller Billigung des Wirtschaftsministeriums. Die Braunkohlegruben gehörten der tschechisch-jüdischen Familie Petschek. Rasche, Herbeck und Ansmann (die beiden letzteren gehörten der Konsortial-Abteilung der Dresdner Bank an)184 überführten diese Gesellschaften in den Hermann Göring-Konzern und konsolidierten ihn mit kleineren Braunkohlegruben zu den -103-
KAPITEL VII
Sudetenländischen Bergwerken (Aktienkapital 80 Millionen Reichsmark, Aktiva 1940: 140 129844 Reichsmark); Karl Rasche wurde anschließend Vorsitzender des Aufsichtsrates. Die Dresdner Bank und später die BEB bildeten die Hauptbankverbindung dieser Gesellschaften im Sudetenland und wickelten für sie die wichtigsten Transaktionen ab (Beweisstück 72). Karl Rasches besondere Mission für die Hermann GöringWerke (HGW) war voll erfüllt und wurde in der Folgezeit von der Böhmischen Escompte-Bank, der Tochterbank der Dresdner in Böhmen185, fortgesetzt. Die Korrespondenz zwischen der Dresdner Bank und den HGW-Zweigwerken in der Tschechoslowakei behandelt eine Vielzahl von Problemen, die die Bank, die BEB, die HGW und ihre Betriebe im Land betreffen und alle auf die aktive Beteiligung und den starken Einfluß hinweisen, den die Dresdner Bank auf den Göring-Konzern hatte. In diesem Zusammenhang ist der Bericht eines ihrer Vertreter über den Erwerb von zwei tschechischen Firmen, die sich in französischer Hand befanden, aufschlußreich. Nebenbei förderte er die Geschäfte der tschechischen Betriebe der HGW und erweist sich als eng verbunden mit der Leitung verschiedener Werke des riesigen Rüstungskonzerns. Er sagt zum Beispiel: »Am 14. Juni 1941 hatte ich ein Abkommen mit der Societe Central de Dynamit, Paris, abgeschlossen, nach welchem 48000 Stück Explosia-Aktien und 24000 Stück SynthesiaAktien zu einem Preise von 40000000,- Franken an die Reichswerke Hermann Göring übergehen sollten. Die Bezahlung sollte je zur Hälfte durch Barzahlung und durch Lieferung von Maschinen zur Errichtung einer neuen Isorelfabrik erfolgen. ... In den Besprechungen, die ich vom 25. bis 29. August in Paris geführt habe, ergab sich Folgendes: 1.) Die Lieferung der Maschinen für die neue Isorelanlage ist eine conditio sine qua non. Die Isorel stellt nach dem Fibroverfahren Bauplatten aus Holzabfällen her, nach denen von der Marine und anderen Wehrmachtsstellen starke Nachfrage besteht, die nicht im entferntesten gedeckt werden kann. -104-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
Der Kommandierende Admiral von Frankreich, vertreten durch Oberbaurat Walbe, hat daher auf meinen Vorschlag an die Isorelwerke ein Schreiben gerichtet, in dem der Auftrag erteilt wird, die Anlagen wesentlich zu erweitern, um eine größere Produktion zu erreichen. Der Kommandierende Admiral hat sich auch mit dem Standort der neuen Anlage im unbesetzten Frankreich einverstanden erklärt. Er ist jedoch nicht in der Lage Kennziffern und Kontingente für die benötigten Eisenmengen zur Verfügung zu stellen. Die Maschinen, welche bei Simpelkamp in Krefeld bestellt werden sollen, haben ein Gewicht von ca. 800 Tonnen, das Einsatzgewicht dürfte etwa 1200 Tonnen betragen. Nach meiner Ansicht können diese Maschinen, da keine Patente vorliegen, auch von Skoda gebaut werden. Die Franzosen sind mit Lieferung durch Skoda einverstanden. Herr Müller hat es übernommen,. . . die genauen Unterlagen wegen den Maschinen zusammenzustellen und baldigst nach Prag zu schicken. Alsdann müßten die Skodawerke ein Angebot für diese Maschinen ausarbeiten. Die Entsendung eines Ingenieurs zur Besichtigung der Isorelanlage ist möglieh. (...) gez. v. Lüdinghausen« (Beweisstück 112) Die zusammengefaßte Subskriptionsanzeige und die Korrespondenz, mit denen die Dresdner Bank die Aktien der Sudetenländischen Bergwerke (Subag) an den Börsen in Berlin, Wien und Prag einführte, sprechen für sich (Beweisstück 113). Es gab in der Tschechoslowakei fünf wichtige Zweigwerke des Hermann Göring-Konzerns186: Die Poldihütte (Stahl) - Aktienkapital: 250 Mio Kronen Aktiva (1942): 794 174 903 Kronen Ferdinande Nordbahn - Aktienkapital: 49 980 000 Kro(Kohle und nen Kohleprodukte) Aktiva (1940): 509 895 187 Kronen Skoda AG (Waffen, - Aktienkapital: 687,5 Mio KroLokomotiven, nen Maschinen) Aktiva (1940): 3 492 639 671 Kronen -105-
KAPITEL VII
Waffenwerke Brunn - Aktienkapital: 300 Mio Kronen (Kleine Waffen und Sprengstoffe) Brünner Maschinen — Aktienkapital: 65 Mio Kronen AG (Maschinen, KraftAktiva (1942): 257 786 189 Krowerksausrüstung) nen Der oben erwähnte Brief von Rasche an Gritzbach (Beweisstück 70) schildert die Rolle, die die Dresdner Bank bei der Übernahme der Poldihütte für die Hermann Göring-Werke spielte. Im Falle der Ferdinande Nordbahn führte die Zivno Bank die Verhandlungen für die HGW mit dem Erfolg, daß die Unternehmen zusammengeschlossen wurden. Das Prunkstück unter den weitgestreuten Besitzungen der Hermann Göring-Werke waren die Skoda Werke - Europas größte Munitionsfabrik. Es war das »große Verdienst« der Dresdner Bank, aktiven Anteil daran zu haben, daß die Skoda Werke unter die Kontrolle der HGW kamen. Wiederum waren es die Böhmische Escompte-Bank, die Zivno Bank sowie Rasche und Herbeck von der Dresdner Bank, die die Übertragung des Unternehmens aus tschechischer in deutsche Hand vornahmen. Die Brünner Waffenwerke und die Brünner Maschinen AG wurden, um Karl Rasche zu zitieren, »von der Dresdner Bank in die HGW-Gruppe eingebracht.« (Beweisstück 72) Welche Mittel die Dresdner Bank einsetzte, um ihr Ziel zu erreichen, spielte für sie kaum eine Rolle. Manchmal wahrte sie einen Schein von Legalität. Erpressung, Betrug, Gewalt und Druck auf die Behörden des Protektorats gehörten zu den Methoden, die sie in den eroberten tschechischen Provinzen einsetzte.187 Manchmal waren die Geschäfte selbst schmutzig, wie in den Fällen, in denen sie sich an die Behörden des Protektorats wandte, um einen Geschäftsmann zu zwingen, seine Firma aufzugeben. Werner Stenzel zum Beispiel war ein deutscher Werkzeugmaschinenhändler, der den Großteil der Auslandslieferungen der Werkzeugmaschinenabteilung von BATA abnahm. Er wollte diese Abteilung kaufen und nahm mit seiner Bank, der Dresdner, Kontakt auf, um die Angelegenheit mit einem ihrer Vertreter, von Richter188, zu besprechen. Von Richters Aktennotiz über dieses Gespräch vom l O.Juni 1942 lautet: -106-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
»Besuch des Herrn Dr. Werner Stenzel am 9.6. 1942 Die Firma Georg Stenzel & Co. ist langjährige Kundin unserer Depka 14 mit erheblichen Umsätzen (2. September 1941 rd. RM 13000000-, I.Quartal 1942 rd. RM 7 800 000,-) und zur Zeit sehr erheblichem Guthaben (RM l 800 000,-). Sie ist eine der führenden Berliner Werkzeugmaschinenhandlungen, arbeitet für allererste Auftraggeber mit allerersten Lieferanten. Ultimo 1941 wird ein Kapital von rd. RM 2000000,- ausgewiesen, wozu noch Privatvermögen der Inhaber von einigen hunderttausend Reichsmark kommen dürfte. Dr. Stenzel ist stark im Geschäft mit der Werkzeugmaschinenabteilung von Bata in Zlin. Diese Werkzeugmaschinen-Abteilung von Bata, ursprünglich für den Eigenbedarf der Bata-Betriebe gedacht, fabriziert seit Jahren auch für Dritte. Produktionsprogramm lt. Dr. Stenzel: Revolverdrehbänke, Fräsmaschinen, Radialbohrmaschinen. Stenzel & Co. haben nach ihrer Schätzung etwa 70% = rd. RM 5000000,- der Fremdlieferungen der Werkzeugmaschinen-Abteilung Bata, soweit sie auf das Altreich entfallen, gehandelt. Stenzel & Co. streben enge Verbindung mit ihren Hauptlieferanten an, um den Großhandel von deren Produkten auch für die Zukunft sicherzustellen. Unter diesem Gesichtspunkt ist vor kurzem Minderheitsbeteiligung bei der Werkzeugmaschinenfabrik Podaiski (?) im Protektorat erfolgt. Für den Fall, daß Bata etwa die Absicht haben sollte, sich von seiner Werkzeugmaschinenproduktion zu trennen, würde Stenzel & Co. Interessent sein. Zweck des Besuches des Herrn Dr. Stenzel war a) uns zu bitten, auf diskreteste Weise auch unsererseits soweit uns möglich — vorzufühlen, ob Bata etwa Abstoßung der Werkzeugmaschinenproduktion erwägt, b) falls nein, ob etwa Bata von Protektoratsbehördenseite aus diese Trennung nahegelegt wird, c) uns zu fragen, ob wir gegebenenfalls bereit seien, eine Kombination mit Stenzel & Co. zu erwägen, die eine Beteiligung an dem eventuell auszugliedernden Werkzeugmaschinenbetrieb ermöglichte. -107-
KAPITEL VII
Die Frage zu c) ist von mir dahin beantwortet worden, daß wir selbstverständlich, wenn ein solches Projekt akut würde, daran großes Interesse hätten und ich mir auch denken könne, daß wir an einer Lösung dann mitarbeiten würden, die eine gewisse Beteiligung von Stenzel & Co. etwa an einer neu zu gründenden, die Werkzeugmaschinenproduktion von Bata dann umfassenden Produktionsgesellschaft zusammen mit anderen Freunden - ermöglichte, wobei ich allerdings daraufhinwies, daß das Objekt voraussichtlich doch sehr groß werden würde und daher nur eine gewisse Minderheitsbeteiligung von Stenzel & Co. möglich sein würde. Die Fragen zu a) glaubte Herr Dr. Stenzel selbst klären zu können, da er sich mit den Herren von Bata als deren Haupthändler für das Altreich ausgezeichnet stände; auch glaubt er, daß, wenn überhaupt Verkaufsabsichten beständen bezw. Bata suggeriert würden, Bata eine Kombination mit Stenzel & Co. begrüßen würde. Deshalb würde Stenzel auch Interesse daran haben, wenn wir bei der Geschäftsleitung von Bata die Frage nach den zukünftigen Aussichten hinsichtlich der Werkzeugmaschinenproduktion in diskretester Form — selbstverständlich ohne Nennung des Namens von Stenzel & Co. - anschneiden würden. Zu der Frage b) wäre Herr Dr. Stenzel für diskreteste Nachforschung in der Richtung dankbar, ob etwa von seilen der Protektoratsbehörden die Absicht bestände, Bata die Ausgliederung und Verselbständigung der Werkzeugmaschinenproduktion nahezulegen.« (Beweisstück 114) Zu dieser Angelegenheit liegt auch ein Verhörprotokoll von Karl Rasche vor (Beweisstück 115). Durch ihren Einfluß in der Partei konnte die Dresdner Bank mit den Nazis erfolgreicher verhandeln als die Bank der Deutschen Arbeit, die Hausbank der Nazi-Regierung. Als der NS-Reichsbund für Leibesübungen (NSRL) Teile des Vermögens der tschechischen Sportorganisation in Höhe von 30 bis 40 Millionen Reichsmark übernehmen wollte, ging er zur Dresdner Bank (Beweisstück 116). Ein Vertreter der Bank, Joos189 , berichtet in einer Aktennotiz vom 29. Oktober 1942 -108-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
über sein Treffen mit Arthur Stenzel, einem hochgestellten Vertreter des NSRL: »Betr.: NS-Reichsbundfür Leibesübungen
Der Unterzeichnete besuchte gestern Herrn Arthur Stenzel, um mit ihm über die Einschaltung unseres Institutes bei dem vom 4.-6. 12. in Berlin stattfindenden Drei-LänderBoxkampf zu sprechen. Herr Stenzel stand noch ganz unter dem Eindruck der vielen Ehrungen, die ihm zu seinem sechzigsten Geburtstag zuteil geworden sind, so hat ihm insbesondere Herr von Tschammer-Osten einen fünf Seiten langen Brief geschrieben, der in freundschaftlichster Form gehalten ist, und in dem die Verehrung und Freundschaft des Herrn von Tschammer-Osten zu Herrn Stenzel zum Ausdruck gebracht wird. Herr Stenzel hat sich auch sehr über unser Blumen-Arrangement und über die Gratulationen, die ihm von unserem Institut zugegangen sind, gefreut. Im Laufe der Unterhaltung erzählte mir Herr Stenzel, daß die ihm unterstellten Wirtschaftsverbände zurzeit bei unserem Institut ein Guthaben von insgesamt ca. RM 8 000 000,- unterhalten, die zum Teil in Bar und zum Teil in Effekten in Berlin und bei unseren Niederlassungen angelegt sind. Ein kleinerer Teil - einige hunderttausend Reichsmark - ist auch bei anderen hiesigen Banken deponiert worden, der aber im Verhältnis zu den bei uns untergebrachten Guthaben keine große Rolle spielt. Versuche anderer Banken, die Guthaben bei ihnen zu erhöhen, hat St. bisher stets erfolgreich abgewehrt. So hat z. B. Herr Ritter von Halt es bisher nicht fertiggebracht, das von ihm verwaltete Vermögen, für das er zeichnungsberechtigt ist, von der Dresdner Bank auf die Deutsche Bank umzulegen.190 Auch den Versuch der Bank der Deutschen Arbeit, die Gelder des NS-Reichsbundes zu sich herüberzuziehen, hat St. rundweg abgeschlagen. In Böhmen-Mähren befinden sich noch die Vermögen der Sokol-Vereine, die in die Millionen gehen und vom Reichsbund zurzeit treuhänderisch verwaltet werden; darunter befinden sich allein 800 Kinos. Ein Teil dieser Vermögenswerte wird ebenfalls auf den NS-Reichsbund übergeführt werden. St. hat mir versprochen, soweit irgend möglich, hierbei unsere Tochtergesellschaft, die Böhmische -109-
KAPITEL VII
Escompte-Bank, Prag, einzuschalten, wobei er jedoch erwähnte, daß die Creditanstalt der Deutschen eine scharfe Konkurrenz sei. Er wird in nächster Zeit selbst nach Prag fahren, um einen Überblick über die dortigen Verhältnisse zu gewinnen. Herr Stenzel verwaltet jetzt das Vermögen des NSReichsbundes vollkommen selbständig und uneingeschränkt; es dürfte sich hierbei um Vermögenswerte von 30-40 Millionen RM handeln, die vorwiegend aus Sportanlagen, Erholungsheimen und ähnlichen Einrichtungen bestehen. In letzter Zeit wurden in Luxemburg ein Nonnenkloster und in Württemberg eine Burg angekauft, die zu Erholungsheimen ausgebaut werden sollen. Zu dem vom 4.—6. 12. in Berlin stattfindenden DreiLänder-Boxkampf werden wir die Eintrittskarten auf der Rückseite auf unsere Kosten mit unserer Firma bedrucken lassen. Ferner habe ich im Einverständnis mit Herrn Direktor Stockburger Herrn Stenzel zugesagt, daß wir bereit sind, durch unsere Groß-Berliner Depositenkassen den Vorverkauf der Eintrittskarten vorzunehmen. Der NS-Reichsbund wird dafür bei seinen sämtlichen Propagandamaßnahmen unser Institut als alleinige Bank für den Vorverkauf der Eintrittskarten namhaft machen. ... gez. Joos« (Beweisstück 117) Die »Arisierung« war eine der gebräuchlichsten Plünderungsmethoden. In diesem Zusammenhang hatte die Bank am häufigsten mit der Gestapo zu tun. Die Beziehungen zwischen der Dresdner Bank, ihrer tschechischen Filiale (der Böhmischen Escompte-Bank) und der Gestapo, dem Reichswirtschaftsministerium sowie dem Protektorat kommen in dem folgenden Telegramm zum Ausdruck, das sich mit der Übernahme der Mehrheitsanteile an einer tschechischen Zementfabrik befaßt: »escomptbank präg 4. 3.42 dresdbank bin Sekretariat dr. rasche nach bisherigen feststellungen sind noch 8 691 königshofer aktien in jüdischen händen. davon sind 7500 durch gestapo gesperrt und cca 1000 im besitz ausländischer Juden, benötigen für uns zur aufmllung auf 25% wegen Schachtelprivileg -110-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
noch 5200 stück, entscheidung wegen gestapo-stücken bisher nicht erfolgt. Übernahmekurs für freie jüdische königshofer aktien 2340,—. dieser ist bisher von gestapo nicht angenommen, nach regelung mit gestapo und Übernahme der im besitz von ausländischen Juden befindlichen stücke werden demnach ca. stück 3500 frei, greifbar sind zur zeit keine jüdischen stücke. Sekretariat lüdinghausen.« (Beweisstück 118) Es ging dann folgendermaßen weiter: »Durchsage von Herrn van Hees, KW M Der Reichsprotektor teilt mit, daß auf Grund seiner mit der Sudetenländischen Bergbau AG, Brüx, getroffenen Vereinbarung diese aus jüdischem Protektoratsbesitz vorläufig Stck. 7 874 Westböhmische Bergbauverein Aktien übernimmt und dagegen eine wertmäßig entsprechende Anzahl Königshofer Zementfabriksaktien an die Böhmische Escompte-Bank, Prag, liefert. Bewertungsgrundlage für beide Aktiengattungen sind die amtlichen Börsenkurse vom 16.9.1940, d.s. K 615,- für die Westböhmischen Bergbau Aktien und K 2 340,- für Königshofer Zementfabriksaktien. Weitere Stücke werden wahrscheinlich in absehbarer Zeit für diese Transaktion zur Verfügung stehen. 18. 5.42 (gez- zwei unleserliche Unterschriften)« (Beweisstück 119). Mit welcher Leichtigkeit die nationalen Grenzen im wirtschaftlichen Lebensraum der Nazis verschwanden, zeigt der Fall einer deutschen Firma, die ein slowakisches Unternehmen kaufen wollte und sich dazu an die österreichische Filiale der Dresdner Bank wandte, damit sie die Anwendung des ungarischen Arisierungsprogramms vorschlüge. Die deutsche Firma war die Landwirtschaftliche Industrie und Handels AG, Preßburg (LIHAG). Das slowakische Kohleunternehmen war M. Schick, Preßburg. Die österreichische Filiale der Dresdner Bank war die Länderbank, Wien. Die ungarische Filiale der Dresdner Bank war die Ungarische Allgemeine Kreditbank. Am 6.Juni 1944 schrieb die deutsche Firma an die österreichische Bank mit der typischen Begründung: »Nachdem die Fa. Schick nie sauber arbeitete (sie hält auch -111-
KAPITEL VII
bis heute die Preisvorschriften nicht ein) trachtete man schon vor langer Zeit, die Genannte auszuschalten und hatte ihr auch schon den Gewerbeschein entzogen. Da Schick zu dieser Zeit noch sehr einflußreiche ungarische Freunde für sich einspannen konnte, mußte die gegen ihn gestartete Aktion eingestellt werden und wurde ihm auch der Gewerbeschein wieder ausgefolgt. (...) Wäre es nun, im Zuge der Ausschaltung des jüdischen Einflusses in Ungarn nicht möglich, von der Ungar. Allg. Kohlen AG die Interessenvertretung für die Slowakei zu erhalten und die jüdische Firma Schick auszuschalten?« (Beweisstück 120, Aktenvermerk v. 6.6. 1944) Bei der Durchführung dieses Vormarschprogramms übernahm die Bank alle anfallenden Funktionen. Einige der vorigen Absätze zeigen, wie sie ihre Auslandsfilialen mit Hilfe der Reichsministerien, der Partei und des Protektorats zusammenschweißte und ihre Kunden zu einer Einheit machte, die sie in Richtung der Nazi-Ziele führte. Sie zeigen, daß sie nachrichtendienstlich tätig wurde und sich an der industriellen »Germanisierung« beteiligte. Die Bank erwarb fortwährend Aktienanteile. Am 22. März 1939, unmittelbar nach der Besetzung der Tschechoslowakei, »kaufte« zum Beispiel die »KehrlRasche-Gruppe« von insgesamt 296 840 Anteilen der Waffenwerke Brunn AG, deren Aktienkapital 1937 120 Millionen Kronen betrug, 130528 Anteile zusätzlich zu den 15600 Anteilen im Besitz der BEB und den 15600 Anteilen im Besitz der Zivnostenska Bank (Beweisstück 121). Keine dieser Funktionen war dem Zufall überlassen; ihre Bedeutung war organisatorisch anerkannt. Der Bericht der BEB über Verwaltungskosten vom S.April 1941 führt eine eigene »Arisierungs«gruppe auf, in der vier Leute beschäftigt waren. Die gesamten Verwaltungskosten für diese Abteilung betrugen für das erste Halbjahr 1940 164900 Kronen. Der monatliche Lohnkostenanteil stieg von 16600 Kronen im Juli 1940 auf 16900 Kronen im Dezember. Als Erklärung für die Tatsache, daß die statistische Entwicklung der Verwaltungskosten möglicherweise nicht ganz genau ist, führt der Bericht in der Einleitung aus, daß »die Abteilungen zum großen Teil mit Sonderarbeiten, die -112-
Carl Goetz, von 1936 bis 1944 Aufsichtsratsvorsitzender der Dresdner Bank; nach dem Krieg maßgeblich an der Restauration des Unternehmens beteiligt; zuletzt Ehrenvorsitzender; Träger des Großen Verdienstkreuzes mit Stern und Schulterband des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.
. fr Karl Rasche, von 1935 bis 1945 Mitglied des Vorstands der Dresdner Bank; Mitglied der SS, seit 1938 im Range eines Obersturmbannführers; als einziger Repräsentant der Dresdner Bank AG im sog. Wilhelmstraßenprozeß angeklagt und zu sieben Jahren Haß verurteilt; später vorzeitig freigelassen.
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Eingliederung des Protektorates in den großdeutschen Wirtschaftsraum, der Ausschaltung der Juden aus der Wirtschaft u. a. m. belastet sind.« (Beweisstück 122) Die Bank betätigte sich als Makler für jüdische Wertpapiere. Aus dem Monatsbericht der BEB, Stand 3I.August 1941, sind in der nachfolgenden Liste Transaktionen dieses Monats aufgeführt: » Wertpapiere Veränderungen vom 1.8. 1941-31.8. 1941 in Tausend K Käufe (...) Nostro II (jüdische Effekten) Karborundum 100 Koliner Spiritus 400 Prager Eisen 100 Preß burger Kabel 100 Preßburger Magnesit 100 Tarbouches 200 Diverse 200 Verkäufe (...)
Nostro II (jüdische Effekten) Elbekosteletzer 150 Hellmann 750 Königshofen 300« (Beweisstück 123, Beilage la) Sie fungierte auch als Treuhänder. In einer Fußnote zur Liste der aufgekauften jüdischen Wertpapiere heißt es: »Die weiters im Jahre 1941 aus jüdischem Besitz aufgenommenen div. Aktien erscheinen mit Rücksicht darauf, daß wir für diese Effekten nur als Treuhänder fungieren, unter Debitoren mit ca. K 42250000,- ausgewiesen.« (Beweisstück 123, Beilage la) Obwohl die »Arisierungstätigkeit« nach 1942 erheblich nachließ, nahm die Begeisterung der BEB für diese Art von Geschäften in keiner Weise ab. So führte sie zum Beispiel von März bis Juni 1942 gemeinsam mit der Dresdner Bank Verhandlungen mit der Gildemann Cigarrenfabrik, Hamburg, -113-
KAPITEL VII
einem deutschen Konzern, dem viel daran lag, ein »arisierbares Objekt« zu kaufen. Die Hilfe, die die BEB Gildemann in dieser Hinsicht leistete, ließ wenig zu wünschen übrig. Der folgende Briefwechsel spricht für sich: 1. Brief vom 12. März 1942 von Helmut Ritter191, Direktor der Gildemann Zigarrenfabrik, Berlin-Hamburg, an Rasche: »Herr Direktor Stitz-Ulrici von der Böhmischen Escompte Bank Prag192 hat uns am Montag ds. Woche die Firma Waldes & Co., Prag, angeboten, und zwar über Herrn Franz Ploner vom Büro Rigele-Göring. Die Böhmische Escompte Bank Prag hat bekanntlich auch den Treuhänder für die Firma Waldes & Co., die zu 60 Prozent jüdisch war gestellt, die daher noch verwaltet wird. Unser Interesse für die angebotene Firma ist dann vorhanden, wenn sich bei einer eingehenden Besichtigung des Betriebes ergeben sollte, daß es nicht vonnöten ist, daß der neue Inhaber ganz nach Prag übersiedeln muß, sondern seinen Wohnsitz in Berlin behalten kann. Aus diesem Grunde, und um überhaupt mit dem Angebot in allen Einzelheiten näher vertraut zu werden, ist es unumgänglich notwendig, daß ich und unser Herr Dr. Lehnert nach Prag fahren. (...) Zu Ihrer Orientierung diene Ihnen noch kurz folgendes: Für die jüngeren Inhaber der Firma Martin Brinkmann GmbH, und für die jüngeren tüchtigsten Mitarbeiter der Firma Gildemann Cigarrenfabriken AG (früher I. Neumann AG) sucht die Martin Brinkmann GmbH193 neue Arbeitsfelder. In diesem Falle betrifft das jetzt verhandelte Objekt ganz besonders meine Person, da die Firma für mich bestimmt wäre. Die Firma Gildemann Cigarrenfabriken AG ist bekanntlich ein Tochterunternehmen der Martin Brinkmann GmbH, welche wiederum allein im Besitze unserer Familie Ritter ist. Mein Vater, Herr Staatsrat Ritter, ist Ihnen sicherlich bekannt.194 Da nun der Erwerb oder die Beteiligung an größeren Unternehmen im Altreich so gut wie ausgeschlossen ist, da es faktisch nichts mehr gibt, habe ich mich dem Protektorat Böhmen/Mähren zugewandt. Herr Franz Ploner vom Büro Rigele-Göring, der bekanntlich der Familie Göring sehr nahe steht und auch sonst z. B. beim kommissarischen -114-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
Reichsprotektor Heydrich gut bekannt ist, hatte die Freundlichkeit, die Vermittlung solcher Angebote zu übernehmen.« (Beweisstück 124) 2. Telegramm vom 16. März 1942, Böhmische Escompte Bank (BEB) an Rasche: »wegen gildemann cigarrenfabriken hat baron lüdinghausen bei ministerialrat von wedelstädt ein schreiben veranlaßt, das als unterläge für besorgung der durchlaßscheine für herrn helmut ritter und dr. lehnert dient, wir hoffen dieses schreiben baldigst übermitteln zu können.« (Beweisstück 125) 3. Brief vom 19. März 1942, Ritter an BEB: »Bezugnehmend auf unser Schreiben vom 6. ds. Mts.mit anliegend beigefügter Aufstellung über 34 Firmen bitten wir baldigst um Nachricht. Wir wären Ihnen dankbar, wenn Ihr geehrter Herr StitzUlrici in nächster Zeit mit den gewünschten Unterlagen über diese 34 Firmen nach hier kommen könnte. Alle entstehenden Unkosten würden wir gerne übernehmen. Wir erwarten Ihren gefalligen Bescheid und zeichnen mit Heil Hitler! Helmut Ritter« (Beweisstück 126) Wie aus der späteren Korrespondenz hervorgeht, kamen folgende »arisierbare« Firmen in Frage: Waldes & Co., Prag AG für Textilindustrie, Königinhof a. d. E. S. Katzau, Baumwollspinnerei, Babi F. M. Oberländer und Hronower Baumwollspinnerei AG, Hronow Leo Czech & Co., Zementfabrik, Brünn-Malmeritz Josef Sochor, mechan. Weberei, Schlichterei und Druckfabrik, Könnginhof a. d. E. E. Spiegier & Söhne, Weberei, Hronow Weiß & Söhne, Jutespinnerei und Juteweberei AG, Königinhof a. d. E. Textilia AG, Kaufhaus, Mährisch Ostrau A. Landsberger, Baumwoll- und Flachsspinnerei, Baumwollweberei, Bleiche und Appreturanstalt, Friedek. Karl & Wilhelm Hellmann, mechanische Weberei, Königinhof -115-
KAPITEL VII
Leopold Stransky, Nachod. Flachs- und Juteindustrie AG, Eipel H. Mandels' Söhne, mechanische Weberei, Königinhof Hermann Hitschmann, mechanische Weberei, Nachod. J. L. Haurowitz, mechanische Weberei, Grottau-Prag Mos. Löw-Beer, Tuchfabrik, Brunn Gustav Jarotschek, Wollspinnerei, Tollstein Theodor Körner, Holzindustrie, Prag. S. G. Goldschmidt & Sohn, Nachod. Ludwig Müller, Neustadt Alois Stranad & Co., Hemdenfabrikation und Textilhandel, Kuttenberg Josef Reiniger, Strick- und Wirkwarenfabrik, Kuttenberg Neudecker Papierfabrik AG, Neudeck Heinrich Suchanek, amateurphotograph. Artikel, Brunn L. Anspitz Enkel, Tuchfabrik, Brunn »Opp« AG Schokoladen- und Zuckerwarenfabrik, Brunn Prager-Neusiedler Vereinigte Papier-, Zellulose und HolzstofTabriken AG, Prag Oderfurter Mineralölwerke, Prag-Mährisch Ostrau Lana-Rakonitzer Steinkohlen AG M. Fischl's Söhne, Spiritus- und Pottaschefabrik, Prag Pardubitzer Spiritus-Raffinierie und Essigfabrik AG, Prag Verlassenschaft Dr. Ed. J. Weinmann/Weinmannwerke Einziehungsmasse Hans/Stella/Frieda/Ella Weinmann Einziehungsmasse Petschek Thonet-Mundus AG, Möbelfabrik, Prag Vereinigte Schafwollfabriken AG, Brunn (Beweisstück 127) 4. Telegramm vom 21. März 1942, BEB an Rasche: »teilen sie bitte herrn ritter mit, daß wir die bekannte aufstellung bearbeitet haben und ihm in den nächsten tagen einen ausführlichen bericht hierüber senden, den wir zur zeit fertigstellen, herr stitz wird voraussichtlich am l.juni in berlin sein und herrn ritter dann zu einer mündlichen aussprache gern zur Verfügung stehen.« (Beweisstück 128) 5. Sechzehnseitiger Brief vom 2 I.Mai 1942 von der BEB an Ritter mit dem Vermerk »Streng vertraulich«: »Wir möchten zu Anfang unserer Ausführungen bemerken, -116-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
daß uns diese Liste insofern überraschte, als sie fast durchweg uns seit langem wohl bekannte Arisierungsprojekte enthält, die alle seit geraumer Zeit stark umworben sind und die wir im einzelnen nachstehend besprechen werden. Leider stehen uns nicht immer die von Ihnen über die einzelnen Betriebe gewünschten näheren Angaben zur Verfügung. Namentlich können wir über das Fabrikationsprogramm, wie es heute gelagert ist und auch über die Frage, ob öffentliche Aufträge vorliegen, keine Angaben machen. Von den 35 genannte Firmen (irrtümlich sind nur 34 durchnummeriert), beziehen sich 21 Adressen auf die Textilindustrie. Diese steht zur Zeit im Zeichen zahlreicher Stillegungen und Rationalisierungen, so daß auch manche Textilobjekte hiedurch uninteressant werden. ( . . . ) Offenbar hat sich Herr Regierungsrat Stockmar vorläufig nur auf die Nennung derartiger Arisierungsfälle beschränkt, über die bei dem Vermögensamt noch mit vorläufigen Bewerbern Verhandlungen~über den Kaufpreis schweben. Somit umfaßt also die Liste alle größeren Arisierungsprojekte, in denen die Entscheidung solange schwebt, bis sich herausgestellt hat, ob bei den Kaufpreisverhandlungen eine Einigung mit den zugelassenen Bewerbern erzielt werden konnte oder nicht. ( . . . ) Dabei betonen wir aber noch, daß die Bewerberanträge auf ihre Zulassung oder Ablehnung nur vom Entjudungsreferat des Reichsprotektors bearbeitet werden. Das Entjudungsreferat schlägt dem Vermögensamt die Bewerber vor. Das Vermögensamt verhandelt mit ihnen dann über die Höhe des Kaufpreises.« (Beweisstück 127) Es folgen detaillierte Angaben über Status und Vorzüge der Firmen, an denen Ritter »interessiert« sein könnte und die in der Mehrzahl »arisierbar« seien. 6. Brief aus dem Sekretariat Rasche vom 9. Juni 1942: »Unter Bezugnahme auf die heutige fernmündliche Unterredung gestatte ich mir, die für Ihren sehr geehrten Herrn Ritter besorgte Befürwortung der Industrie- und Handelskammer für einen 2-monatigen Durchlaß-Schein für das Protektorat zur gefälligen Bedienung zu überreichen. Heil Hitler!« (Beweisstuck 129) -117-
KAPITEL VII
1. Brief vom 17. Juni 1942, BEB an Rasche195: »Wir teilen Ihnen mit, daß Herr Helmut Ritter gestern bei uns vorgesprochen hat. Unser Vorstandsmitglied, Herr Direktor Dr. Hölzer, hat ihn bei Herrn Min. Rat von Wedelstädt eingeführt. Herr Ritter hatte Gelegenheit mit Letzterem eingehend über sich etwa bietende Anlagemöglichkeiten im Protektorat durch Erwerb gewerblicher Unternehmen aus dem Arisierungs- bezw. Beschlagnahme-Sektor zu sprechen. Bekanntlich hatten wir ihm ganz ausführliche schriftliche Vorschläge mit unserem, auch ihnen bekannten Schreiben vom 21. v. M. unterbreitet. (...) Jedenfalls haben wir alles getan, um ihn bei seinen Bemühungen zu unterstützen. ( . . . ) Alles in allem ist zu sagen, daß sich die Aufgaben der Martin Brinkmann GmbH sowie der Gildemann Cigarrenfabriken AG durch die bevorstehende Einführung des Tabakmonopols sehr schnell verkleinern und dadurch immer größere Kapitalien frei werden. Der Anlagebedarf dieses Konzerns ist jedenfalls außerordentlich dringlich. Wir werden in unserem Wirtschaftsgebiet weiter bemüht sein, den Herren geeignete Vorschläge zu machen.« (Beweisstück 130) Das ist die monotone Routine der einträglichen »Entjudung«. Ein weiteres Beispiel der »Arisierung« fand ebenfalls 1942 statt (Beweisstück 131). In diesem Fall geht es um die Übernahme der Firma Herrn. Pollack's Söhne, einer böhmischen Textilfabrik, durch die Braunauer Feinspinnerei und Weberei Gyger & Co. und die Deutsche Textil AG, Berlin. Die folgenden Auszüge stammen aus der Kopie eines Briefes vom 28. Februar 1942 vom Reichsprotektor für Böhmen und Mähren an die BEB: »Betr.: Firma Herrn. Pollack's Söhne, Böhm. Trübau-Parnig. Unter Bezugnahme auf die anläßlich der Anwesenheit des Vertreters des Reichswirtschaftsministeriums, des Herrn Dr. Bauer, abgehaltene Besprechung teile ich Ihnen nachstehend das zusammengefaßte Ergebnis der getroffenen Vereinbarungen mit: Zunächst wurde klar gestellt, daß nach Ansicht des Reichswirtschaftsministeriums der Betrieb Neurode, der -118-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
schon in arischen Besitz überführt ist, bei der Regelung herauszulassen ist. Auf dieser Grundlage und in allseitigem Einverständnis wurde vereinbart: Die Betriebe in Braunau und Böhmisch-Trübau sind durch die beteiligten Banken zu verkaufen. Die entspre/ chenden Kaufverträge sind von den Banken bis spätestens I.Mai 1942 zur Genehmigung vorzulegen. Die Kaufverträge sind so abzufassen, daß Nebenabreden, die außerhalb der Kaufverträge getroffen werden könnten, keine Geltung haben und auch nicht getroffen werden. Zu Gunsten der Erwerber kann in die Kaufverträge aufgenommen werden, daß der Verkauf für die Käufer vom Herrn Reichsprotektor in Böhmen und Mähren einem Kauf aus arischer Hand gleichgestellt wird. Hinsichtlich des Vertrages über den Betrieb in Braunau, der schon abgeschlossen ist, haben die Vertreter der Banken verbindlich erklärt, daß in Verbindung mit diesem Vertragsabschluß keine Nebenabreden getroffen worden sind. Als geeignete Bewerber für die Betriebe Braunau und Böhm. Trübau sind vorgesehen: a/ für den Betrieb in Braunau: die Brauner Feinspinnerei und Weberei Gyger & Co., K.G. in Braunau-Großdorf, b/ für den Betrieb in Böhm. Trübau: die Deutsche Textil A.G. in Berlin. Hinsichtlich des Betriebes in Wien-Florisdorf wird das Reichswirtschaftsministerium mit der Vermögensabwicklungsstelle Wien in Verbindung treten und diese veranlassen, daß der Treuhänder den Betrieb samt den Grundstükken bis spätestens 30. Mai 1942 veräußert. Falls der Verkauf dieses Objektes nicht bis zu dem genannten Zeitpunkt erfolgen sollte, wird das Reichswirtschaftsministerium veranlassen, daß das Objekt dann durch die Banken verkauft werden kann. In diesem Falle bedarf es die Bestimmung des Käufers für dieses Objekt der Genehmigung des Reichswirtschaftsministeriums. ... Der Erlös aus dem Verkauf der Betriebe Braunau und Böhm. Trübau wie auch des Objektes in Wien-Floridsdorf ist zunächst zur Begleichung der Forderungen der Banken -119-
KAPITEL VII
gegen die Firma Hermann Pollack's Söhne zu verwenden. Von dem verbleibenden Kaufpreisüberschuß sind 10% zurückzustellen, um Steuernachzahlungen und Verbindlichkeiten, die nicht in den Büchern der Firma Hermann Pollack's Söhne aufscheinen und demgemäß von den Käufern nicht übernommen werden, abdecken zu können. Aus dem Kaufpreisüberschuß erhalten die Banken als Verkaufs- und Gestions-Provision 1/2% der Kaufsumme der durch sie verkauften Betriebe. Mit dieser Provision werden sämtliche Ansprüche der Banken für ihre Tätigkeit /bei der Führung der Firma Hermann Pollack's Söhne, bei den Verhandlungen mit den Schweizer Banken und den sonstigen Interessenvertretern, sowie den Verkäufen der Betriebe/ abgegolten. 60% des Kaufpreisüberschusses /aus dem Verkauf der drei Betriebe abzüglich der Provision von l/2%/ werden von dem Reichsprotektor in Böhmen und Mähren als Ausgleichsabgabe erfaßt. Die verbleibenden 40% gehen an die Firmen Polysamplex G.m.b.H., Prag, und Participa A.G., Prag. Im Auftrage gez. von Wedelstädt.« (Beweisstück 131) In einer internen Aktennotiz vom 15. Juli 1942, gezeichnet Kühnen, heißt es: Betr.: Herrn. Pollack's Söhne, Böhm.-Trübau.
Die Böhmische Escompte-Bank, Prag, hat mir den Wortlaut einer an die Prager Banken gerichteten Verfügung des Reichsprotektors wie folgt durchgegeben: »Nach einer Mitteilung des Vermögensamtes beim Reichsprotektor in Böhmen und Mähren ist der Anteil des Juden Grödel an dem HPS-Konzern nach der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz dem Reich verfallen. Hiernach ist eine Genehmigung im Sinne der Verordnung des Reichsprotektors über das jüdische Vermögen vom 21.6.1939 für einen Erwerb der Firma Herrn. Pollack's Söhne, Böhm.-Trübau, nicht mehr erforderlich. Die Veräußerung des Betriebes kann jedoch nunmehr nur durch das Vermögensamt erfolgen. Zur Beschleunigung der Angele-120-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
genheit habe ich die bei mir angefallenen Vorgänge an das Vermögensamt zur weiteren Erledigung abgetreten, wovon ich Sie hierdurch in Kenntnis setze. Im Auftrage gez. v. Wedelstädt Dieser Bescheid steht im Gegensatz zu der bisherigen Auffassung des Reichsprotektors, der mit seinem Bescheid vom 28. Feb. 42 erklärt hat, daß die Betriebe Braunau und Böhm.-Trübau durch die beteiligten Banken zu verkaufen seien.« (Beweisstück 132) Es folgt eine Erörterung der Frage, ob es wünschenswert sei, zusammen mit der Prager Niederlassung der Deutschen Bank, der Böhmischen Union-Bank, auf höchster Regierungsebene zu intervenieren. In einer undatierten Aktennotiz für Rasche sind für dessen Pragreise folgende Punkte angesetzt: Betr.: Pollak's Söhne. 1) Versuchen beim Reichsprotektor die Arischerklärung durchzusetzen, da die Banken bereits seit 1931 wirtschaftlich Eigentümer der Unternehmen waren (bis dahin geht nämlich die Überschuldung zurück). 2) Wenn dies nicht erreichbar, ein Kompromis anstreben, durch welches der sich nach Begleichung aller Verbindlichkeiten ergebende Überschuß den Banken in einem möglichst großen Umfange verbleibt; der Reichsprotektor verlangt bisher diese Überschuß 100%ig als Arisierungsabgabe für sich, da es sich um einen nichtarischen Komplex handelt. Die Prager Banken haben von sich aus die Aufteilung des Überschusses 60% an den Reichsprotektor, 40% an die Banken vorgeschlagen.« (Beweisstück 133) Um einen kurzen Einblick in den Buchführungsaspekt der »Arisierungen« zu geben, seien hier einige Posten aufgeführt. Ein Beispiel für die Veränderung der Situation im Laufe eines Monats findet sich in der Liste »Größere Veränderungen zwischen dem 31. Juli 41 und dem 31. August 41«. [siehe Tabelle auf S. 122] -121-
KAPITEL VII
Debitoren
Zuwachs
Dividenden aus Wertpapieren, die von »Nichtariern« übernommen wurden
K 5 700 000
Kreditoren Jüdischer Kulturbund NSDAP-SD Leitung, Prag Zentralstelle für jüdische Auswanderung196
K 10700000 K 2 100 000 K 45 700 000
An das Problem, die Bücher bei der Durchführung des Programms der Massenbeschlagnahmungen in Ordnung zu halten, ging man nüchtern heran. Der folgende Auszug stammt aus dem »Bericht über die Bilanzen der Böhmischen Escompte-Bank, Prag, per 3I.Dezember 1940«: »Einlagen gegen Einlagsbücher und Kassenscheine. Nach der im Nove mber 1940 erlassenen Verordnung waren alle nichtarische n Einla gsbü cher bis zum 31. 12. 1940 zum Zwecke des Ü bertrages auf nichtarische Sperrkonti zu prä s e n t i e re n . N icht vorgel e gte E i nlags bü c he r w a r e n b i s zu m 31. 1. 1941 auf nichtarische Sperrkonti zu ü bertragen. Durch diese Einla gen-Verschiebung unter Einbeziehung der im Jahre 1941 veranlaß ten Ü berträ ge sind unsere Spare i n l a ge n u m c c a 380 0 Bü c h e r mi t c c a K 1 2 5 M i ll . z u G unsten de r Kontokorre nt-Einlage n gesc h mä lert worden.« (Beweisstü ck 134, S. 4) Spe rrkonten wurden mit Abgaben und Gebü hre n be l a s te t . Die folgende Tabelle zeigt, welche Beträge der Bank zuflössen197 : Prag
1939
1940
1941
Treuhändergebühr (wohl vornehmlich für jüdisches Eigentum) Evidenzgebühr für jüdische Konten
K 800 000
K 600 000
K 70000
K 204 000 K 300 000
K 800 000
Filiale Brunn
(Analog zu Prag, Treuhänderund Evidenzgebühren für jüdische Konten)
K 800 000
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DIE AUSLANDSTATIGKEIT
Die Unterlagen über Rücklagenbildung zeigen, daß die Bank den Wünschen der Gestapo bezüglich beschlagnahmter Konten entsprach und sämtliche gesperrten Konten mit einer Gebühr von !/•>% belastete, die sie in ihren Rücklagefonds für 1941 übernahm. Aus ihnen geht auch hervor, daß man »in letzter Zeit« keinerlei Zinsen an Juden ausgezahlt hatte, sondern die für solche Verpflichtungen vorgesehenen Mittel ebenfalls in die Reserven einfließen ließ. Ganz gleich wie schmutzig ein Geschäft war, ganz gleich wie weit es von dem entfernt lag, was man als normalen Bankbetrieb bezeichnen könnte - die Bank machte beträchtliche Gewinne. Der Profit, den sie zum Beispiel 1940 aus »Arisierungen« in der Tschechoslowakei zog, belief sich auf 1279000 Kronen (Beweisstück 134). Faktisch machte die »Übernahme von jüdischen Wertpapieren« 1941 einen Anteil von 27% am Zuwachs der Effektenbestände der BEB aus (4,1 Millionen Reichsmark der Steigerung von insgesamt 14,9 Millionen Reichsmark). Die Dresdner Bank erstellte eine quantitative Analyse der »günstigen Gewinnentwicklung« (wie die BEB es ausdrückte), die die Bank verzeichnen und als sehr greifbaren Ertrag aus der Ausbeutung der Tschechoslowakei verbuchen konnte. Sie stellte fest, daß die tschechische Filiale selbst die Dresdner Bank in ihren Profitraten übertraf: »In der Berichtszeit stieg der Betriebsgewinn von RM 2921000- auf RM 3644000- um rd. 25%, während er sich beim Mutterinstitut nur um 5% erhöhte. Die Einnahmen im Kreditgeschäft erfuhren eine Erhöhung um RM 309000,- (annähernd 10% gegen 1% bei Dresdner Bank). ( . . . ) Anlage 5 zeigt die Entwicklung der Kundenund Bankeinlagen, die sich von Ende 1940 bis Juni 19^2 fast verdoppelt haben (RM 437 Mill. Juni 1942 gegen RM 238 Mill. Dez. 40 - Zunahme bei Dresdner Bank rd. '/s).« (Beweisstück 135) Nach den Akten der BEB betrugen die Bruttoeinnahmen 1940 10992 000 Reichsmark, 1941 10476 000 Reichsmark und 1942 15803000 Reichsmark, wobei der Reingewinn von 3 652 000 Reichsmark auf 5 988 000 Reichsmark und 8 341 000 Reichsmark stieg. -123-
KAPITEL VII
Der Gewinnanteil am Bruttoertrag stieg also von etwa 33% im Jahr 1940 auf 57% im Jahre 194l.198 Während die »Verwaltungsgebühren für jüdische Konten und Depositen« von 67000 Reichsmark im ersten Halbjahr 1941 auf 73000 Reichsmark im ersten Halbjahr 1942 stiegen, verlief der »Arisierungsprozeß« mit einer solch unbarmherzigen Geschwindigkeit, daß bis 1942 der Anteil jüdischen Eigentums bis zur völligen Bedeutungslosigkeit geschrumpft war. In der nüchternen statistischen Sprache der Haupt-Buchhaltung stellte man fest: »Während in 1941 insbesondere das I.Semester durch die Übernahme jüdischer Effekten ein günstiges Resultat aufwies, lag in 1942 das Börsengeschäft wesentlich ruhiger. Dagegen stieg der Handelsgewinn um RM 240 000,-, wovon RM 273000- auf Königshofer Aktien entfallen. (...) Der Rückgang der »Sonstigen Provisionen« (von RM 219000,auf RM 126000,-, Anm. der amerik. Übersetzer) beruht im wesentlichen auf dem Ausfall an Arisierungs- und Treuhandprovisionen.« (Beweisstück 135, S. 2 f.) Aber die »Arisierung« war nur ein Mittel zur Verwirklichung der größeren Ziele der Nazis in der Tschechoslowakei.199
3.
D I E D R E S D N E R B A N K I N P O LE N
Das Vorgehen Deutschlands in Polen ist so gut bekannt, daß es hier nicht im einzelnen wiederholt werden soll.200 Es wurden lediglich einige Dokumente ausgewählt, die zeigen, welchen Anteil die Dresdner Bank an der Ausbeutung des Landes hatte. Sie finanzierte die Deportation der polnischen Bevölkerung201, sie finanzierte die Umverteilung polnischen Eigentums an Deutsche202, sie beteiligte sich an der Kartellbildung und Konzentration der Industrie in typischer Nazi-Manier, sie finanzierte den Krieg im Osten. Sie war der ebenbürtige Partner einer nationalsozialistischen Ökonomie, die in ihrem »Drang nach Osten« aufging. Die Dresdner Bank ließ in ihrer aggressiven Zukunftspla-124-
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nung Polen nicht aus. Als die Luftwaffe von ihrem ersten Einsatz in Warschau zurückkehrte, waren die Pläne der Dresdner Bank bereits im Druck. Im Dezember 1939 veröffentlichte sie eine achtundachtzigseitige Broschüre mit dem Titel »Volk und Wirtschaft im ehemaligen Polen«, der die folgenden Zitate entnommen sind: »Die vorliegenden Materialien über Volk und Wirtschaß im ehemaligen Polen sind dazu bestimmt, unseren am Wirtschaftsverkehr mit dem Osten interessierten Geschäftsfreunden zur persönlichen Unterrichtung über die wirtschaftliche Struktur und Bedeutung des neuen deutschen Wirtschaftsraumes zu dienen. Wie in unseren früheren Broschüren ähnlicher Art (>Volk und Wirtschaft im Sudetenland<, >Volk und Wirtschaft im Reichsprotektorat Böhmen und Mähren und in der Slowaken) haben wir auch diesmal der textlichen Darstellung ein Verzeichnis der wichtigsten Industrieunternehmungen, nach Wirtschaftszweigen und Wirtschaftsgebieten gegliedert, beigefügt. ( . . . ) Zu jeder weiteren Auskunft über alle das Gebiet des ehemaligen polnischen Staates betreffenden Fragen stehen wir und die Länderbank Wien Aktiengesellschaft mit sämtlichen Niederlassungen, Zweigstellen und Tochterinstituten, insbesondere in den neuen Ostgebieten, jederzeit gern zur Verfügung.« (Beweisstück 136) Die Dresdner Bank setzte bei ihren Aktivitäten in Polen drei Instrumente ein203: 1. Die eigenen Bankfilialen, und zwar sowohl das Berliner Zentralbüro als auch die Zweigstellen in Kattowitz, Bielitz, Lodz, Posen, Sosnowitz, Königshütte und Teschen, die alle zwischen 1939 und 1940 in den annektierten polnischen Gebieten eröffnet wurden. 2. Die Kommerzialbank AG, Krakau, die bis 1940 der Länderbank Wien gehörte und dann von der Dresdner Bank übernommen wurde. 3. Die Ostbank AG, Posen, die in dem annektierten Teil Polens lag, der unter deutscher Herrschaft als »Wartheland« bezeichnet wurde. Die folgenden Zitate aus Sitzungsprotokollen des Vorstands geben einigen Aufschluß über die Schnelligkeit, mit der die -125-
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Bank daranging, sich die Gebiete zu erschließen, die nun zur Ausbeutung freigegeben waren: »5.9. 39. Herr Dr. Meyer bespricht die Frage unserer Filialen in Kattowitz und Königshütte sowie der Kreditversorgung des Olsagebietes. Es wird beschlossen, die Liquidation der Filialen sofort einzustellen und sie wieder zu eröffnen, sobald die erforderlichen militärischen und zivilen Genehmigungen vorliegen.« »8.9.39. Herr Dr. Meyer berichtet über seine Besprechung mit Herrn Winkler, dem Wirtschaftsberater des Reichsministers Frank, wegen der besetzten Gebiete. Wir werden zunächst in Krakau und Lodz unter Verwendung der Tochter der Länderbank in Krakau Filialen eröffnen. In Westpreußen und Posen werden wir uns mit unserer Verbindung (Bank für Handel und Gewerbe) zunächst bedienen mit dem Ziel, bei Freigabe für die Großbanken Filialen zu eröffnen.« »9. 10.39. Herr Dr. Meyer berichtet über seine Reise in das besetzte Gebiet. In Krakau werden wir vertreten sein durch die Commerzial-Bank, Affiliation der Dresdner Bank und Länderbank; es soll in Tarnow eine Zweigstelle eröffnet werden. Über andere zu eröffnende Filialen, wie z. B. in Gotenhafen wird noch verhandelt.« (Beweisstück 137) Welche Auffassung die Filialen von ihren Pflichten und Aufgaben hatten, faßte die Ostbank AG in der Einleitung ihres Jahresberichts für 1941, der im Entwurf vorliegt, lakonisch zusammen: »Der weitere Ausbau der Wirtschaft des Warthegaues erfolgte im vergangenen Jahr vor allem mit dem Ziel, die Betriebe möglichst weitgehend auf die Erfordernisse des Krieges umzustellen. Die 1940 begonnene Reprivatisierung der zunächst kommissarisch verwalteten ehemals polnischen und jüdischen Betriebe nahm ihren Fortgang, wobei in stärkerem Umfange der spätere Einsatz von Frontkämpfern vorgesehen wird. Die Ausweitung des Krieges beeinflußte naturgemäß die Wirtschaft des Warthegaues in den verschiedensten Richtungen. Es dürfte keinem Zweifel unterliegen, daß die Erschließung der neuen Osträume starke Auswirkungen auf -126-
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die wirtschaftliche Ausrichtung ausüben und alle Zweige der Wirtschaft in der Zukunft vor neue Aufgaben stellen wird.« (Beweisstück 138, S. 2) Die Dresdner Bank verfolgte in Polen über ihre Zweigstellen eine äußerst aktive »Arisierungspolitik«. Die Art und Weise, in der sie die Initiative ergriff, widerlegt den oft wiederholten Einwand, sie habe lediglich versucht, den Opfern zu helfen, indem sie das beste aus einer unangenehmen Situation gemacht habe, die sich ihrer Kontrolle entzog. Ein Briefwechsel zwischen der Dresdner Bank, Berlin, der Böhmischen Escompte-Bank in Prag und der Zweigstelle der Dresdner Bank in Kattowitz befaßt sich mit der Übernahme eines Gaswerks. Daraus nun einige einschlägige Zitate: Brief vom 26. Juni 1942 von Georg Stiller204, Sekretär Rasches in der Dresdner Bank, an Stitz-Ulrici, Böhmische Escompte Bank: »Sehr geehrter Herr Stitz-Ulrici! Herr Dr. Kritzler, der Sekretär von Herrn Staatsrat Dr. Meinberg, hat mich kürzlich gebeten, ihm für seinen Bruder gelegentlich ein Unternehmen (Werkzeugmaschinen-Fabrik), welches im Arisierungswege zu erwerben ist, zu nennen. Zur Verfügung stehen RM 200 bis 300000,-. Es wird insbesondere auf ein Unternehmen Wert gelegt, das ausbaufähig ist. Sollte Ihnen ein solches Unternehmen einmal bekannt werden, wäre ich Ihnen für eine diesbezügliche Nachricht dankbar.« (Beweisstück 139) Brief vom 10. Oktober 1942 von der Filiale Kattowitz an die Dresdner Bank, Berlin: »Der Berg- und Hüttenmännische Verein, Gleiwitz, unterstützt stark die Bemühungen des Herrn Kühne aus Bardeleben zur Errichtung einer Fabrik zur Herstellung von Spülversatzrohren, die von den oberschlesischen Gruben sehr stark benötigt werden. Zu diesem Zweck soll die ehemalige Gasfabrik in Trzebinia von dem Genannten erworben werden. Wie wir hören, dürfte Kühne jedoch nicht zum Zuge kommen, da die ihm zur Verfügung stehenden Mittel für den Erwerb des genannten Objektes, das etwa RM 700000,- kosten soll, nicht ausreichen werden. -127-
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Wir wären Ihnen verbunden, wenn Sie prüfen würden, ob Sie eine Persönlichkeit nachweisen können, die für eine Beteiligung oder Selbstübernahme einer derartigen Fabrik Interesse hat.« (Beweisstück 140) Brief vom 15. Oktober 1942 von der Dresdner Bank an die Filiale Kattowitz: »Mit Ihrem Schreiben vom 10. ds. Mts. teilten Sie uns mit, daß Sie für die ehemalige Gasfabrik in Trzebinia einen Interessenten suchen, der diese zur Herstellung von Spülversatzrohren herrichtet. Gelegentlich des letzten Hierseins Ihres Herrn Direktor Jensen hatte ich den Bruder des Sekretärs von Herrn Staatsrat Meinberg, Herrn Arthur Kritzler, in Vorschlag gebracht. Dieser wird voraussichtlich Anfang der nächsten Woche bei Ihnen vorsprechen, um mit Ihnen weitere Einzelheiten zu besprechen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich über das Ergebnis dieser Unterhaltung unterrichten würden, damit ich Ihnen einen anderen Interessenten evtl. noch namhaft machen kann, falls Herr Arthur Kritzler sich für obiges Objekt nicht entscheidet. Heil Hitler!« (Beweisstück 141) Brief vom 20. Oktober 1942 von der Filiale Kattowitz an die Dresdner Bank, Berlin: »Auf Grund Ihres Schreibens vom 15.d.M. hat unsere Filiale Gleiwitz mit Herrn Bergassessor Schorn von der Bezirksgruppe Steinkohlenbergbau Oberschlesien ... wegen des Einsatzes des Herrn Kritzler für die Fabrikation von Spülversetzrohren Rücksprache genommen. (...) Für Ihre Bemühungen in der Angelegenheit sagen wir Ihnen unseren verbindlichen Dank. Heil Hitler! Dresdner Bank Filiale Kattowitz« (Beweisstück 142) Brief vom 30. Oktober 1942 von der Dresdner Bank, Berlin, an die Filiale Kattowitz: »Sehr geehrte Herren! Wie ich heute höre, hat der Bruder von Herrn Dr. Kritzler größtes Interesse, das mit Ihnen besprochene Objekt zu -128-
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übernehmen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie alles tun könnten, um nunmehr andere Bewerber auszuschalten. Heil Hitler! Ihr sehr ergebener (gez. Georg Stiller, Sekretariat Dr. Rasche)« (Beweisstück 143) Das Filial- und Zweigstellennetz, das die Bank in ganz Europa aufgebaut hatte, erlaubte ihr, die mit ihrem Vordringen verbundenen Aufgaben effizient und reibungslos zu erfüllen. Die Aktivitäten im Westen und im Osten waren bestens aufeinander abgestimmt.205 Hatte die Bank ein Ziel ins Auge gefaßt, mobilisierte sie alle ihr zu Gebote stehenden Mittel. Lag ein Wirtschaftsobjekt in Polen und die Eigentumsrechte waren zum Teil in französischer oder belgischer Hand, dann traten die Speerspitzen, Filialen und Tochterbanken - immer unter Leitung der Berliner Zentrale - in Aktion. Aufgrund ihrer Erfahrungen und ihres Könnens auf dem Gebiet der Unternehmensfinanzierung zog man sie hinzu, wenn es darum ging, Kartellbildungen, Firmenzusammenschlüsse und Konzerngründungen durchzuführen. Die Dresdner Bank stand Pate bei der Gründung zahlreicher Monopolgesellschaften der Nazis.206 Die Ost-Energie AG wurde zum Beispiel 1941 vom Generalgouvernement zu dem ausdrücklichen Zweck gegründet, »eine straffe und einheitliche Stromversorgungspolitik« sicherzustellen und alle Neuerwerbungen so zu koordinieren, daß sie ausschließlich der Ost Energie AG zugute kämen. Die Planungen machten es erforderlich, über die Dresdner Bank sieben polnische Elektrizitätsgesellschaften aufzukaufen, die schon in der Broschüre der Bank über die polnische Wirtschaft aufgeführt waren. In einem Brief vom 25. April 1942, den Dr. Zimmermann von der Regierung des Generalgouvernements, Krakau, an das Reichswirtschaftsministerium schrieb, findet sich dazu folgendes Zitat: »Betr.: Erwerb von Anteilen an ehemals polnischen Elektrizitätsunternehmungen Das Generalgouvernement ist daran interessiert, gewisse Beteiligungen des Auslandes an ehemals polnischen Gesellschaften schon jetzt übernehmen zu können, um der Ost-129-
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Energie AG in Krakau als der von der Regierung des Generalgouvernements zum Zwecke der Sicherung einer straffen Energiepolitik und einer einheitlichen Steuerung aller auf dem Gebiete Energiewirtschaft zu ergreifenden Maßnahmen im Herbst v.J. gegründeten Gesellschaft (sie! d. Bearb.) die Grundlage für die sichere Versorgung kriegswichtiger Betriebe zu geben. Dabei handelt es sich zunächst um die vordringliche Sicherung des Erwerbs der ausländischen Beteiligungen an folgenden Gesellschaften: 1) Elektrizitätswerke AG, Tschenstochau 2) Elektrizitätsgesellschaft mbH, Tschenstochau 3) Überland-Elektrifizierungs-Ges. AG, Tschenstochau/Petrikau 4) Elektrizitätswerk Petrikau AG, Petrikau 5) Elektrizitätswerk Radom AG, Radom 6) Elektrizitätswerk Kielce AG, Kielce 7) Elektrizitätswerk für den Distrikt Warschau AG, Pruszkow Es wird daher der Antrag gestellt, der Dresdner Bank, Berlin bezw. der ihr nahestehenden Continentale Bank S.A.N.V., Brüssel, die Genehmigung zur Aufnahme von Verhandlungen mit den in Frage kommenden ausländischen Holdinggesellschaften für Rechnung der Ost-Energie AG zu geben und die Zahlungsgenehmigung zu erteilen. Zur Begründung des Antrages wird folgendes ausgeführt: Die Gesellschaften sind durchwegs Energieversorgungsunternehmungen, denen die Aufgabe zufällt, die Stromversorgung für eine Reihe wichtiger Abnehmer sicherzustellen, die gefährdet ist. ... Überall sind durchgreifende Maßnahmen erforderlich, um die Stromversorgung zu sichern. Die notwendigen Investierungen können unter den heute gegebenen Verhältnissen nicht vorgenommen werden. Den ausländischen Finanzgruppen, die eine Politik der Betriebsausbeutung betrieben haben, kann nicht nahegelegt werden, weitere Mittel zu investieren, weil eine Voraussetzung dafür die Verlängerung der in wenigen Jahren abgelaufenen Konzessionen sein würde, die außerhalb jeder Diskussionsmöglichkeit steht. Es bleibt daher, um den ausländischen -130-
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Geldgebern die Möglichkeit zu nehmen, ihre Finanzinteressen gegen das Rüstungsinteresse des Reiches auszuspielen, nur übrig, die Voraussetzungen zu schaffen für Investierungen durch die Ost-Energie AG, die jedoch ein Engagement nur auf der sicheren Grundlage des Eigentumserwerbs bezw. des Erwerbs der in ausländischem Besitz befindlichen Anteile eingehen kann. Im übrigen können auch abwehrmäßige Gesichtspunkte für die Beurteilung der Notwendigkeit der Überführung der oben bezeichneten Werke in das Eigentum der Ost-Energie AG ins Treffen geführt werden.« (Beweisstück 144) Für eine weitere Monopolgesellschaft, die Kontinentale Öl AG, wurde die Dresdner Bank in ähnlicher Weise tätig. Aus einer Aktennotiz vom 24. März 1942 geht hervor, daß man französisches Auslandsvermögen dazu verwandte, eine Monopolgesellschaft - in diesem Fall zur Ausbeutung der Ölreserven — zu komplettieren; Marty vom Berliner Büro der Dresdner Bank207 schrieb dort: »Im Einvernehmen mit der Deutschen Waffenstillstandskommission werden wir der Kontinentale Öl AG den Gegenwert von RM l 800 000,- in französischen Francs aus dem Erlös der in Holland zu kaufenden Petroles-Obligationen zur Verfügung stellen für den Erwerb der Erdölraffinerie Trzebinja, Oberschlesien.« (Beweisstück 145) In der Korrespondenz des Berliner Büros mit der Filiale Kattowitz kommt wiederholt zum Ausdruck, wie die Bank bei der Ausbeutung Polens mit der deutschen Industrie zusammenarbeitete. In Verbindung mit der Übernahme polnischer Firmenanteile durch die Hermann Göring-Werke zum Beispiel gab die Dresdner Bank ihrer Filiale Kattowitz in einem vertraulichen Schreiben vom 7. Dezember 1942 folgende Anweisungen: »Betrifft: Bergwerksverwaltung Oberschlesien GmbH (...) Was die Zementwerke Schakowa anbelangt, so kann gesagt werden, daß die Interessennahme der Reichswerke Hermann Göring an diesem Unternehmen eine beschlossene Sache ist. Aus Devisengründen kommt heute eine Übernahme der Schakowa-Aktien aus dem Besitz der -131-
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Schweizer nicht infrage. Die Reichswerke haben mit Genehmigung des RWM die Schwierigkeiten in origineller Weise dadurch gelöst, daß sie die Schweizer Aktien zum Preise von jährlich sfrs. 50000,- pachten. 25% des Kapitals der Zementwerke Schakowa haben sich die Reichswerke auf anderem Wege besorgt. Wir haben Ihr Interesse an der Gewinnung einer laufenden Verbindung zu Schakowa erwähnt, worauf Herr Dr. Delius sich erboten hat, den zuständigen Herren eine entsprechende Anregung zu geben. Auch hinsichtlich der von den Reichswerken Hermann Göring gezeichneten rund nom. RM 31 Millionen Hydrierwerke Blechhammer-Stammaktien haben wir angeregt, die Aktien der Dresdner Bank in Verwahrung zu geben. Ein hinreichender Grund ist schließlich, daß das Kernstück desoberschlesischen Steinkohlenbesitzes der Reichswerke aus dem Konsortialbereich der Dresdner Bank stammt. Herr Dr. Delius will die Zusammenhänge wohlwollend prüfen. Es bleibt lediglich abzuwarten, ob die Preußische Staatsbank, die bekanntlich seit einiger Zeit als führende Bank eingeschaltet worden ist, als Depotbank auch in diesem Fall herangezogen werden muß.« (Beweisstück 146) Fast alle untersuchten Dokumente zeigen, wie die Bank ihre finanziellen Möglichkeiten in Verbindung mit dem polnischen Industriepotential in den Dienst der deutschen Kriegsmaschinerie stellte. In dem undatierten Entwurf eines Schreibens der Kommerzialbank an die Stahlwerke Braunschweig GmbH, eine Tochtergesellschaft der Hermann Göring-Werke, heißt es zum Beispiel: »Wir haben Ihnen im Jahre 1940, um eine sofortige Aufnahme der kriegswichtigen Produktion in dem vom OKH beschlagnahmten Werk Stalowa Wola zu ermöglichen, einen Betriebsmittelkredit in der Höhe von ZI. l 000 000,- zur Verfügung gestellt.« (Beweisstück 147) Es liegt eine Liste ttller Kredite zwischen 5000 und 50 000 Reichsmark vor (Beweisstück 148), die die Dresdner Bank und ihre Tochter, die Ostbank AG, in »ehemals polnischem Gebiet« bewilligt haben. Sie enthält alle kleineren Kredite, die von Juni bis Oktober 1940 gewährt wurden. Bei genauerer Betrachtung stellt sich heraus, daß von insgesamt 121 Kredi-132-
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ten mit einem Gesamtwert von 2 348 000 Reichsmark mindestens 36 an Firmen gingen, die unter Aufsicht der Haupttreuhandstelle Ost208 von einem kommissarischen Leiter geführt wurden. Unter diesen 36 sind nur solche Unternehmen erfaßt, für die aus den Kreditunterlagen eindeutig hervorgeht, daß sie unter kommissarischer Leitung standen. Es ist durchaus möglich, daß von den 121 Krediten ein noch größerer Anteil unter diese Kategorie fällt, darüber jedoch kein Vermerk in den Unterlagen besteht. Alle übrigen Darlehen stehen für die Unterstützung des deutschen Vordringens in die frühere polnische Wirtschaft. Ein wesentlicher Teil des Kreditgeschäfts bestand aus Darlehen, die die Bank deutschen Siedlern als Niederlassungshilfe zur Verfügung stellte. Ihre Bücher weisen 60 solcher Kredite im Gesamtwert von 784 130 Reichsmark auf. Im »Warthegau«, wo die Ostbank tätig war, siedelte man politisch zuverlässige Volksdeutsche an, was die große Zahl der EheleuteKonten bei dieser Filiale erklärt. Die Siedler kamen mit der Deutschen Umsiedlungs-Treuhandgesellschaft nach Westpolen, einer Gesellschaft, deren Tätigkeit die Dresdner Bank und ihre polnischen Filialen in großem Umfang finanzierte.209 Eine Liste von Krediten über 500 000 Zloty vom 31. August 1943 (Beweisstück 149) enthält den Posten »Deutsche Umsiedlungs-Treuhandgesellschaft mbH, Kontaktstelle Lublin« mit einem Kredit von 6 Millionen Zloty. Hinsichtlich der Sicherheiten heißt es: »Unser Anteil von 30% am Konsortialkredit von ZI. 20000000,- geg. Kreditauftrag der Dresdner Bank Berlin unter Rückhaftung des Reichsführers SS.« (Beweisstück 149) Die DUT wirkte bei der »Kolonisation« und »Entpolnisierung« des »deutschen Landes« mit, das Deutschland während des Krieges annektiert hatte. Sie regelte Wirtschafts- und Finanzfragen im Zusammenhang mit dem beschlagnahmten Eigentum von Millionen Polen, die vertrieben wurden, um Raum für deutsche Siedler zu schaffen. Bei der Kommerzialbank, Krakau, ergab sich wie bei der Ostbank der weitaus größte Teil der Geschäfte aus der Finanzierung der deutschen Ausbeutung Polens. Die Liste der Kre-133-
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dite über 500000 Zloty, Stand 3I.August 1943 (Beweisstück 149), führt 79 Debitoren auf, von denen 46 die Bürgschaft eines deutschen Unternehmens besaßen. Eine deutsche Monopolgesellschaft, die Landwirtschaftliche Zentralstelle, erhielt Darlehen von insgesamt 65 Millionen Zloty, um Polen der Rohstoffe und Güter zu berauben, die die deutsche Kriegswirtschaft brauchte. Die Hauptkreditoren und -debitoren der Kommerzialbank waren ausschließlich solche Monopolgesellschaften und Regierungsstellen, die man zur Ausbeutung Polens eingerichtet hatte. - Beskiden Erdöl Gesell15 Mio ZI (Kontokorrentzuwachs, schaft Juni 1942) - Ost-Energie AG 5 Mio ZI (Kontokorrentzuwachs, —Generalbevollmächtigter für die Ölindustrie - NSDAP, Arbeitsamt, Generalgouvernement —Textilhandelsgesellschaft mbH, Krakau - Landwirtschaftliche Zentralstelle - Stahlwerke Braunschweig, Starachowice - SS-Wirtschaftler beim Höheren SS- und Polizeiführer im Generalgouvernement, Krakau - Wechselverbindlichkeiten der Wehrmacht gegenüber verschiedenen Industrieunternehmen
Juni 1942) 13 Mio ZI (Einlage II. Quartal 1942) 3,5 Mio ZI (Einlage, II. Quartal 1942) 21 Mio ZI (Zuwachs des Debitorenkontos) 5 Mio ZI (Wechselobligo) 10,1 Mio RM (Krediterhöhung I.Quartal 1944) 8,8 Mio RM (Vermögenszuwachs I.Quartal 1944)
13 Mio RM (III. Quartal 1943)
(Beweisstück 150) Bei der Durchführung des großdeutschen Plans zur Beherrschung und Ausbeutung der polnischen Industrie brachte die Bank ganze Wirtschaftsbereiche in Polen unter ihre Kontrolle; dabei arbeitete sie Hand in Hand mit der Haupttreuhandstelle Ost, der deutschen Behörde, die die beschlagnahmten polnischen und jüdischen Firmen treuhänderisch verwaltete. In -134-
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einigen Fällen stieß sie auf die Konkurrenz anderer Banken, die gleichfalls interessiert waren, sich einen möglichst großen Anteil dieser Beute zu sichern. So findet sich im Protokoll der Aufsichtsratssitzung der Ostbank vom 30. November 1940 die Aussage: »Für unser Geschäft wird es für die Zukunft von wesentlicher Bedeutung sein, ob die Bemühungen der Deutschlandkasse, die gesamte Zuckerindustrie und den Kartoffelstärkekonzern Luban-Wronke über den Weg der treuhänderischen Verwaltung der ehemals polnischen Aktien und Anteile für sich zu gewinnen, zum Erfolg führen werden. Die Deutschlandkasse wird hierbei vom Reichsnährstand und Herrn Dr. Winkler, dem Leiter der HTO, Berlin, aufs stärkste unterstützt. Trotzdem war es möglich, unseren Einfluß in der Zuckerindustrie weiter zu verstärken, so daß wir heute ca. % der gesamten Fabriken im Warthegau (hierin sind 2 Fabriken außerhalb unseres Bezirkes enthalten) betreuen.« (Beweisstück 151, S. 2) Die Leitung der Filiale Kattowitz betrieb ihre sonderbaren Geschäfte in jeder Phase offensiv, wenn auch einige ihrer Übergriffe bekannter sind. Es liegen zahlreiche Korrespondenzakten vor, in denen sie das Berliner Büro der Dresdner Bank ersuchte, den Hauptsitz verschiedener Firmen unter Druck zu setzen, damit sie ihre polnischen Niederlassungen dazu brachten, ihre Geschäfte über die Filiale Kattowitz der Dresdner Bank abzuwickeln. Einer dieser Briefwechsel (Beweisstück 152) befaßt sich mit den Firmen Vacuum Öl AG, Tschechowitz (dem Reichskommissar für die Behandlung feindlichen Vermögens unterstellt), der Karpaten Öl AG, Trzebinia (zu 50% von der Kontinentalen Öl AG kontrolliert und zu 50% von einer Gruppe anderer deutscher Ölfirmen) und der Ersten Allgemeinen Unfall- und Schadensversicherungs-AG, Wien. Die Geschäfte der Nazis im besetzten Polen liefen gut. Die Hauptbuchhaltung in Berlin stellte am 28. Juli 1942 fest, daß die Kreditorenseite »nach dem Waffenstillstand von 1941« einen beachtlichen Zuwachs aufwies: Juni 1941 : 119 Mio Zloty Dezember 1941 : 121 Mio Zloty -135-
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Februar 1942 : 131 Mio Zloty Juni 1942 : 174 Mio Zloty (Beweisstück 153) Im Bericht von 2. September 1942 heißt es über die Kommerzialbank: »Die starke Geschäftsausweitung der Bank brachte im Kreditgeschäft eine Einnahmesteigerung von über 50%. ( . . . ) Durch die starke Steigerung des Kreditgeschäfts ergibt sich eine über 80%ige Erhöhung des Betriebsgewinnes«. (Beweisstück 150, Rentabilität der Kommerzialbank im I.Semester 1942, S. l, 2) Die Gewinne stiegen von l 021 307 Zloty im ersten Halbjahr 1941 auf 1854519 Zloty im ersten Halbjahr 1942 und auf 2222511 Zloty im zweiten Halbjahr 1942. Die Geschäfte liefen gut in Polen.
4.
DIE DRESDNER BANK IN DEN NIEDERLANDEN
Wie in den anderen Ländern verfolgten der Nazi-Staat und die Dresdner Bank auch in den Niederlanden ihre sorgfältig ausgearbeiteten Pläne, die wirtschaftliche Eroberung, Ausbeutung und Raub vorsahen.210 Und wie in den anderen Ländern ergriff die Dresdner Bank auch hier jede Gelegenheit, ihr Vorhaben mit Erfolg in die Tat umzusetzen. Untersucht man die Akten der Bank, so zeigt sich, wie vollkommen sie mit Behörden und Parteifunktionären zusammenarbeitete, um das Finanzwesen und die Industrie Hollands für das Kriegspotential der Nazis einzuspannen. Liest man die Erklärungen zur Wirtschaftspolitik in den Niederlanden, so läßt sich nach Sprache und Inhalt kaum unterscheiden, welche von der Bank und welche von amtlichen deutschen Stellen stammen. Ob die Bank nun zunächst eine Zusammenarbeit mit den Holländern vorschützte und dann, zwei Monate später, mit den Nazis geschlossene Front gegen sie machte oder ob sie eine deutsche Beteiligung an einer Firmenleitung erzwang und jedes erdenkliche Mittel einsetzte, um die Vorherrschaft zu erringen — vom rechtmäßi-136-
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gen Kauf bis hin zu Diebstahl und Erpressung —, immer wird aus ihren eigenen Unterlagen deutlich, daß ihr die Rolle, die sie bei der Unterwerfung der holländischen Wirtschaft im Interesse der deutschen Industrie und des nationalsozialistischen Kriegspotentials spielte, nicht vom Reich aufgezwungen wurde, sondern daß sie sie mit Begeisterung zu ihrem eigenen Nutzen und zur Förderung des Nazismus übernahm. Nur einen Monat nachdem die Wehrmacht in Polen einmarschiert war und lange bevor die militärische Invasion Westeuropas begann, schuf sich die Dresdner Bank einen Stützpunkt in den Niederlanden. Am 2. Oktober 1939 gründete sie in Amsterdam eine Bank, die Handelstrust West N. V., mit einem Aktienkapital von 100000 Gulden, das sich in ihrer Hand befand.211 Nach außen hin sollte diese Institution in erster Linie als Clearingstelle fungieren und den holländischen Export nach Deutschland fördern oder finanzieren (Beweisstück 154). Ihre tatsächlichen Aufgaben lassen sich an ihrer Tätigkeit ablesen, und die bestand in der Ausführung der Richtlinien, die von der Reichsregierung und der Dresdner Bank für die Infiltration der niederländischen Wirtschaft ausgegeben worden waren. Die Sprache der Reichsregierung war eindeutig: »Es soll angestrebt werden, in möglichst großem Umfange eine Beteiligung der deutschen Wirtschaft in den Niederlanden herbeizuführen. Überweisungen sollen jedoch nur erfolgen, wenn die Beteiligung im gesamtwirtschaftlichen Interesse erwünscht ist. Bei der Begutachtung soll in diesem Punkt ein großzügiger Maßstab angelegt werden. Mit der Kapitalbeteiligung soll möglichst eine maßgebende Beeinflussung in der Führung des Unternehmens und eine personelle Durchdringung verbunden sein. Es ist deshalb erforderlich, die Eignung der Erwerber (unzuverlässige Interessenten, insbesondere Juden, müssen ausgeschaltet werden) zu prüfen. Besonderer Wert muß auf die wichtigen Schlüsselstellungen der niederländischen Wirtschaft gelegt werden. Die Gutachten haben vor allem den Zweck, eine vernünftige Steuerung der Investitionen unter gemeinwirtschaftlichen Gesichtspunkten zu ermöglichen, d. h. insbe-137-
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sondere die weniger geeigneten deutschen Firmen fernzuhalten und unerwünschte Kapazitätserweiterungen zu vermeiden. In Zweifelsfällen bitte ich, mit meinen Fachreferenten in Verbindung zu treten. Ich bitte, für größtmögliche Beschleunigung des Verfahrens besorgt zu sein. Darüber hinaus bitte ich, von sich aus allgemein zu prüfen, welche interessanten Positionen der niederländischen Wirtschaft aus Ihrem Zuständigkeitsbereich für deutsche Beteiligungen in Frage kommen, und mir entsprechende Vorschläge zu machen. In Vertretung gez. Dr. Landfried«212 (Beweisstück 155) Das schrieb der Reichswirtschaftsminister im September 1940 in einem vertraulichen Rundschreiben, in dem er die Richtlinien und Verfahrensbestimmungen für Kapitalanlagen in Holland bekanntgab. Die Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe im Reichswirtschaftsministerium leitete arn 20. September 1940 eine Durchschrift dieses Briefes mit dem Hinweis auf Vertraulichkeit an die Dresdner Bank weiter. Der Reichswirtschaftsminister wiederholte und bekräftigte diese Ausrichtung der staatlichen Politik in einem Rundbrief vom 20. September 1940: »Um die kapitalmäßigen Verflechtungen zwischen der holländischen, belgischen und französischen Wirtschaft einerseits und der deutschen Wirtschaft andererseits enger als bisher zu gestalten und die Einflußnahme deutschen Kapitals in Holland und Belgien zu verstärken, lege ich Wert darauf, daß sich deutsches Kapital an volkswirtschaftlich bedeutsamen holländischen, belgischen und französischen Unternehmungen beteiligt. Darüber hinaus ist es auch erwünscht, wenn in den Niederlanden, Belgien und Frankreich liegende nennenswerte Beteiligungen an ausländischen Unternehmungen in deutsche Hand übergehen, insbesondere insoweit es sich hierbei um Beteiligungen an Unternehmungen handelt, die im Balkan arbeiten. Ich beabsichtige daher, deutschen Banken die Möglichkeit zu geben, derartige in Wertpapieren verkörperte Beteiligungen für eigene Rechnung und im eigenen Namen in -138-
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den Niederlanden, in Belgien und in den besetzten Gebieten Frankreichs zu erwerben.« (Beweisstück 156) Es folgen detaillierte Verfahrensanweisungen für Transaktionen in den drei genannten Ländern. Dies war nur eine von zahlreichen Direktiven, die das Wirtschaftsministerium den deutschen Banken im Hinblick auf den Ankauf holländischer Wertpapiere gab. Sie waren als streng vertraulich ausgewiesen und gingen an eine Liste von 20 bis 30 Banken, die dem in Frage stehenden Thema entsprechend jeweils anders zusammengestellt wurde; die Dresdner Bank war stets unter den Adressaten. Da die Rundschreiben auch Einzelheiten zur Durchführung der Politik der wirtschaftlichen Unterwerfung der Niederlande enthielten, schickte man sie auch an andere interessierte Regierungs- und Parteistellen wie den Reichskommissar für die besetzten niederländischen Gebiete, die Abteilung I (Geld, Banken, Börsen, Versicherungen) im Reichswirtschaftsministerium, die Reichsbank, die Vierjahresplanbehörde, die Devisenstelle, das Auswärtige Amt und an die Abteilung XI (Geld-, Bank- und Börsenwesen) in der Reichswirtschaftskammer.213 In der Bank diskutierte man, welche Vorgehensweise am besten geeignet sei, das Ziel einer »all-umfassenden Beteiligung« zu verwirklichen. Man entschied sich für eine Zusammenarbeit. In einer Aktennotiz vom 6. Dezember 1940 schrieb Georg Rienecker 214 , ein Vertreter der Handelstrust West N. V: »Niederschrift wegen Holland 1) Bankpolitik:
Auf Grund der Unterredungen mit den Herren Direktor Goetz, Dr. Rasche und Dr. Puder besteht Übereinstimmung darüber, daß unsere grundsätzliche Haltung in folgender Linie liegen muß: Wir sind in Holland deutsche Geschäftsfreunde, die sich zur Wahrung ihrer Interessen einer Vertretung in Form der Handelstrust bedienen und sich von dieser Vertretung aus als Beobachter, Mittler und aktiv Verflechtende betätigen. Dabei muß in jedem Falle eine Konkurrenz gegenüber den rein holländischen Banken unterbleiben, so daß vorläufig Werbung, Depositenan-139-
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nähme oder Kreditgeschäfte im Prinzip ausscheiden. Bei späterem Eintritt endgültiger politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen müssen wir in der klaren Auffangsituation des genehmen Partners, niemals des Gegners stehen.2) Handelstrus t N. V. Die Aufgaben liegen im wesentlichen in der weitgehensten Wahrnehmung aller Interessen der Dresdner Bank, ihrer sämtlichen Niederlassungen und ihrer sämtlichen Kunden. Soweit aus dem Verflechtungsgeschäft Sondermöglichkeiten an uns herangetragen werden, die größere Einlagen, Effektendepots oder Gemeinschaftskredite mit holländischen Banken zu uns bringen, sollen diese Möglichkeiten wahrgenommen werden. Eine Verletzung der prinzipiellen Linie (siehe 1) durch unterstützende Werbung darf nicht erfolgen. Beispiele ( . . . ) Die Arisierung der N.V. Gebr. Pappenheim's Tabakshandel ist durch uns vollzogen worden. Einer uns angebotenen Deponierung der erworbenen Aktienmajorität haben wir nicht widersprochen.« (Beweisstück 157) Die folgende Aussage straft diese Politik der Zusammenarbeit freilich Lügen: »Nach meinen Informationen spitzen sich die Dinge im Sektor Banken in den Niederlanden zu, so daß in nächster Zeit mit gewissen grundsätzlichen Entscheidungen gerechnet werden muß. Dabei scheint man nicht daran zu denken, den deutschen Einfluß durch eine Beteiligung bei den holländischen Großbanken verstärken zu wollen. Vielmehr wird man den deutschen Banken nahelegen, ihre Stützpunkte in einer Weise auszubauen, daß allmählich die deutsche Bankenfront gegen die holländische starke Position gestellt werden kann. ( . . . ) In der Gesamtlinie will man also eine deutsche Einheitsfront im Banksektor herstellen, welche allmählich in der Lage sein würde, den großen Konzernen der holländischen Banken auf kommerziellem Weg Geschäfte abzunehmen. Es ist klar, daß dabei auch unsere Bank Stellung beziehen muß, die besonders schwierig sein wird, weil durch H. Al-140-
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bert de Bary & Co. ein natürlicher Vorsprung der Deutschen Bank besteht. Wir haben zu wählen zwischen einer entsprechenden kapitalmäßigen Stärkung der Handelstrust West N.V. unter gleichzeitiger Übernahme des einen oder anderen Bankgeschäftes am Platz und der reinen Vertretung.« (Beweisstück 158) Dies schrieb nicht etwa ein Vertreter der Reichsregierung, sondern derselbe Vertreter der Bank, der die Deutschen als Partner der Holländer bezeichnet hatte, und er schrieb es kaum zwei Monate später, am 3. Februar 1941, in einem Brief an Rasche. Man leitete die notwendigen Schritte ein, um den holländischen Banken die Geschäfte abzunehmen. Man ersuchte um die Genehmigung, eine weitere Stützpunktbank in Holland und zwar im Haag - zu errichten. Der Reichskommissar für die besetzten niederländischen Gebiete erteilte sie am 15. Dezember 1941; darin heißt es: »Unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben vom 12.d.M. erkläre ich mich mit der Errichtung eines Stützpunktes in den Haag einverstanden. Ich habe mich zu dieser Ausnahmeregelung in erster Linie durch Ihre Darlegungen bestimmen lassen, daß sich Ihre in den Haag zu tätigenden Geschäfte ausschließlich auf die deutsche Kundschaft erstrecken, die im Zusammenhang mit Rüstungsaufträgen Ihre bankmäßige Betreuung erfordern. Wie mit Ihnen mündlich besprochen, soll die vereinbarte grundsätzliche Linie hierdurch nicht berührt werden. gez. Dr. Bühler«215 (Beweisstück 159) Selbstredend setzte man auch hier zur Abwicklung der Geschäfte jedes Mittel ein, das zum gewünschten Erfolg führen konnte. Am 16.Juni 1941 schrieb Dr. Knobloch216, einer der drei Geschäftsführer der Handelstrust West N.V, anläßlich der Auflage einer holländischen Staatsanleihe an Dr. Rasche: »Dr. Bühler hegt die Erwartung, daß holländische und deutsche Banken in Holland gemeinsam zum Gelingen der Emission beitragen werden. Es besteht darüber Klarheit, daß diese Anleihe vielleicht einen gewissen Zwangscharak-141-
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ter tragen wird, da die Zeit noch nicht reif ist, um eine andere Politik (open market policy) zu treiben. Beschlüsse über eine Änderung des Bankgesetzes sind noch nicht gefaßt. Die für die Banken bestimmte Provision wird angemessen sein. Die Bedingungen liegen im einzelnen noch nicht fest.« (Beweisstück 160) Das »Arisierungs«-Programm war für die Reichsregierung wie auch für die Bank lediglich ein Moment ihrer Politik der Durchdringung und des Diebstahls. Die Korrespondenzen, die Gespräche und die Vorplanungen, mit denen die Bank sich befaßte, bestätigen ihre Beteiligung an dieser Politik. Sie widerlegen den Einwand, die »Arisierungs«-Geschäfte, die sie tätigte, seien lediglich normale Geschäftsvorgänge gewesen oder ihr von höherer Stelle aufgezwungen worden, und zeigen, daß fast alle Transaktionen, die Juden betrafen, mit Betrug, Nötigung und unzulässiger Beeinflussung einhergingen. In der Unterstützung und Ausführung dieser politischen Linie, die sie mitentwickelt hatte, ging die Dresdner Bank weit über die umfassenden Befugnisse hinaus, die das nationalsozialistische Recht einräumte, und versuchte in traditioneller Nazi-Manier, Lösegelder zu erlangen oder Geldmittel zu erzwingen. Schon Monate vor dem Inkrafttreten des »Arisierungsgesetzes« waren die Banken mit Vorarbeiten beschäftigt. Am 3. März 1941 schrieb Entzian von der Dresdner Bank in einer Aktennotiz: »Das Gesetz über die Zwangsarisierungen ist noch nicht für die nächsten Tage zu erwarten.« (Beweisstück 161) Am 5. März 1941 fügte er zum bevorstehenden »Arisierungsgesetz« hinzu: »Das Arisierungsgesetz wird ein Ermächtigungsgesetz sein. Das Gesetz wird voraussichtlich vor dem 15. März nicht publiziert werden. Bei der Durchführung wird man branchenweise vorgehen. Die zur Arisierung bestimmten Firmen werden zunächst auf eine Treuhandstelle übertragen. Bereits eingeleitete Verhandlungen werden nicht aufgehoben. Einschaltung der Banken dadurch möglich, daß sie Verhandlungs-142-
DIE AUSLANDSTAT1GKEIT
auftrage für ihre Kundschaft entgegennehmen und ausführen.« (Beweisstück 162) In Holland engagierte sich die Bank aktiv auf politischer Ebene. Am selben Tage, da Entzian seine Interpretation niederlegte, schrieb Rienecker von der Handelstrust West N.V. in einer Notiz für Rasche, Entzian, Bardroff, Hobirk und Kühnen von der Dresdner Bank und für Dellschow von der Handelstrust217 über das »Arisierungsgesetz«: »Betr.: Arisierungsgesetz. Bei den heutigen Besprechungen im Haag mit dem Amt Minister Fischböck218, ferner mit den Herren Dr. Kühn, Bauer und Mostert von der Wirtschaftsprüfstelle, habe ich folgendes festgestellt: 1.) Das Arisierungsgesetz liegt in einem redigierten Entwurf vor und wird wohl nur noch kleine Abänderungen erfahren. 2.) Mit der Veröffentlichung, mit welcher gleichzeitig praktische Arbeit begonnen wird, ist nicht vor 15. März zu rechnen. 3.) Das Arisierungsgesetz ist ein reines Ermächtigungsgesetz, das dem Reichskommissar weitgehende >KannVerordnung betreffend Errichtung und Veränderung von Unternehmen und Betriebene (...) Der dritte und wichtigste Abschnitt bringt die Anordung über Anmeldepflichtige Unternehmern (= jüdische Unternehmungen) . (...) Durchführung Der Reichskommissar hat angeordnet, daß die Arisierung branchenweise durchzuführen ist. Es wird wahrscheinlich mit wehrwirtschaftlich wichtigen Branchen, also der gesamten Rüstungsindustrie begonnen. Bei der Wirtschafts-143-
KAPITEL VII
prüfstelle finden von jetzt ab regelmäßige Planungssitzungen statt... Zu der Planungssitzung werden regelmäßig zugezogen je ein Vertreter des RWM der betreffenden Wirtschaftsgruppe Stab Heß Rüstungsinspektion. Nach Aussprache über alle Objekte und alle vorgemerkten Interessenten wird in dem >Planungsendergebnis< endgültig festgelegt, an welche Interessenten die einzelnen Objekte übergehen. Hierbei werden zwar die seit Monaten geleisteten Vorarbeiten im Sektor Banken... berücksichtigt, sie werden jedoch in der Entscheidung nicht nach ihrem zeitlichen Einlaufen, sondern nach ihrem sachlichen Gewicht bewertet. ... Für die Banken würde es sich empfehlen, für ihre deutschen Interessenten als Bevollmächtigte' aufzutreten und jeweils vor den Planungssitzungen, zu welchen die Banken nicht zugezogen werden, ihre Ansprüche anzumelden. (...) Ist durch die Planungssitzung der Interessent endgültig bestimmt und ist dieser mit dem Erwerb grundsätzlich einverstanden, so wird der Übergangspreis nicht durch Verhandlungen, sondern durch Festsetzung eines sogenannten gerechten Preises durch eine Treuhandstelle gefunden, welche vom Amt Reichskommissar zu diesem Zweck neu aufgestellt wird.« (Beweisstück 163) Zehn Tage später schrieb die Handelstrust West N.V. an die Dresdner Bank: »Der Wortlaut des Arisierungsgesetzes, zu dem noch Durchführungsverordnungen kommen, ist am 13. März veröffentlicht worden. Wir haben den wesentlichen Inhalt gleich nach Berlin telegrafiert. In einer Versammlung, die am 12. März d.J. hier in Amsterdam war, und in der der Reichskommissar zur Deutschen Kolonie sprach, hat er erklärt, die Entjudung der Wirtschaft werde hier in Holland radikal durchgeführt werden. Wir können also auf diesem Gebiet auf Grund der zahlreichen Vormerkungen hier mit viel Arbeit beim Handelstrust in nächster Zeit rechnen.« (Beweisstück 164) -144-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
Die Geschwindigkeit, mit der die Dresdner Bank die Umsetzung dieser Politik in konkrete Schritte einleitete, ist fast erschreckend. Sie setzt gewissenhafte Vorbereitungen und Planungen voraus und eine Kenntnis der europäischen Industrie, die nur aus sorgfältigen Studien stammen konnte. Am selben Tag, da die Dresdner Bank vom Reichswirtschaftsminister den Schnellbrief erhielt, der eine Intensivierung der »kapitalmäßigen Verflechtungen zwischen der holländischen, belgischen und französischen Wirtschaft einerseits und der deutschen Wirtschaft andererseits«, sowie die Verstärkung der »Einflußnahme deutschen Kapitals in Holland« forderte, und am selben Tag, da den »deutschen Banken die Möglichkeit« offeriert wurde, »in Wertpapieren verkörperte Beteiligungen für eigene Rechnung. . . in den Niederlanden, in Belgien und in den besetzten Gebieten Frankreichs zu erwerben« (Beweisstück 156), verfaßte der Leiter der Börsen-Abteilung bei der Dresdner Bank in Berlin eine Notiz, in der er als Antwort auf dieses Telegramm eine Liste der Firmen zusammenstellte, deren Effekten für Deutschland besonders erwünscht waren: »13. März 1942 Herrn Dir. Dr. Rasche Auf meine Anfrage wollen wir Herrn Dr. Knobloch, Den Haag, folgendes mitteilen: a) Wir haben feste Aufträge, aus dem jüdisch-holländischen Vermögen bezw. Feindvermögen Hazemijer Aktien für Siemens Heemaf Aktien für Brown, Boveri & Cie. AG Brocades Aktien für Schering AG Ned. Dok Akt. für Stettiner Oderwerke Nyna Akt. für Ver. Glanzstoffabriken Verschure Stammakt. für Ferrostaal AG dergl. 6% Vorzugsakt. für Ferrostaal AG -145-
KAPITEL VII
Stokvis & Zonen Akt. für Ferrostaal AG Lever Stammakt. für Margarine-Verkaufs-Union Lever Vorzugsaktien für Margarine-Verkaufs-Union Jürgens van den Bergh Akt. für Margarine-Verkaufs-Union Breda Akt. für Klein, Schanzlin & Becker AG zu erwerben. b) Wir stehen ferner bereits in Verhandlungen wegen Übernahme des Materials von Chamotte Unie für Didier Blaaueholdenween für Hochseefischerei Anderson & Co. du Croc für Joseph Vögele AG Lija- en Gelatinefabr. »Delft« für I.G. Farben c) Wir bitten ferner, uns das Material an Wilton-Feyensord Assurantie Nij. Nederland van 1845 Hollandsche Druud- en Kabelfabrik Internationale Viscose Cie. Centrale Suiker Mij. Reineveld Vasch. Fabr. Automatic scrowworks (vorgesehen für Torpedo-Werke Frankfurt/M.) Nederlandsche Handel Mij. Höre Conserven Breda Ned. Bankiestelling Kronkert Motoren Fabriek zu reservieren, da seitens deutscher Firmen für diese Aktien starkes Interesse vorhanden ist und sich die Verhandlungen um so aussichtsreicher gestalten, wenn es sich bei dem herauskommenden Material um nennenswerte Beträge handelt. (gez. Rinn)« (Beweisstück 165) -146-
DIE AUSLANDSTAT1GKEIT
Das »Arisierungsgesetz« trat Mitte März 1941 in Kraft. Noch vor Ende des Monats hatte die Handelstrust West N.V. eine »Arisierungs-Abteilung« eingerichtet, die bevorzugt mit Büroräumen ausgestattet wurde. In einer Aktennotiz vom 23. März 1941 heißt es: »Im I. Stock anschließend an die Zimmer des Vorstandes werden Räume für die Arisierungs-Abteilung reserviert.« (Beweisstück 166, S. 3) Nur eine Woche nach Inkrafttreten des Gesetzes forderte Knobloch bei der Dresdner Bank einen erfahrenen Mann als Leiter dieser Abteilung an. Er schrieb: »Aktennotiz für Herrn Dr. Rasche Betr. Arisierung in Holland. Nachdem durch die Verordnung vom 13. März 1941 (Einsetzung von Treuhändern in anmeldepflichtige Unternehmungen) die Arisierung der jüdischen Betriebe in ein akutes Stadium gekommen ist, erscheint es zur Wahrung der unmittelbaren Interessen der Dresdner Bank in Holland und zur erfolgreichen Betreuung der deutschen Kundschaft unerläßlich, in den Handelstrust West neben den bereits verfügbaren Kräften einen qualifizierten Herrn zu entsenden, der sich ausschließlich dieser Aufgabe zu widmen hat. Es dürfte hierfür nur ein Herr in Betracht kommen, der sich bereits bei gleichartigen Geschäften Routine erworben hat. Äußerungen in Amsterdamer Bankkreisen (auch seitens der Konkurrenz) beweisen, daß bei der Besetzung dieses Postens Eile geboten ist.« (Beweisstück 167) Die veröffentlichten Jahresberichte erwähnen den lukrativen Charakter und die Bedeutung der »Arisierungs«-Geschäfte nicht. Die Geschäftsleitung der Dresdner Bank und der Handelstrust West N.V. erkannten sie jedoch sehr klar. So schrieb die Auslands-Abteilung der Dresdner Bank in ihrem Bericht über die Geschäftsentwicklung beim Handelstrust West für das erste Halbjahr 1941: »Im Zuge der Arisierung der holländischen Wirtschaft hat sich die inländische Kundschaft in erheblichem Maße der Vermittlung des Handelstrust bedient. Zahlreiche Besucher -147-
KAPITEL VII
aus Deutschland - durchschnittlich 150 im Monat - fanden bei ihm Rat und Unterstützung.« (Beweisstück 168) Die planmäßige Durchführung des umfassenden »Arisierungs«-Programms ist charakteristisch für das Vorgehen der Bank in allen Bereichen. Rinn, Leiter der Börsen-Abteilung der Dresdner Bank, schrieb am S.September 1941: »Wie Herr Dr. Ansmann219... Herrn Dr. Rasche mitteilte, sind die Feststellungen über das in Holland befindliche Feindvermögen jetzt abgeschlossen und es ergibt sich, daß größere Bestände in holl. Bankaktien vorhanden sind. Es wäre nun die Möglichkeit gegeben, in unauffälliger Weise u. U. geeignete Positionen im holl. Bankgewerbe sich zu sichern, zumal ja noch der jüdische Besitz an holl. Bankaktien hinzukommt. Der letztere dürfte aller Voraussicht nach noch wesentlich größer sein, als die von Herrn Dr. Ansmann genannten Zahlen, so daß vielleicht in dem einen oder anderen Falle eine maßgebliche Minorität zusammenkommen dürfte.« (Beweisstück 169) Und am 19. Januar 1942: »Meinen Besuch in Holland habe ich auch dazu benutzt, Herrn Dr. von Karger aufzusuchen. Wie er mir im Verlaufe der Unterredung mitteilte, sind bislang aus den bei Lippmann-Rosenthal angesammelten Juden-Depots Verkäufe noch nicht erfolgt. (...) Im Laufe der nächsten Wochen dürfte aber nunmehr mit dem Verkauf der Juden-Depots zu rechnen sein. ( . . . ) Wir werden qua Dresdner Bank Herrn Direktor von Karger eine Liste derjenigen Werte einreichen, für die wir mit Rücksicht auf früher bereits gehandelte Posten besonderes Interesse und vor allen Dingen auch die erforderliche Genehmigung seitens der zuständigen Stellen haben. Darüber hinaus ist die Tatsache, daß die Judeneffekten in nächster Zeit zum Verkauf kommen, insofern wichtig, als sich ja unter diesen Werten ganz erhebliche Beträge holländischer GroßbankAktien befinden.« (Beweisstück 170) In den Akten der Dresdner Bank und des Handelstrust West lassen sich unzählige Beispiele für Fälle finden, in denen sie als Vermittler für deutsche Privatpersonen und Firmen -148-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
tätig wurden, die an den »besten Kaufmöglichkeiten« für »arisierbares« Eigenturn interessiert waren und für die sie den Kontakt mit geeigneten Partnern herstellten.220 In den Akten finden sich auch Hinweise auf zahlreiche Transaktionen, die sie in der für »Arisierungen« typischen Weise abwickelten, indem sie für holländische oder häufiger für deutsche »arische« Firmen den Kauf »nichtarischer« Unternehmen arrangierte. Die vorliegenden Dokumente (Beweisstück 171) befassen sich unter anderem mit der vorgeschlagenen oder vollzogenen »Arisierung« folgender Firmen: Bijenkorf Kaufhaus Gulden 10 000 000 (Kapital) Papierhandlung Cats Gulden 3 828 620 (Aktiva) N.V. Centrale Suiker Mij Gulden 500 000 (Aktien) Polak & Schward Essencifabrieken Stärkefabrik Honig Puddingfabrik Polak Die Dresdner Bank zögerte nicht, auch die extremsten Mittel einzusetzen. So versuchte sie neben dem reinen Anund Verkauf von Besitzanteilen auch, Lösegelder von holländischen Juden zu erlangen, die außerhalb der Niederlande in Konzentrationslagern saßen und Vermögen im Ausland hatten. Die Korrespondenz über den Fall Benjamin Soet liegt als Beweisstück 172 vor. In diesem Fall schrieb die Dresdner Bank an das Reichswirtschaftsministerium, daß Schweizer Freunde von Soet, der im Konzentrationslager Mauthausen, Block XIV, Abteilung A unter der Internierungsnummer 1361 saß, 20000 Schweizer Franken bei der Schweizerischen Bankgesellschaft hinterlegt hätten mit der Auflage, diese Summe der Dresdner Bank zur Verfügung zu stellen, sobald Soet persönlich im Schweizer Konsulat in Amsterdam erscheine. Die Schweizer Franken sollten an das Reich fallen, das Äquivalent in holländischen Gulden ausbezahlt werden. Der Handelstrust West informierte die holländischen Freunde Soets, daß er über die Dresdner Bank die notwendigen Kontakte zu den Regierungsstellen herstellen werde; die Schweizerische Bankgesellschaft bestätigte die Hinterlegung der Summe in der Schweiz. Verhandlungen mit dem Reichswirtschaftsministerium er-149-
KAPITEL VII
gaben, daß sowohl die Genehmigung des Judenreferats als auch die der Auslandsorganisation der NSDAP erforderlich war, die man offensichtlich nicht bekommen konnte. Die Enttäuschung der Bank war rein geschäftlicher Natur; Entzian schrieb am 8. August 1941, obwohl die Summe von 20000 Schweizer Franken an das Reich gehen sollte, »erwarte der Handelstrust (allerdings) eine angemessene Provision für seine Tätigkeit«. (Beweisstück 173) Um den umgekehrten Fall — die »Arisierung« einer holländischen Firma als Vorbedingung für die Entlassung aus Gestapo-Haft und einen Paß nach Amerika - ging es bei Isaak Keesing. In einer der Aktennotizen, die sich mit diesem Fall beschäftigen, und zwar in der Notiz vom 13. Februar 1941, gezeichnet Stiller, heißt es, es sei zugesagt worden, »daß man Herrn Isaak Keesing nebst Angehörigen die Ausreise nach Amerika gestatten würde, sobald das dem Bruder des Herrn Keesing gehörende Verlags- und Druckereiunternehmen arisiert worden sei. ( . . . ) Zurzeit liegen die Unterlagen bei Oberführer Müller von der Gestapo bezw. Ministerialrat Dr. Zindel.« (Beweisstück 174) Ein Brief Rieneckers von der Handelstrust West N.V. vom 6. März 1941, der ein Schreiben Isaak Keesings an Rasche übermittelte, schließt mit den Worten: »Ich wäre dankbar, wenn Sie die Angelegenheit von dort aus (Berlin, d. Bearb.) weiter verfolgen würden.« (Beweisstück 175) Die Transaktion - himmelweit vom üblichen Bankgeschäft entfernt - schien einfach und gewinnbringend. Eine Aktennotiz Knoblochs vom 3. April 1941 deutet auf die Institutionalisierung dieser Erpressungsmethoden hin: »Betr. Besuch bei Major Lauritsch von der Ein- und Ausreisestelle. Auf meine Frage, ob die Möglichkeit bestände Juden die Ausreise aus Holland in Verbindung mit der Arisierung ihrer Betriebe zu schaffen, entgegnete mir Herr Major Lauritsch folgendes: Bisher wurden sämtliche von Juden eingereichten Anträge nach Berlin weitergeleitet und dort restlos abgelehnt. Die bekannten Ausnahmen (Warburg, Continentale -150-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT 221
usw.) wurden von höheren amtlichen Stellen angeordnet und durchgeführt. Seit einigen Tagen ist Weisung ergangen, Anträge nach Berlin nicht mehr weiter zu leiten und auch in keinerlei Bearbeitung zu nehmen. Es soll, wie Herr Major Lauritsch in Erfahrung gebracht hat, demnächst eine Auswandererstelle eingerichtet werden, die allein zuständig sein wird.« (Beweisstück 176) So empörend diese »Arisierungen« schon für sich genommen sind und wie sehr sie die Dresdner Bank auch belasten mögen - sie waren nur ein Teil des Plans, die Niederlande Deutschland auf wirtschaftlichem Gebiet vollständig zu unterwerfen. Die Veränderungen in der Geschäftsleitung des Handelstrust West im Jahre 1940 lassen das Bestreben der Dresdner Bank erkennen, den Einfluß deutschen Kapitals in den Niederlanden zu vervollständigen. In einer Aktennotiz der Bank vom G.Dezember 1940 heißt es: »Zuständigkeit in Berlin Nach den gemachten Mitteilungen hat für das holländische Geschäft und damit auch für den Handelstrust West Herr Dr. Rasche die Stellvertretung des Herrn Dr. Pilder aktiv übernommen. Die Bearbeitung sämtlicher laufender Geschäftsvorfälle erfolgt im Ausland-Sekretariat S, Leiter Dr. Entzian. Die Bearbeitung laufender Börsengeschäfte erfolgt direkt mit der Börse in Berlin. Die Bearbeitung der Verflechtungsgeschäfte für Holland erfolgt in Berlin durch die Konsortialabteilung (Herr Kühnen), wobei jedoch zur Information des Ausland-Sekretariat S je ein Durchschlag der Vorgänge an dieses geleitet wird. Von der Bearbeitung Konsortialbüro sind ausgenommen alle Verflechtungsgeschäfte, welche von Herrn Dr. Rasche bezw. sein(em) Sekretariat entriert werden.« (Beweisstück 157) Die genannten Männer, Rasche und Entzian, waren das Gespann bei der Dresdner Bank, das für das Einstreichen der Kriegsbeute in den besetzten Gebieten zuständig war. Sie hatten diese Aufgabe schon im Osten übernommen und waren nun bereit, mit dem Reichtum des Westens weitere Lorbeeren zu ernten. Die Dresdner Bank besaß mit ihrem Netz von Stutzpunkts!-
KAPITEL VII
ten, Filialen und Affiliationen eine enorme Klientel für jede Art von Wertpapieren, derer sie habhaft werden konnte. Jeder Absatz dieses Kapitels verweist auf Fälle, in denen sie Mehrheitsbeteiligungen an Konzernen irgendwo in Europa erwerben konnte, indem sie in Holland Anteile übernahm. Aus einem Brief an das Wirtschaftsministerium vom 4. Februar 1943 geht hervor, daß sie ständig solche Beteiligungen für vorgemerkte Kunden suchte. In dieser speziellen Liste erscheinen bedeutende Rüstungsunternehmen: »Wie wir Ihnen bereits am Telefon ausführten, waren den nachstehend aufgeführten Gesellschaften im Jahre 1942 durch den Reichskommissar für die besetzten niederländischen Gebiete, Generalkommissar für Finanz und Wirtschaft, Abteilung für besondere wirtschaftliche Angelegenheiten, im Hinblick auf eine gewünschte industrielle und kapitalmäßige Verflechtung die Genehmigungen erteilt worden, die Aktien gewisser holländischer Gesellschaften zu erwerben. Aufgrund dieses Bescheides sind bisher von Siemens-Schuckertwerke AG, Berlin, hfl. 150000,- N. V. Fabriek van electrische Apparaten v/h F.Hazemeijer & Co., Hengelo, Aktien (davon hfl. 65 000,-aus 1941) von Brown, Boveri & Cie. AG, Mannheim-Käfertal, hfl. 518700,- Heemaf Stammaktien hfl. 35 000- Heemaf Vorzugsaktien von Schering AG, Berlin, hfl. 369000,- Kon. pharm. Fabrieken v/h. BrocadesStheemann & Pharmacia Meppel Aktien (dav. 275000,aus 1941) ( . . . ) von Ferrostaal Aktiengesellschaft, Essen, hfl. 115000- Verschure & Co's Scheepswerf en Maschinefabriek Vorzugsaktien... von Vereinigte Stahlwerke AG, Düsseldorf, hfl. 147000,- Dok- en Werfmaatschappij Wilton-Fijenoord Akt. hfl. 76 000,- Nederlandsche Scheepsbouw Mij. Aktien von Vereinigte Glanzstoff-Fabriken AG, Berlin, hfl. 28000,- Kunstspinnerij Nyma Aktien von Margarine Verkaufs-Union GmbH, Berlin, -152-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
hfl. 1705000- 6% Lever Brothers & Unilever Vorzugsaktien erworben worden und die Käufe halbjährlich dem Reichskommissar für die besetzten Gebiete, Den Haag, gemeldet worden.« (Beweisstück 177) Der Dresdner Bank ging es dabei bewußt um die Stärkung des deutschen Einflusses auf solche holländische Firmen, die für die Kriegsanstrengungen wichtig oder erwünscht waren. In einer internen Aktennotiz vom S.Februar 1943 schrieb Rinn von der Konsortial-Abteilung: »Wir stehen nun auf dem Standpunkt, daß selbstverständlich diese Käufe von der Anmeldepflicht ausgenommen werden müssen, da dieselben im Interesse der von deutscher Seite geförderten Verflechtung liegen. Dies gilt nicht nur für solche Werte, die wir en bloc an einen bestimmten Kunden gegeben haben, sondern auch für Aktien, wie z. B. 6% und 7% Unilever Vorzugsaktien und Bankinstelling Aktien, die wir aus ähnlichen Gründen (zur Stärkung.des deutschen Interesses) breit in unserer Kundschaft gestreut haben.« (Beweisstück 178) Der Revisionsbericht für 1939 zeigt eindeutig, welche Ziele die Dresdner Bank zu Beginn ihres Enagements in Holland zu verfolgen gedachte, und aus ihren späteren Transaktionen geht hervor, daß sie ihre Leitlinien nicht veränderte: »Die Handelstrust West N.V. betätigt sich weisungsgemäß nur als Vermittler für Dienstleistungen. Kredite werden nicht gegeben und nicht beansprucht.« (S. 4) »Die Handelstrust West N.V. (ist) seit dem 2. Oktober 1939 als Hilfsorgan tätig, wenn Im- und Exportfirmen aktive Unterstützung in Handels-, Bank- und Treuhandfragen benötigen. .. . In Vorbereitung sind die Übernahmen von Treuhandverwaltungen von Guthaben, Wertpapieren, Aktien und Anteilen, Warenlagern, Vertragsrechten usw. Es sind hierfür in Berlin und Amsterdam für eine Anzahl Firmen wesentliche Vorarbeiten geleistet.« (S. 4, 6) »In engstem Einvernehmen mit dem deutschen Generalkonsulat in Amsterdam wurden Verbindungen zu holländischen Handels- und Fabrikationsbetrieben, Spediteuren, Schiffs- und Versicherungsgesellschaften angeknüpft, soweit -153-
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sie dem deutschen Im- und Export nützlich sein können.« (S. 7) »Die wechselnde Situation wird unter Berichterstattung über die Feindmaßnahmen (Ein- und Ausfuhr-Blockade, Schwarze Listen usw.)... nach Deutschland gemeldet. Hierdurch wird es unserer Auslandsabteilung ermöglicht, einen vertraulichen Informationsdienst innerhalb der Bank (Hauptbank und Filialen) einzurichten...« (S. 7, Beweisstück 154) Die Tochterbank der Dresdner arbeitete mit den meisten Behörden und Vertretungen der Nazis, die im Gefolge der deutschen Wehrmacht Holland überfluteten222, Hand in Hand zusammen. Das belegen zahlreiche Hinweise in den Korrespondenzakten, und im Revisionsbericht heißt es: »Die Handelstrust West N.V. betätigt sich. . . im Einvernehmen mit dem Generalkonsulat, dem Reichswirtschaftsministerium, dem Reichsernährungsministerium und der Reichsbank als Vermittler.« ('Beweisstück 154, S. 6) Die Dresdner Bank schädigte nicht nur eine besitzende Schicht, sondern das ganze holländische Volk, wenn sie den Ankauf holländischer Wertpapiere beim Abrechnungsverkehr in Anrechung brachte. In einer internen Aktennotiz über ein Gespräch mit dem Wirtschaftsministerium findet sich die Aussage: »Vorstehende Genehmigungen sollen... nur Gültigkeit haben für den Erwerb von französischen, belgischen und holländischen Aktien bezw. ausländischen, in diesen Ländern notierten Aktien und sonstigen Werten. Der Erwerb von Dollarbonds bezw. von deutschen Werten fällt nicht unter diese Genehmigung, da das RWM zurzeit kein sonderliches Interesse daran hat, deutsche Schulden über das Clearing zurück zu erwerben.« (Beweisstück 179) Welche Gewinne das nationalsozialistische Deutschland aus dem erzwungenen Verrechnungsabkommen zog, ist ausreichend bekannt und muß hier nicht wiederholt werden. Die Beziehungen der Bank zum nationalsozialistischen Deutschland waren gut und für beide Seiten einträglich. Man erkannte die Dienste, die der Handelstrust West Deutschland erwies, an, und die Dresdner Bank erhielt als Gegenleistung -154-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
für ihre schmutzigen Geschäfte neben den Gewinnen auch noch offizielles Lob. Die Handelstrust West N.V. erhielt in den Jahren 1942, 1943 und 1944 von der NSDAP in den Niederlanden als besondere Auszeichnung ein »Diplom für hervorragende Leistungen«, das Reichskommissar Dr. Seyss-Inquart persönlich überreichte. »Der Führer der NSDAP in den Niederlanden Der Betriebsgemeinschaft HANDELSTRUST WEST N.V. verleihe ich auf Grund ihrer auch in diesem Jahre im Leistungskampf der deutschen Betriebe gezeigten Leistungen für ein weiteres Arbeitsjahr das DIPLOM FÜR HERVORRAGENDE LEISTUNGEN Diese Auszeichnung soll Anerkennung für geleistete und Ansporn für zukünftige Arbeit im Dienste der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft sein. Ich glaube sicher, daß Sie dieser hohen Auszeichnung entsprechend auch im neuen Arbeitsjahr alles tun werden, um die Gemeinschaft Ihres Betriebes zu fördern, zu vertiefen und sie auf die großen Ziele der nationalsozialistischen Bewegung auszurichten.« (Beweisstück 180)
5.
DIE DRESDNER BANK IN BELG IEN
Deutschlands offizieller Vertreter für die meisten Finanz- und Industrieaktivitäten des Nationalsozialismus im besetzten Belgien war die Continentale Bank, die vollständig der Dresdner Bank gehörte.223 Über diesen Stützpunkt erfüllte sie in Belgien die gleichen Aufgaben für Deutschland und erhielt für ihre Dienste die gleichen Gegenleistungen wie in anderen Ländern. Über die Continentale Bank steuerte sie riesige Summen direkt zum deutschen Militärapparat bei, zum Beispiel an solche Unterorganisationen und Anhängsel der Wehrmacht wie die Organisation Todt, die Vierjahresplanbehörde, die Rüstungsinspektion Belgien in Brüssel und so weiter, und -155-
KAPITEL VII
unterstützte ihn indirekt über Kredite an die deutsche Kriegsindustrie. Über die Continentale Bank verfolgte sie Geschäfte, die in ihrer Vorgehensweise den Nazi-Methoden entsprachen: Sie finanzierte Käufe auf dem von Deutschland kontrollierten belgischen Schwarzmark; sie veräußerte jüdisches Eigentum in Zusammenarbeit mit der »arisierten« Bank Lippmann, Rosenthal und Co., die als Depotbank für erbeuteten jüdischen Besitz fungierte224 ; sie führte den Gesamtplan für die industrielle Vorherrschaft in Belgien aus, indem sie tatkräftig Aktienanteile an belgischen Schlüsselindustrien aufkaufte; sie arbeitete Hand in Hand mit dem Devisenschutzkommando, einem Gestapo-Organ, das Devisen-Transaktionen überwachte225, um sicherzustellen, daß die Enteignung vollständig war. Bei all diesen Vorgängen riskierte die Bank nichts und gewann alles, weil sie letzten Endes über den Verrechnungsverkehr finanziert wurden, jene rechtliche Fiktion, die das belgische Volk zwang, die Plünderung seines Landes selbst zu bezahlen. Kurz nachdem der Krieg an der Westfront durch die Niederlage Frankreichs beendet war, machten sich die nationalsozialistischen Ausbeuter über das eroberte Belgien her. Unter den ersten war die Dresdner Bank, die eine Filiale, die Continentale Bank S.A./N.V, Brüssel und Antwerpen, eröffnete. Sie sollte ihr als Mittel zur Ausbeutung Belgiens dienen. Das Aktienkapital der Continentalen Bank (25 Millionen belgische Francs) verteilte sich am I.November 1944 wie folgt: Dresdner Bank, Berlin 989 Anteile Handelstrust West N.V, Amsterdam 250 Anteile (Tochterbank der Dresdner in Holland) Die übrigen 11 Anteile waren gestreut im Besitz von Vertretern der Dresdner Bank und ihrer Filialen (Beweisstück 181). Der Zweck, zu dem man die Bank gegründet hatte, erforderte neben der Kontrolle über die Aktienmehrheit auch die Besetzung der Schlüsselpositionen mit Deutschen. In einem Brief, in dem die Bank um die Zurückstellung eines Angestellten vom Kriegsdienst ersucht, heißt es: -156-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
»An deutschen Mitarbeitern hatten wir lediglich einige Herren in den leitenden Positionen, während der Rest des Personals aus belgischen Angestellten bestand.« Beweisstück 182) Die Dresdner Bank eröffnete diese Auslandsfiliale zu dem Zweck, die deutsche und die belgische Wirtschaft zum Vorteil Deutschlands zusammenzuschließen. In einem Schreiben vom 22.Januar 1944 erklärte der Präsident der Deutschen Handelskammer in Belgien zu dieser Frage: »Eine Sonderaufgabe dieses Instituts ist die Durchführung von Kapitalverflechtungen und Kapitalentflechtungen. Die Zielsetzung hierbei ist, führenden reichsdeutschen kriegswichtigen Gesellschaften die Möglichkeit zu verschaffen, durch Erwerb von Aktienpaketen oder Beteiligungen Einfluß auf die belgische und französische Industrie zu gewinnen und damit die Durchführung des Rüstungsprogrammes, soweit der westliche Großraum in Frage kommt, sicherzustellen.« (BeweisstücklSS) Dem fügte die Continentale Bank in einem Brief vom 23. Oktober 1944 hinzu: »Unsere Aufgabe war die Wahrnehmung der deutschen Interessen, und zwar durch Finanzierung der Wehrmachtsaufträge, der Produktionsverlagerungen, insbesondere der kriegswichtigen Industrie, sowie der Warenaufkäufe für die kriegswichtige Versorgung des Reiches.« (Beweisstück 182) Im selben Brief wird erwähnt, daß die Bank auf Verlangen der Wehrmacht gegründet wurde: »Auf Veranlassung des Militärbefehlshabers in Belgien und Nordfrankreich wurde im Jahre 1941 neben zwei anderen deutschen Stützpunktbanken auch unsere Bank eröffnet (als Tochtergesellschaft der Dresdner Bank). (...) Von den drei Stützpunktbanken war unser Institut mit 55 Angestellten das größte und hatte etwa einen Geschäftsumfang wie die beiden anderen zusammengenommen.« (Beweisstück 182) Die Aufgaben der deutschen Stützpunkte beim Eindringen in die ausländische Wirtschaft lagen schon lange vor der Eroberung dieser Länder fest. Die Gründung dieser belgischen -157-
KAPITEL VII
Filiale läßt sich als Antwort der Dresdner Bank auf Görings Mahnung verstehen: »Ein Ziel der deutschen Wirtschaftspolitik ist die Vergrößerung des deutschen Einflusses bei ausländischen Unternehmungen. (...) Notwendig ist es aber schon jetzt, daß jede Gelegenheit ausgenutzt wird, um noch während des Krieges der deutschen Wirtschaft Eingang in die interessanten Objekte der Wirtschaft der besetzten Länder zu ermöglichen ...« (Beweisstück 184, Zit. S. 16 nach Nürnberger Dok. EC-137) Der Jahresbericht des Kommissars bei der Nationalbank (Belgien) für Mai 1940-1941 führt die Pflichten der deutschen Finanzwelt in Belgien weiter aus: »Darüber hinaus ist es auch erwünscht, nennenswerte belgische Beteiligungen an ausländischen Unternehmungen, deren Verwaltung in Belgien liegt, in deutsche Hand zu überführen.. . Zu dem Zwecke hat der Reichswirtschaftsminister 32 deutschen Banken die allgemeine Genehmigung erteilt, in begrenztem Ausmaß Beteiligungsrechte, insbesondere Aktien, in Belgien zu erwerben. ( . . . ) Die erste und vornehmste Aufgabe der deutschen Bankvertretungen in Belgien ist die Ausrichtung ihrer Geschäfte nach den Interessen und Belangen der deutschen Wirtschaft.« (Beweisstück 184, zit. nach Nürnberger Dok. ECR 24, S. 38, 37) Während der kurzen Zeit ihres Bestehens im besetzten Belgien erwies sich die Continentale Bank als würdige Vertreterin der »SS-Bank«. Die Militärbehörden der nationalsozialistischen Besatzungsstreitkräfte hatten die Gründung der Bank vorgeschlagen. Sie stand der Armee in zahlreichen Finanzangelegenheiten zu Diensten. Alle Käufe und die Bezahlung aller Leistungen wurden über das Verrechnungskonto zwischen Belgien und Deutschland beglichen. Wie jedoch aus einem Brief der Continentalen Bank an die Devisenstelle hervorgeht: »Da in den letzten Monaten vor unserem Abrücken aus Belgien die Clearingüberweisungen aus dem Reich außergewöhnlich lange Zeit beanspruchten (durchweg ca. 4 Wo-158-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
chen), mußten wir für verschiedene Stelle diese Clearingeinzahlungen bevorschussen . .. « (Beweisstück 185) Wie die Korrespondenz zeigt (Beweisstück 186), übernahm die Bank für die Wehrmacht in diesem Zusammenhang bestimmte Transaktionen. Sie finanzierte belgische Firmen in den Wartezeiten, die durch die Zahlungsverzögerungen im Verrechnungsverkehr entstanden, und beschleunigte damit die Reparaturarbeiten belgischer Werkstätten an Wehrmachtsfahrzeugen. Auch anderen Stellen, die während der Besatzungszeit von Deutschland aus in Belgien operierten, stellte sie ähnliche Leistungen zur Verfügung. Einem Brief vom 3 I.Januar 1944 an die Devisenstelle ist zu entnehmen, daß der Reichsbeauftragte für Eisen und Stahl in den besetzten Gebieten der Bank 660964,04 belgische Francs (Beweisstück 185) schuldete. Die Akten der Bank - heute im Besitz der belgischen Behörden weisen weitere solcher Debitoren auf, darunter auch die Organisation Todt, die in Belgien V-1-Abschußrampen baute, ^ur Zeit der Evakuierung der Bank aus Brüssel belief sich das Sollsaldo ihres Kontos auf 10984000 belgische Francs, gedeckt durch zedierte Forderungen von 12630000 Francs. Kredite für Wehrmachtsaufträge machten den größten Teil der Geschäfte bei der Bank aus. Die ausstehenden Kredite beliefen sich am 2. September 1944 auf insgesamt 79700000 belgische Francs, wovon 36 700 000 Francs durch die Abtretung von Forderungen (Rechnungen) gegen deutsche Regierungsstellen oder Firmen abgedeckt waren. (Die Zahlen stammen aus den Büchern der Continentalen Bank, die sich heute in der Hand der belgischen Behörden befinden). Das Ausmaß und die Bedeutung dieser Geschäfte läßt sich aus einem Bericht des Kommissars bei der Nationalbank in Belgien für August-Oktober 1942 ersehen: »Die starke Beanspruchung durch Kredite, die im Interesse der Wehrwirtschaft gegeben werden, sowie die Clearingbevorschussungen, die sich im Zusammenhang mit den Verlagerungsaufträgen als notwendig erwiesen haben, haben zu einer starken Ausdehnung des Geschäfts der deutschen Banken geführt, dem die augenblickliche Kapitalbasis nicht entspricht.« (Beweisstück 187, S. 6) -159-
KAPITEL VII
Mit der Abwicklung von Geschäften über Warenakkreditive diente die Bank gleichfalls der Sache der nationalsozialistischen Kriegswirtschaft. Die Bücher der Continentalen Bank weisen zahlreiche Akkreditive226 auf, die auf Order von deutschen Banken oder Handelshäusern zugunsten von Zulieferern in Belgien erhältlicher, direkt oder indirekt kriegswichtiger Güter eröffnet wurden. Die Dresdner Bank machte in dieser Hinsicht von ihrer Tochtergesellschaft umfassenden Gebrauch und hatte mit Stand vom 30. Juni 1944 Kreditlinien zur Continentalen Bank in Höhe von insgesamt 19 500 000 belgischen Francs offen. Die ausstehenden Warenakkreditive beliefen sich im November 1943 auf insgesamt etwa 28900000 belgische Francs, wovon 28200000 belgische Francs auf deutsche Order zurückgingen. Eines dieser Akkreditive wird in den Unterlagen der Bank für »Volk und Staat«, einen Nazi-Verlag in Belgien, geführt. Es wurde auf Order der Dresdner Bank für Velhagen & Klasing und andere deutsche Verlage eröffnet und ging in der Zeit von April 1942 bis Dezember 1943 über eine Höhe von 409 000 belgischen Francs und 58 000 Reichsmark. Für die Zentral Textil GmbH in Berlin hielt die Bank eine Barkreditlinie von 25 000 000 belgischen Francs »Warenkäufe in Belgien« offen, für die die Zentrale der Dresdner Bank die Garantie übernahm. Ein Geschäft ähnlicher Art waren die Bankgarantien, meist einfache Leistungsgarantien. Die Garantie, die sie für das Heereswaffenamt gegenüber der belgischen Niederlassung des Ford-Konzerns (unter deutscher Verwaltung) übernahm, gehört in diese Kategorie. Die Kreditlinie belief sich auf l 000 000 Reichsmark und war durch die Abtretung der FordForderungen gegen die Wehrmacht abgedeckt. Man stellte auch Garantien in belgischen Francs bereit, die in Spitzenzeiten bis zu 12500000 Francs betrugen. Ein weiteres Beispiel für die Verwendung solcher Garantien ist die für die Firma Krupp gegenüber der S.A. Ateliers de Construction de la Meuse; sie deckte 1943 für eine Zeit von sechs Monaten eine Summe von 916000 Reichsmark ab. Die Verwaltung jüdischen Grundbesitzes unterhielt bei der Continentalen Bank sowohl Kassenkonten — am 2. September -160-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
1944 wiesen sie ein Guthaben von 10800000 belgischen Francs auf— als auch Aberdepotkonten. Als man die Bankangestellten befragte, warum eine Grundbesitzverwaltung Aberdepotkonten unterhalten hatte, äußerten sie die Vermutung, daß man sie als Sicherheit für Rentenzahlungen eingerichtet habe. Die Continentale Bank war Depotbank für verschiedene Partei- und Regierungsstellen, die zum Teil beträchtliche Guthaben dort besaßen; zum Beispiel227: NSDAP, Antwerpen RM 10000 Der Beauftragte für den Vierjahresplan bfrs 8 000 000 Wehrwirtschaftsoffizier der Rüstungsinspektion Belgien bfrs 24 700 000 Rüstungs- und Beschaffungsstab Belgien bfrs 129 200 000 Pimotex (Deckname einer Nebenstelle des Speer-Ministeriums für Bewaffnung und Munition) bfrs 16 000 000 Feindliches Vermögen bfrs 53 600 000 Der Rüstungs- und Beschaffungsstab war eine Zentralstelle, die die Besatzungsstreitkräfte zur Lenkung der Einkäufe in Belgien eingerichtet hatte, in dem Bestreben, alle Warenkäufe, die nicht aus den Besatzungseinnahmen finanziert werden konnten, über den Verrechnungsverkehr abzuwickeln; viele dieser Geschäfte liefen über den Schwarzmarkt. Das oben genannte Saldo gibt den Stand vom 31. August 1944 wieder, davon hatte die Banque d'Emission 125000000 belgische Francs neun Tage zuvor überwiesen, die im Verrechnungsverkehr angerechnet werden sollten. Die Rüstungsinspektion, eine Wehrmachtsstelle, befaßte sich mit der Beschaffung von Material, das in Deutschland nicht oder nur schwer zu bekommen war; sie betätigte sich ebenfalls auf dem Schwarzmarkt. Die belgische Dienststelle des Beauftragten für den Vierjahresplan, eine weitere deutsche Behörde, war gleichfalls mit der Ausbeutung der belgischen Ressourcen für die deutsche Kriegswirtschaft beschäftigt. Die Pimotex war in Schwarzmarktkäufe verwickelt. Sie besorgte Edelmetalle, Diamanten, Präzisionswerkzeuge und ähnliche Mangelwaren, die man in Deutschland brauchte. Am -161-
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2. September 1944 wiesen die vier Konten dieser Stelle insgesamt 16000000 belgische Francs auf, wovon 2500000 Francs für die Organisation Todt und den Heereskraftfahrpark (HKP) und die übrigen 13500000 für deutsche Industrieunternehmen bestimmt waren. Auch der Reichskommissar für die Seeschiffahrt unterhielt ein Konto bei der Continentalen Bank, um die Abrechnungsüberweisungen an den belgischen Repräsentanten der Mittelmeer-Handelsindustrie Gesellschaft zu erleichtern. Hierüber wickelte man die Zahlungen der Charterkosten für belgische Schiffe ab, die in deutschem Auftrag fuhren. Vom 9. Oktober 1943 bis zum 25. Juli 1944 beliefen sich diese Zahlungen auf insgesamt 25000000 belgische Francs. Ein ähnlich wichtiger Dienst, den die Ausdehnung der nationalsozialistischen Hochfinanz in ein besetztes Land leisten konnte, bestand in der von Göring verlangten »Vergrößerung des deutschen Einflusses bei ausländischen Unternehmungen«. Die naheliegendsten Objekte hierfür waren natürlich begehrte belgische Firmen. Die Continentale Bank verschaffte sich zunächst mit Hermann Prinsler228 den geeigneten Mann für diese Aufgabe. Eine Reihe von Briefen, in der die Bank um seine Freistellung vom Kriegsdienst nachsucht, wirft einiges Licht auf diese Seite ihrer Aktivitäten. In einem Schreiben sagt der Präsident der Continentalen Bank: »Herr Prinsler... arbeitete ferner im engsten Einvernehmen mit dem damaligen Betriebsführer der Bank, Direktor Joachim Overbeck229 und später mit dessen Nachfolger Direktor Felix Graf Czernin zusammen an der Durchführung von Entflechtungs- und Verflechtungsgeschäften, die teils die Rückführung ehemals deutscher Unternehmen in deutsche Hand zum Inhalt haben oder das Ziel verfolgen, bei belgischen Firmen für deutsche Interessen Einfluß zu gewinnen. (.-.)_ Bei den vorgenannten Tätigkeiten handelt es sich nicht etwa um Geschäfte, die in erster Linie privatwirtschaftlich von Interesse sind, sondern darum, reichswichtige oder wehrwirtschaftlich wichtige Transaktionen zustande zu bringen und abzuwickeln. So liegt z. B. gegenwärtig eine Anfrage einer deutschen Behörde vor, ob und wieweit es -162-
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möglich ist, in Belgien französische Aktien aufzukaufen. Eine solche Anfrage kann nur von einem Sachbearbeiter beantwortet werden, der 1.) weiß, ob und welche französischen Werte sich in belgischem Besitz befinden, 2.) der in der Lage ist, festzustellen, wer in Belgien diese Werte besitzt, 3.) die nötige Einführung bei den in Frage kommenden Personen und Gesellschaften hat, um mit diesen über eine Hergabe dieser Werte zu verhandeln. Insbesondere der letzte Punkt ist von großer Wichtigkeit, da diese Verhandlungen nur geführt werden können, wenn die belgischen Stellen die Überzeugung haben, offen sprechen zu können. Die Durchführung dieser Geschäfte erfordert wiederum eine Reihe von Spezialkenntnissen, da sie so erfolgen muß, daß die Transaktionen in der belgischen Öffentlichkeit nicht bekannt werden.« (Beweisstück 188) Die Bank tätigte in recht großem Ausmaß Wertpapierkäufe. Die Dresdner Bank unterhielt eigens ein Konto für Durchdringungskäufe, das selbst am Ende der deutschen Besatzung in Belgien noch ein Guthaben von 19368790 belgischen Francs aufwies. »Eine Reihe von Spezialkenntnissen«, wie sie Prinsler besaß, war bei der Transaktion, die Rinn von der BörsenAbteilung der Dresdner Bank in einer Aktennotiz vom 29. Oktober 1943 beschreibt, zweifellos von Wert: Es »kommen jetzt größere Posten aus holländischem Judenbesitz stammender Effekten, und zwar im ausmachenden Betrage bis zu bfrs. 70 Mill., in Brüssel zum Verkauf. Die gesamte Abwicklung über die Contibank war nicht möglich, da die Herren Hoppe und Hofrichter eine gewisse Tarnung wünschten und infolgedessen auch die beiden anderen deutschen Bankstützpunkte mit betrauen wollten. Den Löwenanteil bekam aber auf alle Fälle die Contibank. In diesem Zusammenhang ist es jetzt auch möglich gewesen, die im Besitze der Contibank befindlichen, zu einem früheren Zeitpunkt aufgekauften holländischen Werte mit zur Verrechnung zu bringen. Ich habe nun den Herren der Contibank empfohlen, nach Glattstellung dieser Effektenposition suk-163-
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zessive wieder eine gewisse kleine Position in holländischen Wertpapieren anzulegen, zumal dieselben in Brüssel kursmäßig ungefähr 35% unter der Amsterdamer Parität liegen.« (Beweisstück 189) In einer Darlegung der Direktiven Reichsmarschall Görings schreibt der Kommissar der Nationalbank in Belgien in seinem Bericht für Mai 1940-1941, daß von den Auslandsbeteiligungen vor allem solche zu erwerben seien, bei denen es »sich um Unternehmungen handelt, die am Balkan liegen und für die ein generelles deutsches Interesse besteht.« (Beweisstück 184, zit. nach Nürnberger Dok. ECR 24, A. 38) Eine Schöpfung der Dresdner Bank, die den Aufbau des Eroberungsapparates so gründlich betrieben hatte, konnte sich diesem patriotischen Ruf natürlich nicht entziehen. Zahlreiche Geschäftsvorgänge, die zum Teil in den Abschnitten über osteuropäische Länder beschrieben sind, belegen das. Ein Brief der Continentalen Bank vom 17. Juni 1944 behandelt eine solche Transaktion: »Die Hermann Göring-Werke interessieren sich für einen bedeutenden Rüstungsbetrieb, der sich an der ehemaligen polnischen Grenze befindet und an dem maßgeblich eine belgische Finanzgruppe beteiligt ist. Zweck der hiesigen Verhandlungen ist die Beteiligung der belgischen Gruppe nach Möglichkeit zu erwerben. Für die Angelegenheit interessiert sich das OKW Berlin und die von uns zu unternehmenden Schritte erfolgen mit seinem Einvernehmen.« (Beweisstück 190) Anhand einer Buchung von 3 900 000 belgischen Francs als Garantie an die Kreditbank voor Handel en Nijverheid, Brüssel, läßt sich eine interessante Geschichte zurückverfolgen, aus der hervorgeht, welch ungeheure Profite eine deutsche Firma aus der günstigen Position des Eroberers mit belgischen Wertpapiergeschäften erzielen konnte. Effekten, die an der Brüsseler Börse gehandelt wurden, mußten von einer Börsenkommission zugelassen sein, um sicherzustellen, daß der Verkäufer bestimmungsgemäß liefern konnte. Die Börsenkommission erteilte die Zulassung erst, nachdem der Verkäufer ihr gegenüber dargelegt hatte, daß -164-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
ihm die Wertpapiere gehörten. Das belgische Recht verlangte auch, daß ein fehlendes Eigentumsrecht in einen gültigen Rechtsanspruch umgewandelt wurde, schloß jedoch aus, daß eine Bank, die nach dem 10. Mai 1940 in Belgien eröffnet wurde, auf den Vorbesitzer der Wertpapiere Rückgriff nahm. Eine Aktennotiz der Continentalen Bank vom 27. April 1945 faßt eine Transaktion zusammen, bei der sie an der Brüsseler Börse bestimmte Wertpapiere an die Kreditbank voor Handel en Nijverheid verkaufte (Beweisstück 191). De Neuflize & Co., Paris, hatte diese Effekten in Frankreich für ein gemeinsames Geschäft mit der Deutschen Golddiskontbank zu einem Preis von 20 000 000 belgischen Francs gekauft. Um die Continentale Bank, die bei der Brüsseler Börse als Verkäufer fungiert hatte, vor Verlust zu schützen, überwies ihr die Golddiskontbank ihren Gewinn aus diesem Verkauf als Sicherheit, denn eigentlich hatte das deutsche »Devisenschutzkommando« den Rechtsanspruch auf diese Wertpapiere erworben. Die überwiesene Summe belief sich auf einen Gewinn von 20%, den Anteil der französischen Firma und den des Devisenschutzkommandos nicht mitgerechnet. In einem Briefwechsel, der als Beweisstück 192 vorliegt, versucht die Continentale Bank, ein ähnliches Geschäft mit Wertpapieren zu rechtfertigen, die vom Devisenschutzkommando beschlagnahmt worden waren. Die deutsche Argumentation faßt das Prinzip zusammen, das der gesamten Tätigkeit der Bank in Belgien zugrunde lag: »Die von der Continentalen Bank verkauften Wertpapiere sind nicht nur vom Devisenschutzkommando beschlagnahmt, sondern auf Grund der Beschlagnahme von Wehrmachtgerichten in Devisenstrafverfahren, und zwar regelmäßig gegen in Belgien wohnhafte Zivilisten ... rechtskräftig zugunsten der Militärverwaltung eingezogen. Es handelt sich also um Eigentum der Militärverwaltung, d. h. Reichseigentum. Das Devisenschutzkommando erteilt die Verkehrsaufträge an die Continentale Bank auf Grund allgemeiner Anweisung der Militärverwaltung für deren Rechnung.« (Beweisstück 192) Der Handel mit Wertpapieren aus jüdischem Besitz machte einen Großteil der Geschäfte der Continentalen Bank aus. -165-
KAPITEL VII
Zahlreiche Verkäufe tätigte sie auf Rechnung von Lippmann, Rosenthal & Co., Amsterdam. Nach Heinrich Friedmann von der Liquidationsstelle für jüdisches Vermögen in Holland, war Lippmann, Rosenthal & Co. ursprünglich eine jüdische Bank, die man nach der »Arisierung« als Sammelstelle und Depot für alle Einnahmen aus der Auflösung jüdischer Firmen benutzte (Beweisstück 193). Belgische Wertpapiere, an die man auf diesem Wege herankam, wurden zum Verkauf auf dem belgischen Markt an die Continentale Bank weitergeleitet. Für die Zeit von Januar bis August 1944 beliefen sich die Kontobewegungen auf 30 Millionen belgische Francs. In einem Brief vom 9. Dezember 1944 übermittelte Lippmann, Rosenthal & Co., Amsterdam, der Dresdner Bank eine Liste belgischer und holländischer Effekten im Gesamtwert von einigen hundert Millionen belgischen Francs, die sie bei der Continentalen Bank deponiert hatte und für die sie nun, da die Bank sich mit dem Abzug der Wehrmacht aus Belgien zurückzog, eine Abrechnung wünschte (Beweisstück 194). Die Continentale Bank kümmerte sich sogar um das persönliche Wohlergehen ihrer deutschen Vertreter und der der Dresdner Bank, indem sie ihnen knapp gewordene Luxusartikel vom belgischen Schwarzmarkt besorgte. Gesonderte Bücher, die diese Operationen belegen, weisen für die Zeit von Januar bis August 1944 einen Umsatz von 470000 belgischen Francs230 auf. Unter anderem beschaffte man Zigarren, Zigaretten, Seife, Schinken, Cognac, Kaffee und viele andere knappe Artikel. Zu den »Kunden« gehörten Graf Czernin, Gustav Overbeck, Dr. Entzian, Karl Rasche und eine Rubrik »Vorstand-Kasino«. Die Continentale Bank in Belgien erwies sich als das getreue Ebenbild ihrer deutschen Mutterbank.
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DIE AUSLANDSTATIGKEIT
6.
D I E D R E S D N E R B A N K I N D E N B A LT I S C H E N S T A A T E N
Die baltischen Staaten, die den Hauptteil der unter den Nazis als »Ostland« bekannten Regierungseinheit ausmachten, sollten dem politischen Denken in Deutschland gemäß die Pufferzone zum Osten bilden. In einer politischen Schrift, von der man Rasche eine Kopie zur Stellungnahme übersandt hatte, heißt es: »Das Reich und Europa werden für die Gestaltung des Nordostens immer von dem Grundsatz ausgehen müssen, daß ihnen aus diesem Raum niemals mehr eine politisch, völkisch, militärisch oder wirtschaftlich irgendwie geartete Gefahr erwachsen darf.« (Beweisstück 195) Aus diesem Grund unterlag die wirtschaftliche Neuordnung dieser Region weit stärker der direkten Kontrolle verschiedener Verwaltungsbehörden, als dies in anderen besetzten Gebieten der Fall war.231 Die Dresdner Bank hatte ihre Bereitschaft und Fähigkeit, im Interesse der Nazis zu arbeiten, bei so vielen Gelegenheiten unter Beweis gestellt, daß man sie auch bei der Reorganisation dieses strategisch wichtigen Raums wieder um ihre Unterstützung bat.232 Die Bank war hier nicht fremd. Sie hatte in Lettland und Litauen bis zur Besatzung durch die Russen 1940 Filialen unterhalten und über die Libauer Bank und die Litauische Kommerzbank das Eindringen Deutschlands in diese Region angeführt. Ein vertraulicher Bericht der Auslands-Abteilung für September und Oktober 1937 führt zum Beispiel eine Reihe von Darlehen auf, die sie der Regierung von Estland aufgrund einer Bürgschaft des deutschen Finanzministeriums bewilligte, um eine Phosphatfabrik, eine Fischmehlfabrik und andere Werke zur Verarbeitung estnischer Rohstoffe für den deutschen Markt zu bauen (Beweisstück 196). In welchem Maße sich die Dresdner Bank bei ihren »Ostland«-Geschäften als Staatsagentur betätigte, geht eindeutig aus einer Aktennotiz des Juristischen Büros vom 5. April 1943 hervor. Nach der Erörterung der Verwaltungsform des Reiches in diesem Gebiet und der Besitzverhältnisse geht es um bestimmte -167-
KAPITEL VII
»typische Organisationsformen der Körperschaften und Betriebe im Ostland«: »I.Monopole. ( . . . ) Die Generaldirektion untersteht dem Reichskommissar, sie verwaltet die Monopole, die im Gebiet des Reichskommissars bestehen oder errichtet werden. Das sind im Ostland diejenigen für Tabak und Spiritus. Der Reinertrag der Monopole fließt in den Haushalt des Reichskommissars. (...) 2. Wirtschaftsbetriebe von Selbstverwaltungskörperschaften. Soweit seitens der Selbstverwaltungskörperschaften ... Wirtschaftsbetriebe unterhalten werden, die Verbindlichkeiten eingehen, ist Schuldner und Haftungsträger die betreffende Selbstverwaltungskörperschaft... Die Handels- und Kreditbank AG, Riga, steht z. B. in Kreditbeziehungen zum lettischen Forstdepartement. Nach den letzten Berichten der Handels- und Kreditbank AG ist das Forstdepartement neuerdings eine Behörde im Rahmen der landeseigenen Verwaltung, so daß als Kreditnehmer das Generalkommissariat Lettland als Selbstverwaltungskörperschaft in Betracht kommt. ( . . . ) 3. Einheimische Wirtschaft;,'zentralen. Dazu gehören insbesondere die fünf ernährungswirtschaftlichen Zentralen: Mehl- und Brotzentrale, Getreidezentrale* Zuckerzentrale, Getränkezentrale, Vieh- und Fleischzentrale. Die einheimischen Wirtschaftszentralen sind durch den Reichskommissar in Sondervermögen eingewiesen. Mit der treuhänderischen Verwaltung ist die Zentralhandelsgesellschaft Ost m.b.H. betraut worden. Die Organisationsfragen sind bisher noch nicht zum Abschluß gekommen. ( . . . ) 4. Ostgesellschaften. Dazu gehören u. a.: Zentralhandelsgesellschaft Ost mbH, Ostlandfaser GmbH, Erfassungsgesellschaft für Häute und Felle mbH, Deutsche Rauchwarengesellschaft Ostland mbH, Ostland-Öl Vertrieb GmbH und Baltische Öl GmbH, -168-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
Bergwerks- und Hüttengesellschaft Ostland mbH, Landbewirtschaftungsgesellschaft Ostland mbH. Da sämtliche Gesellschaften in der Rechtsform der GmbH geführt werden, kommt als Haftungsträger grundsätzlich nur das Vermögen der betreffenden GmbH in Betracht. Jedoch sind den Ostgesellschaften satzungsgemäß gewisse Aufgaben im Rahmen der deutschen wirtschaftspolitischen Zielsetzungen übertragen worden, die durch interne Erlasse des Reichsmarschalls ergänzt sind. Wie Herr Ministerialrat Reinbothe (RWM) in einer Bankenbesprechung mitteilte, müßten die Ostgesellschaften demgemäß z. Zt. als im Auftrage des Reiches handelnd angesehen werden mit der Folge, daß das Reich zur Deckung etwa aus der Durchführung der Aufträge entstehender Verluste verpflichtet sei. (...) 5. Treuhandbetriebe. Nach der Verordnung über das Wirtschafts-Sondervermögen in den besetzten Ostgebieten vom 28.5.42. . . bildet das gesamte bewegliche und unbewegliche Vermögen der UdSSR, ihrer Gliedstaaten, Körperschaften, Verbände und Zusammenschlüsse, das in den besetzten ... Ostgebieten der Wirtschaft gedient hat, ein Sondervermögen (Wirtschafts-Sondervermögen.) Dieses Sondervermögen wird durch Treuhänder... verwaltet. ( . . . ) Beispiele: Binnenschifffahrt Lettland GmbH, Grundstücksgesellschaft Estland GmbH. * Den durch Unterstreichung (hier kursiv, d. Bearb.) gekennzeichneten Gesellschaften sind z. Zt. Kredite eingeräumt.« (Beweisstück 197, S. 3-5, Anhang.) Die Dresdner Bank wurde schon sehr bald, nachdem die Wehrmacht das »Ostland« zur Ausbeutung zugänglich gemacht hatte, dorthin vorgelassen. In einem Brief vom 25. August 1941 an das Wirtschaftsministerium schlug sie die Gründung des später unter dem Namen Handels- und Kreditbank, Riga, bekannten Kreditinstituts vor. Es heißt dort: »Inzwischen ist Herr Rasche in Riga gewesen, in dort mit dem Herrn Reichskommissar Lohse geführten Besprechungen ist festgelegt worden, daß es erwünscht wäre, wenn -169-
KAPITEL VII
Eröffnung eines Tochterinstituts durch unsere Bank, das seine Tätigkeit auf die ehemaligen baltischen Staaten erstrecken soll, recht bald erfolgt. Im Hinblick auf die zurzeit noch ungeklärte Rechtslage im Ostland haben wir uns entschlossen, dieses Tochterunternehmen nach deutschem Recht mit vorläufigem Hauptsitz in Berlin zu gründen, um dann nach Schaffung der rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen den Hauptsitz nach Riga zu verlegen. Die Bank soll Deutsche Ostland-Bank AG firmieren. (...) Was den Revaler Platz betrifft, so werden wir uns erlauben, Ihnen mit konkreten Anträgen näherzukommen, sobald die militärischen Aktionen in diesem Gebiet abgeschlossen und die Voraussetzungen für eine geschäftliche Betätigung dort geschaffen sein werden. Wir möchten aber erneut darauf hinweisen, daß wir auf die Ausdehnung des Betätigungsgebietes der Deutschen Ostland-Bank AG (später umbenannt in Handels- und Kreditbank AG, Riga — Anm. im Untersuchungsbericht) auf Reval besonderen Wert legen, da wir uns seinerzeit auf ausdrücklichen Wunsch Ihres Ministeriums unmittelbar vor der Besetzung Estlands durch die Sowjetunion trotz des großen Risikos, dessen wir uns schon damals bewußt waren, bereitgefunden hatten, eine Beteiligung an der Dorpater Bank in Reval zu übernehmen.« (Beweisstück 7A) Das Wirtschaftsministerium antwortete umgehend, am 27. August 1941, und sagte die notwendige Genehmigung für die Eröffnung der Bank zu (Beweisstück 198). Man unterzeichnete den Gesellschaftsvertrag am 29. August, berief Vorstand und Aufsichtsrat, und am 11. Oktober 1941 konnte die neue Bank ihre Geschäfte aufnehmen (Beweisstück 199). Die Handels- und Kreditbank diente fast ausschließlich als Hilfsmittel des nationalsozialistischen Staates zur Ausbeutung des »Ostlands«. Aus dem Bericht der Bank vom 31.Januar geht hervor, daß 87,5% der bewilligten Darlehen an die Monopolgesellschaften gingen (Beweisstück 200). Die übrigen Kredite gewährte man deutschen Konzernen oder ihren Tochtergesellschaften, die im »Ostland« arbeiteten. -170-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
In einer Liste von Krediten über 50000 Reichsmark vom 31. August 1942 erscheinen so bekannte Firmen wie: RM »Allgemeine Elektrizitäts Gesellschaft 67 800,Kontinentale Öl AG 201 900Mannesmannröhren- und Eisenhandel Ostland GmbH 53 400Münchener Rückversicherungs Gesellschaft 847 000Münchener Rückversicherungs Gesellschaft (Festgeld) 157 500 Ostland Öl Vertrieb GmbH 4 687 000,Olex, Deutsche Benzin- u. Petroleum GmbH 36 600,Adam Opel AG, Rüsselsheim 57 800,Osram 64 000Siemens u. Halske AG 85 500Firma Georg Thalheim AG 144 200,Firma Georg Thalheim AG (Festgeld) 300 000,(. .. )« (Beweisstück 201) Ebenfalls in der Augustliste aufgeführt waren folgende Einrichtungen, die zu den politischen Hilfsorganisationen der NSDAP und des Staates gehörten: RM »Deutsche Verlags- u. Druckerei Ges. i. Ostland Deutsche Verlags- u. Druckerei Ges. i. Ostland (Festgeld) Ostland Film GmbH Reichskommissar für das Ostland, Treuhandverwaltung SS-Frontarbeiterbetrieb Stoedtner u. Pester Sonderkonto Textil beim Reichskommissar f.d. Ostland SS-Ansiedlungsstab Kauen Bala, Barackenlager GmbH KG Deutsche Umsiedlungs-Treuhand GmbH, Nebenstelle Kauen (. .. )« (Beweisstück 201) -171-
83 700250 000274 4002 100 000,121 300,150000150000,253 947,71 139 583,20
KAPITEL VII
Der wahre Charakter der Geschäfte der Dresdner Bank zeigt sich in einem Brief (Beweisstück 202) der Allgemeinen Waren-Finanzierungs-GmbH (die der Dresdner Bank gehörte) über die »Naturalrestitution« der deutschen Beteiligung an einer estnischen Baumwollfabrik. Sie bat die Dresdner Bank, ihren Einfluß bei Kehrl (Generalreferent im Reichswirtschaftsministerium)233 dahingehend geltend zu machen, daß er den Wert der Firma durch die Deutsche UmsiedlungsTreuhandgesellschaft schätzen lasse. Die Eigentümer hatten den Wert auf 54 400 000 Kronen veranschlagt, was von der Treuhand auf 25 000 000 Kronen reduziert worden war und sich »unter Anwendung des Prinzips der Halbierung von Sach- und Ertragswert« weiter auf 16800000 Kronen vermindern würde. Aus der Korrespondenz der Dresdner Bank (Beweisstück 203) ist zu ersehen, wie sie durch die finanzielle Unterstützung der Treuhandgesellschaften dazu beitrug, das »Ostland« zum Nutzen der deutschen Industrie auszurauben. Hugo Stinnes und andere schlugen darin über die Mitteldeutschen Zementwerke vor, zwei estnische Zementwerke mittels Treuhänderschaft zu übernehmen. Eine interne Aktennotiz vom 2. September 1942 faßt den Plan kurz zusammen: »Aktennotiz In Begleitung von Herrn Dr. Bredenbreuker von der DUT 234 besuchten uns am l.ds. Mts. die Herren Kreyser und Klüssmann und teilten mit, daß sie nunmehr mit den zuständigen Stellen des Reichskommissariats Ostland einen Treuhandvertrag, gültig bis 1947, abgeschlossen haben, der die Führung der Rigaer Zementfabrik RIGAS GIPS und der ehemaligen staatlichen ETERNITWERKE beinhaltet. Der Vertrag ist abgeschlossen worden von der Rigaer Vereinigten Portland-Zementwerke und Baustoff G.m.b.H., die mit einem Kapital von zunächst RM 100000,— ausgestattet werden soll. An dieser G.m.b.H. sind u. a. beteiligt die Ost- und Mitteldeutschen Zementwerke (früher Schlesag) die Firma Hugo Stinnes und eine Reihe von Umsiedlern (Rüdiger, Rechtsanwalt Kirch, Fräulein M. Stieda, Stark aus Reval, etc.) -172-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
Der Vertragstext wird uns durch Herrn Kreyser noch zugängig gemacht werden. In Aussicht genommen ist, daß der Treuhandvertrag bald durch einen Pachtvertrag ersetzt wird, dem sich später der Übergang des Eigentums auf diese Gesellschaft anschließen soll. Der Gesellschaft ist zur Auflage gemacht worden, die Werke zu verwalten und die Kapazität zu verdoppeln. Herr Kreyser nimmt an, daß für die Erfüllung dieser Aufgaben ein Finanzbedarf von RM 5-6 000 000,- entstehen wird. Er sieht eine günstige Entwicklung voraus, die sich jetzt bereits angebahnt hat. Ein Ofen für den Ausbau des Werkes steht ihm seitens der O.M.Z. zur Verfügung; evtl. könnte auch ein Ofen aus Schweden unter entsprechender Beteiligung schwedischer Interessenten bezogen werden. Die in der Gesellschaft zusammengeschlossene Gruppe hat weiterhin Zementinteressen an dem Zementwerk GORKA in Oberschlesien, will sich interessieren an einer weiteren Zementfabrik WAPIEN und hat die Absicht, sich auch in den eroberten russischen Gebieten an der Zementindustrie zu beteiligen. Herr Kreyser wies darauf hin, daß er es sehr begrüßen würde, wenn die Dresdner Bank weiterhin an der Entwicklung dieses Zementkonzerns Anteil nehmen und, um mit ihm in ständigem Konnex zu sein, einen Herrn in den Aufsichtsrat entsenden würde. Finanzieller Bedarf würde zunächst voraussichtlich nicht entstehen, da erstens die beteiligten Kreise über genügende Mittel verfügen und außerdem voraussichtlich auch Reichsmittel eingesetzt werden könnten. Herr Dr. Rasche betonte, daß wir sehr interessiert sind an der Entwicklung, die das Unternehmen nehmen würde, gern für Unterstützung, Beratung etc. zur Verfügung stünden und Wert darauf legen würden, über die Entwicklung auf dem laufenden gehalten zu werden.« (Beweisstück 203) Eine Reihe von Briefwechseln belegt, wie sehr sich die Dresdner Bank mit der deutschen Geschäftstätigkeit in den baltischen Staaten identifizierte. Wenn die Ost Faser-Gesellschaft 235 qualifizierte Leute wie Buchhalter und Revisoren brauchte, schrieb sie der Dresdner Bank (Beweisstück 209).
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Selbst Kehrl vom Wirtschaftsministerium bat um ihre Hilfe, als er einen fähigen Mann für eine leitende Stellung bei einer der Ostgesellschaften suchte. Sein Schreiben schließt mit den Worten: »Nachdem die Dresdner Bank einmal auf dem Gebiete der Ostwirtschaft besondere Erfahrungen hat und sie zum zweiten schon seit langem über eine ausgebaute betriebswirtschaftliche Abteilung verfügt, wende ich mich an Sie mit der Bitte, mir bei der Auswahl der entsprechenden Persönlichkeit behilflich zu sein. Heil Hitler! Hans Kehrl« (Beweisstück 205) Die Dresdner Bank gab auf diese Anfrage hin sofort ein Rundschreiben an ihre Filialen und Zweigstellen heraus (Beweisstück 206). Für eine solche Zusammenarbeit lassen sich noch zahlreiche weitere Beispiele in den Akten der Bank finden. Der praktisch monopolistische Status der Dresdner Bank in den baltischen Staaten und ihr Einfluß bei den Besatzungsbehörden gehen sehr deutlich aus einer Reihe von Briefen hervor, die ihr die Solo Zündwaren und Chemische Fabriken AG schrieb. Darin bat sie die Bank, eine Genehmigung für die Arbeitsaufnahme im »Ostland« für sie zu erwirken (Beweisstück 207). Diese Anfrage ist nur ein weiterer Beleg für die Macht und den Einfluß, den die Bank besaß, und für die Tatsache, daß ihre Tätigkeit über das übliche Bankgeschäft hinausging.
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DIE AUSLANDSTATIGKEIT
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DIE TÄTIGKEIT DER DR ESDNER B ANK IN ANDEREN LÄND ER N
Die Dresdner Bank erwies den Nazis in den Ländern, die neutral oder nominell mit Deutschland verbündet waren, unschätzbare Dienste. Ihre Unterstützung konnte hier nicht so rücksichtslose Formen annehmen wie in den besetzten Gebieten, aber diesem vielseitigen Finanzinstitut gelang es immer, seinem Partner, dem Nazi-Staat, seine Ressourcen zur Verfügung zu stellen. In der Phase der Wiederaufrüstung waren die Länder Zentral- und Südamerikas für Deutschland sehr wichtige Rohstoffquellen. Das Filialnetz der Dresdner Bank, das strategisch wichtige Gebiete erfaßte, war in diesem Raum über ihre Tochter, die Deutsch-Südamerikanische Bank236 , vorgedrungen. Sie vertrat die deutschen Interessen über Filialen in Argentinien, Brasilien, Chile, Paraguay und Mexiko und über Vertreter in Bolivien, Ecuador, Peru und Venezuela. Über ihre Rolle in der Wirtschaftsstruktur Deutschlands schrieb die Deutsch-Südamerikanische Bank 1936: »1) Lateinamerika kommt für Deutschland in steigendem Maße als Rohstofflieferant in Frage. Die Gründe sind bekannt und brauchen hier nur kurz skizziert zu werden: Schwierigkeiten des deutschen Handels mit anderen Wirtschaftsgebieten (USA, Dominions, West- und Nordeuropa, Rußland); unerschöpflicher Rohstoffreichtum der iberoamerikanischen Länder; Übergang von der Monokultur zur Erzeugung möglichst vieler Produkte... Da sich Lateinamerika und Deutschland demnach sehr gut ergänzen, sind die Aussichten für den deutschen Handel günstig. 2) Die vergangenen Jahre haben gezeigt, daß die deutschen Überseebanken eine unentbehrliche Stütze für den deutschen Handel bilden. Ein großer Teil des Aufschwungs der deutsch-lateinamerikanischen Wirtschaftsbeziehungen wäre ohne die Mitwirkung der deutschen Banken nicht möglich gewesen.« (Beweisstück 208) Das war keine bloße Wichtigtuerei, wie die Kreditunterla-175-
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gen der Bank zeigen. Eine Menge deutscher Firmen, die in Südamerika tätig waren, nahm die Dienste der Bank ebenso in Anspruch wie viele einheimische Unternehmen, die Geschäftsbeziehungen nach Deutschland unterhielten. Aus dem Sitzungsprotokoll des Kreditausschusses vom 14. April 1937 (Beweisstück 209) läßt sich ansatzweise ersehen, mit welchen Firmen sie es zu tun hatte und in welcher Höhe sich die bewilligten Kredite bewegten. Allein auf dieser einen Sitzung vergab man beträchtliche Darlehen an so namhafte Rüstungsbetriebe wie die Vereinigten Stahlwerke, Klöckner Eisen, Bromberg & Co. und die Metallgesellschaft. Die Bank erfüllte ihre Hauptaufgabe zur vollen Zufriedenheit des Nazi-Staates. Wie zufriedenstellend, kann man dem folgenden Zitat aus dem Vierteljahresbericht der Geschäftsleitung vom 13. März 1935 entnehmen: »Bis auf Mexico und Paraguay bestehen jetzt mit allen Ländern, in denen wir Filialen unterhalten, Verrechnungsund Zahlungsabkommen. Während die Transaktionen zwischen Argentinien und Deutschland sowie Spanien und Deutschland nur über die Reichsbank bezw. die Deutsche Verrechnungskasse geführt werden, finden die Verrechnungen zwischen Brasilien und Deutschland sowie Chile und Deutschland zu einem großen Teil über unsere Bank statt.« (Beweisstück 210) Die Kooperation der Deutsch-Südamerikanischen Bank war nicht nur in Südamerika von Wert, sondern auch in Spanien, wo sie eine Filiale unterhielt. Aus einer Aktennotiz vom S.Januar 1937 geht hervor, daß die Nazi-Behörden sich aktiv um die Hilfeleistung der Bank bemühten; sie betraf die Rowak, eine Gesellschaft, die man zur Unterstützung Francos während des Spanischen Bürgerkriegs gegründet hatte und die die Vierjahresplanbehörde nachher benutzte, um den Import von Wolfram und anderen dringend benötigten Rohstoffen abzuwickeln237: »Betr. Rowak Bei meiner heutigen Rücksprache in der Auslandsorganisation der NSDAP erfuhr ich wegen der Spanischen Gesellschaft Rowak folgendes. Sofort nach Gründung dieser Gesellschaft hat Herr Ma-176-
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jor von Jagwitz die Deutsch-Südamerikanische Bank eingeladen, ebenso wie die Deutsche Übersee-Bank zwecks Einschaltung der Banken. Bei der Besprechung waren vertreten Herr Fischbeck und ein weiterer Herr von der DeutschSüdamerikanischen Bank. Die Herren wurden gebeten, der Rowak Vorschläge zu unterbreiten, wie ein Zusammenarbeiten mit der Gesellschaft möglich sei. (...) Im übrigen betonten die Herren, daß es ihrer Meinung nach doch sehr wichtig wäre, wenn die Dresdner Bank einen Beamten bei der Rowak bezw. bei der Spanischen Gegengesellschaft habe, und fragten an, ob etwa die Absicht bestehe, den Vorschlag Dr. Hoeller wieder zurückzuziehen.« (Beweisstück 211) Es ist nicht anzunehmen, daß sich die Unterstützung der Bank lediglich auf normale Handelskredite und ähnliche Hilfestellungen für den deutschen Import-Exporthandel beschränkten. Aus einem interessanten Briefwechsel, der während des Zweiten Weltkrieges stattfand, ergibt sich folgende Geschichte. Heinrich von Holleuffer, ein Belgier, war von den Deutschen Behörden überredet worden, seine Beziehungen zu katholischen Kreisen zur Tarnung eines Imports von 3000 Tonnen Olivenöl zu mißbrauchen. Seine Bemühungen trafen auf eine Reihe von Schwierigkeiten, unter anderem verlor von Holleuifer seinen Paß und wurde von der Gestapo verhaftet. Er gab Rasche von der Dresdner Bank als Leumund an und beschrieb, um seine Deutschlandtreue unter Beweis zu stellen, seine Aktivitäten als Blockadebrecher. Man sandte der Dresdner Bank eine Durchschrift, woraus hier die einschlägigen Passagen zitiert seien: »Von mir wurden im Laufe des Krieges folgende Transaktionen durchgeführt: 1.) 2 Millionen Schweiz. Frs. Übersee-Rohhäute aus Amsterdam und Rotterdam im Jahre 1939, 2.) Transaktion Übersee-Rohhäute ab Transport mit Dampfer Rio de Janeiro aus Vigo, 3.) Einkauf von ca. 28 Millionen Eskuden Übersee-Leder aus Portugal, -177-
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4.) Einfuhr von 240 t Übersee-Salzhäute aus Buenos-Aires nach Barcelona. Diese letztere Partie wurde mir dann von der Reichsstelle für Lederwirtschaft in Barcelona abgenommen, und bildet diese Partie den Grund für die Untersuchung der Geheimen Staatspolizei im Juli ds. Js. gegen mich. Diese Häute wurden von der spanischen Regierung, 6 Monate nachdem man mir ihre Obhut abgenommen hatte, verkauft. Ich selbst habe aber durch meine Verhandlungen bei der spanischen Regierung erreicht, daß man mir für den vollen Gegenwert plus 370000 Peseten Spesen Felle aus Spanien vor 6 Wochen nach Deutschland exportiert hat, so daß auch diese Aktion in voller Höhe als Rohstoffeinfuhr nach Deutschland sich auswirkte. Ich habe niemals dem Reichswirtschaftsministerium eine Operation zugesagt, die dann durch mein Verschulden nicht ausgeführt wurde. Alle mir erlaubten Rohstoffeinfuhren habe ich restlos im Reichsinteresse zur Durchführung gebracht. Die Richtigkeit obiger Daten können bestätigt werden durch die Firma Staudt & Co., Berlin sowie die Dresdner Bank, insbesondere Herrn Dr. Karl Rasche sowie die Deutsche-Überseeische Bank, Berlin und die Filiale der Deutschen Überseeischen Bank in Madrid.« (Beweisstück 212) Ein Bericht der Auslands-Abteilung der Dresdner Bank für Juni 1937 (Beweisstück 213), der als streng geheim ausgewiesen ist, enthält nach Ländern geordnete Aufzeichnungen über die von der Bank durchgeführten Transaktionen. Im Licht der späteren Entwicklungen betrachtet, zeigt er sowohl das Ausmaß, in dem die Bank die Rüstungsbemühungen der Nazis für einen Aggressionskrieg über den Import-Exporthandel unterstützte, als auch die Bandbreite der Leistungen, die sie für den Staat selbst übernahm. Unter anderem werden folgende Geschäfte erwähnt: 350 000 Reichsmark monatlich an »Olex« Deutsche Benzin und Petroleum GmbH Iranische Ölförderung. 30000 Pfund Sterling an die Mitsubishi Bank, London, für den Import Mandschurischer Sojabohnen. -178-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
114000 Pfund Sterling an die Deutsche Ölmühlen Rohstoffe GmbH zur Förderung eines Tauschgeschäfts mit Norwegen. 700000 österreichische Schilling an die Alpenländische Bergbau (Krupp) zur Unterstützung des Erzimports nach Deutschland. 50000 Reichsmark monatlich an Becker & Haag für den Import russischen Asbests über Ungarn. 50000000 Lei über ihre rumänischen Filialen an SOI A, SAR, mit einer Bürgschaft der LG. Farben. 109000 Reichsmark Bankgarantie für die Fried. Krupp Grusonwerk AG, Magdeburg, zur Unterstützung einer polnischen Transaktion. Die eigentliche Kriegserklärung durch Deutschland war zeitlich nicht so abgestimmt, daß alle Auslandsvermögen aus feindlichen Gebieten transferiert werden konnten. Die Dresdner Bank traf jedoch alle denkbaren Vorkehrungen, um den Teil der begrenzten deutschen Auslandsvermögen, der ihr anvertraut war, gegen eine Beschlagnahmung zu schützen. Am stärksten betroffen war sie im Einzugsgebiet ihrer Filiale, der Deutsch-Südamerikanischen Bank. Ihre Korrespondenz (Beweisstück 214, 215 und 216) zeigt, wie sie in der für die Nazis typischen Mißachtung der Gesetze ihre eigenen Auslandsguthaben und die ihrer Kunden zu schützen vermochte. Die eingesetzten Mittel liefen auf Betrug hinaus, wie die folgenden Dokumente belegen. Der Arbeitsausschuß der Bank erörterte am l. Oktober 1939 folgendes: »Der Vorstand teilte mit, daß die Bank die für ihre Rechnung bei ihren überseeischen Filialen und bei Dritten liegenden Inkassi auf die Auslands-Incasso-Bank GmbH, Berlin-Hamburg, deren sämtliche Anteile sie besitzt, zu übertragen beabsichtigt, um eine Beschlagnahme seitens der englischen und auch nordamerikanischen Banken, die aus dem Stillhalte-Abkommen Forderungen haben, zu verhindern. Aus demselben Grunde erwäge er auch, die Dotationskapitalien der ausländischen Niederlassungen... auf diese Bank zu übertragen. -179-
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Der Ausschuß ist grundsätzlich damit einverstanden, empfiehlt aber, das Dotationskapital jeder Filiale nicht auf die Auslands-Incasso-Bank allein, sondern auf mehrere — vielleicht drei - Gesellschaften zu übertragen, um einer eventuellen Beschlagnahme soviel Schwierigkeiten wie möglich entgegenzusetzen.« (Beweisstück 214) In einem »Bericht über die gegenwärtige Situation« der Bank vom 9. November 1939 heißt es: »Durch die Beschlagnahmen in den Feindstaaten wird unsere Bank nicht besonders berührt. Die dort vorhandenen Guthaben sind zum großen Teil rechtzeitig auf neutrale Konten übertragen. Das Gleiche gilt, soweit die überseeischen Niederlassungen in Frage kommen, auch für New York, mit Ausnahme unserer Filiale Mexico, auf deren Konto bei der Royal Bank of Canada bei Kriegsausbruch gerade ein sehr großes Guthaben vorhanden war. Dieses Guthaben ist nicht nur wegen der Verpflichtungen unserer Filiale Hamburg, sondern auch mit US $ 160000,- wegen Verpflichtungen der Dresdner Bank beschlagnahmt worden. Wir haben sofort energische Maßnahmen getroffen, um eine Freistellung letzterer Beschlagnahme zu erreichen. Bisher sind unsere Bemühungen aber noch erfolglos geblieben, wenngleich nach den letzten Meldungen die Hoffnung einer befriedigenden Regelung besteht. Im übrigen haben wir sofort nach Kriegsausbruch dafür gesorgt, daß noch zu erwartende Dollar-Eingänge für die deutschen Niederlassungen auf ein neutrales Konto in Mexico abgeführt werden, sodaß diese Filiale im Laufe der Zeit die in New York verlorengegangenen Beträge durch Anschaffungen für Rechnung der deutschen Niederlassungen wiedererlangen wird.« (Beweisstück 215) Der folgende Auszug aus einem Brief der Deutsch-Südamerikanischen Bank an ihr Stammhaus, die Dresdner Bank, vom 13. Dezember 1939 wirft ein interessantes Licht auf den Agenten, der für sie Tarnoperationen durchführte: »Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, daß es unserem Vertreter in New York, Herrn A. de Chapeaurouge, gelungen ist, nunmehr alle im Zusammenhang mit der -180-
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Beschlagnahme unserer dortigen Guthaben stehenden Fragen in befriedigender Weise zu regeln. Die Beschlagnahmungen sind nunmehr sämtlich aufgehoben und die verbleibenden Guthaben sind bereits auf neutrale Konten übertragen worden. Auch die Royal Bank of Canada hat die wegen der Dresdner Bank beschlagnahmten ca. $ 160000,- freigegeben. (Randnotiz von Goetz: »Gratuliere«, d. Bearb.) Im Zusammenhang mit dem Vorgesagten möchten wir die Frage anschneiden, ob Sie eine Möglichkeit sehen, daß Herr de Chapeaurouge künftig auch für die Dresdner Bank tätig sein kann. Wir sind an dieser Frage insofern interessiert, als wir es für möglich halten, daß Herrn de Chapeaurouges eine Tätigkeit für uns künftig nicht mehr voll ausfüllen wird. Unsere südamerikanischen Niederlassungen haben zwar alle die Verbindung mit ihm seit Kriegsbeginn aufgenommen, und er nimmt deren Interessen wahr. Wie weit er hierdurch in Anspruch genommen wird, stellen wir zur Zeit durch Rückfrage fest. Für uns ist die WeilerBeschäftigung von Herrn de Chapeaurouge eine Kostenfrage. Wir haben ihm ein Monatsgehalt von US $ 500,nebst Erstattung seiner Unkosten für Büromiete etc. zugebilligt. Es liegt uns sehr daran, uns seine Mitarbeit auch künftig zu sichern. Aber die aufgewandten Kosten müssen natürlich in einem gesunden Verhältnis zu der Arbeit stehen, die hiermit bezahlt wird. Zur Person von Herrn de Chapeaurouge bemerken wir, daß derselbe längere Zeit als Prokurist bei unserer Filiale Mexico tätig war, dann einige Jahre unsere Tochtergesellschaft in Madrid als koordinierter Direktor mit einem anderen Herrn zusammen geleitet hat und 1924 auf eigenen Wunsch ausgeschieden ist. Während des Weltkrieges hat er bereits in New York die Interessen unserer Bank in sehr gewandter und erfolgreicher Weise vertreten, bis er schließlich lange nach dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg als einer der letzten Deutschen interniert wurde. Inzwischen ist Herr de Chapeaurouge nordamerikanischer Staatsangehöriger geworden, und wir brauchen daher eine Internierung für den -181-
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Fall, daß die USA in den Krieg gegen Deutschland eintreten sollten, nicht zu befürchten. Wir möchten uns nun die Erfahrungen und Verbindungen von Herrn de Chapeaurouge für die Wahrnehmung unserer Interessen auch weiterhin sichern. Ferner ist er uns als Briefadresse für den Verkehr mit Südamerika nützlich. So wie für uns, könnte Herr de Chapeaurouge natürlich auch für die Dresdner Bank tätig werden, und wenn sich die Dresdner Bank entschließen sollte, ihn auch ihrerseits zum Vertreter zu bestellen, so wäre damit für sie wie auch für uns der Vorteil verbunden, daß wir uns in die Kosten teilen könnten. (Randnotiz von Goetz: »Scheint mir empfehlenswert«, d.Bearb.) Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie die Angelegenheit im Vorstand der Dresdner Bank zur Sprache bringen und uns die Entscheidung übermitteln würden.« (Bleistiftnotiz von Goetz über der Kopfseite des Briefs: »Bitte diese Frage im Vorstand besprechen. Falls weitere Details gewünscht, Hübbe238 kommen lassen. Halte dessen Vorschlag an sich für sehr vernünftig, der Genannte steht unserer Bank näher als unser jetziger >Briefträger
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
Es folgt eine Kritik an der Allwafinag und der Dresdner Bank wegen mangelnder Geheimhaltung ihrer Tätigkeit240 : »Die Tatsache, daß die Dresdner Bank Rundschreiben über die Außenstellen gibt, daß ferner die Allgemeine WarenFinanzierungs-Gesellschaft über die Telefonvermittlung der Dresdner Bank zu erreichen ist, macht in den Augen ausländischer Agenten bestimmt den Eindruck, daß beide Gesellschaften zusammengehören. Wir haben daher die Befürchtung, daß den ausländischen Gläubigern die Verbindung der Dresdner Bank mit der Allgemeinen Waren-Finanzierungs-Gesellschaft bald bekannt werden könnte.« (Beweisstück 217) Die Mittel, die auf diese Weise sicher getarnt waren, gingen für die Kriegsanstrengungen der Nazis nicht verloren. Der Leiter der Continentalen Bank241, der belgischen Filiale der Dresdner Bank, schlug zum Beispiel eine Transaktion über die Schweiz vor, um sie zu nutzen. Er hatte offensichtlich ein Dreiecksgeschäft eingefädelt und mußte nun Gelder nach Südamerika schaffen, um den belgischen Anteil an dem schweizerisch-belgischen Gemeinschaftsunternehmen in Brasilien zu sichern. Er schrieb: »Ich hatte daran gedacht, ob vielleicht aus den festgefahrenen brasilianischen Guthaben eine entsprechende Summe für den Zweck freigemacht werden könnte und der Gegenwert an Sie über das Deutsch-belgische Clearing gezahlt würde. Es müßte in diesem Sonderfall natürlich eine Globalgenehmigung vom RWM gegeben werden, die ohne weiteres die hiesige Genehmigung nach sich zieht. In Peru handelt es sich um 250000- Sols - ca. bfrs. 1,3 Mill. die die belgische Gruppe angehen, während die Schweizer ihren Teil schon ganz und gar bar bezahlt haben.« (Beweisstück 218) Als Deutschland mit dem Fortschreiten des Krieges durch die Blockade abgeschnitten und in einen verzweifelten Kampf verwickelt wurde, wandte es sich bei der Suche nach bestimmten äußerst wichtigen Rohstoffen immer stärker den Balkanländern zu. Und wieder hielt es sich an seinen bewährten Partner, die Dresdner Bank, die dem Ruf der Nazis folgte und -183-
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alles nur mögliche unternahm, um den Militärapparat zu stützen, zu dessen Aufbau sie so viel beigetragen hatte.242 Die Dresdner Bank besaß gute Voraussetzungen, um die ihr gestellte Aufgabe zu erfüllen, denn die Kette ihrer Zweigstellen und Affiliationen reichte bis in den Balkan hinein, und sie unterhielt Geschäftsbeziehungen zu allen Ländern innerhalb der deutschen Einflußsphäre, gleichviel ob Achsenmächte, neutrale oder besetzte Länder. Das wichtigste Glied in dieser Kette war die Länderbank Wien, die einen Stützpunkt bildete, da sich die Wirtschaft dieser Region naturgemäß nach Wien orientierte. Die Übernahme dieser Bank ist im Kapitel »Die Entwicklung der Dresdner Bank zur Großbank« behandelt worden. In Ungarn besaß die Dresdner Bank eine Beteiligung an der Ungarischen Allgemeinen Kreditbank, die sie auf Kosten der Franzosen erworben hatte (Beweisstück 219). Zudem war sie über die Zipser Bank, ein kleines Kreditinstitut, dort vertreten. Die folgenden Aufzeichnungen des Vorstands vom 9. Januar 1941 über die Niederlassung der Dresdner Bank in Ungarn sind ein interessantes Beispiel für ihre Zusammenarbeit mit der Fünften Kolonne der Nazis, den Volksdeutschen: »Bericht über die Wünsche der Volksdeutschen in Ungarn (Verhandlungen durch die Volksdeutsche Mittelstelle), dort ein Kreditinstitut, und zwar die Merkurbank Wechselstuben, zu erwerben. Der Vorstand ist mit dem Verkauf der Merkurbank Wechselstuben einverstanden, unter der Voraussetzung 1.) daß wir eine schriftliche Zusage der Reichsregierung erhalten, daß sie sich für die Genehmigung des Vertrages wegen des Erwerbs des Aktienpakets Ungarische Kreditbank bei der französischen Regierung mit allem Nachdruck einsetzt. 2.) Daß die Dresdner Bank auf alle Fälle die Vorhand bei dem Erwerb anderer Bankunternehmungen in Ungarn erhält, sofern die Angelegenheit Ungarische Kreditbank nicht durchzuführen ist. 3.) Daß die Merkurbank alle ungarischen Forderungen der von uns zu erwerbenden Zipser Banken übernimmt.« (Beweisstück 220) -184-
DIE AUSLANDSTATIGKEIT
Die Dresdner Bank hielt jahrelang eine Beteiligung an der Societatea Bancara Romana, die sie bei ihren Bemühungen einsetzte, den rumänischen Export nach Deutschland zu steigern. Welche Bedeutung sie dieser Bank beimaß, läßt sich aus einem Telegramm vom 12. Oktober 1942 entnehmen, das sie an die Prager Credit Bank sandte: »Durch die Übernahme der festliegenden Lei 120 Millionen würde die Bancara (rumänische Niederlassung, Erläuterung im Untersuchungsbericht) aber die Interessen des deutschen Exportes aus Rumänien schädigen, denn ihre liquiden Mittel müssen für die Finanzierung lebenswichtiger Nahrungsmittel und Rohstoffexporte aus Rumänien in vollem Umfang eingesetzt werden. Das Reichswirtschaftsministerium würde nie die Erlaubnis geben, daß die Bancara diese Mittel für die Übernahme nur langsam realisierbarer Debitoren in Rumänien einsetzt.« (Beweisstück 221) Für Bankgeschäfte sahen die Bedingungen in Griechenland nicht sehr günstig aus, da die deutsche Armee große Schwierigkeiten hatte, sich dort zu halten. Zum Teil wohl um die Wehrmacht zu unterstützen, errichtete die Dresdner Bank in Griechenland einen Stützpunkt. Zwar übernahm sie nicht die Banque d'Athenes, auch wenn sie den Weitblick besaß, von den deutschen Behörden die Zusage zu erwirken, dies nach Kriegsende zu tun. Aber sie gründete die Griechisch-Deutsche Finanzierungs-Gesellschaft, um die Handelsgeschäfte zwischen den beiden Ländern abzuwickeln.243 In den verfügbaren Akten der Bank finden sich nur wenige Unterlagen über Transaktionen mit Griechenland. Einige, an denen sich diese Gesellschaft für die Dresdner Bank beteiligte, sind sehr knapp in einem Bericht aus Athen beschrieben. Die Tatsache, daß man den Präsidenten der Gesellschaft wegen Kollaboration anklagte und verurteilte244, ist ein Hinweis darauf, in welchem Licht das griechische Volk die Tätigkeit der Dresdner Bank sah (Beweisstück 222). Jugoslawien, ein ständiger Kriegsschauplatz, hatte selbst für eine so unersättliche Einrichtung wie die Dresdner Bank wenig Anziehungskraft. Sie war darauf vorbereitet, dort einzuschreiten, sobald sich die Lage stabilisierte, denn sie besaß -185-
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Beteiligungen an der Kroatischen Landesbank und der Südbank in Serbien.245 Der Bedarf der deutschen Kriegsmaschinerie war so groß und die Wirtschaftskapazität, die man freistellen konnte, um Waren für die Finanzierung von Tauschgeschäften herzustellen, so gering, daß man sehr bald auf Schwierigkeiten stieß, den Importüberhang in der Außenhandelsbilanz zu bezahlen. In einem Brief vom 15. Januar 1942 an das Wirtschaftsministerium beschreibt eine der Wirtschaftsgruppen dieses Dilemma sehr deutlich. Rasche erhielt hiervon eine Durchschrift zur Stellungnahme und Korrektur, da die Dresdner Bank offensichtlich allgemein mit dem Kompensationshandel identifiziert wurde. Es heißt dort: »Unsere ganze Warenaustausch-Situation mit allen Ländern, die noch wertvolle Rohstoffe oder Lebensrnittel abzugeben haben, droht rettungslos zu versanden. Rumänien, Bulgarien, Ungarn, Kroatien, die Slowakei, Schweden und Finnland häufen große Mark-Guthabungen im Reich (an, Zusatz des Bearb.), für die sie von uns keine Waren bekommen können. Grund: Anspannung unserer Wirtschaft für die Rüstung. — Diese Tatsache wäre noch zu ertragen und als nötiger Beitrag dieser Staaten zu den Kriegslasten zu werten, wenn sie nicht gezwungen wären, ihren Exporteuren, die ausgeführten Warenmengen, für die kein Ausgleich in Clearing vorhanden ist, durch neue Notenausgaben zu bezahlen, um die Wiedererzeugung zu ermöglichen. Die Inflation, in die wir selbst diese Staaten hineintreiben, zerstört aber das ganze europäische Preisgebäude, nagt unsere eigenen Preise an, lahmt den Ablieferungswillen der agrarischen ungarischen, slowakischen usw. Bevölkerung und vermindert so unsere Lebensmittel- und Rohstoffdecke.« (Beweisstück 223) Man erkannte die Richtigkeit dieser Beobachtungen und versuchte, dem entgegenzuwirken. Schon 1940 wandten sich die staatlichen Stellen an die Dresdner und die Deutsche Bank mit der Bitte, ein Bankenkonsortium zu leiten, das deutsche Exporte nach Rumänien finanzieren sollte. Unter den Banken, die man für dieses Vorhaben heranzog, war die österreichische Tochter der -186-
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Dresdner Bank, die Länderbank Wien. Man brauchte eine Kreditsumme von 200 Millionen Reichsmark und verpflichtete die beteiligten Banken, im Bedarfsfall noch mehr bereitzustellen (Beweisstück 224). Um den Handel mit Ungarn zu fördern, beschloß das Wirtschaftsministerium, das deutsche Verrechnungssaldo zu reduzieren. Das erforderte die Repatriierung aller ungarischen Wertpapiere, die man in den von Deutschland kontrollierten Gebieten auftreiben konnte. Mit diesem ehrgeizigen Projekt wandten sich die Nazis wieder einmal an die Dresdner Bank. Das war eine Aufgabe, die ihre weitgestreuten Filialen und Affiliationen auf den Plan rufen sollte. Eine Aktennotiz der Dresdner Bank vom 1. September 1942 weist sie in dieser Angelegenheit als äußerst wichtigen Vermittler aus.2*6 Zusammengefaßt hatte sie dabei folgende Rolle: »Betr.: Rückkauf der in Deutschland befindlichen ungarischen Aktien. Bekanntlich laufen seit längerer Zeit Verhandlungen mit dem Ziele, die in Deutschland befindlichen ungarischen Aktien zwecks Reduzierung der Clearingspitze an Ungarn zurückzuverkaufen. Die Vorarbeiten für die Erfassung der in deutschem Besitz befindlichen Aktien ist ausschließlich durch uns im Zusammenwirken mit der Länderbank erfolgt und zwar im Zusammenhang mit einem Auftrag, der uns seinerzeit von der Ungarischen Nationalbank wegen Nostrifizierung der in Deutschland umlaufenden ungarischen Werte erteilt worden ist. Das gesamte Material haben wir auf Wunsch dem RWM für seine Verhandlungen mit den Ungarn zugeleitet. Wir stehen seitdem laufend in Fühlung mit den zuständigen Referenten im Reichswirtschaftsministerium. Ursprünglich waren diese Herren auch absolut mit uns einig, daß im Falle eines Rückkaufs dieser Werte die Führung bei der Dresdner Bank eben aufgrund der geleisteten Vorarbeiten und des bei ihr befindlichen Materials liegen müsse. ( . . . ) Trotzdem wird es wahrscheinlich schwer sein, eine Führung für die Länderbank zu erreichen. Man sollte daher weiter versuchen, daß aufgrund der Vorarbeiten der Dresdner Bank die Führung bleibt, wobei man u. U. ja eine -187-
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gewisse Arbeitsabgrenzung zwischen uns und den Wiener Banken vornehmen könnte.« (Beweisstück 225) Während Deutschland so nach einer Möglichkeit suchte, sich aus seiner Zwangslage zu befreien, ergriff man jede Gelegenheit, Verhandlungen über alle erdenklichen Kompensationsgeschäfte aufzunehmen. Rasche schrieb am 10. Februar 1944 an Graf Czernin von der Länderbank Wien: »Ich habe gerade in Schweden unser Interesse an der Gründung einer türkisch-schweizerisch-schwedischen Handelsgesellschaft bekunden lassen, an der wir uns verdeckt beteiligen könnten.« (Beweisstück 226) In einer umfassenden, achtseitigen Aktennotiz vom 26. April 1944, die als »streng vertraulich« gekennzeichnet war, erörterte Hans Treue, Direktor der Hamburger Filiale der Dresdner Bank247 , detaillierte Pläne zur Tarnung deutscher Beteiligungen an Tauschgeschäften mit der Türkei, die man aufgrund eines Gesprächs mit Reinel von der Reichsbank sowie mit Schultze-Schlutius und Landwehr vom Wirtschaftsministerium248 entwickelt hatte (Beweisstück 227). Sie befaßten sich mit der Zweckmäßigkeit der Gründung von Tarnunternehmen, über die man den Tauschhandel zwischen Deutschland und der Türkei abwickeln konnte, und betrafen unter anderem die Bildung einer slowakischen Tarngesellschaft. Die erst kürzlich erlassenen strengen Devisenbestimmungen zwischen Deutschland und der Türkei machten es notwendig, den Handel über Tausch abzuwickeln, und die Tarnung war erforderlich, um der Entdeckung durch die Alliierten zu entgehen: »Um nach außen hin völlig einwandfrei die Geschäfte als slowakisierte aufzuziehen, wurden sie über die Landwirtschaftliche Industrie- und Handels AG (Lihag) in Preßburg geleitet und von dieser nach beiden Seiten als eigene Geschäfte durchgeführt und abgewickelt. Darüber hinaus ist, um auch eine einwandfreie sich nach außen hin als slowakisch erweisende bankmäßige Behandlung sicherzustellen, die Deutsche Handels- und Kreditbank AG in Preßburg eingeschaltet worden, welche die dokumentäre und, soweit -188-
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die Slowakei betroffen ist, bankmäßig erforderlichen Geschäftsvorgänge vornimmt. ( . . . ) Hierbei hat es sich herausgestellt, daß der deutschen Firmen in Deutschland und auch im Ausland zufließende Nutzen noch größer sein würde, wenn es gelänge, diese Geschäfte auch in der Türkei über deutsche Firmen zu leiten... Aber nicht nur diese Überlegung hat den Gedanken ausgelöst, eine deutsche Firma mit der Durchführung der Geschäfte in der Türkei zu betrauen, sondern auch der weitere Gedanke, daß auf diese Weise es besser gewährleistet wäre, diese Geschäfte, welche fraglos das Interesse auch der Feindmächte erwecken müßten, besser zu tarnen, als dieses über rein türkische Firmen möglich sein dürfte. In Auswertung dieser Überlegungen ist der Gedanke aufgetaucht, in der Türkei eine der Länderbank Wien nahestehende türkische Firma zu gründen, welche Träger der Kompensationsgeschäfte in diesem Land sein sollte. Hierbei müßte es einmal eine nach außen hin als rein türkische Firma in Erscheinung tretende Gründung sein, um der national-türkischen Einstellung Rechnung zu tragen, zum anderen müßte sie zur Durchführung wertmäßig beachtlicher Kompensationsgeschäfte die notwendige finanzielle Bedeutung besitzen. Sofern jedoch diese Firma mit einem größeren Kapital ausgestattet wird, ergibt sich die Gefahr, daß sie einmal die Begehrlichkeit der amtlichen türkischen Stellen auf steuerlichem Gebiete... erregen könnte, zum anderen daß ein in eine derartige Firma hineingestecktes Kapital auf Grund der devisenrechtlichen Vorschriften in der Türkei zur türkischen Landeswährung werden müßte. . . Es ist daher daran gedacht worden, daß eine kleinere mit einem bescheidenen Kapital ausgestattete Firma ... genügt... Dieses Kapital würde natürlich nicht ausreichend sein als finanzieller Hintergrund zur Durchführung größerer Transaktionen, und um dieses zu gewährleisten müßten besondere Vorkehrungen getroffen werden. Geeignet hierzu wäre die Stellung einer Bankbürgschaft in ausreichendem Umfang, wobei... aber ... das Geschäft unnötig mit Schwierigkeiten und Verzögerungen belastet und die ganz besonders im deutschen Interesse liegende -189-
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weitestgehende Tarnung der Geschäfte illusorisch... würde. Ein weiterer Gesichtspunkt, der zu der in der Folge aufgezeigten Lösung dieses Problems beigetragen hat, war der, daß die Slowakei als ein verhältnismäßig sehr kleines Land bei weiterer Ausdehnung der Geschäfte... die Aufmerksamkeit der Feindmächte erregen würde und daß es ratsam sein möchte, hiergegen rechtzeitig Vorkehrungen zu treffen und daran zu denken, einen Teil der Geschäfte über die Schweiz und ... Schweden zur Abwicklung zu bringen.« (Beweisstück 227) Den Wirtschaftsführern war immer vollkommen klar, welche Implikationen die deutsche Politik der internationalen Kompensationsgeschäfte hatte (Beweisstück 223). Eine Politik, bei der Warenlieferungen aus ganz Europa nach Deutschland gingen, theoretisch zwar im Austausch gegen deutsche Produkte, tatsächlich jedoch für nichts weiter als ein Verrechnungssaldo, das man den anderen Ländern gutschrieb, und dies alles im Rahmen eines Systems, das euphemistisch »Kompensationsgeschäft« genannt wurde — ein solcher Tauschhandel bedeutete lediglich eine weitere Form organisierter Ausplünderung Europas durch Deutschland.249 In voller Kenntnis dieser Tatsache beteiligte sich die Dresdner Bank mit Begeisterung an der Durchführung.
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Kapitel VIII Die Dresdner Bank heute
Die Dresdner Bank, wie sie in den vorhergehenden Kapiteln beschrieben ist, und die Dresdner Bank von heute sind sich in ihrer Grundstruktur und den Grundsätzen ihrer Geschäftspolitik sehr ähnlich. Immer noch kontrolliert sie einen Großteil des Vermögens in Deutschland. Soweit es ihr möglich war, hat sie das Netz von Filialen und Affiliationen beibehalten, das so gute Dienste beim Aufbau der Nazi-Kriegsmaschinerie geleistet hat.250 Zu einem großen Teil führen dieselben Leute, die die Bankgeschäfte für das nationalsozialistische Deutschland abwickelten, auch heute die Geschäfte. Die Bandbreite ihrer Tätigkeit ist zwar durch die wirtschaftlichen Bedingungen und die Kommunikationsschwierigkeiten im besetzten Deutschland eingeschränkt, aber die Grundstruktur einer Universalbank ist unverändert erhalten geblieben. Unmittelbar nachdem die Grenzen der Besatzungszonen bekannt wurden, leitete die Geschäftsführung der Dresdner Bank Schritte ein, ihre Arbeit im alten Fahrwasser wiederaufzunehmen. Ein Rundschreiben von Juli 1945 an alle Filialen in den westlichen Besatzungszonen umreißt die Pläne für die weitere Arbeit. In der Einleitung heißt es: »Im Zuge der Bemühungen, im sogenannten westbesetztem Teil Deutschlands, d. h. in der amerikanischen, englischen und französischen Besatzungszone, unser Institut für seine Aufgabe in der deutschen Wirtschaft als Großbank wieder voll leistungsfähig zu machen, werden unter dem Namen >Zentraldirektion West< verschiedene Zentralabteilungen geschaffen, die für alle in dem genannten Gebiet liegenden Niederlassungen - in unseren Rundschreiben künftig kurz als West-Filialen bezeich-191-
KAPITEL
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net - vorläufig die Funktionen der entsprechenden Büros der Zentrale Berlin ausüben. Bis auf weiteres werden die nachstehend genannten Zentralabteilungen ihre Tätigkeit räumlich voneinander getrennt aufnehmen müssen. Die Filialen werden gebeten, die daraus einer zentralen Führung erwachsenden Schwierigkeiten nach Kräften überwinden zu helfen.« (Beweisstück 229) Die Dresdner Bank folgte diesen Direktiven plangemäß, nahm jedoch aufgrund des Zustroms von führendenVertretern der Bank aus Berlin in die Westzonen einige Veränderungen in der Besetzung des frühen Nachkriegsvorstands vor. Am 7. Dezember 1945 gab man in Hamburg eine Erklärung ab, in der der gegenwärtige Vorstand aufgeführt und seine Funktionen festgelegt waren. Sie besagt: »Gemäß der Satzung der Dresdner Bank besteht der Vorstand aus mindestens zwei Mitgliedern. Zur Zeit ist nur Herr Direktor Hölling als aktionsfähiges Vorstandsmitglied im Amt. Im Hinblick darauf, daß unter den derzeitigen Verhältnissen eine praktische Möglichkeit, ein weiteres Vorstandsmitglied zu bestellen, nicht besteht, ist von Seiten des Vorsitzers des Aufsichtsrats die Anregung gegeben worden, die Leitung der Bank in die Hände eines Gremiums zu legen, das aus dem amtierenden Vorstandsmitglied und den vier vorhandenen A-Direktoren der Bank bestehen soll. Über die Verwirklichung und nähere Ausgestaltung dieses Planes haben zwischen den Unterzeichneten Besprechungen stattgefunden, die zu folgendem Ergebnis geführt haben: 1. Es wird eine >Geschäftsleitung< der Bank gebildet, der Herr Direktor Hölling und die vier Herren Direktor v. Richter, Direktor Rinn, Direktor Schleipen, Direktor Schobert angehören.251 Aufgabe dieser Geschäftsleitung ist es, die Geschäftsführung der Dresdner Bank anstelle des Gesamt-Vorstandes zu übernehmen. -192-
DIE DRESDNER BANK HEUTE
1. Gegenstand der Beschlußfassung der Geschäftsleitung sind grundsätzlich alle Geschäftsvorfälle, die nach Gesetz, Satzung und Geschäftsordnung der Entscheidung des Vorstandes der Dresdner Bank unterliegen.« (Beweisstück 230) Sie ist unterzeichnet von Richter, Rinn, Schleipen und Schobert. Die gegenwärtige Geschäftsleitung betrachtet also den alten Vorstand und Aufsichtsrat als Träger der Entscheidungsgewalt und fühlt sich vorrangig den früheren Aktionären gegenüber verantwortlich. Sie setzt die zentralisierte Tätigkeit der Bank fort, die alle Aspekte der Führung einer Bank umfaßt einschließlich der Personaldisposition, der Bewilligung von Darlehen, des interzonalen Effektenhandels und so weiter. Um diese Arbeit erfolgreich lenken zu können, hat die gegenwärtige Geschäftsleitung drei Büros eingerichtet: in Hamburg die Zentralstelle Hamburg zur Leitung aller Filialen in der britischen Zone, in Frankfurt/Wiesbaden die Zentraldirektion West für die amerikanische und die französische Zone und einen Verbindungsstab in Beckum in der britischen Zone. Im Bericht über ein Treffen der Zentraldirektion West, das am Sonntag, dem 20. Januar 1946 in Wiesbaden stattfand und an dem Schobert, Schleipen und Goetz (Vorsitzender des alten Aufsichtsrats, zu dieser Zeit unter Hausarrest) teilnahmen, heißt es: »1.) Herr Schleipen berichtete, daß die bisherige Zentraldirektion West Beckum in »Verbindungsstab Beckum« umbenannt worden sei, und zwar auch mit Geltung für die amerikanische und französische Zone, weil amerikanischerseits Wert darauf gelegt wird, daß keine Einflußnahme aus der englischen Zone auf die in der amerikanischen Zone tätige Geschäftsleitung erfolgt, was in der bisherigen Bezeichnung zum Ausdruck kam. Es sind jedoch Bedenken gegen die Bezeichnung »Verbindungsstab« entstanden, weil diese Bezeichnung aus dem militärischen Sprachgebrauch entnommen ist und zu diesbezüglichen Mißverständnissen Anlaß gibt, was auch daraus zu ersehen ist, daß die Post des Verbindungsstabes fast stets von der Zensur kontrolliert wird.252 Es wäre daher wünschenswert, eine andere, nicht -193-
KAPITEL VIII
militärisch klingende Bezeichnung zu wählen. Über eine passende Benennung werden noch Überlegungen angestellt. 2.) Es wird festgestellt, daß es unzweckmäßig wäre, die Bearbeitung der unsere ehemaligen ausländischen Affiliationen betreffenden Angelegenheiten bei der Zentraldirektion West in Wiesbaden bzw. Frankfurt a. M. zu konzentrieren, wie das ursprünglich von Herrn Direktor Lange vorgeschlagen worden war. Es sollen daher die Westaffiliationen (Continentale Bank, Brüssel, Handelstrust, Amsterdam, Internationale Bank, Luxemburg) in Beckum bearbeitet werden unter Leitung von Herrn Dr. Entzian, dem Herr Paul beigegeben wird, während die Angelegenheiten der Ostaffiliationen in Hannover betreut werden unter Leitung von Herrn Dr. Wartisch253, zu dem Herr Repke kommen soll. Hierdurch wird erreicht werden, daß die Bearbeitung in den Händen von Herren bleibt, die aus ihrem früheren Geschäftsbereich die Angelegenheiten kennen.« (Beweisstück 231) Es ist interessant, daß die derzeitige Führung der Dresdner Bank annimmt, sie könne den US-Richtlinien zur Dezentralisierung des Bankwesens durch formale Namensänderungen ihrer Verwaltung genügen. Daß man die Trennung der Besatzungszonen nur als geringfügiges Hindernis ansah, geht sehr deutlich aus einer Erklärung von Hans Rinn hervor, Mitglied der Geschäftsleitung der Dresdner Bank, der kürzlich entlassen und wegen Verstoßes gegen die Gesetze Nr. 8 und Nr. 52 angeklagt wurde.254 Er schrieb am 10. Januar 1946: »Wie Sie sicherlich dort erfahren haben, hat sich hier im Westen eine gewisse Trennung zwischen der englischen Zone einerseits und der amerikanischen und französischen Zone andererseits herausgebildet, bedingt durch die Verordnungen der einzelnen Militärregierungen. Es ergibt sich hieraus die Notwendigkeit, daß wir u. a. auch für die Personal-Bearbeitung der amerikanischen Zone eine neue Stelle schaffen, ähnlich wie dies in Hamburg für die englische Zone bereits erfolgt ist. Beide Stellen arbeiten jedoch nach wie vor nur in engen Kontakt mit der in Beckum domizilie-194-
DIE DRESDNER BANK HEUTE
renden Personaldirektion. Trotzdem ergeben sich aber für eine solche Stelle gerade in der amerikanischen Zone, zumal ja Beckum in der englischen Zone liegt, gewisse größere Aufgaben. Es ist nun, wie Sie sich denken können, nicht sehr leicht, hierfür die geeigneten Persönlichkeiten zu finden. Ich habe nun dabei an Sie gedacht und möchte Sie hiermit fragen, ob Sie Lust hätten, nach Frankfurt zu kommen, um von dort die personellen Belange der in der amerikanischen und französischen Zone gelegenen Filialen zu behandeln. Was die ganze Konstruktion hier im Westen anbelangt, so wissen Sie ja wohl, daß für die englische Zone Herr Hölling in Hamburg und Herr Schleipen in Beckum und wahrscheinlich auch Herr v. Richter zuständig sind. Was nun die amerikanische Zone anbelangt, so bin ich dort bereits seit Juni d.Js. nach Prüfung von den Amerikanern schriftlich bestätigt worden und ich hoffe, daß auch Herr Schobert einen gleichen o.k.-Vermerk bekommt. Es würden alsdann Herr Schobert und Herr Schleipen für diese Zone verantwortlich zeichnen. Selbstverständlich bleiben wir in engster Fühlungnahme mit den Herren der englischen Zone, so z. B. befinde ich mich z. Zt. zwecks Besprechungen aller einschlägigen Fragen hier in Hamburg.« (Beweisstück 232) Obwohl die Dresdner Bank in der Sowjetzone geschlossen ist255, arbeitet in Hannover eine besondere Stelle, die Verbindungsstelle Ost: »Für die Bearbeitung aller Fragen, welche die in der russisch besetzten Zone liegenden Stellen unserer Bank betreffen, haben wir die Verbindungsstelle Ost in Hannover (Adresse Dresdner Bank Filiale Hannover) eingerichtet.« (Beweisstück 233) Eine der Hauptaufgaben der derzeitigen Geschäftsleitung ist die Wiedereinstellung des alten Personals der Dresdner Bank, wobei sie die Diskrepanzen in der Entnazifizierungspolitik der Alliierten ausnutzt, um Leute von einer Zone in die andere zu schmuggeln. Ein einschlägiger Fall findet sich im oben erwähnten Beweisstück 231: »10.) Ferner teilt Herr Schleipen mit, daß in der Angelegen-195-
KAPITEL VIII
heit Reck der englische Finanzoffizier, der Herrn Reck für die Mitarbeit in Beckurn zugelassen hat, sich nicht nach der amerikanischen Entscheidung richtet, derzufolge Reck zu entlassen ist.« (Beweisstück 231, S. 2) Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, daß die Dresdner Bank solche Männer übernimmt, die nach 1938 mit der Leitung und Durchführung ihrer Tätigkeit in den Satellitenstaaten und besetzten Gebieten Europas betraut waren. Dr. J. Entzian, führender Vertreter der Continentalen Bank in Belgien, ist gegenwärtig Leiter der Auslands-Abteilung im Verbindungsstab in Beckum. Leonhard Stitz-Ulrici, dessen Arbeit für die Dresdner Bank in der Tschechoslowakei in einem anderen Kapitel behandelt wurde, ist zur Zeit bei der Dresdner Bank in Frankfurt/M. angestellt. Dr. Anspach, der zu den Hauptrepräsentanten der Dresdner Bank in der Slowakei und in Polen gehörte, ist bei der Zentraldirektion West Frankfurt/Wiesbaden für Kreditangelegenheiten verantwortlieh.256 Es ließen sich weitere Beispiele dieser Art anführen. Die Statistiken über die Entnazifizierung des Personals bei der Dresdner Bank, die die Frankfurter Filiale vorlegte, weisen bis zum 20. Februar 1946 319 Entlassungen auf, worunter 39 Filialleiter waren (Beweisstück 234). In der französischen Besatzungszone sind bis auf eine Ausnahme - ein Name erscheint in der Liste der gegenwärtigen Filialleiter (Beweisstück 235) nicht mehr - noch alle Filialleiter der Dresdner Bank von 1944 im Amt. Die zentralisierte Tätigkeit der Bank erstreckt sich auf Kreditbewilligungen an Firmen in der amerikanischen, britischen und französischen Besatzungszone, wodurch die derzeitige Geschäftsleitung die Möglichkeit erhält, die Finanzierung des wirtschaftlichen Wiederaufbaus in diesen Gebieten in hohem Maße zu bestimmen. Die Sitzungsprotokolle der Geschäftsleitung vom 4. Januar 1946 enthalten Unterlagen über Kredite zwischen 500000 und 3000000 Reichsmark, die jeweils neun Firmen in der britischen Zone gewährt wurden, und über Kredite zwischen 100000 und 500000 Reichsmark, die an zwölf Unternehmen im gleichen Gebiet gingen. Dieselbe Versammlung beschloß -196-
DIE DRESDNER BANK HEUTE
Darlehen für die anderen Zonen, wobei sie die französische und die amerikanische Zone als Einheit behandelte und Firmen ungeachtet ihrer Zonen-Zugehörigkeit Kredite bewilligte. In der französischen und amerikanischen Zone waren dies vier in einer Höhe zwischen 500 000 und 5 000 000 Reichsmark und neun zwischen 100000 und 500000 Reichsmark (Beweisstück 236). Dasselbe Beweisstück wirft ein interessantes Licht auf das Ausmaß, in dem die Geschäftsleitung der Dresdner Bank Kontrolle über Industrieunternehmen ausübt. Dies ist ja gerade eines der Hauptmerkmale, das die Großbanken zu einer so hochkonzentrierten Wirtschaftsmacht werden ließ. In dem betreffenden Fall geht es um eine Äußerung, die die Geschäftsleitung der Bank in Verbindung mit der Bewilligung einer Anleihe von 1,5 Millionen Reichsmark an die NSU-Werke AG Neckarsulm (Französische Zone) machte: »Da der Vorstand (von NSU, Zusatz Ermittlungsbericht) entlassen ist, sind die notwendigen Maßnahmen zur rentablen Weiterführung des Betriebes von uns eingeleitet.« (Beweisstück 236) Die wirkliche Bedeutung dieser Aussage wird erst klar, wenn man sie im Zusammenhang mit der Tatsache betrachtet, daß die Dresdner Bank auf der letzten Hauptversammlung der NSU über das Depotstimmrecht insgesamt 6687000 Reichsmark oder 84% des gesamten Aktienkapitals von 8000000 Reichsmark vertrat.257 Die zentrale Leitung ihrer Geschäfte in den drei Westzonen war der Hauptfaktor, über den die Dresdner Bank ihre Vormachtstellung im gegenwärtigen Effektenhandel begründete. Hans Rinn, vormals Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter der Börsen-Abteilung bei der Dresdner Bank, schrieb am 19.Januar 1946: »Das Geschäft ist so eingelaufen, daß wir ohne Übertreibung sagen können, die Dresdner Bank beherrscht das gesamte Effektengeschäft im Westen und Südwesten. Trotzdem wir inzwischen die Herren Cron, Werlein, Brock, Langhof und Heilmeyer eingestellt haben und uns außerdem auch bewährte Frankfurter Mitarbeiter unterstützen können, hat das Geschäft einen solchen Umfang angenom-197-
KAPITEL VIII
men, daß wir Gefahr laufen, in der Arbeit regelrecht zu ersaufen. Daß bei dem Geschäft selbstverständlich... per Saldo etwas übrig bleibt, brauch ich Ihnen wohl, da Sie ja unsere Geschäftsmethoden von Berlin her kennen, nicht besonders zu betonen. Bei der heutigen schwierigen Lage der Bank müssen wir ... alles daran setzen, um die Gewinnund Verlust-Rechnung, soweit es irgendwie geht, in .positivem Sinn zu beeinflussen.« (Beweisstück 237) Welches Handelsvolumen die Frankfurter Filiale mit Wertpapieren erreichte, läßt sich aus ihren eigenen Unterlagen ersehen. In der Zeit vom I.Januar bis 28. Februar 1946 kaufte sie Effekten im Nennwert von 3 445 200 Reichsmark von Privatpersonen oder anderen Banken. In Anbetracht der Tatsache, daß Wertpapiere im allgemeinen in Hamburg, wo die Zentralstelle der Dresdner Bank saß, höher notiert waren, nimmt es nicht wunder, wenn ein wesentlicher Teil der Effekten von Frankfurt nach Hamburg gelangte. Im selben Zeitraum, vom I.Januar bis zum 28. Februar 1946, verkaufte die Frankfurter Filiale der Dresdner Bank Wertpapiere im Nennwert von 983 800 Reichsmark nach Hamburg. Gegen die dortige Filiale wird zur Zeit wegen des Verstoßes gegen das Gesetz 55 der US-Militärregierung ermittelt, wonach der Handel mit LG. Farben-Aktien nach dem 29. Januar 1946 verboten ist.258 Sie hat noch nach diesem Stichtag LG. Farben-Aktien im Wert von 170 000 Reichsmark an Hamburg abgeliefert. Noch am 27. Februar lieferte sie LG. FarbenAktien im Wert von 2000 Reichsmark an die Mainzer Filiale (Beweisstück 238). Die Dresdner Bank ist auch heute noch eine große Bank. Die Unterlagen, die in den letzten Kriegstagen verlorengingen, sind noch nicht wieder vollständig rekonstruiert worden. Nach Schätzungen der Bank jedoch beliefen sich die Aktiva, die zum 31. Dezember 1946 von der Geschäftsleitung verwaltet wurden, auf 3,81 Milliarden Reichsmark. Davon waren 1,45 Milliarden Reichsmark in der amerikanischen Zone, 2,1 Milliarden Reichsmark in der britischen und 260 Millionen Reichsmark in der französischen Zone (Beweisstück 234). Die Bank betreibt zur Zeit insgesamt 128 Filialen in den -198-
DIE DRESDNER BANK HEUTE
drei Westzonen, wovon 15 in der französischen liegen, 73 in der britischen und 40 in der amerikanischen. In allen drei Westzonen zusammen beschäftigt sie ungefähr 2800 Angestellte (Beweisstück 234). Die Männer, die heute die Bank leiten, hatten in der alten Dresdner Bank verantwortliche Positionen inne. Sie trugen zur Formulierung und Durchführung ihrer Geschäftspolitik unter dem Nazi-Regime bei. In Anbetracht der vorliegenden Untersuchung über die Dresdner Bank kann solchen Leuten keinerlei Verantwortung bei der Gestaltung und Beeinflussung der wirtschaftlichen und finanziellen Zukunft im heutigen Deutschland übertragen werden.
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Kapitel IX Kurzbiographien
Das folgende Kapitel enthält biographische Angaben über die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der Dresdner Bank aus den Jahren 1933—1945, die von den US-Behörden verhaftet und unter Arrest gestellt wurden. Da diese Erkenntnisse im Rahmen einer Untersuchung über Finanzeinrichtungen gewonnen wurden und nicht im Verlauf von Industrieuntersuchungen, sind die Biographien der Leute, die in erster Linie Industrielle waren, nicht vollständig. Man sollte alle Kurzbiographien im Zusammenhang mit dem gesamten Bericht über die Dresdner Bank lesen, da die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder sämtlich verantwortliche Vertreter der Bank waren.259
C A R L FRIE D RI C H G O E T Z AUFSICHTSR ATSVORSITZENDER DER DRESDNER BANK
Zusammenfassung: Carl Friedrich Goetz, Aufsichtsratsvorsitzender der Dresdner Bank, ist eine der herausragenden Persönlichkeiten der deutschen Finanzwelt. Nur Hermann Abs (Deutsche Bank), Otto Christian Fischer260 (von der Reichsgruppe Banken und der Reichs-Kredit-Gesellschaft) und Hjalmar Schacht von der Reichsbank sind von vergleichbarem Format. Er führte die Dresdner Bank in den 13 Jahren zwischen 1931 und 1944 aus der Talsohle zweier finanzieller Reorganisationen auf den Platz der zweitgrößten Bank des europäischen Kontinents. Diese bemerkenswerte Wandlung der Geschicke der Dresdner Bank vollzog sich unter Goetz' Leitung in den Jahren der Nazi-Herrschaft. Kein anderes führendes Kreditinstitut iden-201-
KAPITEL IX
tifizierte sich so vollständig mit den Zielen der NSDAP, der Nazi-Regierung und der SS, und keine andere Bank schlug aus ihren politischen Beziehungen so rücksichtslos Profit. Die Dresdner Bank übernahm direkt oder über ihre Zweigstellen und Filialen eine herausragende Rolle bei der Finanzierung praktisch aller Bereiche der Großindustrie, die an den deutschen Kriegsvorbereitungen beteiligt waren. Sie zog beträchtliche Gewinne aus der »Arisierung« von Eigentum und der Ausbeutung der Wirtschaftsressourcen der besetzten Gebiete Europas. Sie setzte das Netz ihrer Auslandsfilialen als Werkzeug für deutsche Spionage und nationalsozialistische Propagandaaktivitäten ein. Goetz selbst war kein Parteimitglied, aber die Männer seiner Umgebung hatten so ausgezeichnete politische Beziehungen, daß die Dresdner Bank in der Partei und ihr nahestehenden Kreisen als »SS-Bank« galt. Persönliche Daten: Carl Friedrich Goetz wurde am 12.Juni 1885 in Frankfurt/M. geboren. Dort begann er auch seine Bankkarriere bei der Wertheimer Bank. Von hier aus wechselte er zur Banque Internationale nach Brüssel, wo er die vier Jahre des Ersten Weltkrieges in einem Internierungslager der Alliierten verbrachte. Als er nach dem Krieg nach Deutschland zurückkehrte, ging er zur Commerzbank und stieg dort zum Vorstandsmitglied und später zum Vorstandsvorsitzenden auf. Er übernahm 1931 die Reorganisation der kurz vor dem Zusammenbruch stehenden Dresdner Bank und blieb dort bis in die letzten Kriegsmonate hinein die wichtigste und einflußreichste Persönlichkeit. Goetz wohnte zur Zeit seiner Verhaftung im November 1945 in Wolfratshausen, Bayern, und wurde zur Vernehmung nach Frankfurt/M. gebracht. Zur Zeit ist er im Internierungslager der 7. Armee. Politische Tätigkeit: Obwohl Goetz kein Parteimitglied war, stand seine politische Zuverlässigkeit bis auf die letzten Kriegsmonate immer außer Frage, da er mit der Partei und den ihr nahestehenden Organisationen Hand in Hand arbeitete und ihnen großzügig seine Zeit, sein Geld und seinen Einsatz zur Verfügung stellte. 1935 wurde er Mitglied des Ausschusses für Bergbau in der Zentralstelle für die wirtschaftspolitischen Organisationen der NSDAP. Er übernahm -202-
KURZBIOGRAPHIEN
selbst die Verbreitung von Nazi-Propaganda im Ausland. Einer seiner Korrespondenten, C. H. Ehlers aus New York, 70 Pine Street, schrieb in einem Brief an Goetz vom 5. Mai 1939: »Lieber Herr Direktor Goetz! Meinen verbindlichsten Dank für Ihren Brief vom 19. März ds. Js. und die Übersendung der großen Reichstagsrede des Führers vom 20. Februar 1938. ( . . . ) Man versteht immer noch nicht, daß die zwingende Logik Adolf Hitlers in innenund außenpolitischen Fragen von den sogenannten Demokratien abgelehnt wird.« (Beweisstück 97) Goetz leistete Geldspenden an Parteiorganisationen aller Art, von kleinen Summen an SA-Trupps bis zu Beträgen von 1000 Reichsmark an das Thüringische Landesamt für Rassewesen. Ein alter, enger Freund, Gauleiter Fritz Sauckel, später als Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz verantwortlich für das deutsche Zwangsarbeitsprogramm, dankte ihm wiederholt für seine Zusammenarbeit und die großzügige finanzielle Unterstützung, die er den Familien von an der Ostfront gefallenen Parteimitgliedern zukommen ließ.261 Goetz gehörte folgenden Unterorganisationen der NSDAP an: Deutsche Jägerschaft 1933 DAF 1934 NSV 1936 Luftschutzbund 1938 Posten in Industrie und Finanz: Die Liste der Industrie- und Finanzunternehmen, in deren Aufsichtsrat Goetz eine Position als Mitglied, Vorsitzender oder stellvertretender Vorsitzender bekleidete, gehört zu den eindrucksvollsten und umfangreichsten im ganzen deutschen Wirtschaftsleben. Er stand in enger Verbindung mit den Industrieunternehmen, die von Krupp, Flick, Vogler262, Henkel263 und Schmilz264 geleitet wurden und die unter den Produzenten für das deutsche Kriegspotential an erster Stelle rangierten. Dazu gehörten: 1. Rüstung: Fried. Krupp, Mauser Werke 2. Stahl: Vereinigte Stahlwerke, Rheinische Stahlwerke 3. Elektro-Industrie: Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft -203-
KAPITEL IX
4. Stromversorgung:
Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk AG, Gesellschaft für Elektrische Unternehmungen 5. Chemie: Wintershall, Salzdetfurth, Degussa 6. Bergbau: Harpener Bergbau, Rheinische Braunkohlenbergbau 7. Maschinenbau: Adlerwerke Von einigen seiner Hauptpositionen bezog Goetz jährlich folgende Vergütungen: 20 000 Reichsmark Degussa 16 000 Reichsmark ZellstoffWaldhof 14 000 Reichsmark Mauser Werke 10000 Reichsmark Fried. Krupp 9 000 Reichsmark AEG 8 000 Reichsmark Vereinigte Stahlwerke 8 000 Reichsmark Salzdetfurth 6 000 Reichsmark Rheinische Braunkohlenbergbau 6 000 Reichsmark Rheinische Stahlwerke Diese Summen gehen weit über die üblichen 1000-3000 Reichsmark hinaus, die einem Aufsichtsratsmitglied, dessen Tätigkeit sich auf die Teilnahme an zwei oder drei Sitzungen im Jahr beschränkte, normalerweise gezahlt wurden. Aber Goetz war eben auch kein bloßes Ehrenmitglied in den Gremien dieser Gesellschaften, sondern ein hochangesehener Berater, dessen Rat in wichtigen Finanzangelegenheiten bei den Leuten, die die Politik bestimmten, ständig gefragt war. Verbindung zur Dresdner Bank: Goetz trat von seinem Posten als Vorstandsvorsitzender bei der Commerzbank 1931 zurück, um das gleiche Amt bei der Dresdner Bank anzutreten. Auf Bitten von Reichskanzler Brüning übernahm er diese neue Verantwortung während der Bankenkrise von 1931, als man die kurz vor dem Zusammenbruch stehende Dresdner Bank mit der bankrotten Darmstädter Bank zusammenschloß. 265 Das Reich stellte dem neuen Institut Subventionen in großer Höhe zur Verfugung; als sich die Lage jedoch weiterhin verschlechterte, nahm man 1932 eine zweite Reorganisation verbunden mit weiteren staatlichen Zuwendungen vor. Mit der Machtergreifung Adolf Hitlers begann für die Dresdner -204-
K URZBIO ORAPHIEN
Bank eine Ära des Wohlstands, die in den Jahren des NaziRegimes nie nachließ. Während all der Jahre, die Goetz der Dresdner Bank angehörte, blieb er dort die beherrschende Persönlichkeit und Schlüsselfigur, die dem übrigen Personalstab haushoch überlegen war. Die Korrespondenzakten zeigen, daß man ihn in jeder erdenklichen Phase bei Entscheidungen über Geschäftsvorgänge sowohl der Bank als auch ihrer Filialen hinzuzog, da er nicht nur das deutsche Bankfach umfassend beherrschte, sondern aufgrund seines Wissens über das Bankwesen des Auslands auch das internationale. Als Vorstandsvorsitzender besaß Goetz von 1931 bis 1936 vollständige Kontrolle über die Dresdner Bank und ihre Geschäftspolitik. 1936 legte er dieses Amt aus Gründen der internen Organisation nieder, um Vorsitzender des Aufsichtsrats zu werden. Die neue Position schwächte seine Autorität in keiner Weise, und er genoß weiterhin eine Sonderstellung und weitreichenden Einfluß auf die Politik und die führenden Persönlichkeiten der Bank. In Paragraph l seines Vertrages mit dem Aufsichtsrat vom 18. April 1936 heißt es: »Darüber hinaus ist Herr Carl Goetz verpflichtet, seine volle Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft zu stellen. Er hat die gesamte Geschäftsführung des Vorstandes der Dresdner Bank laufend zu überwachen, die geschäftlichen Beziehungen mit der Kundschaft der Dresdner Bank zu pflegen und die für die Geschäftsführung des Vorstandes vorgesehenen Richtlinien ... zu erteilen.« (Beweisstück 16) Außer den Machtbefugnissen, die ihm dieser Vertrag einräumte, bedurfte auch der Eintritt neuer Mitglieder in die Aufsichtsräte der Gesellschaften, die von der Dresdner Bank Kredite erhielten, seiner Billigung, desgleichen mögliche Neuerwerbungen von Banken und Affiliationen im Ausland. Gleichzeitig übernahm Goetz den Vorsitz des Arbeitsausschusses, eines kleinen Komitees aus Aufsichtsratsmitgliedern, dem die strenge Überwachung aller Kredite der Bank oblag. Die Bewilligung aller Kredite über 600000 Reichsmark, die Einstellung leitender Angestellter bei der Bank und den -205-
KAPITEL IX
Hauptfilialen und alle größeren Beteiligungen an anderen Banken bedurften seiner vorherigen Genehmigung. Carl Goetz genoß in Aufsichtsrat und Arbeitsausschuß eine so beherrschende Stellung und so großes Ansehen, daß es unmöglich ist, die Bank, ihre Geschäftspolitik und ihre Aktivitäten von seiner Person zu trennen. Wenn er von sich sagte: »Die Dresdner Bank bin ich«, sprach er lediglich das aus, was für alle offenkundig war. Die Dresdner Bank und die SS266: Drei Mitglieder in Vorstand und Aufsichtsrat der Dresdner Bank waren SS-Brigadeführer, und sieben gehörten dem Keppler/Himmler-Kreis an. Dieser Kreis stellte Himmler über neun Jahre hinweg einen Fonds von jährlich l Million Reichsmark für »besondere Zwecke« zur Verfügung. Die Dresdner Bank trug zu diesem Fonds während der ganzen Zeit mit Zustimmung der Geschäftsleitung jährlich 50000 Reichsmark bei. Diese Gelder wurden beim Bankhaus J. H. Stein in Köln eingezahlt, von wo aus man sie an die Dresdner Bank in Berlin weiterleitete und aus diesem Guthaben über SS-Brigadefuhrer Fritz Kranefuß, ein Aufsichtsratsmitglied der Dresdner Bank, an Himmler auszahlte.267 Auch das SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt unterhielt über SS-Obergruppenführer Oswald Fohl enge Beziehungen zur Dresdner Bank, die als Hausbank dieser SS-Organisation fungierte.268 Die Dresdner Bank bewilligte verschiedenen SS-Unterorganisationen größere Kredite, darunter einen von 2 Millionen Reichsmark im Jahre 1939 an die Gesellschaft zur Pflege Deutscher Kulturdenkmäler und einen weiteren im selben Jahr von 5 Millionen Reichsmark an die SS-Gesellschaft Deutsche Erd- und Steinwerke. Diese Kredite, die vorher durch den Arbeitsausschuß, Carl Goetz und die Geschäftsleitung der Bank genehmigt waren, belegen - mögen sie auch als korrekte Geschäftsdarlehen kaum zu rechtfertigen sein -, weshalb die Partei und ihr nahestehende Kreise die Dresdner Bank als »SS-Bank« ansahen.
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KURZ BIOGRAPHIEN
Die Dresdner Bank als Spionage- und Propagandaagentur der NSDAP: Im Bereich der Auslandspropaganda und Spionage waren die Bindungen, die zwischen der Dresdner Bank und ihren Filialen auf der einen Seite und der NSDAP und den ihr angeschlossenen Organisationen auf der anderen Seite bestanden, besonders eng.269 Neben den vorher schon erwähnten Propagandaaktivitäten im Jahre 1938 übermittelte Goetz bei Ausbruch des Krieges der Auslandsabteilung im Stab des Stellvertreters des Führers eine Liste von Personen, persönliche und geschäftliche Auslandskontakte in Holland, Belgien, Luxemburg, der Schweiz, Schweden, Dänemark, Rumänien und den Vereinigten Staaten, die man über die Vorzüge und den Wert des Nazi-Regimes aufklären könnte. Ein Vorstandsmitglied, Emil Meyer, übergab der Auslandsorganisation der NSDAP, einer der Hauptspionagestellen der Partei, eine Liste der Vorstandsmitglieder, die bei der Bank für Auslandsangelegenheiten zuständig waren, in der Hoffnung, »auf diese Weise eine engere Zusammenarbeit unserer Affiliationen im Ausland mit der Auslandsorganisation der NSDAP sicherzustellen«. (Beweisstück 103) Die Dresdner Bank engagierte sich unter Führung von Carl Goetz über ihre Zweigstellen und Filialen tatkräftig bei Propagandaaktivitäten der Nazis in Südamerika, den Balkanländern und dem Nahen Osten. In einem Briefwechsel zwischen Franz von Papen, dem früheren deutschen Botschafter in der Türkei und zur Zeit einer der Angeklagten in Nürnberg, und Carl Goetz geht es um eine Spende der Dresdner Bank an die Deutsche Schule in Istanbul in Höhe von 13000 Reichsmark. Man hatte vor, die Transaktion mit Hilfe des Auswärtigen Amtes so zu tarnen, daß die türkischen Behörden und die türkischen Devisenstellen keinen Verdacht schöpfen konnten, daß Gelder mit deutschem Ursprung ins Land gelangten. Die Propaganda- und Spionagetätigkeit der ägyptischen Filialen der Dresdner Bank in der Zeit von 1933 bis 1939 war allgemein bekannt. Sie unterhielt Zweigstellen in Kairo und Alexandria, obwohl es hierfür laut Rudolf Tefs, eines Angestellten der ägyptischen Niederlassung, keinen triftigen Geschäftsgrund gab. Viele der führenden Vertreter und Angestellten dieser Filialen hatten sich eng an die NSDAP in -207-
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Ägypten angeschlossen. Einer der Leiter der Filiale in Alexandria war dort auch Vorsitzender einer NSDAP-Unterorganisation. Der Leiter der Devisenabteilung stand einer zweiten Partei-Gruppierung vor. Der Verantwortliche für das Wechselportefeuille war ein Partei-Organisator, und einer der leitenden Angestellten war Parteiführer der NSDAP in Alexandria. Der führende Partei-Organisator in Kairo arbeitete in der Abteilung für Liquiditätsreserven, und eine Schlüsselfigur in der Propaganda- und Spionagetätigkeit, Ernst Otto, war ebenfalls bei der Dresdner Bank angestellt. Diese Beispiele sind charakteristisch für das enge Arbeitsabkommen, das im Ausland zwischen der NSDAP, ihren Propagandastellen und der Dresdner Bank unter Leitung von Carl Goetz und mit Unterstützung ihrer führenden Vertreter und leitenden Angestellten bestand. Ohne Wissen und Billigung von Goetz hätte man eine so enge Zusammenarbeit mit Parteiorganisationen nie durchführen können. Aktivitäten der Dresdner Bank in den besetzten Gebieten Europas270: In den Jahren 1937 bis 1942 konnte die Dresdner Bank gleichzeitig mit dem Aufbau und der Expansion Großdeutschlands die Zahl ihrer Auslandsfilialen auf das Achtfache erhöhen. Bei der Ausbeutung der wirtschaftlichen Ressourcen in den besetzten Gebieten Europas bildete sie praktisch die Nachhut der Wehrmacht. 1. Österreich: Wilhem Keppler, Hitlers NS-Wirtschaftsberater, setzte die Dresdner Bank, den einzigen Aktionär der Mercurbank in Wien, etwa neun Monate vor dem Anschluß Österreichs ans Reich von den Wünschen des Führers in Kenntnis: »Vergangene Woche war ich zu politischen Verhandlungen in Wien und habe gestern auf der Rückkehr mit dem Führer über die österreichischen Verhältnisse ausführlich gesprochen. Die Sprache kam hierbei auch auf die wirtschaftlichen Stützpunkte, die Deutschland in Österreich hat. Der Führer vertrat eindeutig den Standpunkt, daß wir diese Stützpunkte, insbesondere die Merkurbank, unbedingt halten und ausbauen müssen ...« (Beweisstück 3) Götz antwortete: -208-
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»Über das wünschenswerte Ziel der Arisierung der Mercurbank und Behauptung des in ihr verkörperten deutschen Stützpunktes besteht.. . an keiner Stelle unserer Bank irgend ein Zweifel.« (Beweisstück 4) Er erklärte weiter, er werde zwei »Sachbearbeiter« aus dem Vorstand, Dr. Meyer und Dr. Rasche, damit beauftragen, die Einzelheiten auszuarbeiten. Unmittelbar nach dem Anschluß schloß die Dresdner Bank die Mercurbank mit den österreichischen Filialen der Banque des Pays de l'Europe und der Zivnostenska Bank in Prag zur Länderbank Wien zusammen. 2. Tschechoslowakei: Sofort nach der Annexion des Sudetenlandes übernahm die Dresdner Bank 32 Filialen der Böhmischen Escompte-Bank, wodurch diese so geschwächt wurde, daß sie mit der Besetzung der Tschechoslowakei ganz selbstverständlich an die Dresdner Bank überging. 3. Polen: Nach der völligen Eroberung Polens eröffnete die Dresdner Bank in weniger als drei Monaten Filialen in sieben polnischen Großstädten. In den darauffolgenden zwei Jahren gründete sie zwei Banken speziell für Polen - die Ostbank, Posen, und die Kommerzialbank, Krakau —, deren erklärtes Ziel die Umstellung der »Betriebe ... auf die Erfordernisse des Krieges« und die »Reprivatisierung der... polnischen und jüdischen Betriebe« (Beweisstück 138) war. 4. Belgien: Kurz nach der Eroberung Belgiens gründete die Dresdner Bank in Brüssel und Antwerpen eine Tochterbank, die Banque Continentale, die den Auftrag erhielt, für eine stärkere »Integration« der belgischen Wirtschaft in die deutsche zu sorgen. Um dieses Ziel zu erreichen, kaufte die Bank gezielt Aktien belgischer Schlüsselindustrien und setzte als Mittel die »Verrechnungsabkommen« ein, die es ihr ermöglichten, diese Transaktionen nicht aus eigenen Mitteln zu bezahlen. Sie vergab große Kredite an die deutsche Kriegsindustrie und an Militärbehörden und -einrichtungen wie die Organisation Todt, die Brüsseler Rüstungsinspektion und so weiter. Und schließlich beteiligte sie sich aktiv und in großem Stil an der »Arisierung« jüdischen Eigentums in Belgien. Diese Durchdringung der belgischen Wirtschaft sollte nach -209-
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einem Brief des Präsidenten der Continentalen Bank, Joachim Entzian, durchgeführt werden, um »bei belgischen Firmen für deutsche Interessen Einfluß zu gewinnen«, was »so erfolgen muß, daß die Transaktionen in der belgischen Öffentlichkeit nicht bekannt werden«. (Beweisstück 188) 5. Holland: In Holland errichtete die Dresdner Bank nach der Eroberung einen Stützpunkt, die Handelstrust West N.V., mit dem ausdrücklichen Zweck, holländische Firmen vom Markt zu verdrängen. Sie erfüllte diese Aufgabe so erfolgreich, daß sie eine Auszeichnung für »hervorragende Leistungen« im Dienst der »großen Ziele der nationalsozialistischen Bewegung« (Beweisstück 180) erhielt. 6. Baltikum: Die Dresdner Bank baute in den baltischen Staaten die Ostland Bank auf, die später in Handels- und Kreditbank, Riga, umbenannt wurde und über die sie praktisch ein Bankmonopol für Estland, Lettland und Litauen erwarb. In den sechs Jahren von 1938 bis 1944 erfuhr die Dresdner Bank eine gewaltige Expansion. Ihre Aktiva und Sichteinlagen verdreifachten sich, während die Spareinlagen auf das Siebenfache anstiegen. Diese außergewöhnliche Entwicklung, für die es praktisch keine Parallele gibt, war größtenteils nur deshalb in so kurzer Zeit möglich, weil die Dresdner Bank unter Leitung von Carl Goetz die Finanz- und Industrieressourcen der besetzten Gebiete Europas rücksichtslos ausbeutete. »Arisierung«: Die Erfahrung und Geschicklichkeit, mit der die Dresdner Bank die Wirtschaftsressourcen dieser Länder ausbeutete, hatte sie sich an der deutschen Heimatfront mit der »Arisierung« jüdischen Eigentums erworben. Es gab keine andere deutsche Bank, die diese Vermögen so skrupellos in ihren Besitz brachte wie die Dresdner Bank. Ein typisches Beispiel für ihr Vorgehen in solchen Fällen ist die Engelhardt-Brauerei AG, Deutschlands zweitgrößte Brauerei. Der Mehrheitsanteil an diesem Unternehmen gehörte Dr. Ignatz Nacher, der zu einem sehr frühen Zeitpunkt des Nazi-Regimes erkannte, was den jüdischen Firmenbesitzern in Deutschland bevorstand. Er wandte sich daher an die Eidenschink Bank, ein kleines Münchener Kreditinstitut, und -210-
KURZBIOGRAPHIEN
schloß mit ihr im Mai 1934 einen Kaufvertrag über seine Brauereianteile ab. Einer der Eigentümer der Eidenschink Bank, Dr. Adolf Fischer, machte in dieser Sache eine Aussage, in der er erklärte: »Die Dresdner Bank erfuhr innerhalb kurzer Frist von diesem Vertrag und ließ kurzer Hand, nachdem sie selbst größtes Interesse an dem Erwerb, insbesondere an der Engelhardt Brauerei hatte, Herrn Ignaz Nacher unter irgend einem Vorwand verhaften. Bevor es mir möglich war, Herrn Nacher im Gefängnis aufzusuchen, wurde er derart unter Druck gesetzt, daß er seinem Anwalt Dr. Aschoffeine uneingeschränkte Generalvollmacht mit dem Ziel der Veräußerung seiner Besitzungen geben mußte und gab. Man erklärte unter anderem, daß er niemals mehr die Freiheit erreichen würde, wenn er diese Vollmacht nicht unterzeichne. Bei meinem Besuch im Gefängnis Alexanderplatz war dieser Akt bereits vollzogen. ( . . . ) Damit war wohl Herr Nacher frei, aber der Verkauf des Engelhardt-Paketes aufgrund der erpreßten Generalvollmacht, blieb trotzdem gültig.« (Beweisstück 77) Die Eidenschink Bank verklagte daraufhin die Dresdner Bank wegen Vertragsbruchs auf Schadensersatz. Man zitierte die Eigentümer der Eidenschink Bank nach Berlin, wo ihnen die Gestapo mitteilte, daß sie, wenn sie einer Verhaftung entgehen wollten, die Klage gegen die Dresdner Bank besser fallen ließen. Sie zogen die Klage zurück. Durch diese Transaktion erhielt die Dresdner Bank 92% der Vorzugsaktien und 46% der Stammaktien der Engelhardt Brauerei. Dr. Karl Rasche, Vorstandsmitglied der Dresdner Bank, den Goetz als »Spezialisten« für solche Fälle charakterisierte, wurde Vorsitzender des neuen Aufsichtsrats. Zu den Männern, die er in die Geschäftsleitung holte, gehörte Paul Pleiger, einer der ersten Förderer der NSDAP im Rheinland, der später Generaldirektor der Hermann Göring-Werke wurde. Die Dresdner Bank versäumte auch nicht, ihre Interessen bei der »Arisierung« von Privatbanken geltend zu machen, und lag mit der Anzahl jüdischer Banken, die sie übernahm, in Führung. Dazu gehörten die Gebrüder Arnhold, Dresden und -211-
KAPITEL IX
Berlin, S. Bleichröder & Co., Berlin, die Bank für Brauindustrie, Berlin, und B.Simons & Co., Düsseldorf. Beim Großteil der »Arisierungs«-Fälle, mit denen sich die Dresdner Bank beschäftigte, setzte sie zunächst ihre Parteibeziehungen ein, um Firmen ausfindig zu machen, die für eine »Arisierung« in Frage kamen; dann besorgte sie neue »Käufer«, denen sie die erforderlichen Kredite zur Fortführung dieser Betriebe bewilligte. Für ihre Vermittlungsdienste erhob sie Gebühren, die anteilig nach dem Wert des Objekts bemessen waren. Der Fall der Firma I. & C.A. Schneider, Frankfurt/M., eines großen Leder- und Schuhfabrikanten, steht stellvertretend für diese Kategorie. Sie hatte 1938 einen Jahresumsatz von mehr als 20 Millionen Reichsmark und einen Reingewinn von über 2,5 Millionen Reichsmark. Durch Vermittlung des Gauwirtschaftsberaters der NSDAP in Frankfurt, von dem sich herausstellte, daß er einer der Direktoren der Dresdner Bank war, wurden die jüdischen Besitzer der Firma Schneider nach Buchenwald deportiert. Man ließ sie erst frei, nachdem sie einen Vertrag unterschrieben hatten, wonach sie ihr Unternehmen gegen eine Entschädigung von weniger als 3% seines Nettowertes verkauften. Für ihre Vermittlungsdienste im Fall Schneider erhielt die Dresdner Bank von ihrem dankbaren Klienten ein Honorar von 40000 Reichsmark. Unter Leitung von Carl Goetz war die Dresdner Bank mit ihren Zweigstellen und Filialen sowohl in Deutschland als auch in allen besetzten Ländern Europas die Hauptagentur für die zwangsweise »Arisierung« von Unternehmen in jüdischem Besitz. In diesen Gebieten war »Arisierung« gleichbedeutend mit Enteignung. Die direkte Verantwortung für diese Verbrechen liegt bei den örtlichen Führungskräften und Angestellten der Dresdner Bank, die sie ausführten, bei den Aufsichtsratsmitgliedern, die sie billigten, bei den Vorstandsmitgliedern, die sie leiteten, und bei Carl Goetz, der sie billigte und sanktionierte. Einkommen: Als Aufsichtsratsvorsitzender der Dresdner Bank erhielt Goetz Jahresbezüge von 108000 Reichsmark. Sondervergütungen, Aufsichtsratsposten in anderen Gesell-212-
KURZBIOGRAPHIEN
Schäften und Kapitalanlagen brachten sein Jahreseinkommen auf 450000 Reichsmark. Nach eigenen Schätzungen verdiente er gegen Ende des Krieges über l Million Reichsmark. Quellen211 : Das Material für diese Kurzbiographie Carl Goetz' stammt aus Fragebögen der Militärbehörden, Vernehmungen, von Goetz verfaßten Berichten sowie aus den Korrespondenzakten der Dresdner Bank und anderer Banken, in denen er maßgeblichen Einfluß besaß. Einschätzung des Häftlings: Carl Goetz machte zunächst einen besonders positiven Eindruck, da er einen scharfen Verstand, einen reichen Erfahrungsschatz und umfangreiches Wissen über das Bankwesen besitzt. In dieser Hinsicht ist er nicht nur seinen Kollegen bei der Dresdner Bank, sondern praktisch allen Bänkern in Deutschland haushoch überlegen. Goetz stellt sich gerne als Antifaschist hin und verläßt sich dabei stark auf die Tatsache, daß die Gestapo ihn im Herbst 1944 der Mittäterschaft bei den Ereignissen des 20.Juli beschuldigte. Er erklärt, man habe seine Verhaftung hinausgezögert, weil er in der Dresdner Bank bei der Beschaffung von Geldern für die deutsche Kriegsmaschinerie unabkömmlich gewesen sei. Nach Auffassung der Vernehmungsbeamten entbehrt Goetz' Behauptung, er sei Antifaschist gewesen, jeglicher Grundlage.272 Es wäre unmöglich für ihn gewesen, eine derart exponierte Stellung durch all die Jahre des Nazi-Regimes hindurch zu behalten, wenn die Partei ihn nicht für politisch vollkommen zuverlässig gehalten hätte. Tatsächlich erwies sich Goetz als ausweichender und äußerst unzuverlässiger Zeuge, der sich in offenkundige Lügen verstrickte. Obwohl er erwiesenermaßen in Bankfragen ein sehr gutes Gedächtnis besitzt, entwickelt er in dem Moment, wo man die unangenehmen Transaktionen der Dresdner Bank oder ihrer führenden Vertreter und Angestellten anspricht, auffallende Gedächtnislücken. Schlußfolgerung: Goetz nahm im Sinne des Artikels II § 2 (f) des Kontrollratsgesetzes Nr. l O273 eine hohe Stellung im deutschen Finanz-, Industrie- und Wirtschaftsleben ein; es wird angenommen, daß er ein Verbrechen gegen den Frieden nach § l (a) desselben Gesetzes begangen hat. Gemäß § l (a) eines Schreibens des Hautquartiers USFET vom 15. November -213-
KAPITEL IX
1945 betreffs »Haftprüfung durch Sicherheitsprüfungsausschüsse«274 ist seine Inhaftierung nicht Gegenstand der Überprüfung durch die nach § 3 desselben Schreibens gebildeten Sicherheitprüfungsausschüsse.
WILHE LM KISS KA L T STELLVERTRETENDER AUFSICHTSRATSVORSITZENDER D E R DR E S DN E R B A N K
Zusammenfassung: Wilhem Kisskalt275 ist das typische Beispiel eines Mannes, der den Nationalsozialismus schon früh begeistert unterstützte, nicht weil er an ihn glaubte, sondern aus reinem Opportunismus und zu seinem persönlichen Vorteil. Persönliche Daten: Wilhelm Kisskalt, 73 Jahre alt, lebt in Garmisch-Partenkirchen, Pflegerseestraße l. Er war Stellvertretender Vorsitzender des Arbeitsausschusses der Dresdner Bank. Er wurde am 29. Oktober 1945 verhaftet und steht zur Zeit in seinem Haus unter Hausarrest. Kisskalt studierte an den Universitäten Würzburg und Berlin und erhielt den Titel eines Geheimen Justizrats und die Ehrendoktorwürde in Wirtschaftswissenschaft. Sein Hauptinteressengebiet und -betätigungsfeld ist das Versicherungswesen. Politische Tätigkeit: Wilhelm Kisskalt war seit 1933 Mitglied der NSDAP und gehörte den folgenden NSDAP-Unterorganisationen an: DAF 1933 KDF 1933 NSKOV NSV 1933 NS-Rechtswahrerbund 1933 NS-Altherrenbund 1933 Kisskalt behauptet, er sei der Partei beigetreten, um mit der NSDAP seine privaten Versicherungsanteile gegen Übergriffe sozialistischer Elemente zu schützen. Seine Handlungsweise -214-
KURZBIOGRAPHIEN
deutet jedoch auf andere Gründe hin. Er spendete für die SSFörderungsgesellschaft. Posten in Industrie und Finanz:
Dresdner Bank, Berlin
Stellvertretender Vorsitzender des Arbeitsausschusses 1938-1943 Aufsichtsratsvorsitzender Bayerische Vereins1924-1938 bank, München Aufsichtsratsvorsitzender Hermes Kredit-Versi1919-1945 cherungs AG, Berlin Karlsruher Lebensversi- Stellvertretender Aufsichtsratscherungs AG, Karlsruhe vorsitzender 1931-1945 Stellvertretender AufsichtsratsMünchner Rückversivorsitzender 1938-1945 cherungs-Gesellschaft, München Allianz Lebensversiche- Aufsichtsratsmitglied 1919-1945 rungs-AG, Berlin Aufsichtsratsmitglied 1919-1945 Allianz VersicherungsAG, Berlin Berlinische Lebensversi- Aufsichtsratsmitglied 1931-1938 cherungs-AG, Berlin Aufsichtsratsmitglied 1931-1938 Frankfurter Versicherungs-AG, Frankfurt Aufsichtsratsmitglied 1916-1938 Union Hagel Versicherungs-AG, Weimar Aufsichtsratsmitglied 1924-1938 Pilot Reinsurance Co., New York und Hartford, USA Aufsichtsratsmitglied 1924-1938 Union Rückversicherungs-Gesellschaft, Zürich Schweizer National Ver- Aufsichtsratsmitglied 1913-1914 sicherungs-AG, Basel AG, Würzburg Als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Münchner Rückversicherungs-Gesellschaft vertrat er die Interessen der größten europäischen Versicherungsgesellschaft im Aufsichtsrat der Dresdner Bank. Würzburger Hofbräu Aufsichtsratsmitglied -215-
KAPITEL IX
Einkommen: Wilhelm Kisskalts 150000 Reichsmark Jahreseinkommen betrug: 1933: 250 000 Reichsmark 1939: 140 000 Reichsmark 1934: 250 000 Reichsmark 1940: 130000 Reichsmark 1935: 250 000 Reichsmark 1941: 120000 Reichsmark 1936: 250 000 Reichsmark 1942: 120000 Reichsmark 1937: 250 000 Reichsmark 1943: 110000 Reichsmark 1938: 250000 Reichsmark 1944: Kisskalts Einkommensminderung hing mit seinem Rückzug in den Ruhestand zusammen. Er schätzt sein Vermögen auf l Million Reichsmark. Einschätzung des Häftlings: Kisskalt ist ein Experte auf dem Gebiet des Versicherungswesens und gibt sehr bereitwillig Auskunft über dieses Thema. Seine Versuche, seine frühe Mitgliedschaft in der Partei zu beschönigen, machen einen unbefriedigenden Eindruck. Schlußfolgerung: Kisskalt nahm im Sinne von Artikel II § 2 (f) des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 eine hohe Stellung im Finanz-, Industrie- und Wirtschaftsleben Deutschlands ein; es wird angenommen, daß er ein Verbrechen gegen den Frieden nach Artikel II § l (a) desselben Gesetzes begangen hat. Gemäß § l (a) eines Schreibens des Hauptquartiers USFET vom 15. November 1945 betreffs »Haftprüfung durch Sicherheitsprüfungsausschüsse« ist seine Inhaftierung nicht Gegenstand der Überprüfung durch die nach § 3 desselben Schreibens gebildeten Sicherheitsprüfungsausschüsse.
WILHE LM AVIENY AUFSICHTSR ATSMITG LIED DER DR ESDNER BANK
Zusammenfassung: Wilhelm Avieny ist ein typischer Vertreter des kleinen Nazis, der nur durch seine guten Parteibeziehungen in eine gehobene Stellung aufgestiegen ist. Persönliche Daten: Wilhelm Avieny, 49 Jahre alt, deutscher Reichsbürger, lebt in Frankfurt/M., Lilienthal Allee 7. Er war Mitglied des Aufsichtsrats der Dresdner Bank. Avieny wurde am 23. April 1945 in Frankfurt/M verhaftet und befindet sich zur Zeit im FIAT-Lager »Dustbin«.276 -216-
KURZBIOGRAPHIEN
Obwohl Volkswirtschaftler, blieb er die größte Zeit seiner beruflichen Laufbahn ein zweitrangiger Angestellter. Politische Tätigkeit: Wilhelm Avieny gehörte der NSDAP seit 1931 an. Er war Mitglied in folgenden NS-Unterorganisationen: SS seit 1933 - Obersturmbannführer seit 1943 Reichsbund der Deutschen Beamten von 1933-1939 NSV seit 1934 Avieny übte mehrere Funktionen innerhalb des Nazi-Regimes aus, was sein gutes Verhältnis zur Partei beweist: Wehrwirtschaftsführer Reichswirtschaftsrichter Gauwirtschaftsführer für Hessen-Nassau Reichsgruppe Banken, Berlin, Aufsichtsratsmitglied 1934-1945 Reichsgruppe Banken, Bezirk Hessen, Regionalleiter 1936-1938 Für Wilhelm Avieny ging die politische Tätigkeit über das Geschäftliche. Geschäftsfreunde charakterisierten ihn als »habgierigen, alten Nazi, der um des persönlichen Vorteils willen in der Partei war - in keiner Weise vertrauenswürdig.« Seine Parteiauszeichnungen und Mitgliedschaften in Parteiunterorganisationen zeigen eindeutig, daß man ihn für politisch zuverlässig und seine Dienste für die Partei für anerkennenswert hielt. Avieny arbeitete im Rasse- und Siedlungs-Hauptamt der SS. Als Gauwirtschaftsberater hatte er mit der »Arisierung« jüdischen Eigentums zu tun. Er war Rüstungsobmann der Rüstungskommission XII in Wiesbaden und 1939 für vier Wochen Kommandeur des Kriegsgefangenenlagers in Oberursel. Posten in Industrie und Finanz: Avieny gehörte folgenden Gesellschaften an: Dresdner Bank, Berlin Aufsichtsratsmitglied 1943-1945 Deutsche Reichsbank, Aufsichtsratsmitglied 1943-1945 Berlin Nassauische LandesAufsichtsratsmitglied 1942-1945 bank, Wiesbaden -217-
KAPITEL IX
Norddeutsche Affinerie, Hamburg (Tochter der Metallgesellschaft) »Sachtleben« AG für Bergbau und Chemische Industrie, Köln (Tochter der Metallgesellschaft/Schwefel) Vereinigte Deutsche Metallwerke AG, Frankfurt/M (Tochter der Metallgesellschaft) Unterweser Reederei AG, Bremen (Tochter der Metallgesellschaft) Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt, vorm. Rössler, Frankfurt (verfl. mit LG. Farben) Neue Baugesellschaft Wayss & Freytag AG, Frankfurt Vereinigte Aluminium Werke AG, Berlin (Tochter der VIAG) Elektrizitäts-AG, vorm. W. Lahmeyer & Co., Frankfurt Telefonbau & Normalzeit GmbH, Frankfurt Südwestdeutsche Flugbetriebs-AG RheinMain, Frankfurt Ernst Leitz GmbH, Wetzlar (Optische Geräte) Andreae-Noris Zahn AG, Bremen (Pharma-Großhandel)
Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender 1942-1945 Aufsichtsratsvorsitzender 1939-1944
Aufsichtsratsvorsitzender 1941-1944
Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender 1939-1944 Aufsichtsratsmitglied 1940-1945
Aufsichtsratsmitglied 1940-1943
Aufsichtsratsmitglied
Aufsichtsratsmitglied 1940-1944
Aufsichtsratsmitglied 1938-1940 Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender 1935-1944 Aufsichtsratsmitglied 1939-1945
Aufsichtsratsmitglied 1938-1945
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KURZBIOGRAPHIEN
Adam Opel AG, Rüsselsheim
Aufsichtsratsvorsitzender und Mitglied der Kontrollkomission für feindliches Eigentum Söhnlein Sektkellerei Aufsichtsratsmitglied 1938-1944 Wilhelm Avienys Hauptgeschäftsbeziehung war die zur Metallgesellschaft und den ihr angeschlossenen Unternehmen. Er bekam den Posten in dieser Firma, nachdem man die jüdische Geschäftsleitung entfernt hatte. Gauleiter Sprenger277 drängte auf seine Ernennung in Anerkennung seiner Dienste für die Partei. Als Gegenleistung spendete er erhebliche Summen für die Parteikasse des Gauleiters. Man erwartete nicht von ihm, den Betrieb zu leiten, da die I.G. Farben Kissel, den Schwiegersohn eines ihrer führenden Vertreter und kompetenten Industriellen, zu seinem Assistenten ernennen ließ. Seine Posten im Bankwesen hatte er gleichfalls eher seinem Status in der Partei als irgendwelchen hervorragenden Fähigkeiten zu verdanken. Rüstungs- und Kriegsindustrie: Als führendes Mitglied eines Metallkonzerns trägt Avieny einen Großteil an Schuld für den Erfolg der Rüstung im nationalsozialistischen Deutschland und für die Herstellung von Produkten für den Angriffskrieg. Seine Gesellschaft stand als Betrieb zur Herstellung und Verarbeitung von Aluminiumprodukten in engem Zusammenhang mit der Expansion der Flugzeugindustrie in Deutschland. Einige der Unternehmen, denen Avieny angehörte, »beschäftigten« zahlreiche Zwangsarbeiter. Verbindung zur Dresdner Bank: Avienys Verbindung zur Dresdner Bank ergab sich aus seiner Mitgliedschaft in Martin Bormanns NSDAP-Bankausschuß. Man berief ihn in den Personalausschuß, wo er die Säuberung von politisch und rassisch unliebsamen Angestellten unmittelbar durchsetzen konnte. Eine weitere Überlegung war, daß er für die Dresdner Bank eine hochwillkommene personelle Querverbindung zu einer wichtigen I.G. Farben-Gesellschaft darstellte. Einkommen: Zwischen 1933 und 1943 erhielt Avieny folgende Bezüge: 1933: 18 000 Reichsmark 1935: 26 000 Reichsmark 1934: 23 000 Reichsmark 1936: 30 000 Reichsmark -219-
KAPITEL IX
1937: 30 000 Reichsmark 1941: 72 000 Reichsmark 1938: 30 000 Reichsmark 1942: 78 000 Reichsmark 1939: 60 000 Reichsmark 1943: 90 000 Reichsmark 1940: 60 000 Reichsmark Die Steigerung seines Einkommens von 18 000 Reichsmark im Jahr 1933 auf 90 000 Reichsmark im Jahr 1944 ist bemerkenswert in Anbetracht der Tatsache, daß seine Kollegen seine fachlichen Fähigkeiten einmütig für recht gering halten. Sie kann nur das Ergebnis seiner Parteiverbindungen sein und der zahlreichen Posten, die er in Firmen für Rüstungs- und Kriegsproduktion innehatte. Avieny schätzt sein Vermögen auf 300 000 Reichsmark. Quellen218: Die Erkenntnisse über Wilhelm Avieny stammen aus Fragebögen der Militärbehörden, Berichten und Vernehmungen des Häftlings und seiner Kollegen. Einschätzung des Häftlings: Wilhelm Avieny ist als Zeuge äußerst unkooperativ und ängstlich darauf bedacht, seine Nazi-Vergangenheit zu verleugnen. Er behauptet, er habe nur geringe Detailkenntnisse über die meisten Gesellschaften, denen er angehörte. Schlußfolgerung: Avieny nahm im Sinne von Artikel II § 2 (f) des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 im Finanz-, Industrie- und Wirtschaftsleben Deutschlands eine hohe Stellung ein; es wird angenommen, daß er ein Verbrechen gegen den Frieden nach Artikel II § l (a) desselben Gesetzes begangen hat. Gemäß § l (a) eines Schreibens des Hauptquartiers USFET vom 15. November 1945 betreffs »Haftprüfung durch Sicherheitsprüfungsausschüsse« ist seine Inhaftierung nicht Gegenstand der Überprüfung durch die nach § 3 desselben Schreibens gebildeten Sicherheitsprüfungsausschüsse.
FRIE D R I C H FLICK AUFSICHTSR ATSMITG LIED DER DR ESDNER BANK
Zusammenfassung: Friedrich Flick ist einer der führenden Stahlund Kohlemagnaten in Deutschland; er erwarb den Großteil seines Vermögens während des Nazi-Regimes.279 Er gehörte -220-
KURZBIOGRAPHIEN
dem Aufsichtsrat der Dresdner Bank seit 1922 an und behielt diesen Posten länger als irgendein anderes Mitglied dieses Gremiums. Innerhalb der letzten 15 Jahre baute Flick ein persönliches Imperium auf, vergleichbar denen, die die Familien Krupp und Röchling über mehrere Generationen hinweg errichtet hatten. Der Flickkonzern war der drittgrößte Produzent von Rohstahl in Deutschland nach den Vereinigten Stahlwerken und den Hermann-Göring-Werken. Persönliche Daten: Friedrich Flick, geboren am 10. Juli 1883 in Kreuztal bei Siegen, besuchte Schulen in Siegen und Köln, wo er 1907 die Höhere Handelsschule abschloß. Er ist deutscher Reichsbürger und wohnte zuletzt in Bad Tölz, Bayern. Er wurde im Juni 1945 verhaftet und befindet sich zur Zeit im Gefängnis Preungesheim, Frankfurt/M. Politische Tätigkeit: Friedrich Flick gehörte zu der Gruppe von Industriellen und Finanziers, die, nach Walther Funk280, zu dieser Zeit (1931-1932) der Überzeugung waren, daß die Nazis in nicht allzu ferner Zukunft an die Macht kommen würden und daß dies notwendig sei, um Kommunismus und Bürgerkrieg zu verhindern. Flick unterstützte die Deutsch-Nationale Volkspartei, die sich 1932 mit den Nazis verbündete und deren Einfluß auf Industrielle, höhere Beamte und die Reichswehr der Machtergreifung Hitlers den Weg bereitete.281 Die erste Anstrengung, die NSDAP in großem Stil direkt zu finanzieren, unternahmen die deutschen Industriellen im Februar 1933, als die deutsche Großindustrie und Hochfinanz bei einem Treffen in Görings Haus einen Wahlfonds von 7 Millionen Reichsmark für die entscheidenden Wahlen im März 1933 gründeten. Flick leistete nach eigenen Angaben zu diesem Fonds, der Hitler bei seinem letzten Schritt in Richtung auf die deutsche Regierungsmacht unterstützte, einen Beitrag von 100000 Reichsmark. Flick unterstützte - wie andere führende Industrielle an Rhein und Ruhr auch - die NSDAP und die SS auch weiterhin und spendete bei verschiedenen anderen Sammlungen, die prominenten NS-Führern zur Verfügung gestellt wurden. Diese politischen Investitionen machten sich bei der Expan-221-
KAPITEL IX
sion des Flick-Imperiums unter dem Nazi-Regime sehr gut bezahlt. Flick hatte sich schon sehr früh dem Keppler-Kreis, einer Gruppe deutscher Industrieller und Bankiers um Himmler, angeschlossen. Ab 1936 spendete er 100 000 Reichsmark jährlich an den speziellen SS-Fonds des Keppler-Kreises.282 Flick unterhielt enge persönliche Beziehungen zu den höheren NS-Führern. Er führte Privatgespräche mit Hitler und hatte einen regen Briefwechsel mit Göring. Seine Freundschaft mit Göring vertiefte sich erheblich, als Flick ihm 1938 ein Drittel der Harpener Bergbaugesellschaft überschrieb und als Gegenleistung die »arisierten« Braunkohlegruben der tschechisch-jüdischen Familie Petscheck übernehmen konnte.283 Flick erhielt sich sein gutes Einvernehmen mit Göring durch regelmäßige Geschenke, in erster Linie Kunstobjekte, die der Reichsmarschall besonders schätzte. Flick beschränkte seine finanzielle Unterstützung der NSBewegung nicht auf die oberen Partei- und Regierungsränge in Berlin. Er spendete etwa 50000 Reichsmark und später 100000 Reichsmark an den Gauleiter von Sachsen, Mutschmann284, für besondere Projekte. Die erste Zuwendung war für eine Jagdhütte, die zweite für »soziale Vorhaben des Gauleiters« bestimmt (Antwort Flicks auf Frage 103 des Fragebogens). Gemeinsam mit Krupp und Thyssen finanzierte er den deutschen Geheimdienst, den sie, nachdem die Versailler Verträge seine Weiterführung untersagt hatten, als Privatunternehmen betrieben und dessen Leiter, Oberst Nicolai, sie als Privatangestellten übernahmen.285 Daß Flick erst 1937 formell der NSDAP beitrat, sagt nichts über das Ausmaß der Förderung und Unterstützung, die er den Nationalsozialisten schon in den frühen dreißiger Jahren zukommen ließ. Posten in Industrie und Finanz-' Dresdner Bank, Berlin Harpener Bergbau AG, Dortmund Essener Steinkohlenbergwerke AG, Essen
Aufsichtsratsmitglied 1922-1945 Aufsichtsratsvorsitzender 1934-1945 Aufsichtsratsvorsitzender 1936-1945
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KURZBIOGRAPHIEN
Anhaltische Kohlenbergwerke AG, HalleBerlin Hochofenwerk Lübeck AG, Lübeck Mitteldeutsche Stahlwerke AG, Riesa a.d. Elbe Sächsische Gußstahlwerke Doehlen Maschinen- u. Waggonfabrik Busch AG, Bentzen Linke Hofmann-Werke AG (Eisenbahnwaggons), Breslau Maximilianhütte Rosenberg Rheinische AG für Braunkohlenbergbau u. Brikettfabrikation, Köln Schering AG, Berlin Dynamit Nobel AG, Troisdorf (Sprengstoff) Braunkohle-Benzin AG (Brabag) Vereinigte Stahlwerke, Düsseldorf Eisenindustrie zu Mendenschwerte, Schwerte Charlottenhütte, Niederscheide Bismarckhütte Oberschlesien Kattowitz AG, Kattowitz (Kohle, Stahl) Preußengrube, Oberschlesien Oberschlesische Eisenindustrie, Gleiwitz Linke Hofmann-Werke, Breslau
Aufsichtsratsvorsitzender 1938-1945 Aufsichtsratsvorsitzender 1937-1945 Aufsichtsratsvorsitzender 1926-1945 Aufsichtsratsvorsitzender 1938-1945 Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender 1934-1945 Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender 1934-1945 Aufsichtsratsmitglied 1929-1945 Aufsichtsratsmitglied 1928-1945
Aufsichtsratsmitglied 1934-1945 Aufsichtsratsmitglied 1936-1945 Aufsichtsratsmitglied 1943-1945 Aufsichtsratsmitglied 1926-1945 Vorstandsmitglied 1913-1915 Vorstandsmitglied 1915-1934 Aufsichtsratsmitglied 1920-1934 Aufsichtsratsmitglied 1922-1934 Aufsichtsratsmitglied 1922-1936 Aufsichtsratsmitglied 1922-1926 Aufsichtsratsmitglied 1923-1927
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KAPITEL IX
Cosmopolite-Niederlande (Metafine), Amsterdam (Finanzierungen) Bochumer Verein, Bochum (Stahl, Kohle) Deutsch-Luxemburg (Stahl, Kohle) Gelsenkirchener Bergwerksgesellschaft Vereinigte Oberschlesische Hüttenwerke, Gleiwitz Alpine Montane Gesellschaft, Wien Vereinigte Königs- & Laurahütte, Oberschlesien Veitscher Magnesitwerke, Wien Siegener Eisenindustrie AG Allgemeine Transportgesellschaft ATG, Leipzig Rombacher Hütte GmbH, Rombach Brandenburger Eisenwerke GmbH, Brandenburg (Material für Panzer) Montanverwertungsgesellschaft GmbH, Berlin (Staatliche Finanzierung von Kriegsindustriebetrieben) Spandauer Stahlindustrie GmbH, Spandau Berghütte Ost GmbH, Berlin (Beschaffungsamt) Allianz VersicherungsAG, Berlin Deutsche Reichsbank, Berlin
Aufsichtsratsmitglied 1923-1936
Aufsichtsratsmitglied 1924-1927 Aufsichtsratsmitglied 1924-1927 Aufsichtsratsmitglied 1924-1932 Aufsichtsratsmitglied 1924-1932 Aufsichtsratsmitglied 1923-1933 Aufsichtsratsmitglied 1927-1934 Aufsichtsratsmitglied 1930-1935 Aufsichtsratsmitglied 1919-1937 Aufsichtsratsmitglied 1933-1934 Aufsichtsratsvorsitzender 1941-1945 Aufsichtsratsvorsitzender 1938-1945 Aufsichtsratsmitglied 1941-1945
Aufsichtsratsvorsitzender 1942-1945 Aufsichtsratsmitglied 1941-1945
Aufsichtsratsmitglied 1936-1945 Beirat
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KURZBIOGRAPHIEN
Allgemeine Elektrizitätsge- Aufsichtsratsmitglied 1926-1945 Seilschaft, Berlin Sieben Planeten, DortMitglied des Grubenvorstands mund (Kohle- & 1934-1945 Eisenerzgruben) Siegener Maschinenbau Stellvertretender AufsichtsratsAG versitzender Gewerkschaft Victoria Vorstandsmitglied Fortsetzung, LünenLippe Flicks Besitz und seine Positionen umfassen die gesamte Rüstungsindustrie. In der Anfangszeit des Nazi-Regimes baute er sein Vermögen auf den deutschen Kriegsvorbereitungen auf. 1935 nahmen seine Unternehmen insgeheim die Produktion von Munitionshülsen auf. Der Flickkonzern war in Deutschland führend bei der Herstellung von Panzern. Schon 1933 wandte sich Flick dem Flugzeugbau zu. Er beschäftigte in großem Ausmaß Zwangsarbeiter. Seine Arbeiterschaft bestand zu etwa 40% aus Zwangsarbeitern, Arbeitern aus Konzentrationslagern und Kriegsgefangenen, die alle 60 bis 70 Stunden in der Woche arbeiteten.286 »Arisierungen«: Flick nutzte die Möglichkeiten, die ihm das Nazi-Regime bot, umgehend aus. Mehrere seiner Tochtergesellschaften gelangten aufgrund der Enteignung jüdischen Eigentums in Deutschland in seinen Besitz.287 Auf diese Weise erwarb er zum Beispiel die Rawack & Grünfeld AG, Berlin, die Eisen & Stahlblech Handels-GmbH, Berlin, die Hochofenwerke Lübeck AG, die Tureen & Jacobi GmbH, und Gassmann & Co., Berlin, und dies alles innerhalb von drei bis vier Jahren. Flick kaufte auch mehrere jüdische Grundstücke. 1937 wurde er Besitzer eines Anwesens in Bad Tölz, das Ignatz Nacher gehörte, dem früheren Eigentümer der Engelhardt Brauerei, die die Dresdner Bank ihm 1934 abgenommen hatte. Wenige Monate nach der Annexion Österreichs, im Frühjahr 1938, kaufte Flick einen Besitz in der Steiermark, der der Familie Gutmann gehörte, den früheren Eigentümern der Kohlenbergwerke Witkowitz, die die Dresdner Bank für die Hermann-Göring-Werke konfisziert hatte.288 Aber Flick war mit zwei Landsitzen nicht zufrieden und kaufte etwas später -225-
KAPITEL IX
das Gut Bärfelde, das auf über 4 Millionen Reichsmark geschätzt wurde und Max Friedheim gehörte. Verbindung z.ur Dresdner Bank: Flick gehörte dem Aufsichtsrat der Dresdner Bank seit 1922 an. In Anbetracht des fast vollständigen Wechsels der Aufsichtsratsmitglieder nach 1933 ist diese Tatsache bezeichnend. Obwohl Flick die Bankgeschäfte seiner zahlreichen Unternehmen zwischen der Deutschen und der Dresdner Bank aufteilte, hatte er zur Dresdner Bank - nach Aussage von Konrad Kaletsch289, dem Generaldirektor des Friedrich-Flick-Konzerns — die besten persönlichen Beziehungen. Sie unterstützte seine Unternehmen großzügig, wie Aussagen über die finanzielle Lage des FlickKonzerns bestätigen. Einkommen: Der Gesamtwert von Flicks Firmenbeteiligungen beläuft sich auf annähernd l Milliarde Reichsmark; sein Imperium setzte sich aus einem Geflecht von 70 Einzelunternehmen zusammen. Einschätzung des Häftlings: Flick ist äußerst ausweichend, besonders, wenn es um Fragen seiner politischen Verbindungen und der Vorteile geht, die er durch das Nazi-Regime hatte. Der Flick-Konzern wird zur Zeit von einer Sondergruppe der Wirtschaftsabteilung bei der Militärregierung untersucht. Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden ohne Zweifel das volle Ausmaß der Macht Flicks innerhalb der deutschen Industrie und seine Zusammenarbeit mit den NSFührern offenlegen. Schlußfolgerung: Flick nahm im Sinne von Artikel II § 2 (f) des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 im Finanz-, Industrie- und Wirtschaftsleben Deutschlands eine hohe Stellung ein; es wird angenommen, daß er ein Verbrechen gegen den Frieden nach Artikel II § l (a) desselben Gesetzes begangen hat. Gemäß § l (a) eines Schreibens des Hauptquartiers USFET vom 15. November 1945 betreffs »Haftprüfung durch Sicherheitsprüfungsausschüsse« ist seine Inhaftierung nicht Gegenstand der Überprüfung durch die nach § 3 desselben Schreibens gebildeten Sicherheitsprüfungsausschüsse.
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KURZBIOGRAPHIEN
HEINRICH KOPPENBERG AUFSICHTSR ATSMITG LIED DER DR ESDNER BANK
Zusammenfassung: Heinrich Koppenberg ist einer der Ingenieure, die ihre Fähigkeiten in den Dienst der Entwicklung des nationalsozialistischen Militärapparates stellten. Den wichtigsten Teil seiner Arbeit widmete er der Flugzeugindustrie, für die er viele Pläne zur Serienproduktion jener Flugzeuge entwickelte, mit denen die Luftwaffe die Niederlage so vieler europäischer Armeen bewirkte. Persönliche Daten: Heinrich Koppenberg, 66 Jahre alt, ist deutscher Reichsbürger und war Aufsichtsratsmitglied der Dresdner Bank. Hauptsächlich arbeitete er als Führungskraft für Industriebetriebe. Er wurde am 5. Dezember 1945 verhaftet und befindet sich zur Zeit im Gefängnis Preungesheim, Frankfurt/M. Heinrich Koppenberg war gelernter Maschinenbauingenieur und beschäftigte sich vorwiegend mit Motoren. Später richtete sich sein Interesse auf die Entwicklung und Herstellung von Flugzeugen. Politische Tätigkeit: Heinrich Koppenberg war seit 1937 Mitglied der NSDAP. Außerdem gehörte er folgenden NS-Gruppierungen an: NSFK seit 1937 DAF KDF NSV NS-Bund Deutscher Techniker seit 1933 NS-Altherrenbund seit 1933 Deutsche Jägerschaft seit 1933 Aero Club Berlin seit 1934 Rotary Club Dresden Deutsches Museum München seit 1935 Wehrwirtschaftsführer seit 1936 Koppenberg stand mit der Partei auf sehr gutem Fuße. Die Tatsache, daß man ihn dazu auserwählte, die großen Argus Motorenwerke nach der »Arisierung« 1939 zu übernehmen, ist ein hinreichender Beleg für seine Parteitreue. -227-
KAPITEL IX
Zudem übergab man ihm Aufgaben, die man nur jemandem anvertraut hätte, der fest hinter den expansionistischen Zielen der NSDAP stand. Eine solche Aufgabe war zum Beispiel die Leitung der Produktionsorganisation und -Steigerung in der norwegischen Aluminiumindustrie 1940.290 Ein weiterer Beleg ist seine Teilnahme an den periodischen Sitzungen der 50 führenden Industriellen im deutschen Luftfahrtbereich, bei denen Göring seine Pläne und Weisungen für den geheimen Aufbau der Luftwaffe weitergab. Bezeichnend für seine politische Stellung ist auch die Tatsache, daß Charles A. Lindbergh ihn 1937 in das »Institute of Aeronautical Sciences« aufnehmen durfte. Er nutzte diese und andere Verbindungen zur amerikanischen Industrie, etwa zu Bendix, um amerikanische Flugzeugkonstrukteure nach Deutschland zu holen, wo Junkers von ihrer in Amerika gewonnenen Erfahrung und Forschung profitierte. Posten in Industrie und Finanz: Heinrich Koppenberg nahm Positionen in folgenden Firmen ein: Dresdner Bank Nordische Aluminium AG Braunkohle-Benzin AG (Brabag) Mitteldeutsche Stahlwerke AG Hanomag, Hannover Auto Union AG Hansa Leichtmetallwerke AG Mineralöl-Bau GmbH (Anlagenbau) Dürener Metallwerke AG (Leichtmetall) Linke Hofmann-Werke AG (Eisenbahnwaggons) Waggon- und Maschinenfabrik AG, vorm Busch
Aufsichtsratsmitglied 1939 Aufsichtsratsvorsitzender 1940-1942 Aufsichtsratsmitglied 1938-1940 Aufsichtsratsmitglied 1934-1945 Aufsichtsratsmitglied 1934-1945 Aufsichtsratsmitglied 1934-1945 Mitglied des Beirats 1936-1945 Vorsitzender des Beirats 1931-1945 Mitglied des Beirats 1936-1945 Aufsichtsratsmitglied 1936-1945
Aufsichtsratsmitglied 1936-1945
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KURZBIOGRAPHIEN
Norsk Lettmetal Eisenwerk Gesellschaft Maximilianshütte Rosenberg (Tochterges. von Mittelstahl) Magdeburger Werkzeugmaschinenfabrik, Magdeburg (Tochterges. von Junkers) ATG Allgem. Transportanlagen GmbH (Mittelstahl; Flugzeuge) Pittler Werkzeugmaschinenfabrik AG, Leipzig Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt, Berlin Maxhütte AG (Tochterges. von Mittelstahl)
Aufsichtsratsmitglied 1941-1942 Aufsichtsratsmitglied 1931-1933
Mitglied des Beirats 1936-1941
Aufsichtsratsmitglied 1933-1945
Aufsichtsratsmitglied 1938-1943 Vorstandsvorsitzender 1935-1941 Vorstandsmitglied 1930-1934, Aufsichtsratsmitglied 1934-1940
Alle Posten, die Heinrich Koppenberg in der Industrie einnahm, lagen im Bereich der Rüstung und hatten vornehmlich mit Luftfahrt zu tun. Er wurde zuerst durch seinen Erfolg bei der ATG bekannt, von wo er in den Vorstand der Junkerswerke überwechselte. Sein Interesse an Aluminium und Öl erwuchs aus deren Bedeutung für die Entwicklung des von Göring geforderten überlegenen Flugzeugtyps, für den Junkers intensive Forschungsarbeiten betrieb. Verbindung zur Dresdner Bank: Koppenberg wurde 1939 Aufsichtsratsmitglied der Dresdner Bank. Die Wahl fiel auf ihn, weil er als Nazi ein Nicht-Parteimitglied ersetzen sollte und überdies zahlreiche Posten in der Flugzeugindustrie und verwandten Industriezweigen innehatte. Die Dresdner Bank hatte sich zu dieser Zeit schon sehr stark in der Finanzierung »gewagten Finanzierung« laut Hettlage — zahlreicher Unternehmen auf diesem Gebiet engagiert. Sie brauchte den Rat und die Unterstützung eines Experten für die Abwicklung solcher Kredite, und ein Mann, der sowohl überzeugter Nazi war als auch enge Verbindungen zum Luftfahrtministerium, -229-
KAPITEL IX
zu Göring und den führenden Männern dieser Industrie besaß, war ihr daher äußerst willkommen. Rüstung: Seit 1933 hatte Heinrich Koppenberg mit dem Aufbau der NS-Kriegsmaschinerie zu tun. Er entwickelte die JU 88 und den Sturzkampfbomber Stuka, der die Streitkräfte, die versuchten, Europa zu verteidigen, so wirkungsvoll angriff. Er trug viel dazu bei, vor 1939 von amerikanischen Flugzeugherstellern technische Informationen für den deutschen Gebrauch zu erlangen. Er war einer der ersten, die die Massenproduktion von synthetischem Öl entwickelten. Er überwachte den Anlagenbau für die staatliche Öl-Monopolgesellschaft und blieb während des Krieges deren Berater. Nachdem die ersten Anlagen gezeigt hatten, daß sich der Prozeß durchführen ließ, wurde Koppenberg Leiter der Mineralöl-Baugesellschaft mbH, die alle Anlagen für synthetisches Öl in Deutschland errichtete. Potentiell von noch größerer Bedeutung für den Krieg und sicher von größerer Zerstörungskraft als die Stukas in Rotterdam und Warschau war die V-l. In seinen Argus Motorenwerken vollendete Koppenberg die Entwicklung dieser tödlichen Waffe, die man in London, Lüttich, Antwerpen und anderen Städten so gut kennt. Er begann 1942, daran zu arbeiten; Anfang 1944 war seine Entwicklung reif für die Serienproduktion.291 Er beteiligte sich an der Ausbeutung Europas durch die Nazis, indem seine Flugzeugfabriken sich bis in verschiedene besetzte Gebiete ausdehnten, um dort Material, Maschinen und Arbeitskräfte für sich einzusetzen. In allen Unternehmen, denen er angehörte, arbeiteten Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene. Koppenberg sagte aus, daß in seinen Arguswerken ein Drittel der Arbeiter Zwangsarbeiter oder Kriegsgefangene waren, die entgegen der Genfer Kriegsgefangenen-Konvention in dem Rüstungsbetrieb eingesetzt wurden.292 Einkommen: Aus der nachfolgenden Einkommenstabelle geht nicht eindeutig hervor, in welchem Ausmaß Koppenberg aus seiner Parteizugehörigkeit und seinen Bemühungen um die Rüstung profitierte. 1939 übernahm er die äußerst wertvollen Argus Motorenwerke mit mehreren Tochterunternehmen von -230-
KURZBIOGRAPHIEN
Dr. Strauß, einem Juden, der zu dieser Zeit im Konzentrationslager saß. 1930: etwa 150 000 Reichsmark 1931: etwa 150 000 Reichsmark 1932: etwa 150000 Reichsmark 1933: etwa 150 000 Reichsmark 1934: etwa 150 000 Reichsmark 1935: etwa 150000 Reichsmark 1936: etwa 150 000 Reichsmark 1937: etwa 150 000 Reichsmark 1938: etwa 150 000 Reichsmark 1939: etwa 150000 Reichsmark 1940: etwa 200 000 Reichsmark Nach Übernahme der Argus 1941: etwa 200 000 Reichsmark 1942: etwa 200 000 Reichsmark 1943: etwa 200 000 Reichsmark 1944: etwa 200 000 Reichsmark Quellen293: Diese Informationen stammen aus Vernehmungen Koppenbergs und seiner Geschäftspartner und aus verschiedenen Berichten, die er über diverse Aspekte seiner industriellen, finanziellen und politischen Tätigkeit geschrieben hat. Einschätzung des Häftlings: Koppenbergs Hauptinteresse war das eines leitenden Ingenieurs und Forschers, daher ist er über die Finanzangelegenheiten vieler Gesellschaften, denen er angehörte, nicht allzu gut informiert. Er scheint ein überzeugter Nazi zu sein, der nach den Entscheidungsschlachten in Rußland 1942 einen Gesinnungswandel durchmachte. Er reagiert daher ausweichend, wenn man ihn nach NSDAP-Angelegenheiten fragt, und ergreift jede sich bietende Gelegenheit, zu zeigen, daß er kein wirklicher Nazi ist. Das hat natürlich gegenüber den Unterlagen über seine Aktivitäten vor 1942 wenig Gewicht. Schlußfolgerung: Koppenberg nahm im Sinne von Artikel II § 2 (f) des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 eine hohe Stellung im deutschen Finanz-, Industrie- und Wirtschaftsleben ein; es wird angenommen, daß er ein Verbrechen gegen den Frieden nach § l (a) desselben Gesetzes begangen hat. Gemäß § l (a) -231-
KAPITEL IX
eines Schreibens des Hauptquartiers USFET vom 15. November 1945 betreffs »Haftprüfung durch Sicherheitsprüfungsausschüsse« ist seine Inhaftierung nicht Gegenstand der Überprüfung durch die nach § 3 desselben Schreibens gebildeten Sicherheitsprüfungsausschüsse.
KAR L LINDEMANN AUFSICHTSR ATSMITG LIED DER DR ESDNER BANK
Zusammenfassung: Karl Lindemann war schon vor der Machtergreifung der Nazis ein etablierter deutscher Geschäftsmann. Trotzdem schloß er sich der Partei an und unterstützte ihre Ziele, um seine persönliche Macht und seine Gewinne zu vergrößern. Persönliche Daten: Karl Lindemann, 65 Jahre alt, deutscher Reichsbürger, wohnte in Bremen, Wachmann Str. 76. Zur Zeit befindet er sich im Internierungslager USFET G-2.294 Karl Lindemann war seit Beginn seiner geschäftlichen Laufbahn an Banken, Export- und Schiffahrtsunternehmen beteiligt. Vor 1926 lebte er längere Zeit in China. Politische Tätigkeit: Lindemann trat 1938 der NSDAP bei und gehörte folgenden Unterorganisationen an: Förderungsgesellschaft der SS295 Mitglied seit 1938 DAF Mitglied seit 1938 NSV Mitglied seit 1936 Reichswirtschaftskammer Präsident seit 1944 Gesellschaft zur Förderung des Präsident Instituts für Weltwirtschaft Kiel Die bloße Auflistung der NSDAP-Organisationen, denen Lindemann angehörte, zeigt nicht ganz, wie eng er sich den Zielen der Partei verbunden fühlte. Reichswirtschaftsminister Walther Funk ernannte ihn selbst zum Präsidenten der Reichswirtschaftskammer. Lindemann gehörte dem berüchtigten Keppler-Kreis an, einer kleinen Gruppe von Geschäftsleuten, die jährlich große Summen in einen Spendenfonds zahlten - der zunächst von Hitler und später von Himmler verwendet wurde — und die als -232-
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Gegenleistung Vergünstigungen für sich und ihre Firmen erhielten. Ein weiterer wichtiger Posten, den Lindemann einnahm und der seine Parteitreue und Zuverlässigkeit belegt, war die Mitgliedschaft in der Delegation, die im Jahre 1943 die Verhandlungen über das deutsch-schweizerische Handelsabkommen führte. Dabei ging es um die Erhöhung kriegswichtiger Importe. Posten in Industrie und Finanz:
Dresdner Bank Aufsichtsratsmitglied 1934-1945 Norddeutsche Kreditbank Aufsichtsratsmitglied 1931-1945 AG, Bremen Aufsichtsratsmitglied 1942-1945 Hamburg-Bremer Feuerversicherungs-Gesellschaft, Hamburg Aufsichtsratsmitglied 1939-1945 Hamburg-Bremer Rückversicherungs-AG, Hamburg Deutsche Revisions- u. Aufsichtsratsmitglied 1938-1945 Treuhand AG, Berlin Assecuranz Compagnie Aufsichtsratsmitglied 1937-1945 Mercur, Bremen Norddeutscher Lloyd Aufsichtsratsvorsitzender (Schiffahrt) 1933-1945 Hamburg-Amerika Linie Aufsichtsratsmitglied 1942-1945 (Schiffahrt) Deutsche Amerika-Linie Aufsichtsratsmitglied 1942-1945 Atlas-Werke AG, Bremen Aufsichtsratsvorsitzender 1933-1945 (Eisen, Stahl) Wollgarnfabrik Tittel & Stellvertretender AufsichtsratsKrüger und Sternwoll- vorsitzender 1931-1945 spinnerei AG, Leipzig Norddeutsche Woll- und Stellvertretender AufsichtsratsKammgarnindustrie vorsitzender 1931-1945 AG, Delmenhorst Aufsichtsratsmitglied 1936-1945 Mühlheimer BergwerksVerein Aufsichtsratsmitglied 1939-1945 Norddeutsche Cementfabrik -233-
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Vereinigte Industrie Aufsichtsratsmitglied 1937-1945 Unternehmungen AG, VIAG (Dachgesellschaft) Deutsch-Amerikanische Aufsichtsratsmitglied 1934-1942 Petroleum AG Unilever Konzern Aufsichtsratsmitglied 1940-1942 Deutsche Bank für OstAufsichtsratsmitglied 1942-1945 asien Melchers & Co. Teilhaber 1913-1945 Reichsbank, Berlin Beirat 1936-1945 Die Hauptbeteiligungen Karl Lindemanns lagen in der Schiffahrt; in den beiden Hauptschiffahrtslinien, der Hamburg-Amerika-Linie und dem Norddeutschen Lloyd, war er ein wichtiger Mann. Seine größte Kapitalbeteiligung hatte er in der Importfirma Melchers & Co., die eine Filiale in China unterhielt und im Handel mit dem Fernen Osten eine der bedeutendsten in Deutschland war. Die Deutsche Bank für Ostasien hatte man zur Finanzierung deutsch-japanischer Verträge über den Austausch deutscher Patente gegen kriegswichtige Rohstoffe aus Japan gegründet. Rüstungs- und Kriegsindustrie: Die Importfirma, deren Teilhaber Lindemann war, gehörte zu den wesentlichen Stützen des staatlichen Programms zur Beschaffung von Rohstoffen für das deutsche Kriegspotential. Das Reich gründete die Bank für Ostasien, deren Aufsichtsrat Lindemann angehörte, um den Handel zwischen Deutschland und Japan zu erleichtern und somit beiden Aggressorstaaten die Deckung ihres Bedarfs an Kriegsmaterialien zu ermöglichen.296 Die VIAG war eine große Dachgesellschaft, die zahlreiche vom Reich gegründete Rüstungsbetriebe leitete. Ihre Aktivitäten erstreckten sich auf alle Bereiche der Rüstungsproduktion und -finanzierung, die zusätzliche staatliche Subventionen erforderten, um den gewünschten Produktionsausstoß zu erzielen.297 Graf Schwerin von Krosigk298 berief Lindemann persönlich in diesen Aufsichtsrat. -234-
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Verbindung zur Dresdner Bank: Lindemann wurde 1934 in den Aufsichtsrat der Dresdner Bank gewählt. Die Hauptgründe für seine Wahl lagen in seiner Verbindung zu Rasche über den Keppler-Kreis und in dem Bestreben der Bank, einen prominenten Nazi-Geschäftsmann für dieses Gremium zu gewinnen. Einkommen:
1930: 50 000 Reichsmark 1931: 50 000 Reichsmark 1932: Verluste durch Abwertung 1933: 15 000 Reichsmark 1934: 15000 Reichsmark 1935: 80 000 Reichsmark 1936: 100 000 Reichsmark 1937: 100 000 Reichsmark 1938: 125 000 Reichsmark 1939: 250 000 Reichsmark 1940: 250 000 Reichsmark 1941: 300 000 Reichsmark 1942: 300 000 Reichsmark 1943: 300 000 Reichsmark 1944: 300 000 Reichsmark Wie diese Tabelle zeigt, machten sich seine politischen Ansichten sehr gut bezahlt. Lindemann schätzt sein Vermögen zur Zeit auf etwa 800000 Reichsmark, wovon 500000 Reichsmark dem Wert seiner Beteiligung an Melchers & Co. entspricht. Quellen2": Die hier vorgelegten Informationen stammen aus Fragebögen der Militärbehörden, die Lindemann ausgefüllt hat, und aus Vernehmungen mit ihm und seinen Geschäftspartnern. Einschätzung des Häftlings: Lindemann scheint über Finanzangelegenheiten gut informiert zu sein. Er beantwortet gezielte Fragen, gibt aber unaufgefordert keine Auskünfte. Wie die meisten Nazis versucht er, in politischer Hinsicht jeden Hinweis auf Parteiverbindungen und -aktivitäten herunterzuspielen. Schlußfolgerung: Lindemann nahm im Sinne von Artikel II § 2 (f) des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 eine hohe Stellung im Finanz-, Industrie- und Wirtschaftsleben Deutschlands ein; es -235-
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wird angenommen, daß er ein Verbrechen gegen den Frieden nach Artikel II § l (a) desselben Gesetzes begangen hat. Gemäß § l (a) eines Schreibens des Hauptquartiers USFET vom 15. November 1945 betreffs »Haftprüfung durch Sicherheitsprüfungsausschüsse« ist seine Inhaftierung nicht Gegenstand der Überprüfung durch die nach § 3 desselben Schreibens gebildeten Sicherheitsprüfungsausschüsse.
W I LH E LM M A R O T Z K E AUFSICHTSR ATSMITG LIED DER DR ESDNER BANK
Zusammenfassung: Wilhelm Marotzke ist das typische Beispiel eines deutschen Durchschnittsbürgers, der es in den politischen Kreisen der NSDAP zu einer äußerst einflußreichen Stellung brachte und daraus persönlich große Vorteile zog. Er betätigte sich überaus aktiv im Rüstungsbereich und beim Ausbau der Kriegswirtschaft in Deutschland. Persönliche Daten: Wilhelm Marotzke, 49 Jahre alt, ist deutscher Reichsbürger und lebt in Duisburg. Er ist Aufsichtsratsmitglied der Dresdner Bank, sein Hauptbetätigungsfeld liegt jedoch im Industriebereich. Marotzke wurde zunächst von der British Field Security verhaftet und befindet sich zur Zeit im FIAT-Internierungslager »Dustbin«. Als Vorbereitung auf den Staatsdienst, in den er 1922 eintrat, studierte er Jura und Volkswirtschaft und stieg in seiner Beamtenlaufbahn in Preußen und dem Reich bis zum Rang eines Ministerialdirigenten auf. Politische Tätigkeit: Marotzke trat 1937 der NSDAP bei und gehörte folgenden NSDAP-Unterorganisationen an: Allgemeine SS Hauptsturmbannführer 1937 Obersturmbannführer 1939 Standartenführer 1940 seit 1933 NSV VDE Reichskolonialbund NS-Reichskriegerbund NS-Altherrenbund -236-
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Marotzke war nicht nur über diese Organisationen mit der NSDAP verbunden, er gehörte auch dem auserwählten Kreis des Reichsministeriums für Rüstung und Kriegsproduktion an. Er besaß hervorragende Parteiverbindungen. Laut Hettlage, dem Finanzberater des Reichsministeriums für Rüstung und Kriegsproduktion, bekam er die Klöckner-HumboldtDeutz-Werke in Anerkennung seiner Dienste für die Partei. Der berüchtigte Terboven300 hatte sich diesen Konzern angeeignet und die Eigentümer ins Konzentrationslager gebracht. Das Unternehmen wurde dann eine Beute der Partei, die es schließlich Marotzke übergab. Posten in Industrie und Finanz: Die Positionen, die Marotzke im Industrie- und Geschäftsleben einnahm, lassen sich in drei Gruppen aufteilen: Die erste Gruppe ergab sich aus seiner Organisationstätigkeit für den riesigen staatlichen Rüstungskonzern, die Hermann Göring-Werke, unter Leitung des Reichsministeriums für Rüstung und Kriegsproduktion, und umfaßte folgende Ämter: AG Reichswerke »HerAufsichtsrat 1940-1942 mann Göring« (Dachgesellschaft) Reichswerke AG für Berg- Aufsichtsrat 1940-1942 bau- und Hüttenbetriebe »Hermann Göring« (Dachgesellschaft) Reichswerke AG für Aufsichtsrat fen- und WafMaschinenbau »Hermann Göring« Steinkohlengewerkschaft der Reichswerke Aufsichtsrat mann Göring« »HerJugomontan Alpine Montan AG Sudetenländische Bergbau Aufsichtsrat 1937-1942 AG (Brüx) Sudetenländische Treib- Aufsichtsrat 1938-1942 stoff AG (Braunkohle- Aufsichtsrat 1939-1942 veredelung) Aufsichtsrat 1939-1942 -237-
KAPITEL IX
Ferdinande Nordbahn Aufsichtsrat 1939-1942 (Kohle) Mines de Bor Aufsichtsrat Ostdeutsche Steinkohlege- Aufsichtsrat 1939-1942 werkschaft der Reichswerke Aus der Geschichte der Hermann Göring-Werke geht hervor, daß man sie ausschließlich zu dem Zweck gründete, die deutsche Produktionskapazität für Stahl zu erhöhen, um den Militärapparat aufzubauen, den man für die Verwirklichung der Eroberungs- und Ausbeutungsziele der Nazis brauchte. Die ersten fünf Gesellschaften bildeten die Grundpfeiler des Hermann Göring-Imperiums. Einige waren kleine unrentable deutsche Firmen, die aber außerdem als Dachgesellschaften für »arisierte« Neuerwerbungen fungierten. Die letzten fünf Unternehmen brachten sie während des Eroberungsfeldzuges durch Europa in ihren Besitz, wozu ihnen jedes Mittel recht war. Man beschlagnahmte die Mehrheitsanteile mittels »Arisierung«, kaufte sie von belgischen, holländischen oder französischen Aktionären über Verrechnungsstellen und raubte sie in einigen Fällen mit nackter Gewalt. Die zweite Kategorie von Positionen, die Marotzke innehatte, ergab sich aus seiner Tätigkeit für die Klöckner-Werke, einen vertikalen Rüstungskonzern der Stahlindustrie301 , der in der Phase der Kriegsvorbereitungen des nationalsozialistischen Staates einen enormen und schnellen Aufschwung erfuhr. Ähnlich wie bei den Hermann Göring-Werken übernahmen sie viele Tochtergesellschaften durch »Arisierung« und Enteignung. Marotzkes Aufgabe bestand in der Wiederholung des Erfolgs, den er bei den Hermann Göring-Werken erzielt hatte, indem er diesen wichtigen Konzern der Kriegsindustrie auf eine effiziente Produktion einrichtete. Er hatte in diesem Konzern folgende Posten: Klöckner Werke AG (Kohle, Stahl) Klöckner Reederei und Kohlenhandels-GmbH
Generaldirektor 1942-1945 Mitglied der Geschäftsführung 1942-1945 -238-
KURZBIOGRAPHIEN
Klöckner & Co. (StahlHandelsgesellschaft) NV Montan, Amsterdam (Handelsgesellschaft für Stahlerzeugnisse) Klöckner-HumboldtDeutz AG (Motoren, LKWs, Zugmaschinen) Rheinische Chamotte- und Dinaswerke (Steinplatten) Gewerkschaft »Victor«, Rauxel (Holzgas, Ammoniakerzeugnisse) Klöckner-Deutz-Motoren AG (Flugzeugmotoren) Simmering-Graz-Pauker AG (Motoren und Maschinen)
Vorsitzender des Beirats und Aufsichtsratsmitglied 1942-1945 Aufsichtsratsmitglied 1943-1945
Aufsichtsratsvorsitzender 1942-1945 Aufsichtsrat 1943-1945
Aufsichtsrat 1942-1944
Aufsichtsratsvorsitzender 1944-1945 Aufsichtsratsvorsitzender 1943-1945
Zu der dritten Gruppe gehörte nur die tschechoslowakische Schuhfabrik »Bata«, die Marotzke in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsvorsitzender von 1942-1945 reorganisierte, damit sie in einem Gebiet, das von tschechischer unter deutsche Kontrolle gekommen war, arbeiten konnte. Verbindungen zur Dresdner Bank: Wilhelm Marotzke kam 1943 zur Dresdner Bank. Er sollte als Nazi ein Nicht-Parteimitglied ersetzen und darüber hinaus Klöckner-Humboldt-Deutz in einer wertvollen Finanzverbindung vertreten. Rüstung: Marotzke war seit 1934, als er beim Reichswirtschaftsministerium eintrat, ein Mann, dessen Bedeutung in der NS-Rüstungsindustrie ständig zunahm. Als Organisator der Hermann Göring-Werke arbeitete er mit Speer, Göring, Körner, Dr. Voss, Pleiger, Meinberg, Dr. Delius, Kehrl302 und anderen zusammen, die mit dem Vierjahresplan zu tun hatten, und betrieb mit ihnen die Ausbeutung der Nazi-Eroberungen für die Expansion der Kriegsindustrie. Während seiner gesamten Laufbahn seit 1933 widmete er seine Arbeit der Steigerung der Rüstungsproduktion. -239-
KAPITEL IX
Einkommen: Die Steigerung seines Jahreseinkommens von 8000 Reichsmark auf 198000 Reichsmark, wie sie die nachfolgende Tabelle seiner Bezüge für die Jahre 1933 bis 1945 aufweist, zeigt, daß Wilhelm Marotzkes Beziehungen zur Partei und zur Rüstungsindustrie sehr einträglich waren. 1933: 8 000 Reichsmark 1934: 9 000 Reichsmark 1935: 10 000 Reichsmark 1936: 11 000 Reichsmark 1937: 13000 Reichsmark 1938: 14000 Reichsmark 1939: 16 000 Reichsmark 1940: 17 000 Reichsmark 1941: 17 000 Reichsmark 1942: 132 000 Reichsmark 1943: 196 000 Reichsmark 1944: 198 000 Reichsmark Sein Vermögen wird auf 240000 Reichsmark geschätzt. Quellen303: Es liegen folgende Vernehmungsprotokolle und schriftliche Berichte von Wilhelm Marotzke vor: Organisation der Hermann Göring-Werke Reorganisation der Bata Fragebogen Wirtschaftlicher Werdegang Beziehungen zur Familiengesellschaft Einschätzung des Häftlings: Marotzke macht als Zeuge einen offenen und intelligenten Eindruck und scheint beträchtliches Wissen über Finanzangelegenheiten zu besitzen. Er wird ausweichend, wenn man ihn zur NSDAP, deren politische Ideologie und zu seiner Rolle bei deren Durchsetzung befragt. Schlußfolgerung: Marotzke nahm im Sinne von Artikel II § 2 (f) des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 eine hohe Stellung im Finanz-, Industrie- und Wirtschaftsleben Deutschlands ein; es wird angenommen, daß er ein Verbrechen gegen den Frieden nach Artikel II § l (a) desselben Gesetzes begangen hat. Gemäß § l (a) eines Schreibens des Hauptquartiers USFET, AG 013.3, GEC-AGO vom 15. November 1945 betreffs »Haftprüfung durch Sicherheitsprüfungsausschüsse« ist seine Inhaf-240-
KURZ BIOGRAPHIEN
tierung nicht Gegenstand der Überprüfung durch die nach § 3 desselben Schreibens gebildeten Sicherheitsprüfungsausschüsse.
WALT HER SC H I E B E R AUFSICHTSR ATSMITG LIED DER DR ESDNER BANK
Zusammenfassung: Walther Schieber ist der Prototyp des begeisterten, überzeugten Nazis. Er war schon früh Mitglied der Partei und setzte seine Fähigkeiten zur Unterstützung ihrer Ziele ein. Er profitierte zwar von seinen politischen Beziehungen, war aber stärker an den Ergebnissen für die deutsche Rüstung interessiert als an seinem persönlichen Vorteil. Persönliche Daten: Walther Schieber, 49 Jahre alt, ist deutscher Reichsbürger und lebte in Bopfingen, Württemberg. Er gehörte dem Aufsichtsrat der Dresdner Bank an. Er wurde am 13. Mai 1945 verhaftet und war in Internierungslagern in Garmisch-Partenkirchen und Augsburg. Zur Zeit befindet er sich im FIAT-Internierungslager »Dustbin«. Walther Schieber studierte in Stuttgart und Jena Chemie und begann seine Laufbahn als Chemiker bei der LG. Farben. Nachdem die Nazis an die Macht kamen, stieg er jedoch schnell in eine einflußreiche Position als Leiter der von den Nazis geforderten Zellwolle und Kunstseide Ring GmbH, Berlin, auf. Politische Tätigkeit: Walther Schieber trat 1931 der NSDAP bei und gehörte folgenden Unterorganisationen an: SS Sturmführer 1934-1939 Standartenführer 1941 Brigadeführer 1943 DAF seit 1935 NSV NS-Bund Deutscher seit 1938, Leiter Fachgruppe Technik Chemie 1940-1945 Deutsche Jägerschaft seit 1936 Er erhielt folgende Auszeichnungen der NSDAP: -241-
KAPITEL IX
Goldenes Parteiabzeichen 1939 SS-Führer ehrenhalber 1939-1941-1943 Er hatte folgende Ämter inne, die absolute Loyalität gegenüber der Partei erforderten: Organisation Todt 1939-1941: Organisation der Zelluloseabteilung in der Chemieindustrie Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion 1942-1944: Konsolidierung verschiedener Kriegsindustriebereiche, Mitglied einer Spezialabteilung zur Herstellung von Holzgasgeneratoren Gau Wirtschaftsberater Thüringen 1937 Gasschutzreferent der SS 1934 Walther Schieber stand in enger Verbindung zur NSDAP, wie die Zahl und Vielfalt seiner Mitgliedschaften in Unterorganisationen, sein hoher Rang in diesen Gruppierungen und sein schneller Aufstieg in einem staatlich kontrollierten Konzern zeigen. Posten in Industrie und Finanz:
Dresdner Bank Zellgarn AG, LitzmannStadt Thüringische Zellwolle AG Spinnfaser GmbH, KasselBettenhausen (Rohkasein) Schwäbische Zellstoff AG, Ehingen Lenzinger Zellwolle u. Papierfabrik AG Westfälische Zellstoff AG, Arnsberg Adam Opel AG
Aufsichtsratsmitglied 1943-1945 Aufsichtsratsmitglied 1941-1944 Aufsichtsratsmitglied 1935-1944 Vorstandsmitglied 1938-1941, Aufsichtsratsmitglied 1942-1944 Vorstandsmitglied 1941-1943 Aufsichtsratsmitglied 1944 Vorstandsmitglied 1939-1944 Vorstandsmitglied 1941-1944
Treuhandstelle zur Kontrolle feindlichen Eigentums304 All diese Unternehmen waren aufgebaut worden, um die Pläne des Reichswirtschaftsministeriums für eine auf Selbstversorgung basierende Wirtschaft - eine wesentliche Voraussetzung für die Kriegsanstrengungen Deutschlands — zu unterstützen. Schiebers Parteiverbindungen verhalfen ihm ebenso -242-
KURZBIOGRAPHIEN
sehr zu seiner Stellung in diesen aus dem Krieg hervorgegangenen Konzernen wie seine technischen Qualifikationen. Walther Schieber war Geschäftsführer der Zellwolle und Kunstseide Ring GmbH, Berlin, die vom Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion gefördert wurde. Er war in Aufsichtsrat oder Vorstand der Hauptgesellschaften, die diesen kriegswichtigen Konzern bildeten, ein wichtiger Mann und beaufsichtigte die Forschungsaktivitäten und den technischen Betrieb der Herstellungsbetriebe. Verbindungen nur Dresdner Bank: Walther Schieber kam aufgrund seiner einflußreichen Stellung in der NSDAP und seiner wichtigen Industrieverbindungen in den Aufsichtsrat der Dresdner Bank. Er gehörte dem NSDAP-Bankausschuß Martin Bormanns an, weshalb man ihn als Ersatz für ein NichtParteimitglied in den Aufsichtsrat der Dresdner Bank wählte. Rüstung: Als Angehöriger des Reichsministeriums für Rüstung und Kriegsproduktion und der Organisation Todt spielte Schieber eine wichtige Rolle in den Rüstungsbemühungen der Nazis. Seine Arbeit, die er noch vor 1935 am Aufbau der Zellulose- und Kunststoffanlagen der I.G.Farben leistete, bildeten einen direkten Beitrag zu den Kriegsvorbereitungen der Nazis. In den Kriegsjahren 1939-1942 trug er mit dem Aufbau von Zellstoffanlagen in Frankreich, Belgien, Italien, Polen und Rußland erheblich zur Steigerung der deutschen Produktion dieses wichtigen Munitionsbestandteils bei. Einkommen: Die Steigerung seines Einkommens von 9000 Reichsmark im Jahr 1933 auf 55000 Reichsmark im Jahr 1943, wie sie aus der folgenden Tabelle für diese Jahre ersichtlich ist, zeigt, welchen Anteil er an den Gewinnen der NSRüstungs- und Kriegsindustrie hatte. 1933: 9 000 Reichsmark 1934: 12 000 Reichsmark 1935: 15 000 Reichsmark 1936: 16 000 Reichsmark 1937: 18 000 Reichsmark 1938: 25 000 Reichsmark 1939: 40 000 Reichsmark 1940: 45 000 Reichsmark 1941: 45 000 Reichsmark -243-
KAPITEL IX
1942: 55 000 Reichsmark 1943: 55 000 Reichsmark 1944: 45 000 Reichsmark Quellen305: Das Informationsmaterial stammt aus Vernehmungen Schiebers und seiner Geschäftspartner, schriftlichen Berichten, die er verfaßte, und aus Fragebögen der Militärbehörden. Einschätzung des Häftlings: Schieber ist über technische Fragen gut unterrichtet, weniger jedoch über den finanziellen Aspekt der Unternehmen, denen er angehörte. Er betrachtet sich als technischen Fachmann und ist nicht bereit, über politische Fragen Auskunft zu geben. Schlußfolgerung: Schieber nahm im Sinne von Artikel II § 2 (f) des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 im Finanz-, Industrie- und Wirtschaftsleben Deutschlands eine hohe Stellung ein; es wird angenommen, daß er ein Verbrechen gegen den Frieden nach Artikel II § l (a) desselben Gesetzes begangen hat. Gemäß § l (a) eines Schreibens des Hauptquartiers USFET vom 15. November 1945 betreffs »Haftprüfung durch Sicherheitsprüfungsausschüsse« ist seine Inhaftierung nicht Gegenstand der Überprüfung durch die nach § 3 desselben Schreibens gebildeten Sicherheitsprüfungsausschüsse.
H A N S U L LR I C H AUFSICHTSR ATSMITG LIED DER DR ESDNER BANK
Zusammenfassung: Hans Ullrich306 war ein fähiger Rechtsanwalt, dessen Ruf weit über die Grenzen Deutschlands hinausreichte. Er vertrat eine der führenden deutschen Versicherungsgesellschaften. Er stellte sowohl seinen Ruf als auch seine Fähigkeiten in den Dienst der Partei und schloß sich der Fünften Kolonne an, indem er die Machenschaften des Nationalsozialismus mit seinem guten Namen deckte. Persönliche Daten: Hans Ullrich, 57 Jahre alt, ist deutscher Reichsbürger und wohnt in Gotha, Schöne Allee 9. Er war Aufsichtsratsmitglied der Dresdner Bank. Ullrich studierte Jura und Volkswirtschaft an den Universi-244-
KURZBIOGRAPHIEN
täten Jena und München. 1920 trat er in die Gothaer Lebensversicherungsbank AG ein, wo er schnell zum Generaldirektor aufstieg. Er wurde am 8. April 1946 als gesuchte Person der SHAEFListe307 verhaftet und befindet sich zur Zeit im FIAT-Internierungslager »Dustbin«. Politische Tätigkeit: Hans Ullrich trat 1934 der NSDAP bei und gehörte folgenden Unterorganisationen und von der Partei kontrollierten Einrichtungen SS-Sturmbannführer an: DAF 1935 KDF 1934 NSV 1934 NSKOV 1934 Reichskolonialbund 1934 NS-Rechtswahrerbund Deutscher Verein für 1934 Wirtschaftsversicherung Stellvertretender Vorsitzender Wirtschaftskammer Thüringen Reichsverein für Privat- 1935 Direktionsmitglied versicherung Akademie für Deutsches 1924 Recht 1941 Vorsitzender Ausschuß für Versicherungsrecht Ullrich identifizierte sich über die Mitgliedschaft in diesen Gruppen hinaus mit der Partei und ihren Zielen. 1933 wählte er die NSDAP und faßte 1937 Anregungen der Nazis zu einem Vorschlag für ein europäisches Automobil-Versicherungsrecht zusammen. Posten in Industrie und Finanz.:
Dresdner Bank Thüringischer Landesausschuß Mitteldeutsche ZentralGenossenschaftsbank Deutsche Reichsbank Deutsche Hypothekenbank, Weimar
Aufsichtsratsmitglied 1930-1945 Mitglied 1930-1945 Aufsichtsratsmitglied 1927-1935 Mitglied des Beirats 1939-1945 Aufsichtsratsmitglied 1931-1945
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KAPITEL IX
Gothaer Allgemeine Versi- Aufsichtsratsmitglied 1924-1945 cherung AG Gothaer Lebensversiche1920-1945, Generaldirektor rungsbank 1931-1945 Karola-Werk AG (Chemi- Aufsichtsratsmitglied 1923-1945 kalien) Ullrich Sauer AG (SaniAufsichtsratsmitglied 1924-1933 täts bedarf) Gebr. Heiler Metallwerke Stellvertretender Direktor GmbH 1922-1945 Als Aufsichtsratsmitglied einer der größten Schadensversicherungen in Deutschland ist Ullrich mitverantwortlich für den Betrug, den die Nazis nach der Reichskristallnacht 1938 an den Juden begingen. In einem Geheimtreffen mit Göring kamen die Versicherungsgesellschaften überein, die jüdischen Schadensansprüche zu begleichen, um das Ansehen Deutschlands zu retten; sie sollten jedoch diese Auslagen aus den Einnahmen einer ruinösen Steuer zurückerhalten, mit der man die Opfer belegte.308 Ullrich war als Delegierter auf mehreren internationalen Tagungen und gehörte dem Comite Permanent des Congres Internationaux d'Actuaires (Versicherung) an. Er schrieb zahlreiche Beiträge für verschiedene Fachzeitschriften sowohl in Deutschland als auch im Ausland. Verbindung zur Dresdner Bank: Man berief Ullrich in erster Linie in den Aufsichtsrat der Dresdner Bank, um eine personelle Querverbindung zwischen der Bank und seiner Versicherungsgesellschaft herzustellen. Als einflußreiche Persönlichkeit im politischen Leben Thüringens half er der Bank, ihren Einfluß auf diesen Teil Deutschlands zu behalten. Einkommen: Ullrich hatte in den Jahren 1931-1945 unverändert ein Jahreseinkommen von 63 000 Reichsmark. Sein Vermögen wird auf 550 000 Reichsmark geschätzt. Obwohl seine Bezüge von 1933 bis 1945 nicht wesentlich stiegen, brachte das Nazi-Regime ihm Vorteile in Form von Versicherungskonzessionen, die seine Gesellschaften in mehreren besetzten Gebieten erhielten und die die Basis für einträgliche Geschäfte in Zeiten bilden sollten, da die Kriegsrisiken und andere Aus-246-
KURZBIOGRAPHIEN
nahmezustände die Versicherungen nicht mehr so stark in Mitleidenschaft ziehen würden. Einschätzung des Häftlings: Hans Ullrich macht einen ausgezeichneten Eindruck und war offensichtlich ein guter Botschafter des nationalsozialistischen Deutschland. Er ist auf seinen Fachgebieten, Finanzen, Recht und Versicherungen, gut informiert. Er macht die üblichen Beteuerungen, daß es ihm unmöglich gewesen sei, dem politischen Druck auf seine Aktivitäten standzuhalten, und daß man ihn gezwungen habe, sich dem Nationalsozialismus zu fügen. Schlußfolgerung: Ullrich nahm im Sinne von Artikel II § 2 (f) des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 im Finanz-, Industrie- und Wirtschaftsleben Deutschlands eine hohe Stellung ein; es wird angenommen, daß er ein Verbrechen gegen den Frieden nach Artikel II § l (a) desselben Gesetzes begangen hat. Gemäß § l (a) eines Schreibens des Hauptquartiers USFET vom 15. November 1945 betreffs »Haftprüfung durch Sicherheitsprüfungsausschüsse« ist seine Inhaftierung nicht Gegenstand einer Überprüfung durch die nach § 3 desselben Schreibens gebildeten Sicherheitsprüfungsausschüsse.
HANS WALZ AUFSICHTSR ATSMITG LIED DER DR ESDNER BANK
Zusammenfassung: Hans Walz309 ist ein erfolgreicher deutscher Industrieller, der mit der soliden Leitung seiner Firma für Deutschland während seines Aggressionskrieges von großem Nutzen war. Er ist ein Nazi des Keppler-Kreises und muß sich dementsprechend den Zielen dieser berüchtigten Gruppe verschrieben haben. Persönliche Daten: Hans Walz ist 64 Jahre alt, deutscher Reichsbürger und war Mitglied in den Aufsichtsräten der Dresdner Bank und der Reichs-Kredit-Gesellschaft. Zur Zeit wohnt er in Stuttgart, Hahnemann Straße 1. Er wurde am I.November 1945 in Stuttgart verhaftet und befindet sich gegenwärtig im 7. Armee-Internierungslager 99, Butzbach. Walz ging in Stuttgart zur Schule und erhielt anschließend -247-
KAPITEL IX
eine Führungsposition bei der Robert Bosch GmbH, die er bis 1942 behielt. Politische Tätigkeit: Hans Walz war seit 1933 Mitglied der NSDAP und gehörte folgenden Unterorganisationen an: SS seit 1934 Er erreichte den Rang des Hauptsturmfiihrers NSKK seit 1933 DAF seit 1935 NSV seit 1935 NSFK seit 1934 NS-Bund Deutscher etwa zwei Jahre lang Technik Deutsches Ausland-Inbis 1945 stitut Deutsches Rotes Kreuz bis 1945 Reichsluftschutzbund bis 1945 Politische Ämter: Industrie- und Handels- Vizepräsident 1934-1937 kammer Stuttgart Württembergischer InVizepräsident dustrie- und Handelstag, Stuttgart Württembergische ArBezirksbeauftragter 1936-1937 beitskammer der Deutschen Arbeitsfront Außerdem gehörte er folgenden Vereinigungen an: Gesellschaft zur FördeVorstandsmitglied 1932 oder 1933 Weltwirtschaft, Kiel rung des Instituts für Vereinigung zur VerbesVorstandsmitglied 1917-1933 serung der Volkserziehung, Stuttgart Akademie für Deutsches Mitglied Recht Hans Walz war fest in den Reihen der Nazis verwurzelt. Er gehörte zwei ihrer fanatischsten und am stärksten nationalistisch und imperialistisch ausgerichteten Gruppen an, der SS und dem Keppler-Kreis, dem er jährlich mehrere tausend Reichsmark spendete. -248-
KURZBIOGRAPHIEN
Er war zudem Mitglied in mehreren Gauarbeits- und Gauwirtschaftsgremien. Wer hier hinein wollte, wurde von Martin Bormanns Gauleitern sorgfältig geprüft, und nur politisch zuverlässige Männer konnten auf eine Berufung hoffen. Posten in Industrie und Finanz-'
Dresdner Bank Aufsichtsratsmitglied 1941-1945 Robert Bosch GmbH Leitender technischer Direktor (Elektro-Zubehör für Flug- 1921-1945 zeug-, Auto- und Dieselmotoren) Reichs-Kredit-Gesellschaft Aufsichtsratsmitglied 1941-1945 AG, Berlin Aufsichtsratsmitglied 1931-1936 Württembergische Bank, 1938-1942 Stuttgart Handels- u. Gewerbebank Aufsichtsratsmitglied 1941-1945 Heilbronn AG, Heilbronn Aufsichtsratsmitglied 1939-1945 Victoria Feuerversicherungs-AG, Berlin Aufsichtsratsmitglied 1939-1945 Victoria zu Berlin, Allgemeine VersicherungsAG Aufsichtsratsmitglied 1939-1945 Victoria Rückversicherungs-AG Treptow Teppichwerke AG, Berlin Aufsichtsratsvorsitzender Otto Fischer AG, Kirch- 1939-1945 heim/Teck Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender 1940-1945, Aufsich tsratsmitglied 1925-1940 Kolb & Schule AG, Kirch- Aufsichtsratsmitglied 1931-1945 heim/Teck (Bettwäsche) Vermögensverwaltung Vorstandsmitglied 1924-1945 Bosch GmbH, Stuttgart Hans Walz' Posten in der Industrie gründeten sich fast vollständig auf den Robert-Bosch-Konzern, der einer der größten Hersteller von Auto- und Flugzeugmotorenteilen und Zündsystemen in Europa war.310 Er war Generaldirektor bei diesem riesigen, kriegswichtigen Industrieunternehmen. -249-
KAPITEL IX
Verbindung zur Dresdner Bank: Auf Ersuchen der Dresdner Bank kam Walz 1940 als Vertreter für Bosch in den Aufsichtsrat der Bank. Rüstungs- und Kriegsindustrie: Hans Walz war im Rüstungsbereich des nationalsozialistischen Deutschland ein wichtiger Mann: Der Bosch-Konzern hielt eine Reihe grundlegender Patente, ohne die man die Motoren für die Panzer, Stukas und Fahrzeuge für den Blitzkrieg niemals hätte bauen können.3 " Bosch war ein großer Konzern und beschäftigte zahlreiche Zwangsarbeiter. Als Mitglied von zwei speziellen Arbeitsfront-Institutionen war Walz mit der zwangsweisen Arbeitsverpflichtung dieser bedauernswerten Menschen in den besetzten Gebieten Europas vertraut. Einkommen:
1933: 74 000 Reichsmark 1934: 150 000 Reichsmark 1935: 125 000 Reichsmark 1936: 231 000 Reichsmark 1937: 165 000 Reichsmark 1938: 158 000 Reichsmark 1939: 159000 Reichsmark 1940: 126000 Reichsmark 1941: 143 000 Reichsmark 1942: 137000 Reichsmark 1943: 188 000 Reichsmark 1944: 173000 Reichsmark Ein Blick auf diese Tabelle zeigt, welche Vorteile Walz durch seine Zusammenarbeit mit dem NS-Staat bei der Vorbereitung des Angriffskrieges hatte. Einschätzung des Häftlings: Walz versuchte während der ganzen Untersuchung, sich stark auf die Verbindungen von Bosch zur amerikanischen Industrie zu stützen. Diese gingen aber offensichtlich auf Kartellvereinbarungen zurück. Er ist kein Bankfachmann, besitzt aber auf seinem speziellen Gebiet ein beachtliches Wissen. Aufgrund seiner Bemühungen, alle Parteiverbindungen abzustreiten, ist er in allen Fragen, von denen er annimmt, daß sie ihn mit ihren Aktivitäten in Zusammenhang bringen könnten, ein unzuverlässiger Zeuge. Schlußfolgerungen: Walz nahm im Sinne von Artikel II § 2 (f) -250-
KURZBIOGRAPHIEN
des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 eine hohe Stellung im Finanz-, Industrie- und Wirtschaftsleben Deutschlands ein; es wird angenommen, daß er ein Verbrechen gegen den Frieden nach Artikel II § l (a) desselben Gesetzes begangen hat. Gemäß § l (a) eines Schreibens des Hauptquartiers USFET vom 15. November 1945 betreffs »Haftprüfung durch Sicherheitsprüfungsausschüsse« ist seine Inhaftierung nicht Gegenstand der Überprüfung durch die nach § 3 desselben Schreibens gebildeten Sicherheitsprüfungsausschüsse.
H A N S P I LD E R VORSTANDSMITGLIED DER DRESDNER BANK
Zusammenfassung: Hans Pilder ist Fachmann für Außenhandel und Bankwesen. Diese Fähigkeiten stellte er in den Dienst der Dresdner Bank, die sie bei der Abwicklung zahlreicher komplizierter Transaktionen in Verbindung mit der Integration der europäischen Wirtschaft in die deutsche zum Einsatz brachte. Persönliche Daten: Hans Pilder, 61 Jahre alt, ist deutscher Reichsbürger und lebte in Berlin-Dahlem, Kronprinzenallee 34. Er gehörte dem Vorstand der Dresdner Bank an. Pilder wurde am 6. September 1945 als gesuchte Person der SHAEF-Liste verhaftet und ist in einem Internierungslager für Zivilisten der Dritten Armee. Pilder studierte Volkswirtschaft an der Universität Berlin, erwarb 1909 den Doktortitel der Philosophie und trat anschließend in die Dresdner Bank ein. Bis 1914 war er in deren ägyptischer Filiale tätig. Während des Ersten Weltkriegs war er in Österreich und Rumänien Einkäufer für die Armee. Nach dem Waffenstillstand ernannte man ihn zum Leiter der neu eröffneten Filiale der Dresdner Bank in Bukarest, später ging er in die Auslands-Abteilung der Bank. Politische Tätigkeit: Hans Pilder war nicht in der NSDAP, spendete aber regelmäßig an mehrere Unterorganisationen der Partei. -251-
KAPITEL IX
Posten in Industrie und Finanz:
Dresdner Bank Deutsch-Südamerikanische Bank Filmkredit-Bank, Berlin Jugoslawischer Bankverein, Belgrad Mercurbank Wien/Länderbank, Wien Ungarische Allgemeine Kreditbank, Budapest Gesellschaft für Industriebeteiligungen mbH Treuhand-Vereinigung AG Hamburgische Baukasse AG Societatea Bancara Romana, Bukarest Banque d'Athenes, Athen Industriefinanzierungs AG Ost Nordstern Lebensversicherung AG Deutsche Maizena-Werke AG Vereinigte Jutespinnereien und Webereien, Hamburg Buttergroßhandlung Hammonia AG, Hamburg Baugesellschaft Norddeutschland GmbH, Hamburg Hertie Kaufmann AG, Berlin Dyckerhoff & Wiedmann Baugesellschaft
Vorstandsmitglied 1931-1945 Beirat Aufsichtsratsmitglied 1932-1938 Aufsichtsratsmitglied 1940-1943 Aufsichtsratsmitglied 1936-1943 Aufsichtsratsmitglied 1941-1944 Aufsichtsratsvorsitzender 1936-1945 Aufsichtsratsvorsitzender 1931-1945 Aufsichtsratsvorsitzender 1926-1945 Aufsichtsratsmitglied 1935-1945 Aufsichtsratsmitglied 1942-1945 Aufsichtsratsmitglied 1936-1945 Aufsichtsratsmitglied 1930-1945 Aufsichtsratsmitglied 1930-1945 Aufsichtsratsmitglied 1921-1931
Aufsichtsratsmitglied 1931-1935 Aufsichtsratsmitglied 1921-1935
Aufsichtsratsmitglied 1932-1936 Aufsichtsratsmitglied 1932-1936 -252-
KURZBIOGRAPHIEN
UFA Filmgesellschaft Berliner DampfmühlenAG, Berlin Maschinenfabrik R. Wolff, Bercken Baumwollspinnerei, Ettlingen Mechanische Weberei, Sorau Gemeinnützige Wohnungsbau-Gesellschaft, Hamburg Magdeburger Werkzeugmaschinenfabrik Magnesitindustrie AG, Preßburg Steirische Magnesit Industrie AG Veitscher Magnesitwerke AG Natronzellstoff & Papierfabriken AG Pittler Werkzeugmaschinenfabrik AG Deutsche Wollwarenmanufaktur Norddeutsche Eiswerke AG, Berlin Magnesit AG Südost, Wien Kepa Kaufhaus AG, Berlin Deutsche Eisenhandel AG, Berlin Charlottenburger Wasser& Industriewerke AG Julius Berger Tiefbau AG Norddeutsche PortlandCement Fabrik
Aufsichtsratsmitglied 1932-1943 Aufsichtsratsmitglied 1932-1937 Aufsichtsratsmitglied 1934-1937 Aufsichtsratsmitglied 1931-1935 Aufsichtsratsmitglied 1931-1936 Aufsichtsratsmitglied 1926-1932
Aufsichtsratsmitglied 1932-1936 Aufsichtsratsvorsitzender 1938-1945 Aufsichtsratsvorsitzender 1941-1945 Aufsichtsratsvorsitzender 1938-1945 Aufsichtsratsvorsitzender 1931-1945 Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender 1932-1945 Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender 1935-1945 Aufsichtsratsvorsitzender 1932-1945 Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender 1941-1944 Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender 1932-1945 Aufsichtsratsmitglied 1933-1945 Aufsichtsratsmitglied 1932-1945 Aufsichtsratsmitglied 1935-1945 Aufsichtsratsmitglied 1931-1945
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KAPITEL IX
Europäische Tanklager & Aufsichtsratsmitglied 1941—1945 Transport AG Die Industriepositionen Puders ergaben sich hauptsächlich, weil er als Direktor der Dresdner Bank personelle Querverbindungen zu einer Reihe von kleineren Gesellschaften herstellen sollte, und zu solchen Firmen, wo seine Kenntnisse des Außenhandels und des Bankwesens hilfreich sein konnten. Verbindung zur Dresdner Bank: Hans Pilder ist Fachmann für Außenhandel und Bankwesen und war bei der Bank der Hauptzuständige für die Abwicklung solcher Angelegenheiten. Aus politischen Gründen mochten die fanatischen Nazis wie Rasche ihn nicht, daher spielte er auch keine herausragende Rolle.31U Sie bedienten sich jedoch seiner Sachkenntnisse und Fähigkeiten bei vielen Gelegenheiten. So führte er zum Beispiel die Verhandlungen über den Kauf der Mehrheitsbeteiligung an der Länderbank Wien von der französischen Banque des Pays de l'Europe Centrale. Rüstungs- und Kriegsindustrie: Bei den verzweifelten Vorkriegsbemühungen, knappe Rohstoffe zu besorgen, machte man ausgiebigen Gebrauch von Puders Spezialwissen über Außenhandel. Er war Berater der Deutsch-Südamerikanischen Bank, die von Südamerika aus große Teile des deutschen Exports finanzierte. Einkommen: 1930: 150 000 Reichsmark 1931: 150 000 Reichsmark 1932: 150 000 Reichsmark 1933: 150000 Reichsmark 1934: 155 000 Reichsmark 1935: 170 000 Reichsmark 1936: 240 000 Reichsmark 1937: 240 000 Reichsmark 1938: 240 000 Reichsmark 1939: 240 000 Reichsmark 1940: 240 000 Reichsmark 1941: 240 000 Reichsmark 1942: 240 000 Reichsmark 1943: 240 000 Reichsmark 1944: 240 000 Reichsmark -254-
KURZ BIOGRAPHIEN
Da er mit der Dresdner Bank eng verbunden war, kam er unter dem Nazi-Regime in den Genuß beträchtlicher Einkommenserhöhungen. Quellen312: Die Informationen stammen aus Vernehmungen Puders und seiner Geschäftspartner, von ihm verfaßten Berichten und Fragebögen der Militärbehörden. Einschätzung des Häftlings: Hans Pilder ist ein vorsichtiger Zeuge, der nur auf gezielte Fragen antwortet. Er weiß sehr wenig über rein politische Finanztransaktionen, und aufgrund seiner Loyalität gegenüber der Bank sträubt er sich, irgendwelche Einzelheiten weiterzugeben, die er vielleicht kennt. Schlußfolgerung: Pilder nahm im Sinne von Artikel II §2 (f) des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 eine hohe Stellung im Finanz-, Industrie- und Wirtschaftsleben Deutschlands ein; es wird angenommen, daß er ein Verbrechen gegen den Frieden nach Artikel II § l (a) desselben Gesetzes begangen hat. Gemäß § l (a) eines Schreibens des Hauptquartiers USFET vom 15. November 1945 betreffs »Haftprüfung durch Sicherheitsprüfungsausschüsse« ist seine Inhaftierung nicht Gegenstand der Überprüfung durch die nach § 3 desselben Schreibens gebildeten Sicherheitsprüfungsausschüsse.
KARL RASCHE VORSTANDSMITG LIED DER DR ESDNER BANK
Zusammenfassung: Dr. Karl Rasche313, Vorstandsmitglied der Dresdner Bank, ist einer der Führer innerhalb der Gruppe, die Nazi-Verhaltensweisen ins Bankgeschäft einführten. Er war eine der Schlüsselfiguren, die die Dresdner Bank mit der SS, der NSDAP und den Regierungsstellen verband, damit sie als integraler Bestandteil der NS-Kriegsmaschinerie funktionierte. Es war Karl Rasche, der im Namen der Bank die größten Aktivitäten entfaltete, um die Partei- und Regierungspolitik zur Planung eines Aggressionskriegs, zur wirtschaftlichen Durchdringung der Nachbarländer Deutschlands und zu späteren Plünderung der besetzten Gebiete durchzuführen. -255-
KAPITEL IX
Und es war Rasche, der bei der Dresdner Bank am eifrigsten die »Arisierungs«-Politik vertrat. Durch die Geschichte seiner Tätigkeit ziehen sich Nötigung, Betrug, Raub und der Einsatz von SS, Gestapo und aller übrigen skrupellosen Nazi-Agenturen als Mittel, seine Ziele zu erreichen.314 Persönliche Daten: Karl Rasche wurde am 23. August 1892 in Westfalen geboren. Er besuchte das Gymnasium in Iserlohn, Westfalen, und studierte Jura, Volkswirtschaft und Geschichte in Münster, München, Berlin, Leipzig und Bonn. Nach Abschluß seiner Studien wurde er Rechtsanwalt in Düsseldorf und war an verschieden Gerichten in Westfalen tätig. Später gehörte er den Aufsichtsräten mehrerer westdeutscher Gesellschaften an. 1933 berief man ihn in den Vorstand der Westfälischen Bank, Bochum. 1934 wurde er stellvertretendes Vorstandsmitglied der Dresdner Bank und 1935 Vollmitglied. Die Wahl fiel auf ihn, weil er bereits das Vertrauen der Parteispitze besaß und die Bank in einen engeren Arbeitszusammenhang mit ihr bringen konnte. Er hatte seinen Wohnsitz zuletzt in Schalheim, Kreis Friedberg. Rasche wurde am 21. Nov. 1945 verhaftet und befindet sich zur Zeit im Gefängnis Preungesheim, Frankfurt/M. Politische Tätigkeit: Rasche trat der NSDAP 1940 bei und gehörte folgenden Unterorganisationen an: Allgemeine SS/Obersturmbannführer seit 1938 DAF seit 1933 NS-Rechtswahrerbund seit 1933 NS-Reichsbund für Leibesübungen seit 1933 Rasche war durch und durch Nazi und unterhielt enge persönliche und geschäftliche Kontakte zur Parteiführung. Sieht man seine persönlichen Unterlagen durch, finden sich leicht Belege für sein gutes Verhältnis zu Vertretern der NSHierarchie; sie enthalten Grußadressen und persönlichen Briefwechsel mit Männern wie Generalfeldmarschall Kesselring, dem Generalreferenten des Reichswirtschaftsministeriums Hans Kehrl, SS-Obergruppenführer und General der Polizei Ernst Kaltenbrunner, Baidur von Schirach, Ministerialdirigent Dr. Landwehr und so weiter.315 Rasche schloß sich -256-
KURZ BIOGRAPHIEN
dem berüchtigten Keppler-Kreis, der Gruppe von Industriellen und Bankiers um Himmler, beim Parteitag in Nürnberg 1936 an. Das war die Gruppe, die Himmler jährlich l Million Reichsmark zur freien Verfügung bereitstellte. Seine Kollegen von der Dresdner Bank charakterisieren Rasche einmütig als eingefleischten Nazi, für den sie nicht einmal den Versuch unternehmen, die üblichen förmlichen Entschuldigungsgründe anzuführen.316 Posten in Industrie und Finanz:
Länderbank Wien AG (Tochtergesellschaft der Dresdner) Böhmische EscompteBank, Prag (Tochterbank der Dresdner) Handels-Kreditbank AG, Riga (Tochterbank der Dresdner) Westdeutsche Bodenkreditanstalt, Köln Allgemeine VersicherungsAG, Wien Gerling-Konzern Lebensversicherungs-AG, Köln Engelhardt-Brauerei AG, Berlin Dyckerhoff-Portland-Cement AG, Mainz-Amöneburg Rheinische Kunstseide AG, Krefeld Eisen- u. Hüttenwerke AG, Köln-Beckum Mülheimer BergwerksVerein Essener Steinkohlen AG, Essen Accumulatoren-Fabrik AG, Hagen
Aufsichtsratsmitglied 1938-1945
Aufsichtsratsvorsitzender 1939-1944 Aufsichtsratsvorsitzender 1941-1945 Aufsichtsratsvorsitzender 1943-1945 Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender 1944 Aufsichtsratsmitglied 1938-1944 Aufsichtsratsvorsitzender Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender 1936-1945 Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender 1939-1945 Aufsichtsratsmitglied 1938-1945 Aufsichtsratsmitglied 1936-1945 Aufsichtsratsmitglied 1938-1945 Aufsichtsratsmitglied 1939-1945
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KAPITEL IX
Aufsichtsratsmitglied 1937-1945 Wintershall AG, Kassel Aufsichtsratsmitglied 1937-1945 Metallgesellschaft AG, Frankfurt Feiten & Guilleaume AG, Aufsichtsratsmitglied 1938-1945 Köln (Kabel, Elektroerzeugnisse) Aufsichtsratsmitglied 1940-1944 Braunkohle-Benzin AG, Berlin Kontinentale Öl AG, Ber- Aufsichtsratsmitglied 1940-1945 lin Aufsichtsratsvorsitzender Poldi-Hütte AG, Prag 1939-1944 Aufsichtsratsvorsitzender Perlmosa Cement AG, 1938-1945 Wien Aufsichtsratsvorsitzender Tatrawerke AG, Prag 1943-1945 (Triebwagen, Waggons) Aufsichtsratsmitglied 1939-1945 Brünner Waffenfabrik AG, Prag (Krane, Werkzeuge) Skoda Werke AG, Hanno- Aufsichtsratsmitglied 1940-1945 ver (Waffen, Dampfmaschinen) Doehrener Werke AG, Aufsichtsratsmitglied 1939-1944 Hannover (Kämmen und Waschen von Wolle) Rheinmetall AG, Düssel- Aufsichtsratsmitglied 1940-1945 dorf (Lokomotiven, Kanonen) Die große Zahl der Unternehmen, deren Aufsichtsrat Karl Rasche angehörte, zeigt noch nicht das ganze Ausmaß seiner Beziehungen zur deutschen Industrie. Aus seiner Korrespondenz geht hervor, daß er über seine Verbindungen zur Parteispitze und über die Dresdner Bank auf Firmen Einfluß nehmen konnte, mit denen er nicht offiziell in Kontakt stand. Daß viele Gesellschaften in besetzten Gebieten lagen, spiegelt genau seine aktive Beteiligung an der Ausbeutung dieser Länder wider. Rasche erhielt all diese Aufsichtsratsposten nach seinem -258-
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Eintritt in die Dresdner Bank. Außer den Positionen in diesen Gesellschaften, an denen der Staat beteiligt war, hatte er noch je eine oder mehrere in solchen, die Flick, Stinnes, der LG. Farben, Otto Wolff und anderen gehörten, die sich im Rüstungsprogramm des nationalsozialistischen Deutschland hervorgetan hatten.317 Einkommen:
1931: 60 000 Reichsmark 1932: 70 000 Reichsmark 1933: 50 000 Reichsmark 1934: 70 000 Reichsmark 1935: 50 000 Reichsmark 1936: 70 000 Reichsmark 1937: 120 000 Reichsmark 1938: 160 000 Reichsmark 1939: 200 000 Reichsmark 1940: 240 000 Reichsmark 1941: 300 000 Reichsmark 1942: 330 000 Reichsmark 1943: 320 000 Reichsmark 1944: unbekannt Aus dieser Tabelle, nach der Rasche sein Einkommen um 500% von 60000 Reichsmark im Jahr 1931 auf 320000 Reichsmark im Jahr 1943 steigern konnte, geht nicht der volle Umfang der Gewinne hervor, die er aus seinen Machenschaften zur Ausbeutung Europas ziehen konnte. Rüstungs- und Kriegsindustrie: Karl Rasche war im Finanzbereich einer der wichtigsten Männer in der deutschen Rüstung. Aufgrund seiner nationalsozialistischen Überzeugung und seiner ausgezeichneten Beziehungen zu Regierungskreisen trug er wesentlich dazu bei, daß die Dresdner Bank ihre enormen Ressourcen hinter solche Kriegspotentiale stellte wie Kunstfasern, synthetisches Öl, Stahl und hinter die Expansion der Industriekapazitäten. Schon 1934, als man feststellte, daß Deutschlands natürliche Ölvorkommen nicht ausreichen würden, um die geplante Kriegsmaschinerie zu versorgen, initiierte Hjalmar Schacht ein Programm zur Herstellung synthetischen Öls. Zu diesem Zweck gründete man eine Gesellschaft, die Braunkohle-Ben-259-
KAPITEL IX
zin AG (Brabag), an der sich alle deutschen Braunkohleunternehmen beteiligten. Da man die Brabag als ein Unternehmen großen Stils plante, bat Schacht Rasche zu einem Gespräch, um den Aufbau der neuen Gesellschaft zu erörtern. Als Ergebnis dieses Treffens übernahm die Dresdner Bank die Leitung des Bankenkonsortiums zur Finanzierung der Brabag. Nachdem die Nazi-Truppen den größten Teil Europas überrannt hatten, beschlossen Hitler und Göring, die Bemühungen um Öl unter einer riesigen Monopolgesellschaft, der Kontinentalen Öl AG, zusammenzufassen, um die größtmöglichen Produktionsergebnisse aus den besetzten Gebieten herauszuholen. Reichsminister Funk übernahm persönlich den Vorsitz in dieser Gesellschaft, Karl Rasche wurde Aufsichtsratsmitglied, und die Dresdner Bank übernahm die Führung bei der Bereitstellung der beträchtlichen Mittel, die die Finanzierung dieses Unternehmens erforderte.318 Die Dresdner Bank bildete den finanziellen Stützpunkt der Hermann Göring-Werke. Über ihre Tochterbanken und Affiliationen war es ihr möglich, sich die besten Unternehmen aller Industriezweige in den Satellitenstaaten und besetzten Ländern Europas zu sichern. Das Bindeglied zwischen ihr und den Hermann Göring-Werken war Karl Rasche. Plünderung Europas: Karl Rasche war in der Dresdner Bank immer in der vordersten Front, wenn es darum ging, die Auslandswirtschaft zu durchdringen und die Wirtschaftsressourcen der europäischen Länder auszubeuten. Neun Monate vor dem Anschluß Österreichs teilte Wilhelm Keppler, NS-Wirtschaftsberater Hitlers, der Dresdner Bank mit, der Führer habe den ausdrücklichen Wunsch, daß man die Mercurbank (eine Tochter der Dresdner) stärke und zu einer deutschen Wirtschaftshochburg ausbaue. Die Bank erwiderte: »Über das wünschenswerte Ziel der Arisierung der Mercurbank und Behauptung des in ihr verkörperten deutschen Stützpunktes besteht . . . an keiner Stelle unserer Bank irgend ein Zweifel. (Beweisstück 4) Karl Rasche war einer der beiden »Sachbearbeiter« des Vorstands, die man mit der Ausarbeitung der Einzelheiten betraute. -260-
KURZBIOORAPHIEN
Die »besonderen Fähigkeiten« Rasches - bei der Ausführung der persönlichen Direktiven Hitlers bezüglich Österreich unter Beweis gestellt - wurden im Reich von höchster Stelle anerkannt und später beim Eindringen in die Tschechoslowakei voll zum Einsatz gebracht: Göring selbst beauftragte 1938 Rasche und Kehrl vom Reichswirtschaftsministerium, den deutschen Einfluß auf die tschechoslowakische Industrie auszudehnen. In einem Bref vom 23. Dezember an Ministerialdirektor Gritzbach, Stabsführer von Reichsmarschall Göring, beschreibt Rasche diesen Vorgang so: »Als im Jahre 1938 die Heimkehr des Sudetenlandes erfolgte und die BEB ihre sudetendeutschen Filialen an die Dresdner Bank abgab und man die weitere Entwicklung noch nicht übersehen konnte, haben wir auf Wunsch deutscher öffentlicher Stellen versucht, schon damals deutschen Einfluß auf die Industrie des Protekorates zu gewinnen. Dies gelang uns, indem wir treuhandmäßig für eine noch zu bestimmende deutsche industrielle Gruppe rd. 25% der Aktien der Poldihütte erwarben und außerdem die Majorität der Brünner Maschinen, die in diesem Zusammenhang nicht interessieren. Im weiteren Verlauf der Geschehnisse wurde, wie Sie wissen, Herrn Präsident Kehrl und mir eine noch weitergehende Sondervollmacht zum Erwerb und zur Umgruppierung solcher Industrie-Angelegenheiten von Herrn Reichsmarschall erteilt, und es ist uns, glaube ich, mit gutem Erfolg gelungen, diesen Auftrag auf Grund seiner Vollmacht zu erfüllen. Wie Sie wissen, stammen aus diesen Verhandlungen neben den eben genannten noch die SkodaAktien, die Brünner Waffen-Aktien und die Gruppe, die heute zusammengeschlossen ist unter dem Namen Sudetenländische Bergbau AG. Ebenfalls gelang es mir damals, die Verhandlungen über Witkowitz zu Ende zu bringen. Leider ist, wie Sie wissen, der Kaufpreis infolge Kriegsausbruchs nicht mehr gezahlt worden. Sie sehen aus alledem, wie sehr wir gerade für die HGW (Hermann Göring-Werke, d. Bearb.) auch auf diesem Gebiet tätig waren, ähnlich wie wir es vorher in anderer Beziehung in Deutschland gewesen sind ...« (Beweisstück 70) -261-
KAPITEL IX
Sobald die Dresdner Bank im Sudetenland Fuß gefaßt hatte, richtete sie ihre Hauptbemühungen darauf, die Hermann Göring-Werke in dieses neue Gebiet, das reich an Kohle- und Eisenvorkommen war, auszudehnen. Karl Rasche gliederte die Braunkohlegruben aus dem Besitz der tschechisch-jüdischen Familie Petschek in den Hermann GöringKonzern ein. Sie wurden mit kleineren Braunkohleunternehmen zu den Sudetenländischen Bergwerken konsolidiert, und Karl Rasche übernahm den Vorsitz des Aufsichtsrats. Es war der »große Beitrag« der Dresdner Bank, aktiv daran mitzuwirken, daß die Hermann Göring-Werke die Skoda Werke unter ihre Kontrolle brachten. Wiederum war es Rasche, der den Transfer der Mehrheitsanteile aus tschechischer in deutsche Hand abwickelte wie auch im Fall der Brünner Waffen und der Brünner Maschinen-Fabrik. Die »Arisierung« gehörte zu den am häufigsten angewandten Mitteln der Plünderung. In diesem Zusammenhang hatte die Bank über Rasche am häufigsten mit der Gestapo zu tun. Das läßt sich aus einem Telegramm der Böhmischen Escompte-Bank, Prag, einer Tochterbank der Dresdner, an die Dresdner Bank vom 4. März 1942 ersehen: »nach bisherigen feststellungen sind noch 8.691 koenigshofer aktien in juedischen haenden. davon sind 7500 durch gestapo gesperrt und cca 1000 im besitz auslaendischer Juden, benoetigen fuer uns zur auffuellung auf 25% wegen Schachtelprivileg noch 5.200 stueck. entscheidung wegen gestapo-stuecken bisher nicht erfolgt, uebernahmekurs fuer freie juedische koenigshofer aktien 2.340.-. dieser ist bisher von gestapo nicht angenommen, nach regelung mit gestapo und uebernahme der im besitz von auslaendischen Juden befindlichen stuecke werden demnach cca stueck 3.500 frei, greifbar sind zur zeit keine juedischen stuecke.« (Beweisstück 118) Als die Zigarrenfabrik Gildemann, Hamburg, ein »arisierbares« Objekt kaufen wollte, arrangierte Rasche alles bis ins kleinste Detail. Er sorgte sogar dafür, daß Befürwortungsschreiben für die Durchlaß-Scheine vorlagen, die die zukünftigen Eigentümer brauchten, wenn sie nach Prag fuhren, um die Firma Waldes & Co., die sie kaufen wollten, zu besichtigen. -262-
KURZBIOGRAPHIEN
Rasche war einer der Hauptverbindungsmänner zwischen der Bank und Partei oder Regierung. In diesem Zusammenhang fuhrt eine undatierte Aktennotiz folgende Punkte für eine der Pragreisen Rasches auf: »1) Versuchen beim Reichsprotektor die Arischerklärung durchzusetzen ... 2) Wenn dies nicht erreichbar, ein Kompromiß anstreben, durch welches der sich nach Begleichung aller Verbindlichkeiten ergebende Überschuß den Banken in einem möglichst großen Umfange verbleibt; der Reichsprotektor verlangt bisher diesen Überschuß 100% ig als Arisierungsabgabe für sich ... Die Prager Banken haben von sich aus die Aufteilung des Überschusses 60% an den Reichsprotektor, 40% an die Banken vorgeschlagen.« (Beweisstück 133) Vor der militärischen Invasion Westeuropas gründete die Dresdner Bank ihren Stützpunkt in den Niederlanden. Am 2. Oktober 1939 eröffnete sie in Amsterdam die Handelstrust West N.V. Nach außen hin sollte dieses Institut in erster Linie den holländischen Export nach Deutschland fördern und finanzieren. Tatsächlich führte es die politischen Richtlinien des Reiches für die Durchdringung der holländischen Wirtschaft aus. Der Reichswirtschaftsminister erklärte am 7. September 1940 in einem geheimen Rundschreiben an die Dresdner Bank: »Es soll angestrebt werden, in möglichst großem Umfange eine Beteiligung der deutschen Wirtschaft in den Niederlanden herbeizuführen. ( . . . ) Mit der Kapitalbeteiligung soll möglichst eine maßgebende Beeinflussung in der Führung des Unternehmens und eine personelle Durchdringung verbunden sein. Es ist deshalb erforderlich, die Eignung der Erwerber (unzuverlässige Interessenten, insbesondere Juden, müssen ausgeschaltet werden) zu prüfen. Besonderer Wert muß auf die Schlüsselstellungen der niederländischen Wirtschaft gelegt werden. ( . . . ) Darüber hinaus bitte ich, von sich aus allgemein zu prüfen, welche interessanten Positionen der niederländischen Wirtschaft aus ihrem Zuständigkeitsbereich für deutsche Beteiligungen -263-
KAPITEL IX
in Frage kommen, und mir entsprechende Vorschläge zu machen.« (Beweisstück 155) Das war nur eine der Direktiven, die das Reichswirtschaftsministerium bezüglich der Durchführung einer wirtschaftlichen Unterwerfung Hollands ausgab. Rasche hatte zwar schon zuvor Anteil an der Bestimmung der Politik seiner Bank in den Niederlanden gehabt, doch nun übertrug man ihm die Verantwortung für die Ausführung dieser Direktiven. In der Niederschrift vom 6. Dezember 1940 heißt es: »Nach den gemachten mitteilungen hat für des holländische Geschäft und damit auch für den Handelstrust West Herr Dr. Rasche die Stellvertretung des Herrn Dr. Pilder aktiv übernommen.« Die Geschwindigkeit, mit derRasche diese Politik in konkrete geschäftliche Transaktionen umsetzte, war atemberaubend. Unverzüglich bemühte man sich um die Stärkung des deutschen Einflusses auf holländische Firmen, die interessant oder von irgendeinem Wert waren. Man übernahm offenstehende Forderungen, Schuldverschreibungen, Anteile, Warenlager, Vertragsrechte usw. Man knüpfte Verbindungen zu holländischen Handelsgesellschaften und Industrieunternehmen. Die programmgemäße Durchführung jenes Teils des Planes, der sich auf die »Arisierung« bezog, ist charakteristisch für Rasches gesamte Tätigkeit. Kaum einen Monat, nachdem das »Arisierungsgesetz« in kraft getreten war, hatte die Handelstrust West N. V. bereits eine »Arisierungs«'Abteilung eingerichtet. Die Akten enthalten zahllose Fälle, in denen der Handelstrust sich als Vermittler beim Kauf »nichtarischer Firmen« betätigte. Rasche scheute auch vor extremsten Mitteln nicht zurück. Nicht nur daß er jüdisches Eigentum kaufte und verkaufte; er versuchte darüber hinaus auch Lösegelder von holländischen Juden zu erzwingen, die außerhalb Hollands in Konzentrationslagern festgehalten wurden und ausländische Vermögenswerte in ihrem Besitz hatten, so etwa im Falle des Benjamin Soet. In dieser Sache schrieb die Dresdner Bank an das Reichswirtschaftsministerium, daß Schweizer Freunde von Soet, der im Konzentrationslager Mauthausen saß, 20 000 Schweizer Franken bei der Schweizerischen Bankgesellschaft hinterlegt -264-
KURZBIOGRAPHIEN
hätten mit der Auflage, diese Summe der Dresdner Bank zur Verfügung zu stellen, sobald Soet persönlich im Schweizer Konsulat in Amsterdam erscheine. Die Schweizer Franken sollten an das Reich fallen, das Äquivalent in Holländischen Gulden ausbezahlt werden. Der Handelstrust West informierte die holländischen Freunde Soets, daß er über die Dresdner Bank die notwendigen Kontakte zu den Regierungsstellen herstellen werde; die Schweizerische Bankgesellschaft bestätigte die Hinterlegung der Summe in der Schweiz. Für seine Dienste erwartete der Handelstrust, wie er schrieb, eine angemessene Honorierung. Um den umgekehrten Fall - Die »Arisierung« einer holländischen Firma als Vorbedingung für die Entlassung aus Gestapo-Haft und einen Paß nach Amerika - ging es bei Isaak Keesing. In einer der Aktennotizen, die sich mit diesem Fall beschäftigen, und zwar in der Notiz vom 13. Februar 1941, gezeichnet Stiller (Rasches persönlicher Sekretär), heißt es, es sei zugesagt worden, »daß man Herrn Isaak Keesing nebst Angehörigen die Ausreise nach Amerika gestatten würde, sobald das dem Bruder des Herrn Keesing gehörende Verlags- und Druckereiunternehmen arisiert worden sei. (...) Zurzeit liegen die Unterlagen bei Oberführer Müller von der Gestapo bezw. Ministerialrat Dr. Zindel... Falls wir in der Zwischenzeit bei der Gestapo befürwortend eingreifen könnten, wäre Herr von Siegler sehr dankbar.« Ein Brief Rieneckers von der Handelstrust West N. V. vom 6. März 1941, der ein Schreiben Isaak Keenings an Rasche übermittelte, schließt mit den Worten: »Ich wäre dankbar, wenn Sie die Angelegenheit von dort aus (Berlin, d. Bearb.) weiter verfolgen würden.« Unter Rasches Leitung war der Handelstrust West so erfolgreich in der Durchführung seiner Aufgaben, daß man ihn mehrmals wegen »Hervorragender Leistungen . . . im Dienste der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft« auszeichnete. Dieser Aufgabe widmete sich Rasche dann auch in den baltischen Staaten. Er leitete die Aktivitäten der Dresdner Bank in Litauen, Lettland und Estland. Wie anderswo, so ließ die Dresdner Bank auch hier ihre Hilfe nicht nur den Ministerien -265-
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und in Staatsbesitz befindlichen Unternehmen angedeihen, sondern auch privaten deutschen Firmen, die sich einen Anteil an der Beute sichern wollten. In den Akten sind zahlreiche Fälle dokumentiert, in denen deutsche Firmen an die Dresdner Bank mit der Bitte herantraten, ihnen zu helfen, »im Osten Fuß zu fassen«. Ein weiteres Mal griff man auf Rasches Erfahrungen und Dienste in der Verwirklichung der von den Nazi-Führern geplanten wirtschaftlichen Unterjochung Europas zurück, als Göring ihn mit einer geheimen Mission von internationaler Bedeutung betraute. In einem vertraulichen Schreiben vom 22. Januar 1944 präzisierte Hermann Göring in seiner Eigenschaft als Beauftragter für den Vierjahresplan, welche Aufgaben Rasche aus dieser geheimen Mission erwuchsen: Er sollte die wirtschaftlichen Verhältnisse in Ungarn und Schweden beobachten und Vorschläge für diesen Bereich unterbreiten. Beigefügt war diesem Schreiben Speers Erlaß vom 16. September 1943 bezüglich der Einrichtung des sog. »Planungsamts«. Zu Rasches Aufgaben gehörte es nach den Ausführungen in Görings Brief, »ganz allgemein auf Gefahren, die den Ablauf der deutschen Kriegswirtschaft stören könnten, aufmerksam zu machen« und mit verläßlichen Personen von politischem und wirtschaftlichem Einfluß Kontakt aufzunehmen, »die dem Gedanken einer starken europäischen Gemeinschaftsarbeit auf industriellem Gebiete aufgeschlossen gegenüberstehen«. Rasches ganze Bemühungen sollten sich auf das Edziel eines einheitlichen europäischen Wirtschaftsraumes beziehen, der gänzlich unter der Vorherrschaft des Dritten Reiches stehen würde. Einschätzung des Häftlings: Rasche ist ein ziemlich schlauer Mensch, der sich sehr wohl darüber im klaren ist, daß man ihn nicht des Meineides überführen kann, solange er sich nur einfach nicht erinnert und die Dinge nicht falsch darstellt. Trotz der Schwierigkeiten, sich Ereignisse, die fünf oder sechs Jahre zurückliegen, ins Gedächtnis zurückzurufen, besteht kaum ein Zweifel darüber, daß Rasche mit vielen Transaktionen vertraut ist, über die Dokumente in seinen Unterlagen gefunden wurden. Er weicht einer Antwort jedoch aus, indem er sich beharrlich darauf beruft, er könne sich nicht erinnern, -266-
KURZBIOGRAPHIEN
und wenn man ihn mit Beweisstücken konfrontiert, versucht er, seine Auskünfte auf den Inhalt dieser Dokumente zu beschränken. Er reagiert äußerst erschrocken, inkonsistent und unsicher auf intensive Befragung, die von schriftlichen Beweisstücken untermauert ist. Es ist offensichtlich, daß er jeden Versuch unternimmt, bewußt Informationen über Vorgänge, mit denen er vertraut ist, zurückzuhalten. Schlußfolgerung: Rasche nahm im Sinne von Artikel II § 2 (f) des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 eine hohe Stellung im Finanz-, Industrie- und Wirtschaftsleben Deutschlands ein; es wird angenommen, daß er ein Verbrechen gegen den Frieden nach Artikel II § l (a) desselben Gesetzes begangen hat. Gemäß § l (a) eines Schreibens des Hauptquartiers USFET vom 15. November 1945 betreffs »Haftprüfung durch Sicherheitsprüfungsausschüsse« ist seine Inhaftierung nicht Gegenstand .einer Überprüfung durch die nach § 3 desselben Schreibens gebildeten Sicherheitsprüfungsausschüsse.
HANS SCHIPPEL VORSTANDSMITGLIED DER DRESDNER BANK
Zusammenfassung: Hans Schippel ist eine kompetente, wenn auch keine herausragende Führungskraft; nach der Machtergreifung der Nazis stieg er wesentlich schneller auf, als es seine Fähigkeiten rechtfertigten. Er besaß offenbar keine wirklichen Überzeugungen und war doch mit seiner anpassungsfähigen, zufriedenen Duldung ihrer Politik und ihres Programms eine große Hilfe für die Nazi-Verschwörung. Persönliche Daten: Hans Schippel ist 66 Jahre alt und deutscher Reichsbürger. Er war Personalchef (»Betriebsführer«) und Vorstandsmitglied der Dresdner Bank. Sein Wohnsitz ist gegenwärtig in Holzhausen, Post Utting am Ammersee, Bayern, See-Straße 40. Er wurde am 29. Oktober 1945 verhaftet und befindet sich -267-
KAPITEL IX
derzeitig im 7. Armee-Internierungslager 99, Butzbach. Er war ebenfalls im Vernehmungszentrum der Division G-2 in Berlin.319 Schippel beendete sein Studium an der Universität Bremen 1907, hatte aber schon vorher als Buchhalter bei der Reichsbank angefangen. Von 1914-1919 diente er als Devisenfachmann; nach dem Krieg holte man ihn ins Finanzministerium. Er arbeitete nacheinander als Reichskommissar der Rentenbank, Direktor der Lübecker Filiale der Reichsbank, Reichstreuhänder der Darmstädter und Nationalbank und trat schließlich 1933 bei der Dresdner Bank ein. Politische Aktivitäten: Hans Schippel gehörte seit 1937 der NSDAP an und war Mitglied in folgenden Unterorganisationen: NSFK seit 1937 ,NSV DAF KDF Am 29. November 1939 wurde er von General Christiansen320 mit der Fördernadel in Gold des NS-Fliegerkorps ausgezeichnet. Hans Schippel trug als Personalchef der Dresdner Bank erheblich zur Nazifizierung dieses riesigen Finanzkonzerns bei. Er organisierte verschiedene Erholungs- und Bildungsmaßnahmen für die Bankangestellten, wo hauptsächlich NSDAP-Propaganda vermittelt wurde. Die Säuberung des Personalbestands von politisch und rassisch unliebsamen Angestellten, mit der man 1933 anfing, führte er in seiner Abteilung weiter. Posten in Industrie und Finanz:
Schippel gehörte folgenden Gesellschaften an: Dresdner Bank, Berlin Deutsche Bank für Ostasien, Berlin Länderbank AG, Wien Deutsch-Asiatische Bank, Berlin
Vorstandsmitglied 1931-1945 Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender 1943-1945 Stellvertretender Vorsitzender des Beirats 1934-1945 Aufsichtsratsmitglied 1925-1945
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KURZBIOGRAPHIEN
Rheinische HypothekenAufsichtsratsmitglied 1934-1945 bank Maschinenbau u. BahnbeAufsichtsratsvorsitzender darf AG, Berlin »Frankona« Rück- u. MitAufsichtsratsvorsitzender versicherungs-AG Sächsische Textilmaschi- 1935-1945 Aufsichtsratsvorsitzender nenfabrik Hartmann 1941-1944 Wanderer-Werke AG Aufsichtsratsvorsitzender (Schreibmaschinen, 1934-1944 Zweiräder) Köhlmann Werke, Frankfurt/O. (Kartoffelmehl, Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender 1936-1945 Stärke) Deutsch-Atlantische TeleStellvertretender Aufsichtsratsgraphengesellschaft Schultheiss-Brauerei AG vorsitzender 1936-1944 Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender 1936-1944 Aufsichtsratsmitglied 1936-1944 Rabbethge & Giesecke AG (Zucker) Aufsichtsratsmitglied 1936-1944 Deutsche Erdöl AG Deutsche Continental-Gas Aufsichtsratsmitglied 1936-1944 AG Aufsichtsratsmitglied 1936-1944 Brown, Bovery & Cie AG (Elektrogeräte) Aufsichtsratsmitglied 1938-1944 Klöckner-Werke AG Bayerische Motorenwerke Aufsichtsratsmitglied 1935-1944 AG Aufsichtsratsmitglied 1936-1944 Daimler-Benz AG, Berlin Aufsichtsratsmitglied 1935-1944 Mansfeld AG, Berlin (Kohle, Kupfer, Koks) Berliner Kraft & Licht AG Aufsichtsratsmitglied 1938-1945 Beamtenversicherungsver- Aufsichtsratsmitglied ein des Deutschen Bankund Bankiersgewerbe AG, Berlin Die meisten seiner Positionen in der Industrie ergaben sich aus der Praxis der Dresdner Bank, einen ihrer Leute in den Aufsichtsrat der Gesellschaften zu entsenden, an denen sie -269-
KAPITEL IX
beteiligt war. Da man sich darauf verlassen konnte, daß Schippel die Politik der Bank unterstützte, war er eine ideale Besetzung für diese Zwecke. Verbindung zur Dresdner Bank: Hans Schippel trat 1933 bei der Dresdner Bank ein. Er war Leiter der Personal-Abteilung und kümmerte sich um viele kleinere Angelegenheiten, die nicht speziell einem anderen Vorstandsmitglied unterstanden. Rüstungs- und Kriegsaktivitäten: Hans Schippeis Bemühungen um die Verbreitung von Nazi-Propaganda bildeten einen Beitrag zu den Kriegsplänen der Partei. Als Vorstandsmitglied setzte er sich voll für die Bewilligung der immensen Anleihen und Kredite ein, die die Dresdner Bank zur Aufrüstung NSDeutschlands für seinen Angriffskrieg gewährte. Einkommen: Schippel hatte keinen Grund, sich über seine Bezahlung für die Unterwerfung unter die Lehren des Nationalsozialismus zu beklagen, als deren Ergebnis sich sein Einkommen auf das Neunfache erhöhte. Das meiste davon kam aus Industriezweigen, die sich mit Rüstungs- und Kriegsproduktion beschäftigten. Sein Einkommen betrug, nach Jahren aufgegliedert: 1930: 36 000 Reichsmark 1931: 36 000 Reichsmark 1932: 36 000 Reichsmark 1933: 36 000 Reichsmark 1934: 36 000 Reichsmark 1935: 100 000 Reichsmark 1936: 300 000 Reichsmark 1937: 300 000 Reichsmark 1938: 300 000 Reichsmark 1939: 300 000 Reichsmark 1940: 300 000 Reichsmark 1941: 300 000 Reichsmark 1942: 300 000 Reichsmark 1943: 300 000 Reichsmark 1944: 300 000 Reichsmark Quellen321: Das hier verwendete Informationsmaterial stammt aus Vernehmungen Schippeis und seiner Geschäftskollegen und aus Fragebögen der Militärbehörden. Einschätzung des Häftlings: Als Zeuge reagiert Schippel aus-270-
KURZBIOGRAPHIEN
weichend auf Themen, die politische Fragen berühren, und ist nicht allzu gut informiert über Einzelheiten der Transaktionen, an denen die Dresdner Bank beteiligt war. Schlußfolgerung: Schippel nahm im Sinne von Artikel II § 2 (f) des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 eine hohe Stellung im Finanz-, Industrie- und Wirtschaftsleben Deutschlands ein; es wird angenommen, daß er ein Verbrechen gegen den Frieden nach Artikel II § l (a) desselben Gesetzes begangen hat. Gemäß § l (a) eines Schreibens des Hauptquartiers USFET vom 15. November 1945 betreffs »Haftprüfung durch Sicherheitsprüfungsausschüsse« ist seine Inhaftierung nicht Gegenstand der Überprüfung durch die nach § 3 desselben Schreibens gebildeten Sicherheitsprüfungsausschüsse.
HUG O Z INSS ER VORSTANDSMITG LIED DER DR ESDNER BANK
Zusammenfassung: Hugo Zinßer war eine kompetente Kraft, aber kein führender Mann in der Dresdner Bank. Die letzten sechs Jahre diente er in der Wehrmacht. Er war an der Ostfront in Polen und der Tschechoslowakei sowohl während der Eroberung als auch der nachfolgenden Ausbeutung dieser Regionen. Persönliche Daten: Hugo Zinßer, Alter 46 Jahre, ist deutscher Reichsbürger und lebte in Wiesbaden, Abegstraße 11. Er war Vorstandsmitglied der Dresdner Bank. Er wurde am 25. Oktober 1945 verhaftet und zwei Tage später ins Rote-Kreuz-Krankenhaus Wiesbaden eingeliefert. Vor kurzem wurde er ins Elisabeth-Krankenhaus Bad Nauheim verlegt, wo er sich bis heute befindet. Zinßer besuchte in Heilbronn die Volks- und Realschule. Politische Tätigkeit: Zinßer trat nie in die NSDAP ein. Er gehörte folgenden Unterorganisationen an: DAF seit 1935 NSV seit 1938 Reichsluftschutzbund seit 1936 Posten in Industrie und Finanz: Zinßer gehörte folgenden Gesellschaften an: -271-
KAPITEL IX
Dresdner Bank, Berlin Vorstandsmitglied 1934-1945 Pfalzische HypothekenAufsichtsratsmitglied 1936-1945 bank Aufsichtsratsmitglied 1936-1945 Hermes Kreditversicherungs-AG Aufsichtsratsmitglied 1939-1945 Diskont und Kredit AG, Berlin Metallwarenfabrik, vorm. Aufsichtsratsvorsitzender H. Wissner AG (Kriegs- 1941-1945 industrie) Aufsichtsratsvorsitzender Chemische Fabrik von Heyden AG (Pharma1943-1945 zeutika) Gottfried Lindner AG (Ei- Aufsichtsratsvorsitzender senbahnwagen) 1937-1945 Ohringen Bergbau AG Aufsichtsratsvorsitzender 1939-1944 Plauener Baumwollspinne- Aufsichtsratsvorsitzender rei AG 1934-1937 Chemische Fabriken AlStellvertretender Aufsichtsratsbert (Düngemittel, vorsitzender 1940-1945 Kunststoff) Hugo Schneider AG (Mu- Stellvertretender Aufsichtsratsnition) vorsitzender 1940-1945 G. Kärger, Fabrik f. Werk- Stellvertretender Aufsichtsratszeugmaschinen AG vorsitzender 1932-1945 Freiherrlich von Tucher'Stellvertretender Aufsichtsratssche Brauerei AG vorsitzender 1938-1945 Chemische Werke Aussig- Aufsichtsratsmitglied 1939-1945 Falkenau GmbH Königsberger Zellstoff-Fa- Aufsichtsratsmitglied 1934-1936 briken & Chemische Werke Koholyt AG Pfalzische Mühlenwerke Aufsichtsratsmitglied 1938-1945 Riebeck'sche MontanAufsichtsratsmitglied 1939-1945 werke AG Reichelbräu AG Aufsichtsratsmitglied 1936-1945 Radeberger Export BierAufsichtsratsmitglied 1936-1945 brauerei AG -272-
KURZ BIOGRAPHIEN
Gruschwitz-Textilwerke Aufsichtsratsmitglied 1937-1942 AG Hildebrand & Söhne Aufsichtsratsmitglied 1933-1937 Rheinmühlenwerke AG Feldmühle, Papier- & Zell- Aufsichtsratsmitglied 1936-1945 stoffwerke AG Süddeutsche Zucker AG Aufsichtsratsmitglied 1934-1945 Zinßer war in den Aufsichtsräten vieler kleiner Firmen, mit denen die Dresdner Bank einträgliche Geschäfte machte und die sie als Kunden behalten wollte. Seine Beziehungen zu Banken waren ähnlich nützlich für seinen Arbeitgeber. Verbindung zur Dresdner Bank: Zinßer trat 1915 bei der Dresdner Bank ein und wurde 1922 leitender Angestellter.322 Während der Bankenkrise 1931 ernannte man ihn zum stellvertretenden Leiter des Berliner Zentralbüros. Sein gesundes Urteil und sein eifriger Einsatz in dieser kritischen Phase überzeugten den Aufsichtsrat von seinem Wert, und 1935 machte man ihn zum stellvertretenden Vorstandsmitglied. 1941 wurde er Vollmitglied. Er leitete die Devisen-Abteilung, die Abteilung für Liquiditätsreserven und war zuständig für die Filialen in Süddeutschland. Er war der Bank ein kompetenter leitender Angestellter und setzte treu ergeben die Geschäftspolitik der Bank für den Aufbau des NS-Kriegspotentials ein. Man beförderte ihn zu einer Zeit, als er in der Wehrmacht war, ehrenhalber zum vollwertigen Vorstandsmitglied. Einkommen: Zinßer verdiente von 1930-1944: 1930: 18 000 Reichsmark 1931: 18000 Reichsmark 1932: 21 000 Reichsmark 1933: 26 000 Reichsmark 1934: 38 000 Reichsmark 1935: 114 000 Reichsmark 1936: 140 000 Reichsmark 1937: 174 000 Reichsmark 1938: 180 000 Reichsmark 1939: 195 000 Reichsmark 1940: 204 000 Reichsmark 1941: 216000 Reichsmark -273-
KAPITEL IX
1942: 206 000 Reichsmark 1943: 206 000 Reichsmark 1944: 205 000 Reichsmark Zinßer verdankte diese Einkommenssteigerung direkt den Rüstungs- und Kriegsproduktionsgewinnen der Gesellschaften, mit denen er verbunden war. Er schätzt sein derzeitiges Vermögen auf 400000 Reichsmark. Quellen323: Die vorliegenden Informationen stammen aus Vernehmungen Zinßers und seiner Kollegen, Berichten und Fragebögen der Militärbehörden, die Zinßer vorlegte. Einschätzung des Häftlings: Zinßers frühere Freunde und Kollegen charakterisieren ihn als zuverlässigen und fleißigen Mitarbeiter. Er war bei den Vernehmungen kooperativ, da er jedoch aufgrund seines Dienstes in der Wehrmacht sechs Jahre abwesend war, kann er über die Einzelheiten von Transaktionen nicht allzu viel wissen. Schlußfolgerung: Zinßer nahm im Sinne von Artikel II § 2 (f) des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 eine hohe Stellung im Finanz-, Industrie- und Wirtschaftsleben Deutschlands ein; es wird angenommen, daß er ein Verbrechen gegen den Frieden nach Artikel II § l (a) desselben Gesetzes begangen hat. Gemäß § l (a) eines Schreibens des Hauptquartiers USFET vom 15. November 1945 betreffs »Haftprüfung durch Sicherheitsprüfungsausschüsse« ist seine Inhaftierung nicht Gegenstand der Überprüfung durch die nach § 3 desselben Schreibens gebildeten Sicherheitsprüfungsausschüsse.
Verzeichnis der Beweisstücke (Exhibits) in der Reihenfolge des Untersuchungsberichts Lfd. Nr. In Nürnberger Beschreibung, Inhalt, Datum Dokumentenserien übernommen
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Liste der Privat- und Regionalbanken, die von der Dresdner Bank AG übernommen wurden (1.11.1945) 2 NID-14464 Liste der Bank- und Industriebeteiligungen der Dresdner Bank AG. Anlage 3 zu einem Bericht der Devisenstelle beim Oberfinanzpräsidenten Berlin über die Dresdner Bank AG (29.11.1944) 3 NID-13 490 Schreiben Wilhelm Kepplers an Carl Goetz, Aufsichtsratsvorsitzender der Dresdner Bank AG, über die »Arisierung« der Mercurbank Wien (13. 7.1937) 4 NID-13 490 Antwortschreiben des Carl Goetz an Keppler über »das wünschenswerte Ziel der Arisierung der Mercurbank« (14.7.1937) 5 NID-6389 Undatierter Vertrag der Dresdner Bank AG mit der Banque des Pays de l'Europe Centrale über Transaktionen in Osterreich zugunsten der Dresdner Bank AG 6 NID-6390 Schreiben des Emil H. Meyer, Vorstandsmitglied der Dresdner Bank AG, an Oscar R. Henschel, Henschel Flugzeugwerke AG, über die Eröffnung einer Bankniederlassung in Krakau (12.10. 1939) 7 NID-6391 Neunseitige Aktennotiz des Carl Goetz für Reichsminister Hjalmar Schacht über den Konkurrenzkampf zwischen der Deutschen Bank AG und der Dresdner Bank AG um die Vorherrschaft in Belgien. Begleitschreiben aus dem Büro Schachts anläßlich der Rücksendung der Aktennotiz (2. 11. 1940) 7A NID-6392 Schreiben der Dresdner Bank AG an Ministerialdirigent Joachim Riehle im Reichswirtschaftsministerium über ihre Expansionspläne in den Baltischen Staaten (25.8. 1941) 8 NID-6392 Dresdner Bank Branches & Affiliates äs of 1933. Schaubild über die geographische Ausbreitung der Dresdner Bank AG im Jahr 1933 9 NID-6392 Dresdner Bank Branches & Affiliates äs of 1941. Schaubild über die geographische Ausbreitung der Dresdner Bank AG im Jahr 1941 10 NID-6392 Control of Foreign Banks by Dresdner Bank. Geographisches Schaubild über die Expansion der Dresdner Bank AG in Europa und dem Nahen Osten Preliminary Tabulation of Dresdner Bank's Penetration of Foreign Banks by Partial or Total Ownership. Erläuterungen zu Beweisstück 10 Growth of Assets of Dresdner Bank: 1922-1943. Tabellari12 sche Aufstellung über die Entwicklung der Aktiva der Dresdner Bank AG 1922-1943
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DIE BEWEISSTUCKE Lfd. Nr. In Nürnberger Beschreibung, Inhalt, Datum Dokumentenserien übernommen
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Tabellarische Aufstellung über die Entwicklung der Vermögenswerte, Aktiva, Spareinlagen und Filialen der Dresdner Bank AG 1933 bis 1944 Administrative Development of Dresdner Bank 1922-1943. Tabellarische Aufstellung über die Beschäftigten der Dresdner Bank AG 1922 bis 1943 NI-4059 Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat der Dresdner Bank (4.10. 1937) NI-6393 Vertrag des Carl Goetz mit dem Aufsichtsrat der Dresdner Bank AG (17.4. 1936) NID-2032 Geschäftsordnung für den Arbeitsausschuß des Aufsichtsrats der Dresdner Bank (4.12. 1937) NID-6424 Tabelle: Verteilung der Vorstands- und Aufsichtsratsmandate leitender Manager der Dresdner Bank AG 1932-1945, mit Zusatzrubriken über ihre politischen und Wirtschaftsverbindungen NID-13 527 Schaubild über die zentrale Organisationsstruktur der Dresdner Bank AG NI-4321 Undatierter und unsignierter Aktenvermerk über die Arbeitsgebiete des Vorstands der Dresdner Bank AG NID-6394 Interrogation of Kurt Freiherr von Schroeder by Fester Adams, Paul Brand, Emil Lang and Jules Schlezinger. Verhör des Bankiers Kurt von Schröder über den Einfluß der Großbanken während des »Dritten Reichs« (24. 11. 1945) NID-6404 Deposition of Dr. Otto Schniewind. Aussage des Bankiers und ehemaligen Ministerialdirektors im Reichswirtschaftsministerium Otto Schniewind über die Rolle der Großbanken während des »Dritten Reiches« (17. 11. 1945) NI-6420 Erste Aufstellung über von der Dresdner Bank im Bezirk Frankfurt/M. in Hauptversammlungen für fremde Rechnung vertretene Aktien. Ausarbeitung der Dresdner BankDirektion Frankfurt für die amerikanische Militärregierung (4.3.1946) Erklärung des Dresdner Bank-Direktors Hans W. Rinn über die Kredit- und Börsenpolitik der Dresdner Bank AG während der NS-Zeit Erklärung des Bankdirektors Karl Schmölder über das Depotstimmrecht der Großbanken (1.12.1945) NID-14 464 Positionen von Führungskräften der Dresdner Bank AG in anderen Unternehmen. Anlage 2 zu einem Bericht der Devisenstelle beim Oberfinanzpräsidenten Berlin über die Dresdner Bank AG (29.11.1944) NID-4699 Übersicht des Direktions-Kabinetts der Dresdner Bank AG über Aufsichtsratsvertretungen und Veränderungen in den Aufsichtsratsmandaten (Veränderungsliste Nr. 350) (18.8. 1942) Betr.: Schering AG. Aktennotiz des Hans W. Rinn über die Verteilung des Aktienkapitals der Schering AG (17.4. 1942)
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DIE BEWEISSTUCKE Lfd. Nr. In Nürnberger Dokumentenserien übernommen
Beschreibung, Inhalt, Datum
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Betr.: Deutsche Textil/Pollack Trübau. Aktennotiz des Dresdner Bank-Direktors Fritz Andre über die Finanzierung neu »erworbener« Firmen im »Protektorat Böhmen und Mähren« (24.2.1942) Darlehen für Krupp. Undatierter und unsignierter Aktenvermerk für den Kreditausschuß der Dresdner Bank AG Handschriftliche Erklärung des Gustav Brecht über die Aktivitäten der Großbanken bei der Finanzierung der Braunkohle-Benzin AG (Brabag) (7. 1. 1946) Verzeichnis der größten Debitoren am 31. Dezember 1944. Aufstellung der Dresdner Bank in Frankfurt/M. für die amerikanische Militärregierung (10. 10. 1945) Schreiben des Oscar R. Henschel, Henschel Flugzeug-Werke AG, an Dresdner Bank-Vorstandsmitglied Emil H. Meyer über dessen Wahl in den Aufsichtsrat der Henschel Flugzeug-Werke (29.6.1939) Aktennotiz des Hans Pilder, stellvertretendes Vorstandsmitglied der Dresdner Bank AG, über seine Verhandlungen mit der Banque des Pays de l'Europe Centrale (2. 4. 1938) Liste der Aufsichtsratsstellen in Österreich, bekleidet von Funktionären der Länderbank Wien oder Funktionären von Banken aus dem Interessenkreis der Dresdner Bank. Niederschrift des Dresdner Bank-Direktors Walter Teichmann (28.12.1945) Expose des Walter Teichmann über die Böhmische Escompte-Bank Prag, mit Begleitschreiben an die amerikanische Militärregierung (26. 12. 1945) Participations and affiliations of the Dresdner Bank. Undatierte und unsignierte zweiseitige Liste über die Beteiligungen der Dresdner Bank AG Übersicht über die unter Federführung der Dresdner Bank, Berlin, seit 1936 bearbeiteten größeren Emissionen, Konversionen und Konsortialkredite. Undatierte, vom Dresdner Bank-Aufsichtsratsvorsitzenden Carl Goetz signierte Aufstellung Über die Finanzierung in der Luftaufrüstung in der Zeit von 1934 bis 1941. Handschriftliche Ausarbeitung des Heinrich Koppenberg, Wehrwirtschaftsführer und Generaldirektor der Junkers Flugzeug- und Motorenwerke AG (20.12.1945) Einladungsschreiben des Reichsministers der Luftfahrt, gez. Keßelring, zu einer Besprechung über Finanzierungsprobleme der Luftfahrtindustrie (15.5. 1935) Unleserlich signierte Aktennotiz über die Besprechung im Reichsluftfahrtministerium am 20. Mai 1935 »wegen der Luftfahrt-Kredite« (21.5.1935) Aktennotiz. Betr. Besprechung bei der Seehandlung wegen der Luftfahrtkredite am Donnerstag, dem 6.Juni 1935 (7.6.1935)
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Korrespondenz des Reichsluftfahrtministeriums mit der Dresdner Bank AG über Geheimschutz-Verpflichtungen für deren Direktoren Karl Rasche und Hans Pilder (1.9. 1937 bis 14.12.1938) Unleserlich signierte handschriftliche Aufzeichnung über die zehn größten Kredite der Filiale Bremen der Dresdner Bank AG (28.12.1945) Rede Hermann Görings vor den Führern der Luftfahrtindustrie (8.7.1938) Korrespondenzstücke zwischen der Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe und der Wirtschaftsgruppe LuftfahrtIndustrie über das Verhalten der Großbanken bei der Finanzierung der Luftrüstung (3.8. 1940, 16.8.1940) Aktennotiz der Dresdner Bank-Direktoren Pilder, von Ranke und Wolzt über eine Besprechung im Reichsluftfahrtministerium am 17.9.1936 (18.9.1936) Schreiben des Dresdner Bank-Vorstandsmitglieds Emil H. Meyer an Ministerialrat Hergesell im Reichsluftfahrtministerium mit beigefügten Listen über eventuell kreditwürdige Luftfahrtfirmen (12.8. 1937) Financing of German War Production. Speer Report No. 48, Part I, III. Intelligence Report No. EF/FB/7 der Field Information Agency, Technical (= FIAT) der amerikanischen Militärregierung (26. 10. 1945) Schreiben Emil H.Meyers an Fritz Rudorf, Direktor der Bank der Deutschen Luftfahrt AG, über Interessen der Dresdner Bank AG an Kapitaltransaktionen in 17 Unternehmen der Luftfahrtindustrie (22.4.1942) Betr.: Liefergeschäft von Flugzeugen nach Ungarn. Streng vertrauliches Schreiben der Abteilung für Exportförderung der Dresdner Bank AG an die Direktion der Deutschen Golddiskontbank (18.7. 1936) Betr. Austro-Fiat. Aktennotiz des Dresdner Bank-Vorstandsmitglieds Emil H. Meyer (11.7.1938) Unsignierte Aktennotiz über eine Besprechung zwischen der Dresdner Bank AG und der Bank der Deutschen Luftfahrt AG wegen neuer Geschäftsabschlüsse für Luftfahrtprqjekte in den besetzten Gebieten (25.9.1941) Hausinterne Mitteilung, gez. Sabath und Heinze, an Aufsichtsratsvorsitzenden Carl Goetz über die Bestellung Emil H. Meyers zum Verwaltungsratsmitglied der Arado Flugzeugwerke GmbH (18.6.1936) Privatbrief des Carl Goetz an den Dresdner Bank-Mitarbeiter Hans Begemann, derzeit Gefreiter bei der Luftwaffe (10.1.1941) Betr.: Erwerb von Erdölkonzessionen in Mexiko. Schreiben des Oberbefehlshabers der Kriegsmarine Erich Raeder an
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den Generalfeld marsch all und Beauftragten für den Vierjahresplan Hermann GÖring (9.9. 1938) Betr.: Ölversorgung der Kriegsmarine. Denkschrift des Oberkommandos der Kriegsmarine an das OKW, den Reichswirtschaftsminister, den Beauftragten für den Vierjahresplan und das Auswärtige Amt (29.4. 1940} Erklärung des Hans Pilder, Leiter der Auslands-Abteilung der Dresdner Bank AG, über die Zusammenarbeit mit der Öl-Abteilung des Oberkommandos der Kriegsmarine (26.1. 1946) Studienreise Bentz nach Mexiko, 1937/1938. Ausarbeitung des Hans Pilder (28.12.1945) Interrogation of Mr. Puder, Interrogated by Mr. Bert Heilpern. Vernehmungsniederschrift des Hans Pilder über Auslandsaktivitäten der Dresdner Bank, insbesondere in Mexiko (22. 1. 1946) Interrogation Pilder, Interrogated by Mr. Bert Heilpern. Vernehmungsniederschrift des Hans Pilder, insbesondere über die Gesellschaft für Überseeische Bergbauliche Unternehmungen GmbH (24.1.1946) H. Wedekind, Direktor der Zweigniederlassung Hamburg der Deutsch-Südamerikanischen Bank AG: Bericht über die Verhandlungen mit der venezolanischen Regierung November 1936 - März 1937, mit Anlagen Bericht des Aufsichtsratsvorsitzenden Carl Goetz an den Vorstand der Dresdner Bank AG über die beabsichtigte Gründung einer Continental Erdöl AG (22. 1. 1941) Einladungsbrief des Erich Neumann, Staatssekretär beim Beauftragten fiir den Vierjahresplan, zur Gründungsversammlung und ersten Aufsichtsratssitzung der Kontinentale Öl AG, mit Begleitschreiben Görings als Beilage (20.3.1941) Einladungsschreiben des Beauftragten für den Vierjahresplan gez. Neumann an die Großbankenvertreter im Aufsichtsrat der Kontinentale Öl AG, darunter Carl Goetz, zu einer Besprechung über die Finanzierung des Unternehmens (8.3.1941) Niederschrift des Beauftragten für den Vierjahresplan, gez. Neumann, über die Vereinbarung zur Finanzierung der Kontinentale Öl AG (18.3. 1941) Einladungsschreiben des Zweiten Staatssekretärs beim Beauftragten für den Vierjahresplan, Erich Neumann, zu einer weiteren Besprechung über die Finanzierung der Kontinentale Öl AG (24.3.1941) Aktennotiz, Besprechung betr. Continental Erdöl AG, Protokoll einer Diskussion des Vorstands der Dresdner Bank AG (18.3.1941)
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DIE BEWEISSTUCKE Lfd. Nr.
In Nürnberger Dokumentenserien übernommen
Beschreibung, Inhalt, Datum
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Unsignierte Aktennotiz, Betr: Continentale Erdöl AG (19.3.1941) Schreiben des Reich s Wirtschaftsministeriums an die Kontinentale Öl AG, Betr.: Russische Mineralölwirtschaft (22.7.1941) Aufgabenstellung der Gruppe Mineralöl beim Wirtschaftsstab Ost, den Wirtschaftsinspektionen, Wirtschaftskommandos und Außenstellen. Abschrift einer undatierten Ausarbeitung als Beilage zum Schreiben des Reichswirtschaftsministeriums Gründungsurkunde der Kontinentale Öl AG {27.3. 1941) Hausinterne Mitteilung an Aufsichtsratsvorsitzenden Goetz über die Wahl des Dresdner Bank-Vorstandsmitglieds Karl Rasche in den Aufsichtsrat der Kontinentale Öl AG (29.4.1941) Gründungsbericht der Kontinentale Öl AG mit Liste der Aufsichtsrats- und Vorstandsmitglieder (29.5. 1941) Bertr. Fanto AG, Prag. Schreiben des Ludwig Schmidt, Generaldirektor der Mineralöl-Einfuhr GmbH, an Karl Rasche über die Verstärkung der deutschen Mineralölorganisation im »Protektorat« (30. 12. 1941) Schreiben der Börsen-Direktion der Dresdner Bank AG an die Kontinentale Öl AG über den Erwerb rumänischer Erdölaktien in Belgien (30.6. 1942) Schreiben des Karl Rasche an Generaldirektor Hellmuth Roehnert, Reichswerke Hermann Göring, über die mögliche Pacht eines Rüstungsbetriebs in Belgien (29.6. 1942) Schreiben Rasches an Ministerialdirektor Erich Gritzbach, Chef des Stabsamts des Ministerpräsidenten und Reichsmarschalls Hermann Göring, über Aktientransaktionen bei der Poldihütte AG zugunsten der Reichswerke Hermann Göring (23.12.1943) Aktennotiz, Betr.: Die Aktienverteilung bei der Poldihütte AG . Beila ge z u m S c hr e ib e n R a s c he s a n G r itzbach (23.12.1943) Aktenstücke über die Beteiligung der Dresdner Bank AG am Kauf des französischen Montanbetriebs Gewerkschaft Carolus Magnus durch die Reichswerke Hermann Göring (27.1.1942 bis 6.3.1942) Ausarbeitung des Dresdner Bank-Vorstandsmitglieds Karl Rasche über die Hermann Göring-Werke (27. 12. 1945) Ausarbeitungen des Wilhelm Marotzke, Ministerialrat und Referent für Wirtschaftsfragen in der Vierjahresplanbehörde, über die Reichswerke Hermann Göring, ihre Tochtergesellschaften und über ihre Verbindungen mit der Dresdner Bank AG (Dezember 1945 bis 12. 1. 1946) Undatiertes und unleserlich signiertes Schreiben der Böhmischen Escompte-Bank an das Wehrwirtschafts-Rüstungsamt
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DIE BEWEISSTUCKE Lfd, Nr.
In Nürnberger Dokumentenserien übernommen
Beschreibung, Inhalt, Datum
des OKW: Antrag auf Versetzung ihres Vorstandmitglieds Reinhold Freiherr von Lüdinghausen zur Rüstungsinspektion Prag 75 PS-1816 Rede Görings anläßlich der Besprechung über die Judenfrage im Reichsluftfahrtministerium mit anschließendem Verhandlungsprotokoll (12. 11. 1938} 76 Briefwechsel zwischen Rudolf Rentsch, Leipzig, und Dresdner Bank-Vorstandsmitglied Emil H. Meyer über die Aktivitäten der Dresdner Bank AG bei der »Arisierung der Wirtschaft« (22.3.1938,25.3.1938) 77 Zeugenaussage des Münchner Bankiers Adolf Fischer »zur Sache Nacher-Engelhardt Berlin« (22.2. 1946} 78 Bericht des Bankiers Georg Eidenschink über die »Arisierung« der Engelhardt-Brauerei AG, Berlin (17.2. 1946) 79 Aussage des Münchener Bankiers Wilhelm Schmidhuber über die Rolle der Dresdner Bank AG bei der »Arisierung« des Engelhardt-Konzerns (22.2. 1946) 80 Undatierte und unsignierte Aktenstücke aus den Kreditakten der Dresdner Bank AG über die Engelhardt-Brauerei AG, Berlin 81 Die Übernahme der Geschäfte der Firmen Gebr. Arnhold und S. Bleichröder durch die Dresdner Bank. Handschriftliche Aufzeichnung des Bankiers Walther Frisch (9. 10. 1945) 82 Eidesstattliche Erklärung des Fred Adler über die »Arisierung« der Firma I. & C. A. Schneider, Frankfurt/M. (18.1.1946) Assets and Liabilities of I. & C.A.Schneider, Beilage zur Eidesstattlichen Erklärung des Fred Adler (18. 1. 1946) 83 Aktenstücke ?ur »Entjudung« der Firma I. & C.A.Schneider, darunter Verkaufs vertrag zwischen den Brüdern Adler und dem Direktor Bruno Soletzky (17. 12. 1938) 84 Betr. Arisierungen. Undatierter und unsignierter Aktenvermerk aus der Nachkriegszeit, mit den vier wichtigsten Verordnungen zur »Arisierung der Wirtschaft« als Anhang 85 NI-2034 Aktennotiz des Dresdner Bank-Direktors und Aufsichtsratsmitglieds der Dresdener Mimosa-AG, Reinhold Freiherr von Lüdinghausen, über die »Arisierung« der Mimosa AG (21.2.1938) 85A NID-13 936 Verzeichnisse derjenigen Angestellten, die in der Zeit von 1933-1945 aus rassischen oder politischen Gründen ausgeschieden sind. Personalliste von 219 ehemaligen Mitarbeitern, mit Begleitschreiben der Berliner Zentrale der Dresdner Bank AG (14.1.1946) 85B Geschäftsbericht der Dresdner Bank AG für 1936 86 Interrogation of Kurt Freiherr von Schröder by Foster Adams and S. L. Klepper. Verhör des Kurt von Schröder über den Bankausschuß der NSDAP (sog. Bormann-Ausschuß) (20. 12. 1945)
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Beschreibung, Inhalt, Datum
Handschriftliche Erklärung des Robert Stuck, Leiter der Bremer Filiale der Dresdner Bank AG, über seinen beruflichen und politischen Werdegang {11.7. 1945) Schreiben des Vorstands der Deutsch-Südamerikanischen Bank AG an Carl Goetz über die durchgeführte »Arisierung« ihrer Niederlassungen in Deutschland (31.8. 1933) Zwei undatierte und unsignierte tabellarische Übersichten aus der frühen Nachkriegszeit über die NSDAP-Mitgliedschaften im Vorstand der Dresdner Bank AG: - Nazi representation on Vorstand äs end of year 1932-1945 - Changes in Nazi representation on Vorstand äs of end of year 1933-1945 Interrogation of Carl Goetz by Lt. John Higby. Verhör des Carl Goetz über NSDAP-Aktivitäten der Aufsichtsratsmitglieder der Dresdner Bank AG (21.2. 1946) NSDAP Affiliations of Dresdner Bank Officials. Undatierte Checkliste des Berlin Document Center für die Finance Division der amerikanischen Militärregierung Erklärung des Karl Lindemann, Aufsichtsratsvorsitzender des Norddeutschen Lloyd und Aufsichtsratsmitglied der Dresdner Bank AG, über den Freundeskreis Himmler (11.12.1945) Schreiben des Dresdner Bank-Vorstandsmitglieds Emil H. Meyer an Bankier Kurt von Schröder über eine Überweisung von 50000 Reichsmark auf das »Sonderkonto S« (23.3. 1944) Auszüge aus Vorstandsprotokollen der Dresdner Bank über Kreditvergaben an SS-Unternehmen (21.7. 1938 bis 7.8.1939) Geschäftsbericht der Dresdner Bank AG für 1940 (3.5. 1941) Schreiben des Hans Kehrl, Leiter des Planungsamts des Generalbevollmächtigten für Rüstungsaufgaben, an Dresdner Bank-Vorstandsmitglied Karl Rasche: Beauftragung mit der »Beobachtung und Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Ungarn und Schweden« und der Einbeziehung des Potentials dieser Länder in die deutsche Kriegswirtschaft (22.1.1944) Schreiben der Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe an Dresdner Bank-Aufsichtsratsvorsitzenden Carl Goetz über die Organisation der Propaganda im neutralen Ausland (22.10. 1939) Dankschreiben des C. H. Ehlers aus New York an Carl Goetz für die Übersendung der Hitlerrede vom 20.2. 1938 (3.5.1938) Interrogation of Carl Goetz by J. Schlezinger. Verhör des Carl Goetz über die Lateinamerika-Aktivitäten der Dresdner Bank AG (9. 1.1946)
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DIE BEWEISSTUCKE Lfd. Nr. In Nürnberger Dokumentenserien übernommen
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Beschreibung, Inhalt, Datum
Unleserlich signiertes Schreiben aus der Filiale Buenos Aires der Deutsch-Südamerikanischen Bank AG an Carl Goetz, mit einer später hinzugefügten Aktennotiz über die Entlassung des »nichtarischen« Filialdirektors Felix Haase (23.10.1935, 26.11.1935) Korrespondenzstücke zwischen dem Vorstand der DeutschSüdamerikanischen Bank AG und Carl Goetz über den Rücktritt des Carlos Meyer-Pellegrini vom Aufsichtsrat der Deutsch-Südamerikanischen Bank AG (20. 1. 1941 bis 1.4. 1941) Aktennotiz über die am S.April 1937 stattgefundene Besprechung in der Geheimen Staatspolizei Berlin, betreffend den Fall Egg, Santiago (5.4.1937) Schreiben des Carl Goetz, Aufsichtsratsvorsitzender der Dresdner Bank AG und der Deutsch-Südamerikanischen Bank AG, an das Reichswirtschaftsministerium über den Stand der Untersuchungen gegen den Filialleiter der Deutsch-Südamerikanischen Bank AG in Santiago, Otto Egg (8.4.1937) Schreiben des Karl Pfeifler, Vorstandsmitglied der Deutschen Länderbank AG, an Carl Goetz: Dank für die Zusendung von Arbeiten über Süd- und Mittelamerika, und Bitte, sie an die Zentralfinanzverwaltung der I.G.Farben weiterschicken zu dürfen (10.9. 1937) Briefwechsel zwischen Dresdner Bank-Vorstandsmitglied Emil H.Meyer und Ernst Wilhelm Bohle, Gauleiter der Auslands-Organisation der NSDAP: Mitteilung über die bei der Dresdner Bank geplante Verteilung der Auslandsreferate auf die Vorstandsmitglieder (20.5. 1944, 24.5. 1944) Korrespondenzstücke über eine Spende der Dresdner Bank AG für die Deutsche Schule in Istanbul: Zustimmungserklärung des Dresdner Bank-Vorstands (16.10.1939) Schreiben des Carl Goetz an den deutschen Botschafter in der Türkei, Franz von Papen (19.10. 1939) Schreiben der Dresdner Bank AG an die Kulturabteilung des Auswärtigen Amts (30. 10. 1939) Betr.: Personal unserer türkischen Niederlassungen. Interner Aktenvermerk über Absprachen mit dem Auswärtigen Amt, leitende Mitarbeiter der Dresdner Bank AG in der Türkei zu belassen (22.8.1944) Interrogation of Rudolf Tefs, by S. Kagan. Venehmungsprotokoll des Rudolf Tefs über die Aktivitäten der Dresdner Bank-Niederlassungen in Ägypten (21.2. 1946) Interrogation of Hans Pilder by S. Kagan. Verhör des Dresdner Bank-Vorstandsmitglieds Hans Pilder über die Unterstützung der Auslandsorganisation der NSDAP durch die Dresdner Bank AG (21. 2. 1946)
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DIE BEWEISSTUCKE Lfd. Nr. In Nürnberger Beschreibung, Inhalt, Datum Dokumentenserien übernommen
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NID-6681
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Felix Graf Czernin, Bericht über Ungarn-Reise vom 11.-2I.Mai 1944, mit Begleitschreiben an Karl Rasche (24.5. 1944) Auszug aus einem Verhörprotokoll des Oberst Dehmel, Leiter der Nachrichtenstelle Prag des Reichssicherheitshauptamts: Angaben über Felix Graf Czernin alias Burger Aktennotiz des Carl Goetz über ein Gespräch mit Botschafter Karl Ritter »wegen unserer sudetendeutschen Absichten« (4.10. 1938) Interrogation of Karl Rasche continued by J. Schlezinger. Fortsetzung der Vernehmung von Karl Rasche über die Aktivitäten der Dresdner Bank AG beim »Erwerb« der tschechoslowakischen Schlüsselindustrien (19. 12. 1945) Undatierter Bericht des Reinhold von Lüdinghausen, Vorstandsmitglied der Böhmischen Escompte-Bank, über ein Abkommen mit der Societe Centrale de Dynamit, Paris, das den Erwerb von Aktienpaketen zweier tschechischer Industrieunternehmen zugunsten der Hermann Göring-Werke ermöglichte (September 1941) Aktenstücke zur Börseneinführung der Sudetenländischen Bergbau AG, Brüx: - Schreiben der Dresdner Bank AG an die Direktion der Sudetenländischen Bergbau AG anläßlich der Börseneinführung von 30 Millionen Reichsmark Aktien (2.1.1942) - Prospekt der Sudetenländischen Bergbau AG anläßlich der Zulassung zum Börsenhandel Aktennotiz des Dresdner Bank-Mitarbeiters von Richter über seine Verhandlungen mit der Georg Stenzel & Co. Werkzeugmaschinenhandlung Berlin (10.6.1942) Interrogation of Karl Rasche by J. Schlezinger. Verhörprotokoll des Karl Rasche über Kapitaltransaktionen der Dresdner Bank in der Tschechoslowakei (insbesondere Stenzel — BATA) und den Freundeskreis Himmler (4. 1. 1946) Handschriftliche Aufzeichnung des Karl Rasche über die Beteiligung der Dresdner Bank AG an der Übernahme des Vermögens der tschechischen Sportorganisation durch den NS-Reichsbund für Leibesübungen (374.1. 1946) Aktennotiz des Dresdner Bank-Mitarbeiters Joos Betr.: NS-Reichsbund für Leibesübungen (29.10.1942) Telegramm der Böhmischen Escompte-Bank, Sekretariat Lüdinghausen, an die Dresdner Bank Berlin über den weiteren Ankauf von Aktien der Königshofer Zementfabrik AG, Prag (4.3.1942) Korrespondenzstücke zwischen der Direktion der Sudetenländischen Bergbau AG und der Berliner Zentrale der Dresdner Bank AG über den »Erwerb« von Aktien der Königshofer Zementfabrik AG, Prag (20. 1. 1942 bis 18.5.1942)
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DIE BEWEISSTUCKE Lfd. Nr. In Nürnberger Beschreibung, Inhalt, Datum Dokumentenserien übernommen
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NID-7088
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NID-14902
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NID-7087
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Schreiben des Felix Graf Czernin an Karl Rasche über den Stellenwert eines Engagements für die Landwirtschaftliche Industrie- und Handels AG, Preßburg (Lihag) (13.3.1944) Aktenvermerk der Außenhandelsabteilung der Lihag betreffend die Kohlenlieferungen der Ungarischen Allg. Kohlen AG in die Slowakei (6.6.1944) Schreiben der AG Reichswerke Hermann Göring, gez. Roehnert, an Rasche über die Entwicklung des Aktienkapitals und die Aktie nbes itzer der Wa ffe nwerke Br unn AG (8.10. 1942) Interner Revisionsbericht der Böhmischen Escompte-Bank über die Entwicklung ihrer Verwaltungskosten (3.4. 1941) Böhmische Escompte-Bank, Monatsausweis und Kommentar zum Monatsausweis per 31.8.1941 (17.9.1941) Schreiben des Helmut Ritter, Vorstandsmitglied der Gildemann Cigarren-Fabriken AG, an Karl Rasche über den »Erwerb arisierter« Unternehmen im »Protektorat« (12.3.1942) Telegramm der Böhmischen Escompte-Bank, gez. Stitz-Ulrici, an das Sekretariat Rasche »wegen gildemann cigarrenfabriken« (16.3.1942) Schreiben Helmut Ritters, Vorstand der Gildemann Cigarren-Fabrik AG, an die Kundendienstabteilung der Böhmischen Escompte-Bank über »arisierbare« Firmen im »Protektorat« (19.5.1942) Schreiben der Böhmischen Escompte-Bank an Helmut Ritter mit einer Beschreibung von 34 »arisierbaren Firmen im Protektorat« (21.5. 1942) Telegramm der Böhmischen Escompte-Bank Prag an G. Stiller, Sekretariat Rasche, mit der Ankündigung der Analyse »arisierbarer Firmen« (20.5. 1942) Schreiben des G. Stiller vom Sekretariat Rasche an die Gildemann Cigarren-Fabriken AG: die Dresdner Bank AG hat für Helmut Ritter die Befürwortung für einen »DurchlaßSchein für das Protektorat« beschafft (9. 6. 1942) Brief der Abteilung für Kundendienst der Böhmischen Escompte-Bank an das Vorstandssekretariat Rasche über die »Protektorats«-Reise des Helmut Ritter (17.6. 1942) Schreiben des Reichsprotektors in Böhmen und Mähren an die Böhmische Escompte-Bank Prag über die »Arisierung« der Firma Herrn. Pollack's Söhne, Trübau (28.2.1942) Aktennotiz des Dresdner Bank-Mitarbeiters Harald Kühnen über die »Arisierung« der Herrn. Pollack's Söhne in Böhm.Trübau (15.7.1942) Betr.: Pollack's Söhne. Undatierte und unsignierte Aktennotiz zur Prager Reise des Karl Rasche Bericht über die Bilanz der Böhmischen Escompte-Bank, Prag, per 31. Dezember 1940 (25.2.1941)
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DIE BEWEISST ÜCKE Lfd. Nr. In Nürnberger Dokumentenserien übernommen
Beschreibung, Inhalt, Datum
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NID-6603
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NID-14 967 (Auszüge)
Ertragsentwicklung bei der Böhmischen Escompte-Bank, Prag, im I. Halbjahr 1942. Ausarbeitung der Hauptbuchhaltung der Berliner Zentrale der Dresdner Bank (4.9.1942) Volkswirtschaftliche Abteilung der Dresdner Bank (Bearb.), Volk und Wirtschaft im ehemaligen Polen (Dezember 1939) Auszüge aus Sitzungsprotokollen des Vorstands der Dresdner Bank AG (5.9.1939, 8.9. 1939, 9.10.1939) Geschäftsbericht der Ostbank AG für 1941 Aktenstücke über den Versuch der Dresdner Bank AG und der Böhmischen Escompte-Bank, für einen hochrangigen Kunden eine Werkzeugmaschinenfabrik auf dem »Arisierungsweg« zu »erwerben«: — Hausinterne Mitteilung des Georg Stiller vom Sekretariat Rasche an Harald Kühnen, Konsortialabteilung der Dresdner Bank AG (8.6.1942) - Schreiben Stillers an Leonhard Stitz-Ulrici, Direktor der Böhmischen Escompte-Bank (26.6.1942) - Antwortbrief Stitz-Ulricis an Stiller (29.6.1942) Brief der Filiale Kattowitz an das Sekretariat Rasche der Dresdner Bank AG über eine geplante Fabrikgründung (10.10.1942) Antwortbrief des Sekretariats Rasche an die Filiale Kattowitz (15.10.1942) Rückantwort der Filiale Kattowitz (20.10.1942) Brief des Georg Stiller, Sekretariat Rasche, an die Filiale Kattowitz über die geplante Fabrikgründung (30.10.1942) Schreiben der Hauptabteilung Wirtschaft der Regierung des Generalgouvernement, gez. Zimmermann, an das Reichswirtschaftsministerium, Betr.: Erwerb von Anteilen an ehemals polnischen Elektrizitätsunternehmungen (25.4.1942) Begleitschreiben Zimmermanns an Rasche mit der Bitte, das an das Reichswirtschaftsministerium adressierte Schreiben persönlich zu übergeben (25.4.1942) Aktennotiz des leitenden Dresdner Bank-Mitarbeiters Marty über die geplante Verwendung der französischen Auslandsvermögen für den Erwerb einer Erdölraffinerie zugunsten der Kontinentale Öl AG (24.3.1942) Brief der Berliner Zentrale der Dresdner Bank AG an die Filiale Kattowitz mit der Anweisung, die Hermann GöringWerke bei der Übernahme polnischer Firmenanteile zu unterstützen (7.12.1942) Undatierter Entwurf eines Schreibens der Kommerzialbank AG Krakau an die Stahlwerke Braunschweig GmbH, Betr. Kredit Werk Stalowa Wola Kredite von RM 5(000,-) bis 50000-. Liste aller Kreditvergaben der Dresdner Bank-Zentrale und der Dresdner BankTochter Ostbank AG in den besetzten polnischen Gebieten
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NID-6878
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NID-13 937
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NID-8249
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NID-8237
Kommerzialbank AG, Krakau: Kredite über ZI. 500000,per 3I.August 1943. Umfangreiche Liste, aufgeschlüsselt nach Kreditnehmer, Kreditart, Kreditlinie, Inanspruchnahme und Sicherheiten Untersuchungen der Berliner Hauptbuchhaltung der Dresdner Bank AG über die Entwicklung ihrer Tochtergesellschaft Kommerzialbank AG, Krakau: - Rentabilität der Kommerzialbank im I.Semester 1942 (2.9.1942) — Zur Entwicklung der Kommerzialbank AG, Krakau, im IV. Vierteljahr 1943 (8.2.1944) - Zur Entwicklung der Kommerzialbank AG, Krakau, im I.Quartal 1944 (14.6.1944) Interne Revisionsberichte der Kommerzialbank AG, Krakau: — Zinsen- und Provisions-Konto per 31. 12. 1941 - Gewinnübersichten 1941 und I.Halbjahr 1942 Protokoll über die Aufsichtsratssitzung der Ostbank AG, Posen, vom 30. November 1940 (30.11. 1940) Korrespondenzstücke zwischen der Filiale Kattowitz und dem Sekretariat Rasche der Dresdner Bank AG über ihre Geschäftspolitik gegenüber Unternehmen der Erdölverarbeitung und einer Versicherungsgesellschaft in Oberschlesien (10.7.1942 bis 14.12.1942) Bemerkungen der Hauptbuchhaltung der Dresdner Bank AG zur Bilanzentwicklung März-Juni 1942 der Kommerzialbank Krakau (22.7.1942) Fritz Dellschow, Bericht über Besuch und Revision der Handelstrust West N. V., Amsterdam (Dezember 1939) Vertrauliches Rundschreiben des Reichswirtschaftsministers, gez. Landfried, Betr. Kapitalinvestitionen in den Niederlanden (7.9. 1940) Schnellbrief des Reichswirtschaftsministers, gez. Schlotterer, Betr.: Erwerb von Beteiligungen in Holland, Belgien und den besetzten französischen Gebieten (20.9. 1940) Niederschrift des Georg Rienecker von der Handelstrust West N. V, Amsterdam, »wegen Holland« (6. 12. 1940) Brief des Georg Rienecker an Karl Rasche über die Perspektiven der deutschen Bankpolitik im besetzten Holland (3.2.1941) Schreiben des Beauftragten für die Niederländische Bank beim Reichskommissar für die besetzten niederländischen Gebiete, gez. Dr. Bühler, an die Handelstrust West N. V. über die »Errichtung eines Stützpunktes in Den Haag« (15.12.1941) Schreiben des Hermann Knobloch, Geschäftsführung der Handelstrust West N. V, an Rasche über die Beteiligung an der Neuemmission einer niederländischen Staatsanleihe (16.6.1941)
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NID-8870
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NID-8866
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NID-8867
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NID-8867
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NID-9000
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NID-8928
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Beschreibung, Inhalt, Datum
Aktennotiz des Joachim Entzian, leitender Mitarbeiter der Dresdner Bank AG, für Rasche über den Stand der Vorarbeiten zu einem »Zwangsarisierungsgesetz« in den Niederlanden (3.3.1941) Aktennotiz Entzians für Rasche über die Koordinierung des »Arisierungs«-Projekts Beyenkorff mit dem zu erwartenden holländischen »Arisierungsgesetz« (5.3. 1941) Aktennotiz des Georg Rienecker, Geschäftsführung des Handelstrust West, über das bevorstehende »Arisierungsgesetz« in den Niederlanden (5.3. 1941) Schreiben des Fritz Dellschow, Geschäftsführung der Handelstrust West N. V, an Rasche über das inzwischen erlassene »Arisierungsgesetz« und die bevorstehende »radikale Entjudung der Wirtschaft in Holland« (15.3. 1941) Aktennotiz des leitenden Dresdner Bank-Mitarbeiters Hans Rinn für Vorstandsmitglied Karl Rasche über Erwerbsinteressen an holländischen Firmen, die unter die Bestimmungen des »Arisierungsgesetzes« fallen (13. 3. 1942) Aktennotiz des Dresdner Bank-Mitarbeiters Stockberger über die Entwicklung der Handelstrust West N. V, Amsterdam, u.a. die Gründung einer »Arisierungs-Abteilung« (28.3.1941) Aktennotiz des Herbert Knobloch, Geschäftsführung der Handelstrust West N. V, für Rasche, Betr. Arisierung in Holland (20.3.1941) Unleserlich signierter Bericht des Auslands-Sekretariats der Dresdner Bank AG über die Geschäftsentwicklung der Handelstrust West N. V im ersten Halbjahr 1941 (12.9. 1941) Vermerk des Dresdner Bank-Direktors Hans Rinn für Rasche über Möglichkeiten des unauffälligen Eindringens in Schlüsselpositionen des holländischen Bankwesens (3.9.1941) Aktenvermerk Rinns für Rasche über Zugriffsmöglichkeiten auf die »bei Lippmann-Rosenthal angesammelten JudenDepots« (19.1.1942) Korrespondenzstücke zwischen der Direktion der Handelstrust West N. V., dem Sekretariat Rasche (Georg Stiller) und der für den Oetker-Konzern tätigen Filialdirektion Düsseldorf der Dresdner Bank AG über diverse »Arisierungs«Objekte in den Niederlanden (29.8. 1940 bis 26. 11. 1941) Schreiben der Dresdner Bank AG an das Reichswirtschaftsministerium über den Freikaufversuch für einen im KZ Mauthausen internierten »nichtarischen« holländischen Bürger (5.8.1941) Auslösung holländischer Juden gegen Zahlung einer Buße in schweizer Franken. Aktennotiz des Dresdner Bank-Mitarbeiters Joachim Entzian für den persönlichen Sekretär Rasches, Georg Stiller (8.8. 1941)
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DIE BEWEISSTUCKE Lfd. Nr. In Nürnberger Dokumentenserien übernommen
Beschreibung, Inhalt, Datum
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NID-9919
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182 NID-10 232
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NID-10 229
Schreiben Stillers an die Handelstrust West N. V. mit der Nachricht, daß der Loskaufversuch »aus grundsätzlichen Erwägungen heraus« gescheitert ist (9.8. 1941) Aktenstücke aus dem Sekretariat Rasches »in der Angelegenheit Ausreise Keesing« (24.1. 1941 bis 15.2. 1941) Korrespondenzstück e zwischen dem Sekretariat Rasche und der Handelstrust West N. V. über den Versuch, die »Arisierung« eines holländischen Unternehmens mit der Ausreiseerlaubnis für den Inhaber zu verbinden (12.9.1940 bis 6.3.1941) Unsignierte Aktennotiz der Handelstrust West
N. V. über einen Besuch bei Major Lauritsch von der Ein- und Ausreisestelle: Anträge, die »Arisierung« von Betrieben mit der Ausreiserlaubnis für ihre Eigentümer zu koppeln, werden nicht mehr bearbeitet (3.4.1941) Schreiben der Börsen-Direktion der Dresdner Bank AG, gez. Rinn und Lange, an das Reichswirtschaftsministerium über Verflechtungskäufe von Aktienpaketen holländischer Gesellschaften (4.2.1943) Anmeldepflicht für holländische Aktien. Hausinterne Aktennotiz des Dresdner Bank-Direktors Hans Rinn (3.2. 1943) Aktennotiz der leitenden Dresdner Bank-Mitarbeiter Stiller und Rinn über die vom Reichswirtschaftsministerium erteilten Auflagen beim Kauf von holländischen, belgischen, luxemburgischen und französischen Wertpapieren in Höhe von 500000,- Reichsmark. Aktennotiz von Stiller und Rinn über den Erwerb und möglichen Weiterverkauf von holländischen Aktienpaketen (20.9.1940) Aktenstücke über die Erfolge der Handelstrust West N. V. bei den »Leistungswettkämpfen der deutschen Betriebe in den Niederlanden«, darunter Kopie eines »Diploms für hervorragende Leistungen« (9.5.1942 bis Mai 1944) Mitteilung der Continentale Bank S. A. an die Vorstandsgruppe West der Dresdner Bank AG über die Verteilung ihres Aktienkapitals (1. 11. 1944) Schreiben der Continentale Bank S. A. an eine militärische Ausbildungseinheit mit der Bitte um Freistellung ihres Mitarbeiters Hermann Prinsler (23. 10. 1944) Schreiben der Deutschen Handelskammer in Belgien an die Militärbehörden, betr. Freistellung des Hermann Prinsler, Abteilungsdirektor der Continentale Bank S. A., von der Wehrpflicht (22.1. 1944) Trial Brief on the Spoliation of Western Europe. Schriftsatz der Anklagevertretung in Fall XI (Wilhelmstraßenprozeß) der Nürnberger Nachfolgeprozesse Antrag auf Einlösung von belgischen Noten. Schreiben der Continentale Bank S.A. Brüssel, Abwicklungsstelle Reich, an die Devisenstelle Frankfurt/M. (31. 1. 1945)
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DIE BEWEISSTUCKE Lfd. Nr. In Nürnberger Beschreibung, Inhalt, Datum Dokumentenserien übernommen
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EC R 132
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NID-4308
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NID-8869
Aktennotiz der Continentale Bank S.A., Abwicklungsstelle Reich, über ihre Rolle bei der Zwischenfinanzierung von Rüstungsund Verlagerungsaufträgen in Belgien (11.2.1945) Streng vertraulicher Bericht des Kommissars bei der Belgischen Nationalbank für den Berichtszeitraum August bis Oktober 1942 (1.12.1942) Undatierter Durchschlag eines Schreibens des Joachim Entzian, Präsident des Verwaltungsrats der Continentale Bank S. A., an das Wehrbezirkskommando Berlin mit dem Antrag auf Freistellung des leitenden Mitarbeiters Hermann Prinsler von der Wehrpflicht Betr. Einberufung unseres Abteilungsdirektors Hermann Prinsler. Durchschlag eines Schreibens der Continentale Bank S.A. an das Wehrbezirkskommando Ausland in Brüssel (27.12.1943) Betr.: Holländisch-belgisches Effektengeschäft. Aktenvermerk des Dresdner Bank-Direktors Rinn für Vorstandsmitglied Karl Rasche (29.10.1943) Schreiben der Continentale Bank S.A. an den Militärbefehlshaber in Belgien und Nordfrankreich: Antrag auf Freistellung der leitenden Mitarbeiter Rudolf Gurr und Hermann Prinsler (17.6.1944) Korrespondenzstücke aus den Akten der Continentale Bank S.A., Abwicklungsstelle Reich, über ein Wertpapiergeschäft mit der Kreditbank voor Handel en Nijverheid, Brüssel (11.12.1944 bis 27.4.1945) Briefwechsel zwischen der Continentale Bank S. A. und dem Chef der Militärverwaltung des Militärbefehlshabers in Belgien und Nordfrankreich über den Verkauf von Wertpapieren, die in Devisenstrafverfahren eingezogen wurden (19.2.1944 bis 15.7.1944) Aussage des Heinrich Friedmann über die Rolle des Unternehmens Lippmann, Rosenthal und Co. bei der »Arisierung« jüdischen Vermögens in den Niederlanden (23. 10. 1945) Brief der Firma Lippmann, Rosenthal und Co. an die Dresdner Bank-Zentrale Berlin mit einer Liste von Effekten als Beilage, die in der Continentale Bank S. A. lagerten (9.12. 1944) Stellungnahme zu einer Neuordnung der Verwaltung im Reichskommissariat Ostland. Unsignierte und undatierte Denkschrift aus dem Reichskommissariat Ostland Schreiben des Ministerialrats Essen, Abteilungsleiter beim Reichskommissar für das Ostland, an Staatssekretär Wilhelm Stuckart im Reichsministerium des Innern über »die Frage der Selbstverwaltung der einzelnen Völker des Ostlandes« (5.11.43)
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DIE BEWEISSTUCKE Lfd. Nr. In Nürnberger Beschreibung, Inhalt, Datum Dokumentenserien übernommen
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NID-8859
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NID-8860
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NID-9146
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NID-9284
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Brief des Militärverwaltungschefs H. Fromm an Dresdner Bank-Vorstandsmitglied Karl Rasche mit den beiden Denkschriften als Beilage (10.11.1943) Tätigkeitsbericht der Auslands-Abteilung der Dresdner Bank AG für die Monate September und Oktober 1937 Verwaltungsauibau und Haftungsverhältnisse im Reichskommissariat Ostland. Denkschrift des Juristischen Büros der Dresdner Bank AG, mit einem Anhang: Besondere Organisationsformen für Wirtschaftsbetriebe im Ostland (5.4.1943) Genehmigungsschreiben des Reichswirtschaftsministers, gez. Riehle, an die Dresdner Bank Berlin zur Errichtung einer Deutschen Ostland-Bank AG (27.8.1941) Gründungsurkunde der Deutschen Ostland-Bank AG (29.8. 1941) Statistische Übersichten aus den Kreditakten der Handelsund Kreditbank AG Riga, darunter ein Kreditausweis zum 31.1.1943 Handels- und Kreditbank AG Riga, Kreditoren ab RM 50000- per 31. August 1942. Kreditübersicht für deutsche Unternehmen in Riga und Kauen (Kowno) Korrespondenzstücke zwischen der Allgemeinen Waren-Finanzierungs-Gesellschaft mbH (Allwafinag) und Rasche über die Kraehnholm Manufaktur für Baumwollfabrikate,^ Reval (13.2. 1942 bis 8.4.1942) Hausinterne Aktennotiz, gez. Anspach, über die Finanzierung eines unter »Treuhandverwaltung« gestellten Zementwerks in Riga durch die Dresdner Bank AG (2.9. 1942) Korrespondenzstücke zwischen dem Verwaltungsrat der Ost Faser-Gesellschaft GmbH und Rasche über die Unterstützung beim Aufbau ihres Verwaltungsapparats durch die Dresdner Bank AG (1.6.1942 bis 3.8.1942) Schreiben des Hans Kehrl, Generalreferent im Reichswirtschaftsministerium, an Rasche mit der Bitte, bei der Auswahl der leitenden Manager für die Ost Faser-Gesellschaft zu helfen (27.8.1942) Umfangreiche Korrespondenzstücke zwischen der Ost Faser-Gesellschaft, dem Sekretariat Rasche und Filialdirektionen der Dresdner Bank AG: Versuch, Personal für die Ost Faser-Gesellschaft ausfindig zu machen (4.6.1942 bis 12.9.1942) Korrespondenz zwischen der Solo Zündwaren- und Chemische Fabriken AG, Wien, und dem Sekretariat Rasche über die Erlangung einer Einreisegenehmigung »für das Ostland« (21.7.1942 bis 13.8.1942) Undatierter und unsignierter Bericht der Deutsch-Südamerikanischen Bank AG über ihre Entwicklung seit der Weltwirtschaftskrise. Beilage zu einem Begleitschreiben des Vor-
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Stands der Deutsch-Südamerikanischen Bank AG an Carl Goetz (18.8.1936) Protokoll über die Sitzung des Aufsichtsrats-Ausschusses der Dresdner Bank AG vom 14.4. 1937 (14.4. 1937) NID-9185 Bericht des Vorstands der Deutsch-Südamerikanische Bank AG »über die Entwicklung des Geschäfts in den letzten drei Monaten« (13.3.1935) NID-9186 Aktennotiz Betr. Rowak. Hausinterner Vermerk über ein Gespräch mit Vertretern der NSDAP-Auslandsorganisation und die Möglichkeiten der Einflußnahme der Dresdner Bank AG auf die reichseigene Rowak-Handelsgesellschaft mbH (5. 1.1937) Hans Heinrich von Holleuffer: Memorandum für Herrn Oberst Voltjen. Denkschrift über Kapitaltransaktionen mit dem Ziel, die alliierte Blockade zu brechen (22.9. 1942) Tätigkeitsbericht der Auslands-Abteilung der Dresdner Bank AG für den Monat Juni 1937 NID-9188 Protokoll über eine Sitzung des Aufsichtsratsausschusses der Dresdner Bank AG, die am 16. 10. 1939 stattfand (16.10.1939) NID-9189 Bericht über die gegenwärtige Situation der Deutsch-Südamerikanische Bank AG. Beilage zu einem Schreiben des Vorstands der Deutsch-Südamerikanische Bank AG an den Aufsichtsratsvorsitzenden Carl Goetz (9. U. 1939) NID-9190 Brief des Vorstands der Deutsch-Südamerikanische Bank AG, gez. Nathan und Hübbe, an Goetz über erfolgreich durchgeführte Transaktionen in Nordamerika (13. 12. 1939) NID-9191 Schreiben der Stahlunion-Export GmbH, Abteilung Ost, an ihr Exportsekretariat mit kritischen Bemerkungen über die Beziehungen zwischen der Allgemeinen Waren Finanzierungs-Gesellschaft und der Dresdner Bank AG (2. 10. 1939) NID-10 608 Schreiben des Dresdner Bank-Direktorsjoachim Overbeck aus Brüssel an Hermann Victor Hübbe, Vorstandsmitglied der Deutsch-Südamerikanische Bank AG, über Guthabentransfers nach Lateinamerika (19. 11. 1940) Korrespondenzstücke zwischen der Auslands-Abteilung der Dresdner Bank AG und dem Reichswirtschaftsministerium über den Erwerb der Ungarischen Allgemeinen Kreditbank, Budapest (24. 12.1940 bis 13.1. 1942) Auszug aus dem Protokoll einer Vorstandssitzung der Dresdner Bank AG, die am 9. 1. 1941 stattfand (9. 1. 1941) Fernschreiben des Hans Pilder, Vorstandsmitglied der Dresdner Bank AG, an Generaldirektor Voss, Präsident der Prager Creditbank AG, über Exportgeschäfte mit Rumänien (12.10.1942) Economic Collaboration in Greece: C. Eliasco and Paul Hahn. Unsignierte und undatierte Aktennotiz über die Kollaboration der Banque d'Athenes mit der Dresdner Bank AG und über die Griechisch-Deutsche Finanzierungsgesellschaft
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In Nürnberger Dokumentenserien übernommen
Beschreibung, Inhalt, Datum
Brief des A. Luger, Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftsgruppe Papier, Pappen, Zellstoff- und Holzstoff-Erzeugung, an Rasche (15.1.19«) Durchschlag einer an Hans Kehrl adressierten Denkschrift über die Krise im Clearingverkehr mit den südosteuropäischen Staaten als Beilage (15. 1. 1942) Betr.: Rumänien. Aufzeichnung des Richard Häußler, leitender Mitarbeiter der Deutschen Bank AG, über einen Konsortialkredit zur Finanzierung deutscher Lieferungen im Rahmen des deutsch-rumänischen Kreditabkommens vom 4.12.1940 (15.1.1946) Betr.: Rückkauf der in Deutschland befindlichen ungarischen Aktien. Aufzeichnung des Dresdner Bank-Direktors Hans Rinn (1.9.1942) Betr.: Aufkauf ungarischer Aktien aus deutschem Besitz. Zweite Aktennotiz Rinns über den Anspruch der Dresdner Bank AG auf die Führungsrolle bei der geplanten AufkaufTransaktion ungarischer Aktien (2. 9. 1942) Schreiben Karl Rasches an Felix Graf Czernin, Länderbank Wien AG, über die Beteiligung der Dresdner Bank AG an einem geplanten schwedisch-türkischen Handelsunternehmen (10.2.1944) Streng vertrauliche Aktennotiz des Hans Treue, Direktor der Hamburger Filiale der Dresdner Bank AG, über Gespräche mit Repräsentanten der Reichsbank und des Reichswirtschaftsministeriums: Planungen für getarnte Kompensationsgeschäfte mit der Türkei (28.4. 1944) Schreiben des Hans Treue von der Filialdirektion Hamburg an Rasche über Devisenproblem bei den geplanten getarnten Kompensationsgeschäften (6.5. 1944) Rundschreiben Nr. l des Vorstands der Zentraldirektion West der Dresdner Bank AG, gez. Hölling und Zinßer (24.7.1945) Protokoll über die derzeitige Zusammensetzung und die Funktionen des Vorstands der Dresdner Bank AG Brief des Vorstands-Sekretariats bei der Zentralstelle Hamburg der Dresdner Bank AG, gez. Gideon Vogt, an Direktor Hans Rinn: Bitte, das beiliegende Vorstandsprotokoll zu unterzeichnen (14.1.1946) Aktennotiz über eine Besprechung der Zentraldirektion West der Dresdner Bank AG, die am 20. 1. 1946 in Wiesbaden stattfand (22.1.1946) Brief des Dresdner Bank-Direktors Hans Rinn an Dr. Tuschinski in Berlin über die Anpassung der Organisationsstruktur der Dresdner Bank AG an die aktuelle Entwicklung in den Westzonen (10.1.1946) Rundschreiben der Zentralstelle Hamburg der Dresdner Bank AG, gez. Hölling und Schleipen, an die Direktionen der Niederlassungen in der britischen Zone (7. 12. 1945)
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DIE BEWEISSTUCKE Lfd. Nr. In Nürnberger Dokumentenserien übernommen
Beschreibung, Inhalt, Datum
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Schreiben der Zentraldirektion West der Dresdner Bank AG an B. Heilpern, Finance Division der amerikanischen Militärregierung: Informationen über die Zweigstellen »in der Gesamtbank Westzone«, den Gesamtpersonalstand, den Verbleib der Vorstandsmitglieder, sowie die Situation der Kreditoren und Debitoren {20.2. 1946) Hausinterne, undatierte Aufstellung der Dresdner Bank AG über die aktuelle Besetzung ihrer Filiaüeiterposten mit Vergleichsangaben zum Stand 1944 (nur franzosische Zone) Protokoll über die Sitzung Nr. 4 der Geschäftsleitung der Dresdner Bank vom 9. Januar 1946 (9. 1. 1946) Brief des Dresdner Bank-Direktors Hans Rinn an Direktor Butz in Berlin über die laufende Reaktivierung des Bankgeschäfts (19.1.1946) Transfer of I.G.Farben in Violation of Law No.55 by the Deutsche Bank, Dresdner Bank, Commerz Bank, InterOffice Memorandum des B. Heilpern von der Finance Division der amerikanischen Militärregierung über Aktientransaktibnen der Großbanken zugunsten der I.G.Farben
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Anmerkungen zur Einleitung des Bearbeiters
1 Schreiben der Filialdirektion Krefeld der Dresdner Bank an Karl Rasche vom 17.9.1943. Fall XI, Anklagedokumentenbuch (künftig = ADB) 142, Dok. NID-10996. 2 Tschechoslowakische Denkschrift für das Dresdner Bank Trial Team des OCC Nürnberg vom 2.2.1948, ADB 144 B, Dok. NID-14857. 3 Vermerk vom 18.2. 1939 über die in den sudetendeutschen Gebieten von der Reichsbank aufgenommen 1,5 Milliarden Kc-Staatsnoten. Bundesarchiv Koblenz (künftig = BA), R 2/13547. 4 Fall XI, Abschließender Schriftsatz der Anklage vom 15.11.1948, Q 19, S. 36 f. 5 Vorgänge in BA, R 2/13547, sowie Fall XI, ADB 144 A. 6 Korrespondenz hierüber in BA, R 2/13547. 7 Ebenda, Briefwechsel zwischen Bayrhoffer, Kehrl und Rasche vom 14.3.1939, 16.3.1939, 21.3.1939, 24. 3. 1939; sowie Korrespondenz über die Transaktion eines Aktienpakets der Banque des Pays de'l Europe Centrale vom Juli 1939. 8 Unsignierte Abschrift eines Schreibens aus New York an den Vorstand der Reichs-Kredit-Gesellschaft vom 5.11. 1930. BA, R 43 1/658. 9 Vgl. die Untersuchungsberichte der amerikanischen Militärregierung über diese Unternehmen (Finance Division und Decartelization Branch der Economics Division), in denen der 1929/30 einsetzende Kapitalexport rekonstruiert wird. 10 Schreiben aus New York vom 5.11.1930 (wie Anm.8). Ergänzend auch Geheimschreiben des Generalkon-
suls Kiep aus Washington vom 22.9.1930, ebenda. 11 Unterlagen in BA, R 43 1/659 (insbesondere Denkschrift des Reichsbankpräsidenten Luther an US-Botschafter Sackett vom 27. 2.1931). 12 Rede des Commerzbank-Vorstandsmitglieds Friedrich Reinhart auf der nichtöffentlichen Sitzung der Bankenenquete-Kommission am 21. 11. 1933, BA, R 2/13682, Bl. 160. 13 Hans Schäffer, Gedanken zur Krisenbekämpfung, Ausarbeitung vom 2.9. 1931. Archiv des Instituts für Zeitgeschichte (künftig = IfZ), Bestand ED 93, Nr. 31. 14 IfZ, ED 93, Nr. 9 a, Tagebucheintrag des Hans Schäffer, Staatssekretär im Reichsfmanzministerium, vom 14.10.1930. 15 OMGUS, Ermittlungen gegen die Deutsche Bank, Nördlingen 1985, S. 46; Aussage des ehemaligen Reichswirtschaftsministers Walther Funk vom 28.6. 1945, Beweisstück 13 zum Ermittlungsbericht über die Deutsche Bank; Öffentlicher Ankläger der Spruchkammer Stuttgart, Klageschrift betr. Fall Schacht vom 13.1.1947. National Archives (künftig = NA), RG 260 (OMGUS), FINAD 2/228/12. 16 IfZ, ED 93, Nr.lOa, Eintrag vom 27.1.1931. 17 OMGUS, Finance Division, Financial Intelligence Section, Report on the Investigation of the Commerzbank AG, S. 17. NA, RG 260, FINAD 2/44/1. 18 IfZ, ED 93, Nr. 11 a, Eintrag vom 15.6.1931. 19 Kaas war Aufsichtsratsvorsitzender der Görreshaus-AG, deren Konkurs von der Brüning-Regierung mit Millio-
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ANMERKUNGEN ZUR EINLEITUNO
nensubventionen verhindert wurde. Vgl. BA, R 2/15011 und 15012. 20 Aussage des Carl Goetz über einen geheimen Wahlfonds für Brüning vom 20.2.1946. NA, RG 260, FINAD 2/184/6. 21 Vgl. BA, R 2/15480 und 15498; sowie fortlaufende Eintragungen im Tagebuch Hans Schäffers (IfZ, ED 93), 1930-1932. 22 Am 19.12.1931 notierte Schärfer die folgende Äußerung des Staatssekretärs im Reichswirtschaftsministerium Ernst Trendelenburg: »Man mache die Politik der Opposition, ohne sie ans Ruder zu lassen. Es wäre erheblich besser gewesen, sie im September 1930 in die Regierung hineinzunehmen. Dann wären sie heute längst ihres Zaubers entkleidet.« IfZ, ED93, Nr. 16a. 23 70 Jahre Dresdner Bank, Unsignierte Ausarbeitung aus dem Jahr 1942, S. 5. NA, T-83, Roll 96, Folder 11. 24 Tagebuchaufzeichnung Schäffers vom 20.11.1931 über ein Gespräch mit Brüning. IfZ, ED 93, Nr. 15 a. 25 Hans E. Priester, Das Geheimnis des 13.Juli, Ein Tatsachenbericht von der Bankenkrise, Berlin 1932, S. 24. 26 Vgl. Denkschrift Dernburgs über die Einrichtung eines Bankamts vom 19.9.1931. BA, R 43 1/648. 27 Deutsche Bank und Disconto-Gesellschaft, Denkschrift über die Juni-Ereignisse im Bankgewerbe vom 1.10.1931. BA, R« 1/647. 28 Tagebucheinträge Schäffers vom 12.5.1931. IfZ, ED93, Nr. lOa. 29 Hans Schäffer, Geheimgeschichte der Bankenkrise, Ausarbeitung vom 29.7.1931. IfZ, ED 93, Nr. 31. 30 Tagebucheintragung Schäffers vom 27. 1. 1931 über ein Gespräch mit Schacht, ebenda, Nr. 10 a. 31 Nach F. Ernst, Reorganization of the Big Banks in 1931-1932, Ausarbeitung vom 9. 10.1946. NA, RG 260, FINAD 2/181/7. 32 Vgl. die Tagebucheinträge Schäffers zu Borsig und Flick seit 1930, IfZ, ED93, Nr. 9 a ff. 33 Die ersten Informationen über das wahre Ausmaß erhielt Brüning durch
die Bank von England. Vgl. Heinrich Brüning, Memoiren 1918-1934, Stuttgart 1970, S. 313. 34 Vgl. den Bericht des Staatskommissars bei der Berliner Börse über die Untersuchung der Verkäufe von Aktien der Danatbank in den letzten Tagen vor Schließung der Börse vom 23.9.1931, BA, R 43 1/647, B1.331E; Schreiben von Wassermann und Solmssen an Brüning vom 1.8.1931, BA, R 43 1/646. 35 Tagebucheintragungen Schäffers vom 5.-11. 7.1931, IfZ, ED 93, Nr. 11 a. 36 Brüning, Memoiren, S. 313. 37 Vgl. Akten der Reichskanzlei — Weimarer Republik, Die Kabinette Brüning I und II, bearb. von T. Koops, Bd. 2, Boppard a, Rhein 1982, - Dok. Nr. 375-379. 38 Tagebucheintragung Schäffers vom 12.7.1931. IfZ, ED 93, Nr. 11 a. 39 Vgl. Tagebucheinträge vom 11.7.1931, ebenda. 40 Tagebucheintragung Schäffers über die Sitzung des Reichskabinetts am 13.7.1931, ebenda. 41 Tagebucheintragung Schäffers vom 16. 7.1931, ebenda, Nr. 12 a. 42 Äußerung des Reichsfinanzministers Dietrich gegenüber Staatssekretär Schäffer am 25. 7. 1931, ebenda. 43 Ebenda. 44 Tagebucheintragung Schäffers vom 28.7.1931, ebenda. 45 Eintragung Schäffers über die Sitzung des Wirtschaftsausschusses des Reichskabinetts am 27. 7. 1931, ebenda. 46 Die Deutschen Kreditabkommen von 1931 bis 3I.Mai 1945, undatierte und unsignierte Ausarbeitung für die Finance Division. NA, RG 260, FINAD 2/146/8. 47 Vgl. RGB1. I, 1931, S. 501 ff. 48 Äußerung des Staatssekretärs Trendelenburg vom Reichswirtschaftsministerium. BA R 43 1/648, Bl. 138. 49 Staatssekretär Schäffer opponierte gegen die Ernennung von Pferdmenges mit dem Argument, es gehe nicht an, »die Dresdner Bank, die schließlich jetzt mit Reichsgeld betrieben wird, der DeDi-Bank auszuliefern.« Stellung-
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nähme Schäffers vom 17.8.1931, B A, R 43 1/647. 50 Clemens Lammers kam von der Robert Bosch GmbH, Paul Silverberg repräsentierte die rheinische Braunkohlenindustrie. Beide gehörten dem Aufsichtsrat der DeDi-Bank an. Aus dem Sitzungsprotokoll des Industriellenkonsortiums vom 17.12.1931: »Lammers ... verweist darauf, daß er und einige andere Herren des Konsortiums der Verwaltung der Dedibank nahestehen.« NA, T-83, Roll 102, Folder 2 A. 51 Vgl. die umfangreichen Aktenstücke ebenda, die einen Schlüsselaspekt der deutschen Bankenkrise enthüllen. 52 Silverbergs Doppelspiel wurde von der Ministerialbürokratie wenig geschätzt. In einem Brief vom 26.6. 1932 erinnerte der inzwischen in den Ullstein-Verlag hinübergewechselte Hans Schäffer Silverberg daran, »daß es Kreise gibt, die nach auß en hin das Hohe Lied der freien Wirtschaft und der Unabhängigkeit vom Staate singen und gleichzeitig öffentlich oder heimlich ihre wirtschaftlichen Mißerfolge oder die Verluste ihrer Privatspekulationen auf eben diesen Staat abzuwälzen suchen«. HZ, ED93, Nr. 32. 53 Gustav Schlieper, Vorstandsmitglied der DeDi-Bank, leitete den deutschen Bankenausschuß bei den kommerziellen Stillhalteverhandlungen. Sein Nachfolger wurde nach seinem Tod Hermann J. Abs. 54 Vgl. Tagebucheintragungen Schäffers zum 11. und 12.7. 1931. IfZ, ED 93, Nr. 11 a. 55 Vgl. BA, R 43 1/647, B1.204f. 56 Vgl. die Aufzeichnungen Schäffers über die Sitzungen des Bankkuratoriums vom 4.11., 13.11., 25.11., 4.12.1931, 6.1., 2 1.1., 18.2., 25.2., 26.2. und 3.3.1932. IfZ, ED 93 (aus dem Stenogramm nicht übertragen). 57 Umfangreich dokumentiert in BA, R 43 1/647-649. 58 Geschäftsbericht der Akzeptbank AG für 1931/32, BA, R 43 1/649; F. Ernst, Reorganization of the Big
Banks in 1931-1932, Ausarbeitung vom 9.10.1946. NA, RG 260, FINAD 2/181/ 7. 59 Aufzeichnung Schäffers über eine Sitzung des Reparationsgremiums vom 4.2.1932, IfZ, ED93, Nr. 18 a. 60 Aufzeichnung Schäffers über ein Gespräch mit Reichsbankpräsident Luther über die Pläne Wassermanns vom 6.2.1932, ebenda. 61 Aufzeichnung Schäffers über eine Sitzung bei Reichsfinanzminister Dietrich am 10.2.1932, ebenda.
62 OMGUS, Ermittlungen gegen die Deutscht Bank, Nördlingen 1985, S. 23. 63 Aufzeichnung Schäffers über ein Gespräch mit Clemens Lammers am 19.2.1932. IfZ, ED93, Nr. 18 a. 63a F.Ernst, Reorganization of the Big Banks in 1931-1932 (Anm. 58), S. 6. 64 Ebenda. 65 Deutsche Golddiskontbank 1924-1945, Undatierter und unsignierter Ermittlungsbericht der Finance Division, Kapitel VIII: Reorganization of German Banking. 66 Aktennotiz Dernburgs vom 19.9.1931. BA, R 43 1/648. 67 F. Ernst, Reorganization of the Big Banks (Anm. 58), S. 7 ff. 68 Schreiben Dernburgs an Ministerialdirektor Norden vom 29.2.1932, BA, R 2/13 606. 69 Geschäftsbericht der Dresdner Bank AG für 1933, S. 7. 70 Aussage des Carl Goetz vom 21.1.1946. NA, RG 260, FINAD 2/184/ 5. 71 Friedrich Ernst, Supplement to Report on Reorganization of the Big Banks in 1931-1932, ebenda, 2/181/7; Carl Goetz, Dresdner Bank, undatierte Ausarbeitung für die Finance Division, S. 3 f., ebenda, 2/184/6. 72 Ausarbeitung des Carl Goetz vom 10. 12. 1945 über das Management der Dresdner Bank. Ebenda, 2/184/6. 73 Vgl. die Aussage über den Werdegang Rasches in Fall XI, ADB 142. 74 Berlin Document Center (künftig = BDC), PA Rasche, handschriftlicher Lebenslauf vom 9. 11.1938.
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75 Lebenslauf Rasches für seine Verteidigung im Nürnberger Verfahren, Fall XI, Q 2 (VDB Rasche I), S. 6; Eidesstattliche Erklärung des Max Schobert vom 14.1. 48, Ebenda, Q 4 (VDB Rasche II B), 76 Telegramm des C.Goetz an Saukkel vom 6.5. 1933. NA, RG 260, FINAD 2/186/12. 77 Schreiben Sauckels an Goetz vom 4. 1. 1934 über die Sanierung des Werks Glücksbrunn des Nordwolle-Konzerns, ebenda. 78 Schreiben des Baron Tann, Hermann Tietz & Co. Gera, an Goetz, vom 9.8.1933. Ebenda. 79 Glückwunschbrief des C. Goetz an Sauckel vom 15.9. 1934. Ebenda. 80 Kurt von Schröder, Nachtrag zu meinen Ausführungen: Zur Frage der Regionalbanken und ihre Bedeutung für ein zuverlässiges Funktionieren des deutschen Kreditapparates. BA, R 2/ 13682, B1.83ff. 81 Vorgänge in BA, R 43 1/647. 82 Hans Rummel, Die Rentabilitätsfrage der Banken, ihre Unkosten und die Kalkulation - Die Versuche zur Rentabilitätsverbesserung, Unkostenersparnis und Ertragssteigerung, in: Untersuchung des Bankwesens, I. Teil, Berlin 1933, S. 421 ff. 83 Untersuchungsausschuß für das Bankwesen 1933, Protokoll der 3. öffentlichen Arbeitssitzung vom 21. 11. 1933. BA, R 2/13682, Bl. 153ff. 84 Stellungnahme des Carl Goetz auf der Sitzung am 31. 11. 1933. Ebenda. 85 Vgl. Verhörprotokoll des Konrad Kaletsch vom 4. 3.1946. NA, RG 260, FINAD 2/184/3. Danach hatte das Bankhaus Dreyfus & Co. begonnen, Industrieaktien der Commerz- und Privatbank und der Dresdner Bank zu plazieren. Den entscheidenden Reprivatisierungsschritt organisierte dann ein vom Bankhaus Delbrück, Schickler & Co. geführtes Bankenkonsortium. 86 M. Pohl, Hermann J.Abs, Eine Bildbiographie, Mainz 1981, S. 38 f. 87 Vgl. NA, RG 260, FINAD 2/187/ 4, 2/207/10. 88 Die Methoden der öffentlichen Fi-
nanzierung in Deutschland seit 1932, undatierte Ausarbeitung des E. W. Schmidt, Leiter der Volkswirtschaftlichen Abteilung der Deutschen Bank. NA, T-83, Roll 102. 89 Schmidt betont ebenda, durch die geräuschlose Verschuldung seien weder ein normaler Kapitalmarkt noch eine »natürliche Liquidität« entstanden. 90 Vgl. die Zusammenstellungen in NA, RG 260, FINAD 2/181/2. 91 Vgl. Hermann Jannsen, Arisierungsfalle im deutschen Bankgewerbe, Ausarbeitung vom 11.2. 1946; Dr. Kremer, Report on the development of the firm of Mendelssohn & Co. ... since 1933, Ausarbeitung vom 2.4. 1946; sowie Bericht Eric M. Warburgs an Dodge über die »Arisierung« des Bankhauses M. M. Warburg & Co. vom 23. 1. 1946. Ebenda, FINAD 2/181/2. 92 Typisch die Fallschilderungen ebenda, ergänzend auch NA, T-83, Roll 97, Folders 27 und 5. 93 Vgl. die Aussage des DresdnerBank-Direktors Fritz Andre vom 23.1.1948. Fall XI, ADB 158, Dok. NID-12 094. 94 Umwandlung nichtarischer Firmen, Rundschreiben des Vorstands der Deutschen Bank an die Filialdirektionen (Kopfstellen) vom 14. 1. 1938. Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte (künftig = HSG), Best. W. 4.3.1.5. 95 Unleserlich signierter Aktenvermerk für Hans Rummel über ein Gespräch mit Goetz vom 4.7.1938. Beweisstück 321 zum OMGUS-Ermittlungsbericht über die Deutsche Bank. 96 Aktenvermerk des Karl Kimmich über ein Gespräch mit Goetz am 23. 7. 1938. Ebenda, Beweisstück 322. 97 Ebenda, S. 2. 98 Anhang zur Aktennotiz Kimmichs. Beweisstück Nr. 322 zum Ermittlungsbericht über die Deutsche Bank, B1.4ff. 99 Zum folgenden Fall XI, ADB 144 C, B1.696ff. 100 Aktennotiz über die am 27. und 28. März 1939 in Paris stattgefundenen Besprechungen über die Repatriierung der Kuxe der Witkowitzer Bergbau-
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und Hüttengewerkschaft Mähr. Ostrau. ADB 144C; Dok. NID-14473. 101 Schreiben an den Treuhänder für das Rothschildsche Vermögen vom 25.4.1939, zit. nach Fall XI, Urteil, S. 680. 102 NA, RG 260, FINAD 2/217/8. 103 Ebenda, FINAD 2/217/2. Ergänzend die Darstellung in OMGUS,, Ermittlungen gegen die Deutsche Bank, Nördlingen 1985, S. 205ff., 480ff. 104 Durchschrift eines undatierten Schreibens von Rasche an SS-Gruppenführer Wolff, ADB 144 C, Dok. MIDIS 674. 105 Meinen Mitarbeitern, undatiertes Handschreiben Rasches. Ebenda, Dok. NID-13 674. 106 Vgl. Aussage des Leonard Keesing vom 19.3.1948. Ebenda, Dok. NID-15625. 107 Schreiben der Gesellschaft für überseeische bergbauliche Unternehmungen an das Reichswirtschaftsministerium vom 5. 10. 1939. BA, R 7/4 167. 108 Schreiben Stillers an den Generalquartiermeister, Passierscheinstelle Paris, vom 24. 6.1940, ADB 144 C, Dok. NI-1853; Bericht über die Beschlagnahrneaktion des Devisenschutzkommandos Frankreich, ADB 158 B, Dok. NID15537. 109 Schreiben des Carl Goetz an Rasche vom 21.12. 1940. ADB 144 C, Dok. NID-13292. 110 Schreiben des Direktors Chappey, Niederlassung Wien der ZentralEuropäischen Länderbank, an den Führer und Reichskanzler vom 4.4.1938. BA, R 43 11/245 a. 111 Schreiben der Dresdner Bank vom 19.5.1938 an das österreichische Staatsministerium für Handel und Verkehr, Betr. Bankenzusammenschluß im Lande Österreich. NA, RG 260, FINAD 2/216/8. 112 Undatierte und unsignierte Denkschrift der Dresdner Bank über die Situation der Mercurbank/Länderbank im Juli 1938 im Momente der Durchführung der Fusion. Ebenda. 113 Ebenda, 5.3.
114 Rede des Präsidenten der Banque des Pays de l'Europe Centrale, Andre Luquet, auf der außerordentlichen Generalversammlung am 18.7.1938. Fall XI, Q 6 (Verteidigungsdokumentenbuch Rasche III). 115 Ebenda, S. 4 f. 116 Vorgänge in BA, R 7/3013. 117 Aussage des Werner Ludwig von Richter vom 24.9.1947. ADB 143, Dok. NID-11448. 118 Undatierte Niederschrift Oswald Pohls über das Stammkapital der wirtschaftlichen Unternehmen der SS, ADB 149 A, Dok. NI-470; abschließender Schriftsatz der Anklage vom 15.11.1948, S.20a, Fall XI, Q 19; ergä nze nd d ie AD B 149 B und C, 154. 119 ADB 154, Dok. NID-7890. 120 Schreiben Pohls an Karl Ritter von Halt. ADB 149 A, Dok. NID14604. 121 Die Dresdner Bank war dabei allerdings nicht allein. Am Bankenkonsortium für den Komplex I.G.-Auschwitz war auch die Deutsche Bank beteiligt. 122 Aussage des Gerhard Saager vom 16.12.1947. ADB 148, Dok. MIDIS 775. 123 Carl Goetz, Notizen über meine Brüsseler Besprechungen für die Vorstandssitzung vom 29.8.1940. NA, T83, Roll 102. 124 Schreiben von Lüdinghausens an Rasche aus Bourges vom 30.12.1940. ADB 144 B, Dok. NID-14 475. 125 Undatierter Brief des Reinhold von Lüdinghausen an Rasche aus Schippenbeil/Ostpreußen. Ebenda. 126 Aktennotiz über eine Unterhaltung zwischen Baron de Launoit und Direktor J.Overbeck am 10.12.1940. NA, T-83, Roll 97, Folder 24. 127 Dargestellt in OMGUS, Ermittlungen gegen die Deutsche Bank, S. 227 f., 423 f. 128 Schreiben J. Overbecks an Goetz vom 11.12.1940. ADB 148, Dok. NID13825. 129 Ebenda. 130 Affidavit des Carl Goetz vom
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151 Vgl. Erklärung des Hans Schippel vom 17.12.1945, NA, RG 260, FINAD 2/183/7; Carl Goetz, Rekapitulation und Ergänzung früherer Angaben über meine Person, Ausarbeitung vom 28.1.1946, ebenda, FINAD 2/184/6. 152 Vgl. Geschäftsbericht der Dresdner Bank für 1944, ebenda, FINAD 2/ 186/11; Personalakte Hans Pilder, ebenda, FINAD 2/185/12-13. 153 Unsignierter Bericht an Hauptmann Henry H. Collins, OMGUS, vom 4.1.1946, ebenda, FINAD 2/181/8; Schreiben der Dresdner Bank an Ministerialdirektor Riehle im Reichswirtschaftsministerium vom 16.2. 1945 über die Ausweitung der Dezentralisierungsmaßnahmen, ebenda, FINAD 2/186/9. 154 Schreiben vom 16.2.1945 (wie Anm. 153). 155 Vorgänge ebenda, FINAD 2/ 186/9; ergänzend Personalakte Gustav Overbeck, ebenda, FINAD 2/185/10. 156 Vgl. die Personenübersichten ebenda, FINAD 2/146/8. 157 Dresdner Bank and Clearing trade agreements, Annex zum Progress Report on Dresdner Bank, 1.12.1945. NA, RG 260, FINAD 2/179/5. 158 Vgl. BA, R 3/1941. 159 Allerdings hatte sie ebenfalls zunächst mehrere »Vorstandsgruppen« gebildet. Die Konzentration auf den Hamburger »Führungsstab Nord« scheint erst im April 1945, also im letzten Augenblick erfolgt zu sein. 160 NA, RG 260, FINAD 2/186/9. 161 Vorgänge ebenda, FINAD 2/ 182/8. 162 Bericht Hugo Zinßers an die Finance Division, Beilage zu J.J.Clarke, Financial Institutions Branch, Plan of Dresdner Bank to resume operations in western zones, Bericht vom 28. 7. 1945. NA, RG 260, FINAD 2/143/5. Die folgenden Zitate ebenda. 163 OSS, Research & Analysis Branch, Biographical Reports. Ebenda, FINAD 2/225/6. 164 Axis Penetration of European Insurance, OSS-Report für Board of Economic Warfare, Enemy Branch, vom 15.6. 1943; German Insurance Compa-
nies - Suggested Controls, vom OSS verfaßter Civil Affairs Guide vom 15.12.1944. NA, RG 260, FINAD 2/ 110/1. 165 Political Appointments to the Management of German Banks, OSS, Research & Analysis Branch, Report No.2017 vom 21.3.1944. Ebenda, FINAD 2/180/13. 166 Preliminary Study of the Dresdner Bank, Prepared by Program Planning Section, Treasury Department, Foreign Funds Control, o. D. BA, R 7 Anh. MCC/383; vgl. auch Principal German Bankers and Industrialists, Prepared by Program Planning Section, Treasury Department, Foreign Funds Control. Ebenda, R 7 Anh. MCC/386. 167 Locations and Communications of Berlin Banks (with special reference to Gold Reserve), CSDIC (UK), PW Paper 55. NA, RG 260, FINAD 2/148/ 16. 168 German Commercial Banking in Wartime, Enemy Branch, Foreign Office and Ministry of Economic Warfare, July 1944. Ebenda, FINAD 2/105/8. 169 Ausarbeitungen in NA, RG 260, FINAD 2/109/3. 170 Board of Governors of the Federal Reserve System (with the assistance of the Federal Reserve Bank of New York), German Banking Penetration in Continental Europe, Sept. 1944. Ebenda, FINAD 2/226/14. 171 Most Secret, Germany, Banking Arrangements, 22.1.1944. Ebenda, FINAD 2/145/3. 171a Daran änderte sich bis zum Vorabend der Invasion nichts. Anfang März 1945 verhandelten Bernhard Bernstein und S. P. Chambers, der designierte Leiter der britischen Finance Division, über die künftige Finanz- und Bankenpolitik in Deutschland. Chambers verfocht exakt die Linie des zitierten Dokuments und betonte als Hauptziel, dafür zu sorgen, daß »the country not be lost to Bolshevism«. Die Standpunkte blieben unversöhnlich und schlössen von vornherein ein gemeinsames Vorgehen aus. Vgl. NA, RG 260, FINAD 2/150/3. Eine Herausarbeitung
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17.7.1948. Fall XI, Q 12 (Verteidigungsdokumentenbuch Rasche VII). 131 Aktennotiz des Dresdner BankDirektors Erk vom 15.3.1941, Betr. Banque de Ja Societe Generale de Belgique. ADB 158 B, Dok. NI-3840. 132 Schreiben Joachim Overbecks an Goetz (wie Anm. 128). 133 Schreiben Hans Puders und Emil H. Meyers an Staatssekretär Neumann vom 21. 12. 1940. NA, T-83, Roll 97, Polder 24. 134 Overbeck an Goetz (wie Anm. 128). 135 Schreiben Wilhelm Kepplers an Unterstaatssekretär v.Jawitz, Reichswirtschaftsministerium, vom 5.2.1941, NA, T-83, Roll 101, Folder 90 A. 136 Vgl. ihre Planungsdokumente bei Gerhard Ritter, Carl Goerdeler und die deutsche Widerstandsbewegung, Stuttgart 1954, S. 553 ff.; Wilhelm Ritter von Schramm (Hg.), Beck und Goerdeler, Gemeinschaftsdokumente för den Frieden 1941-1944, München 1965, S.81 ff.; zur Aufarbeitung durch den SD auch HansAdolf Jacobsen (Hg.), Spiegelbild einer Verschwörung, Die Opposition gegen Hitler und der Staatsstreich vom 20. Juli in der SDBerichterstattung, 2 Bde., Stuttgart 1984. 137 Schreiben des Leiters der Reichsgruppe Banken, Otto Chr. Fischer, an das Reichsaufsichtsamt für das Kreditwesen vom 26.6.1942, Betr. Vereinfachung der Organisation des Bankgewerbes. BA, R 2/13554. 138 Institut für Zeitgeschichte (Hg.), Akten der Partei-Kanzlei der NSDAP, Regesten Bd. l, München usw. 1983, Regeste 17091. 139 Aktennotiz von Lammers über eine Besprechung mit Reichswirtschaftsminister Funk am 17.2. 1943. BA, R 43 11/245 b. 140 Karl Ritter von Halt, Unterredung mit Dr. Rasche, Dresdner Bank, 14.11.1942 im Hotel Bristol. HSG, Best. W. 4.3.1.5. 141 Aktennotiz von Lammers (wie Anm. 139). Die folgenden Zitate ebenda. 142 Aussage des ehemaligen Reichsbank-Vizepräsidenten Kurt Lange über
den Bormann-Bankenausschuß vom 18.2.1947. ADB 143, Dok. NI-12095. 143 Aktennotiz des Karl Ritter von Halt, Betr. Personenfragen, Unterredung im Fürstenhof am 17. November 1942. HSG, Best. W. 4.3.1.5. 144 Ebenda. 145 In der zeitgeschichtlichen Forschung wird dieser Formierungsprozeß noch immer ausgeklammert, obwohl er den Anklägern von Nürnberg bzw. der Stuttgarter Spruchkammer (Verfahren gegen Schacht) voll bewußt war. Auch die neuesten Untersuchungen über Hermann Göring interessieren sich nicht mehr für das, was nach seiner »Entmachtung« 1938/39 geschah. Vgl. Alfred Kube, Pour le merite und Hakenkreuz, Hermann Gö ring tm Dritten Reich, München 1986; Stefan Martens, Hermann Göring, »Erster Paladin des Führers« und »Zweiter Mann im Reich», Paderborn 1985. 146 Ganz geheimes Schreiben des NSDAP-Gauwirtschaftsberaters Berlin vom 14. 12. 1942 an Carl Goetz, Vorsitzer des Aufsichtsrats der Dresdner Bank. NA, T-83, Roll 97, Folder 21. 147 Vorstandsbeschluß vom 24. Dez. 1942. Ebenda. 148 Schreiben des Carl Goetz an Roehnert vom 21.12.1942, Schreiben des Karl Rasche an Goetz vom 23. 12. 1942. Ebenda. 148a Schreiben von Emil H.Meyer und Rasche an Gauwirtschaftsberater Hunke vom 30. 12. 1942. Ebenda. 149 Carl Goetz, The Aufsichtsrat Committee of the Dresdner Bank, undatierte Ausarbeitung für die Finance Division, NA, RG 260, FINAD 2/181/7; Geschäftsbericht der Dresdner Bank für 1944. 150 Vgl. den Hinweis auf Goetz im Kaltenbrunner-Bericht vom 13. Nov. 1944: H.-A.Jacobsen, Spiegelbild einer Verschwörung, Bd. l, S tu ttgart 1984, S. 490; zur Konzeption des GoerdelerKreises vor allem Geheime Denkschrift Goerdelers für die Generalität vom 26. 3. 1943, abgedruckt in G. Ritter, Carl Goerdeler und die deutsche Widerstandsbewegung, Stuttgart 1954, S.577ff.
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der Konflikte findet sich ansatzweise auch bei Jens van Scherpenberg, Öffentliche Finanzwirtschaft in Westdeutschland 1944-1948, Frankfurt/M. 1984, S. 91 ff. 172 Germany, Banking Arrangements, II: Military Penetration (wie Anm. 171). 173 Kommentar des Majors H. T. Peery zum Civil Affairs Guide on Banking Control in Germany vom 19.6.1944. NA, RG 260, FINAD 2/1097 3. 174 Control of Reichsbank, Denkschrift vom 14. 7.1944. Ebenda, FINAD 2/110/4. 175 War Department, Civil Affairs Guide, Denazification of Important Business Concerns in Germany, War Dept. Pamphlet No. 31-110 A; dass., Elimination of Nazis from the German Banking Structure, War Dept. Pamphlet No. 31111. NA, RG 260, FINAD 11/325/4. 176 Directive for Military Government in Ger many Prior to Defeat or Surrender, 28.4.1944. Vgl. Paul V. Hammond, Directives for the Occupation of Germany, the Washington Controversy, in: H.Stein (ed), American Civil-Military Decisions, University of Alabama Press 1963, S. 44f. 177 Zit. Nach John Morton Blum, From the Morgenthau Diaries, vol. 3, Years of War, Boston 1967, S. 335. 178 David Rees, Harry Dexter White, A Stüdy in Paradox, New York 1973, S.239ff.; Blum (wie Anm. 177), S. 333 ff. 179 Zit. nach David Rees (wie Anm. 178), S. 306. 180 Die genaueste Darstellung gibt Paul V. Hammond (Anm. 176), S. 46ff.; ergänzend John H. Backer, Priming the German Economy, American Occupational Polides 1945-1948, Durham, N.C., 1971, S. 9 ff. 181 Backer (Anm. 180), S. 18ff.; Rees (Anm. 178), S.289ff. 182 USGCC, Basic Preliminary Plan Tripartite Control and Occupation of Germany, Annex XIV: Finance, 15.2.1945, NA, RG 260, FINAD 2/137/ 3; Finance Division, Basic Plan, o. D., ebenda, FINAD 2/145/3.
183 Basic Preliminary Plan, Annex XIV, zit. nach der Fassung vom 26.12.1944. Ebenda, FINAD 2/64/5. 184 SHAEF, Office of Assistant Chief of Staff G-2, List of Leading German Industrialists and Financiers, 20.6.1945. Ebenda, FINAD 2/132/2. 185 Major Ernst C.Ophuls, Financial Institutions Branch, Interviews, with Financial Institutions Personnel in Frankfurt/M., 20.-28.4.1945. NA, RG 260, FINAD 2/110/1. 186 Meyer Rashbaum, Fiscal Section MG Detachment Frankfurt/M., Standard Operations Procedure for Examination of Financial Institutions, 12.6.1945. Ebenda, FINAD 2/148/16. 187 Ernst J.Ophuls, General Impressions of the Operation of Military Government Frankfurt/M., Aktennotiz vom 1.5.1945. Eb., FINAD 2/70/13. 188 Schreiben des Theodore H. Ball, US Treasury Representative, an Harry D. White vom 20.7.1945. Ebenda, FINAD 2/182/1. 189 Vgl. ebenda,'FINAD 2/182/6, II 205/5, 2/206/4, 2/207/1. 190 Vgl. die Diskussionen hierüber ebenda, FINAD 2/109/3. 191 Elimination of German Resources of War, Hearings before a Subcommittee of the Committee on Military Affairs, U.S. Senate, Seventy-Ninth Congress, First Session (künftig = Kilgore-Unterausschuß), Part 5: Testimony of Treasury Department, 2.7. 1945, Washington 1945, S. 647. 192 Untersuchungsberichte Nixons hierüber in NA, RG 260, FINAD 2/70/ 18; Abschlußbericht Bernsteins an Clay vom 30. 10.1945 ebenda, FINAD 2/ 110/2. 193 Vgl. den SHAEF-G2-Report No. 331 vom 19.5.1945 über die »Transportbewegung Thusnelda«, ebenda, FINAD 2/148/16. 194 OMGUS, Ermittlungen gegen die l.G. Farben, Nördlingen 1986. 195 Vgl. den undatierten Überblicksbericht, Available Sources of Information on German External Assets, ebenda, FINAD 2/180/13; ergänzend EDDecBr., 17/225-1/1-3.
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ANMERKUNGEN ZUR EINLEITUNG
196 Schreiben der DICEA an Major S.L.Klepper vom 26.9.1945, ebenda, FINAD 2/182/1. 197 Bericht des Majors Ernst J. Ophuls an Orvis A.Schmidt vom 20.6.1945, ebenda, FINAD 2/148/16. 198 Bankhaus J.H.Stein Investigation, Schreiben von Rene Mattes an Orvis A. Schmidt vom 25.6.1945. Ebenda. 199 Theo Horstmann, Die Angst vor dem finanziellen Kollaps, Banken- und Kreditpolitik in der britischen Zone 1945-1948, in: D. Petzina und W. Euchner (Hg.), Wirtschaftspolitik im britischen Besataungsgebiet 1945-1949, Düsseldorf 1984, S. 215 ff.; Manfred Pohl, Hermann J.Abs, Eine Bildbiographie, Mainz 1981, S. 51 f.
200 NA, RG 260, FINAD 2/143/5. 201 Survey of Relationship of Major German Banks to the Nazi Regime, Denkschrift R.A.Nixons an Colonel Bernstein vom 16.8.1945. Ebenda, FINAD 2/229/1. 202 Ebenda. 203 Ebenda.
204 Bericht des Captain A. J. Mikules vom 17.9. 1945. Ebenda, FINAD 2/ 186/9. 205 Es gibt aber umfangreiche Vorstudien. Vgl. ebenda, FINAD 2/198/45, 2/198/6-13. 206 Schreiben Lt. C.E.Koether an DICEA vom 5.10.1945. Ebenda, FINAD 2/186/9. 207 Helga Wolski, Monthly Report of Dresdner Bank Investigation vom 31. 1.1946. NA, RG 260, FINAD 2/183/ 7. 208 Major S. L. Klepper, Examination of Files of Karl Rasche, Bericht an Nixon vom 20.10.1945. Ebenda, FINAD 2/187/4. 209 Bericht Nixons an Bernstein vom 10.10.1945. Ebenda, FINAD 2/179/4. 210 Bericht Nixons, Deputy Director DICEA, an Clay vom 26.10.1945; Apprehension äs a security threat and for interrogation of members of Boards of Directors and Boards of Management of the Big Six Berlin Banks, Denkschrift der DICEA and Clay vom 26. 10.1945. Ebenda, FINAD 2/179/6.
211 Vorgänge ebenda, FINAD 2/ 184/6 (Personalakte Carl Goetz). 212 Ausarbeitung Karl Rasches über seinen Lebenslauf vom 4. 8. 1948, S. 46. Fall XI, Q 2 (Verteidigungsdokumentenbuch Rasche I). 213 Verhörprotokoll Max Schobert vom 19. 1.1946. NA, RG 260, FINAD 2/185/21. 214 MCC, Special Echelon, Target Evaluation Report Dresdner Bank vom 24.6. 1945. Ebenda, FINAD 2/106/14. 215 Lebenslauf Rasches (wie Anm.212), S.46. 216 Vgl. Anm.214. 217 Summary of Rasche Interrogations, Bericht von J. Schlezinger an S. L. Klepper vom 23. 1. 1946. Ebenda, FINAD 2/177/5. 218 Summary of Goetz Interrogations, Bericht Schlezingers an Klepper vom 22.1.1946. Ebenda, FINAD 2/ 207/8. 219 Ebenda, FINAD 2/179/6. 220 DICEA, Progress Report on investigation of Big Six Banks an Clay vom 3.12.45. Ebd., FINAD 2/179/5. 221 Helga Wolski, Progress Report on Dresdner Bank vom 1. 12. 1945, mit Beilagen. Ebenda, FINAD 2/179/5. 222 Paul J.Brand, Preliminary draft of report on nature and operations of the Continentale Bank NV, Brüssels and Antwerp, 30. 11. 1945, ebenda. 223 Studies to be completed by 29. Jan. 1946, Inter-Office Memo an das Dresdner Bank-Team vom 18.1.1946. Ebenda, FINAD 2/179/4. 224 Unsignierter Bericht vom 4. l. 1946 an Hauptmann Henry H. Collins über Aktenverlagerungen seit der Beschlagnahme des Hauptgebäudes der Dresdner Bank. Ebd., FINAD 2/181/8. 225 Bericht S.L.Kleppers an Capt. Herman Zap vom 23.3.1946. Ebenda, FINAD 2/226/5. 226 Status of Dresdner Bank Report, Schreiben Kleppers vom 21.3.1946. Ebenda, FINAD 2/229/1. 227 Status of Big Six Bank Investigations, Bericht Kleppers an Jack Bennett vom 29.4.1946. Ebenda, FINAD II 179/4.
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ANMERKUNGEN ZUR EINLEITUNG
228 Klepper berichtet über den Abschluß des Berichts in seinem Brief an Zap vom 23.3.1946 (Anm.225). Vgl. auch ebenda, FINAD 2/226/17. 229 Maschinenschriftlicher Kommentar zu einem handschriftlichen Kurzbericht an Klepper, South American Oil Transactions, Studies on Dresdner Bank, S. 18. Ebenda, FINAD 2/187/ 4. 230 Kilgore-Unterausschuß, Part 11: Testimony of R. A. Nixon, 25.2.1946, Washington 1946, S. 1548. 231 Ebenda, S. 1545. 232 Growing Anti-Russian Feeling among MG Officers, Schreiben Col. Bernsteins an C.J. Hynning, Chief of Intelligence and Laison Branch, vom 24.5.1945. NA, RG 260, FINAD 2/70/ 13. 233 Eingabe des Bamberger Erzbischofs Joseph Otto Kolb an General Eisenhower vom 15.8.1945. Ebenda, FINAD 2/185/5. 234 Dargestellt in der Einleitung zu OMGUS, Ermittlungen gegen die l. G. Farben, Nördlingen 1986, S. XXXVII f. 235 Aussage Nixons vor dem Kilgore-Unterausschuß (wie Anm. 230), S. 1594. 236 Schreiben von Dodge an Nixon vom 8.11.1945. NA, RG 260, FINAD 2/169/2. 237 Aussage Nixons vor dem Kilgore-Unterausschuß, S. 1594 f. 238 Vgl. Anm. 236. 239 Elimination of Excessive Concentration of Economic Power in Banking, Paper Submitted by the U.S. Member, 30. 10.1945, DFIN/P (45) 33. NA, RG 260, FINAD 2/21/13. 240 Allied Control Authority, Directorate of Finance, Liquidation of Berlin Banking Institutions, Proposal by U.S. Member, 27.11.1945. Ebenda. 241 Protokoll der Sitzung des Finanzdirektoriums vom 25. 1.1946, TOP 43. Ebenda, FINAD 2/66/6. 242 Britische Kontrollkommission (Hg.), Ziele und Erfolge der Militärregierung in dem Britischen Kontrollgebiet, Zur Kenntnisnahme für deutsche Beamte, Lübbecke 1946, S. 16.
243 Finance Division, Secret, Berlin, Financial Report, 29.7.1945. NA, RG 260, FINAD 2/135/11. 244 Schreiben von Chandler Morse an Andrew Karmack, Chief Intelligence Section Finance Division, vom 27.8.1945. Ebenda, FINAD 2/172/7. 245 Decentralization of Banking in U.S. Zone, Scheiben des W. Lichtenstein, Chief Financial Institutions Branch, an Colonel Robinson, Acting Director der Finance Division, vom 4.2.1946. Ebenda, FINAD 2/135/11. 246 Statement to the Directorate of Finance by Joseph M. Dodge vom 5.4.1946. Ebenda, FINAD 2/66/6. 247 Ebenda. 248 Vorgänge ebenda, FINAD 2/66/ 7. 249 Draft Report of Soviel Union Member to Coordinating Committee, DFIN/P (46) 94, verhandelt auf der 36. Sitzung am 24. 7. 1946. Ebenda, FINAD 2/66/7. Die weitere Entwicklung bis Oktober ebenda. 250 Eckhard Wandel, Die Entstehung der Bank deutscher Länder und die deutsche Währungsreform 1948, Frankfurt/M. 1980, S. 58.
251 Colm-Dodge-Goldsmith-Plan, in: Hans Möller, Zur Vorgeschickte der Deutschen Mark, Basel und Tübingen 1961, S.214ff. 252 Jack Bennett, Director of Finance Division, Notes on the Discussions of a Currency Reform, 16.9. 1946. NA, RG 260, FINAD 2/26/7. 253 Vorgänge ebenda. FINAD 2/ 117/5. 254 Special Meeting, 12.9.1945. Plan for the Liquidation of War Finance and the financial Rehabilitation of Germany, DFIN/P (46) 141; DFIN/P (46) 157. Ebenda, FINAD 2/66/7; Jack Bennett, The German Currency Reform, in: The Annals of the American Academy of Political and Social Science, vol. 267, Philadelphia 1953, S. 43 f. 254a Schreiben Bennetts und Clays an die Civil Affairs Division vom 9. 7. 1946. NA, RG 260, FINAD 2/117/5. 255 Schreiben Bennetts an Clay vom 19.9.1946. Ebenda, FINAD 2/119/7.
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ANMERKUNGEN ZUR EINLEITUNG
256 Central Banking and Bank Supervision, Schreiben Dodges vom 1.11.1945. Ebenda, FINAD 2/133/2. 257 Eckhard Wandel, Die Entstehung der Bank deutscher Länder (Anm.250), S. 59 f. 258 Vgl. Akten zur Vorgeschichte der Bundesrepublik Deutschland 1945-1949, Bd. 1: September 1945-Dezember 1946, München/Wien 1976, S. 299, 390 f., 835, 842, 1008, 1110-1112. 259 NA, RG 260, FINAD 2/133/6, 2/ 134/6. 260 Das Bayerische Bankwesen und seine Zukunft, Denkschrift des Werner Hörn vom 24. 7. 1946. Ebenda, FINAD 2/187/7. 261 Vorgänge ebenda, FINAD 2/ 179/4 (Bericht der Financial Intelligence and Investigation Section der Militärregierung in Bayern), 2/229/1 (Bericht Kleppers vom 23. 3. 1946). 262 State Department, National Records Center Suitland/Maryland, RG 84, Bonn I.G. Farben, Box 234, Folder 223 (Handakten J.S.Martin); Box 234, Folder 38. 263 Vorgänge in NA, RG 260, FINAD 2/222/2 bis 2/222/8. 264 Finance Division, Financial Investigation Section, Otto Schniewind and the Telephon und Normalzeit Lehner & Co. Ebenda, FINAD 2/222/2; Investigation of Bankhaus Seiler & Co. Ebenda, FINAD 2/223/2-3. 265 Law No. 55 vom 29.1.1946, Prohibition of Transaction in Stocks and Bonds of I.G. Farbenindustrie. State Department, RG 84, Bonn I.G. Farben, Box 234, Folder 223. 266 Dokumentiert in NA, RG 260, FINAD 2/185/21. 267 Elimination of the Power of Banks to Engage in Stock Exchange Transactions, DFIN/P (46) 179, ebenda, FINAD 2/66/7; zur weiteren Auseinandersetzung im Finanzdirektorium FINAD 2/134/12, 2/144/2. 268 Removal of Hans Rinn, Schreiben Helga Wolskis an Klepper vom 15.1.1946. Ebenda, FINAD 2/183/7; Personalakte Rinn, FINAD 2/184/10 bis 11.
269 Subject; Alfred Hölling, undatiertes Schreiben Kagans an Klepper. Ebenda, FINAD 2/185/21. 270 Schreiben Henry C.Conrads an Kagan vom 7.11.1947. Ebenda, FINAD 2/6/5. 271 MG Law No.57, Custodians for Certain Bank Organizations. NA, RG 260, FINAD 2/134/6. 272 Rede des Vertreters der Finance Division auf der Sonderkonferenz der Landeszentralbankpräsidenten und Länderfinanzminister am 6.5.1947. Ebenda, FINAD 2/143/2. 273 Aktennotiz Aikin vom 5.6.1947 über die Namenzuteilung für die Übergangsbanken in der US-Zone. Ebenda, FINAD 2/187/7. 274 Aktennotiz Bancroft vom 6. 10. 1947, Decentralization of Banking in French Zone, ebenda; Geschäftsbericht der Bank deutscher Länder für das Jahr 1948; Manfred Fohl, Zerschlagung und Wiederaufbau der deutschen Banken 1945-1957, in: Beiträge zu Wirtschafts- und Währungsfragen und zur Bankgeschichti, Nr. 13, Frankfurt/M. 1974. 275 Schreiben des Joseph Wiehen an Aufsichtsrat und Vorstand der Dresdner Bank Hamburg vom 15.7.1947. Ebenda, FINAD 2/187/7. 276 ODI Weekly Intelligence Reports vom 10.5., 7.6., 14.6.1947. Ebenda, FINAD 2/102/6. 277 Intelligence Report vom 10.5.1947, ebenda. 278 ODI Weekly Report No. 59 vom 28.6.1947, ebenda. 279 Schreiben Bancrofts an Kagan über Aktientransaktionen der US-Zonenstelle der Dresdner Bank vom 14.10.1946. Ebenda, FINAD 2/187/7. 280 Vorgänge ebenda. 281 Erwähnt ebenda, FINAD 2/181/ 7, 2/66/7 (Diskussion im Finanzdirektorium des Kontrollrats über eine Denkschrift des Führungsstabs der Deutschen Bank vom 11. 1.1946). Enthalten in FINAD 2/76/2. 282 Schreiben Balls an die Militärregierung in Hessen vom 24. 1. 1948, ebenda, FINAD 2/7/18. 283 The activity of closeo banks in
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ANMERKUNGEN ZUR EINLEITUNG
Berlin, Paper of Soviel Member, ACA, Directorate of Finance, 13.11.1947. Ebenda, FINAD 2/70/18. 284 Intelligence Summary No. 12, Office of Director of Intelligence (G-2), 2 1 . 7 . 1947. Ebenda, FINAD 2/143/4. 285 Beobachtet wurde dies am Vorgehen des Führungsstabs und der Zentralstelle der Commerzbank AG in Hamburg. Ebenda, FINAD 2/147/6. 286 E.Wandel, Die Entstehung der Bank deutscher Länder, S. 92. 287 Censorship Intercepts: Großbanken-Law No. 57. Ebenda, FINAD 2/ 143/4. 288 Schreiben Andres an Direktor Anton Mössmer vom 22. 10. 1947. Ebenda, FINAD 2/152/12. 289 Bericht des Reichsfinanzministers a. D. und Verwalters der Allgemeinen Bankgesellschaft Dietrich an die Finanzabteilung der Militärregierung Württemberg-Baden vom 10.3.1948. Ebenda, FINAD 2/152/12. 290 Reorganization of the German Banking System, Schreiben des David Schwartz, Reports and Statistics Branch der Finance Division, an Finance Division-Direktor Theodore H. Ball vom 10. 12.1947. Ebenda, FINAd 2/136/7. 291 Willi A. Boelcke, Die Kosten von Hitlers Krieg, Paderborn 1985, S. 190. 292 Vgl. die Gespräche der Finanzoffiziere mit Max Schobert, FINAD II 185/21. 293 Decentralization of Großbanken, unsignierte Denkschrift, Herbst 1947. FINAD 2/136/7. 294 Die Rede ist abgedruckt in: Walter LaFeber (ed.), The Origins of the Cold War, 1941-1947, New York usw. 1971, S. 148 ff. 295 Abgedruckt ebenda, S. 152 ff. 296 United States Assistance to Other Countries from the Standpoint of National Security, JCS 1769/1 vom 29.4.1947. Abgedruckt in: Thomas H. Etzold, John Lewis Gaddis (eds.), Containment, Documents on American Policy and Strategy, 1945-1950, New York 1978, S. 71 ff. 297 Zit. nach ebenda, S. 73. 298 Policy with Respect to American
Aid to Western Europe, Denkschrift des Policy Planning Staff (PPS 1) des State Department vom 23.5.1947. Abged r u c k t in E t z o ld u n d G a d d i s (Anm.296), S. 102ff. 299 Review of Current Trends: U.S. Foreign Policy, PPS 23 vom 24.2.1948. Zit. nach ebenda, S. 118. 300 Zit. nach ebenda, S. 120. 301 Directive to the Commander in Chief of the U.S. forces of occupation (JCS 1779), abgedruckt in: Department of State, Germany 1947-1949, The Story in Documents, Washington 1950, S. 33 ff. 302 Vgl. ebenda, Dokumente des Abschnitts: German Economic Rehabilitation, S. 441 ff.; Inclusion of Western Germany in European Recovery Program, S. 518 ff. 303 Vgl. BA, Z 10/190 und 211. 304 Schreiben der Reichsbankleitstelle vom 6.9.1946 an das ZentralHaushaltsamt für die britische Zone. BA, Z 10/193. 305 Vgl. BA, Z 10/205 und 206. 306 Die Entwicklung des deutschen Kreditwesens, Ausarbeitung Nr. 90 der Reichsbankleitstelle vom 23.11.1946, 8.8. 307 Theo Horstmann, die Angst vor dem finanziellen Kollaps (wie Anm. 199), S. 220. 308 M.Pohl, Hermann J.Abs (wie Anm. 199), S. 52. 309 Vgl. Anm. 306. 310 Bipartite Board, Paper BIB/P (47) 77 vom 11.7.1947. NA, RG 260, FINAD 2/113/5. 311 Bipartite Board, Länder Union Bank and Loan Corporation, BIB/P (47) 77/2. Ebenda. 312 Vgl. ebenda, sowie FINAD 2/ 133/4 und 2/134/6. 313 Undatiertes Memo on Hülse Proposals for a Länder Union Bank. Ebenda, FINAD 2/180/16. 314 Zusammen mit den Vorentwürfen aus dem Jahr 1947 in FINAD 2/133/ 4 und 2/134/6. 315 FINAD 2/188/2 und 2/222/2-8. Zum Diskussionsverlauf ebenda, POLADSOS/10-11. 316 Undatiertes Clear Text Cable
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ANMERKUNGEN ZUR EINLEITUNO
OMGUS to Military Attache London fürClay. FINAD 2/113/5. 317 Bleistiftnotiz Clays zu einem an ihn adressierten Aktenvermerk vom 17.4.1948, Report on Otto Schniewind and Hermann J. Abs to Allied Bank Commission: »While sharing your misgivings - I am convinced that a disappointment of Schniewind and Abs now would be more harmful than their acceptance. We can always remove for cause later if the need develops ... having made our bed, we must lie in it. I can only suggest most careful surveillance.« FINAD 2/222/3. 318 Dies war nur die provokanteste von vier Bedingungen, die Abs und Schniewind auf der fünften Sitzung des vorläufigen Zentralbankrats am 21. Apr. 1948 stellten. Sie hatten unzweideutig die Funktion, die Finance Division zur Machtprobe herauszufordern. Vgl. NA, RG 260, POLAD 808/ 10. 319 Vocke hatte u.a. die Landeszentralbankgesetze der Amerikaner in einer Denkschrift an die britische Militärregierung als »illegal« bezeichnet: das württembergisch-badische Landeszentralbankgesetz »entbehrt der Rechtsgrundlage. Es behandelt Angelegenheiten und Rechte der Reichsbank. Die Verhältnisse der Deutschen Reichsbank sind aber nach deutschem Recht allein Gegenstand der Reichsgesetzgebung.« Schreiben der Reichsbankleitstelle Hamburg, gez. Vocke und Hülse, an die Finance Division der britischen Kontrollkommission vom 6.2.1947. FINAD 2/219/1. 320 Financial Reform: Present Status of Discussions, Unsignierte Denkschrift vom Februar 1947. NA, RG 260, FINAD 2/119/7. 321 Dies war erst möglich, nachdem die Amerikaner und Briten den Kontrollrat in der Währungsfrage gesprengt hatten. Aber auch danach blieb der Einfluß der deutschen Expertengremien begrenzt. Vgl. Schreiben Bennetts an Clay vom 5.3. 1948, German proposal for Finance reform. Ebenda, FINAD 2/93/13.
Die Tätigkeit der Sonderstelle Geld und Kredit ist umfangreich dokumentiert in BA, Z 32. 322 Vorgänge in NA, RG 260, FINAD 2/26/7, 2/67/2. 323 Vgl. NA, RG 260, FINAD 2/26/ 7, 2/117/13. 324 Financial Reform: Present Status of Discussions (wie Anm. 320). 325 Otto Pfleiderer, Bemerkungen zu dem Plan der Gründung einer LänderUnion-Bank (oder Deutschen Zentralbank) vom 15.1.1948. Ebenda, FINAD 2/149/9. 326 Vgl. E.Wandel, Die Entstehung der Bank deutscher Länder, S. 101 f., 129 ff., der den Nachlaß des für die »Operation Bird Dog« verantwortlichen US-Offiziers Edward A. Tenenbaum einsehen konnte. Wandel schwächt den Zusammenhang ab, indem er schreibt: »Daß dabei nur Scheinverhandlungen stattfanden, ist wenig wahrscheinlich« (S. 101). Die sowjetischen Verhandlungspartner gaben sich hingegen keinen Illusionen hin. Schon im Januar 1948 fiel auf einer Sitzung des Finanzdirektoriums die an Clay adressierte Bemerkung, daß er ja die neue Währung schon in der Tasche habe. 327 W. A. Boelcke, Die Kosten von Hitlers Krieg, Paderborn 1985, S. 197 f. , 328 E.Henning und H.Götze, Wdhrungsumstellung in Berlin und in den Zonen, Berlin 1949; G. Albert, Die Unterschiede der Währung*Sanierung 1948 in Ost- und Westdeutschland, Erlangen: Diss. 1951. 329 Ordinance Concerning the Establishment of a Reconstruction Loan Corporation, BICO/P (48) 211, erste Lesung auf der 20. Plenarsitzung des Wirtschaftsrats am 17.8.1948. NA, RG 260, FINAD 2/152/8. 330 Bipartite Board, Principles of the Reconstruction Loan Corporation, BIB/ P (48) 76, erste Sitzung am 12.6.1948. Ebenda, FINAD 2/122/8. 331 Erste Entwürfe ebenda, FINAD 2/113/5, 2/154/4, hier insbesondere Schreiben W. W. Hellers an Jack Bennett vom 11.8. 1948, Draft Law on Reconstruction Loan Corporation. 332 Protokoll der Sitzung der ameri-
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ANMERKUNGEN ZUR EINLEITUNG
kanischen und britischen Finance Divisions vom 17.8. 1948. Ebenda, FINAD 2/154/4. 333 Entwurf des Wirtschaftsrats zu einem Gesetz über die Kreditanstalt für Wiederaufbau. Ebenda, FINAD 2/152/ 8. 334 W. W. Heller, Schreiben an Bennett vom 11.8.1948. Ebenda, FINAD 2/154/4. 335 Ebenda. 336 Der Wirtschaftsrat setzte sich mit seiner Version des Gesetzentwurfes am 19. 10. 1948 gegen letzte Abänderungsvorschläge des Länderrats der USZone durch. Das Gesetz wurde am 1.11.1948 durch die Militärregierung gebilligt und trat am 5. 11. 1948 in Kraft (WiGBl. 1948, S. 123). 337 Schreiben der Kreditanstalt für Wiederaufbau an das Bipartite Control Office vom 13. 12. 1948, Board of Directors of Reconstruction Loan Corporation, NA, RG 260, FINAD 2/254/6; BA, Z 13/87, Bd. 9, Bl.Sff. 338 Zu den Auseinandersetzungen, die mit der Ernennung von Hermann J.Abs, Deutsche Bank-Direktor Walter Tron und Otto Neubaur zu den Vorstandsmitgliedern, sowie von Otto Schniewind zum Verwaltungsratsvorsitzenden endeten, vgl. NA, RG 260, FINAD 2/154/7; BA, Nachlaß Pünder/ 739; BA, Z 13/87, Bd. 12, B1.4ff. 339 Long-Term Investment Policy and Organization, undatierter und unsignierter Aktenvermerk zu einem Schreiben der Kreditanstalt für Wiederaufbau an die Finance Advisers vom 28. 1.1949. NA, RG 260, FINAD 2/154/ 4. 340 Bipartite Board Secretary, Interim Program of Reconstruction Loan Corporation, Febr. 1949. Ebenda. 341 Vorgänge ebenda, FINAD 2/ 154/5-7. 342 Denkschrift des Dresdner-BankDirektors Fritz Andre vom März 1948, Betr. Auflösung der Großbanken. Ebenda, FINAD 2/143/4. 343 So warnte A.J. Warner von der Finance Division des US-Hochkommissars in einem Schreiben an Deutsche
Bank -D ir e kto r Hans R u mme l vo m 7. 10. 1949 vor weiteren Verzögerungen in der Revision der Bankenentflechtung. Begründung: die Dekartellierungsgruppe der Economics Division sei gerade von der Justizabteilung übernommen worden und könne Schwierigkeiten machen. Warner: »Ich bin der Überzeugung, daß es höchst wünschenswert ist, die Frage der Großbanken definitiv zu lösen, ehe diese neue Gruppe Gelegenheit hat, dabei einzugreifen.« Ebenda, FINAD 2/134/5. 344 Hermann J.Abs, Carl Goetz, Paul Marx: Vorschläge betreffend die zukünftige Struktur der deutschen Aktienbanken (Dezentralisierung der Vorkriegsbanken) vom 31.5.1950; dies.: Ergänzende Ausführungen zum Vorschlag betreffend die zukünftige Struktur der deutschen Aktienbanken (Dezentralisierung der Vorkriegsbanken) vom 23.8.1950. NA, RG 260, EDDecBr. 17/ 228-2/13 (engl. Übersetzung).
345 Vgl. E.Wandel, Die Entstehung der Bank deutscher Lä nder, S. 95 f. 346 M. Fohl, Zerschlagung und Wiederaufbau der deutschen Großbanken, 1945-1957, in: Beiträge zu Wirtschafts- und Wahrungsfragen und zur Bankgeschichte, Nr. 13, 1974, S. 31. 347 Dresdner Bank (Hg.), Chiffren einer Epoche, Frankfurt/M. 1972, S. 289 f.; Dresdner Bank, Gründungsbilanzen zum I.Januar 1952. 348 The Power of the Großbanken, Unsignierte Denkschrift vom Oktober 1945. NA, RG 260, FINAD 2/180/16. 349 Aussage des Finance DivisionDirektors Jack Bennett vor einem Senatsausschuß am 20. 12. 1948. Ebenda, EDDecBr. 17/228-2/13. 350 Bericht Kagans an Klepper über eine Reise nach Nürnberg vom 14.12. 1945. Ebenda, FINAD 2/187/7. 351 Schreiben Kleppers an Capt. Herman Zap vom 23.3.1946. Ebenda, FINAD 2/229/1. 352 Schreiben Kleppers an Dirks, Chief Financial Intelligence and Liaison Branch, vom 5. 7.1946, über den Stand der Untersuchungen über die Großbanken. Ebenda, FINAD 2/70/7.
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ANMERKUNGEN ZUR EINLEITUNG
353 Inventory of Documents held by Finance Division, Vermerk des David Schwartz, Chief Reports and Statistics Branch, vom 10.2.1948. Ebenda, FINAD 2/180/13. 354 Monatsbericht der Evidence Division des Office of Chief of Counsel for War Crimes vom 6. 2. 1947, mit Häftlingsliste im Anhang, ebenda, FINAD 2/177/2; zu vergleichen mit Office of the U.S. Chief of Counsel, List of Leading Industrialists, Financiers and Economic Figures in Nazi Germany, 30.7.1946, mit Supplement List vom 31.7.1946, ebenda, FINAD 2/181/5. 355 Schreiben Saul Kagans an Albert J. Bender vom 9. 1. 1947, Major Investigation Projects in 1946. Ebenda, FINAD 2/180/4. 356 Deutsche Großbanken unter Anklage, Der Tagesspiegel, Berlin 18. 6. 1947. 357 Vor einem »Ministerprozeß«, Der Tagesspiegel, 23.10. 1947. 358 Fall XI, Urteil, Einleitung. 359 Fall XI, Q 1-Q 14 (Verteidigungsdokumentenbücher Rasche). 360 Affidavit Louis P. Lochner, Fall XI, Q 3 (VDB Rasche II a). 361 Schreiben des Avery Brundage, United States Olympic Committee, an Präsident Harry S. Truman vom 14.6. 1948. Fall XI, Q 4 (VDB Rasche II B). Neben Brundage gab sich die gesamte faschistische Internationale des
Sports ein Stelldichein in Nürnberg, um für Rasche auszusagen. Rasche war in der NS-Zeit Funktionär mehrerer internationaler Sportverbände gewesen. 362 Aussage Rudolf Speich, Schweizerischer Bankverein, vom 28.4.1948. Fall XI, Q 9, (VDB Rasche IV C). 363 Affidavit Wilhelm Gutmann vom 9.9. 1948. Fall XI, Q 14 (VDB Rasche, Supplement-Band). 364 Vgl. Charles S.Lyon, Direktor der Economic Ministries Division des OCC: Antwort auf den Antrag der Verteidigung für Rasche, die Anklagen auf Beraubung in Österreich und der CSR abzuweisen wegen mangelnder Zuständigkeit des Gerichtshofs, vom 16.8.1948. Fall XI, Q 17. 365 Widerlegung des Schlußplädoyers der Verteidigung durch die Anklagebehörde beim Abschluß des Falles XI am 18. November 1948. Ebenda, B 295. 366 Ciosing Brief zu dem allgemeinen Thema »Der Angriffskrieg in rechtlicher Hinsicht« von den Verteidigern Dr. Alfred Schilf und Dr. Günther Lummert. Fall XI, C 8. 367 Fall XI, Urteil, Dissenting Opinion des Richters Leon W. Powers. 368 Trials of War Criminals before the Nürnberg Military Tribunals, vol. XIV, Washington D.C. 1952, S. 868. 369 Schreiben Oswald Pohls an Ritter von Halt vom 5.1.1943. Fall XI, ADB 149 A, Dok. NID-14604.
Anmerkungen des Bearbeiters
1 Office of Military Government for Germany (U.S.), Finance Division. Report on the Investigation of the Dresdner Bank, Prepared by the Financial Investigation Section, ohne Datum (Mai 1946). National Archives Washington (künftig = NA), RG 260 (OMGUS), FINAD 2/235/4. Die dazugehörigen Beweisstücke fanden wir ebenda, FINAD 2/49/1-3, 2/50/1-3, 2/51/1-2. 2 Leiterin des »Dresdner Bank Teams« war Helga Wolski. Die Korrespondenz und die Arbeitsberichte der Autoren finden sich in NA, RG 260, FINAD 2/179/5-7, 2/183/7, 2/186/ 9-11, 2/187/7. 3 Allied Control Authority, Directorate of Finance, Elimination of Excessive Concentration of Economic Power in Banking, Paper Submitted by the U.S. Member, 30 October 1945; Liquidation of Berlin Banking Institutions, Proposal by U.S. Member, 27 November 1945. NA, RG 260, FINAD 2/21/13. Der Plan war nach dem Leiter der Finance Division der amerikanischen Militärregierung, Joseph M. Dodge, benannt. Dodge war zugleich amerikanischer Vertreter im Finanzdirektorium des Alliierten Kontrollrats. Das Finanzdirektorium stimmte auf seiner zehnten Arbeitssitzung am 9. November 1945 dem Plan grundsätzlich zu. 4 Nach dem Dodge-Plan sollte die Berliner Zentrale der Dresdner Bank genauso wie die Zentralen der Deutschen Bank und der Commerzbank liquidiert und die Verbindung von Depositen- und Investitionsgeschäft beseitigt werden. Parallel zu dem vorgesehenen Kriegsverbrecherprozeß war dann der Aufbau von dezentralisierten Deposi-
tenbanken geplant, und zwar unter der Aufsicht von sogenannten Verwaltern. Am 6. Mai 1947 wurde von der amerikanischen Militärregierung ein entsprechendes Gesetz erlassen (Law No. 57, Custodians for Certain Bank Organizations), das jedoch im Gegensatz zu den Plänen vom Oktober/November 1945 die endgültige Regelung offenließ. Im Zeichen des heraufziehenden Kalten Kriegs wurde also nur eine Übergangslösung daraus, die 1952 in einer vollständigen Restauration mündete. Vgl. NA, RG 260, FINAD 2/4/6, 2/7/18, 2/ 151/5, 11/325/4. 5 Bis 1947 plante die amerikanische Militärregierung, gegen die Dresdner Bank in einem Nürnberger Nachfolgeprozeß vorzugehen. Nach einer Order aus Washington wurde das Verfahren mit einer Reihe anderer hängiger Prozesse zusammengelegt. Im sogenannten Wilhelmstraßenprozeß (Fall XI) wurde dann nur noch das Dresdner Bank-Vorstandsmitglied Karl Rasche mitangeklagt und verurteilt. 6 Banken, die das Depositen- und Girogeschäft mit industriellen Aktivitäten (Aktienemissionen, langfristige Investitionskredite, Beteiligungen) verbinden. Zur Geschichte K. E. Born, Geld und Banken im 19. und 20.Jahrhundert, Stuttgart 1977, S. 151 ff., 321 ff.; K. Goweiler, »Die Rolle der Großbanken im Imperialismus«, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte (künftig = Jb f. W.), 1971, Teil III, S.35ff.; zur Struktur O.Hahn, Struktur der Bankwirtschaft, Band I: Banktypologie und Universalbanken, Berlin 1981. 7 Hierzu Institut für Zeitgeschichte München (künftig = IfZ), Nachlaß Hans Schäffer, Bestand ED 93, Tagebü-
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ANMERKUNGEN DES BEARBEITERS
eher Bd. 11-19; H.Booms, K.D. Erdmann (Hg.), Akten der Reichskanzlei Weimarer Republik, Die Kabinette Brüning I und II, Bd. 2, Boppard am Rhein 1982; F. Ernst, Reorganization of the Big Banks in 1931-1932, Report für die Finance Division der amerikanischen Militärregierung vom 9. 10.1946, NA, RG 260, FINAD 2/133/2. Die Arbeiten von K.E.Born, Die deutsche Bankenkrise 1931, München 1967, und H. Köhler, Das Verhältnis von Reichsregierung und Großbanken 1931, in: H. Mommsen u.a. (Hg.), Industrielles System und politische Entwicklung in der Weimarer Republik, Bd. 2, Kronberg/ Ts. und Düsseldorf 21977, S. 868 ff., sind überholt. 8 Hierzu Max Lagemann, Erklärung unter Eid vom 5.6.1947, NA, RG 260, FINAD 2/187/6; Fall XI, ADB 146, Dok. NID-13 715, NID-13 605 (Kredite für die Deutsche Ansiedlungsgesellschaft), NID-13 700, NID-14 923, NID13 789, NID-13 693, NID-14 808, NID14 925, NID-12 500, NID-13 937, NID13 691 (Finanzierung der Deutschen Umsiedlungs-Treuhandgesellschaft mbH); ADB 147, passim. 9 Zur Vorgeschichte der Dresdner Bank J. F. Kaskel, »Vom Hoffaktor zur Dresdner Bank, Die Unternehmerfamilie Kaskel im 18. und 19. Jahrhundert«, in: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte, 28, 1983, S. 159ff.; Dresdner Bank (Hg.), Chiffren einer Epoche, Frankfurt/ M. 1972, S.276ff. 10 Die Auswirkungen der Hyperinflation auf die Großbanken sind bis heute umstritten: nachweislich hatten sie an Eigenkapital eingebüßt, gleichzeitig aber von der inflatorischen Kreditpolitik der Reichsbank profitiert und ihren Einfluß auf die Industrie verstärkt. Vgl. P.Czada, Große Inflation und Wirtschaftswachstum^ in: H. Mommsen u. a. (Hg.), Industrielles System und politische Entwicklung in der Weimarer Republik, Bd. l, Düsseldorf 21977, S.386fT.; R. Hauser, »Industriefinanzierung«, in: Bankarchiv 21, 1921/22; K. Goßweiler, Großbanken, Industriemonopole Staat, Ökonomie und Politik des staatsmonopolistischen Kapitalismus in Deutschland 1914-1932,
Berlin 1971; O. Pfleiderer, »Die Reichsbank in der Zeit der großen Inflation, die Stabilisierung der Mark und die Aufwertung der Kapitalforderungen«, in: Deutsche Bundesbank (Hg.), Währung und Wirtschaft in Deutschland 1876-1975, Frankfurt/M. 1976, S. 157 ff. 11 Zur Krisenintervention des Staats vor allem Hans Schäffer, Geheimgeschichte der Bankenkrise - Gesichtspunkte für die Maßnahmen des Reichs bei der Bankenkrise, IfZ, Nachlaß Schäffer, ED 93, Bd. 31, B1.251ff.; Untersuchung des Bankwesens 1933, I. Teil, 1. und 2. Band, Berlin 1933, II. Teil, Berlin 1934. 12 Die einzelnen Stützungsschritte sind in den Aufzeichnungen Hans Schäffers über die Sitzungen des Bankenkuratoriums festgehalten, IfZ, ED 93, Tagebücher Bd. 12a-19a; vgl. auch die Denkschrift: Zur Frage der Behandlung der beiden vom Reich gestützten Großbanken Danat und Dresdner Bank, ED93, Bd. 31, B1.373ff. 13 Zur Ergänzung vgl. M. Fohl, Konzentration im deutschen Bankwesen (1848-1980), Frankfurt/M. 1982, S. 621 ff. 14 Dabei erwarb sie im Regelfall Geschäftsanteile, meist Kommanditeinlagen. 15 Robert Pferdmenges, geb. am 27.3.1880 in Mönchengladbach, nach der »Arisierung« des Bankhauses Sal. Oppenheim & Cie. Inhaber des Bankhauses Pferdmenges & Co. in Köln, Aufsichtsratsvorsitzender diverser Versicherungs- und Industrieunternehmen im Rhein-Ruhrgebiet, Aufsichtsratsmitglied u. a. der AEG, Deutsche Centralbodenkredit AG, Demag AG, Harpener Bergbau AG, Mitteldeutsche Stahlwerke AG, Vereinigte Stahlwerke AG. Untersuchungen der Finance Division der amerikanischen Militärregierung in NA, RG 260, FINAD 2/137/1, 2/211/5, 2/211/6. 16 Josef Wichen, Vorstandsmitglied der Deutschen Centralbodenkredit AG Berlin. Zur Geschichte der Centralbodenkredit AG vgl. Enzyklopädisches Lexikon für das Geld-, Bank- und Börsenwesen,
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ANMERKUNGEN DES BEARBEITERS
Bd.I, Frankfurt/M. 31967, S. 381 ff.; Untersuchungen der amerikanischen Militärregierung in NA, RG 260, FINAD 2/213/10. 17 Otto Kämper, geb. 4.7.1882 in Köln, Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bau- und Bodenbank AG Berlin, der Deutschen Bau- und Grundstücks AG Berlin, der Deutschen Wohnstätten Hypothekenbank AG Berlin und der Süd-Berlin-Boden AG. Er war zusätzlich im Aufsichtsrat der Deutschen Ansiedlungsgesellschaft Berlin, der Grundbesitz-Verwaltungs-AG Berlin, der Länderbank Wien AG und der Reichs-Kredit-Gesellschaft AG Berlin vertreten. Unterlagen in NA, RG 260, FINAD 2/184/8. Vgl. auch die Untersuchungen über die deutschen und Österreichischen Hypothekenbanken ebenda, FINAD 2/152/4. 18 Emissionskonsortium: punktueller Zusammenschluß mehrerer Universalbanken zur Ausgabe von Effekten für großangelegte Finanzierungsvorhaben von Kapitalien. Zu den Einzelheiten Enzyklopädisches Lexikon für das Geld-, Bankund Börsenwesen, Bd.I, S. 464 ff. 19 Wilhelm Keppler, geboren 14.12.1882 in Heidelberg, Leiter der Zentralstelle für die wirtschaftspolitischen Organisationen der NSDAP, Beauftragter des Führers für Wirtschaftsfragen, Reichs beauftragter für Österreich, Staatssekretär z.b.V. im Auswärtigen Amt, Initiator des sog. KepplerKreises. Aufsichtsratsvorsitzender der Braunkohle-Benzin AG Berlin, der Deutschen Revisions- und Treuhand AG Berlin, der Deutschen Umsiedlungs-Treuhand-GmbH Berlin. Aufsichtsratsmandate in Tochtergesellschaften der Reichswerke Hermann Göring, Reedereien und Unternehmen der Flugzeugindustrie. Im sog. Wilhelmstraßenprozeß angeklagt und zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Vgl. Fall XI, ADB 116, 118 B, 124, 135-140, Urteil. 20 Carl Goetz, geb. 12.6.1885 in Frankfurt/M., bis 1931 Vorstandsmitglied der Commerz- und Privatbank AG, seit 1931 Vorstandsmitglied der
Dresdner Bank AG, seit 1936 deren Aufsichtsratsvorsitzender. Führend bei der Restauration der Dresdner Bank AG in der Nachkriegszeit, zuletzt Ehrenvorsitzender; Träger des Großen Verdienstkreuzes mit Stern und Schulterband des Verdienstordens der BRD, starb am 26.8. 1965. Weitere Angaben in Kapitel IX dieser Ausgabe. Unterlagen der Finance Division in NA, RG 260, FINAD 2/184/5-6. 21 Die »Arisierung« der Mercurbank setzte also schon vor dem »Anschluß« Österreichs ein! Weitere Unterlagen in NA, RG 260, FINAD 2/217/8-9. 22 Hierzu NA, RG 260, FINAD 2/ 216/8 (Report on Länderbank Wien AG), 2/216/11 (»Erwerb« der Zivnostenska-Bank), 2/217/10 {Aufbau und Filialsystem der Länderbank Wien AG). Zusätzlich Fall XI, ADB 148, Bl. 1-30. 23 Zur Annexionspraxis der Dresdner Bank in den Sudetengebieten Fall XI, ADB 144 A, Bl. 265ff., ADB 144 B, Bl. 308-354. 24 Hierzu Fall XI, ADB 155, passhn. 25 Emil H.Meyer, geb. 6.5. 1886 in Wiesbaden, Dozent der Wirtschaftshochschule Berlin, stellvertretendes Vorstandsmitglied der Dresdner Bank AG seit 1933, Vorstandsmitglied seit 1935, Aufsichtsratsvorsitzender der A.W. Faber-Castell-Bleistift-Fabrik AG Stein bei Nürnberg, der Mechanischen Weberei zu Linden, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Frankfurter Hypothekenbank. Aufsichtsratsmandate in der Oldenburgischen Landesbank, diversen Hypothekenbanken und Unternehmen der Flugzeugindustrie. Starb Mai 1945; wahrscheinlich Selbstmord. Vgl. NA, RG 260, FINAD 2/185/ 9. 26 Oscar R. Henschel, geb. 1.9.1899 in Kassel, Geschäftsführer der Henschel & Sohn GmbH in Kassel, Aufsichtsratsvorsitzender der Henschel FlugzeugWerke AG in Berlin-Schönefeld, stellvertretender Beiratsvorsitzender der Henschel Flugmotorenbau GmbH in Kassel. Aufsichtsratsmandate in der Deutschen Überseeischen Bank AG in
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ANMERKUNGEN DES BEARBEITERS
Berlin, der Reichs-Kredit-Gesellschaft AG in Berlin, der Ruhrstahl AG in Witten, der Siemens & Halske AG in Berlin. Leiter der Fachgruppe Lokomotiven der Wirtschaftsgruppe Maschinenbau, Beiratsmitglied der Wirtschaftsgruppe Maschinenbau. 27 Umfangreiche Dokumentenzusammenstellungen in Fall XI, ADB 145A, 145B, 148 S. 31 ff., 158 S. 67ff., 158 BS.eOff. 28 Hjalmar Schacht, geb. 22. 1. 1877 in Tingleff/Schleswig. Nach dem Studium zunächst leitender Angestellter der Dresdner Bank AG, dann einer der Direktoren der Nationalbank für Deutschland, die 1922 mit der Bank für Handel und Industrie zur Darmstädter und Nationalbank fusionierte. Reichsbankpräsident von 1923 bis 1930 und von März 1933 bis 1939, Reichswirtschaftsminister von Juli 1934 bis November 1937, 1937 bis 1943 Reichsminister ohne Geschäftsbereich, Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Golddiskontbank in Berlin. Im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß am 1. 10. 1946 freigesprochen, im Mai 1947 in einem Enlnazifizierungsverfahren in Stuttgart zu acht Jahren Arbeitslager verurteilt, November 1950 aus der Haft entlassen, starb 1970. Die Finance Division der amerikanischen Militärregierung hat sich ausführlich mit ihm befaßt: FINAD 2/205/5 (Unterlagen zum Entnazifizierungsverfahren), 2/206/4 (Verhöre über seine Tätigkeit als Reichsbankpräsident), 2/228/12 (Klageschrift und Schutzschrift gegen Hjalmar Schacht), 2/236/1-3 (Report on investigation of Hjalmar Schacht, mit Exhibits). 29 Sie ist von großer Bedeutung: die eleganter agierende Deutsche Bank AG behielt gegenüber der plump auftretenden »Nazi-Bank« die Vorhand. VgL zur Ergänzung des Beweisstücks 7 die Beweisstücke 197 bis 199 im Untersuchungsbericht gegen die Deutsche Bank AG: OMGUS, Ermittlungen gegen die Deutsche Bank, Nördlingen: Greno Verlag 1985, S. 226 f. 30 Die Finance Division widmete ihr
einen eigenen Bericht: NA, RG 260, FINAD 2/21 l/I. 31 Unterlagen hierüber in NA, RG 260, FINAD 2/192/12. 32 Verstreute Unterlagen ebenda, FINAD 2/187/1-2, 2/187/4, 2/187/5. 33 Die Reichskreditkassen wurden während des Zweiten Weltkriegs von den deutschen Finanzverwaltungen in den besetzten Gebieten eingerichtet. Sie fungierten als Notenbanken und gaben sog. Reichskreditkassenscheine aus, die durch Zwangsanleihen und erbeutete Devisen aus dem jeweiligen besetzten Land gedeckt wurden. Die erzwungene Deckung der Reichskreditkassenscheine gelang jedoch nur teilweise, und so wirkten die Reichskreditkassen gleichzeitig als Instrumente des gewaltsamen Kapitaltransfers, der Aufbringung der Besatzungskosten und der Inflationierung. Vgl. NA, RG 260, FINAD 2/203/ 23-24, 2/225/5; Fall XI, Ciosing Brief der Anklage gegen Schwerin von Krosigk, S. 122ff., Sitzungsprotokolle S. 18 344, 23 913. 34 Hierzu NA, RG 260, FINAD 2/ 186/13, 2/187/1; Geschäftsberichte der Dresdner Bank 1937-1942, Anhang: Vertretungen außerhalb des Reiches. 35 Zusammengestellt in NA, RG 260, FINAD 2/187/4-7; diesen Akten entstammen die wichtigsten Beweisstücke zur Geschäftsentwicklung. 36 Ebenda, FINAD 2/179/7. 37 Drastisch belegt ebenda, FINAD 2/182/2, 2/187/6; ergänzend Fall XI, ADB 142, ADB 149 A. 38 Zusammenfassung der Dokumente in Fall XI, ADB 143. Arbeitsunterlagen der Untersuchungsgruppe in NA, RG 260, FINAD 2/186/9. 39 Alfred Busch, geboren 3. 12. 1893 in Berbersdorf, neben seinen Vorstandsfunktionen bei der Dresdner Bank AG Aufsichtsratsvorsitzender der Bank für Brau-Industrie in Berlin und Dresden, der Deutsche Kabelwerke AG in Berlin, der Hotelbetriebs-AG in Berlin, der Mimosa AG in Dresden, der Preußengrube AG in Berlin, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Centralbodenkredit AG in Berlin, der
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ANMERKUNGEN DES BEARBEITERS
Deutschen Hypothekenbank in Weimar. Aufsichtsrat u.a. der DaimlerBenz AG in Stuttgart, der Deutsche Erdöl AG in Berlin, der Gesellschaft für elektrische Unternehmungen AG in Berlin und der Mitteldeutsche Stahlwerke AG in Riesa. Personalunterlagen in NA, RG 260, FINAD 2/184/2. 40 Alfred Hölling, geboren 6.11.1888 in Lennep/Rheinland, neben seinen Vorstandsfunktionen bei der Dresdner Bank AG Aufsichtsratsvorsitzender in mehreren Hypothekenbanken. Aufsichtsratsposten in Reedereien, Maschinen-, Papier- und Zementfabriken. Bei der Restauration der Dresdner Bank nach 1945 führend aktiv, Vorstandsmitglied der DresdnerBank-Übergangsgesellschaft Rhein-Ruhr-Bank AG. Unterlagen in NA, RG 260, FINAD 2/184/9. 41 Carl Lüer, geb. 14.8. 1897 in Bokkenem/Hannover, Wehrwirtschaftsführer, Mitglied des Reichstags, Präsident der Industrie- und Handelskammer Frankfurt/M. und der Deutsch-Italienischen Handelskammer, Vorstandsvorsitzender der Außenhandelsstelle für das Rhein-Main-Gebiet in Frankfurt/ M., Vorstandsmitglied der Metallgesellschaft AG in Frankfurt/M., Aufsichtsratsvorsitzender der Degussa. Aufsichtsratsposten u. a. bei den Buderus'schen Eisenwerken in Wetzlar; seit 1941 Vorstandsvorsitzender und seit 1943 Feindvermögensverwalter der Adam Opel AG. War zusätzlich Beiratsmitglied der Deutschen Reichsbank und der Reichswirtschaftskammer. Unterlagen in NA, RG 260, FINAD 2/185/4. 42 Vgl. Anm. 25. 43 Gustav Overbeck, geb. 21.2. 1893 in Hildsheim. War neben seinen Funktionen bei der Dresdner Bank AG Aufsichtsratsvorsitzender der Alexanderwerk A. von der Nahmer AG in Remscheid und der Brandenburgische Grundwert AG in Berlin, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Engelhardt-Brauerei AG in Berlin. Aufsichtsrat u. a. der Bank für Bräu-Industrie in Berlin, der Bergbau AG Lothringen, der Büssing-NAG Vereinigte Nutzkraftwagen AG, der Schlesischen Bergwerks-
und Hütten AG in Beuthen, der Sudetenländische Treibstoflwerke AG in Brüx und der Vereinigte Oberschlesische Hüttenwerke AG in Gleiwitz. Vgl. NA, RG 260, FINAD 2/185/10. 44 Hans Pilder, geb. 17.10.1885 in Bromberg, ausführliche Angaben in Kap. IX dieses Untersuchungsberichts. Unterlagen ebenda, FINAD 2/1857 12-13. 45 Karl Rasche, geb. 23.8.1892 in Iserlohn. In Kapitel IX des Untersuchungsberichts gewürdigt. Als einziger Repräsentant der Dresdner Bank AG im sog. Wilhelmstraßenprozeß angeklagt und zu sieben Jahren Haft verurteilt, vorzeitig freigelassen. Unterlagen: NA, RG 260, FINAD 2/185/14-15; Fall XI, ADB 142, ADB 158 S.42ff., Urteil. 46 Hans Schippel, geb. 22.10. 1880 in Potsdam, vgl. ansonsten Kapitel IX des Untersuchungsberichts. An der Restauration der Dresdner Bank AG aktiv beteiligt, Aufsichtsratsvorsitzender der Übergangsgesellschaft Hamburger Kreditbank AG. Unterlagen in NA, RG 260, FINAD 2/185/19-20. 47 Hugo Zinßer, geb. 7.1.1900 in Pfaffenhofen, ausführliche Angaben in Kap. IX. Unterlagen ebenda, FINAD 2/185/8. 48 Vgl. die eindrucksvollen Personallisten der Landes-Ausschüsse in den Geschäftsberichten der Dresdner Bank AG 1938 ff. 49 Darunter verstand die Finanzabteilung der amerikanischen Militärregierung die sechs Berliner Großbanken, die sie besonders intensiv untersuchte. 1. Deutsche Bank AG. Vgl. OMGUS; Ermittlungen gegen die Deutsche Bank, Nördlingen 1985; 2. Dresdner Bank AG; 3. Commerz- und Privatbank AG. Untersuchungsbericht in NA, RG 260, FINAD 2/44/1; Beweisstücke hierzu ebenda, FINAD 2/44/2-3 und 27457 1-6; 4. Bank der Deutschen Arbeit. Kein abschließender Bericht, Unterlagen ebenda, FINAD 2/198/4-13, 2/1997 1-10; 5. Reichs-Kredit-Gesellschaft. Untersu-
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ANMERKUNGEN DES BEARBEITERS
chungsbericht und Exhibits ebenda, FINAD 2/52/1-2 und 2/235/9; 6. Berliner Handels-Gesellschaft. Kein abschließender Bericht, Akten der Finance Division ebenda, FINAD 2/ 203/1-22. 50 Zusammenfassende Untersuchungen über die Großbanken ebenda, FINAD 2/179/4-7. 51 Hierüber gibt es einen umfangreichen Untersuchungsbericht in NA, RG 260, ED Dec. Br. U/5-1/ 1-3: OMGUS, Decartelization Branch, Report on German Cartels and Combines, vol. 1-3, 1946/47. 52 Kurt von Schröder, geb. 24.11.1889 in Hamburg, Mitinhaber des Bankhauses J. H. Stein in Köln. Königlich schwedischer Generalkonsul, Mitglied des Verwaltungsrats der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel, führend im Freundeskreis Himmler tätig. Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Verkehrs-KreditBank AG in Berlin, der Feiten & Guilleaume Carlswerk AG in Köln-Mülheim, der Mitropa AG in Berlin, der Rheinischen Zellwolle AG in Siegburg. Umfangreiche Aufsichtsratsfunktionen in Hypothekenbanken, Versicherungsunternehmen, in Unternehmen des Braunkohlebergbaus und der Erzeugung von synthetischem Kraftstoff. Beiratsmitglied der Deutschen Reichsbahn, der Reichsbank, der Reichswirtschaftskammer. Leiter der Fachgruppe Privatbankiers in der Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe. In einem Spruchkammerverfahren abgeurteilt. Unterlagen u. a. in NA, RG 260, FINAD 2/210/ l, 2/226/17. 53 Über die rechtstheoretische Grundlage dieser Argumentation läßt sich sicher streiten. Für den Wirtschaftshistoriker ist der Fall jedoch eindeutig, wie die von der Finance Division zusammengetragenen Urkunden über die kreditpolitische und personelle Verflechtung zwischen der Dresdner Bank und dem Flick-Konzern, dem KruppKonzern, den Reichswerken Hermann Gering und einigen Spitzenunternehmen der Flugzeugindustrie beweisen.
Vgl. vor allem NA, RG 260, FINAD 2/ 184/3 (Flick), FINAD 2/213/12 und Fall XI, ADB 144 B und 144 C (Hermann Gering-Werke), FINAD 2/206/7 (Krupp), usw. 54 Zumindest in den Jahren der Weltwirtschaftskrise war dies nur eine Notlösung: es gelang dem Dresdner Bank-Management nur teilweise, ähnlich wie die Deutsche Bank AG große Aktienpakete zur Stützung ihrer Bilanzen an die mit ihr verflochtenen Unternehmen der Großindustrie zu verkaufen. Einen völligen Mißerfolg hatte die Darmstädter und Nationalbank, die nach dem Scheitern ihrer Verhandlungen mit einem großindustriellen Stützungskonsortium 1931 /32 vollends bankrott machte und mit der Dresdner Bank AG fusioniert wurde. Zum Ablauf der Verhandlungen vgl. NA, T- 83, Roll 102, Bl. 3.478.206 ff. 55 Otto Schniewind, geb. 15.8. 1887, Ministerialdirektor des Reichswirtschaftsministeriums 1935-1937, anschließend Mitglied des Reichsbankdirektoriums bis 1938, seit 1939 persönlich haftender Gesellschafter des Müncherter Bankhauses Seiler & Co. Die Finance Division, die sich intensiv mit seinen Aktivitäten während des »Dritten Reichs« auseinandersetzte, vermochte seinen Nachkriegsaufstieg zum Vorstandsvorsitzenden der Kreditanstalt für Wiederaufbau nicht zu verhindern. Vgl. NA, RG 260, FINAD 2/222/ 2-10 (Investigations and exhibits for Report on Otto Schniewind), FINAD 2/ 223/2-3 (Untersuchung über das Bankhaus Seiler & Co.). 56 Hans Rinn, geboren 4.3. 1899 in Heuchelheim bei Gießen, Direktor der Berliner Zentrale der Dresdner Bank AG, begann seine Karriere als persönlicher Sekretär von Carl Goetz 1933. Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Radiologie AG in Berlin, Aufsichtsrat der Bank für Industriewerke AG in Berlin, der Grube Leopold AG in Bitterfeld und mehrerer Brauereien. 1945/46 Mitglied des »Führungsstabs« Hamburg und der Ausweichzentralen in Frankfurt/M. und Gießen.
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ANMERKUNGEN DES BEARBEITERS
Vorstandsmitglied der Übergangsgesellschaft Hamburger Kreditbank AG, seit 1957 im Vorstand der restaurierten Dresdner Bank AG. Unterlagen der Finance Division: NA, RG 260, FINAD 2/ 184/10-11. 57 Vgl. Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz} vom 30.Januar 1937, RGbl. I, 1937, Nr. 15, S. 127 f. 58 Hierzu Finance Division, Reports on Investigation of Degussa (Mai 1945-Juli 1947), NA, RG 260, FINAD 2/226/3-4. 59 Vgl. Trials of War Criminals before tke Nuernberg Military Tribunals, vol. IX: Case No. 10, United States against Alfried Krupp et al., Washington 1952. 60 Alfried Krupp von Bohlen und Halbach, geb. 13.8.1907 in Essen. 1936-1943 Vorstandsmitglied der Friedrich Krupp AG in Essen, seit 1943 Präsident und Eigentümer des KruppKonzerns, im Nürnberger Krupp-Prozeß zu 12 Jahren Haft verurteilt. Ewald Löser, geb. 11.4.1888 in Storkow/Mark, Vorstandsmitglied der Fried. Krupp AG in Essen, Aufsichtsratsvorsitzender mehrerer Krupp-Niederlassungen in Holland. Umfangreiche Aufsichtsratsmandate in der Hüttenund Elektroindustrie und - neben der Dresdner Bank AG - bei Hypothekenbanken. Alfred Busemann, Direktor der Fried. Krupp AG, Vorstandsmitglied der Rheinisch-Westfälischen Börse zu Düsseldorf, Aufsichtsrat u. a. der Deutschen Überseeischen Bank, der Industriefinanzierungs-AG Ost, der Westfalenbank AG in Bochum. 61 Zahlreiche Dokumente in NA, T301 (Nürnberg Industrialists), Untergruppen NID und NIK. 62 Als Industriellenvertreter sollte zunächst Gustav Krupp von Bohlen und Halbach, geb. 7.8.1870 in Den Haag und Vater des Alfried Krupp, im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß abgeurteilt werden. Er wurde jedoch aus gesundheitlichen Gründen für verhandlungsunfähig erklärt. Daraufhin
versuchte die Anklage, den Sohn Alfried Krupp statt seiner auf die Anklagebank des Internationalen Militärgerichtshofs zu bringen, was das Gericht jedoch ablehnte. Schließlich wurde Alfried Krupp im Fall X der Nürnberger Nachfolgeprozesse zusammen mit elf weiteren Managern des Konzerns (darunter Ewald Löser, vgl. Anm. 60) angeklagt. Vgl. United Nations War Crimes Commission (ed.), Law Reports of Trials of War Criminals, Vol. X, London 1949, S. 78. 63 Zur Wintershall AG: NA, RG 260, ED Dec. Br. 17/246-2/39-40; ergänzend NA, T-83, Roll 94, Folders 49-51, 56, 94-96. 64 Heinrich Schmidt, geb. 15.6.1873 in Hildesheim, war zusätzlich Aufsichtsratsvorsitzender u.a. der Bergbau AG Lothringen und der Braunkohle-Benzin AG (Brabag) in Berlin. Er gehörte den Aufsichtsräten von H. Bahlsens Keksfabrik in Hannover, der Kali-Chemie in Berlin und der Thüringer Erdöl AG in Sondershausen an. 65 Gustav Römer war Vorstandsmitglied der Wintershall AG, der Thüringer Erdöl AG und der Kalibank AG in Kassel; als Aufsichtsrat war er im Gerling-Konzern Allgemeine Versicherungs-AG in Köln vertreten und gehörte dem Verwaltungsrat der Deutschen Kalisyndikat GmbH in Berlin an. 66 Hierzu die Brabag-Analyse der Dekartellierungsgruppe in der Finance Division der amerikanischen Militärregierung; NA, RG 260, ED Dec- Br. 17/ 223-1/2. 67 Vgl. die Personalakte der Finance Division, ebenda, FINAD 2/188/5; sowie OMGUS, Ermittlungen gegen die Deutsche Bank, Nördlingen 1985, S. 301 ff.; Berlin Document Center (künftig = BDC), PA Gustav Brecht. 68 Fritz Kranefuß, geb. 19. 10. 1900, SS-Brigadeführer, im Persönlichen Stab des Reichsführers SS für den Freundeskreis Himmler zuständig. Aufsichtsratsmitglied und Mitglied des Landesausschusses bei der Zentrale der Dresdner Bank AG in Berlin. Vorstandsmitglied der Braunkohle-Benzin AG, Beiratsvor-
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sitzender der Arado Flugzeugwerke GmbH, Beiratsmitglied der Wirtschaftsgruppe Kraftstoffindustrie in Berlin. Personalunterlagen in NA, RG 260, FINAD 2/185/1. 69 Friedrich Flick, geb. 10. 7.1883 in Ernstdorf/Kreis Siegen, persönlich haftender Gesellschafter der Friedrich Flick KG, in Kapitel IX dieser Ausgabe gewürdigt. Am 13.6.1945 verhaftet, im Nürnberger Flick-Prozeß (Fall V) zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt, vorzeitig freigelassen. Unterlagen der Finance Division über ihn ebenda, FINAD 2/184/3. 70 Zusammengestellt nach Beweisstücken 31, 35 und 36. 71 Wilhelm Avieny, geb. 21.11. 1897 in Wiesbaden, Betriebsführer der Metalgesellschaft AG in Frankfurt/M., Wehrwirtschaftsführer. Weitere Informationen in Kapitel IX dieser Ausgabe. Unterlagen in RG 260, FINAD 2/184/1. 72 Hellmuth Roehnert, geb. 21.4. 1888. Vorstandsvorsitzender der Rheinmetail-Borsig AG in Berlin, Vorstandsmitglied der AG Reichswerke Hermann Göring, Aufsichtsratsvorsitzender der Junkers Flugzeug- und -Motorenwerke AG in Dessau und der Torpedo-Werke AG in Frankfurt/M. Zahlreiche Aufsichtsratsposten in Tochtergesellschaften der Reichswerke Hermann Göring, in Unternehmen der Metallindustrie und des Maschinenbaus. Aufsichtsrat der Dresdner Bank AG und ihrer Tochtergesellschaft Hardy & Co. GmbH in Berlin. Vgl. ebenda, FINAD 2/185/17. 73 Ernst Henke, geb. 1.9.1881, Vorstandsmitglied der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke AG in Essen, Aufsichtsratsvorsitzender der Gas AG Ritter & Cie. in Siegen. Zahlreiche Aufsichtsratsposten in Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft, des Braunkohlenbergbaus und in Versicherungskonzernen. 74 Albert Dufour von Feronce, geb. 14.5.1868 in London, Gesandter a.D., Vorstandsmitglied der Deutsch-Englischen Gesellschaft in Berlin und der Deutsch-Jugoslawischen Gesellschaft in Berlin, Ehrenpräsident der Deutschen
Handelskammer für Jugoslawien. Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der C. Lorenz AG in Berlin-Tempelhof, Aufsichtsrat u. a. der Dresdner Bank AG, der Deutsch-Südamerikanischen Bank AG, der Engelhardt-Brauerei AG und der Treuhand-Vereinigung AG in Berlin. 75 Heinrich Koppenberg, geb. 15.3.1880 in Herne, Wehrwirtschaftsführer und Vorstandsvorsitzender der Junkers Flugzeug- und -Motorenwerke AG in Dessau. Weitere Angaben in Kapitel IX dieser Ausgabe. Belege in NA, RG 260, FINAD 2/184/13-14. 76 August Goetz, geb. 4.7.1875 in Kaiserslautern. Vorstandsmitglied der Gesellschaft für elektrische Unternehmungen AG in Berlin, in zahlreichen mittleren Unternehmen der Metallverarbeitung Aufsichtsratsvorsitzender. Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der AEG und der AG für elektrische und Verkehrs-Unternehmungen in Budapest. Vgl. ebenda, 2/184/4. 77 Leonhard Wolzt, Vorstandsmitglied der Länderbank Wien AG und der Wiener Börse. Aufsichtsratsvorsitz, der Linoleum AG Blum-Haas in Wien und der Nestle-Gesellschaft in Prag, Beiratsmitglied der Deutschen Reichsbank. 78 Karl Wilhelm Lehr, geboren 23.9.1897 in Germersheim. Vorstandsmitglied der Länderbank Wien AG. Präsidiumsmitglied der Landwirtschaftliche Industrie und Handels AG, Aufsichtsrat der Deutschen Handels- und Kreditbank AG in Preßburg. 79 Adolf Warnecke, Vorstandsmitglied der Länderbank Wien AG, war zusätzlich Aufsichtsrat der Heimat Allgemeine Versicherungs AG in Wien. 80 Hierzu NA, RG 260, FINAD 2/ 187/1; ergänzend ebenda, T-83, Roll 97, Folders 45-47. 81 Zusammengestellt nach Beweisstücken 34, 35, 113-123. 82 Karl Nowotny, Direktor der Böhmischen Escompte-Bank in Prag, zusätzlich Aufsichtsratsmitglied der Altrohlauer Porzellanfabriken AG. 83 Reinhold von Lüdinghausen, geb. 10.2.1900 in Gumbinnen/Ostpr., Vor-
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Standsmitglied der Böhmischen Escompte-Bank in Prag, war Aufsichtsratsvorsitzender der Bronzefarbenwerke AG in Barnsdorf, der Planeta Druckmaschinenwerk AG in Radebeul und der Preß-, Stanz- und Ziehwerke Rud. Chillingworth AG in Nürnberg. Bei der AG vorm. Seidel & Naumann in Dresden, der Mechanischen Weberei AG in Zittau, der Mimosa AG in Dresden und mehreren Brauereien war er stellvertr. Aufsichtsratsvorsitzender. Gehörte auch dem Aufsichtsrat der Brüxer Kohlenbergbau-Ges. in Brüx, der Nordböhm. Kohlenwerks-Ges. in Brüx und dem Verwaltungsrat der Poldihütte KG an. 84 Karl Hölzer, Direktor der Böhmischen Escompte-Bank in Prag. An den Syndikatsabkommen für die Poldihütte KG und Aktientransaktionen des Prager Vereins führend beteiligt. Vgl. die Nürnberger Dokumente NI-3 945, NID7 171, NID-13 631 und NID-14 592. 85 Von der Finance Division rekonstruiert in NA, RG 260, FINAD 2/186/ 12 (Finanzierung des Staatshaushalts von Thüringen 1933/34 mit umfangreicher Korrespondenz zwischen Carl Goetz und Gauleiter Sauckel), FINAD 2/187/6 (Beziehungen zur NSDAP und ihren Massenorganisationen). 86 Ergänzend zu Anm. 85 findet sich umfangreiches Material in den Personalakten der Dresdner Bank-Manager: ebenda, FINAD 2/184/1-14, 2/185/ 1-21,2/186/1-8. 87 Vgl. die Aktenstücke und Analysen ebenda, FINAD 2/181/2; Aussage Karl Rasches über die »Arisierungs«praxis der Dresdner Bank AG ebenda, FINAD 2/8/22; Veräußerung jüdischer Geschäfte in den Jahren 1934-1939, undatierte Aktennotiz der Dresdner Bank Frankfurt/M., in NA, T-83, Roll 97, Folder 5. 88 Erich Raeder, geb. 24.4.1876 in Wandsbek, Chef der Marineleitung 1928-1935, 1935 Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, 1939 Großadmiral. Vom Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg 1946 zu lebenslanger Haft verurteilt, 1955 aus der Haft entlassen, starb im November 1960 in Kiel.
89 Zur Zusammenstellung der Daten aus den internen Bankunterlagen vgl. die Progress Reports des Dresdner Bank Team Oktoberl945 bis Mai 1946 in NA, RG 260, FINAD 2/179/5-7. Im Vergleich mit den veröffentlichten Bilanzen (vgl. Geschäftsberichte der Dresdner Bank 1936-1943) ergeben sich z.T. erhebliche Abweichungen. 90 Es handelte sich um künstliche Finanzwechsel, die zu Zwecken der Umgehung der gesetzlichen Vorschriften und der Tarnung als erstklassige Handelswechsel getarnt waren. Erfunden wurden die Mefo-Wechsel im April/ Mai 1933 von Hjalmar Schacht. Es wurde eine Scheinfirma Metallurgische Forschungsgesellschaft mbH gegründet, auf die die Lieferanten von Rüstungsgütern Wechsel zogen (Metallurgische Forschungsgesellschaft = Mefo), deren Akzeptunterschrift der Reichsbank gegenüber vom Reichsfinanzministerium garantiert war. Abgesehen von der Geheimhaltung war so das im Bankgesetz von 1924 festgelegte Anleihelimit der Reichsbank gegenüber Reichsanleihen von maximal 400 Millionen Reichsmark durchbrochen. Für die geheime Rüstungsfinanzierung wurden in den Jahren 1934 bis März 1938 Mefo-Wechsel bis zu einer Gesamtsumme von 12 Milliarden Reichsmark in Umlauf gebracht. Vgl. NA, RG 260, FINAD 2/205/7 (Investigation of Metallurgische Forschungsgesellschaft mbH). Das »Merkblatt für die Abwicklung des Wechselgeschäfts im Geschäftsverkehr mit der Metallurgischen Forschungsgesellschaft mbH (Mefo)« befindet sich zusammen mit einem »Nachtrag« in NA, T-83, Roll 101, Bl. 3 476 893 ff. 91 Diese Einsicht erarbeitete sich die Finance Division vor allem anläßlich der Auseinandersetzung mit Otto Schniewind, vgl. NA, RG 260, FINAD 2/222/2-10, 2/223/2-3 und 2/226/12. 92 Zur Erarbeitung der Zahlen vgl. ebenda, FINAD 2/179/5-7 (Progress Reports des Dresdner Bank Team). Die Zahlen in den veröffentlichten Bilanzen fallen natürlich niedriger aus.
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93 Dafür waren allerdings die Sicherheitsgarantien der reichseigenen Deutschen Golddiskontbank Vorbedingung, in deren internem Entscheidungsgremium, dem sog. Siebenerausschuß, die Dresdner Bank AG zusammen mit anderen Repräsentanten der Großbanken vertreten war. Vgl. NA, RG 260, FINAD 2/48/1-2, 2/210/2-5. Ergänzend Bundesarchiv Koblenz (künftig = BA), Bestand R 2 (Reichsfinanzministerium)/ 13 599, 13 600. 94 Ein Teil der Akten, die dem Dresdner Bank Team seinerzeit zur Verfügung standen, ist auf Mikrofilmen geschlossen erhalten geblieben: NA, T-83, Rolls 96-98, 101-102. 95 Hierzu K.-H. Völker, Die deutsche Luftwaffe 1933-1939 (Beiträge zur Militär- und Kriegsgeschichte Bd. 8), Stuttgart 1967; zur Entwicklung vor 1933 ders., »Die Entwicklung der militärischen Luftfahrt in Deutschland 1920-1933«, in: Beiträge z.ur Militär- und Kriegsgeschichte, Bd. 3, Stuttgart 1962, S. 121 ff. Vgl. auch den Überblick in Militärgeschichtliches Forschungsamt (Hg.), Das Deutsche Reich und der zweite Weltkrieg, Bd. l, Stuttgart 1979, S. 473-496. 96 Albert Kesselring, geb. 30. 11. 1885 in Markstedt. Zunächst Artillerieoffizier, 1936 Chef des Generalstabs der Luftwaffe, 1939 Kommandeur einer Luftflotte, 1940 Generalfeldmarschall, 1941-1945 Oberbefehlshaber Südwest. Im Juli 1947 durch ein britisches Militärgericht in Venedig zum Tod verurteilt, begnadigt, 1952 aus der Haft entlassen. 97 Robert Stuck, geb. 19. 10. 1889 in Eichstetten, Direktor der Filiale Bremen der Dresdner Bank AG. Aufsichtsratsvorsitzender der Bremer Wollkämmerei, der Norddeutschen Woll- und Kammgarnindustrie AG in Delmenhorst, der Waggonfabrik Tittel & Krüger und Sternwoll Spinnerei AG in Leipzig. Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender u. a. der Nordsee Deutsche Hochseefischerei AG, Aufsichtsrat u.a. der Atlas-Werke AG in Bremen, der Bremer Vulkan Schiffbau- und Maschi-
nenfabrik in Vegesack, des Norddeutschen Lloyd in Bremen und der Oldenburgischen Landesbank AG. Vgl. NA, RG 260, FINAD 2/186/4. 98 Vgl. NA, RG 260, FINAD 2/186/ 4, PA R. Stuck. 99 Zur Bank der Deutschen Luftfahrt vgl. NA, RG 260, FINAD 2/214/3-4; Dividenden-, Depot- und Jahresabschlußprüfungen für 1942-1944 in BA, R 84/117. 100 Karl M.Hettlage, geb. 28. 11. 1902 in Essen, Vorstandsmitglied der Commerz- und Privatbank AG, Aufsichtsrat in mehreren Berliner Unternehmen der Energieversorgung, SSHaupts turmführer. Wechselte 1942 in das Reichsministerium für Bewaffnung und Munition (seit 1943 = Reichsministerium für Rüstungs- und Kriegsproduktion} über. Dort leitete er das Generalreferat Wirtschaft und Finanzen. Autor umfangreicher Ausarbeitungen über die deutsche Rüstungsfinanzierung für die amerikanische Field Information Agency, Technical (FIAT). In der BRD-Zeit Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, danach Präsident des IfoInstituts für Wirtschaftsforschung in München. Vgl. NA, RG 260, FINAD 2/ 196/7. 101 Fritz Rudorf, geb. 30.5.1901 in Königsberg. Vorstandsmitglied der Bank der Deutschen Luftfahrt AG, Geschäftsführer der Luftfahrtkontor GmbH in Berlin, Aufsichtsrat der Messerschmitt AG in Augsburg. In der BRD-Zeit Aufsichtsratsvorsitzender der Hamburger Flugzeugbau GmbH, der Junkers Flugzeug- und Motorenwerke AG in München, der Messerschmitt AG in Augsburg. Aufsichtsratsmitglied u.a. der Deutschen Lufthansa AG in Köln, der Hermes Kreditversicherung AG in Hamburg. 102 Dabei war er vor allem publizistisch aktiv. Vgl. beispielsweise die von ihm verfaßte Broschüre: 25 Jahre Genossenschafts-Abteilungen der Dresdner Bank, Ein Beitrag zur Geschichte des Deutschen Genossenschaftswesens (Veröffentlichungen des Genossenschaftlichen Girover-
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bandes der Dresdner Bank, H.9), Februar 1929. 103 Hierzu als Überblick H.-H. Käsper, Die Erdölgewinnung Deutschlands in der Zeit von 1933-1945, Dresden: Diss. B. der TU Dresden, 1974; ders., »Das Erdöl in den Raubplänen des deutschen Faschismus in Vorbereitung und bei der Durchführung des zweiten Weltkrieges«, in: Jb. f. W., 1976 Teil III, S. 55ff. 104 Hier wurde versucht, an eine alte Tradition anzuknüpfen: die Deutsche Bank hatte vor 1914 im Rahmen ihrer Bagdadbahn-Aktivitäten - vermittelt durch eine von ihr kontrollierte Eisenbahngesellschaft — eine Konzession für die Erschließung und Ausbeutung der irakischen Mosul-Ölfelder erhalten. Zum historischen Kontext vgl. I. Baumgart und H. Benneckenstein, »Der Kampf des deutschen Finanzkapitals in den Jahren 1897 bis 1914 für ein Reichspetroleummonopol«, in: Jb. f. W., 1980 Teil II, S.95ff, insbesondere 105 f. 105 Bentz hatte einen Beratervertrag mit der Dresdner Bank AG. Alfred Bentz, geb. 26. 7. 1897 in Heidenheim, Erdölgeologe, Professor an der Reichsstelle für Bodenforschung, Leiter des Instituts für Erdölforschung, Beauftragter Görings für die Förderung der Erdölgewinnung. 106 Fritz Fetzer, geb. 17.9.1896 in Ulm. Aufsichtsratsvorsitzender der Europäische Tanklager und Transport AG in Berlin, Aufsichtsrat der Reichskraftsprit GmbH in Berlin. 107 Hans Wedekind, Stellvertretendes Vorstandsmitglied der DeutschSüdamerikanischen Bank AG in Hamburg. Zu den Aktivitäten dieser Dresdner Bank-Tochter vgl. NA, RG 260, FINAD 2/207/8-10, 2/208/2. 108 Das Sperrmarksystem war Teil der im Juli 1931 eingeführten Devisenbewirtschaftung. Unter einem Sperrmarkenguthaben wurden Reichsmarkbeträge von Ausländerkonten verstanden, die im Inland gefuhrt wurden. Der Transfer dieser Beträge ins Ausland war verboten, auch die Verfugung darüber im Devisenland unterlag behördlichen Auflagen. Im Verlauf der Exportoffen-
sive des »Neuen Plans« wurde dann der Handel mit Sperrmarkguthaben unter Devisenausländern zugelassen (Handelssperrmark). Gegenüber dem künstlich hochgehaltenen offiziellen Wechselkurs der Reichsmark hatte ihr Kurs einen erheblichen Abschlag. 109 Zur Kontinentale Öl AG ebenda, FINAD 2/214/8; ergänzend die Prüfberichte der Deutschen Revisionsund Treuhand AG für 1941 und 1942 in BA, R 84/612, sowie BA, R 7 (Reichswirtschaftsministerium)/2413. 110 Erich Neumann, geb. 31.5.1892 in Forst/Lausitz. Zweiter Staatssekretär und Leiter der Geschäftsgruppe Devisen beim Beauftragten für den Vierjahresplan. Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Revisions- und Treuhand AG in Berlin, Aufsichtsratsmitglied der Vereinigte Elektrizitätsund Bergwerks AG in Berlin. 111 Elwerath = Gewerkschaft Elwerath, Deag = Deutsche Erdöl AG in Berlin, Preussag = Preußische Bergwerks- und Hütten AG in Berlin. Zur Struktur der genannten Unternehmen vgl. Handbuch der Deutschen Aktiengesellschaften, 42, 1937, S. 4711 ff, 7581 ff, 8833 ff. 112 Wifo = Wirtschaftliche Forschungsgesellschaft. Tarnunternehmen für die Wiederaufrüstung, das 1934 von der Deutschen Gesellschaft für öffentliche Arbeiten, der LG. Farbenindustrie AG und der Deutschen Bau- und Bodenbank gegründet wurde; 1943 wurde das Reichswirtschaftsministerium Alleingesellschafter. Die Wifo betrieb den Kauf und die Einlagerung von Mineralöl und Treibstoffen, verwaltete und verwertete beschlagnahmte Mineralölbestände und Tanklager, später beschaffte und lagerte sie auch andere kriegswichtige Rohstoffe. Sie hielt Beteiligungen in der rumänischen Erdölindustrie und errichtete Fabriken für die Sprengstoffproduktion. Unterlagen in NA, RG 260, FINAD 2/158/8 (Report on Wifo, examination of final account per March 31 st, 1944); ergänzend BA, R 125. 113 Es wurde 1942 auf 25 Mitglieder
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reduziert. Ihm gehörten an: Reichswirtschaftsminister Walther Funk als Vorsitzer sowie Wilhelm Keppler und Erich Neumann als stellvertretende Vorsitzer. Aufsichtsratsmitglieder waren: Hermann Josef Abs vom Vorstand der Deutschen Bank AG, Professor A. Bentz (vgl. Anm. 105), Hans Brockhaus von der Gewerkschaft Elwerath, Heinrich Bütefisch vom Vorstand der I.G.Farben, Paul Damm, Fritz Fetzer (vgl. Anm. 106), Ernst Rudolf Fischer von der Borussia Beteiligungsgesellschaft mbH, Rüdiger Graf von der Goltz von der Deutsche Solvay Werke AG, Ministerialdirektor Friedrich G r am seh von der Vierjahresplanbehörde, Franz Hayler vom Engeren Beirat der Deutschen Reichsbank, Ministerialdirektor Friedrich Kadgien, Fritz Kranefuß (vgl. Anm. 68), Carl Krauch von der I.G.Farben bzw. dem Reichsamt für Wirtschaftsausbau, Karl Rasche, August Rohdewald vorn Vorstand der ReichsKredit-Gesellschaft AG, August Rosterg vom Vorstand der Wintershall AG, Karl Schirner als Vorstands Vorsitzender der Deutschen Erdöl AG, General Georg Thomas vom Wehrwirtschafts-Rüstungsam t des OKW, Franz Wehling vom Vorstand der Wifo, Hans Weltzien von der Berliner Handels-Gesellschaft, Heinrich Wisselmann von der Preußischen Bergwerks- und Hütten AG. Vorstandsvorsitzender war Karl Blessing. 114 Heinrich Bütefisch, geboren 24.2. 1894 in Hannover, Wehrwirtschaftsführer, Vorstandsmitglied der I.G.Farbenindustrie AG und der Braunkohle-Benzin AG, Geschäftsführer des Ammoniakwerks Merseburg und der Leunawerke der I.G.Farben, Aufsichtsratsvorsitzender der Norddeutschen Hydrierwerke AG in Pölitz. Im Nürnberger I.G.Farben-Prozeß (Fall VI) zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt, vorzeitig aus der Haft entlassen. 115 Karl Blessing, geb. 5.2.1900 in Enzweihingen. Seit 1920 Mitarbeiter der Devisenabteilung der Deutschen Reichsbank, 1930 Abteilungsleiter in der Bank für Internationalen Zahlungs-
ausgleich in Basel, 1934 Generalreferent im Reichswirtschaftsministerium, 1937 Mitglied des Reichsbankdirektoriums, seit 1.5.1937 NSDAP-Mitglied (Mitgliedsnummer 5917306), wurde 1941 Vorstandsvorsitzender der Kontinentale Öl AG. 1944/45 im »Europakreis« des Reichsministeriums für Rüstung und Kriegsproduktion für die Nachkriegsplanung der Wirtschaft tätig, nach 1945 als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Übergangsgesellschaft Hamburger Kreditbank AG an der Restauration der Dresdner Bank AG beteiligt. Präsident der Deutschen Bundesbank von 1958 bis 1969. Unterlagen über ihn in NA, RG 260, FINAD 2/205/5, und in BDC, Personalakten. 116 Hermann Josef Abs, geboren 15.10.1901, Mitinhaber des Bankhauses Delbrück, Schickler & Co. in Berlin, trat 1937 in die Deutsche Bank AG ein und wurde 1938 Mitglied ihres Vorstands. In der restaurierten Deutschen Bank Vorstandssprecher bis Ende Mai 1967, danach Aufsichtsratsvorsitzender, seit 18.5.1976 Ehrenvorsitzender. Vgl. NA, RG 260, FINAD 2/188/2. Die Deutsche Bank AG blieb dennoch unbestrittener Führer des Bankenkonsortiums. Das war für sie eine Prestigefrage, denn ihr mußte besonders daran gelegen sein, ihren mit dem Ausgang des ersten Weltkriegs verlorenen Zugriff auf die Erdölressourcen Rumäniens und des Nahen Ostens zu erneuern. Vgl. hierzu U. Brack, Deutsche Erdölpolitik vor 1914, Hamburg: Phil. Diss. 1977; Renate Günther, »Das Petroleumabkommen im Bukarester Friedensvertrag von 1918«, in: Jb. f. W., 1968 T. IV, S. 41 ff.; dies., »Die Voraussetzungen und der Beginn der Kapitaloffensive deutscher Bankmonopole in der rumänischen Erdölindustrie (1900 bis 1905)«, ebenda, 1972, T. IV, S. 107 ff. 117 Die Tätigkeit ihrer Tochtergesellschaften in Osteuropa ist inzwischen weitgehend erforscht: H.-H. Kasper, »Die Ausplünderung polnischer und sowjetischer Erdöllagerstätten im Gebiet der Vorkarpaten durch den deutschen Imperialismus im zweiten Weltkrieg«,
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in: Jb.f. W., 1978 T. II, S.41 ff.; H.Radandt, »Deutsche Monopole raubten polnisches Erdöl«, ebenda, I960 Teil II S.301 ff. 118 Zusammengestellt nach den Beweisstücken 31, 35, 36, weitere Unterlagen in NA RG 260, FINAD 2/187/4. 119 Ludwig Schmidt, geb. 7.10. 1890 in Essen, Geschäftsführer des Benzolund Benzin-Verbands in Bochum, der Deutschen Ammoniak-Verkaufs-Vereinigung in Bochum und der MineralölEinfuhr GmbH in Berlin. Mitglied des Landesausschusses für Rheinland der Dresdner Bank AG. 120 Das geringe Quantum und die damit dennoch verbundene Aufregung über den Aktienerwerb zeigt, mit welchem Aufwand die Dresdner Bank AG den begehrten rumänischen und ungarischen Erdölwerten nachjagte. An die Erfolge, die die Deutsche Bank AG dabei erzielte, kam die Dresdner Bank jedoch nicht heran. Vgl. OMGUS, Ermittlungen gegen die Deutsche Bank, a.a.O., S. 266, sowie Beweisstücke 243, 256 und 257 zum OMGUS-Report über die Deutsche Bank. 121 Vgl. hierzu Joint Special Financial Detachment Düsseldorf, Decartelization Branch: Report on the Reichswerke Aktiengesellschaft »Hermann Gering«, NA, RG 260, ED Dec. Br. 11/ 19-1/12; German Economic Department, Control Office for Germany and Austria: The Hermann Gering Complex, ebenda, FINAD 2/214/1. Ergänzend wichtige Aktenbestände in BA, R 7/980-986, 990-997. 122 Spezielle Berichte hierüber in NA, RG 260, FINAD 2/213/12. 123 Erich Gritzbach, geb. 12.7.1896 in Forst/Lausitz. Ministerialdirektor im Preußischen Staatsministerium, Chef des Stabsamts des Ministerpräsidenten Generalfeldmarschall GÖring. 124 Paul Pleiger, geb. 28.9.1899 in Buchholz/Hattingen. Vorstandsvorsitzender der Alpine Montan AG in Linz, der Bergbau AG in Salzgitter, der Reichswerke AG für Erzbergbau und Eisenhütten »Hermann GÖring« in Berlin, ab 1941 Leiter der Reichsvereini-
gung Kohle. Aufsichtsratsvorsitzender u. a. der Preußengrube AG in Berlin, der Rheinmetall-Bors ig AG in Berlin, der Stahlwerk Braunschweig GmbH in Berlin, der Sudetenländische Bergbau AG in Brüx. Beiratsmitglied der Deutschen Reichsbank, Gauwirtschaftsberater der NSDAP-Gauleitung WestfalenSüd. Im sog. Wilhelmstraßenprozeß (Fall XI) angeklagt und zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt, vorzeitig freigelassen. 125 Wilhelm Meinberg, geboren 1.3. 1898 in Wasserkur!. Vorstandsvorsitzender der Wohnungs-AG der Reichswerke Hermann Göring, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Reichswerke AG für Erzbergbau und Eisenhütten Hermann Göring; Aufsichtsratsvorsitzender der Stuag Straßen- und Tiefbau-Unternehmung AG in Wien, Aufsichtsratsmitglied der Allianz und Stuttgarter Verein VersicherungsAG in Berlin und der Dresdner Bank AG. Mitglied der Reichsarbeitskammer Berlin und Hauptamtsleiter der NSDAP, SS-Brigadeführer. Vgl. NA, RG 260, FINAD 2/185/7. 126 Wilhelm Marotzke, geboren 16.8. 1897 in Hildburghausen. Ministerialdirigent in der Vierjahresplanbehörde, Aufsichtsratsmitglied der Reichswerke Hermann Göring. Unterlagen ebenda, FINAD 2/185/5-6. 127 Ein großer Teil davon ging in die Anklagedokumentenbände des Fall XI ein bzw. blieb in der Filmsammlung T301 (Nürnberger Industrialists) als Nürnberger NID-Dokumente erhalten. 128 Darüber gibt es einen vorzüglichen Aufsatz von Hans Radandt: »Die Vitkovicer Berg- und Eisenhütten-Gewerkschaft als Organisationszentrum der Reichswerke AG >Hermann Göring< für die Beherrschung der Eisen- und Stahlwirtschaft südosteuropäischer Länder«, m: Jb. f. W., 1973, Teil III, S. 17-42; umfangreiche Quellen in NA, T-83, Roll 79. 129 Aloys Hitschfeld, geb. 27.2.1884 in Wien. Vorstandsmitglied der Länderbank Wien AG, neben seinem Aufsichtsratsposten bei den Reichswerken
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Aufsichtsratsmitglied der Steiermärkischen Elektrizitäts-Gesellschaft in Wien, Mitglied des Verwaltungsrats der Wechselstuben AG »Merkur« in Budapest. 130 Zusammengestellt nach NA, RG 260, FINAD 2/187/1 und 2/187/4. 131 Vgl. Anm. 121. 132 Im Wilhelmstraßenprozeß (Fall XI) waren Paul Pleiger und Karl Rasche quasi stellvertretend für die von ihnen repräsentierten Konzernspitzen angeklagt. Vgl. Trials of War Criminals before the Nuemberg Military Tribunals, United States of America vs. Ernst von Weizsä cker et al (Case XI), Bd. XII-XIV, Washington 1951-1952. 133 Untersucht in NA, RG 260, FINAD 2/181/2. 134 Dargestellt in einem Bericht Karl Rasches, ebenda, FINAD 2/8/22, zusätzlich zu FINAD 2/181/2 Unterlagen über die »Arisierungs«praxis ihrer Tochter Böhmische Escompte-Bank in NA, T-83, Roll 97, Folder 45. Die Verstrickung der Dresdner Bank in die berüchtigte Petschek-»Arisierung« ist dokumentiert in BA, R 7 71007-1012. 135 Vgl. die Aufstellung der Dresdner Bank-Filiale Frankfurt/M. über ihr »Arisierungs«geschäft in den Jahren 1934-39 in NA, T-83, Roll 97, Folder 5. 136 Vgl. den Überblick bei H. Genschel, Die Verdrängung der Juden aus der Wirtschaft im Dritten Reich, Berlin usw. 1966, I.Kapitel. 137 Ignatz Nacher, geb. 25.11. 1868 in österr. Schlesien, Mehrheitsaktionär der Engelhardt-Brauerei AG. Emigrierte nach dem erzwungenen Blankoverkauf seiner Anteile an die Dresdner Bank AG 1939 in die Schweiz, wo er am 15.9.1939 starb. Vgl. W.RÖder, H.A. Strauss (Leitung und Bearb.), Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933, München usw. 1980, S. 519. 138 Adolf Fischer, Bankier, Direktor des Bankgeschäfts Georg Eidenschink in München. Aufsichtsratsvorsitzender des Hauses der Landwirte in München AG, der H. Henninger Reifbräu AG in Erlangen, der Treuchtlinger Marmor-
werke AG. Zahlreiche Aufsichtsratsposten in süddeutschen Unternehmen der Lebensmittel- und Brauereiindustrie. 139 Der erzwungene Blankoabschluß war für die Dresdner Bank AG weitaus günstiger als bei der zunächst vorgesehenen Aktienübertragung an das Bankhaus Eidenschink. Vgl. Arbeitsausschuß-Sitzung der Dresdner Bank über Konzern Engelhard t-Brauerei AG (1934); NA, T-83, Roll 97, Folder 27; Ferdinand Nacher, Bericht über Generaldirektor Ignatz Nacher (Ms. im Leo Baeck Institute New York); Hermann Schoeler, Geschichte der EngelhardtBrauerei AG (Ms. im Leo Baeck Institut New York). 140 Unterlagen über die Bank»arisierungen« durch die Dresdner Bank AG in NA, T-83, Roll 96, Folder 2, Roll 97, Folder 5; NA, RG 260, FINAD 2/ 181/2; weitere Vorgänge in BA, R 13 XVIII (Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe)/6 und 7. 141 Zur Geschichte und Fusion dieser beiden Bankhäuser Fritz Stern, Gold und Eisen - Bismarck und sein Bankier Bleichröder, Frankfurt/M. usw. 1978, S.662f; Adolf Diamant, Chronik der Juden in Dresden, Frankfurt/M. 1970. Zur Übernahme durch die Dresdner Bank AG: Mitwirkung bei Arisierungen, Aufzeichnung des leitenden Mitarbeiters Eversberg von der Hauptabteilung Berlin der Dresdner Bank (1946), in NA, T-83, Roll 96, Folder 2. 142 Adolf Arnhold, geb. 1884 in Dresden, seit 1908 Teilhaber des Bankhauses Gebr. Arnhold, Vorstand s Vorsitzender der Börse zu Dresden, Mitglied des Bezirksausschusses Dresden der Deutschen Reichsbank. 1934 Rücktritt, um 1936 Emigration, 1940 Brasilien. Starb am 15.12. 1950 in Heidelberg während einer Besuchsreise. Hans Arnhold, geb. 30.5. 1888 in Dresden. Ab 1911 Repräsentant, seit 1918 Leiter der Berliner Filiale des Bankhauses Gebr. Arnhold, organisierte 1931 die Interessengemeinschaft mit dem Bankhaus S. Bleichröder. Aufs ich tsratsposten in zahlreichen Unternehmen der Brauerei- und der keramischen Industrie.
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1933 Rücktritt, Emigration über Frankreich in die USA, dort ab 1937 Ausbau der ehemaligen Vertretung in New York zum Bankhaus Arnhold. & Bleichröder Inc. Starb 8.9. 1966 in Lausanne. Heinrich Arnhold, geb. 1885 in Dresden, Teilhaber des Bankhauses Gebr. Arnhold, starb 1935 in Deutschland. Kurt Arnhold, geb. 29.4. 1887 in Dresden. Seit 1914 Teilhaber des Bankhauses Gebr. Arnhold, 1938 Verkauf und Rücktritt, Emigration Dezember 1938 über die Niederlande und die Schweiz nach England, Dezember 1939 nach Brasilien. Starb 1951 in Sao Paulo. Vgl. Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration, S. 19 f. Der Bleichröder-Familie erging es schlechter. Gurt von Bleichröder entging der Deportation 1942 gerade noch durch die Flucht in die Schweiz, er war zuletzt völlig mittellos. Nur Paul von Bleichröder (geb. 21.9. 1890) emigrierte rechtzeitig im Herbst 1938 über die Niederlande in die USA, er starb 1943 in New York. Andere Angehörige kamen in den Deportationslagern um. Vgl. Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration, S. 69; Fritz Stern a.a.O., S. 663 f. 143 Walther Frisch, geb. 15.7.1879 in Berlin. 1919-1933 Vorstandsmitglied der Dresdner Bank, dann Geschäftsführer der Dresdner Bank-Tochter Hardy & Co. GmbH in Berlin. Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der AG Glashüttenwerke Adlerhütten in Penzig, der Bank für Bräu-Industrie in Berlin, der Berliner Kindl-Brauerei AG, der Einzinger-Union-Werke AG in Mannheim, der Schörferhof-Binding-Brauerei AG in Frankfurt/M. Aufsichtsratsmandate u. a. bei der Brown, Boverie & Cie AG in Mannheim, der Deutschen Hypothekenbank AG in Berlin, der Gesellschaft für elektrische Unternehmungen AG in Berlin, der Grün & Bilfmger AG in Mannheim, der Mansfeld AG für Bergbau und Hüttenbetrieb, der Mimosa AG in Dresden, der NordsternLebensversicherung AG in Berlin, der Sächsischen Bodencreditanstalt in Dresden und Leipzig, der Wanderer-Werke
AG in Siegmar-Schönau. An der Nachkriegsrestauration der Dresdner Bank AG aktiv beteiligt, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Übergangsgesellschaft Rhein-Main-Bank AG, nach deren Ausgründung Mitglied des Zentralbeirats der Dresdner Bank AG, starb am 6. 2.1966. Frischs Aussage hat eine gewisse beschönigende Note, was wir bei der Einfügung des Originalzitats rekonstruiert haben. Der historischen Wahrheit dürfte die Aussage des damaligen Justitiars der Interessengemeinschaft Gebr. Arnhold und S. Bleichröder, Walther Bernhard, näherkommen, worin es heißt: »Die Erfahrungen mit dem Verkauf des Berliner Geschäftes waren noch unerfreulicher als bei dem Dresdner Verkauf. Die Dresdner Bank suchte sich unter Vorwänden den von ihr übernommenen Verpflichtungen zu entziehen und enthielt den Firmen einen großen Teil der Beträge vor, auf die sie nach dem Inhalt des Vertrages Anspruch hatten. Die Korrespondenz hierüber wurde seitens der Dresdner Bank von Direktor Busch und Dr. Ansmann geführt. Die Dresdner Bank hat auf diese Weise sogar verhindert, daß Teilbeträge, auf die die Gebr. Arnhold Anspruch hatten, transferiert werden konnten. (...) Die Firma Gebr. Arnhold würde zu diesem Kurs die Aktien nicht verkauft haben, wenn sie nicht durch den Druck der Verhältnisse hierzu genötigt worden wäre.« Betr.: Arnhold-Braubank. Erklärung des Walther Bernhard vom 29.9. 1947, NA, RG 260, FINAD 2/181/2. 144 Vgl. hierzu aus den Dresdner Bank-Akten einen undatierten »Bericht über die Arisierung der Firma I. & C.A.Schneider, Schuhfabriken, Frankfurt a.M.«, NA, T-83, Roll 97, Bl. 3 471 777 ff. 145 Fred (Friedrich) Adler, geb. 9.9.1888 in Brückenau. Gründete zusammen mit seinem Bruder Lothar Adler den Icas-Schuhkonzern (I. & C.A. Schneider) in Frankfurt/M. Nach der »Arisierung« im April 1939 Emigration
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nach England, danach in die USA. Starb 1965 in New York. Vgl. Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration, Bd. l, S.6. 146 Zusammengestellt nach der Dresdner Bank-»Arisierungs«liste in NA, RG 260, FINAD 2/181/2. 147 Durch ihre Dachorganisation, die Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe, wurden die Banken über die laufenden Ausbürgerungen auf dem laufenden gehalten: die Wirtschaftsgruppe sorgte für die Bereitstellung der komplementären Enteignungslisten! Vgl. Rundschreiben der Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe 1938-1943, B A, RD 65/160. Hier müßte die ansonsten verdienstvolle Edition von Michael Hepp (Hg.), Die Ausbürgerung deutscher Staatsangehöriger 1933-45 nach den im Reichsanzeiger veröffentlichten Listen, bisher 2 Bde., München usw. 1985, dringend ergänzt werden. 148 Walther Schieber, geboren 13.9. 1896 in Beimerstetten. Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer der Thüringische Zellwolle AG in Schwarza, der Zellwolle Lenzing AG in Lenzing, der Deutsche Zellwoll Ring e.V. in Berlin. Vorstandsmitglied der Gustloff Werke in Weimar. Zunächst Mitglied des Landes-Ausschusses für Mitteldeutschland, dann Aufsichtsratsmitglied der Dresdner Bank AG. Weitere Angaben in Kap. IX dieser Ausgabe. Vgl. auch NA, RG 260, FINAD 2/185/18. 149 Karl Heinrich (Heinz) Heuser, geb. 29.5. 1901 in Fulda. Vorstandsmitglied und Betriebsfuhrer der Norddeutsche Eiswerke AG in Berlin, Aufsichtsratsvorsitzender der Ebro Erste Berliner Dampf-Roßhaarspinnerei AG, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Gildemann Cigarrenfabriken AG (vormals J. Neumann AG Cigarren-Fabriken), Mitglied des Werberats der Deutschen Wirtschaft. Als Aufsichtsratsmitglied der Dresdner Bank AG seit 1943 aktiv. 150 Vgl. NA, RG 260, FINAD 2/ 184/13-14.
151 Vorgänge ebenda, FINAD 2/ 207/8-9; BA, R 2/13 547. 152 Hierzu NA, T-83, Roll 97, Folder 27, Roll 101, Folder 98; BA, R 7 Anh. MCC/387. 153 Vgl. NA, T-83, Roll 97, Folder 45 (»Arisierungs«aktivitäten der Dresdner Bank-Tochter Böhmische Escompte-Bank); BA, R 7 /l 005-1012 (Petschek-»Arisierung<<); NA, T-83, Roll 101, Folder 98 (»Arisierungs«praxis der Handelstrust West N.V), hierzu auch Fall XI, ADB 145 A, ADB 145 B. 154 Belege in NA, RG 260, FINAD 2/182/2, 2/186/12, 2/187/6. 155 Die einschlägigen Nürnberger Dokumente finden sich in Fall XI, ADB 142, 149 A, 149 B, 149C. 156 Vgl. Anm.97. 157 Der Bankausschuß bei der Zentralstelle der wirtschaftspolitischen Organisationen der NSDAP wurde 1943 von Martin Bormann, dem Leiter der Parteikanzlei (geb. 17.6.1900 in Halberstadt, 1945 verschollen, 1946 vom Internationalen Militärgerichtshof in Abwesenheit zum Tod verurteilt) eingesetzt. Eine Liste seiner Mitglieder existiert als Anhang zum Verhör Kurt von Schröders {Beweisstück 86). Er sollte die Präsenz von NSDAP-Mitgliedern in den Vorständen und Aufsichtsräten der Großbanken erhöhen, um die von dort aus initiierte Nachkriegsplanung der Wirtschaft unter Kontrolle zu halten, was ihm auch durchaus gelang. Zweitwichtigste Aufgabe war die Rationalisierung und Redimensionierung des übersetzten Bankwesens im Reich und den besetzten Gebieten. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten klappte die Kooperation zwischen den Großbanken und dem Bormann-Bankausschuß reibungslos, die Großbanken starteten »in Selbstverantwortung« eine großangelegte Rationalisierungswelle. Urkunden und Aussagen über den Bormann-Bankausschuß finden sich verstreut in den Beweisstücken zu den Großbanken-Reports, vgl. Anm.49. 158 Als Keppler-Kreis wird der ursprüngliche Freundeskreis Himmler bezeichnet. Die von der Finance Division
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hierüber gesammelten Urkunden gingen als Nürnberger Dokumente in die Anklagedokumentenbände 134, 135 und 140 des Falls XI ein. Die Transaktionen, die zwischen dem Sonderkonto »S« des großindustriellen Freundeskreises Himmler beim Bankhaus J.H.Stein in Köln und dem Sonderkonto »R« des Persönlichen Stabs Himmlers bei der Berliner Zentrale der Dresdner Bank stattfanden, sind zwar vielfach erwähnt, aber noch keineswegs erforscht worden. Vgl. vor allem NA, T-83, Roll 101 (Bankhaus J.H.Stein); BA, R7 Anh. MCC/387; NA, RG 260, FINAD 2/182/2; BDC, PA Fritz Kranefuß, Karl Rasche, Kurt von Schröder. Zur Geschichte und Wirkungsweise des Freundeskreises Himmler Klaus Drobisch, »Der Freundeskreis Himmler«, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, I960, H. 2, S.304ff.; Thilo Vogelsang, Der Freundeskreis Himmler, Göttingen 1972. 159 Karl Lindemann, geboren 17.4.1881 in Goldberg/Mecklenbürg, Inhaber der Firma Melchers & Co. in Bremen. Aufsichtsratsvorsitzender der Atlas-Werke AG in Bremen und des Norddeutschen Lloyd in Bremen. Weitere Angaben in Kap. IX dieser Ausgabe. Vgl. NA, RG 260, FINAD 2/185/ 2. 160 Emil Helfferich, geb. 17. 1. 1878 in Neustadt/Haardt. Aufsichtsratsvorsitzender der Deutsch-Amerikanischen Petroleum-Gesellschaft in Hamburg, der Hapag Hamburg-Amerikanische Packetfahrt AG. Aufsichtsratsposten bei der C. Lorenz AG in Berlin, dem Norddeutschen Lloyd in Bremen u.a., Leiter des Außenhandelsausschusses der Reichsgruppe Handel, Beiratsmitglied der Deutschen Reichsbank, Mitglied des Handelspolitischen Ausschusses der Reichswirtschaftskammer, des Präsidiums der Deutschen Gruppe der Internationalen Handelskammer und des Werberats der Deutschen Wirtschaft. 161 Umfangreiche Dokumentation der SS-Darlehen der Dresdner Bank AG in Fall XI, ADB 146, 149A und 149 B.
162 Die Akten der Finance Division zu den Auslandsaktivitäten der Dresdner Bank befinden sich in NA, RG 260, FINAD 2/187/1-2, FINAD 2/187/4. 163 Bei ihren »Arisierungs«operationen in Österreich, der Tschechoslowakei und den Niederlanden arbeitete die Dresdner Bank AG beispielsweise mit einem Gestapo-Agenten namens Dr. Rajakowitsch zusammen: NA, RG 260, FINAD 2/181/2. 164 Der Auftrag, den hier Hans Kehrl in seiner Eigenschaft als Leiter des Planungsamts an Rasche erteilte, erging arbeitsteilig auch an andere Repräsentanten der Wirtschaft, insbesondere der LG. Farben. Der hier geschilderte Vorgang ist wohl als Vorstufe zu den Aktivitäten des »Europakränzchens« beim Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion zu betrachten. Vgl. BA, R 3/1941. 165 Umfangreiche Unterlagen in NA, T-83, Rolls 96 und 97. 166 Die Liste war von der Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe an Carl Goetz gesandt worden, der dann daraus die seines Erachtens in Betracht kommenden Namen und Adressen heraussuchte. 167 Vgl. NA, RG 260, FINAD 2/ 207/8-9 (Untersuchungen und Verhöre über die Deutsch-Südamerikanische Bank AG), FINAD 2/207/10 (Korrespondenz des Vorstands der DeutschSüdamerikanischen Bank mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Carl Goetz) FINAD 2/208/2 (Finanzoperationen) FINAD 2/208/1 (Befragung des Oskar Nathan, Direktor der Deutsch-Südamerikanischen Bank AG). 168 Allerdings war hier die Deutsche Überseeische Bank, eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bank AG, in der Vorhand gewesen: sie entließ 1935 den Direktor der argentinischen Niederlassungen L. Levin aus »rassischen Gründen«. Dadurch wurde die Dresdner Bank-Tochter ihrerseits in Zugzwang gebracht. Vgl. OMGUS, Ermittlungen gegen die Deutsche Bank, S. 69 ff. Zur Konkurrenz zwischen den lateinamerikanischen Niederlassungen der Deutschen
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tionen und Kreditgeschäfte abgewickelt. 178 Rudolf Tefs, Kassenleiter der Dresdner Bank-Niederlassungen in Alexandria und Kairo, seit 1938 NSDAP-Mitglied. 179 Felix Graf Czernin begann seine Karriere bei der Dresdner Bank als Direktor ihrer Filiale in Aussig. Er war Aufsichtsratsmitglied der E. Heuer Chemische Fabrik AG in Aussig. 180 Hans Georg Oswald Max Dehmel, geb. 28.9.1896 in Breslau. 1937 Eintritt in die Luftwaffe als Oberleutnant, 1938 vom Amt Ausland-Ab wehr der Wehrmacht übernommen, seither in verschiedenen Abwehrstellen tätig. Seit Oktober 1944 Leiter der Nachrichtenstelle Prag. Vgl. Headquarters USFET, Military Intelligence Service Center, Subject: KdM Prag, Bericht vom 20.1.1946. NA, RG 260, FINAD 2/186/ 10. Die Angaben über Felix Graf Czernin entstammen der Agentenliste im Anhang. 181 Vgl. die DokumentenzusammenstellungeninFallXI,ADB 144 A, 144 B und 144 C. 182 Hierzu Fall XI, ADB 3 A, 3 B, 12 B, 15 A, 24. 183 Zusammenstellung der Schlüsseldokumente in Fall XI, ADB 144 A, 114 B und 144 C. 184 Otto Herbeck, stellvertretender Chefsyndikus der Dresdner Bank AG in Berlin. Heinz Ansmann, geb. 19. 1. 1906 in Berlin. Direktor der Dresdner Bank AG in Berlin, Geschäftsführer der Aussiger Montangesellschaft mbH & Co., Aufsichtsratsvorsitzender der AG Grube Minerva in Brüx und der AG Grube Poseidon in Brüx. Aufsichtsratsposten in zahlreichen weiteren Bergwerksunternehmen. Als Leiter des Konsortialbüros der Zentralstelle Hamburg nach 1945 an der Restauration der Dresdner Bank AG beteiligt und auf der »Watch List« der Intelligence Group der Finance Division verzeichnet. Vgl. NA, RG260, FINAD 2/233/15. 185 Hierzu die Dokumentenzusammenstellung in Fall XI, ADB 144 B und 144 C; ergänzend NA, T-83, Roll 97,
Folders 45-47; sowie über die Währungsgeschäfte und andere Transaktionen der Böhmischen Escompte-Bank im Auftrag der Reichsbank bzw. der Deutschen Golddiskontbank BA, R 2/13 547. 186 Vgl, hierzu die umfangreichen Materialien über die Reichswerke Hermann GÖring im »Protektorat Böhmen und Mähren« in NA, T-83, Roll 78-79; sowie ergänzend zur Kapitalausstattung Volkswirtschaftliche Abteilung der Dresdner Bank, Der Reichswerke »Hermann Göring«-Konzern, Neubearbeitung vom 21.12.1940, Fall XI, ADB 112 B, NID-13 842. 187 Umfangreich belegt in Fall XI, ADB 144B, Teil VII (»Arisierungen«), Teil VIII («Erwerb« der tschechoslowakischen Schwerindustrie im Rahmen der sog. Kehrl-Rasche-Mission); ADB 144C, Teil X (Skoda und Brünner Waffenwerke), Teil XI (Witkowitz), Teil XII (tschechische Bergbauunternehmen); zur Kooperation mit Regierungsstellen ADB 144 B, Teil VI. 188 Werner von Richter, Direktor der Dresdner Bank AG in Berlin, Aufsichtsratsvorsitzender der Carl Lindström AG in Berlin, Aufsichtsratsposten u.a. bei der Deutschen Mühlenvereinigung AG in Berlin, der Grundbesitz Verwaltungs AG in Berlin, der Inag Industrie-Unternehmungen AG in Berlin, den Norddeutsche Kabelwerke AG in Berlin und den Siemens-ReinigerWerken AG in Berlin. Nach 1945 Mitglied des Führungsstabs Hamburg der Dresdner Bank und auf der »Watch List« der Intelligence Group der Finance Division. Vgl. NA, RG 260, FINAD 2/233/15. 189 Franz Joos, geb. 12.12.1881 in Untertürkheim, stellvertretender Direktor der Dresdner Bank AG. 190 Karl Ritter von Halt, geb. 2.6.1891 in München. Deutscher Zehnkampfmeister, Reichsamtsleiter für Leichtathletik im NSRL, Vorstandsmitglied des Internationalen Leichtathletikverbands, Präsident des Internationalen Handballverbands, Vorstandsmitglied des Internationalen Olympischen Komitees, Präsident der IV.
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Bank und der Dresdner Bank NA, RG 260, FINAD 2/192/4-5. 169 Carlos Meyer-Pellegrini, Berater der argentinischen Filiale der DeutschSüdamerikanischen Bank AG, argentinischer Staatsbürger, lebte in Buenos Aires. Aufsichtsratsmitglied der Deutsch-Südamerikanischen Bank AG bis 1941. 170 Das Zitat entstammt dem Briefentwurf von Goetz. Daß tatsächlich abgesandte Schreiben war etwas diplomatischer abgefaßt (viele Formulierungsentwürfe von Goetz in den Akten): »Wie ich höre, sind für Ihren Entschluß Gründe maßgebend, über die ich, da es sich um Fragen der Überzeugung handelt, nicht in eine Erörterung einzutreten in der Lage bin. Ich möchte mich darauf beschränken, Ihnen mitzuteilen, daß ich Ihrem Wunsch entsprechend Ihre Demission entgegennehme.« (Goetz an Meyer-Pellegrini, 4.2. 1941, Beweisstück 100). 171 Goetz selbst hat über den geschilderten Fall mit der Gestapo in Berlin verhandelt: Aktennotiz über die am 3.April 1937 . . . stattgefundene Besprechung in der Geheimen Staatspolizei Berlin, Wilhelmstraße, betreffend den Fall Egg, Santiago. In den Urkunden des Beweisstücks 101. 172 Belege in NA, T-83, Roll 97, Folder 8 (Belgien), Folder 14 (USA), Folder 61 (Allgemeine Warenverkehrs GmbH), Folder 63 (Niederlande) Roll 101 (Sekretariat Rasche-Gestapoagent Dr. Rajakowitsch); Beweisstücke 106-109 zum vorliegenden Untersuchungsbericht. 173 Ernst Wilhelm Bohle, geb. 28. 7. 1903 in Bradford/England, wuchs in Kapstadt auf. 1933 zum Leiter der Auslandsorganisation der NSDAP mit Sitz in Hamburg ernannt, 1937 Unterstaatssekretär und später Staatssekretär im Auswärtigen Amt, 1943 SS-Obergruppenführer. Im sog. Wilhelmstraßenprozeß angeklagt und zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Vgl. NA, RG 260, FINAD 2/205/6; Dali XI, ADB 17-27, 47, 49. 174 Franz von Papen, geboren
29. 10. 1879 in Werl. Berufsoffizier, 1917 Major und Chef der Operationsabteilung einer Heeresgruppe in der Türkei, 1918 Chef des Generalstabs einer türkischen Armee in Palästina, 1920-1932 Vertreter des rechten Zentrumsflügels im Preußischen Landtag. Wurde am 1.6. 1932 als Nachfolger Heinrich Brünings zum Reichskanzler ernannt, am 20. 7. 1932 Staatsstreich; anschließend Reichskommissar für Preußen, 30. 1. 1933-1934 Vizekanzler der Regierung Hitler-Papen. Vom Juli 1934 bis 1938 Gesandter in Wien, 1939 bis 1944 Botschafter in Ankara, Horchposten gegenüber den Alliierten, aktiv an der Beschaffung kriegswichtiger Rohstoffe und Goldtransaktionen beteiligt. Wurde im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß freigesprochen, am 1.2. 1947 in einem Entnazifizierungsverfahren in Nürnberg zu acht Jahren Arbeitslager verurteilt, 1949 freigelassen. Zur Tätigkeit Papens als Gesandter in der Türkei in den letzten Kriegsjahren: Akten zur deutschen Auswärtigen Politik 1918-1945, Serie E, Bd. II S. 74 f., 196-198, 205f., 250-252, 361 f., 372f., 473 f., 484f.; Bd. III Übersicht s. XLVIII-L; Bd. IV S. XLIII -XLIV; Bd . V S . L- LII; Bd . V I S . X LI X ; Bd. VII S. L-LII; Bd. VIII S.LII. Zu den finanzpolitischen Hintergründen NA, RG 260, FINAD 2/192/15-16; OMGUS, Ermittlungen gegen die Deutsche Bank, S. 199f., 250f., 403ff. Beweisstücke Nr. 178, 236 bis 239 und 338-342 zum Ermittlungsbericht. 175 Johannes Posth, geboren 20.4. 1886, Direktor der Dresdner Bank-Filiale in Istanbul. 176 Neben der Deutsch-Südamerikanischen Bank AG vor allem die Deutsche Orientbank AG, die in den letzten Kriegsjahren die größten Rohstoffimporte aus der Türkei und dem Nahen Osten finanzierte. 177 Vgl. die Aussagen von Rudolf Tefs und Hans Pilder, Beweisstücke 106 und 107. Wie die Tätigkeitsberichte der Auslands-Abteilurtg zeigen, wurden parallel zu den nazistischen Aktivitäten z.T. umfangreiche Finanzierungsopera-
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Olympischen Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen 1936, Präsidiumsmitglied der Olympischen Spiele 1936 in Berlin. NSDAP-Eintritt 1.5.1933 (Nr. 3 204950), als Gast des Führers auf den Reichsparteitagen 1936 und 1937. Direktor der Deutschen Bank AG seit 1.12.1935, ab 1938 Vorstandsmitglied. 1952 noch Aufsichtsratsmitglied der Übergangsgesellschaft Süddeutsche Bank AG. Vgl. OMGUS, Ermittlungen gegen die Deutsche Bank, S. 43; BDC, PA Ritter von Halt. ' 191 Helmut Ritter, geb. 10. 3.1907 in Bremen. Vorstandsmitglied und Betriebsführer der Gildemann Cigarrenfabriken AG Hamburg und Berlin (vor 1938 = J. Neumann AG Cigarrenfabrik in Berlin). Zum Unternehmen vgl. Handbuch der Deutschen Aktiengesellschaften, 42, 1937, S.2169T 192 Leonhard Stitz-Ulrici, Direktor der Böhmischen Escompte-Bank in Prag. Nach 1945 Direktor der Dresdner Bank Frankfurt/M., auf der »Watch List« der Intelligence Group der Finance Division, vgl. NA, RG 260, FINAD 2/233/15. 193 Zur Martin Brinkmann AG (nicht GmbH) in Bremen vgl. Handbuch der Deutschen Aktiengesellschaften, 43, 1938, S. 4159. Das Aktienkapital in Höhe von 8 Millionen Reichsmark war vollständig im Besitz der Familie Ritter. 194 Hermann Ritter, geb. 18.7. 1878 in Bremen, Senator a.D., Staatsrat. Vorstandsmitglied der Martin Brinkmann AG und der Gildemann Cigarrenfabriken AG (vorm. J. Neumann AG Cigarrenfabriken). Leiter der Fachgruppe Tabakindustrie in Berlin, Mitglied des Landesausschusses bei der Zentrale der Dresdner Bank AG in Berlin. 195 Mit diesem Brief endet die Aktenüberlieferung, so daß offen bleibt, ob die Gildemann Cigarrenfabriken AG über die Martin Brinkmann AG schließlich »arisierte« Unternehmen im »Protektorat« erwarben. Wahrscheinlich ist dies durchaus, denn der Anlagedruck der Tabakunternehmen war aufgrund der Einführung des Tabakmonopols groß, und die Böhmische Escompte-
Bank hatte lange nach ernsthaften Bewerbern vor allem für die Knopf- und Metallwarenfabrik Waldes & Co. in Prag gesucht, von der sie die 60 Prozent »nichtarische« Aktienanteile in ihr Portefeuille transferiert hatte. Der hier dokumentierte Fall war nur einer unter vielen, und es haben zahlreiche Weiterverkäufe an »reichsdeutsche Bewerber« stattgefunden, die die Dresdner Bank oft selbst - im Gegensatz zum vorliegenden Fall mobilisiert hatte: »Wir haben ... von vornherein nur die Interessen der arischen Bewerber vertreten, die wir mit Energie aus allen Teilen des Dresdner Bank-Konzerns heranzogen. Durch diese Wahrnehmung der außerordentlich zahlreichen Möglichkeiten des Gesamtkonzerns brachten wir auf breiter Basis das Arisierungsgeschäft ins Rollen. Es ist auch hier wieder zu betonen, daß diese Ziehung von Querverbindungen das gesamte Filialen- und Vertreternetz des Gesamtkonzerns der Dresdner Bank und die hervorzuhebende Unterstützung der Dresdner Bank-Zentrale Berlin zu einem lebendigen und ertragreichen Vermittlungsgeschäft führte.« Bericht der Böhmischen EscompteBank in Prag über die von ihr durchgeführten Arisierungen in Böhmen und Mähren in der Zeit vom März 1939 bis April 1941, Prag, im August 1941. Fall XI, ADB 144 B, Dok. NID-13463, S.4. 196 Beilage 2 in Beweisstück 123. 197 Zusammengestellt nach Beweisstück 123, 134 und 135. Zum überproportionalen Anwachsen der Sperrkonten bei der Böhmischen Escompte-Bank vgl. auch den »Arisierungs«bericht vom August 1941 (Nürnberger Dok. NID13463). 198 Zusammengestellt nach Beweisstück 135. 199 Hierzu V. Kral (Hg.), Die Vergangenheit warnt, Dokumente über die Germanisierungs- und Austilgungspolitik der Naziokkupanten in der Tschechoslowakei, Prag 1960; ders., Qtazky hospodäfskeho o socidlniho vyvoje v ceskych zemich v leteck 1938-1945 (Fragen der ökonomischen und sozialen Entwicklung der Tsche-
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choslowakei 1938-1945), 2 Bde., Praha 1957-1958; K.Obermann und J.Polysensky (Hg.), Die Hintergründe des Münchner Abkommens von 1938, Berlin 1959. 200 Dennoch zum ersten Überblick T. Cyprian, J. Sawicki, Nazi Ruh in Poland 1939-1945, Warsaw 1961; W. Dtugoborski, »Die deutsche Besatzungspolitik und die Veränderungen der sozialen Struktur Polens 1939-1945«, in: ders. (Hg.), Zweiter Wellkrieg und sozialer Wandel, Göttingen 1981, S.303ff.; G.Eisenblätter, Grundlagen der Politik des Reichs gegenüber dem Generalgouvemment, 1939-1945, Frankfurt/M.: Diss. 1969; R. Graf, Zur faschistischen Okkupationspolitik des deutschen Imperialismus in Polen während des zuleiten Weltkrieges, Berlin: Diss. Institut für Gesellschaftswiss. beim ZK der SED, 1961; R. Herzog, Grundzüge der Besatzungsverwaltung in den ost- und südosteuropäischen Ländern während des Zweiten Weltkrieges, Tübingen 1955; E.Seeber, Zwangsarbeiter in der faschistischen Kriegswirtschaft, Die Deportation und Ausbeutung polnischer Bürger ... (1939-1945), Leipzig 1964. 201 Und zwar durch Kredite an die einschlägigen »Umsiedlungsgesellschaften« (Deutsche Ansiedlungsgesellschaft, Deutsche Umsiedlungs-Treuhandgesellschaft mbH, usw.). Vgl. Fall XI, ADB 146, 155. 202 Vor allem durch Kredite an die Haupttreuhandstelle Ost (HTO), eine Plünderungsagentur der Vierjahresplanbehörde. Zur HTO allgemein NA, RG 260, FINAD 11/381/14; zu ihren finanziellen Verflechtungen mit der Dresdner Bank AG Fall XI, ADB 155, Protokolls. 17 880 ff. 203 Umfangreiche Dokumentenzusammenstellungen über die Tätigkeit der Dresdner Bank-Filialen, der Kommerzialbank AG und der Ostbank AG in Fall XI, ADB 146, 147, 149 A, 155, 158, sowie Protokoll S. 16 194 ff. und 17 895 ff. (Kommerzialbank AG in Krakau). 204 Georg Stiller, seit 1922 Angestellter der Dresdner Bank AG, von 1935 bis 1940 in der Filial-Revisionsabteilung leitend tätig, vom Frühjahr 1940
bis Februar 1945 persönlicher Sekretär Karl Rasches. 205 Vgl. hierzu die Protokolle der Vorstandssitzungen 1941-1943, teilweise erhalten in NA T-83, Roll 97, Folder 21; sowie Korrespondenzakten von Carl Goetz 1940-1943 ebenda, Roll 101, Folder 20; Tätigkeitsberichte der Auslands-Abteilung ebenda, Roll 101, Folders 101-103. 206 Zu den Ost-Gesellschaften allgemein Fall XI, ADB 124 und 125; zur Finanzierung durch die Dresdner Bank ADB 155, Protokoll S. 13 552ff, 16 271 ff., 17 775ff., 18 375ff. sowie Ciosing Briefe der Anklage gegen Rasche S.30f, 99f. 207 Georg W. Marty, Hauptrevisor der Deutsch-Südamerikanischen Bank AG. 208 Zur Praxis der Haupttreuhandstelle Ost vgl. die hausinterne Dresdner Bank-Notiz vom 2.4.1940, Betr.: Amtliche Treuhandstellen in den eingegliederten Ostgebieten, Fall XI, ADB 155, Dok. NID-4267; sowie Max Winkler, Neues Arbeitsfeld der deutschen Wirtschaft, Aus dem Aufgabengebiet der Haupttreuhandstelle Ost, ebenda, Dok. NI-3724. 209 Vgl. Fall XI, ADB 146, Protokoll S. 17 890 ff., Ciosing Brief der Anklage gegen Rasche S. 15 ff. 210 Dabei konnten die Okkupanten auf eine erstaunliche ökonomische Kollaborationsbereitschaft rechnen, vgl. G. Hirschfeld, Fremdherrschaft und Kollaboration, Die Niederlande unter deutscher Besatzung 1940-1945, Stuttgart 1984, S. 117. Zum ökonomischen Annexionsmotiv vgl. H.-E. Volkmann, »Autarkie, Großraumwirtschaft und Aggression, Zur ökonomischen Motivation der Besetzung Luxemburgs, Belgiens und der Niederlande 1940«, in: Milüärgeschkhtliche Mitteilungen, l, 1976, S. 51 ff. Zu den Aktivitäten der Dresdner Bank AG Fall XI, ADB 145 A, ADB 158 S. 67-76, zweiter Ciosing Brief der Anklage gegen Rasche S. 80 ff. 211 Hierzu Fall XI, ADB 145 A, S. 105ff., Protokoll S.8774ff, 10 051 ff., 11 641ff, 13916ff., 15402ff., 18256 ff.
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212 Friedrich Landfried, geb. 26.9.1884 in Heidelberg. Vom März 1939 bis Dezember 1944 Staatssekretär im Reichswirtschaftsministerium. Aufsichtsratsvorsitzender der Bergwerksgesellschaft Hibernia AG in Herne, der Preußischen Bergwerks- und Hütten AG, der Preußischen Druckerei- und VerlagsAG, der Saargruben AG in Saarbrücken, der Vereinigte Elektrizitäts- und Bergwerks AG in Berlin. Aufsichtsratsposten bei der Deutschen Golddiskontbank und mehreren Zweigwerken der Reichswerke Hermann Göring. 213 Vgl. die Aktenüberlieferung hierzu in BA, R 7, insbesondere 592, 631, 3158-3170, 3205. 214 Georg Rienecker, geb. 1.4.1898 in Pegnitz/Oberfranken. Vor seiner Tätigkeit in Holland Direktor der Dresdner Bank-Filiale in München. Aufsichtsratsmandat u. a. bei der Bayerischen Motorenwerk AG in München, der Mechanischen Baumwoll-Spinnerei und Weberei Augsburg, der Münchener Lagerhaus- und Transportgesellschaft. 215 Dr. Bühler, Reichsbankbeamter, Beauftragter für die Niederländische Bank in Amsterdam. 216 Hermann Knobloch, leitender Angestellter der Dresdner Bank AG, seit 1940 einer der Geschäftsführer der Handelstrust West N.V. 217 Joachim Entzian, stellvertretender Direktor der Dresdner Bank, Leiter des Ausland-Sekretariats S, stellvertretender Vorsitzender des Beirats der Handelstrust West N.V, später Präsident der Continentale Bank N.V./S.A. in Brüssel. Max Bardroff, geb. 1900, Direktor der Dresdner Bank AG. Nach 1945 Vorstandsmitglied der Übergangsgesellschaft Rhein-Main-Bank AG, bis zu seinem Tod am 23. 12. 1957 im Vorstand der restaurierten Dresdner Bank. Robert Hobirk, Direktor der Dresdner Bank AG, später Direktor der Handelstrust West N.V, dort in der »Arisierungs«abteilung tätig. Harald Kühnen, stellvertretender Direktor der Dresdner Bank AG, Mitarbeiter der Konsortialabteilung.
Fritz Dellschow, leitender Mitarbeiter der Dresdner Bank AG, Direktor der Handelstrust West N.V. 218 Hans Fischböck, geb. 24.1.1895 in Geras/Niederdonau. Vorstandsvorsitzender der Creditanstalt-Bankverein in Wien, einer Tochter der Deutschen Bank AG, und Beiratsmitglied der Deutschen Reichsbank. Minister a.D., NSDAP- und SS-Mitglied, ab 1941 SSBrigadefuhrer. Seit 1940 Generalkommissar für Finanz und Wirtschaft beim Reichskommissar für die besetzten niederländischen Gebiete. 219 Vgl. Anm. 184. 220 Umfangreich dokumentiert in NA, T-83, Roll 101, Folder 98; Fall XI, ADB 145 A S.256ff. und ADB 145 B, Zweiter Ciosing Brief der Anklage gegen Rasche, S.88ff., Protokoll S.8769ff, 9845ff., 11747ff., 13918ff., 15 322ff., 17658ff., 18266fr., 26228ff. 221 Max Moritz Warburg, geb. 5.6.1867 in Hamburg, seit 1893 Teilhaber des Bankhauses M. M. Warburg & Co. in Hamburg. Berater und Vertrauter Wilhelms II., ab 1905 Mitglied des Reichsanleihe-Konsortiums. 1919 Mitglied des Finanzausschusses der deutschen Abordnung bei den Versailler Verhandlungen,- Rücktritt aus Protest gegen die Unterzeichnung des Versailler Vertrags. 1924-1933 Mitglied des Generalrats der Deutschen Reichsbank, aktiv an der Überwindung der Bankenkrise von 1931 beteiligt. Vorsitzender des Centralverbands des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes und der Gesellschaft zur Förderung des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel. 1938 Ausschluß aus dem Reichsanleihekonsortium und »Arisierung« des Bankhauses M. M. Warburg & Co., Übernahme durch die Kaufleute Rudolf Brinckmann und Paul Wirtz, Umbenennung in Brinkmann, Wirtz & Co. Emigration in die USA, Gründung des Bankhauses E. M. Warburg Co. in New York. Starb am 26. 12. 1946 in New York. Darstellung der »Arisierung« des Bankhauses aus der Feder seines Sohns Eric M. Warburg in NA, RG 260, FINAD 27 181/2, Schreiben an Dodge vom
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23. 1.1946. Mit dem Stichwort »Continentale« sind wahrscheinlich »nichtarische« Inhaber von Aktienpaketen der rumänischen Erdölgesellschaften Co lombia und Concordia gemeint, die besonders begehrt waren und denen die Deutsche Bank AG und die Dresdner Bank AG in edlem Wettstreit nachjagten. In diesem Fall war der Aktientransfer derart kostbar, daß den enteigneten Inhabern im Gegensatz zu dem üblichen Verfahren die Auswanderung erlaubt wurde. 222 Hierzu K. Kwiet, Reichskommissariat Niederlande - Versuch und Scheitern nationalsozialistischer Neuordnung, Stuttgart 1968. 223 Vgl. hierzu OMGUS, Report on the Investigation of the Continentale Bank N.V./S.A., NA, RG 260, FINAD 2/211 /1; Untersuchungsunterlagen ebenda, FINAD 2/210/6. Zur wirtschaftlichen Durchdringung Belgiens allgemein J. Gillingham, Belgian Business in the Nazi New Order, Gent 1977; umfangreiche Quellen in Fall XI, ADB 88-1 und II, 148, Ciosing Brief der Anklage gegen Schwerin von Krosigk, S. 121 ff. 224 Die Nürnberger Dokumente finden sich in Fall XI, ADB 145 B, S. 92-147. 225 Die Devisenschutzkommandos wurden von der Finance Division gesondert untersucht: Report on Devisenschutzkommando Belgien, NA, RG 260, FINAD 11/381/15. 226 Waren-Akkreditiv: gegen bestimmte Warendokumente getätigte Krediteröffnung einer Bank im Auftrag eines Kunden bei einer anderen in- oder ausländischen Bank zugunsten eines Dritten. Zu diesen Warendokumenten werden Waren Urkunden, Zahlungs-, Akzeptierungs- und Ankaufsermächtigungen gerechnet. 227 Vgl. NA,. RG 260, FINAD 2/ 210/6. 228 Hermann Prinsler, leitender Angestellter der Berliner Zentrale der Dresdner Bank, dann ab 1942 Abteilungsleiter bei der Continentale Bank N.V./S.A. Nach 1945 in der britischen
Zone für die Restauration der Dresdner Bank AG aktiv, vgl. NA, RG 260, FINAD 2/233/15, Watch List S. 3. 229 Joachim Overbeck, Direktor der Dresdner Bank AG, dann Betriebsfuhrer der Continentale Bank N.V./S.A., starb 1942 oder 1943 nach einem Verkehrsunfall in Belgien. 230 Die Dokumente sind verfilmt erhalten geblieben: NA, T-83, Roll 97, Felder 28. 231 Vgl. die Dokumentation in Fall XI, ADB 48, 122, 124, 155; als Darstellungen vor allem Roswitha Czollek, Faschismus und Okkupation, Wirtschaftspolitische Zielsetzung und Praxis des faschistischen deutschen Besatzungsregimes in den baltischen Sowjetrepubliken wahrend des zweiten Weltkrieges, Berlin 1974; Seppo Myllyniemi, »Die Umwandlung der sozialen Strukturen der baltischen Länder während und infolge der deutschen Besatzung«, in: W. Dlugoborski (Hg.), Zweiter Weltkrieg und sozialer Wandel, Göttingen 1981, S. 279 ff. 232 Hier hatte die Dresdner Bank AG einen unumstrittenen Platzvorteil, den ihr die Konkurrenten - diesmal vor allem die Commerz- und Privatbank AG und die Bank der Deutschen Arbeit AG — nicht streitig machen konnten. Karl Rasche, alter »Baltikumkämpfer«, war unmittelbar nach dem Überfall auf die Sowjetunion zum »Ressortchef für die baltischen Länder und Weiß-Rußland« ernannt worden (Aussage des Dresdner Bank-Direktors Fritz Andre vom 26. 1. 1948 (Nürnberger Dok. NID14 338). Rasche hat die Funktion seiner Bank in den baltischen Sowjetrepubliken unverhüllt propagiert, vgl. K. Rasche, »Gesicherter Ostraum - stabile Gesamtwirtschaft«, in: Der deutsche Volkswirt, 13, 1941, S. 392-394. 233 Hans Kehrl, geb. 8.9.1900 in Brandenburg/Havel. Generalreferent im Reichswirtschaftsministerium, ab September 1943 Leiter des Planungsamts und ab November 1943 gleichzeitig Leiter des Rohstoffamts im Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion. N SD A P-Mitglied seit 1.5. 1933, zuletzt SS-Brigadeführer.
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Präsident der Industrie- und Handelskammer für die Niederlausitz in Cottbus, Aufsichtsratsposten u. a. bei der Alpine Montan AG in Linz, der Brüxer Kohlenbergbaugesellschaft, der Rheinischen Kunstseide AG in Krefeld, der Rheinischen Zellwolle AG in Siegburg, der Thüringischen Zellwolle AG in Schwarza, der Zellwolle Lenzing AG in Lenzing. Im Wilhelmstraßenprozeß (Fall XI) angeklagt und zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt, vorzeitig entlassen. Vgl. Fall XI, Biographische Daten in ADB 127, Tätigkeit im Planungsamt ADB 128, Urteil; BOG, PA Kehrl. 234 DUT = Deutsche UmsiedlungsTreuhandgesellschaft mbH. Heinrich Bredenbreuker, geb. 20.4.1884 in Winz, Geschäftsführer der DUT. Über Kreyser und Klüssmann nichts ermittelt. 235 Die Beziehungen zwischen der Ost Faser-Gesellschaft mbH und der Dresdner Bank sind ausgiebig dokumentiert in Fall XI, ADB 124 Teil II und ADB 155. Vgl. auch BA, R 7/4154 und 4155. 236 Vgl. NA, RG 260, FINAD 2/207/8-10, 2/208/2. 237 Vgl. die Untersuchungen der Finance Division über die Rowak-Handelsgesellschaft mbH in NA, RG 260, FINAD 2/214/9. 238 Hermann Victor Hübbe, geb. 11.6.1901 in Mexiko, Vorstandsmitglied und Betriebsführer der DeutschSüdamerikanischen Bank AG in Berlin. Mitglied des Handelspolitischen Ausschusses bei der Reichswirtschaftskammer, des Präsidiums der Deutschen Gruppe der Internationalen Handelskammer, des Werberats der Deutschen Wirtschaft, Beirat diverser Außenhandelsstellen. War zusätzlich SD-Agent und in verschiedene Falschgeldverkäufe des Amts VI, Referat Wirtschaft, des RSHA verwickelt (»Unternehmen Bernhard«). 239 Die Allwafinag wurde von der Finance Division intensiv unter die Lupe genommen: NA, RG 260, FINAD 2/187/1-3. 240 Es blieb nicht nur bei der Kritik.
Die Stahlunion-Export GmbH, Verfasser des Schreibens, wies darauf hin, daß die Deutsche Bank AG mit Hilfe ihrer Tochter Export-Kreditbank AG das Tarngeschäft weitaus eleganter betreibe. Zur Export-Kreditbank AG vgl. NA, RG 260, FINAD 2/193/1. 241 Zu Joachim Overbeck vgl. Anm. 229. 242 Hierzu NA, T-83, Roll 97, Folders 43 und 44; Roll 101, Folder 20. Umfangreiche Bankunterlagen aus dem besetzten Serbien auch in NA, T-75, Rolls 56-66. 243 Die Griechisch-Deutsche Finanzierungsgesellschaft (Gedefi) war das Bank- und Kreditpendant zur berüchtigten Degriges, der Deutsch-Griechischen Warenausgleichsgesellschaft mbH, die im Herbst 1942 vom Reichswirtschaftsministerium zusammen mit der Reichsgruppe Handel und der Wirtschaftsgruppe Groß- und Außenhandel gegründet wurde, um Exporte nach Griechenland künstlich zu verteuern und die Importkosten aus Griechenland zu senken. Vgl. BA, R 127. 244 Platon Hadjimichalis, der Präsident der Gedefi, wurde wegen Kollaboration mit den Nazis zu 20 Jahren Haft verurteilt. Vgl. Beweisstück 222. 245 Allerdings war sie in Jugoslawien den Niederlassungen und Töchtern der Deutschen Bank AG gegenüber im Hintertreffen, und dieser Zustand ließ sich auch durch forcierte »Arisierungs«aktivitäten nicht aufholen, vgl. NA, T-75, Rolls 56-66. Über die Aktienanteile der deutschen Großbanken an den wichtigsten südosteuropäischen Banken gibt eine Ausarbeitung der Volkswirtschaftlichen Abteilung der I.G. Farben vom 14.5.1941 (Vowi Nr.4359) Auskunft. 246 Auch hier gelang es der Dresdner Bank nicht, der über die Wiener Creditanstalt-Bankverein agierenden Deutschen Bank die Führungsrolle dauerhaft streitig zu machen, obwohl sich das Reichswirtschaftsministerium zunächst an die Dresdner Bank gewandt hatte: »Herr Ministerialrat Dr. Augenthaler ist aber anscheinend in Wien von Herrn
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Dr. Buzzi (Österreichische Creditanstalt) dieserhalb angesprochen worden mit dem Ziele, daß die Führung in Wien als dem für den Südosten vorgesehenen Platz liegen soll.« Beweisstück 225. 247 Hans Treue, geb. 19.5.1898 in Berlin, war zunächst Referent beim Reichsbankdirektorium in Berlin. 248 Hermann Landwehr, Ministerialdirigent, Leiter der Abteilung Devisenbewirtschaftung im Reichswirtschaftsministerium. Carl Gisbert Schultze-Schlutius, Ministerialdirigent, Leiter der Abteilung 3 (Länder I) im Reichswirtschaftsministerium. Über Reinel nichts ermittelt. 249 Das bilaterale Verrechnungssystem des »Dritten Reichs« (Zentralclearing) hat seine Ursprünge in der im Juli 1931 eingeführten Devisenbewirtschaftung. Als Ersatz für den freien Devisentransfer wirkte es praktisch wie eine Zwangsanleihe gegenüber den jeweiligen Handelspartnern. Es wurde noch nicht gründlich untersucht. Umfangreiche Unterlagen in NA, RG 260, FINAD 2/120/4, 2/145/12, 2/233/8. 250 Vgl. die Unterlagen ebenda, FINAD 2/133/2, 2/143/5 und 2/187/7. 251 Zu Alfred Hölling vgl. Anm.40, zu Werner von Richter Anm. 188, zu Hans Rinn Anm. 56. Carl Schleipen, geb. 12.7. 1895 in Aachen, Direktor der Dresdner Bank AG in Berlin. Vor 1945 Aufsichtsratsvorsitzender von Zementwerken und Brauereien, zahlreiche Aufsichtsratsposten u. a. in den Vereinigten Schmirgelund Maschinen-Fabriken AG in Hannover, der Bonner Portland-Zementwerk AG, der Fella-Werk AG in Feucht/ Bayern, der Gothaer Waggonfabrik AG. Nach dem Mai 1945 Mitglied des »Führungsstabs Hamburg« und des »Verbindungsstabs« Beckum der Dresdner Bank AG, dann Vorstandsmitglied der Übergangs gesellschaft Rhein-Ruhr Bank AG, seit Mai 1957 Vorstandsmitglied der restaurierten Dresdner Bank AG. Max Schobert, geb. 9.1. 1897 in Hof/ Bayern. Direktor der Dresdner Bank
AG, nach Mai 1945 Mitglied des »Führungsstabs Hamburg« und der Geschäftsleitung der Dresdner Bank in Frankfurt/M., vgl. NA, RG 260, FINAD 2/185/21. Alle Mitglieder der zentralen Geschäftsleitung befanden sich auf der »Watch List« der Intelligence Group der Finance Division, vgl. ebenda, FINAD 2/233/15. 252 Diese Feststellung traf zu. Vgl. ebenda, FINAD 2/187/9-10. 253 Richard Lange, Leiter der Börsenabteilung der Dresdner Bank in Hamburg, Mitglied des dortigen »Führungsstabs«. Hans Wartisch, geb. 19.11.1896 in Magdeburg, stellvertretender Direktor der Zentrale der Dresdner Bank in Berlin. Vor 1945 mehrere Aufsichtsratsmandate in mittleren Unternehmen in Königsberg/Ostpreußen. Über die leitenden Angestellten Paul und Repke nichts Gesichertes ermittelt. 254 Geschadet hat diese Affäre Rinn (vgl. Anm. 56) nicht sonderlich. Aus der »Watch List« der Intelligence Group der Finance Division (FINAD, 2/23S/ 15, S. 3) geht hervor, daß er bald wieder freigelassen wurde. Seine Nachkriegskarriere blieb unbehindert. 255 Im Sowjetsektor Berlins und in der sowjetischen Besatzungszone wurden die Großbanken geschlossen und liquidiert, das Depositengeschäft wurde in Berlin auf ein »Stadtkontor Berlin« übertragen, vgl. ebenda, FINAD 2/144/ 6. Der Rücktransfer von Aktienpaketen in die Westsektoren Berlins von den Westzonen aus setzte im Frühjahr 1947 wieder ein. Die Finance Division, die die Bankpolitik der Sowjetischen Militäradministration anfanglich ziemlich bewundert hatte, vermochte dies im Zeichen des Kalten Kriegs nicht zu verhindern. Vgl. als Beispiel für eine Rückführungsoperation der Dresdner Bank ebenda, FINAD 2/152/12. 256 Richard Anspach, geboren 30. 6. 1891 in Riga. Leitender Angestellter bei der Auslands-Abteilung der Dresdner Bank in Berlin, nach Mai 1945 Stellvertreter in der Geschäftsleitung der Dresdner Bank Frankfurt/M. Auf der »Watch
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List« der Intelligence Group der Finance Division, ebenda, FINAD 2/2337 15. 257 Vgl. Beweisstück 236, Anlage 2, Blatt 5. 258 Im Oktober 1945 hatte die amerikanische Militärregierung unter erheblichem propagandistischem Begleitaufwand zwei Sprengstoffbetriebe der I.G.Farben in Süddeutschland gesprengt. Da es sich dabei um reichseigene Unternehmen handelte, die die LG. Farben nur in Reichsauftrag betrieben hatte, hatten die Aktionäre der LG. Farben daraus den Schluß gezogen, daß der Besitzstand der LG. Werke gewahrt bleiben würde, und darauf mit einer Aktienhausse geantwortet. Um die Optik zu wahren, erließ die Militärregierung im Jahre 1946 eigens ein Gesetz, das den Handel mit LG. Farben-Aktien verbot und unter Strafe stellte (Gesetz Nr. 55). Dessenungeachtet betrieben die Großbanken 1946/47 einen regen Handel mit LG.-Werten und forderten die Militärregierung gezielt heraus. Vgl. OMGUS, Ermittlungen gegen die LG. Farben, Nördlingen 1986, S. XXXV f. 259 Hier folgt im Originaltext eine Liste der abgehandelten Personen. Wir haben sie in das Inhaltsverzeichnis übernommen. 260 Otto Christian Fischer, geb. 16.1.1882 in Greifswald, Inhaber des Bankhauses Otto Christian Fischer in Berlin. 1923-1925 Vorstandsmitglied der Commerz- und Privatbank, seit 1925 Vorstandsmitglied der ReichsKredit-Gesellschaft, nach 1933 Vorsitzender des Centralverbands des Deutschen Bank- und Bankiersgewerbes (ab 1934/35 Reichsgruppe Banken), Stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Clubs in Berlin, Vizepräsident der Deutschen Weltwirtschaftlichen Gesellschaft. Vorsitzender des Beirats der Deutschen Reichsbank, Mitglied des Werberats der Deutschen Wirtschaft. Zahlreiche Aufsichtsratsposten in Hypothekenbanken, Textilunternehmen, Zementwerken und der Vereinigte Aluminium-Werke AG in Berlin. Vgl. NA, RG 260, FINAD 2/201/5.
261 Weitaus bedeutender waren die Verbindungen zwischen Goetz und Sauckel in den Jahren 1933/34, als die gerade wieder flottgemachte Dresdner Bank AG den Staatshaushalt Thüringens sanierte. Vgl. ebenda, FINAD 2/ 186/12. Die Beziehungen Goetz' zu den politischen Institutionen des »Dritten Reichs« sind im übrigen in der NIDUntergruppe der »Nürnberg Industrialists«-Serie (NA, T-301) ausführlich dokumentiert. 262 Albert Vogler, geb. 8.2.1877 in Essen, Schwerindustrieller, früher Förderer der NSDAP, erster Vorstandsvorsitzender der Vereinigte Stahlwerke AG, Vorsitzender des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute. In der NS-Zeit Aufsichtsratsvorsitzender in ca. einem Dutzend Konzernen der Montanindustrie, des Braunkohlenbergbaus und des Maschinenbaus, Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Harpener Bergbau AG in Dortmund und der Vereinigten Stahlwerke, Aufsichtsratsmandate vor allem bei Zweigwerken der Reichswerke AG Hermann GÖring, der Siemens & Halske AG in Berlin und der Siemens-Schuckertwerke in Berlin. 263 Hugo Henkel, geb. 21. L 1881 in Düsseldorf, Mitinhaber des Chemiekonzerns Henkel & Cie. GmbH in Düsseldorf, NSDAP-Mitglied seit 1.5.1933 (Nr. 2 266 961). Aufsichtsratsvorsitzender u.a. der Degussa, Aufsichtsratsposten u.a. bei der Deutschen Bank AG, der Deutsche Hydrierwerke AG, der Duisburger Kupferhütte, der Feldmühle Papier- und Zellstoffwerke AG, der Rheinisch-Westfälischen Boden-CreditBank in Köln. Vgl. BDC, PA Henkel. 264 Hermann Schmitz, geboren 1. 1. 1881 in Essen, Vorstandsvorsitzender der LG. Farbenindustrie AG, Wehrwirts chaftsfiihrer. Geschäftsführer der Ammoniakwerk Merseburg GmbH und der Leunawerke. Aufsichtsratsvorsitzender der AG für Stickstoffdünger in Knapsack, der Deutschen Celluloid-Fabrik AG in Eilenburg, der Deutschen Länderbank AG in Berlin, der Dynamit AG vorm. Alfred Nobel & Co. in Troisdorf, der Rheinischen Stahlwerke AG in
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ANMERKUNGEN DES BEARBEITERS
Essen, der A. Riebeck'sche Montanwerke AG in Halle/Saale, der Wolff & Co. KGaA in Walsrode. Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Industriebank in Berlin und der Vereinigte Stahlwerke AG. Über 100 Aufsichtsratsmandate. War Beiratsmitglied der Deutschen Reichsbank und Mitglied des Siebenerausschusses der Deutschen Golddiskontbank. Im Nürnberger I.G. Farben-Prozeß (Fall VI) angeklagt und zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Biographische Unterlagen der Finance Division in NA, RG 260, FINAD 2/189/11-12. 265 Vgl. den Bericht ebenda, FINAD 2/133/2, ansonsten Anm. 7. 266 Hierzu die Dokumentation in Fall XI, ADB 146, ADB 149, ADB 149 A, ADB 149 B, ADB 149 C. 267 Vgl. ebenda, ADB 135; sowie Anm. 68 und 158. 268 Vgl. Fall XI, ADB 149 A und 149 B. Oswald Fohl, geb. 30.6. 1892 in Duisburg, Oberzahlmeister der Kriegsmarine, wurde im Februar 1934 Chef des Verwaltungsamts im SS-Hauptamt, 1939 Ministerialdirektor, 1942 Leiter des Wirtschafts- und Verwaltungshauptamts der SS, SS-Obergruppenführer und General der SS. Am 8.6. 1951 als Kriegsverbrecher hingerichtet. Untersuchungen der Finance Division über ihn in NA, RG 260, FINAD 2/222/ 12-13. 269 Vgl. ebenda, FINAD 2/187/6. 270 Vgl. ebenda, FINAD 2/187/1-2; Fall XI, ADB 144 A bis 149 C, ADB 155. 271 NA, RG 260, FINAD 2/184/5-6. 272 Es ist durchaus anzunehmen, daß Goetz mit der Umgebung des Goerdeler-Kreises Kontakt hatte, denn für ihn als erfahrenen Bankier dürfte der Krieg spätestens im Sommer 1943 verloren gewesen sein, und folglich galt es für die Nachkriegszeit vorzubauen. Aktiv beteiligt hat er sich aber nicht. Als er nach dem gescheiterten Putsch über Carl Goerdeler verhört wurde, äußerte er sich folgendermaßen: »So gut meine Meinung über Goerdeler als Beamter
war, so bedeutungslos und unsachlich erachtete ich seine militärisch-politischen Meinungen, um so mehr als seine Prophezeiungen in der Regel seit 1939 falsch waren.« Kaltenbrunner-Bericht vom 13.11.1944, abgedruckt in: H.A.Jacobsen (Hg.), »Spiegelbild einer Verschwörung«, Die Opposition gegen Hitler und der Staatsstreich vom 20. Juli 1944 in der SDBerichterstattimg, Bd. l, Stuttgart 1984, S. 490. 273 Control Council Law No. 10, Punishment of Persons Guilty of War Crimes, Crimes against Peace and against Humanity, vom 20. 12. 1945, abgedruckt in: Trials of War Criminals before the Nuemberg Military Tribunals, vol. I, Washington 1951, S.XVI-XIX. 274 Vgl. Headquarters USFET, Review of Gases of Detention by Security Review Boards, Schreiben vom 15.11.1945, AZ.: 0.13.3. GEC-AGO. 275 Wilhelm Kisskalt, geboren 21.8. 1873 in Würzburg. Personalunterlagen in NA, RG 260, FINAD 2/184/12. 276 Es handelte sich um ein getarntes Sonderlager der Field Information Agency Technical (FIAT) in Kransberg/Hessen. 277 Jakob Sprenger, geb. 24. 7. 1884 in Oberhausen, Gauleiter von HessenNassau und Reichsstatthalter in Hessen. Seit 1930 in der Reichstagsfraktion der NSDAP, Gründer der NS-Beamtenabteilung, Ehrenpräsident der deutschen Beamtenschaft seit Mai 1933. Seit März 1935 Chef der Landesregierung in Hessen, Reichsverteidigungskommissar im Wehrkreis XII, Selbstmord im April 1945. 278 NA, RG 260, FINAD 2/184/1. 279 Zum Überblick Trials of War Criminals before the Nuemberg Military Tribunals, vol. 6, United States against Friedrich Flick et al. (Case V), Washington 1951; Fall V, Anklage.
280 Walther Funk, geb. 18.8. 1890 in Trakehnen, 1922-1930 Chefredakteur der Berliner Börsen-Zeitung, Sommer 1931 Eintritt in die NSDAP, Wirtschaftsberater des Führers der NSDAP, Dezember 1932 bis Februar 1933 Leiter einer Kommission für Wirtschaftspolitik
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ANMERKUNGEN DES BEARBEITERS
in der Reichsleitung der NSDAP, erster Pressesprecher der Regierung HitlerPapen, ab März 1933 Unterstaatssekretär im Reichspropagandaministerium, 1938 Reichswirtschaftsminister, im Januar 1939 gleichzeitig zum Reichsbankpräsidenten ernannt. Im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß zu lebenslanger Haft verurteilt, bald aus der Haft entlassen. Vgl. Economic Circles and the Nazi Party, Detailled Interrogatio n Repo r t o n D r . Wa lther Fu nk , 16. 7.1945, in NA, RG 260, FINAD 11/ 282/1. 281 Flick war 1931/32 in einen der spektakulärsten Wirtschaftsskandale der Weimarer Republik verwickelt, als er ein von ihm gehaltenes und von der Dresdner Bank hoch beliehenes Aktienpaket der Gelsenkirchener Bergwerks AG an die Reichsregierung verkaufte. Die Hintergründe der Transaktion zeigen, daß Flick somit die schwerste großindustrielle Hypothek bei der Bankensanierung darstellte: die Dresdner Bank hatte das Flick-Depot bei der Übernahme der zusammengebrochenen Darmstädter und Nationalbank »geerbt«. Flick machte hier auf Kosten des Steuerzahlers riesige Spekulationsprofite, weil die Reichsregierung ihn als Hauptfigur ihres geheimen Engagements in der oberschlesischen Montanindustrie nicht fallenlassen konnte. Vgl. BA, R 43 1/1457 (Ministerbesprechungen Juni und Juli 1932), R 2/ 15478-15480, 15496-15498. 282 Vgl. die Spendenaufstellungen in NA, T-83, Roll 101, Folder 87, und BDC (PA Fritz Kranefuß und Kurt von Schröder). Zusätzlich zu den Beziehungen zwischen Flick und dem Freundeskreis Himmler vgl. Fall V, Anklage, und Schlußvortrag der Anklage, Punkt Vier. Flick wurde zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt, 1950 freigelassen. 283 Zur Petschek-Transaktion vgl. BA, R 7/1005-1012; eine gute Darstellung findet sich in K.-H. Thieleke (Hg.), Fall 5 - Anklageplädoyer, ausgewählte Dokumente, Urteil des Flick-Prozesses, Berlin 1965, S. 353 ff. {»Arisierungs«tätigkeit
Flicks allgemein), 394 ff. (Petschek»Arisierung«). 284 Martin Mutschmann, geb. 9.3.1879 in Hirschberg/Saale. Fabrikant in Flauen, seit 1924 Gauleiter der NSDAP Sachsen, seit 1933 Reichsstatthalter in Sachsen, seit Februar 1935 Führung der Landesregierung in Sachsen, 1939 Reichsverteidigungskommissar für den Wehrkreis IV, SA-Obergruppenführer. 1945 in sowjetischer Haft gestorben. 285 Der militärische Attache- und Nachrichtendienst war im Februar 1920 durch Beschluß der Reichsregierung aufgelöst worden, was der Versailler Vertrag (§ 179) nicht zwingend vorschrieb. Die Reichs weh rfuhrung und das Reichswehrministerium hielten sich von Anfang an nicht daran und reorganisierten mit Hilfe »fliegender Legationsräte« und der Kommandierung von Offizieren in die Armeen anderer Staaten einen illegalen Weltnachrichtendienst (Oberst Walter Nicolai, Querverbindungen zum Referat T 3 im Reichswehrministerium). Als Finanzierungsgrundlage diente der »Ruhrfonds« rheinisch-westfälischer Schwerindustrieller, der auch zur geheimen Wiederaufrüstung genutzt wurde (Kapitän zur See Lohmann, Seetransportabteilung in der Marineleitung). Dabei wurde eine Reihe .von Scheinfirmen gegründet, die durch die Montankonzerne und später die LG. Farben gedeckt wurden und ihre Operationen teilweise mit echten Geschäftskrediten finanzierten. Insgesamt wurde aus der Not buchstäblich eine Tugend: auch nach der Wiedereinführung der Militärattaches durch Schleicher 1932 blieb das Bündnis zwischen revisionistischen Militärs und Großindustriellen organisatorisch präsent und entwickelte mit seiner Kombination von Scheinfirmen, von dezentraler Finanzierung und realer Einbindung in die Struktur der wenigen schon damals weltweit operierenden deutschen Konzerne eine hohe Effizienz. 286 Vgl. Friederike Littmann, »Vom Notstand eines Haupttäters - Zwangsarbeit bei Flick«, in: 1999, Zeitschrift für
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ANMERKUNGEN DES BEARBEITERS Sozialgesckichte des 20. und 21. Jahrhunderts, l, Hamburg, H. 1.
287 Hierzu K.-H. Thielekc, »Die »Arisierungen« des Flick-Konzerns«, in: ders. (Hg.), Fall5, Berlin 1965, S. 353ff. 288 Umfangreich dokumentiert in Fall XI, ADB 144 C, S. 696-750. 289 Konrad Kaletsch, geboren 18.12.1898 in Kassel, Generalbevollmächtigter der Friedrich Flick KG, Wehrwirtschaftsfuhrer. Vorstandsmitglied der Mitteldeutschen Stahlwerke in Riesa, Aufsichtsratsmitglied der AG für Montaninteressen in Berlin, der Anhaltischen Kohlenwerke in Halle/Saale, der Linke-Hofmann-Werke AG in Breslau, der Maschinenbau-AG Balcke in Bochum, der Vereinigte Bleicherdefabriken AG in München, der Waggonund Maschinenbau-AG vorm. Busch in Bautzen und der Werschen-Weißenfelser Braunkohlen-AG in Halle/Saale. NSDAP-Mitglied seit 1.5. 1937 (Mitgl. Nr.5372000), am 8.12.1945 im FlickProzeß (Fall V) freigesprochen. Blieb bis Mitte der siebziger Jahre Generalbevollmächtigter Flicks. Vgl. Fall V, Anklage, Urteil; BDC, PA Kaletsch. 290 Bei der Einbeziehung der norwegischen Aluminiumindustrie in den »kontinentaleuropäischen Wirtschaftsraum« gab es einen Machtkampf zwischen der I.G. Farbenindustrie und der Vereinigten Aluminium-Werke AG (VAW, Vorstandsvorsitzender Ludger Westrick), bei dem Heinrich Koppenberg eine Schlüsselrolle spielte. Vgl. neben den Personalakten von Koppenberg NA, RG 260, FINAD 2/172/4 (PA Westrick), FINAD 2/214/3-4 (Bank der Deutschen Luftfahrt und Norsk Hydro); OMGUS, Ermittlungen gegen die I.G. Farben, Nördlingen 1986, S. 197; Fall VI, ADB 30; Fritz Petrick, »Zwei Schlüsseldokumente zur faschistischen Aufteilung der europäischen Aluminiumindustrie<, in: Jb. f. W., 1977 Teil I, S. 249ff. 291 Vgl. D. Irving, Die Geheimwaffen des Dritten Reiches, Gütersloh 1965.
292 NA, RG 260, FINAD 2/184/13. 293 Ebenda, FINAD 2/184/13-14. 294 Das Internierungslager der G 2Abteilung von USFET (U.S. Forces
European Theater) befand sich in Butzbach in Hessen. Vgl. auch Anm. 320. 295 Gemeint ist der Freundeskreis Himmler, vgl. hierzu Anm. 158. 296 Zur Deutschen Bank für Ostasien vgl. BA, R 7/4239; OMGUS, Ermittlungen gegen die Deutsche Bank, S. 241 f., Exhibits 217 und 218 zum Report über die Deutsche Bank. 297 Auch die Vereinigte Industrieunternehmungen AG wurde von der Finance Division untersucht: NA, RG 260, FINAD 2/208/8-10. 298 Lutz Graf Schwerin von Krosigk, geb. 22.8.1887 in Rathmannsdorf/Anhalt, 1929 Ministerialdirektor im Reichsfinanzministerium und einer der Akteure der Bankenkrise, von Juni 1932 bis 1945 Reichsfinanzminister, Mitglied der Akademie für Deutsches Recht. Wurde im Mai 1945 Außenminister der Regierung Dönitz, im sog. Wilhelmstraßenprozeß (Fall XI) zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, im Januar 1951 freigelassen. 299 NA, RG 260, FINAD 2/185/2. Lindemann war von 1957 bis zu seinem Tod im Jahr 1965 Mitglied des Zentralbeirats der restaurierten Dresdner Bank AG. 300 Josef Terboven, geb. 23.5.1898 in Essen. War Bankangestellter, 1930 Mitglied der NSDAP-Fraktion des Reichstags. 1933 Preußischer Staatsrat und Gauleiter des NSDAP-Gaus Essen, 1935 Oberpräsident der Rheinprovinz, 1939 Reichsverteidigungskommissar des Wehrkreises VI, April 1940-1945 Reichskommissar für Norwegen, SAObergruppenführer. Wahrscheinlich Mai 1945 Selbstmord in Norwegen. 301 Zur Klöckner-Werke AG in Duisburg vgl. die Unterlagen der Dekartellierungsgruppe der Economic Division von OMGUS: NA, RG 260, ED Dec. Br. 17/232-3/5-12. 302 Albert Speer, geb. 19.3.1905 in Mannheim. Seit 1929 als Architekt Assistent der TH Berlin, 1932 Eintritt in die SS und NSDAP, selbständiger Architekt und Berater Hitlers, 1934/35 Leiter des Amts Schönheit der Arbeit der DAF und Beauftragter für Städtebau im Stab
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ANMERKUNGEN DES BEARBEITERS
des Stellvertreters des Führers. Seit Januar 1937 Generalbauinspekteur für die Reichshauptstadt Berlin, 1938 Preußischer Staatsrat, seit Februar 1942 Reichsminister für Bewaffnung und Munition (ab 1943 Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion), Generalbevollmächtigter für Rüstungsaufgaben im Vierjahresplan, Leiter des Hauptamts Technik der NSDAP, Reichswalter des NS-Bunds Deutscher Technik. Im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt, nach seiner Freilassung intensiv publizistisch-apologetisch aktiv. Hermann Göring, geb. 12.1.1893 in Rosenheim, im ersten Weltkrieg Kommodore eines Jagdgeschwaders, 1922 Eintritt in die NSDAP, 1932 Präsident des Deutschen Reichstags, 1933 Preußischer Ministerpräsident und ein Jahr später Innenminister, 1935 Reichsminister für Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe 1936 Beauftragter für die Durchführung des Vierjahresplans, 1940 Reichsmarschall,, Reichsforstmeister und Reichsjägermeister. Im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß zum Tod verurteilt, 15.10.1946 Selbstmord. Paul Körner, geb. 2. 10. 1893 in Pirna. 1926 Eintritt in die NSDAP, 1931 in die SS, Februar 1933 persönlicher Referent Görings im Preußischen Ministerium des Innern, April 1933 Staatssekretär im Preußischen Staatsministerium, im Oktober 1936 Ernennung zum Stellvertreter Görings als Beauftragter für den Vierjahresplan, 1937-1942 Aufsichtsratsvorsitzender der Reichswerke Hermann Göring, 1939-1942 Vorsitzender des Generalrats für den Vierjahresplan, 1941 bis 1945 stellvertretender Leiter des Wirtschaftsführungsstabs Ost, 1941-1943 Verwaltungsratsvorsitzender der Berg- und Hüttenwerke Ost GmbH, SS-Obergruppenführer. Im Wilhelmstraßenprozeß (Fall XI) zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt, 1951 freigelassen. Wilhelm Voß, geb. 1.7.1886 in Rostock. Wehrwirtschaftsführer, Vorstandsmitglied der Reichswerke Her-
mann Göring, Vor Stands vorsitzend er der Ersten Don au-Dampfs chiffahrtsGesellschaft in Wien. Aufsichtsratsvorsitzender u. a. der Grazer Waggon- und Maschinenfabrik AG in Wien, der Paukerwerk AG in Wien, der Simmeringer Maschinen- und Waggonbau AG in Wien, der Steyr-Daimler-Puch AG. Verwaltungsratsvorsitzender der Erste Brünner Maschinenfabrik-Gesellschaft, der Omnipol Handelsgesellschaft in Prag, der Skoda Werke, der Explosia AG und der Waffenwerke Brunn AG in Prag. Zu Paul Pleiger vgl. Anm. 124, zu Wilhelm Meinberg Anm. 125, zu Hans Kehrl Anm. 233. Hans Conrad Delius, geb. 29.5.1897 in Kottbus. Stellvertretendes Vorstandsmitglied der Reichswerke AG Hermann Göring, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Preußengrube AG, Aufsichtsratsposten u. a. bei der Bau AG Negrelli in Wien, der Eisenwerke Oberdonau AG in Graz, der Sudetenländische Bergbau AG in Brüx, der Sudetenländische Treibstoffwerke AG in Brüx, der Wohnungs-AG der Reichswerke Hermann Göring in Linz. 303 NA, RG 260, FINAD 2/185/5-6. 304 Die Managerfunktion bei der Adam Opel AG, einer Tochter der General Motors, dürfte eine der wichtigsten Positionen gewesen sein, die Schieber innehatte. Die Kfz-Produktion des Unternehmens war von überragender Bedeutung für den Blitzkrieg der Nazis (Opel Blitz), und Schieber sorgte zusätzlich für bestes Einvernehmen mit dem Junkers-Konzern in Dessau. Zur Rolle der Adam Opel AG vgl. NA, RG 260, ED Dec. Br. 17/239-1/2, ED 3/ 149-2/10; über die General Motors als Sympathisant des »Dritten Reichs« Charles Higham, Trading with the Enemy, New York 1983, 9. Kap. S. 175ff. 305 NA, RG 260, FINAD 2/185/18. 306 Hans Ullrich, geb. 15.3. 1889 in Eisfeld/Thüringen. Die folgende Kurzbiographie ist erarbeitet aus ebenda, FINAD 2/185/6. Ullrich wurde nach seiner Haftentlassung in den Aufsichtsrat der Übergangsgesellschaft Hamburger
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ANMERKUNGEN DES BEARBEITERS
Kreditbank AG gewählt, gehörte seit 1957 dem Zentralbeirat der restaurierten Dresdner Bank AG an, wirkte dort bis 1965. 307 Die Suchliste der Supreme Headquarters, Allied Expeditionary Forces (SHAEF) basierte auf einer nach den Wohnorten gegliederten Aufstellung des Treasury Department: Principal German Bankers and Industrialists, Prepared by Program Planning Section, Treasury Department, Foreign Funds Control, o.D. Vorhanden in BA, R 7 Anh. MCC/386. Vgl. auch NA, RG 260, FINAD 2/132/2. 308 Es handelt sich um die furchtbare Verordnung über eine Sühneleistung der Juden deutscher Staatsangehörigkeit vom 12. November 1938, RGB1. 1938 I, S. 1579. Zum historischen Kontext H. Genschel, Die Verdrängung der Juden aus der Wirtschaft im Dritten Reich, Göttingen usw. 1966, 9. Kap. S. 177 ff. 309 Diese Kurzbiographie ist zusammengestellt nach NA, RG 260, FINAD 2/186/7. 310 Umfangreiche Unterlagen in den amerikanischen Dekartellierungsakten, vgl. ebenda, ED Dec. Br. 17/252-1/1-4, 17/252-2/1-4, 17/252-3/1-4, 17/253-17 1-3. 311 Vgl. die Patentakte ebenda, ED, Dec. Br. 17/252-2/1. 31 la Pilder wurde 1944 auf Betreiben des Reichswirtschaftsministeriums aus dem Vorstand der Dresdner Bank entlassen. 312 Ebenda, FINAD 2/185/12. 313 Zusammengestellt nach ebenda, FINAD 2/185/14-15. 314 Vgl. die erweiterte Dokumentation in Fall XI, ADB 142-149 C, 154 und 155. 315 Ernst Kaltenbrunner, geboren 4.10.1903 in Ried. 1932 Eintritt in NSDAP und SS, 1935 bis 1938 Führer der SS in Österreich, März 1938 SSBrigadefuhrer und Führer des SS-Oberabschnitts Donau, Österreichischer Staatssekretär für die öffentliche Sicherheit. April 1941 Generalleutnant der Polizei, 1942 SS-Gruppenführer in Wien,
seit 30. 1. 1943 Chef der Sicherheitspolizei und des SD sowie des Reichs siehe rheitshauptamts. Im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß zum Tod verurteilt und am 16. 10. 1946 hingerichtet. Baidur von Schirach, geb. 9.5. 1907 in Berlin, 1924 Eintritt in NSDAP und SA, 1929 Führer des NS-Studentenbunds, 1931 SA-Gruppenführer, 1931 Reichsleiter, seit 1933 Reichsjugendfiihrer. 1940-1945 Gauleiter und Reichsstatthalter in Wien, Reichsverteidigungskommissar des Wehrkreises XVII. Im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt. Zu Hermann Landwehr vgl. Anm.248. 316 Sie machten ihn zum Südenbock, um von sich selbst abzulenken. Damit vollzogen sie freilich nur nach, was auf der Seite der Ankläger geschah. Rasche wurde als einziger Dresdner Bank-Manager angeklagt und abgeurteilt. Die graue Eminenz der Dresdner Bank, Carl Goetz, blieb unbehelligt; sicher entgegen den Absichten der Dresdner BankErmittlungsgruppe. Vgl. auch die Einleitung des Bearbeiters. 317 Hugo Stinnes, geb. 16.10.1897 in Mülheim, Geschäftsführer der Hugo Stinnes OHG in Mülheim/Ruhr, zahlreiche Aufsichtsratsposten in Unternehmen der Hotelbranche, in Reedereien, Kohlekontoren usw. Zur Tätigkeit seines Konzerns während der NS-Zeit vgl. USGCC (U.S. Group, Control Council), Report on the Stinnes Concern vom 22.10. 1945, NA, RG 260, ED Dec. Br. 17/243-2/3. Otto Wolff, geb. 8.4. 1881 in Bonn, Inhaber des Otto Wolff-Konzerns in Köln. Aufsichtsratsvorsitzender u. a. der Eisen- und Hüttenwerk AG in Bochum, der Neunkirchner Eisenwerk AG, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Industriefmanzierungs-AG Ost in Berlin. Aufsichtsratsposten u.a. bei der AEG, der Daimler-Benz AG, der Eisenwerk GmbH Maximilianshütte, der Mannesmannröhren-Werke in Düsseldorf, der Mansfeld AG für Bergbau und Hüttenbetrieb in Eisleben, der Mansfelder Kupferschieferbergbau in Eisleben, der Salzdetfurth AG in Berlin und der
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ANMERKUNGEN DES BEARBEITERS
Vereinigte Stahlwerke AG in Düsseldorf, starb 1940. Zur Tätigkeit des Konzerns vgl. Laurent-Report on the Otto Wolff Combine, NA, RG 260, ED Dec. Br. 17/246-3/6. 318 Funk wurde Aufsich tsratsvorsitzender, zum Vorstand s Vorsitzenden wurde Karl Blessing ernannt. Die Dresdner Bank hatte nur die »Mitführung« im Bankenkonsortium, die beherrschende Rolle nahm die Deutsche Bank AG wahr. Vgl. ebenda, FINAD 2/ 214/8, sowie Deutsche Revisions- und Treuhand AG, Prüfungsberichte Kontinentale Öl AG zum 31.12.1941 und 31.12.1942 in BA, R 84/612. 319 Division G-2 = Intelligence Division der U.S. Forces European Theater. Ihr Stab befand sich in Berlin. Der Intelligence Divison unterstanden die verschiedenen Geheimdiensteinrichtungen der U.S. Army, so die »Task For-
ces«, die im Herbst 1945 in die Field Information Agency, Technical (FIAT) übergingen, die Counter Intelligence (CI) usw. Wichtige Informations- und Machtträger des »Dritten Reichs« wurden nach den Vernehmungen in Berlin in getarnten Internierungslagern der FIAT inhaftiert. Vgl. NA, RG 260, USGCC 44-45/10/3, USGCC 44-45/ 10/6, USGCC 44-45/18/1. 320 Friedrich Christiansen, geb. 12.12.1879 auf Wyk/Insei Föhr. Kommodore im Reichsluftfahrtministerium, Korpsfuhrer des NS-FHegerkorps (NSFK). 321 NA, RG 260, FINAD 2/185/ 19-20. 322 Dieser überraschend frühe Eintritt (ohne Abitur und Studium) ist durch die Angaben in NA, RG 260, FINAD 2/185/8 bestätigt. 323 Vgl. ebenda.
INDEX DER WICHTIGSTEN ABKÜR Z UNGEN
BEB, Bebca bfrs., Bfrs. Brabag cca. Depka Detag d.J., ds.Js. d. Ms., ds. Mts. ds. DUT FIAT Grohag HGW HKP HPS HTO K Lihag Mefo NDL NSFK NSKK NSKOV NSV OKH OKM
Böhmische Escompte-Bank, Prag Belgische Francs Braunkohle — Benzin AG circa, etwa Depositenkasse Deutsche Textil AG dieses Jahres dieses Monats dieses, dieser Deutsche Umsiedlungs-Treuhandgesellschaft mbH Field Information Agency, Technical Großhandels-Finanzierungs-AG, Berlin Hermann Göring-Werke Heeres-Kraftfahrpark Hermann Pollack's Söhne, BöhmischTrüb au Haupttreuhandstelle Ost Tschechische Kronen Landwirtschaftliche Industrie- und Handels AG, Preßburg Metallurgische Forschungsgesellschaft mbH Norddeutscher Lloyd NS-Fliegerkorps NS-Kraftfahrkorps NS-Kriegsopfer-Versorgung NS-Volkswohlfahrt Oberkommando des Heeres Oberkommando der Kriegsmarine -343-
OKW rd. RFM RHG RLM RWiM, RWM Sfr., sfr., sfrs. SHAEF USFET VDE
Wifo WiStab Ost Zi,
Oberkommando der Wehrmacht rund Reichsfinanzministerium AG Reichswerke Hermann Göring (identisch mit Hermann Göring-Werke) Reichsministerium der Luftfahrt Reichswirtschaftsministerium Schweizer Franken Supreme Headquarters, Allied Expeditionary Forces U.S. Forces, European Theater Verein Deutscher Eisen- und Stahlindustrieller/Wirtschaftsgruppe Eisenschaffende Industrie Wirtschaftliche Forschungsgesellschaft mbH Wirtschafts-Stab Ost Zloty
Register
Abs, HermannJ. XXXVIII, IL, LVI, LXVIII, LXXXV, CXVIII,CXXI,CXXV, CXXX, 66, 201 Adler, Fred 81 f. AEG XII, 38f. Allgemeine Bankgesellschaft CVIII Allgemeine Kreditbank Budapest 70 Allgemeine Waren-Finanzierungsgesellschaft XCII, 172, 182 f. Allianz VersicherungsAG LXXI Alliierter Kontrollrat XCVIICIV,CVI,CXXIIf. Andreae, Fritz XXVII Andre, Fritz LXIII, LXIX, CXI, CXXVII Ansmann, Heinz 103, 148 Anti-Bolschewismus L, LX, LXVIII, LXXIV, LXXVI, LXXXIV, XCIII-XCVI, ClXf. Anti-Hitler-Koalition LX, LXVI, LXVIII, LXXVII Arado-Flugzeugwerke 57 ARBED-Konzern LVI, LVIII Argus-Motorenwerke 83, 227, 230 »Arisierungen« XL—XLIV, 7, 76f., 79-81,91,211 - in Deutschland XXXV, 45, 76-84 — in der Tschechoslowakei 110-129 - in den Niederlanden 137, 140, 142-151, 163, 165 f. - in Österreich XLIV-XLVII, 11 f.
Gebr. Arnold, Dresden 79-81, 211 S. A. Ateliers de Construction de la Meuse 160 Auslands-Incasso-Bank GmbH 179 f. Auslandsorganisation der NSDAP 97-100, 150,176 Auschwitz LIII Austro-Fiat 55 Avieny, Wilhelm LXVf., 37, 83, 86,216-220 Bank für Brauindustrie Berlin 79, 212 Bank der Deutschen Arbeit LXXI, LXXIV, LXXXVI, 108 f. Bank deutscher Länder XCVII, CXX, CXXIII,CXXVf. Bank der Deutschen Luftfahrt 53-56 Bank für Handel und Gewerbe Danzig 11 Bankenkrise 1931 XX-XXX Banque d'Athenes 16, 185 Banque de Bruxelles 15 f. Banque d'Emission 161 Banque des Pays de l'Europe Centrale, Paris XLVIII-L, 13, 40, 209 Banque de Paris et des Pays Bas L, 9 Banque de la Societe Generale des Credits Lyonnais L, LVI f. Banque de l'Union Parisienne 16 Bardroff, Max 143 Barmer Bankverein XXIX, XXXIV H. Albert de Bary & Co. 141
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REGISTER
BATA106-108, 239 Bayer AG 100 Bayerische Bank für Handel und Industrie CXI Bayerische Flugzeugwerke 53 Bentz, Alfred 60, 66 Benzin-Benzol-Verband 64, 69 f. Bergbau AG Lothringen 38 Berg- und Hüttenmännischer Verein Gleiwitz 127 Bergmann XXVII, XXXII Bernecker, Walter 99 Berlin-Blockade CXXIII, CXXVI Bernstein, Bernard
Brünner Maschinen AG IX, 102, 106 Bühler 141 Bulgarische Handelsbank Sofia 16 Busch, Alfred XXXIII, LXIII, LXIX, 24, 37, 69 Bütefisch, Heinrich 66 ByrnesJamesF. CIII Centralverband des deutschen Bank- und Bankiersgewerbes
XXVI
LXXV-LXXVII, LXXXIV, LXXXVIII f., XCIII-XCVI S. Bleichröder & Co. 79-81, 212 Blessing, Karl LXVIII, 66, 93 Board of Economic Warfare LXXI Böhmische Escompte-Bank VII-X, 13, 42-44, 72-75, 101 f., 104,106, 109-124, 127,209, 261 f. Bormann, Martin LXIf., 76 Bormann-Bankenausschuß LXI f., LXIV, 85 f., 219, 243 BorsigAGXX Robert Bosch GmbH XII, LXXXII, 248-250 Brand, PaulJ. XCII, l Braunauer Feinspinnerei und Weberei Gyger & Co. 118 f. Braunkohle-Benzin AG (Brabag) 6, 33,36, 38, 46, 64, 259 f. Brecht, Gustav 36 Bredenbreuker, Heinrich 172 Bremer Bank CVIII Bretton Woods, Konferenz von LXXVII Martin Brinkmann GmbH 114-118 Bromberg & Co. 176 Brown, Boveri & Cie. AG 145, 152 Brundage, Avery CXXXII Brüning-Regierung XVI, XIX,
XXII, XXIV-XXXI
de Chapeaurouge, A. 180-182 Clay, Lucius D. LXXXV, XCIII, XCV, CVII, CXVI, CXXI, CXXVI Colm, Gerhard CI Commerz- und Privatbank AG XIV, XX-XXIII, XXVIXXIX, XXXIV, XXXVI, LXI, LXXI, CVIII f., 15, 204 Continentale Bank Brüssel LVI, XCII, 16, 70, 100, 130, 155-166, 194, 196,209 Creditanstalt der Deutschen 111 Czernin, Felix Graf 100, 162, 166, 188 Daimler-Benz LXXXII, 56 Darmstädter und Nationalbank (Danat)XIVf., XVII, XX-XXIX, XXXVIII, 10, 204, 268 Dawes-Plan CXXIV Deag 64 DeDi-Bank siehe Deutsche Bank und Disconto-Gesellschaft Degussa LXXXII, 33, 37 Dehmel, Hans Georg 100 Delbrück, Schickler & Co. XXXVIII Delius, Hans C. 239 Dellschow, Fritz 143 Deutsche Ansiedlungsbank 89 Deutsche Bank (und Disconto-Gesellschaft) XIV f., XVII, XX-XXIV, XXVI-XXIX,
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XXXII, XXXVI-XXXVIII, XLIIf.,XLVI,XLVIIIf., LVI-LVIII, LXI-LXIII, LXVII, LXIX, LXXI, CVIIIf.,CXVII,CXXV, CXXXIII, 15, 29, 66, 109, 121, 141, 186 Deutsche Bank für Ostasien 234 Deutsche Bau- und Bodenbank CXXIV Deutsche Centralbodenkredit AG 11 Deutsche Finanzierungs-institut AG (Definag) XXX Deutsche Golddiskontbank XXIXf., 165 Deutsche Handels- und Kreditbank AG Preßburg 188 Deutsche Orientbank XXIV, XXXVIII, 9, 35 Deutsche Ostland-Bank AG 170 Deutsche Textil AG Berlin 118 f. Deutsche Übersee-Bank 177 f. Deutsche Umsiedlungs-Treuhandgesellschaft CXXXI, 133, 172 Deutschlandkasse 135 Deutsch-Nationale Partei XIII, XV, 221 Deutsch-Südamerikanische Bank XXIV, XXXVIII, XCII, 9, 61 f., 94-97, 175-182,254 Devisenschutzkommandos des SD XCII, 156, 165 Division of Investigation of Cartels and External Assets (DICEA) XCV-XCVII Dodge, Joseph M. XCIII, XCV, XCVII, IC-CVI Dodge-Plan 2 Dorpater Bank Reval 16, 170 Dresdner Bank — Entwicklung vor 1933 XX-XXXIII, 5, 9 - Entwicklung 1933-1945 XXXIII-LIII, LVI-LXX, 10-19, 29, 45 - Rekonstruktion nach 1945
LXXX, LXXXIV, XC f., CVIIIf.,CX,CXXVIIf., 191-199 - Einfluß in Bankwesen und Industrie Deutschlands 27-40 - und Ziele des NS-Regimes LIV-LIX, 18f., 45-48, 99-101, 154 f., 175 - und NSDAP XXXIII-XXXV, LI, LXI-LXVI, 7 f., 45, 81-88, 94-101, 108-110 - und SS XLIV f., LI-LIII, 7, 45, 84,88-90, 101, 123, 133 - Nazifizierung XXXIII, 84-87 —Propaganda und Spionage 8, 92-101 - und Reichswerke Hermann GöringXLV-XLVII, LXIII-LXVI, 6, 46, 71-75, 102-106, 131 f. - und Flugzeugindustrie 23, 33, 49-57 - und Sicherung der Ölversorgung 6, 35 f., 45, 57-70, 103, 135 —Verhältnis zur Deutschen Bank XXIV-XXVII, XXXVXXXVIII, XLII-XLIV, LVI-LVIII, 66, 141 - und Ungarn 184, 187 - und Rumänien 185 f. - und Griechenland 185 - und Jugoslawien 185 f. - und Türkei 188-190 —NachkriegsplanungLXIII—LXX siehe auch »Arisierungen« Duisberg, Carl XXIX DyckerhofT Portland-Zementwerke AG XXXIV
Egg, Otto 97 Eidenschink Bank München 78 f., 210f. Eisenhower, D. D. LXXVI, XCV Eisen & Stahlblech HandelsGmbH 225 Elverath 64
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von Halt, Karl Ritter LXI, LXIII, CXXXIII, 109 Hamburg-Amerika-Linie 88, 234 Hamburger Kreditbank AG CXXVIII Handels- und Industriebank CVIII Handels- und Kreditbank Riga 16, 75, 168-171,210 Handelstrust West N.V. Amsterdam 16, 137, 139-156, 194,210, 263-265 Haniel-Konzern 39 Hansa-Leichtmetall 54 Hardy & Co. XV, XXXIV, 79, 81 Harpener Bergbaugesellschaft 222 Haupttreuhandstelle Ost 133-135 S.A. des Hauts Fourneaux et Fonderies de Pont-ä-Mousson Gewerkschaft Carolus Magnus 73 Heereswaffenamt 160 Heinkel51,55 Heinerich, Emil 87 Henke, Ernst 3 7 f. Henkel, Hugo LXXXII, 203 Henschel, Oscar R. 14 Henschel-Konzern LXXXII, 14, 40 Herbeck, Otto 103, 106 Heuser, Karl Heinrich LXII, LXVf.,83,86 Hettlage, Karl M. 53 Hitler, Adolf LXI, 12, 63, 76, 222, 260 Hobirk, Robert 143 Hochofenwerke Lübeck AG 225 Hochseefischerei Anderson & Co. 146 von Holleufier, Heinrich 177 f. Hölling, Alfred LXIV, LXIX, XC,CVII, 25, 192, 195 Hölzer (Böhmische EscompteBank)44, 118 Hoover-Freijahr XXV Hübbe, Hermann Victor 182 Hülse, Ernst CXVII Hunke, Heinrich LXII-LXV
Hunzel, Kurt 100 LG. Farben XI f., XXVIII f., LIII, LXXI, LXXXII, LXXXIV, CVf., CXXX, 35, 39, 64, 66, 97, 100, 146, 198, 219,241,243,259 Internationale Bank Luxemburg LVI, 16 Junker XVIII, XXXI, LlXf. Junkers-Werke 39, 49, 55 f., 83, 228 Kagan, Saul XCIII, CVII, CXXX Kaletsch, Konrad 226 Kaltenbrunner, Ernst 256 Kalter Krieg LXXVIII, XCVI, CXIII-CXXVIII, CXXX, CXXXIII Kämper, Otto 11 Karpaten Öl AG 135 Kehrl, Hans VIII, XLVf., 72, 102, 172-174,239,256,261 Keppler, Wilhelm XXXIII, LVIII, 11,36,50,65,208,260 Keppler-Kreis (Freundeskreis Himmler) LXXI, 7 f., 35, 87, 206, 222, 232, 235, 247 f., 257 Kesselring, General 50, 256 Kilgore-Unterausschuß LXXXI, XCVI Kimmich, Karl XLIII, XLIV Kisskalt,Wilhelm214-216 Klein, Schanzlin & Becker AG 146 Kleemann, Wilhelm XXVII Klepper, S. L. LXXXVII, XCIII, l Klöckner Eisen 176 Klöckner-Humboldt-Deuz 237-239 Knobloch, Hermann 141, 145, 147 Kollaboration XLVIII-L, LVI-LVIII Kolb, Joseph Otto XCV Kommerzialbank Krakau 14, 55, 75, 125 f., 132-134, 136,209
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Engelhardt-Brauerei XXXIV, 78f.,2IOf. Enskilda-Bank Stockholm LXVIII Entnazifizierung LXXV, LXXVIII-LXXXI, LXXXIV, XCIV f., CI, CXV Entzianjoachim 142f., 150f., 166, 182, 194, 196,210 Erdoes, Koloman 99 Erk, Karl 60 f. Ernst, Friedrich IC Erste Allgemeine Unfall- und Schadensversicherung Wien 135 European Advisory Council (EAC) LXXVI FantoAG, Prag 69 f. Federal Reserve System LXXII, CIV Ferdinande Nordbahn 105 FerrostahlAG145f., 152 Fetzer, Fritz 60 Financial Intelligence and Liaison Branch LXXXIX, LXXXII, LXXXIV, XCIII Fischer, Adolf 78, 211 Fischer, Otto Christian 201 Flick, Friedrich XX, LXXXIII, 36-39,87, 203, 220-226, 259 Flick-Konzern XXXVII, LI, CXXX, 39, 221, 225f. Focke-Wulf 50-55 Ford Belgien 160 Foreign Funds Control (U.S. Treasury Department) LXXIf, LXXV, LXXXI du Four von Feronce, Alfred 38, 79 Friedmann, Heinrich 166 Freundeskreis Himmler siehe Keppler-Kreis Frisch, Walter XXIII f., XXVII, XXXII, 79 f. Frowein, Robert LXIII Funk, Walter XLII, XLV, LXXXI, 7, 14, 65, 232, 260
Gassmann & Co. 225 Gauer, Arnold 99 Generalbank AG Luxemburg LVI Gelsenberg-Benzin 38 Gelsenkirchener Bergwerke 39 Gesellschaft für Elektrische Unternehmungen (Gesfurel) 38 Gesellschaft zur Pflege deutscher Kulturdenkmäler 89, 206 Gesellschaft für überseeische bergbauliche Unternehmungen XLVII, XCII,60f. Gesellschaft für Wiederaufbau CXIX Gestapo 79, 91, 97, 101, 123, 150, 156, 177 f., 211,256,262 Gildemann Cigarrenfabrik 113-118,262 Goerdeler, Carl LVIX, LXXIV Goerdeler-Kreis LXVI, LXXIII Göring, Hermann XIV, LXIV, LXVI, 7, 50, 53, 55, 63, 65,67, 76 f., 101 f., 158, 162, 221 f., 228, 230, 239, 246, 260 f., 266 Hermann Göring-Werke siehe Reichswerke Hermann Göring Goetz, Carl IX, XXVII, XXXIIXXXVIII, XLII-XLIV, XLVIII,LIV,LVIIf., LXIII-LXIX, LXXXIX, XCI, CX, CXII, CXXVII, CXXXI, 6, 11-15, 21 f., 34-39, 57,86, 94-96,98, 101, 139, 181 f., 193, 201-214 Goldschmidtjacob XIV, XXI, XXIII Goldsmith, RayCI Griechisch-Deutsche Finanzierungs-AG 16, 185 Gritzbach, Erich 72 f., 102, 261 Grube Leopold AG 38 Gutmann, Herbert XIV, XXIII, XXVII Gutman, Wilhelm XLV, CXXXII, 74, 225
Galbraith, Kenneth CII -348-
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Königshofer Zementfabrik 110 f. Kontinentale Öl AG 63-70, 93, 131,260 Koppenberg, Heinrich 38, 49, 52, 83,227-232 Körner, Paul 239 Kranefuß, Fritz XLVII, LXIII, LXVI, 7, 36, 38,65, 87, 206 Kreditanstalt für Wiederaufbau CXXIV-CXXVI Kreditbank voor Handel en Nijverheid 164 f. Kreditgenossenschaften XXIII Kreisauer Kreis LVIX, LXXIII Kritzler, Arthur 127 f. Kroatische Landesbank 16, 186 Alfried Krupp von Bohlen und Halbach 34, 37, 222 Krupp-Konzern XXXVII, LI, CXXX, 33-37, 160 Kühnen, Harald 143, 151 Kuponmark CXXIII Kurzmeyer, Alfred LVI Lammers, Clemens XXVI, LXI Länderbank Wien L, 13 f., 40 f., 56, 74 f., 100, 111, 125 f., 184, 187-189, 254 Länder-Union-Bank CXIX Landfried, Friedrich 138 Landwehr, Hermann 188 Landwirtschaftliche Industrieund Handels-AG Preßburg 111, 188 Lange, Kurt LXII Lange, Richard 194 Lech Elektrizitätswerke AG 37 Lee-Higginson-Kredit XIII Lehr, Wilhelm 41 Libauer Bank 167 Lindemann, Karl 87, 232-236 Lippmann, Rosenthal & Co. 148, 156, 166 Litauische Kommerzbank 167 Lochner, Lewis P. CXXXII Lohmann, Willy 99 C.LorenzAG38
Löser, Ewald 34, 37 von Lüdinghausen, Reinhold VII, LV,43, 75, 105, 111, 115 Luquet, Andre ILf. Lüer, Carl LXIV-LXVII,
LXXXVII, LXXXIX, 25 Maier, Julius LXI V Mannesmann XII, XXIX, LXXXII Margarine-Verkaufs-Union 146, 152 Marotzke, Wilhelm 73 f., 236-241 Marshall, George C. CXXX Marshall-Plan CII, CXVf., CXIX, CXXI, CXXIII Marty, Georg W. 131 Mefowechsel 46 f. Meinberg, Wilhelm 72 Melchers & Co. 234 Mercurbank Wien (später Länderbank Wien) XXXVIII, IL, 11-13, 208 f., 260 f. Merck, Finck und Co. XLVI, 10 Merkurbank Wechselstuben 184 Metallgesellschaft LXV, LXXXII, 176,219 Metallurgische Forschungsgesellschaft (Mefo) 47 Meyer, Emil H. XXXIII, LVIII, LXIII, LXV f., LXXI, 7, 13 f., 25, 38,40, 50f., 56f., 77,86-89, 97, 126,207,209 Meyer-Pellegrini, Carlos 96 f. Mikules,A.J.LXXXVf. Mimosa Dresden 84 Mitteldeutsche Stahlwerke AG 37 Mittelmeer-Handelsindustrie Gesellschaft 162 Morgan Bank New York 9 Morgan, Shepard CXXVI Morgenthau, Henry LXXVI f. Mosler, Georg XXXVII Münchener Rückversicherungsgesellschaft LXXI Mutschmann (Gauleiter Dresden) 80, 222
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Nacher, Ignatz 78f., 210f., 225 Nachkriegsplanungen der Alliierten LXX, LXXIII-LXXIX Nathan, Henry XXIII, XXVII, XXXII, 34f. Nationalbank Belgien 158 f., 164 Nationalbank, tschechoslowakische IX f. De Neuflize & Co. Paris 165 Neumann, Erich LVIII, 63, 65 Nixon, Russell A. LXXX, LXXXIVf, LXXXVIILXXXIX, XCV, XCVII Norddeutsche Eiswerke LXV Norddeutsche Wollkämmereien (Nordwolle) XX f., XXXV Norddeutscher Lloyd 87, 234 Novotny (Böhmische EscompteBank) 43 NSDAP siehe Dresdner Bank (Verhältnis zur NSDAP) NS-Reichsbund für Leibesübungen 108-110 NSU-Werke AG Neckarsulm 197 Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß LXXXIII
von Papen, Franz 98 N.V. Gebr. Pappenheim's Tabakshandel 140 Participia AG Prag 120 Payrebruno, Baron 50 Perlmooser Zementwerke AG 40 Petschek (Familie) 103, 222, 262 Pferdmenges, Robert XXVI, 11 Pferdmenges & Co. 10 f. Pilder, Hans XXXIII, IL, LVIII, LXIIIf.,LXVI,26,59f.,99, 139, 151,251-255,264 Pimotex 161 Pleiger, Paul XLV, 72, 79, 211, 239 Pohl, Oswald CXXXIII, 206 Polidhütte IX, 102 f., 105,261 Hermann Pollak's Söhne 118-121 Polysamplex GmbH Prag 120 Pötschmühle-Steyrermühl AG 41 Potsdamer Abkommen LXXXIX, XCVII, C f. Preussag 64 Prinsler, Hermann 162 f.
Office of Strategie Services (OSS) LXXI, LXXXV, IC Oldenburgische Landesbank 10 »Operation Bird Dog« CXXIII Organisation Tod t 155, 159, 162, 209, 243 Ostbank Posen 14, 125 f., 132 f., 209 Ost Energie AG 129-131 Österreichische Creditanstalt XVIII f., XLVI, IL Ostland Bank 16,210 Ostlandfaser GmbH 168, 173 Ostmärkische Motorenwerke 56 Ost- und Mitteldeutsche Zementwerke 172 Otto, Ernst 100 Overbeck, Gustav LXIII, LXIX, 26,38,56,79, 162, 166 Overbeck, Joachim LVIII
Raeder, Admiral 6, 45, 58 f. Rasche, Karl VII-IX, XXXIII, XLIV-IL, LVIII, LXI, LXIII, LXV-LXIX, LXXXI, LXXXVII, LXXXIX-XCII, CXXIX-CXXXIV, 7, 13, 26, 35 f., 38, 54, 66,69, 71-73, 75, 79, 86 f., 92 f., 100, 102-104, 106, 108, 116-118, 121, 127, 129, 139, 141, 143, 145, 147 f., 151, 166 f., 169, 173, 177 f., 186, 188, 209,211,235,254-267 Rasse- und Siedlungs-Hauptamt der SS 217 Rawack & Grünfeld AG 225 Reemtsma XXIX Reichsaufsichtsamt für das Kreditwesen LX f. Reichsbank XXV, XXX, XXXIII, IL, LXI, LXX, LXXXI f., LXXXI V, LXXXVII, CXX, CXXXI, 194
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Reichsbankleitstellen LXXXII, LXXXIV, XCVIII, CXVIICXXII Reichsbeauftragter für Eisen und Stahl 159 Reichsbeteiligung an der Dresdner Bank XXXVI-XXXIX Reichsfinanzministerium XXVIII, XXXI, XXXVII, 103, 167 Reichskommissar für das Bankgewerbe XXV, XCVIII Reichskommissar für die besetzten niederländischen Gebiete 141, 143 f., 153 Reichskommissar für das Ostland 168 f. Reichskommissar für die Seeschifffahrt 162 Reichs-Kredit-Gesellschaft AG XXIV, XXVII, XLVI, 247 Reichskristallnacht 76, 82, 246 Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion 49, 92 Reichssicherheitshauptamt XLIV, 101 Reichswerke Hermann Göring XLV-XLVIII, LI, LXIII f., LXVI, LXXXIV, CXXXI, 6, 37, 39,46, 73 f., 79, 103-106, 131 f., 164,211,221,225, 237-240, 260-262 Reichs Wirtschaftsministerium VIII, XLII, XLIV, XLVII, LIV, LVIII, LXII, LXIV, 15, 45,59,62,71,77, 103, 110, 118f., 138 f., 144 f., 149, 154, 158, 169 f., 178, 183, 185 f. Reinhart, Friedrich XIV f. Reparationen XI-XIII, XVI, XIX Rheinisch Westfälisches Elektrizitätswerk AG (RWE) 37 f. Rhein-Main-Bank CVIII, CXXVIII Rhein-Ruhr-Bank AG CXXVIII von Richter, Baron 99
von Richter, Werner 106-108, 192 f., 195 Riehle (RWM) 15 Rienecker, Georg 139, 143, 150, 265 RIGAS GIPS 172 Ringhoffer Tatra-Werke 54 Rinn, Hans CVII, 31 f., 146, 148, 192-194, 197 Ritscher, Samuel XXVII, XXXII, 34 Ritter, Helmut 114-118 Röchling'sche Eisen- und Stahlwerke 37 Roehnert, Hellmuth 37, 71, 72, 87 Römer, Gustav 35 Rothschild, Eugene de XLVI Rothschild, Louis de XLIVXLVII, XC Rothschild (Firmengruppe) XVIII f., XLIV-XLVIII, 74 Rowak 176 f. Rudorf, Fritz 56 Rummel, Hans XXXVI Rüstungs- und Beschaffungsamt Belgien 161 Rüstungsinspektion Belgien 155, 161,209 Saager, Gerhard LIV Sauckel, Fritz XXXIVf., 203 Schacht, Hjalmar XIVf., XIX, XXXVI, XL, LXXXI, 14, 36, 201, 259f. Schacht-Kreis XXXIII, XXXVII, LXIV, XCVIII, CVI, CXVI Schäffer, Hans XXVIII Schering AG 32, 145, 152 M. Schick, Preßburg 111 f. Schieber, Walther 83, 86, 241-244 Schippel, Hans XXVII, XXXII, LXIII, 27, 267-271 von Schirach, Baidur 256 Schleipen,Carll92f, 195 Schlieper, Gustav XXVI Schlotterer 62
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1. & C. A. Schneider (ICAS) 81 f., 212 Schmidt, Heinrich 35 f., 38 Schmidt, Ludwig 69 Schmidt, Orvis A. LXXXI Schmidt-Bränden, Paul XXVII Schmilz, Hermann XXVIII, 203 Schniewind, Otto XXXIII, CV, CXXI, CXXV, 30, 42, 48, 71 Schobert, MaxCVI, 192 f., 195 von Schröder, Kurt XXXVI, LVI, LXXXIII, XCIII, 29, 86, 88 Schulte-Schlutius, Carl Gisbert 188 Schwarzmarkt (in Belgien) 156, 161, 166 Schweizerische Bankgesellschaft 149, 265 f. Schweizerischer Bankverein LXVIII, CXXXII Schwerin von Krosigk, Lutz Graf 234
Seiler & Co. CV Seyss-Inquart, Arthur 155 Shell-Konzern 61 Sicherheitsdienst der SS (SD) XLIV, XLVI, XLVIII Sieber, Hans 99 Siemens XII, XXIX, LXXI, 145, 152 Silverberg, Paul XXVI Simons & Co. Düsseldorf 79 Skoda Werke 73, 102, 105 f. Societatea Bancara Romana 11, 16, 185 Societe Centrale de Dynamit, Paris 104 Societe Generale de Belgique 15 Soet, Benjamin 149, 264 f. Solmssen, Georg XXIV, XXVI Solo Zündwaren und Chemische Fabriken AG 174 Sparkassenverbände und Girozentralen XXXVI, LX, LXII Speer, Albert 239 Speich, Rudolf CXXXII Sperrmark IX f., 63
SS Gesellschaft Deutsche Erdeund Steinwerke GmbH 89, 206 Stahlwerke Braunschweig GmbH 132, 134 Standard Oil 61, 64 Staudt&Co. 178 von Stauß, Georg XIV f. Stenzel, Arthur 109 f. Stenzel, Werner 106-108 Georg Stenzel & Co. 107 f. Stettiner Oderwerke 145 Steyr-Daimler-Puch 74 Stiller, Georg 127, 150 Stillhalteabkommen, Baseler XXV Stillhalteverhandlungen XIX f., XXII, XXV Stinnes, Hugo 172,259 Stitz-Ulrici, Leonhard 114f., 127, 196 Stolper, Gustaf XIX Stuck, Robert 85 Südbank 186 «* Sudetenländische Bergbau AG (Subag) 102, 104f., 111, 261 f. Sudetenländische TreibstofTwerke 103 Supreme Headquaters Allied Expeditionary Forces (SHAEF) LXXVf.,LXXVIII, LXXXIII Sweezy, Paul LXXXV Tefs, Rudolf 99, 207 Terboven,Josef237 Thyssen, Fritz 222 Tietz-KonzernXXXIVf. Treue, Hans 188 Truman, Harry S. CXIII Truman-Doktrin CXIII, CXXI, CXXXII Tureen & Jacobi GmbH 225 Ullrich, Hans 244-247 Ungarische Allgemeine Kreditbank 16, 111, 184 Ungarische Nationalbank 187 Urbig, Franz XXXVII
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Vacuum Öl AG Trzebinia 135 Velhagen & Klasing 160 Venske, Harry 100 Vereinigung Deutscher Maschinenbau-Anstalten XXXVI Vereinigte Glanzstoff-Fabriken AG 152 Vereinigte Portland-Zementwerke und Baustoff GmbH Riga 172 Vereinigte Stahlwerke XII, LXXI, LXXXII, 38f., 152, 176,221 Verwaltung jüdischen Grundbesitzes 160 Vierjahresplanbehörde LVIII, LXIII, CXXXI, 73,155, 161, 176 Vocke, Wilhelm CXVI, CXXI Joseph Vögele AG 146 Vogler, Albert 203 Waffenwerke Brunn AG 102, 106, 112 Währungsreform CI, CXXICXXIII, CXXVI Waldes & Co., Prag 114 f., 262 Wall Street LXXV, CXXVI Walz, Hans 87, 247-251 Warnecke, Adolf 41 Wartisch, Hans 194 Wassermann, Oscar XIV, XXIII f., XXVIII Wedekind, H. 61 Weltwirtschaftskrise XIV, XXXI, XXXIII, LX
Westböhmischer Bergbau 111 White, Harry D. LXXVI f. Wiederaufrüstung XVI, XXXIV, XXXIXf., 10,46-76, 175 Wichen, Josefl l Wintershall AG 33, 35 f., 64 Wirtschafts-Verwaltungs-Hauptamt der SS LII, LXIII Witkowitzer Berg- und Hüttengewerkschaft XLV-XLVIII, 74, 102, 225 Wolff, Karl XLVII Wolff, Otto 259 Wolski, Helga LXXXV, XCIXCIII, l Wolzt41,74 Wülfken, Friedrich 99 Young-Anleihe XI-XIII
Zellwolle und Kunstseide Ring GmbH 241, 243 Zementwerke Schakowa 131 Zentralhandelsgesellschaft Ost mbH 168 Zentral Textil GmbH 39, 160 Zinßer, Hugo XXXIII, LXIII, LXIX.CVII, 27, 271-274 ZipserBankl84 Zivnostenska-Bank, Prag IL, 13, 101, 106, 112,209 Zwangsarbeit XLVIII, LI-LIII, XCIV, 83, 219, 225, 230
Der Untersuchungsbericht ERMITTLUNGEN GEGEN DIE DRESDNER BANK ist am 25. September 1986 als Sonderband der ANDEREN BIBLIOTHEK bei der Greno Verlagsgesellschaft m. b. H. in Nördlingen erschienen. Das Dokument wurde im Auftrag der Militärregierung der Vereinigten Staaten für Deutschland (O.M.G.U.S.) in den Jahren 1945/46 erarbeitet, und zwar von der Finanzabteilung dieser Behörde. Der Text wurde nur intern vervielfältigt. Er steht jedoch, nach den Bestimmungen des amerikanischen Freedom of Information Act, im Washington National Records Center der National Archives and Records Service Administration zur Verfügung.
Im Gegensatz zu den anderen Bänden der ANDEREN BIBLIOTHEK wurde dieses Buch im Fotosatzverfahren aus der Baskerville in diversen Graden gesetzt und auf einer Rollenoffsetmaschine gedruckt. Auch der Einband entspricht nicht in jeder Hinsicht den qualitativen Kriterien, die für DIE AN DERE BIBLIOTHEK gelten. 1. Auflage, September 1986. ISBN 3891902972. Printed in Germany.
Von diesem Sonderband der ANDEREN BIBLIOTHEK gibt es keine Vorzugsausgabe und kein Magazin. Informationen über alle weiteren Bände der ANDEREN BIBLIOTHEK bietet das monatlich erscheinende Magazin.
Am 4. September 1985 ist als Sonderband der ANDEREN BIBLIOTHEK erschienen:
ONGUS Ermittlungen gegen die Deutsche Bank. Übersetzt und bearbeitet von der Dokumentationsstelle zur NS-Sozialpolitik, Hamburg. 544 Seiten. Pappband. 25 DM.
»Kapitel I: Es wird empfohlen, daß: 1. die Deutsche Bank liquidiert wird.
2. die verantwortlichen Mitarbeiter der Deutschen Bank angeklagt und als Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt werden, 3. die leitenden Mitarbeiter der Deutschen Bank von der Übernahme wichtiger oder verantwortlicher Positionen im wirtschaftlichen und politischen Leben Deutschlands ausgeschlossen werden.« November 1946.
Am 19. April 1986 ist als Sonderband der ANDEREN BIBLIOTHEK erschienen:
ONGUS Ermittlungen gegen die I.G. Farbenindustrie AG Übersetzt und bearbeitet von der Dokumentationsstelle zur NS-Sozialpolitik, Hamburg. 576 Seiten, 32 Seiten Bildteil. Pappband. 25 DM. »Wenn die Politik der Alliierten das Ziel verfolgt, daß Deutschland nie wieder seine Nachbarn und den Frieden in der Welt bedrohen kann<, dann muß die I.G. Farben mit ihren Möglichkeiten zur Rüstungsproduktion zerstört werden.« Bernard Bernstein
1 9 9 9 Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 2l. Jahrhunderts
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Zeitschrift für Sozialgescbichte des 20. und 21 Jahrhun/ Q/ /Q/ Qderts geht aus den »Mitteilungen« der Dokumentationsstelle zur NS-Sozialpolitik hervor. Ihr erweiterter Themenkreis trägt der Umgründung dieser Dokumentationsstelle zur Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts Rechnung. Sie wird einerseits die Tradition der »Mitteilungen« fortsetzen, die verdrängte nationalsozialistische Vergangenheit zu erforschen, andererseits wird sie die aktuelle gesellschaftliche Entwicklung mit zeitgeschichtlichen Zusammenhängen konfrontieren. ill dazu beitragen, den Rahmen hiesiger ZeitgeSchichtsforschung zu sprengen. Sie wird den chronologischen Schematismus verlassen, der eine explosive Etappe der jüngsten Geschichte diesseits und jenseits der Jahre 1933 und 1945 ausgrenzt. Sie wird sich der Aufklärung der internationalen Zusammenhänge widmen, in die der Nationalsozialismus hineinwirkte und bis heute hineinwirkt. Sie wird eine Ära zur Diskussion stellen, die durch Massenvernichtung »modernisierte« und durch »Modernisierung« massenhaft vernichtete. Q Q Q wird regelmäßig historische Dokumente und kritische / f f Streitgespräche veröffentlichen. Die Zeitschrift wird für politisch Interessierte, Arbeitskreise, Lehrer, Journalisten und Wissenschaftler einen Gebrauchswert haben, weil unbekannte Archivmaterialien und kritische Literaturübersichten publiziert werden, weil umstrittene Bücher besprochen werden und auf entlegene Publikationen aufmerksam gemacht wird.
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Inhalt I.Jahrgang 1986, Heft Kommentar: Jan Philipp Reemtsma: „... abgesehen von" • Friederike Littmann: Vom Notstand eines Haupttäters: Zwangsarbeit im Flick-Konzern • Dokument: Atomtests und amerikanische Militärstrategie von 1947 • Gerda Preise: Die »Natur der Frau« und die Natur der Naturwissenschaften • Karl Heinz Roth: Psychosomatische Medizin und »Euthanasie«: Der Fall des Viktor von Weizsäcker • Buchbesprechungen Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts Angelika Ebbinghaus Redaktion Erscheinungsweise vierteljährlich (1.1.; 1.4.; 1.7.; 1.10.) Ersterscheinung 1.10.1986, 1. Jahrgang, Heft l Einzelheft: DM 10,- frei Haus Preis Abonnement: DM 10,- frei Haus 40%, Lieferung mit RR möglich, nicht körperlos Herausgeber
Rabatte
Bisher sind folgende Ausgaben der »Mitteilungen« der Dokumentationsstelle zur NS-Sozialpolitik erschienen und bis auf Heft l noch lieferbar: Heft l Forschungsprojekte des Vereins • Heft 2 Die wissenschaftliche Normalität des Schlächters — Josef Mengele als Anthropologe 1937-41; »Generalplan Ost« • Heft 3 Fälschung und Wahrheit: Albert Speer und »Der Sklavenstaat« • Heft 4 Vernichtung und Entwicklung: die nazistische Neuordnung und Bretton Woods • Heft 5/6 »Versorgungswerk des Deutschen Volkes«: Die Neuordnungspläne der Deutschen Arbeitsfront zur Sozialversicherung 1934-43; U.S. Coverup of Nazi Scientists: die Operation Büroklammer. DM 10,- • Heft 7/8 Sterbehilfe — Tötung auf wessen Verlangen? Dreifache Ausbeutung der Fremdarbeiter; Überlegungen zur Analyse von NS-Biographien; Zensur findet nur in Notfällen statt. DM 10,- • Heft 9/10 Atombomben auf Moskau, Taschkent, Leningrad ...? U.S. Atomkriegsplan von 1945; Bettler, Landstreicher, Vagabunden, Wohnungslose und Wanderer; Jugendlicher Widerstand gegen den Hitler-Krieg und dessen Folgen; Gedächtnisbericht über das SSSonderlager Moringen und das Außenlager Volpriehausen. DM 10,- • Heft 11/12 Aktuelle Programme der Humangenetik; »Polenverwahrlager Litzmannstadt«; BDM-Biographinnen; Gutachten zur Entschädigung für Zwangsarbeit im »Dritten Reich«; Dokumentation zum Fall Kellermann. DM 10,- • Heft 13/14 Erinnerungen von KZ Häftlingen an ihre Arbeit bei Daimler-Benz; KZ-Häftlinge bauen eine Fertigungsanlage für die Daimler-Benz AG; Rassenhygiene - Hebamme der modernen Genetik; Zwangssterilisation in Hamburg. DM 10,- • Die Hefte 2 bis 4 liegen als Nachdruck in einem Band vor. DM 20,-
Informationen und Bestellungen bei der Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhundert (vorher: Dokumentationsstelle zur NS-Sozialpolitik) Mittelweg 36 2000 Hamburg 13