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RICHARD SEMON Die mnemischen
m
Empfindungen
c;^m
Erste Fortsetzung der
Mneme
Leipzig
Verlag von Wilhelm E...
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RICHARD SEMON Die mnemischen
m
Empfindungen
c;^m
Erste Fortsetzung der
Mneme
Leipzig
Verlag von Wilhelm Engelmann
1909
;;
YERLAG VON WILHELM ENGELMANX IN LEIPZIG
;;
Werke von Wilhelm Wundt GrnndzUge der physiologischen Psychologie. Erster Band: Sechste, umgearbeitete Auflage. Mit 161 Abbildungen im Text sowie Sach- und Namenregister,
<— Zweiter Band: bildungen im Text. Dritter
Band:
76 Abbildungen im
—in
Leinen geb. Jl 14.50; Halbfranz geb. J( 16. Fünfte, völlig umgearbeitete Auflage. Mit 153 Abin Halbfranz geb. J( 16. gr. 8. J( 13. Fünfte, völlig umgearbeitete Auflage. Mit .•> in Halbfranz geb. J( 17. Text. gr. 8. .£ 14. JK 13.
gr. 8.
;
in
— — — — — völlig umgearbeiteten Auflage J^ 3.— in Halbfranz geb. J/ — ;
;
Gesamtregister zur fünften, von "Wilhelm Wirt h. gr. 8. Naturwissenschaft und Psychologie. Sonderausgabe
5.
;
der Schlussbetrachtungen Jt 3.—; zur fünften Auflage der physiologischen Psychologie, gr. 8. in Leinen geb. J( 3.50^^^ Grnndriss der Psychologie. Neunt^, verbesserte Auflage. Mit 23 Figureir 8. In Leinen geb. im Text. 8. Translated with the Cooperation of the author by Oatllnes of Psychology. Charles Hubbard Judd, Ph. D. (Leipzig), Professor of Psychology, Yale Third revised English Edition from the seventh revised University. In Leinen geb. J( 8.—. German Edition. 8. Völkerpsychologie. Eine Untersuchung der Entwicklungsgesetze von Sprache; Mythus und Sitte. Erster Band: Die Sprache. Erster Teil. Zweite, umgearbeitete Auflage. Mit 40 Abbildungen im Text. gr. 8. J( 14.— in Halbfranz geb. Ji 17.— Zweiter Teil. (Neue Einteilung: Zweiter Band: Die Sprache, Zweiter Teil.) Zweite, umgearbeitete Auflage. Mit 4 Abbildungen in JSalbfranz geb. J^ 17. J( 14. im Text. gr. 8. Zweiter Band: Mythus und Keligion. Erster Teil. (Neue Einteilung:
^ —
.
—
—
;
Die Kunst.) Zweite, neubearbeitete Auflage. Mit Band: in Halbfranz geb. J( 15. Jl 12. 59 Abbildungen im Text. gr. 8. Mythus undReUgion. ZweiterTeil. Mit 8 Abbildungen im Text; 11. in Halbfranz geb. Jf 14. gr. 8. JT 18.— Mythus und Rejligion. Dritter Teil. gr. 8. in Halbfranz geb. J( 21. Dritter
— —
^
— — —
;
;
.
Psychologische Stndien, herausgegeben von Wilhelm Wundt. Neue Folge der Philosophischen Studien. Die Psychologischen Studien erscheinen in Bänden zu je 6 Heften (zu je 4—6 Bogen) zum Preise von etwa 20 Ji für den Band.
Psychologische Arbeiten herausgegeben von
Emil Kraepelin Die
in zwanglosen Bänden Bisher erbis 30 Mark. ausführliches Inhaltsverzeichnis darüber steht gern zu Diensten.
»Psychologischen Arbeiten«
zu. je 4 Heften.
erscheinen
Der Preis des Bandes beträgt etwa 20
schienen 4 Bände;
Die Entstehung der ersten Wortbedeutungen beim Kinde von
Ernst -.
Meumann
Zweite, vermehrte Auflage gr. 8.
J(
2.—
==
Die mnemischen Empfindungen
;
Von demselben Die
Mneme
Verfasser:
erhaltendes Prinzip im Wechsel des
als
organischen Geschehens. Leipzig 1908.
Im
8«.
Geh. Jl
australischen Buscli
rallenmeeres.
9.—
2. ;
In Leinen geb.
Molukken.
Auflage,
M 10.—.
und au den Küsten des Kound
Reiseerlebnisse
eines Naturforschers in Australien, 2.
verbesserte
Beobachtungen
Neu-Guinea und den
verbesserte Auflage, Leipzig 1903.
86 Abbildungen und 4 Karten, In Leinen geb. Ji 16.50.
gr.
8.
Geh. Ji 15.
Mit
—
Se ^^ 5w-' DIE
MNEMISCHEN EMPFINDUNGEN IX IHREN
BEZIEHUNGEN
ZU DEN ORIGIMLEMPFINDÜNGEN
VON
RICHARD SEMON
ERSTE FORTSETZUNG DER »MNEME^
LEIPZIG
VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 1909
Alle Hechte, insbesondere das der Übersetzung, sind vorbehalten.
Vorwort. den Schlußbetrachtimgeu der »Mneme« habe ich die in
In
jenem Buch durchgeführte Arbeit mit dem
Neubaus
Gertist
eines
Der eigentliche Ausbau der über weite
verglichen.
Gebiete der Biologie sich erstreckenden Anlage mußte den Fortsetzungen des Buchs überlassen bleiben.
Ursprünglich habe ich beabsichtigt, in der ersten dieser
Fortsetzungen die Pathologie der
im Eingangswerk nur
Mneme
flüchtig berührt
aber an diese Arbeit ging, erkannte
zu bearbeiten, die
worden war.
ich,
Als ich
daß zur Verwertung
des von der Psychiatrie gesammelten Erfahrungsschatzes und zur Verständigung mit den Vertretern
vorherige
die
Durcharbeitung
der
dieser
Wissenschaft
Psychophysiologie
des
höheren Gedächtnisses nach den in der »Mneme« vorgezeichneten Gesichtspunkten
notwendig
sei.
wies sich ein noch tieferes Eindringen
Überhaupt aber in
die
er-
Grundlagen
der Homophonie durch Untersuchung von der Empfindungsseite
aus als eine unumgängliche Vorbedingung für frucht-
bare Weiterarbeit.
Diesen Aufgaben sucht die vorliegende
erste Fortsetzung gerecht zu werden.
Die Darstellung habe ich dabei so eingerichtet, daß dieses
Buch auch ohne vorherige Bekanntschaft mit der »Mneme« vollständig verstanden
werden kann, obwohl natürlich eine
'> < JL
I
«•
a R Ä R V "^1
Vorwort.
VI
solche Bekanntschaft die Lektüre erleichtern würde.
wenige
längere
alter
werden
Zitate
solchen, die letzteres
wohl
und Einführungen
in
Lesern,
allen
Werk genau kennen,
als
Einige
auch
Auffrischungen
neue Gedankengänge willkommen
sein.
Ehe
ich in
den Gegenstand
möchte ich versuchen,
eintrete,
einen mir hier und da gemachten Vorwurf zurückzuweisen.
Manche meiner
Kritiker
haben
ausdrücklich
und manche
meiner sonstigen Leser haben wahrscheinlich stillschweigend die Einführung einer besonderen Terminologie, die ich in der
Mneme
beanstandet oder doch für nicht
durchgeführt habe,
unumgänglich notwendig gehalten. daß dieser Vorwurf gerechtfertigt
Ich glaube aber nicht,
man den ganzen jenem Werk behan-
Will
ist.
weiten Kreis der Phänomene, die ich in delt habe, unter
einem allgemeinen Gesichtspunkt umfassen,
so bedarf es dazu einer besonderen Terminologie.
Dieselbe
darf nichts präjudizieren, sie darf keine anthropomorphischen
Züge von den Phänomenen des höheren Gedächtnisses
Regulation,
tion,
hineintragen,
der periodischen Vorgänge,
kurz
Terminologie der die
Bewegungen
sie
Aber
selbst
des Instinkts
muß, wie Francis Darwin
Mneme
sagt,
sich
einer Pflanze wie
Menschen anwenden
in
gleicher
i
von der
Weise auf
auf die Gedanken eines
lassen.
im Bereich des höheren Gedächtnisses
Ausbildung einer Benennungsweise, die so
in
mnemischen Abläufe der Keimesentwicklung, Regenera-
die
ist
die
zur scharfen Prägung
unumgänglich notwendiger zusammenfassender Begriffe
dient,
1
mnemische Empfindung,
mnemische Erregung,
Francis Darwin, Lectures on the Physiology of
Plants. 1906.
wie
I,
Associated Stimuli.
The new
Phytologist.
Movement Vol.
ö,
No.
in 9^
Vorwort.
Engramm, Ekphorie, Homophonie
VII
dringendes Bedürfnis.
ein
Dafür wird, wie ich glaube, die folgende Darstellung Zeugablegen,
nis
in
rung des bereits
der übrigens keine nennenswerte Erweitein
der
Mneme
geschaifenen Wortschatzes
stattgefunden hat.
Ich bin sicher, daß sich für die meisten
Leser aus dieser
Benenn imgsweise eine Erleichterung des
Verständnisses ergeben wird, nachdem
man
sich einmal mit
der kleinen Anstrengung, sich mit ihr bekannt zu machen,
abgefunden
hat.
Überhaupt wird der Leser, der mich durch dieses Buch begleitet, finden,
daß die Schwierigkeiten, nachdem die
etwas beschwerliche Wegstrecke überwunden
mehr
zurücktreten,
Standpunkt
die
und
sehr große
in
und
einer unerwartet
kennen
der
schließlich
erste,
mehr und gewonnene
Menge der überblickten Tat-
einem vorher nicht
sachen in
daß
ist,
sichtbaren
einfachen
Zusammenhang
Zusammenordnung
läßt.
München, Januar
1909.
Richard Semou.
er-
Inhalt.
Eiuleituug. Erstes Kdpitel. Abgrenzung des Themas. Empfindung Erregung. Terminologisches
und
Stellung der Aufgabe S. 4. Körper und Empfindung S. 5. Erregung etwas Erschlossenes S. 6. Verhältnis einer Erregung zu ihrer Empfinduugsmanifestation S. 8. Parallelismus S. 9, Anm.. Darlegung unserer Auffassung S. 9. Analyse von Bewußtseinsinhalten S. 15. Grundformen psychischer Elemente Gefühle S. 17. Empfindungen und Vorstellungen S. 18. S. 16. Unsere Bezeichnung als originale und muemische Empfindungen S. 20.
Erster Teil.
Die Originalempflndnngeii.
Zweites Kapitel. Die synchrone Phase. Einzelempfindung und Nebeneinander der Empfindungen
25
Synchrone Reizwirknng S. 26. Einzelempfinduug und Empfindungskomplex S. 27. Teilungsprinzip bei der Analyse S. 29. Einteilung nach Empfindungsgebieten S. 31. Einheitlichkeit des simultanen Empfindungskomplexes S. 32. Das Nebeneinander S. 33. Beziehung zwischen Reizpforte und Nebeneinander S. 34. Beim Hautsinu S. 35. Bei den Lage- und Bewegaugsempfinduugen S. 36. Bei den Geschmacksempfindungen Bei den Gesichtsempfindungen S. 37. Bei den GehörsS. 36. empfindungen S. 39. Resonanztheorie S. 39. Beim Geruchssinn Der Geruchssinn der Insekten S. 46. S. 42. Drittes Kapitel.
Die Darstellung des Nebeneinanders und
der Begrifi' der Empfindungsfelder
Das Nebeneinander der Tastempfindungen empfindungen
S. 48,
47
Geschmacksder Gesichtsempfindungen S. 49. Kombi-
v^O^Ol
S.47, der
ni.liRARY|::c|
X
Inhalt. Seite
nation des Tastraums mit dem Sehraum zum Gemeinraum S. 50. Nebeneinander der Tonempfindungen in linearer Anordnung S.
51.
Sprachlicher
losigkeit
Ausdruck;
Tonskala
S. 52.
der Skala inbezug auf den Gemeinraum
RichtuugsS. 53.
Das
Nebeneinander der Tonempfindungen in einem abgesperrten Bezirk S. 56. Empfindungsfelder S. 58. Ihre Beschaffenheit auf den verschiedenen Sinnesgebieten S. 69. Beziehung zur Topographie der Reizpforten S. 60.
Viertes Kapitel.
Die Empfindungsfeider (Fortsetzung^
.
.
63
Übersichtliche Darstellung der bisher über das Nebeneinander
gewonnenen Resultate
S. 63.
Kritik
der Bezeichnung >Lokal-
Möglichkeit der Einreihung der gesamten BeAuftreten wußtseinsinhalte in die Empfindungsfelder S. 68. zeichen«
S. 66,
Empfindungen verschiedener Qualität in demselben Empfindungsfeld S. 69. Verschiedene Möglichkeit der Auslösung S. 70. Reizung korrespondierender Stellen S. 71. Auge S. 71. Geruch S. 72. Geschmack S. 74. Empfindungen in aneinanderstoßenden Feldern S. 76. Kontinuität S. 76. Kontinuität Simultane Induktion (simultaner bei Tonempfindungeu S. 77. Kontrast) S. 78. Angaben von Urbantschitsch S. 80.
zweier
Fünftes Kapitel. Gleiche Empfindungen in denselben Empfindungsfeldern. Homophonie und Empfindungsdifferentiale bei Originalempfindungen Korrespondierende Reizpforten S. 83. Briefmarkenversuch S. 83. Akustischer Versuch S. 84. Riechversuch S. 85. Sherringtons Flimmer experimente beweisen Nicht Verschmelzung der korrespondierenden Erregungen S. 87. Helligkeitsunterschiede zwischen Herings uniokularen und binokularen Gesichtsempfindungen. Ansicht
S. 88.
Modifikation derselben
S. 89.
Gegenseitige Beein-
flussung der von korrespondierenden Stellen ausgelösten Empfin-
dungen S. 89. Bei Dunkeladaptation der Augen S. 90. Übereinstimmende Ergebnisse der Flimmerexperimente S. 91. Korrespondierende Gehörsempfindungen S. 92. Unterscheidung zwischen Intensität im engeren Sinne und Vividität S. 94. Erfahrungen auf dem akutischeu Gebiet S. 95. Zunahme der Vividität beim Zusammentreten von korrespondierenden Geruchsempfindungen S. 96. Empfindungsdeckung oder Homophonie EmpfindungsS. 98. Differenzierende Homophonie S. 100. differentiale S. 101. S. 101.
Schallrichtung als Empfindungsdifferential
Tiefenwahrnehmung
als Empfindungsdifferential S. 103.
82
XI
Inhalt.
Seite
Tiefensehsohärfe
S. 108.
Unterscheidung der durch das rechte
und durch das linke Auge ausgelösten Empfindungen S. 109. Abblendungsempfindung als Empfindungsdifferential S. 110.
Sechstes Kapitel.
Die akoluthe Phase der Originalempfin-
dungen
114
Ansteigen der Erregungen S. 115. Akoluthe Phase; Teilung in zwei Unterphasen S. 117. Akoluthe Wirkungen sehr kurz dauernder Lichtreize S. 118. Oszillationen S. 119. Dauer der Niveauhaltung akustischer Empfindungen. Schwankungen je Angaben von Urbantschitsch über nach Tonhöhe S. 123. die Dauer des völligen Abklingens S. 126. Andersartige Versuchsanordnung S. 128. Akoluthe Tastempfindungen S. 130. Akoluthe Geschmacks- und Gerachsempfindungen S. 131. Bedeutung der akoluthen Phase für unser Empfindungsleben S. 132.
Zweiter
Teil.
Die mnemisclien Empfludnngeii.
Siebentes Kapitel. Das versehwinden der Originalerregungen und das Zurückbleiben der Engramme ....
137
Das Engramm als materielle Veränderung S. 138. Auch nicht oberbewußt manifestierte Erregungen können Engramme hinterlassen S. 139. Experimenteller Nachweis S. 140. Mnemische Abläufe, die sich nicht oberbewußt manifestieren S. 141. Unterbewußte Empfindungen S. 142.
Das einzelne Engramm und der simultane Engrammkomplex
Achtes Kapitel.
Der zusammenhängende simultane Empfindungskomplex muß einen zusammenhängenden Engrammkomplex hinterlassen S. 145. Satz der Engraphie (erster mnemischer Hauptsatz)
Ausnahmen
S. 146.
Schein-
Fragmentierung des Simultankomplexes bei der mnemischen Reproduktion S. 148. Gründe dafür; AbAssoziation blassung und ihre Folgeerscheinungen S. 148. Dissoziierende Wirkung der Aufmerksamkeit S. 153, S. 152. Einfluß der Homophonie S. 154. Engraphische Wirkung mneInnige Gesellung solcher Ermischer Erregungen S. 155. regungen zu den originalen S. 156. >Assimilation« und »Kombare
plikation« S. 157
S. 147.
Anm.
144
Inhalt.
XII
Seite
Der individuell erworbene Engramm-
Neuntes Kapitel.
159
schatz Einteilung in Simultankomplexe
und
Engrammkomplexe
S. 162.
Assoziation von
schichten
S.
161.
Simultane ErregungsChronologische Schichtung
S. 160.
Komponenten verschiedener Engramm-
Einordnung der Neukombinationen
S. 164.
S. 167.
Beispiel der Kakifrucht S. 168.
Zehntes Kapitel. Die Ekphorle und die verschiedenen Erscheinungsformen der Assoziation
172
Satz der Ekphorie (zweiter mnemischer Hauptsatz) S. 173. Asso-
Sukzessive Assoziation
ziation S. 176.
S. 177.
Anschauungen Münsterbergs betreffend S. 183.
Unterscheidung
Assoziation
S. 186.
Kontrastassoziation
S. 190.
der Ekphorie
S. 195.
Elftes Kapitel.
S. 187.
Chronogene
Herbarts »freisteigende Vorstellungen«
Pliasogene Ekphorie
S. 194.
die
Ȁhnlichkeits-
zwischen Ekphorie und
assoziation«
Ekphorie
Anmerkung
S. 181.
S. 193.
Übersicht der Erscheinungsfonuen
Zusammenfassung
S. 196.
Die ekphorische Wertigkeit der Kompo-
nenten. Nichtumkehrbarkeit mnemischer Abläufe. Zusammenfassendes über den individuellen Engrammschatz Ekphorische Wertigkeit
bei
198
simultaner Verknüpfung S. 199.
Verschiedenheit der Manifestationschancen
S. 201.
Ekphorische
Wertigkeit bei sukzessiver Verknüpfung S. 203. Erklärung der Ebbinghausschen Resultate 8. 204. Gründe für die Nichtumkehrbarkeit S. 205. Zeitempfindung S. 206. Orientierungsmarke
Verschiebung der des präsenten Simultankomplexes S. 207. Marke S. 208. Zyklische Organempfindungen S. 210. GnindS. 212. Homophonie verhindert Zusammensetzung des Engrammschatzes
muster des Engrammschatzes
Umkehrnng
S. 213.
S. 216.
Zwölftes Kapitel. Die mnemlsche Empfindung und ihre Unterscheidung von der Original empfindung Beispiel
leichter Unterscheidbarkeit
Vividität S. 220.
auf Grund verschiedener
Beispiele schwieriger Unterscheidung bei eben-
merklichen Empfindungen
Verstärkung der Vividität S. 221. mnemischer Empfindung S. 221. Johannes Müller, Cardanus, Goethe S. 224. Zustand des Halbwachens S. 226. Zustand de»
218
:
Inhalt.
XIII Seite
Traums
S. 227.
S. 229.
xVbnorme Bewußtseinszustände
Das wesentliche Charakteristikum des Traums
die Vividität der Originalempfindungen
S.
und
231.
Wovon
hängt
mnemischen
die der
Empfindungen ab? S. 232. Beteiligung der Sinnesorgane als Unterscheidungsmerkmal S. 234. Durchaus nicht immer brauchbar S. 235. Illusionswirkung; Herings »ergänzende Reproduktion« S. 236. Verhältnis der Intensität im engeren Sinne zur Vividität S. 237. Zusammenfassung S. 241.
Dreizehntes Kapitel. Das Verhältnis des mnemischen zum originalen Empfindungsablauf. Proportionale Veränderbarkeit
242
Übereinstimmung der mnemischen Empfindung mit nalen Vorgängerin
misehe Zutaten
S. 242.
S. 243.
Abschwächung der
ihrer origi-
Vividität;
Übereinstimmung der Abläufe
mne-
S. 244.
Relative Werte S. 245. S. 246.
Veränderbarkeit der absoluten Werte Engraphische Merkzeichen für die absoluten Werte
S. 248.
Intensitätsskala S. 249.
Schwierigkeit der proportio-
nalen Veränderung über ein gewisses
Maß
hinaus
S. 251.
Drei
zusammenfassende Sätze S. 252. Angebliche Flüchtigkeit mnemischer Empfindungen S. 253. Richtiger: Vorbestimmtheit der Dauer der mnemischen Empfindungen S. 254. Schweifen der Gedanken S. 255. Ideenflucht S. 256. Tempo der Abläufe S. 256.
Allgemeines über die Homophonie Vierzehntes Kapitel. der mnemischen Empfindungen
258
Bedingungen des Zustandekommens von ranemischer Homophonie S. 259. Beispiel des Rembraudtschen Gemäldes S. 261. Nicht differenzierende
phonie
S. 266.
Homophonie
S. 265.
Akustisches Beispiel
Differenzierende S. 266.
Homo-
Höffdings Schreib-
weise und Auffassung S. 267. Meine entgegengesetzte Ansicht Beweise für die Nichtverschmelzuug S. 270.
Fünfzehntes Kapitel. Die Wiederholung der Erregungen als Schöpferin der Vorbedingung für mnemische Ho-
mophonie .Jede
Wiederholung
272 schaftY
ein
neues selbständiges
Engramm
Experimenteller Beweis ^Karton-Glasröhre) S. 274. Zurückweisung der Auffassung des Engramms als bloßer >Umlagerungserleichterung« S. 280. Chronogene Lokalisation S. 282. Retrograde Amnesie S. 284. S. 273.
Inhalt.
XIV
Seite
Sechzehntes Kapitel. Manifestation der nicht differenzierenden Homophonie. Abstraktion durch Homophonie
086
Steigerung der Vividität durch Homophonie, also bedingt durch die Häufigkeit der Wiederholungen S. 286. Korrelate der Empfindungsvividität und -Intensität auf der Erregungsseite S. 290.
Beziehung der »Assoziationsfestigkeitc zu den Wiederholungen Methoden der experimentellen Gedächtnisforschung S. 292. S. 293. Verteilung der Wiederholungen S. 295. Schluß auf die engraphische Empfänglichkeit )S. 296. Ehythmus S. 297. LiteUnbewußtwevden häufig wiederholter Abläufe ratur S. 297. Verwischung des Ungleichartigen bei Homophonie S. S. 299. 301. Briefmarkenexperimente S. 302. Konturen S. 303. Binokulare Farbenmischung S. 303. Abstraktion durch Homophonie Priorität Huxleys S. 308. S. 304.
Siebzehntes Kapitel. Das Empfindungsdiflferential als Manifestation der differenzierenden Homophonie. Die beiden Modalitäten des Vergleichens. Engraphische Wir-
kung homophoner Komponenten
310
Empfindungsdifferential als Resultat des Antagonismus zwischen
zwei Komponentengruppen S. 311.
Klassifizierung
S. 311.
Beispiel des Böcklinbildes
der Empfindungsdifferentiale
S. 312.
Bekanntheitsempfindung S. 313. Zeitliche Beziehung S. 314. Wiedererkennen einer mnemischen Empfindung S. 315. Auffassungen Höffdings S. 316 und Lehmanns S. 317. Entspannung Unterschiedsempfinden S. 320. beim Wiedererkennen S. 319. Unterscheidung im Nebeneinander S. 321. Homophone Vergleichung S. 322. Simultanvergleich S. 324. Drei Modalitäten der Vergleichung S. 325. Überlegenheit der homophonen Vergleichung S. 327. Vergleichung im Kontrast S. 329. Vergleichung von Intensitäten S. 331. Verstellbarkeit der Empfindungen in der Metaphase S. 332. Deckung der kongruenten Komponenten S. 333. Wiedererkennen und Unterschiedsempfinden bei Tieren S. 334. Erregungsdifferential S. 335. Engraphische Wirkung von homophonen Erregungen und Erregungsdifferentialen S. 336. Engraphisch wirkt die energetische Resultante S. 337.
Wettstreit originaler und mnemlscher Empfindungen innerhalb der gemeinsamen Empfin-
Achtzehntes Kapitel dungsfelder.
.
Alternativen
Unbedingte Alternativen S. 339. Fakultative Exklusion S. 340. Wirkung der Aufmerksamkeit S. 341. Mitbewerb um die Vi vi-
339
XV
Inhalt.
Seite
Bedingungsloser Wettstreit S. 343. BinokuWettstreit zwischen originalen und innemischen Empfindungen und zwischen mnemischen unter sich S. 346. Experimentelle Prüfung S. 347. Foreis Beobachtungen über diesen Wettstreit bei Halluzinationen S. 349. Original-mnemischer Wettstreit auf verschiedenen Erapfindungsgebieten S. 350. Thesen über Mitbewerb und Wettstreit S. 352. Alternativ ditätsstufe S. 343.
larer Wettstreit S. 344.
Engrammdichotomien
ekphorierbare
Wettstreit von Sukzessionen
Gedichts
S. 354.
8.
Mitbewerb und
353.
Beispiel des Goetheschen
Nebeneinander von Worten
S. 355.
S. 356.
Neben-
einander von Tonreihen S. 359. Mischreaktionen oder Entscheidung der Alternativen S. 362. Mischbewegungen S. 364. Wichtige
Konsequenzen auf dem Gebiet der ererbten Mneme
S. 365.
Schluß.
Ergebnisse im Sinne und Vereinheitlichung
NeUDZehnteS Kapitel. fachiing
369
S.
Formulierung in Gestalt der 371. Stellung der Assoziation zu Engraphie
S. 372..
Unhaltbarkeit des Begriffs: Ähnlichkeitsas-
Mnemisches Grundprinzip beiden Hauptsätze
und Ekphorie
einer Verein-
soziation S. 372.
Der
S. 370.
individuell erworbene Engrammschatz S.374.
Grundmuster desselben S. 375. Lokalisation S. 375. Engramm Veränderung S. 376. Vitalismus S. 376. Unvorstellbarkeit S. 377. Topogene Lokalisation S. 378. Chronogene Lokalisation 378. Homophonie S. 379. Zwischen Originalempfindungen S. 380. Begriff der Empfindungsfelder S. 380. Kaumbegriffe S. 381. Nicht differenzierende Homophonie und Abstraktion; differenzierende Homophonie und EmpfindungsHomophone Vergleichung S. 383. Wettdifferentiale S. 382. streit und Alternativen S. 383. Unterscheidung der Vividität einer Empfindung von ihrer Intensität im engeren Sinne S. 385. als materielle
Steigerung und Abschwächung der Vividität S. 386. Unterscheidung der Originalempfindungen von den mnemischen S.387.
Angebliche Flüchtigkeit der letzteren
Sachregister
S. 387.
Schlußwort
S. 388.
389
Einleitung
Semon,
Mnerae.
II.
Erstes Kapitel. Abgrenzuiig des Themas.
Unter dem
Titel
Empfluduiig und Erregung.
»Mneme« habe
ich ein besonderes Kapitel
der Reizphysiologie behandelt, über das schrift
auch setzen könnte:
In jenem als
Werk habe
ich die
aller
derjenigen Reaktionen
Seite
heißt die
die
man
in
gewissem Sinne
Erzeuger bezeichnen könnte, auf Grund
sogenannten
unmittelbar
durch die
untersucht,
unserer Kenntnis gelangen können. einen
Über-
als
mnemischen Erregungen sowohl
auch die Originalerregungen, die
als ihre mittelbaren
man
>Die mnemischen Erregungen«.
Es sind
subjektiven
als solche
z.
B. bestimmte
oder Farben- oder Schmerzempfindungen,
auf einen Erregungszustand in
zu
auf der
Reaktionen,
hingenommenen und
spektiv untersuchten Empfindungen,
reizbaren Substanz schließen;
dies
sie
das
intro-
Ton-
aus welchen wir
bestimmten Teilen
unserer
auf der anderen Seite die so-
genannten objektiven Reaktionen, aus denen wir auf Grund
von mittelbaren Wahrnehmungen, die natürlich in Linie in
auch
auf
Empfindungen
beruhen,
letzter
auf Erregungen
bestimmten Teilen der reizbaren Substanz unseres eigenen
oder fremder organischer Körper ebenfalls schließen.
Diese
objektiven Reaktionen können in motorischen oder in plastischen Lebensäußerungen, sowie in
Phänomenen des
wechsels zum Ausdruck kommen. 1*
Stoff-
Einleitung.
4
Auch
in
dem
vorliegenden
Werk
wollen wir uns mit mne-
mischen Erregungen, mit den Bedingungen ihres Zustande-
kommens und
ihres Ablaufs beschäftigen;
dabei wollen wir
uns aber tunlichst auf das Studium derjenigen Erregungen beschränken, welche sich uns unmittelbar durch Empfindungen manifestieren,
Da
und soweit
sie sich
durch solche manifestieren.
wir aber auch die Resultate der experimentellen psycho-
logischen Forschung mit berücksichtigen wollen, wird letztere
Beschränkung keine absolute
Und noch
sein.
eine zweite Einschränkung wollen wir machen.
Wir wollen uns
bei unseren jetzigen Untersuchungen nur mit
solchen mnemischen Erregungen bzw. Empfindungen beschäftigen,
deren »Aszendenten« in Gestalt von Originalerregungen
im individuellen Leben des betreffenden Organismus aufgetreten sind,
die,
um
meiner Sprache zu reden, aus
in
individuell erworbenen,
nicht
des Organismus stammen.
dem
ererbten
dem
Engrammschatz
Die Erörterung der interessanten
und schwierigen Frage, ob überhaupt oberbewußte mnemische
Empfindungen aus dem ererbten Engrammschatz ekphoriert werden können, behalte ich mir
für eine spätere Gelegenheit
und einen anderen Ort
Im vorliegenden Werk
vor.
be-
schränken wir uns auf das Studium des individuell erwor-
benen Engrammschatzes. die Diskussion
in der Folgezeit zeigen,
dieser
Dadurch schalten wir
von Vererbungsfragen aus.
gleichzeitig
Es wird
sich aber
daß unsere jetzige Arbeit der Lösung
Fragen vorgearbeitet
hat.
Auf das Vorhandensein von bestimmten Erregungen, sagte ich oben
der
»Mneme«
und
so
so
habe ich an verschiedenen Stellen
ausgeführt, können wir einerseits unmittelbar aus
dem Vorhandensein von bestimmten Empfindungen, andrerseits auch mittelbar, aber doch immer aus auf dem Empfin-
Abgrenzung des Themas. Empfindung und Erregung.
dung8wege wahrgenommenen objektiven Reaktionen Die Empfindung
ist
uns
Ehe
schließen.
also unmittelbar oder mittelbar die
Manifestation einer Erregung.
übrigen zu ihr?
5
v^ir in
Wie
verhält sie sich aber
unser eigentliches
Thema
im
ein-
müssen wir unsere Stellung zu dieser Frage präzi-
treten,
Die folgenden Auseinandersetzungen,
sieren.
geschehen
soll,
bitte ich
in
denen dies
aber nicht im Sinne einer erschöp-
fenden Beweisführung aufzufassen, für die es mir hier an
Raum
fehlt,
sondern im Sinne der Verständigung mit
dem
Leser.
Wie
verhält
sich
Empfindungen sind
Empfindung zur Erregung?
die
das
sich
dungen
in
seinem weitesten Sinne ver-
daß es auch die sogenannten Gefühle mit umfaßt
stehen, so
und
Wenn
uns unmittelbar Gegebene.
wir das Wort Empfindung
Die
sowohl auf originale wie auf mnemische Empfin-
bezieht, so laßt sich unsere
ganze äußere und innere
Welt aus Empfindungselementeu aufbauen.
Diese bilden die
gegebenen Grundlagen, das »Bekannte«, das man nicht durch noch Einfacheres, Bekannteres näher definieren kann.
EiTCgung
ist
Wir verstehen
dagegen etwas Abgeleitetes, Erschlossenes.
darunter einen bestimmten Zustand eines Kör-
pers und zwar eines organischen Körpers, einen bestimmten
Zustand
der reizbaren Substanz
dieses Körpers.
Ehe wir
uns demnach au die Frage machen, wie verhalten sich Er-
regungen zu Empfindungen, müssen wir uns über die allgemeinere Frage klar werden: wie verhalten sich Körper zu
findungen?
Ich möchte hierauf mit einem Zitat aus
EmpMach ^
antworten: »Der Physiker sagt: Ich finde überall nur Körper
und Bewegungen von Körpern, keine Empfindungen; Empfindungen müssen also etwas von den physikalischen Objekten, 1
E. Mach, Die Analyse der Empfindungen.
4.
Aufl. 1903, S. 36.
;
Einleitung.
6 mit welchen ich verkehre,
Psychologe
Ihm
Grundverschiedenes
den zweiten Teil
akzeptiert
sind, das ist richtig, zunächst die
der
sein.
Der
Behauptung.
Empfindungen gegeben
denselben entspricht aber ein mysteriöses physikalisches Et-
was, welches nach der vorgefaßten Meinung von Empfin-
dungen gänzlich verschieden Wirklichkeit das Mysteriöse? die
Psyche? oder sind
sein
muß.
Was
ist
Ist es die Physis,
es vielleicht gar
beide?
aber in
oder
ist
es
Fast scheint
es so, da bald die eine, bald die andere in undurchdringliches
Dunkel
gehüllt, unerreichbar scheint.
Oder werden wir hier
vom bösen Geist im Kreis herumgeführt? Ich glaube das letztere. « Mach selbst erkennt den in solcher Weise hervorgekehrten schroffen Gegensatz zwischen Körper und Empfindungen in keiner Weise an, sondern sagt an einer an-
deren
»Ich sehe daher keinen Gegensatz zwischen
Stelle:
Psychischem und Physischem, sondern einfache Identität
bezug auf diese Elemente. Bewußtseins chisch.
ist
jedes
in
In der sinnlichen Sphäre meines
Objekt zugleich physisch und psy-
«
Was wir
einen Körper nennen, das
ist
uns zunächst und un-
mittelbar als ein Empfindungskomplex, und zwar als ein relativ
aber nicht absolut beständiger Komplex von Farben, Tönen,
Drucken usw. gegeben. Dieser Empfindungskomplex zwar nicht
setzt sich
für
den neugeborenen Menschen, für den es den
Begriff Körper
überhaupt noch nicht gibt^, aber für jeden
etwas entwickelteren Menschen sowohl aus originalen als auch aus mnemischen Empfindungen (unter Umständen nur aus letz1
Wieweit
bereits durch
die
für
diese Begriffsbildung wesentlichen Synthesen
die Beschaffenheit des
eine Frage
ererbten Engrammschatzes vor-
die ebenso interessant wie Eine gewisse erbliche Vorbereitung halte ich für sehr wahrscheinlich, gehe aber auf diese Frage hier nicht ein.
bereitet
sind,
ist
schwierig zu beantworten
ist.
für
sich,
Abgrenzung des Themas. teren)
zusammen.
Empfindung und Erregung.
Der Körperbegriff
einer sehr verwickelten,
wiewohl
ist
7
somit das Produkt
schließlich auf einen Schlag
vorgenommenen Synthese von Empfindungen.
Der Begriff
»organischer Körper«
und »reizbare Substanz«
nischen Körpers
nur besondere Unterfälle der eben an-
stellt
orga-
eines
gedeuteten Empfindungssynthese dar.
Wenn
wir nun von Erregung innerhalb eines solchen
Kom-
plexes sprechen, so denken wir dabei an irgend einen energetischen Vorgang in der reizbaren Substanz eines organischen
Körpers. Ein energetischer Vorgang
— wir brauchen auf seine
nähere Beschaffenheit gar nicht einzugehen, sondern können
ganz im allgemeinen sprechen
—
ist
wiederum
nichts unmittel-
bar Empfundenes, sondern etwas aus einer größeren Anzahl
von Wahrnehmungen mittelbar Erschlossenes.
Zur Annahme
einer Erregung in der reizbaren Substanz eines organischen
Körpers gelangen wir also durch eine außerordentlich lange Kette von Empfindungssynthesen. komplizierten
Wege
Empfindungen, nichts
mnemischer
als
Auf diesem langen und
wir bei genauerer Analyse nur
finden
Empfindungen
teils originaler,
Natur; keinerlei andere Elemente.
Von
teils
einer un-
überbrückbaren Kluft zwischen Empfindung und Erregung kann also keine
Rede
sein.
Was
bestehen bleibt,
ist
der allerdings
außerordentlich weittragende Unterschied zwischen unmittel-
bar Empfundenem und mittelbar Erschlossenem, ein Unterschied, dessen Tragweite für die konkreten Fälle uns gleich
noch deutlicher werden wird. Bisher haben wir nur von
dem
Verhältnis von Empfindung
zu Erregung im allgemeinen gesprochen.
Nun
sind wir be-
kanntlich durch zwingende Gründe genötigt anzunehmen, daß
jeder konkreten Empfindung ein besonderer Erregungsvorgang in
der reizbaren Substanz
des empfindenden Subjekts ent-
;
Einleitung.
8 spricht
1,
z.
B. jeder originalen Gesichtsempfindung:
Erregungs-
vorgänge in Netzhaut, Sehnerven und gewissen Gehirnab-
und
schnitten,
so
—
mutatis mutandis
— bei
allen originalen
Sinnesempfindungen. Aber nicht nur für Originalempfindungen
sondern ganz ebenso für mnemische Empfindungen.
gilt dies,
Beobachtungen pathologischer Fälle und experimenteller Ein-
haben zwingende Beweise dafür
griffe
mnemischen Empfindungsvorgang auch im Gehirn
entspricht.
daß jedem
geliefert,
ein
Umgekehrt wissen
Erregungsvorgang wir,
daß wir Er-
regungsvorgänge in unserer reizbaren Substanz unter
Um-
ständen auch dann anzunehmen haben, wenn eine Manifesta-
durch oberbewußte Empfindungen nicht vorhanden
tion
sondern
nur
Manifestationen
durch
objektive
ist,
Reaktionen
irgendwelcher Art vorliegen.
Ich will die hier in Betracht
kommenden Form zum Ausdruck
der folgenden tibersichtlichen
Möglichkeiten in bringen.
Erregung, erschlossen 1)
auf Grund einer unmittelbaren Empfindung;
2)
auf Grund mittelbarer Wahrnehmungen aus »objektiven«
Reaktionen (Feststellung von motorischen, plastischen oder Stoflfwechselsphänomenen) 3)
sowohl auf Grund einer unmittelbaren Empfindung
als
auch auf Grund mittelbarer Wahrnehmungen. Die physiologische Forschung
ist
nun auf zahlreiche ob-
jektive Befunde hin zu dem Resultat gelangt, daß zwischen einer
unmittelbar
durch
sie
wahrgenommenen Empfindung und der
manifestierten und als
solche
schlossenen Erregung, abgesehen von
stets
indirekt
er-
dem verschiedenen Be-
1 In welchem Sinne dies »entspricht« hier aufzufassen ist, wird im weiteren Verlauf unserer Erörterung (vgl. schon die folgende Seite) noch klarer hervortreten.
;
Abgrenzung des Themas. Empfindung und Erregung. griffsiuhalt der beiden,
9
auf den wir noch zu sprechen kom-
men, eine weitgehende Übereinstimmung anderen Beziehungen zu konstatieren
ist,
möglichen
in allen
vor allem in ihrem
das heißt der Art ihres Auftretens, ihrer
zeitlichen Ablauf,
Dauer und der Art
ihres Verschwindens,
sitätsverhältuissen.
Manche haben
und
in dieser
in ihren Inten-
Übereinstimmung
etwas höchst Wunderbares erblicken wollen, was besonderer
Vom
Hervorhebung und Benennung bedarf. derer, die in
Standpunkte
Empfindung und Erregung überhaupt und des-
halb also auch in einer konkreten Empfindung und der durch sie
repräsentierten Erregung etwas
blicken,
aber
ist
Verwunderung wohl
diese
erscheint
Wir! erblicken
Grundverschiedenes er-
diese
Übereinstimmung
in einer
Für uns
erklärlich.
selbstverständlich.
Erregung und ihrer Empfin-
dungsmanifestation nicht zwei getrennte Objekte, die sich unserer Beobachtung darstellen, sondern Stand-
dasselbe Objekt^ von zwei verschiedenen
punkten aus betrachtet:
als
Empfindung vom Stand-
punkt des unmittelbar hingenommenen Bewußtseinsvorgangs als
Erregung dagegen höchst mittelbar durch die verwickelten
Empfindungssynthesen hindurch, die uns dazu führen, daß wir Komplexe von Farben, Tönen, Drucken usw. als Körper war wohl der erste, der diese Auffassung verund durch einen bekannten, viel zitierten Vergleich illustriert hat. - Ich halte es deshalb auch nicht für zweckmäßig, dieser Beziehung zwischen Empfindung und Erregung den Namen »psychophysischer 1
G. Th. Fechncr
treten
Parallelismus«
zu gebeu.
Was
mir dabei bedenklich scheint,
ist
die
Benutzung des Ausdrucks Parallelismus, der den Gedanken SDggeriert, CS handle sich um zwei verschiedene, nebeneinander herlaufende Vorgänge. Einer solchen falschen Auffassung wird durch Anwendung dieses Worts Vorscliub geleistet. In einer derartigen Fundamentalfrage kann ein zu Mißverständnissen verleitendes Wort unermeßlichen Scha-
den
stiften.
Vgl. darüber auch A. Forel: in Festschrift für
Leipzig 1906.
J.
Kosenthai,
.^-
;".r7-*^^.
Einleitung.
10
zusammenfassen, und, indem wir die Eulie oder Bewegung solcher
Körper
geleistete
daraus
zur Bildung
gewinnen,
Arbeit
Energieerscheinung
wie
und
unterscheiden
ein
solcher
Maß
für
Begriffe,
energetischer Vorgang
oder
fort-
schreiten.
Wenn
wir Erregung als besonderen energetischen Vorgang
der reizbaren Substanz eines Organismus definieren, so legen wir,
wie erwähnt, dem Begriff eine Bedeutung oder einen Inhalt der das Produkt einer langen Kette von Abstraktionen und
bei,
Kom-
binationen aus zahlreichen auf dieses Schlußverfahren hinzielenden Empfinduugsinhalten berechtigt sind,
Daß
ist.
wir dazu durchaus
braucht hier nicht näher auseinandergesetzt
Andrerseits aber dürfen wir nie vergessen, daß
zu werden.
dieser Begriffsinhalt unser eigenstes
Werk
ist,
das Resultat
zahlloser Empfindungssvnthesen. Bleiben wir uns dieser unserer
eigenen Tätigkeit bewußt, so kann
daß eine Empfindung,
z.
B.
ihr entsprechende Erregung, in
Netzhaut,
sonstigen
Sehnerven,
es
uns nicht wundern,
eine Lichtempfindung und also
Sehsphäre des Gehirns, bei
Übereinstimmung
in
die
der energetische Vorgang
unserem
Bewußtsein
aller
einen
ganz verschiedenen Inhalt haben: hier eben Lichtempfindung, energetischer Vorgang
dort
Substanz.
Denn unsere
in
einer
bestimmten reizbaren
Tätigkeit hat ja lediglich in der
Schaffang des neuen Begriffsinhalts bestanden, und so versteht
und
sich
die
diesbezügliche Verschiedenheit von Erregung
ihr entsprechender
Empfindung von
selbst.
Soviel zur Erläuterung der Anschauung, die wir in
Satz zusammengefaßt
dung und der
um
ein
ihr
haben,
bei
dem
einer bestimmten Empfin-
entsprechenden Erregung handle es sich
und denselben Vorgang, der nur von verschiedenen
Standpunkten aus betrachtet wird.
Die Verschiedenheit dieser
H
Abgrenzung des Themas. Empfindung und Erregung.
Betrachtung besteht ganz einfach darin, daß bei unmittelbarer Betrachtung (Introspektion) auf den direkt
Empfinduugsinhalt
vom
tung
gegebenen
eingestellt wird, bei der Betrach-
selbst
energetischen Standpunkt
dagegen auf ein
aus
Produkt der Abstraktion und Kombination sehr vieler mittelbar verknüpfter Empfindungen.
meinsame Objekt
nach der Betrachtungsweise ganz
sich je
verschieden im Bewußtsein
Im
übrigen,
was
Kein Wunder, daß das ge-
spiegelt.
Bedingungen
die
und
die
Weise des Auftretens einer Empfindung und der
Art
und
ihr
ent-
sprechenden Erregung sowie ihre Intensitätsverhältnisse, anbesteht eine weitgehende Übereinstimmung zwischen
langt,
Diese
ihnen.
ist
notwendigerweise eine vollständige
den Fällen, in denen die Erregung einzig und
Grund wird
in allen
allein
auf
einer besonderen Empfinduugsmanifestation erschlossen
(Fall 1, S. 8.)
Etwas anders liegen aber
die
Dinge
in
anderen Fällen, in denen man eine bestimmte Erregung nicht auf ein
so
einseitig
von einem
aufgenommenes Material hin
einzigen
erschließt,
Standpunkt aus
sondern die Ergeb-
nisse anderer, teils mittelbarer, teils unmittelbarer, aber von
anderem Standpunkt aus gewonnener Wahrnehmungen mitverwertet.
So kann
es
zum
Beispiel
vorkommen,
—
und wir werden
im Laufe unserer weiteren Erörterungen nicht wenige derartige Fälle
kennen lernen
einer Reihe von
zweier
—
daß zuweilen da, wo wir aus
Gründen unbedingt auf das Vorhandensein
verhältnismäßig
getrennter
Erregungen
schließen
müssen, beide zusammen sich doch nur durch eine einzige unmittelbare
Empfindung manifestieren.
Aus
einer solchen
Sachlage hat man früher schließen zu müssen geglaubt, daß die
»physischen«
Erregungen un verschmolzen bleiben, daß
Einleitung.
12
»psychischen Sphäre« eine Verschmelzung der
aber in der
durch
Erregungen
jene
Empfindungen
»hervorgerufenen«
stattfindet.
Wir dagegen sehen
diese Dinge von einem ganz anderen
Erregung und Empfindung können für
Standpunkt aus an. uns unmöglich im
Verhältnis
und Wirkung
von Ursache
Wahrnehmung
stehen, sondern entsprechen der
jekts von verschiedenen Standpunkten aus.
desselben Ob-
Daß
diese Ver-
schiedenheit des Standpunkts, auch abgesehen von der in der
Natur der Sache liegenden Verschiedenheit der Auffassung der betrachteten
Objekte,
und da auch noch
hie
Verschiedenheiten bedingen kann,
Zwei Sehobjekte können
zu erklären.
durch einen Vergleich erläutern.
Ich will dies zunächst
punkt aus
ist leicht
andere
sich
von einem gewissen Stand-
den Beschauer rein physikalisch so decken,
für
daß unter diesen Umständen nur ein einziges wahrgenommen
werden kann.
nimmt
er
Verläßt der Beschauer diesen Standpunkt, so
von vielen anderen Standpunkten aus zwei Objekte
wahr; seine erste Beobachtung steht aber nicht im Widerspruch mit den späteren, sondern ren nur ergänzt
Nun nicht
ist
so
wenn
Seiten
sie
als
ich
ein
her betrachte,
wenn
ich
mene Empfindung mit der schlossenen
letzte-
die Verschiedenheit des Standpunkts
Sehobjekt weil
ich
von zwei hier in
zwei unmittelbare Empfindungskomplexe
vergleiche,
eine
unmittelbar
ihr entsprechenden,
Erregung, vergleiche.
Aber
Augenblick für uns das Wesentliche gleich.
wird durch die
erweitert.
allerdings
groß,
schiedenen Fällen
und
Die Erregung
ins
Auge
ist,
fassen,
in
als
ver-
beiden solche
wahrgenomindirekt er-
dem, was im
liegen
beide Fälle
also den
Vorgang
von der energetischen Seite betrachten, heißt eben nichts an-
Abgrenzung des Themas. Empfindung und Erregung. deres, als die Ergebnisse
13
der Betrachtung von allen mög-
lichen Standpunkten zusammenfassen.
Mit dieser Zusammen-
kann niemals das Ergebnis der Betrachtung von
fassung
einem einzelnen Standpunkt aus
Denn jener Einzelstandpunkt mittelbaren Empfindung)
(in
in
Widerspruch
stehen.
unserem Falle der der un-
muB eben
mitberücksichtigt und das
Gesamtresultat dementsprechend korrigiert werden.
Ein Zwie-
Wohl aber vom allgemeinen Standpunkt aus ein umund wird oft dem vom Einzelstandpunkt
spalt ist hier also schlechthin unmöglich. wird das Ergebnis fassenderes sein,
Mehr
enthalten.
demnach
für unsere
gegenüber ein
So
liegt
Anschauungen durchaus kein
Widerspruch darin, daß wir unter Umständen aus bestimmten
zwingenden Gründen das Vorhandensein von zwei (oder mehr) getrennten Erregungen annehmen müssen, zweifellos
nur
eine
einzige
während ebenso
Empfindungsmanifestation
diese beiden Erregungen in Erscheinung
tritt.
für
Wir werden
im Laufe der folgenden Untersuchungen bei verschiedenen Gelegenheiten auf derartige Fälle stoßen und werden,
wohl
es
sich
dabei
um Empfindungen
ob-
aus allen möglichen
Sinnesgebieten handeln kann, in Anlehnung
an den oben
herangezogenen Vergleich, in solchen Fällen von Deckung der einen Empfindung durch die andere sprechen.
Niemals kann dagegen der umgekehrte Fall vorkommen,
daß wir genötigt sein könnten,
für
zwei getrennte Empfin-
dungsmanifestationen das Vorhandensein nur einer entspre-
chenden Erregung anzunehmen. Denn es lagen, auf die wir an der
Hand
ist
eine der Grund-
unserer reizphysiologischen und
pathologischen Erfahrungen den Begriff der Erregung aufgebaut
haben, daß durch eine gesonderte Empfindung mindestens ein gesonderter energetischer Vorgang in der reizbaren Substanz
Einleitung.
14
Jene
gelangt.
zur Manifestation
Annahme würde
also
in
Widerspruch zu einer der Voraussetzungen stehen, die bei der Schaffung des Erregungsbegriifs Pathe gestanden haben, einen Widerspruch gegen eine Grundvoraussetzung enthalten,
von der wir bei
gangen
Schaffung
des
Begriffs Erregung
ausge-
sind.
Ich verlasse diesen Gegenstand, bei dessen Erörterung der Leser vielleicht den Eindruck gehabt hat,
dabei
um
nahezu selbstverständliche über
klare Überblick
diese
daß es sich
Dinge handelt.
selbstverständlichen Dinge
Der ist
aber eine Hauptbedingung für das Verständnis verschiedener
von uns später zu behandelnder Grundprobleme, besonders für
die richtige Auffassung
der Homophonie,
und
die
Ge-
und der Psychologie der Empkaum etwas verwirrender gewirkt und
schichte der Reizphysiologie
findungen lehrt, daß
den Fortschritt der Einsicht in die allgemeinen Zusammen-
hänge mehr gehemmt
hat, als die
Verkennung dieser
Selbst-
verständlichkeiten.
Wir haben
in unseren
obigen Darlegungen an
denen Stellen hervorgehoben, die Empfindung
verschie-
sei
die im-
mittelbar gegebene Bewußtseinstatsache, die durch sie manifestierte
Erregung dagegen das auf Grund
Wahrnehmungen
vieler mittelbarer
Erschlossene. Der erste Teil dieser Aussage,
der die Empfindung
betrifft,
bedarf aber jetzt noch einer ge-
wissen Einschränkung und Erläuterung.
Tatsächlich sind uns
nämlich nicht Einzelempfindungen das unmittelbar Gegebene, sondern zusammenhängende Empfindungskomplexe, der ganze Bewußtseinsinhalt eines
solchen
des
jeweiligen
Bewußtseinsinhalts
Augenblicks. unterscheiden
Verschiedenheiten; er bildet nichts Homogenes,
Innerhalb
wir zwar aber seine
verschiedenen Komponenten gehen mehr oder weniger kon-
Abgrenzung des Themas.
Empfindung und Erregung.
15
gut durch einen Vergleich
Man kann dieses Verhältnis mit dem menschlichen oder
rischen Körper
Unser Körper
tinuierlich ineinander über.
nuierliche,
die der
erläutern.
Anatom
künstlich auflöst,
Gefäße »herauspräpariert«.
deren
eine konti-
wenn
Schaffung
er Muskeln, Nerven,
Diese Organe, als selbständige
allerdings
ihre
da man sich nur auf diesem
sind
Kunstprodukte, Berechtigung
vollständige
Wege
verwirrenden
in der
Mannigfaltigkeit des Gesamtkörpers zurechtfinden kann.
muß man
sich
des willkürlichen Eingriffs, den
analysierende
diese
bleiben
tie-
zusammenhängende, aber nicht homogene Einheit,
Gebilde dargestellt und betrachtet,
hat,
bildet
sehr
und darf
Behandlung
vornimmt,
man
stets
Doch durch
bewußt
die selbstgeschaffenen Kunstprodukte
nie
als natürliche Einheiten ansehen.
Genau lyse
in derselben
Lage befinden wir uns bei der Ana-
eines Bewußtseinsinhalts.
Auch ihn können wir nur
genau studieren, indem wir ihn analysieren, und auch bei dieser Analyse
müssen wir vorhandene Verbindungen lösen
und durch willkürliche Schnitte Grenzen schaffen, die Wirklichkeit nicht vorhanden sind.
auf diese
Frage im nächsten Kapitel wird dies noch deut-
licher hervortreten lassen;
daß
es
unmöglich
gestattet, die
Elemente,
in
Ein näheres Eingehen
ist,
auch wird sich daraus ergeben,
ein Kriterium aufzustellen, welches es
Auflösung eines Bewußtseinsinhalts
in
Elementarempfindungen
in natürliche
durchzuführen.
Wir
werden sehen, daß eine solche Durchführung nur unter An-
wendung derselben bewußten Willkür möglich tom
bei seiner
ist,
die der
Ana-
Analyse des menschlichen Körpers anwendet.
Ebenso aber wie jede Analyse eines Bewußtseinsinhalts stets
nur Kunstprodukte schaffen kann, und die Einzelemp-
findung deshalb nichts unmittelbar Gegebenes
ist,
sondern sich
<
Einleitung.
16 bereits
das Produkt
als
einer Abstraktion
ebenso
erweist,
wird die Zusammenfassung der Komponenten eines Bewußtseinsinhalts in verschiedene
und
Hauptgruppen oder »Grundformen
ihre Gegenüberstellung
etwas sein, bei
stets
Ermessen des Untersuchenden das Maßgebende sich
eben
dabei
Stellen natürliche
nicht
vermeiden
Zusammenhänge
läßt,
daß
ist,
dem das weil es
an gewissen
gelöst, willkürliche
Gren-
zen gesetzt werden.
Wenn manche eine
Psychologen vier (oder mehr), andere nur
beschränktere Anzahl von
Grundformen
koordinierten
psychischer Elemente, wie Empfindungen, Gefühle und Vorstellungen unterscheiden, wieder andere mit einer noch klei-
neren Anzahl auskommen zu können glauben, also
so ist
dies
mehr oder weniger Sache des persönlichen Gutdünkens.
Ich für mein Teil stimme mit denjenigen Psychologen Uberein,
die der Ansicht sind,
daß man mit einer Klasse von
psychischen Elementen auskommt,
den Empfindungen.
Sie
begreifen die Gefühle als eine besonders zu charakterisierende
Art
von Empfindungen oder Empfindungstörungen
und
die Vorstellungen
sind,
in
sich,
wie wir unten sehen werden,
nur eine besondere Klasse von Empfindungen.
Darüber herrscht wohl unter allen auf naturwissenschaftlichem Boden stehenden Psychologen Übereinstimmung, daß das einfache Gefühlselement nichts Selbständiges, neben der
Empfindung ist.
für sich Bestehendes, isoliert
von
»Schmerz und Lust können«, wie Mach
ihr Auftretendes
sagt, »mit
nicht so gut analysiert
findungen,
(a. a.
Recht Empfindungen genannt werden.
vielleicht
schränkt als
letztere.
und so geläufig
als
die
0. S. 17)
Sie sind nur
Sinnesemp-
auch nicht auf so wenige Organe be-
Schmerz und Lustempfindungen bilden
einen wesentlichen Inhalt aller sogenannten Gefühle.
Was
Abgrenzung des Themas. Empfindung und Erregung.
uns
noch
sonst
Gefühlen
zum Bewußtsein kommt, wenn wir von
ergriffen
weniger
diffuse,
zeichnen.
«
können
werden,
wir
nicht scharf lokalisierte
Es gibt Psychologen, die die Lust-
17
mehr
als
oder
Empfindungen be-
sich nicht darauf beschränken,
und Unlustempfindungen von den übrigen Sinnes-
empfindungen abzugrenzen und
als
unlöslich verknüpft mit anderen
Empfindungen
Gefühle, oder
wenn
sie
auftreten, als
Gefühlsbetonungen dieser Empfindungen zu bezeichnen, sonumfassenderes Abgrenzungsprinzip
dern die ein wesentlich
Anwendung
zur
Bestandteil
bringen.
einer
Sie definieren als Gefühl denjenigen
Empfindung,
den unser Bewußtsein auf
unser eigenes Subjekt bezieht, während die übrigen Bestandderselben Empfindung auf ein Objekt der Außenwelt,
teile
unter
Umständen auch auf einen dem ganzen übrigen Ich
gegenübergestellten Teil des eigenen Körpers bezogen werden.
Also von den verschiedenen Bestandteilen der Empfindung: das Stück Zucker, das ich auf meiner Zunge fühle,
schmeckt süß, die Süße empfinde ich ist
eckig,
etwas Angenehmes,
nur der letztere, speziell auf mein Ich bezogene Bestand-
Aber auch bei der Organempfindung: meine
ein Gefühl.
teil,
Lippe
ist
geschwollen, ich empfinde
empfinde ihren lebhaften Puls, ist
als
ist
wiederum nur diese
Seite dieses
Teile
sie als
alles dies ist
letzte,
gespannt, heiß,
mir unangenehm,
auf das ganze Ich bezogene
Empfindungskomplexes ein Gefühl, weil die übrigen
des Empfindungskomplexes
dem übrigen
auf das
in
diesem Falle
Ich als Objekt gegenübergestellte Organ, die
Lippe, bezogen werden.
Es
ist
klar,
daß hieraus bei man-
chen unbestimmten, dumpfen Empfindungen besonders innerer
Organe
für die
Anwendung
dieser Definition
manche Schwierig-
keiten entstehen werden, die sich bei der einfachen Lust-UnlustSemon, Mneme.
II.
2
Einleitung.
18 definition der seits ist
Gefühlsbetonungen nicht fühlbar machen. Andrer-
anzuerkennen, daß solche Seiten der Empfindungen
wie das mit ihnen verbundene oder auf
folgende innere
sie
Erlebnis der Spannung oder der Lösung, der Aufregung oder
Beruhigung,
zwungen
sich
bei
Anwendung
in die Kategorie der
dieser
Definition
Gefühlsbetonungen jener
findungen einreihen lassen, während es
oft
schwer
unge-
Empsie
fällt,
vollkommen unter das Lust-Unlustschema zu bringen, obwohl sie
wohl nur selten von dieser Gefühlsnote
völlig frei sind.
Welcher Abgrenzung man aber auch den Vorzug besteht kein zwingender Grund,
Empfindungen oder die reine Schmerzempfindung als
ganz besondere Elemente neben
stellen, statt sie
gibt,
die Gefühlsbetonungen
die
es
der
als solche
Empfindungen zu
ihnen bei- und einzuordnen.
Es bleiben demnach nach dem Vorgange
vieler,
nicht der meisten neueren Psychologen nur noch
selbständig zu unterscheidende Arten
einfachster
wenn
zwei als seelischer
Gebilde: die Empfindungen und die Vorstellungen i.
Die Vertreter dieser beiden Gruppen von Komponenten eines Bewußtseinsinhalts sind allerdiugs in zwei Beziehungen
deutlich
von einander gesondert.
schaffenheit, wie stellt.
1
Erstens
durch
ihre
Be-
dem Bewußtsein darArt und Weise ihrer Auslösung.
sie sich unmittelbar
Zweitens durch die
Ich verstehe hier und im folgenden den Ausdruck »Vorstellung«
dem engeren Sinne der »Erinnerungs- oder Phantasievorstellung«, in dem er von einer sehr großen Anzahl von modernen Psychologen gebraucht wird, und nicht in dem erheblich weiteren Sinne, in dem
in
ihn
z.
B. Wolff, Kant, Herbart gebrauchen, die
ihn auf alle intellek-
dem weiteren Sinne definiert Psychologie Bd. I, 1902, S. 34ö— 347).
tuellen Bewußtseinsinhalte ausdehnen.
In
ihn auch Wundt (Grundzüge d. Die Verwendung desselben Terminus für zwei so verschieden definierte Grundbegriife ist natürlich schon unzählige Male die Quelle von Unklarheiten und Mißverständnissen geworden.
Abgrenzung des Themas. Empfindung und Erregung.
Nur wenn
die erstgenannte Art
19
der Unterscheidung ein
durchgreifendes Kriterium gäbe, wären wir meiner Ansicht nach berechtigt, die sogenannten Vorstellungen nicht mit zu den Empfindungen zu rechnen.
Zwar haben wir
in der
Dies
an ihrer
die Originalempfindungen
keit,
haftigkeit (»Vividität«, Intensität
scheiden.
aber nicht der Fall.
viel
größeren Leb-
wie ich es zur Unterscheidung von
nennen werde) unmittelbar
und von den meist
ist
Mehrzahl der Fälle keine Schwierig-
viel blasseren
als solche
zu erkennen
»Vorstellungen«
Dieses Unterscheidungsmerkmal
i"st
zu unter-
aber, wie des
näheren im 12. Kapitel nachgewiesen werden wird, in keiner
Beziehung ein durchgreifendes fere
;
man
sobald
es für eine schär-
Grenzbestimmung zu verwerten sucht, versagt
es.
In
durchaus nicht seltenen Fällen und durchaus nicht nur unter
anormalen Umständen
von
ist
Originalempfindungen
schlechterdings unmöglich,
eine unmittelbare Unterscheidung
und
sogenannten
Vorstellungen
und daraus hat man notgedrun-
generweise die Konsequenz zu ziehen, daß beide Arten von
Komponenten der Bewußtseinsinhalte zunächst unter einem
Sammelnamen zusammenzufassen und dann schaftsworte zu trennen sind,
hungsweise kennzeichnen.
sprechende. ist,
Als dieser
durch Eigen-
Sammelname
»Empfindung«
mir die Bezeichnung
erst
die ihre verschiedene Entste-
Schon deshalb, weil
als
erscheint
das einzig Ent-
es eine Bewußtseinstatsache
daß eine lebhafte sinnliche »Vorstellung« auch wirklich
empfunden,
ein
in
Gedanken nachgefühlter Schmerz auch
wirklich gefühlt wird.
Ein durchgreifendes Unterscheidungsmerkmal haben wir also nicht in der
arten,
wie
sie
finden können;
Beschaffenheit der beiden Empfindungs-
sich
unmittelbar
dem Bewußtsein
darstellt,
wohl aber finden wir ein solches in der 2*
Art
20
Einleitung.
und Weise ihrer Auslösung. dings
ein
allgemeingültiges
Hierin besitzen wir aller-
Kriterium,
schluß an meine Ausführungen
in der
das
im
ich,
»Mneme«, wo
An-
sie sich
auf das allgemeine Gebiet der Erregungen jeder Art und jeder Manifestations weise bezogen, durch folgende Gegenüberstellung präzisieren möchte: Die Auslösung
und Aufrechterhaltung eines
bestimmten Komplexes von Originalempfindungen
dem Auftreten und abhängig.
von
der Andauer eines bestimmten Reizkomplexes
Zur Auslösung desselben Komplexes in Gestalt
mnemischen Empfindungen,
von
ist
die oft weniger lebhaft
sind als ihre originalen Vorläufer, es aber nicht notwendiger-
weise zu sein brauchen, bedarf es nur des Auftretens eines Bruchteils jenes Reizkomplexes oder auch nur das eines seiner Vorläufer.
plexes
Die Andauer des mnemischen Empfindungskomin
steht
keinem direkten
erster Linie
in
zur
Umwegen) aus-
wie wir sagen wollen, ekphoriert hat, sondern
gelöst, oder, ist
zeitlichen Verhältnis
(direkt oder auf
Andauer des Reizes, der ihn
abhängig von der Dauer der Original-
empfindungen, die die Vorläufer der betreffenden mnemischen
Empfindungen gewesen
sind.
Die
näheren Ausführungen
hierüber werden im zwölften Kapitel des vorliegenden Buchs folgen.
Um
noch einmal
kurz
zusammenzufassen:
Wir
unter-
scheiden in einem Bewußtseinsinhalt als allerdings stets mehr
oder weniger willkürlich
dungen und
isolierte
Elemente nur
koordinierte Elemente, sondern nur als besondere
bzw.
Arten
Empfin-
betrachten die Gefühle nicht als selbständige
der
Empfindungen.
Diese
Empfindungen im
weitesten Sinne teilen wir ein in originale und
Empfindungen, wobei
uns als
Tönungen
mnemische
durchgreifendes Unter-
scheidungsmerkmal ein nur mittelbar festzustellendes Moment,
Abgrenzung des Themas. Empfindung und Erregung.
21
Art und Weise ihrer Auslösung und Aufrechterhaltung
die
Das unmittelbare Merkmal der größeren oder
dient.
geren
Vividität
ist
kein
durchgreifendes
gerin-
und deshalb
für
Grenzfälle nicht zu gebrauchen.
Den Originalempfindungen entsprechen bei der Betrachtung vom energetischen Standpunkt aus die Originalerregungen; den mnemischen Empfindungen diemne-
mischen Erregungen.
Die Originalempfindungen haben
wir als die Vorläufer der mnemischen bezeichnet, und zwar besteht hier ein Abhängigkeitsverhältnis der Art, daß,
wenn
wir von einer mnemischen Empfindung sprechen, in dieser
Ausdrucksweise bereits die notwendige Voraussetzung ent-
daß
ihr
vorausgegangen
ist.
halten
ist,
verhältnisses
Auf
werden wir
näher eingehen. ergibt
entsprechende Originalempfindung
eine
aber als
Natur dieses Abhängigkeits-
die
unseren weiteren Erörterungen
in
Die bloße Tatsache seines Vorhandenseins
Vorbedingung
für
das Studium
der mne-
mischen Empfindungen eine nähere Orientierung über gewisse Seiten der Originalempfindungen, weil sie von ihnen als
von ihren Vorgängern abhängig sind,
ihrer Ekphorie beteiligt
sind,
und weil
sie
weil sie oft an sich häufig mit
ihnen zu neuen Einheiten verbinden.
Wenn tung nicht,
über
wir uns jetzt zunächst zu einer näheren Beti'ach-
der Originalempfindungen wenden, so geschieht dies
um sie
schungen
eine Übersicht alles
dessen zu geben, was uns
durch sinnesphysiologische und psychologische Forbisher
bekannt
geworden
ist.
Das ungeheure
Tatsachenmaterial, das von diesen beiden Seiten bisher zu-
sammengetragen worden beschäftigen,
als seine
der mnemischen
ist,
wird uns vielmehr nur insoweit
Kenntnis für die richtige Auffassung
Empfindungen Vorbedingung
ist.
Gerade
Einleitung.
22 die hier einschlagenden
Fragen sind aber bei der gewöhnlich
üblichen Behandlung der Sinnesphysiologie und der Psychologie nur flüchtig, oft gar nicht berührt worden, so
nicht gerade auf
daß wir
ausgetretenen Pfaden zu wandeln
werden, und unsere Betrachtung da,
wo
sungen bringt, doch neue Probleme zu
sie nicht
stellen
haben
neue Lö-
haben wird.
Erster Teil
Die Originalempflndungen
.
Zweites Kapitel. Die synchrone Phase. Eiuzelempflndnng nnd Nebeneinander der Empfludungen.
Wir
leiten
unsere Untersuchungen mit einer kurzen Re-
kapitulation einiger Ergebnisse ein, zu denen wir bereits in
der
»Mueme« gelangt waren. Wir hatten
den Reiz
definiert
als
Veränderungen
nismus hervorruft.
(2.
Aufl., S. 15)
»eine energetische Einwirkung auf den
Organismus von der Beschaffenheit, daß zierter
dort
Reihen kompli-
der reizbaren Substanz des Orga-
in
Den
sie
so
veränderten Zustand des Orga-
nismus, der so lange andauert wie der Reiz, bezeichnen wir
synchronen] Erregungszustand.
als [den
regungszustandes
ist
Das Wesen des Er-
uns im Grunde unbekannt.
kleiner Bruchteil von begleitenden
Nur
ein
Nebenmomenten sowie von
Folgeerscheinungen des großen Heeres von Veränderungen, die den Erregungszustand fest.
Alles
das,
charakterisieren, wird uns mani-
was uns im Anschluß an
die Erregung
manifest wird, seien es nun mehr unmittelbare oder mehrmittelbare Manifestationen des
wir
Reaktion
als
zeichnen
des
Erregungszustandes, pflegen
Organismus
auf
den
Reiz
zu
be-
«
»Die veränderten Zustände, die aus der Reizwirkung resultieren,
können auf
allen Gebieten organischen
zutage treten, also auf
dem
Geschehens
Gebiete des Stoffwechsels (che-
Die Origiualempfindungen.
26
mische Reaktionen), dem Gebiete des Formwechsels (Bewegungs- und Wachstumszustände), endlich in der Bewiißtseins-
Über
sphäre (Empfindungszustände). halten
wir
direkte Auskunft
am
nur
Eeaktionen
letztere
er-
eigenen Organismus
durch das eigene Bewußtsein«.
Die Wirkung eines Reizes, die unmittelbar oder beinahe
und ebenso
unmittelbar nach Einsetzen des Reizes auftritt
nach Aufhören des Reizes verschwindet, bezeichne ich als die
synchrone Reizwirkung.
Die durch
regungs- bzw. Empfindungsphase
sie
bezeichne
bedingte Er-
ich
schließt
sich
unmittelbar
nach
Aufhören
Phase des Abklingens an, die ich Die Erregung (bzw.
zeichne.
als
des
syn-
als
An
chrone Phase der Erregung bzw. Empfindung.
Reizes
sie
eine
akoluthe Phase bewährend
Empfindung)
ihrer
synchronen und ihrer akoluthen Phase zusammen bezeichne ich
als
Originalerregung
Originalempfindung].
(bzw.
Die Gleichzeitigkeit von Reizdauer und synchroner Erregungsmanifestation
ist
keine vollständige, weil
allerdings
diese Manifestation erst nach einer meßbaren, freilich meist
sehr kurzen Zeit nach
und ebenso
erst
dem Beginn
des Reizeinfalls
eintritt,
etwas nach dem Aufhören des Reizes verebenso selbstverständlich, wie daß das
schwindet.
Dies
elektrische
Läutewerk
ist
erst
den
Bruchteil
einer
Sekunde
nach Auftreten des Fingerdrucks zu läuten beginnt, und sein Geläute das Aufhören des Fingerdrucks
um
ebenso lange
Zeit überdauert.
Ich habe hier zunächst,
der
Mneme
pitel diese
anzuknüpfen,
um
an meine Ausführungen
wo man im
Fragen ausführlicher
ersten einleitenden
in
Ka-
erörtert findet, die Betrach-
tungen von der energetischen Seite her aufgenommen. Dazu ist
man
aber überhaupt gezwungen, sobald
man den
Reiz-
Die synchrone Phase. Einzelerapfinduug und Nebeneinander.
das
für
Zustandekommen der
Empfindungen sucht,
man
die
Verfahren
als
ergibt
es
daß man
löst eine
etwas durchaus Natürliches,
d. h.
ein bestimmter energetischer
Erregung
d. h.
einen sekundären energe-
in der reizbaren
Substanz aus, und dieser
manifestiert sich uns durch
Was
haben
festzulegen
Bei diesem
als
sich
Vorgang,
Vorgang
unmittelbaren
Reize zu bezeichnen pflegt.
sagt: ein Reiz,
tischen
eigenen
Bedingungen
äußeren
die
wenn
das heißt auch dann,
begriff zu definieren versucht,
man
27
wir
stehen? Wie wir schon
eine entsprechende Empfindung.
>eine«
unter
Empfindung
in der Einleitung (S. 15)
zu
ver-
ausgesprochen
haben, wie wir aber erst jetzt genauer nachweisen werden,
das Produkt einer willkürlichen Trennung, eine natürliche Einheit, auflösen, in
als
Ganzes,
ohne imstande zu sein, die kleineren Elemente,
wir
die
durch die wir
den Bewußtseinsinhalt
ihn
auflösen,
anders
als
willkürlich
zu
um-
grenzen.
Der Bewußtseinsinhalt, dungen,
ist
h.
d.
ein
Komplex von Empfin-
das unmittelbar Gegebene,
das wirkliche psy-
chische Erlebnis; die Einzelempfindung dagegen
ist
eine
straktion, die niemals als selbständiges Erlebnis realisiert
Freilich ist sie durchaus
nicht
immer eine Abstraktion,
auf komplizierten Denkprozessen beruht, sondern
oft
Abist.
die
genug
ein Prozeß, den der naivste Mensch, das noch unentwickelte
Kind, sozusagen reflektorisch,
Wenn
d. h.
ohne Reflexion, vornimmt.
mich während einer Theater- oder Musikaufführung
jemand hinterrücks mit
einer Nadel sticht,
lokale Schmerzempfindung scharf getrennt
so
habe ich die
und scheinbar ohne
jede Beziehung zu den übrigen im gleichen
Moment vorhan-
denen optischen, akustischen und sonstigen Empfindungen.
Man wird
deshalb wahrscheinlich behaupten, daß gesagt werden
Die Originalempfindungeu.
28
man habe
müsse,
hier
Schmerz
den
als
übrigen Empfindungen durchaus Getrenntes
man
findet
den
Begnügt
erlebt.
Heraushebung einzelner beson-
sich aber nicht mit der
derer Fälle,
von
etwas
sondern überschaut
man
das Gesamtgebiet, so
man, daß in der Regel die Abgrenzung und Heraus-
hebung einer bestimmten Empfindung aus dem Ganzen des simultanen Komplexes ein Akt der Willkür stimmter
Maßstab
mierung
der
oder
eine
Abgrenzung
ist,
und ein beNor-
gesetzmäßige
sonstige
schlechterdings
gefunden
nicht
werden kann. Suchen wir zunächst einmal ein Prinzip der Teilung eines Simultankomplexes, der Auflösung in Elemente auf dem Gebiet einer
bestimmten Sinnesempfindung
sichtsempfindung.
B.
dem
der Ge-
Betrachten wir beispielsweise eine unsern
Gesichtskreis ausfüllende, mit einer rot-
Tapete bedeckte Wand.
dungskomplex
z.
Sie
innerhalb
aus,
löst
und goldgemusterten
einen optischen Empfin-
dessen wir rote und goldene
Komponenten unterscheiden können,
System verschlun-
ein
gener, ein eigentümliches Netzwerk bildender goldener Ara-
besken, die sich von einem roten Grunde abheben.
Darf man
nun sagen, die Elemente dieses Empfindungskomplexes seien die
Elementarempfindung Rot und die Elementarempfindung
Gold? In dem zusammenhängenden Muster der goldenen Arabesken lassen sich noch einzelne Teile Früchte unterscheiden. Einheiten darstellen.
daß
ihr
Sie
als
Blumen, Blätter und
würden doch noch elementarere
Bei näherem Zusehen sieht
Goldton kein einheitlicher
ist,
man
aber,
sondern aus neben-
einander gesetzten stumpferen und glänzenderen Flecken besteht.
Also noch kleinere Elemente, und diese elementare
Auflösung eines optischen Empfindungskomplexes kleinere Elemente,
kann man
bei
Wahl
in
immer
geeigneter Objekte
29
Die synchrone Phase. Einzelerapfindung und Nebeneinander.
noch nebeneinander liegende Punkte
SO lange fortsetzen, als
—
gesondert unterschieden werden können, also gisch
ausgedruckt
—
als
fallen.
man
der Sphäre der Hautempfindungen wäre
Innerhalb
gezwungen,
ebenfalls
noch auf zwei
diese Bildpunkte
verschiedene Zapfen der Retina
physiolo-
der
in
durch
den einzelnen Druck-
oder Temperatur- oder Schmerzpunkt vermittelten Empfin-
dung das
eigentliche
Element der betreffenden Empfindung
Absolut rein sind diese Elemente aber in der
zu erblicken.
ungeheuren Mehrzahl der Fälle nur unter den besonderen Bedingungen des Laboratoriums herzustellen.
Sie begegnen uns
im gewöhnlichen Seelenleben nur ganz ausnahmsweise und keineswegs
stellen
als
das
vor,
was
das
Empfindung zu bezeichnen
einfache
Bewußtsein
naive
Immerhin
pflegt.
wäre daran zu denken, daß hier eine Handhabe zu einer natürlichen
Man
sei.
Elementaranalyse könnte
dann
der
sagen,
Empfindungen
gegeben
daß
Analyse
der
bei
eines solchen Empfindungskomplexes in natürliche Elemente
jedes Element dadurch charakterisiert sei,
daß seine Aus-
lösung sich auf die Reizung eines bestimmten körperlichen Elements, eines nervösen Endorgans, zurückführen läßt.
"Wenn wir
in dieser
Weise
die einfachsten
Empfindungen zu bestimmen suchten, so damit
ein
Kriterium
gewählt sein
ist
würde,
Elemente der es
das
daß
klar, sich
nicht
unmittelbar aus einer Untersuchung der Empfindungen, wie sie
als
solche
vorliegen,
dem man nur auf dem kennzeichneten
Wege
ergibt,
mittelbaren,
gelangt.
sondern
ein
solches,
zu
im vorigen Kapitel ge-
Es werden dabei nämlich auf
zahlreiche zu verschiedenen Zeiten angestellte Beobachtungen hin, zahlreiche nicht unmittelbar
erschlossen.
Wie wir
wahrnehmbare Beziehungen
später sehen
werden,
ist
das so
Die Originalempfindungen.
30
Es
gewonnene Kriterium keineswegs bedeutungslos. nur keine Bausteine,
wußtsein
als
die
die
liefert
nun auch das unmittelbare Be-
natürlichen Einheiten
der
Empfindungen
anerkennen könnte.
Am ersichtlichsten
ist
das Versagen dieses Kriteriums bei
Elementaranalyse von Empfindungen
der
wenn
eine
besonders
die topographisch unmittelbar aneinandergrenzen
einer
,
B. einen kontinuierlichen Farbenfleck,
einen einheitlichen
Druck; eine Auflösung solcher Empfindungsgebilde Elemente aber,
in soviel
wie beim Farbenfleck etwa Netzhautzapfen,
wie bei der Berührung etwa Druckpunkte gereizt worden befindet sich
und
Wir empfinden dann
derselben Art der Reizung unterliegen. z.
dann,
größere oder kleinere Gruppe von Endorganen,
sind,
im direkten Widerspruch mit dem, was wirklich
empfunden wird. Denn wenn ich einen Quadratzentimeter Haut sagen wir 20 Druckpunkte
gleichmäßig drücke und dabei, enthält
so
reize,
die
Empfindungsmanifestation,
diese Reizung ausgelöst wird,
setzung aus 20 Elementen, heit,
in
der
bei der peripheren
für eine Elementaranalyse
selbst aber nicht zu
Dagegen Auslösungsart
liefert
die durch
Zusammen-
sondern bildet in sich eine Ein-
die Empfindungsmanifestationen
Druckpunkte nur spielen,
nichts von einer
der einzelnen
Abgrenzung eine Rolle
des Empfinduugsgebildes
brauchen sind. die
angemessene Berücksichtigung der
der Empfindungen
für die Elementaranalyse, aber
den Schlüssel zwar nicht
zum Verständnis des Neben-
einanders der Empfindungen.
Man
wird aber vielleicht glauben,
greifendes
Scheidungsprinzip
eines Komplexes, der einem
gehört,
daß wenn ein durch-
der Empfindungskomponenten
und demselben Sinnesgebiet an-
nicht aufzustellen ist,
doch eine gewisse natürliche
Die synchrone Phase. Einzelempfindung und Nebeneinander.
31
Analyse des gesamten simultanen Bewußtseinsinhalts^ insofern durchführbar
ist,
ihm
als sich in
Empfindungen der
die
akustischen Sphäre von denen der optischen, diese von der
Sphäre der Druck-, Temperatur-, Schmerz-, Geruchs- und
Geschmacksempfindung auf das bestimmteste und eindeutigste trennen lassen.
Nicht einmal das
empfindungeu
trifft
überaus
sind
Geschmacks- und Geruchs-
aber zu.
innig
so
oft
miteinander ver-
bunden, daß ein solcher Empfindungskomplex dem Bewußt-
Wir
sein durchaus einheitlich erscheint.
Geschmacks-
aus
Komplex dann der
Mund
Weg
darstellt,
noch
später
obwohl
Geruchsempfindungen
ihr
kombinierten
»Geschmack« zu bezeichnen, wenn
als
(mittels der hinteren
Öffnungen der Nasengänge) den
durch den uns auch die Geruchskomponenten
Komplexes
des
und
stets
pflegen einen solchen
vermittelt
Wir kommen hierauf
werden.
Die Schmerzempfindung,
ausführlich zurück.
ganz andere Punkte der Haut entsprechen
als
der Druck- und Temperaturempfindung, und es experimentell
keine Schwierigkeit macht,
sie für sich
anklingen zu lassen,
verbindet sich praktisch in der Regel unlösli.ch mit den an-
deren
Hautempfindungen,
und
man
empfindet
bei
einem
schmerzhaften Stoß den Druck und den Schmerz nicht selbständige Elemente, sondern der
Druck
schmerzhaft oder der Schmerz als Druck.
extreme Hitze oder Kälte nicht
als
als
erscheint uns eben
Ebenso wie uns
solche schmerzhaft erscheint,
aber als aus zwei trennbaren Empfindungen, der der
zunächst nur immer von den originalen Komponenten Übrigens trifft alles, was für die Originalempfinduugen ausgeführt wird, genau ebenso für die mnemi^
Hier
ist
des Bewußtseinsinhalts die Rede.
schen Empfindungen, mithin auch für die mnemischen Bestandteile der Bewußtseinsinhalte zu, wie aus der weiteren Entwicklung unserer
Gedankengänge
in
den folgenden Abschnitten klar werden wird.
Die Originalempfindungen.
32
extremen Temperatur und der des Schmerzes, zusammengesetzt.
Zusammenfassend können wir sagen Weder :
der Empfindungen nach ihrer Qualität oder
noch die nach dem Ort ihrer Auslösung
die Einteilung
selbst Modalität,
liefert eine
Hand-
habe, den Gesamtempfindungsinhalt eines gegebenen Augenblicks,
den Simultankomplex, ohne Willkür
zulösen.
in
Elemente auf-
Dies erklärt sich daraus, daß es sich dabei für das
um
Bewußtsein
eine
von vornherein
zusammenhängende,
wenngleich durchaus nicht homogene Einheit handelt. sich
dem naiven Bewußtsein zunächst
Empfindung
darstellt
—
vielleicht als einfache
von
Farbenfleck
ein
Was
beliebigem
Durchmesser, ein Ton mit allen seinen Obertönen, ein mehrere Zentimeter Haut treffender schmerzhafter Druck oder ebensolche Temperaturempfindung, der sogenannte
Geschmacks- und Geruchsempfin-
einer Speise, der sich aus
dungen zusammensetzt,
»Geschmack«
—
ist,
wie ich bereits oben an dem
Tapetenmuster gezeigt habe, etwas, das sich
fast
immer noch
weiter in kleinere oder einfachere Elemente auflösen läßt.
Wie
sich
leicht zeigen
scheitert in
läßt,
jedem konkreten
Falle der Versuch, einen simultanen Empfindungskomplex in natürliche,
sein
das heißt als solche
vom
unmittelbaren Bewußt-
wahrgenommene und unterschiedene Elemente zu
zer-
legen, und daß er scheitert, beweist die primäre Einheitlich-
keit eines solchen Empfindungskomplexes.
Der simultane Empfindungskomplex der Originalempfindungen und, wie wir gleich hinzusetzen wollen, der dazutretenden mnemischen Empfindungen, stellt
dar, als seine vollständige
Auflösung
irgendwelcher Art unmöglich
also
der gesamte je-
demnach insofern eine Einheit
weilige Bewußtseinsinhalt
ist.
in Elementarbestandteile
Dabei wird aber deutlich
33
Die synchrone Phase. Einzelempfindung und Nebeneinander.
Zusammensetzung aus mehr oder weniger zahlreichen
eine
Komponenten empfunden. Diese Komponenten
zum
nur
zum
lassen sich aber
im Bewußtsein scharf voneinander trennen,
Teil
Teil hängen sie so innig untereinander zusammen, daß ihre
Lösung nur auf Grund einer willkürlichen, dem unmittelbaren Bewußtseinsbefund fremden Grenzbestimmung möglich
ist.
Wie können wir nun aber am besten aus unserem unmittelbaren Bewußtsein heraus
das
gegenseitige Verhältnis
der Komponenten eines Simultankomplexes charakterisieren? In der sie sich
nung
Mneme
(2.
hier beibehalten.
will ich
habe ich gesagt, daß
Aufl., S. 118, 122)
Nebeneinander
zu einem
Diese Bezeich-
ordnen.
Ich
aber inzwischen
bin
meiner Arbeit über meinen
durch Fortführung
damaligen
Standpunkt hinausgekommen und habe erkannt, daß diese
Bezeichnung durchaus nicht bloß zu gebrauchen
auf den ich
ist,
den wahren Sachverhalt nicht eingeschränkt habe: lichen
Sinn
eine
in
dem übertragenen Sinn
sie dort (S. 118)
voll
erfassende
»Nebeneinander
Anmerkung
bedeutet im wört-
Strenggenommen
Beziehung.
räumliche
durch folgende
empfinden wir nur Empfindungen, die räumliche Qualitäten (Lokalzeichen)
besitzen,
also
verschiedene
Gesichtsempfin-
dungen, verschiedene Hautempfindungen, Organempfindungen
Da
nebeneinander.
Sprache
unsere
des Wortes nebeneinander
auch
in
aber
die
weiterem,
Anwendung nicht
räum-
lichem Sinne gestattet, und niemand zögern wird, von einem
Nebeneinander von Tönen lich
zu reden,
so
zu keinen Mißverständnissen führen,
wird es hoffent-
wenn
ich für die
Mehrheitsempfindung gleichzeitiger verschiedener Töne, Ge-
schmäcke usw., kurz
für die
Unterscheidung aller möglichen
Simultanempfindungen, den Ausdruck Nebeneinander im übertragenen Sinne anwende.« Semon, Moeme.
11.
3
Die Originalempfindungen.
34
Wie
gesagt, lege ich jetzt dem,
einander der Empfindungen
was
ich
als
das Neben-
eine etwas andere,
bezeichne,
das heißt eine weniger übertragene und für alle Empfindungsgebiete in gleicher Weise geltende Bedeutung bei. Die Gründe für diese Eevision
meiner Auffassung werden
aiis
den folgenden
Erörterungen hervorgehen. Bei unserer Behandlung des Gegenstandes wollen wir uns zunächst die Frage vorlegen: sich ein gesetzmäßiger
Zusammenhang
und
feststellen
Läßt allge-
mein formulieren zwischen der Topographie der Erregungsauslösung
(die ich
auch kurz Reizpforte nennen
und dem
will)
Auftreten eines Nebeneinanders der betreffenden Empfindungs-
manifestationen ?
Auf wort
diese Frage läßt sich eine kurze
geben.
Sie lautet:
Ob zwei
und bestimmte Ant-
gleichzeitig
ausgelöste
Erregungen sich durch eine einzige oder durch zwei nebeneinander
empfundene
durchaus von
Empfindungen
Erregungen, dem gegenseitigen Verhältnis ab.
Nur zwei
Reizpforten
durch
der Reizpforteu
topographisch hinreichend
Erregungen
eintretende
einem Nebeneinander.
kommen,
hängt
manifestieren,
Topographie der Auslösung der beiden
der
getrennte
manifestieren
Wir werden sehen, daß
sich
in
Fälle vor-
denen zwei durch topographisch auseinander-
in
liegende Pforten eintretende Erregungen sich nicht in einem
Nebeneinander, sondern darch eine einheitliche Empfindung manifestieren, hautstellen,
wenn
B.
z.
die Pforten korrespondierende Netz-
korrespondierende Stellen des rechten und des
linken Cortischen Organs, beliebige Punkte des Riechepithels sind.
Wir werden
Ausnahmen uns der
besonders
betreffenden
harmonisch
in
später erkennen,
Vorgänge
gute
daß diese scheinbaren
Einblicke
gewähren
unsere Gesamtauffassung
und
in
das
sich
Wesen
durchaus
eingliedern.
Wir
Die synchrone Phase. Einzel empfindung und Nebeneinander.
Ausnahmen wegen
formulieren aber dieser
35
nicht: zwei durch
topographisch getrennte Eeizpforten eintretende Erregungen manifestieren sich stets in
einem Nebeneinander,
sondern
wählen die mehr negative Fassung, daß dies nur zwei durch topographisch getrennte Eeizpforten eintretende Erregungen
während
tun,
dies bei zwei durch dieselbe oder so gut
dieselbe Reizpforte eintretenden Erregungen nie der Fall
wie ist.
Zur Erläuterung der letzteren Aussage diene die Tatsache, daß man eine gleichzeitige Reizung der Druck- und Schmerzpunkte oder der Druck- und Temperaturpunkte einer und derselben Körperstelle nicht als
ein
Nebeneinander zweier
Empfindungen, sondern durchaus einheitlich
Druck bzw. kalte Berührung
empfindet,
als
so
schmerzhaften
durchaus
ver-
schieden auch an und für sich Schmerz-, Druck- und Tempe-
raturempfindungen sind.
Auf dem Gebiet des Hautsinnes genügt die Pforte
:
es also nicht,
Druckpunkt, Schmerzpunkt, Temperaturpunkt
solche verschieden
ist,
einander zu erzielen.
um
daß als
bei simultaner Reizung ein Neben-
Die betreffenden Punkte dürfen auch
nicht in allzugroßer Nachbarschaft von einander liegen.
In
bezug auf dieses Sinnesgebiet können wir uns also positiver ausdrücken und die Regel aufstellen Reizt :
man
simultan zwei
hinreichend entfernt voneinander liegende Druckpunkte oder
Schmerzpunkte oder aber auch einen Druckpunkt und gleicheinen
zeitig
oder
einen
hinreichend
entfernt
liegenden Schmerzpunkt,
Druckpunkt und einen hinreichend entfernten
Temperaturpunkt usw., so erhält man
stets ein äußerst deut-
liches Nebeneinander.
Unter
dungen
dieselben fallen
genannten
Gesichtspunkte
bezüglich
Organ-,
dieser
andrerseits
wie
Frage die
die
Hautempfin-
einerseits
Lage-,
die
so-
Bewegungs3*
Die Originalempfindungen.
36
und Widerstandsempfindungen. wichtig
sind
die
Besonders interessant
Bewegungsempfindungeu.
Leider
ist
und die
Physiologie ihrer Auslösung noch immer eine vielumstrittene
Frage, auf die wir hier nicht näher eingehen können.
genügt uns
festzustellen,
daß
sie
sich
in
Es
bezug auf das
Nebeneinander durchaus analog den Tastempfindungen verhalten,
so
daß man
sie
auf eine Art subkutanen Tastsinn
zurückführen könnte und tatsächlich auch vielfach zurückführt. Sind
das
sie es
doch, die
zusammen mit dem Tastsinn der Haut
dem Individuum aufbauen
in
helfen,
was man
als
»Tastraum« bezeichnen könnte.
Über
die
Frage bezüglich eines Nebeneinanders der Ge-
schmacksempfindungen und seiner Beziehung zur Topographie der Erregungsauslösungen habe ich nähere^ Angaben in der Literatur
nicht finden können.
Um
hier nicht allzu unbe-
stimmt sprechen zu müssen, habe ich einige Versuche in der Art angestellt, daß zwei verschiedene Stellen der Zunge in mechanisch und thermisch durchaus gleichartiger Weise gleichzeitig mit je zwei verschiedenen Flüssigkeiten betupft
Waren
die
Entfernungen zwischen
nicht zu gering,
wurden.
den beiden Eeizstellen
und wurden hinreichend kräftige chemische
Eeize gewählt, die aber immer von der Art waren, daß eine ätzende Wirkung bei ihnen ausgeschlossen
von
Personen
mit
gut entwickeltem
war, so wurde
Geschmackssinn
Nebeneinander von zwei Geschmacksempfindungen,
ein
freilich
1 Aus den Versuchen von Fr. Kiesow über Kontrasterscheinungen zwischen simultanen Geschmacksempfindungen (Beitr. z. phys. Psych, d. Geschmackssinnes, Wundts Phil. Studien, 10. Bd. 1894) geht aller-
dings
bereits
mit Sicherheit das
Vorkommen
eines Nebeneinanders
von Geschmacksempfindungen hervor. Doch hat Kiesow, mit der Untersuchung der Kontrasterscheinungen beschäftigt, im übrigen unserer Frage seine Aufmerksamkeit nicht zugewandt.
Die synchrone Phase. Einzelempfindung und Nebeneinander.
immer nur
in einer ziemlich unbestimmten,
Weise empfunden und dann fauch Reizte so
man
wurde
in
z.
stets
37
wenig deutlichen richtig lokalisiert.
B. rechts mit saurer, links mit süßer Lösung,
keinem Fall links
Geschmack
saurer, rechts süßer
angegeben, sondern es wurden entweder beide Empfindungen richtig lokalisiert
und charakterisiert, oder aber
es
wurde
die überwiegende Empfindung richtig lokalisiert und charakterisiert,
während
die andere
zwar nicht
falsch lokalisiert,
aber in ihrem Charakter nicht richtig erkannt, als indifferent
oder zweifelhaft bezeichnet wurde. ein,
wenn zwei
Dies
tritt
besonders dann
sehr nahe benachbarte Stellen der Zungen-
schleimhaut gereizt werden.
Meine Frau, deren Geschmacks-
sinn außerordentlich gut entwickelt
ist,
lokalisiert aber
noch
zwei Geschmacksempfindungen richtig, wenn die Reizstellen
nur
5
mm
voneinander
entfernt
liegen,
nur
freilich
bei
Reizung innerhalb der geschmacksempfindlichsten Zone ihrer Zunge.
So aphoristisch diese Beobachtungen sind, so
sieht
man
aus ihnen doch deutlich, daß auch innerhalb der Geschmacks-
empfindungen bei
isolierter
Reizung verschiedener Stellen ein
Nebeneinander vorkommen kann, und daß dieses Nebeneinander in durchaus ähnlicher und entprechender Weise von der
Topographie der Erreguugsauslösuugen abhängig
ist,
wie bei
den Haut- und den übrigen oben besprochenen Empfindungen.
Wir wenden uns nun zu den noch übrigen Empfindungsgebieten und fassen zunächst die Gesichts- und die Gehörs-
empfindungen ins Auge.
Bei ersteren läßt sich ein gesetz-
mäßiger Zusammenhang zwischen Topographie der Erregungsauslösung
und Nebeneinander der
Empfindungen auf das
bestimmteste nachweisen, bei den letzteren wenigstens äußerst wahrscheinlich machen. Beide Empfiudungsaiten stimmen aber
Die Originalempfindungen.
38
unter sich darin tiberein und treten zu den bisher behandelten
dadurch einigermaßen in Gegensatz, daß
sie
zwar auch
ein
der Auslösung entsprechendes Nebeneinander der Empfindungen
erkennen lassen, daß aber bei diesem Nebeneinander die unmittelbare Empfindung, daß eine bestimmte Körperstelle gereizt
ganz
sei,
schen
findung
Johannes Müller (Physiologie des Men-
zurücktritt.
drückt dies in bezug auf die Gesichtsemp-
S. 356)
II,
trefifend
sofern es sieht,
mit folgenden Worten aus:
weiß der Neugeborene
»Vom Auge,
nichts.
Der Sehende
hat überhaupt wenig Gelegenheit zu erkennen, daß im
gesehen wird.
Nur
in
den Fällen,
in-
Auge
wo zwar im Auge emp-
funden, aber nichts bestimmtes Äußeres gesehen wird, hat
man
die Gelegenheit zu
platz dieser in
bezug
Wirkungen
auf
bemerken, daß das Auge der Schauist.«
Ganz ähnlich
die Gehörsempfindungen.
liegen die Dinge
Wir kommen auf
diese wichtigen Punkte unten noch einmal zurück.
Im übrigen aber
besteht,
um
zunächst von den Gesichts-
empfindungen zu reden, bei ihnen genau dieselbe Abhängigkeit
des Nebeneinanders der Empfindungen von der Topo-
graphie der Erregungsauslösung wie bei den Hautempfindungen.
Jedem Druckpunkt des Tastsinns
entspricht in dieser Hinsicht
ein Netzhautelement, Zapfen oder Stäbchen des Gesichtsinns. Ja, der
Zusammenhang
der Topographie der Reizung mit
dem
Nebeneinander der Empfindungen läßt sich bei dem Gesichtsinn insofern noch sinnfälliger darstellen, als sich
schnittenen
Auge
die
eines kleinen, einem strieren läßt, das
am
ausge-
Topographie der Reizung in Gestalt Dritten
wahrnehmbaren Bildes demon-
dem von dem Auge und seinem
Besitzer
ehemals unter gleichen Bedingungen gesehenen Bilde sehr gleicht,
abgesehen davon, daß es umgekehrt und stark ver-
kleinert
ist.
Bekanntlich hat diese Möglichkeit sowie der
Um-
39
Die synchrone Phase. Eiuzelempiindung und Nebeneinander.
daß das Bild welches auf der Netzhaut gesehen werden
stand,
kann, von
dem
Besitzer dieser Netzhaut »umgekehrt« gesehen
wird, zu allerlei Scheinproblemen geführt, die als solche be-
von Johannes Müller (Physiologie
reits
Hering (Beiträge zur Physiologie 1861 Kapitel über
Heft
2,
die Unzulänglichkeit
1864) und E.
Mach
II,
S.
335
— 1864,
— 359),
vgl. bes.
E.
das
der Projektionstheorie in
(Beiträge zur Analyse der
findungen S. 31, 103) durchschaut worden sind.
Emp-
Nach dem
Gesagten brauche ich wohl nicht noch näher zu erläutern,
daß für die Gesichtsempfindungen Satz
gilt,
gestellt
in
ausgeprägtem Maße der
den wir unsern ganzen jetzigen Betrachtungen voranhaben:
Nur zwei durch verschiedene Reizpforten
(Zapfen oder Stäbchen) eintretende Erregungen manifestieren sich in
dies
einem Nebeneinander von Empfindungen, während
weder der Fall
derselben,
ist,
wenn zwei verschiedene Eeize von
noch auch wenn
sie
von
»korrespondierenden«
Stellen aus einwirken.
Das eben
für die Gesichtsempfindungen
ohne weiteres auch
für die
Gesagte könnte
Gehörsempfindungen gelten, wenn
über die Reizpforten des Gehörsinns unsere Kenntnisse ebenso abgeschlossene wären wie über will
damit nicht sagen,
die
des Gesichtsinns.
Ich
daß die physiologischen Vorgänge
beim Funktionieren des Sehorgans einigermaßen erschöpfend bekannt
seien.
Aber was wir beim Auge über
die
Topographie
der Reizpforten und ihre Beziehung zu den Empfindungsmanifestationen augenblicklich wissen, reicht zur Entscheidung der
uns beschäftigenden Frage aus.
Dasselbe würde in bezug auf
das Gehörorgan der Fall sein, wenn wir uns kurzweg auf die Basis der Helmholtzschen physikalischen Resonanztheorie stellen dürften,
fache
vor allem ihres Kernpunkts, daß jeder ein-
Ton von bestimmter Höhe nur
eine
ganz bestimmte
Die Originalempfindungen.
40 der
Partie
Basilarmembran
und nur auf
die
zum Mitschwingen
i
mit dieser Partie verbundenen
speziellen,
Nervenendigungen des Hörnerven
nun die Sachlage
zurzeit
veranlaßt
als
Reiz
v^irkt.
Leider
ist
noch nicht so geklärt, daß wir
diese Helmholtzsche Auffassung als zweifellos sicher bewiesen
annehmen gewissen
Man muß zugeben, daß, abgesehen von
dürfen.
physikalischen
absolute Kürze
Schwierigkeiten
(außerordentliche,
mitschwingenden Fasern
der
der
Basilar-
membran), die aber nach den Untersuchungen von Helmholtz
und von Hensen nicht unüberwindlich erscheinen, manche der sogenannten sekundären Klangerscheinungen der Helmholtzschen
Theorie
Schwierigkeiten bereiten.
ernste
man den Eindruck,
hat
diese Schwierigkeiten,
als
wenn
ob
Doch
neueren Forschungen
die
nicht beseitigt, doch sehr abge-
schwächt habend.
Aber theorie
selbst unter denen, die der physikalischen
von Helmholtz schwere Bedenken entgegenbringen,
gibt es viele,
die,
dem Aufgeben
mit
Resonanz-
wie Mach^ hervorhebt, erkannten, »daß derselben dasjenige Motiv, welches das
Verständnis der Klangaualyse, die Durchsichtigkeit der Lehre
von den Tonempfindungen bedingt, verloren geht.
Daher die
krampfhaften Bemühungen, die Resonanztheorie
zu halten.
Ursprünglich
1
nahm Helmholtz bekanntlich
daß Bestandteile
an,
des Cortischen Bogens durch die Töne in Mitschwingungen versetzt
würden.
Auf den von Hasse
Cortische
Bögen nicht
gelieferten Nachweis,
besitzen, schloß er sich
daß
die
Vögel
der Hensenschen Auf-
fassung an, daß die Fasern der Basilarmembran den Resonanzapparat vorstellen.
Vgl. die lehrreiche zusammenfassende Darstellung dieser Frage
2
in der
Bearbeitung des Gehört^inns von K. L. Schäfer in Nagels Hand-
buch der Physiologie des Menschen, 3
3.
Bd., 1904, S.
E. Mach, Analyse der Empfindungen,
4.
562—571.
Aufl., 1903, S. 236.
Die synchrone Phase. Eiuzelempfindung und Nebeneinander. L.
Hermann
nun das
mir
scheint
^
Resonanztheorie nicht auszukommen
Wort ausge-
richtige
sprochen zu haben, wenn er meint,
41
daß ohne irgend eine daß diese aber nicht
sei,
notwendig eine physikalische sein müsse, sondern auch eine
physiologische
Man kann
sein könne.
Annahme machen, daß
die plausible
mit
die nervösen
Hermann
Endorgane
selbst für Eeize von einer bestimmten Periode besonders empfindlich sind. sein,
Es müssen nicht gerade
Elastizitätskräfte
welche das Organ in seine Gleichgewichtslage zurück-
treiben
Was
.
.
.«
hier von
Mach
als das für das Verständnis der
Klang-
analyse und die Durchsichtigkeit der Lehre von den Ton-
empfindungen Wesentliche an einer Resonanztheorie im gemeinsten Sinn angesehen wird,
Annahme finduugen.
Denn den
dem
dem
auch im Gebiet der Tonern p-
eigentlichen
logischen« Resonanztheorie kann in
all-
nichts anderes als die
allgemeinen Satzes, mit
der Giltigkeit des
eben beschäftigten
wir uns
ist
Sinn
einer
man durchaus
»physio-
entsprechend
Satz ausdrücken, daß das Nebeneinander der Ton-
empfinduugen
in
Zusammenhang
steht mit
der Topographie
der Erregungsauslösungeu oder anders ausgedrückt, daß ein
Nebeneinander von Tonempfindungen nur
Ob
Reizpforten verschieden sind.
dabei mittels
eintritt,
wenn
die
der Reiz an die Reizpforte
der Schwingung von bestimmten Fasern der
Basilarmembran
oder
sekundärer Bedeutung.
auf andere Weise anklopft,
Das Wesentliche
ist
ist
von
die Beziehung
des Nebeneinanders zur topographischen Verschiedenheit der Reizpforten.
Diese allgemeine
Annahme
aber meiner Meinung nach berechtigt,
1
Hermann, Pflügers Archiv
56.
Bd.
zu machen, sind wir
wenn wir das
S. 494,
495
ff.
Fazit
1894.
L
I
» R A R Yj
.-sal
Die Originalempfindungen.
42 heutigen
unserer
Kenntnisse
über
die
Tonempfinduugeu
ziehen.
Auf
die Unterscheidungsmöglichkeit der durch das rechte
Gehörorgan ausgelösten Empfindungen von den durch linke Gehörorgan ausgelösten gehe ich nicht hier, erst
im vierten Kapitel
nicht durch
weil diese Unterscheidung sich
Nebeneinander der Empfindungen, sondern
ein
auf anderem
ein,
das
sondern
Wege
(Bildung eines Empfindungsdififerentials,
das wir als Schallrichtung empfinden) manifestiert.
Wenn
wir
nun
zum Schluß
noch
uns
die
tigende Frage in bezug auf den Geruchssinn
stehen
unser
wir stark
hier
vor
Geruchsorgan
^
uns
kein Nebeneinander von Geruchsempfindungen
dem man
z.
die
erörtern,
bemerkenswerten Tatsache,
der
verkümmertes
gleichzeitige Gerüche,
beschäf-
man
so
daß
überhaupt
liefert.
Zwei
getrennt einwirken läßt, in-
B. den einen durch das eine, den anderen durch
das andere Nasenloch
zuleitet,
liefern
einen Wettstreit (ab-
wechselndes Auftauchen bald der einen, bald der anderen
Empfindung) oder einen Mischgeruch oder endlich eine gegen-
1 Daß die Ausbildung des Geruchsorgans beim Menschen und den Primaten im Vergleich zn den übrigen Säugetieren stark verkümmert ist, wird in gleicher Weise durch die vergleichende Anatomie, Ontogenie und die biologische Beobachtung erwiesen. Was wir bei uns selbst und bei unseren Mitmenschen inbezug auf diesen Sinn beobachten, ist also in keiner Weise geeignet, als Norm auch nur für die übrigen Säugetiere
(vielleicht
mit
Ausnahme der Primaten) zu gelten. Noch mehr gilt dies dem Geruchssinn weiter abstehender Formen, z. B. der
natürlich gegenüber
Insekten, deren Geruchsorgane an der Oberfläche der beweglichen
An-
tennen liegen, und wie Forel gezeigt hat, schon aus diesem Grunde ganz anders funktionieren müssen als die unbeweglichen, in die Tiefe versenkten Organe der landbewohnenden Wirbeltiere. Forel (Die psychischen Fähigkeiten der Ameisen, München 1901) bezeichnet den Geruchssinn der Insekten daher auch treffend als topochemischen Sinn. Ich
komme
auf letzteren noch kurz auf
S.
46 zurück.
Die synchrone Phase. Einzelempfindung- und Nebeneinander.
Kompensation beider Gerüche, wie
seitige
und später von Aronsohn, aber von Zwaardemaker
^
in
messers festgestellt worden
man
Vielleicht wird
Mischgerüchen
chen
Freilich nicht in
43
von Valentin
dies
besonders vollkommener Weise
mit
Hilfe
seines
Doppel- Riech-
ist.
hier den
doch
ein
Einwand erheben, daß manNebeneinander
entspreche.
bezug auf solche Gerüche, bei denen
man
aus Mischung von einem halben Dutzend Ingredienzien etwas Neues, Einheitliches erhält, wie nach merieindustrie
dem Eezept der
Parfü-
den Duft des Geißblatts durch eine richtige
Mischung der Gerüche von Rose, Tuberose, Veilchen, Vanille, Toluol, Mandelöl
und Orangeblüten
Aber unzweifelhaft
2.
auf der anderen Seite die Tatsache,
gerüche gibt,
an denen man
die
ist
daß es auch Misch-
einzelnen
Komponenten
herauserkennt.
Dieses Herauserkennen, diese Geruchsanalyse findet aber
wohl
in erster Linie
streits statt,
bald
die
machen
auf Grund des schon erwähnten Wett-
der in seinen wechselnden Phasen bald die eine
andere Geruchsempfindung
läßt.
Soviel
ist sicher,
sich
mehr bemerkbar
daß es sich auch
immerhin nicht besonders häufigen Fällen
um
einander
handelt,
dem
Gesichts-
oder Tonempfindungen vergleichen
das
sich
entfernt
mit
in diesen
kein Nebender
ließe
3.
Haut-,
Jede
Möglichkeit eines solchen bezüglich der Gerucbsempfindungen
möchte ich indeß nicht abweisen weil die Entscheidung bei der ;
Verschwommenheit der Empfindungen,
die unser rudimentär
1 H. Zwaardemaker, Die Physiologie des Geruchs. Leipzig 1895, 165—174. 2 Vgl. Zwaardemaker, a. a. 0., S. 266. 3 Ähnlich urteilt auch W. Nagel in dem Aufsatz über den Geruchssinn in seinem Handbuch d. Physiologie d. Menschen, 3. Bd.
S.
S. 115.
Die Originalempfindungen.
44
gewordenes Geruchsorgan uns hier nur die
Summe
liefert,
zu schwierig
ist,
und
ich
aus den vorliegenden Erfahrungen ziehen,
aber keine apodiktischen Formeln geben
Aus den
will.
vorlie-
genden Erfahrungen entnehme ich aber
für unsere weiteren
Auseinandersetzungen die Berechtigung,
die Geruchsempfin-
dungen so zu behandeln,
dem
ob bei ihnen ein Nebeneinander,
als
irgend welche Bedeutung beizumessen
nicht vor-
ist,
kommt. Bisher haben wir immer nur von einem Nebeneinander
innerhalb der Hautempfindungen, der Gesichtsempfindungen usw. gesprochen. in einem
Nun
aber
ist
es eine Tatsache,
und demselben Bewußtseinsinhalt
daß man
gleichzeitig eine
oder mehrere Hautempfindungen, Gesichtsempfindungen, Ge-
hörsempfindungen, Geruchsempfindungen usw. haben kann. Vielleicht wird
diese
nun ein Bedenken dagegen erhoben werden,
Gleichzeitigkeit
von Empfindungen so
verschiedener
Modalitäten als ein Nebeneinander zu bezeichnen, weil wir
unsere Tast- und Gesichtsempfindungen zwar in einem und
demselben
Kaum
empfinden, die Tonempfindungen (von der
Richtung der Töne abgesehen) aber nicht dasselbe würde auch für
Da
wir nun, so könnte
die
man
in
diesem Raum;
Geruchsempfinduügen
gelten.
weiter argumentieren, diese ver-
schiedenen Empfindungsmodalitäten nicht in demselben
Raum
empfinden, können wir sie auch nicht nebeneinander empfinden,
denn von einem Nebeneinander kann man vernünf-
tigerweise nur in einem und demselben
Dieses Bedenken wird
Raum
durch unsere
nächsten Kapitel beseitigt werden.
sprechen.
Ausführungen
Wir dürfen
es deshalb
vorläufig zurückstellen,
denn es handelt sich dabei doch
um
berechtigt
die Frage, ob
einander
auf das
man
gleichzeitige
ist,
im
nur'
den Ausdruck Neben-
Vorhandensein
gesonderter
45
Die synchrone Phase. Einzelempfindung und Nebeneinander.
Empfindungen
einem
Bewußt-
eine Frage, die nach der
uns jetzt
verschiedener
seinsinhalt anzuwenden,
Modalität
in
Ob wir
beschäftigenden spezielleren erledigt werden kann.
nun aber dieses gleichzeitige Vorhandensein von Tast-, GeGehörs- und Geruchsempfindungen usw. ein Neben-
sichts-,
einander nennen wollen oder nicht, soviel
mit der Topographie der Erregungsauslösung
Netzhaut,
Haut,
der in
Cortisches
gesetzmäßigem Zusammenhang
Geruchsempfindung, die in
sich,
Nebeneinander erkennen
liches
daß es
ist sicher,
(Druckpunkte
Organ, Riechepithel usw.)
Auch
steht.
die jeweilige
wie wir sahen, kein deut-
läßt,
befindet sich
doch
solche, entsprechend ihrer topographisch selbständigen
des
Verhältnis
unter
Aus-
den übrigen simultanen Empfindungen gegenüber im
lösung,
Nebeueinanders.
Empfindungen gegenüber.
dieser
als
Umständen
ein leichtes
Wenigstens Freilich
den
zeigt
Schwanken, das
meisten sich
hier
vielleicht mit
auf die schon ziemlich weitgehende Rückbildung des Geruchsinns
beim Menschen zurückzuführen
empfindungen bei
der
Wenn
ist.
Nahrungsaufnahme
Geruchs-
gleichzeitig
mit
Geschmacksempfindungen von den Choanen aus ausgelöst erscheinen sie nicht im Nebeneinander mit jenen
werden,
Geschmacksempfindungen, sondern gewöhnlich unlöslich mit ihnen verbunden,
als
eine
Empfindung.
einheitliche
Was
wir als den spezifischen »Geschmack« der meisten Nahrungsmittel,
z.
B. des
Apfels ansehen,
Brotes, ist
des Fleisches,
nichts anderes als
der Kartoifel,
des
das Verschmelzungs-
produkt von Geschmacks- und Geruchsempfindungen, das ge-
wöhnlich einseitig auf den Geschmack und seine Reizpforten (Zunge,
Gaumen) bezogen
Prinzipiell
Wir sehen
wird.
wird dadurch für unsere Frage nichts geändert.
bloß,
daß der topographische,
d. h.
mit
dem Ort
46
Die Originalempfindungen.
der Auslösung in
Zusammenhang stehende Faktor
Riechempfindungen
viel
mehr
bei den
zurücktritt als bei sämtlichen
anderen Empfindungen, auch
mehr
viel
zurücktritt als bei
den Geschmacksempfindungen sowie den Hautempfindungen der respiratorischen Nasenschleimhaut, in deren Feld jene
Riechempfindungen
oft fälschlich
In unvergleichlich reicherer
wie Forel^ nachgewiesen
hineinbezogen werden.
Weise
hat, der
ist in
dieser Beziehung,
Geruchssinn der Insekten,
besonders derer mit beweglichen Antennen ausgestattet, der offenbar nicht nur ein ausgiebiges Nebeneinander von Ge-
dem Nebeneinander
ruchsempfindungen entsprechend tennalen Tastempfindungen
wegen
der
dieses Tast-
am Aufbau
liefert,
Gemeinsamkeit
zahlreicher
und Geruchssinns,
der an-
sondern der sich auch, eben
Empfindungsfelder
in entscheidender
Weise mit
der Raumvorstellungen beteiligt, von Forel also
mit vollem Recht als
»topochemischer« Sinn bezeichnet
wird.
Nachdem wir uns durch näheres Eingehen auf
die ver-
schiedenen Empfindungsgebiete davon überzeugt haben, daß
durchweg ein gesetzmäßiger Zusammenhang nachweisen
sich
läßt zwischen pforten)
der Topographie der Auslösungen (den Reiz-
und dem Auftreten oder Nichtauftreten eines Neben-
einanders der betreffenden Empfindungsmanifestationen, wen-
den wir uns nunmehr der genaueren Untersuchung dieses Nebeneinanders selbst
zu,
wie es sich uns
gegebener Bewußtseinsinhalt
darstellt.
das nächste Kapitel gewidmet
als
unmittelbar
Dieser Aufgabe
soll
sein.
A. Forel, Sensations des Insectea, 2. T., 1886, S. 51 (Deutsche München 1909) sowie besonders >Die psychischen Fähigkeiten der Ameisen, München 1901, S. 48—53. 1
Übers.
,
Drittes Kapitel. Die Darstellung des Nebeneinanders und der Begriff der
Empflndungsfelder.
Wir mustern
introspektiv einen Bewußtseinsinhalt, der ein,
wie wir es genannt haben, Nebeneinander von Tast-, Gesichts-, Gehörs-,
Geruchsempfinduugen usw.
nehmen wir zunächst täten für sich vor.
weitesten Sinne)
das Wort Nebeneinander
verständlichen
weiteres
sprechenden Sinn. gleichzeitig
mit
Tastempfindungen
Innerhalb der
hat
Dabei
enthält.
die verschiedenen Empfindungsmodali-
,
Wenn
einen ohne
Empfindungen
den
ich die
den beiden 5
direkt
Kuppe meines
mm
(im
ent-
Zeigefiogers
voneinander
entfernten
Spitzen eines Zirkels berühre, so empfinde ich diese beiden
Berührungen unmittelbar ich
die Zirkelspitzen
als
Nebeneinander.
ein
weiter voneinander,
so
Entferne
daß nur die
eine die Fingerkuppe, die andere den Handteller berührt, so
empfinde ich auch dieses als ein entfernteres
Nebeneinander.
zur Sohle.
Ordnen
sich
freilich
Und
wesentlich anderes,
so fort
somit mit einem
vom Wort
Scheitel bis alle
unsere
Hautempfindungen zu einem Nebeneinander zusammen, das von uns
als unsere Körperoberfläche
sellen sich zu diesem
an, die
so ge-
Nebeneinander und gliedern sich ihm
in anderen Richtungen, sozusagen
Empfindungen
empfunden wird,
man als
nach innen zu, diejenigen
innere oder tiefere, kurz als sub-
Die Originalerapfindungen.
48
kutane TastempfinduDgen bezeichnen könnte; es sind dies die
Organempfindungen, Lage- und Bewegungsempfindungen. Bei allen diesen
kutanen und subkutanen Tastempfindungen wird
die betreffende
Empfindung, welcher Art
sie
auch
sei,
in
ihrer
unmittelbaren Beziehung zu der betreffenden Körper-
stelle
empfunden ^
Nur ganz im Vorbeigehen
will ich hier darauf hinweisen,
daß sich die Geschmacksempfindungen
in dieser
den äußeren uud inneren Tastempfindungen schließen. reits
am
Beziehung
nächsten an-
Ich verweise hier auf das über diesen Punkt be-
im vorigen Kapitel
(S.
36)
Gesagte und möchte nur
daß bei den Geschmacksempfindungen die Bezie-
betonen,
hungen auf das erlebende Subjekt bzw. den von ihm chen gefühlten Teil der Körperoberfläche, die Zunge,
Hintergrund zu treten beginnen. ist
dies bei
als solin
den
In noch weit höherem Grade
den Geruchsempfindungen der
Fall,
wo
diese Be-
ziehungen der Empfindung auf den als solchen gefühlten Teil der Körperoberfläche, wie wir sahen, nahezu aufgehört haben.
Wir wenden uns pfindungen, pitel
die
ein der
jetzt
zu den Gesichts- und Gehörsem-
über die wir ebenfalls bereits im vorigen Ka-
Aussage
gemacht
haben,
»daß
sie
zwar auch
Auslösung entsprechendes Nebeneinander erkennen
1 In der Sprache des gewühnlichen Lebens pflegen wir von den äußeren und inneren Tastempfindungen zu sagen, sie würden >gefühlt«. Mit diesem Ausdruck Fühlen verbindet man dann ungewußt den Gedanken einer näheren Beziehung derartiger Empfindungen zum eigenen unmittelbar erlebten Ich, als wenn man sagt: Ich sehe, höre oder rieche. Manche Autoren ziehen deshalb auch die erwähnten Empfindungen zum Teil zu den Gefühlen, die sie dahin definieren, daß sie
nicht auf etwas
sondern
allein
dem
Ich Gegenübergestelltes und Gegenständliches,
auf das Subjekt bezogen werden.
Wir
folgen
ihnen
darin nicht, sondern bezeichnen als Gefühle nur die Lust- und Unlust-
betonungen der Empfindungen und die Derivate solcher Betonungen (vgl. oben S. 16).
Das Nebeneinander und der lassen,
49
Begriff der Empfiudungsfelder.
daß aber bei diesem Nebeneinander die unmittelbare
Empfindung,
daß eine
ganz zurücktritt«
bestimmte Körperstelle gereizt
sei,
(S. 38).
Ich habe dies dort auf den folgenden Seiten dann noch näher
und zwar zunächst
für das
Sehorgan ausgeführt. Wir können
unsere dortigen Ausführungen in die Sätze zusammenfassen:
Wenn wir
von zwei Gegenständen a und
ganz bestimmten Beziehung, zum
b,
den einen a
in einer
Beispiel rechts von b sehen,
so korrespondiert die bestimmte Beziehung dieses Nebenein-
anders allerdings mit einer bestimmten Beziehung der Reizpforten.
Empfunden
wird aber die Beziehung in
die Reizpforten als solche für gewöhnlich nicht,
nicht.
Wir fühlen überhaupt
daß Teile unseres Auges, bzw. unserer
Netzhaut beim Sehen gereizt werden, darauf.
bezug auf
Ganz entsprechend
v/ir
schließen nur
liegen die Dinge, wie ebenfalls
bereits im vorigen Kapitel ausgeführt worden
ist,
in
bezug
auf unsere Gehörsempfindungen.
Aber zwischen Gesichts- und Gehörsempfinduugen besteht in
dieser Beziehung
doch
ein
sehr
wichtiger Unterschied.
Das Nebeneinander der Gesichtsempfindungen herein in einer festen Beziehung
ist
von vorn-
zum Nebeneinander
unserer
Tastempfindungen im weitesten Sinne, unter ihnen im besonderen zu den Lageempfindungen unseres Körpers und zu den
Bewegungsempfindungen der Augen und des Kopfes gegeben.
Wir empfinden zwar
nicht beim
Sehen (abgesehen von den
Empfindungen der Augenbewegungen, die den Tastempfindungen im weiteren Sinne zuzurechnen
sind)
unseren Körper
bzw. unsere Augen als reizperzipiereudes Subjekt, als Reizpforte.
Aber dieser unser Körper gehört nicht nur zu den
Objekten unserer Gesichtsempfindungen, sondern wir machen
auch beim Sehen fortgesetzt Semon, Mueme.
II.
die Erfahrung,
daß durch seine 4
Pie Originalempfindungen.
50
Lage die Lage des ganzen gesehenen Nebeneinanders bestimmt Dies
wird.
ist die
Brücke, auf welcher eine Beziehung des
Nebeneinanders unserer Gesichtsempfindungen zum Nebeneinander unserer Tastempfindungen angebahnt wird; auf die-
sem Wege kombiniert
»Sehraum« mit unserem
unser
sich
»Tastraum« zum Gemeinraum. Inwieweit diese Kombination eine ererbte weit
sie erst
ums vollzogen Ei
mit
und inwie-
wird, braucht hier nicht erörtert zu werden.
dem Ausschlüpfen aus
Bei einem Hühnchen, das sofort nach
dem
ist,
durch die Erfahrung jedes einzelnen Individu-
verhältnismäßig
einem Körnchen, das es auf der Erde seinem Schnabel
trifft, ist
angeboren,
bei
als
in
sieht,
zielt
und
es mit
viel
mehr
fertig
dieser Beziehung
dem auch
in
nach
großer Sicherheit
sehr
bezug auf die morpholo-
gische Ausbildung seiner Zentralorgane viel unfertigeren Neu-
geborenen des Menschen, das noch im Alter von 4 naten^ nach Objekten
greift,
die
um
—5
doppelte Armlänge von
ihm abstehen. Aber der Schluß, daß beim Menschen ziehung
Mo-
die
Be-
zwischen dem Nebeneinander der Gesichtsempfin-
dungen und dem Nebeneinander der Tastempfindungen ganz
und gar und ausschließlich durch duelle
die jedesmalige
indivi-
Erfahrung angebahnt wird, scheint mir doch etwas
zu weitgehend, so unverkennbar der eigentliche Ausbau dieser
Beziehungen beim Menschen
erst
durch die individuelle
Erfahrung, durch die Assoziationsbildung bei Aufbau des individuellen Engrammschatzes erfolgt.
Wichtig
ist für
uns hier
aber nicht die Entscheidung des Streits zwischen Nativisten
und Empiristen, sondern
die Feststellung der Tatsache,
die Beziehung des Nebeneinanders der
das Nebeneinander der Tastempfindungen da, 1
Vgl.
W.
daß
Sehempfindungen auf
Preyer, Die Seele des Kindes.
wo
5. Aufl.
sie
1900.
nicht S. 32.
Das Nebeneinander und der
Begriff der Empfindungsfelder.
51
Welt gebracht wird wie beim ausschlüp-
gleich mit auf die
fenden Hühnchen, schließlich immer vollzogen wird, und zwar
sowohl vom normalen Neugeborenen blindgeborenen Menschen,
operativem
Wege
Ganz anders
wenn
als
auch vom älteren
er von seiner Blindheit auf
befreit wird.
verhält es sich in dieser Beziehung mit den
Tonempfindungen.
Diese
dungen die Eigentümlichkeit,
den
mit
teilen
daß
bei
Gesichtsempfin-
ihnen
die
Empfin-
dung, eine bestimmte Körperstelle sei gereizt, ganz zurück-
Ebensowenig
tritt.
wie
wir
beim
gewöhnlichen
(nicht
schmerzhaften) Sehen «fühlen«, daß Teile unseres Auges gereizt
worden
Hören
in
sind, ebenso
wenig
»fühlen«
wir dies beim
bezug auf Teile unseres Ohrs, abgesehen von den
besonderen Fällen, in denen gewisse Tonempfindungen mit
Schmerz verbunden sind oder auch,
in
denen die tonerregen-
den Luftschwingungen gleichzeitig Tastempfindungen unserer
Haut
(des
Ohrs oder des Trommelfells) auslösen.
Insofern herrscht also zwischen Ton- und Gesichtsempfin-
dungen Übereinstimmung.
Und
eine solche findet sich auch
Auch
noch in bezug auf einen zweiten wichtigen Punkt.
das Nebeneinander der Tonempfindungen zeigt uns die einzelnen Komponenten in ganz bestimmten Beziehungen zuein-
durchaus mit den Beziehungen übereinstimmen,
ander,
die
die wir
am Nebeneinander unserer Tastempfindungen und am Nebeneinander unserer Gesichtsempfindungen be-
ebenso
obachten.
Nur
ist
das Nebeneinander der Tonempfindungen
insofern ein einseitig beschränktes, als
wir die Aneinander-
reihung der Tonempfindungen als eine ausgesprochen lineare empfinden, während uns die AneinanderfUgung unserer Tast-
und Gesichtsempfindungen zunächst erfolgende
(planimetrische),
als allseitig in der
dann weiter auch
als
4*
Fläche in
drei
52
Die Originalempfindungen.
Dimensionen vor
sich
gehende (stereometrisehe)
erscheint.
Hierauf werden wir unten noch zurückkommen. der Sprache fast aller Völker'
In
sache
daß
aus,
drückt sich die Tat-
verschiedenen im Nebeneinander und,
die
was auf dasselbe hinauskommt, auch im Nacheinander empfundenen Töne im Verhältnis einer Reihenbildung stehen, die
man
als Tonleiter, (Skala), be-
Die Skalenbeziehung der Töne wird nicht etwa
zeichnet.
man
ihrem Nacheinander (wobei
nur bei
Aneinanderreihung
empfunden,
als
Bewußtsein
wo
bei
die einreihige
tritt
ihre
einreihige
Funktion der Zeit betrachten könnte) auch
sondern
Nebeneinander, ins
linearen Anordnung,
einer
Empfindung im
simultaner
Anordnung ebenso deutlich
2.
Ohne mich weiter
in das sprachliche Gebiet
zu verlieren,
möchte ich zur Klarstellung meines Standpunkts folgendes betonen.
Aus dem Umstand, daß man im Nebeneinander
der Töne die Komponenten allgemein iu eine
und
sie
höchste
innerhalb derselben als tiefste,
Zwischenstufen
mit allerlei
der Griechen
und Römer
als
was
ich 1
(oder auch
nach Art
schwere,
spitze,
im Einklang mit dem,
an mir selbst beobachte, daß dieses Nebeneinander
Vgl. die interessante Zusammenstellung
psychologie, 2
bringt
mittelhohe, hohe,
tiefe,
schwerste,
spitzeste) unterscheidet, schließe ich
Reihe
1.
Bd. 1893,
S.
bei
C.
Stampf, Ton-
192-199.
Die eigentliche Beziehnngssetzung, der Vergleich der Töne, die
wir nacheinander hören, erfolgt, worauf wir im
doch immer simultan,
17.
Kapitel ausführ-
im Nebeneinander. Jeder Vergleich ist im Grunde ein Simultanvergleich. Deshalb können wir für diese Fragen auch die Tonempfindungen und ihre» sprachlichen Niederschlag bei solchen Völkern berücksichtigen, die wie die alten Griechen und Römer sowie unter jetzt lebenden Kulturvölkern die Chinesen, Inder, Araber, Türken und Neugriechen, soweit sie von der westlichen Musik unbeeinflußt sind, nur eine einstimmige, nicht polyphone Musik kultivieren. lich eingehen werden,
d. h.
Daa Nebeneinander und der
ebensowenig wie
das
Begriff der Empfindungsfelder.
53
der Tastempfindungen oder der Ge-
sichtsempfiudungen lediglich als ein beziehungsloses »Zugleichsein«,
wie
sich
viele
Psychologen
empfunden wird, sondern einander,
als ein
vorsichtig
ausdrücken,
beziehungsbesitzendes Neben-
wobei aber im Gegensatz zu Tast- und Gesichts-
empfindungen die Beziehung sich nur nur linear ausdrückt.
in
einer Dimension,
In dieser Hinsicht drückt die Sprache
eine Grundeigentümlichkeit der
Beziehungen
unserer Ton-
empfindungen aus, nichts Bildliches, nichts aus anderen EmpfinduDgsgebieten Übertragenes, keine »Raumsymbolik« K
Anders aber verhält es sich mit dem Wortsinn hoch, oben,
tief,
unten,
sofern mit diesen
Worten eine bestimmte
Lage und Richtung unseres Körpers, im Sinne von
und Sohle verstanden wird. 1
Scheitel
Das Nebeneinander der Ton-
Ähnliche Auffassungen wie die vorgetragenen,
freilich
in an-
deren Zusammenhängen und in anderer Fassung, finden sich vor allem Er sagt (Analyse d. Empf. 4. Aufl. 1903, S. 217): »Die bei Mach.
Tonreihe befindet sich in einem Analogen des Raumes, in einem beiderseits begrenzten Raum von einer Dimension, der auch keine Symmetrie darbietet, wie etwa eine Gerade, die von rechts und links senkrecht zur Medianebene verläuft. Vielmehr ist derselbe analog einer vertikalen Geraden, oder einer Geraden, welche in der Median»Daß das Gebiet der Tonebene von vorn nach hinten verläuft.« — empfindungen eine Analogie zum Raum darbietet, und zwar zu einem Räume, der keine Symmetrie aufweist, drückt sich schon unbewußt in der Sprache aus. Man spricht von hohen und tiefen Tönen, nicht von rechten und linken, wiewohl unsere Musikinstrumente letztere Bezeichnung sehr nahe legen.« Soweit Mach. Hierzu möchte ich nur die einzige Randbemerkung machen, daß die Sprache den Tatbestand der Empfindungslage inbezug auf das Nebeneinander der Töne wohl noch reiner ausdrücken würde, wenn sie in diesem ihrem Ausdruck überhaupt nicht auf die Richtung Bezug nähme, die durch die Körperlage gegeben ist. Von letzterer ist ja, wie im Text von mir betont, die Richtung der Tonreihe unabhängig, beziehungslos. Mach hat ganz recht, wenn er betont, daß die Reihe der Tonempfindungen nicht symmetrisch zum Gemeinraum gelagert ist, aber sie ist überhaupt inbezug auf diesen Raum richtungelos.
—
Die Originalempfindungen.
54 empfindungen wird des Körpers,
Beziehung zur jeweiligen Lage
in keiner
zum Nebeneinander
unserer Tast- und Glesichts-
empfindungen, es wird vielmehr ausgesprochen richtungslos
empfunden.
Bei den Bezeichnungen hoch und
tief,
die sich
entsprechend in gleichem Sinne bei so vielen Völkern wieder-
um
finden, handelt es sich zweifellos
tragung. die
Und zwar wird
Stimme auf
eine assoziative Über-
Tonerzeugung
von der
hier
die erzeugten
Töne übertragen.
am
Töne, bei denen uns die Stimme
durch
Diejenigen
tiefsten unten aus un-
serer Brust zu dringen scheint, bezeichnen wir auch als die
und zählen
tiefsten
während uns
sie
ja
auch
dem
»Brustregister«
zu,
die anderen entsprechend höher aus der Kehle
zu dringen scheinen und als hohe Töne, Töne des Kopfre-
Wie schon oben erwähnt, haben
gisters bezeichnet werden.
die Griechen tief
und Römer die Töne gewöhnlich gar nicht
und hoch, sondern
ihre Übertragungen
schwer und
als
also
von ganz
spitz
wo
als
charakterisiert,
anders
hergeleitet.
Übrigens unterscheiden auch die Griechen und Eömer ein
Oben und Unten der Tonbeziehungen. Ich wiederhole, daß die
des
Hoch und Tief
in
Anwendung
des Oben und Unten,
bezug auf das Nebeneinander der Ton-
empfindungen keiner wirklich empfundenen Beziehung der Tonreihe auf Richtungen des Körpers, einander
der
Lage-
und
d. h.
auf das Neben-
Gesichtsempfindungen
entspricht,
sondern durch eine Assoziation der eigentlichen Tonempfin-
dung mit dem scheinbaren Ort der Touerzeugung
(Brust,
Kehle) zustande kommt. In
Wirklichkeit,
keine Verbindung
das heißt ohne Übertragung, gibt es
vom Nebeneinander
zum Nebeneinander der
Tast-
der
Tonempfindung
und Gesichtsempfindungen,
mithin auch keine Beziehung dieses ersteren Nebeneinanders
Das Nebeneinander und der
Auch
Lage des Körpers.
zur
wird nichts als solcher
Begriff der Empfinduugsfelder.
den GesiclitsempfinduDgen
bei
von der Reizung einer bestimmten Körperstelle empfunden.
Aber
was empfunden wird, das
das,
Nebeneinander der Gesichtsempfindungen,
sammenfassend der jeweiligen
Augen)
55
als »Gesichtsfeld«
Lage des Körpers oder
in engster
Beziehung.
was wir
das,
zu-
bezeichnen, steht stets mit
Auf
dieser
seiner
Teile
(der
Grundlage hat
sich
dem Nebeneinander der Tastvorstellungen gebildet haben, dem »Tastraum« und aus den Raumvorstellungen, die sich aus dem Nebeneindann aus den Raumvorstellungen,
sich aus
die
ander der Gesichtsempfindungen gebildet haben, dem raum«,
eine
gemeinsamere Raumvorstellung,
gewöhnlichen Leben
im hier
was wir
»Raum« nennen und
schlechthin
Gemeinraum nennen
das,
»Seh-
wollen, aufgebaut.
Eine derartige Beziehung gewinnt das Nebeneinander der
Tonempfindungen zu demjenigen der Tast- und Gesichtsem})finduugen aber nicht. diese negative
Aussage
Ich
sich
muß
hier hervorheben,
nur auf das
daß
Nebeneinander
der Tonempfindungen (das durch die Tonhöhe seiner
Kompo-
nenten bestimmt wird) bezieht, nicht auf die Tonempfindung schlechthin.
Nicht in jeder Hinsicht fehlen Beziehungen der
Tonempfindungen zu den Lageempfindungen unseres Körpers. Sie treten in der Empfindung der Schallrichtung zutage, die
aber ihrerseits mit
dem Nebeneinander
keine unmittelbare Beziehung besitzt.
der Tonempfindungen
Wir werden im näch-
sten Kapitel noch näher darauf eingehen, daß die
Empfindung
der Schallrichtung durch die Unterscheidung der Reizung des rechten
und des linken Gehörorgans zustande kommt.
In
diesem besonderen Falle bildet sich allerdings eine unmittelbare Beziehung zwischen Tonempfindungen und Lageempfin-
dungen des Körpers bzw. der Gehörorgane und damit zwischen
56
Die Originalempfindungen.
Tonempfindungen
und
Gemeinraum.
Dies
aber
geschieht
nur beim Zusammenwirken der beiden Gehörorgane und auf
Grund der Empfindung der verschiedenen
also
für
der in
Für das Nebeneinander der
ihnen ausgelösten Erregungen.
Töne,
Intensität
Empfindung der Tonhöhen kommt
die
Stellung der Organe im
Raum
die
nicht unmittelbar in Betracht.
Wir empfinden das Nebeneinander verschieden hoher Töne genau ebenso, ob wir auf den Füßen stehen, uns
in liegender
Stellung befinden oder uns etwa so bücken, daß unser Scheitel
den Boden berührt, und dies es uns
unmöglich
meinraum (nicht
ist,
in irgend
ist
der eigentliche Grund, daß
das Nebeneinander der Töne
eine feste
und unmittelbar empfundene
etwa von anderswoher übertragene) Beziehung zu
Das Nebeneinander der Tonempfindungen ein
wirkliches Nebeneinander
Gesichtsempfindungen, es
aber,
ist
sich sozusagen in
zwar
da es keine Beziehungen es befindet
isoliert,
einem abgesperrten Bezirk.
Es läge nahe, diesen besonderen Bezirk bezeichnen,
setzen.
also
ist
genau so gut wie das der
zum Gemeinraum zu gewinnen vermag,
zu
zum Ge-
doch
könnte
diese
»Tonraum«
als
Bezeichnung
leicht
zu
Mißverständnissen Veranlassung geben, und ich möchte von seiner
Anwendung aus folgenden Gründen ganz
Primär gegeben
ist
absehen.
uns weder ein Tast- noch ein Sehraum,
noch eine Kombination beider, sondern lediglich das Neben-
Auf dem Fundament des Neben-
einander der Empfindungen.
einanders von Tast- und Gesichtsempfindungen hat sich phylogenetisch und ontogenetisch l)orene
Mitgift,
teils
als
,
das heißt
teils als
fertig
ange-
Produkt der von jedem einzelnen
Individuum erneut zu machenden Erfahrung, das aufgebaut,
was wir
als
nen können.
den
Inbegrifi' unserer
Raumvorstellungen bezeich-
Das Nebeneinander und der
Begrift" der
Ein entsprechender Aufbau und Weiterbau halb des abgesperrten Bezirks, der serer
57
Empfindungsfelder.
aber inner-
ist
dem Nebeneinander un-
Tonempfindungen angehört, unterblieben.
Hier
ist
es
zu einer Weiterentwicklung durch mannigfache Kombination,
wie wir
sie für
das Nebeneinander der Tast- und Gesiehts-
empfindungen leicht nachweisen könnten, nicht gekommen,
und wir finden
hier nichts anderes als das einfache
und
in
diesem Falle sogar besonders einfache, weil bloß linear angeordnete Nebeneinander vor.
Somit wäre es unangebracht, von »Kaum Vorstellungen« in
bezug
auf dieses Nebeneinander von Tonempfindnngen
zu
Wir dürfen bloß sagen: Das Nebeneinander der
sprechen.
Tonempfindungen gründet sich nicht nur auf dieselben Voraussetzungen, sondern besitzt auch annähernd dieselben charak-
Eigentümlichkeiten,
teristischen
aus
welchen
sich
in
den
Empfindungsgebieten des Tastsinns und des Gesichts unsere Raumvorstellungen aufbauen. Als prak-
Soviel über die allgemeine Seite dieser Frage. tische
Folgerung ergibt sich mir aus unseren bisherigen Be-
trachtungen folgendes:
Das Nebeneinander der Tastempfin-
dungen, der Geschmacks-, der Gesichts- und der Tonempfindungen
ist
Zugleichsein.
ein
Nebeneinander,
wirkliches
Wenn man
es als räumliches
bezeichnen wollte, so würde dies zunächst
vermögen derer,
kommen
die sich
in
dem Auge
verlieren,
kommen.
dem
Vorstellungs-
Doch
sollte
man
daß dieses Nebeneinander
der Empfindungen das ursprünglichere als unsere
bloßes
diese Fragen noch nicht voll-
eingelebt haben, zu Hilfe
dabei nie aus
kein
Nebeneinander
ist,
Raumvorstellungen, die sich aus
und umfassender
dem
spezielleren
kombinatorischen Ausbau des Nebeneinanders der Tast- und
Gesichtsempfindungen herleiten.
Die Originalempfindungen.
58
Dies vorausgeschickt, wird es hoffentlich zu keinen Miß-
wenn
verständnissen führen,
das Nebeneinander
setzt,
gebiete
wir, in die
aller
Notwendigkeit ver-
verschiedenen Empfindungs-
gemeinsam zu behandeln und nach gleichen Gesichtsdas
punkten zu analysieren,
für
diese
Behandlungsweise
dem Wortschatz
notwendige Ausdrucksmittel
unserer
Raum-
Wort
Emp-
Ich wähle dafür das
vorstellungen entlehnen.
findungsfeld und beschreibe
z.
im folgenden die
B.
ein-
zelnen
Komponenten des Nebeneinanders der Tastempfin-
dungen
als befindlich in oder
Empfindungsfeldern
Geschmacks
des
des
dungsfeldern
in
entsprechenden
Die Empfindungsfelder
zusammen mit bestimmten Empfin-
fallen
Tastsinns,
was
in
Beziehung
daß die über Zunge und Gaumen
der Tatsache, Reizpforten
empfunden
des Tastsinns.
und Geschmack
für Tastgefühl
gleiche Gebiet verteilen,
sich
steht
mit
verteilten
über das
an dem gleichen Gebiet teilhaben.
In gleichem Sinne wie beim Tastsinn werden wir von
den Empfindungsfeldern des Gesichtsinns sprechen. Die
Summe
aller
jeweiligen Empfindungsfelder des Gesichts werden schon
seit
langer Zeit
Bezeichnung
als
»das Gesichtsfeld«
behalten wir
bei.
bezeichnet.
Diese
Die Empfindungsfelder des
Gesichts haben Berührungspunkte mit denen des Tastsinns.
Dagegen
sind die Empfiudungsfelder des Gehörs von jenen
beiden Gebieten abgesperrt und nur in der Empfindung der Schallrichtung
bindung.
Sie
besteht ist
eine
diesbezügliche
eigenartige Ver-
aber nur auf Grund des Zusammenwirkens
der beiden Gehörorgane realisierbar und eröffnet keine Möglichkeit,
das Nebeneinander der Empfindungsfelder des Gehörs
dem Nebeneinander jener anderen Empfindungsorientieren. Auf das Empfiudungsfeld des Geruchs
entsprechend felder zu
kommen
wir unten zurück.
Das Nebeneinander und der
Wenden wir nun
59
Begriff der Empfindungsfelder.
unsere Ausdrucksweise auf die nähere
Beschaffenheit der verschiedenen Nebeneinander, wie wir sie
unmittelbar empfinden und bereits oben kurz charakterisiert
haben, an, so werden wir sagen: Wir empfinden die Anord-
nung der Empfindungsfelder unseres äußeren Hautsinns Dies
eine flächenhafte.
Bewegungsempfindungen
wir ohne Mitwirkung von
wenn
besonders dann zutage,
tritt
als
tasten.
Durch Hinzutreten von Bewegungsempfindungen, durch Kombinieren der äußeren mit den inneren Tastempfindungen ge-
winnen
die Empfindungsfelder des Tastsinns Tiefe, sie ordnen
In seinen Erörterungen über den physio-
sich räumlich an.
logischen
Raum im
Gegensatz zum metrischen drückt Mach
dieselbe Beobachtung folgendermaßen aus.
»Der
Raum
^
der
Haut entspricht einem zweidimensionalen, endlichen, unbegrenzten
Riemannschen Raum.
(geschlossenen)
Empfindung der Bewegung der Glieder,
Durch
die
insbesondere der
Arme, Hände und Finger, kommt etwas einer
dritten
Dimen-
sion Entsprechendes hinzu.«
Sehr ähnlich verhält äußere Körperhaut,
sich
sondern je
mit
den nicht durch die
eine
Netzhaut ausgelösten
Auch die Empfindungsfelder des Einzelauges
Empfindungen. sind zunächst
es
flächenhaft
Erst durch das Zu-
angeordnet.
sammenwirken beider Augen, sowie durch Kombination mit
dem
Tastsinn,
kommt
die
auch der
Einäugige
vornehmen kann,
das körperliche Sehen zustande.
Die Empfindungsfelder des Gehörs berühren sich nicht mit denen des Tast- und Gesichtsinns.
Sie sind in einer einzigen
unverzweigten Reihe, also linear angeordnet, und die Richtung dieser Reihe oder Linie läßt sich mit
dungsfelder 1
des
Tast-
E. Mach, Erkenntnis
den durch die Empfin-
und Gesichtsinns und Irrtum.
1.
Aufl.
gegebenen Rich1905.
S. 334.
Die Originalempfindungen.
60
wie wir bereits gesehen haben, nicht in Beziehung
tungen, bringen.
Es
ist
von fundamentaler Bedeutung, daß die Anordnung
Empfindungsfelder
der
engem Zusammenhang
innerhalb steht
jedes
Sinnesgebietes
in
mit der Topographie der Reiz-
Die Beziehung des Nebeneinanders der Empfindungen
pforten.
zu den Reizpforten hatten wir in ihren allgemeinsten Zügen
im vorigen Kapitel
bereits
finden
wir,
(S.
34
— 46)
untersucht.
daß sich diese Beziehung noch
viel
Jetzt
mehr
ins
Spezielle verfolgen läßt. Ist
die
Anordnung der Empfindungsfelder des Neben-
einanders von Tast- oder des Nebeneinanders von Gesicbts-
empfindungen eine flächenhafte, so ergibt die nähere, auf mittelbarem
Wege
ausgeführte Untersuchung der Topographie
der Reizpforten, durch
die
die
betreffenden Empfindungen
ausgelöst worden sind, daß sie einen flächenhaften Charakter
Empfinden wir dagegen auf diesen Empfindungs-
besitzt.
gebieten die Anordnung der Empfindiingsfelder als eine lineare, so
erweist sich bei der mittelbaren Untersuchung auch die
Anordnung der
in
diesem Falle benutzten Reizpforten
als
eine lineare.
Wenn
ferner,
wie wir oben ausführlich erörtert haben,
das Nebeneinander der Tonempfiudungen ausgesprochen ein linear angeordnetes
empfunden wird,
als
so können wir meiner
Ansicht nach getrost auf eine lineare Anordnung seiner Reizpforten schließen. stellung
Diesem Erfordernis würde genau
entsprechen,
die Vor-
die wir uns nach der Helmholtzscheu
Resonanztheorie von der Beziehung der Auslösung der Er-
regungen zur Empfindung der Tonhöhe zu machen haben.
Wie
bereits erwähnt,
begegnen die Helmholtzschen Anschau-
ungen noch manchem Widerspruch.
Aber wenn man auch
Das Nebeneinander und der
61
Begriff der Empfindungsfelder.
zugeben kann, daß sich gegen das Mitschwingen der winder Basilarmembran, besonders
zigen Fasern oder »Saiten«
wenn
es sich
um
sehr tiefe
wendungen erheben
Töne handelt, physikalische Ein-
lassen,
so
sind
doch über
die
Not-
wendigkeit einer physiologischen Resonanztheorie, wie oben erwähnt, die meisten Forscher einig.
dem
Wenn man
aber aus
nicht ganz einwandfreien Ausdruck »physiologische Reso-
den innersten Sinn extrahiert, so ergibt
nanztheorie«
daß damit im Grunde nur ausgesagt werden
soll,
sich,
daß der
Reihe der Tonempfindungen von verschiedener Tonhöhe eine
Reihe besonderer Reizpforten entspricht.
Die physiologische
nimmt von der Helmholtzschen Resonanz-
Resonanztheorie
Bestimmung der Tonhöhe durch den Ort der Reiz-
theorie die
durch
auslösung,
läßt aber die Art
die
determinierte Nervenendigung,
lokal
und Weise
,
wie an der bestimmten Stelle
die Auslösung erfolgt, ob durch physikalisches Mitschwingen
der Basilarmembran
der Fasern
oder
auf anderem Wege,
unentschieden.
In
der auf S. 53 zitierten
die Tonreihe befinde
sich
in
Bemerkung hat Mach
dem Analogon
gesagt,
eines Raumes,
und zwar eines Raumes, der analog etwa einer Geraden verläuft.
Mach hat ganz
Zusatz
»etwa«
man nur
recht, das
einzuschränken.
diesbezüglichen
>
Gerade« durch den
In Wirklichkeit
die Einreihigkeit oder lineare
reihe, hat aber dabei keine
sonstigen
Wort
bestimmte Empfindung von ihrer Beschaffenheit,
weder von
Richtung, wie wir bereits oben gesehen haben, ihrer Geradheit oder
Daß wir
sie
Krümmung, Ebenheit
ihrer
noch auch
oder Unebenheit.
graphisch als Gerade darzustellen pflegen,
sehr erklärlich.
gezwungen,
empfindet
Anordnung der Ton-
ist
Bei einer solchen Darstellung sind wir ja
ihr eine
bestimmte Form zu geben, und da wählen
62
I^Je
wir in Ermangelung
Originalempfindungen.
aller
empfundenen Anhaltspunkte die
für solche Darstellungen einfachste
Geraden.
und bequemste Form der
Bei introspektiver Betrachtung der Toureihe finden
wir aber, daß nur die Einseitigkeit, die lineare Beschaffenheit als solche
empfunden wird, daß wir aber nichts darüber
aussagen können, ob diese Linie gerade oder gekrümmt oder spiralig aufgerollt sie
uns
ist.
Ebenso gut wie
als eine Spirale
als
Gerade könnten wir
etwa von der Art vorstellen, wie die
Endorgane der Hörnerven,
die Haarzellen (Hörzellen)
im Innern
des spiralig aufgerollten Cortischen Organs einen spiraligen Strich oder Streifen will damit
von annähernd
1
mm
Breite bilden.
nur konstatieren, daß die Tonreihe
in
Ich
unserem Be-
wußtsein in bezug auf ihre speziellere Form Undefiniert und
nur durch die lineare Aneinanderreihung als solche charakterisiert ist.
Viertes Kapitel. Die Empfindungsfelder (Fortsetzung).
Wir können nunmehr im Anschluß an
die Ergebnisse des
vorigen Kapitels die verschiedenen Nebeneinander der einzelnen Sinnesgebiete ihre
bezug auf ihre Beschaffenheit und
in
Beziehung zu den Reizpforten
1.
Tastempfindungen. Es werden
ponenten des Nebeneinanders
Reihe bringen:
in folgende
nicht nur die
als gegenseitig in einer
Kom-
gewissen
Beziehung stehend empfunden, die den Beziehungen der Reizsondern jede Komponente enthält außer
pforten entspricht,
noch das damit
der Empfindung
der spezifischen Qualität
unlöslich verbundene Empfindungselement,
daß eine bestimmte
Körperstelle gereizt sei. 2.
Gesichtsempfindungen.
Nebeneinanders werden ziehung
zueinander
ebenfalls
empfunden,
Reizpfortea entspricht.
Komponenten des
Die in
einer bestimmten Be-
die
der Anordnung
der
Ein besonderes Empfindungselement,
daß eine bestimmte Körperstelle gereizt gewöhnlichen Umständen).
Doch wird
fehlt aber (unter
sei,
die
der
Beziehung
der Reizpforten entsprechende Beziehung des Nebeneinanders der
Gesichtsempfindungen sehr
funden und wird,
scharf
und bestimmt emp-
da von ihr Brücken zum Nebeneinander
der Tastempfindungen führen,
verwendet,
um
mit letzterem
zusammen eine gemeinsame Raumvorstellung aufzubauen.
Die Originalempfindungen.
64
Ton emp findungen.
3j
einanders
Die Komponenten des Neben-
der Tonempfindungen werden
ebenfalls
einer
in
bestimmten Beziehung zueinander empfanden, die der An-
ordnung der Reizpforten empfindungen
fehlt
Wie
entspricht.
bei den Gesichts-
aber auch bei ihnen das Empfiudungs-
element, dass eine bestimmte Körperstelle gereizt sei (unter
gewöhnlichen Umständen). Die Beziehung des Nebeneinanders, sofern sie mit der Verschiedenheit der Reizpforten als solcher
korrespondiert, beschränkt sich auf die lineare Aneinander-
ist,
ob
Welcher Art aber diese Linie
der Empfindungen.
reihung z.
B.
Gerade oder Spirale, und wie
wird nicht empfunden.
Vom
sie gerichtet ist,
Nebeneinander der Touempfin-
dungen (Tonhöhe) führen auch nirgends Brücken zum Nebeneinander der Tast- und Gesichtsem pfiudungen.
Geruchsempfindungen. Von einem Nebeneinander von Geruchsempfindungen darf man wohl nicht sprechen. Wir 4.
unterscheiden allerdings an einer Geruchsempfindung verschie-
dene Eigentümlichkeiten, diesen, ein
sie
erinnert
uns wohl einmal an
dann wieder an jenen uns bekannten Geruch, aber
gleichzeitiges
Komponenten
tritt
Geruchsmischungen zessive,
nicht
deutliches
Nebeneinander
nicht zutage. erfolgt,
simultan,
wenn
verschiedener
Die Analyse komplizierter sie
überhaupt gelingt, suk-
indem, wie bereits Valentin
^
und
Aronsohn^ beobachtet haben, einmal die eine, dann wieder die
andere Empfindungskomponente die Oberhand gewinnt.
Die Konsequenz aus diesen Tatsachen ziehe ich Weise,
1
daß
ich
sage,
die
Geruchsempfindungen
Valentin, Lehrbuch der Physiologie,
2. Aufl.,
2.
Bd., 1848,
in
der
(sofern
2.
Abt.
S. 292. 2
Aronsohn, Experimentelle Untersuchungen zur Psychologie des Archiv f. Anat. u. Phys. 1886. S. 321.
Geruches.
Die Empiindungsfelder (Fortsetzung).
nicht
sie
in
die
Empfindungsfelder
65
Geschmackssinns,
des
unter Umständen auch des Tastsinns einbezogen werden) besitzen
ein
eigenes
einziges
Dasselbe
Empfinduugsfeld.
nimmt gegenüber den Empfindungsfeldern der anderen Sinne eine selbständige Stellung ein.
Hier haben wir aber gleich die Einschränkung zu machen,
daß
Empfindungsfeld
selbständiges
ein
Geruchssinns
des
neben den Feldern des Geschmackssinns nur
in
bezug auf
die inspiratorisch ausgelösten Geruchsempfindungen besteht.
Anders verhält es
sieb
mit den exspiratoriseh
ausgelösten
Geruchsempfindungen, die vom Duft des den Schlund passie-
renden Bissens im Augenblick der Schlingbewegung ausgelöst
werden.
Bekanntlich bezeichnet
rische Riechen
auch
als
man
dieses exspirato-
gustatorisches Riechen.
Geruchsempfindungen gesellen
sich
bei
Die
diesem Riechen so
innig zu den gleichzeitig ausgelösten Geschmacks- und Tast-
empfindungen, daß
sie
uns in den Empfindungsfeldern jener
Geschmacks- und Tastempfindungen zu liegen scheinen. eigenes,
selbständiges Empfindungsfeld,
der Tonempfindungen
gen
Sinne
keine
Ein
das wie diejenigen
zu den Empfindungsfeldern der übri-
bestimmte
räumliche
Beziehung
besitzt,
haben nur die inspiratorisch ausgelösten Geruchsempfindungen. Freilich
kann auch beim inspiratorischen Riechen unter be-
sonderen Umständen
(bei
»stechenden« Gerüchen, ferner bei
lebhaftem »Schnüffeln«, wobei
man
das Vorbeistreichen der
Luft an den Unebenheiten der Nasenhöhlen spürt) eine Ein-
beziehung der Geruchsempfindungen in bestimmte Empfindungsfelder des Tastsinns erfolgen.
Übrigens unterscheiden wir ziemlich genau, ob eine Ge-
ruchsempfindung gustatorisch (exspiratoriseh aus) oder inspiratorisch durch die Semon,Mnerae.
II.
vom Schlünde
Nase ausgelöst wird. 5
Wir
Die Originalempfindungen.
66 werden nicht
Aroma
die wir gerade essen, das
leicht einer Speise,
zuschreiben, das von außen zu uns dringt.
denen der gustatorische Geruch
in
Fällen,
in
In solchen
den Empfin-
dungsfeldern des Geschmacks, der inspiratorische Geruch im eigentlichen
von ersterem unterschieden
dadurch, wie wir eben sahen, wird,
ist
empfunden und
Empfindungsfeld des Geruchs
sogar vielleicht ein wirkliches Nebeneinander dieser
Feldern auftretenden Geruchsempfindungen
in verschiedenen
Doch
möglich.
ist
es schwer, die wirkliche Gleichzeitigkeit
der beiden Empfindungen zu beweisen und die Möglichkeit einer raschen Oszillation der
Aufmerksamkeit von der einen
anderen Geruchsempfindung
zur
scheidung dieser Frage
muß
auszuschließen.
Die Ent-
weiteren Untersuchungen an-
heimgestellt werden.
Wer
die Reihe
durchmustert,
in
das Nebenein-
der wir
ander der Empfindungen beziehungsweise die Empfindungsder
felder
verschiedenen Sinnesgebiete
in
bezug auf ihre
Beschaffenheit und ihre Beziehung zu den Reizpforten zu-
sammenfassend dargestellt haben, der wird auch verstehen,
warum wir uns
bei unserer Darstellung nicht des von Lotze
geschaffenen und nächst
vom
rein praktischen
Standpunkt aus zu-
brauchbar erscheinenden Ausdrucks
bedient haben.
Lotze
^
definiert
sehr durchdachter Weise folgendermaßen: tere Lokalisation
eines
Inhalt, so
daß
»Da nun
Empfindungselements
lichen Anschauung unabhängig in verschiedenen
»Lokalzeichen«
den Begriff Lokalzeichen in
ist
in
die spä-
der
räum-
von seinem qualitativen
Augenblicken sehr verschie-
dene Empfindungen die gleichen Stellen unseres Raumbildes füllen
können, so
muß jede Erregung vermöge
Nervensystem, an welchem 1
sie stattfindet,
des Punktes im
eine eigentümliche
H. Lotze, Medizinische Psychologie, Leipzig 1852,
S. 331.
Die Empfindungsfelder (Fortsetzung).
Färbung
erhalten, die wir mit
belegen wollen«.
Wie man
67
dem Namen ihres Lokalzeichens
sieht,
geht Lotze in dieser Definition
nicht vom Nebeneinander der Empfindungen, sondern von un-
serem »Raumbild« aus, das, wie wir sahen, auf einer Grundlage aufgebaut wird, zu der das Nebeneinander allein der Tast-
und Gesichtsempfindungen
Raum haben sind von
also die
Au
die Bausteine liefert.
diesem
Gehörsempfindungen keinen Anteil,
sie
ihm abgesperrt, und somit darf der Ausdruck Lokal-
zeichen für sie strenggenommen nicht verwertet werden.
Nun
stehen aber gerade sie in bezug auf die wesentlichen Eigen-
tümlichkeiten ihres Nebeneinanders den Gesichtsempfindungen sehr nahe.
Sie haben mit ihnen gemeinsam, daß bei beiden
wenn man
das besondere Empfindungselement oder,
nennen
will,
die
Körperstelle gereizt
zeichen
fehlt,
daß
Zusatzempfindung, sei,
also
streng
es
so
eine
besondere
genommen,
ein Lokal-
und auf beiden Sinnesgebieten
in gleicher
Weise
nur die Komponenten des Nebeneinanders in einer bestimmten
Beziehung zueinander empfunden werden, die der Anordnung der Reizpforten entspricht.
Wollte
man
diese Eigen-
also
tümlichkeit als Lokalzeichen der einzelnen
Komponenten des
Nebeneinanders beschreiben, so müßte man den Tonempfin-
dungen genau ebenso Lokalzeichen beilegen, wie den Gesichtsempfindungen.
dann
Bei den Tonempfindungen würde aber
qualitativer Inhalt, ausgedrückt durch die
Lokalzeichen zitierten
einfach
zusammenfallen,
Tonhöhe und
was mit der oben
Lotzeschen Definition einigermaßen im Widerspruch
steht K 1
Lotze selbst hat, wie seine Bemerkungen
keine richtige Auffassung davon, daß
a. a. 0.,
S.
332 zeigen,
man nur aus dem Nebeneinder Tonhöhe, Kriterien für
ander der Tonempfindungen, mithin die Anwendung des Ausdrucks Lokalzeichen auf diesem Gebiet winnen kann. 5*
ge-
Die Originalempfindungen.
68
Dies alles bestimmt mich, von der
Anwendung
des Aus-
drucks Lokalzeichen Abstand zu nehmen. Noch andere Grlinde
kommen
für
mich dazu, auf die ich aber hier nicht eingehe,
weil zu ihrer Beurteilung die Kenntnis des weiteren Inhalts
Für unsere Zwecke
Buchs erforderlich sein würde.
dieses
genügt
des
Darstellung
zur
Nebeneinanders
Empfin-
der
dungen und zur Feststellung seiner gesetzmäßigen Zusammenhänge das Darstellungsmittel der Empfindungsfelder. Bei unserer Auffassung der Gefühle
nungen der Empfindungen fühle
zu
den Empfinduugsfeldern von
Anblick einer bestimmten Farbe,
nicht als etwas neben den betreffenden
sondern
auf,
besondere Tö-
selbst.
dem Hören
Tones Lust oder Unlust verbunden, so
liches
als
ergibt sich die Stellung dieser Ist
dem
eines bestimmten
tritt
Gefühl
dieses
Empfindungen Befind-
etwas ihnen Inhärentes,
als
mit
Ge-
sie
sozu-
sagen Durchdringendes; die Gefühlstönung befindet sich mithin in demselben Feld wie die Empfindung selbst.
Es wäre
eine
ganz
interessante
und nicht besonders
schwierige Aufgabe nachzuweisen, daß sich selbst die soge-
nannten Gemeingefühle
ohne Zwang
schauungsweise einfügen.
Eingehen hierauf versagen. die aus unseren
sinnlichen
Doch muß Auch
in
ich
diese
unsere An-
mir ein näheres
eine Erörterung, wie sich
Empfindungen und Gefühlen ge-
bildeten Abstraktionen zu den Empfindungsfeldern verhalten,
wie
sie als
simultane Bewußtseinsinhalte genau so viel Fel-
dern angehören, in so viel Felder fallen, wie den einzelnen
Elementen, aus denen
sie
zusammengesetzt sind, entspricht,
auch die Führung dieses ziemlich
leicht zu liefernden
weises würde uns zu weit von unserem eigentlichen
Nach-
Thema
entfernen.
Für uns,
die wir uns hier auf die
Fundamente beschränken
Die Empfiadungsfelder (Fortsetzung).
69
das Nebeneinander aller
wollen, genügt der Nachweis, daß
Originalempfindungen nebst ihren Geflihlstönungen
sich
in
den von uns hinlänglich charakterisierten Empfindungsfeldern darstellen läßt,
und daß, wie wir im zweiten Teil des vor-
Buchs sehen werden,
liegenden
auch
alle
entsprechenden
Empfindungen nebst ihren Gefühlstönungen genau
mnemischen in denselben
Feldern in durchaus gleicher Beziehung zuein-
ander und zu den gleichzeitigen Originalempfindungen darzustellen sind.
Ich will
zum Schluß meiner Ausführungen über
die
Emp-
findungsfelder noch kurz zwei besondere Eventualitäten be-
sprechen,
die,
an sich
von großer Wichtigkeit, doch
uns hier nur von sekundärer Bedeutung
sind.
für
Sie bedür-
fen aber der Vollständigkeit
halber wenigstens der Erwäh-
nung und sind auch deshalb
interessant, weil die für unser
Thema
sehr wichtigen Erscheinungen,
im folgenden
die wir
Kapitel behandeln werden, mit ihnen sozusagen in eine Reihe gehören.
Die beiden Fragen, die wir hier noch kurz streifen
wollen, lauten: 1.
Was
beobachten wir, wenn zwei (oder mehr) Empfin-
dungen verschiedener Qualität so ausgelöst werden, daß sie in 2.
denselben Empfindungsfeldern auftreten?
Wirkt das Vorhandensein einer Empfindung
EmpfinduDgsfeld
in
bestimmter Weise auf
die
in
einem
Empfindungen
der benachbarten Felder ein?
Zum Zweck
der Beantwortung
der ersten Frage haben
wir uns zunächst darüber klar zu werden, unter welchen
Bedingungen die Auslösung zweier Empfindungen verschiedener Qualität in demselben Feld erfolgt. nissen unserer bisherigen Untersuchung
sagen: Eine
solche
Nach den Ergeb-
werden wir zunächst
Zusammendrängung zweier verschieden-
Die Originalempfindungen.
70 artiger
Empfindungen
in
demselben Feld erfolgt immer dann,
wenn die beiden Erregungen, Empfindungen
jene
als
durch
betracbten,
eng benachbarte Reizpforten
deren Manifestationen wir
zwei topographisch
So präsentieren sich im
eintreten.
Gebiet des Hautsinns solche Druck-, Temperatur- und Schmerz-
empfindungen, deren Sinnespunkte in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander
liegen,
denselben Empfindungsfeldern
in
warme Berührung, als schmerzhafter Druck bestimmten Körperstelle. Wir sehen hier gleich das
kühle oder
als
einer
eine Resultat,
das sich aus einem solchen Zusammentreten
ergeben kann,
möglicherweise
realisiert,
das
der innigen
Vereinigung beider Empfindungen unter Erhaltenbleiben der charakteristischen Eigenschaften jeder der Komponenten.
Auf anderen Sinnesgebieten
erfolgen
aber
andrerseits
unter genau entsprechenden Bedingungen Vereinigungen zu
etwas Neuem, das nichts von der Eigentümlichkeit seiner
Komponenten erkennen
Vereinigungen kommen,
läßt. Derartige
wie oben ausgeführt worden
ist,
besonders auf
dem Gebiet
der Geruchsempfindungen vor.
Außerordentlich
suchung
zugänglich
Bedeutung
ist
lehrreich,
weil
der
und zugleich von größter praktischer
das Auftreten von in einem Felde vereinigten
Empfindungen auf dem Gebiet des Gesichtssinns. hier
um
verschiedene Methoden,
gungen
Unter-
genauesten
so einzurichten,
daß die
die sie
Auslösung
indem man
gibt
der Erre-
manifestierenden
findungen in dasselbe Empfindungsfeld fallen. dieses Resultat erreichen,
Es
Emp-
So kann man
die verschiedenen Er-
regungen durch topographisch nicht hinreichend getrennte, einander aufs engste benachbarte Reizpforten eintreten läßt. Dieser Methode bedient sich
Oder man
reizt
z.
B. die pointillistische Malerei.
dieselbe Netzhautstelle in so kurzen Inter-
Die Empfindungsfelder (Fortsetzung).
71
Valien mit den verschiedenen Reizen, daß die eine Empfin-
dung noch nicht abgeklungen, noch im akoluthen Stadium vorhanden
wenn
ist,
in
demselben Empfindungsfeld die an-
dere neue, im synchronen Stadium befindliche In den eben angedeuteten Fällen
erfolgt
auftritt.
die Auslösung
der in demselben Empfindungsfeld auftretenden Empfindungen in
einem und demselben Auge.
kanntlich
Nun kann man
aber be-
auch ähnliche Vereinigungen binokular erzeugen.
Die Vereinigung der Erregungswirkungen erfolgt dann nicht durch Eeizung topographisch sehr benachbarter, auch nicht
durch sehr schnell abwechselnde Reizung einer und derselben Netzhautstelle, sondern durch Reizung Stellen
des
spondierenden
—
sie
werden
»identische« bezeichnet
nieren
als
korrespondierender
rechten und des linken Auges.
—
auch
Solche korre-
weniger glücklich
als
Netzhautstellen möchte ich defi-
Auslösungsstellen oder Reizpforten von
Erregungen, deren Empfindungsmanifestationen in demselben Empfindungsfeld erscheineni. Mit jedem Netzhautpunkte des einen Auges korrespondiert artige Stelle
des anderen Auges.
Löst
man nun
eine
der-
binokular
Diese Definition können wir aber auch auf das Gehörorgan anAuch jeder Eeizpforte des rechten Ohrs entspricht eine »korrespondierende« des linken, deren zugehörige Empfindung dieselbe Stelle im Nebeneinander einnimmt, in demselben Empfindungs1
wenden.
kurz dieselbe Tonhöhe besitzt. Da aber beim Ohr im Gegensatz zum Auge [und überhaupt allen übrigen Sinnesorganen) von einer Reizpforte aus immer nur eine einzige Empfindungsqualität ausgelöst werden kann, und sich korrespondierende Reizpforten in dieser Beziehung verhalten wie ein und dieselbe Reizpforte, so ist die Auslösung qualitativ verschiedener Empfindungen in demselben Empfindungsfeld beim Ohr ein Ding der Unmöglichkeit und braucht uns nicht zu beschäftigen. Über die Auslösung zweier gleicher oder doch nahezu gleicher Empfindungen in demselben Empfindungsfeld durch diotische Reizung werden wir im folgenden Kapitel zu sprechen haben. feld erscheint,
Die Originalempfindungen.
72
durch Reizung korrespondierender Stellen mit verschiedenartigen Reizen verschiedenartige Erregungen aus, deren
Emp-
findungsmanifestationen in demselben Felde erscheinen, so treten sie hier
entweder in einer Vereinigung
auf, die der
uniokularen
durch alternierende Reizung derselben Stelle ausgelösten, mithin der Vereinigung einer akoluthen mit einer synchronen
Empfindung
in
demselben Felde sehr ähnlich
ist,
ihr aber aller-
dings nicht vollkommen entspricht (Ungiltigkeit des Talbotschen
Gesetzes
bei
der
binokularen
großen Reihe der Fälle
Farbenmischung).
erfolgt aber gar keine
In
einer
Vereinigung
der verschiedenen Empfindungen in demselben Felde, son-
dern ein abwechselndes Auftreten bald der einen, bald der anderen. Diese Erscheinung wird bekanntlich als »Wettstreit« bezeichnet.
Von den Geruchsempfindungen wurde oben angegeben, daß
einem Nebeneinander nicht auftreten, daß
sie in
sofern
nicht in die Empfinduugsfelder
sie
sie also,
des Geschmacks
oder des Tastsinns hineinbezogen werden, in einem einzigen
Empfinduugsfeld des Geruchs in Erscheinung der Rückbildung des
beim
Riechorgans
Menschen
eigentliche Riechfläche der Nasenschleimhaut, factoria,
über
die
ein
treten.
Trotz ist
die
die Regio ol-
doch immerhin ausgedehnter Bezirk, der sich
obere Muschel,
den oberen
Nasengang und
die
mediale Fläche der mittleren Muschel sowie über die ent-
sprechenden Horizonte der Nasenscheidewand erstrecken kann. Bei älteren Individuen Hälfte ist es
dieses Bezirks
nun,
nicht zur
ist
er allerdings meist
Von größtem
beschränkt.
daß ein Unterschied
Wahrnehmung kommt,
auf die obere
in
Interesse
der Geruchsempfindung
gleichviel
ob das rechte
oder das linke Geruchsorgan, und ob von ihm dieser oder jener engere Bezirk als Reizpforte dient.
Die Empfindnngsfelder (Fortsetzung).
Als
Au3uahme von
73
dieser Regel läßt sich allein die S. 66
hervorgehobene Tatsache betrachten, daß bis zu einem gewissen Grade unterschieden werden kann, ob inspiratorisch
oder exspiratorisch (gustatorisch) gerochen wird.
Die Fest-
um
worauf diese Unterscheidung beruht, ob es sich
stellung,
bloße Erfahrungsschlüsse handelt, oder ob doch dabei auch
primäre spielen,
Lokalisationen
muß
der
Riechempfindungen eine Rolle
weiteren Untersuchungen vorbehalten bleiben.
In
der Hauptsache haben wir aber jedenfalls aus den beobachteten Tatsachen
den Schluß zu ziehen, daß der Charakter der
Riechempfindungen mit der engeren Topographie ihrer Auslösung in der Regio olfactoria nicht in einer nachweisbaren
Beziehung steht
'.
Dafür spricht auch die Tatsache, daß, wenn man verschiedenartige Geruchsreize getrennt
dem
rechten und
dem
linken Geruchsorgan zuleitet, die ausgelösten Erregungen sich nicht in zwei nebeneinander auftretenden festieren,
Empfindungen mani-
sondern entweder in einer neuen Empfindung be-
sonderer Art
(vgl.
oben
S. 43)
oder in einem zeitlich wech-
Dem
widerspricht nicht, daß die Erfahrungen einerseits über Ermüdung, andrerseits über partielle Defekte des Geruchsorgans die Annahme wahrscheinlich machen, daß für verschiedene Gruppen von Geruchsreizen auch verschiedene perzipierende Organe ähnlich wie beim Geschmacksorgan, aber im Gegensatz dazu nur indirekt zu erschließen) in Frage kommen. Über weitergehende, rein 1
partielle
hypothetische Konstruktionen urteilt Nagel
(Handb.
d.
Physiol. des
Menschen, 3. Bd., S. 611) mit Recht folgendermaßen: »Das Unternehmen Zwaardemakers, eine Anordnung der Riechelemente in neun senkrechten Reihen von vorn nach hinten entsprechend den neun Geruchsklassen, und in den einzelnen Reihen von oben nach unten wieder eine »skalenbildende Schattierung« wahrscheinlich zu machen, muß um so mehr als geradezu phantastisch bezeichnet werden, als nicht einmal für die Annahme ein zureichender Grund vorliegt, daß die Riechelemente verschiedener spezifischer Energie überhaupt eine ,
getrennte räumliche
Anordnung aufweisen.«
74
Originalempfindungen.
I^ie
selnden Auftreten bald der einen, bald der anderen Einzel-
empfindung, also in einem Wettstreit, der
dem sogenannten
Wettstreit der Sehfelder gleicht, oder endlich in einer gegenseitigen
Abschwächung, die zu
Kompensation beider
völliger
Empfindungen führen kann. So fand Zwaardemaker i, daß der Kautschukgeruch, in genügender Menge hineingeleitet,
Greruch
von Paraffin
Verschwinden
so verspürt
oder Bei
bringt.
der Reizstärken
ruch hervor.
bei
B.
Ist
man
der
Essigsäure
Wachs oder Toluolbalsam zum nicht angemessener Abmessung
endlich das richtige Verhältnis gefunden,
und
Das-
nicht länger den geringsten Geruch.
wenn man
gleichzeitigen
Kompensationen
und
das eine Nasenloch
entweder der eine oder der andere Ge-
tritt
selbe gelingt auch dann, z.
in
den durch das andere Nasenloch eingeführten
Reizung durch zweiprozentige
einprozentiges vgl.
sehr kräftige Reize nimmt,
Ammoniak.
Zwaardemaker
a.
a.
0.
Über S.
andere
165—174,
S. 283.
Ahnlich wie beim Geruchsinn scheinen die Dinge beim
Geschmackssinn zu
zulösen, wie
es
Nur
liegen.
heit des Sinnesorgans, die
bei
verbietet es die Beschaffen-
Empfindungen
völlig getrennt aus-
dem doch wesentlich anders beschaffeist. Denn wenn man zwei Geschmacks-
nen Riechorgan möglich
empfindungen etwa dadurch getrennt auslösen wollte, daß
man
die Reize auf zwei verschiedene Stellen der
wirken
ließe,
würde man, wie
S.
Zunge
36 gezeigt worden
ist,
beiden verschiedenen Empfindungen in verschiedenen findungsfeldern zur Auslösung bringen.
Man muß
ein-
die
Emp-
also auf
der Zunge die verschiedenen Reize gleichzeitig auf diesel-
ben 1
Stellen einwirken lassen.
Geruchsempfindungen dagegen,
H. Zwaardemaker, Die Physiologie des Geruchs.
S. 170.
Leipzig 1895.
Die Empfindungsfelder (Fortsetznng).
die alle auf ein
und dasselbe Empfindungsfeld angewiesen
kann man von verschiedenen aus,
also
Stellen
der Eegio
sind,
olfactoria
durch das rechte und das linke Nasenloch aus-
Dies
lösen.
75
von großem
ist
für die uns hier beschäftigenden
Experimente
Vorteil.
Bei gleichzeitiger Reizung der ganzen Zunge durch ver-
man
schiedenartige Reize beobachtet
nun, daß in der Regel
zumal solche, die durch starke
die gleichzeitigen Empfindungen,
Reize ausgelöst werden, auch hier einen Wettstreit eingehen,
dann
so daß abwechselnd einmal die eine,
findung unterdrückt wird.
Abschwächung
gegenseitigen
einer
bereits von Brücke
i
die andere
Emp-
Andrerseits wurde die Möglichkeit
behauptet.
von
Geschmacksreizen
Kiesow^ wies nach,
Mischungen von Zucker und Kochsalz
in
daß
einem bestimmten
Mischungsverhältnis einen sehr schwachen, laugig faden Ge-
schmack ergeben, der weder an süß noch an
Da
hier eine neue eigenartige
streng ist
genommen,
die neue
nicht von
Empfindung
Empfindung
salzig erinnert.
auftritt,
kann man,
Kompensation reden; immerhin
so schwach,
daß doch eine gewisse
Analogie mit den viel reineren Versuchsresultaten bei der
Kompensation von Geruchsempfindungen vorzuliegen
Wir kommen
jetzt
scheint.
zur Erörterung der zweiten von uns
aufgeworfenen Frage, der nach der Beziehung der engeren oder entfernteren Nachbarschaft der Empfindungsfelder,
in
denen zwei Empfindungen auftreten, zur Art und Weise des Auftretens dieser Empfindungen.
Wir wollen dabei zunächst
einen Fall in Betracht ziehen, den wir bezüglich tretens
der Empfindungen
in
des Auf-
demselben Felde
erst
im
nächsten Kapitel behandeln wollen, den Fall, daß die beiden 1
-
Brücke, Vorlesungen über Physiologie. 1885. Kiesow, Philosophische Studien. 12. 1896.
Bd.
II.
S. 265.
I^Je
76 in
Originalempfindungen.
verschiedenen Feldern auftretenden Empfindungen
spezifischen Qualität nach
Fall die Felder
gleich
Stoßen
sind.
unmittelbar aneinander,
so
in
gehen die Em-
Wir
pfindungen kontinuierlich ineinander über.
ihrer
diesem
unterschei-
den allerdings an einem gleichförmigen Farbenfleck, einem gleichmäßigen Druck auf der Haut einen oberen von einem einen rechten von einem linken Bezirk,
unteren,
Ganze
wenn
bildet doch
in
viel
höherem Maße eine
aber das
Einheit,
als
in diesen unmittelbar
aneinanderstoßenden Empfindungs-
Empfindungen
Qualität
feldern
verschiedener
aufgetreten
wären.
Man könnte gegen
diesen Satz in seiner allgemeinen Fas-
sung einwenden, daß trifft.
er
für
Gehörsempfindungen nicht zu-
Der Zusammenklang der Töne
uns nicht im mindesten
als ein
c eis
d dis e wird von
Nebeneinander von größerer
Kontinuität empfunden als etwa der
Zusammenklang
g c^
c e
Hier müssen wir aber zunächst berücksichtigen, daß die
pfindungen der halbtönigen Intervalle
wegs
in
aneinanderstoßenden
selbst für sehr
stoßend kann bezeichnen,
man
wenn
die
d dis e keines-
c eis
Empfindungsfeldern
unmusikalische Ohren nicht.
liegen,
Als aneinander-
dann
Empfinduugsfelder höchstens
sich die
Em-
Empfindungen (am besten
bei suk-
zessiver Prüfung) als ebenmerklich verschiedene manifestieren.
Man müßte
also,
um
eine analoge Reizwirkung auszu-
üben, die im Gebiet des Tast- oder Gesichtssinns eine durch ihre Kontinuität einheitliche extensive
Empfindung
einer Tonreihe simultane Reizungen vornehmen,
auslöst, mit
deren Glie-
der nicht Y2 sondern etwa Y200 tönige Intervalle bilden.
Solche Versuche sind meines Wissens noch niemals angestellt
worden, und ich kann weder aus eigner Erfahrung,
noch auf Grund fremder Angaben mitteilen,
ob
bei
einer
Die Einpfindungsfelder (Fortsetzung).
Simultan reizung, durch dungen
in wirklich
die
eine Reihe
77
von Tonempfin-
aneinanderstoßenden Empfindungsfeldern
ausgelöst wird, eine in viel höherem Grade als kontinuierlich
empfundene Reihe
entsteht,
als
wenn
eine Simultan-
reizung durch die gewöhnlichen Klavier- oder Orgeltöne er-
Es wäre
folgt.
lich
großes
ein
interessant,
und wohl
dem
diesen Versuch, zu
natür-
besonders herzustellendes
erst
Instrumentarium gehört i, einmal auszuführen und damit die Möglichkeit einer ganz neuartigen Tonempfindung zu schaffen.
Denn das sukzessive Hinüberziehen höheren oder tieferen Nachbarn anderes,
und der Simultanreiz, den
unisono ausübt, bei
naturgemäß halten,
viele
Tons
in
seinen
ein Chor- oder Orchester-
der einzelnen Stimmen sich
etwas über oder unter der richtigen Tonhöhe
wird schlimmstenfalls dazu führen. Halbtöne konti-
nuierlich
dann
dem
eines
natürlich etwas wesentlich
ist
zu verbinden (man bezeichnet das Gesamtresultat
als einen
»unreinen« Ton), nicht aber weite Abstände
zu überbrücken.
Trotz der Möglichkeit,
daß
sich bei solchen
eine gewisse Kontinuität in der simultanen
Tonreihe herausstellt,
ist
Versuchen
Empfindung einer
aber klar, daß doch in einer Be-
ziehung hier ein wesentlicher Unterschied zu anderen
Em-
Im Tongebiet ändert
sich
pfindungsgebieten vorhanden
ist.
mit der räumlichen Entfernung der Reizpforten die Qualität der ausgelösten Empfindungen regelmäßig in viel ausgepräg-
terem Maße, als dies im Vergleich zu anderen Sinnesgebieten, z.
B.
zum
Gesichtssinn
oder Hautsinn,
durch
eine
solche
1 Legt man die Preyerschen Versuche (Grenzen der Tonwahrnehmung, 1876) zugrunde, so werden innerhalb der einen Oktave h^ Ji^ nicht 12, sondern durchschnittlich 1200 ebenmerklich verschiedene Ton-
—
stufen unterschieden.
t
I
» R Ä R
Yi::«3|
JA
Die Originalempfindungen.
78
Entfernung an sich bedingt
dem Maße
nicht in
in
dieselbe
qualitativ
feldern
Dies liegt offenbar an der
Sinnesorgans,
dieses
die
dadurch
charak-
daß an den Reizpforten eine Auslese der Reize
terisiert ist,
Derselbe Reiz
getroffen wird.
K
Reizpforte
im Tongebiet gar
ist
Empfindung hervorzurufen, wie
den übrigen Sinnesgebieten.
Funktionsweise
Es
ist.
möglich, in verschiedenen Empfiudungs-
als
ist
nicht fähig sowohl auf die
T
auch die Reizpforte
zu wirken, wie etwa
beim Auge, der Haut, dem Geschmack, sondern dieser bestimmte Reiz kann unter allen den vielen Pforten in das Gehörorgan
nur durch die Pforte
einem
einzigen
K
und Pforte
eintreten,
anderen,
ganz
wieder
T
gewährt nur
besonderen
Reiz
Zutritt.
Wir wenden uns nun zu dem
daß die
Fall,
in
zwei be-
nachbarten Feldern auftretenden Empfindungen verschieden
Am
sind.
deutlichsten
zeigt
auf
sich
dem
Gebiet der Ge-
sichtsempfiüdungen dann unter Umständen eine starke gegenseitige Beeinflussung.
Wir können
diese Beeinflussung durch
die Erfahrungstatsache charakterisieren, treten
einer Gesichtsempfindung
in
daß durch das Auf-
einem Empfindungsfeld
das Auftreten von antagonistischen Empfindungen (im Hering-
schen Sinne) in den unmittelbar angrenzenden Feldern ge-
geben
Wenn
ist.
ich in
einem Empfindungsfelde eine Gelb-
empfindung auslöse, so erscheinen die angrenzenden Felder blau getönt,
sinnigen Kontrast,
1
reize.
wenn
Man
umgekehrt.
rot,
so
grün,
wenn
simultanen
Induktion
gewöhnlich
und E. Mach^ und später
E. Mach,
dunkel, so hell und
bezeichnet diese Erscheinung einer gegen-
in
als
Über die physiol. Wirkung räumlich d. Wiener Akad. d. Wissensch.
Sitzungsber.
Bd. 54, 1866; Bd. 57, 1868; Bd. 115, 1906.
simultanen
umfassender Weise verteilter Licht-
Bd. ö2, 1865;
Die Empfindungsfelder (Fortsetzung).
E. Hering
1
79
haben gezeigt, daß, wenn wir dieses Phänomen
von der Erregungsseite her betrachten,
alle die hierher ge-
hörigen Erscheinungen sich durch die einfache klären lassen,
daß
zwischen
Annahme
er-
den einzelnen nebeneinander
ablaufenden Erregungen der Sehsubstanz 2 ein Zusammenhang der Art besteht, daß eine durch Lichtreiz ausgelöste Erregung einer bestimmten Region der Sehsubstanz Erregung
der be-
nachbarten Sehsubstanz im entgegengesetzten Sinne bedingt,
und zwar am stärksten
in der
am
nächsten benachbarten und
abnehmend mit wachsendem Abstände. hierfür
Wie
der Beweis
im einzelnen geführt wird, braucht uns hier ebenso-
wenig zu beschäftigen wie der Nachweis, welche große Bedeutung der optische Simultankontrast für die Vollkommen-
Sehens
unseres
heit
besitzt.
Über das Vorkommen eines
Simultankontrasts auf anderen Sinnesgebieteu, wie Bewegungssiun,
Geschmacksinn, Tastsinn, besonders aber auf dem Ge-
biet des Temperatursinns, hat A. v.
Tschermak^ neuerdings
eine interessante Zusammenstellung gegeben. 1 E. Hering, Zur Lehre vom Lichtsinne. Wien 1878. Über die Theorie des simultanen Kontrastes usw. Pflügers Archiv Bd. 40, 41, 43. Grundzüge der Lehre vom Lichtsinn, Graefe-Saemisch, Handb. der Augenheilkunde. 2. Aufl. (115. Lieferung.) 1907. 2 Ich bezeichne hier mit Hering als »Sehsubstanz« die reizbare Substanz des Sehorgans in ihrer ganzen Ausdehnung von der Netz-
haut über die Sehnervenleitung bis einschließlich zu den Teilen des Zentralnervensystems, die speziell optischen Funktionen dienen. J. Müller bezeichnet das Gleiche als »Sehsinnsubstanz«. DieKontrast-induzierende
Wirkung
einer optischen Erregung ist jedenfalls nicht ausschließlich auf den peripheren Abschnitt der Sehsubstanz beschränkt. In dieser Beziehung sei besonders auf die interessante Tatsache des binokularen Kontra'sts aufmerksam gemacht. Doch vollzieht sich das wesentlich ins Gewicht Fallende des simultanen (wie auch übrigens des sukzessiven) Kontrasts hauptsächlich uniokular und unabhängig von der anderen Hälfte des
Sehapparats. 3
A.
V.
Tschermak,
Sinnesgebieten.
Über Simultankontrast auf verschiedenen
Pflügers Archiv.
Bd. 122.
1908.
80
Originalempfindungen.
I^ie
Da,
wo
sich eine induzierende
auf die
sie
umgebende
am
tion
Temperatnrsinn,
einer
Erregung
reizbare Substanz gleicher Spezifika-
nachweisen
klarsten
Wirkung
läßt,
beim Gesichtssinn und
wir auf das deutlichste, indem wir
sehen
die gegenseitige Beeinflussung aus den Empfindungsmanifesta-
tionen
ablesen, wie die Induktion mit der Entfernung
der
Empfiudungsfelder voneinander abnimmt.
In einer entfern-
kaum mehr
nachzuweisen, und
teren Nachbarschaft
sie
ist
schwindet in noch größerer Entfernung vollständig.
Die Angaben
nach
von V. Urbantschitsch \
gleichzeitigen Sinnesempfindungen
alle
denen sich
gegenseitig
einer
in
über alles Erwarten starken Weise nicht nur in ihrer Inten(ganz abgesehen von der sogenannten
sität
seins)
kann
sondern
solange
ich
nicht mit
Auto-
Qualität beeinflussen
ihrer
in
nicht
als
Tatsachen
Methoden nachgeprüft worden
annehmen,
sind, bei
ist;
oder
Konstanz
der
bis
sollen, als
sie
denen jede
und Fremdsuggestion der Versuchspersonen
schlossen die
auch
Enge des Bewußt-
ausge-
wenigstens genauere Angaben über
einzelnen Resultate
bei
Wiederholung
der Versuche mit derselben Versuchsperson zu verschiedenen Zeiten gemacht worden sind.
Als feststehende Tatsachen
dürfen wir die gegenseitige
Beeinflussung von unter sich verschiedenen Licht- und Farben-
empfindungen,
ferner
auch von
unter
sich
verschiedenen
thermischen Empfindungen annehmen, die sich in benachbarten Empfindungsfeldern befinden.
Auf dem Gebiet des Ge-
V. Urbantschitsch, Über den Einfluß
einer Sinneserregung auf Pflügers Archiv. 42. Bd. Sinnesempfindungen. 1888. (Die späteren Untersuchungen desselben Autors auf diesem Gebiet beschäftigen sieh mehr mit der Beeinflussung mnemischer Empfindungen durch Originalempfindungen anderer Modalität, so sein Auf1
die
übrigen
satz in Pflügers Archiv, Bd. 94, 1903
und spätere
Publikationen).
Die Einpfindungsfelder (Fortsetzung). Sichtssinns
hat vor
nachgewiesen, daß
allem Hering
man
dungsmanifestationen liche)
Beeinflussung
II.
tiberzeugender Weise
aus diesem Verhalten der Empfin-
auf eine ganz bestimmte (gegensätzder
entsprechenden
Sehsubstanz schließen kann.
Se mon, Mneme.
in
81
Erregungen
der
Fünftes Kapitel. Empfindungen in denselben Empflndungsfeldern. Homoplionie und Empflndungsdifferentiale bei Original-
Gleiche
empfindungen.
Das was zeichne,
tritt
ich
als
ein,
Homophonie (Empfindimgsdeckung) be-
wenn Empfindungen
so ähnlicher Art,
daß
weder bei simultaner noch bei sukzessiver Vergleichung ^
sie
unmittelbar unterschieden werden können, in demselben findungsfeld zusammentreten, oder,
dungskomplexe handelt,
in
wenn
es sich
um
Emp-
Empfin-
entsprechenden Kombinationen
von Feldern zusammentreten. Ich werde Übrigens der Einfach-
wegen
heit
in
der Regel nur
kurzweg von Empfindungen
sprechen, wobei ich bemerke, daß alles was ich zu sagen habe,
genau so für den Komplex wie für die Eiuzelempfindung
Im
gilt.
vorliegenden Kapitel wollen wir uns ausschließlich mit
der Homophonie der
und uns zunächst
die
Originalempfindnngen Frage vorlegen:
Wann
beschäftigen
sind die Bedin-
gungen für das Auftreten mehrerer bei unmittelbarer Vergleichung ununterscheidbarer Originalempfindungen in demselben Empfindungsfeld gegeben?
auf diese Frage dann, 1
wenn Auf
ist leicht
zu formulieren.
die Auslösung
die Vergleichung
Ende des folgenden
Die allgemeine Antwort Sie lautet:
Immer
der betreffenden Empfindungen
von Empfindungen gehen wir
Teils (17. Kapitel) näher ein.
erst
am
Homophonie und
Empfindungsdiflferentiale.
83
durch g'leichbeschaffeue Reize an korrespondierenden Reizpforten erfolgt. Korrespondierende Reizpforten haben wir in den korrespondierenden Netzhautstellen des rechten
Auges kennen
gelernt.
Reizt
man
und
wenn man
zu-
durch gleichbeschaffene Reize, so
links
und des linken
solche Stellen rechts ist,
nächst nur die unmittelbare Bewußtseinsreaktion berücksichdie
tigt,
Wirkung
allein das eine, sei es das rechte oder das linke hätte.
Mau kann
Auge
gereizt
sich dies sehr gut durch folgenden einfachen
Versuch klar machen. z.
wenn man
nicht erkennbar eine andere, als
Man
klebe zwei gleiche Briefmarken,
B. zwei rote Zehnpfennig- oder zwei grüne Fünfpfennig-
marken, in einem Abstand von 55
und betrachte
Blatt
schärfe
sie
vorausgesetzt
Beleuchtung
mm gleichgerichtet
durch ein Stereoskop.
wird
man
bei
nicht
auf ein
Gleiche Seh-
allzuschwacher
dann keinen Unterschied bemerken,
ob
man
einmal das eine, das andere Mal das andere Auge schließt oder mit beiden Augen beobachtet. Bei diesen Versuchen werden
korrespondierende Stellen durch
gleichartige Reize gereizt,
bei alternierendem Beobachten mit bald
dem
einen, bald
dem
anderen Auge sukzessiv, bei binokularem Beobachten simultan.
Das Resultat
letzterer
Reizung werden wir unten noch genauer
analysieren. Hier wollen wir nur konstatieren, daß in letzterem
Falle
die
Bedingungen für ein Zusammentreten zweier un-
uuterscheidbarer Empfindungskomplexe in denselben Empfin-
dungsfeldern gegeben sind.
Entsprechend diesen Versuchen kann man auch
und
am
am
rechten
linken Gehörorgan korrespondierende Stellen (das
heißt Reizpforten für die gleichen Tonhöhen) simultan reizen,
und
schafft
damit die Bedingungen für das Zusammentreten
zweier, im wesentlichen gleicher
Empfindungen
in 6*
demselben
Originalempfindungeu.
l^iG
84
Vollkommen gleichen
EmpfinduDgsfeld.
beiden Tonempfindungen nicht,
sich allerdings diese
da jede
eine
der anderen
entgegengesetzte Zusatzempfindung besitzt. ich
Stelle
B. eine
z.
lasse sie tönen
Stimmgabel gerade hinter mir
und verstopfe bald das
eine, bald das
Ohr und höre dann wieder mit beiden Ohren,
so
auf,
andere
habe ich
qualitativ und, gleiche Gehörschärfe beiderseits vorausgesetzt,
im wesentlichen auch
quantitativ, dieselbe
Empfindung.
Ein
Unterschied besteht aber insofern, als wir in diesem Falle die
Gehörswahrnehmungen durch Zusatzempfindungen,
drei
Schallrichtung
betreffend, unterscheiden.
linken Ohr empfinde ich den
rechten Ohr von links
und
links,
ich
Bei verstopftem
rechts, bei verstopftem
kommend, höre
ich mit beiden Ohren^
genau die Mitte zwischen rechts
hält die Sehallrichtung
so
Ton von
empfinde den Ton als von irgendwoher aus
kommend.
der Medianebene
Auf
diese interessante Erschei-
nung werden wir am Schluß dieses Kapitels noch näher
An
zugehen haben.
die
ein-
dieser Stelle wollen wir nur hervorheben,
daß die Reizung korrespondierender Stellen der beiden Gehörorgane zwei zwar
in allen
anderen Beziehungen gleiche, aber
durch den Schallrichtungsindex unterschiedene Empfindungen ergibt, die bei simultaner
feld
Reizung
in
demselben Empfindungs-
zusammentreten.
Das Zusammentreten an
sich nicht unterscheidbarer
Emp-
pfindungen im gleichen Felde beim Riechen läßt sich leicht auf folgende Weise analysieren, auf die ich hier etwas näher
eingehen
Ich habe nämlich,
will.
um
auf die hier behan-
delten Fragen, über die ich in der Literatur keine
fand,
eine präzisere Antwort geben zu können,
von Versuchen
mich
dazu
in dieser
der
Angaben
eine Reihe
Richtung vorgenommen. Ich bediente
bekannten
Methode,
die
reine
oder
mit
Homophonie und
beladene Atemluft jeder
Riechstoffen
durch
Röhrensystem
besonderes
ein
man
unter solchen
ein
Rührchen
Ammoniak
85
Empfindungsdiflferentiale.
Nasenhälfte
getrennt
Führt
zuzuführen.
Umständen dem einen Nasenloch durch
dem anderen mit Essigdampf oder
reine,
oder Eau de Cologne oder Lavendelöl versetzte
Luft zu, so sind die Versuchspersonen, die nicht wissen
was
um
daß die
zunächst stets der Ansicht,
es sich handelt,
wenn man
Gerüche ihnen beiderseits zuströmen.
Erst
durch Fragen aufmerksam macht, geben
sie an, sie glaubten,
die Gerüche
kämen
Röhrchen.
Diese
ebenso
oft
wie
ein,
stärker durch das rechte oder das linke
Angaben
sie es nicht tun, ein
suggerierter
Beweis, daß der wahrgenom-
nur eingebildeter, durch die Fragen
ein
Oft
ist.
wurde übrigens auch
Unterschied überhaupt
nicht
erklärt,
die
umkehrt.
wenn
immer
die Reizung nicht
seitig erfolgt.
sich
fast
dann
äußerte trierter,
in
sich,
und dann
Dagegen wird, und
besteht ein gewisser Unterschied gegenüber
auch dem Ohr,
sogleich deutlich
mehr bloß
einseitig,
Auch
wechselt, zuerst
links die riechende Luft zuführt
Zufuhr
daß ein
wahrgenommen werde.
wenn man während des Versuchs
nicht,
rechts die reine, plötzlich
stimmen aber durchschnittlich
mit der tatsächlich vorgenommenen Reizung über-
mene Unterschied
dann
sie
hierin
dem Auge und wahrgenommen, sondern beider-
Die Deutlichkeit der Wahrnehmung steigert Eine Versuchsperson
sehr
auffälliger Weise.
der
Geruch würde nicht schärfer, konzen-
aber es schiene, als steigere sich jetzt die Lebhaftig-
keit der Empfindung.
Übrigens
sei
daran erinnert,
daß beim Riechorgan nicht
etwa nur je eine Reizpforte rechts mit einer Reizpforte links korrespondiert wie beim
Auge und beim Ohr, sondern daß
wahrscheinlich jeder Bezirk der Regio olfactoria von einiger
Die Originalempfindungen.
86
Ausdehnung mit jedem
gleich ausgedehnten anderen in
Sinne korrespondiert, daß die von ihm aus ausgelösten
dem Emp-
findungen von den anderwärts durch die gleichen Reize aus-
Wir haben
gelösten nicht zu unterscheiden sind.
dem Fehlen
aus
dies oben
eines deutlichen Nebeneinanders von Riech-
empfinduDgen geschlossen und haben die Tatsache dadurch
daß wir sagten,
ausgedrückt, in dasselbe
Riechempfindungen
fielen
Empfindungsfeld.
Nachdem wir unter denen bei
bare
alle
Bedingungen kennen gelernt haben,
die
»unmittelbarer Vergleichung ununterscheid-
Originalempfindungen«
zusammentreten können
—
wobei
allerdings die Einschränkung
beiden
korrespondierenden
übrigen
ununterscli eidbar,
demselben Empfiudungsfeld
in
in der akustischen
Sphäre
gemacht werden muß, daß die
Empfindungen, bei
wenn
auch
sukzessiver Auslösung
im
doch
durch die Zusatzempfindung der Schallrichtung unterscheidbar bleiben
—
Beweist für
wenden wir uns
die
Gesichts-
Unmöglichkeit einer
von gleichen Reizen
jetzt
und
zu folgender Frage:
Geruchsempfindungen Unterscheidung
unmittelbaren
durch korrespondierende
die
zweier
Reizpforten
ausgelöster Empfindungen die vollkommene Wesensgleichheit dieser beiden
Empfindungen ?
Das
heißt, verhalten sich, die
Gleichheit aller übrigen Bedingungen vorausgesetzt, zwei auf
dem Wege korrespondierender
Reizpforten alternierend
ausgelöste Empfindungen genau so wie zwei auf
und derselben
ein
diese Frage
dem Wege
Reizpforte alternierend ausgelöste ?
Auf
können wir im Gebiet der Riechempfindungen
eine bestimmte Antwort zur Zeit noch nicht geben.
Auf dem Gebiet der Gesichtsempfindungen weisen die Sherringtonschen Flimmerexperimente 1
C. S. Sherrington,
On
^
mit großer Bestimmt-
binocular Flicker and the Correlation of
Homophonie und Empfindungsdifferentiale. heit
darauf hin,
auch
zeitlich
87
daß unmittelbar aneinandergereihte oder
übereinander geschobene
Gesichtsempfindungen nicht
korrespondierende
zu etwas Kontinuierlichem
verschmelzen, wie es in ähnlicher Weise und in gleichem
aneinandergereihte Wie der holungen einer
Empfindung
und derselben
Durch eine sehr ingeniöse Versuchsan-
tun.
ordnung hat Sherrington
dies
bewiesen, und der Einwand, den könnte, daß bei
Tempo
dem
meiner Ansicht nach so gut wie
man
in einer
Beziehung erheben
raschen Wechsel der Empfindungen bei
seinen Versuchen die Zeit für eine jeweilige Verschmelzung
der korrespondierenden Rechts- und Linksempfindung zu kurz
bemessen
ist,
scheint mir in Anbetracht der Übereinstimmung
seiner Versuchsresultate mit den gleich zu besprechenden Be-
obachtungen an simultanen korrespondierenden Gesichtsempfindungen ohne Bedeutung.
Es
ist
Augen
eine bekannte Tatsache, die jeder, der auf beiden
gleiche Sehschärfe
leicht selbst feststellen kann,
und Lichtempfindlichkeit
besitzt,
daß sich kein irgendwie deutlich
ausgesprochener Unterschied in der Helligkeit der Empfin-
dung
ergibt,
ob wir den grauen Himmel über uns oder die
gleichmäßig getönte
dem
linken
betrachten.
Auge Aus
Wand
allein
mit Sicherheit hervor,
ich
uns
mit
dem
rechten oder
zusammen
dieser Fundamentalbeobachtung geht bereits
Empfindungen nicht zu
Ehe
vor
oder mit beiden Augen
daß die beiden korrespondierenden einer
neuen
Summe
verschmelzen.
meine eigene Auffassung der in diesem Fall vorlie-
genden Sachlage auseinandersetze, möchte ich die äußerst interessante Auffassung Herings hier wörtlich
der ich mich in bezug darauf, daß keine
wiedergeben,
Fusion der beiden
Activity of correspondiug retinal Points. British Journal of Psychology. Vol.
I,
1
,
Jan. 1904.
Die Originalempfindungen.
88
korrespondierenden Empfindungen
während
schließe,
allerdings zur Charakterisierung
ich
Bewußtseinsvorgänge
vollkommen an-
eintritt,
in
diesem Falle aus später
der
zu erör-
ternden Gründen nicht die Bezeichnung Wettstreit, sondern
Bezeichnung Deckung der Empfindungen, Homophonie,
die
Hering
gebrauchen möchte. Blatt Papier
»Brechen wir ein weißes
sagt:
der Mittellinie rechtwinklig
in
um und
halten
gegen das Licht, daß nur die eine Hälfte volle Be-
so
es
^
leuchtung erhält, während die andere beschattet
ist,
bringen
sodann durch Schielen beide Hälften zur scheinbaren Deckung, so
tritt
ein Wettstreit zwischen
dem
helleren
und dunkleren
Weiß ein. Machen wir nun allmählich den Knickungswinkel immer stumpfer, so wird die Energie des Wettstreites scheinbar immer geringer, je geringer die Helligkeitsdifferenz beider Papierhälfteu wird, und schließlich hört der Wettstreit schein-
bar
Aber
auf.
es
wäre ungerechtfertigt anzunehmen, daß
wirklich
aufhört.
Netzhäute
auch
Wir sehen
also,
nahverwandten Lichtqualitäten
bei
benachbarten »Intensitätsgraden«) bestehen er
selbstverständlich
warum
nicht
sollte er plötzlich
gleich werden?
so
sehr in
aufhören,
bleibt,
die
wenn
(oder
wenngleich
Augen
springt;
die beiden
Farben
Alles weist vielmehr darauf hin, daß auch
gleiche Farben
dem
Augen Weiß,
so
Wettstreite unterliegen.
siegt vielleicht
bald das der anderen Netzhaut.« (a. a.
er
daß der Wettstreit der
0. S. 313) spricht
bald das
An
Bieten wir beiden
Weiß
der einen,
einer anderen Stelle
dann noch Hering
die für die
Erregung
»Durch den Wettstreit der Netzhäute wird die Fusion beider Netzhautbilder verhindert, und jedes derselben
gleicher Deckstellenpaare allgemein gültigen Sätze aus
1
S. 309.
E.
Hering, Beiträge zur Physiologie.
5.
Heft.
:
Leipzig 1864.
Homophonie und Empfindungsdifferentiale.
89
bewahrt eine gewisse Selbständigkeit. Da beide Bilder in dem gemeinsamen Eaume, der ihnen angewiesen ist, nicht gleichzeitig auftreten können, so
denselben, und abwechselnd
mehr das andere
in
kämpfen
tritt
den Sehraum
Den Ausführungen Herings
in
sie
miteinander
um
bald mehr das eine, bald ein.«
bezug auf das Selbständig-
bleiben, das Ausbleiben einer eigentlichen Fusion der beiden
durchaus an.
Netzhautbilder schließe ich mich, wie gesagt,
Auch seine Ausführungen, den Wettstreit betreffend, enthalten Nur habe
meiner Ansieht nach einen durchaus richtigen Kern. ich dabei
einen Vorbehalt zu machen: Diese Auffassung
wenn man
nicht völlig zutreffend,
ist
unter "Wettstreit nur einen
Antagonismus bzw. eine absolute Verdrängung, nicht auch eine gegenseitige Verstärkung der beiden korrespondierenden
Empfindungen
man den
Sie
versteht.
nicht
also
Wettstreit folgendermaßen auffaßt:
und Empfindung L werden in
ist
R
Y2R
verhält
L, oder V4
sich
^
die Sache,
R
und müssen
Dann
ist
nur die
3/4R+1/4L, oder L oder L allein auftritt. So wie man nachweisen kann, nicht.
Möglichkeit, daß entweder 1/2
wenn
Empfiodung
gleichzeitig ausgelöst
demselben Empfindungsfeld auftreten.
4-
haltbar,
+
allein oder
^/4
Ich weiß nicht, ob sie sich beim typischen sogenannten Wettstreit
so
bezweifle es sogar.
verhält,
sich aber nicht
so in
den Fällen,
in
Jedenfalls verhält sie
denen ich von Homo-
phonie der korrespondierenden Empfindungen spreche. Allerdings
summieren
sich
auch
im Falle,
daß
die
Rechtsempfindung von der Linksempfindung unmittelbar nicht zu unterscheiden nicht, in
ist,
die
korrespondierenden Empfindungen
weder im Sinne einer gewöhnlichen Addition, noch auch
einem insoweit abgeschwächteren Grade, wie
er
etwa durch
eine der Fechnerschen ähnliche Formel auszudrücken wäre. Eine
Die Originalempfindungen.
90
gewisse gegenseitige Beeinflussung nach der positiven Seite hin ist
aber unverkennbar, und so minimal dieselbe für gewöhnlich
auch
ist,
so ist sie, ganz gleich, ob groß oder klein, doch mit
der Auffassung von bloßer gegenseitiger Verdrängung unver-
Wir werden übrigens
einbar.
im Kapitel über
und dann noch
gleich unten
mnemische Homophonie Verhältnisse
die
kennen lernen, unter denen die gegenseitige Beeinflussung In jenen später zu bespre-
über das Minimale hinausgeht.
chenden Fällen beruht dies auf der großen Zahl der selben Empfindungsfeldern
zusammentretenden (mnemischen)
An gegenwärtiger
Empfindungen.
in den-
aber,
Stelle
an der wir
uns mit originalen Gesichtsempfindungen beschäftigen, deren
immer nur in
zwei, eine rechte
und eine korrespondierende linke
demselben Felde zusammentreten können, kann ein kräftiger
positiver Ausschlag
dieses
Zusammentretens nur
einem
in
wenn im vollkommenen Dunkeladaptation beider Augen
Ausnahmefall, nämlich dann beobachtet werden,
Zustande der
Wie
experimentiert wird.
man
sieht
ich
schon
erwähnt habe,
oben
mit zwei Augen
bei Helladaptation
doch nur ganz außerordentlich wenig heller
Anders verhält
Auge.
nicht
mit einem
als
sich bei vorgeschrittener
es
oder
Dunkel-
adaptation, das heißt nach Dunkelaufenthalt von etwa zwanzig
Minuten. adaptation
J.
H. Piper
eine
^
fand, daß bei vollkommener Dunkel-
entsprechend
erheblich heller erscheint, statt
beleuchtete
wenn man
bloß mit einem betrachtet.
die objektive Beleuchtung
um
sie
Milchglasscheibe
mit beiden
Durchschnittlich
das 1,6
— 1,7 fache
Augen
muß man
verstärken,
damit eine solche Milchglasscheibe uniokular gesehen ebenso 1
H. Piper,
Helligkeitsverliältnis
gelöster Lichtempfindungen.
organe.
32. Bd.
1903.
Zeitschr.
monokular und binokular ausf.
Psych,
u.
Phys.
d.
Sinnes-
Homophonie und hell
erscheint wie
Empfindungsdifferentiale.
91
eine vorher binokular
gesehene einfach
dem
sich eine Gesichts-
beleuchtete Scheibe.
Hier haben wir also einen Fall, in
empfindung durch Hinzutreten einer anderen qualitativ vollkom-
men
ähnlichen, aber von einer korrespondierenden Stelle her
ausgelösten Gesichtsempfindung in ausgesprochener Weise ver-
Und zwar wird
ändert.
sie
nach der positiven
Seite, das heißt
der Seite nicht ihres Verschwindens, Nullwerdens, sondern des stärker Merklichwerdens hin verschoben.
Freilich ist dies ein
dem
das Unterscheidungs-
Fall ganz
besonderer Art, ein Fall, in
vermögen
für minimalste Difi^erenzen
spielloser
Weise geschärft
anderen Untersuchung
i,
ist.
Denn Piper fand
bei einer
daß das vollkommen dunkel adap-
Auge noch Beleuchtungen wahrzunehmen vermag,
tierte
zum mindesten um das 1400fache, aber
von Helligkeiten in bei-
um
bei einzelnen Individuen
das 8300 fache schwächer sind,
gut hell adaptierten
Übrigens
fand
als
sie
von dem
Auge eben noch wahrgenommen werden. auch Sherrington^ bei
seinen Flimmer-
daß zwar eine Verschmelzung der
experimenten,
die
alternie-
renden oder auch sich teilweise überdeckenden korrespondierenden Empfindungen nicht
eintritt,
daß aber eine gewisse,
allerdings äußerst geringe Beeinflussung daraus hervorgeht, daß der
Flimmer
bei alternierender Reizung rechts
und
schon bei einem ein ganz klein wenig laugsameren
links
Wechsel von Hell und Dunkel verschwindet,
Augen
gleichzeitig in gleicher
als
wenn
beide
Weise gereizt werden.
Beim Zusammentreten korrespondierender Gehörsempfindungen liegen 1
die
H. Piper, Über Dunkeladaptation.
der Sinnesorgane. 2
Dinge im wesentlichen ganz ebenso wie
a.
a.
0. S. 59.
31.
Bd.
1903.
Zeitschrift
S. 190.
f.
Psych,
u.
Phys.
Die Oiiginalempfindungen.
92
Zwar
den Gesichtsempfindungen.
bei
in
einer
Beziehung
Zwei korrespondierende Ge-
herrscht hier ein Unterschied.
hörsempfindungen sind für das unmittelbare Bewußtsein nicht in
dem Maße ununterscheidbar wie zwei korrespondierende
Gesichts- oder entsprechende Geruchsempfindungen.
Ich er-
Daß auch sie nicht Homogenem zusammen-
erinnere an das darüber S. 84 Gesagte. bei simultaner Auslösung zu etwas
sondern daß jedenfalls die Erregungen, deren Mani-
fließen,
festationen jene
Empfindungen
sind, ihre Selbständigkeit be-
wahren, geht daraus hervor, daß das gegenseitige Verhältnis ihrer Intensitäten eine besondere
Komponente
in ihrer Empfindungsmanifestation
bestimmten Schallrichtuug
darstellt.
die Rechtserregung stärker
ist als
als
ergibt,
die sich
Wahrnehmung
Und zwar
so,
daß wenn
die Linkserregung, sich dies
durch die Zusatzempfindung manifestiert: der Schall
von ist,
rechts.
Wenn
einfache
in Anbetracht
Substraktion
Empfindung
kommt
das Verhältnis der Erregungen umgekehrt
durch die Zusatzempfindung: der Schall
Wie aber wäre
einer
der
davon,
kommt von
schwächeren von der stärkeren
stattfindet, eine solche
genaue Abwägung, Diffe-
renzierung der beiden von korrespondierenden Stellen gelösten Erregungen stattfände?
wenn
möglich,
Es leuchtet
links.
daß nicht etwa eine
ein,
eine
aus-
Fusion derselben
daß für diese Differenzierung
das Selbständigbleiben der beiden Erregungen Vorbedingung
ist.
In bezug auf das Selbständigbleiben verhalten sich also
zwei von korrespondierenden Stellen der Gehörorgane ausgelöste Erregungen
gungen
;
genau wie entsprechende Gesichtserre-
wie aber steht es mit einer gegenseitigen Beeinflus-
sung der beiderseitig ausgelösten Tonerregungen?
wie sie
bei sich
Ebenso
den entsprechenden Gesichtsempfindungen können
zusammen nur
in ein
und denselben Empfindungs-
Homophonie und Empfindungsdifferentiale. feldern
unten noch ausführlich zurückkommen.
Summieren
ist
nun
sich
zusam-
in dieser einen Manifestation die beiden in ein Feld
mengedrängten Empfindungen, oder
wir
auf die
eine Eigentümlichkeit,
manifestieren,
93
ihr Zusammentreten,
das Vorhandensein zweier unverschmolzener Erregungen
statt
Bedeutung? Beim
Ge-
bloß
einer,
sichtssinn die andere
jahen
ohne jede
überhaupt
daß weder die eine noch
haben wir gesehen,
zu be-
der beiden eben gestellten Alternativen
ist.
Daß auch beim Gehörsinn von
einer eigentlichen
Summa-
der beiden in einem Feld zusammentretenden Empfin-
tion
in irgend
dungen oder auch bloß einer Intensitätssteigerung
welchem erheblichen Maße keine Rede sein kann, darf feststehend
als
Stumpft, der den Gegen-
angenommen werden.
stand sehr genau mittels verschiedener Methoden untersucht
konnte durchaus keine Verstärkung, (ebensowenig eine
hat,
Schwächung) der Intensität der Empfindung wahrnehmen, wenn er denselben übermerklichen Tonreiz auf beide
auf ein Ohr einwirken
ließ.
Ohren
Auch konnten weder
er
statt
nur
noch ver-
schiedene andere geschulte Untersucher, die mit ihm arbeiteten, unterscheiden,
daß derselbe Reiz, der
grade unter der Schwelle der Merklichkeit
für je ein liegt,
Ohr
jedem der
beiden Ohren simultan zugeleitet, also zwei korrespondierende
Empfindungen auslösend, übermerklich wird. Das Gegenteil war von Tarchanow (Petersb. med. Wochenschr. 1878, No. 43) und Preyer (Sitzungsber.
d.
Jen. Ges.
f.
Med.
u.
Naturw. 1879) be-
hauptet worden, die sich überzeugt zu haben glaubten, daß
ein Ohr eben untermerkliche Schalleindrücke bei dio-
für
tischem Hören
über
1
gehoben würden.
Schwelle
immerhin
die
C. Stumpf, Tonpsychologie.
Bd.
Stumpf hier
läßt
die
Möglichkeit 2.
1890.
S.
Doch
einer Unter-
430-439.
Die Originalempfindungen.
94
Stützung des einen Ohrs durch das andere bei der Schwellentiberschreitung offen.
Meiner Ansicht nach kann es einerseits keinem Zweifel unterliegen,
daß irgend eine erheblichere Intensitätssteigerung
der Empfindungsmanifestation bei
dem Zusammentreten zweier
korrespondierender Gehörserregungen
nicht
daß
stattfindet,
aber andrerseits diese diotische Empfindung der rechten oder der linken monotischen Empfindung nicht einfach gleich
ist
(ganz abgesehen von der Verschiedenheit der Zusatzempfin-
dung der Schallrichtung beim monotischen und diotischen Hören).
Die Dinge liegen hier genau ebenso wie beim Zusammentreten
zweier
einem Felde.
korrespondierender
Gesichtsempfindungen
in
Eine irgendwie erhebliche Steigerung der so-
genannten »Intensität« der zutage tretenden Empfindung
fin-
det im Vergleich zu der Empfindungsmanifestation bei einseitiger
Auslösung nicht
statt.
Aber ebensowenig wie der
Erregungszustand des Organismus bei einseitiger und doppelseitiger
Ausbildung ein identischer
ist,
ebensowenig,
trotz
größter Ähnlichkeit, sind die Empfindungsmanifestationen beider Zustände identische. doppelseitigen Auslösung
nachweisen
läßt, betrifft
Die Veränderung, die sich bei der an der Empfindungsmanifestation aber viel weniger die Intensität
im engeren Sinne, worunter wir die Eigenschaft der Empfindungen verstehen wollen, die
in
einem bestimmten Verhältnis mit
der Eeizgröße wechselt, als eine andere, mit dieser Intensität
zwar
in
einem gewissen Zusammenhang stehende, aber nicht mit
ihridentischeEigenschaft:ihreLebhaftigkeitoderVividität.
Wie wir im
folgenden Teil des Buches bei der Gegenüber-
stellung der
mnemischen und der Originalempfindungen noch
näher sehen werden, gibt es Gründe, die eine solche Unterschei-
Homophonie nnd Empfindungsdiiferentiale.
dung unbedingt nötig machen. An dieser
man
daran erinnern, daß Rascheln, das zeitig
ein
als
kaum
ein Geräusch,
95 nur
Stelle will ich
ein Knistern
oder
hörbare Knabbern einer Maus, gleich-
sehr leises und dabei
doch sehr deutliches,
einen lebhaften Eindruck machendes, empfinden kann.
Das-
selbe läßt sich für fast alle Sinnesgebiete ausführen.
Zwar
gehen
Intensität
im engeren Sinne und
Vividität sehr häufig,
Hand
wir können sogar sagen in der Regel,
in
Hand; aber
andrerseits besitzen sie doch, wie unten noch ausführlich dar-
gelegt werden
Am
eine gewisse Unabhängigkeit voneinander.
soll,
deutlichsten
tritt
mischen Empfindungen die uns Fälle zur
Homophonie der mne-
dies bei der
unten 14.
(vgl.
Verfügung
stellt,
— 16.
Kapitel) zutage,
bei denen nicht bloß zwei
korrespondierende Empfindungen in dasselbe Feld zusammen-
beim binokularen Sehen oder dem
gedrängt werden, wie
Hören,
diotischen
Hunderte
sondern
Empfindungen, und wo
änderung ihrer ebenfalls nur Empfindungsmanifestation
nun
liegt
Dem
von
dadurch eine
viel
entsprechenden greifbarere Ver-
in der Einzahl hervortretenden
erzielt
wird.
Diese Veränderung
im wesentlichen auf der Seite der entspricht
übrigens
auch,
was
ich
Vividität.
an mir selbst
beim Vergleich des monotischen mit dem diotischen Hören beobachte!.
Entferne
ich,
während
ich
einem median vor
mir erzeugten Ton lausche, die mein linkes Ohr verstopfende Antiphonkugel, so ändert sich einmal die empfundene Schallrichtung
:
Sie wandert von rechts in die Medianebene.
Gleich-
zeitig empfinde ich aber noch eine andere Veränderung,
ich
möchte sagen, die Eindringlichkeit der Tonwahrnehmung
betrifft.
1
man
die,
Der Ton wird nicht
lauter,
aber sozusagen reicher,
Unerläßliche Bedingung für solche Versuche mit beiden Ohren gleich gut hört.
ist
natürlich,
daß
Diß Originalempfindungen.
96 spricht
er
Wort
mich stärker an,
ich
einem
empfinde ihn mit
wenn
Ahnlich ergeht es mir,
lebhafter.
ich bei
einem
telephonischen Gespräch an jedes Ohr ein Schallrohr lege.
Auch dann höre
ich
zwar nicht
lebhafter
und zwar auch dann,
anstelle,
während um mich
lauter, aber eindringlicher,
wenn
absolute
den Vergleich
ich Stille
zweite Schallrohr also nicht etwa bloß
herrscht,
das
dazu dient, fremde
Geräusche abzusperren. Wie mir, geht es übrigens der über-
wiegenden Mehrzahl der Mtinchener Bevölkerung,
die
das
zweite Schallrohr, das die MUnchener Postbehörde ihr ent-
zogen hat, schmerzlich vermißt, ohne deshalb zu behaupten,
daß dadurch ein Manko
zunehmen
in der Lautheit des
Gehörten wahr-
sei.
Eine ganz ähnliche Wahrnehmung
liegt übrigens in
bezug
auf das binokulare Sehen der bei einer ganz anderen Gelegenheit gemachten
Bemerkung Herings^ zugrunde, daß im
dem einäugig Gesehenen »das doppeläugig Gesehene aber sich ceteris paribus stets lebhafter ins Bewußtsein drängt.« Vergleich zu
Die stärksten Ausschläge
in dieser
Richtung habe ich bei
den Geruchsprüfungen gefunden, die ich vorgenommen habe.
Meine Frau, besitzt, als
die
einen
weniger
rudimentären Geruchsinn
man ihn gewöhnlich anzutreffen
nicht zu unterscheiden, ob ein
Geruch
ihr
pflegt,
vermag zwar
durch die rechte oder
die linke Nasenöffnung oder durch beide zugeführt wird. Führt
man
ihn ihr aber erst einseitig und gleich darauf beiderseitig
zu, so
nimmt
sie
unfehlbar eine Veränderung nach der Seite
der größeren Fülle der Empfindung hin wahr, ohne daß dabei
was man
das,
1
als
Konzentration
des Geruchs
E. Hering, Beiträge zur Physiologie.
2.
Heft.
beschreiben
1862.
S. 93.
Homophonie und Empfindungsdifferentiale.
und
als
(vgl.
oben
eigentliche
zunähme
bezeichnen würde,
Intensität
S. 85).
Das Ergebnis unserer Untersuchungen zwei
97
wir bei
(wie
ist
folgendes:
den mnemischen Empfindungen
Wenn sehen
werden, auch mehr als zwei) bei unmittelbarer Vergleichung nicht oder
kaum
unterscheidbare, von verschiedenen Stellen
her ausgelöste Empfindungen in denselben Empfindungsfeldern
zusammentreten, so läßt sich nachweisen, daß, von der Erregungsseite
keine Verschmelzung der ent-
her betrachtet,
sprechenden Erregungen
stattfindet,
sondern jede Erregung
bis zu
einem gewissen Grade ihre Selbständigkeit bewahrt.
Zwar
besitzen
diesen
Umständen zusammen nur
manifestation.
beiden
alle
Wir dürfen aber
Empfindungsmanifestation Einzelempfindungen.
eine einzige Empfindungs-
Verschmelzungsprodukt der
würde
erstens
in der Einleitung entwickelten
unter
andrerseits nicht sagen, diese
sei ein
Denn
mehr) Erregungen
(oder
dies ganz unserer
Auffassung von dem Verhältnis
der Erregung zu ihrer Empfindungsmanifestation widersprechen
und hätte nur dann einen Sinn, wenn man beides für getrennte
Vorgänge,
nicht
für
denselben
Standpunkten aus betrachteten Vorgang also
wirklich
Falle
die
zu der
beiden
von
verschiedenen
Wären wir
hielte.
Annahme gezwungen, daß
Empfindungen
in
»verschmolzen«
diesem
seien,
so
müssten wir unsere oben entwickelte Auffassung von der Nichtverschmelzuug der durch unbedingt korrigieren. uns aber keineswegs.
meiner
Ansicht
nach
sie manifestierten
Erregungen
In dieser Zwangslage befinden wir
Denn eine
die
ganze Schwierigkeit findet
völlig
befriedigende
wenn wir von der beim binokularen Sehen
(bei
Lösung,
Kreuzung
der Augenachsen oder Benutzung eines Stereoskops) direkt
zu machenden Beobachtung ausgehen, daß korrespondierend Semon,
Mneine.
II.
7
Die Originalempfindungen.
98
ausgelöste Empfindungskomplexe einander buchstäblich über-
decken, und daraus die Anschauung ableiten, daß ganz
denen verschiedenartig ausgelöste
in allen Fällen, in
gemein
Empfindungen
in dasselbe
Empfindungsfeld zusammengedrängt
werden, eine gegenseitige Deckung
Zu
dieser
all-
Annahme und
stattfindet.
nicht zu der
Annahme
einer blo-
ßen Verdrängung der einen Empfindung durch die andere sind wir deshalb gezwungen, weil bei einer solchen einfachen
Verdrängung
die resultierende Empfindungsmanifestation
nicht
im Vergleich zu den einzelneu Komponenten eine gewisse Verstärkung zeigen
Eine solche aber läßt
dürfte.
kaum
wir gesehen haben, zwar
ausgesprochenermaßen aber
in
in
bezug auf die
sich,
wie
Intensität;
bezug auf die Vividität nach-
weisen.
Aus allem dem geht
hervor,
daß
als
eine
Deckung
besten
der Empfindungen in demselben
Emp-
beschreibt
findungsfelde bildlicht.
oder,
oben von uns
mau
wenn
will,
versinn-
diesen Zustand als Empfindungs-
Ich bezeichne
deckung oder
in diesen Fällen ein
man wohl am
Zustand besonderer Art vorliegt, den
Homophonie der Empfindungen. In den besprochenen Fällen handelte es sich um Homo-
phonie von zwei Originalempfindungen, bzw. bei Betrachtung
von der Erregungsseite her ginalerregungen.
Erregungen Einleitung
um
die
Denn auch von
Homophonie zweier einer
zu sprechen, sind wir auf Grund der in der
entwickelten
Auffassungen
gehe ich auf diese Seite der Frage Untersuchung nicht näher ein; derselben, die auch in der
vorgenommen worden lassen bleiben.
Ori-
Homophonie der
ist,
berechtigt. in
die weitere
»Mneme« noch
muß
der
Jedoch
vorliegenden
Durcharbeitung
nicht erschöpfend
vielmehr der Zukunft über-
Homophonie und Empfindungsdifferentiale. In der
>Mneme« habe
ich
99
den Vorgang, den ich
als
Homo-
phonie bezeichne, besonders im siebenten Kapitel behandelt.
Damals,
als
Werk
ich jenes
niederschrieb
(1.
Aufl. 1904),
kannte ich bloß eine Homophonie zwischen einer Original-
empfindung einerseits und einer oder mehreren mnemischen
Empfindungen andrerseits, oder aber zwischen
mne-
lauter
mischen Empfindungen. Dagegen hatte ich damals noch nicht erkannt, daß sich auch zwei korrespondierende Originalemp-
findungen (binokulares Sehen, diotisches Hören) oder auch zahlreichere Originalempfindungen (von verschiedenen Stellen
der Regio olfactoria ausgelöste Empfindungen) im Zustande
Homophonie befinden können.
der
Erst später
ist
mir das Wesensgleiche innerhalb dieser
verschiedenen Vorgänge klar geworden.
Das Studium der
Homophonie von Originalempfindungen
genauerer experi-
ist
menteller Prüfung zugänglich und ergänzt dadurch in höchst
willkommener Weise Homophonie, die
unsere
ihrerseits
in
Auffassung
anderen Beziehungen
vielen
auf dunkle Seiten der ersteren Licht wirft. hält
man
erst
durch
sie
mnemischen
der
Besonders er-
den rechten Einblick in die bei der
Homophonie von Originalempfindungen nur sehr schwer nachweisbare Steigerung der Vividität.
Zum
Schluß dieses Kapitels haben wir noch die Frage
zu erörtern,
wie sich das Vorhandensein kleiner partieller
Verschiedenheiten innerhalb zweier zur Homophonie gelan-
Denn das dürfen wir
genden Empfindungskomplexe äußert.
nicht vergessen, daß es sich auch bei der
Homophonie
um
Einzelemp-
der Kürze
halber ge-
mäßig um Empfindungskomplexe und nicht findungen
handelt,
wenn wir auch
wöhnlich schlechtweg von Empfindungen reden.
Deckungsvorgange der Homophonie
regel-
ist
Bei
dem
eine besonders gün-
^i® Originalempfindungen.
100 Gelegenheit
stige
einzelnen Teilen der
heben.
Auch kann
Komplexe
Im
kleine
als
Abweichungen
in
sich scharf gegeneinander ab-
sich der eine
komplex von dem anderen sitätsverhältnissen
daß
gegeben,
homophone Empfiudungs-
Ganzes
z.
B. in seinen Inten-
Lautheit usw.) unterscheiden.
(Helligkeit,
folgenden Teil des vorliegenden Buchs werde ich bei Be-
sprechung des viel weiteren Gebiets der mnemischen Homophonie diejenige Erscheinungsform der Empfindungsdeckung, bei der eine solche Unterscheidung
zierende
Homophonie von der
stattfindet,
differen-
als
nicht differenzierenden
Homo-
phonie unterscheiden.
Die Homophonie von Originalempfindungen, wie
sie
uns
beim binokularen Sehen und dem diotischen Hören entgegentritt,
ist
nun
in
der Regel
mit einer Differenzierung
ver-
bunden, während eine solche beim Riechen, soweit ich sehe, in keiner
Weise hervorzutreten
Ohren bedingt
scheint.
Die Stellung unserer
für alle Töne, die nicht
von der Medianebene
aus zu uns gelangen, einelutensitätsverschiedenheit der rechten
und der linken homophonen Tonempfindungen. sind rechte
und linke Hörempfindung auch
Übrigens
bei völliger Gleich-
artigkeit der auslösenden Reize von vornherein durch eine
Zusatzempfindung merklich so
daß,
Reizung
verschieden
(vgl.
oben
S. 84),
wie wir gleich sehen werden, auch bei medianer eine
Differenzierung
Stellung der beiden
erfolgt.
Die
verschiedene
Augen den Objekten der Seh Wahrneh-
mung, das heißt, den gemeinschaftlichen Reizen gegenüber, bewirkt eine in manchen Details gleiche, in anderen aber
abweichende Auslösung der zur Homophonie gelangenden rechten und linken Gesichtsempfindung, und damit besonders
Abweichungen der,
während
in
den Konturen der beiden homophonen Bil-
gleichzeitig
innerhalb
der größeren Flächen
Homophonie und in gewisser
Ausdehnung
Empfindungsdiflferentiale.
101
keinerlei derartige Ungleichheit zu
herrschen braucht.
Das Ergebnis
zu
der
einer solchen Unterscheidung, soweit es in
Empfindung zum Ausdruck gelangt, die
einer besonderen
homophonen Grundempfindung
als
sich
besondere
eine
Eigentümlichkeit, ein besonderer Zusatz hinzufügt, bezeichne ich
als
Empfindungsdifferential.
Wirkung
antagonistische
der
In
ihm kommt
Verschiedenheit
Komponenten zum Ausdruck; man kann
es
beiden
der als
die
Funktion
dieses ihres Gegensatzes auffassen.
Das
braucht dabei
Empfindungsdifi'erential
in
der Art,
wie es sich im Bewußtsein manifestiert, kurz gesagt, in seinem Inhalt nichts von dieser Eutstehungsweise zu verraten, dies auch in der
Regel nicht oder
in einer
und
tut
nur mittelbar er-
So
schließbareu,
nicht unmittelbar hervortretenden
geschieht es,
daß das Empfindungsdifferential der Intensi-
Weise.
täten zweier korrespondierender Hörempfindungen sich als
Empfindung der Schallrichtung, das Empfindungsdifferential zweier
Komplexe
von
korrespondierenden
Gesichtsempfin-
dimgen, die in ihren Konturen ein wenig gegeneinander ver-
schoben sind,
als
Niveauempfindung zum Ausdruck kommt.
Eine ähnliche, ich möchte sagen, übertragene Sprache der Empfindungsdifferentiale werden wir auch noch unten bei der
muemischen Homophonie kennen
Beim diotischen Hören
lernen.
übertrifft,
wie erwähnt, bei allen
Tonempfindungen, deren Reize rechts von der Medianebene ausgehen,
die
rechte
Intensität; bei allen
homophone Empfindung
die linke
an
Tonempfindungen, deren Reizquelle links
von der Medianebene
liegt,
ist
dies umgekehrt.
Auf Grund
der Intensitätsdifferenz der rechten und der linken Empfin-
dung wird nun
bei der
Homophonie der beiden
ein
Empfin-
I^iß
102
OriginalempfinduDgen.
wie schon erwähnt,
dungsdifferential gebildet, das sich,
homophonen Grundempfindung
die der
als
zugesellte, ein beson-
deres Attribut derselben bildende Schallrichtung manifestiert. Ist die Intensität der
Rechtsempfindung die überwiegende, so
das Resultat der Differenzierung in
lautet
dungsausdruck: der Schall
kommt von
Intensität der Linksempfindung,
links
kommend empfunden.
seinem Empfin-
Überwiegt die
rechts.
so wird der Schall
Halten sich beide Intensitäten
genau die Wage, so wird die Richtung des Schalls neutrale Region,
in
von
als
diesem Falle
ist
es
die
eine
in
Medianebene,
i.
verlegt
Auf einen möglichen Einwand eingehen.
Man
ich
will
hier noch
kurz
könnte auf den Gedanken kommen, daß die
Empfindung der stärkeren Schallrichtuug auf der Wahrneh-
mung
der stärkeren Reizung des einen Ohrs, etwa im Sinne
einer
Organempfindung beruhen und mit der eigentlichen
Tonempfindung nichts oder doch nur etwas zu tun haben könnte.
Die Wahrnehmung, als
der
daß das
in
Sekundärer Weise
Davon kann keine Rede eine
Ohr
sein.
stärker gereizt
sei
das andere, kann doch nur auf Grund einer Vergleichuug
Wirkung
dieser Reizungen, d. h. der
Erregungen
lösten
erfolgen.
Diese
von ihnen ausge-
Erregungen sind aber
1 Nur die Lokalisationcn nach rechta, links und in die Medianebene erfolgen auf Grund der differenzierenden Homophonie der beiden korrespondierenden Gehörsempfindungen. Sie sind aber auch die einzigen Lokalisationen, die von normal Hörenden stets mit unbedingter Sicherheit und Richtigkeit vorgenommen werden. Die Lokalisationen nach oben, unten, vorn und hinten erfolgen nicht auf diesem Wege, es sei denn, daß man jene Richtungen durch Drehen
des Kopfes in rechts und links verwandelt.
Wird
dieses Hilfsmittel
aber ausgeschlossen, so werden die betreffenden Urteile höchst unzuverlässig
gegeben.
Handb.
d.
und werden wohl nur auf Grund mittelbarer Kriterien abdarüber K. L. Schäfer, Gehörssinn, Physiol 3. Bd. 1904.
Vgl.
S.
578 in Nagels
Homophonie und Empfindangsdifferentiale. nicht
Erregungen im
sondern
allgemeinen,
in
103
jedem Fall
ganz bestimmte und zwar akustische Erregungen,
Er-
d. h.
regungen, die sich durch bestimmte Gehörsempfindungen manifestieren.
die wir
Dies sind die einzigen Empfindungsmanifestationen,
beim gewöhnlichen, nicht schmerzhaften Hören über-
Denn wir
haupt haben.
hören,
ohne das Organ, mit dem
dies geschieht, als solches mitzuempfinden (vgl. S. 56).
Dar-
aus ergibt sich aber, daß die Schallrichtung ein Empfindungsdifferential
stischen
das bei der Vergleichung lediglich der aku-
ist,
Empfindungen
Ich wende die bei der
selbst gebildet wird.
mich nun zu den Empfindungsdifferentialen,
Homophonie des binokularen Sehens
entstehen,
und zwar zunächst zu dem Empfindungsdifferential, das in einer
Tiefenempfindung ausdrückt, und genetisch,
bezug auf die Reizauslösung,
sich
d. h.
in
auf eine kleine Inkongruenz
gewisser Konturen der beiderseitig gebotenen Bilder zurück-
Wie schon erwähnt,
zuführen
ist.
für
nicht
alle
ist
eine solche Inkongruenz
zu fernen Sehobjekte durch
die
60
— 70 mm
voneinander entfernte Stellung unserer beiden Augen bedingt.
dem rechten und dem linken Auge kommt ein Empfindungsdifferential und demgemäß fehlen Tiefenempfindungen, auf ganz anderem Wege entstehen, näm-
Bei völliger Gleichheit der für sich gebotenen Bilder
nicht zustande, sie
falls
lich als
nicht
mnemische Empfindungen.
Diese letzteren gelangen
auf Grund erworbener Erfahrungen über die Verteilung von Licht und Schatten, über Luftperspektive usw. aus
handenen Engrammschatz zur Ekphorie. erst
im folgenden Teil
Auge
wenn man
betrachtet.
vor-
Wir gehen auf
sie
ein.
Ein fernes Gebirge erscheint plastischer,
dem
es
z.
B. nicht
im geringsten
mit beiden statt bloß mit einem
Die Reliefwirkung hängt hier lediglich von
Die Originalempfindungen.
104
der Verteilung von Licht und Schatten ab und verschwindet
ganz bei einem Stande der Sonne (nahe dem Zenith),
fast
dem
bei
gleichmäßig von oben beleuchtet wird^.
alles
Zum
Studium der Tiefenempfindung
empfindung,
reine Original-
als
als Empfindungsdiflferential bei der
d. h.
Homo-
phonie zweier korrespondierender Originalempfindungen, eignen sich,
eben wegen des vollkommenen Ausschlusses
aller
mne-
mischen Beimengungen, in hohem Grade zwei lineare, in ihren
Konturen nicht
seitlichen
kongruente Zeichnungen, von
völlig
denen die eine dem rechten, die andere dem linken Auge geboten, und
durch Kreuzen
entweder
die
der Sehachsen
(Schielen)
oder mittels eines Apparats (Stereoskop, Haplo-
skop) zur
homophonen Deckung gebracht werden.
Auf den Figuren je
S.
105
ist
in jeder der drei ersten
Eeihen
Deckung zu bringendes Bildpaar gegeben.
ein zur
Die
Eeihen unterscheiden sich dadurch voneinander, daß in der ersten
und
den beiden Augen die nahezu identischen Bilder
Ä',
in
zweiten
der
das Bild
Ä dem
linken,
Ä dem
rechten
Bilder
der ersten Reihe zur Deckung,
Auge geboten
Lage von
völligen Gleichheit der rechterseits
bei der
und
wird.
linkerseits
—
Bringt
B
dem man die
rechten Auge, in der dritten Reihe umgekehrt
Ä
dem
linken,
beiden
so entsteht bei der
Kreis, Quadrat
in
B
und Punkt
bezug auf diese Elemente
Deckung kein EmpfindungsdifFerential und keine
Tiefenwahrnehmung.
und links nicht
Die Dreiecke dagegen besitzen rechts
völlig
gleiche
Lage zu
ihrer
Umgebung.
Dieser zunächst unbeabsichtigt entstandene Zeichenfehler so gering,
daß
man
ihn beim bloßen
ist
Neben einanderbetrachten
der beiden Figuren nicht wahrnehmen kann, und daß ein 1
Vgl.
darüber E.
Leipzig 1861.
S. 77.
Hering, Beiträae
zur
Physiologie.
1.
Heft.
Homophonie und Empfindungedifferentiale.
105
B
Ä
B
Ä+B
Die Originalempfincluügen.
106
worum
der wußte,
sehr geübter Zeichner,
es sich handelt,
und Zirkel und Maßstab gewissenhaft benutzt ganz zu vermeiden imstande war.
hat, ihn nicht
So empfindlich sind nun
Homo-
unsere Augen für diese minimale Dififerenz bei der
phonie, daß bei stereoskopisclier Betrachtung das Dreieck in
ausgesprochener Weise hinter Kreis, Quadrat, Punkt zu liegen
kommt.
Bekanntlich
Differenzierung
ist in
homophonen
dieser Feinheit der
um
nach Dove ein Mittel gegeben,
echte
Banknoten von den vollendetsten Nachahmungen auf den ersten Blick zu unterscheiden.
Viel ausgesprochener sind natürlich die Ausschläge der
Differenzierung und viel bedeutender die
wenn
Tiefenunterschiede, in
den
zur
um
binokularen Bild
der
wahrgenommenen
größere Unterschiede
Deckung gebrachten Bildern
man im
blickt
es
sich
handelt.
diesem das Dreieck und
Das binokulare
am
am
noch
Bild, das sich aus der
viel weiter hinter
Deckung der beiden
Figuren der dritten Reihe ergibt, enthält genau
der Komponenten entspricht
ein
an
die
in
näch-
fernsten den Punkt.
Elemente wie das der zweiten Reihe.
Dem
er-
zweiten Reihe den
äußeren Kreis in einer Ebene, die dem Beschauer sten liegt, weit dahinter das Quadrat,
So
Nur
beiden Augen
ist
dieselben
die Verteilung
eine umgekehrte.
seinem Empfindungsausdruck direkt
umgekehrtes Empfindungsdifferential.
Im binokularen
der dritten Reihe wird der äußere Kreis in der
zurückliegenden, der Punkt in der
am
Bild
weitesten
dem Beschauer nächsten
Ebene empfunden. In der vierten Reihe unserer Figur habe ich eine Konstruktion
A
und
sieht
B
gegeben.,
wie
sie
entsteht,
wenn man
die Bilder
durch Aufeinanderpausen zur Deckung bringt.
Man
auf dieser Konstruktion sozusagen den Elementarzustand
Homophonie und bei
dieser
wird zwar realisiert,
Erapfindungsdifferentiale.
Homophonie.
differenzierenden als solcher bei der d. h. in
wegs eine bloße
Fiktion.
Dieser
Zustand
Mehrzahl der Beobachter nicht
Weise empfunden,
dieser
107
Denn
er ist aber keines-
diejenigen Beobachter, die
im Analysieren stereoskopischer Gesichtseindrücke eine
sich
besondere Übung erworben haben, sehen bei der binokularen
Ä
Vereinigung von
und
B
das gemeinsame Bild in einer der
Konstruktion der vierten Reihe etwa entsprechenden Weise.
So sagt Hering
kann jedoch schon
»Ich
1;
jetzt behaupten,
daß ich an feinen stereoskopischen Linearzeichnungen
immer
die nicht identisch abgebildeten Teile gesondert
nehmen kann, und daß
die meisten der in den
fast
wahr-
Abhandlungen
über stereoskopisches Sehen gegebenen Figuren für mich zur
Erzeugung eines stereoskopischen Bildes ganz unbrauchbar sind:
immer sehe
liche
Wanderungen des Blickes verschaffen mir
ich das meiste doppelt,
skopische Anschauung.
Je größer die
desto leichter die gesonderte
sie
absicht-
eine stereo-
Übung und
Wahrnehmung
identisch liegenden Eindrücke.
unendlich leicht;
und nur
Vorsicht,
der nicht ganz
Doppelbilder übersehen
ist
wahrnehmen unter Umständen außer-
ordentlich schwer.«
Von
der Mehrzahl der Beschauer werden freilich statt der
Doppelkonturen, die dadurch entstehen, daß die sich ent-
sprechenden Reize im rechten und im linken Auge nicht auf korrespondierende, sondern auf »disparate« Netzhautpunkte treffen, einfache
sehen
tritt
Konturen gesehen, und mit diesem Einfach-
gleichzeitig erst der stereoskopische Effekt in seiner
vollen Stärke auf.
Dieser Vorgang
1
E. Hering-,
S. 107.
Beiträge zur
Vgl. ferner auch
5.
aber nur sozusagen
ist
eine Art Übersetzung des auch schon Physiologie.
beim Doppelsehen der 2.
Heft, 1864, S. 334
Heft.
und
337,
Leipzig 1862.
Die Originalempfindungen.
108 Konturen,
Hering es beschreibt, vorhandenen Empfin-
Avie
eine Übersetzung,
dungsdifferentials,
die,
wie wir gesehen,
bei sehr geübten Beobachtern und bei Ausschluß jedes Hin-
zutretens von mnemischer Tiefenempfindung auch unterbleiben
kann
K
Die Tiefensehschärfe, die Feinheit der Unterscheidung von Inkongruenzen beim homophonen Vergleich der zur Deckung gebrachten Bilder des rechten und linken Auges ordentlich groß;
sie
ist,
ist
außer-
wie wir schon bei der Erläuterung
der ersten Reihe unserer Figuren
S.
105 demonstriert haben,
weit größer als das, was das Eiuzelauge au Unterscheidung
nahe benachbarter Linien und Punkte
leistet.
Nur
unter ganz
besonders günstigen Umständen wird beim uniokularen Sehen eine Sehschärfe von 10
differenzierenden
Winkelsekunden
erreicht.
Bei
der
Homophonie des binokularen Sehakts wer-
den dagegen Tiefemmterschiede von 10 Sekunden mit Sicherheit unter fast
allen
Bedingungen erkannt, und unter den
günstigsten Bedingungen keit mit
Hilfe
geht die Unterscheidungsmöglich-
dieses Empfindungsdifferentials bis auf 5 Se-
kunden herunter.
Noch wichtiger dieser
als dieses aber ist die Tatsache,
differenzierenden
daß bei
Homophonie zwischen den Bildern
des rechten und denen des linken Auges auf das genaueste
unterschieden wird.
Beim Sehen ohne Homophonie
solche Unterscheidung nicht möglich.
ist
eine
Davon kann man
sich
sehr schön durch folgenden Versuch an unserer Figur S. 105
1
Übrigens
kommen
ist
das Einfachsehen der Konturen für das Zustande-
der Tiefenwahrnehmung gar nicht nötig, sondern auch beim
Doppelsehen der Konturen tritt die Tiefenwahrnehmung in gesetzmäßiger, wenn auch nicht so eindringlicher Weise auf vgl. Hering, a. a.
0.,
f<.
330i.
Homophonie Bringt
überzeugen.
uucl EinpfimUmgsdifferentiale.
mau
in
109
zweiten Reihe
der
Ä
und
B
durch Schielen oder unter Benutzung eines Stereoskops, dessen
man einander übermäßig genähert hat, zur Deckung, so sieht man drei Bilder nebeneinander; das mittlere, binokular geOkulare
sehene, zeigt stereoskopische Eigenschaften, seine beiden Nach-
barn,
und links sind uniokular gesehen und wirken
rechts
Kein Uneingeweihter, den man diesen Versuch
flächenhaft.
machen
läßt,
lare Bild mit
dem
linken
kommt dem
auf den Gedanken, daß das linke unioku-
rechten Auge, das rechte uniokulare Bild mit
Auge gesehen
Überraschung, wenn
wird.
Gewöhnlich erregt es große
man die Versuchspersonen
durch Verdecken
bald des einen, bald des anderen Auges während des Versuchs von diesem Tatbestand überzeugt. zipien beruhen übrigens
Auf ähnlichen Prin-
auch die von den Augenärzten zur
Entlarvung der Simulation einseitiger Blindheit konstruierten Brillen. heit,
Es gelingt auf diese Weise mit unfehlbarer Sicher-
den Uneingeweihten über das Auge, mit dem er wirk-
lich sieht,
Im erfolgt
zu täuschen.
Empfindungsdififerential bei der
dagegen bei jedermann die Unterscheidung mit un-
trüglicher Sicherheit,
gleichung
des
was
ist
sich ohne weiteres durch die Ver-
umgekehrten
Reihe 2 und Reihe 3 auf
Es
homophonen Deckung
S.
selbstverständlich,
stereoskopischen
105
die wir als
liefert
von
ergibt.
daß
wir
Tiefenwahrnehmuug hier nur soweit uns ein Beispiel
Effekts
die
Lehre von der
erörtert haben,
als sie
für die allgemeine Gesetzmäßigkeit,
Empiiudungsdeckung (Homophonie) und Bildung
von Empfindungsdifferentialen bezeichnet haben, ein Beispiel der
und zwar
Bildung eines Empfinduugsdifferentials zwi-
schen zwei Originalempfindungeu.
Darüber hinaus,
in
das
ebenso interessante wie schwierige Problem des binokularen
Die Originalempfindungen.
110
einzudringen
Tiefensehens
i,
verbietet
von unserem eigentlichen Thema. FUr
sich
Abweg
ein
als
letzteres
genügt glück-
licherweise die Darstellung in der von uns gewählten
Form
innerhalb der von uns gezogenen Grenzen, die eine Ausschei-
dung
aller
hypothetischen Beimengungen gestattet.
Das Empfindungsdifferential der Tiefenempfindung kommt, wie wir sahen, zustande, wenn dem rechten und linken Auge bei
homophonem Sehen
turen geboten wird. differential
keiten
eine teilweise Inkongruenz der
Ein anders beschaffenes Empfindungs-
beim binokularen Sehen
der
dem
rechten
Bilder wesentlich betrifft also,
Kon-
entsteht,
wenn
die Hellig-
und dem linken Auge gebotenen
verschieden sind.
Diese Differenzierung
ganz ähnlich wie wir dies auf akustischem Ge-
der Besprechung des Empfindungsdifferentials der
biet bei
Schallrichtung kennen gelernt haben, die Intensitäten der beiden
Empfindungen. Der Empfindungsausdruck dieses Empfindungsdifferentials ist freilich
auf optischem Gebiet wieder ein ganz
eigenartiger; er besteht in einer eigentümlichen Organempfin-
dung auf tensive
Seiten desjenigen Auges,
von dem die weniger
(minder helle oder sonst minderwertige
schwommenere) Empfindung ausgelöst worden
und Brückner 2,
1
Vgl. hier in
die diese
erster Linie die klassischen
ferner
»Die Lehre
und >Der Raumsinn und
die
Handb. d. Physiologie, Bd. III, Lehre von Helmholtz, Handb.
v.
ist.
B.
in-
ver-
Brücke
Empfindung und die Bedingungen
E. Hering in »Beiträge zur Physiologie, Leipzig, bis 164«,
z.
vom
Untersuchungen von W. Engelmann, 1861
binokularen Sehen«, Leipzig 1868,
Bewegungen des Auges 1,
1879.
Bekämpft wurde
d. physiol.
Optik,
2.
in
Hermanns
die Heringsche
Aufl., 1896,
S.
960
bis 970.
Brücke und A. Brückner: Über ein scheinbares OrganPflügers Archiv, Bd. 91, 1902. Vgl. auch die Abhandlung derselben Autoren: Zur Unterscheidbarkeit rechts- und links2
E. Th. V.
gefühl des Auges.
äugiger Gesichtseindrücke, ebenda, Bd. 90, 1902.
Homophonie uud Empfindnngsdifferentiale.
111
Zustandekommens näher untersucht haben, bezeichnen
ihres
AbblendungsgefUhl.
sie als
Ich werde von ihr als Abblen-
dungsempfindung- sprechen.
Beschrieben wird sie von den
meisten Versuchspersonen als ein Gefühl der Vertaubung oder
Blendung.
In stärkstem
Maße
wenn man zunächst das
hervor,
Tragen
(viertelstündiges)
kommen
Empfindung dann
diese
tritt
eine
Auge durch längeres
Okklusionsverbandes
eines
Kaum
dere durch Benutzung in möglichst hellem
sprochene
Helladaptation bringt.
Abnahme
des Verbandes beide
dunkel, so
tritt
die
Empfindung
Benutzt
in ausge-
man sodann nach
Augen zusammen im Halbin außerordentlicher
auf und dauert mit allmählich abnehmender Stärke
Adaptation beider Augen gleich
bis die
voll-
dunkel adaptiert, während man gleichzeitig das an-
Daß
es
sich aber hierbei
lediglich
Stärke
so lange,
ist.
um
wirkliches
ein
Empfindungsdiffereutial bei der Homophonie des binokularen
Sehens handelt, wird dadurch bewiesen, daß die Empfindung, wenigstens bei mir, sofort aufhört,
Lidschluß rein
ausschalte.
wenn
ich ein
Auge durch
Diesem Aufhören der Empfindung bei
uniokularem Sehen haben
v.
Brücke und Brückner in
ihrer sonst äußerst sorgfältigen Arbeit keine
Aufmerksamkeit
zugewandt, und es
muß
als
ein
ist
nicht richtig, oder es
unglücklich gewählter, leicht zu Mißverständnissen
führender Ausdruck bezeichnet werden, sagen:
wenigstens
»Am
sie (a. a. 0. S. 370)
deutlichsten drückt sich diese Differenz der Bilder
in denjenigen Fällen aus, bei
akte ausgeschlossen
kann man
wenn
sich
ist«.
leicht
Daß
denen
ein
Auge
völlig
vom Seh-
sich das nicht so verhält,
davon
durch folgende Versuche überzeugen.
Hat man das eine Auge im Okklusionsverband dunkel, das andere durch Benutzung im Hellen hell adaptiert (während dieses
Vorgangs hat man durchaus kein Abblendungsgefühl)
Die Originalempfindungen.
112
und
tritt
nun mit dem Verbände
man
hier
im Halbdunkel mit dem helladaptierten Auge wohl
ins Halbdunkel,
so
sieht
schlecht oder fast gar nicht, hat aber keine AbblendungsErst mit der
empfindung.
Abnahme des Verbandes
tritt
eine
solche auf. Sie verschwindet bei mir aber sofort, sobald ich, sei es das hell-, sei es das dunkeladaptierte
Auge durch Lidschluß
vom Sehakte völlig mich von dem ZuAbblendungsempfiudung als typisches Em-
oder Anlegung eines Okklusionsverbandes ausschließe.
Auch folgendermaßen kann
standekommen der
pfindungsdifferential
überzeugen.
ich
beim homophonen binokularen Sehakt
Schließe ich beim Lesen im gewöhnlichen gleich-
Augen das
adaptierten Zustand beider
eine Auge,
ich keine Spur von Abblendungsempfindung.
während
ich lese, beide
Auge einen schwarzen
Augen
so
habe
Halte ich aber,
offen lassend,
vor das eine
Papierstreifen oder verschlechtere ich
sonst die Funktion des einen geöffneten
und zum Sehen willigen
Auges, ohne sie doch ganz auszuschalten, so habe ich die
Empfindung
Wenn
in
hohem Grade. daß das durch den Papierstreifen
ich gesagt habe,
verdeckte Auge willig sein muß, zu sehen, so
ist
damit schon
angedeutet, daß ich auch durch Ablenkung der Aufmerksamkeit
das
betreffende
Auge
völlig
vom Sehakt
ausschalten
und dadurch das Zustandekommen der Abblendungsempfin-
dung verhindern kann.
Auf Nichtbeachtung des dunklen
Gesichtsfeldes bei geschlossenem Lid oder unter
dem Okklu-
sionsverband beruht auch offenbar der unter diesen Umständen erfolgende Ausschluß des Auges
vom
Sehakt.
In allen diesen
Fällen wird das nichtbeachtete dunkle Gesichtsfeld im Wettstreit völlig
dann,
wenn
unterdrückt.
Übrigens
beiden Augen
sei
erwähnt, daß auch
ganz verschiedenartige Bilder
geboten werden, also ausgesprochener Wettstreit im ganzen
Homophonie und EmpfindungsdifFerentiale.
113
Gesichtsfeld herrscht, keine Ahblendungsempfiudung- zustande
kommt,
z.
B.
wenn
ein
im Mikroskopieren Geübter das Auge,
welches nicht ins Mikroskop findung
kann
offen läßt.
Diese
Empund
eben ein typisches Emptindungsdifferential
ist
als
sieht,
solches
nur bei Eintritt
wirklicher
Homophonie
zwischen den beiden in Frage kommenden Empfindungskomplexen entstehen.
Wir haben und
in
die Bildung
behandelt,
als
dem
vorliegenden Kapitel die Homophonie
von Empfindungsditfereutialen nur insoweit
bei ihrem
ginalempfindungen
Zustandekommen
beteiligt
sind.
kung hat dieses Kapitel bloß
die
lediglich
Ori-
In dieser Einschrän-
Bedeutung einer Vor-
bereitung für die viel umfassendere Behandlung, die derselbe
Gegenstand im folgenden Teil erfahren wird.
Homophonie
erst
Denn da
die
auf mnemischem Gebiet, beziehungsweise im
Gegenspiel der mnemischen und originalen Empfindungen im vollen
Umfang
in
Erscheinung
tritt,
läßt sich erst
dann das
ganze vorhandene Tatsachenmaterial übersehen und verwerten.
Semon, Mneme. IL
Sechstes Kapitel. Die akoluthe Phase der Originalempflndungeu.
In der
»Mueme« habe
graphische
Reiz Wirkungen
ich
synchrone, akoluthe und euDiejenige
unterschieden.
wirkung, die unmittelbar nach Aufhören schwindet, habe ich
und nannte
als
Reizes
ihre
Erregungen synchrone
akoluthen Reizwirkungen äußerte ich mich
ernde
Über
(2.
Aufl.
Einwirkung eines Reizes bewirkt zuweilen
zu
ihrer
die
S.
18)
»Eine sehr intensive oder sehr lang dau-
greifende Veränderungen
daß
Emp-
Manifestationen in der
findungssphäre synchrone Originalempfindungen.
folgendermaßen:
ver-
synchrone Reizwirkung bezeichnet
die durch sie ausgelösten
Originalerregungen und
des
Reiz-
im
Zustande
Ausgleichung,
sprünglichen Zustand
eine
zur
nicht
Aufhören des Reizes erforderlich
eines
Rückkehr
Organismus, in
den
ur-
Zeit
nach
ähnlich wie das
Meer
unbeträchtliche ist,
ein-
so
nach einem langdauernden Sturme sich nur allmählich beruhigt.
Man
pflegt diese
bezeichnen.
Vorgänge
Wenn
als
,
Abklingen der Erregung' zu
mehrere diskontinuierliche Erregungen so
rasch aufeinander folgen, daß die frühere noch nicht abge-
klungen sich
die
ist,
wenn
die
Erregungsfolge
folgende schon
immer mehr dem Zustande
einzigen langdauernden stetigen sich uns
dann durch
anklingt, so nähert
stetige
einer
Erregung und manifestiert
Empfindungen.
(Kontinuierliche
Die akoluthe Phase der Originalempfindungen.
115
Färbung- eines schnell rotierenden Farbenkreisels, einheitlicher
Ton
eines rasch
In dasselbe
immer um
ein einfaches
wenn
Gebiet, auch ,
bewegten Savartschen Rades.) es sich dabei nicht
Abklingen' handelt, gehören die ,Nachbilder' und sogenannten
Nachtöne, gehört ferner die Öffnungszuckung und die Öffnungsdauerkontraktion bei Aufhören einer langdauernden elektri-
Wir können
schen Reizung der Muskeln.
derartige ,Nach-
wirkungen', die in allen Fällen einige Zeit nach Aufhören des Reizes spurlos verschwinden,
nicht prinzipiell von
synchronen Reizwirkung trennen, auch dann
nicht,
der
wenn dabei
der Reaktionspendel nach der entgegengesetzten Seite überschlägt, wie für
diese
z.
B.
beim negativen Nachbild. «
»Nachwirkungen«, die
sich
Als Bezeichnung
unmittelbar an
die
synchronen anschließen, habe ich den Ausdruck akoluthe
Reizwirkungen vorgeschlagen. Wir wollen uns nun im folgenden manifestationen
mit den Empfindungs-
akoluthen Erregungen
der
,
den akoluthen
Empfindungen beschäftigen, aber selbstverständlich nur soweit uns eine solche Beschäftigung
für
unser Hauptthema,
das
Verständnis der mnemischen Empfindungen und der sie be-
herrschenden Gesetzmäßigkeiten, von Wert
Was den
zeitlichen
Verlauf der durch konstanten
ausgelösten Originalerregung langt, so unterscheidet
ist.
man
in
der
Reiz
synchronen Phase an-
in dieser bekanntlich ein rasches
»Ansteigen« der synchronen Erregung bzw. Empfindung bis
zu einem Maximum.
Dieses
Maximum wird
bei Lichtreizen
nach den interessanten Versuchen Exners^ in einer Zeit
er-
Exner, Über die zu einer Gesichtswahrnehmung nötige Zeit. d. Wiener Akad. Abt. IL Bd. 58, 1868 (referiert in HelmVgl. ferner: Kunkel, Pflügers holtz, Physiol. Optik II. Aufl., S. 513). Archiv Bd. 9. 1875, S. 197, E. Dürr, Philosoph. Stud. Bd. 18, 2, Mar1
S.
Sitz-Ber.
tins, Beitr.
z.
Psychol.
u.
Philosoph.
1, 3.
8*
die je
reicht,
bis
Originalempfindungen.
I^ie
116
Vio
mums
nach der Intensität des Reizes zwischen
Sekunde sich
hält
Genau
nahezu.
Erregung nahezu konstant; doch nur
die
genommen
erfolgt
und langsames, aber
liches
Absinken der Erregung bzw. der Die Gründe
äußerst
ein
liches
Empfindung.
^/iq
Nach Erreichung des Maxi-
schwankt.
allmäh-
nichtsdestoweniger kontinuier-
diese Art
für
manifestierenden
sie
des
Ablaufs
der
synchronen Erregung und synchronen Empfindung unter der
Einwirkung eines konstanten Reizes werden von Helmholtz (Physiol. Optik, 2. Aufl., S. 513) für das Gebiet der Gesichts-
empfindungen gesetzt:
in
folgender
sehr klarer Weise
auseinander-
»Der Eindruck des ersten Moments hat eine Nach-
wirkung von gewisser Dauer. verstärkend,
der Eindruck
Dazu des
gesellt sich gleich darauf,
und
zweiten Zeitteilchens,
Aber gleichzeitig läßt jede dadurch
sofort jedes folgenden.
erregte Tätigkeit des Nerven, die sich durch die
Empfindung
wahrnehmbar macht, auch einen gewissen Grad von Erschöpfung
zurück,
die
dem
unter
des arteriellen
Einfluß
Die später folgenden neuen
Blutes nur langsam schwindet.
Lichteinwirkungen bringen, zusammenwirkend mit den schwin-
denden Nachwirkungen der vorausgegangenen,
mehr dieselbe Höhe der Summe
also
nicht
hervor, wie die ersten, welche
mit einem Zustand geringer Ermüdung des Auges zusammentrafen.
Daraus
folgt,
daß eine konstante Beleuchtung eine
im Anfang schnell steigende Empfindung geben muß, dann ein Maximum
Das
erreicht, später
hier entwickelte Prinzip
die
wieder sinkt«.
muß notwendigerweise
nicht
nur für die synchronen Erregungen und Empfindungen auf
dem Gebiet gebieten
des Gesichtsinnes,
gelten.
Auch
Empfindung experimentell
bei
sondern
Tönen
ist
auf allen Sinnesein
festgestellt; dabei
Anklingen der
wird nach Exner
Die akoluthe Phase der Originalempfindungen. (Pflügers Archiv, Bd. 13,
Tönen später
tiefen
1876,
erreicht
1881,
schwachen Reizen das Maximum
Doch sind
So
nicht erforderlich.
dem
wird bei
—2
Sekunden
Ein genaueres Eingehen auf den
zeitlichen Verlauf der synchronen
verlassen, auf
S. 323)
nach 1
die individuellen Unterschiede in dieser
Beziehung recht erheblich.
Zwecke
erst
bei
Nach Urban-
bei hoben.
als
tschitsch (Pflügers Archiv, Bd. 25,
erreicht.
Maximum
das
S. 234)
117
sich der
Empfindung
ist
für unsere
können wir dieses Gebiet
zahlenmäßigen experimentellen
Feststellung große Hindernisse in den
Weg
stellen.
In der akoluthen Phase wird die Erregung, deren Intensofort
sität
nach Aufhören des Reizes, also nach Abschluß
synchronen Phase
der
rapid abzunehmen beginnt,
mehr
endlich keine manifestationsfähige Stärke
Empfindungen zur Manifestation gebracht, die wir luthe
Empfindungen bezeichnen und
teilen
können.
der akoluthen
in
bis
sie
durch
besitzt,
als
ako-
zwei Unterphasen ein-
In der ersten Unterphase
ist
die Intensität
Empfindung noch so bedeutend, daß diese
Empfindung ohne weiteres Zutun unter den gewöhnlichen Bedingungen zutage
In der
tritt.
zweiten Unterphase aber
hat die Intensität bereits so bedeutend
abgenommen, daß
die
akoluthen Empfindungen dieser Phase nur unter besonderen
Bedingungen, unter diesen aber regelmäßig merklich werden.
Es
ist
selbstverständlich,
daß die
erste
Unterphase
in
die
zweite ohne scharfe Grenze übergeht.
Auch
hier
sind die Verhältnisse
am
genauesten auf
dem
Gebiet der Gesichtsempfindungen studiert, und es existiert eine umfangreiche Literatur,
Weise
die sich in der verschiedensten
und unter den verschiedensten Titeln mit den un-
mittelbaren beschäftigt.
Nachwirkungen synchroner optischer Erregungen Diese
Nachwirkungen sind verschiedenartiger
Die Originalempfindungen.
118 Natur;
sie
Erregung
bestehen einmal in einem Nach- und Abklingen der selbst in
eigentümlich
einer
oszillierenden Weise,
kennen lernen werden, ferner aber
die wir gleich genauer
in
mehr sekundären Effekten, Veränderung- der Stimmung der
Auf
Sehsubstanz, Ermüdung, Induktion.
diese
mehr sekun-
dären Nachwirkungserscheinungen der synchronen Erregung wollen wir hier so wenig wie möglich eingehen.
Überhaupt
werden wir aus der außerordentlich großen Menge der
hier-
her gehörigen Tatsachen nur diejenigen auswählen, die für
unsere besonderen Gedankengänge von Bedeutung sind.
Wir begnügen uns
deshalb, die akoluthen
sehr kurz dauernden Lichtreizen
Wirkungen von
einer näheren Betrachtung
zu unterwerfen.
Man kann
sich bei dieser
Entweder man
bedienen.
Untersuchung zweier Methoden
erhellt einen
bestimmten Teil des
Gesichtsfeldes durch einen Lichtblitz von momentaner Dauer,
oder in
man
läßt ein Licht aussendendes Objekt bei fixiertem
einem bestimmten Tempo durch das Gesichtsfeld
Auge
hingleiten.
Jede dieser beiden Methoden hat ihre besonderen Vorzüge.
Die Beobachtungen sind offenbar bequemer anzustellen und
beim bewegten Ob-
in ihren Details leichter zu analysieren
jekt,
und
Methode
diese
Bidwell von den
Dagegen bietet
ist
daher
seit
meisten Untersuchern
die Untersuchung bei
Purkinje,
Heß und
bevorzugt worden.
ruhendem Objekt gewisse
technische und Beobachtungsschwierigkeiten, hat aber andererseits
den Vorzug, sich mit dem denkbar einfachsten Fall zu
beschäftigen.
Nagels Handb.
Wenn d.
v.
greifbarer Unterschied
fahrungsweisen
Kries (Die Gesichtsempfindungen in
Physiol., Bd. III,
(des
nicht herausgestellt«,
1904, S. 221) sagt:
hat sich zwischen
»Ein
den beiden Ver-
ruhenden und des bewegten Objekts) so will ich
dem
nicht widersprechen,
Die akoluthe Phase der Originalempfindungen.
möchte aber doch betonen, daß
119
durchaus nicht ohne weiteres
es
gelingt, die Resultate der einen
Methode auf die der anderen
zu beziehen, und daß bisher nur
Mc Dougall
hat, eine solche
unternommen
Zurückführung im einzelnen durchzuführen.
Seine Zurückfahrung, obwohl zutrifft,
enthält aber vieles,
bedarf,
und jedenfalls
sie vielleicht in
was
Frage
diese
ist
der Hauptsache
noch der Bestätigung
erst
Glücklicherweise
anzusehen.
offene
es
^
als
sind
durchaus
eine
betreffenden
die
zweifelhaften Punkte für das, worauf es uns hier
ankommt,
ohne Bedeutung und können aus unserer Darstellung ausscheiden.
Bei für
momentanen Reizung
stationären
der
einen Moment, dessen Länge
man durch
man
erhellt
irgendwelche
mechanischen Hilfsmittel, wie photographischen Momentverschluß, aneinander vorbeigleitende Spalten, elektrische Ent-
ladung im luftverdünnten
Raum
stimmten Teil des Gesichtsfeldes. bezüglichen Beobachtungen wiederholt hat, berichtet
und
neten Umständen
von
(a. a.
bei
regulieren kann, einen be-
Mc
Dougall, der die dies-
Young und Bidwell
C. A.
0. S. 85),
einer
daß er unter geeig-
gewissen Lichtstärke
Reizung, die etwa V20 Sekunde dauerte, nach Aufleuchten reizes,
des
ein zweites, drittes, viertes bis zu siebenmaliges Auf-
beobachtete.
leuchten
ist
so
Das
kurz,
Empfindung
Intervall
zwischen jedem Auf-
daß man nicht sagen kann, daß die
völlig
zuklingen begann.
erloschen war, als die zweite an-
Mc Dougall
bezeichnet deshalb auch jene
raschen Sukzessionen derselben Empfindung als »pulseS'^.
wollen sie als Oszillationen der Empfindung bezeichnen. 1
der
ersten
seinen Versuchen kreisförmigen Licht-
in
leuchten
erste
dem
W. Mc
Dougall,
Stimulation of the Eye.
The Sensations excited by
a single
Wir In
momentary
British Journal of Psychology, Vol.
I.
1
,
1904.
120
I^ie
Originalempfindungen.
der Serie dieser Oszillationen folgen die ersten Glieder rascher
aufeinander als die späteren, und jede nachfolgende Oszillation
ist
schwächer
als
ganzen Serie kann bis zu
nach
dem Verschwinden
oszillationen,
die
in
ihr Vorgänger.
Der Ablauf der
Sekunde dauern.
^j^
der
Unmittelbar
Empfindungs-
dieser
letzten
und
einem flimmernden Aufleuchten
Dunkelwerden derselben Gesichtsempfindung bestehen, scheint an derselben
Mc
Stelle
ein
wenig bestimmtes
Dougallschen Versuchen graues)
bis zu
20 Sekunden andauern kann.
stetiges
(bei
Nachbild
,
er-
den das
Die Frage, ob etwa
auf dieses Nachbild noch weitere folgen, was mir nach den
Erfahrungen von Heß an Nachbildern bewegter Objekte wahrscheinlich
Ich
ist,
habe
brauchen wir hier nicht zu erörtern. auf
dem beigegebenen Schema den Anfang
des betreffenden Empfindungsvorganges und seiner zeitlichen Verhältnisse wiederzugeben versucht.
Der Maßstab am Ober-
ende der Figur drückt die Zeiteinteilung aus.
Jedem
Teil-
Wie wir sehen, läuft der Y20 Sekunde. oszillierende Prozeß in etwa 3,4 Sekunden ab, das heißt, er
strich
ist
entspricht
gleich
nach Teilstrich 15 zu Ende; nach einem kurzen
dunklen Intervall bei Teilstrich
16 begiunt das
Nachbild,
von dem bloß der Anfang, das heißt sein Verlauf während der ersten
^^4
Sekunden, hier dargestellt
ist.
Wie schon
mit-
Die akoluthe Phase der Originalempfindungen.
kann
geteilt,
es bis zu 20
121
Sekunden andauern und
ist
wahr-
scheinlich noch von anderen Nachbildern gefolgt, die indessen
unter diesen Versuchsbedingungen noch nicht nachgewiesen sind.
Der
Schema aus
ab, das heißt in
Die erste Oszillation läuft
unserem
in Y20 Se-
demselben Zeitraum wie die in diesem
Nur diese Oszillation
angewendete Eeizung.
Fall
in
vollkommen dunkle Intervalle
sieben, durch nicht
getrennte Oszillationen.
kunde
Empfindung besteht
oszillierende Teil der
ist
unserem Fall streng genommen als synchrone Empfindung zu bezeichnen. Oszillation 2-— 7,
also in
die
während
^
20— ^^20 Sekunde
ablaufen,
sind bereits ako-
Empfindungsstadien, ebenso natürlich das bis zu 20
luthe
Sekunden dauernde Nachbild, von seinen eventuellen NachDie Dauer der akoluthen Emp-
folgern gar nicht zu reden.
findungen zur Dauer der synchronen Empfindung verhält sich also in
unserem Fall wie 20 zu sich
natürlich
die
V2o> also
wie 400
:
1.
Sobald
Dauer der Reizung verlängert, verschiebt
sich das Verhältnis zugunsten der synchronen Empfindungen.
Wir haben oben Unterphasen
Phase der Empfindung
die akoluthe
geteilt.
in
zwei
Eine Phase, in der sich die akoluthe Er-
regung unter gewöhnlichen Umständen regelmäßig durch ober-
bewußte Empfindung manifestiert und eine zweite, in der diese Manifestation nur unter besonderen, günstigen Bedingungen erfolgt.
In unserem Falle gehören wahrscheinlich die sechs ako-
luthen Empfindungsoszillationen heißt, sie
ohne
gungen
Um
das
werden wohl meistens oberbewußt empfunden werden,
daß
brauchte.
2—7 der ersterenPhase an,
man dazu besondere Bedingungen Freilich
werden
sie
als ein einziger länger
unter
herzustellen
gewöhnlichen Bedin-'
dauernder Eindruck empfunden.
den oszillatorischen Charakter wahrzunehmen, bedarf es
der besonderen Anordnungen des Versuchs.
Das
bis zu
20 Se-
Die Originalempfindungen.
122
künden dauernde Nachbild und
seine eventuellen Nachfolger
gehört zweifellos in die zweite Unterphase, das heißt, es wird
nur unter besonderen Versuchsbedingungen wahrgenommen.
Daß
aber unter solchen stets wahrgenommen werden
es
kann,
Erregung,
ein sicherer Beweis, daß die akoluthe
ist
die sich an eine synchrone anschließt, diese unter
Hätte
ich
bei
Erregung von
Umständen
\ 20
Sekunde Dauer
um das 400 fache
diesen Betrachtungen
kurz dauernder Reize die Beobachtungen
über
überdauert.
die Wirkung-
am bewegten
Objekt
zugrunde gelegt, so wäre ich für unsere Frage zu durchaus tibereinstimmenden Resultaten gelaugt. Schwierigkeiten macht,
die
Daß
es bisher
noch
einzelnen Phasen dieser beiden
Beobachtungsarten mit Sicherheit aufeinander zurückzuführen,
wurde
bereits
sich aber
oben erwähnt.
nicht
Diese Schwierigkeiten beziehen
auf diejenigen Tatsachen,
aus
denen wir
unsere Schlüsse gezogen haben.
Auf anderen Sinnesgebieten
liegen die Dinge im Prinzip
ganz ähnlich wie auf dem Gebiet der Gesichtsempfindungen.
Nur
ist
der schärfere Nachweis von der Dauer der akoluthen
Empfindungen, besonders in bezug auf die Phasen, in denen sie
sieb
der Merklichkeitssch welle nähern, viel schwieriger,
und das bisher vorliegende Tatsachenmaterial
Von akoluthen Hörempiindungen Momente der
recht dürftig.
sind bisher nur die ersten
ersten Unterphase einer genauen Untersuchung
unterzogen worden, nämlich diejenigen, in denen die Intensität
der akoluthen Empfindung von derjenigen der vorhergegan-
genen synchronen sich nicht merklich unterscheidet, ihr
Niveau noch nicht merklich gesunken
in
denen
ist.
Diese Versuche beruhen nämlich auf der Feststellung, bei
welcher Dauer der Pause zwischen zwei aufeinanderfolgenden
Tonstößen die Sukzession der Empfindungen nicht mehr
als
Die akoluthe Phase der Origmalempfiudungen.
123
eine diskontinuierliche, sondern als kontinuierliche empfunden
Hier wird
wird.
wie
festgestellt
also
bei
im
Grunde
den oben
(S.
etwas
ganz
Ähnliches
erwähnten
86)
optischen
Versuchen, bei denen geprüft wird, in welcher Geschwindigkeit diskontinuierliche Lichtreize aufeinander folgen müssen,
damit für den Beobachter aus dem Blinken und Flimmern eine durchaus stetige Lichtempfindung wird.
Bei diesen optischen Versuchen über den Übergang des
Flimmers
in ein kontinuierliches Licht hat sich herausgestellt,
daß die Geschwindigkeit des Phasenwechsels, die notwendig ist,
zu bringen und die
um den Flimmer zum Verschwinden
Empfindung eines
stetigen Lichts hervorzurufen, je nach der
Art und Größe der Beleuchtung sowie auch individuell verschieden
Bei den von Sherrington
ist.
gewählten Versuchs-
^
bedingungen mußte in der Regel den aufeinanderfolgenden Einzelphasen von hell und dunkel eine schnittlich nur V270
Dauer von durch-
Sekunde gegeben werden, um den Flimmer
unmerklich zu machen. Die
ersten
genaueren Angaben
akustischem Gebiete verdanken wir
in
dieser Richtung auf
Mach 2.
Für
die Gehörs-
empfindungen hat später Alfred M. Mayer ^ mit Hilfe einer der Mach'schen ähnlichen Methode festgestellt, daß die Dauer
der Pausen, bei der noch die Tonfolge als eine kontinuierliche
empfunden wird, je nach der Tonhöhe beträchtlich ver-
schieden 1
ist.
Für das große C
C. S. Sherrington,
On
ist sie
nach Mayer
1/26)9
Se-
binocnlar Flicker and the Correlation of British Journal of Psycho-
Activity of >corresponding« retinal Points. logy, Vol. 2
I,
1
,
Jan. 1904.
E. Mach, Sitzungsber. d.
Wiener Akad. Math.-naturw.
Kl.
2.
Abt.
Bd. 51, 1865. 3
A. M. Mayer, Phüos. Magaz. 37, 1894, Americ. Journ. of Science
47, 1894.
^^^ Originalempfindungen.
3^24
künde, für das dreigestrichene
Worten: Eine Folge sehr
Empfindung
lichen
tiefer
Mit anderen
Sekunde.
V204
Töne verschmilzt schon
bei
langsameren Tempo zu einer kontinuier-
siebenmal
einem
c
Folge sehr hoher Töne.
als eine
Etwas andere Zahlen
erhielt
ähnlichen Versuchen
bei
Urbantschitsch \ doch erklärt sich die Differenz aus der An-
wendung
einer etwas verschiedenen Methode.
Auch
er fand,
daß die Pausenlänge zwischen den einzelnen Tönen, die für Kontinuität oder Diskontinuität kritisch viel größer ist als für
Auf
und
die Einzelheiten dieser Versuche
in
nötig, weil sie
welchem Zeitmaß
Empfindung
sich
für
tiefe
die Intensität
annähernd auf der Höhe
synchronen Vorgängerin und Erzeugerin
ihrer Resultate
eben nur
fest-
der akoluthen
der Intensität ihrer
hält.
Es
ist
deshalb
zu Mißverständnissen führender Ausdruck, wenn
ein
Töne
hohe Töne.
einzugehen, haben wir nicht stellen,
ist,
nicht
selten gesagt wird, diese Zahlen drückten die Zeit aus, welche
»zum vollständigen Abklingen« akustischen Reizes nötig
suchen ein
als
sei.
momentan einwirkenden
Ich erwähne dies nur,
daß es
scharf hervorzuheben,
eines
sich
um
recht
sowohl bei diesen Ver-
auch bei den Flimmerversuchen gerade nicht
vollständiges Abklingen
handelt.
um
Bei den Sherrington-
schen Flimmerexperimenten erfolgte bereits ausgesprochener
Flimmer, wenn die Pausen zwischen den einzelnen Hellreizen
Daß
^200
Sekunde betrugen.
V200
Sekunde vollständig abgeklungen
aber die Empfindung nicht in ist,
beweisen die
besprochenen Experimente, die zeigen, daß oszillatorische
1
V. Urbantschitsch.
Empfindungen.
119
schon die erste
Phase der akoluthen Empfindung
ganz kurzer und nicht sehr starker Reizung
S.
3
selbst
bei
4:^=150^200
Se-
Über das An- und Abklingen akustischer
Pflügers Archiv Bd. 25,
1(S81.
-
Die akoluthe Phase der Originalempfindungen.
künden dauert, also mehr
löOmal
als
so lang
ist.
125
man
Zieht
aber die weiteren Phasen der akoluthen Gesichtsemptindungen mit in Rechnung, so
um
übertriflFt ihre
Dauer jene
Sekunde
ein Mehrtausendfaches.
Wenn, wie wir sahen, auf dem Gebiet dungen die
Intensität einer akoluthen
Sekunde
V200
gelöste synchrone
abgenommen
ist
hat,
der Höremptin-
Empfindung
nach der Tonhöhe!
(je
Keizes nur soweit
so
1/200
in
1/27
nach Aufhören
bis
des
daß sich eine neu aus-
Empfindung gleichmäßig au
sie angliedert,
daß zum vollkommenen Abklingen der Empfin-
klar,
dung
ein außerordentlich Vielfaches dieser Zeit erforderlich
sein
muß,
ein
Hundert-
nur die erste
wir
oder
Zweihundertfaches,
wenn
Phase der akoluthen optischen Empfin-
dungen zur Vergleichung heranziehen und die eigentlichen Nachbilder
ganz
Eine
genauere
auf akustischem Gebiet
aus rein
unberücksichtigt
einwandfreie Messung
ist
technisch experimentellen
lassen.
Gründen bisher noch nicht geglückt.
Die Messungen von Mach, Exner, Alfred M, Mayer, Schäfer
und Abraham sowie diejenigen von Urbantschitsch
,
die sich
auf das beziehen, was letzterer Autor als »rasches Abklingen« bezeichnet, beschränken sich alle auf die Feststellung des Zeitabschnitts, in
welchem kein merklicher
akoluthen Empfindung
erfolgt.
Intensitätsabfall der
Ich will dies als die
haltung der Empfindungsintensität genauen Messung dieses
Zeitabschnitts
Niveau
bezeichnen. stellen
sich
Der keine
besonderen Hindernisse entgegen. Die einzigen mir bekannten Versuche, das klingen
zu
untersuchen,
rühren von Urbantschitsch her, der sowohl 1
V. Urbantschitsch,
Empfindungen.
ganze Aus-
und seine Dauer zu bestimmen, 1
ein langsames
Über das An- und Abklingen akustischer
Pflügers Archiv 25, 1881.
126
I^ie
Ausklingeu
Gehörseindrucks als
eines
»primäre akustische
Nachklang«) beschrieben hat
(»Nachhall,
Nachempfindung-« als
Originalempfinduügen.
auch versucht hat^, die dieser folgenden
>
sekundären aku-
stischen
Nachempfindungen« zu untersuchen, die von ihm
auch
»positive akustische Nachbilder« bezeichnet werden.
als
Die Dauer der primären akustischen Nachempfindung beschränkt sich nach Urbantschitsch
kunden, bis
erstreckt
sich
15 Sekunden, ja
hoher
Stimmgabelton
würde
sich also
jedoch
erst
nach
Urbantschitsch,
ständen auch
Sekunden ab«.
Auf
sie
—
dann nach
3,
Um-
unter
8 und mehr akustische Nachbilder.
Über
Wert macht Urbantschitsch folgende Angaben:
des objektiven Tones bis
vom Verschwinden
zum Abklingen des
letzten
Nach-
beträgt gewöhnlich eine Minute, zuweilen zwei Mi-
nuten, selten etwas darüber. bilder
folgen
von Pausen unterbrochen, 2
»Die Dauer der akustischen Nachbilder
bildes,
Dies
auf die erste Phase einer akoluthen aku-
6,
ihren zeitlichen
19
Se-
auf 10
klang ein
einer Versuchsperson
bei
1—2
in einzelnen Fällen
Empfindung beziehen.
stischen
»zuweilen auf
Die Dauer der einzelnen Nach-
schwankt zwischen dem rasch vorübergehenden Auf-
flackern
und einer
empfindung; hindurch.
selbst zwei
Minuten anhaltenden Nach-
meistens währt ein Nachbild 5
Ebenso
regellos ist auch die
— 10
Sekunden
Dauer der zwischen
den einzelneu Nachbildern eingeschalteten Ruhepausen«. Ich befinde mich diesen Angaben und überhaupt den einschlägigen Arbeiten von Urbantschitsch gegenüber in einer
eigentümlichen Lage.
Einerseits
bin
auch ich
fest
davon
überzeugt, daß das Abklingen der Gehörsempfindungen ganz
ähnlich wie das der Gesichtsempfindungen einen verhältnis1 V. Urbantschitsch, Zur Lehre von der Schallempfindung. Pflügers Archiv 24, 1881.
Die akülutlie Phase der Originalempfindiingen.
mäßig langen,
oder mehrere Sekunden dau-
vielleicht eine
Zeitraum
ernden
in
Anspruch
nimmt,
ist,
der
jedenfalls
ein
dem Zeitraum der Niveau-
außerordentlich Vielfaches von
haltung der Intensität
127
zwischen
der sich
^
27
— V200
Se-
kunde bewegt.
Auch
halte ich ein Oszillieren der akoluthen
ftndungen nach
dungen
Gehörsemp-
Art des Vorgangs bei den Gesichtsempfin-
für durchaus wahrscheinlich.
Möglicherweise
kommen
auch Phaenomene vor, die den optischen Nachbildern entsprechen.
Dennoch
ist
mir sehr zweifelhaft, ob dasjenige, oder
doch wenigstens das meiste desjenigen, was die Versuchspersonen Urbautschitschs angegeben haben,
als Manifestation der
abklingenden akoluthen Gehörsempfindungen anzuerkennen
ist.
Meiner Ansicht nach haben bei seinen Untersuchungen über die
»positiven
Bd. 24, 1881)
akustischen
und über
das
Nachbilder«
(Pflügers
Archiv
langsame
Ausklingen
seiner
»primären akustischen Nachempfiudungen« (Pflügers Archiv Bd. 25, 1881) keine genügenden Kautelen gegen das Hineinspielen
Wenigstens
der Suggestion bestanden.
kann man
den kurzen Andeutungen des Verfassers über die Versuchs-
anordnung nichts derartiges entnehmen, auch
findet
man
keine
sonstigen objektiven Anhaltspunkte, vor allem keine Auskunft
über eine Konstanz der Angaben jeder Versuchsperson bei
Aus den Mitteilungen von
Wiederkehr der objektiven Eeize.
Urbantschitsch scheint eher eine große Inkonstanz und ein be-
deutendes Schwanken sowohl zwischen den Angaben verschiedener Personen, als auch den Angaben derselben Person bei verschiedenen Prüfungen hervorzugehen.
Die meisten und aus-
gesprochensten Resultate wurden zudem bei Schwerhörigen, nicht
bei
Normalhörigen
Schwerhöriger, der
viel
erreicht.
mehr
als
Mir
scheint,
daß
ein
wir Normalhörigen gewohnt
128
I^ici
Originaleuipfiuduugen.
mit iusutt'izieuteu Höremptiudiiugeu
ist,
Deutuugeu zu verkuiipfeu und überhaupt zu
alleu mögliclieu
er höre
glauben,
zu arbeiten, sie mit
weniger, als für andere Menschen hörbar
daß ein solcher Mensch der Autosuggestion
ist,
ziehung
und
viel
zugänglicher sein
jedeutalls
\Yird,
als ein
in dieser
Be-
Normalhöriger,
zur Ermittelung dieser Feinheiten das denk-
bar ungeeignetste Objekt
Daß Urbantschitsch
ist.
selbst seine
Prüfungen auf das gcNvissenhafteste vorgenommen und berichtet hat.
davon bin ich vollkommen überzeugt.
Aber die
angewandte Methode erscheint mir nicht zuverlässig genug,
um
auf den durch sie gewonnenen Eesultaten weiterzubauen.
Und
dem schon erwähnten Mangel
zwar, abgesehen von
einer
schärferen Kontrolle der Beobachtungen durch Wiederholung bei derselben Versuchsperson
und vergleichende Übersichten
der Angaben, vor allem deshalb, weil selbst beobachten kann, äußerst
gänzliche Erlöschen
es,
schwer
wie Jeder an sich ist,
einer Gehörsempfindung
Bruchteilen von Sekunden
das
über
sich
innerhalb
hinreichend klar zu werden und
eine bestimmte Eegistrieruug ohne Willkür vorzunehmen.
Viel schärfer wird
man
sich über den
Moment des Auf-
tretens einer Gehörsemptindung klar und kann ihn strieren,
und mit
zuverlässige
nach eine
dieser Tatsache hat meiner Ansicht
Maßmethode zu rechnen.
regi-
Folgende Versuchs-
anordnuug verspricht, wenn ich nach den von mir bisher anProben urteilen
gestellten
darf,
brauchbare Resultate.
Die
Lautheit eines andauernden Tons oder Geräusches wird dal]
reguliert,
vollkommener
er bei
Stellung gerade noch läßt
man
Stille in einer
so
bestimmten
wahrgenommen werden kann.
Darauf
unter Andauern des ersten einen zweiten ganz ver-
schiedenartigen
erklingen,
Ton oder
ein Geräusch)
von solcher Stärke
daß er den ersten vollständig übertönt.
Nach
Die akoluthe Phase der Originalempfindungen.
kurzer Zeit
bricht
der zweite
Ton
ab,
129
während der
erste
weiter dauert und nach Aufhören des zweiten natürlich wieder
wahrgenommen werden kann. kurze
eine
neuten
Zwischenzeit
Wahrnehmung
kommt, und
registriert
Ich
finde
erforderlich
daß immer
nun,
zur
es
bis
ist,
er-
Tons
des
bisher
man
chronometrisch erstens die ob-
jektive Unterbrechung der
übertönten
ersten
Erzeugung des zweiten Tons und
zweitens das Wiederauftreten der ersten Tonempfindung, so
zwar nicht das
ergibt die Zeitdiflferenz
volle
Ausklingen jenes
zweiten Tons, aber doch die Zeit, während der die ausklin-
gende Empfindung stark genug war, die sehr schwache
erste
Durch Variieren der Versuche ließen
sich
übertönen.
zu
eventuelle
Zeitverluste
infolge
etwa notwendiger Verände-
rung der Akkommodation des Trommelfells überhaupt anzunehmen Einige
haben
die
daß
ergeben,
eine solche
ausschließen.
ist)
Vorversuche,
mir
(falls
ich
auch
Weise
dieser
in
bei
den
anstellte,
Gehörsempfin-
dungen eine akoluthe Phase von ungleich längerer Dauer vorhanden V200
ist,
keine
Gelegenheit,
forderlichen so
als die
Dauer der Niveauhaltung von
Sekunde ausmacht. diese
Leider bot
sich
^^27
bis
mir in München
einfachen Versuche
mit
den
er-
instrumentellen Hilfsmitteln durchzuführen, und
müssen zahlenmäßige Angaben unterbleiben,
derer Untersucher'
diese
für
bis ein an-
das Problem der sukzessiven
Assoziation nicht unwichtige Frage einer genauen Bearbeitung
unterzogen haben wird.
Ohne demnach augenblicklich schon auf Grund meiner 1 Ich selbst werde in absehbarer Zeit schwerlich zu dieser Untersuchung kommen. Ich würde mich aber freuen, wenn mit der oben beschriebenen Versuchsanordnung, vielleicht neben anderen noch besseren, ein Versuch gemacht werden würde. Semon, Mneiue. II. 9
130
I^ie
Oiiginalempfindungen.
eigenen Versuche zalilenmäßige Angaben zu machen, möchte
Erwägung
ich mit folgender
schließen:
Bei Gesichtsempfindungen haben wir berechnet, daß bei
Dauer der Niveauhaltung der
sehr kurzer Keizdauer die tensität
(ca.
V200
)
sich zur
Phase des Abklingens
(ca.
In-
Dauer der ersten oszillierenden verhält wie 1
2/4')
:
Da
150.
die
Niveauhaltung der Intensität akoluther Gehörsempfindungen eher länger dauert als die akoluther Gesichtsempfindungen, sind wir wohl berechtigt, bei erstereu ein mindestens ebenso
langes Abklingen der ersten akoluthen Phase anzunehmen,
wie bei
letzteren.
Daß auf
bildähnliche Phasen folgen,
diese Phase noch weitere nach-
sehr wahrscheinlich, wie denn
ist
auch gewisse Resultate, die Wolfe bei seinen auf exakten
Methoden beruhenden Untersuchungen über das Tongedächtnis
erhalten
^
sich
hat,
unter
gut
Vorraussetzung
eines
oszillierenden Charakters der akoluthen Gehörsempfindungen
erklären lassen, wie er selbst auf S. 24 seiner Schrift hervorhebt.
Über das völlige Ausklingen der akoluthen Tastempfin-
dungen
Auch
liegen, soviel mir bekannt, keine
hier ist bis jetzt nur die
bestimmt worden.
Intensität
rades
Grenze
die
Hautreizen
Mach 2 hat
des Zeitintervalls
(Finger)
Beobachtungen
bestimmt,
vor.
Dauer der Niveauhaltung der
bei
des Zahn-
mittels
zwischen welcher
sukzessiven
sich
die
suk-
zessiven Empfindungen zu einer kontinuierlichen verbinden,
und
gibt
Natürlich 1
sie ist
auf
weniger
auch hier die
als
^
^^^
Sekunde
E.
3.
Wundts
Bd., 1886.
Mach, Untersuchungen über den Zeitsinn des Ohres. Sitzungsd. Akad. d. Wissensch. Wien, 51. Bd.
bericht d. math.-natui'w. Klasse
IL Abt.
an.
Dauer der Niveauhaltung der
H. K. Wolfe, Untersuchungen über das Tongedächtnis:
Philosophische Studien, -
etwas
1865.
Intensität
Die akoluthe Phase der Originalempfindxxngen.
131
kürzer
Aus-
unvergleichlich
als
die
des
vollen
klingens.
Einwandfreie Feststellungen über die akoluthen Gescbmacks-
und Geruchsempfindungen haben und zwar aus
stellen lassen,
Man
sich bisher noch
rein technischen
nicht an-
Gründen
nicht.
kann eben nicht mit hinreichender Sicherheit die Mögdaß schmeckbare Stoffe zwischen den
lichkeit ausschalten,
Papillen der Zunge, Riechpartikelchen im Inhalt der Nasen-
und Nebenhöhlen zurückgehalten werden.
So sind wir ge-
man im gewöhnlichen Leben die akoluthen Empfindungen am leichtesten beobachten zu können glaubt, auf dem der chemischen Sinne, und wo die
rade auf den Gebieten, auf denen
Sprache
im Wort
sogar
deren Ausdruck
für
»Nachgeschmack«
eine solche
einen
beson-
Empfindung geschaffen
noch ohne einen zwingenden Nachweis. Natürlich
liegt
hat,
deshalb
kein Grund vor, hier eine andere Sachlage anzunehmen, als
dem Gebiet
auf
der
Gesichts-,
Gehörs- und Tastempfin-
dungen. In seinen ausgezeichneten Beiträgen zur physiologischen
Psychologie
des
Geschmackssinnes hat zwar Kiesow auch
über den »Nachgeschmack« eine Anzahl von Beobachtungen mitgeteilt \
und
ich zweifle nicht,
daß ihm bei diesen seinen
Untersuchungen zum großen Teil wirkliche akoluthe Empfindungen vorgelegen haben.
Ein eigentlicher Beweis dafür
und
bis nicht
eine einwandfreie Untersuchungsmethode ausgebildet
und mit
findet sich aber
ihrer
auch in seinen Mitteilungen
Hilfe genauere Feststellungen über
nicht,
die
Dauer dieser
akoluthen Empfindungen gemacht worden sind, wollen wir es 1
F.
Kiesow, Beiträge
schmackssinnes.
zui-
physiologischen Psychologie des GeStudien, 12. Bd., 1896, S. 275 bis
Wundts Philosoph.
278.
9*
I^ie
X32
Erwähnung des »Nachgeschmacks« bewen-
bei einer bloßen
den
Originalempfindungen.
lassen.
Ebenso wollen wir uns den Temperatur- und Schmerzempfindungen gegenüber verhalten, für die gleichfalls noch genauere Feststellungen der Dauer der akoluthen Empfin-
dungen
Teil auf technische
geringe
auf das
her dieser
Auf rapide
dungen,
zum
Schwierigkeiten,
auf
Gesichts-
Teil
anderen
allen
aber auch
man
bis-
Sinnesgebieten
mit
zurückzuführen,
Interesse
Frage
Ausnahme des gewandt
zum
Diese Lücken unserer Kenntnisse sind
fehlen.
das
und etwa noch des Gehörssinns zu-
hat.
eins
möchte ich
Niveauabfall
überhaupt
dieser letzteren
Aufnahme der
ist
der
am
Schluß
das verhältnismäßig
rasche Ausklingen
von größter Bedeutung für die ungestörte
sich stetig folgenden Sinneseindrücke
die unerläßliche Vorbedingung,
eine eben neu aufgetretene
ist
und
ist
daß auf jedem Sinnesgebiet
Empfindung durch
die akoluthen
Phasen ihrer Vorgängerinnen nicht gestört wird.
Dinge liegen,
Der
noch hinweisen.
der akoluthen Empfin-
Intensität
Wie
dafür gesorgt, daß die synchronen
die
Emp-
findungen fast immer auf das rascheste über die akoluthen
Phasen ihrer Vorgängerinnen die
Oberhand gewinnen.
So
werden wir unter gewöhnlichen Verhältnissen beim Sehen nicht durch die abklingenden vorangegangenen
oder durch die dies
Nachbilder gestört;
Empfindungen
ebensowenig geschieht
beim Hören oder auf anderen Empfiudungsgebieten.
Doch können unter besonderen Verhältnissen Nachbilder auch einmal störend eingreifen.
Daß
andrerseits die akoluthe Phase nicht allzu kurz ab-
geschnitten wird,
ist,
wie wir im folgenden Teil sehen wer-
den, von größter Bedeutung für die sukzessive
Verknüpfung
Die akoluthe Phase der Originalempfindungen.
unseres Engrammschatzes, also für das, als sukzessive Assoziation bezeichnet.
133
was man gewöhnlich
Somit sind sowohl der
rapide Niveauabfall der Intensität als auch die verhältnis-
mäßig lange Dauer des vollständigen Ausklingens der akoInthen Erregungen bzw. Empfindungen zwei Grundbedingungen
unseres Empfindungslebens auf seiner Entwicklung.
dem gegenwärtigen Stadium
Zweiter Teil Die mnemischen Empfindungen
Siebentes Kapitel.
Das Verschwinden der Origiualerregungen und das Zurückbleiben der Engramme. In
dem vorangegangenen
vorbereitenden Teil haben wir
die Eigenart der Originalempfindungen, ihren Ablauf in der
synchronen und akoluthen Phase sowie ihre gegenseitigen Beziehungen näher kennen gelernt. Wir sahen
sie in
chronen Phase anklingen und rasch das jeweilige ihrer Intensität erreichen,
um dann
in
Maximum
der akoluthen Phase als
man
abzuklingen.
Wir
nach anfänglich rapidem Intensitätsabfall langsamer, ohne nähere Untersuchung glauben
haben
Eine viel kürzere,
unterschieden.
Empfindung
sich
bar macht.
Und
sität
bereits
besonders
so
sollte,
akoluthen Abklingen
diesem
bei
in
der syn-
zwei Unterphasen die abklingende
der
noch ohne weiteres im Bewußtsein bemerkeine tief
günstiger
sehr viel längere, in der ihre Inten-
gesunken
daß es der Schaffung
ist,
Bedingungen
damit
bedarf,
sich
die
abklingende akoluthe Empfindung noch im Bewußtsein manifestieren kann.
Schafft
man nun
80 läßt sich eine
Phase
Andauer der Empfindung
bestenfr.lls
Reizes nachweisen. lichkeit auf,
solche besonders günstigen Bedingungen, in der akoluthen
noch einige Minuten nach Aufhören des Früher oder später aber hört diese Mög-
und die Empfindung
als
solche
ist
verschwun-
Die mneraischen Empfindungen.
138
Dabei
den.
ist
aber der ganze Vorgang,
der sich uns von
der Empfindungsseite her betrachtet als synchrone und akoluthe Phase der Originalempfindung manifestiert
nicht
hat,
spurlos vorübergegangen, sondern er hat eine bleibende Ver-
änderung zurückgelassen, die
wahrnehmbar
nicht
änderung
als
allerdings zunächst
ihrerseits
Ver-
Ich bezeichne diese latente
ist.
Engramm.
Das Vorhandensein des Engramms
»Mneme« ausführlich gezeigt worden
läßt sich,
wie
in
der
und wie die Ausfüh-
ist,
rungen der folgenden Kapitel des vorliegenden Buchs lehren werden, nur mittelbar, durch die veränderte Reaktionsfähigkeit des Organismus, d. h. als eine sition zur
genau bestimmte Dispo-
Erzeugung einer bestimmten mnemischen Erregung
Das Engramm
nachweisen.
ist
mithin ein Begriff, zu
dem
wir nicht, wie zur Empfindung, unmittelbar gelangen, sondern bei der Betrachtung dieser
Phänomene von dem Standpunkt
einer höchst verwickelten Synthese aus, die uns, wie in der
Einleitung S. 7 gezeigt,
Erregung führen.
zur Aufstellung
Empfindung nennen wir ihn
Wenn
fühlt.
der
oder mittelbar erals unmittelbar ge-
wir dann auf Grund verschiedenartiger spä-
Erfahrungen
terer
Begriffs
Erregung nennen wir den Vorgang von
seiner energetischen Seite her betrachtet schlossen.
des
zu
dem
Schlüsse
kommen, daß jener
Vorgang nach Vollendung seines Ablaufs Spuren hinterlassen so sind auch
hat,
denes, sich
diese Spuren
nichts unmittelbar
sondern etwas mittelbar Erschlossenes,
also
au
energetischen
die Betrachtungsweise des
sie
Empfunschließen
Vorgangs von der
oder Erregungsseite her an, und wir werden
dazu geführt, auch
sie selbst
von der energetischen Seite her
zu betrachten. Freilich sind wir vorläufig noch nicht in der Lage,
mehr
Verschwinden
d.
Origiualerregungen
Zurückbleiben
u.
d.
Engramme. 139
auszusagen, als daß die nach Ablauf des energetischen Vor-
gangs der Erregung zurückbleibende Veränderung
als eine
änderung der reizbaren »Substanz« aufzufassen
ist,
aber weiter ins molekulare
folgen, halte ich,
Staude
und verzichte
nungslos
in der
»Mneme« betont habe, Kenntnisse
unserer
mein Teil darauf,
für
Diese
Gebiet hinein zu ver-
hoff-
für
mich
mit
Aufgabe zu beschäftigen.
dieser
Es
große Anzahl
eine
gibt
Engramm nur
wieder
zurückläßt.
sich
auch wenn
dafür
sie sich
Wenn
aus diesem
hat,
Engramm dann
muemische Erregung zu ekphorieren
eine
durch
nicht
die
oberbewußte Empfindung manifestiert
durch eine
nicht
von Tatsachen,
daß jede Originalerregung,
sprechen,
die
wie ich schon
gegenwärtigen
beim
ein
also als
substantielle oder materielle Veränderung.
eine
letztere
Ver-
oberbewußte
eine
ist,
Empfindung zu
manifestieren
vermag, braucht uns der ganze Vorgang im
Rahmen
vorliegenden
der
des
Buchs,
auf
der
beschäftigen.
Denn weder im
licherweise im treten
gelaufene
Originalerregung
den jeder
leicht
eine
die
unbeachtet
ins liefert.
Das
gebliebenen,
was wohl schon jeder an
gleichwohl
an sich kon-
Oberbewußtsein
Oberbewußtsein getretenen Stundenschläge
—
ist
Engramm erzengen kann,
ein
langende muemische Empfindung sind
Wohl aber
auf.
daß eine ohne oberbewußte Empfindung ab-
welches bei seiner Ekphorie
hierfür
Studium nicht zu
Engramm, noch auch im mnemischen Ablauf
dann oberbewußte Empfindungen
statieren kann,
ist,
originalen Ablauf, noch natür-
hier auf den Fall hinzuweisen,
man
das
oberbewußten Empfindungen zugeschnitten
noch
einige
Zeit
also
nicht
ins
einer
Uhr,
die
sich ausprobiert hat
nachher,
ekphorieren und nachzuzählen vermag.
also
ge-
beste Beispiel
mnemisch,
— zu
140
31>ie
Daß
mnemischen Empfindungen.
sich liier nicht
es
etwa
um
akoluther Empfindungen handelt,
Nachzählen
ein bloßes
geht
dem Umstände
aus
Emvom
hervor, daß als akoluthe Empfindungen betrachtet, diese
pfindungen sich zunächst, solange die Reize fortdauern,
beim Hinzukommen jedes neuen Schlages
ersten Schlage an
höchstens verstärken könnten.
Ist
vom
die
ersten Schlage
herrührende akoluthe Empfindung beim Aufhören des, sagen
also ist
dann
stärkste akoluthe
die
Empfindungen
verschwindet.
neue
durch
vielleicht
Griockenschläge
hinzukommen,
auch intermittierend, abnehmen, bis
Aber ganz
gleich, ob dieses
oder intermittierend stattfindet, dieses
in
ganz
sie
Abklingen
Phänomen
Weise zur Deckung zu bringen mit der
Reproduktion
erloschen,
Empfindung vorhanden,
wenn keine weiteren Nachschübe neuer
so wird sie alsdann,
stetig,
und Reizes, noch nicht
Schlages
wir zwölften
ist in
stetig
keiner
Frage stehenden
der, sagen wir, 12 Schläge,
die
dabei
als
empfunden werden, und
solche von uns als gleichwertig
in
ihrem Rhythmus genau den Rhythmus der Originalempfindungen wiederholen.
Dies
sich hier unmöglich
vielmehr
bündiger Beweis dafür, daß es
ein
ist
um
akoluthe Empfindungen, ganz sicher
um mnemische
bewußte Empfindung ablaufende sukzession
Sukzession
geliefert
von
hat,
Wir haben
Empfindungen handelt.
ohne oberErregung eine Engramm-
hier also einen klaren Fall vor uns, in
aus
der
oberbewußten
dem
eine
sich eine
Empfindungen
entsprechende ekphorieren
läßt.
Doch auch das Umgekehrte kann Originalerreguug,
die
sich
durch
Hat eine
durch oberbewußte Empfindung
zu manifestieren vermag, ein eine
statthaben.
Engramm
erzeugt, aus
dem
sich
oberbewußte Empfindung manifestierbare mne-
mische Erregung ekphorieren
läßt,
so
kann, besonders bei
Verschwinden
d.
Originalerregungen
u.
Zurückbleiben
d.
Engramme. 141
Umstän-
häutiger Wiederholung des ganzen Prozesses unter
den aus dem
Eugramm
mnemische Erregung ekphoriert
eine
werden,
bei der die Manifestation durch oberbewußte
pfindung
fortfällt.
mühsam
unter
Dies
ist
stärkster
also unter vollbewußteu
zum
Em-
wenn wir
Beispiel der Fall,
Anspannung der Aufmerksamkeit
Empfindungen gelernte Fähigkeiten
schließlich unter völliger Ausschaltung des Oberbewußtseins
ausführen.
Man denke an
eine Frau,
gelernte Tätigkeit des Strickens ausfuhrt,
die die
während
bewußtsein vollkommen von anderen Dingen also jene Tätigkeit entschieden
vollbewußt
unterbewußt
ihr
erfüllt
Ober-
ist,
die
vollzieht.
Drücken wir den uns hier beschäftigenden Vorgang durch zwei Keihen aus, in denen jedes Glied der einen Eeihe dem gleichphasigen der anderen entspricht und es nur von einer
anderen Seite aus betrachtet
Originalerregung
a
—
—
darstellt, also:
Die mnemischen Empfindungen.
142
ohne Manifestation eines oberbewußten / entwickelt (unbewußte Reproduktion von bewußt Gelerntem). sondern nur
c/,
c
Diese scheinbaren Paradoxien finden ihre einfache Lösung
durch
Annahme, daß sowohl jede Originalerreg'ung
die
als
auch jede mnemische Erregung, auf ihre Empfindungsseite
wenn auch
hin betrachtet, eine Repräsentation besitzt,
Empfindungen So
darstellen. los
auch eine
sich nicht
immer
als voll-
diese
oder oberbewußte
besitzt in Fall 1 die Originalerregung a zweifel-
Repräsentation als
unterbewußte
allerdings
Originalempfindung a; in Fall 2 die mnemische Erregung
c
auch eine Repräsentation der allerdings unterbewußten mne-
mischen Empfindung
Daß auch
/.
die ohne oberbewußte Manifestationen vor sich
gehenden Abläufe, wie
vom Stande
sie
uns im zweiten Falle vorliegen,
der Aufmerksamkeit
abhängig sind, läßt sich
deutlich aus folgenden Tatsachen ersehen. die
Obwohl
Frau
eine
oberbewußte Empfindung des Strickens während einer
lebhaften Unterhaltung nicht
hat,
überhaupt
die Tätigkeit
des Strickens bei dieser Gelegenheit scheinbar gänzlich un-
bewußt ausübt, hört ihr
sie
doch sofort zu stricken
auf,
wenn
Bewußtsein von einer allzu faszinierenden Neuigkeit in
noch höherem Grade mit Beschlag belegt wird. unterbricht
unter
solchen
Umständen
der
Ebenso
Gehende
seine
Promenade, bleibt regungslos stehen, vergißt sogar für Augenblicke
zu
Es geschieht
atmen.
immer unter dem Einfluß Schreckens, sondern
oft
dies
durchaus
nicht
nur
eines eigentlichen Affekts wie des
genug bloß aus
alles
absorbierendem
Interesse.
Ich habe hier das Gebiet der unterbewußten Empfindungen, das
ich
für
ein
äußerst wichtiges und gründlicher Unter-
suchung dringend bedürfendes
halte,
nur
gestreift.
Freilich
Verschwinden ist
bis
d.
Originalerregungen
nicht zu verkennen, jetzt
stellen,
sind.
daß
u.
Zurückbleiben
d.
sich einer solchen
Engramme. 143
Untersuchung
noch außerordentliche Schwierigkeiten
und brauchbare Methoden
Wir
selbst
wollen
uns
im
erst
entgegen-
noch zu entwickeln
vorliegenden
Werk
vor-
wiegend nur mit solchen Fällen beschäftigen, bei denen bei der Ekphorie der
Engramme
Empfindungen zutage
treten,
deutlich oberbewußte
und uns
jetzt
mnemische
dem genaueren
Studium solcher Engramme und Engrammkomplexe zuwenden.
Achtes Kapitel. Das einzelne Engramm und der simultane Eugrammkomplex.
Im
vorigen Abschnitt
haben wir den Vorgang der En-
graphie so dargestellt, als hinterließe eine bestimmte einzelne
Originalerregung
(in
der Regel manifestiert durch eine Ori-
ginalempfindung) ein bestimmtes einzelnes Engramm, und aus
diesem
Engramm könne dann
stellung ist sie
zwar nicht
mnemische
eine entsprechende
Erregung bzw. Empfindung ekphoriert werden.
Diese Dar-
falsch, aber sie ist schematisiert,
und
bedarf gleich von vornherein einer Korrektur in Gestalt
einer Erweiterung.
Wir werden
sehen, daß durch diese Er-
weiterung unser Verständnis der mnemischen Phänomene
gesamt
erstaunlicher
in
Weise vereinfacht und
ins-
erleichtert
wird.
Wenn
wir im vorigen Abschnitt von der Reihe
empfindung
gangen
—
Engramm
sind, so
—
:
Original-
mnemische Empfindung, ausge-
werfen wir jetzt ein: Liegen uns denn in
unserem Empfindungsleben je einzelne, überall scharf abgrenzbare
Originalempfiudungen
Empfindungskomplexe
vor,
und für
nicht
vielmehr
simultane
deren Zerlegung in Einzel-
empfindungen kein elementares Kriterium gefunden werden kann, so daß eine solche Zerlegung in vieler Beziehung stets
Sache der Willkür und Konvention bleiben muß? Diese Frage haben wir bereits oben im zweiten Kapitel
Das einzelne Eugramm und der simultane Engrammkomplex. (S.
27
— 32) ausführlich untersucht,
dortigen Ausführungen sich tigen,
da ich
und
will.
Nur mein
dortiges
Weder
die Ein-
Schlußresultat bringe ich hier noch einmal: teilung
der Empfindungen
Modalität, noch
nach
die
den Leser, die
noch einmal zu vergegenwär-
wiederholen
sie nicht
ich bitte
145
nach ihrer Qualität oder
dem
selbst
ihrer Auslösung liefert
Ort
eine Handhabe, denGesamtempfindungsinhalt eines gegebenen
Augenblicks,
den Simultankomplex,
mente aufzulösen. dabei für das
Dies
erklärt
Bewußtsein
um
sich
ohne Willkür in Ele-
daß
daraus,
es
sich
zusammen-
eine von vornherein
hängende, wenngleich durchaus nicht homogene Einheit handelt,
die man, wie bei morphologischer Analyse den Körper
des Organismus, künstlich zerschneiden muß, mentarbestandteile, deren Definition stets
Sache der Willkür
stellt
Ton
—
von
setzt
—
Druck oder ebensolche Temperatur-
ist,
wie ich bereits oben an dem Tapetenmuster
was man
etwas,
fast
immer noch weiter
kleinere oder einfachere Elemente auflösen kann. leicht zeigen läßt, scheitert in
d. h.
der
einer Speise,
Geschmacks- und Geruchsempfindungen zusammen-
gezeigt habe,
such,
ein
mehrere Zentimeter Haut
empfindung, der sogenannte »Geschmack« sich aus
Empfindung dar-
beliebigem Durchmesser,
mit allen seinen Obertönen, ein
treffender schmerzhafter
dem naiven
sich
vielleicht als einfache
ein Farbenfleck
sie in Ele-
mehr oder weniger
Was
zu zerlegen.
ist,
Bewußtsein zunächst
um
jedem konkreten
Wie
in
sich
Fall der Ver-
einen simultanen Empfindungskomplex in natürliche, als solche
vom
unmittelbaren Bewußtsein wahrgenom-
mene und unterschiedene Elemente zu scheitert,
beweist
die
Empfindungskomplexes.
II.
und daß
er
Der simultane Empfindungskomplex
der Originalempfiudungen Semon,Mneme.
zerlegen,
primäre Einheitlichkeit eines solchen
stellt
demnach
insofern 10
eine Ein-
146
I^ie
vollständige Auflösung
seine
als
dar,
heit
mnemischen Empfindungen.
bestandteile irgendwelcher Art unmöglich
Wenn
uns
also
nicht
in
Elementar-
ist.
einfache, isolierte
Empfindungen
Abgrenzung im strengen Sinne unmög-
gegeben
sind, deren
lich
sondern nur die jeweiligen Simultankomplexe von
ist,
Originalempfindungen ihrer Totalität, so
(bzw.
können
mnemischen Empfindungen)
in
genommen, auch nicht
wir, streng
sagen, die Empfindung (bzw. die durch sie repräsentierte Er-
regung), die wir nicht abzugrenzen vermögen, wirke engraphisch, sondern müssen davon ausgehen, daß die gegebene Totalität, der
ganze simultane Erregungskomplex engraphisch
wirkt, eine latente Veränderung in Gestalt eines entsprechen-
den simultanen Engrammkomplexes zurückläßt.
Kurz gefaßt
daraus die folgende These, die ich als den
ergibt sich uns
ersten mnemischen Hauptsatz oder den Satz der Engra-
phie bezeichnen (in
will:
Alle gleichzeitigen Erregungen
unserem Falle manifestiert durch Empfindungen) inner-
halb
Organismus
eines
einen
bilden
zusammen-
hängenden simultanen Erregungskomplex, der als solcher engraphisch wirkt, d. h. einen zusammenhängenden und insofern ein Ganzes bildenden En-
grammkomplex zurückläßt. Man könnte gegen
die Richtigkeit
wenden, daß sich doch nur einem solchen
den originalen Empfin-
dungskomplex auch nur mit annähernder Vollständigkeit produzierte.
Darauf könnte
man
ein-
mnemischer Empfin-
ein
lasse, der
Satzes
Ausnahmefällen aus
in seltenen
Engrammkomplex
dungskomplex ekphorieren
dieses
re-
antworten, daß es aller-
dings fast immer nur Ausschnitte sind, die mnemisch zutage treten,
aber doch immer Ausschnitte,
Komplexe
darstellen, nicht
etwa
isolierte
die
ihrerseits
schon
Elemente. Die Frage,
Das einzelne Engramm und der simultane Engrammkomplex.
warum
147
mnemische Reproduktion eines Simultankomplexes
die
zugrunde liegenden Engramm-
trotz der Geschlossenheit des
komplexes eine so fragmentarische
ist
ist,
indessen von so
großer Bedeutung für das richtige Verständnis des ersten
mnemischen Hauptsatzes, daß diese Antwort nicht genügt.
Wir müssen
untersuchen,
lichkeit
Wenn
diese Frage hier vielmehr mit einiger Ausführ-
der
und formulieren
folgendermaßen:
sie
Simultankomplex der Originalempfindungen
zusammenhängendes Ganzes
bildet,
und
sich
ein
dasselbe auch
von dem nach seinem Verschwinden zurückbleibenden En-
grammkomplex beweisen
warum
läßt,
erscheint
der
bei
mnemischen Reproduktion nicht wieder der gesamte Simultankomplex
als
mnemischer Empfindungskomplex, sondern
nur zusammenhangslose Fragmente desselben?
Daß
Regel
letzteres die
spiele angefürt. isolierten
Wie
oft
ist,
dafür seien hier einige Bei-
kommt
zuweilen,
man könnte uns
totschlagen,
doch nicht zu sagen, zu welcher
und durch wen wir tion in
es vor,
daß wir uns eines
Faktums, Namens oder Datums erinnern. Wir sagen
eines
und wir vermöchten
Zeit, in
einer
Umgebung Reproduk-
ganzen simultanen Empfindungskomplexes kann
diesem Fall nicht die Rede sein; sie
nigstens, direkt unmöglich.
Zweitens ein
Reproduktion zwar nicht unmöglich unterbleibt.
welcher
Von
es gehört haben.
Wir
ist,
ist
dem
diese
aber in praxi
halten eine vorher vorbereitete
zitieren bei einer öffentlichen
we-
zunächst,
Fall, in
oft
Rede oder
Ansprache einen früher einmal
gehörten Ausspruch einer Autorität.
Sind wir bei dieser
produktiven Tätigkeit ganz bei der Sache, dann
re-
fällt alles
Beiwerk der die Engraphie begleitenden Umstände von uns ab,
und eine sauber herauspräparierte Kette von mnemischen
Einzelempfindungen
dirigiert
unsere
Leistung; 10*
von
einer
I^i^
2^48
mnemischen Empfindungen-
reproduzierten Kette der gesamten Simultankomplexe, die en-
graphisch gewirkt haben, kann wiederum keine Rede
Und
wiederholen wir einen schon
drittens,
sein.
gehaltenen
oft
Vortrag, zitieren wir ein allbekanntes, oftmals gehörtes Ge-
ohne
dicht,
dabei
unsere
Aufmerksamkeit besonders auf
diese gleichgültige Tätigkeit zu richten, so leicht
allerdings
allerlei
werden uns dabei
während
Erlebnisse
ligen wiederholten Engraphie einfallen.
der
Es sind
ehema-
dies
aber
dann doch immer nur zerstreute Ausschnitte, nie Ketten der vollständigen Simultankomplexe.
Wie
empfundener Ablauf auch möglich eine
vielleicht
sollte
sein,
deren oberbew^ußt
da an der Engraphie
zwanzigmalige Wiederholung
beteiligt
war,
bei der Reproduktion also zwanzig in vielen Teilen wesent-
verschiedene mnemische Simultankomplexe gleichzeitig
lich
ablaufen und oberbewußt empfunden werden müßten? letzteres nicht geschieht, ist
Die
in
Daß
jedenfalls sicher.
den eben gebrachten Beispielen ersichtliche Frag-
mentierung des Simultankomplexes bei der mnemischen Reproduktion ist nun das Werk folgender drei Momente, die sich an ihm mit wechselnden Anteilen ligen: Erstens die
in
der
die
betei-
gewöhnlich sehr beträchtliche Abblassung,
mnemischen Empfindungen verglichen mit den
Originalempfindungen
Zweitens
auftreten.
Macht der Aufmerksamkeit, der dungen ganz ebenso wie
die
die
isolierende
mnemischen Empfin-
die originalen unterliegen.
die eigentümlichen Bedingungen,
die
Drittens
durch die mnemische
Homophonie geschaffen werden. Die
Abblassung
glichen mit ihrer
kanntesten und
Man
der
mnemischen Empfindung,
originalen Vorgängerin,
am
leichtesten
ist
eins
ver-
der be-
nachweisbaren Phänomene.
pflegt bei der Unterscheidung
der beiden Klassen von
Das
einzelne
Engramm und
Empfindungen zu sagen,
der simultane Engrammkomplex.
149
muemischen Empfindungen hätten
die
etwas Blasses und Körperloses im Vergleich zu
nicht nur
den sozusagen derberen Originalempfiudungen, sondern seien zweitens auch lückenhaft
Merkmalen, und tiger.
Auf
die
drittens sie seien unbeständiger
wir später noch ausführlich zurück. ist
im gegenwärtigen Augenblick
deutung.
Vividität der
kann man
aufmerksam
Wir brauchen uns
also
Die Blässe, die geringe
mnemischen Empfindungen, verglichen mit der der sich jeden Augenblick vorführen,
einen Glegenstand, ansieht,
»vorstellt«, d.h. rein
zuerst auf
uns von keiner Be-
für
Die zweite Merkmalsgruppe aber läßt sich ohne
hier nur mit dieser zu beschäftigen.
originalen,
flüch-
kommen
Ihre Berücksichtigung
Zweifel restlos aus der ersten ableiten.
man
und
erwähnte Merkmalsgruppe
zuletzt
sie
und ärmer an unterscheidenden
dem
z.
B. die eigene
indem
Hand, einen Augenblick
dann die Augen schließt und
sie sich
nur
mnemisch empfindet. Oder einen Akkord
Klavier anschlägt und nach
dem Verklingen
mnemisch wiederholt. Zwar treten bei so angestellten Versuchen, wie wir nachher im zwölften Kapitel sehen werden, die beiden Arten von Empfindung durch eigentümliche Umstände der Orientierung
in
einen
übertrieben
scharfen
Gegensatz zu-
einander, und die Erfahrungen des Traumlebens, der
Hyp-
nose und Suggestion sowie vieler direkt pathologischer Zustände unter
belehren uns, vielen
daß
die
Verhältnissen
nehmen können.
Soviel
muemischen
»sinnliche
aber sicher und
ist
unsere augenblicklichen Zwecke,
teres,
sie
sozusagen
mehr Verschwimmendes.
genügt für
Bedingungen
sehr viel weniger lebhaft erscheint als ihre
Wir empfinden
an-
daß die mnemische Emp-
findung normalerweise unter gleichen
gängerin.
Empfindungen
Lebhaftigkeit«
Davon
als
stets
originale Vor-
etwas Entfern-
später mehr.
Hier
150
I^iß
muemischen Empfindungen.
wollen wir mir das Ergebnis dieser geringeren Vividität ins
Auge
fassen.
Zunächst haben wir zu berücksichtigen, daß auch von
einem Simultankomplex von Originalerregungen nicht jede
Emp-
offenbar vorhandene Erregung durch eine oberbewußte
findung zur Manifestation gelangt, sondern nur ein Teil derselben, der entweder besonders kräftig betont, oder auf
Aufmerksamkeit besonders gerichtet
die
Beispiel an
meinem Schreibtisch
ist.
Blicke ich
den
zum
sitzend geradeaus auf einen
Gegenstand vor mir, so nehme ich nicht nur diesen, son-
Umgebung wahr.
dern auch noch die Gegenstände in seiner
Gegenstände
aber,
die
mehr
45"
als
außen
nach
von
meiner Sehachse liegen, empfinde ich so lauge nicht oberbewußt,
nicht meine Aufmerksamkeit auf die Peri-
als ich
immer
pherie (natürlich unter
Tue
Sehachsen) richte.
gleicher Geradausstellung der
daß
ich das aber, so entdecke ich,
ich noch ganz leidliche Bilder von Gegenständen habe,
die
bis nahezu 90° nach außen (schläfenwärts) von meinen Seh-
achsen liegen. durch
sich
Die Erregungen der reizbaren Substanz, die
letztere
selbstverständlich
auf
Empfindungen
schon
da,
waren
manifestieren,
ehe ich
die
Aufmerksamkeit sich
aber
unter jenen Bedingungen noch nicht durch oberbewußte
Emp-
die
Peripherie
richtete;
manifestierten
sie
findungen.
Ferner aber kann die Empfindung eines peripheren Gegenstandes
über
die
Schwelle
des
Oberbewnßtseins
gehoben
werden, nicht durch Richtung der Aufmerksamkeit auf die Peripherie, sondern durch Verstärkung der Erregung infolge
Steigerung des Reizes.
So nehmen wir nicht die
von uns stehende Lampe wahr, so lange
Wird
sie
aber angezündet, so bildet
seitlich
sie
nicht brennt.
sie ceteris
paribus einen
Das einzelne Engramm und der simultane Engrammkomplex.
151
ausgesprochenen Teil unseres Bewußtseinsinhalts au optischen
Empünduugeu. Die
in
einem Simultankomplex vorhandenen
Wege
erregungen müssen also auf irgend einem
um
stimmte Vividität erreichen,
als Teile des
Dies
zu gelangen.
inhalts zur Manifestation
Originaleine
be-
Empfindungsgilt
nicht nur
für Originalerreguugeu, sondern für Erregungen überhaupt,
auch für die mnemischen Erregungen.
d. h.
Tritt also
ge-
setzmäßigerweise jeder Simultankomplex von Originalerre-
guugeu
iu
sehr verblaßter
Form
bei
mnemischer Erreguugskomplex wieder
der Reproduktion als auf,
so liegt es in der
Natur der Sache, daß von der Auslese lebhafter Erregungen, die sich ehemals durch Originalempfindungen manifestierten,
Auswahl der
eine sehr viel kleinere
wieder nur
allerleb-
haftesten durch mnemische Emptinduugeu zur Manifestation
Nur
gelangen.
durchbrechen
die
dann
Erhebungen des Komplexes
höchsten
uoch
die
Schwelle
und erscheinen uns dann
seins
seiusiuselu,
sich
des
Oberbewußt-
»assoziierte«
Bewußt-
etwa wie die Spitzen der höchsten Alpengipfel
als scheinbar
wenn
als
zusammenhangslose Inseln erscheinen würden,
das Niveau
der
benachbarten Meere
um 3000
Meter höbe.
Oder wählen wir einen anderen Vergleich. besitzen von einer photographischen
der
die
meisten
Feinheiten
des
Gesetzt, wir
Aufnahme einen Abzug,
Negativs
Schärfe wiedergibt. Wir wollen diesen mit
in
dem
genügender
Originalempfin-
dungskomplex vergleichen. Außerdem besitzen wir aber noch viel
mattere Abzüge,
Stellen überhaupt
bei
denen nur die kontrastreichsten
erkennbar hervortreten.
rieur-Personenaufnahme sehen wir dann zahl
von Gesichtern
z.
Bei einer InteB. nur
eine
An-
aus einem undefinierbaren Nebel auf-
152
I^ic
mnemischen Empfinduugeii. sonst noch
tauchen, vielleicht
und da eine Hand,
hier
besonders günstig aufgenommenes Gerät, ein
z.
B. einen Spiegel,
dunkelgerahmtes Bild an der Wand.
helles,
sammenhang des Ganzen
ist
ein
Ein Zu-
aber nicht zu erkennen, und die
auf dem Blatte vergesellschafteten Gesichter, Hände, Spiegel,
Ganz
Bilder erscheinen als zusammengewürfelte Fragmente.
ähnlich
präsentiert
simultanen
eines
uns
sich
mnemische Reproduktion
die
Empfindungskomplexes,
mit
dem
Unter-
daß dieser Komplex sich nicht nur aus Gesichts-
schiede,
empfindungen,
sondern
auch
aus
Gehörs-,
Ge-
Geruchs-,
schmacks-, Haut-, Organ- und Bewegungsempfinduugen mit
und ohne Gefühlsbetonung zusammensetzt.
Von
all
diesen
verschiedenen
erscheinen
Bestandteilen
mnemischen Reproduktion unter gewöhnlichen Ver-
bei der
hältnissen bestenfalls Bruchstücke der eindrucksvollsten
Kom-
ponenten wieder, und diese Bruchstücke nennen wir dann assoziiert.
Eine viel sinngemäßere Auffassung aber
nicht diese Bruchstücke
es,
für assoziiert,
ist
sondern
gemeinsame Bestandteile, als Höhenpunkte eines zusammenhängenden simultanen Empfindungskomplexes anzusehen. In der Tat gelingt es uns auch sie als
in
den meisten Fällen bei einiger Mühe und Beschäftigung
mit
dem Simultankomplex, aus dem Nebel, aus dem
assoziierten
heiten
herauszuerkennen,
und
Empfindungskomplex wenigstens ekphorieren
jene
Höhenpunkte emportauchen, noch manche Einzelschließlich in
seinen
den
ehemaligen
Grundzügen zu
i.
Trotz dieser Bedenken gegen den Ausdruck
»Assozia-
tion« werde ich mich desselben auch meinerseits weiterhin 1 In der Mneme (2. Aufl. S. 123) habe ich bereits diesen Tatbestand durch ein längeres Beispiel erläutert.
I
Das einzelne Eugranim uud der simultane Engrammkomplex.
153
bedienen, weil er zu eingebürgert und auch zu handlich als
daß
könnte, und weil er auch nicht so sehr mißverständlich
wenn man
ist,
mich leichthin zu einem Verzicht entschließen
ich
ihn
cum grano
salis,
d. h.
auf
ist,
dem Untergrund
der Erkenntnis gebraucht, daß in Wirklichkeit keine Ver-
knüpfung von
sondern der Zusammen-
isolierten Einzelheiten,
hang eines Ganzen,
die
Aufbewahrung und
teilweise allerdings
ungeheuer abgeblaßte Reproduktion eines im Grunde einheitlichen Simultankomplexes vorliegt.
Bewirkt schon die durchgehende Abschwächung der Vividität bei der
mnemischen Reproduktion im Vergleich zum
origi-
nalen simultanen Empfiudungskomplex, daß bei ersterer unter
gewöhnlichen Bedingungen nur die Gipfel der Empfindungen aller
verschiedenen Sinuessphären in das Oberbewußtsein hin-
einragen, so wird die hierdurch bedingte Lückenhaftigkeit der
mnemischen Wiedergabe des Simultankomplexes noch außerordentlich dadurch vermehrt, daß in der Regel die
Aufmerk-
samkeit nur auf einen jener Gipfel oder eine kleinere Gruppe
Es geschieht
derselben eingestellt wird.
der
minderen
Die
eingestellten
licher, ihre
der
Vividität
Gipfel
dies gerade
mnemischen
wegen
Empfindungen.
werden dadurch allerdings deut-
an sich gleichgestellten, aber momentan von der
Aufmerksamkeit vernachlässigten Genossen aber gleiten daGeschieht doch etwas
durch ins Unterbewußtsein zurück. Ähnliches, wie wir
(S.
150) sahen, schon beim Simultaukomplex
der
Originalempfindungen.
der
letzteren
Verschwinden auf
den
von
ist
aber
der
bringenden ihr
Bei
größeren Deutlichkeit
der
Effekt
dieser
Wirkung
der
negativen,
zum
Aufmerksamkeit
vernachlässigten Rest des
Simultankom-
plexes viel weniger auffällig als bei den mnemischen Empfin-
dungen.
Die mnemisehen Empfindungen.
154
Es
ist
also nur selbstverständlich, daß,
wenn wir unsere
ganze Aufmerksamkeit darauf richten, eine einmal gehörte Tonfolge
richtig
wiederzugeben,
kleine
Situation, in der wir sie hörten, die
Einzelheiten
der
im übrigen ganz wohl
in
unserem Gedächtnis haften und unter anderen Umständen ohne weiteres reproduziert werden können, in solchen Mo-
Es wirkt
menten ganz im Unterbewußtsein verschwinden.
dadurch die bloß auf gewisse Stellen des Simultankomplexes eingestellte
Aufmerksamkeit im Sinne der Loslösung, Dis-
soziation dieser Teile von dem Rest des im Grunde ein
zusammenhängendes
Ganzes
bildenden
stets
Simultankom-
plexes.
Als dritten Hinderungsgrund für die vollständige Reproduktion eines als ein einheitliches Ganzes deponierten En-
grammkomplexes hatten wir bezeichnet,
die bei
die eigentümlichen
Bedingungen
der mnemisehen Homophonie herrschen.
Wir kommen darauf
später noch ausführlicher zurück.
möge folgender Hinweis genügen: Ich habe dadurch
auswendig
gelernt,
daß
ich
es mir
Hier
ein
Gedicht
bei
zwanzig
Ich habe mir da-
verschiedenen Gelegenheiten laut vorlas.
durch zwanzig Engrammfolgen des Gedichts verschafft, die
homophon
einheit-
mnemischer Empfindungen manifest werden.
Diese
bei der Reproduktion als eine Sukzession licher
Empfindungen vermögen homophon zusammenzuklingen. übrigen Bestandteile
der
zwanzig Engrammkomplexe sind
aber unter sich so wesentlich verschieden ich früh,
Die
das andere Mal abends, einmal
Mal
in Gesellschaft anderer,
Mal
in
jenem Zimmer, das
—
einmal lernte
allein,
das andere
einmal in diesem, das andere
dritte
Mal im Garten
—
daß
sie
weder homophon zusammenklingen noch nebeneinander empfunden werden können.
Sie
können
sich nur gegenseitig
im
Das einzelne Engramm und der simultane Engrammkomplex.
Aufmerksamkeit auf das Gedicht
alle
man
So wird, auch wenn
Wettstreit unterdrücken^.
155 nicht
selbst richtet, bei der
Reproduktion höchstens ein Fetzen bald aus diesem, bald aus jenem der nicht homophonen Bestandteile der zwanzig
Engrammkomplexe neben den homophonen Elementen des Gedichts auftauchen.
Nachdem wir
hiermit die Gründe kennen gelernt haben,
warum der als ein Ganzes tane Engrammkomplex in
erzeugte und aufbewahrte simul-
Weise durch
so fragmentarischer
oberbewußte muemische Empfindungen zur Manifestation ge-
haben wir in bezug auf diesen Simultaukomplex noch
langt,
Bisher haben
Ergänzung zu machen.
eine äußerst wichtige
wir nämlich der Einfachheit halber immer nur angenommen,
Empfindungskomplex
ein simultaner
im
gegebenen
dungeu
jene
durch
die
wirkten
als
Originalempfin-
Zusammenhängendes
Anschauung
ist
führlich bewiesene Tatsache,
Erregungen
manifestierten
en graphisch,
die von uns
daß
er-
Das Fundament
zeugten den simultanen Engrammkomplex. dieser ganzen
aller
etwas Zusammenhängendes, und
Empfindungen
etwas
den Inbegriff
vorhandenen
Augenblick
dar, sei als solcher
stelle
(S.
27
— 32)
es nicht möglich
ist,
aus-
einen
simultanen Empfindungskomplex in natürliche Elemente aufzulösen.
Aber besteht denn ein solcher Empfindungskomplex
ausschließlich aus Originalempfindungen? für die ersten
wie Tiere) zu 2. 1
Auf
Dies
trifft
allein
Simultankomplexe der Neugeborenen (Menschen Ein Mensch,
der ein gewisses,
gar nicht
diesen Wettstreit wird erst im 18. Kapitel näher eingegangen
werden. 2
Auch
für diese nur,
wenn wir
die aus
ererbten
phorierten mnemischen Empfindungen ignorieren. wir,
Eugrammen
ek-
Letzteres aber wollen
wie ich schon im Vorwort ausgesprochen habe, in der vorliegenden
Arbeit tun.
Die mnemischen Empfindungen.
156
sehr fortgeschrittenes Alter erreicht hat, hat jedenfalls keinen
dem
simultanen Empfindungskomplex, in
Originalempfindungen
mnemische Empfindungen
in
den Simultankomplex anders
den
ekphorierte
diese
Verhalten sich nun diese
gesellten.
mnemischen Empfindungen
nicht zu
sich
durch
zahlreiche
bezug auf ihre Einordnung als
in
die Originalempfindungen,
lassen sie sich ohne willkürliche Zertrennung aus der
d. h.
Gesamtheit des Simultankomplexes herauslösen?
Daß von
mnemischen
einer sauberen Herauslösung der
Empfindungen aus dem Komplex der Originalempfindungen keine Rede sein kann, dafür möge das folgende Beispiel als
Beweis dienen.
Zeigen wir die untenstehende Figur irgend
einem Unbefangenen, so wird er ohne weiteres Besinnen in ihr die
Wiedergabe eines Würfels sehen.
Fordert
dem zwei Trapeze angeschrieben
zu sehen,
sind,
wird es
ihn
nämlich ein Qua-
auf, darin bloß eine planimetrische Figur,
drat,
man
fast
so
jedem, beson-
ders allen denen, die nicht in
geometrischer Arbeit ge-
übt sind, geradezu eine An-
strengung kosten, sich von der als
Auffassung
Körper
frei
der
Figur
machen
zu
und nur eine ebene Figur zu sehen.
metrische zu sehen, so
ist
Blickt
lich,
nachdem
ist,
die
weg und nach
man
Figur
es
schließ-
gelungen als
plani-
einiger Zeit wieder hin,
gewöhnlich zunächst das körperliche Bild wieder da.
Und zwar
geschieht
dies,
obwohl die Flächen der Figur
keine Spur von Schattierung zeigen, die auf den Flächen des
Das einzelne Engiamm und der simultane Engrammkomplex.
157
Bildes eines wirklichen Körpers nie ganz fehlt, und obwohl
auch ihre Konturen die Wirkungen der sogenannten Luftperspektive ganz vermissen lassen. ares Bild,
Trotzdem
also unser line-
ganz gleich ob wir es uniokular oder binokular be-
trachten, nur sehr
summarisch und unvollkommen mit dem Bilde,
das wir beim Anblick eines wirklichen Würfels haben, überein-
Übereinstimmung doch genügend groß, das En-
stimmt,
ist
gramm
des als Körper geseheneu Würfels zu ekphorieren und
die
dadurch die an sich durchaus in einer Ebene gesehene Original-
empfindung stark zu verändern i. Immerhin
ist
es in diesem,
und
wie wir später sehen werden, in zahlreichen anderen Fällen noch sehr wohl möglich, durch Einstellung der Aufmerksamkeit die
mnemische von der entsprechenden Originalempfindung zu nen. in
Es
gibt aber auch viele Fälle, in
denen dies nicht
tren-
gelingt,
denen eine Absonderung der zu den Originalempfindungen
hinzutretenden mnemischen Empfindungen, selbst bei stärkster
Anspannung der Aufmerksamkeit,
nicht möglich
ist.
Das regelmäßige Vorhandensein von mnemischen Empfindungen bzw. Erregungen in jedem Simultankomplex und ihr
inniger
Zusammenhang innerhalb
desselben
mit
den
1 Eine derartige innige Verbindung von originalen und mnemischen Empfindungen wird von Wundt (Grundz. d. phys. Psych. 3. Bd., 1903, S. 528) als >Assimilation« bezeichnet und folgendermaßen definiert: »Sie findet dann statt, wenn durch ein neu in das Bewußtsein eintretendes Gebilde frühere Elemente erneuert werden, so daß diese sich mit jenem zu einem einzigen simultanen Ganzen verbinden.« Als »Komplikation< bezeichnet Wundt (a. a. 0., S. 541) im Anschluß an Herbart derartige »Verbindungen der Vorstellungen und Gefühle disparater Sinnesgebiete*. Ob es notwendig oder aus praktischen Gründen geraten ist, diese engeren Verbindungen innerhalb der simultanen Empfindungskomplexe besonders zu unterscheiden und mit speziellen Bezeichnungen zu versehen, will ich hier nicht zu entscheiden versuchen. Bei unserer Untersuchung der mnemischen Grundphänomene bedürfen wir dieser Bezeichnungen jedenfalls nicht.
Die mnemischen Empfindungen.
158
Originalempfindungen
hat
aber
eine
für
Wirksamkeit
die
der Engraphie im Sinne unseres ersten mnemischen Haupt-
Dies lehrt uns die Erfahrung
satzes sehr große Bedeutung.
jedes Augenblicks.
Wer
beispielsweise auf S. 156 des vor-
liegenden Buchs einen Würfel gesehen hat und nicht eine planimetrische Figur, eines Würfels
der
erhalten,
hat
auch
damit
das
Engramm
nicht nur die originalen, son-
d. h.
dern auch die mnemischen Komponenten dieses Komplexes
haben engraphisch gewirkt und gelangen bei der Ekphorie mit zur Reproduktion; der Beschauer reproduziert auch in
der Erinnerung an jene Seite stets sofort wieder einen Würfel
und
nicht eine planimetrische Figur.
Weitere Beispiele von
noch zwingenderer Beweiskraft werden unten an verschiedenen Stellen beigebracht werden; ich verweise besonders auf den
S.
166 besprochenen
Fall.
Faktisch gruppieren sich bei jedem menschlichen Indivi-
duum
jenseits
um
der ersten Kinderjahre
fast
jeden Teil-
komplex von Originalempfindungen zahlreiche durch diese ekphorierte mnemische Empfindungen und wirken in dieser
Gruppierung engraphisch. Auf weitere wichtige Konsequenzen dieses Tatbestandes
haben.
An
werden wir unten noch näher einzugehen
der vorliegenden Stelle
handelt es sich für uns nur
um
unserer Untersuchung
die Feststellung, daß jeder
simultane Empfindungskomplex sowohl aus Originalempfindun-
gen
1
wie mnemischen Empfindungen besteht, die sich in einem
engen Zusammenhang untereinander befinden und auf diese
Weise
ein
Ganzes
bilden,
und daß dieses Ganze
von der energetischen Seite her betrachtet
als solches
—
— engraphisch wirkt.
Im Schlafe, bei tiefer Versunkenheit und in ähnlichen Zuständen können die Originalempfindungen sehr zurücktreten. Ganz bedeutungslos werden sie wahrseheinlich nie. 1
Neuntes Kapitel. Der individuell erworbene Engrammschatz.
Vom
individuell envorbeneu
Engrammschatz spreche
im Gegensatz zum ererbten Engrammschatz. teren
gehe ich
gramme
nicht
ein,
interessieren, aus
weil uns hier
Auf den
nur
solche
ich
letz-
En-
oberbewußte mnemische
denen
Empfindungen ekphoriert werden können, und weil es zum mindesten zweifelhaft
ist,
ob ererbte
Engramme
dungen mit der nötigen Klarheit zu
solche Empfin-
liefern imstande
sind.
Jedenfalls schalte ich diese Frage für die vorliegende Unter-
suchung aus und gedenke
Zusammenhang gründlich zu über
den
Mneme,
2. Aufl.,
Vom
S. 152, 276,
Zur
erörtern.
Engrammschatz
ererbten
einmal in anderem
später
sie
verweise
Beginn des individuellen Lebens
Ablauf von
auf die
281 usw.
schluß geht in der reizbaren Substanz unaufhörlicher
Orientierung ich
bis
zu seinem Ab-
des Individuums ein
verschiedenartigen
Erregungen
vor sich, von denen nur ein gewisser Bruchteil durch ober-
bewußte
Empfindungen
schwierige Frage,
Entwicklung
zur
Manifestation
auf welchem Stadium
des Menschen
Empfindungen reden
mau
Die
der individuellen
zuerst von
darf, braucht
gelangt.
oberbewußten
uns hier nicht zu beschäf-
tigen.
Die Erregungen spinnen sich im Leben des Indivi-
duums
in
der Art ab, wie auf
dem Spinnrocken
ein
Garn
Die mnemischen Empfindimgen.
160
gesponnen wird.
und
Komponente an
die eine Stelle,
Zwar hat jede Komponente
ihren Anfang
Ende, aber Auftreten und Verschwinden
ihr
an jener
andere
die
für
daß das Ganze zusammen eine vollkommene Kon-
so
Beim Hanf- oder Wollenfaden handelt
tinuität darstellt.
sich dabei
um
um
eine zeitliche.
die Möglichkeit einer Elementaranalyse des Ablaufs
Mneme
der Erregungen habe ich mich bereits in der
(2. Aufl.,
folgendermaßen ausgesprochen: »Wir haben die Zu-
S. 130)
sammenordnung der simultanen Erregungs- und, an schließend, der
Engrammkomplexe
und einsinnige bezeichnet. die
bereits
dem Ausdruck
In
daß
es
dem Phänomen
um
ist
eine
in
unserem
selbst liegen, voll-
Dies wird sofort klar, wenn wir der Teilungs-
zogen haben.
größe gegenüber Stellung zu nehmen suchen. simultanen Erregungen sprechen, gleicher Zeit vorhanden sind,
Wie lange
Frage:
stetig'
wahrnehmen
deren Teilung wir also nur aus Gründen, die in
,
sich
die in sich keine Teilung
Denkvermögen, nicht
an-
sie
als eine stetige, einreihige
Erkenntnis ausgedrückt,
Kontinuität handelt, läßt,
es
eine räumliche Kontinuität, bei der Folge der
Erregungskomplexe
Über
dieser,
erfolgt für
dauert
so
solch
also
kann eine
Wenn
wir von
Erregungen, die zu die
Antwort auf die
Gleichzeitigkeit? bei
der ungeheuren Anzahl der in jedem Augenblick auf den
Organismus wirkenden Einflüsse, deren jeder zu eigner Zeit beginnt und endet, nur lauten: unendlich kurz.
Da nun jeder
Erregungs Vorgang der organischen Substanz, auch der kürzeste,
eine
meßbare Zeitdauer
lich klein ist, in
so
ist
bei der
besitzt,
also niemals
unserem Falle unendlich kurzer Zeiträume
gisches,
von außen
prinzip
angewendet«.
unend-
Aneinanderreihung simultaner, ein
rein
lo-
Dinge hineingetragenes Teilungs-
in die
Um
Mißverständnisse zu vermeiden.
Der
individuell erworbene Engrammschatz.
161
möchte ich dem noch hinzufügen, daß der Begriff des Simultankomplexes zwar hinsichtlich
und
seine Vorgänger
willkürlichen
seine Nachfolger
Trennung
Simultaukomplex,
in
Abgrenzung gegen
seiner
ist,
das
Produkt einer
daß aber der so herausgetrennte
seinem Zeitinfinitesimal selbst betrachtet,
eine natürliche Einheit darstellt.
Die Reihe der simultanen Erregungs- bzw. Empfindungs-
komplexe heißt,
sich uns
stellt
als ein zeitlicher
wenn Simultankomplex
o
da
ist,
ist
Ablauf dar, das
Simultankomplex n
und p noch nicht eingetreten. Die simultanen Erregungskomplexe lassen nun, wie wir gesehen haben, bereits vorüber
Engrammkomplexe komplexen
zurück, aus denen den früheren Erregungs-
mnemische
entsprechende
jederzeit ekphoriert werden können.
Erregungskomplexe
Die von den Erregungs-
komplexen zurückgelassenen Engrammkomplexe also
im Gegensatz zu der
Erzeuger
etwas
als
sich zeitlich ablösenden Eeihe ihrer
Dauerndes dar; während die
zeitlich
simultanen Erregungskomplexe n, o,
p
zeitlich
lösen, sind die entsprechenden simultanen j',
o, TT
gleichzeitig simultane
einander ab-
Engrammkomplexe
gleichzeitig vorhanden, das heißt, ich
Engrammschatz
stellen sich
kann aus meinem
Engrammkomplexe ek-
phorieren, die zu ganz verschiedenen Zeiten entstanden sind.
mache
Ich
tanen
also darauf aufmerksam,
Erregungskomplex
unter einem simultanen
Entstandenes lich,
etwas
da
zu verstehen
schweigend
sie
—
von jedem
mnemisch
Von Anbeginn des
simultan
Bestehendes,
Engrammkomplex aber etwas simultan ist.
diese Unterscheidung in
nehmen,
daß unter einem simul-
—
die
Es wäre aber zu umständTerminologie mit aufzu-
verständnisvollen
Leser
still-
gemacht werden wird.
individuellen Lebens läßt jeder simul-
tane Erregungskomplex eine dauernde Veränderung zurück, Semo n, Mneme.
II.
11
Die innemischen Empfindungen.
162
eine
Auf
derung
in
latente
die Frage,
ob und inwieweit sich diese Verän-
gewissen Abschnitten der reizbaren Substanz des
Individuums
Mneme
zeigt,
lokalisiert
bin
näher eingegangen und zu
für die individuell
im
ich
dem
5.
Kapitel
der
Eesultat gelangt, daß
erworbenen Engramme eine gewisse zwar
graduelle
aber
nicht exklusive, ist.
ist
Veränderung der organischen Sub-
dauernde
stanz.
Das Engramm
Engrammkomplex.
den entsprechenden
Lokalisation anzunehmen
Hierauf gehe ich hier nicht weiter
In einer spä-
ein.
teren Fortsetzung unserer Untersuchungen werde ich ausführ-
zurückkommen.
licher darauf
Jeder
Augenblick
des
individuellen
fügt dem Engrammkom-
Daseins
schon vorhandenen Bestand von simultanen plexen einen neuen Bestandteil hinzu.
Unser individuell erworbener Engrammschatz
steht
uns
seiner Entstehung entsprechend funktionell jederzeit in chro-
nologischer
Schichtung zur Verfügung.
Dies
ist
eine not-
wendige Folge des Umstandes, daß jeder simultane Engramm-
komplex dauernd am innigsten mit seinem unmittelbaren Vorgänger und Nachfolger verbunden zu erklären
ist,
suchen haben.
Wie
dieses Verhalten
werden wir unten noch genauer zu unterHier fassen wir nur das fertige Eesultat ins
Auge, das sich uns
in einer chronologischen
individuell erworbenen
diese Art der
ist.
Engrammschatzes
Anordnung
tritt
bei
Schichtung des
darstellt.
Das
der Manifestation
heißt,
dieses
Engrammschatzes durch mnemische Erregungen bzw. Empfin-
dungen zutage.
Es
ist
damit nicht etwa gesagt,
daß die
Veränderungen der organischen Substanz, die wir notgedrungen in irgend einer uns freilich
ganz unbekannten Form
morphologischen Substrate der Engramme und plexe ansehen
müssen,
nun
ihrerseits
in
als die
Engrammkom-
einer
morpho-
Der
individuell
erworbene Engrammschatz.
logischen Schichtung deponiert noch völlig unwissend über
zeit
gische Beschaffenheit der in
sind.
die
Denn
163
wir sind zur-
speziellere
morpholo-
der organischen Substanz zu-
rückgebliebenen Veränderung, die wir »Engramm« nennen.
Ebensowenig aber sind wir natürlich über
zweier
gegenseitigen
die
sukzessiver
bis jetzt imstande,
etwas
morphologischen Beziehungen
Engrammkomplexe auszusagen, obwohl
wir sehr wohl in der Lage sind, eine solche Aussage in betreff ihrer
rische
funktionellen Beziehungen, das
Wirkung
Engramms auf Kurz und
gut,
tung der
heißt die ekpho-
zur mnemischen Erregung aktivierten
eines
zu machen.
seine verschiedenen Nachfolger
wenn wir von
Schichsimultanen Engrammkomplexe des in-
einzelnen
einer chronologischen
dividuellen Engrammschatzes sprechen,
so
dieses
ist
Wort
bildlich zu verstehen und darf nicht etwa wörtlich auf die
Anordnung
räumliche
wiederhole
der innerhalb
des
Organismus auf-
Engramme bezogen werden, über
gespeicherten
noch durchaus unwissend
es,
die wir, ich
sind.
Innerhalb jedes einzelnen simultanen Engrammkomplexes
ergeben sich die einzelnen Komponenten
Anordnung, die komplexes,
gewesen
ist.
für ihre
Wir haben
findungen ausführlich
genau derselben
Erzeuger innerhalb des Empfindungs-
engraphisch
der
in
gewirkt hat, charakteristisch
bei Gelegenheit der Originalemp-
über diese Anordnung der Original-
empfindungen zu einem Nebeneinander gesprochen
Im Kapitel über
die ekphorische Wertigkeit der
(S.
34
— 46).
Komponenten
werden wir andrerseits noch genauer auf gewisse Beziehungen der
Komponenten
in
einzelnen Komplexes
den Simultankomplexen innerhalb jedes
und
iü
der Schichtenfolge einzugehen
haben.
Es
bleibt
uns jetzt noch übrig, auf eine höchst wichtige 11*
164
l^ie
mnemischen Empfindungen.
und charakteristische Eigentümlichkeit des individuellen Engrammschatzes und der ihn aufbauenden Simultankomplexe
zurückzukommen.
Der Einfachheit wegen haben wir
in
den vorangegangenen
Erörterungen gewöhnlich die Sache so dargestellt, daß der simultane Erreguugs- bzw. Empfindungskomplex, den wir als
Erzeuger des entsprechenden simultanen Engrammkomplexes zu betrachten haben, in erster Linie aus Originalerregungen
Dies war
bzw. -Empfindungen besteht.
aber eine willkür-
Jeder simultane Erregungskomplex ent-
liche Vereinfachung.
hält außer zahlreichen Originalerregungen aller Art auch noch
zahlreiche
sehr
mnemische Erregungen, und diese bilden
genau ebenso einen an sich aufs neue engraphisch wirkenden Bestandteil des betreffenden simultanen Erregungskomplexes, wie die durch Originalreiz neu ausgelösten Erregungen.
Zu jedem präsenten simultanen Erregungskomplex gehören also,
abgesehen von den zurzeit gerade vorhandenen, durch die
energetische Situation auf
Grund der
Originalerregungen auch noch
mischen Erregungen
als
Originalreize bedingten
alle zurzeit ekphorierten
mne-
engraphisch wirkende Faktoren. Wie
bereits oben hervorgehoben,
ist
schon innerhalb des simultanen
Erregungs- bzw. Empfindungskomplexes eine saubere Tren-
nung von originalen und mnemischen Komponenten ebensowenig möglich wie der originalen Komponenten unter
Der Simultankomplex
Komponenten dieser
ein
bildet
demnach
in
sich.
bezug auf alle seine
zusammenhängendes Ganzes und wirkt
Weise auch engraphisch.
aus den uns schon bekannten
Wenn dann
Gründen nur
Gipfel wieder auftauchen, erscheinen
Einzelkomponenten
»assoziiert«.
bei der die
in
Ekphorie höchsten
mnemische und originale
Natürlich beruht auch diese
Assoziation im Grunde nur auf der einheitlichen Beschaffen-
Der
jedes
heit
individuell erworbene Engrammschatz.
simultanen
Erregungs-
165
Empfindungskom-
bzw.
plexes.
Da
aber die mnemisclien Komponenten eines simultanen
Erregungs- bzw. Empfindungskomplexes aus allen bis dahin
vorhandenen Schichten
des
entnommen und unter
sich
Engrammschatzes
individuellen
sowie mit den gerade vorhan-
denen Originalempfindungen kombiniert werden können, habe ich als
diese Erscheinung in der
Mneme
(2.
Aufl.,
S.
148, 357)
kombinatorische Assoziation bezeichnet. Diese Bezeichnung
illustriert
zwar die uns hier beschäf-
tigende Erscheinung ganz gut, hat aber den Übelstand im Gefolge, gewisse Einteilungsschwierigkeiten zu schaffen.
Aus
diesem Grunde verzichte ich lieber ganz auf eine prägnante
Bezeichnung der Erscheinung und werde von ihr von jetzt an unter dem etwas schwerfälligeren Titel:
Assoziation
von Komponenten verschiedener Engrammschichten reden.
an einigen Beispielen erläutern, wie Kom-
Ich will nun
ponenten älterer Engrammschichten
werden können
oder,
in
was dasselbe
jüngere hinein verwoben
ist,
wie durch simultane
Ekphorie Engramme, deren bedingende Originalerregungen zu ganz verschiedenen Zeiten wirksam gewesen sind, nachträglich assoziiert
werden können. und
Ich trete in das Lesezimmer eines Hotels
schon in
aller
Frühe ebenso wie gestern die neueste
derjenigen Zeitung verschwunden stück lese.
Wahrscheinlich hat
Phlegmatiker
mit Beschlag
ist,
sie
die ich gern
der
stundenlang nicht aus den Händen
ließ.
plötzlich das Bild eines anderen,
auf,
daß
Nummer
beim Früh-
wieder jener gemütliche
belegt,
tigers
finde,
sie
gestern
Dabei
steigt
früh
mir
ebenso kaltblütigen Zeitungs-
der mich vor zehn Jahren bei
meinem
letzten
Die mnemischen Empfindungen.
X66
Aufenthalt in der Schweiz geärgert hat. dieser groß, jener ein
Ich wünsche,
Baier.
pfiffiger
sie
Jener war klein,
Sachse, dieser ein biederer
wären einmal zusammen
in
einem
Gasthaus, dann könnten sie sich mit gleichen Waffen gegenseitig
In wenigen
zerfleischen.
Sekunden geht das Ganze
durch meinen Kopf, und gleich darauf wird mein Empfindungs-
Aber von
lehen durch ganz andere Eindrücke beeinflußt.
Engramme
Stund' an sind die
von
dieser beiden Personen,
denen das eine einer heutigen, das andere einer vor zehn Jahren niedergelegten Engrammschicht angehört, genau ebenso vollständig assoziiert, als hätte ich beide Personen leibhaftig
beisammen gesehen, in
als hätten
demselben Simultankomplex
Engramme sowohl Komponenten Element in
den
Da
unseres
Mit einem Worte
:
Die
der originalen als auch der mnemischen
dieses simultanen
sich assoziiert.
ihre Bilder als Originalreize
figuriert.
Empfindungskomplexes zeigen
durch simultane Ekphorie jedes beliebige
gesamten
jeweiligen
individuellen
Engrammschatzes
Empfindungskomplex
hineingenommen
werden kacn, kann jedes beliebige Element unseres
indivi-
duellen Engrammschatzes nachträglich jederzeit mit
jedem
Im Grunde beruht
anderen assoziiert werden. ziation auf nichts
anderem
als
auf simultaner
diese Asso-
Ekphorie
von Engrammen, die zu neuen Engrammkombinationen In dieser Eigentümlichkeit aber wurzeln stungen, deren die Organismen auf findungslebens, sind.
Freilich
dem sogenannten haben außer
den
führt.
die höchsten Lei-
dem Gebiete »geistigen«
Menschen
ihres
Emp-
Gebiet, fähig
von
anderen
Organismen nur wenige besonders hochentwickelte Tiere an diesem Vermögen merklichen Anteil, und auch diese nur in sehr beschränktem Maße.
daß
es
schon
einer
Dies beruht auf
dem Umstände,
hochentwickelten Organisation bedarf.
Der individuell erworbene Engrammschatz.
um Engramme
verschiedener
Schichten
des
167
individuellen
Engrammschatzes simultan zu ekphorieren und dadurch zu neuen Kombinationen zu vereinigen.
Es
ist
heit zu finden,
zuführen.
dies in
Woran
der
hier nicht
darauf ausfuhrlicher einzugehen. Doch hoffe
Ort,
ich,
Gelegen-
anderem Zusammenhange näher ausnur festhalten wollen, das
v^ir hier
die
ist
daß der hochentwickelte Mensch imstande ist, durch simultane Ekphorie von Engrammen verschiedener Engrammschichten jedes Element seines individuellen Engrammschatzes mit jedem anderen neu zu assoziieren, somit unzählige neue Engrammkombinationen zu bilden. An dieser Stelle haben wir noch etwas zu verweilen und wollen uns die Frage vorlegen: Wie ordnen sich NeukombiTatsache,
um
nationen in den individuellen Engrammschatz ein, oder,
nur auf diesem verwickelten Gebiet den allereinfachsten Fall
Auge zu
ins
den Schlüssel
der aber auch für viel kompliziertere
fassen,
Was
liefert:
wenn
geschieht,
mne-
dieselbe
mische Empfindung durch wiederholte Ekphorie zur Komponente verschiedener Simultankomplexe gemacht wird?
Wir nehmen an,
die Originalempfindung
Komponente des Komplexes als
Engramm
c (engr)
,
d (engr)
mit
b
(or)
ihren
drei
Komponente nun andere spätere
als
d
sei
eine
/"(or)
und
(or)
e (or)
Mitkomponenten h
f (engr) natürlich simultan
e (engr)
Engramms
dreimalige spätere Ekphorie des diese
c (or)
assoziert.
:
zweitens:
mnemische Empfindung noch
simultane
Empfindungskomplexe
drittens
:
i (or)
k
(or)
cl
(or)
r
(or)
d (mn)
iv (or)
x
(or)
d (mn) y
q
Durch
d (engr) gelangt
zwar: erstens
(engr),
(mn)
l
(or)
s (or) (or)
m
(or),
t
(or),
x
(or).
,
in
und
Die mnemischen Empfindungen.
168
Engramm d
Als Resultat ergibt sich, daß alsdann das in
Engrammschatz
unserem individuellen
verschiedenen Simultankomplexen als Komponente
Komplex
F
b (engr)
K
^
(engr)
k (engr)
P
q (engr)
r (engr)
x
d
w
(engr)
c (engr)
(engr)
d
(engr)
in folgenden vier
ganz
figuriert:
(engr)
e
(engr)
f
d
(engr)
l
(engr)
w (engr),
d
(engr)
s (engr)
(engr)
?y
(engr)
t
(engr),
(engr),
x (engr).
In Worten ausgedrückt und an einem Beispiel erläutert: Die
Originalempfindung
die an sich ja
sei
Komponenten bestehende Empfindung mir einmal gesehenen Frucht.
vember
in
vielen
einer auffallenden, von
Bei Torbole sah ich im No-
einem Garten einige entblätterte Bäume, die schein-
mit großen, rötlichgelben Blüten
bar
wiederum aus
näherem Hinsehen erwiesen
sich
diese
bedeckt waren. Blüten als
Bei
Früchte,
und der Gärtner, der mir eine zu näherer Betrachtung pflückte
und mitgab, bezeichnete den Baum sischen
als
den japanisch-chine-
Kakibaum (DiospyrosKaki). Der damalige simultane
Empfindungskomplex
liefert
unseren
Engrammkomplex F.
Nach Jahren unter ganz anderen Verhältnissen kehrt das Bild jener Frucht mir wieder lebhaft ins Bewußtsein zurück, als
einer Gesellschaft
in
die
Rede auf
die
zweckmäßigste
Farbe der Uniformen kommt und »Khaki-Farbe«
Farbe
muß
für tropische
viel
Uniformen bezeichnet wird.
weniger leuchtend sein
als
die
als beste
»Diese Farbe
der Früchte von
Diospyros Kaki« denke ich und sehe für einen Augenblick Garten,
Bäume und Früchte von Torbole
Wieder
viel später
vor mir.
auf einem Bahnhof höre
ich,
daß
Schalter ein Reisender einBillet nach Nago-Torbole verlangt. ist
am Es
gerade wieder November, und ich denke, ob den Reisenden
wohl auch
ein Zufall in
jenen Garten und zu jenen sonder-
Der
baren
Bäumen
Engramm schätz.
169
mit ihren falschen Blüten führen wird?
muß
endlich
individuell erworbene
Zuletzt
wieder an jene Frucht denken,
ich
als
mir
der Kellner in einem Gasthof eine Schüssel mit PhantasiefrUchten aus Eis präsentiert, von denen eine ihr nach Farbe,
Oröße und Form täuschend
gleicht.
Engramme von
Ich besitze jetzt vier gesonderte
dieser
Frucht, jedes vollständig dadurch determiniert, daß es einem
ganz anderen Komplex meines individuellen Engrammschatzes angehört und mit diesem selbstverständlich auf das engste verflochten
Was
ist.
und abgehend
Arbeitszimmer auf-
wenn
geschieht nun,
wiederum ekphoriere?
ich
das Bild
meinem
in
Frucht
jener
Ich erhalte ein in meinem Bewußt-
sein einheitliches Bild, aber
daneben habe
ich,
allerdings in
meist viel schwächerer und sehr wechselnder Lebhaftigkeit
mnemische Empfindungen bald jenes Gartens, bald der Abendgesellschaft, des Bahnhofs, endlich der Gasthof-Table d'hote.
Diese letzteren Empfindungen können äußerst schattenhaft sein, bald kann diese,
bald jene vorherrschen, zuweilen können
Nur dann wird
auch teilweise kombinieren.
sie sich
es mir
aber gelingen, das Bild der Frucht ganz von ihnen zu befreien,
wenn
stelle.
ich
Jeder
meine Aufmerksamkeit
Engrammkomplex,
Frucht angehört,
ist
dem
allein
das
auf diese ein-
Engramm
eben eine unlösbare Einheit,
der
in der bei
der Ekphorie zur mnemischen Empfindung wohl ein besonderer Teil stark betont,
können,
die
alle
aber
übrigen stark abgeschwächt werden
doch immer
ein
Ganzes
bleibt
wie
ein
Gemälde, an dem ich eine Stelle scharf beleuchte, während das übrige im Dunkel mehr oder weniger verschwimmt.
Um
zu unserer ersten Buchstabenfassung des Problems
zurückzukehren,
d
(engr) in
ergibt
die
Ekphorie
des Fruchtengramms
den Engrammkomplexeu F, K, P,
ü
das gleich-
170
I^Je
zeitige
folgender
Auftreten
komplexe
mnemischen Empfindungen.
mnemischer Empfindungs-
vier
:
d
(mn)
d d
(mn)
l
(mn)
w
(mn)
(mn)
(mn)
s
(mn)
^
(mn)
x (mn)
d
(mn)
2/
(oin)
::t
(mn)
F:
b (mn)
c (mn)
K:
i
(mn)
k (mn)
P: 5 (mn) TJ:
IV
[mn)
r
fmn)
e
f (mn)
Hierbei treten bei entsprechender Richtung der Aufmerk-
samkeit in jedem der mnemischen Empfindungskomplexe übrigen Komponenten
Absolut
stark zurück.
plex
F
tigen,
gegen
am
die
alle
Komponente d (mn) sehr
kräftigsten
tritt
sie in
dem Kom-
weil sie dort die Manifestation eines sehr kräf-
auf,
durch
Originalreiz
Schema
obenstehendem
geschaffenen
ist
dies
alles
Engramms durch
ist.
In
Verwendung
verschieden starker Typen augedeutet worden.
Wenn nun
Wirklichkeit nicht das
in
ekphoriert wird, sondern jeder der vier
F^ K, P,
U als in
Engramm d
allein
Engrammkomplexe
sich allerdings verschieden betontes Ganzes,
so ergibt sich daraus,
daß
in
diesem neuen Empfindungskom-
plex die mnemische Empfindung d [mn] nicht einmal, sondern
viermal vorhanden
dungen
in
ist.
Allerdings
kommen
diese 4 Empfin-
unserem Bewußtsein nicht getrennt, sondern
eine einheitliche
als
Empfindung zur Geltung, und aus diesem
Grunde könnte man zunächst
die Behaiiptung des 4 maligen
Vorhandenseins der mnemischen Empfindung d (mn) als sinnlose
Spitzfindigkeit von der
Hand
weisen.
Im
Kapitel, das
über die Homophonie der Originalempfindungeu handelt, haben
wir aber bereits etwas Analoges kennen gelernt und unten folgenden
Kapitel über die
werden wir Gelegenheit haben,
in
dem
mnemische Homophonie
die Richtigkeit unserer
De-
duktion durch zahlreiche Tatsachen auf einem noch umfassen-
Der
individuell
erworbene Engrammschatz.
Dann werden wir auch erkennen,
deren Gebiet zu erweisen.
daß es sich hier
171
um Phänomene von
grundlegender Bedeu-
tung handelt, deren richtige Auffassung eine Fülle von Licht auf viele Seiten unseres Empfindungslebens wirft.
Das eine rungen nur
fest,
eine
steht aber schon durch die bisherigen Ausfüh-
daß
Ekphorie
jede
eben durch diese auch wiederum ein neues das
Engramm
neuen Engrammschicht angehört.
der
erzeugt dadurch
mit
Engramms
eines
mnemische Empfindung bzw. Erregung,
bei
der
neuen
erzeugt,
Jede Ekphorie
mittelbar neue Kombinationen
den Engrammen
Komplexes,
mindestens
Originalkomponenten
simultaner Ekphorie
nicht
sondern
des
von Engrammen ver-
schiedener Engrammschichten aber auch neue Kombinationen
von mnemischen Komponenten verschiedener Provenienz untereinander.
Wir haben aus dem vorhergehenden über die Beschaffenheit
der
eine Orientierung
simultanen Engrammkomplexe
und ihre Zusammenfügung zum individuell erworbenen En-
grammschatz gewonnen. wir im
10.,
11.,
17.
und
Wichtige Ergänzungen dazu werden 18. Kapitel
hinzuzufügen haben.
Zehntes Kapitel. Die
Ekphorie und die verschiedenen Erscheinungsformen der Assoziation.
In
*Miieme« habe ich der Ekphorie ein besonderes
der
Kapitel
gewidmet,
dem
in
ich
die
Aktivierung
gramme jeder Art aus dem Latenzzustand der
mnemischen Erregung
ins
in
der
En-
den Zustand
Auge gefaßt habe, ganz
gleich ob diese Erregung durch motorische, plastische, Stoff-
wechselreaktionen oder Bewußtseinsreaktionen (Empfindungen) zur Manifestation gelangt.
daß
viele
ersten
Obwohl
ich
mir nun vorstelle, mit jenem
Leser des vorliegenden Buches sich
Teile des
Werks, wenigstens
in
seinen Grundztigen
bekannt gemacht haben, und ich mir längere Wiederholungen deshalb ersparen möchte, will ich doch einige in der »Mnemc;
über die Ekphorie gebrachte allgemeine Sätze hier wiederholen,
das
indem ich
wesentlich
sie allerdings
nur
die
auf unser spezielleres
Thema
Emptindungsmanifestation der
Er-
regungen berücksichtigt, zuspitze. Unter Ekphorie eines Engramms verstehen wir die Versetzung des festen
Engramms aus seinem
Zustand
oder,
anders
latenten in seinen mani-
ausgedrückt,
die
einer Erregungs- bzw. Empfindungsdisposition,
Aktivierung die
als blei-
bende, aber für gewöhnlich latente Veränderung in der reiz-
baren
Substanz des
Organismus zurückgeblieben
ist.
Das
Die Ekphorie und die Erscheinungsformen aktivierte
Engramm
oder die Erregung,
d.
die sich
Boden jener Disposition entwickelt, bezeichne ich mische Erregung; ihre Empfindungsmanifestation
mische Empfindung.
Wie
soll,
daß
mnemische Empfindung
die
dem mnemne-
auf als als
später noch ausführlicher dar-
gelegt werden sich
173
Assoziation.
haben wir keinerlei Grund, anzunehmen, solche
als
für
das
Bewußtsein von ihrer Vorläuferin, der Originalempfindung,
Außer dem Umstand, daß
unterscheidet.
die
mnemische
Empfindung zu ihrem Zustandekommen überhaupt des Vorausgehens
der
Originalempfiudung
Originalerregung,
nahmefällen
wenigstens
(oder
einer
deren Empfindungsmanifestation in
unterbleiben
kann),
zwischen
bedarf,
Aus-
beiden
also das Verhältnis einer einseitigen, nicht reziproken Deter-
minierung besteht, unterscheiden sich beide durch das, was zu ihrer Auslösung erforderlich
ist.
Der originale Empfindungskomplex wird ausgelöst und aufrecht erhalten durch
die
mit der Empfindung syn-
chrone Einwirkung eines Reizkomplexes, ginalen Reizkomplex bezeichnen. Der
die wir
als
ori-
entsprechende mne-
mische Empfindungskomplex bedarf zu
seiner Auslösung
und Aufrechterhaltung nicht der vollständigen Wiederkehr dieses Reizkomplexes, sondern nur eines meist viel kleinereu
Anstoßes, den ich als den
ekphorischen
bezeichne.
Eine
Definition der Ekphorie läßt sich in folgender, bereits in der
:>Mneme«
gegebenen These zusammenfassen,
die
für
das
ganze weite Gebiet der Mneme, nicht nur für das engere des
höheren
Gedächtnisses
gilt,
der
sich
schlechterdings
jeder konkrete Fall unterordnen läßt, und die ich als den
zweiten mnemischen Hauptsatz oder den Satz der Ekphorie
Ekphorisch auf einen simultanen Engrammkomplex wirkt die partielle Wiederkehr der-
bezeichnen will:
Die mnemischen Empfindungen.
174
jenigen energetischen Situation,
die
vormals
en-
graphisch gewirkt hat.
Wie schon
in der
Mneme
(2.
haben
Aufl. S. 122) ausgeführt,
wir unter energetischer Situation nicht nur die von außen auf
den Organismus vrirkeuden Einflüsse, sondern auch seinen inneren energetischen Zustand im stehen.
Wir können unserer obigen
weitesten Sinne
zu ver-
Definition erläuternd hin-
zufügen, daß sowohl die teilweise Wiederkehr der äußeren energetischen Situation als auch die teilweise Wiederkehr der
inneren ekphorisch wirken kann.
Fragen zugespitzt, können
wir
Auf unsere
dies
auch
so
spezielleren
ausdrücken:
Nicht bloß die teilweise Wiederkehr der Reize, die ehemals einen originalen Erregungskomplex auslösten und durch diesen einen
Engrammkomplex geschaffen haben, kann
grammkomplex ekphorieren,
sondern
die
diesen En-
kann
Ekphorie
auch erfolgen ohne jede Wiederkehr von Originalreizen durch bloße partielle Wiederkehr der inneren energetischen Situation,
der zur Zeit der Schaffung jenes
Engrammkomplexes
vorhanden war. In noch konkreterer Ausdrucksweise und engerer Speziali-
sierung auf das für das behandelte Erscheinungsgebiet Wesentliche
können wir setzen
statt
äußere energetische Situation
oder Originalreize das durch diese in der reizbaren Substanz Bedingte, ihr Auslösungsprodukt, mit anderen Worten
ginalerregungen.
Und
statt
:
Ori-
innere energetische Situation,
soweit sie als für unser Erscheinungsgebiet wesentlich einen
ohne Originalreize bedingten Erregungszustand der reizbaren Substanz
gungen.
darstellt,
können wir setzen: mnemische Erre-
In dieser Zuspitzung lautet unser zweiter mne-
mischer Hauptsatz dann folgendermaßen:
einen simultanen
Ekphorisch auf
Engrammkomplex wirkt
die par-
Die Ekphorie und die Erscheinungsformen
Wiederkehr
tielle
des
Assoziation.
175
Erregungskomplexes,
der
Engrammkomplex
seinerzeit den
d.
hinterlassen hat,
und zwar eine Wiederkehr entweder: in Gestalt von Originalerregungen (deren Auslösung durch Originalreize erfolgt), oder: in Gestalt von mnemischen Erregungen (deren Auslösung auf dem sukzessiven Wege des mnemischen Ablaufs
erfolgt).
Wir haben gesehen, daß jeder simultane Erregungs- bzw. Empfindungskomplex eine zusammenhängende Einheit bildet und
engraphisch wirkt,
solche
als
grammkomplex
Um
hinterläßt.
einen
simultanen
En-
Engrammkomplex
diesen
zum entsprechenden mnemischen Empfindungskomplex zu ekphorieren,
bedarf es
der Bedingungen,
die
der totalen Wiederkehr
nicht
also
den simultanen Empfindungskomplex
auslösten, sondern nur der partiellen.
um
Sind,
wieder
Beispiel
»Mneme«
ein schon in der
heranzuziehen,
verwendetes
öfters
einem Simultankomplex
in
die folgenden Originalempfindungen: der Anblick
von Capri,
eine Leierkastenmelodie, ein bestimmter Olgeruch, der heiße
Sonnenbrand,
Druck
Schuhe
der
wandern zusammen
als
dungen
und ebenso
aufgetreten
genügt die
den,
so
sehr
ähnlichen
Herum-
langem
nach
Komponenten von Originalempfinengraphisch
fixiert
Wiederkehr der gleichen oder
Geruchsempfindung
um
ganzen
den
grammkomplex wieder zu ekphorieren, aus seinem
woreiner
En-
latenten
Zustand in einen mnemischen Erregungs- bzw. Empfindungs-
komplex zu verwandeln.
Im Grunde geht
alles
nach der
Richtschnur unseres zweiten Hauptsatzes vor sich Die Wieder:
kehr
der
einen Komponente
Empfindungskomplexes, also dieses
letzteren,
des
die
ehemaligen
partielle
läßt alle übrigen
simultanen
Wiederkehr
Komponenten, also den
Die mnemischen Empfindungen.
176
ganzen originalen Simultankomplex,
in Gestalt
von mnemi-
schen Empfindungen Wiederaufleben.
Aus Gründen,
die wir bereits S. 148
— 155 ausführlich be-
sprochen haben, kommt uns nun bei einer solchen Ekphorie selten die
Tatsache des Wiederauflebens des ganzen ehemaligen
Simultankomplexes zum Bewußtsein.
Nur
die höchsten Erhe-
bungen des Empfinduugskomplexes treten deutlich ins Oberbewußtsein, während alles minder kräftig Empfundene und
demzufolge schwächer engraphisch Festgehaltene und ferner alles,
keit
seins
worauf im Augenblick der Ekphorie die Aufmerksam-
weniger scharf eingestellt
im Grau des Unterbewußt-
ist,
verschwimmt und nur durch besondere Bedingungen,
vor allem durch eine besondere Einstellung der Aufmerk-
und auch dann nur
samkeit,
teilweise
bewußtsein gehoben werden kann. schein erweckt, plexes, die
bei
als
deutlich ins Ober-
Dadurch wird der An-
ob jene Höhepunkte des Simultankom-
der Ekphorie
allein
deutlich
hervortreten,
sagen wir einmal in unserem Beispiel der Anblick von Capri
und der Ölgeruch, ganz speziell assoziert seien.
die Tatsache vorliegt,
für
sich
Und wenn
miteinander in
verbunden,
einem konkreten Falle
daß von einem ehemaligen Simultan-
komplex nur zwei kräftigere Engramme zurückgeblieben und sein
als
mnemische Empfindungen
zurückgerufen
deutlich
werden können, und
ins
sind,
Oberbewußt-
ferner,
daß
die
Wiederkehr des einen auch das Hervortreten des anderen nach sich den,
zieht, so ist in
diese beiden,
um
der Tat nichts dagegen einzuwen-
ihrem gegenseitigen Verhältnis Aus-
druck zu geben, als simultan assoziiert zu bezeichnen, und zu sagen, die Ekphorie erfolge hier auf der Grundlage dieser Simultanassoziation. salis
Immerhin
ist
dieser
Ausdruck cum grano
zu gebrauchen und im Auge zu behalten, daß hier wie
Die Ekphorie und die Erscheinungsformen stets nicht
zwei
isolierte unmittelbar
d.
177
Assoziation.
verbundene mnemische
Emptindungen, sondern ein simultaner Empfindungskomplex der nur wenige
vorliegt,
bewußtsein ragen Nachhilfe (Mneme,
läßt.
Empfindungsgipfel bis ins
Ober-
Bei näherem Zusehen und einiger
2. Aufl. S.
124) finden wir vielleicht, daß
außer Ölgeruch und optischem Bild unter Umständen auch
noch die Leierkastenmelodie, der Sonnenbrand, der Druck
jenem Komplex mnemisch oberbewußt empfunden werden können, und ihrerseits ekphorisch wirken, der Schuhe aus
wenn
sich
es
darum
handelt, den Simultankomplex zu ek-
phorieren.
Auf
die Frage,
ob,
wenn
es gilt,
den Simultankomplex
zu ekphorieren, jede der genannten Komponenten die gleiche
ekphorische Wirkung besitzt, wollen wir erst unten eingehen,
Grundlagen
nachdem wir
die
erörtert haben,
und auf das Problem der Nichtumkehrbarkeit
der sukzessiven Assoziation
mnemischer iVbläufe gekommen
sind.
Wir werden
Gegenstand im folgenden Kapitel unter dem Titel rische Wertigkeit der
diesen
»Die ekpho-
:
Komponenten« behandeln.
Wir wenden uns nun zunächst zu der Frage, ob denn unsere Definition der Ekphorie auch den Fall der Ekphorie
auf der Grundlage der sukzessiven Assoziation mit umfaßt.
Daß
richtige
sich dies so verhält, darüber unterrichtet uns die
Nutzanwendung der aus unserem Kapitel über
die
akoluthen Empfindungen sich ergebenden Lehren.
Wir dürfen die
genauere
es
wohl
als feststehend
experimentelle
annehmen
Feststellung
— obwohl
bisher
erst
auf
optischem und akustischem Gebiet und nur ganz andeutungsweise auf
dem Gebiet
des Hautsinnes stattgefunden hat
—
daß jede Empfindung (oder von der energetischen Seite her betrachtet jede Erregung) den auslösenden Reiz
Semon, Mneme.
II.
um
12
ein Be-
mnemischen Empfindungen.
1^16
178
dem
aber doch mit ihrer ako-
ragt
Abfall ihrer Intensität ^
nachweisbar
luthen Phase noch
zwar unter bedeuten-
dies
Sie tut
trächtliches überdauert.
in eine
ganze Reihe von
nachfolgenden Simultankomplexen hinein und muß notwendigerweise in dieser Form, derten
d.
entsprechend der vermin-
h.
minder kräftig,
Intensität
doch
aber
immer noch
erkennbar eine engraphische Spur hinterlassen.
Im Grunde
dies
gilt
für jede
Originalempfindung bzw.
Die sich daraus für den Bau der simul-
Originalerregung.
tanen Engrammkomplexe ergebende Konsequenz werden wir später ziehen und wollen uns zunächst an dem vereinfachten Beispiel einer Sukzession einzelner, möglichst unkomplizierter
Empfindungen die engraphische Bedeutung des Umstandes klar machen, daß jede Originalempfiudung (bzw. Erregung) nicht nur eine synchrone, sondern auch eine akoluthe Phase
Wir nehmen
an,
Reize auf uns
von Lichtreizen wirkte
eine Reihe
ein.
der
aufeinanderfolgenden löst die diskontinuier-
liche Folge der synchronen, optischen
D
(syn),
E
F
(syn),
chrone Empfindung c (ak) oder,
blick
—
um
(syn)
C
aus.
(syn)
in
—
Nun der
Empfindungen C(8yn), klingt
ab 2.
in
aber die
syn-
akoluthen Empfindung
die Intensitätsabnahme
zum andern anzudeuten,
C3 (ak)
in
Diese Reizfolge
Diskontinuität
ausgesprochener
besitzt.
^
von einem Augen-
der Reihe
c^ (ak)
—
C2 (ak)
Entsprechend verhalten sich die syn-
Intensität brauche ich hier in dem weiteren Sinne, in welchem von der Reizgröße abhängige engere Intensität als auch die mit letzterer vielfach Hand in Hand gehende, prinzipiell aber von 1
es sowohl die
ihr
zu unterscheidende Vividität umfaßt. 2 Einwandsfreier aber unpraktischer wäre es zu schreiben:
Phase
ji
1
C(8yn)
c(ak)
Die mnemischen Empfindungeu.
\QQ
mm
Tritt
nach Entstehung dieser Eugrammfolge die Ori-
ginalempfindung und die
durch sie manifestierte Original-
erregung
E (syn)
wird
wie aus unserer Definition hervorgeht, den Engramm-
sie,
komplex No.
3:
infolge eines neuen Originalreizes neu auf, so
JE'
(engr)
—
(engr)
6^1
—
als »partielle
C2 (engr)
Wiederkehr des simultanen originalen Erregungskomplexes, der engraphisch gewirkt hat« ekphorieren.
wird ei
sie
(engr)
aber auch den
—
c?2
(engr)
—
In zweiter Linie
F (engr) — ekphorieren, denn E (syn) stellt
Engrammkomplex No. 4
c^ (engr)
bezug auf diesen Engrammkomplex die
auch in
partielle
Wiederkehr des simultanen originalen Erregungskomplexes dar, der engraphisch gewirkt hat.
nämlich die akoluthe Erregung
zeit
gramm e^
Engraphisch wirkte seiner-
e,
(engr) zurück.
e^
E (syn)
Von
(ak)
das En-
ließ
nur durch die verringerte Intensität, und abgesehen
(ak)
davon, daß dies ohne besonderen Belang
Originalerregung
E (syn),
Wirksamkeit prüfen, liche
und
unterscheidet sich aber
ihrerseits
wir
wird die neue
ohnehin durch das unvermeid-
Absinken der Intensität zu
Da
ist,
die wir eben auf ihre ekphorische
e (ak).
nun annehmen müssen,
daß
alle Erregungen
ohne Ausnahme nicht nur eine synchrone, sondern auch eine akoluthe Phase haben, und daß
Engramme
liefern,
ringeren Intensität
schwächere klar,
die
der
sie
allerdings sie
entsprechend
erzeugenden
der
ge-
Erregungen auch
mnemische Erregungen produzieren,
so
ist
es
daß jede Ekphorie eines simultanen Engrammkomplexes
durch plexes,
partielle
Wiederkehr des simultanen Erregungskom-
der engraphisch gewirkt hat,
Ekphorie seines Nachfolgers so
auch in letzterer Phase
notwendigerweise die
nach
sich
ziehen
muß,
daß also auch die Ekphorie auf der Grundlage der
sukzessiven Assoziation
in
unserer
allgemeinen
Definition
Die Ekphorie und die Erscheinungsformen
vollkommen mit eingescblosseu eine Unterart der Ekphorie
tanen Assoziation
Man kann
ist^
und
d.
Assoziation.
in letzter Linie
181
nur
auf der Grundlage der simul-
darstellt.
übrigens auch
rein
ninemisch
Sukzessionen
von (dann natürlich muemischen) Erregungen bzw. Empfin-
dungen bilden,
die
genau ebenso engraphisch wirken wie
Originalerreguugeu und infolgedessen assoziierte
Engramme
bilden,
welche bei Ekphorie einen sukzessiven mnemischen
Ablauf
liefern.
'
Als Beispiel kann irgend ein kleines Ge-
Ich möchte hier mit einigen
Worten auf
die
Auffassungen Münster-
bergs (Die Assoziation sukzessiver Vorstellungen, Zeitschr. 1890, vgl. ferner seine Beiträge
z.
f.
Psych.
I.
exper. Psych. 1889—92) eingehen, die
Beziehung mit den meinigen berühren, in anderen von ihnen Münsterberg nimmt zwar nicht als einzigen doch als einen der Wege, durch den sukzessive Assoziation zustande kommt an, »daß '/ im Bewußtsein noch nicht erloschen ist, sobald b eintritt, h noch nicht verschwunden, sobald e kommt«. In diesen Ausführungen ist mir Münsterberg in der Verwendung des von mir bei dieser Zurückführung angewandten Grundprinzips vorangegangen. Doch ist er nicht tiefer in den Gegenstand eingedrungen und hat vor allem die von der Physiologie festgestellten Tatsachen von der gesetzmäßig normierten Nachdauer der Empfindungen bzw. Erregungen nicht mit verwertet, was seine sicher irrige Anschauung ermöglicht hat, daß sich durch eine besondere Versuchsanordnung jede Simultaneität sukzedierender Komplexe aufheben ließe. Dies ist meiner Ansicht nach aus physiologischen Gründen ausgeschlossen, und Münsterbergs indirekter Beweis (1890, S. 105) der auf lauter anfechtbaren Voraussetzungen beruht, hat dagegen keine Bedeutung. Was das zweite Prinzip anlangt, auf das nach Münsterberg unter Umständen das Zustandekommen von sukzessiver Assoziation zurückzuführen sein soll, so erkenne ich durchaus an, daß Engramme von Bewegungen und Bewegungsantrieben die ein Wortbild begleitenden Sprechbewegungen) sich zu den (z. B. sich in einer
abweichen.
,
akustischen,
optischen und sonstigen
Eugrammen
hinzugesellen
und
Ekphorie einen günstigeren Boden schaffen können. Die Verbindung dieser motorischen Engramme erfolgt aber genau nach denselben Grundsätzen wie die der übrigen Engramme, also nach denen, die wir oben S. 179 entwickelt haben, und für Münsterbergs gegenteilige für die
Behauptung 1890.
S. 100) läßt sich,
sofort zu widerlegendes
wie ich glaube, kein einziges nicht
Argument anführen.
Die mnemischen Empfindungen.
182 dicht dienen,
dann laut für
die
das
man stumm nachdenkend Die Erklärung
vorträgt.
die
verfertigt
und
genau dieselbe wie
ist
sukzessive Assoziation von Originalerregungen.
Jede mnemische Erregung (bzw. Empfindung) reproduziert die Originalerregung, durch die sie engraphisch vorbereitet worden in
ist,
allen
ihren Eigentümlichkeiten,
zeitlichen Ablaufs, zeigt also
auch in denen ihres
auch dieselben Phänomene des
Neu
Abklingens, dieselbe akoluthe Phase.
kombinierte Suk-
zessionen von mnemischen Erregungen müssen also dieselben
engraphischeu Strukturen
hinterlassen,
genau
wie
sprechende Sukzessionen von Originalerregungen bzw.
ent-
Emp-
findungen.
Nach unserer serer beiden
Definition
und bei genauerer Prüfung un-
Schemata wäre aber auch eine Ekphorie auf
der Grundlage antezessiver Assoziation,
d. h.
durch Fort-
schreiten von einem Simultankomplex auf seinen Vorgänger
zu erwarten.
Eine solche Ekphorie fehlt allerdings, wie die
experimentelle Prüfung zeigt, nicht vollkommen.
Sie wird
aber durch besondere Eigentümlichkeiten des Engrammschatzes
und
infolge
davon der mnemischen Abläufe praktisch un-
wirksam gemacht,
so
daß
ein
Ablauf
in
umgekehrter Rich-
tung zur Richtung des Originalablaufs, der ihn engraphisch bedingt hat, ausgeschlossen
den Kapitel näher
ist.
Wir gehen hierauf im
folgen-
ein.
Hier zunächst noch einige Worte über einige andere von
manchen Psychologen unterschiedene Assoziationsformen, sämtlich auf Simultanassoziation zurückzuführen sind.
unterschied früher und bis in unsere Zeit hinein nach Vorbild von Aristoteles vier besondere, paarweise
nende Formen der Assoziation. die
Assoziation
die
Man dem
zu ord-
Als erstes Paar figurierte
nach Ähnlichkeit und nach Unähnlichkeit
Die Ekphorie und die Erscheinungsformen
d.
Assoziation.
183
oder Kontrast; als zweites die Assoziation nach Gleichzeitig-
und UDgleichzeitigkeit (Aufeinanderfolge,
keit (Koexistenz)
Sukzession).
Es
ohne weiteres
ist
klar,
daß das zweite dieser Paare
unserer simultanen Assoziation (Koexistenz) und der, wie wir
gesehen haben, aus ihr abzuleitenden sukzessiven Assoziation entspricht.
Was
die sogenannte
Ähnlichkeitsassoziation
so beruht die Aufstellung dieses Begriffs auf
anlangt,
einem eigen-
tümlichen aber weit verbreiteten Irrtum, der auf nicht hinreichend bestimmt gefaßte Definitionen und im Gefolge davon eintretende Fehlschlüsse zurückzuführen dies durch möglichst
ist.
Wir wollen uns
scharfe Gegenüberstellung
der betref-
fenden Definitionen klarmachen und werden dabei sehen, an
welcher
der Fehler gemacht
die Richtung verloren,
Stelle
wird.
Wir haben lichen
und
die Assoziation als ein Ergebnis
des einheit-
Zusammenhanges jedes simultanen Erregungskomplexes des
nach
seinem Ausklingen
grammkomplexes
Ganzen und durch ihn
zurückbleibenden En-
Aus diesem Zusammenhange des
definiert.
ergibt
sich
notwendige Konse-
als
quenz auch der Zusammenhang der Einzelkomponenten dieses
Ganzen, ob nun deren viele oder ob nur wenige,
vielleicht
nur zwei besonders hochragende Gipfel bis ins Oberbewußtsein emportauchen.
die
Verbindung,
nenten dann,
die
wenn
Manifest wird der »Assoziation« die
Zusammenhang oder
zweier solcher
entsprechenden
Kompo-
Engramme immer
gemeinsam aus ihrem latenten Zustand ekphoriert werden,
wenn
sie
Empfindungen der
Weg
zusammen
stets
in
oder
als
Erscheinung das Mittel,
mnemische Erregungen bzw. treten.
um
das
Die Ekphorie
ist
also
Vorhandensein bereits
Die mnemisclien Empfindungeu.
134
vorliegender Assoziationen von zwei oder
mehr Engrammen
Wir können sagen: Die Assoziation zweier En-
zu zeigen.
gramme erkennen wir
daran,
daß die Ekphorie des einen
die Ekphorie des anderen nach sich zieht.
Damit
ist
erkenne
aber natürlich nicht gesagt, daß Ekphorie und
identische Begriffe
Assoziation
die
ich
Engramm
des einen Engramms,
zu ekphorieren, etwa wie
der von zwei zusammengekoppelten
um
genügt,
auch
Durch
den
anderen
Ekphorie
die
Auf Grund der
Assoziation.
genügt die Ekphorie andere
sind.
Assoziation
um
auch das
ein Steinwurf,
Hunden den einen
aufzujagen.
trifft,
Deshalb sind
aber doch noch nicht das Aufjagen und die Tatsache der
Zusammenkoppelung gleichbedeutend.
Auf
dieser falschen Identifizierung aber beruht der logische
Fehler,
der bei Aufstellung des Begriffs
ziation«
gemacht wird. Ich
kreten Beispiel demonstrieren.
jemand nach dem Aussehen fragt.
Wir
fällt
an einem kon-
setzen den Fall, daß uns
einer bestimmten Persönlichkeit
Wir sinnen nach, wie wir
und dabei
»Ahulichkeitsasso-
will dies zunächst
X
es charakterisieren sollen,
uns auf einmal, ohne daß wir vorher jemals
diesen Vergleich gezogen hätten, Kaiser Friedrich
ein,
der
einen ähnlichen Wuchs, einen ähnlichen Bart, einen ähnlichen
Gesichtsausdruck hatte.
Viele werden dies als eine typische
Ähnlichkeitsassoziation bezeichnen. ziation?
die partielle
Bild des Kaisers und
nicht
um
hier Asso-
dem
Bild von X.
Durch
Wiederkehr gewisser Elemente im Bilde des
Bart, Gesichtsausdruck)
X
ekphorierte dieses Erinne-
Engramm des Kaisers. Es handelt sich demum Ekphorie auf Grund partieller Wiederkehr,
rungsbild das
nach nur
ist
Zunächst bestand doch bei uns keine Assoziation
zwischen dem
(Gestalt,
Aber was
Assoziation.
Die Ekphorie und die Erscheinungsformen
Nun wird man
einwerfen,
es
d.
doch durch den Vor-
sei
X
gang eine Assoziation zwischen dem Bilde des des Kaisers Friedrich geschaffen worden.
nach Ablauf
erst
des Vorgangs,
185
Assoziation.
Spur
als
und dem
Allerdings, aber
des
durch ihn
bedingten simultanen Zusammenseins der beiden Komponenten in
demselben Erreguogskomplex, also
Simultanasaoziation. ist
nur die
lich eine
Ursache
Ekphorie auf Grund
Komponenten
gewöhnliche
Der Vorgang
Mit einem Wort: einer Assoziation
als
an sich
;
partieller
selbst
ist er ledig-
Wiederkehr gewisser
eines Erregungskomplexes.
Er hinterläßt aber
nach seinem Ablauf einen neuen Engrammkomplex, und in
diesem sind die beiden Bilder assoziert; aber natürlich diese
konsekutive Assoziation
eine
ist
typische Simultan-
assoziation. Zudem wird diese konsekutive Assoziation nur
dann beobachtet, wenn die Ähnlichkeit der betreifenden
bei-
deu Komponenten keine sehr große, oder besser gesagt, ihre Unähnlichkeit noch so groß scheiden lassen.
Ist
ist,
daß
das aber nicht
sie
sich leicht unter-
der Fall,
ist
das Bild
des ekphorierten Komplexes demjenigen des ekphorierenden so ähnlich, daß es nicht unterschieden
werden kann, so kommt
auch keine konsekutive Assoziation zur Beobachtung.
Für eine derartige konsekutive Simultanassoziation nach voraufgegangener Ahnlichkeitsekphorie kann auch der oben auf
S.
165 geschilderte Fall von den beiden Hotelgästen
Beispiel dienen,
die
in jeder
als
anderen Beziehung unähnlich
und ganz verschiedenen Schichten meines Engrammschatzes angehörig, deshalb weil sie eine gemeinsame Unart besaßen,
simultan ekphoriert und dadurch in der Folge simultan assoziiert
wurden.
Nachdem wir uns über
diese Simultanassoziation als Folge-
erscheinung einer »Ekphorie durch partielle Wiederkehr« klar
Die mnemischen Empfindungen.
186
sind, bleibt als wesentliches Resultat unserer
geworden
Nach-
forschung die Tatsache, daß die Aufstellung des Begriffs der
auf eine Vermengung
Ähnlichkeitsassoziation
Assoziation und Ekphorie zurückzuführen keitsassoziation gibt
es
nicht,
nicht gerade empfehlenswerter
bezeichnen könnte, tiellen
der
Begriffe
Eine Ähnlich-
ist.
wohl aber etwas, was mau
Weise
was aber ganz
als Ahnlichkeitsekphorie
unter den Begriff der par-
Wiederkehr der energetischen Situation bzw. des Er-
regungskomplexes, der engraphisch gewirkt unseren zweiten mnemischen Hauptsatz
Ausdruck
Wiederkehr«
»partielle
kommenden
Betracht
ist
hat,
fällt.
unter
also
Denn
in
dem
der Begriff der hier in
Ähnlichkeit enthalten.
Ein eigentlicher Terminus technicus für den Begriff der Ekphorie,
den ich
der
in
wickelt und definiert habe,
Mneme
(1904)
ausführlich
ent-
^
Psy-
chologie meines Wissens nicht zur Ausprägung gelangt.
Mau
ist
vorher in der deutschen
bediente sich entweder beliebiger Aushilfsworte wie Hervorrufung,
Erweckung
usw., oder aber benutzte unter
den das Wort Assoziation im Sinne von Ekphorie.
Ekphorie und Assoziation bestehen ja ziehungen. eines
Tat enge Be-
Die Ekphorie eines Engramms zieht die Ekphorie
anderen
Außerdem
in der
UmstänZwischen
ist,
simultan
mit
ihm
assoziierten
nach
sich.
wie wir eben gesehen haben, in einer Anzahl
von Fällen die Simultauassoziation eine Folgeerscheinung von Ekphorie. Assoziation
Liegt es da nicht nahe,
zu
bezeichnen?
nächst geneigt sein, scharfe
1
die
Vielleicht
diese Frage
Ekphorie selbst wird
mancher
als
zu-
zu bejahen und eine so
Umgrenzung und Unterscheidung der
Begriffe,
wie
Die Franzosen bedienen sich dafür mit Vorliebe, wenn auch des Ausdrucks »övocation«, doch brauchen auch
nicht ausschließlich, sie häufig dieses
Wort
als
synonym mit
>as80ciation«.
Die Ekphorie und die Erscheinungsformen
wir
vorgenommen haben,
sie
für
zu
187
Assoziation.
d.
weit
getrieben
er-
klären.
Wer
denkt, kann in diesem Falle und gerade durch
so
die Geschichte des Begriffs, »Ahnlichkeitsassoziation«
widerlegt werden.
zweier
so
Er nehme
sich nur die
Streit
verfolgen^ und sehe, wie viel Verwirrung durch
die beiderseits geübte tion gestiftet
leicht
wie Höffding und
ausgezeichneter Psychologen
Lehmann zu
Mühe, den
worden
Vermengnng von Ekphorie und Assoziaist.
Auch
in
dem
vortrefflichen Aufsatz
von Wundt, Bemerkungen zur Assoziationslehre^,
ist
die trü-
gerische Natur des Begriffs Ahnlichkeitsassoziation noch nicht
klar erkannt und sind demzufolge
die
sich aus jener Auf-
stellung ergebenden Scheinprobleme nicht völlig
Aus dem gänzlichen Verschwinden
solcher
überwunden.
Probleme
bei
scharfer begrifflicher und sprachlicher Unterscheidung zwischen
Ekphorie und Assoziation ergibt sich meiner Ansicht nach ein voller
Beweis für die Berechtigung einer scharfen Durch-
führung dieser Unterscheidung.
Zum
Schluß noch einige Worte über die sogenannte Kon-
trastassoziation. z.
B.
Tag
Man
spricht
von einer solchen, wenn einem
beim Gedanken an einen Riesen
Zwerg, an den
ein
die Nacht, an die Hitze die Kälte einfällt.
mengt
also
auch
Korrekterweise sprechen,
hier
müßte
wenn man
wieder Assoziation
man
von
einer
mit
Mau
ver-
Ekphorie.
Kontrastekphorie
überhaupt dieser Ekphorie, die wieder
bloß eine solche auf der Grundlage gewöhnlicher Simultan1 Vgl. in bezug auf diesen Punkt besonders H. Höffding, Über "Wiedererkennen, Assoziation und psychische Aktivität, II. Teil. Vierteljahrsschrift f. wissensch. Psychologie Bd. 14, 1890, und A. Lehmann,
Über Wiedererkennen, Wundts Phil. Studien 5. Bd. 1889. Wundts 2 W. Wundt, Bemerkungen zur Assoziationslehre. Studien.
7.
Bd. 1892.
Phil.
188
I^iß
assoziation
ist,
mnemischen Empfindungen.
Namen geben
einen besonderen
etwa im Wider-
die Ekphorie erfolgt in solchen Fällen nicht
spruch
Denn
will.
unserem zweiten Hauptsatz auf der Grundlage
zu
einer Unähnlichkeit oder eines Kontrastes, sondern ganz im
Der
Sinne unseres Satzes, also durch partielle Wiederkehr.
paradoxe Erfolg aber erklärt sich aus dem bereits gegebenen
Vorhandensein der assoziierten Engramme im Engrammschatz.
Wenn Zwerg
in
meinem Engrammschatz
als eine
die Assoziation Riese-
besonders feste bereits gegeben
es selbstverständlich,
ist,
dann
ist
daß die Ekphorie des Worts oder des
Bildes Riese auch in sehr vielen Fällen prompt die Ekphorie
von Zwerg nach sich
zieht.
Nun
ist
der individuelle En-
grammschatz eines jeden von uns förmlich gespickt mit
sol-
chen simultan assoziierten kontrastierenden Engrammpaaren. Kontraste wirken schon in
Form von Originalemptindungeu
besonders lebhaft und werden leicht mit Lust- und Unlust-
betonungen versehen.
Sie gehören infolgedessen zu unseren
eindrucksvollsten Erlebnissen und
Jugend an
als
gramme im
individuellen
werden schon von früher
und eng
besonders kräftige
Engrammschatz
assoziierte
En-
eines jeden erzeugt
und durch unablässige Wiederholung verstärkt und weiter entwickelt.
Begünstigt wird dieser Vorgang noch durch die
Art und Weise, wie besonders der Kulturmensch die Sprache, diesen großen ziationen,
mitteln
Sammel- und Verdichtungsapparat der Asso-
zu handhaben und seinem Nachwuchs zu über-
pflegt.
Ein
wenig systematisieren
meisten Mütter und Wärterinnen,
wenn
sie
da
schon
das Kind
die
in der
Bereicherung seines Wortschatzes bewußt unterstützen und ihm,
wenn
er
ein Eigenschaftswort
>Paar« dazu lehren; zu klein schnell
—
langsam usw. usw.
—
aufgeschnappt
—
hat,
das
kalt,
zu
Noch mehr kommt dem
die
groß, zu heiß
Die Ekphorie und die Erscheinuagsformeu
und
Schule, bei
sei es
d.
189
Assoziation.
auch bloß eine Volksschule, zu
Hilfe, die
orthographischen und grammatikalischen Übungen sich
gern im Geleise der Kontrastpaarung bewegt: Zwerg
weiß
—
—
schwarz, weinen
lachen.
So
— Riese,
schafft uns Erfah-
rung und Sprachgebrauch ungezählte Engramme von gepaar-
Engramme,
ten Kontrasten,
bei denen natürlich das Manifest-
werden des einen Paarlings den anderen prompt zu ekphorieren
Aber
vermag.
alle
diese Paarungen
sind genetisch
doch immer nur simultane (bzw. sukzessive) Assoziationen,
und somit
ist
Grunde nichts assoziierter
was man Kontrastassoziation
das,
als eine
nennt,
im
Ekphorie auf der Grundlage simultan
Engramme.
Unsere Untersuchung hat ergeben, daß eine Verknüpfung
von Engrammen
nur
auf
einem einzigen
Wege
zustande
kommt, durch das Zusammensein der diese Engramme zeugenden originalen wie mnemischen Erregungen selben Simultankomplex oder, drückt,
daß
sie
zustande
vielleicht
aller
er-
dem-
noch besser ausge-
kommt durch den von
gegebenen Zusammenhang
in
vornherein
Erregungen, originaler wie
mnemischer, innerhalb ihres gemeinsamen Simultankomplexes.
Die hierdurch bedingte simultane Assoziation der einzelnen
Engrammkomponenten
hat sich, da bei näherer Prüfung auch
die sukzessive Assoziation auf einen simultanen
hang zurückzuführen haupt vorkommt. lichkeits- als
ist,
Zusammen-
als die einzige ergeben,
die über-
Die Assoziationsformen sowohl der Ahn-
auch der Kontrastassoziation haben
als
Produkte
nicht hinreichend scharfer Begriffsbestimmung keine Daseins-
berechtigung.
Ebenso wie es nur eine einzige Grundform der Assoziation
gibt,
die
simultane Assoziation, deren bloße Unter-
gattung die sukzessive
ist,
ebenso gibt es nur eine einzige
Die mnemischen Empfindungen.
190
Grundform der Ekphorie, diejenige durch mehr oder weniger Wiederkehr der energetischen
partielle
des Erregungskomplexes der en-
bzw.
phisch gewirkt hat,
Situation, die engra-
mag nun
Wiederkehr
in Gestalt
von originalen oder von mnemischen Erregungen
erfolgen.
graphisch gewirkt hat,
diese
Eine andere Art der Ekphorie gibt es nicht, weder im
Wohl aber kann
der Mneme.
Allgemeingebiet
dem
noch auf
höheren Gedächtnisses,
des
Bereich
weiten diese
sich
Ekphorie in recht verschiedene Erscheinungsformen kleiden,
daß man aus Zweckmäßigkeitsgründen wohl berechtigt
so ist,
Gruppen
einige dieser Erscheinungsformen in besondere
zu vereinigen und durch besondere Bezeichnungen zu unterscheiden.
So bin
ich in der
194,
S. 60, 66, 68, 99,
Untergruppe
Ekphorie gendem 8 Uhr 1
Mneme
an verschiedenen Stellen
auf eine
272)
weiter eingegangen,
Beispiel
»Angenommen,
aus:
meine
Uhr meine
erste Mahlzeit
zweite,
die ich als
Ich ging dort
bezeichnet habe.
früh
um
8
derartige
zu
ich
(2.
Aufl.
besondere
chronogene
(S.
60)
von
bin gewohnt
mir zu nehmen,
Uhr abends meine
dritte,
fol-
um um
so er-
zeugen die komplexen Reize, die mit jeder Nahrungsaufnahme
verbunden
sind,
und auf die
hier nicht weiter eiugegangen
zu werden braucht, außer andern Reaktionen auch
die,
daß
Anblick und Geschmack der Speisen von einer eigentümlichen
Reaktion unserer Empfindungssphäre begleitet sind, die wir als
Hunger oder Appetit bezeichnen, und
lich ernährten
zeiten
fehlt.
Menschen
in
Angenommen
die bei
einem reich-
den Pausen zwischen den Mahlnun,
ich
beginne
aus
irgend-
welchen Gründen zwischen die erwähnten drei Mahlzeiten noch
um
11 Uhr und
zeit einzuschieben,
um
5 Uhr eine weitere kleine Mahl-
was mir anfangs gar
nicht leicht fallen
Die Ekphorie und die Erscheinungsformeu
Aber
wird.
zwinge mich dazu,
ich
es verordnet hat,
und führe
zu
so
lassen,
die Zeit oder der
191
vielleicht weil der Arzt
sich
stellt
großer Stärke und Deutlichkeit jetzt
Assoziation.
es ein halbes Jahr lang
Versuche ich dann wieder die Mahlzeiten ausfallen
d.
um
jetzt
durch.
11 und 5 Uhr
der Hunger
mit
Scheinbar wirkt also
ein.
Ablauf eines bestimmten Zeit-
abschnitts ekphorisch auf
die
Keaktiou meiner Empfin-
dungssphäre. <
habe dann des weitereu gezeigt, daß der
Ich
zeitliche
Faktor oder der Ablauf eines bestimmten Zeitabschnitts für eine Pflanze oder ein Tier
den Ablauf einer bestimmten An-
»Das Chronometer des
zahl von Lebensprozessen bedeutet.
Organismus aber
liest
ist also
das
Tempo
seiner Lebens Vorgänge.
Wie
der Organismus ohne bewußte Zählarbeit an diesem
Chronometer den Ablauf einer Zeitperiode ab, oder, weniger bildlich auszudrücken, wie
kommt
es,
um mich
daß nach Ab-
lauf einer bestimmten Reihe von Lebensprozessen eine ganz
bestimmte Reaktion eintritt?
Einfach dadurch, daß nach Ab-
lauf einer bestimmten Reihe von Stoffwechsels- oder anderen
Lebensprozessen jedesmal ein Zustand des Organismus ge-
geben
ist,
der Entstehung eines spricht,
dem Zustande, der zur bestimmten Engramms herrschte,
der total oder partiell
und durch dessen Wiederkehr jenes Engramm
ekphoriert wird.
gewandt:
«
Auf das oben herangezogene
Zeit entjetzt
Beispiel an-
In den simultanen Erregungs- bzw. Empfindungs-
komplex um 11 Uhr vormittags, wenn wir unser zweites Frühstück einnehmen, gehören nicht nur die durch Anblick
und Geschmack der Speisen bedingten Erregungen bzw. Empfindungen nebst allen sonstigen akzidentellen Empfindungen,
sondern
auch
der
Erregungs-
unseres ganzen Stoffwechsels,
bzw.
Empfindungsausdruck
wie er sich im 24 stündigen
Die mnemischen Empfindungen.
192
Wechsel
aller
unserer zyklischen Funktionen (Wachen und
Unser 11 Uhr-Zustand
Schlaf, Sekretion usw.) geregelt hat. ist
durch eine ganze Eeihe von Besonderheiten determiniert
und von Früh-, Abend- und Nachtzuständen unseres Organis-
mus
verschieden.
Und diesem besonderen Stoffwechselszustand
entspricht auch ein ganz bestimmter Erregungszustand unserer
Kehrt nun die Zeit
reizbaren Substanz.
um
11 Uhr vormit-
tags wieder, so kehrt auch dieser Erregungszustand wieder,
und
wenn
er wirkt, selbst
der Speisen,
also
ein
Anblick, Geruch und Geschmack
bedeutender Teil des früheren
sehr
Simultankomplexes fehlen, ekphorisch auf das Engramm des
Damit
Hungers.
beispiel der
daß auch
bewiesen,
ist
in
diesem Probe-
chronogenen Ekphorie das ekphorische Moment
in der partiellen
Wiederkehr des simultanen Erregungskom-
plexes, der engraphisch gewirkt hat, besteht.
An
dieser Stelle möchte ich den
Grund angeben, warum
ich bei Formulierung des zweiten Hauptsatzes die Ekphorie
ganz allgemein auf die partielle Wiederkehr des simultanen
Erregungskomplexes zurückgeführt habe, der engraphisch gewirkt
hat.
Ich tat dies auch in den Fällen, in denen sich
das ekphorierte manifestierte.
Engramm
durch
Empfindungsreaktionen
Ich hätte in diesen Fällen doch sagen können,
die partielle Wiederkehr des simultanen
wirke ekphorisch.
Grade
in
Empfindungskomplexes
den Fällen der chronogenen
Ekphorie kommt es aber gar nicht zu einer Wiederkehr ober-
bewußter Empfindungen, sondern der betreffende Stoffwechselszustand bedingt einen Erregungszustand der reizbaren Substanz,
von dem wir es dahingestellt sein lassen wollen, ob überhaupt durch Empfindungen allerdings
— bei
dem
manifestiert
— ich
es sich aber sicherlich nicht
bewußte Empfindungen handelt.
Unter
diesen
er sich
glaube es
um
ober-
Umständen
Die Ekphorie und die Erscheinungsformen
d.
193
Assoziation.
geraten, sich bei der allgemeinen Definition lediglich
ist
es
an
die
energetische Seite
dieses
Zustandes
der
reizbaren
Substanz, an den Erregungszustand, zu halten und die
findungsmanifestation conditio sine
Damit
dieses
Erregungszustandes
Empnicht
als
qua non zu bezeichnen. auch gegeben, daß Herbarts
ist
steigende
»frei
Vortellungen« ganz in den Bereich unseres zweiten Hauptsatzes
fallen.
gleich
noch
Ganz abgesehen von chronogener und der unten
zu
erwähnenden
phasogenen Ekphorie
braucht auch sonst der Erregungskomplex, dessen Wiederkehr einen Engrammkomplex ekphoriert, sich durchaus nicht
durch deutlich
immer
bemerkbare Empfindungen und klare Ideen
zu manifestieren.
Wer
sich
beobachtet,
selbst
kann
alle
Übergänge von einer deutlich oberbewußten Manifestation der ekphorierenden Erregung durch alle Stadien des schwach
und
schwächer Bewußtwerdens
Organempfindungen,
z.
verfolgen.
Auch gewisse
B. das Gefühl einer so gut wie
merklichen Beklemmung, die
als solche
un-
gar nicht ins Ober-
bewußtsein gelangen, ekphorieren bei mir nahezu regelmäßig
bestimmte engraphisch
Situationen.
fixierte
zuverlässiges und frappantes Beispiel geteilt
worden:
Situation
auf,
erinnert hat.
Scheinbar völlig derer
man
Man wundert
frei
sich seit
ist
Ein besonders
von Jerusalem mit-
steigt
i
das Bild einer
30 Jahren nicht wieder
sich selbst über dieses,
wie man
glaubt, ganz unvermittelte Auftauchen nach 30jähriger Ruhe.
Erst nachträglich entdeckt man,
Strauß ein bisher nicht *
W.
daß einem nahestehenden
oberbewußt beachteter Duft^
Jerusalem, Ein Beispiel von Assoziation durch unbewußte Wundts Philosoph. Studien, 10. Bd. 1894.
Mittelglieder. 2
vollkommen »Mneme« und im vorliegen-
Hierdui-ch unterscheidet sich dieser übrigens ebenfalls
authentische Fall von
dem von mir
in der
den Werk häufig verwendeten Beispiel: Olgeruch-Capri. Sem OD, Mneme. H. 13
Die mnemischen Empfindungen.
194
und erinnert sich
der Duft von Pyrola uniflora;
entsteigt,
erst jetzt wieder, daß jener Duft auch bei jener Situation
Die Zahl derartiger
vor 30 Jahren eine Rolle gespielt hat.
frappanter Nachweise ließe sich leicht vermehren.
nun auch andererseits zuzugeben in
Lage
der
sind,
beim angeblich
mnemischen Empfindungen
freien
Aufsteigen von
unbemerkt gebliebene Kom-
die
überzeugend nachzuweisen, wie im eben
ist,
zitierten Fall,
mir doch eine ernstere Schwierigkeit hier nicht
so scheint
und
vorzuliegen,
möchte deshalb dieser Frage keinen
ich
Raum widmen.
breiteren
In der
»Mneme«
(2.
Aufl. S. 196) habe ich endlich noch
besondere Art der Ekphorie als
eine
Obwohl
daß wir nicht immer
deren Wiederkehr die Ekphorie zuzuschreiben
ponente, so
ist,
unterschieden.
phasogene Ekphorie
»Auch phasogene Ekphorie
ist
im Grunde
anderes, als Wiedereintritt einer bestimmten inneren
nichts
energetischen Situation, und zwar genügt gleichfalls, wie uns zahlreiche
Tatsachen
geschichte
und der
lehren,
Da
es
oft
sich
schließlich
bloß bei
der
experimentellen
chronologischer
Statistik
der
partielle
Wiedereintritt
der phasogenen Ekphorie
um Ekphorie
Entwicklungs-
ererbter
Engramme
Variationen
^
derselben.«
aber wohl aushandelt,
im vorliegenden Buch vorwiegend nur dem
und wir
individuell er-
worbenen Engrammschatz und seiner Ekphorie unsere Aufmerksamkeit zuwenden wollen, möge der Hinweis, daß auch die ist,
phasogene Ekphorie
in
unsere Definition miteingeschlossen
genügen. Ich gebe
sicht
zum Schluß noch
eine kleine schematische Über-
von Erscheinungsformen der Ekphorie, die besondere
—
1 Sowie so hätte ich hinzufügen können dium der tierischen Instinkte.
—
das genauere Sta-
Die Ekphorie uud die Erscheinungsformen
Eigeuarten zu besitzen scheinen, der gewählten
daß
wird,
Form
195
von denen aber sich bei
der Darstellung ohne weiteres ergeben unter
lediglich
sie
Assoziation.
d.
das
Prinzip
der
partiellen
Wiederkehr der engraphisch wirksam gewesenen Erregung, also unseres zweiten 1)
mnemischen Hauptsatzes,
Der Engrammkomplex
elle
q,
«i, &i,
durch Auftreten einer Erregung
^i
.
.
wird ekphoriert
.
Ä in ihrer Eigenschaft als parti-
Wiederkehr der engraphisch wirksam geweseneu Erregung,
die einen Teil des
nente
Engrammkomplexes, nämlich
Wird
geschaffen hat.
«1
bei dieser
werden
sich
Engramm 2)
«j
die Sache
so
dar,
als
Ä
habe
und
gestellt,
lediglich das
ekphoriert.
Alles sei wie in Fall
1,
nur nehmen wir an, daß bei
der Ekphorie Aufmerksamkeit oder sonstige
Momente besonders der Komponente grammkomplexes Sache so dar,
Kompo-
a^ gerichtet,
q, d^ ignoriert oder sonstwie in Schatten
b^,
stellt
die
Ekphorie die Auf-
merksamkeit lediglich auf die Komponente
so
fallen.
als
A
habe
des ekphorierten En-
b^
Dann
würden.
zuteil
lediglich
begünstigende
stellt
sich uns
die
oder doch vorwiegend
Engramm b^ ekphoriert, und wir sprechen von einer Ekdem Wege der simultanen Assoziation. 3) Alles sei wie in Fall 1. An die Ekphorie des Engrammkomplexes «1, 6i, Ci, f/i schließe sich aber auf dem S. 179 gekennzeichneten Wege die Ekphorie seiner 4 nächsten Nachdas
phorie auf
.
.
.
folger an, die sukzessive die halten.
Ist
Komponenten
ten gerichtet, so stellt sich uns die
durch
Ä
«2?
^4»
^^^3?
%
ent-
die Aufmerksamkeit dann auf diese Komponen-
Sache so dar,
als sei «^
auf der Grundlage der bereits im Engrammschatz
vorliegenden sukzessiven Assoziation der
Engramme
ekphoriert
worden. 4j
Enthält der Engrammschatz
«j,
öj,
Ci,
c?i
.
.
13*
.
in d^ ein
Die mnemischen Empfindungen.
196
durch den Erregungszustand
D geschaffenes Engramm
(welcher
Erregungszustand durch einen bestimmten Stoffwechselszustand bedingt war), und kehrt dann später nach einem bestimmten Zeitablauf dieser Stoffwechselszustand und damit auch die Er-
regung
D
Wege
zyklisch wieder, so erfolgt auf diesem
Ekphorie des Engrammkomplexes
«i,
ö^,
diese Erscheinungsform der Ekphorie
als
c^,
d^
.
.
.
eine
Ich habe
chronogene Ekphorie
bezeichnet. 5)
Ganz ebenso verhält
phorie, mit
dem
es sich mit der
Unterschied,
phasogenen Ek-
daß die ekphorisch wirkende
Erregung dabei durch Erreichung eines bestimmten Entwicklungsstadiums ausgelöst wird, und das durch
Engramm
sie
ekphorierte
ein ererbtes, kein individuell erworbenes
ist,
wes-
halb wir auch nicht näher auf diesen Fall eingehen, sondern
auf unsere genaueren Ausführungen in der
Als
die
Kapitels
ruht
(2.
Aufl.
103, 196) verweisen.
S. 69,
beiden
Mneme
zusammenfassenden Resultate des vorliegenden
wiederhole ich hier noch einmal zum Schluß die
gewonnenen Hauptresultate:
Jede Ekphorie be-
auf der partiellen Wiederkehr der energeti-
schen Situation oder enger gefaßt des simultanen
Erregungskomplexes, der engraphisch gewirkt hat, einer Wiederkehr sei es in Form von originalen oder von mnemischen Erregungen. (Zweiter mnemischer Hauptsatz.)
Unter Assoziation verstehen wir die vollzogene Tatsache einer Verbindung von rierten
Engrammen bzw.
mnemischen Erregungen.
dem
ist
deshalb von
ein
Zusammenhang
der aus ihnen ekpho-
Der Begriff der Assoziation
der Ekphorie scharf zu trennen, obwohl insofern besteht, als sich das Vorhanden-
sein einer Assoziation erst bei Gelegenheit der Ekphorie der
Die Ekphorie uud die Erscheinungsformen
Engramme
ergibt,
und außerdem
Simultanassoziation als rückbleibt. tate
in einer
Assoziation.
197
Anzahl von Fällen
Folgeerscheinung von Ekphorie zu-
Unsere die Assoziation betreffenden Hauptresul-
lassen sich also in folgender,
ersten
d.
im Grunde aus unserem
mnemischen Hauptsatz ableitbarer spezielleren These
zusammenfassen: Assoziation ist die
einzelnen Engrammen, die isolierten
sich
Verbindung von
bei
ihrer
relativ
Ekphorie herausstellt, und rührt lediglich
von der gemeinsamen Anv^'esenheit der betreffenden
Komponenten Sie ist
demselben Simultaukomplex her. deshalb stets im Grunde Simultanassoziation. in
Elftes Kapitel.
Die ekphorisclie Wertigkeit der Komponenteu.
Nichtum-
kehrbarkeit mnemisclier Abläufe. Zusammenfasseudes über
den individuellen Engrammscliatz. In der seitigen
»Mneme« habe
ich in
dem
Kapitel über die gegen-
Beziehungen der Engramme ausführlich einen Haupt-
unterschied erörtert,
ekphorische
der uns
Wertigkeit
sukzessiv erzeugter
entgegentritt,
einerseits
Engramme
wenn wir
simultan,
untersuchen.
die
andrerseits
Ich sagte dort
S. 135: »Trotzdem, wie wir sahen, die sukzessive Assoziation
sich
aus der simultanen ableiten
läßt,
ist
und
bleibt
das
Endresultat in beiden Fällen ein erheblich verschiedenes.«
—
>Ein Hauptunterschied besteht nur darin, daß simultan
erzeugte
Engramme
sukzessiv
doppelsinnig gleichwertig verknüpft sind,
Engramme aber polar ungleichwertig. dem Umstand schließen, daß, wenn Engramm b simultan assoziert ist, unter
erzeugte
Wir müssen
dies
Engramm a
mit
aus
gewöhnlichen Umständen die Ekphorie von a ebenso stark, aber nicht stärker ekphorisch auf h wirkt,
auf
a.
Sind aber a und b sukzessiv assoziert, so wirkt aus-
nahmslos
die Ekphorie
auf
umgekehrt.«
6,
wie die von b
als
Diese Sätze
von a ungleich stärker ekphorisch
möchte ich
in
folgendem, soweit sie sich
199
Ekphoriscbe Wertigkeit. Nichtumkehrbarkeit mnemisclier Abläufe.
auf die gegenseitige ekphoriscbe Wirkung simultan erzeugter
Engramme
beziehen, etwas modifizieren.
^
Die ausgesprochene
Engramme
polare Ungleicbwertigkeit sukzessiv erzeugter i
in
bezug auf ihre gegenseitige Ekphorie beruht nämlich, wie wir
am
ten
hemmenden
Schluß dieses Kapitels sehen werden, auf bestimm-
Momenten, die sich aus der Beschaffenheit
des individuellen Engrammschatzes und aus
von originalen und
Wechselspiel
Momente
ergeben. Diese seitigen
fallen
dem homophonen
mnemischen Erregungen
nun allerdings bei der gegen-
Ekphorie simultan erzeugter Engramme
fort.
Hieraus
und aus ihrem sonstigen Verhalten ergibt sich dann
der
bemerkenswerte Unterschied, daß die Verknüpfung von sukzessiv erzeugten
diejenige
von
Engrammen
simultan
Man darf aber wenn Engramm
deshalb
eine
erzeugten
polarisierte
einseitig
Engrammen
a und b simultan erzeugt sind,
Umständen
aber
stärker ekphorisch auf h wirkt,
auf
«.«
Selbst
der
nicht.
noch nicht schlechthin sagen, daß
wöhnlichen nicht
aber
ist,
die
Zusatz
Ekphorie
»unter
»unter ge-
von a ebenso
stark
wie die von h
gewöhnlichen
Umstän-
den« erscheint mir jetzt als keine hinreichend erschöpfende
Einschränkung dieser These.
An und
für §ich ist innerhalb eines simultanen Erregungs-
bzw. Empfindurigskomplexes die Verknüpfung der einzelnen
Komponenten eine durchaus
unpolarisierte,
was
sich bereits
aus unserer Auffassung der Grundvorgänge, die die soge-
nannte Assoziation bedingen,
ergibt.
Wir haben durch unsere
Simultan erzeugt will ich hier zwei Engramme dann nennen, die synchrone Phase der beiden sie erzeugenden Erregungen simultan war. Sukzessiv erzeugt nenne ich sie dann, wenn ihre synchronen Phasen aufeinander folgten, eine Simultaneität also nur zwischen der akoluthen Phase der einen und der synchronen Phase der 1
wenn
anderen bestanden
hat.
Die mnemischen Emp6ndungeii.
200
früheren Ausführungen festgestellt, daß nicht zwei selbständige, gesonderte
Engramme
dige
Erregungen assoziativ verknüpft,
festgehalten werden, sondern daß im
zusammenhängendes Ganzes phisch
wirkt,
d.
h.
darstellt,
das als solches engra-
ebensolchen
einen
Engrammkomplex
Letzterer liefert bei Ekphorie infolge
verschiedener
wirkens
Grunde
bzw. Empfindungskomplex ein
jeder simultane Erregungs-
hinterläßt.
als selbstän-
Zusammen-
Umstände gewöhnlich nur
stücke der hervorragendsten Komponenten,
und
Bruch-
die Repro-
duktion läßt diese Bruchstücke dann scheinbar unmittelbar
verbunden erscheinen,
unter
sich
nicht
ansieht,
Ganzen ten!
sind.
daß
sie
der Ekphorie
eben grade
Es macht
lung der Aufmerksamkeit als
sich
Ein
aber sehr wohl dazu dienen,
erreguug ekphoriert es angehört,
weniger deutlich
Während h]
also
Das
eine lehrt,
schwach
drittes c ragt
bis ins Ober-
ohne besondere Einstel-
mnemische Empfindung über-
haupt nicht bemerkbar. Dabei kann dieses letztere
von
ihnen
zu mnemischer Empfindung deutlicher
nur
bewußtsein hinein.
dem
es
einheitlichen
gleich hervorragend.
alle
als das andere h oberbewußt empfunden.
bei
man
wie uns die alltägliche Erfahrung
a wird,
seiner Ekphorie
bei
daß
größeren
Bruchstücke der hervorragendsten Komponen-
Aber doch nicht
Engramm
so
eines
Teile
wird,
wenn
Engramm
c
es selbst durch Origiual-
den ganzen Engrammkomplex,
und mit ihm sehr deutlich Engramm a und
Engramm
h zu ekphorieren
i.
durch die Wiederkehr von a (bzw. auch
zwar der ganze Engrammkomplex ekphoriert wird,
1 Haben wir doch oben (S. 195, Nr. 4) gesehen, dai3 auch nicht oberbewußt manifest gewordene Komponenten des simultanen Erregungskomplexes, der engraphisch gewirkt hat, bei ihrer Wiederkehr den ganzen Komplex ekphorieren können.
Ekphorische Wertigkeit. Nichtumkehrbarkeit mnemischer Abläufe. tritt
doch das mitekphorierte
um
sein,
unter gewöhnlichen
201
zu schwach ins Oberbewußt-
c
Umständen bemerkt zu werden.
Die Ekphorie von a (bzw. auch von
führt
h)
dann also zu
keiner durch oberbewußte Em[)findung sich manifestierenden
Ekphorie von Die Sache
c.
stellt sich
uns dann so dar, als ob
c
erheblich
stärker ekphorisch auf a oder h wirke, als a oder h ekphorisch auf
c.
Im Grunde beruht aber das beobachtete
daß die Ekphorie von a und von b
darauf,
Chancen
günstigere
viel
durch oberbewußte Empfindungen zu mani-
hat, sich
festieren, als die
Resultat
von
c.
der Manifestationschancen
Die Verschiedenheit
durch oberbewußte Empfindungen
überhaupt,
es
ist
die die ekphorische Wertigkeit zweier simultan erzeugter
En-
gramme
dies
oft
Engrammeu a und Empfindung sich
die
Wir können
verschieden erscheinen läßt.
folgendermaßen präzisieren:
Wenn von
c ceteris paribus
zwei simultan erzeugten
das eine
[a]
die sich stark, das andere
liefert,
nur schwach oder
fast
mnemische
eine (c)
eine solche,
gar nicht oberbewußt be-
merklich macht, so erscheint uns dieser Tatbestand leicht in
dem
eben dieses
Licht, als ob
a wirke, als a auf
Als Beispiel
ekphorisch auf
c.
möge uns unser
simultan erzeugten es
c viel stärker
herangezogener Fall der
oft
Engramme: Anblick von Capri
(wir wollen
Engramm a nennen) und Ölgeruch (Engramm Ich gehöre zu den mit durchaus
ausgestatteten
Menschen, bei denen
werden kann) doch
selbst
die
Wege
und Unterschiedserkennens
so gut wie nie,
ekphoriert werden,
dienen.
normalem Geruchssinn
Geruchsengramme (deren gute Ausprägung durch des Wiedererkennens
c)
wenn
hinreichend
sie
kräftigsten die
Probe
festgestellt
auf assoziativem
lebhafte
mnemische
Die mnemischen Empfindungen.
202
Geruchsempfindungen
Dies verhält sich wohl so bei
liefern.
der Mehrzahl der Menschen
Es
i.
deshalb auch selbst-
ist
verständlich, daß keine Ekphorie jenes
auf assoziativem Wege, erfolge
sie
Engrammkomplexes
nun durch Wiederkehr der
Komponente Capri oder durch Wiederkehr irgend einer oder mehrerer anderen Komponenten jenes Komplexes, eine deutliche
mnemische Empfindung jenes Ölgeruches mit
sich bringen
kann, während doch die Wiederkehr des Ölgeruchs stets eine sehr deutliche mnemische Empfindung des optischen Bildes
von Capri
liefert.
Es
liegt hier also
von vornherein eine Un-
möglichkeit vor, daß die Wiederkehr von a eine ebenso deutlich
manifeste Ekphorie von c
von
c eine solche
Wenn
von
wie die Wiederkehr
liefere,
a.
wir dagegen von einer Polarisation oder einsinnig
bestimmten Wertigkeit der ekphorischen Wirkung bei der sukzessiven Assoziation sprechen, so liegen die Dinge dort
ganz
anders.
In
diesen Fällen
handelt
Engramme, deren Manifestationschancen Empfindungen an auch sonst
alle
sich
gleich sind,
Begleitmomente
es
sich
stets
um
mittels oberbewnßter
und bei deren Ekphorie
als gleich gesetzt zu betrach-
ten sind. Alles in allem genügt es, zur Charakterisierung der ekpho-
rischen Wertigkeit simultan erzeugter
Engramme
zu sagen,
1 Diese Verhältnisse sind aber individuell verschieden. Ein bedeutender Chemiker, mit dem ich über diese Dinge sprach, und der sich daraufhin genau selbst beobachtete, kam zu dem Resultat, daß
es
ihm nicht selten glücke, die
Gerüche,
z.
B. des Merkaptaus,
rein
mnemische Empfindung gewisser Übereinstimmung
bis zur täuschenden
mit der Originalempfindung zu steigern. Zweifellos spielt dabei nicht nur eine angeborene individuelle Anlage, sondern auch die Ausbildung dieser Anlage durch den Chemikerberuf eine Rolle, der es mit sich bringt, daß der Geruchssinn und das Geruchsgedächtnis als Wegweiser bei der Analyse eine besondere Ausbildung erfahren.
Ekphorische Wertigkeit. Nichtumkehrbarkeit mnemischer Abläufe.
203
daß durch diese Art der Verknüpfung keine einsinnige Bestimmung-, keine Polarisation irgendwelcher Art gegeben
ist.
Eine ganz anders lautende Aussage müssen wir dagegen über
die
ekphorische
gramme machen.
Um
Wertigkeit
sukzessiv
erzeugter
uns darüber klar zu werden, greifen
wir wieder auf unser altes
Engrammschema
zurück,
Entstehung aus dem Schema der Originalerregungen verstehen Engrammkomplex
ist.
En-
S.
dessen
179 zu
Die mnemischen Empfindungen.
204
vor allem auch die an Intensität hervortretendste Komponente
E (engr), eines
Wir
mnemischen Ablaufs,
nach sich
Phase
ekphoriert.
zieht.
erhalten dann
folgendes
den die Ekphorie von
Schema
D
(engr)
Ekphorische Wertigkeit. Nichtumkehrbarkeit mnemischer Abläufe. 205
schwächeren
und
d^ (eugr)
dem ganz schwachen
(engr)
Cg
simultan assoziiert, woraus sich eine unmittelbare Erklärung
der von Ebbinghaus beobachteten
Dagegen
läßt
sich
Phänomene
ergibt.
weder aus diesem Schema noch aus
unseren bisherigen Erörterungen der Grund erkennen, bei
Ekphorie von
D (engr)
Engrammkomplexes damit auch von des mit
D
3,
über
stets
d^^
(engr) eine
(engr) simultan assoziierten c^ (engr), das ja
mischen Ablaufs sehen nicht
D
ist,
ein,
(engr)
S. 204),
warum über
und
aber nicht durch Ekphorie
erfolgt,
auch
Schema des mne-
tatsächlich mitekphoriert wird (vgl. unser
Bahn
Ekphorie des
dessen Komponente d (engr)
E (engr)
warum
eine Ekphorie von
C (engr).
Wir
die Ekphorie eine Prädilektion für die
d^ (engr)
zu
c^
(engr) hat, verglichen mit
— scheinbar ganz ebenbürtigen Bahn — C(engr), oder, anders ausgedrückt, warum nach Ebbinghaus der
jE'(engr)
die Ekphorie
unmittelbaren
eines Gliedes
einer
Vorgänger lange nicht so stark
folgendermaßen aus:
schaffenen Prädispositionen
(engr)
Engrammreihe auf seinen
wirkt, wie auf seinen unmitttelbaren Nachfolger.
drückt dies
Ci
ekphorisch
Ebbinghaus
»Die Stärke der so ge-
war wiederum
eine
abnehmende
Funktion der Entfernung der Glieder voneinander in der ursprünglichen Reihe. für die
Nur war
sie bei
gleichen Entfernungen
Verknüpfungen rückwärts erheblich geringer
diejenigen
vorwärts.
Bei
durchschnittlich
gleich
als für
häufiger
Wiederholung einer Reihe wurde jedem Glied das ihm unmittelbar vorangegangene nicht sehr viel fester verbunden als
das
zweitfolgende,
das
zweitvorangegangene
—
soviel
sich aus den wenigen Versuchen überhaupt schließen läßt
kaum
—
so fest als das drittfolgende.«
Zur Erklärung dieser Eigentümlichkeiten reichen,
wie
oben ausgeführt, die bisher von uns erörterten Zusammen-
Die mnemischen Empfindungen.
206
hänge
und wir müssen, auf der betreteneu Bahn
niclit aus,
noch
fortschreitend,
tiefer in
den Bau des individuellen En-
grammschatzes eindringen und noch genauer das Zusammenvon originalen und mnemischen Empfindungen analy-
spiel
um
sieren,
Es
ist
hier zur Klarheit zu
kommen.
bekannte psychologische Tatsache, daß,
eine
von Originalemptindungen
zunächst nur
zu
sprechen,
Ablauf jeder Originalempfindung unlöslich mit
empfindung verknüpft
daß der Ablauf mit
der sich
ist,
der
einer Zeit-
oder vielleicht besser ausgedrückt,
Zeitempfindung
als solcher sich als
der
um
eigentlichen Qualität
darstellt,
der Empfindung zu
einem unlöslichen Ganzen verbindet.
Wenn
wir die Angabe machen, daß eine Empfindung in
unserem Bewußtsein anklingt, dauert, abklingt und schließlich verschwindet, so
oder,
was
geführt.
dasselbe Alles
haben wir damit den Begriff der Dauer,
ist,
der Zeit in unsere Beschreibung ein-
übrige von
was wir Zeitempfindung
dem,
(Zeitanschauung, Zeitvorstellung) nennen, läßt sich aus der
Bewußtseinstatsache der Empfindungsdauer und aus anderen
elementaren Tatsachen des Empfindungslebens, auf die wir hier nicht weiter eingehen, ableiten.
Der Begriff der Dauer,
der längeren Dauer unseres Allgemeinbewußtseins, der kür-
zeren einer auftauchenden und wieder verschwindenden einzelnen Empfindung, gehört somit zu den Elementen unseres
Empfindungslebens.
Ich halte es deshalb auch für ein ver-
gebliches Bemühen,
unsere
andere
seelische
Erlebnisse
daraus erst der Zeitbegriff einer
Weise
in
den
setzungen enthalten
Nun
ist
es
Zeitempfindung
als
so
als
zurückzuführen,
autTDaut,
nicht
bereits
solche
daß
auf sich
in irgend
gegeben angenommenen Voraus-
ist.
allerdings richtig,
daß eine Zeitempfindung
Ekphorische Wertigkeit. Nichtumkehrbarkeit mnemischer Abläufe. trotz
der objektiven Dauer der Emptindimgen im Organisnius
nicht zustande
kommen
wenn der
könnte,
seinsinhalt von seinem Nachfolger
kanntlich
so
jeweilige Bewußt-
abgelöst würde,
Bewußtsein damit endgültig abgetan wäre.
er für das
letzteres aber nicht der Fall, der jeweilige
ist
wußtseinsinhalt eine
207
umschließt
anderen Elementen
unter
mehr oder weniger genaue Kenntnis
seiner
daß BeBe-
auch
unmittel-
baren Vorgänger, und darauf beruht eben das, was wir als Auftreten,
Dauer und Aufhören
einer
Empfindung bezeichnen,
Dinge, die uns primär als Bewußtseinstatsachen, als Attribute der Empfindungen gegeben liegt,
ist
die
subjektive
sind.
Was
uns also vor-
Dauer der Empfindungen.
Eine
objektiv vorhandene, aber nicht als solche empfundene Dauer ist
ein bloßes Gedaukenspiel.
Empfinde ich die längere oder kürzere Empfindungsdauer als solche,
Empfindung
ist
das Auftreten, Andauern und Aufhören einer
als solches in
meinem Bewußtsein
determiniert,
so unterscheide ich natürlich auch, ob das Auftreten,
Andauern
und Aufhören einer zweiten Empfindung mit den entsprechenden Phasen der ersten übereinstimmt, oder nicht; ich empfinde Gleichzeitigkeit
und Sukzession meiner verschiedenen
Empfindungen. Als weitere Konsequenz ergibt sich daraus eine bestimmte
Anordnung unserer Empfindungen entsprechend zeitigkeit oder Sukzession, die zeitliche
ihrer Gleich-
Anordnung der Em-
pfindungen in unserem Bewußtsein, die aber deshalb polarisiert,
nicht
umkehrbar
erscheint,
weil
stets
die
momentan
vorhandenen Empfindungen, der präsente Simultankomplex, das »Jetzt«, als Orientierungsmarke
^
dient
und den Endpunkt
1 Genauer auf diese Orientierungsmarke gehen wir den Kapitel ein.
erst
im folgen-
208
Die!
mnemischen Erapfinduiigeu.
Dadurch wird im Bewußtsein das Früher oder Später
festsetzt.
Dieser sukzessiven Anordnung der Bewußtseins-
bestimmt.
wie wir bereits oben gesehen haben, die
inhalte entspricht,
sukzessive Anordnung unseres individuellen Engrammschatzes, der
der bei
Ekphorie zu mnemischen
durch die Orientierungsmarke des
Empfindungen
sich
präsenten Simuitankom-
plexes von Originalempfindungen auch wieder in ein Früher
und
Wir können den präsenten
ein Später polarisiert zeigt.
simultanen Erregungskomplex auch als die Wachstumsschicht des Engrammschatzes bezeichnen.
Im
Schlafe,
in
Zuständen kann
der Hypnose, die
Marke
in
allerlei
allerdings
pathologischen
derart
verschoben
werden, daß wir den präsenten Simultankomplex von Originalempfindungen, das »Jetzt«, nicht an die von seinen unmittelbaren Vorgängern hiuterlassenen simultanen
Engramm-
komplexe, sondern an weit zurückliegende Eugrammkomplexe
anknüpfen unter Ignorierung der dazwischenliegenden Strecke. Die Polarisation des Engrammschatzes, soweit er eben ekphoriert wird, bleibt
aber auch dann innerhalb dieser ekphorier-
ten Strecke in der Hauptsache erhalten.
Wir glauben dann
wohl, obwohl tatsächlich jene Zeiten längst hinter uns liegen, wir
müßten noch einmal
ein Jahr lang in die Schule gehen,
dann das Maturitätsexamen machen, wir glauben aber wir müßten zuerst das
kann zwar überhaupt wirrungen
in der
nicht,
Examen machen und dann noch
mal das Gymnasium besuchen. in
und
ein-
Die mangelnde Orientierung
solchen Zuständen zu großen Ver-
Verwertung unseres Engrammschatzes führen,
wir können zwar einzelne Abschnitte zeitlich durcheinander
—
werfen in
vor
bezug
—
,
auch bei normaler Orientierung kommt das ja auf
die
verblaßte
Teile
unseres
Engrammschatzes
einzelnen Abschnitte an sich aber zeigen sich
1
Ekphorische Wertigkeit. Nichtamkehrbarkeit mnemiscLer Abläufe.
209
doch durchweg entsprechend dem Früher und Später polarisiert.
Genügen nun aber
um
die
die bisherigen Auseinandersetzungen,
Beobachtungstatsache
mische Abläufe insgesamt oder,
daß mne-
zu erklären,
voll
um
bei unserer spezielleren
Fassung des Problems zu bleiben, daß mnemische Empfindungsabläufe nicht umkehrbar sind?
nehme den kon-
Ich
kreten Fall, ich hätte vor zwanzig Jahren eine Melodie gehört, die
damals großen Eindruck auf mich machte; seitdem hätte
ich sie sie
weder wieder gehört noch an
sie gedacht.
Spielt
man
mir jetzt wieder in der richtigen Folge vor, so erkenne
ich sie sofort wieder
;
man
spielt
sie
aber in der umgekehrten
Folge, so erscheint sie mir als etwas durchaus Fremdartiges.
Wirkt da etwa auch mein präsenter Simultankomplex von Origiualempfinduugen
als
Orientierungsmarke
und bewirkt
über die ungeheure Reihe dazwischenliegender Bewußtseinsinhalte hin die Orientierung von
kurzen Empfindungsstrecke ?
Es
Früher und Später ist
ofi'enbar,
in
jener
daß diese Er-
klärung nicht ausreicht, und hier noch etwas Besonderes hin-
zukommen muß.
Dieses Besondere
ist
nun
nichts prinzipiell
Neues, sondern nur eine Konsequenz des bisher Angegebenen, ein notwendiges
Produkt der Wechselbeziehung des Empfin-
dungs- (bzw. Erregungs-jAblaufs mit den übrigen organischen Abläufen.
Wir haben wieder von der Tatsache auszugehen, daß solche
empfunden
Ein Bewußtseinsinhalt enthält für uns eine
Summe von
Sukzession wird.
die
Bewußtseinsinhalte
der
als
synchronen und akoluthen Empfindungen, die wir zusammen als
Originalempfindungen bezeichnen, und von mnemischen
Empfindungen, nebst den eventuell vorhandenen Geftihlsbetonungen beider Empfindungsgattungen. äumou, Mueme.
II.
Fassen wir zunächst 14
Die mnemischen Empfindungen.
210
der Einfachheit halber
Komplexes
ins
nur
Originalempfindungeu
die
des
Auge, so enthält jeder Simultankomplex außer
anderen Originalempfindungen immer noch eine Anzahl der
Organempfindung
sogenannten Orgauempfindungen. kanntlich ein
Sammelname
ist
be-
den verschiedensten Sinnes-
für die
Druckempfindungen und kinästhetischen
qualitäten (besonders
Empfindungen, ferner eigenartigen Qualitäten, wie Hunger, Durst usw.) angehörigen Empfindungen, die durch das Funkinnerer
Organe
uns
ausgelöst
tionieren
verschiedener
werden.
Meistens werden sie von unserem Bewußtsein un-
mittelbar (oder auch
mittelbar durch erworbene Asso-
auf die entsprechenden Organe, zuweilen werden
ziationen) sie
erst
in
aber auf den ganzen Körper und nicht auf ein einzelnes
Das Vermögen,
Organ bezogen.
Empfindungen
diese
auf ein bestimmtes Organ zu beziehen,
lokalisieren,
ist
zu je
nach Eigenart der betreffenden Empfindungen und nach ihrer Intensität sehr verschieden.
Einige von diesen Empfindungen verlaufen entsprechend
der sie auslösenden rhythmischen Funktion der Organe in
einem bestimmten Rhythmus.
Es sind dies beim Menschen
und überhaupt den lungenatmenden Wirbeltieren
die
empfindungen und die Kreislaufsempfindungen.
Diese rhyth-
Atmungs-
mischen Empfindungen sind bei den betreffenden Organismen
immer vorhanden, Alltäglichkeit achtet,
freilich
werden
grade wegen ihrer
sie
und Allsekundlichkeit gewöhnlich nicht be-
wie dies
mit
allen
alltäglichen,
stets
vorhandenen
oder regelmäßig wiederkehrenden Erscheinungen geschieht.
Es genügt
um
ihre
aber,
bei
Aufmerksamkeit auf
Anwesenheit wahrzunehmen.
rigkeit für die
aber
die
Atmungsempfindungen;
ruhigem
normalem
sie
zu richten,
Ohne jede Schwiefür
Kreislauf
den Herzschlag nur
unter
ange-
Ekphorische Wertigkeit. Nichtumkehvbarkeit mnemlscher Abläufe.
211
spannter Aufmerksamkeit
Ab-
und
bei
Fernhaltung jeder
lenkung. Alle hier in Frage
kommenden Empfindungen
der Natur
sprechend
der
stellen ent-
auslösenden Prozesse
sie
zwar
zyklische aber ohne totale Veränderung ihres ursprünglichen
Charakters nicht umkehrbare Abläufe dar.
sind trotz
Sie
ihres zyklischen Charakters einsinnig polarisiert, insbesondere
was
die
ihnen mitspielenden kinästhetischen Empfin-
bei
dungen sowie auch
die
Druckempfindungen anlangt.
zwischen Aus- und Einatmen
der Wechsel
einem gegebenen Zeitabschnitt be-
dergestalt,
daß
ich
mit
dem
einen Prozeß
liebig
aber
kann.
lassen
folgen
in
Jeder
umkehrbar;
nicht
das
des Einatmens.
dieser
Ausatmen
sich
ist
weder mecha-
ist
Ausatmen und Einatmen
sind
funktionell
Umkehrungen.
Erweiterung und Verengerung
die
heißt,
die
an
Prozesse
zwar Gegensätze, mechanisch aber nicht
wird
und den anderen
beginnen
noch in seinem Empfindungsausdruck die Umkehrung
nisch,
in
Zwar
umkehrbar,
ist
Das
des Brustkorbes
durch dieselben einmal in der, das andere Mal
nicht
umgekehrter Richtung wirkenden Kräfte besorgt, sondern
Einatmung durch
Ausatmung
die Kontraktion gewisser Muskeln, die
nicht etwa durch entgegengesetzte Arbeit (aktive
Streckung) derselben Muskeln, sondern vielmehr, bei bloßer Erschlaffung dieser Muskeln, durch die Schwere des Brust-
korbes
und
die Elastizität
der Lungen
im Falle
ruhiger
Atmung; im Falle angestrengter Atmung aber durch
Dem
die
müssen
die
mit diesen Vorgängen verknüpften Organempfindungen
ent-
Kontraktion
sprechen,
die
ganz
anderer
einen
Muskeln.
einsinnig
bestimmten
Zyklus
dar-
stellen.
Zu demselben Resultat gelangt man
bei
einer Analyse 14*
212
t>i6
der Mechanik
mnemischen Empfindungen.
des Kreislaufs und der mit diesem Kreislauf
verknüpften Organempfindungen.
Aber das gleiche
gilt für
jeden chemischen.
flir
jeden biologischen Ablauf, auch
Die Stoffwechselsprozesse sind zwar
meist zyklische, aber stets einsinnig bestimmte, nie umkehrbare
dem
Vorgänge, und
müssen, soweit diese Vorgänge mit Er-
regungen bzw. Empfindungen im weitesten Sinne verknüpft sind,
die
zugehörigen Erregungs- bzw. Empfindungsabläufe
entsprechen.
Von den durch lösten
übrigen zyklischen Prozesse ausge-
Empfindungen wollen wir jedoch hier absehen, da
so gut wie nie mit
sie
hinreichender Klarheit ins Oberbewußt-
und deshalb,
gelangen
sein
die
hier zur Diskussion stehende
obwohl
prinzipiell für die
sie
Frage mindestens ebenso wichtig
sind, bei unserer jetzigen Betrachtungsweise besser
im Hinter-
gründe gehalten werden. Dagegen wollen wir betonen, daß die
Atmuugs- und Kreislaufsempfindungen, jede Klasse
in ihrer
besonderen Rhythmik, von unserer Geburt an die begleitenden
Stimmen
in
dem symphonischen Ablauf
Empfindungen
bilden.
Oder,
um
ein
aller unserer übrigen
anderes Bild zu ge-
brauchen, diese Empfindungen bilden das sich stetig wieder-
holende Muster des Untergrundes, auf den
alle
übrigen
Em-
pfindungen gestickt werden.
Nun werden
natürlich nicht
allein
die Erregungsspuren
der letzteren, nicht zyklischen und viel markanteren Empfin-
dungen engraphisch auch noch
so
festgehalten, sondern mit ihnen ein,
blasser Abklatsch jenes
wenn
Grundmusters
von
Atmungs- und Kreislaufserregungen, das von Phase zu Phase mit ihnen durch Simultanassoziationen unlöslich verknüpft Erfolgt dann einer
später die Ekphorie eines
ist.
Engramms oder
Engrammreihe von nicht zyklischen Empfindungen,
so
Ekphorische Wertigkeit. Nichtumkehrbarkeit mnemischer Abläufe.
wird,
wie oben ausführlich dargelegt worden
ist,
213
nicht das
Einzelengramm, sondern, wenn auch noch so abgeschwächt, der ganze simultane
Engrammkomplex
ekphoriert, ohne
daß
allerdings diese Ekphorie in ihrem Empfindungsausdruck die
Schwelle des Oberbewußtseins
zu
überschreiten
oberbewußt zur Manifestation zu gelangen braucht.
demnach auch
eine Mitekphorie der Kreislaufs-
und Es
also
erfolgt
und Atmungs-
erregungen, die ausnamslos als Begleitmotiv jedes Erregungsablaufs figuriert haben, ganz gleich, ob sie sich dabei durch
Empfindungen manifestiert haben, oder
nicht.
Daß nun jene mnemischen Atmungs- und erregungen bzw. Empfindungen
Moment
verhindert durch die im
wärtigen
originalen
Kreislaufs-
Kreislaufs-
umgekehrt ablaufen, wird der Ekphorie stets gegen-
und Atmungsempfindungen,
im Sinne eines homophonen oder annähernd homophonen
die
Ablaufs jener hinwirken. Auf diese Wirksamkeit der
phonie gehe ich an
dieser Stelle
Homo-
nicht näher ein, sondern
verweise auf meine Ausführungen über die regulierende Wirk-
samkeit der Homophonie in der »Mneme«, besonders 14. Kapitel,
in
deren
sowie auf die folgenden Kapitel des vorliegen-
den Buchs.
Aus diesen Gründen
erklärt sich vollständig die
lichkeit des rückläufigen Ablaufs einer sion,
ja
es
Ebbinghaus
Wirkung
erklärt
einer
nach rückwärts auf unser des
auf
aus ihnen erst so recht das von
Stärkeverhältnis
der
ekphorischen
mnemischen Empfindung nach vorwärts und in
Schema
Engramms
allerdings
sich
ermittelte
Unmög-
mnemischen Sukzes-
der Engrammreihe. S.
203
E (engr)
zurück,
zur
dem Wege
Ekphorie ebensowohl von
so
Greifen wir wieder führt
die
Ekphorie
mnemischen Empfindung
E (mn)
der Simultanassoziation zu einer
D
(engr)
wie
F (engr).
Da
aber
Die mnemischen Empfindungen.
214
der Ablauf im ganzen aus den eben entwickelten Gründen sich
vom Simul-
der Phase 4 hin und
zum Simultankomplex
tankomplex der Phase 2 fortbewegt, Ekphorie des Einzelengramms
D
obwohl
sie
und diese Hemmung der Ekphorie von zu der von
F (engr)
kommt
telten Stärke Verhältnis
Wenn ich
(engr)
ermit-
zum Ausdruck. umgekehrter Ordnung
in
im Vergleich
dem von Ebbinghaus
ich also die Originalreize, die eine
geschaffen haben, löse
in
die
an sich
gehemmt,
ebenso günstig zu £' (engr) steht, wie i^(engr),
D
auch
wird
so
(engr),
Engrammreihe wiederhole,
so
im besten Fall außer den neuen Originalempfin-
dungen noch eine Anzahl von Einzelekphorien der mit diesen Originalempfiüdungen assoziierten
dadurch
vielleicht
—
erfolgt
oft
Engramme unter
aus und erzeuge
solchen Umständen
wohl überhaupt keine merkliche Ekphorie
—
ein
Mosaik
von rückläufig angeordneten mnemischen Einzelempfindungen. Diese sind dann aber unter sich nicht unmittelbar verbunden,
um Zug
sondern bloß Zug
dungen verknüpft. Sie hängenden
mit den neuen Originalempfin-
stellen deshalb
mnemischen Ablauf
auch keinen zusammen-
dar, der
sich in
gewissem
Sinne selbständig neben den gleichzeitigen originalen stellen könnte.
Auf der Homophonie von originalem und mnemi-
schem Ablauf beruht
aber, wie ich unten zeigen werde, das
Wiedererkennen und Unterschiedsempfinden.
Es kann
auch nichts dem Wiedererkennen irgendwie Ahnliches finden,
wenn man
also statt-
eine Melodie in umgekehrter Tonfolge
umgekehrtem Rhythmus
spielt,
die
und
Laute eines Satzes bei
der phonographischen Reproduktion umdreht oder eine Folge
von komplizierten Bewegungen im kinematographischeu Bilde
umgekehrt ablaufen Unsere
läßt.
obenstehenden
Erörterungen
haben
sich
ganz
Ekphorische Wertigkeit. Nichtumkehrbarkeit mnemischer Abläufe. 215
wesentlich
mit der großen Gruppe von Fällen beschäftigt,
bei der es sich
um Sukzessionen von
durch Empfindungen mani-
festierten Originalerreguugen handelt,
engraphisch
die
fest-
gehalten bei der Ekphorie als Sukzession von mnemischen
Empfindungen
zutage treten.
kennen
die
gelernt,
einen Ablauf der Sukzession
mnemischen Keproduktiou lich
machen.
In der
Hier haben wir die Gründe
in
bei
der
umgekehrter Eichtnng unmög-
»Mneme« habe
ich
mich bemüht, nach-
zuweisen, daß die mnemische Reproduktion, die sich durch
Bewegungen, Sekretion, Wachstumsprozesse
manifestiert,
ganz
denselben Gesetzen unterliegt wie diejenige, die durch
Em-
pfindungen zur Manifestation gelangt. geglückt
ist,
dem vorliegenden konkreten Fall die einen
schen
Ob mir
will ich hier nicht erörtern. sicher,
dieser
Soviel
Nachweis
ist
aber in
daß dieselben Gründe,
umgekehrten Ablauf einer Sukzession von mnemi-
Empfindungen
Fälle in Kraft treten,
verhindern, auch für alle diejenigen
in
denen es sich
um
eine
Reproduk-
tion von Bewegungen, Stoffwechselsprozessen, Wachstumsvor-
gängeu handelt.
Das
allen Fällen
Gemeinsame
ist
der Er-
regungsprozeß in der organischen Substanz, der durch den Reiz
als
Originalerregung
gehalten und
Ob
wird.
als
festieren,
ist
Engramm
als
mnemische Erregung wieder
sich Original-
Empfindungen,
ausgelöst,
fest-
ekphoriert
und mnemische Erregungen durch
Bewegungen
oder
Wachstum usw.
von sekundärer Bedeutung.
mani-
Auch neben der
mnemischen Reproduktion von Erregungsfolgen, die sich nicht durch Empfindungen manifestieren, läuft die mit diesen Er-
regungen assoziativ verbundene mnemische Reproduktion der zyklischen und dabei einsinnig bestimmten Atmungs-, Kreislaufs-,
alles
Stoffwechselsprozesse einher, auch sie sind auf jenes
durchziehende Gruudmuster gestickt.
Und
die
Homophonie
Die mnemischen Empfindungen.
216
jener zyklischen mnemischen Prozesse mit den entsprechenden, stets gegenwärtigen zyklischen Originalerregungen verhindert
eben
allen
in
Manifestation durch Empfindungen stattfindet, eine
ganz
Fällen,
ob
gleich,
eine
Wege
oder auf anderem
Rückläufigkeit mnemischer Abläufe.
In diesem Gruudmuster haben wir soeben einen weiteren
wesentlichen und durchaus typischen Bestandteil
und
viduellen Engrammschatzes kennen gelernt, mir,
nachdem
diese
des indi-
es erscheint
Ergänzung hinzugekommen
ist,
zweck-
mäßig, nunmehr eine zusammenfassende Übersicht der Hauptkategorien der Engrammkomponenten zu geben, aus denen sich der individuelle
Engrammschatz zusammensetzt.
Wir haben aus Gründen, deren Berechtigung wir gründerwogen haben, die Gesamtheit des Engrammschatzes
lich
in
eine
kontinuierliche
grammkomplexen tanen
geteilt.
Engrammkomplex
simultanen En-
Schichtenfolge von
An den
jeweilig
simul-
letzten
schließt sich unmittelbar der präsente
simultane Erregungs- (bzw. Empfindungs-)
Komplex
Wachstumsschicht des Engrammschatzes Jeder simultane Erregungskomplex 1.
aus Originalerregungen,
2.
aus mnemischen Erregungen.
Die Originalerregungen befinden
bestellt
sich
als
die
an.
nun:
entweder
in ihrer
synchronen oder in ihrer akoluthen Phase.
Die mnemischen Erregungen (über deren Phasen wir im nächsten Kapitel sprechen werden) entstammen verschiedeneu Schichten des bisherigen Engrammschatzes, aus denen unmittelbar
simultan
(durch Originalerregungen),
sie teils
teils
suk-
zessiv (durch mnemische Erregungen) ekphoriert sind.
Zu den Originalerregungen gehören auch in ihrer Empfindungsmanifestation als
»
diejenigen, die
Organ empfindungen«
Ekphorische Wertigkeit. Nichtumkehrbarkeit mneiuischer Abläufe.
Umständen
unter gewöhnlichen
anspruchen
aber
Hervorhebung, folge der
insofern
stark zurücktreten.
eine
217
Sie be-
besondere Beachtung und
als diejenigen unter ihnen, die in der Schichten-
Erregungskomplexe zyklisch wiederkehren,
Schichtenfolge der
Engrammkomplexe
in der
eine Art Grundmuster
hinterlassen.
Wenn
der
simultane Erregungskomplex
präsente
seinem Nachfolger Platz
macht,
läßt
er
bei
also
seinem Ver-
schwinden einen simultanen Engrammkomplex zurück, dessen
Komponenten
sich ihrer Herkunft
nach folgendermaßen
ein-
teilen lassen:
Engramme von Originalerregungen:
1.
a)
von solchen
in
b)
von solchen
in akoluther Phase.
synchroner Phase,
Engramme von mnemischen
2.
a)
Erregungen:
von solchen die simultan (durch Originalerregungen)
ekphoriert sind, b;
von
solchen
die
sukzessiv
(durch
mnemische Er-
regungen) ekphoriert sind. 3.
lich
Der Schichtenfolge des Engrammschatzes kommt end-
noch ein
Grün dm US t er
zu,
das von den zyklisch wieder-
kehrenden Organerregungen hinterlassen, eine Art Hintergrund bildet,
auf den die übrigen
Engramme
aufgestickt sind.
Zwölftes Kapitel. Die iimeraische Empfludung uud ihre Unterscheidung von
der Originalempflndnng.
Wir
greifen hier einleitend auf folgende, in der
ausführlicher
behandelte Gedankengänge zurück.
phorie eines
Eagramms
reizbaren Substanz, zeichne.
liefert
den
ich
»Mneme« Die Ek-
einen Erregungszustand der
als
mnemische Erregung be-
Nun können Erregungszustände
der
reizbaren
Substanz von uns nicht unmittelbar vrahrgenommen werden.
Wir
schließen auf sie aus ihren
Manifestationen.
Unter
diesen Manifestationen aber können wir zwei Hauptgruppen
unterscheiden:
erstens
Bewußtseinsreaktiouen
das
,
heißt
Empfindungen im weitesten Sinne, mit oder ohne GefUhlsbetonung; zweitens Reaktionen
in Gestalt
plastischen und Stoffwechselsprozessen,
sowohl bei sich selbst die
man
jektiv
als
die
von motorischen,
man
als
solche
auch bei anderen nachweisen kann,
deshalb als objektiv wahrnehmbare den nur sub-
wahrnehmbaren Bewußtseinsreaktionen oder Empfin-
dungen gegenüberstellen kann.
Da
wir uns in der vorliegenden Fortsetzung der »Mneme«
ganz vorwiegend mit den Empfindungen, im weitesten Sinne, beschäftigen, fassen wir hier auch nur diejenigen
Erregungen
ins
manifestieren.
mnemischen
Auge, die sich durch Bewußtseinsreaktionen Diese Bewußtseinsreaktionen bezeichnen wir
Unterscheidung der mnemischeu von der Originalempfindung.
219
mnemische EmpfiuduDgeu im weitesten Sinne; wenn es
als
sich
um
die
Gefühlsbetonungen solcher Empfindungen handelt,
mnemische Gefühle.
als
Wir nennen
wenn
eine
sie
also eine
Empfindung dann eine mnemische,
mnemische Erregung
manifestiert,
das heißt
eine Erregung, die nachweislich nicht durch Originalreiz ausgelöst
sondern sich aus der Ekphorie eines Engramms
ist,
herleitet.
Wie wird nun
der Nachweis geführt, daß es sich beim
um
Auftreten einer Erregung bezw. Empfindung nicht
um
wöhnliche Auslösung sondern
Ekphorie handelt?
ge-
Über
diesen Punkt haben wir ausführlich im sechsten Kapitel der
»Mneme« und im zehnten Kapitel des vorliegenden Werks handelt.
Das Unterscheidungsmerkmal besteht
darin,
ge-
daß
der mnemische Erregungsvorgang, ob er sich nun durch objektiv
wahrnehmbare (motorische, plastische, sekretorische usw.)
Reaktionen oder durch nur subjektiv wahrnehmbare (Empfindungs-) Reaktionen manifestiert,
zu
seiner Hervorrufung
bloß einen Bruchteil der Bedingungen braucht, die zur Her-
vorrufung derselben Erregung als Originalerregung notwendig
gewesen
sind.
Dies Unterscheidungsmerkmal auf Grund des
zweiten mnemischen Hauptsatzes bezieht sich demnach lediglich
auf die Art der Hervorrufung
der
beiden
zu
unter-
scheidenden Erregungen, nicht auf die Beschaffenheit dieser
Erregungen
selbst.
Wir haben uns
jetzt
die
Frage vorzulegen:
Gibt
es
zwischen beiden Gruppen von Erregungen, oder da wir hier nur
solche
Erregungen
ins
Auge fassen wollen,
die
sich
durch Bewußtseinsreaktionen manifestieren, zwischen beiden
Gruppen von Empfindungen, neben dem Unterscheidungs-
merkmal der andersartigen Hervorrufung Verschiedenheiten,
220
mnemischen Empfindungen.
I^io
selbst zu
der Art und Weise
in
sich
die
des Bewußtseinsvorgangs
erkennen geben, und sind diese Verschiedenheiten
so beschaffen,
daß
durch ein durchgreifendes Unter-
sie sich
scheidungsmerkmal präzisieren lassen? Die Beantwortung dieser Frage, die gewöhnlich apodiktisch bald in diesem, bald in jenem Sinne entschieden wird, halte ich für so wichtig, daß ich ihr hier eine gründliche
lung widmen
will.
nach
erst
Ansicht
Ein richtiges Urteil kann
Behand-
man meiner
wenn man den Gegenstand von
fällen,
verschiedenen Seiten her untersucht hat.
Zunächst treten wir rein empirisch au die Frage heran.
Wir nehmen
säßen
an, wir
tuose hat seinen Platz
kum
am
in
Wir
lauscht regungslos auf den Beginn.
Augen geschlossen, um
die
einem Konzertsaal.
tragenden und der
Der Vir-
Klavier eingenommen, das Publiselbst
nicht durch das Bild
Umgebung abgezogen
haben
des Vor-
zu werden, und er-
warten jeden Augenblick, die leisen Töne des Adagios der
Beethovenschen Cis-moll Sonate zu hören. Mit vollkommener Deutlichkeit erklingen die allbekannten Tonfolgen, die ganzen
und halben Noten der Baßoktaven, triolen des
luter Gewißheit, hat,
daß der Spieler
daß das, was da
gang
ist.
die schreitenden Achtel-
Diskants in uns, und dennoch wissen wir mit abso-
Da
selbst
noch nicht angefangen
in uns erklingt, ein rein
mnemischer Vor-
fängt der Pianist an zu spielen, und in demselben
Augenblick wissen wir mit derselben Bestimmtheit, daß die jetzt
Was
empfundenen wir
leisen Tonfolgen Originalempiindungen sind.
freilich meist nicht wissen,
wessen wir uns wenig-
stens gewöhnlich nicht klar
bewußt
Originalempfindungen
mnemischen Empfindungen
mit
bunden und durchwoben erst später zurück.
sind.
sind,
ist,
wie stark diese ver-
Doch darauf kommen wir
Jedenfalls haben wir hier einen Fall, in
Unterscheidung der innemischen von der Originalempfindung.
dem
iu
221
unserem Bewußtsein sich die Originalempfindung von
der entsprechenden mnemischen Empfindung auf das unver-
Der Fall
kennbarste unterscheidet. eine Unterscheidung auf
wie ganz
hier so gut
ist
auch so gewählt, daß
Grund von begleitenden Momenten Die
fortfällt.
beiden Empfindungen
werden zweifellos als solche im Bewußtsein unterschieden.
Auf
die Frage,
worin das
unterscheidende
sie
liegt,
wollen
wir erst nach Erörterung der Gegenbeispiele eingehen.
Ein Gegenbeispiel Siunesgebiet. licher
bringe
Wir erwarten
Ruhe und
ich in
zunächst
aus
Gegend,
einer
demselben
die in länd-
zusammen mit unseren Haus-
Stille daliegt,
genossen die Ankunft eines Wagens, der uns lange nicht ge-
sehene Freunde zuführen hinaus,
um den
soll.
Wir horchen
in
die
Ferne
ersten Laut des uns wohlbekannten fernen
Rollens der Räder zu hören.
Einer ruft »Jetzt!« Alle lauschen
gespannt, und einige glauben es auch zu hören. »Ja, wirklich!«
Aber es kommt nicht näher, verschwimmt, war nur mische Empfindung;
Wieder hören,
ruft
einer
nach
mne-
»Einbildung« des fernen Rollens.
die
»Jetzt«,
wieder glauben wir
etwas
zu
aber jetzt sind wir skeptisch und denken es sei nur
mnemische Empfindung.
die
die
umgekehrten Seite
der
zweifelnd
Aber diesmal haben wir uns
stehen,
steigert
geirrt,
sich
die
während
wir
noch
Empfindung zu einen
solchen Grad der Lebhaftigkeit, daß wir an ihrem Charakter als
Originalempfindung nicht mehr zweifeln können. In diesem
Fall
haben wir
erhalten als
also
nahezu das entgegengesetzte Resultat
im vorigen.
empfunden, ob es sich
um
Wir haben eine
erstens keine Gewißheit
mnemische oder eine Original-
empfindung handelt, wir haben uns nur zweifelnd entschieden
und finden nicht getäuscht haben.
selten,
daß wir uns bei der Entscheidung
Die tanemischen Empfindungen.
222
Ganz ähnlich ergeht
es
uns,
wenn wir
kanntes, aber schwer wahrnehmbares
ein uns gut be-
optisches
Phänomen,
etwa den ersten Lichtschimmer beim Grauen des Tages oder Ähnliches erwarten, besonders
wenn wir
mit Spannung
es
erwarten; denn diese Spannung, die die Aufmerksamkeit auf
das betreffende Gebiet konzentriert, eintretender
Ekphorie
lebhaftere
dritter Stelle bringe ich
eventuell
Färbung
mnemischen Empfindungen,
gewöhnlichen Umständen aufzutreten
als sie unter
in
bedingt bei
bedeutend
der entsprechenden
(Vividität)
An
eine
den
Fall, in
meiner subjektiven Erfahrung die
pflegt.
dem wenigstens
zuweilen
bestehende
Unmöglichkeit, originale und mnemische Empfindungen als solche
im Bewußtsein zu Ich
hervortritt.
blutsaugenden
unterscheiden,
gegen
bin
Insekten
das
am
deutlichsten
Speicheldrüsensekret
außerordentlich
der
und
empfindlich,
weder meine Erfahrungen an Bord meines Luggers Hekla noch die Moskitonächte
am
Niger oder
mich im geringsten abgehärtet.
am Kap York^ haben
Es genügt bei mir auf einer
Reise abends beim Auskleiden der Verdacht, daß das Schlaf-
zimmer Parasiten beherberge,
um
des Gestochenwerdens auszulösen.
deutliche
Empfindungen
Unzählige Male
muß
ich
mich dann durch den Augenschein überzeugen, daß ich mich getäuscht habe.
wenn
ich,
habe, es
ich
ist
Es
ist
mir aber auch schon begegnet, daß
nach mehreren solchen Täuschungen gedacht
wieder nur Einbildung, beim Zusehen entdecken
mußte, daß ich diesmal die Originalempfindung für Einbildung gehalten hatte.
Es geht wohl vielen
empfindlichen Menschen so; solche 1
»Einbildung« gar nicht begreifen.
R. Semon,
350 uBW.
in
Im
dieser Beziehung
andere können allerdings eine
australischen Busch.
2.
Ich führe diesen
Auflage 1903,
S.
341,
Unterscheidung- der mnemischen von der Originalempfindung. Fall,
223
wegen dessen etwas sehr persönlichen Charakters
ich
die Nachsicht des Lesers erbitte, deshalb hier besonders an,
weil ich im Lauf der Zeit bei mir die sichere Beobachtung
gemacht und
in Wiederholungsfällen bestätigt habe,
mir einfach unmöglich bloße aufmerksame
ist,
daß es
unter derartigen Umständen durch
Beobachtung
des
Bewußtseinsvorgangs
darüber ins klare zu kommen, ob hier eine originale oder eine
eben
mnemische Empfindung
vorliegt.
Wir können aus den
und Gegenbeispielen und un-
augeführten Beispielen
zähligen parallelen Erfahrungen den sicheren Schluß ziehen,
daß wir im normalen Wachzustande
in
eine gewöhnliche
Schwierigkeit haben,
der
Regel keine
Originalempfindung
von einer gewöhnlichen mnemischen Empfindung zu unterscheiden;
eine nur eben merkliche Originalempfindung von
einer infolge besonderer
Umstände besonders
mnemischen Empfindung aber
Nun
gibt
es
aber noch
lebhaft betonten
nicht.
zwischen den hervorgehobenen
beiden Gruppen von Fällen, die sich scheinbar gegensätzlich gegenüberstehen, unzählige Übergaugsfälle. Vor allen Dingen gelingt
es
manchen von uns, unter Umständen
selbst
im
normalen Wachzustande, durch besondere Konzentration und
Anspannung der Aufmerksamkeit, einer mnemischen Empfindung so starke Lebhaftigkeit zu verleihen, daß oder
nahezu
einer
lebhaften
Johannes Müller i, der sehr
viel
mentiert hat, berichtet darüber: einen ganzen Abend,
still
Originalempfindung in
1
ganz
gleicht.
dieser Richtung experi-
»Ein einziges Mal, als ich
und ruhig mit geschlossenen Augen
daliegend, unaufhörlich vergeblich versucht hatte, haftes Rot
sie
im Sehfelde zu sehen, und deshalb,
um
ein leb-
die plas-
Johannes Müller, Über die phantastischen Gesichtserscheinungen.
Coblenz,
J.
Hölscher 1826,
S. 82.
Die mnemischen Empfindungen.
224
Phantasie zu unterstützen, Gegenstände von
tische
lebhaft
roter Färbung, Vorhänge, Mäntel, bunte Fenster, rotes Feuer
usw. auf das lebhafteste vorzustellen mich bemüht hatte, sah ich ein einzigmal einen Faltenwurf von
Aber auch dieses hatte Umrissen
einem lebhaft roten Tuche.
ich nicht erst in diesen bestimmten
Während diesem quälenden Bemühen
vorgestellt.
erschien das spezificierte Produkt der plastischen Phantasie
und war auch bald verschwunden.
urplötzlich
Ganz
ver-
einzelt stehen
daher die merkwürdigen Fälle einer leichten
willkürlichen
Einbildung leuchtender
Das
Sehfeld.
bietet jener
erste
Mann, dem auch
in
das
erwähnte wundersame
Er
erzählt von sich selbst,
daß
habe leuchtend einbilden können, was er gewollt.
er sich
Cardan. de varietate
rer., lib.
519, seq.
p.
VIII. p. 160, seq.; de Subtilitate
Hierher gehört auch ein von Gruithuisen, Fall eines Mannes, der in der
Anthrop. § 449, mitgeteilter
Jugend seinen Vater
ihm
Phantasmen
die unwillkürlichen Phantasiebilder so zu-
gänglich waren, Cardanus.
XVIII.
oft
^
sich
leuchtend vorstellen konnte, was
minder gut gelang.
später
wähnten Künstler H. gelingt im dunklen Sehfelde sich
es
Auch dem im § 117 eroft, das, was er mit Willen
einbildet, leuchtend
und farbig zu
Diese willkürlichen Phantasmen entwickeln und ver-
sehen.
wandeln sich aber
sofort ohne alle Willensbestimmung.
«
Jo-
hannes Muller erwähnt dann noch die Fähigkeit, die Goethe in seinen
jüngeren Jahren
besaß, bei geschlossenen Li-
dern eingebildete Blumen und Zierraten mit der Lebhaftigkeit
von Originalempfindungen wahrzunehmen. zitierten
1
Fällen unterscheidet
Unter »leuchtend«
verstehen wie: tretend.
ist
hier
sich der
Von den vorher
Goethesche dadurch,
und im folgenden
offenbar soviel zu
mit der Lebhaftigkeit einer Originalempfindung auf-
Unterscheidung- der mnemischen von der Originalempfindung.
daß das
vorgestellte, aber mit der Lebhaftigkeit
225
von Original-
empfindung geschaute Objekt nicht einen Augenblick seine Gestalt behauptete,
sondern »aus der Mitte gegen die Peri-
pherie sich immerfort veränderte, völlig wie die in unseren
Tagen
erst
erfundenen Kaleidoskope «^
hier wie auch in
dem von
Charakteristisch
ist
Gruithuisen mitgeteilten Fall die
Angabe, daß die Fähigkeit, mnemische Empfindungen mit der Lebhaftigkeit von Originalempfindungen zu erleben, mit den
Jahren abgenommen hat.
Ähnlichen Angaben begegnet
Ich zweifle nicht, daß bei einem sorgfältigen
öfters.
man
Sammeln
der beschriebenen Fälle sich die Zahl der derartigen Beispiele
nur sehr vermehren ließe, sondern auch Beispiele aus
nicht
anderen Sinnesgebieten beizubringen wären,
B. die Steigerung
z.
mnemischer Gehörsempfindungen zur Lebhaftigkeit der entsprechenden Originalempfindungen im normalen Wachzustande.
Für
die prinzipielle Seite der
Frage genügen aber die heran-
gezogenen Beispiele aus der Sehsphäre und die augenzeuglichen
Angaben
eines Cardanus, Goethe
und Johannes Müller.
Aus diesen Beispielen geht unzweifelhaft
hervor, daß es
im normalen Wachzustande zwar sehr schwierig, aber, wie das Beispiel von Johannes Müller zeigt, durchaus nicht un-
möglich
ist,
mnemische Empfindung durch
besondere An-
spannung der Aufmerksamkeit und Ausschaltung lenkung
Lebendigkeit
zur
von
aller
Ab-
Originalempfindungen
zu
Es gibt sogar, wie wir sahen, Personen,
steigern.
eine besondere Fähigkeit besitzen, ohne daß
Recht hätte,
sie als
man
die dafür
deshalb das
anormal zu bezeichnen.
1 Goethe, Zur Morphologie und Naturwissenschaft. Auch in den Wahlverwandtschaften hat sich Goethe an verschiedenen Stellen mit dem Verhältnis von mnemischer zu originaler Empfindung in bezug auf ihre Lebhaftigkeit beschäftigt. Vgl. darüber die Zitate bei Johannes
Müller
a.
a.
0., S.
Semon, Mneme.
22 und 44. LI.
16
226
I^ie
mnemischen Empfindungen.
Unüberbrückbar also deutlicher originaler
die Kluft zwischen der Vividität
ist
und deutlicher mnemischer Empfindungen
schon im normalen Wachzustande
ganz abgesehen da-
nicht,
von, daß sie zwischen mnemischen Empfindungen
und Original-
empfindungen, die sich an der Grenze der Wahrnehmbarkeit
Sobald es sich aber nicht
befinden, überhaupt nicht existiert.
um
den vollen Wachzustand handelt,
ist
die Steigerung der
Lebhaftigkeit von mnemischen Empfindungen auf das Niveau
Originalempfindungen
der
sehr
eine
gewöhnliche
Erschei-
nung.
Es braucht dabei der Wachzustand noch nicht eigentlich sondern nur leicht verändert, vor allem die Ein-
verlassen,
wirkung von kräftigeren Originalreizen möglichst ausgeschaltet zu werden.
Dann tauchen
bei Schluß der
Personen optische Phänomene
auf,
Augen
manchen
bei
Bilder von mannigfachen
Gegenständen, Menschen,Tieren, Pflanzen, erleuchteten Räumen, die durchaus
haben.
den Charakter von unmittelbar gesehenen Bildern
Für ihre nähere Beschreibung verweise
eine
hat zuteil werden
erschöpfende Beobachtung
Wichtig
ist
ich auf die
von Johannes Müller, der diesen Phänomenen
zitierte Schrift
seine Angabe, daß er nicht in der
lassen.
Nacht
allein,
sondern zu jeder Zeit des Tages dieser Erscheinungen fähig war, und gar manche Stunde der Ruhe
entfernt« mit geschlossenen Augen
Auch an anderen
zugebracht habe. hervor,
daß
er
sie
An
Zustand direkt
anderer Stelle als
Stelleu
hebt
(S.
48)
von
aller
sie
er
daß,
wie er angibt,
gekommen
noch
erlebe,
Schwär-
bezeichnet er aber den
»Halbwachen«, und damit
auch übereinzustimmen, ebenso schnell, wie
Beobachtung
bei ihrer
»wachendem Zustande«
in
»fern von allem Aberglauben, merei«.
»vom Schlafe weit
sind,
mit
scheint mir diese Bilder
dem
Eintritt der
Unterscheidung der mnemischen von der Originalempfindung.
Reflexion verschwinden
227
Ich selbst gehöre zu den-
(S. 30).
jenigen Personen, bei denen diese Erscheinungen lange nicht so schön
und sicher
wie bei Müller, Goethe und
auftreten,
Doch zeigen
augenscheinlich vielen anderen. seit ich
mich
selten,
wenn
in ihrer
ich
sie sich mir,
Beobachtung etwas geübt habe, nicht
die
Augen
schließe
und, wie Johannes
Müller sich ausdrückt, »von allem abstrahiere«;
wenn
meist kurz und stören mich,
meiner Ruhe sozusagen wieder
auf.
sie sind
sie lebhaft
aber
werden, aus
Es sind zuweilen Gesichts-
empfindungen, häufiger aber die eigenen Gedanken, die laut
gesprochene Worte
scheinbar
an mein Ohr
als
dringen.
Gerade dies macht mich dann zusammenfahren und beendigt die Erscheinung, die bei mir ausgesprochen
in
einem halb-
wachen, meistens nur wenige Sekunden dauernden Zustande stattfindet.
Bei Müller waren
sie,
seiner Beschreibung nach,
jedenfalls viel leichter hervorzurufen,
fanden in einem statt.
dem
vollen
waren andauernder und
Wachen näher stehenden Zustand
Bei ihm handelte es sich ausschließlich
empfindungen, bei mir sowohl sichtsempfindungen.
um
um
Gesichts-
Gehörs- als auch
Sehr interessant
ist
um Ge-
endlich noch Müllers
Angabe, daß er durch Fasten diese Phänomene zu einer wunderbaren Lebendigkeit bringen könne.
Für den eigentlichen Traumzustand, zu dem wir uns wenden, kann
man
es als Regel bezeichnen,
mischen Empfindungen, spinnt, mit der
in
jetzt
daß die mne-
denen sich das Traumleben hin-
Lebendigkeit von Originalempfinduugen erlebt,
ja in weitaus den meisten Fällen mit Originalempfindungen verwechselt, für solche gehalten werden.
In letzterem scheint
mir der Hauptunterschied in der Art des Erlebens der mnemischen Empfindungen im Traumzustande und im Halbwachen, wenigstens
in
der Art wie
J.
Müller dabei seinen »Phan15*
228
I^ic
mnemischen Empfindungen.
tasmen« gegenüberstand, zu bestehen. Trotz ihrer Lebhaftigkeit, ihres »Leuchtens«
daß
sie
blieb er sich
des Faktums bewußt,
stets
durch Originalreiz hervorgerufen seien, wohl
nicht
weil ihm stets gegenwärtig blieb, daß er die
Augen
geschlos-
sen habe und er somit die Orientierung über den präsenten
Simultankomplex und die Endschicht seines Engrammschatzes nicht verloren hatte.
Johannes Müller
In bewundernswürdiger Weise schildert
(a. a.
0. S. 49)
den Unterschied der
Art,
wie er im Halbwachen und im Traum den zur Lebhaftigkeit von Originalempfindungen emporgehobenen mnemischen Empfindungen
anderes
Einschlafen bei geschlossenen In
erscheinen. ihrer
der Regel
Objektivität,
oft
sind
nichts
Phantasmen, welche vor dem
die leuchtenden
als
Traumbilder
»Die
gegenübersteht.
Augen
in der
bestehen
Sehsinnsubstanz
mit Anerkennung
sie
auch mit dem Bewußtsein,
Im
Traumbilder gesehen werden.
daß nur
Falle sind die
letzteren
Traumbilder gar nicht von den Phantasiebildern vor dem Einschlafen verschieden. die
Phantasiebilder
häufig über
vor
dem Anfange
In den
dem
Selbstbeobachtungen über
Einschlafen
habe
ich
mich
des wirklichen Traumes überrascht.
Der wirkliche Traum, mit Einschläfern der Reflexion und
Anerkennung der Objektivität der Phantasiebilder, leichtesten Stelle der
und
unmittelbarsten
dann
tritt
am
an
die
Dunkelheit nach und nach die innere subjektive
Erhellung des Sehfeldes getreten
ist.
die einzelnen hellen Phantasiebilder
obachtet, nach
am
Du
hast lange Zeit
im dunkeln Sehfeld be-
und nach wird aber das ganze Sehfeld wie
von einem Tageslichte innerlich scheinen
wenn
ein,
Tageslichte
erhellt,
selbst
deine Phantasiebilder
zu wandeln.
In
die
An-
schauung dieses inneru Tageslichtes und dessen, was darin vorgeht, versenkt,
und befangen hast du
allen
Grund deiner
Unterscheidung der luuemischen von der Origiualempfindung.
229
wirklichen Lage zu vergessen, die dir ja keine Sinneseindrttcke ihrer Wirklichkeit aufdringt.«
Müller deutet hier auf das, was meiner Ansicht nach das
Charakteristikum
wesentliche
Traumes dungen
ist:
als
des
Empfindungslebens
des
Deutung der mnemischen Empfin-
die irrtümliche
Origiualempfindungen.
Dies geschieht wenigstens
mit der Mehrzahl der mnemischen Empfindungen, die wir im
Traum haben.
Die Worte,
die wir träumen,
pflegen
meistens zu hören, und nur selten träumen wir,
etwas bloß denken; wir pflegen unsere Träume, wie treffend
gesagt hat, zu
»dramatisieren«.
wir
daß wir
man
Die mnemischen
Bilder von Lebendigen und Toten, die in uns auftauchen,
haben die Lebhaftigkeit von Originalempfindungen, werden
von uns deshalb auch
und nicht
fast
ausnahmslos für solche gehalten
als subjektive Vorstellungen,
sondern
als objektiv
auf unseren Gesichts- und Gehörssinn einwirkend angesehen.
Wenn
auf assoziativem Wege, vielleicht durch ein leichtes
originales Unlustgefühl
,
etwa durch eine unbequeme Lage
oder den Druck des zu schweren Deckbetts das mnemische Bild unseres alten Lehrers ekphoriert worden
einigen
ist,
der vor
30 Jahren durch seine verständnislose Grammatik-
paukerei und allgemeine Pedanterie das Hauptunlustobjekt unserer Knabenzeit war, dann »erinnern« wir uns nicht dieses
vor 15 Jahren verstorbenen Mannes,
lebend vor uns.
Dann gewinnt
sondern wir sehen ihn
bald auch die ganze simultane
Schicht des Engrammkomplexes,
der er in der geträumten
Situation augehört, und als deren Zentrum er ekphoriert Realität.
ist,
Sie erscheint nicht als das Produkt der Ekphorie
einer der älteren Schichten unseres Engrammschatzes, sondern als
dessen derzeitigen Abschluß, als der präsente Simultan-
komplex der Originalempfindungen,
als
das
»Jetzt«.
Wir
230
I^ie
sind dann
selbst
mnemischen Empfindungen.
30 Jahre jünger,
müssen wieder
in
die
Schule gehen und unser Maturitätsexamen machen. Zuweilen
kommt
daß trotzdem auch spätere Engrammkomplexe
es vor,
mitekphoriert
werden
und sich bemerklich machen.
Wir
machen dann im Traume den bescheidenen Einwand. Noch einmal das Maturitätsexamen?
Aber
ich
habe doch schon
längst das Doktor- und Staatsexamen gemacht!«
Aber
oft
behauptet gerade jener mnemische Empfindungskomplex, der einer frühen Engrammschicht entstammt, die Vorherrschaft als
scheinbarer derzeitiger
schatzes
und
die durch
Oft
bleibt siegreich
Endkomplex unseres Eugrammgegen die eventuellen Einwände,
die Mitekphorie späterer Schichten bedingt sind.
kommt
es
aber gar nicht zu solchen Einwänden, und
wir verkehren ohne das mindeste Erstaunen mit Personen, deren Tod uns
seit
Jahren auf das genaueste bekannt
ist.
Als Regel können wir hinstellen: Wir nehmen die mnemi-
schen Empfindungen eines weit zurückliegenden
komplexes
Engramm-
für vollgiltige Originalempfindungen, verlegen das
Ende unseres Engrammschatzes an jenen Punkt, und betrachten ihn somit als die
derzeitige
Wachstumsschicht
unseres Engrammschatzes, als das »Jetzt«. Aus diesem Umstände erklären
sich
auch
die
Haupt-
eigenheiten unseres Empfindungslebens im Traum, ich sage nicht alle Eigenheiten, aber die wichtigsten.
Der noch übrig
bleibende Rest versteht sich leicht aus der sonstigen Eigenart der mnemischen Empfindungen, der Art und Weise des Auf-
baus unseres Engrammschatzes, sowie aus einigen physiologischen Besonderheiten des Schlafzustandesi.
Ich
kann an
1 Die Anschauung, daß jeder Traum eine Gestaltung sei, die sozusagen als Kern einen heimlich gehegten »Wunsch« enthielte, daß der Untergrund jedes Traums die Vorspiegelung der Erfüllung gehemmter
Unterscheidung der mnemischen von der Originalempfindung.
Thema
dieser Stelle dies
erschöpfend behandeln und
nicht
Exkurs bewenden.
lasse es bei diesem kleinen
231
Ich hoffe in
nicht allzuferner Zeit Gelegenheit zu finden, die Abläufe der originalen
mnemischen
und
und
Empfindungen
während des Traumzustand es
in einer
Gefühle
besonderen kleineren
Untersuchung darzulegen.
Im halbwachen Zustande gewinnen, wie mnemischen Empfindungen nicht originalen,
werden aber
anderer Merkmale,
vor
trotz dieser Lebhaftigkeit
durch
allem
die
auf Grund
Bewahrung der
Endkomplex des Engramm-
eigentlichen Traumzustand geht
Im
und
diese Orientierung verloren,
fast alle
mnemischen Emp-
findungen und Gefühle werden für originale gehalten.
Johannes Müller hat
Dinge
in der
a. a.
wie er denn über-
im Jahre 1826 geschriebeneu Untersuchung im
Kapitel über das »magnetische Hellsehen«
geradezu bewunderungswürdige Einsicht
Hypnotismus
die
»magnetischer Zu-
als
stand« bezeichnet, ganz ähnlich liegen,
haupt
Schon
0. darauf hingewiesen, daß
Hypnose, zu seiner Zeit
in dieser
die
selten die Lebhaftigkeit der
Orientierung über den wirklichen schatzes nicht verkannt.
wir sehen,
zeigt,
und bekanntlich
eine Einsicht, die mit
viel später
(S.
in
53
— 59)
eine
das Wesen des
ihm verloren ging
neu errungen werden mußte.
Er bespricht dann ferner noch eine Anzahl von Wachzuständen, in denen unter
dem
Einfluß besonderer Affekte die
Lebhaftigkeit mnemischer Empfindungen gesteigert, sie selbst oft
als
Originalempfindungen
angesehen werden;
es
sind
Wünsche sei, wird mir weder durch das umfangreiche, zu meiner Verfügung stehende Material bestätigt, noch kann ich finden, daß der Urheber dieser Anschauung, S.Freud, zu ihrem Beweis irgend etwas anderes vorgebracht hat, als höchst gezwungene Deutungen von Tatsachen, die man ebensogut, ja größtenteils sogar viel besser und natürlicher, in
durchaus anderem Sinne deuten köunte.
232
mnemischen Empfindungen.
I^ie
Zustände besonderer
dies
häufigsten der
Ekstase, in
religiösen
am
Erregung,
leidenschaftlicher
denen, wie bei den
Selbstbeobachtungen Mtillers im halbwachen Zustande, längeres Fasten eine Steigerung der Lebhaftigkeit der mnemi-
Auch gewisse Narkotika wirken
schen Prozesse bedingt. dieser Richtung,
und dann
folgt
in
noch das ganze Heer der
»Halluzinationen« in allen möglichen ausgesprochen patho-
Was
logischen Zuständen, ist
und uns
hier
vorwiegend
liche Bewußtseinslage,
große Anzahl von gehalten wird,
daß
gemeinsam
allen diesen Zuständen interessiert,
ist
eigentüm-
die
ihnen eine mehr oder weniger
in
mnemischen Empfindungen
für
original
mit allen durch diese Verkennung bedingten
Konsequenzen.
Wir haben getragen,
jetzt
das Haupttatsachenmaterial zusammen-
das zur Beurteilung der Unterscheidung von
ginalen und mnemischen Empfindungen
Betracht zu ziehen
ist,
ori-
im Bewußtsein
in
und können aus diesen Tatsachen
zunächst folgenden Schluß
ziehen:
Im normalen Wachzu-
stand werden in der Regel die Originalempfindungen ohne weiteres auf
Grund
Vividität von den in
ihrer viel
größeren Lebhaftigkeit oder
Dabei herrscht
mnemischen unterschieden.
bezug auf diese Lebhaftigkeit sowohl zwischen den ver-
schiedenen mnemischen Empfindungen unter
sich,
auch
als
zwischen den verschiedenen Originalempfindungen unter sehr große Verschiedenheit.
Empfindungen
z.
Die Vividität der mnemischen
B. hängt ab einerseits
des ekphorierten
heit
sich,
von der Beschafi^en-
Engramms, das heißt der Wirksam-
keit der ehemaligen Engraphie, andrerseits
vom
Alter
i
Engramms, ferner von der homophonen Verstärkung, auf 1
Das Thema des Schwindens der Engramme ziehe
in der »Pathologie der
Mneme<
ich vor,
ausführlich zu behandeln.
des die erst
Unterscheidung der mnemischen von der Originalempfindung.
233
wir erst im nächsten Kapitel eingehen, endlich von den be-
Umständen
gleitenden Einstellung
bei
der Ekphorie, besonders von der
der Aufmerksamkeit.
Die Vividität einer Ori-
ginalempfinduug hängt in erster Linie von der Einstellung der Aufmerksamkeit ab, in weit geringerem
man gewöhnlich annimmt, von engeren Sinne. ist,
Auch
Maße
aber, als
der Empfindungsintensität im
die Vividität von Originalempfindungen
wie wir gesehen haben, auf dem
Wege
der Homophonie
einer Verstärkung fähig.
Ehe wir auf
die Unterscheidung der Vividität einer
Emp-
findung von ihrer Intensität im engeren Sinne näher eingehen, konstatieren wir zusammenfassend, daß zwischen der Vividität
der blassesten mnemischen Empfindung und derjenigen
der lebhaftesten Originalempfindung gleicher Art viele Über-
gangsstufen vorhanden sind, und daß, die Kluft
in der Lebhaftigkeit
giualempfinduug
wenn auch
andererseits
einer durchschnittlichen Ori-
und einer durchschnittlichen
mnemischen
Empfindung im normalen Wachzustande sehr bedeutend in
Es
ist,
sie
keiner Weise als unüberbrückbar bezeichnet werden kann. existiert
also
in
dieser Beziehung
nur
ein
gradueller,
kein Weseusunterschied zwischen beiden Empfiudungsarten. Dieser Standpunkt
ist
wohl zuerst von
mit Nachdruck vertreten
Hume
(Treatise on
human Understanding) worden und wird von Mach in fol-
human Nature; Inquiry concerning
the
i
gender Weise formuliert: >Eine
neue Art von Elementen
stellen sie
unsere mnemischen Empfin*
düngen]
[die Vorstellungen,
den Empfindungen
[unseren Originalempfindungen]
und Irrtum,
1905, S. 20 (vgl. auch Analyse Die Einwände, die Ziehen (Erkenntnistheoretische Auseinandersetzungen, 3, Zeitschr. f. Psych. Bd. 43, S. 243) in dieser Beziehung gegen Mach erhebt, darf ich wohl durch unsere eingehende Untersuchung der Frage als widerlegt betrachten. 1
E. Mach, Erkenntnis
der Empfindungen, 1903, S. 159).
234
I^ie
mnemischen Empfindungen.
gegenüber nicht vor. Sie scheinen vielmehr von derselben Natur zu sein wie diese.« Freilich
ist
dieser graduelle Unterschied in der Vividität
der originalen und mnemischen Empfindungen im normalen
um
Wachzustand, aber allerdings nur
in diesem,
gestützt auf ihn
verschiedenartig hervorge-
die
beiden so
rufenen
Empfindungsarten
weiteres
zu
dung
derzeitigen
dann weiter die
ohne
Fällen
meisten
Auf Grund
unterscheiden.
erfolgt
den
in
groß genug,
dieser Unterschei-
korrekte Bestimmung
des
Endkomplexes und der Wachstumsschicht des
Engrammschatzes und von
aus
Basis
dieser
die
richtige
Orientierung über den Engrammschatz und seine im gege-
benen Augenblick ekphorierten
Teile.
Dies
von eminenter
ist
Wichtigkeit, wie aus den Verwirrungen hervorgeht, die bei
Verwechslung von mnemischen Empfindungen mit originalen
und der daraus folgenden inkorrekten Bestimmung des derEndkomplexes und der Wachstumsschicht des En-
zeitigen
grammschatzes einzutreten pflegen.
An wand
dieser Stelle möchte ich mich gleich mit einem Ein-
beschäftigen, den
man
vielleicht entgegenhalten gleich,
unseren bisherigen Ausführungen
könnte.
Man könnte
sagen:
Ganz
ob es alle möglichen Übergangsstufen in der Vividität
der mnemischen und der Originalempfindungen gibt oder nicht, es
gibt ein scharfes
und durchgreifendes Unterscheidungs-
merkmal des Bewußtseins. teiligung
Dies
ist
oder Nichtbeteiligung des
Sinnesorgans.
Wenn
wir
z.
B. in
die
Empfindung der Be-
in
Frage kommenden
einem Falle einen sonnenbe-
schienenen Platz wirklich sehen, und
wenn wir
ihn
im anderen
uns nur vorstellen, so besteht ein handgreiflicher Unterschied darin,
daß wir uns im ersteren Falle der Mitbeteiligung des
Sinnesorgans,
in
diesem
Falle
unserer
Augen,
in
ausge-
Unterscheidung der mnemischen von der Originalempfindung.
235
sprochener Weise bewußt sind,
im zweiten ebenso ausge-
sprochen ihrer Nichtbeteiligung.
Ebenso verhält
es sich
auf
allen Sinnesgebieten.
Daß
dieses Unterscheidungsmerkmal
indessen
für
eine
ganze Reihe von Fällen keine Bedeutung besitzt, geht schon aus unseren
Angaben im
ersten Teil des vorliegenden
hervor, in denen ausgeführt
wurde
38, 49, 51),
(S.
Buchs
daß wir unter
gewöhnlichen Umständen sehen, ohne etwas von der Beteili-
gung unserer Augen,
ohne von der Beteiligung unserer
hciren,
Ohren, riechen, ohne von der Beteiligung unserer Nase zu Allerdings
wissen.
Anspannung
ändert sich die
sehen,
hören
wenn wir mit
Sache,
und riecheu,
aber diese An-
spannung nützt uns nichts für die korrekte Unterscheidung von mnemischen und originalen Empfindungen in zweifelhaften Fällen.
Sehr instruktiv sind
in dieser
Beziehung die
eben erst angeführten Beispiele, in denen wir darauf schwören
würden, daß das ferne eingebildete Wagenrollen leibhaftig an unser Ohr dringt, der schwache eingebildete Lichtschimmer unser
Auge
berührt,
der eingebildete Insektenstich die be-
stimmte Hautstelle wirklich
Wie der
trifft.
stark in vielen Fällen die Illusion der Mitbeteiligung
peripheren
Sinnesorgane bei der Auslösung von mne-
mischen Empfindungen
ist,
das beweist die Behauptung eines
Beobachters wie Gruithuisen, daß die Traumbilder nach
Erwachen Freilich
>Ich nie
sich
dem
noch bei geschlossenen Augen mitbewegen.
wird durch die Angabe
J.
Müllers
(a.
a.
0. S. 37):
habe vor dem Einschlafen die phantastischen Bilder durch Bewegungen der geschlossenen Augen bewegen
können«, diese irrtümliche Beobachtung mit Recht zurückgewiesen,
aber daß über diesen Punkt eine Meinungsver-
schiedenheit überhaupt möglich war, beweist,
daß mit der
Die mnemischen Empfindangen.
236
sonstigen Orientierung über die Natur einer Empfindung als einer originalen oder
mnemischen auch das Kriterium dafür
verloren geht, ob die peripheren Abschnitte der Sehsubstanz
au der Auslösung dieser Emp-
(das eigentliche Sinnesorgan)
findung beteiligt sind oder nicht.
möchte
Ich
hier
Tatsachen anführen,
zum Schluß
noch
ebenfalls
die
Gruppe von
eine
sehr
gegen
stark
Verwendbarkeit dieses Unterscheidungsmerkmals durchgreifenden
Es sind dies
spricht.
Illusions Wirkung, die
die
eines
als
Tatsachen der
die
von Werken der bildenden Kunst, be-
sonders der Flächenkunst auf uns ausgeübt wird. bezeichnet das betrefi'ende
Phaenomen
produktion« und bemerkt dazu:
als
Hering
»ergänzende Re-
»So genügen einige wenige
Punkte und unzusammenhängende
Striche,
um
uns das Ab-
bild eines menschlichen Gesichts erscheinen zu lassen,
und
bemerken ohne besonders darauf gerichtete Aufmerk-
wir
samkeit
daß wir dabei manches sehen, was gar nicht
nicht,
auf dem Papiere verzeichnet die
^
ist.
Durchmustern wir
freilich
Zeichnung aufmerksam, so finden wir, daß stellenweise Umrisse
die
fehlen,
nichts
entspricht,
entstandene
Zutat
anfangs
wir
die
Dieses wirkliche Sehen
von etwas, vielmehr
das
unseres
als
ist,
sahen.
wenn
Reproduktion
durch
eine
Nervenapparates
wesentlichen dasselbe, was man, sehr stark entwickelt
tatsächlich
dem im Netzhautbilde bildet,
es krankhafter
Sinnesillusion
ist
im
Weise
bezeichnet.
Die
durch ergänzende Reproduktion hinzukömmenden Teile des
Empfindungskomplexes übrigen Teile auf einer
beruhen
aber
wenn auch mehr
ebenso
wie
dessen
indirekten Reaktion
des Nervenapparates gegen das Netzhautbild, und so lange 1
E.
Hering,
Physiologie
buch der Physiologie IH,
1,
des
S. 569,
Gesichtssinnes, 1879.
Hermanns Hand-
Unterscheidung der ranemischen von der Oiiginalempfindung.
da sind, können wir
sie
sie
eben aucli
als
237
Empfindungen
bezeichnen, denn sie unterscheiden sich während ihres Bestehens in nichts von den Empfiuduugen, welchen im Netz-
hautbilde ein wirklicher Reiz entspricht.«
In allen den unzähligen Fällen, in denen es sich
gänzende Reproduktion handelt,
in
um
deueu,
um
er-
unserer
in
Sprache zu reden, mnemische Empfindungen sich ergänzend zu originalen hinzugesellen führlich
erörterte
Empfindungen nur
unter
fast
stets
immer
besonderer
z.
unter
dem Eindruck, daß
die letzteren
nehmen. auch
also
die
Körper gesehen wird und
Anstrengung
werden kann), befinden wir uns
Figur,
mnemischen
hinzutretenden
als ein
156 aus-
B. das oben S.
planimetrischen
der
Beispiel
Zwang von
den
durch
(vgl.
in
gesehen
planimetrisch
ausgesprochener Weise
die ersteren durchaus ebenso wie
durch die Sinnesorgane in uns ihren Eingang
Das betreffende Unterscheidungsmerkmal versagt in allen diesen äußerst zahlreichen Fällen, in
wir beide Empfindungsarten
zum Vergleich
beieinander habeu, vollständig, und wir
Grund unserer ganzen
denen
eigentlich direkt
kommen
nur in einem Sinne
somit auf
zu deutenden
Beweisaufnahme mit Hume, Hering, Mach und anderen zu
dem
Resultat,
daß es ein durchgreifendes Unterscheidungs-
merkmal zwischen originalen und mnemischen Empfindungen für
unser Bewußtsein
ein durchgreifendes
Empfindungsarten.
nicht gibt.
Nur objektiv
gibt es
Unterscheiduagsmerkmal zwischen beiden
Es
ist
die verschiedene Art
ihrer
Aus-
lösung.
Wir haben zum Schluß noch auf zugeheu,
die wir
eine Frage näher ein-
bisher nur hier und da gestreift,
aber mit der nötigen Sorgfalt untersucht haben.
nicht
Die Emp-
findungsintensität im engeren Sinne, das heißt die Seite der
Die mnemischen Empfindungen,
238
Empfindungen, die bei Origiaalempfindiiugen mit der Größe des auslösenden Eeizes in einem unmittelbaren Abhängigkeitsverhältnis steht, (Vividität der
ist,
so sagten wir oben, mit der Lebhaftigkeit
wurden wir
Erkenntnis
bereits
bei
dieser
Erörterung der Homo-
phonie von Originalempfindungen geführt sie
Zu
Empfindungen) keineswegs identisch.
(vgl.
und
S. 94),
wird eine wichtige Stelle in den späteren Kapiteln über
mnemische Homophonie einnehmen.
die
Dieser
Satz
gilt
sowohl beim Vergleich von Originalempfindungen unter sich
und von mnemischen Empfindungen unter
sich,
auch
als
beim wechselseitigen Vergleich beider Empfindungsklassen.
Was
die Originalempfindungen anlangt, so hört
aufmerksam etwa
die
Lauschende
Tritte
eines
sehr
ein
vorsichtig
schwaches
immer
als
etwas
durchaus
B. der
Geräusch,
Heranschleichenden mit
äußerster Lebhaftigkeit und Deutlichkeit,
dabei
z.
er hört
Leises,
hat
sie
eine
aber
Emp-
findung von großer Vividität aber sehr geringer »Intensität«.
Das Pianissimo sten
eines Gesanges,
Nuancen vernehmen,
das wir bis in seine fein-
bleibt trotz
der
vollkommenen,
gar nicht zu übertreflTenden Klarheit, in der atemlosen
Stille
des Konzertsaales, in der absorbierenden Stimmung, die Originallaute der berühmten Sängerin
doch immer ein Pianissimo.
zum
ersten Male zu hören,
Umgekehrt
ist
das Fortissimo
einer lärmenden Gartenmusik, das wir ohne Aufmerksamkeit, zerstreut,
einer
»mit
zwar sehr
halbem Ohre«
hören,
das
intensiven, aber dabei doch
Gegenbeispiel
wenig vividen
Empfindung.
Zu ganz ähnlichen Resultaten
führt uns eine Untersuchung
der mnemischen Empfindungen. volle
Pianissimo
jener Sängerin
so daß es mir leibhaftig,
Ich kann mir das wunder-
auf das
allerlebhafteste,
aber immer nur als Pianissimo
in
Unterscheidung der mnemischen von der Originalempfindung. die
Ohren
klingt,
239
wieder vorzaubern, und ich kann mich des
langweiligen Lärms jener Gartenmusik nur ganz fern und nebelhaft, aber
Am
Lärm
als
deutlichsten aber
tritt
erinnern.
die Eigentümlichkeit, daß In-
im engeren Sinne und Vividität von Empfindungen
tensität
zwar
immer
oft parallel
gehen, aber durchaus nicht identisch sind,
wenn man das
zutage,
gegenseitige Verhältnis dieser beiden
Eigenschaften beim Vergleich von mnemischen und Original-
empfindungen ins Auge
faßt.
Zunächst lehrt eine einfache Betrachtung, daß sich Originalempfindungen von mnemischen im allgemeinen durch ihre
keineswegs aber durch ihre eigentliche Intensität
Vividität,
Wir haben
unterscheiden.
allerdiogs gesehen, daß
wenig intensive Originalempfindungen von
mnemischen spielt
zuweilen
in der
nicht
äußerst
entsprechenden
zu unterscheiden
sind.
Hier
Tat die Intensität der Empfindungen bei ihrer
Unterscheidung oder richtiger Nichtunterscheidung eine Kolle.
Die Sache
liegt aber nicht
etwa
intensive Originalempfinduug,
z.
so,
daß eine ungemein wenig
B. ein
kaum wahrnehmbares
Geräusch, von einer in seiner Art besonders intensiven mne-
mischen nicht zu unterscheiden originales Pianissimo
ist,
nicht so,
daß etwa ein
an ein mnemisches Fortissimo angrenzt.
Sondern die wenig intensive Originalempfindung gleicht der
wenig intensiven mnemischen, das kaum hörbare wirkliche Rollen des stellten,
Wagens dem
mnemischen, die leisen
ebenfalls als
kaum hörbar vorgedem schwachen
der schwache originale Lichtschimmer leise originale
BerUhrungsempfindung einer
mnemischen und nicht etwa der Vorstellung eines
heftigen Stoßes.
Die Möglichkeit der Verwechslung beruht
hier lediglich auf der Eigentümlichkeit,
starken
Sinken
der
eigentlichen
daß mit dem äußerst
Intensität
von Original-
Die mnemischen Empfindungen.
240
empfindungen auch ihre Vividität auf ein sehr kleines Maß zurückgeht.
Kann man
somit zwar durch Abschwächung der Intensität
einer Originalempfindung auch ihre Vividität auf das Niveau
man doch umgekehrt Intensität einer mnemischen Empeiner originalen verleihen. Wenn
der mnemischen herabdrücken, so kann nicht durch Steigerung der
findung dieser die Vividität ich mir das Pflaster vor
der Mittagssonne
des
meinem Hause im blendenden Glänze
Juli
vorstelle,
so
hat
dies
Bild
keinem irgendwie nennenswerten Grade mehr Vividität
in als
das mnemische Bild desselben Pflasters bei der schwachen
Laternenbeleuchtung
und
regnerischen Winternacht,
einer
unter gewöhnlichen Umständen außerordentlich viel weniger als
Originalempfindung,
die
Pflasters
bei
die
durch den Anblick jenes
der schwächsten Beleuchtung ausgelöst wird.
Will ich die Vividität einer mnemischen Empfindung erhöhen, so steigere ich nicht die
etwa ihre
Intensität, stelle mir also nicht
möglichst hell vor,
nächtliche Straße
ebensowenig die
Stimme meines Freundes möglichst schreiend, noch auch das Gefühl
einer
leisen
Berührung wie
einen
heftigen
Stoß.
Sondern ich lasse die Intensität unverändert, konzentriere aber meine Aufmerksamkeit auf die betreffende mnemische Empfindung,
schalte
alle
anderen mnemischen und vor allem
Originalempfindungen möglichst aus.
Dann nimmt
die Vividität
regelmäßig zu und zuweilen — bei den meisten Personen normalen Wachzustande allerdings nur selten — gelingt sie bis
zu oder nahe zu
alle
im es,
dem Grade von Originalempfindungen
zu bringen. Nicht zu leugnen
ist
dabei,
daß diese Prozedur der
Steigerung der Vividität leichter bei intensiven als bei wenig intensiven Empfindungen gelingt.
der beiden Eigenschaften
ist
Aber der Zusammenhang
doch nur ein verhältnismäßig
loser,
Unterscheidung der mnemischen von der Originalempfindung.
241
Steigerung der Intensität bewirkt nur innerhalb recht
die
enger Grenzen eine Steigerung der Vividität, und ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis
wenn wir
auch keineswegs leugnen
sondern vielmehr zu seiner weiteren Untersuchung anregen wollen, so
ist
damit sehr wohl vereinbar die Erkenntnis, daß
die Vividität einer
Empfindung eine Eigenschaft
ist,
die
von
der durch die Eeizgröße bedingten »Intensität« in bestimmtester
Weise zu trennen
ist.
Die Hauptresultate der nicht ganz leicht übersichtlichen Auseinandersetzungen des vorliegenden Kapitels fasse ich in folgenden drei Sätzen zusammen: 1.
In unserem Bewußtsein unterscheiden wir im normalen
Wachzustand originale von mnemischen Empfindungen
in
der Eegel unmittelbar an ihrer verschiedenen Vividität. 2.
Sowohl
mnemischen Emp-
die originalen als auch die
findungen besitzen sehr verschiedene Grade
Ein
durchgreifendes
Vividität der
Denn
nicht. dität
ersteren es
Untersuchungsmerkmal
und derjenigen der
kommt
vor,
Vividität.
zwischen
letzteren
der
gibt es
daß unter Umständen die Vivi-
von Originalempfindungen bis auf die Stufe der mne-
mischen heruntergeht und umgekehrt,
mnemischen Empfindungen 3.
von
diejenige
der
bis zur Stufe der originalen steigt.
Die Vividität einer Empfindung
tensität
daß
ist
eine von ihrer In-
im engeren Sinne zwar nicht vollkommen unabhängige,
aber von ihr durchaus zu unterscheidende Eigenschaft.
Semon,
Mneuie.
II.
16
Dreizehntes Kapitel. Das Verhältnis des mnemisclien zum originalen EmpflndungsProportionale Veränderbarkeit.
ablanf.
Wir haben im vorigen Kapitel
untersucht,
wodurch
sich
mnemische Empfindungen von Originalempfindungen unter-
und sind zu dem Kesultat gelangt, daß, abgesehen
scheiden,
von der verschiedenen Art der Auslösung, für die beiden Klassen von Empfindungen als gegebene Empfindungen betrachtet
kein durchgreifendes Unterscheidungsmerkmal auf-
zufinden
sei.
Denn
im allgemeinen Unterschied
als ein in sehr vielen Fällen charakteristischer
zu bezeichnen;
Fälle geltender,
Kamen
die Verschiedenheit der Vividität ist wohl
ist
ein
wir somit
dem
zu
Eesultat,
ungleichheit zwischen originalen
dungen in
für das
für
alle
daß
eine
Wesens-
und mnemischen Empfin-
Bewußtsein nicht besteht, und eine solche nur der Auslösung zu finden
der verschiedenen Art
bleibt die
durchgreifender,
er nicht.
ist,
so
Frage zu untersuchen, inwieweit die mnemische
Empfindung
im
gleicht, die die
einzelnen
derjenigen
engraphische Basis für
Die Antwort darauf Erörterungen eine
Originalempfindung
sie geschaffen hat.
ist
nach allen unseren vorangegangenen
leichte.
Die mnemische Empfindung gleicht
der entsprechenden originalen Empfindung auf das vollkom-
"Verhältnis des
mnemischen zum originalen Empfindungsablauf.
243
menste in allen an ihr erkennbaren Einzelheiten, wobei nur zwei Momente im
Auge zu behalten
man keinen
sichtigung
haben würde.
vollen Überblick über den Tatbestand
Erstens hat
Abschwächung der
ohne deren Berück-
sind,
man
die gewöhnlich so bedeutende
Vividität der
mnemischen Empfindungen
im Vergleich zu der der originalen zu berücksichtigen, deren
Werk
es
ist,
wie eine sehr
daß der mnemische Empfindungskomplex meist schwächere und detailärmere Kopie des
viel
originalen erscheint. S.
148 gesprochen.
Hierüber haben wir schon ausführlich
Zweitens gesellen
sich
regelmäßig zu
allen möglichen Teilen des originalen Empfindungskomplexes
mnemische Empfindungen hinzu,
die das
ginale Bild ergänzen, ausschmücken,
und gut häufig stark verändern.
oft
ursprüngliche ori-
auch trüben, kurz
Im Engramm werden dann
auch diese Zutaten mit zurückbehalten und bei Ekphorie bei der nächsten Reproduktion mit
Diese
zum Vorschein
neue mnemische Empfindung
ist
gebracht.
infolgedessen kein
getreues und ausschließliches Abbild der ehemaligen Original-
empfindung
allein,
sondern der Originalempfindung mit allen
ihren jedesmal hinzugekommenen mnemischen Zutaten.
Natürlich bedingen aber die angeführten beiden
keine eigentlichen
Ausnahmen der Regel, sondern
Momente
sie
führen
nur in gewissem Sinne zu Verschleierungen, durch die eine geschärfte Beobachtung ohne weiteres hindurchsieht.
Wenn
wir nun aber sagen, daß der mnemische Empfin-
dungskomplex die getreue, meist
wenn auch
abgeschwächte Wiederholung des
in
seiner Vividität
originalen
ist,
so
haben wir dabei bisher immer nur den Vergleich eines mnemischen
Simultankomplexes
ginalen im
Auge
gehabt.
mit einem ebensolchen ori-
Wir haben uns aber
jetzt zu der
Frage zu wenden, wie es sich bei dieser Reproduktion mit 16*
Die mnemischen Empfindungen.
244
der Dauer der mnemischen
zeitlichen Werten,
den
Empfindungen im Vergleich zu den originalen
Der empirische Nachweis, daß auch
in ihrer
zeitlichen
deren
Dauer
die
oder, korrekter
verhält.
mnemische Empfindung ausgedrückt,
Werten, ein getreues Abbild der originalen
Engramm
sie ekphoriert
wurde,
ist
ihren
in
ist,
aus
ohne Mühe zu führen.
Eine Melodie, die ich gehört habe, und die dann später
im mnemischen Ablauf Zeugnis dafür;
mir wiederklingt^
in
denn es
ein sicheres
ist
Wiederholung
findet nicht nur eine
der einzelnen Tonempfindungen nach Höhe, Klangfarbe und
ihrem gegenseitigen Intensitätsverhältnis
statt,
sondern auch
die verhältnismäßige
Dauer der einzelnen mnemischen Ton-
empfindungen
getreues Abbild der originalen.
ist ein
Ebenso
verhält es sich bei einer Folge von optischen Empfindungen.
Das Bild einer Bewegung
z.
B.
ist
eine
solche Folge von
Auch
optischen Empfindungen von verschiedener Dauer. zeigt das
mnemisch reproduzierte Bild genau
zeitlichen Wertverhältnisse der verschiedenen originale.
Ganz ähnlich
verhält es
mus der mnemischen Empfindungsfolgen
die gleichen
Phasen wie das
sich mit
und kinästhetischen Empfindungen. Auch
hier
den taktischen
hier ist der Khyth-
derselbe wie der-
jenige ihrer originalen Vorbildner.
Nehmen wir ein
ein
uns genau bekanntes Musikstück enthält.
schrift
können wir dann einmal
trachten,
nach
Hand, das
beliebiges Notenheft in die
der wir
als eine
das Stück
zu
Die Noten-
Zeichengebung bespielen,
das heißt
bestimmte akustische Reize hervorzubringen vermögen.
kann aber auch
als
Sie
eine graphische Darstellung der durch
diese Reize hervorgerufenen akustischen Originalempfindungen gelten.
die
Wir können
Richtigkeit
beispielsweise mittels dieser Darstellung
einer
originalen Wiedergabe
kontrollieren.
Verhältnis des inuemischen
Aber ebensogut wie
zum
245
originaleu Empfindungsablauf.
die originalen sj^mbolisieren diese
Zeichen
auch die entsprechenden mnemischen Empfindungen, und
sie
tun es ganz ebenso iubezug auf die relative Empfindungsdauer
wie inbezug auf gewisse Qualitäten der Empfindung, unter
denen die Tonhöhe die wichtigste
ist.
Als Ergänzung einer solchen Niederschrift, die auf
Emp-
findungen bezogen bei Originalempfindungen nur die synchrone
mnemischen Empfindungen nur deren mnemisches
Phase, bei
Äquivalent dienen,
duugen (S.
berücksichtigt,
auch die akoluthe
die (S.
können dann unsere Schemata Phase der Originalempfin-
179) beziehungsweise der
mnemischen Äquivalente
204) mit darstellen.
Dabei
ist
immer im Auge zu
tive, nicht die absolute
behalten, daß nur die rela-
Dauer der mnemischen Empfindung
derjenigen der zugehörigen originalen genau entspricht. ist
ein
sehr
gewöhnliches Vorkommnis,
mnemisch rascher oder langsamer
ab.
werden die der
einen
eine
Es
Melodie
mir abläuft, als ich
sie
Dies hängt von verschiedenen Begleit-
original gehört habe.
momenten
in
daß
Wenn
relativen
die
Engraphie aber
eine gute war,
Zeitwerte, das Verhältnis der
Dauer
Empfindung zur Dauer ihrer Vorgängerin und
Nachfolgerin mit ziemlicher Genauigkeit innegehalten.
Wir können
die sich hieraus ergebende Regel folgender-
maßen formulieren; Sowohl
extensiv, das heißt inbezug auf
räumliche Ausdehnung und zeitliche Dauer, als auch inbezug
auf ihre Intensität im engeren Sinne
ist die
mnemische Emp-
findung nur insofern das Abbild der originalen, als sie deren relative,
Das heißt
nicht deren absolute die betreffenden
Werte getreulich wiedergibt.
Werte der mnemischen Empfindung
brauchen nicht absolut dieselben zu sein wie die der nalen Vorbildnerin
:
sie
stehen aber in
origi-
demselben Verhältnis
246
mnemischen Empfindungen.
I^ic
entsprechenden Werten der übrigen dazugehörigen
zu den
Empfindungskomponenten
in
demselben Simultankomplex und
zu denjenigen ihrer Vorgänger und Nachfolger in der Sukzessionsreihe der Komplexe.
Werte
Die absoluten
Dauer sowie der
der räumlichen Ausdehnung, der
Intensität
können
im engeren Sinne
bei
der mnemischen Keproduktion innerhalb ziemlich weiter Gren-
Proportional damit ändern sich dann aber die
zen schwanken.
entsprechenden Werte der übrigen dazugehörigen Empfindungs-
komponenten des Simultankomplexes beziehentlich der sprechenden Glieder
So kann
z.
B. ein
Baum, einmal größer
kleiner gestaltet werden.
Mit diesem
Teil vergrößert oder
lichen Gebildes«, so sagte ich in der ein Vielfaches
phoriert werden, je nach flusses oder einer
Mneme,
S.
361,
vergrößert oder verkleinert
ek-
2.
Aufl.
der Natur des ekphorischen Ein-
eventuellen
oder endlich je nach
Ganze des
»Das Engramm jedes räum-
mnemischen Landschaftsbildes:
um
Mal
ein anderes
verkleinert sich dann aber auch entsprechend das
»kann
Komplexe.
mnemischen Reproduktion einer Landschaft
bei der
ein Bestandteil,
in der Sukzessionsreihe der
ent-
homophonen Originalerregung
dem Mitwirken begleitender Assoziationen.
Ein künstlerisch Veranlagter kann dies auch in jedem beliebigen
durch
Falle
indem
manifestieren,
rungsbild wie
objektive
Reaktionen
einem Dritten
er das proportional veränderte Erinne-
einen originalen Anblick in den veränderten
Dimensionen, aber mit vollkommener Treue der Proportionen zeichnerisch
oder plastisch
Nichtkünstlern
engeren Linien
bewußt kleiner sie es für
gelingt
der
schreiben als
gewöhnlich
reproduziert.
objektive die meisten
Aber auch
Nachweis.
Zwischen
Menschen ganz un-
zwischen weiten, überhaupt kleiner, tun,
bei
als
wobei jeder Buchstabe das korrekt
Verhältnis des
mnemischen zum originalen Empfindungsablauf.
in allen seinen
betreffenden
247
Proportionen verkleinerte Abbild des für den
Menschen normalen Schriftzeichens
ist.
Pro-
portionale Verkleinerung oder Vergrößerung der Handschrift
kann auch
als
vorwiegend motorische Reaktion beim Schreiben
Augen
mit geschlossenen
erfolgen.
Ebenso vermag man eine Sukzession von mnemischen Erregungen
langsamerem oder
in viel
in viel
rascherem Tempo
ablaufen zu lassen, als bei früheren Gelegenheiten die Folge
der Originalerregungen ablief, wobei aber die ursprüngliche
Proportion in der Aufeinanderfolge der Erregungen gewahrt bleibt.
Man denke an
Einfluß
eines den
ein Musikstück,
das
man
unter
dem
Takt Schlagenden oder eines Mitsängers
oder der Klavierbegleitung oder der durch Alkoholgenuß gesteigerten
Stimmung
ziehen
—
Tempo
singt, als
—
noch vieles andere ließe sich heran-
bewußt oder unbewußt
man
in
einem
viel lebhafteren
es je zuvor getan hat.<
In gleicherweise wird auch die »Intensität« von zusammen-
gehörigen mnemischen Empfindungen sowohl innerhalb eines
Simultankomplexes
komplexe
als
auch
in
der Folge
der
Simultan-
in ihren gegenseitigen Verhältniswerten, nicht
aber
notwendigerweise in den absoluten Werten der ehemaligen Originalempfindungen reproduziert. Ich habe das der mnemischen
»Mneme«
Thema
der »proportionalen Veränderbarkeit
Erregungen«
ausführlich behandelt
im vierzehnten Kapitel der
und dort auf
dieses Proportionssatzes besonders
gewiesen,
in
die Wichtigkeit
auch für die Fälle hin-
denen sich die proportional veränderten Er-
regungen nicht durch Empfindungen sondern durch plastische Reaktionen manifestieren.
Auf
diese
Weise ließen
sich die
zahllosen Fälle von proportionaler Vergrößerung oder Ver-
kleinerung der Körper der Organismen bei ihrer Ontogenese
Die mnemischen Empfindungen.
248
und
bei der Regeneration
den allgemeinen mnemischen Ge-
setzen unterordnen, die, wie ich dort gezeigt habe, Ontogenese
und Regeneration beherrschen. können wir hier unberührt
Diese Seite des Gegenstandes
lassen.
Übrigens möchte ich hier noch erwähnen, daß die extensiven
und intensiven
Werte der mnemischen Empfindungen
^
zwar nicht absolut mit denen
der
betreffenden
empfindungen übereinzustimmen brauchen, gewöhnlich, das heißt,
wenn
daß
Originalsie
aber
sich nicht besondere Einflüsse gel-
tend machen, annähernd diesen absoluten Werten entsprechen. In
der
Regel
stellen
wir
uns
eben
den
Kopf unseres
Freundes »lebensgroße; vor, und weder vergrößert noch der Dimension
einer Visitenkartenphotographie
nicht etwa die letztere unserer
grunde legen.
in
wenn wir
mnemischen Reproduktion zu-
Für gewöhnlich reproduzieren wir mnemisch
eine gehörte Melodie nicht nur
auch
,
in
im richtigen Rhythmus sondern
demselben absoluten Tempo, in dem wir
sie
gehört
haben, und auch in annähernd denselben absoluten »Intensi-
Auch für die absoluten Werte sind also Merkzeichen engraphisch zurückbehalten. Jemand
täten«.
mit gutem musikalischen Gedächtnis wird eine einmal gehörte
Melodie nicht nur rhythmisch korrekt sondern auch annähernd
metronomisch genau reproduzieren.
Er hat ja
in seinen ei-
genen zyklischen Organempfindungen, auf deren Bedeutung wir bereits bei Gelegenheit der Nichtumkehrbarkeit der mne-
mischen Abläufe näher eingegangen sind Uhr,
man könnte
stattet, .
sie
(S.
210) eine gute
Körperuhr nennen, die ihm
stets
ge-
mnemische Tempi mit ihren entsprechenden Origi-
nalen in ziemlich genaue Übereinstimmung zu bringen. 1
Hier
ist
bei diesem
Wort immer an
nicht an Vividität zu denken.
Intensität
im engeren Sinne,
Verhältnis des
muemischen zum originalen Empfindungsablaiif.
249
Einen gewissen Maßstab für die absoluten Werte unserer
Raumempfindungen erhalten wir durch einen Komplex von Organempfindungen anderer
Art.
Es sind
die Empfindungen,
die wir fortgesetzt
bewußt oder unbewußt von der Lage und
den Dimensionen
von Teilen
erster Linie setzen sie sich
unseres
Körpers haben.
In
zusammen aus den Empfindungen
des Drucks, die der stehende, sitzende oder liegende Körper
von seiner Unterlage,
teils
auch von der gegenseitigen Be-
rührung der Glieder empfängt.
Diese Empfindungen sind mit
den entsprechenden optischen Empfindungen auf das engste
Da
assoziiert.
jedem
charakteristische Merkzeichen von
originalen
vorhanden
und jedem mnemischen Simultankomplex
sind, so liefert ihr jeweiliger originaler
seiner
tant bei
ihnen in
Kepräsen-
Homophonie mit dem entsprechenden mne-
mischen eine Art von festem Maßstab auch für die absoluten
Werte unserer mnemischen Raumempfindungen.
Was
die von der Reizgröße abhängigen »Intensitäten« der
Originalempfindungen anlangt, so wird auch bei ihnen in erster Linie ihr
komplexe halten
Wert Verhältnis als
sowohl innerhalb der Simultan-
auch in den Sukzessionen engraphisch festge-
und mnemisch reproduziert.
wissen Grade der Genauigkeit
Aber
kommt
bis
zu einem ge-
bei der
mnemischen
Reproduktion auch der absolute Grad der Intensität der ent-
sprechenden Originalempfindungen zum Ausdruck.
Dies be-
ruht in diesem Falle auf einer besonderen Eigentümlichkeit
der Intensitätsskala der Empfindungen. sich
Punkt, bei
dem
demjenigen, bei z.
Diese Skala bewegt
nämlich zwischen zwei festen Punkten: die
dem
einerseits
dem
Empfindung unmerklich und anderseits sie
schmerzhaft wird.
B. das Pianissimo einer bestimmten
So können wir
Tonempfindung
Uumerklichwerden nahe, das Fortissimo
als
als
dem
dem Schmerz-
250
I^iö
mnemischen Empfindungen.
haftwerden nahe, das Mezzoforte Mitte haltend kennzeichnen und
dazwischen gerade die
als
entsprechend bei weiterer
Halbierung noch ein einfaches Piano und einfaches Forte unterscheiden,
und
so fortfahren.
Es
ist
Intensitätsmerkmale eine in gewissem
nun
klar,
Umfang
daß diese
absolute Gel-
tung haben, und daß, wenn eine Originalempfindung mit einem solchen Charakteristikum auf sie
mich Eindruck gemacht
hat,
auch mit demselben Charakteristikum von mir mnemisch Ähnlich liegen die Dinge in dieser Be-
reproduziert wird.
ziehung auch auf den anderen Empfindungsgebieten, etwas anders,
aber doch auch prinzipiell gleich, auf
dem Gebiet
der Gesichtsempfindungen. Vielfach
werden übrigens
des Intensitätsgrades
noch
allerlei
der
bei
Abstimmung
der feineren
mnemischen Empfindungen auch
sekundäre Hilfsmittel
benutzt.
Auf
die
da-
durch bedingten zahlreichen Komplikationen kann ich aber hier nicht eingehen.
Das
durch welches bei der mnemischen Repro-
Prinzip,
duktion
nicht nur
die Wertverhältnisse
getreulich reproduziert werden,
was
in
der
Empfindungen
erster Linie geschieht,
sondern unter gewöhnlichen Umständen mit annähernder Genauigkeit auch die absoluten Werte, gleiche.
ist in
allen Fällen das
Stets beruht es auf der engraphischen Mitfixierung
eines besonderen
Merkmals, das bei der mnemischen Re-
produktion sofort mit zeichen zur
dem entsprechenden
originalen
Deckung gebracht und dadurch
in
Kenn-
einen abso-
luten
Maßstab verwandelt werden kann, und nach dem sich
dann
die
richten.
zur
Werte
aller der
übrigen mnemischen Empfindungen
Für räumliche Ausdehnung
ist
Ausdehnung des eigenen Körpers,
es die Beziehung
für zeitliche
Dauer
die Beziehung zu den zyklischen Organempfindungen, für die
^
Verhältnis des mnemischen
zum
originalen Empfindungsablauf.
»Intensitäten« endlich die Beziehung
251
zu den fixen Punkten
der Intensitätsskala.
Aus diesen Gründen
erklärt es sieh auch,
portionale Veränderung der
daß eine pro-
Werte der mnemischen Empfin-
dungen doch nur innerhalb gewisser nicht zu weiter Grenzen leicht auszuführen
ist.
Freundes nicht nur
in
kann mir wohl das Gesicht eines
Ich
Lebensgröße, sondern auch tiberlebens-
groß und unterlebensgroß vorstellen.
kann
In der Verkleinerung
ich sogar fast beliebig weit herabgehen,
ja die Gesichtszüge meines lichen
Entfernungen,
Dagegen wird man
Bekannten schon
denn ich habe in
allen
auch Verkleinerungen,
also
bei der
mög-
gesehen.
mnemischen Vergrößerung über
Lebensgröße bald an ein Maß kommen, über das hinauszu-
gehen Schwierigkeiten macht, und nur wenige Nichtkünstler
werden imstande gehörigen
sein,
sich das Gesicht ihrer nächsten
genügender Ähnlichkeit
in
in
An-
Riesen projektion
vorzustellen.
Während rigkeit hat,
ein sehr musikalischer
Mensch keine Schwie-
den mnemischen Ablauf eines ihm gut bekann-
Musikstücks beliebig zu beschleunigen und zu verlang-
ten
samen, wird ihm dies einer Melodie gegenüber, die ihm nur
wenig vertraut
ist,
schon bedeutend schwerer, und ein aus-
gesprochen Unmusikalischer allbekannnte
eine
Melodie
ist
oft
nicht einmal imstande,
—
ein
später näher
ein-
wiederzuerkennen
mnemisches Vermögen, auf das wir
erst
gehen
—
wird.
Charles Darwin, indem er in seiner Autobiographie
von
wenn
seiner
1
sie
ihm
mangelhaften
in
verändertem
musikalischen
Tempo
vorgespielt
Begabung
spricht,
Leben und Briefe von Charles Darwin mit einem seine AutoHerausgegeben von Francis Darwin.
biographie enthaltenden Kapitel.
Deutsche Übersetzung.
Stuttgart 1887, Bd.
I,
S.
45.
«
Die mnemischen Empfindungen.
252
erzählt folgendes charakteristische
Vorkommnis: »Meine musi-
kalischen Freunde erkannten bald meinen Zustand und amüsierten
zuweilen damit, mich einer Prüfung zu unter-
sich
werfen, welche darin bestand, daß
sie
Melodien ich unterscheiden konnte,
wenn
oder
langsamer
als
gewöhnlich
>God save the King« es für mich
in dieser
Wenn
wurden.
gespielt
Weise
wieviel
dieselben schneller
gespielt wurde,
war
Es fand
sich
schwer zu lösendes Rätsel.
ein
noch ein anderer junger Mann, welcher
unter den Leuten
Ohr wie
ein ebenso schlechtes
ich
genug, spielte er ein wenig Flöte.
Triumph, ihn
ermittelten,
und, merkwürdig
hatte,
Einmal
feierte
den
ich
einer unserer musikalischen Prüfungen zu
in
besiegen.
Besonders
unmusikalische
würden
Menschen
auch Schwierigkeiten haben, eine Melodie, sind pianissimo
zuerkennen,
die sie
übrigens
gewohnt
mnemisch zu reproduzieren, dann wieder-
wenn
ihnen auf einmal fortissimo vorgespielt
sie
würde oder umgekehrt.
Auf der anderen
Übung dazu
kann Begabung und vor allem
Seite
führen,
ganz zu überwinden.
die
hier
bestehenden Schwierigkeiten
Ein großer Maler
ist
imstande, seine
räumlichen Erinnerungsbilder ohne weiteres in jeder beliebigen
Proportion
vor
ein tüchtiger Musiker
bilder in
sich
zu
sehen
und
wiederzugeben,
vermag seine akustischen Erinnerungs-
jedem beliebigen Tempo und beliebig
in zartester
oder grellster Intensitätsstufe in sich ablaufen zu lassen. Als Niederschlag unserer Erörterung des ganzen in dieser
Frage vorliegenden Tatsachenmaterials ergeben sich uns
fol-
gende Resultate. 1.
Engraphisch
fixiert
werden an und
für
sich nur die
Verhältnisse der Originalempfindungen sowohl
in
ihren
I
zum
Verhältnis des mnemischen
extensiven Werten
253
originalen Empfindungsablauf.
(räumliche
Ausdehnung,
Zeitdauer)
als
auch in bezug auf ihre Intensität im engeren Sinne; nicht aber die absoluten Werte. Infolgedessen
2.
eine
ist
proportionale
Verkleinerung
oder Vergrößerung der Raumwerte, der Zeitwerte und der
in
ihrer
der
innerhalb
»Intensitäten«
und
Simultankomplexe
einzelnen
Sukzession bei der mnemischen Reproduktion
möglich. 3.
Indessen erfolgt infolge der engraphischen Mitfixierung
von gewissen Merkzeichen die Reproduktion unter gewöhnlichen
Umständen
annähernd denselben absoluten Raum-,
in
und Intensitätswerten, wie
Zeit-
sie die
betreffenden Origi-
nalempfindungen besessen haben, und die proportionale Ver-
größerung gewissen,
oder
Verkleinerung
wenn auch
zu überwinden.
Häufige
tionalen Vergrößerns
dieser
Werte
hat
einen
meist nicht gerade starken Widerstand
Übung der Fähigkeit
des propor-
und Verkleinerns bei der mnemischen
Reproduktion läßt diesen Widerstand dann schließlich
fast
zu nichts zusammenschrumpfen.
Aus diesen Sätzen
ergibt sich,
worauf
anhangsweise
ich
noch kurz eingehen möchte, das Irreführende einer Angabe, die außerordentlich häufig die
gemacht wird.
mnemische Empfindung
(Vorstellung)
Man
gibt an,
daß
im Vergleich zur
Originalempfindung (Empfindung schlechthin) etwas Unbeständiges,
Flüchtiges habe.
Dadurch wird aber
Grundlage des gegenseitigen Verhältnisses Beleuchtung
dargestellt.
in
die eigentliche
ganz falscher
Die mnemische Empfindung
hat,
wie wir sahen, im wesentlichen dieselbe Dauer und in der Regel sogar absolut dieselbe Dauer, wie ihre originale Vorbildnerin, eine Tatsache,
von der uns jederzeit die mnemische
Reproduktion irgend einer allbekannten Melodie oder einer
Die mnemischen Empfindungen.
254
Gerade aus diesem Grunde
Bewegungsfolge überzeugen kann. erklärt
sich
in
große Mehrzahl
die
Denn auch
Linie ihre Flüchtigkeit.
erster
unserer
Originalempfindungen
von
ist
kurzer Dauer und wird gewöhnlich von Sekundenbruchteil
zu Sekundenbruchteil durch andere abgelöst, wenigstens in
ihrem
im
Auftreten
Oberbewußtsein,
Vividität eine gesteigerte
Engrammen vornehmlich
ist,
in
währenddessen
sie also als
ihre
Erzeugerinnen von
Frage kommen.
Nicht in bezug auf die Flüchtigkeit besteht zwischen mne-
mischer und Originalempfindung ein Gegensatz,
sondern in
bezug auf ganz etwas anderes, was allerdings einen oberflächlichen Untersucher zu der Ansicht führen kann, der Original-
empfindung wohne größere Beständigkeit empfindung kann man nämlich
inne.
Die Original-
in vielen Fällen bis zu einer
gewissen Grenze beliebig verlängern, nämlich immer dann,
wenn
die
Dauer des auslösenden Reizes beliebig verlängert
werden kann. Ich kann eine Figur
viele
Sekunden lang mit
Aufmerksamkeit betrachten, auf das Rauschen des Baches längere Zeit achten,
an einer Rose lange riechen und
dies so lange ausdehnen,
und dung
es mir nicht einzustellen,
Zeit erfolgt. gilt dies
ein,
was
Grenze
auf
mehr
tritt
in verhältnismäßig kurzer
manchen Reizen gegenüber, besonders
Gebiete des Geruchssinns, bald Adaptation
ebenfalls
setzt.
alles
Aufmerksamkeit erlahmt,
gelingt, sie auf diese Originalempfin-
was bekanntlich
Auch
dem
bis die
Aber
der Dauer der Originalempfindung eine trotz dieser
Einschränkungen
für die Originalempfindungen die Hauptregel,
daß
doch
gilt
sie
durch
Andauer der Wirkung der auslösenden Reize beliebig längert werden
können, von
determiniert sind.
ver-j
vorn herein also zeitlich nicht
Die mnemischen Empfindungen sind da-
gegen von vorn herein
zeitlich
determiniert.
Sie
sind
es
Verhältnis des mnemischen
durch
die
zum
abgeschlossene
Dauer
Es nützt nichts,
nerinnen. einzustellen,
wenn man
Aufmerksamkeit auf
wenn
Sie gleiten vorüber,
ihre vorbestimmte Zeit abgelaufen sie
sie
behufs genauerer Untersuchung
sie
wenn man
originalen Vorbild-
ihrer
die
zum Verweilen bringen möchte. anderes übrig,
255
originalen Empfindungsablanf.
und
es bleibt
nichts
wieder da haben möchte,
als sie
ist,
Nicht in der der Vorbestimmtheit
immer wieder von neuem zu ekphorieren.
größeren Kürze, sondern in seiner Dauer liegt das Charakteristische des mnemischen Ablaufs. Ganz etwas anderes
als
dieses
ist
das Unstete, kalei-
doskopisch Wechselnde, das für das Schweifen unserer Phantasie also
mnemischen Empfindungslebens
unseres rein
bezeichnend
Wenn
ist.
merksamkeit richten, so werden wir Folge
von Tönen und
verfolgen unsere
Wagen, darauf leisen
so
wir auf die Außenwelt unsere Aufoft
lange durch eine
Geräuschen gefesselt, dann wieder
Augen minutenlang einen vorüberrollenden
folgt eine Minute, in der
Wind empfinden,
uns Kühlung zuträgt. einen Schmetterling,
wir mit Genuß den
der durchs Fenster hereinstreichend
Endlich bewundern wir längere Zeit der die
Blumen vor unserem Fenster
umgaukelt.
um
Anders verhält
es
uns vorgeht,
das
wenn wir von
sich aber,
allem,
was
heißt unseren Originalempfindungen,
abstrahieren und unsere Aufmerksamkeit nur unseren mne-
mischen Empfindungen zuwenden. lustvoller oder sehr unlustvoller
wenn wir
Nur beim Verfolgen sehr
mnemischer Abläufe, ferner
eine engraphisch vorgezeichnete Melodie oder ein
Gedicht in uns ablaufen lassen, und endlich beim intensiven
Nachsinnen pflegen wir dann einigermaßen bei der Sache zu bleiben.
In der Regel aber
irrt
unsere Aufmerksamkeit,
256
I^ie
wenn
ausschließlich
sie
richtet
mnemischen Empfindungen.
unstet
ist,
in
auf mnemische Empfindungen ge-
den
verschiedensten
Schichten
un-
Engrammschatzes umher, sehr begreiflicherweise, weil
seres
keine äußere Konstellation ihr Gewicht in die Wagschale
wie
wirft,
der Fesselung der Aufmerksamkeit für
sie es bei
Originalempfindungen
die
tut.
Bei diesem Schweifen
der Gedanken handelt es sich aber nur um einen besonderen Zustand der Aufmerksamkeit, nicht um eine
Änderung des Tempos der mnemischen Ab-
läufe.
Die »Ideenflucht« des Fiebernden und des Geisteskranken beruht
viel
mehr auf den
merksamkeit
einer hochgradigen Unstetheit der Auf-
Empfindungen,
eigenen
mnemischen Empfindungen gegenüber,
als
besonders
den
auf einer beson-
ders aufi'allendeu Beschleunigung des Ablaufstempos dieser
Empfindungen
wenn
die
selbst.
Dasselbe
Aufmerksamkeit
Feld begibt, wenn
sie
sich nur
»klebt«,
umgekehrt
ist
mühsam auf
giftung)
Daß
bei
und in
Ermüdung, Vergiftung
ein neues
ist,
wie wir dies
(besonders
Alkoholver-
in vielen pathologischen Fällen beobachten.
solchen
Fällen
außerdem auch
der Abläufe selbst verändert gestellt
Fall,
und dadurch die Fähigkeit
zu prompter Ekphorie stark beeinträchtigt häufig
der
werden.
ist,
soll
das
Tempo
keineswegs in Abrede
Es wird aber dadurch
tungen kein neuer Gesichtspunkt
oft
für unsere Betrach-
geliefert,
zweite Satz unserer Zusammenfassung
S.
da ja
bereits der
253 besagt,
daß
schon in normalen Zuständen eine proportionale Verkleine-
rung oder Vergrößerung der Zeitwerte des Ablaufs mnemischer Empfindungen möglich
ist.
Die von uns aufgestellten
Grundsätze stehen somit mit den Tatsachen der Pathologie des Empfindungslebens in keinerlei Weise im Widerspruch,
Verhältnis des mnemischen
zum
und wir können mithin auf terer
originalen Empfindungsablauf.
257
die ausführliche Erörterung letz-
Tatsachen und der interessanten Exi)erimente von Dietl
und Vintschgau, sowie besonders von Kraepelin und seinen Schülern bei unseren jetzigen Untersuchungen verzichten und sie
auf die spätere Behandlung der Pathologie der
aufsparen.
Semon, Mueme.
II.
17
Mneme
Vierzehntes Kapitel. Allgemeines über die Homophonie der mnemischen Empfindungen.
Im
fünften Kapitel haben
ginalen Empfindungen
gebnis unserer dortigen
naturgemäß
stützen,
wir die Homophonie von
Untersuchungen
wenn wir uns
mnemischen Empfindungen unter
werden wir
jetzt zur
sich,
ori-
Auf das Er-
ausführlich behandelt.
uns
Homophonie von
beziehungsweise von
mnemischen und originalen Empfindungen wenden.
Ich stelle
deshalb unsere früheren Ergebnisse hier noch einmal
zu-
sammen: Unter Homophonie verstehen wir das eigentümliche Wech-
und auf dieselben Em-
selverhältnis, in das qualitativ ähnliche
Wege
pfindungsfelder angewiesene, aber auf verschiedenem
simultan ausgelöste Empfindungen zueinander ihrer gleichzeitigen
Anwesenheit
in
treten.
Bei
denselben Empfindungs-
feldern verschmelzen sie nicht etwa zu etwas Drittem, Mitt-
lerem, sondern: 1.
Ihre gleichartigen Bestandteile
kommen
Deckung, wobei ihre »Intensität« sich
in
sozusagen zur
der Regel nicht
merklich ändert, wohl aber eine nicht unbeträchtliche Steige-
rung ihrer Vividität nachzuweisen 2.
ist.
Ihre ungleichartigen Bestandteile treten bei der
Homo-
phonie mehr oder weniger deutlich in Opposition und er-
Allgemeines über mnemische Homophonie.
259
geben dabei häufig Empfindungen besonderer Art, die wir als Empfindung8difi"erentiale bezeichnen.
In
3.
manchen Fällen
läßt sich experimentell nachweisen,
daß die durch die homophonen Empfindungen zur Manifegebrachten Erregungen auch in ihren gleichartigen
station
Bestandteilen unverschmolzen nebeneinander ablaufen (Flim-
merexperimente Sherringtons, Schallrichtungsempfindung). Diese Sätze ergaben sich zunächst nur aus dem Studium der Homophonie von Origiualempfinduugen unter sich, einem
Vorgang, den wir beim binokularen Sehakt, beim diotischen
Hören,
beim Riechen mit
sowie
Es
können.
untersuchen
fragt
Riechzellen
zahlreichen
Kann
nun zunächst:
sich
auch ein mnemischer Empfindungskomplex mit einem
mnemische unter
nalen, oder zwei
sich zu
origi-
homophoner Dek-
kung gebracht werden?
zum Zustandekommen
Die Bedingungen
phonie zwischen einem
Empfindungskomplex
und einem mnemischen
originalen
dem Ganzen
sind, das geht aus
bisherigen Ausführungen ohne weiteres hervor,
gegeben,
wenn
Wiederkehr
ein
ekphoriert
hatten,
wird.
Originalempfindungen plex die
A
(engr),
Engrammkomplex durch
Komponenten,
der
Ä
die
partielle
erzeugt
Komplex von
ekphoriere den
Engrammkom-
B (eugr) C (engr), ,
B.
z.
so
es
ist
Bedingungen der Homophonie von
geben
immer dann
ehemals
ihn
die
unserer
der
Gesetzt (or)
Homo-
einer
A
(or)
daß dann
klar,
mit
A
(mn) ge-
Ich werde eine solche Homophonie durch die
sind.
(A A .
(oy) \
\
\\ ausdrücken und werde unten
(S.
267)
(mn)/
über diese Schreibweise noch einige Worte sagen.
Oder
um
einen zweiten Fall zu setzen.
Empfindungskomplex C^ (mn)
sei
auf
der
Ein mnemischer
Grundlage 17*
der
Die lunemischen Empfindungen.
260
sukzessiven Assoziation zur Ekphorie gelangt und ekphoriere
nun
einen
seinerseits
sehr
aber
ähnlichen,
anderen
einer
Engrammschicht angehörigen ranemischen Enipfindnngskomplex
C2 (mn),
Homophonie
so
H
[
offenbar,
ist
J:
{]
,
daß
gegeben
Bedingungen der
die
Es
sind.
bleibt aber
zu
yCsfmn)/
untersuchen, ob nun auch die charakteristischen Eigentümlichkeiten der in
Homophonie beim
Erscheinung
Eintritt dieser
die wir
Eigentümlichkeiten,
treten,
Bedingungen in
dem
Ausdruck zusammenzufassen suchten, daß keine Verschmelzung der beiden Empfindungen zu etwas Drittem Mittlerem, sondern teile
eine Art Opposition
ungleichartigen Bestand-
der
der beiden Komplexe stattfände, während
artigen Bestandteile bei der
Homophonie
die gleich-
nicht an Intensität,
Wir werden
sondern nur au Yividität zunähmen. der Tat bei Eintritt der oben
finden,
daß
in
tion
auch die für die Homophonie von Originalempfindungen
charakteristischen
außerdem
bei der
Erscheinungen
vom Wesen
treten,
bemerkbar wird,
dieses
daß
aber
die
unsere Auf-
Vorganges nur bestätigen.
Ich will nun zunächst an stellation bei der
zutage
mnemischen Homophonie noch eine Anzahl
weiterer Erscheinungen
fassung
skizzierten Konstella-
ein paar Beispielen die
Kon-
Homophonie von Originalempfindungen mit
mnemischen Empfindungen, sowie
mnemischen Empfindungen unter
bei der sich
Homophonie von
erläutern,
und dann
zur Prüfung des Tatbestandes nach den verschiedenen, oben
vorgezeichneten Gesichtspunkten übergehen.
Zur
Illustration der
Homophonie
einer Originalempfindung
mit einer mnemischen Empfindung schildere ich einen Fall aus meiner Erfahrung, der sich nur dadurch auszeichnet, daß er verhältnismäßig unkompliziert
ist.
Homophonien von
Ori-
Allgemeines über mneiiiische Homophonie.
giual- mit
uns
muemischeu EDipfiuduugen werden von jedem von
beinah
erlebt;
261
jedem Augenblick unseres Wachzustandes
in
jeder kann sich deshalb diesen Fall in ein Analogon
aus seiner eigenen Erfahrung übersetzen.
Vor etwa 7 Jahren sah ich bei einem Besuch ein verschollen
gewesenes und
erst
fundenes Bild Kembrandts ausgestellt Dieses Bild,
die Harfe. für
in Berlin
kürzlich wieder aufge-
David
:
spielt
vor Saul
als
optischer
Emptiudungskomplex
mich ein durchaus neuer,
originaler,
machte einen starken
Eindruck
auf mich.
merksamkeit und
betrachtete
Da
kurz
Augen kamen, imd
es
ich das Bild
sah,
mir
ausgeprägten
nur einmal zwar auf-
Reproduktionen
vor
nicht
auch meines Wissens nicht weiter an
ich
das Bild gedacht oder darüber gelesen habe
annehmen, daß damit ein
können wir
so
,
einziger, gut eingeprägter optischer
Engrammkomplex desselben Im September 1907
großer Auf-
mit
dadurch einen gut
erhielt
Engrammkomplex.
merksam aber
Ich
bei mir
vorhanden gewesen
ist.
und besichtigten
bereisten wir Holland
im Haag die uns schon von früher her bekannte Gemäldegalerie des Mauritshuis.
Ganz unvermutet
trafen dabei meine
Augen auf
ein dort
früher nicht vorhanden gewesenes Bild Kembrandts, in ich auf
den ersten Blick das
Saul die Harfe spielend es wirklich dasselbe?
erschien mir weniger in
den
<,
wiedererkannte.
Wie kam warm und
Aber nein!
es hierher?
leuchtend.
dem
»David vor
in Berlin gesehene.
War
Sein Kolorit
Der Ausdruck
den Zügen des weinenden Königs, der sein Antlitz Falten
des
Vorhangs
verbirgt,
Aber es war doch genau dasselbe derselbe David,
weniger
in
ergreifend.
Bild, dieselben Stellungen,
dessen Modell Rembrandt offenbar vor der
Tür seines Hauses
in Breestraat
aufgelesen
hat.
Vielleicht
Die mnemischen Empfindungen.
262
Aber eine Kopie im Mau-
Bild bloß eine Kopie?
ist dies
Ich kann diese Zweifel nicht lösen
Unmöglich!
ritslmis?
und frage den Diener, der mir Bild
daß es dasselbe
versichert,
welches einmal in Berlin ausgestellt gewesen und
sei,
vor einiger Zeit von der Königlichen Gemäldegalerie im
angekauft worden
Worauf aber
Haag
ist.
sind jene Zweifel, jenes eben beschriebene
Schwanken zwischen einem Für und Wider zurückzuführen? Ganz
auf eine läugere,
einfach
gebende
Vergleichung
des
dem durch denselben
plexes mit
wechselnde Eesultate
sind
hier
des
einen Komplexes
angewiesen
ist
wie
jede
Einzelkomponente des anderen, mit der
weder
Für eine Homo-
auf dasselbe entsprechende
qualitativ
sie
übereinstimmt oder stellenweise disharmoniert.
ent-
Kurz
Komplex
gesagt, als Ganzes betrachtet befindet sich der eine in
daß
Bedingungen dadurch gegeben,
die
jede Einzelkomponente
Empfindungsfeld
mnemischen,
ekphorierten
und zwar einer homophonen Vergleichung. phonie
er-
Empfiudungskom-
originalen
demselben Areal von Empfindungsfeldern wie der andere.
Daß
es
nun
bei dieser Sachlage doch
einer Ver-
nicht zu
schmelzung der beiden Empfindungskomplexe kommt, son-
daß
dern treten,
sein
sie
gewissermaßen
Opposition
in
das Empfinden bald einer Gleichheit,
wissen
einander
zu
das äußert sich vor allem dadurch, daß im Bewußt-
Ungleichheit
der
beiden
bald
Deckung
zur
einer
ge-
gebrachten
Bilder bemerklich wird.
Auf
die
Unterscheidung
der
beiden Empfindungen, die
Bildung von Empfindungsdifferentialen, wollen wir siebzehnten Kapitel näher eingehen.
Frage berührt, wie Fall
überhaupt
eine
es
zu erklären
erst
im
Hier sei nur kurz die ist,
daß im gegebenen
Verschiedenheit der beiden Bilder in
Allgemeines über mnemische Homophonie.
Gesiclitsausdruck usw.
Kolorit,
263
War
empfunden wurde.
es
doch dasselbe Bild, das sowohl jetzt den neuen originalen Eindruck hervorgebracht, aus
hatte,
Waren im
die
dem
die
als
auch ehemals das Engramm geschaffen
mnemische Empfindung ekphoriert wurde.
Farben des Bildes nicht dieselben
Haag?
Psychophysiologe
Jeder
weiß,
in Berlin
wie
daß
das,
sie
zumal das Bild an beiden Orten sehr verschieden günstig gehängt
ganz und gar nicht waren.
war,
Der originale
Empfindungskomplex von Berlin war von demjenigen vom
Haag
nicht nur quantitativ (verschiedene Helligkeit) sondern
auch qualitativ (verschiedener Lichteinfall, andersartige Reflexe,
Kontrastwirkung
verschiedenartige
der
Umgebung)
abgesehen von der verschie-
wesentlich verschieden, ganz
denen Vorbereitung und Stimmung,
mein Gehirn, mein ganzes Ich
in der sich
meine Augen,
in beiden Fällen zweifellos be-
funden hat. Auch der Umstand, daß der Gesichtsausdruck des
weinenden Königs mir bei dem Berliner Eindruck greifender
erschien als bei
dem Haager,
ist
viel
wohl
zurückzuführen, daß bei der sehr viel ungünstigeren
er-
darauf
Hängung
des Bildes im Mauritshuis die Wirkung durch störende Reflexe beeinträchtigt
und
die Auffassung des feinsten physio-
gnomischen Ausdrucks dadurch erschwert war. der
Das Resultat
Homophonie zwischen Haager Originalempfindung und
Berliner mnemischer Empfindung verzeichnete also nur eine
wohlbegrüudete Tatsache und beruhte keineswegs auf Täuschung,
wenn
es
neben der generellen Übereinstimmung eine
wesentliche Verschiedenheit
Vordergrund rückte. in
(or)\ H jA, (mn)/-
Ui
Eindrücke
in
den
Wir werden den ganzen Tatbestand
unserer Formelsprache
drücken;
der beiden
am
besten
folgendermaßen
aus-
Die mnemischen Empfiudungen.
264
Von dem eben
erörterten Beispiel eines Falles von
Ho-
mophonie einer Originalempfiuduug- mit einer mnemischen
Empfindung können wir ohne weiteres zu einem ebenso fachen unter
Homophonie
von
Fall
gelangen.
sich
meinem Besuche
in der
in
den
Gesetzt
Fall,
ein-
Empfindungen
ich
hätte
nach
Haager Galerie nicht Avieder an das
Vorkommnis gedacht, und
Moment
mnemischer
es
wäre
im gegenwärtigen
erst
meinem Gedächtnis wieder
aufgetaucht.
lichkeit liegt der Fall ja ein wenig komplizierter.
plikation betriift aber keinen wesentlichen
In
Wirk-
Die
Kom-
Punkt und kann
deshalb von uns vorläufig vernachlässigt werden. Stelle ich mir also jetzt, fern
von Berlin, dem ehemaligen,
und vom Haag, dem jetzigen Aufenthalt des
Bildes, dasselbe
habe ich ein lebhaftes, zunächst durchaus einheitlich
vor, so
erscheinendes Erinnerungsbild, auf Grund dessen ich das Kunst-
werk ohne Mühe
bis in viele seiner kleinen Details beschreiben
Dabei bin
kann.
nachdem
ich aber imstande, je
ich
meine
Aufmerksamkeit mehr auf den Simultankomplex des Berliner oder des Haager Eindrucks bild dieses, das andere
Ja
einstelle,
kann diese beiden, nunmehr
ich
einmal das Erinnerungs-
Mal jenes Originaleindrucks zu sehen. rein
mnemischen Empfin-
duugskomplexe genau ebenso miteinander vergleichen, wie es seinerzeit
ich
im Haag mit dem dortigen Originalempfindungs-
komplex und dem Berliner mnemischen Empfindungskomplex getan habe.
Es besteht hier
Homophonie
H
H
bestand.
{
,'
\
,|
l
J^
1,
jetzt
also
genau ebensolche
wie seinerzeit im Haag eine solche
Die Besichtigung einer photographischen Wiedergabe des Bildes würde zu einer neuen original-muemischeu Homophonie
\
Allgemeiues über mnemisclie Homoplionie.
(A V
(qy)
,
,
265
\
;
Wirkung von
Anlaß geben, und aus der engraphisclien
^l
/
JL3 (or)
würde
dann bei späterer Ekphorie
sich
ohne Wiederholung der Originalempfindung die Homophonie
H (Äi (mn), Ä2 (mn),
A-^
(mn)
)
ableiten.
Ich habe soeben die Formel für die
Homophonie anders
und dies führt mich dazu, auf eine
geschrieben als bisher,
Unterscheidung zweier verschiedener Hauptformen der Homophonie
einzugehen,
auseinanderhalten
komme
am
ich
die
wir auch
können.
Auf
unserer Schreibweise
in
Schreibweise
die
selbst
Schluß noch mit einigen Worten zurück.
Gehen wir zunächst wieder von unserem konkreten Fall aus.
Ich rufe mir das einmal in Berlin
gesehene Bild ins Gedächtnis zurück,
und einmal im Haag-
um jemandem den
Vor-
gang, die auf dem Bild befindlichen Figuren, ihre Stellung
und Kleidung zu beschreiben.
um
nicht
die
Ich
kümmere mich dabei
kleinen Differenzen der
beiden mnemischen
Empfindungskomplexe. Noch weniger natürlich, wenn ich mir inzwischen eine Photographie des Bildes gekauft, öfters,
sagen wir dreimal, betrachtet und mir dadurch drei neue
kräftige
habe
dieselbe
ich
Engramme
verschafit habe.
dem
findungen: Ai (mn) aus
dem Haager Engramm, grammen
Bei erneuter Ekphorie
dann eine Homophonie folgender mnemischer EmpBerliner
A-i (mn),
A^
Engramm, A2{mn) aus
(mn),
A^ (mn) aus den En-
der verschiedenen Betrachtungen der Photographie.
Bei einer solchen Homophonie erfolgt nun gewöhnlich keine
Gegenüberstellung einer Komponente gegen den Best, keine
Bildung von Empfindungsdifterentialen, sondern im Gegenteil ein Abstrahieren
von den Verschiedenheiten
homophonen Komponenten. Homophonie
als
nicht
Ich
der
bezeichne diese
einzelnen
Form der
differenzierende Homophonie
Die mnemischen Empfindungen.
266
und sehreibe A2
(mn),
^3
Formel
die
H{Ai
folgendermaßen:
einzeilig
A^ (mn), J5 (mn)
(mn),
(mn),
).
In einem gewissen Gegensatz dazu stehen die Fälle,
in
denen bei der Homophonie ein Empfindungsdififerential geDieses Differential
wird.
bildet
ist
das Resultat der
stets
Gegenüberstellung zweier Komponenten oder Komponenten-
grnppen; ich bezeichne diese Form der Homophonie
differenzierende und schreibe
Ob im gegebenen eine differenzierende
stattfindet,
ab.
und wenn
an diesen Sang denke, so klingt
ich
mir in der Regel
eine von
abstrahierende,
möchte
ich
Denke
formulieren kann.
klang es doch damals,
damals
hörte,
als es der
Homophonie zu an
sagen abstrakte mnemische
(
^,
,
ich
das Lied
.
.
am
zum
mächtigsten
Male
ersten
Sänger Niemann sang, so wird die
\.
{
ü (5i_i2 (mn) —
ich aber dann:
einer differenzierenden
ü \B2-i2 (mn) —
:
als
in
Einzelheiten der Wiedergaben
fast
Tonfolge wieder, die ich nicht anders als .)
Siegmunds:
Ich habe
aus der Walküre ungefähr ein dutzendmal
»Wintersttirme«
.
hängt in erster
der Aufmerksamkeit, daneben aber
auch von anderen Bedingimgen
.
als die
Formel zweireihig.
nicht differenzierende oder
Fall eine
Homophonie
Linie von der Richtung
gehört,
die
An
und nimmt
die
Form
letzterem Beispiel sieht
man
./
bereits aus der unteren Reihe,
daß bei einer differenzieren-
den Homophonie jede einzelne der beiden einander gegenübergestellten
Komponenten
differenzierender
Wo
die
ihrerseits das
Homophonie
sein kann.
Gegenüberstellung zweier Komponenten oder
Komponentengruppen
bei
der Homophonie,
Bildung des Empfindungsdifferentials, tritt,
Produkt von nicht
möchte
ich vorschlagen,
die
in
das
heißt
die
den Vordergrund
zweireihige Schreibweise
Allgemeiues über mnemische Homophonie.
zu wählen.
(S.
Also,
um
auf das Beispiel des Rembrandtbildes
H \^2/ (mn)/' wenu ich
261) zurückzusTeifen, ich schreibe:
mich später der beiden Eindrücke
Wenn
in
ihrer
267
in Berlin
teilweiseu
,|,
\
und im Haag empfangenen Gegensätzlichkeit
erinnere.
dagegen die Erinnerung solcher Eindrücke unter
ich
Vernachlässigung etwaiger Verschiedenheit einfach zu einem
Sammelempfindungskomplex zusammenfasse,
wähnten Falle nur auf
die
was
wenn man mich
ich
z.
gestellten
B. tun werde,
druck
dem
auffordert,
A^ (mn)
ich:
).
zum Aus-
/ ,| \^2 (mn)/
die zweireihige Schreibweise i7|
Gegenüberstellung bei
der
er-
den dar-
Vorgang genau zu beschreiben, dann schreibe
H {Ai (mn), Auf
also in
Hauptsachen des Bildes achte,
der Homophonie zweier
Empfindungen oder Empfindungsgruppen bin ich selbständig
gekommen und habe ding sich
erst
viel
gesehen, daß Höff-
später
zum Ausdruck des Wiedererkennens
ähnlichen Schreibweise bedient bat.
einer sehr
So schreibt er in seiner
(3.
deutsche Ausgabe 1901 S. 168): »Diese mitt-
lere Stellung
zwischen Empfindung und Vorstellung
Psychologie
können wir theoretisch dadurch ausdrücken, daß im Wiedererkennen sowohl ein Vorstellungsvorhanden
ist.
Nennen
als ein
wir das Wiedererkennen durch {A-j-
indem wir durch
die
Empfindungselemeut
wir letzteres A, ersteres «, so können
a)
oder!
Klammer bezeichnen,
,
jausdrücken,
daß
wir nur
mittels Abstraktion zwischen den beiden Elementen unter-
scheiden, die sich in der Tat nicht sondern lassen.«
Ein aufmerksames Studium der Höfi'dingschen Publika-
268
I^ie
lunemischen Empfindungen.
tionen^ zeigt uns nun allerdings,
von
weise
des
der Aufstellung
daß
er bei seiner Schreib-
der
Begriffs
Homophonie,
überhaupt von der Erkenntnis der eigentümlichen Gegenüberstellung der beiden entfernt war.
Er
Emptindungen beim Wiedererkennen weit
will vielmehr durch seine
Formel nur aus-
drücken, daß der betreffende Bewußtseinszustand beim Wieder-
erkennen, zwei besonderen
Bedingungen
seine Entstehung
verdankt, die jede für sich, die eine zur mnemischen Empfin-
dung In
die andere zur Originalempfindung
a,
dem
A
führen würden.
betreffenden Bewußtseinszustand sind aber diese beiden
Elemente zu einer unteilbaren Qualität, einem untrennbaren
Ganzen verschmolzen (Höffdiug 1893,
Höffding betont
S. 90).
Emp-
aber nicht nur wiederholt die völlige Fusion der beiden
findungen zu einem untrennbaren Ganzen, sondern offenbar
diese Verschmelzung auch
er dehnt
auf die beiden physio-
logischen Erregungsvorgänge aus, die durch die beiden
Emp-
findungen (Originalempfindung und mnemische Empfindung) gelangen.
zur Manifestation ich folgende Zitate
Für diese seine Ansicht
reden lassen:
»Was
will
ich theoretisch als
das Verschmelzen einer Empfindung mit einer Vorstellung
ausdrücke,
das
ist
die Veränderung,
die
eine
Empfindung
durch Wiederholung erleiden kann« (Höffding 1889,
>Wie man
sich das denkt, was durch die
kleinsten Teilchen des Organismus, hier des Hirns, in
logischer Beziehung in
geschieht, das
S. 453).
Übung
in
den
physio-
eine Sache für sich,
ist
welche wir uns hier nicht näher einzulassen brauchen.
Die natürlichste Annahme wäre wohl 1
1887,
H. Höffding. 3.
die,
daß durch den
1. deutsche Ausgabe Über Wiedererlceunen, Assoziation
Psychologie in Umrissen.
deutsche Ausgabe 1901.
und psychische Aktivität. Vierteljahrs ehr. f. wisseusch. Phil. 4 Artikel 13. und 14. Bd. 1889, 1890. Zur Theorie des Wiedererkennens. Wundts Philosoph. Studien, 8. Bd., 1893.
im
Allgemeines über mnemische ITomophonie.
ersten Eindruck ein
260
Umlagern der Moleküle bewirkt wird,
welches nach dem Aufhören des Eindrucks wieder von dem vorigen Zustand abgelöst wird, und zwar unsicherer, leichter
Insofern
ist.
sition
zu
läßt
es
daß eine gewisse Dispo-
sich sagen,
Umlagerung erzeugt
der nämlichen
diese leichter von statten geht,
wieder
daß dieser nun
so,
ans dem Gleichgewicht zu bringen
sei,
daß
so
wenn der nämliche Eindruck
Das Wiedererkennen oder vielmehr
entsteht.
die
dann das psychologische Korrelat
Bekanntheitsqualität bildet
der größeren Leichtigkeit,
mit welcher
Änderung
eine
in
der Lagerung der betreffenden HirnraolekUle hervorgebracht wird.«
—
Das wird dann im folgenden von Hötfding noch
näher ausgeführt (Hötfding 1889,
Aus den
mitgeteilten
mit seiner Formel
I
S. 432,
433).
Proben geht klar hervor, daß Höflfding gar keinen eigentlichen Homophonie-
.j
vorgang, gar nicht das Miteinander zweier gesonderter Er-
regungen ausdrücken
will.
Ich habe dies alles hier so ausführlich
man
auseinandergesetzt, damit lichen Schreibweise,
nicht etwa, auf
meine in
Grund der ähn-
diesem Punkt durchaus ab-
weichenden Ansichten mit denen Höffdings zusammenwirft.
Denn
folgender wesentlicher Unterschied besteht zwischen
unsern beiden Auffassungen.
beim Wiedererkennen
I
,
j,
Nach Höffdings Meinung z.
B.
beim Wiedersehen des
Berlin gesehenen Rembrandtbildes im
Erregungsvorgang
(ich
fasse jetzt
Haag nur
die
Weg
statt,
bereits gebahnt
in
ein einziger
physiologische
des Vorganges, die Erregungen, ins Auge) weil er sozusagen den
findet
Seite
der aber,
findet,
bei der
zweiten Gelegenheit mit größerer Leichtigkeit stattfindet als bei der ersten.
Bildet doch nach seiner Meinung das Wieder-
erkennen das psychologische Korrelat der größeren Leichtig-
Die mnemischen Empfindungen.
270
mit welcher die Änderuug in
keit,
der Lagerung der be-
treffenden HirnmolekUle hervorgebracht wird.
Ich dagegen glaube in einem solchen Fall und in allen
verwandten Fällen zwei gesonderte Erregungsvorgänge nachweisen zu können,
wie ich es ausdrücke, homophon
die,
Und
nebeneinander herlaufen.
um Annahme sondern um sich
dabei
nicht
eine
möchte betonen, daß es
ich
mehr oder weniger
willkürliche
einen auf Grund experimenteller Tat-
sachen geführten Nachweis handelt, von Tatsachen, die die An-
nahme
einer Verschmelzung der Erregungen direkt widerlegen.
Was
zunächst
Homophonie zweier Originalempfin-
die
dungen anlangt, so
ist
ein
strikter
Beweis für die Nicht-
verschmelzung der durch das rechte und der durch das linke
Auge ausgelösten Erregungsvorgänge, wie wir oben
S.
87
sahen, durch die Flimmerexperimente Sherringtons erbracht. Vielleicht für die
ließe sich ein ähnlicher Experimentalbeweis auch
Empfindung des rechten und des linken Ohrs führen;
vielleicht
wird
sprechenden leituüg
aber
die
saubere
Ausführung
der
ent-
akustischen Experimente durch die Knochen-
unmöglich gemacht werden,
die
eine
hinlängliche
Beschränkung einer bestimmten Reizwirkung bald auf das eine, bald
auf das andere Ohr, wie
durchführen läßt, verhindert.
sie sich
Doch
beim Auge
spricht
leicht
schon die Tat-
sache, daß wir zu unterscheiden vermögen, ob die durch das
rechte
Ohr ausgelöste Tonempfindung stärker
ist,
als
die
durch das linke Ohr ausgelöste, oder umgekehrt, in hohem
Maße
dafür,
daß eine Verschmelzung beider Erregungen nicht
stattfindet.
Wenden
wir uns nun zu dem,
was
ich als
Homophonie
zwischen einer Original- und einer mnemischen Empfindung, bzw. zwischen
zwei mnemischen Empfindungen unter sich
<
Allgemeines über mnemische Homophonie.
271
bezeichne, so habe ich bereits bei Erörterung des Gegenspiels
der Empfindungen (S.
beim Wiedersehen des Rembrandtbildes
261) klar zu machen gesucht, daß unser Bewußtseins-
zustand unter derartigen Umständen ein solcher einer einfachen sein kann.
geht
ist,
daß von
Verschmelzung der Empfindungen keine Rede
Höffding, der eine solche Verschmelzung annimmt,
bezeichnenderweise
wahrnehmung
in
auf die Frage
der Unterschieds-
diesem Zusammenhang nirgends
ein.
Aus-
schlaggebend für den Nachweis der Nichtverschmelzung der durch die Empfindungen manifestierten
Erregungen
in allen
Fällen von mnemischer Homophonie scheint mir aber
Tatsache zu sein,
daß wir
in
jedem Falle
Homophonie nur unsere Aufmerksamkeit auf ponenten einzustellen brauchen,
um
sie in
einer
die
solchen
eine der
Kom-
größter Reinheit
und un vermischt von ihren Mitkomponenten herauszuempfinden.
Wie wäre
eine
derartige Zerlegung der Homophonie, sozu-
sagen das Herauspräparieren dieser oder jener Einzelkomponente möglich, wenn die Erregungen in solchen Fällen in eins zusammenfließen
würden?
So kann ich jederzeit das mnemische Bild des Haager Eindrucks ohne Beimischung des Berliner reproduzieren, und bei anderer Einstellung der
Aufmerksamkeit den Berliner Ein-
druck ohne Beimischung des Haager. Einem Menschen mit gutem musikalischem Gedächtnis macht es durchaus keine Schwierigkeit,
eine hundertmal gehörte Arie
mnemisch beliebig so zu
reproduzieren, daß er sie genau so wiederhört, wie sie einmal
vor 20 Jahren der Sänger
X
herausschmetterte, das andere
Mal, wie sie vor 10 Jahren Fin seiner markigen Weise wieder-
gab, dann wieder wie vor einem Jahre fülle
und Schmelz
alle
Z
damit an Klang-
seine Vorgänger in Schatten
stellte.
Fünfzehntes Kapitel. Die Wiederlioluuj;* der Erreguugeii als Schöpferin der
Vorbedinguiig für miiemische Homophonie.
Zum
vollen Verständnis
der im vorigen Kapitel zusam-
empfehlen, zunächst
mengestellten Tatsachen v^ird es sich
Bedeutung der Wiederholung
für die
Zusammen-
setzung des individuellen Engrammschatzes im
Zusammen-
die
hang zu
erörtern,
und dieser Aufgabe wollen wir uns
jetzt
Die daraus für die Auffassung der Homophonie
zuwenden.
zu ziehenden Konsequenzen werden sich von selbst ergeben.
Wir untersuchen
Wie wirkt
zuerst:
Wie wirkt
einer Originalerregung; sodann:
einer
mnemischen Erregung auf
individuellen
Eagrammschatzes?
brandtbildes, keit, je
so
Wiederholung
Die Antwort ist
bezug auf
in
leicht
zu
ergibt
durchaus
duktion des
sich
aus der tatsächlichen Möglich-
sauber
in
abgegrenzte mnemische
Berliner Eindrucks,
eine ebenso sauber abgegrenzte
Haager Eindrucks
geben.
Beispiel des zweimal gesehenen Eem-
nach der Einstellung der Aufmerksamkeit
Fall eine
beiden
die
Wiederholung
Zusammensetzung des
die
Wiederholung einer Originalerregung
Denken wir an das
die
in
einem Repro-
einem anderen Fall
mnemische Reproduktion des
zu erhalten, der Beweis, daß jede der
Originalerregungen
je
ein
durchaus
selbständiges,
Wiederholung
Vorbedingung
als
für
vom anderen gesondertes Engramm selbe
gilt
sionen
273
mnemische Homophonie.
Das-
hinterlassen hat^.
aus denselben Gründen für die Engrammsukzes-
der vor 20 Jahren
10 Jahren aus
Munde von
aus
dem Munde von
Z. gehörten Arie
dem Munde von X.,
vor
Jahre aus
dem
vor
Y.,
1
und natürlich ebenso auch
zwischendurch gehörten, wenn auch vielleicht die
alle
Engramme
teren weniger kräftige
hinterlassen
für letz-
haben mögen,
und ihre mnemischen Empfindungen sich deshalb nicht mittels der Aufmerksamkeit aus der
Jede Wiederkehr
Menge herauspräparieren und damit
Reizes
eines
einer
lassen.
Original-
erregung erzeugt also ein neues Engramm, das, wenn durch nichts sich
doch
anderes,
wichtigen
diesen
Unterschied
von allen seinen Vorgängern unterscheidet, daß es eben Bestandteil
integrierender
ein
durch
jüngerer Schicht
Man könnte
Engrammkomplexes
eines
ist.
mir
hier vielleicht
den Einwand machen,
daß mnemische Empfindungen, die bloß ähnlichen Engram-
men
verschiedener Schichten entstammten, allerdings unter-
schieden würden.
Damit
sei
aber noch nicht bewiesen, daß
eine Unterscheidung solcher mnemischer
Empfindungen dann
1 Der Haager Eindruck oder richtiger, da es sich ja um eine längere Betrachtung handelt, die Folge der dortigen Eindrücke ist allerdings
nicht ausschließlich die Hinterlassenschaft der Originalerregung
A-i (or;,
sondern entsprechend meinen eigenen obigen Angaben zeitweilig auch die Hinterlassenschaft der
differenzierenden
Homophonie ^
H
^2 (or ,
.
,
,
\Äi (mn)
Zustand hat während der Betrachtung nur vorübergehend den meisten Augenblicken habe ich mich selbstverständlich ganz der Originalempfindung ohne Rücksicht auf den früheren Eindruck hingegeben und habe dadurch ein selbständiges neues Engramm A-2 engr) erhalten, das durch das zeitweilige Dazwischentreten
Aber
letzterer
geherrscht;
in
des Differentialengramms
I
."
"^"i!)
in seiner Eigenart
keineswegs be-
einträchtigt wird.
Semon, Uneme.
H.
18
274
I^iß
möglich
wenn
sei,
Wiederholung der neue Ori-
Vorgänger nicht zu unterschei-
Vielleicht wird in diesem Fall nicht
ist.
Engramm
neues
gleich bei der
von seinem
ginaleindruck
den gewesen
mnemischen Empfindungen.
ein
sondern das bereits vorhandene
geschaffen,
Daß unsere Eegel von der Schaffung eines selbständigen neuen Engramms als integrierender Bestandteil des neuen Simultankomplexes auch gilt, wenn bei der Wienur verstärkt.
derholung die neue Empfindung bzw. Erregung
Vorgängerin nicht zu unterscheiden für
holung
einer neuen
in
wollen wir nunmehr
den Fall beweisen, daß diese Wieder-
gleich mit auch nicht
ist,
originalen,
mnemischen Erregung (bzw. Empfindung) dies
von ihrer
sondern in einer Ich will
besteht.
an der Hand einer kleinen Reihe von an mir selbst
ausgeführten Beobachtungen tun,
die jeder
an
sich
selbst
nachprüfen und deren Beiwerk er seiner eigenen Umgebungentsprechend leicht passend abändern kann. das will ich gleich vorausschicken, derer Weise geführt werden, Fällen,
in
als
muß
hier
Der Beweis, in etwas an-
in den bisher erörterten
denen die engraphisch wirkende Erregung be-
ziehungsweise
ihre
im
Empfindungsmanifestation
Wieder-
holungsfalle sich von ihrer Vorgängerin merklich unterschied.
Ich stelle mir einen praktisch
Engrammkomplex auf Grund komplexes
her,
indem ich
in
genommen neuen
optischen
eines originalen Empfindungs-
meinem Arbeitszimmer an einem
Tisch von zwei selten geöffneten Schubladen zunächst die linke herausziehe
merksam Es
als
setzt sich
und das
Bild,
das ihr Inhalt
bietet,
auf-
Gesamtbild betrachte und in mich aufnehme.
zusammen aus den Bildern von
allerlei
photo-
graphischen Utensilien, wie Etuis mit Linsen, einem Expositionsmesser, einem Pinsel, einem Gummiquetscher für das Auf-
kleben von Bildern, einem länglichen Karton, der Rollfilms
Wiederholung
als
Vorbedingung
enthalten hat, und noch
mnemische Homophonie.
für
manchem
anderen.
Alles dies liegt
ganz bestimmten Anordnung vor mir und
in einer
275
so
füllt
ziemlich den optischen Teil meines präsenten Empfindungs-
komplexes
aus.
Wenn
ich die
Schublade wieder schließe, klingt der ge-
samte simultane Empfindungskomplex bald ab, und es wird daraus eine genau determinierte Schicht meines individuellen
Engrammschatzes, deren optischen Teilkomplex ich mit bezeichnen
Nach
B
will.
einer
Weile ziehe ich die rechte Schublade
selben Tisches heraus und betrachte deren Inhalt,
des-
der sich
links hauptsächlich aus Glasröhren, zu oberst einer besonders
und roten Gummischläuchen
rechts aus schwarzen
starken,
von verschiedener Dicke zusammensetzt.
nehme
ich
merksam
in
mich
auf,
schließe
bezeichne den optischen Teil
dieses Bild
die
Schublade wieder und
des Engrammkomplexes,
Abklingen dieses ganzen
nach
Auch
mit seinen topographischen Besonderheiten auf-
der
Erregungskom-
simultanen
plexes zurückbleibt und eine Schicht meines Engrammschatzes
ausmacht, als E.
Eine Weile darauf gehe ich geschlossenen
folgendermaßen
Augen an meinem
phoriere ich isoliert (durch
Arbeitstisch
vor.
sitzend
Mit ek-
besondere Einstellung der Auf-
merksamkeit) das Bild des Filmskartons aus Engrammkomplex
B
und im unmittelbaren Anschluß daran das Bild der
starken Glasröhre Bilder
plexe
—
—
es
setze
aus
sind ich
ziehung zueinander,
Engrammkomplex E.
natürlich in
mnemische Empfiudungskom-
eine bestimmte topographische Be-
bringe sie
zum
T
zur Berührung,
daß
sie
eine Art
einigung
ich
sie
eine Weile
halte
Diese beiden
Beispiel bilden.
unter
so
senkrecht
In dieser Ver-
Anspannung der 18*
Die mnemisclien Empfindungen.
276
Aufmerksamkeit und eventuell,
wenn das aus ihnen kom-
ponierte Bild entgleiten will, unter Erneuerung der Ekphorie
Dann
fest.
lasse ich es entgleiten
und ausklingen und
den simultanen Engrammkomplex jener Augenblicke,
in
dieses kombinatorische Experiment vornahm, als
ich
will
denen
G
be-
zeichnen.
Ich kann mich nun leicht durch entsprechende Ekphorien
daß
überzeugen, Glasröhre als
zwar jedesmal
handen plex
B
in
Filmskarton in je
die
starke
verschiedener topographischer Lage vor-
Nachbarschaft von Pinsel und Gummiquetscher
und zweitens im Engrammkomplex
Gemeinschaft
B
in
Beziehung zu der
Die Glasröhre im Engrammkomplex
starken Glasröhre. in
sowohl wie
zwei Engrammkomplexen und
Der Filmskarton erstens im Engrammkom-
sind. in der
der
Engramme
mit
anderen
dünneren
Glasröhren
Gummischläuchen und im Engrammkomplex
G
in
E
und
Beziehung
zum Filmskarton. Ich behaupte nun, daß im
Engrammkomplex G
neues, von den gleichen Repräsentanten in
unabhängiges
Engramm
handen und zu sind.
Man
einer
wird
je ein
Komplex B und E
des Kartons und der Glasröhre vor-
neuen bleibenden Kombination vereinigt
vielleicht
dagegen einwenden, daß nur eine
Verbindung zwischen dem Kartonengramm von Komplex
und dem Glasröhrenengramm von Komplex schaft als sei.
Komponenten
dieser beiden
E in
B
ihrer Eigen-
Komplexe geschaffen
Dies läßt sich aber durch die einfachste Beobachtung
widerlegen.
Ekphoriere ich Komplex B, so
sehe ich
den
Filmskarton in seinen richtigen topographischen Beziehungen zu den übrigen Komponenten des Bildes der linken Schublade
und ohne
die
Glasröhrentangente.
Sollte
etwa doch
die letztere einmal auftauchen, so verschwinden in demselben
Wiederbolung
als
Vorbedingung
für
mnemische Homophonie.
277
Augenblick Pinsel, Gummiquetscher und der übrige Inhalt der Schublade, und nur die T-Figur bleibt im muemischeu Gesichtsfeld.
Genau ebenso
ihres
trotz
mit
sich
Die
der Glasröhre.
Engrammkombinationen von
optischen
drei
stellen
verhält es
B,
Zusammenhangs, der darin
E
und
besteht,
O
daß
Ekphorie der einen unter Umständen ekphorisch auf eine
die
anderen wirkt,
der beiden
und Selbständiges
etwas
Wenn
dar.
in
sich Abgeschlossenes
ich die T-förmige
Kombination
von Filmskarton und Glasröhre ekphoriere, wiederhole ich den Vorgang, den ich bei Entstehung
übrigens nicht etwa
G
Engrammkomplexes
des
Denn
vornahm.
bei
jenem
ersten
Zusammenbringen von Karton und Glasröhre mußten durch Aufmerksamkeit
die
komplexes bination Ist die
B und E
alle
übrigen Bestandteile des
Engramm-
von der Teilnahme an der neuen Kom-
im Simultankomplex
O
sorgfältig abgesperrt werden.
Kombination aber einmal geschaffen,
so bedarf es bei
G dieser Tätigkeit der Aufum beim Erscheinen der T-förmigen
Ekphorie des Simultankomplexes
merksamkeit nicht mehr,
Kombination von Karton und Glasröhre abzusperren,
mit
die Glasröhre
Tauchen
sie
der Karton
denen
im Komplex
etwa einmal
E
alle die
Komponenten
auf, so
B
und
verschwindet sofort die T-
Kombination, und es erscheint entweder das Bild plex
B
im Komplex
topographisch verbunden sind.
oder das von Komplex E.
vom Kom-
Jeder Mensch mit leid-
lichem Gedächtnisvermögen und einiger Konzentrationsfähigkeit
kann
sich
leicht
der Richtigkeit dieser Ich will hier
aber
durch ein ähnliches Experiment von
Angaben überzeugen. noch
ein
Beispiel bringen,
das
ein
Jeder mutatis mutandis aus seiner eigenen Erfahrung ohne
besonderes
Experiment bestätigen kann.
Ich habe
einen
:
Die mnemischen Empfindungen.
278
wie ein Mensch von
furchtbaren Anblick, indem ich sehe,
Trambahn umgestoßen und überfahren
einer
denke
selben Augenblick
sprechen:
Das
ohne es übrigens laut auszu-
Wenn
ja schrecklich!
ist
eignis wieder in
ich,
In dem-
wird.
dann das Er-
ich
mein Gedächtnis zurückrufe,
fällt
mir auch
regelmäßig dieser mein an sich so farbloser Gedanke wieder
und bei den Berichten, die ich meinen Bekannten von
ein,
dem
Ereignis
gebe, kann ich nicht umhin,
das
Als ich das sah, dachte ich: dieser
vier
Worte
Engrammschatz, nichts
wie
findet
auch
sich
Neues oder Besonderes, und
sie
sich
so
fest
und
in
es
eine neue
und
in
enthält
durchaus
nicht einzusehen,
ist
und
Komponenten des Simul-
tankomplexes des Unfalls verbinden
Engramm
meinem
in
solcher Abgeschlossenheit
präzisen Fassung mit den übrigen
als
Jedes
ja schrecklich!
ist
nun tausendfach
Kombination
die
einzuflechten
sollte,
wenn
sie nicht
gewissem Sinn abgeschlossene
Schöpfung jenes Augenblicks wäre.
Es
ist natürlich,
daß diese wichtige Frage einer
viel aus-
gedehnteren experimentellen und experimentell- statistischen
Behandlung, besonders nach
dem oben
skizzierten Unter-
suchungsmodus Karton- Glasröhre, zugänglich
ist.
An dem Macht
Schlußresultat wird dadurch nichts geändert werden.
doch jeder denkende Mensch ment.
Vor allem
unser
fort
und
schöpferisches
Komponieren usw. beruht auf einem unbewußten Kombinieren
fort
isolierter
dieses Experi-
Denken, Erfinden,
teils
bewußten,
verschiedensten Schichten des Engrammschatzes. die Kombination einmal vollzogen,
teils
Komponenten aus den dann
stellt
schlossenes und verhältnismäßig selbständiges
sie
Ist
aber
ein ge-
Gebilde dar,
das bei jedesmaligem Neugebrauch nicht etwa erst wieder
neu zusammengesetzt und, was für unsere Frage wichtiger
Wiederholung
als
VorbedingUBg
für
mnemische Homophonie.
279
nicht von den anhaftenden
Mitkomponenten der verschiedenen Engrammschichten neu isoliert zu werden braucht. Diese Abgeschlossenheit kann eine solche Kombination aber nur erhalten, wenn sie ein neues Engramm ist,
wenn
nicht,
ist,
sie nichts
weiter
Auffrischung alter durch alle verstreuter
ist als
eine Verbindung
und
möglichen Engrammschichten
Engramme. Dieser neugeschaffene Engrammkom-
plex bildet dann einen integrierenden Bestandteil desjenigen
simultanen Engrammkomplexes, mit und in
wurde. Kurz zusammengefaßt: Jede
dem
er
geboren
mnemische Erregung
homophone Reihe solcher Erregungen* erzeugt Komponente des simultanen Erregungkomplexes, in dem sie zur Ekphorie gelangt, ein neues Engramm, aus dem sich eine selbständige, von dem Mutterengramm trennbare Erregung ekphorieren bzw. als
läßt.
Durch diese Feststellung bestätigen und befestigen wir nur
die
Fundamente
unseres
ersten
mnemischen Haupt-
Erregungen innerhalb eines Orga-
satzes: Alle gleichzeitigen
nismus bilden einen zusammenhängenden simultanen Erregungs-
komplex, der
als solcher
zusammenhängenden und
grammkomplex
engraphisch wirkt, das heißt einen insofern ein Ganzes bildenden
zurückläßt.
Im
En-
zwölften Kapitel haben wir
gesehen, daß, abgesehen von der verschiedenen Art der Auslösung, kein durchgreifender Unterschied zwischen originaler
und mnemischer Empfindung und ebensowenig zwischen der durch diese manifestierten
regung aufzufinden
ist.
originalen
In unserem ersten mnemischen Haupt-
satz sind unter »alle gleichzeitigen 1
Auf
die engraphische
ich erst unten näher ein.
und mnemischen Er-
Erregungen« sowohl die
Wirkung homophoner Erregungsreihen gehe
280
nmemischen Empfindungen.
I^ie
mnemischen Erregungen eiuzubegreifen.
originalen als auch die
Der gesamte simultane Erregungskomplex, ganz
gleich,
ob
die Erregungskomponenten durch äußere Keize ausgelöst oder
Engrammen
aus
ekphoriert sind, verewigt sich als ein Ganzes
engraphisch, sozusagen auf einer noch unbeschriebenen Stelle
der reizbaren Substanz.
Wie
ich wiederholt in der
»Mneme« und anderwärts
betont
habe, halte ich es für durchaus verfrüht, die materielle Ver-
änderung, die nach Ablauf einer Erregung
in der reizbaren
Substanz zurückbleibt, auf Grund unserer derzeitigen Kennt-
näher
nisse »molekular«
bestimmen zn wollen, oder einen
Einblick gewinnen zu wollen, wie die materielle Veränderung, die wir
Engramm
Erregung
nennen, aus
dem
Denn der
entsteht.
genannten energetischen Vorgangs ganz
fast
in
Dunkel
treten,
Die größte
gehüllt.
Ohne aus
auch des
für uns zur Zeit
ist
diesen Problemen
scheint mir deshalb
durchaus geboten.
energetischen Vorgang der
speziellere Charakter
noch
Zurückhaltung
gegenüber vorläufig
dieser Zurückhaltung herauszu-
möchte ich aber au dieser
Stelle zeigen,
wie die zwar
zweifellos vorhandene, aber uns noch ganz dunkle mechanische
Beziehung
zwischen
nicht beschaffen Bei weitem
logen
ist
Engramm und Erregung jedenfalls
ist.
am verbreitetsten unter Physiologen und Psycho-
folgende hypothetische Versinnbildlichung der Bezie-
hung von engraphisch wirkender Erregung, Engramm und mnemischer Erregung, die ich hier mit den Worten Höffdings
1889
S. 432)
wiedergeben
will:
küle bewirkt wird, welches nach
so,
0.
»Die natürliche Annahme wäre
wohl die, daß durch den ersten Eindruck
wieder von dem
(a. a.
ein
Umlagern der Mole-
dem Aufhören
des Eindrucks
vorigen Zustand abgelöst wird, und zwar
daß dieser nun unsicherer, leichter aus
dem Gleich-
Wiederholung
Vorbedingung
als
gewicht zu bringen
281
Homophonie.
für raneraische
Insofern läßt es sich sagen, daß
ist.
eine gewisse Disposition zu der nämlichen Umlagerun g er-
zeugt
Das klingt sehr
sei.«
sagen, daß selbst
sie
immer
sich
plausibel,
und
die meisten
werden
Mechanik der Gedächtnisvorgänge
die
Für mich wenig-
so ähnlich vorgestellt hätten.
stens, so lange ich
mich nicht eingehender mit diesen Dingen
beschäftigt hatte,
trifft
Seitdem ich dies aber getan
es zu.
habe, sehe ich, daß sich die Sache unmöglich so verhalten kann. Verhielte sich die reizbare Substanz in Bezug auf Original-
Engramm und mnemische Erregung etwa
erregung,
schwer biegen
ein elastischer Stab, der sich zunächst nur
dem
bei
es aber
so
nach öfterem Biegen, obwohl er
wie läßt,
noch
stets
vollkommen zur Geraden zurückkehrt,
nur noch einer ge-
ringeren energetischen Einwirkung bedarf,
um dieselbe Biegung
hervorzubringen,
verhielte sich die
Sache beim mnemischen
Prozeß auch nur einigermaßen analog, so wäre die durch die oben
angeführten
Tatsachen
bewiesene
Entstehung
eines
dem Mutterengramm gesonderten Engramms nach
neuen, von
der Ekphorie dieser ersteren durchaus unverständlich, ja undenkbar.
Denn handelte
durch Erregung
rung«,
so
um
würde
es
sich bei
eine bloße
eine
»
der Engrammbildung
Umlagerungserleichte-
Wiederholung der
Erregung eine
solche doch höchstens vergrößern, nicht aber ein neues,
ge-
sondertes und isoliert ekphorierbares Engramm gleicher Art aber in anderer Determination schaffen können, wie es bei
dem
betreffenden mnemischen Prozeß nachweislich der
ist.
Dies scheint mir ein zwingender Beweis dafür zu
Fall sein,
daß die Auffassung des Engramms
als
bloße
»Um-
lagerungserleichterung« mit der klaren Sprache der Tatsachen in
offenem Widerspruch
An
steht.
dieser Stelle möchte ich nur
im Vorbeigehen darauf
Die mnemischen Empfindungen.
282
aufmerksam machen, daß
in dieser höchst eigenartigen Eigen-
schaft der reizbaren Substanz,
von jedem simultanen Erregungs-
komplex, sowohl soweit er aus originalen
mnemischen Erregungen ^
aus
besteht,
als
auch soweit er
eine
entsprechende
Veränderung, einen simultanen Engrammkomplex zurückzubehalten und die chronologische Folge dieser
Engrammkom-
plexe in irgend eine räumliche Anordnung übersetzt zu be-
wahren,
—
daß
in
dieser höchst
eigenartigen
Eigenschaft
der reizbaren Substanz die Grundlage unserer ganzen Zeitvorstellung zu erblicken
ist.
Es würde mich aber zu weit
führen, hierauf in diesem Buche näher einzugehen und die interessanten sich daraus ergebenden Konsequenzen zu ziehen. Vielleicht
komme
ich später einmal darauf zurück.
Einen zweiten wichtigen Punkt streifen.
will ich hier ebenfalls nur
Ich sprach soeben von der eigenartigen Fähigkeit
der reizbaren Substanz,
die
chronologische Folge der
Engrammkomplexe in irgend eine räumliche Anordnung übersetzt zu bewahren, wobei sich, wie ich sagte, jeder simultane
Erregungskomplex
als ein
Ganzes ver-
ewigt, sozusagen auf einer noch unbeschriebenen Stelle der
reizbaren Substanz.
Das
heißt, gewisse Strukturänderungen
der organischen Substanz,
die wir als simultane
Engramm-
komplexe bezeichnen, müssen, indem aus ihnen von Augenblick zu Augenblick der
Engrammschatz erwächst, eine be-
stimmte Lokalisation besitzen. 1
Natürlich wirken dabei die einzelnen Erregungen nicht dergestalt
engraphisch, wie sie sich bei isolierter Auslösung darstellen würden,
sondern dergestalt, wie sie aus dem gemeinsamen Zusammenfluß im Simultankomplex hervorgehen, also so modifiziert, wie es die gegenseitige Beeinflussung: Verstärkung durch Kontrast. Abschwächung bis zur Neutralisation, Vermischung, Homophonie, Differenzialbildung bedingt. Wir werden am Ende unserer Ausführungen über die Homophonie am Schluß des 17. Kapitels noch etwas näher hierauf eingehen.
Wiederholung
Diese
von
ist
allein
Vorbedingung
mnemische Homophonie.
für
chronogene Lokalisation
sation, die ich
Über diese
zum Unterschied von
ihrer Entstehung auf
die
bisher
ja überhaupt bisher allein beachtet
studiert,
durchaus verschieden.
ist,
283
des Engrammschatzes
nach Sinnesgebieten,
der Lokalisation
genauer
worden
als
letztere Lokali-
der chronogenen nach
Grund der besonderen topographischen
topogene
Konfiguration in den Zentralorgauen als
bezeich-
nen möchte, habe ich mich mit einiger Ausführlichkeit
Mneme
der
(2.
Aufl. 1908, S. 158
— 172)
ausgesprochen.
um
habe zu zeigen versucht, daß es sich dabei keineswegs eine exklusive, sondern delt,
und wie man vorzustellen
sation
nicht wieder ein.
um
sich das hat.
eine graduelle Lokalisation han-
Zustandekommen
Auf
dieses
Thema gehe
laufs der originalen
Erregungen
in der
die verschiedene Lokalisation
außerordentlich
in
auch die Hin-
Hirnrinde ein anderer
der der mnemischen Erregungen.
und der »Erinnerungen« sind
ich hier
daß der Schauplatz des Ab-
fälligkeit der Ansicht erweisen,
für
dieser Lokali-
Ich werde dasselbe in einer späteren Fort-
setzung ausführlicher behandeln und dabei
sei als
in
Ich
Die Gründe, die
man
der Originalempfindungen
der Hirnrinde vorgebracht hat,
schwach
näheren Prüfung nicht stand.
und halten
gestützt
Dann wird
sich
einer
auch die Ge-
legenheit ergeben, die chronogene Lokalisation eingehend zu
untersuchen und zu zeigen, daß das Nebeneinanderhergehen dieser
Lokalisation
mit
der
topogenen
keinerlei Schwierigkeiten in den
Hier
sei
sation des
führten
Weg
dem Verständnis
legt.
nur noch erwähnt, daß die chronogene Lokali-
Engrammschatzes nicht nur aus den oben ange-
psychologischen und physiologischen Tatsachen als
ein notwendiges Postulat zu erschließen
ist,
sondern daß
sie
auch, ähnlich wie die topogene graduelle Lokalisation, durch
Die ninemischen Empfindungen.
284
pathologischen Tatsachen bewiesen wird.
die
Schädigungen des Nervensystems,
Nach akuten
z.B. Gehirnerschütterungen,
schweren fieberhaften Erkrankungen usw. zeigt sich häufig der
Engrammschatz nicht nur vom Beginn der Schädigung an ihrer Ausheilung in
bis zu
einem pathologisch veränderten Zustande,
sondern diese pathologische Veränderung erstreckt sich auch
zurückgreifend auf
die
vor dem
Insult niedergelegten
zunächst und bis dahin völlig normalen Teile des schatzes.
das heißt
Engramm-
Die Engrammschichten, deren Erzeuger dem Insult
unmittelbar vorausgingen, zeigen sich
vernichtet,
und
sie sind,
am
meisten geschädigt,
wie der weitere Verlauf
zeigt,
zwar nicht
aber haben ihre Ekphorierbarkeit ganz oder fast
ganz verloren.
Je weiter in der zeitlichen Entstehung
Insult entfernt, das heißt, je früher
weniger zeigen sich die Engrammschichten
wahrnehmbar verändert.
sich nur in
alteriert,
dem
älteren Engrammschichten, die chronogen
nate vorhergingen, zeigen
vom
ihm vorhergehend, umso-
Insult
und
die
um Mo-
sehr seltenen Fällen
In umgekehrter Weise erfolgt dann
die Heilung der Schädigung.
Zuerst werden die
vom
Insult
chronogen entfernteren, dann sukzessive die ihm näheren und nächsten Engrammschichten wieder ekphorierbar. in seinem interessanten
Werk
über die
Ribot hat
Störungen des Ge-
dächtnisses (deutsche Ausgabe 1882) wohl zuerst auf die Be-
deutung dieser eigentümlichen Tatsachen
aufmerksam
macht und aus ihnen sein »Gesetz der Regression«
ge-
hergeleitet.
Ein besonders markanter Fall dieser Art wurde von Forel beobachtet und von Naef in der Zeitschrift für Hypnotismus
beschrieben 1;
in
diesem Fall
griff
die
Unmöglichkeit, den
vor der Erkrankung erzeugten Teil des Engrammschatzes zu 1
5,
Auch
ausführlich Aviedergegeben in A. Forel,
Aufl., 1907, S.
215-233.
Der Hypnotismus,
Wiederholung
als
Vorbedingung
für
mnemische Homophonie.
285
ekphorieren, auf Schichten zurück, die viele Monate vor der
Erkrankung erzeugt waren.
Diese pathologischen Erschei-
nungen der »retrograden Amnesie« sowie auch die oben schon charakterisierte
gleichen,
Art,
wie
sie
sich
allmählich
wieder aus-
weisen also ebenfalls mit Bestimmtheit auf eine
gewisse chronogene Lokalisation des Engrammschatzes hin.
Ein ausführliches Eingehen hierauf der
Mneme
vorbehalten.
sei
aber der Pathologie
Sechzehntes Kapitel. Manifestation der nicht differenzierenden Homopliouie.
Abstraktion durch Homophonie.
Das Hauptergebnis der Untersuchung des vorigen Kapitels besteht in der Erkenntnis,
daß jede (wie wir noch sehen
werden nach angemessener Pause erfolgende) Wiederholung einer Erregung,
sei es in
Form
einer Origiualerregung
,
sei
€S einer mnemischen Erregung, nach ihrem Ausklingen ein
entsprechendes neues
Engramm
jüngsten Datums zurückläßt,
das sich in die zuletzt gebildete simultane Engrammschicht einfügt
und
sich
bei
homophon
erneuter Ekphorie
Vorgängern hinzugesellt.
Hieraus erklärt
sich
ordentliche
Wirkung der Wiederholungen auf
kommnung
der mnemischen Leistungen.
die
die
seinen
außerVervoll-
Denn mit der Zahl der homophon zusammenklingenden Empfindungen
steigt,
wie wir sehen, zwar
in der
großen Mehrzahl
der Fälle nicht die Intensität im engeren Sinne, stets aber in
ausgesprochenem Maße die Vividität der homophonen Gesamtempfindung.
Irgend ein mir durchaus gleichgültiger optischer
Eindruck, der sich täglich wiederholt, und
dem
ich vielleicht
niemals eine eigentliche Beachtung geschenkt habe, wirkt doch schließlich durch die Häufigkeit der
Wiederholungen
mir die geringste Veränderung an ihm sofort
auffällt,
so,
daß
daß
ich
ihn ferner nach vielen Jahren sofort wiedererkenne und daß,
wenn
ich
ein gutes visuelles Gedächtnis
habe, ich ihn mir
1
Nicht differenzierende Homophonie.
ohne Mühe lebhaft vor das geistige Auge zu viel lebhafter als einen seltner
stellen
vermag,
wenn auch mit größerer Auf-
merksamkeit betrachteten Anblick. unter ganz besonderen
287
Abstraktion.
Nur Einzeleindrücke,
Umständen aufgenommen, zum
die
Beispiel
mit starker Lust- oder Unlnstbetonung versehen sind, können bei der
mnemischen Reproduktion mit der Vividität der Re-
produktion solcher an sich höchst gleichgültiger aber durch
homophonen Zusammenklang außerordentlich
gesteigerter Ein-
drücke konkurrieren.
Wir können
getrost sagen
:
Je größer die Zahl der homo-
phonen Empfindungskomponenten, beziehungsweise, v^enn wir die
Genese dieser Komponenten zum Ausdruck bringen wollen,
je größer die Zahl der vorausgegangeneu Wiederholungen, so
vivider
unter sonst
Homophonie Es
gleichen Bedingungen die
aus
um der
resultierende Gesamtempfindung.
gibt eine große
Anzahl experimenteller Feststellungen,
auf die ich unten kurz zurückkomme, aus denen sich unmittelbar oder mittelbar eine Bestätigung des eben ausgesprochenen
Doch bedarf
Satzes ergibt.
schaftlichen Apparats,
Erfahrung ihn
fort
und
um
es eigentlich gar keines wissen-
ihn zu beweisen, da die alltägliche
fort bekräftigt.
Wie
schattenhaft sind
beispielsweise die meisten unserer mnemischen Empfindungen,
wenn
es sich
indifferenter
um einmalige, Natur handelt.
etwas zurückliegende Eindrücke
Wie
unvergleichlich vivider sind
solche Reproduktionen ebensoweit zurückliegender indifferenter
und ebenso
Eindrücke, wenn die letzteren seinerzeit nicht
einmal, sondern häufig stattgefunden haben,
wenn wir über
jenen an sich gleichgültigen und uncharakteristischen Platz nicht einmal, sondern hundertmal gewandelt sind'. 1 Ich mache darauf aufmerksam, daß eine Erklärung dieser Erscheinung durch die Annahme, bei jeder Wiederholung werde das
Die mnemischen Empfindungen.
288
Wenn
es
sich
um
mischer Empfindungen Beispiel, tritt die
Homophonie
eine
wie im
handelt,
lediglich
eben
mue-
angeführten
Verstärkung der Vividität mit dem Anwach-
sen der Zahl homophoner Komponenten ohne weiteres zu Tage.
Die Zunahme der Vividität bei der Homophonie der Originalerapfiudungen unter sich haben wir schon im fünften Kapitel S.
94 ausführlieh
Sehr unzweideutig kann ich
erörtert.
sie
an mir beim Vergleich des Hörens mit einem und mit zwei
Ohren beobachten, aber noch
wenn man
tage,
viel
überzeugender
tritt
sie zu-
einen Geruchsreiz von gleicher Konzentra-
andere Mal aber durch
tion einmal nur durch das eine, das
beide Nasenlöcher zuführt.
Eine Zunahme der Vividität
dagegen dann nicht
ist
ein-
wandfrei nachzuweisen, wenn zu einer kräftigen Original-
empfindung eine oder zahlreiche, ja ein ganzer Chor homophoner mnemischer Empfindungen
tritt.
Kein Mensch wird
von sich angeben, er habe unter sonst gleichen Bedingungen von einem
in
guter Beleuchtung und entsprechender
Nähe
zum hundertsten Mal
sieht,
wenn
betrachteten Bild,
er
es
eine lebhaftere Empfindung, als
wenn
wahrnimmt.
Ebenso wird
einem
Vividität einer
zum
ersten oder
Melodie ergehen.
Aber
man
zieht,
in
Rechnung
es
ist als
ersten
Mal der
zum hundertsten Mal gehörten wenn
dies ist nur selbstverständlich,
daß die Vividität einer gut ausge-
sprochenen Originalempfindung
mäßig stärker
zum
beim Vergleich
er es
in der
diejenige einer
Regel so unverhältnis-
mnemischen Empfindung
oder eines ganzen homophonen Chors mnemischer Empfin-
vorhandene Engramm durch Zunahme der »Umlagerungserleichverstärkt oder es fände ein immer voUkommneres »Ausschleifen« ein und derselben Bahn statt, aus den S. 281 dargelegten Gründen vollkommen auszuschließen ist.
bereits
terung«
Nicht differeuziereude Homophouie.
Abstraktion.
289
düngen, daß der Zuwachs, den das Hinzutreten dieses ganzen
Chors bedingt, zu gering
um
ist,
Ganz anders aber verhält
um
Wie wir oben
handelt.
Originalempfindungen
auch
nur
wie wir
ebenfalls
nur
die
für
homophonen
in
Vividität
von
die
»Intensität« das,
Form
einfachen
dieser
Derartige
gilt.
gewinnen
Hinzutritt
mnemischen
Vividität
Verhältnis,
ein
Intensitätsgrade
durch
es sich
besitzen
schwacher
äußerst
oben sahen,
geringer
haben,
Vividität,
Originalempfindungen
an
ordentlich
von
niedersten
wenig vivide
äußerst
ausgeführt
schwache
eine
wenn
sich die Sache,
von
(3riginalempfindungeu
bemerkbar zu machen.
sich
nun außer-
eines
stärkeren
Empfindungen.
Bei
sehr mangelhafter Beleuchtung sehen wir die Farben
eines
Chors
uns gut bekannten Bildes entschieden deutlicher als die eines
daneben hängenden unbekannten. fernen,
kaum
hörbaren Tönen.
Ebenso geht
es uns mit
Sobald wir wissen, was
sie
zu bedeuten haben, welcher Melodie sie angehören, werden sie
auch
deutlicher,
sofort
weil
den Originalempfin-
sich
dungen der homophone Chor der mnemischen hinzugesellt. Ähnliches läßt sich auch für wenig vivide Geruchs-
Geschmacksempfindungen nachweisen. eine dankenswerte
und nicht
und
Es würde übrigens
allzu schwierige
Aufgabe
sein,
diesen Gegenstand experimentell weiter zu behandeln, und
der Vividität ebenmerklicher Originalemp-
die Verstärkung
findungen durch Homophonie mit mnemischen Empfindungen schärfer zu präzisieren.
Wir können
also getrost sagen,
ferenzierende Homophonie auf
daß
sich
dem Empfindungsgebiet
mein durch eine Verstärkung der Vividität manifestiert
Reaktionen
sich
oder,
Semon, Mneme.
II.
aber auch vielleicht
die nicht difallge-
manifestiert.
durch
eine Anzahl
besser
gesagt,
objektiver
durch 19
Sie
gewisse
290
I*i6
mnemischen Empfindungen.
Diese verschiedene Mani-
Modifikationen solcher Reaktionen.
festationsart bedeutet aber nichts Eigenartiges, Neues, sondern ist
nur eine andere Ausdrucksform derselben Eigentümlichkeit.
Ehe wir
hierauf näher eingehen, müssen wir einen Blick
Frage der Abnahme bzw. Steigerung
auf die
Vividität, andrerseits der Intensität
her werfen.
Wenn
einerseits der
von der Erregungsseite
wir betont haben, daß sich die muemische
Reproduktion von ihrem Original, abgesehen von der verschie-
denen Auslösung, wesentlich nur durch eine Abschwächung ihrer Vividität unterscheidet, so bezieht sich diese Ausdrucks-
Die mnemische
weise zunächst auf das Empfiudungsgebiet.
Empfindung weniger vivid
Bedingungen
viel
entsprechende Originalempfindung.
Wie
unter
ist
als die
sonst
verhalten sich aber dazu die
gleichen
Erregungen,
durch die
die
betreffenden Empfindungen zur Manifestation gelangen? Natur-
gemäß muß auch
die
mnemische Erregung,
die
durch eine
weniger vivide Empfindung manifestiert wird, als es die ginale
Empfindung
abgeschwächt
ist,
ori-
im Vergleich zur originalen Erregung
sein.
Nun haben
wir
bereits
oben
an verschiedenen Stellen
daraufhingewiesen, daß zwischen der Vividität und der Intensität einer
Empfindung scharf zu unterscheiden
ist.
Diesem
Unterschied müssen natürlich auch auf physiologischem Gebiet verschiedene Charakteristika der durch die
manifestierten Erregungen entsprechen. sich die
Abschwächung, die
im Vergleich zur originalen Vividität, nicht oder sität.
Wie wir
die reproduzierte erleidet,
Empfindungen sahen, bezieht
Empfindung
wesentlich nur auf ihre
wenn, dann nur indirekt, auf ihre Inten-
Die Abschwächung
der
Erregung beim
der mnemischen mit der originalen
betrifft
wesentlichen auch nur die Vividitätsseite.
Vergleich
naturgemäß im
Auch
bei der
Nicht differenzierende Homophonie.
291
Abstraktion.
Erregung haben wir das Korrelat der Vividitätsab8chwächuDg vom Korrelat der Intensitätsabschwächung zu unterscheiden und nur das erstere als für die Reproduktion charakteristisch zu betonen. Ein Eingehen auf diese Fragen, so verlockend es
tieferes
würde uns
hier zu weit führen.
dazu eine Gelegenheit.
v^äre,
Vielleicht bietet sich später
wenn
Ich betone hier nur, daß
ich
im folgenden von Abschwächung der Erregungen bei der Reproduktion
mit diesem Ausdruck das Korrelat
spreche,
der Vividitätsabschwächung gemeint Charakteristisch dieser
für
die
ist.
Homophonie
daß
nun,
ist
sie
Abschwächung, die die mnemische Empfindung bzw.
Erregung im Vergleich mit der originalen erkennen entgegenarbeitet. Ich habe
Ä
komplex
[oy],
B
z.
C
(or);
B. einen originalen (or),
D
(or),
E
läßt,
Empfindungserlebt,
(or)
der
nach seinem Auskliugen den entsprechenden Engrammkomplex
A
B
(engr),
hat.
(engr),
C
(engr),
C
Später einmal wird
originale
D (engr), E (engr)
zurückgelassen
(engr) ekphoriert
und zwar durch
Wiederkehr der Komponente
Die Ekphorie des Engramms
C
(engr)
C, also
ergibt
sich
daß außer dem durch direkten Reiz ausgelösten
C
fmni
ist.
wird.
in
Gestalt
der Homophonie ^
Dies ergebe sich daraus,
daß
H\'(7 ^ C
(or)
}
C
durch
C
j
(or).
daraus, (or)
auch
vorhanden
(mn)/
»wiedererkannt«
(Auf den Prozeß des Wiedererkennens selbst gehen
wir erst im folgenden Kapitel
komplexes
A
(engr)
—
Der Rest des Engramm-
ein.)
E (engr)
bleibt aber unekphoriert,
bzw. es erfolgt keine Manifestation dieser Ekphorie.
macht nun häufig die Beobachtung, und man kann experimentell bestätigen
nur einmal erzeugten
,
daß wenn
es sich nicht
Engrammkomplex, sondern 19*
Man
sie leicht
um einen um eine
:
292
mnemisehen Empfindungen.
I^iß
die sich bei der Ekphorie
Vielheit handelt,
sammenordnet, die Ekphorie
einem,
bei
C
von
sagen
(engr) nicht
wir
homophon
öOstimmigen
zu-
Chor
den Effekt:
Ci_5o (mn)
sondern
D
^i_5o (mn), (7i_5o (mn), lind bei
,_5o (mn)
einem 100 stimmigen Chor den Effekt:
A-ioo (mn), -E'i_ioo (mn) mit einem Wort immer vollständigere
Ai_ioo(mn), 5i_ioo(mn\ 6'i_ioo (mn), hervorruft.
Es
erfolgt
Ekphorie des gesamten Simultankomplexes. wir,
Teils
Ferner vpissen
daß die Ekphorie eines Simultankomplexes oder eines desselben
bei
hinreichender Stärke der mnemisehen
Erregungen mit Notwendigkeit die Ekphorie seines unmittelbaren Nachfolgers
nach sich
zieht.
oder des entsprechenden Teils desselben
Da nun
die Vividitätssumme der
mnemisehen
Erregungen, wie wir sahen, mit der Zunahme des homo-
phonen Chors wächst, so hat diese Zunahme auch den Erfolg,
die sukzessiven
mnemisehen Abläufe zu befördern.
In der psychologischen Literatur werden diese Beziehungen
gewöhnlich
in
anderer Weise aufgefaßt und ausgedrückt.
Man
sagt nicht, daß die Vollständigkeit der Ekphorie eines Simul-
tankomplexes und im Anschluß daran auch seines Nachfolgers mit der
Zunahme
der
homophon zusammenwirkenden Kompo-
nenten wächst, sondern
was
die
man
Homophonie genetisch
legt
den Nachdruck auf das,
bedingt, nämlich die Wieder-
holung des Reizes bzw. der Erregung,
und
spricht
ferner
nicht von der möglichst vollständigen Ekphorie eines Simul-
tankomplexes, sondern faßt die Einzelkomponeuten des plexes ins
Auge und
sagt, die
Kom-
Wiederholungen begünstigten
das Auftreten von Assoziationen (richtiger von Ekphorien auf
dem Wege
simultaner Assoziation), sie stärkten oder festigten
Nicht differeuziereude Homophonie.
Abstraktiou.
293
Diese Ausdrucks weise, in der
diese Assoziatiouen.
man
ja
au sich eine Wiedergabe wenigstens eines Teils des Tatbestandes erblicken kann, die ihn aber weder vollständig noch in
ganz richtigem Lichte
Mangel eines Einblicks die verschiedenen
mit einem
Wort
darstellt,
ist
in
das
Wesen
der Homophonie, in
»Umlagerungserleichterung«
eine
Bahnen«
der
derartiger
angenommen Das,
was
Die
ich
wir
an deren
diesem Zusammenhang
oder
wird.
Anschauungen habe
nachgewiesen.
Bedeutung der durch
Wiederholungen geschaffenen Dispositionen,
von den meisten Autoreu
Stelle
zurückzuführen auf den
in die eigentliche
»Ausschleifen
ein
Undurchführbarkeit
oben
bereits
selbst
als
die
(S.
281)
eigentliche
Grundlage dieser Erscheinungen betrachten, können wir folgenden kurzen Sätzen zusammenfassen:
Jede muemische
Empfindung bzw. Erregung und jeder mnemische Ablauf im Vergleich zum originalen
Durch
Schaffung
zahlreicher
ceteris
in
ist
paribus abgeschwächt.
Engramme
häufiger
mittels
Wiederholung der Erregung und durch die durch Ekphorie dieser
Engramme
bedingte Homophonie kann
man
die
mne-
mischen Empfindungen und Abläufe wiederum verstärken.
Wir betreten das
in
einzelnen
sorgfältig
den
hier ein seiner
weites und interessantes
Abschnitte
durchgearbeitet worden
bereits
oben
besprochenen
ist,
experimentell
Gebiet, bereits
und auf dem außer
grundlegenden
Resultaten
von Ebbinghaus noch viele andere schöne Früchte geerntet sind.
Ebbinghaus* war der erste, der hier streng experi-
mentell vorging und in seiner »Ersparnismethode« ein sehr zuverlässiges
und auch verhältnismäßig empfindliches Maß-
verfahren entwickelt hat.
^Man
läßt Reihen, die
teilweise aus solchen vorher assoziierten Gliedern 1
H. Ebbinghaus, Über das Gedächtnis.
ganz oder
zusammen-
Leipzig 1885.
Die mnemischen Empfindungen.
294
gesetzt sind, bis zur ersten Reproduktion erlernen, fest,
welche Ersparnis von Wiederholungen dabei
verglichen mit
dem
und
stellt
stattfindet,
Erlernen gleichartiger Eeihen unter gleich-
artigen Umständen, zwischen deren Gliedern noch keine Asso-
In mancher Beziehung der Ersparnis-
ziationen bestehen« ^
methode noch vorzuziehen
ist
die »Treffermethode«
von Müller
und Pilzecker 2. Sie besteht darin, daß man den Versuchspersonen die engraphisch
aufzunehmende Reihe eine gewisse Anzahl von
Malen
und ihnen dann später
darbietet,
einzelne Glieder dersel-
ben vorzeigt und sich darauf das jeweilig folgende Glied angeben
läßt.
Die richtigen Antworten
außerdem kann auch
(Treffer)
werden gezählt,
die Zeit bestimmt werden, die jedesmal bis
erforderlich war. Endlich gibt es noch
zum Eintritt der Reaktion
eine dritte Methode, die der »Hilfen«, die vonEbbinghaus (a.a.O.
1905) ausgebildet
methode
Das
bildet.
Es besteht
dasselbe.
und sozusagen das Negativ der
ist
der Häufigkeit,
Grundprinzip aller dieser
in der
in
Treffer-
Methoden
ist
Ermittlung der Beziehung zwischen
zweiter Linie
auch der Verteilung der
Wiederholungen zur Vollständigkeit und Promptheit (Schnelligkeit) der
In der Ermittlung dieser Beziehungen
Reproduktion.
und verwandten Fragen einiger anderer
ist
man
mit Hilfe der erwähnten und
Methoden recht weit gekommen.
Zum
Teil
handelt es sich bei diesen Untersuchungen allerdings nur die schärfere Präzisierung
die alltägliche Erfahrung
sind,
die
aber
pädagogische 1
2
1900.
gegeben und allgemein angenommen
durch diese schärfere Präzisierung für
Zwecke
voll
verwertbar werden.
H. Ebbinghaus, Grundzüge der Psychologie.
2.
Zum
Teil
1.
Bd.,
Beiträge
zur
Aufl.,
Leipzig 1905.
S. 647.
Lehre
erst
um
von Tatsachen, die bereits durch
Gr.
E. Müller
vom
und A.
Pilzecker,
Gedächtnis, Zeitschr.
f.
Experimentelle
Psj^chologie,
1.
Ergänzungsband,
Nicht differenzierende Homophonie.
haben
sich aber
295
Abstraktion.
auch verschiedene neue Funde ergeben, von
denen allerdings keiner an Wichtigkeit an die Feststellungen von Ebbinghaus aus dem Jahre 1885 über die sogenannten Nebenassoziationeu und rückläufigen Assoziationen S.
(vgl.
oben
204) herankommt.
Als besonders interessant erwähne ich die Ermittlungen
von Ebbinghaus \
Jost^, Müller
und Pilzecker 3 sowie Lipmann*
über die Unterschiede, die sich für das Keproduktionsresultat
aus der verschiedenen Verteilung der Wiederholungen ergibt.
Es
ist
eine
auswendig
leichter
daß
allbekannte Tatsache, lernt,
wenn man
man
beschäftigt.
Natürlich wird
man
Gedicht
am Tage wenn man sich
sich viermal
zu verschiedenen Zeiten je 15 Minuten, als hintereinander eine Stunde lang mit
ein
dem Auswendiglernen
geneigt
sein,
bachtungstatsache lediglich auf die Wirkung der
diese
Beo-
Ermüdung
und das Nachlassen der Aufmerksamkeit zurückzuführen, der ja ein so bedeutender Einfluß auf die Vividität der Original-
empfindungeu und damit auf die gute engraphische Wirkung derselben
zukommt.
Durch sinnreiche Versuchsanordnung
wußte aber Jost diese Variable ganz auszuschalten und fand, daß trotzdem eine Verteilung der Wiederholungen über längere Zeiträume, also eine Unterbrechung der Engraphie durch längere Pausen von sehr bemerkenswertem Einfluß auf die
Vervollkommnung der reproduktiven Leistung war. Meiner Ansicht nach ergibt sich aus diesen Versuchen mit
1
a.
a.
0., 1885, S.
121.
A. Jost, Die Assoziationsfestigkeit in ihrer Abhängigkeit von der Verteilung der Wiederholungen. Zeitschr. f. Psychologie, 14. Bd., -
1897. 3 a. *
0.
Zeitschr.
0., S. 232—243. Lipmann, Die Wirkung
a.
f.
der
Psychologie, 35. Bd., 1904.
einzelnen
Wiederholungen.
296
I^ie
mnemiscbeu Empfindungen.
großer Bestimmtheit die Tatsache, daß die
Empfänglichkeit
engraphische
der reizbaren Substanz immittelbar nach
Schaffung eines neuen
Engramms durch
eine bestimmte Er-
regung eben dieser P>regung gegenüber stark herabgesetzt
und
sich
Den
Einfluß
ist
nach einiger Zeit allmählich wiederherstellt.
erst
der Wiederholungen auf die Vervollkommnung
der Keproduktiou führten wir in erster Linie auf die Schaffung
Eugramme
neuer
Da nun
stärken.
zurück,
den homophonen Chor ver-
die
aber die engraphische Empfänglichkeit der
reizbaren Substanz für eine bestimmte Erregung
immer
erst
nach Ablauf einer bestimmten Zeit nach Schaffung eines bezüglichen
Engramms durch
erreicht,
werden diese Engramme bei unablässiger Wieder-
holung
der
und können
betreffenden in größter
Höhe
diese Erregung ihre frühere
Erregung immer unvollkommener
Vollkommenheit nur bei einer durch
angemessene Pausen unterbrochenen Wiederholung erzeugt werden.
Eine Fortführung dieser Betrachtung würde noch manche interessanten Einblicke gewähren,
müßte aber auf
breiter Basis
und unter Heranziehung des gesamten vorliegenden Beobachtungsmaterials erfolgen, fuhren.
das,
Das,
was
ihr
was
die
und dies würde uns
Engraphie überhaupt fördert
entgegenwirkt, die
weit
hier zu
störenden und
sowie
zerstören-
den Einflüsse auf die bereits gebildeten Engramme sowohl unter normalen Bedingungen
(z.
B. durch den Zeitverlauf) als
auch unter pathologischen Verhältnissen werde Pathologie
der
Mueme
einer
ich
näheren Untersuchung
in
der
unter-
ziehen.
Von weniger großem
Interesse für die uns hier beschäf-
tigenden Grundfragen sind die an sich ebenfalls sehr interes-
santen Feststellungen, ob es für die engraphische Festhaltung
Nicht differenzierende Homophonie.
einer Keihe günstiger
dargeboten wird
ist,
(vgl. L.
daß
im Ganzen oder
sie
Steffens
^
297
Abstraktion,
in Teilen
sowie Eberth undMeumann^),
welchen Einfluß der Rhythmus auf die engraphische Festhaltung und Leichtigkeit der mnemischen Reproduktion hat
besonders M. V. Smith ^ sowie Müller und Schumann-*),
(vgl.
welchen Unterschied es für die P^inprägung ausmacht, ob es
um
sich
Gemenge
ein
sinnlos zusammengewürfelter
Kompo-
nenten handelt, oder ob eine sinngemäße Verbindung derselben
dadurch außerordentliche Hilfen gewährt,
von Hilfsassoziationen zur Verfügung
stellt
daß
sie
und
ein
Heer
ferner eine
willkommene Teilung sowie Zusammenfassung
eine in
als
der Natur der Sache liegende Gabe mit sich bringt s.
Für die folgen,
dem
die wir in
Ziele,
vorliegenden Buche ver-
haben diese an sich bedeutsamen Fragen, bei denen
es sich vielfach
um
ein höchst kompliziertes Ineinandergreifen
sehr verschiedenartiger Einflüsse handelt, keine grundlegende
Bedeutung.
Wer
sich über diese
Fragen näher zu orientieren
wünscht, findet vorzügliche kritische Darstellungen bei Claparede''
und
bei
Ebbinghaus
sowie endlich bei Offner".
(a.
a.
0. 1905,
Die Bibliographie
S.
633—724),
ist
bis
zum
Lottie Steffens, Experimentelle Beiträge zur Lehre vom ökonomischen Lernen. Zeitsehr. f. Psychologie. 22. Bd., 1900. ~ E. Eberth und E. Meumann, Über einige Grundfragen der PsychoArchiv logie der Übungsphänomene im Bereiche des Gedächtnisses. 1
f.
d. ges. •^
Psychologie,
4.
Bd., Heft
1,
2,
M. V. Smith. Rhythmus und Arbeit.
1904.
Wundts Philosoph.
Studien,
16. Bd., 1900. * G. E. Müller und F. Schumann, Experimentelle Beiträge zur Untersuchung des Gedächtnisses. Zeitsehr. f. Psychologie, 6. Bd., 1894. 5 Vgl. außer Ebbinghaus, Müller und Schumann, M. V. Smith, a. a. 0. noch Binet et Henry, La memoire des mots. La memoire des phrases. L'annee psychologique, 1. Bd., 1894. ''
•
E. Claparede, L'associatiou des idees.
M. Offner. Das Gedächtnis.
Paris 1903.
Berlin 1909.
Die mnemischen Empfindungen.
298
Jahre 1898 mit großer Vollständigkeit von Kennedy
an von Reuther^
Auch
zusammengestellt.
Monographie von Claparede
findet sich
am
in
der
',
von da kleinen
Schluß eine gute
Zusammenstellung der einschlägigen Literatur. Die Technik der experimentellen Gedächtnisforschung
Studium der Wirkung der »Wiederholungen*
bei ihrem
immer
fast
daß diese Wiederholungen aus neuen
so vorgegangen,
originalen Erregungen bzw. Empfindungen bestanden. der Tat werden auf diese Weise
gramme erzeugt und somit
die
ders reiche und demzufolge geschaffen.
ist
Doch genügt
die kräftigsten neuen
Bedingungen
In
En-
für eine beson-
wirksame spätere Homophonie
bei
den Wiederholungen zur Er-
zeugung neuer Engramme und somit Schaffung von Homophoniebedingungen die bloße Wiederkehr der
mnemischen
Erregung, wie wir dies schon oben an verschiedenen Stellen ausgeführt
Damit stimmen auch
haben.
beim »Lernen« überein.
Wir
alle
die
Erfahrungen
wissen, daß wir besser
beim Memorieren den Lernstoff laut herzusagen.
tun,
dadurch
bedingten
akustischen
und
kinaesthetischeu
Die Ori-
ginalerregungen schaffen bei jedesmaliger Wiederholung ent-
sprechend kräftige neue Engramme. wir zur Not auch mit
Aber wir wissen, daß
stummem Memorieren vorwärts kommen,
obwohl der Erfolg entsprechend der geringeren Wirksamkeit
engrammerzeugenden Erregungen
der
vieles
schwächer
diesen Punkt,
z.
ist.
1
Fr.
diesem Falle
um
Experimentelle Untersuchungen über
B. Vergleiche,
regung die mnemische
in
um
v^ie vieles die originale
in der Eigenschaft als
Er-
Erzeugerin von
Kennedy, On the Experimental Investigation of Memory.
Psych. Review § 477-499, 1898. 2 Fr. Reuther, Beiträge zur Gedächtnisforschung. logische Studien,
1.
Bd., 1904.
Wundts Psycho-
Nicht differenzierende Homophonie.
Engrammeu und Verbessererin
der Reproduktion
gen meines Wissens noch nicht
vor.
Aufgabe
Ehe
sein, hier die
ich
die
299
Abstraktion.
übertrifft, lie-
Es würde eine interessante
genauere Maßformel festzustellen.
Frage nach der Wirkung der Homophonie
ibzw. der sie genetisch bedingenden Wiederholungen) auf die Vividität der
mnemischen Empfindungen und überhaupt auf
Vervollkommnung der mnemischen Reproduktion
die
verlasse,
möchte ich noch auf einen Einwand eingehen, der meinen Ausführungen
vielleicht entgegengehalten
werden könnte. Die
Wiederholung wirkt, wie ich nachgewiesen zu haben glaube, vor allem dadurch,
daß
sie
neue Engramme
schafft;
diese
ordnen sich bei ihrer Ekphorie zu mnemischen Erregungen
homophon zusammen und bewirken dadurch
bezug auf
in
ihre Empfindungsmanifestation eine Steigerung der Vividität
der Empfindungen.
Widerspricht
dem aber
nicht die Tat-
sache, daß, je öfter ein Ablauf stattgefunden hat, er nicht
um
nur
fälliger,
so leichter
um
so
und
sicherer, sondern
um
auch
so unauf-
schwächer oberbewußt, vonstatten gehen kann?
Ich könnte das an allen möglichen mnemischen Abläufen demonstrieren, die durch mehr oder weniger objektive Reaktionen,
durch Handlungen der verschiedensten Art zur Mani-
festation gelangen.
mau
ein in
Ich will hier nur
Fleisch und Blut
daran erinnern, daß
an
übergegangenes Gedicht,
ganz anderes denkend ableiern, eine sehr vertraute Melodie nahezu unbewußt vor sich hinträllern oder nahezu automatisch auf
dem Klavier
spielen kann.
allen diesen Fällen
die
Es könnte scheinen, daß
Homophonie, oder wenn man
in
sich
genetisch ausdrücken will, die Häufigkeit der Wiederholung die Vividität der
Empfindungen herabgesetzt
Dieser Schluß wäre
hätte.
aber durchaus unrichtig.
setzung der Vividität der Empfindungen
ist
in
Die Herab-
diesen Fällen
^ .
Die muemiscben Empfiudimg'en.
300
nicht etwa das immittelbare sie
ist
eine
sekundär
Werk
der Homuphouie. sondern
zustande
deren Giund leicht zu erkennen
kommende
Erscheinung,
Durch
Homophonie
ist.
die
finden wir nämlich, wie schon oben auseinandergesetzt, ganz
allgemein
die
und Promptheit der Kepro-
Vollständigkeit
duktion in allen Kichtungen
Eine homophone
gesteigert.
Vielheit mnemischer Erregungen wirkt energischer ekphorisch
auf die simultan und sukzessiv assoziierten Eugramme, als die entsprechende Einzelerregung
es
tut.
Erregungsabläufe erfolgen infolgedessen sicherer, je stärker
Alle
um
mnemischeu
so leichter
und
jede einzelne Stimme homophon besetzt
Je leichter und sicherer aber ein solcher Ablauf
erfolgt,
um
eher kann er der Leitung der Aufmerksamkeit entbehren,
mehr kann man
so
die
letztere
ist.
so
um
von ihm ab und anderen
Original- und mnemischen Empfindungen zuwenden, so daß schließlich die den Erregungsablauf selbst manifestierenden
Empfindungen
fast
ganz oder ganz unter die Schwelle des
Oberbewußtseius sinken kijnnen.
Denn jeden Augenblick
Können, aber nicht müssen!
man
imstande,
wenn man dem Ablauf
seine
ist
Aufmerksamkeit
wieder zuwendet, auch die betreffende Empfindungsmanifestawieder zur normalen Stärke zurückkehren zu lassen.
tion
erhöhte Sicherheit des
erlaubt
also nur als eine sekundäre Folge die Ausschaltung
der*. Aufmerksamkeit
und damit
Empfindungsmanifestation, ui'd
Die
homophon verstärkten Erregungsablaufs
kann ebensogut mit
sie
ihr wie
Wir haben mit einem Wort uns, wie er sich bei
eine
Herabsetzung seiner
verlangt sie aber keineswegs
dem von uns
ohne hier
sie
einhergehen.
wieder einen Fall vor
in der Einleitung (S. 12, 13)
auseinandergesetzten Verhältnissen zwischen Empfindung und
Erregung unter Umständen
leicht ergeben kann.
Es
ist
der Fall,
Nicht difterenzierende Homophonie.
Abstraktion.
301
daß eine einzelne unter bestimmten Bedingungen vorliegende Emptindungsmanifestation einen nur sehr unvollkommenen Einblick
den nicht nur aus
in
Daten
ihr,
sondern auch aus
anderen
zu erschließen den Erregungsvorgang gev^ährt.
serem Fall
ist
Homophonie
es die durch die
samkeit der Erregungen, die zwar in
In un-
gesteigerte
dem prompten und
Wirk-
unbeirr-
baren Ablauf der Erregungen durch ihre sonstigen Reaktionen (motorische Reaktionen usw.) zutage
tritt,
deren Emptindungs-
manifestation aber unter den geschilderten besonderen Umstän-
den
in
den Hintergrund
treten, ja
ich wiederhole: kann, nicht
ganz verschwinden kann. Aber
muß. Die Giltigkeit des Satzes, daß
unter sonst gleichen Bedingungen finduugsmanifestation durch
die Vividität der
Homophonie
Emp-
gesteigert wird, wird
also durch diese besonderen Konstellationen, bei
denen eben
durch die (allerdings erst durch die Homophonie ermöglichte)
Ausschaltung der Aufmerksamkeit die Bedingungen wesentlich geändert sind, in keiner Weise aufgehoben oder eingeschränkt.
Zum
Schluß haben wir noch eine besondere Eigentüm-
lichkeit der nicht differenzierenden fassen.
Werden
eine
so
unbedeutend
differenzierende
Auge zu
vollkommen gleich aber doch auch
verschieden sind,
Homophonie
den, so geht dieser
ins
Anzahl von mnemischen Empfindungen,
die untereinander nicht
nur
Homophonie
daß
sie
eine nicht
gestatten, solchergestalt
Vorgang
stets
mit einer
empfun-
Verwischung
der in diesem Falle nicht beachteten Unterschiede vor sich.
Mau kann
sich diesen
Vorgang
bei der nicht differenzierenden
Homophonie zweier Originalempfindungen durch
die binokulare
Deckung der beiden umstehenden Marken vor Augen Die Deckung der beiden vom rechten und vom ausgelösten Empfindungen kann
Kreuzen der Augenachsen,
man
oder
führen.
linken
Auge
dabei entweder durch
zweckmäßiger,
weil
für
Die mnemischen Empfindungen.
302
längerdauernde Beobachtung bequemer, durch Benutzung eines Stereoskops oder Haploskops erzielen.
Davon, daß vollkommene Deckung eingetreten zeugt
man
sich
sodann dadurch, daß man
ist,
feststellt,
über-
ob
man
'^^
li^^J sowohl die zentralen Teile der Marke,
auch den äußeren,
als
von einer Reihe schwarzer Punkte auf weißem Grunde gebildeten
Rahmen
Deutlichkeit sieht,
während
bildes (innerhalb des befindet, auf
und
einfach
in
Rahmens)
in
in
Rahmen
dem
die
einem Zustand der Unruhe
daß im Zentrum der Marke
Marke umgebenden
die beiden zur
es
zu einer vollkommen un-
Homophonie kommt. Die
resultierende Erapfindungs-
daß
manifestation zeigt sich als ein Bild, das blick
in
allen
zeichnerisch
seinen Details
wiedergeben
Peripherie der eigentlichen
punktierten Rahmen). in
schwarzpunktierten
Deckung gebrachten Empfindungen
so übereinstimmend sind,
gestörten
Marken-
den wir gleich noch näher eingehen werden.
Die Dinge liegen dann so,
nnd
vollkommener Ruhe und
sich die Peripherie des
in
jedem Augen-
mit der größten Genauigkeit
kann.
Marke
Anders
verhält
(innen von
sich
die
dem schwarz-
Dort herrscht stellenweise, das heißt
manchen Empfindungsfeldern,
der beiden zur
man
ebenfalls
Übereinstimmung
Deckung gebrachten Empfindungen,
Feldern aber nicht, und
wo
letzteres der Fall
ganz eigentümlicher Zustand, den
man
sich
ist,
am
in
anderen
herrscht ein
besten da-
Nicht differenzierende Homophonie.
durch genauer klar machen kann, daß
303
Abstraktion.
man
sich bemüht, das
Freilich wird
Gesamtbild zeichnerisch wiederzugeben.
mau
dabei finden, daß auch in der Peripherie der Marke, selbst an Stellen,
wo
die beiden in dasselbe Empfindungsfeld
getretenen Empfindungen einzige deutliche
Dies
sind, zeitweilig eine
und ruhige Empfindung
dann der
ist
verschieden
Fall,
wenn
bei
zusammen-
dem
in
Erscheinung
tritt.
in diesen Bezirken
herrschenden Wettstreit die eine Empfindung über die andere
den entschiedeneu Sieg davongetragen
eine Weile
für
Wenn man dann
aber zu anderen Stellen
wird
zeichnerisch wiederzugeben versucht, bei
finden,
denen
auch
Ruhe und Bestimmtheit ehe
Bild,
man
kommt und sie man stets einige
Moment vollkommene
einen
nicht
Bald erblickt
herrscht.
hat.
man
das eine
es aber fassen kann, ist es durch das andere
verdrängt, oder es entsteht auch für Augenblicke ein Mischbild,
z.
B. in
einer
Ecke
eine durch
scheinendes Viereck verschleierte
Dies
zweier das
ist
andere
nicht
einfach
durch-
3,
der Zustand bei einer
Bilder, die soviel
ein weißliches
homophonen Deckung nur
Gemeinsames haben, daß das eine ganz verdrängt,
die
aber doch
stellenweise eine so ausgesprochene Verschiedenheit besitzen,
daß an diesen Stellen streit
gegeben
ist.
ein lebhafter
Das Resultat
und andauernder Wett-
dieses Wettstreits
ist in
dem
gegebenen Beispiel und wohl überhaupt immer dann, wenn eine liegt,
Homophonie nur zweier mehr
ein
derartiger Empfindungen vor-
Zustand der Unruhe
und höchstens einer
gewissen Unbestimmtheit als der einer ausgesprochenen Verwischtheit.
Anders aber wird dies naturgemäß
sein,
wenn
die
Homophonie und der Wettstreit nicht zwischen zwei, sondern zwischen Dutzenden, ja Hunderten von in denselben Empfindungsfeldern auftretenden
Empfindungen
stattfindet,
also in
304
I^ic
mnemischen Empfiudungen.
den unzähligen von uns oben behandelten Fällen nicht
dififeren-
Dann wivd notwendiger-
zierender mnemischer Homophonie.
weise bei der Menge der in Wettstreit befindlichen Empfindungs-
komponenten im Bereich der betreifenden Empfindungsfelder nicht ein
Zustand der Unruhe, sondern ein Zustand ausge-
sprochener Verwischtheit herrschen.
Dazu kommt noch
ein zweites
mentelles Beispiel habe ich
Moment.
Für unser experi-
das durch das rechte und das
durch das linke Auge ausgelöste Bild gleichfarbig gewählt. Hätte ich in
in
dessen links eine rote und rechts eine grüne,
statt
bezug auf ihre Konturen aber sonst gleiche Marke genommen,
Anlehnung an
die
von Schenk
zum Zweck binokularer
^
Farbenmischung gewählte Versuchsanordnung, so hätten wir bei Betrachtung des Bildes in den peripheren Teilen dieselbe
Unruhe bzw. Unbestimmtheit wahrgenommen wie Innerhalb
auf Seite 302.
Bild
überall da,
wo
des
übrigen
kein Wettstreit herrscht,
mene Homophonie,
hätte
sich
einem dunklen Grau gemischt.
unserem
Bildes,
sondern
das Grün mit
Es
bei
also
vollkom-
dem Rot
findet unter solchen
zu
Um-
ständen bei der Homophonie eben eine Mischung bzw. Neutralisation der
Farben
Wir wollen nun für
statt.
die sich hieraus ergebenden
Konsequenzen
entsprechende aber komponentenreichere Fälle der mne-
mischen Homophonie an einigen Beispielen erläutern.
nehme habe,
an, ich hätte ein
in
außerordentlich oft von einer
betrachtet,
dem
ich lange
Ich
gewohnt
bestimmten Stelle aus
zu den verschiedensten Tages- und Jahreszeiten,
wenn Schnee
sein
Dach bedeckte, wenn
Vorgartens grün, wenn bei Sonnenlicht, 1
Landhaus,
sie gelb
und wenn
die
Bäume
seines
sie blattlos w^aren,
grauem Himmel, im Nebel, im Regen und
F. Schenk, Einiges über binokulare Farbenmischung.
Marburg 1901.
Niclit differenzierende
Homophonie.
Abstraktion.
305
im Schneegestöber, bei Mond- und Laternenschein.
nun das Bild dieses Hauses ekphorieren
ich
es tun,
indem
ich
stelle, z. B. als ich es
zum
erhalte
in
zum erstenmal
Engramm
ein
ich
ich
desselben ein-
sah, oder als ich es später
zeigte, oder endlich, als ich fortzog
letztenmal nach ihm umwandte.
determiniertes
kann
will,
meine Aufmerksamkeit auf ein ganz be-
stimmtes, zeitlich genau determiniertes
einem alten Freund
Wenn
ganz konkretes,
in
und scharf umrissenes
und mich
In allen diesen Fällen
jeder Beziehung genau
Bild, das
einem einzelnen,
den Fokus der Aufmerksamkeit gestellten mnemischen Emp-
tiudungskomplex entspricht, auf dessen Kosten die übrigen
homophonen Stimmen ganz zurückgedrängt werden, wenn
nicht
überhaupt ihre Ekphorie unter diesen Umständen unterbleibt.
Wird aber
nicht
auf die Komponente
so ausschließlich
eines bestimmten Simultankomplexes eingestellt, sondern läßt
man
Engramme
alle
jenes Anblicks des Hauses gleichmäßig
homophon ansprechen, dann in
dem
erhält
man
ein Bild des Hauses,
viele Einzelheiten der konkreten
Einzelkomponenten
undeutlich gemacht, weggewischt sind, ein Bild in gar keiner
bestimmten Beleuchtung, auch im sonstigen Beiwerk unbekurz eine Art
stimmt,
abstraktes Bild des Hauses.
Viel-
kann sich dies nicht jeder ohne weiteres klar machen,
leicht
denn es gibt Personen, die gestellt sind,
daß
sie bei
so auf konkretes
Denken
ein-
jedem näheren Betrachten homo-
phoner muemischer Empfindungskomplexe, besonders auf optischem Gebiet gern auf einen einzelnen Vertreter in einem
besonderen Simultankomplex
einstellen,
wodurch natürlich
unser Experiment zunichte gemacht wird.
Auf akustischem Gebiet wird das Experiment aber wohl ohne weiteres gelingen. sich
eine
Sem
11,
allbekannte Melodie wie: Mneme.
II.
vielen
Ich denke, beinah jeder kann »Ich
weiß 20
nicht,
was
306
I^'G
soll es
rauemisehen Empfindungen.
bedeuten«, so vorstellen, wie er sie einmal ein- oder
vielstimmig gesungen, ein anderes Mal auf ein drittes
dem Klavier gespielt,
Mal von einem Blechorchester
einem Garten-
bei
Er vermag aber auch, dieselbe
konzert geblasen, gehört hat.
Melodie sich abstrakt vorzustellen, sozusagen als Melodie sich,
weder gesungen, noch
vermag auch
gespielt,
ein Mensch, der die
nicht etwa in
der Lage
sie
ist,
noch geblasen, und dies
Noten gar nicht kennt, mit
an
dem
inneren
also
Auge von
einem vorgestellten mnemischen Notenbild abzulesen.
Halten
wir diesem eine nur ein oder wenige Male gehörte Melodie entgegen, vielleicht eine schön gesungene Opernarie oder einen
von Dorfmusikanten getuteten Ländler, wie schwer
ist
es,
eine solche Tonfolge bei der mnemischen Reproduktion von
den charakteristischen Eigentümlichkeiten
komplexes zu strakt zu
befreien, sie mit
dem
ihres
inneren Ohr ebenso ab-
Es
hören wie die tausendmal gehörte Melodie!
bedarf schon einer weit größeren musikalischen
um
Simultan-
Übung
dazu,
ohne Beihilfe der Homophonie diese Abstraktion vor-
zunehmen. Derartige Prozesse, die
innerungsbilder als
zum Abstraktwerden
unserer Er-
Bilder führen, ohne daß der entschei-
dende Schritt zum abstrakten Begriff bereits getan
ist,
sind
Homovom Hund im Gegensatz zum
außerordentlich häufig das Ergebnis von mnemischer phonie.
Wenn
wir allgemein
Wolf sprechen, schwebt uns
ebenfalls ein abstraktes Bild des
Hundes, das Produkt der Homophonie von Tausenden von
Eiuzelengrammen deutlichste
vor.
bewußt^
konkreten Hund,
daß
Ich ich
persönlich
dabei
bin
mir
auf
das
mnemisch nicht einen
auch nicht eine einzelne Hunderasse wie
Bernhardiner, Teckel oder Jagdhund sehe, sondern ein recht
verwaschenes Homophonieprodukt von mittlerer Größe und mit
Nicht diftereuziereude Homoplionie.
307
Abstraktion.
allgemeiueu Huudemerkmalen, aber ohne die Merkmale einer
bestimmten Rasse. Ahnlich geht es mir, wenn ich vom Menschen
etwa im Gegensatz zum menschenähnlichen Atfen rede. jedes In
»Mneme«
der
Ein
Bilder hat etwas sozusagen Verallgemeinertes.
dieser
habe
^
ich
es
mit
»jenen amerikanischen
Photographien verglichen, die das Allgemeine eines Typus
dadurch herauszubringen versuchen, daß
sie eine große, sich
deckende Anzahl von Aufnahmen verschiedener Köpfe auf Dieser Vergleich
einer Platte vereinigen«.
Er hinkt nur
um
insofern,
als
es sich bei
ist
ganz
etwas starr Gewordenes, Stabiles, bei der Verallgemeine-
rung
durch
Prototyp
Homophonie um einen
die
in stetem
Lebensprozeß handelt, für den
belindlichen
man
304
i
Wechsel
einfachstes
als
auf das Beispiel der zu homophoner
lieber
Deckung gebrachten, etwas verschiedenen Marken bis
treffend.
jenen Photographien
(vgl. S.
Bei diesem handelt es sich
zurückgeht.
bildliche Übertragung, sondern
um
um
301
keine-
einen direkt dazugehörigen
konkreten Fall von besonderer Einfachheit, der auch insofern sehr
lehrreich
ist,
als
Neutralisierung
die
denheit der beiden Empfindungen gleich bei der
und Rot, schiede erfolgt.
S.
der Verschie-
durch eine Art Aus-
teils
Homophonie (Entstehung von Grau aus Grün
304
,
teils
im Wettstreit Sicherlich
durch Unbestimmtwerden der Unter-
Konturen
spielen
beide
in
der Peripherie,
Prozesse beim
S.
werden der Erinnerungsbilder durch Homophonie eine Selbstverständlich
werden
Ausgleich
schwimmen der Unterschiede
bei
und
einer
302)
Abstrakt-
besonders
Rolle.
Ver-
mnemischeu Homo-
phonie von sehr zahlreichen Komponenten viel vollkommener sein
als
unserer originalen Markenhomophonie von nur
bei
zwei Komponenten. 1
Mneme,
2.
Aufl., S. 217.
20*
308
nmemischen Empfindungen.
I^ie
Schon
in der
»Mneme habe
ich
(S.
219) darauf
aufmerksam
gemacht, daß das Auftreten derartiger abstrakter Bilder der
von abstrakten Begriffen.
erste Schritt ist zur Bildung
Ich
habe das Zustandekommen von solchen gewissermaßen abakustischen
optischen,
strakten
und
sonstigen
sinnlichen
Bildern mittels muemischer Homophonie als »physiologische
Abstraktion« bezeichnet und in dieser Abstraktion die Vorder
läuferin
oder
begrifflichen
logischen
Abstraktion
er-
Ich möchte diese Bezeichnung aber aus verschiedenen
blickt.
»Abstraktion durch Homophonie« ab-
Gründen
jetzt in
ändern.
Ein derartiges Abstraktionsvermögen befindet sich
durchaus nicht im Alleinbesitz des Kulturmenschen, sondern
wird von jedem Australneger, jedem Weddah geübt, der ab-
Begriffe noch nicht kennt, ja
strakte
sie ist
überhaupt kein
Monopol des menschlichen Geschlechts, sondern manifestiert auf
sich
verschiedenartigem
Wege auch
bei
höher
allen
organisierten Tieren.
Der Gedanke, daß eine Vorstellung dadurch einen
allge-
meinen, generischen Charakter annimmt, daß die einzelnen
konkreten Erinnerungsbilder sich in Masse dem Geiste vorstellen,
ist
In seinem
zuerst Avohl geistreichen
Hume ausgesprochen Buch über Hume hat dann von
Gedankengänge entwickelt,
die sich,
was
worden.
Huxley^
die Zurückführung
der ersten Anfänge des Abstraktionsvermögens auf das Zu-
sammentreten
vieler
konkreter
Erinnerungsbilder
anlangt,
noch näher mit meinen oben gemachten Ausführungen über einfachste
die
Form der
Abstraktion berühren.
Vergleich mit den Typenphotographien,
dene ^
Aufnahmen Th. Huxley,
Macraillan
&
auf einer Platte Hume.
London
Co., 1902, S. 92—94.)
1879.
Auch der
die durch verschie-
gewonnen
werden,
(Letzte Auflage,
ist
London,
Nicht differenzierende Homophonie. bereits
von Huxley
(a.
a.
0. S. 95)
Abstraktion.
309
gemacht worden.
Ich
hebe diesen Tatbestand hier ausdrücklich hervor und betone,
daß die Priorität auch
Hume
in
gebührt.
diesem Punkte Huxley und ein wenig Unvergleichlich unbestimmter äußert sich
W. Roux in einer entfernt an diese Vorgänger erinnernden Bemerkung seines bekannten Buchs: Der Kampf der Teile im Org:anismus. Leipzig 1881, S. 234. Roux hat die Darlegungen HuxleyS; die zwei Jahre vor seiner Äußerung erschienen sind, offenbar nicht gekannt. weitere
Eindringen
zichtet,
ist
in
die
Frage
Währender auf jedes
als
Nichtfachmann
ver-
Vorgänger bereits zu einer verhältnismäßig
sein
klaren Anschauung des Problems vorgedrungen, aber auch
dem
englischen Biologen fehlt zur eigentlichen Lösung des-
selben die Erfassung und Durcharbeitung des Homophoniebegriffs.
Ich selbst bin ohne Kenntnis der Huxleyschen Vorgängerschaft zu
meinen oben ausführlicher dargelegten Gedanken-
gängen gelangt, nie ernstlich ins
des
Begriffs
als ich
mein
Auge gefaßtes
bisher wohl noch
eigentliches,
Ziel verfolgte
der Homophonie,
seine
:
Die Aufstellung
Ausdehnung von dem
Bereich der mnemischen auch auf das Bereich der originalen
Empfindungen bzw. Erregungen, das Studium der Kombinationen der Homophonie,
ihrer
verschiedenen Erscheinungs-
formen, unter denen die Abstraktion durch Homophonie nur
einen besonderen Fall darstellt.
Dadurch
ist
meiner Ansicht
nach diese ursprünglichste Form der Abstraktion feste Basis gestellt S.
302
lehrt,
und auch, wie
z.
B. unser
erst
auf eine
Markenversuch
der experimentellen Untersuchung zugänglich
gemacht worden.
Siebzehntes Kapitel. Das Empfiiiduugsdiffereiitial als Manifestation der diö'ereiiziereudeu Homophonie. Die beiden Modalitäten des Ver-gleicliens. Engraphisclie Wirkung homophoner Komponenten.
Wir haben zwei verschiedene Empfindungsmanifestationen der Homophonie unterschieden, die wir als die nicht differenzierende und die differenzierende bezeichnet haben. differenzierende
Homophonie
immer dann, wenn
sagen,
besteht,
so
Nicht
können wir
die Unterschiede der
kurz
homophonen
Erregungskomponenten, Unterschiede, die in gewissem
Um-
fange immer vorhanden sind, in ihrer energetischen Wirkung
und Gegenwirkung einen
so geringen Ausschlag bewirken,
daß
eine Empfindungsmanifestation des Resultats dieser Gegen-
Kommen
sätzlichkeit unterbleibt. als solche,
auch
in
das heißt
der
als
dagegen
Empfindung des Unterschieds oder
Übersetzung
eigener Art zur
die Unterschiede
in
Wahrnehmung,
einen
Empfiudungsausdruck
so besteht
differenzierende
Homophonie: Den Empfiudungsausdruck des Unterschieds von
homophonen Komponenten, welcher Art ich als
er
auch
sei,
bezeichne
Empfindungsdifferential.
Der Prozeß dieser Differenzierung besteht nun, soweit sehe, ausnahmslos in der Gegenüberstellung
ich
von zwei Kom-
ponenten bzw. Komponentengruppeu, und das Empfindungs-
differential ist der
Empfindungsausdruck der anta-
Das
Empfinclungsdifferential.
üomophone Vergleichung.
311
gonistischen Wirkung der Uuterscliiede dieser bei-
den im übrigen bomoplionen Komponenteugruppen. Eine gleichzeitige Unterscheidimg und Differenzierung dreier oder noch mehr Komponentengruppen bei einer Homophonie
kommt
augenscheinlich nicht vor und dürfte wohl die Fähig-
keit der menschlichen Organisation übersteigen.
von den
in der
Dagegen kann
Zweizahl ohne Schwierigkeit opponierbaren
Komponenten oder Komponentengruppen jede wiederum nicht differenzierende
Homophonie
darstellen.
Ich will dies an einem Beispiel erläutern.
Hand
Mal
Während
die dortige Darstellung der
Böcklius.
>
Toteninsel« von der
Ich vergleiche die dortige Fassung mit der
anderen,
die
der Meister demselben Vorwurf gegeben
und
ich
—
die
sagen wir zwölfmal
Privatsanniiluug gesehen habe. sich mir eine
eines
Leipzig sehe ich im Museum der Stadt zum
Aufenthalts in ersten
eine
—
Berliner
einer
ersten Blick drängen
Auf den
Anzahl Abweichungen
in
hat,
auf,
und aus dieser Er-
scheinung ergibt sich, daß im Augenblick folgende differenzierende
Homophonie
besteht:
^13
jji
Ui
(mn),
^2
(or)
\
A^^ (mn)/
(mn)
Bleibe ich dann einige Zeit in Leipzig, sehe dort das Bild
zu verschiedenen Zeiten,
und vergleiche später
zusammen
ein
halbes dutzendmal,
bei Gelegenheit einer Unterhaltung die
beiden Fassungen im Gedächtnis miteinander, so ergibt sich folgende differenzierende Homophonie: iÄi H Ml
Ui3
(mn) Äi2 (mn)\ Äis (mn)/
(mn) (mn)
In Zeiten aber,
wo
ich die beiden
nicht einander entgegensetze
Komponentengruppen
und nur den Böcklinschen Ent-
Die mnemischen Empfindungen.
312
wurf im ganzen
Auge
ins
fasse,
gruppieren sich dieselben
Elemente zu der nicht differenzierenden Homophonie:
H(Ai
Ä2
(mn),
Die Entscheidung,
ob
(mu)
....
Reihe von homophonen
einer
in
Komponenten H{Äi (mn)
Ä^^ (mn))
A^g
(Junl)
überhaupt eine
Differenzierung eintritt oder nicht, und in welcher Weise die
Komponenten zu je zwei Gruppen zusammengefaßt
Averden,
hängt nicht nur von der Natur der Unterschiede der ponenten,
sondern
auch
in
hohem Maße von
im Augenblick des
Konstellation
Eintritts
der
der Homophonie
Tritt aber eine Differenzierung ein, so erfolgt,
ab.
schon sahen,
stets eine
Kom-
ganzen
wie wir
Bildung von zwei Gruppen, nie von
mehr, und eine dementsprechende Differenzierung.
Folgende Empfindungsdifferentiale beider differenzierenden
Homophonie zweier Originalempfindungen bereits
oben kenneu gelernt.
haben
wir
Auf optischem Gebiet:
1.
die Tiefenempfindung
2.
die Abblendungsempfiudung
(S.
103),
110);
(S.
auf akustischem Gebiet: 3. die
Empfindung der
Scluillrichtung (S. 101).
Diesen Empfindungsdifferentialen bei der Homophonie von Originalempfindungen
gesellen
sich
nunmehr zwei weitere
Klassen hinzu, die aus der differenzierenden Homophonie zweier
Empfindungen denen die eine oder
aber
originaler,
die beide
findungsdifferentiale 4. 5.
die die
Empfindungsgruppen)
(bzw.
die andere
von
resultieren,
mnemischer Natur
mnemischer Natur
sind.
Diese
ist,
Emp-
sind:
reine Bekanntheitsempfindung (Wiedererkennen),
mit
Ungleichheitsempfindungen
Bekanntheitsempfindung.
einhergehende
Homophone
Das Empfind ungsdift'erential.
Diese letztere Emptinduugsart der durchsichtigste,
um
mancher Beziehung
leichtesten verständliche
Denn
Emptinduugsdifferentials.
eines
in
ist
313
Veigleichung.
hier wird
Ausdruck eben das
und
Resultat der Ditlerenzierung unmittelbar als Unterschied
sozusagen
nicht
in
eine
Da
empfunden.
Ohiifre übersetzt
damit aber, soweit nämlich eine Kongruenz der originalen und
muemischen Komponenten
bei der
immer auch
Bekanntheitsempfindung verbunden
ist,
zugleicli eine
halte ich es für richtiger,
kann und somit
auftreten
die reine
zumal
hier zuerst zu behandeln,
docli
Homophonie vorhanden
Form
ja auch
sie
ist,
der letzteren
allein für sich
den im Grunde weniger kom-
plizierten Fall vorstellt.
Die Bekanntheitsempfindung differenzierenden
ist
die
Manifestation
Homophonie gewöhnlich zwischen
einer
einer Ori-
ginalempfindung und einer mnemischen Empfindung, in
sel-
teneren Fällen aber auch zwischen zwei mnemischen Empfin-
dungen (bzw. zwei mnemischen homophonen Empfindungsgruppen).
Betrachten wir zunächst ein Beispiel des erster en,
häufigeren Falls.
Ich sehe beim Spazierengeheu in einem
Teile der Stadt,
den ich noch nie betreten habe, ein Haus,
bei
dessen Betrachtung ich die deutliche Empfindung habe:
Das
ist dir
bekannt, dies Haus hast du schon einmal gesehen.«
Dabei gelingt es mir
Anspannung
nicht,
here Eindruck erfolgt
das Original sehe, trotz allen
in
diesem Fall selbst bei der größten
mich zu erinnern, wo und wann der
ist
ist.
Die Umgebung,
in der ich jetzt
mir völlig fremd und unbekannt; und
Nachsinuens will auch keine begleitende Assozia-
tion auftauchen, die einen Schlüssel gibt.
dige ich mich, wer dort wohnt,
Bildhauer H. ich das
frü-
und
Schließlich erkun-
erfahre:
der berühmte
In demselben Augenblick weiß ich auch, daß
Haus nach einer vor Jahren
in einer Kunstzeitschrift
314
mnemischen Empfindungen.
t)ie
gesehenen Photographie wiedererkannt habe lediglich das Bild ;
des Hauses, ohne jede Mitwirkung nen. Hier lag,
Ä
a
ou begleitenden Assoziatio-
wenn wir den Empfiudungskomplex des Bildes mit
bezeichnen, die
Homophonie
H
,^
i
:\
,
vor.
Der Emplin-
duugsausdruck der Differenzierung bei dieser Homophonie, das Empfindungsdifferential, bezieht sich hier lediglich auf die
zeitliche Bestimmung;
sie besagt:
dieses Bild erscheint mir
nicht nur als ein gegenwärtiger, originaler plex, sondern auch als
Empfindungskom-
ein einer älteren Engrammschicht an-
gehörigermuemischer. Weiter geht dieUnterscheidung zwischen
homophonen Komponenten
diesen beiden
zusammen nur
nicht.
Sie ergeben
einen einheitlichen Empfindungsausdruck und
das Ergebnis, daß
doch
sie
in
gewissem Sinne unterschieden
werden, analog der Unterscheidung der rechten und linken optischen Erregung beim stereoskopischeu Sehen, oder der
rechten und linken akustischen Erregung beim Schallrichtung,
manifestiert
sich
Hören der
unter der Chiffre der
hier
Bekanntheitsempfindung.
Man wird
vielleicht
einwenden, daß mit der Bekanntheits-
empfindung nicht notwendig immer ein deutliches zeitliches
Element von der Art: lich
zeitliche
liegt
Beziehung
stets
wendet, umso deutlicher »nicht nur jetzt,
als
auch früher« ausdrück-
der Empfindung
in
die Aufmerksamkeit
sowohl
Aber wenn nicht mehr, so doch
mitempfanden wird.
weniger deutlich
sich
»jetzt
»bekannt«
mit eingeschlossen,
und je stärker
einer Bekanntheitsempfindung tritt
eine
zu-
auch die zeitliche Beziehung:
sondern auch früher
<^
ins
Bewußtsein und
charakterisiert diese Bekanntheitsempfindung als ein die zeitliche Lokalisation
dungsdifferential.
im Engrammschatz betreffendes Empfin-
Das
Eiupfindungsdiftercntial.
Übrigens
erweist
sieb
ein
Homophone Vergleicbung.
315
Empfindungsdifferential
not-
wendigerweise nur durcb die Art seiner Entstehung
als
Produkt
einer differenzierenden Homophonie, nicht aber unbedingt auch
durch seinen läßt sich
z.
dem Bewußtsein
unmittelbar gegebenen Inhalt. So
B. die Tiefenempfindung
beim binokularen Sehen
durch die Art ihrer Entstehung, nicht aber durch ihren dem Bew'ußtsein unmittelbar gegebeneu Inhalt als Empfindungsdifferential erkennen.
Ahnlich verhält es sich auch mit der
Empfindung der Schallrichtung beim diotischen Hören.
Bei
der Bekanntheitsempfindung dagegen verrät schon der Empfin-
dungsinhalt als solcher den Charakter der Empfindung als Empfindungsdifferential und bestätigt damit nur das Kesultat,
das wir durch die Analyse des Zustandekommens der Er-
scheinung erhalten haben. Fast immer findet
man
die Sache so dargestellt,
das Wiedererkennen ausschließlich dann stattfindet,
als
ob
wenn man
einen originalen Eindruck gleichzeitig als solchen und dabei als
etwas Bekanntes empfindet, so daß Höö'dingi
dem
Wiedererkennen eine »mittlere Stellung zwischen Empfindung
und Vorstellung«,
also
zwischen originaler und mnemischer
Empfindung zuweist. Eine Bekanntheitsempfindung, ein Wiedererkennen kann aber auch bei der differenzierenden Homophonie zweier mnemischer Empfindungen auftreten.
Jedem
wird es schon begegnet sein, daß er einen Menschen sah, dessen Anblick zunächst mit keinerlei Bekanntheitsempfindung
verbunden war. Einige
Zeit, vielleicht
bei der Erinnerung an
den Anblick jener Person merkt man
plötzlich,
mehrere Stunden später
daß mau dasselbe Gesicht schon früher gesehen
ohne deshalb immer gleich zu wissen, ^
H. Höffdiug-, Psychologie in Umrissen.
1901, S. 168.
in 3.
hatte,
welche ältere En-
deutsche AuH. Leipzig
Die mneiniscbeu Empfindungen.
316
grammschiclit es gehört, ohne daß sich zu der Bekanutheits-
empfindimg sonst begleitende Assoziationen gesellen.
Hier
entwickelt sich also die Bekanntheitsempfinduug als Konse-
quenz der differenzierenden Homophonie
Um
H
/^
l
\.
zu der oben vorgetragenen Auffassung des Wieder-
erkennens als Empfindungsdiflferential zuvor der Begriff der aufgestellt
dingung
ist
mußte
gelangen,
zu
Homophonie mit der nötigen Schärfe
Ohne
und durchgearbeitet werden.
diese Vorbe-
mög-
ein völliger Einblick in die Sachlage nicht
lich,
und man
wie
mau
genötigt, auf
ist
dies
halbem Wege stehen zu
bleiben,
B. bei Höffding sehen kann, durch den eine
z.
nähere Untersuchung dieses Problems eigentlich erst in Fluß
gekommen
Wie wir sahen, macht
ist.
er in
bezug auf den
Vorgang des Wiedererkennens auf dessen »mittlere Stellung zwischen Empfindung und Vorstellung« aufmerksam, sagt sogar
(a. a.
0. S. 168),
ein Vorstellungs- als ein
ja er
»daß im Wiedererkennen sowohl
Empfindungselement vorhanden
ist«.
aber er sieht nicht nur diese beiden Elemente innerhalb ihrer Manifestationssphäre
als
schmolzen an, worüber sich nicht
Empfindungen
für
ohne weiteres widerlegen
läßt,
durchaus ver-
oder besser was
sich streiten ließe,
sondern er dehnt
diese Verschmelzung sogar auf die beiden,
durch die Emp-
findungen manifestierten Erregungen aus. Denn sein Gedanken-
gang
ist
folgender:
Durch
den
ersten Eindruck wird eine
Umlagerung der Moleküle bewirkt.
Durch diese wird
eine
gewisse Disposition zu der nämlichen Umlagerung erzeugt, so
daß diese
leichter
Eindruck wieder
mehr
die
von statten geht, wenn der nämliche
entsteht.
»Das Wiedererkennen oder
Bekanntheitsqualität
bildet
dann
das
viel-
psycholo-
gische Korrelat der größeren Leichtigkeit, mit welcher eine
Das Änderung-
größten
Letztere Auffassung steht im denk-
Gegensatz
zu
derjenigen,
und man
Begriff der Homoplionie ableite,
gar
nicht,
317
der Lagerung der betreffenden Hirnnioleküle
in
hervorgebracht wird« \ bar
Hoiuophone Verglcicbung.
Empfinduugsdiflferential.
wie
sie
sich
Nach
zusammenreimt.
mit Höffdings
aus
der
den
ich
begreift eigentlich
Schreibweise
I
,
1
seiner oben wiedergegebenen Erklä-
rung enthält das Wiedererkennen doch bloß das Originalemptindungselement A,
nicht aber das
elemeut ^Vorstelluugselement
>grüßere Leichtigkeit«, mit der
die
mnemische Empfindungs-
sondern an seiner Statt nur
ff,
Ä
auf Grund der vorauf-
gegangenen molekularen Veränderungen nunmehr
nung
tritt.
in Erschei-
Dieser innere Widerspruch in den Darlegungen
Höffdings zusammen mit seinen, wie ich im zehnten Kapitel
hervorgehoben habe, den Gegenstand ebenfalls nicht
bereits
durchdringenden Ausführungen über Ahnlichkeitsasso-
völlig
ziation
haben es verhindert, daß man dem gesunden Kern
seiner Auffassung volle Gerechtigkeit hat widerfahren lassen.
Wie
es
oft
geschieht,
man
hat
über der Bekämpfung der
Schwächen die guten Seiten übersehen. Als Höft'dings Hauptgegner
ist
A. Lehmann'^ zu nennen,
der Höffding vor allem darin angreift, daß dieser das Wieder-
erkennen auf die Ähnlichkeitsassoziation zurückführt, während
Lehmann
Daß
die Berührungsassoziation dafür verantwortlich macht.
ein solcher Streit bei 1
einem sachgemäßen Auseinander-
H. Höffding, Über Wiedererkennen, Assoziation und psychische
Aktivität. S. 433.
Vierteljahrszeitschr.
Vgl.
f.
wissenschaftl. Psycho!., Bd. 13, 1889,
ferner die Fortsetzung dieser Aufsätze
ebenda Bd. 14, Phüoso-
1880, sowie IL Höffding, Zur Theorie des Wiedererkennens.
phische Studien, Bd.
8,
1893.
A. Lehmann, Über Wiedererkennen. Phil. Studien, 5. Bd., 1889. Kritische und experimentelle Studien über Wiedererkennen, Philoso-
phische Studien,
7.
Bd., 1892.
Die mnemisclien Empfindungen.
318
halten der beiden Begriffe Ekpliorie standslos wird,
ist
im zehnten Kapitel des vorliegenden
bereits
Lehmann
Buchs auseinandergesetzt worden.
davon,
Höffding
klarere Vorstellung als
und Assoziation gegen-
hat eine viel
daß
>
in
gewissen
»das Wiedererkennen wirklieh aus einem Vergleich
Fällen«
resultiert«.
Aber durch
die
der Berührungsassoziation
ist
Einmischung der Frage nach die ganze Diskussion zu einer
äußerst verwickelten geworden und häufig ganz auf
Abwege, die
geraten,
sofort
Abwege
vermieden werden, wenn man
den Begriff der Ekphorie von dem der Assoziation gebührend trennt,
mit einem Wort auf der Grundlage unserer beiden
mnemischen Hauptsätze richtigen
fußt.
Gedanken, daß
es
Auch
ist
Lehmann durch den
beim Wiedererkennen
sich
um
einen Vergleich handelt, nicht zu einer klaren oder überhaupt greifbaren Fassung des Homophoniebegriffs gelangt. So es,
kommt
daß eine Orientierung über das Richtige und das Unrich-
tige in
den Anschauungen bei ihm
als bei
seinem Gegner Höffding, und daß
fassung kritisch referiert wird, wie
von Mc.
C.
z.
fast
B.
noch schwieriger da,
wo
seine Auf-
von Claparede
Gamble und Calkins^ regelmäßig nur
ist
*
sowie
ein Teil
und
gewöhnlich nicht der beste Teil zum Ausdruck gelangt. Den letztgenannten
Untersuchern
verdanken wir
wertvollen experimentellen Nachweis,
übrigens
den
daß das Wesentliche
beim Vorgang des Wiedererkennens nicht die begleitenden Assoziationen sind,
denen Lehmann eine große Bedeutung
beimißt.
Die Frage, ob es richtiger
1
ist,
die Bekanntheitsempfindung
E. Claparede, L'association des idees.
Paris 1903. S. 336.
A. Mc. C. Gamble und M. W. Calkins, Die reproduzierte Vorstellung beim Wiedererkennen und beim Vergleichen. Zeitschr. f. Psychologie d. Sinnesorgane, Bd. 32, 1903. 2
Das Empfindungsdiflferential. als
Empfindung oder
diskutiert
worden
als
ist,
Homophone
319
Gefühl zu bezeichnen, die ebenfalls
hat für uns
kaum
beim Wiedererkennen nicht bloß
sich
Vergleicliang.
Interesse.
um
Daß
es
einen mit Lust-
betonung versehenen Komplex von Organempfiudungen handelt,
man
die
Stimmung der 'Beruhigung oder Entspannung
als
kann, was auch behauptet worden
bezeichnen
mir sicher zu
Wie
oft
kommt
uns,
scheint
ist,
wenn unser Auge
und ohne jede Spannung über eine fremde Um-
gleichgültig
gebung
sein.
etwas bekannt vor.
hingleitet, urplötzlich irgend
hätten Avir dann,
wenn jene Anschauung
Hier
richtig wäre,
das
Gefühl der Entspannung ohne jede vorherige SpaonuDg.
So
verhält es sich offenbar nicht.
erkennen
ein,
erst
Spannung
wenn wir versuchen, das
Empfundene im Engrammschatz genauer, gegeben folgt,
als es
als
bekannt
uns zunächst
zu lokalisieren, und lustbetonte Entspannung er-
ist,
wenn
beim Wieder-
tritt
dies
lustbetonter
nach einiger Anstrengung
Entspannung
ist
gelingt. Dies
Gefühl
aber mit jeder unter Anspannung
Aufmerksamkeit erfolgenden Ekphorie verbunden und
der
eben
für
den
Eintritt einer solchen
Ekphorie charakteristisch.
Die genauere Lokalisation des Wiedererkannten
ist
aber nichts
anderes als ein besonderer Fall einer solchen Ekphorie.
Für unsere Zwecke
ist
weder
eine genauere Analyse des
der Bekanntheitsempfindung noch auch eine Klassi-
Inhalts fikation
dieses Bewußtseinsvorgangs
nur
Manifestation
als
einer
notwendig,
differenzierenden
da er uns
Homophonie,
nur in seiner Eigenschaft als Empfindungsdifferential interessiert.
Auf
heißt
wenn
kommen
sein Auftreten unter anormalen die
Bedingungen
für
sein
Umständen, das
normales Zustande-
nicht voll oder gar nicht gegeben sind (Illusion
und
Erinnerungstäuschung), werden wir erst in der Pathologie der
Mneme näher
eingehen.
^'6 mnemisehen Empfiudimgen.
320
Bisher haben wir das bloße Wiedererkennen, den Fall,
daß eine Originalerapfindung bei ihrem Auftauchen mit Bekanntheitsempfindung verbunden
haben
ist,
ins
Auge
ein
findungsdiffereutial,
Wir Emp-
gefaßt.
Bekanntheitsempfindung bereits
dieser
in
ein
Produkt der Unterscheidung zweier
homophon zusammenwirkender Empfindungsgruppen erkannt, entweder einer originalen und einer mnemisehen oder aber zweier mnemischer.
Wir wenden uns differentiale, die
jetzt zu
dem zweiten
der Emptiudungs-
aus der differenzierenden Homophonie zweier
Empfindungsgruppen
Empfindungen
bzw.
denen die eine
originaler,
die andere
von
resultieren,
mnemischer Natur
oder aber die beide mnemischer Natur sind:
ist,
der mit Un-
gleichheitsempfindungen einhergehenden Bekanntheitsempfindung. Wie ich schon oben hervorgehoben habe,
ist
diese Ausdrucksform eines Empfindungsdifferentials
ihrem Inhalt nach die einfachste und sozusagen direkteste
von
allen,
wird.
eben weil der Unterschied
Diese
Unterschiedsempfindung
des Antagonismus
der
als solcher ist
die
empfunden
Manifestation
ungleichen Komponenten,
bezug
in
auf die in diesem Falle eine ausgesprochene Inkongruenz der Homophonie, also strenggenommen gar keine Homophonie
sondern Wettstreit herrscht.
In der
»Mneme« habe
eigentümliche Manifestation, die dieses Gegenspiel gruenter, teils inkongruenter
Komponenten
liefert,
ich die
teils
kon-
an folgenden
Beispielen erläutert: »Erblicken wir eine uns bekannte Landschaft wieder,
so
reagieren wir auf kleine Veränderungen,
die
Abwesenheit eines mittlerweile abgeholzten Wäldchens,
die
Anwesenheit eines neuen Bauwerks, mit großer Bestimmt-
heit.
Ein guter Kapellmeister,
Orchesterwerk
dirigiert,
der
auswendig
ein
großes
nimmt das Ausbleiben der einen
Homophone
Das Empfindungsdifferential.
321
Vergleicliung.
Stimme, den zu frühen Einsatz einer anderen, jede
leichte
Variante des Sängers, kurz jede Inkongruenz des mnemischen
dem
Prozesses mit
gleichzeitig ablaufenden originalen,
mit
erstaunlicher Schärfe wahr.«
Ebendort
(II.
habe ich dann an die weitere
Aufl. S. 202)
Besprechung dieser Erscheinung die Bemerkung geknüpft: >
Unser ganzes Unterscheidungsvermögen beruht lediglich auf
diesem Vorgang.«
Von diesem
spruch möchte ich ausgehen,
Form des
dieser
bei größerer
sprechender
zweifellos nicht richtigen Aus-
um
so
noch
tiefer in
Wesen
das
das
Empfindungsdififerentials einzudringen,
Inkongruenz originaler
einzelner
mnemischer und
Komponenten
bei
ent-
Homophonie
der
auftritt.
Unser »Unterscheidungsvermögen«
ist
nämlich durchaus
nicht lediglich auf das Eintreten einer Konstellation der
mophonie angewiesen, es
um
in
äußert sich als solches
Wirksamkeit zu
auch schon
in
treten,
Ho-
sondern
der Tatsache des
Nebeneinanders der Empfindungen. Jede Mehrheitsempfindung bedingt ja schon ich höre eine als: ich
die
eine Unterscheidung.
Wenn
ich
Terz oder eine Quart, so heißt das nichts anderes
»unterscheide« 3 oder 4 Töne.
Mitwirkung der Homophonie
Im Nebeneinander ohne
bietet
mir allerdings
sich
nur die Möglichkeit der Ungleichheitsempfindung, völligen Gleichheitsempfindung. zeitige
angebe,
Zwar kann
nicht der
ich die gleich-
Anwesenheit des gleichen Rot an verschiedenen Stellen
des Sehfeldes
konstatieren,
dungen unterscheiden
sich
aber diese gleichen Kotempfin-
doch durch ihre Lokalisation
verschiedenen Empfindungsfeldern, und dasselbe simultane Hautempfindungen usw.
Empfindungen kann
sich nie
gilt für
in
gleiche
Eine völlige Gleichheit
von
im Nebeneinander ergeben, son-
dern nur dergestalt, daß eine Originalempfindung mit einer Semon, Mneme.
II.
21
I^iö
322
mnemischen Empfindungen.
ehemaligen originalen jetzt aber mnemischen (bzw. akoluth
+ mnemischen) bracht wird,
gleich
Empfindung
nur dergestalt,
in
homophone Opposition ge-
daß ein
homophoner Ver-
stattfindet.
Hieraus ergibt sich bereits, daß die Gleichheits- Ungleichheitsreaktion bei der
Homophonie
einer synchron originalen
mit einer mnemischen (bzw. akoluth
dung
+ mnemischen)
vollkommenste Art der Vergleichung
die
EmpfinFreilich
ist.
können wir auch zwei synchron-originale Empfindungskomim Nebeneinander
plexe
vergleichen.
So
kann
ich
ohne
weiteres sagen: Diese beiden Bücher, die nebeneinander in
der Mitte meines Sehfeldes liegen, sind ungefähr gleich groß,
oder das eine
bald
ist
wenn man
aber,
zweifellos größer als das andere. sich selbst beobachtet, finden,
man ganz genau
rückt dann, wenn
Man wird
daß man,
vergleichen will, anders verfährt.
um
es sich
nachdem man
hat, rasch so
Felder des
Man
optische Vergleiche handelt,
die Objekte möglichst dicht aneinander, fixiert das eine
springt,
so-
sich einen guten
und
Eindruck verschafft
auf das andere hinüber, daß die entsprechenden
akoluth-mnemischen Bildes auf die entsprechen-
den des originalen fallen. Einer der Hauptgründe, züglich darin,
ist
warum
dies Verfahren so vor-
und mit solcher Vorliebe augewendet wird,
liegt
wohl
daß in diesem Fall mit genau denselben Instrumenten
gemessen wird, das
heißt,
daß synchrone Empfindungen mit
akoluth-mnemischen verglichen werden, die genau denselben Netzhautstellen ihre Auslösung verdanken.
aber noch einen anderen Vorzug vor
Außerdem
dem Verfahren
hat es
der Ver-
gleichung synchroner Originalempfindungen im Nebeneinander eines Gesichtsfeldes.
manifestiert
sich
Bei der differenzierenden Homophonie
jede Erregungskomponente
des
Original-
Das Empfindangsdiffereutial.
Homophone Vergleichung.
323
komplexes a zusammen mit der entsprechenden des mit ihm verglicheneu mnemischen (bzw. akoluth
Homophonie Kongruenz
plexes a, falls die eine
mnemischeu) Kom-
-f-
durch je
ergibt,
einzige beständige Empfindungskomponente, eben das
Produkt einer Homophonie. nenten der Komplexe
ist
Bei den inkongruenten
Kompo-
das nicht der Fall, zwischen ihnen
herrscht im Gegenteil Wettstreit, und aus diesem
Grunde hebt
sich das Gleichartige bei dieser Art der Vergleichung von
dem
Ungleichartigen in ganz anderer, viel ausgeprägterer Art ab, als
beim Vergleich im Nebeneinander, wo auch das verhält-
nismäßig Gleichartige
in
den beiden verglichenen Komplexen
durch je eigene selbständige, feldern befindliche
in
Komponenten
verschiedenen Empfindungsvertreten
ist.
Von der Über-
legenheit der ersteren Methode über die letztere
können wir
uns durch folgende Analogie eine noch deutlichere Vorstellung
Wir wollen zwei einander
macheu. gleiche
ähnliche, aber nicht ganz
Kurven möglichst genau miteinander
können dabei
so verfahren,
wie möglich, ohne daß
vergleichen.
Wir
daß wir beide Kurven, so nahe
sie sich
schneiden, und in ihren ent-
sprechenden Abschnitten so parallel wie möglich, nebenein-
ander zeichnen.
Eine
viel
vollkommenere Vorstellung von
ihrer Gleichheit bzw. Ungleichheit
wenn wir
die
eine
werden wir aber
Kurve auf Pauspapier zeichnen und
entsprechender Weise auf die andere legen. wirklich gleichen Abschnitte
sammen
;
erhalten,
tiberall
Dann
fallen die
zu je einer Linie zu-
davon hebt sich das Ungleiche
tiberall
ohne weiteres
durch die Verschiedenheit der doppelten Linie ab.
haben also eine Methode angewendet, die ein
der
differenzierenden
in
Homophonie
in dieser
Wir
Beziehung
analoges
Resultat
liefert.
Die Überlegenheit der letzteren Art der Vergleichung über 21*
324
I^ic
mnemischen Empfindungen.
den Vergleich zweier Originalempfindungen im Nebeneinander ihrer synchronen
Phase
ist
aus
dem Gesagten ohne
Sie beruht vor allem auf der
verständlicli.
weiteres
homophonen Ver-
einheitlichung des Gleichwertigen im Gegensatz
zum Ungleich-
wertigen.
Aber darüber hinaus riorität
ganz allgemein eine Infe-
läßt sich
der Vergleichung bei simultaner Reizung gegenüber
Die
der Vergleichung bei sukzessiver Reizung nachweisen.
Autoren
meisten
übrigens
sprechen
im ersteren
von
Fall
Simultanvergleich, im zweiten von Sukzessivvergleich.
Diese
Bezeichnungen, auf die ich zunächst eingehen möchte, können zu Mißverständnissen Anlaß geben.
zung im zessive,
Allerdings
ersteren Falle eine simultane,
und
ist
Rei-
die
im zweiten eine suk-
allerdings verlaufen im ersten Falle die beiden
verglichenen Originalempfindungen simultan, im zweiten aber verlaufen sie simultan.
Im
empfindungen,
sukzessiv.
Der Vergleich aber
erfolgt
stets
ersten Falle erfolgt er zwischen zwei Originaldie
sich
beide
in
ihrer
synchronen Phase
im zweiten dagegen zwischen einer synchron-ori-
befinden;
ginalen Empfindung und einer mnemischen (bzw. akoluth
+
mnemischen) Empfindung, also einer Empfindung, deren synchrone Phase bereits vorüber sei
ist.
Der Vollständigkeit wegen
auch auf die seltneren Fälle hingewiesen,
denen
in
solcher Vergleich zwischen Empfindungen erfolgt,
beiden tan
ist
die synchrone
Phase bereits vorüber
also ein Vergleich im
der sukzessiven Reizung
ist
ist.
ein
denen
bei
Simul-
Grunde immer.
Bei
aber wenigstens für die eine der
verglichenen Empfindungen die synchrone Phase, die Phase, in der die
Erregung und damit auch die Empfindung
mittelbarster Abhängigkeit von steht, bereits vorüber.
dem synchronen
in un-
Originalreiz
Das Empfiadaugsdifterential.
Um
Homophone
nicht mit allzu schwerfiilligeu
zu müssen,
will
icli
synchron
ist,
als
Ausdrücken arbeiten
synchrone Phase einer Empfindung
die
bzw. Erregung, diejenige Phase in der reiz
sie
mit ihrem Original-
Symphase
ihre
bezeichnen.
Aufhören des Reizes gelaugt die Empfindung dann akoluthe Phase,
325
Vergleichung.
Nach iu ihre
und während oder nach dem Abklingen
kann aus dem zurückgebliebenen Engramm eine mne-
dieser
mische Phase derselben Empfindung neu hervorgerufen oder,
wie wir es nennen, ekphoriert werden. Akoluthe und nmemische
Phase künueu gemeinschaftlich der synchronen Phase insofern gegenübergestellt und ihrerseits trotz ihrer sonstigen Verschie-
denheit zusammengestellt werden, als sie beide zeitlich auf
den Originalreiz folgen, Nachphaseu als solche
zusammen
Vergleichungeu fizieren 1.
als
sind.
Metaphase.
von Empfinduagen
Ich bezeichne sie
Wir können nun
die
folgendermaßen klassi-
:
Vergleichung zweier Empfindungen,
der Symphase befinden, kurz:
die sich beide in
Vergleichung zweier Sym-
phasen. 2.
Vergleichung der Symphase einer Empfindung mit der
Metaphase einer anderen, kurz: Vergleichung von
Sym-
Die Metaphase kann dabei eine
phase mit Metaphase.
akoluthe oder eine mnemische Phase, unter Umständen auch eine Mischung beider sein. 3.
Vergleichung zweier Empfindungen,
der Metaphase befinden, kurz:
phaaen.
Auf
die sich beide in
Vergleichung zweier Meta-
diese Vergleichung
werden wir im folgenden
nicht näher eingehen, weil sie uns für unsere
wesentlich neuen Gesichtspunkte
höhere Geistesleben aber
ist
liefern
Zwecke keine
würde.
Für das
auch diese Art der Vergleichung
von nicht zu unterschätzender Bedeutung.
326
mnemischen Empfindungen.
I^ic
Wolfe
fand bei seineu Versuchen über die Beurteilung
1
von 2 Sekunden an
intervall
unter
bis zu
einem Intervall von
Abnahme
chung einhergeht.
Ich möchte dies
Engramme
nach von
möchte
viel
in der
sächlich die erblicken.
in
ist
Vergessen«
nicht als
Funktiousfähigkeit
Verbindung bringen, die meiner Ansicht
größeren Zeiteinflüssen abhängig
sondern
ist,
von Wolfe beobachteten Erscheinung haupt-
Wirkung des Ausklingens der akoluthen Phase
um
Dies
so
vyisse Periodizität (An-
worden
der Genauigkeit der Verglei-
dem Nachlassen der
bezeichnen und mit
Wolfe
(vgl.
empfindungen
mehr
als
von Wolfe selbst eine ge-
und Abschwellen)
beobachtet
dabei
S. 20, 23, 24), die
einigermaßen an
Schwankungen beim Abklingen von
die periodischen
diese
einer,
Umständen auch mehreren Minuten mit der Verlängerung
der Intervalle eine
der
daß von einem Zeit-
einfacher Töne,
aufeinanderfolgender
(vgl.
oben
Schwankungen zu
S. 119) erinnert.
Wolfe
Gesichts-
erörtert,
um
erklären, die Frage, ob sie vielleicht
auf das Hineinspielen akustischer »Nachbilder« zurückzuführen seien.
Lehmann 2, der
Sinnesgebieten
ähnliche Versuche auf verschiedenen
ausgeführt hat,
ist
zu
einer noch klareren
Auffassung der Sachlage gelangt als Wolfe,
und führt
die
verhältnismäßige Deutlichkeit der Empfindung in der Meta-
phase dann, wenn die Vergleichung nicht später als ungefähr innerhalb der ersten Minute nach Aufhören des ersten Originalreizes stattfindet, offenbar auf ein
Zusammenwirken von
>zentralem« Nachbild und Erinnerungsbild zurück.
Weise erklärt
1
er mit
2
3.
Wundts
Bd.. 1886.
A. Lehmann, Über Wiedererkennen.
Bd., 1889.
diese
Kecht das rapide Verblassen der Emp-
H. K. Wolfe, Untersuchungen über das Tongedächtnis.
Philosoph. Studien,
5.
Auf
Vgl. bes. S. 127, 128.
Wundts
Philosoph. Studien.
Das
Homophone Vergleichung.
Empfindungsdiflferential.
327
iinduDg in der Metaphase innerhalb der ersten Minute nach
Auch
Aufhören des ersten Originalreizes.
die Oszillationen,
Wolfe in der Deutlichkeit der Empfindung der Metaphase,
die
besonders während der ersten 30 Sekunden beobachtet hat,
sprechen meiner Ansicht nach durchaus für diese Auffassung.
Die Abnahme der Funktionstüchtigkeit der Engramme durch die zeitlichen Einflüsse folgt
dagegen ganz anderen Gesetzen.
Die Anwesenheit einer akoluthen Empfindung in der ersten
Minute
Aufhören von
nach
Empfindung
chroner ständlich
ist
ist vielleicht
sprechenden
verständlich;
gewöhnlichen Umständen
zum Zweck
syn-
weniger ver-
die gleichzeitige Anwesenheit der ent-
mnemischen Empfindung ist
eine
der Vergleichung
Unter
in dieser Zeit.
solche
Wohl aber bewirkt
nicht vorhanden. die
leicht
und
Originalreiz
auch in der Tat
die zweite
vorgenommen
Eeizung,
wird,
eine
Ekphorie des durch die abgelaufene synchrone Phase der
Erregung erzeugten Engramms, und unter diesen Verhältnissen
besteht
die
Empfindung der Metaphase aus
Kombination von akoluther
Nachdem wir uns
einer
und mnemischer Empfindung.
hierüber klar geworden sind, brauche ich
wohl keine Mißverständnisse zu befürchten, wenn ich für gewöhnlich
die
Empfindung
in
mnemische bezeichne und
als
der
Metaphase schlechthin
den
schwerfälligen Zusatz:
»bzw. akoluthe« oder »bzw. akoluthe Eventualität
+ mnemische«
einer Beobachtung in der
für die
ersten Minute
nach
Aufhören des Originalreizes weglasse. Die Tatsache, daß die Vergleichung von Symphase mit
Metaphase der Vergleichung zweier Symphasen tiberlegen ist,
ist
seit
lange
bekannt.
E. H.
Weber
^
sagt
darüber:
E. H. Weber, Tastsinn und Gemeingefühl. Wagners Handwörterbuch der Physiologie III 2, S. 544. Braunschweig 1846. 1
^i^'
328 »Zwei
gleichzeitige
mnemiachen Empfinduugeu.
Tastempfindungeu lassen sich nicht so
gut untereinander vergleichen, als zwei aufeinanderfolgende.
Gewichte sie
daß
von Versuchen hat bewiesen,
Reihe
Eine
am
vergleichen kann,
allergenauesten
sukzessive auf dieselben Teile von derselben
Etwas Aveniger
vorteilhaft ist
Hand
zuerst auf die eine
man
Avenn
es,
Gewicht
das
hinwegnimmt und
es wieder
legt,
man zwei wenn mau Hand legt.
hierauf das andere zu vergleichende Gewicht auf die andere
Am
Hand
legt.
beide
Gewichte gleichzeitig auf beide Hände
wenigsten
Emptindung
vorteilhaft
ist
wenn man
es,
Denn
legt.
indem
sich
beide
Empfindungen vermischen, auf ähnliche Weise wie
zwei
eine
die
gleichzeitige Töne, deren
so gut aufgefaßt zeitigen,
denen
von
Abstand
werden kann
noch der
als
als
eine
in
das
rechte,
kaum
linke Nasenloch geleitet wird,
sondern sich gewöhnlich mischen wir oben
der von zwei ungleich-
heran,
Beispiel
(S.
42) sahen,
auch nicht
in der Tonleiter
von denen der eine auf den anderen
dann
zieht
andere,
die
stört
,
Weber
folgi;. «
daß
zwei
der
andere
Gerüche, das
in
zu unterscheiden sind,
eine Tatsache
,
die
,
wie
von Zwaardemaker unter verbesserter
Versuchsauordnung bestätigt und durch die interessante Beobachtung ergänzt worden
ist,
Originalgerüche nicht selten bis
daß sieh solche synchronen
zum Ausbleiben jeder Emp-
findungsmanifestation neutralisieren.
gleichung anlangt,
so
kam
Fechner'
Was
die Gewichtsver-
bei
seinen Gewichts-
versuchen zu ganz ähnlichen Ergebnissen wie Weber. leicht
am
Viel-
markantesten aber zeigt sich die Überlegenheit der
Vergleichung von Symphase
mit Metaphase
über die Ver-
gleichung zweier Symphasen in bezug auf die Lokalisation 1
1907,
G. Th. Fechner, 1. Teil,
S. 88, 94.
Elemente der Psychologie.
3.
Aufl..
Leipzij;
Homophone Vergleichung.
Das Empfiudimgsdifferential. der Hautempfinduugeu.
Während wir
329
bei sukzessiver Reizung
zweier benachbarter Hautstellen noch wahrnehmen, daß bei der zweiten Reizung eine andere Hautstelle berührt wurde als bei der ersten,
wenn
die Entfernung der Reizstellen der
muß
Distanz zweier Druckpunkte entspricht,
bei simultaner
Reizung, damit empfunden werde, daß zwei und nicht bloß eine Stelle berührt wird, die Distanz sehr viel (bis hundert-
mal
genommen werden und
größer
i
Körperstellen bis 50
mm
kann
an
und darüber betragen
gewissen
Wie eben-
i.
schon E. H. Weber gewußt hat, und wie dann später
falls
von Anderen,
worden
besonders
Stumpft genauer
von
festgestellt
unterscheiden wir kleine Verschiedenheiten in
ist,
um
der Tonhöhe
wenn
sehr viel besser,
die
Töne nachein-
ander, nicht aber gleichzeitig angeschlagen werden. geschieht auch dann,
wenn
es
sich
um
gleichstarke
Dies
Töne
ohne Schwebungeu handelt.
Daß
bei optischen Vergleichen
die
wurde schon oben auseinandergesetzt.
Dinge ebenso
liegen,
Nur wenn man Far-
ben oder Helligkeiten durch unmittelbares Aneiuanderlegen
im Kontrast vergleichen kann, Dies
ist
Grund
aber
sich
ganz
ein
leicht
nicht
bracht werden können, so die
eine,
•
Vgl.
183-1: ,1829;,
bald E.
die
läßt.
Ausnahmefall, Ist
die
ist
in
z.
B. weil
unmittelbare Berührung ge-
es ebenfalls vorteilhafter, bald
andere Farbe zu
H. Weber,
dessen
Herstellung
Kontrastwirkung unmöglich,
Farbflecke
die beiden
besonderer
durchschauen
einer unmittelbaren
verhält es sich hier anders.
fixieren,
als
sie beide
Auuotationes auatomicae et physioiogicae Das Sinnesgebiet der Haut. Vorlesungen
ferner M. v. Frey,
über Phj^siologie, 1904. 2
C. Stumpf,
Tonpsychologie.
über die
Vgl.
den Abschnitt über die Be-
Töne im 1. Bd. 1883 und besonders Beurteilung gleichzeitiger Töne im 2. Bd. 1890.
urteilung aufeinanderfolgender
330
mnemischen Empfindnngen.
I^iö
gleichzeitig aber durch eine dritte getrennt
im Nebeneinander
des Gesichtsfeldes zu vergleichen.
Aus
dieser
Zusammenstellung dürfte
Überlegenheit
die
Symphase mit Metaphase über
von
der Vergleichung
Wenn
Vergleichung zweier Symphasen deutlich hervorgehen. wir
uns
es
dieser
nun auch nicht zutrauen wollen,
schauen,
so
wird
die
Erscheinung vollständig
eigentümlichen
doch
uns
eine
die
Gründe
zu
durch-
Hervorhebung gewisser
Eigentümlichkeiten und Bedingtheiten der beiden verschie-
denen Phasen einen
Weg zum
Verständnis eröffnen.
Es würde uns befremdlich erscheinen, die
Intensitäten
(im
richtiger bei der Vergleichung
abschätzen,
als
bei
daß
wir
selbst
engeren Sinne) zweier Empfindungen
der
von Symphase mit Metaphase
Vergleichung
zweier
Symphasen,
wenn wir auf dem gevföhnlich eingenommenen Standpunkt stünden, daß die synchrone Origiualempfindung die mnemische
Empfindung an
haben aber schon oben der Fall
ist.
außerordentlich
Intensität (S.
überträfe.
Wir
239) gesehen, daß dies keineswegs
Ein mnemisches Fortissimo
ist,
so schattenhaft
wir vielleicht auch nur die damalige Klangwirkung zu ekphorieren vermögen, ein Fortissimo
und hat mit einem originalen
Wie wir schon
Pianissimo nicht die geringste Ähnlichkeit.
oben ausführlich dargelegt haben,
ist
nicht
die
Intensität,
sondern die Vividität in der mnemischen Metaphase eine ganz ungleich geringere als in der Symphase.
unsere jetzigen
gewiß bei
gemacht.
der
Betrachtungen noch
Wie wäre
Vergleichung
Dies wird durch
weiter
bestätigt
und
es möglich, Intensitäten
von synchronen
Original-
empfindungen mit mnemischen Empfindungen auf das schärfste abzuschätzen, wenn nicht die Intensität der
Empfindungen
in der
Metaphase, ich will
Das Empfindungsdifferential.
Homophone
sagen konstant wäre, stantes Element enthielte?
nicht
Daß dagegen
aber
die Vividität einer
doch
Empfindung
lich in der
Metaphase ganz außerordentlich
als in der
Symphase, haben wir oben
i,S.
331
Vergleicliung.
ein
kon-
gewöhn-
für
viel geringer ist
220
— 234)
bereits
ausfuhrlieh erörtert.
Wenn
wir zwei Empfinduugskomplexe in der Symphase
vergleichen,
so verhalten sie sich also ceteris paribus aller-
dings in bezug auf ihre Vividität ungefähr gleich; dabei sind sie
aber in jeder Beziehung durch die sie auslösenden Reize
bestimmt und müssen beide als etwas Starres, nicht Ak-
fest
komodierbares hingenommen werden. Höchstens dadurch, daß
man
die
Aufmerksamkeit je auf gewisse Teile der Komplexe
und andere Teile vernachlässigt,
einstellt
freilich sehr
ist
eine gewisse,
geringe Akkomodation möglich.
Bei der Vergleichung der Symphase mit der Metaphase liegen kehrt. die
die Dinge in
diesen Beziehungen nun gerade umge-
Die Empfindung in der Metaphase, ganz besonders
mnemische Empfindung
jenseits der akoluthen
ganz ungleich weniger vivide empfiudung und hält
in
»Vergleich«
ihren
aus.
In
als
dieser
die
Phase
ist
synchrone Original-
Beziehung mit ihr
keinen
übrigen Werten dürfen wir
sie
aber als eine treue Wiederholung der synchronen Original-
empfindung bezeichnen, was
allein
schon durch die Grund-
tatsache, mit der wir uns eben beschäftigen, die vorzüglichen
Resultate
der Vergleichung von
Symphase mit Metaphase,
bewiesen wird.
Ob der große Unterschied
in der Vividität
zwischen syn-
chroner Originalempfindung und mnemischer Empfindung bei
der Vergleichung ein Nachteil
Schluß untersuchen.
ist
oder nicht, wollen wir
Zunächst wollen wir aber einige
am
oflfeu-
332
mnemischen Empfindungen.
I*iG
bare Vorteile der homophonen Vergleichimg von Symphase mit Metaphase im Gegensatze
homophonen Ver-
zur nicht
gleichung zweier Symphaseu aufzählen.
Wenn
ich zwei
Emptindungskomplexe auf ihre Überein-
stimmungen und Verschiedenheiten prüfen sie
will, so
suche ich
im übrigen unter möglichst gleiche Bedingungen zu bringen.
Räumliche Gebilde
z.
Wenn
Verlauf haben.
daß ihre Achsen parallelen
B. stelle ich so, es möglich
reduziere ich auch ihre
ist,
Größenverhältnisse auf ein gleiches Maß.
So wird ein Zoo-
der Bilder eines Krokodil- und eines Eidechsenschädels
log,
zum Vergleich nebeneinander Größenmaß,
also
dieselben gern in gleichem
setzt,
den ersteren stark verkleinert, den zweiten
stark vergrößert, wiedergeben.
Zwei Vergleichsobjekte tung bringt
man
ferner
für gleichzeitige optische Betrach-
möglichst
in
gleiche
Beleuchtung.
Zu vergleichende Tonempfindungen sucht man in Wenn man gleicher Stärke zu erzeugen usw.
möglichst
synchrone
Originalempfindungen vergleichen will, sind dies unumgäng-
Es
notwendige Vorbedingungen.
lich
die etwas
lich,
ist z.
verschiedenen Wappenadler
etwa der Einmarkstücke von 1875 und 1899 feld
zu. vergleichen,
daß
ihre
bildend
B. ganz
Mittellinien
Ebenso
ist
wenn man einen
in
zweier Münzen,
einem Gesichts-
so nebeneinander legt,
sie
stumpfen Winkel
es äußerst schwierig,
geschlagene, in der Tonhöhe nur
unmög-
miteinander
gleichzeitig
an-
um wenige Schwingungen
voneinander abweichende Töne zu unterscheiden, oder gar,
wenn
die
Unterscheidung
höhere, welches der tiefere
gelingt, sei,
zu
wenn der
sagen, welches
der
eine ganz laut, der
andere ganz leise angeschlagen wird. Über die Bedingiiugeu für das Vergleichen und Wiedererkennen von Gestalten vgl. auch Mach, Analyse d. Eiupf. 4. Aufl., 1903, S.87— 89. 1
Homophone
Dae Empfiuduugsdiffereutial.
Ungleich besser
gelingt dies bei
333
Vergleichuug-.
der Vergleichuug der
Syrapbase mit der Metaphase, weil es keine Schwierigkeit
macht, die mnemische optische Empfindung der Metaphase
im Gesichtsfeld beliebig zu verschieben und zu drehen, oder
mnemische akustische Empfindung der Metaphase unter
die
Belassung in ihrer Tonhöhe, in ihrer »Intensität« entsprechend so zu verstärken,
daß ein Vergleich mit einer
viel
mehr oder
weniger intensiven Originalempfindung möglich wird.
viel
Aus dem Umstände, daß
bei der
homophonen Vergleichuug
von Symphasc mit Metaphase das eine Vergleichsobjekt, die
hohem Grade beweglich und
mnemische Empfindung,
in
zusagen verstellbar
ergibt
ist,
sich
eine
legenheit dieser Vergleichungsart über diejenige zweier
phasen, bei der es
sich
so-
Über-
sehr große
Sym-
in Gestalt der beiden durch
die
sozusagen in Fixation gehalteneu synchronen
Originalreize
Empfindungen
um
zwei nicht gegeneinander verschiebbare,
unverstellbare Vergleichsobjekte handelt.
Dazu kommt der
bereits oben (S. 323) dargelegte
Vorzug
der homophonen Vergleichuug über die nicht homophone, der darin besteht, daß bei ersterer die kongruenten infolge der
Deckung
einheitlich
Komponenten
empfunden werden, wodurch
das Inkongruente umso deutlicher hervortritt. Damit sind wohl übrigens die Gründe für
-die
augenscheinliche Überlegenheit
der mit Homophonie verbundenen Vergleichuug von
Symphase
mit Metaphase über die im Nebeneinander erfolgende ^ Ver-
gleichuug zweier Symphaseu noch nicht erschöpft. Die differenziereude Homophonie zweier synchroner Empfindungen beim binokularen Sehakt ;Tiefenwahruehmung) und beim diotischen Hören Empfindung der Schallrichtung) sind Fälle ganz besonderer 1
Art, die
man
man
nicht schlechthin als Vergleicliung auffassen wird.
Will
doch tun, wogegen sich nichts einwenden ließe, so sind dies eben homophone Vergleichungen zweier Symphasen, und es zeigt es
334
mnemischen Empfindungen.
I^Je
Nachdem wir uunmebr
in
dem
vorliegenden Kapitel die
Grundphänomene der differenzierenden Homophonie, soweit sie
uns Selbstbeobachtung und experimentelle Untersuchung
des Menschen lehren, entwickelt haben, möchte ich noch kurz
daraufhinweisen, daß der Wirkungskreis der differenzierenden
Homophonie
ein sehr viel weiterer
ist.
Ebenso nämlich, wie
wir in der nicht differenzierenden Homophonie die eigent-
Wurzel der Abstraktion zu erblicken haben, deren Vor-
liche
handensein, wie oben
(S.
308) gezeigt, nicht erst beim
Men-
schen, sondern viel tiefer unten in der Stufenleiter der Or-
ganismen nachgewiesen werden kann, ebenso verhält es
sich
dem Empfindungsausdruck der differenzierenden Homodem Wiedererkennen und homophonen Unterschieds-
mit
phonie,
empfinden. In der gezeigt,
Mneme
(2.
Aufl.,
S.
205—209) habe
ich
bereits
daß ein Wiedererkennen sowie ein Unterschiedsemp-
finden bei
Homophonie
eines
synchron- originalen und eines
mnemischen Empfindungskomplexes
sich
bei vielen
höheren
Tieren nicht etwa bloß auf Analogieschlüsse hin annehmen,
sondern experimentell aus gewissen Reaktionen nachweisen
um
ein
besonderes Vorrecht des menschlichen Geistes, sondern
um
läßt,
einen
woraus hervorgeht, daß es
weitverbreiteten,
in
sich hierbei
gewissem Sinne
nicht
fundamentalen
sich dabei auch, wie sich
beim binolcularen Sehakt nachweisen laßt, die uns hier beschäftigende Überlegenheit der homophonen Vergleichung über die nicht homophone. Denn wie bereits früher erwähnt, wird beim uniokularen Sehakt eine Unterscheidung von 10 Winkelsekun-
den nur unter ganz besonders günstigen Umständen erreicht. Bei der Homophonie des binokularen Sehakts werden dagegen Tiefenunterschiede von 10 Sekunden unter fast allen Bedingungen erkannt und unter den günstigsten Bedingungen geht die Unterscheidungsmöglichkeit auf Grund dieses Empfindungsdifferentials bis auf 5 Sekunden herunter.
Das
Homophone Vergleichnng.
Empfindungsdiffei-ential.
335
Die dort angeführten Beispiele möchte ich
Vorgang handelt.
hier nicht wiederholen, sondern bitte
gegebenen Ort nachzulesen.
den Leser,
am
sie
an-
den höheren Tieren sind
Bei
die dort verzeichneten motorischen Reaktionen unzweifelhaft
von den entsprechenden, uns von uns selbst bekannten Empfindungen begleitet, in diesen Fällen
tinden
und
es
wird niemand Bedenken haben,
von Wiedererkennen und Unterschiedsemp-
ähnlich dem, wie wir es bei uns selbst introspektiv
beobachten können, zu sprechen.
An
der betreffenden Stelle im siebenten Kapitel der
war mein Bestreben
in
Linie
erster
Mneme
darauf gerichtet, das
Vorhandensein und die Wirksamkeit einer differenzierenden
Homophonie aus objektiv wahrnehmbaren Reaktionen nachzuweisen, ja auch Fälle beizubringen, in denen eine Manifestation (a. a.
ein
durch
oberbewußte Empfindungen Es
0. S. 212;.
liegt in letzteren Fällen
Erregungsdifferential
vor,
offenbar fehlt
dann jedenfalls
das sich nicht durch ein
oberbewußtes Empfindungsdifferential manifestiert,
sondern
durch Reaktionen anderer Art, objektive Reaktionen, die aber ihrerseits
beweisend sind für eine Inkongruenz bei der Ho-
Ob
mophonie. differentiale
in solchen Fällen
vorhanden
unterbewußte Empfindungs-
sind, ist eine
Frage für
sich,
auf die
wir hier nicht weiter einzugehen brauchen, auf die ich aber vielleicht
einmal bei anderer Gelegenheit zurückkommen werde.
Wie dem auch
sei,
Erregungsdifferentiale als Resultat der
Inkongruenz bei der Homophonie von Erregungen nicht nur im Instinktleben der Tiere,
wo
sie
sich
spielen
uns vor-
wiegend durch Bewegungsreaktionen manifestieren, sondern auch da,
wo
sie
durch plastische Reaktionen zum Ausdruck
gelangen, bei der Regulation, Regeneration und verwandten Prozessen eine Rolle von grundlegender Bedeutung.
336
muemischen Empfinduiigen.
l^ie
Am
Schluß dieses Kapitels
und
die differenzierende
Avill
noch kurz auf eine
ich
die nicht differenzierende
gemeinsam betreffende Frage eingehen
:
Homophonie
auf die engraphische
Wirkung homophoner Erregungen und der Erregungsdifferentiale.
Wir haben oben
(S.
282) die eigenartige Fähigkeit der
»von jedem
hervorgehoben,
reizbaren Substanz
simultanen
P>regungskomplex, sowohl soweit er aus originalen
als
auch
soweit er aus muemischen Erregungen besteht, eine entspre-
chende
Veränderung,
Dem
zurückzubehalten«.
gegebenen
Stelle
einen
die
simultanen
Eugramnikomplex
habe ich dann gleich au der an-
Anmerkung
hinzugefügt:
»Natürlich
wirken dabei die einzelnen Erregungen nicht dergestalt enwie
graphisch,
sich
sie
bei isolierter Auslösung
würden, sondern dergestalt, wie
aus
sie
darstellen
dem gemeinsamen
Zusammenfluß im Simultankomplex hervorgehen, modifiziert, wie
kung durch
die gegenseitige
es
Kontrast,
also
so
Beeinflussung: Verstär-
Abschwächung
bis zur Neutralisation,
Vermischung, Homophonie, Differentialbildung bedingt.«
Wenn
ich
mich
also
in
einem
bestimmten Augenblick
eines früher bei zehn verschiedenen Gelegenheiten gesehenen
Bildes erinnere, und
demgemäß
die
Ekphorie der zehn En-
gramme, welche zehn verschiedeneu Schichten meines Engrammschatzes angehören, eine Homophonie von zehn entsprechenden muemischen Erregungen
dingungen gegeben
sind, so lassen jene
ergibt,
wenn
diese Be-
zehn homophonen, als
solche nicht verschmolzenen Erregungen in der Schicht, in
der sie ekphoriert worden sind,
gramme
nicht etwa zehn neue
En-
zurück, sondern nur ein einziges von allerdings eigen-
artiger Beschaffenheit, das
sultante,
Produkt ihrer energetischen Re-
die in der entsprechenden einheitlichen,
in
der
Vividität verstärkten Empfindung ihre Manifestation gefunden
Das Empfindungsdifferential.
Homophone
337
Vergleichung.
Die Homophonie der Erregungen bedingt also nach der
hat.
Seite der Empfindungsmanifestation eine Steigerung der Vividität;
nach der engraphisehen Seite wirkt
Engramm
daß ein
so,
sie
besser definiertes, nicht so leicht ^erwischbares
kräftigeres,
zurückbleibt,
dem
aus
sich
eine
nicht
vividere,
aber eine intensivere muemische Erregung ekphorieren
Das
heißt, die aus
rierte
läßt.
einem so entstandenen Engramm ekpho-
mnemische Empfindung
erscheint,
wenn
um
es sich
ein
Gewicht handelt, nicht schwerer, ein Grau erscheint nicht weißer, ein Piano erscheint nicht als Forte; die Empfindungen
werden uns nur
in allen ihren
Eigentümlichkeiten deutlicher,
verglichen mit solchen, die einem weniger kräftigen
Engramm
entstammen.
Ebenso verhält
es
sich
mit der engraphisehen Wirkung
eines Erregungsdifferentials.
Die differenzierten Komponenten
müssen nicht etwa bei jeder Ekphorie aufs neue sition
gebracht werden,
um
in
Oppo-
das neue Erregungsdifferential
zu liefern, das sich im neuen Empfindungsdifferential manifestiert.
Sondern engraphisch wirkt bereits die ener-
getische Resultante der beiden nenten, das Erregungsdifferential, gehalten wird.
Daß
differenzierten
Kompo-
das also als solches fest-
dies sich so verhält,
läßt sich
dadurch beweisen, daß dieses Differential bei der Ekphorie stets sofort und unabhängig von der neuen Konstellation wieder auftritt. Übrigens verhält
dukten stets
der
es
sich
nicht allein so
mit den Pro-
Homophonie, sondern notwendigerweise wirkt
die energetische Resultante zweier einander beeinflus-
sender Erregungskomponenten engraphisch, auch
wenn
diese
Resultante sich als Kontrastverstärkung, Abschwächung, Neutralisation
oder Mischung zu erkennen
Semon, Mneme.
II.
gibt.
Dies 22
ist
vom
338
1*16
Standpunkt
energetischen
Dennoch
ist
mnemischeu Empfindungen.
es
aus
eine
Selbstverständlichkeit.
notwendig, nachdem wir uns so
tief in die
Analyse versenkt haben, daraufhinzuweisen, daß hier wiederum eine synthetische Betrachtung
am
Platze
ist,
und daß durch
sie der ganze, scheinbar ungeheuer komplizierte Prozeß wieder
in
viel
einfacherem Licht
reichen und verwickelten
erscheint.
Wir haben
Momente kennen
die
gelernt,
zahl-
die die
simultane Auslösung sehr zahlreicher Erregungen, originaler
sowohl wie mnemischer, bedingen. Sich gegenseitig in mannigfacher Weise
sammen
beeinflussend
liefern
alle
eine neue allerdings keineswegs
Ohne daß
es dabei
diese Faktoren
homogene
zu-
Einheit.
zu einer Gleichwerdung der zusammen-
getretenen Komponenten kommt,
tritt
bei diesem Prozeß aber
doch eine bedeutende Vereinfachung des sehr komplizierten energetischen Wechselspiels auf
Achtzehntes Kapitel. Wettstreit originaler und mnemischer Empfindnngeu innerhalb der gemeinsamen Empfindungsfelder.
Alternativen,
Bei unseren bisherigen Betrachtungen haben wir gesehen, wie originale Empfindungen bzw. Erregungen die mnemischen
Engramme
auslösen, wie originale sowie
ranemische Empfindungen sich
innerhalb der Simultankom-
durch Ekphorie der
plexe gegenseitig beeinflussen, sich stärken, in
ein
anlaugt,
so
Originalerregungen
vermischen, ver-
bilden,
haben
sich
wir
Was
abschwächen.
gesehen,
daß
sich
zwei
so
ab-
Umständen
bis
zum
sie
sich unter
oberbewußten
jeder
treten,
(Geruchserregungen) gegenseitig
schwächen können, daß Ausbleiben
B.
homophones Verhältnis zueinander
Empfindungsdiflferentiale letzteres
z.
Empfindungsmanifestation
neutralisieren.
Wir wollen jetzt in
hier
zum Schluß
Auge
fassen,
denen das Vorhandensein einer bestimmten Empfindung
die Manifestation einer anderen ein
die Fälle ins
gleichzeitiges
dungen
nicht
derart,
daß
Zurgeltungkommen
möglich
an
ausschließt, das
und
ist.
für
Sind sich
der
dann
jede
beiden die
der
heißt,
wo
Empfin-
Bedingungen
beiden Empfin-
dungen bzw. Erregungen ausgelöst werden würde, wenn die Bedingungen zum Zustandekommen der anderen nicht da wären, so herrscht das, was ich
als eine
Empfindungs- bzw. 22*
Die mnemisc'hen Empfindungen.
340
Erregimgs-Alteruative Alternative fuhrt
Die Entsclieidimg-
bezeicline.
zum Ausschluß der
der
einen oder der anderen
Empfindung; die beiden Empfindungen stehen zueinander im Verhältnis der gegenseitigen Exklusion.
Die so gelagerten Fälle bilden zwar eine Gruppe für
sich,
gesonderte Betrachtung erfordert, und die, worauf wir
die
noch
am
Schluß
hinweisen werden,
kurz
ziehung von ganz
besonderer
in
mancher Be-
biologischer Wichtigkeit
ist.
Andererseits steht diese Gruppe der sich gegenseitig ausschlie-
ßenden Empfindungen der
viel
schließenden
isoliert
nicht
völlig
Übergänge verschiedener
Art,
größeren der sich nicht ausgegenüber.
und
so
tun
Es gibt da wir
gut,
bei
unserer Untersuchung von der größeren Gruppe der sich nicht gegenseitig ausschließenden Empfindungen auszugehen, heißt von denjenigen, die simultan im Nebeneinander
funden werden können.
Dagegen können wir von
das
emp-
einer Be-
rücksichtigung solcher Empfindungs Verhältnisse absehen, bei
denen zwei Empfindungen zu einer dritten verschmelzen oder
zusammen
eine einheitliche, in der Vividität gegen die Einzel-
komponenten gesteigerte Manifestation besitzen (Homophonie) oder aber sich gegenseitig mehr oder weniger neutralisieren.
Wir wollen
hier also nur die Klasse von Empfindungsverhält-
nissen berücksichtigen, in der die Zweinatur der betreffenden
beiden Empfindungen unter allen Umständen gewahrt Mit der Tatsache,
bleibt.
daß wir zwei Empfindungen simultan
als eine Zweiheit unterscheiden oder
nebeneinander empfinden,
ist
nicht gegenseitig ausschließen.
bereits
anders ausgedrückt,
gegeben,
daß
sie
sie sich
Andrerseits aber lehren Ver-
suche, die wir mit verschiedener Einstellung der Aufmerk-
samkeit auf bald die eine bald die andere machen, daß alle
fast
Empfindungen eines Nebeneinanders im Verhältnis fakulta-
Wettstreit.
tiver
Exklusion
Je mehr es
stehen.
341
Alternativen.
uns nämlich gelingt,
Aufmerksamkeit auf die eine Empfindung zu konzen-
die
um
trieren,
so
mehr
tritt
andere Empfindung zurück,
die
wird schwächer und schwächer bewußt, schließlich unter-
bewußt
in
unter
sie
einem Maße, daß wir nicht mehr das Recht haben, Empfindungsmanifestationen des betreffenden
die
simultanen Erregungskomplexes zu rechnen.
Wir können im
Bewußtsein
Wirkung
hat,
sagen, daß der Vorgang, dessen Manifestation
wir
daß
als
Aufmerksamkeit
die Yividität gewisser
bezeichnen,
Komponenten
die eines
Simultänkomplexes gesteigert, die der übrigen Komponenten entsprechend herabgesetzt wird. ceteris
paribus
um
so
größer,
setzung der Mitkomponenten klusion herausläuft, und je
Dabei
Steigerung
die
ist
je vollständiger
ist,
mehr
je
mehr dadurch
die
Herab-
auf eine Ex-
sie
die
Zahl dieser
Mitbewerber verringert wird'.
Für einen Menschen, der
sich
z.
B. angestrengt bemüht,
einen möglichst genauen Schuß auf eine entfernte Scheibe
abzugeben, besteht für Augenblicke sein oberbewußter präsenter Empfindungskomplex aus
fast
nichts
als
aus einer
kleinen Gesichtsempfindung in der Mitte seines Gesichtsfeldes.
Er hat keine oberbewußten Empfindungen von seinem mittleren
und peripheren
Gesichtsfeld,
hört
nicht
die
Laute
Ein näheres Eingehen auf die Gesetze, nach denen sich diese abspielen, ist für unsere Zwecke nicht notwendig. Glücklicherweise nicht, da es uns z. T. weit von unserem Thema wegführen und einen unverhältnisuiäßigeu Raum in Anspruch nehmen würde. Nur das möchte ich liervorheben. daß dem. was wir als Aufmerksamkeit bezeichnen, zwar besondere, zum Teil erst noch näher zu ergründende Gesetze im Wechselspiel der simultanen und sukzessiven Erregimgen bzw. Empfindungen entsprechen. Daß diese Gesetze aber nur ein besonderes Kapitel desselben Gesetzbuchs bilden, das wir im übrigen Text der vorliegenden Arbeit zu studieren unternommen haben. 1
Vorgänge
Die mnemisclien EuipfinduDgen.
342
Umgebung,
in seiner
ihm
fallen;
brennt,
fühlt
nicht die Sonne, die
nicht
riecht
nicht einmal die Schüsse,
Dafür sieht er aber das Korn
wenn
als es der Fall vräre,
Landschaft,
befindet, der ihn
er
auch Emp-
der übrigen Scheibe und umgeben-
findungsmanifestationen
wirkenden
ihm auf den Rücken
und die zentralen Partien der fernen Scheibe
viel deutlicher,
den
neben
den Geruch des Pulvers, der von den
Nachbarständen herüberzieht. seines Visiers
die
soweit
sie
sich
in
seinem
Gesichtsfeld
umschwirrenden Gespräche, der auf ihn
Temperatureinflüsse,
Gerüche
usw.
hätte.
ein-
In
gleichem Verhältnis, wie sich die Aufmerksamkeit über mehr
Komponenten des simultanen Empfindungskomplexes wie sich ihr Umkreis vergrößert, wie
sie sich
ausbreitet,
»teilt-,
nimmt
die Vividität der innerhalb
des vergrößerten Umkreises ge-
legenen Komponenten
Entsprechend
Zahl der Anteilhaber
ab.
fällt
Anteil an Vividität zu,
Maß
grenztes
besitzt.
die
in ihrer
vergrößerten
der
jedem einzelnen nur
ein geringerer
Gesamtwirkung
Wir können uns
also
ein be-
bildlich
so
ausdrücken, daß die verschiedenen Komponenten eines simultanen Empfindungskomplexes sozusagen in einer Mitbewerbung
um
die Verteilung der
Das charakteristische
Vividität stehen. ist
nur,
eines
ten
um im
in dieser
Mitbewerbung
Bilde zu bleiben, die weitgehende Möglichkeit
Kompromisses
können
im gegebenen Augenblick verfügbaren
Die betreffenden Empfindungskomponen-
die eine die andere verdrängen, sie
können aber
auch, allerdings jede dann mit verhältnismäßig schwächerer Vividität,
nebeneinander da sein, gleichzeitig empfunden werden.
Ich möchte das Ilesultat der vorangegangenen Betrachtungen
durch folgenden Proportionalsatz ausdrücken:
Je mehr die
Vividität eines Empfindungs-Teilkomplexes gestei-
gert wird,
um
so
mehr verdrängt dieser Teilkom-
343
Alternativen.
Wettstreit.
plex die übrigen, neben ihm in demselben Simultan-
komplex befindlichen Empfindungskomponenten aus dem Bewußtsein, das heißt schwächt sie in ihrer Vividität. Man kann auch sagen, der ganze Vorgang beruht auf einem Mitbewerb der Komponenten des Nebeneinanders um die Vividitätsstufe. Wir haben nun aber
bereits
im Laufe der vorangegangeneu
Untersuchungen Fälle kennengelernt, ist,
denen es unmöglich
in
gewisse an sich verschiedene Empfindungen nebeneinander
zu empfinden
es sind dies die Fälle, in
;
Empfindungen
zu
findungsfeldern
gezwungen sind
denen
es sich
einem
Auftreten
losen Wettstreit
(vgl.
4.
Kap.
um den
um
einen
in
S. 72, 74),
in eine
bedingungs-
Platz im Empfindungsfelde
Bisher haben wir die Fälle aber nur in bezug auf das
gleichzeitige erörtert.
denselben Emp-
in
im Gegensatz zu dem eben besprochenen
Abstufung auslaufenden Wettbewerb
handelt.
denen die betreffenden
Auftreten von
zwei
Originalempfindungen
Wie wir gefunden haben, ergeben
sich
die
Be-
dingungen für das Auftreten von qualitativ verschiedenen Originalempfindungen in denselben Emptindungsfeldern dann,
wenn
die betreffenden
Empfindungen von korrespondierenden
Reizpforten aus ausgelöst werden.
Das bekannteste
Beispiel
dafür liegt uns auf optischem Gebiet im sogenannten »Wettstreit
der Sehfelder« vor,
Was
beschäftigt hat. richtiger, statt
der
(rechts
der uns ja schon oben mehrfach
die Bezeichnung anlangt,
so
wäre
es
vom Wettstreit der Sehfelder vom Wettstreit
und
links
gemeinsamen Sehfeld
ausgelösten)
zu sprechen.
diesen Wettstreit beobachten,
Empfindungen im
Am
besten
kann man
wenn man den beiden Augeu
ganz verschiedene Bilder darbietet und durch geeignete Ver-
suchsanordnung verhindert, daß das Bild des einen Auges
Die mnemischen Empfindungen.
344
unbeachtet bleibt,
einfach
Mikroskopieren
Am
schieht).
wird
ignoriert
man
bedient
einfachsten
(was
dem man den beiden Augen
Objekte darbietet.
Man
an
kularen) Gesichtsfeld
beim
B.
dazu
sich
Stereoskops, unter
erblickt
z.
unbeschäftigtem Auge
mit geöffnetem,
eines
verschiedene
dann im gemeinsamen
einigen
ge-
(bino-
Komponenten
Stellen
die
durch das rechte, an anderen solche, die durch das linke
Auge ausgelöst
Gesichtsfelds
mehr vom
mehr vom Inhalt des anderen Bildes
Inhalt des einen, bald erfüllt.
ganz durcheiuandergewürfelt, bald
Hälfte des gemeinsamen
eine
die
sind, bald
Zuweilen dominiert auch der Anteil des einen Auges
zeitweilig fast ganz über den Anteil des anderen.
sprechender Anordnung des Versuchs
mäßiger aber andauernder Wechsel zu beobachten
(vgl.
auch
ist
Bei ent-
meist ein unregel-
in diesen
Erscheinungen
S. 302).
Der Fall des binokularen Wettstreits
ist
einer der aus-
Aus dem Umstand,
gesprochensten Empfindungsalternativen.
daß zuweilen im Nebeneinander des gemeinsamen Gesichtsfeldes verschiedenartige rechts und links ausgelöste Empfindungen
durcheinandergewürfelt sind, darf man natürlich nicht schließen,
daß hier die wettstreitenden Komponenten nebeneinander
empfunden werden. Bezeichnen wir f/,.
.
.
.
und
zuweilen «;,
«,.,
links Z>/,
nie by neben
aj,
C/,
Z>/,
c,.,
di
6;,
nie
.
.
.
c,.
dj
.
.
.,
sie als rechts:
so
«;.,
i»,,
c,?
empfinden wir Avohl
nebeneinander, aber nie «^ neben
neben
c^,
Wohl aber können
usw.
wir es durch besondere Versuchsanordnuug erzwingen,
z.
B.
dadurch, daß wir eine Vereinigung der streitenden Parteien
durch Identität der
Konturen
herbeiführen und den Wett-
streit
auf die Verschiedenheit der
es in
dem oben
(S.
Farben
beschränken, wie
304) zitierten Schenkschen Briefmarken-
versuch geschieht, daß eine
Mischung
der wettstreitendeu
Wettstreit.
Emptindungeu
stattfindet.
345
Alternativen.
Wir haben
hier
dann
also
einen
der schon oben erwähnten besonderen Fälle, in denen die Alternative
nicht
sondern durch ein Kompro-
entschieden,
miß ausgeglichen wird.
Es
interessant,
ist
daß beim bino-
kularen Sehakt die Möglichkeit eines solchen Kompromisses
nur unter ganz bestimmten Bedingungen, nämlich unter
Zwange Für
die
nicht.
identischer Konturen für farbige Flächen
dem
existiert.
Konturen besteht die Möglichkeit eines Kompromisses
Für
bedingungslos
sie ist die Alternative
Wir haben
gestellt.
unserem vierten Kapitel gesehen, daß es
in
noch auf zwei anderen Sinnesgebieten möglich
ist,
durch Aus-
lösung von korrespondierenden Eeizpforten aus das Auftreten
von zwei Originalempfindungen zu bewirken, auf sinns. löste
dem Gebiet
in
des Gehörs- und des Geruchs-
Zwei von korrespondierenden Eeizpforten aus ausgeGehörsempfinduugen sind aber, wie wir
gesehen haben,
stets
kommen
(S.
71 Anm.)
qualitativ gleich; zwischen ihnen kann
Homophonie herrschen, und
also nicht Wettstreit sondern nur sie
demselben Empfindungsfeld
deshalb für uns hier nicht in Betracht.
Dagegen
befinden sich, wie ich gezeigt habe, alle simultanen inspiratorisch ausgelösten
findungsfeld,
Geruchsempfindungen
und hier
ist
schen Wettstreits gegeben.
in
demselben Emp-
vollauf die Möglichkeit eines typi-
Löst
man
z.
B. zwei verschiedene
Geruchsempfindungen getrennt durch Zuführung durch das rechte und das linke Nasenloch aus, so herrscht, wie schon Valentin, Aronsohn
und Zwaardemaker hervorgehoben haben,
bei entsprechender
Abtönung der
ein ganz ähnlicher Wettstreit wie
Intensität der beiden Reize
beim Auge.
Nun findet aber ein solcher Wettstreit nicht nur zwischen den vom rechten und vom linken Auge oder von der rechten und der linken Hälfte unseres Geruchsorgaus ausgelösten
Die mnemischen Empfindungen.
346
Originalempfinclungen
statt,
sondern auch zwischen einer ori-
ginalen und einer mnemischen Empfindung oder auch zwischen
zwei (oder mehr) mnemischen Empfindungen, seits
falls sie einer-
auf dieselben Empfindungsfelder angewiesen, andrerseits
unter sich qualitativ verschieden sind. Fall, so erfolgt,
Ich möchte,
Ist letzteres nicht
der
wie wir gesehen haben, Homophonie. ehe ich auf diesen Wettstreit selbst näher
eingehe, hier noch einige ergänzende Betrachtungen zu un-
seren bisherigen Ausführungen
im
dritten, vierten
über die Empfindungsfelder
und dreizehnten Kapitel hinzufügen.
vom
Wettstreit zwischen den
rechten und
vom
linken
Beim
Auge
ausgelösten Empfindungen lehrt die unmittelbare Beobachtung
ohne weiteres die grundlegende Tatsache, daß beide Augen
zusammen nur aller optischen
ein
gemeinsames Gesichtsfeld
(als
Inbegriff
Empfinduugsfelder) besitzen, in denen die von
ihnen ausgelösten Originalempfindungen zusammen hausen,
Wie
sich vertragen oder sich gegenseitig verdrängen müssen.
verhält sich
der
sichtsfeld
Auge
ein
feld
nun aber dieses gemeinsame binokulare Ge-
Originalempfiudungen
schließe, das
Originalempfindungen)
der
(bzw.,
wenn
ich
dann vorhandene uniokulare Gesichts-
Empfindungsfelder, in denen unsere
zu
dem
Inbegriff der
mnemischen
optischen
Empfindungen auftreten, dem Gesichtsfeld unseres inneren
Auges?
Fügen
sich auch die
mnemischen Sehempfindungen
mit in die Empfindungsfelder der originalen Sehempfindungen, oder haben sie ihre eigenen Gebiete?
Unbedingt und ausschließlich
Haben wir doch dungen
in
wie
S.
das erstere zu.
die Einfügung der
die Empfindungsfelder der
Stellen des vorliegenden sich,
trifft
Die Antwort lautet:
mnemischen Empfinoriginalen
an vielen
Buchs zu verzeichnen gehabt.
Wenn
156 gezeigt, zu den durch die lineare Zeichnung
Wettstreit.
Alternativen.
347
nusgelösten Originalempfindnugen in eigenartiger Weise mne-
mische Empfindungen gesellen und aus der planimetrischen Figur
das körperliche Bild eines Würfels machen,
so
ge-
schieht dies notwendigerweise in einem beiden Empfiudungsarten
gemeinsamen
entsprechend für
Dasselbe
Gesichtsfeld.
alle
gilt
natürlich
Sinnesgebiete, nicht nur für den Ge-
sichtssinn.
Ich brauche ferner nur daran zn erinnern, daß die Deckung, die,
wie wir sahen, beim Vorgange der Homophonie zwischen
und muemischen Empfindungen
originalen findet,
als ein vollgültiger
sich die betreffenden originalen in denselben
tatsächlich statt-
Beweis dafür anzusehen
daß
ist,
und mnemischen Komponenten
Empfindungsfeldern befinden.
hier durch die Beobachtungstatsache der
Aber ebenso wie
Deckung
läßt sich
auch durch die unter anderen Umständen zu beobachtende Tatsache der Nichtdeckuug und Wettstreits die
originalen
des daraus resultierenden
Gemeinsamkeit der Empfindungsfelder für die
und muemischen Empfindungen nachweisen.
Wir wollen dabei zunächst wieder von den Gesichtsempfindungen ausgehen und den Versuch so anstellen, daß wir
uns bemühen, an einer Stelle unseres originalen Gesichtsfeldes,
an dem sich das Bild eines undurchsichtigen Körpers befindet, gleichzeitig
einen anderen,
Wenn
misch vorzustellen.
ebenfalls undurchsichtigen ich
mne-
den Versuch mit der nötigen
Konzentration bei mir anstelle, so beobachte ich deutlich die
Phänomene des
Wettstreits.
Wenn
das mnemische Bild die
Oberhand gewinnt, so verschwindet das originale und umgekehrt.
Eine Schwierigkeit bei diesen Versuchen
liegt darin,
daß das mnemische Bild häufig ein wenig durchsichtig, wie ein durchscheinender vorgestellt wird.
Körper oder
Durch
ein
auf Glas gemaltes Bild
ein solches sieht
man dann
die
von
348
mnemischen Empfindungen.
I^iß
ihm verdeckten Teile des originalen Bildes durchschimmern. So geht es mir
z.
wenn
B.,
gut bekanntes Ge-
ein mir
ich
mälde mnemisch vor den originalen Hintergrund den
in
meinem Zimmer
Titel der
die
Bücherwand
projiziere,
Die goldenen
hildet.
Bücher leuchten dann durch das mnemisch vorgeDies widerspricht aber keineswegs der
stellte Bild hindurch.
Auffassung, daß hier ein Wettstreit der originalen und mne-
mischen Empfindungen innerhalb ihres gemeinsamen Gesichtsfeldes vorliegt.
wie ich
sie
Dies sind Mischerscheinungen des Wettstreits,
auch beim binokularen Wettstreit der originalen
durch das rechte und das linke Auge ausgelösten Empfin-
dungen beobachte,
z.
B.
wenn
ich das Bild eines zarten pho-
tographischen Diapositivs mit einem
verschiedenen Buntdruck unter bringe.
Dann
siegt
dem
Inhalt nach ganz
dem Stereoskop
unter Umständen
in Wettstreit
an manchen Stellen
des Gesichtsfelds das Bild des Diapositivs im Wettstreit; an
denselben Stellen manifestieren sich aber doch auch gewisse Details des Buntdrucks ^
Gelingt es aber bei
dem
Wettstreitversuch zwischen
dem
mnemischem Komplex des Gemäldes und dem
originalen der
Bücherwand, dem mnemischen Komplex durch
intensive Hin-
lenkung der Aufmerksamkeit hinreichende Vividität zu verleihen,
so
siegt
es
definitiv
im Wettstreit und verdrängt
den entsprechenden Abschnitt des originalen Gesichtsfeldes völlig.
1
daß es mir 2 allerdings nur sehr selten
Ich gestehe,
Vgl. auch
das ähnliche
binokularen Wettstreit. Es wäre übrigens
S.
303 beschriebene Vorkommnis beim
interessant
und lohnend,
diese
Vorsuche
solchen Versuchspersonen fortzusetzen, die wie manche besonders beanlagte bildende Künstler ein über das gewöhnliche Maß hinausgehendes optisches Vorstellungsvermögeu
weiter auszubilden und
und
eine große
Übung
mit
in seiner
Anwendung
besitzen.
Wettstreit.
willkürlich
dem au
sich
man
originalen Komplex, gerade
den achtet, zu
lesen, so siegt er sofort
Nebenbuhler
indem man auf
man
den originalen Komplex zu
im
gar,
fixieren,
sein Verschwin-
während des Versuchs z.
auf
B. die Büchertitel zu
und
Wettstreit,
verschwindet
richtiger, bis er
günstiger gestellten
viel
Aufmerksamkeit und damit Vividität
viel
Versucht
zufließen läßt.
erzielen.
bei diesem willkürlichen Versuch,
diesem Wettstreit
in
349
völlige Verdrängung zu
gelingt, eine
Dies liegt daran, daß
Alternativen.
sein
mnemischer
Nimmerwiedersehen,
oder
von neuem ekphoriert und die Aufmerksam-
keit gleichzeitig umgeschaltet
ist.
markant und besonders gut nachzuweisen
Äußerst
dieser Wettstreit zwischen
dem
Komplex von Gesichtsempfindungen, und
ist
und mnemischen
originalen
bei
hinreichender
Vividität des letzteren sein Sieg über den Rivalen, bei Hallu-
zinationen von Geisteskranken oder auch von normalen aber in
hypnotischem bzw. posthypnotischem Zustand befindlichen
Menschen. als
Halluzinationen sind ja im Grunde nichts anderes
mnemische Empfindungskomplexe von
daß
sie für originale
schluß
»Mneme«
der
gehalten werden.
an meine Ausführungen
aufmerksam
»Wenn man
suggeriert,
gemacht
1
Journ.
in
hat,
berichtet
zum
wird die Lücke des Raumes, die dieser Gegendurch eine positiv hallu-
Farbe oder Form ausgefüllt.
Tatsache
Alternativen
das Verschwinden eines Gegenstandes
stand in Wirklichkeit einnimmt, zinierte
ForeH, der im Andie
zuerst auf die alternativen Erscheinungen bei
Halluzinationen Beispiel:
über
so starker Vividität,
ist,
Die Konsequenz dieser
daß umgekehrt auch jede positive Halluzination
A. Forel, Eine Konsequenz der Semonschen Lehre der Mneme. f. Psych, u. Neurol., 5. Bd., 1905, S. 201. Vgl. auch A. Forel,
Der Hypnotismus,
ö.
Aufl.
Stuttgart 1907, S. 82—86.
Die mnemischen Empfindungen.
350
das Verschwinden (oder Nebelhaftvverdeu, wenn sichtig
das
ist)
Bewußtsein
bewirkt.
sie
durch-
liegenden Gegenstände für
der hinter derselben
Eine
intelligente
periodische
Geisteskranke, die in einem Bett in einem Schlafsaal lag
und dabei
halluzinierte, sie sei in
und wohne
einem unterirdischen Gang
einer Hinrichtung bei, erklärte mir nachher ganz
deutlich auf meine
Frage
hin,
daß
sie,
während
sie dieses hal-
den ganzen Schlafsaal samt Betten nicht mehr sah und
luzinierte,
auch den Lärm der Kranken im Nebensaal nicht mehr
Auf meine Bitte hat Professor Forel
die
diese Frage noch weiter experimentell zu verfolgen, ist
ihm gelungen,
bei einer
geeigneten,
sigen Versuchsperson posthypnotisch Halluzination
daß eine
hinter dieser Halluzination
reale,
befindliche,
mit
so
(eines Papageis)
und
kräftige
es
und
zu erzeugen,
(dem imaginären
deutlichen Buchstaben
großen
^
durchaus zuverläs-
eine
undurchsichtige
Vogel)
hörte.
Güte gehabt,
auf
weißes Papier geschriebene Sentenz für die Versuchsperson nur soweit lesbar blieb, als
von der Halluzination nicht
sie
überdeckt wurde.
Es
ist
selbstverständlich,
daß ein derartiger Wettstreit
nicht nur auf optischem Gebiet, sondern ganz allgemein tiberall
da auftreten muß, wo mehrere
qualitativ verschiedene originale
und mnemische Empfindungen (oder auch mehrere verschiedene mnemische Empfindungen) bei
qualitativ
simultaner Ek-
phorie auf dasselbe Empfindungsfeld angewiesen sind.
Abwesenheit der qualitativen Verschiedenheit würde
(Bei
in diesen
Fällen Homophonie resultieren.)
So gelingt es mir wohl, eine mnemische Kälteempfindung an einer bestimmten Hautstelle,
z.
B. einer Fingerspitze, her-
vorzurufen, mir eine Kälteempfindung an jener Stelle »vorzustellen«.
Aber dieser Versuch
mißlino;t durchaus
—
oder
Wettstreit.
mnemische Empfindung verschwindet
die bereits vorliandene sofort
—
,
wenn
351
Alternativen.
eine andersgeartete Originalerapfinduug in jenes
Empfindungsfeld dadurch eindringt, daß ich die betreffende Stelle
durch Druck oder warme Bestrahlung
wenn jener Reiz äußerst schwach oder noch die
kann
man durch die
sich
wenn ist
Suggestion in der Hypnose erreichen kann),
gegen die Originalempfindung doch
letztere
Dann
behaupten.
besser,
mnemische Empfindung äußerst vivid
vorgestellte
(was
Freilich,
reize.
aber doch hinwieder unter
geschieht dies
Verdrängung der Originalempfindung aus dem gemeinsamen Empfindungsfelde, und auch dies
daß
diesen
unter
herrscht,
Bedingungen
eine Alternative
kann man auf
findungen liegen
dungen, ganz
streit
ein
gestellt
wirklicher
Wettstreit
Ahnliche Versuche
ist.
aus den
sie insofern anders, als es
S.
71 Anm.
innerhalb desselben
ist,
Gehörsempfin-
verschiedene
qualitativ
gleich,
dem-
Auf dem Gebiet der Gehörsemp-
Gründen nicht möglich
Empfindungsfeldes
zeugen.
bloß wieder ein Beweis,
allen anderen Empfindungsgebieten mit
selben Erfolg anstellen.
mitgeteilten
ist
ob originale oder mnemische,
zu er-
Bei ihnen kann also auch kein eigentlicher Wett-
zwischen mnemischen und
herrschen, und
man kann ganz
originalen Empfindungen
gut einen
Ton
original hören
und dazu einen anderen von ihm verschiedenen mnemisch mitklingen lassen.
Zwischen verschiedenen simultan ausge-
lüsten Gehörsempfindungen,
mischer
Herkunft,
herrscht
seien also
sie
nie
originaler ein
oder mne-
Wettstreit,
Kampf um den Platz im Empfindungsfeld, sondern Mitbewerb um die Vividitätsstufe. Wie wir oben
kein
nur ein
gesehen
haben, kann ja auch ein Unterliegen bei diesem Mitbewerb
zu
einer
führen.
faktischen
Es handelt
Ausschaltung sich
gewisser
aber dabei
um
Komponenten keine
absolute
:
352
I^J6
mnemischen Empfindungen.
sondern
Alternative,
um
eine fakultative,
nicht unbedingt
notwendige gegenseitige Exklusion.
Wir können nunmehr das
Be-
der bisherigen
Resultat
trachtungen dieses Kapitels in folgenden zwei Aufstellungen
zusammenfassen Sind die Bedingungen für die gleichzeitige Auslösung
1)
verschiedener Empfindungen gegeben,
Produkte dieser Auslösungen, soweit funden werden können,
sich
aber
der
in
dabei
die Vividitätsstufe.
nicht.
Sie
müssen
es
Wir sprechen
in
die Vividitätsstufe.
aber die Möglichkeit eines
Ist
unterein-
Mitbewerb der Komponenten
um
des Nebeneinanders
sich die
nebeneinander emp-
ausschließen,
der Fälle
diesen Fällen von einem
2)
um
gegenseitig
Mehrzahl
sie
mehr oder weniger
alle
ander in einer Art Mitbewerb
können
befinden
so
Nebeneinanders
betreffenden Empfindungen ausgeschlossen,
der
sind sie auf ein
und dasselbe Empfindungsfeld (oder auf einen und denselben
Komplex von Empfindungsfeldern) angewiesen, hinreichender qualitativer Verschiedenheit das als
Wettstreit
bezeichnen.
Um
um den
was wir
statt,
Platz im Empfindungsfelde
dasselbe Empfindungsfeld aber können kon-
einerseits
kurrieren:
so findet bei
zwei
Originalempfindungen,
korrespondierenden Reizpforten
aus ausgelöst
die
sind
von
(korre-
spondierende Gesichts- und Geruchsempfindungen, aber nicht
korrespondierende Gehörsempfindungen, gleich
qualitativ
mnemische
sind);
Es
ist
letztere
andrerseits eine Original-
Empfindung;
Empfindungen unter
weil
endlich
verschiedene
stets
und eine
mnemische
sich.
einleuchtend, daß,
um
jetzt speziell
von den mne-
mischen Empfindungen zu sprechen, je nach dem Zustande-
kommen
der oben
skizzierten Kombinationen
sehr mannig-
Wettstreit.
fache Bedingungeu
für
Alternativen.
353
und
die Elkphorie
mnemisclien Emptiudungeu gegeben sind.
Andauer der
die
Vorhandene mne-
mische Empfindungen werden in ihrer Vividität abgeschwächt
(Bedingungen sub
1)
Ekphorie von neuen
oder
verdrängt
(Bedingungen sub
wird erschwert
2),
(Bedingungen sub
oder unmöglich gemacht (Bedingungen sub
2),
1)
nachdem
je
andere originale oder mnemische Empfindungen bereits an-
wesend sind oder Es
den.
wäre
gleichzeitig ausgelöst bzw. ekphoriert wer-
eine
dankenswerte
und
nicht
besonders
schwierige Aufgabe, alle derartigen Möglichkeiten zusammen-
und systematisch durchzuarbeiten.
zustellen
dies aber zu weit fortführen
Es würde uns
von den allgemeinen Fragen,
deren Behandlung wir in diesem Buche unternommen haben,
um dem
weiteren,
kommen.
zu
*Mneme« gesteckten
in der
Ziele näher
So müssen wir in Hinblick auf die Ökonomie
Gesamtwerks auf die weitere Durcharbeitung
des
dieses
Teilgebiets verzichten.
Nur
einer besonderen
Gruppe von Fällen wollen wir
hier
noch zum Schluß unsere Aufmerksamkeit zuwenden, weil ihrem
aus
Studium Licht auf gewisse mnemische
Es handelt
um
probleme
fällt.
»Mneme«
als alternativ ekphorierbare
habe. native
Wegen
sich
das,
was
ich
Hauptin
der
Dichotomien bezeichnet
der fundamentalen Bedeutung, die die alter-
Ekphorie
solcher
Engrammsukzessionen
auf
dem
Gebiet der plastischen Manifestationen muemischer Erregun-
gen
besitzt,
in der
habe ich gerade dieser Seite des Gegenstandes
»Mneme« meine Hauptaufmerksamkeit zugewandt. Es
dürfte aber von Nutzen sein, meine dortigen Ausführungen hier in bezug auf die Empfiudungsmauifestationen alternativ
ekphorierbarer Engrammdichotomien zu ergänzen.
Wir knüpfen dabei zunächst an Sem on, Mneme.
II.
die Ergebnisse unserer 23
Die lunemischen Empfindutogeu.
354
bisherigen Betrachtungen in diesem Kapitel an, die wir auf S.
352
in
zwei kürzere Thesen zusammengefaßt haben.
haben bei diesen Thesen sowohl Fällen,
aus denen
Komponenten
abgeleitet sind,
sie
dungen vor Augen gehabt bzw. chen Empfindungskomplexes,
nicht
Es
daß die Regeln, die
zelnen Komplexes stalt
als
sol-
Sukzession
aber eine
ist
die
Empfin-
von
Bedingungen eines
die
von Empfindungskomplexeu. verständlich,
immer zunächst
Simultankomplexes
eines
Wir
auch bei den konkreten
als
nun eigentlich
selbst-
sich innerhalb jedes ein-
herrschend ergeben, keine andere Ge-
bekommen, wenn man
Synthese übergeht, daß
insofern von
man
nicht
der
Analyse zur
mehr bloß den einzelnen
Simultankomplex, sondern eine ganze Reihe aufeinanderfolgender zusammen ins Auge unsere
Wir könnten
faßt.
in der
Tat
Thesen von der Simultaneität zweier momentaner
Empfindungszustände auf die Simultaneität der Abläufe zweier längerer und in ihren Bestandteilen wechselnder Empfindungsketten ausdehnen.
Es
treten
sodann nicht zwei simultane
Empfindungszustände, sondern zwei
Empfindungsketten in Mitbewerb
zeitlich parallel laufende
um
die Vividitätsstufe,
bei der Auteil der einen so klein ausfallen kann, fast
ganz aus dem Oberbewußtsein verschwindet,
auch überhaupt nicht mehr manifest wird.
Umständen
aber,
wenn
daß
wosie
vielleicht
Unter anderen
ein eigentlicher Wettstreit zwischen
zwei Empfindungssukzessionen stattfindet, weil bei ihnen im Sinne unserer zweiten These möglich
ist,
zessionen
(S,
352i ein Nebeneinander un-
besteht natürlich auch in bezug
eine
auf die Suk-
scharf ausgesprochene Alternative,
die
für
gewöhnlich nur mit dem völligen Siege der einen über die andere Reihe endet, nur ganz ausnahmsweise zu einer Mi-
schung
(nie zu
einem Nebeneinander)
führt.
«
um
die
also
einer Reihe von
in
mit
Vividitätsstnfe
in
gerechte oder
Verdrängung der einen
anderen Reihe von Fällen
einer
in
Fällen Wettbewerb
dem Ausgang
ungerechte Teilung, eventuell völlige
Komponente,
355
Alternativen.
Wettstreit.
Wir haben
<
Wettstreit mit scharf ausgesprochener Alternative.
echten
Alles dies:
entweder zwischen zwei originalen Sukzessionen, oder einer originalen und einer mnemischen Sukzession,
oder zwischen zwei mnemischen Sukzessionen. letzteren Fall wollen w'n hier näher ins
Nur diesen
fassen, und unter den mannigfachen Mijglichkeiten,
denen er in Erscheinung treten kann, herausheben;
die
nämlich,
Auge unter
nur eine besonders
daß die beiden rivalisierenden
Sukzessionen ein gemeinsames Anfangsglied (bzw. eine ge-
meinsame Kette solcher
Glieder) besitzen.
Ich will dies zunächst an demselben konkreten Beispiel erläutern,
der
von dem ich bereits bei meinen Erörterungen
Mneme
(2.
oder lese ich«,
Aufl., S. 146, 221)
so sagte
,Über allen Gipfeln in
ist
ich
dort,
ausgegangen
bin.
in
»Höre
»das berühmte Gedicht:
Ruh' zuweilen in der ersten, zuweilen
der zweiten Goetheschen Fassung, so prägt es sich mir
in folgender alternativ
dichotomischer Fassung ein: Wäldern hörest du /keinen Hauch ^ < „„ „ \Wipfeln spurest du kaum einen Hauch
—
>Uber allen Gipfeln
Es
ist
bleibt also eine
Ruh, in allen
,
..
,
—
Engrammdichotomie zurück, die von
der Teilungsstelle an nur alternativ ekphoriert werden kann.
Um
das Beispiel noch schärfer zu fassen, nehmen wir an,
das Gedicht
sei
uns sowohl in der ersten wie in der zweiten
Fassung je dreimal vorgetragen worden. dann
die einzelnen durch die gesprochenen
Bezeichnen
wir
Worte erzeugten 23*
:
356
I^ie
mnemischen Empfindungen.
Eugramme mit Buchstaben und geben den Buchstabenzeicheu den der Nummer ihrer Wiederholung entsprechenden Index, so erhalten wir, wenn wir nur die Sukzession der ersten neun Engramme ins Auge fassen, folgendes Schema homophon ekphorierbarer Engramme 1
Wettstreit.
einander Engramme
Am
in
Erscheinung
zwei Sukzessionen solcher
treten,
nebeneinander
gleichzeitig
kann man
leichtesten
357
Alternativen.
ablaufen
zu
lassen.
davon durch folgenden Ver-
sich
Man rezitiere ein daß man es »im Schlaf
man
such überzeugen:
Gedicht,
gut kennt,
hersagen könnte<:, laut
das
so
vor sich her oder richtiger schnurre es ab und lasse gleichzeitig ein anderes,
ebensogut gekanntes, geistig an sich vor-
überziehen. Ich bin in einem gewissen, allerdings beschränkten
Maße dazu
imstande.
Freilich
erziele
zweifelloses
ich ein
Nebeneinander immer nur für sehr kurze Zeit; bald stockt entweder die Rezitation oder, wenn ich auf
sie achte,
hört
die andere, in diesem Fall lediglich innere, Reproduktion auf,
oder ich bemerke, daß ich durch ein Springen von
Ablauf zu dem anderen, Ein solches
raubt aber
Oszillieren
weisende Kraft
für
ein
dem
einen
mühselig im Gange erhalte.
beide
dem Versuch jede
be-
Nebeneinander der um ein in eigentümNacheinander dieser Abläufe inwirkliches
Abläufe, da es sich dabei größtenteils licher
Form
folge
des Oszillierens
eine
auftretendes
kürzere Zeit
Doch
der Ekphorie handelt.
ein
ist
für
Nebeneinander mit Sicherheit nach-
zuweisen, und so kann ich meinen früheren Ausspruch, daß simultane
grammen
Manifestation
ekphorierter Erregungsketten unmöglich sei, nicht
aufrecht erhalten. festationen sich
verschiedener aus Worten-
zweier
Freilich
sind in unserem Fall die Mani-
verschiedener Art:
die
eine
durch oberbewußte Empfindungen,
gleichzeitige
motorische Reaktionen.
von wenn auch
vielleicht
Reihe die
Aber
manifestiert
andere
die
durch
Anwesenheit
nur sehr schwach bewußten Empfin-
dungen beim Herunterschnurren eines Gedichts, während man an etwas ganz anderes denkt,
und
so
ist
nicht in Abrede zu stellen,
müssen wir zugeben, daß die Alternative
in
diesem
358
I^i^
mnemischeu Empfindungen.
Fall keine so unbedingte
ist,
wie etwa, wenn an uns die
immöglieli zu erfüllende Forderung gestellt wird,
man
solle
au derselben Stelle des Gesichtsfeldes gleichzeitig zwei verschiedene undurchsichtige Bilder (original-original, oder
ori-
ginal-mnemisch, oder mnemisch-mnemisch) empfinden.
Aber wenn auch keine absolute Unmöglichkeit einer
gleich-
zeitigen Manifestation, selbst nicht einer gleichzeitigen
tindungsmanifestation
Worteugramme
Ekphorie
der
vorliegt,
liegt
zweier
Emp-
verschiedener
doch im Falle
des in zwei
Fassungen gelernten Goetheschen Gedichts und überhaupt
in
der großen Mehrzahl aller Fälle von Ekphorie dichotomisch (bzw. trichotomisch usw.) sich gabelnder
verhältnismäßig bestimmte
wenn auch
Engrammreihen eine
nicht unbedingte Alter-
und zwar aus ganz besonderen Gründen,
native vor,
hier noch kurz ins
Auge
Wir wählen dazu
die wir
fassen wollen.
dem
au und
für sich
durchaus
keine Schwierigkeiten machen würde, die
beiden
Aste der
dichotomischen
ekphorieren
Dies
zum
ist
folgen.
einen Fall, bei
es
Engrammreihe nebeneinander zu
und nebeneinander oberbewußt zu empfinden. Beispiel der Fall mit zwei verschiedenen
Ton-
Komponisten lassen häufig genug zwei oder mehr
verschiedene in dieser
Themen
gleichzeitig nebeneinander erklingen
Form werden
sie
i;
empfunden, wirken eugraphisch
und werden bei Ekphorie von musikalischen Menschen genau demselben Nebeneinander mnemisch reproduziert.
in
Ob-
wohl also keine Unmöglichkeit, nicht einmal eine Schwierig1 Fast in jeder Fuge des Baclischen wohltemperierten Klaviers kann mau einfache Beispiele hierfür auffinden. Man sieht diesen Tatbestand beim ersten Blick auf die Noten. Die verschiedenen
Themeu aber auch herauszuhören, dazu besonders wenn es mehr als zwei sind, einige musikalische Schulung bzw. eiue genauere Kenntnis des betreffenden Musikstücks.
gleichzeitig ablaufenden
gehört,
für
keit
359
Alternativen.
Wettstreit.
den simultanen Ablauf zweier verschiedener aku-
stischer Sukzessionen vorliegt,
wenn schon bereits die
ein solcher
tritt
doch nur
die Originalreize simultan gewirkt haben,
ein,
wenn
Engraphie der beiden Reihen simultan erfolgt
Andernfalls
tritt stets
Nehmen
nur alternative Ekphorie
ist.
ein.
wir als konkretes Beispiel die beiden folgenden
Tonsukzessionen aus der bekannten Beethovenschen Sonate.
*
Erste Sukzession:
äi?^Si=^
m
tE^ ^EJffrFJ^
Zweite Sukzession:
Diese beiden Sukzessionen stellen insofern eine Engrammdichotomie von der Art
—d— —h—g c
e
h
—
d eis
—
c
spielt
sicher
oder
c
e
— d— c — h — g
reproduzieren wird.
nie,
nicht
Vielleicht
welchem Ast
Unter keinen Umständen aber wird seinen Gedanken,
gemein-
und ihn auffordert fortzufahren, ganz
einen Augenblick schwanken,
in
die
im richtigen Rhythmus vor-
entweder die Sukzession
— —a—g
eis
g — h — d
vorsingt,
g
wenn man ihm
dar, als ein Beethovenkenner,
same Anfangsreihe
—ß—
er,
er
oder
wird er
folgen
soll.
und wenn auch nur
beide Aste simultan ekphorieren und
einmal innerlich, ein Klauggebilde folgender Art
reproduzieren:
Mischform:
?=f=Pit ^F^£J
Die mnemischen Empfindungen.
360
obwohl an sich Empfindung und Reproduktion dieses Klangmindeste Schwierigkeit bereiten und ohne
nicht die
bildes
wenn
weiteres realisiert werden würde, position
sie in einer
Kom-
im Original gegeben wäre.
Der Grund Mitbewerb
hierfür liegt meiner Ansicht
um
die Vividitätsstufe
nach
herrscht
in folgendem.
beim Nebenein-
ander aller gleichzeitigen Empfindungen verschiedenen Inhalts,
und zwar
dieser Mitbewerb
ist
am
lebhaftesten
je
zwischen den Komponenten eines und desselben Empfindungs-
Von zwei gleichzeitigen originalen Tonempfindungen man würde das zwar zunächst nicht annehmen, aber dennoch
gebiets K
ist
daß wir
es eine Tatsache,
Aufmerksamkeit
stets
bei polyphoner
Musik unsere
nur verhältnismäßig wenigen Kompo-
nenten zuwenden, und es einer ganz besonderen Anstrengung und, wenn
es
großen Übung bedarf, zeitigen (S.
sein
erfolgreich
Stimmen zu
sie
einer
außerordentlich
gleichmäßig auf die vielen gleich-
verteilen.
359) gleich als solche,
soll,
d.
h.
Höre in
ich
nun
Form von
die Mischform
Originalemi)fin-
dungen, so spielt sich der Mitbewerb unter den an sich so viel
Während
nahezu unmöglich ist, zwei heterogene Tonsukzessionen und nebeneinander zu empfinden, macht es durchaus keine Schwierigkeit, einen solchen Ablauf zweier verschiedener Empfindungsreihen nebeneinander zu erzielen, wenn sie ganz verschiedenen Empfindungsgebieten angehören. Zum Beispiel: Ich habe einmal auf einem Ball ein Paar sehr schön Walzer tanzen sehen und kann mir dies lebhaft vergegenwärtigen, ohne mich der Musik zu erinnern, nach der dies damals geschah. Dann macht es nicht die geringste Schwierigkeit, neben der Sukzession von mnemischen Bildern die Melodie irgend eines beliebigen Walzers muemisch mitzuempfinden, der mir gut bekannt ist. Paulhan, Revue scientifique, Bd. 39, 1887, S. 684, hat eine Anzahl sehr interessanter Experimente angestellt, aus denen die an sich schon offenbare Tatsache noch einen schärferen wissenschaftlichen Ausdruck findet, daß gleichzeitige mnemische Abläufe, die auf nahe benachbarten Empfindungsgebieten stattfinden, sich viel mehr gegenseitig beeinträchtigen als solche aus ganz verschiedenen Gebieten. 1
es
gleichzeitig zu ekphorieren
Wettstreit.
361
Alternativen.
dem Kompro-
vivideren Origiualempfiudungeu ab und endet mit
miß des Nebeneinander, wobei aber auch eine
Komponente
bei der
die andere überflügelt,
fast
regelmäßig die
was
sich besonders
muemischeu Reproduktion und besonders beim »Ver-
gessen« nach längerem Zeitverlaul' bemerklich
man
macht.
Hat
aber nie beide Sukzessionen gleichzeitig gehört (bzw. auch
was
gelesen,
bei
einem geübten Musiker
auf dasselbe
fast
herauskommt), so erfolgt bei der Ekphorie der Engrammdichotomie ,
9
-h -d
—
d
— —
eis
—
c
—
(^
c
nach Ablauf von y
der Mitbewerb rein
e
a
li
—
g
—g
—h—d
muemischen akustischen Empfindungen
zwischen e
und
eis
den
und
endet regelmäßig mit der völligen Niederlage des Vertreters der einen Sukzession. Nur ein besonders musikalischer Mensch
wird einen anderen Ausgang erzwingen können, indem er durch entsprechende Verteilung der Aufmerksamkeit beiden Asten der Dichotomie genau gleiche Vividität verleiht.
Ein solcher
Mensch
Dichotomie
wird
gleich in
dem
imstande
zweifellos S.
359
ander zu ekphorieren.
als
sein
,
diese
Mischform bezeichneten Nebenein-
Aber auch
er
müßte
sich jedenfalls
besondere Mühe geben, und so existiert für ihn und noch
mehr
für
gewöhnliche Sterbliche auch
ausgesprochene,
Wenn selbst
es,
wenn auch
in diesen
nicht unbedingte Alternative.
wie gesagt, bei mnemischen Reproduktionen
von Tonengrammen ungemein schwer
librieren,
Fällen eine
ist,
so zu äqui-
daß beide Aste der Dichotomie nebeneinander
ekphoriert werden, und bei
Wortengrammen und
in vielen an-
deren Fällen für längere Reihen geradzu unmöglich, so es doch andrerseits nicht selten vor,
kommt
daß durch Überspringen
Die mnemischen Empfindungen.
362
der Ekpliorie von eiuem EngTammast auf den anderen
reaktionen
Sie
resultieren.
übrigens
sind
Misch-
häufiger
bei
Reproduktionen von Worten, Silben, oder von kinästhetischen Reaktionen
wir
z.
als
S. 223)
(IL Aufl.
vor
B.
von
darüber: uns,
In
Melodien.
Mneme
der
sagte
ich
»Eine solche Mischreaktion haben
wenn
was ja sehr
wir,
leicht
ge-
schehen kann, die beiden Alternativen folgendermaßen kombinieren: ,Uber allen Gipfeln
du
kaum
einen Hauch'.
ist
Kuh,
in allen
Wipfeln hörest
Solche Mischreaktionen sind weder
den Äußerungen der individuell erworbenen
bei
Mneme
eine
Seltenheit, noch fehlen sie bei der Manifestation von ererbten
Immerhin
dichotomischen Engrammsukzessionen.
sowohl bei
ererbten
als
alternativen Dichotomien
Gabelungsstelle
auch bei in
der Mehrzahl
die Ekphorie
der anderen Bahn, in der die homophonen
dem
der Fälle an der
nur entweder der einen oder
erörterten Falle
Engramme
folgt
erworbenen
//»i-s
oder
^
werden
r4_(i
also entwe-
ekphoriert.
Wie
mnemische Alternative beantwortet wird, hängt davon
diese
ob der ekphorische Einfluß
ab,
individuell
oder r^^^
//i_3
überwiegt,
und Faktoren der mannigfaltigsten Art können die Wagschale nach der einen oder der anderen Seite hin zum Sinken bringen. In der ein
Mehrzahl der Fälle besteht schon von vornherein dadurch
Übergewicht nach der einen Seite hin. daß die Zahl der
Wiederholungen gewöhnlich nicht für beide Gabeläste eine so ganz gleiche sein wird, wie wir
genommen haben.
sie in
unserem Schema an-
Ein weiteres Übergewicht
kommt
derjenigen Seite zugute, auf der die zeitlich späteren,
weniger verblaßten Wiederholungen liegen.
Moments wird auf morphogeuetischem
Infolge
noch dieses
Gebiet, wie wir später
sehen werden, das Einschlagen atavistischer Bahnen für ge'
Vgl. S. .356 des vorliegenden Werkes.
AVühnlicli
363
Alternativen.
Wettstreit.
Feruer können aber noch neu hinzu-
vermieden.
tretende Originah-eize aller Art der einen oder der anderen
Ekphorie das Übergewicht verleihen und dadurch ein bereits bestehendes Übergewicht der anderen Seite überkompensieren.
Wenn
einem Rezitator, der zwei Fassungen seines Vor-
ich
kennt,
tragsgedichts
gewohnt
aber
es
ist,
in
der zweiten
Fassung vorzutragen, an der Gabelungsstelle das Stichwort der ersten Fassung souffliere, in unserem Goetheschen Gedicht also
,
Wäldern'
statt
,
Wipfeln',
wird es zuweilen gelingen,
durch Hinzufügung dieser Originalerregung, ihn in die andere
Bahn zu lenken.
Daß
unter
Umständen auch hemmende Ein-
das Einschlagen oder Verfolgen
flüsse
des einen Astes der
Weggabelung verhindern und dadurch
die
Bahn der Ek-
phorie nach der anderen Seite lenken, wird später im Kapitel
über die morphogenetischen Dichotomien ausführlicher erörtert
werden.*
Die Tatsachen, auf die wir uns bei unserer im vorliegenden Kapitel gegebenen Untersuchung der Empfindungsmanifestationen
von alternativ
haben,
stützt
sind
ekphorierbaren Dichotomien
solche,
die
wohl jeder schon
oft
jeden Augenblick leicht an sich selbst erproben
Außerdem
kann.
und
und die
deutlich ausgesprochen an sich selbst erfahren hat, er jedenfalls
ge-
liegt
uns aber noch ein sehr sorgfältig durch-
gearbeitetes Versuchsmaterial vor, das wir den Arbeiten von
Schumann
G. E. Müller und seinen Mitarbeitern F. Pilzecker 2 verdanken.
Besonders in dem
^
Werke von
und A. Müller
G. E. Müller und F. Schumann, Experimentelle Beiträge zur Untersuchung des Gedächtnisses. Zeitschr. f. Psych, u. Phys. d. Sinnes'
organe. 2
Lehre
6.
Bd., 1894.
G. E. Müller
vom
und A. Pilzecker, Experimentelle Beiträge zur
Gedächtnis.
Ergänzungsband
1,
1900.
Zeitschr.
f.
Psych,
u.
Phys.
d.
Sinnesorgane.
Die mnemischen Empfindungen.
364
und Pilzecker wird der Untersuchung der Wechselwirkung und dem Mitbewerh
bzw. Empfindungen ein weiter unterscheiden eine
mnemischer Erregungen
gleichzeitiger
Raum
»generative
Die Verfasser
gewährt.
Hemmung«, wenn
en-
die
graphische Wirkung bestimmter Erregungen durch
die
An-
wesenheit anderer mnemischer Erregungen bzw. Empfindungen
abgeschwächt wird, und eine »effektuelle Hemmung«, wenn die
Gegenwart einer mnemischen Erregung die Ekphorie einer anderen hemmt, das heißt entweder verzögert, Vividität schwächt, oder sie ganz inhibiert.
Ein näheres Ein-
gehen auf die zahlreichen Versuchsreihen von G. seinen Mitarbeitern
und
heiten ihrer Resultate
E. Müller
und
bemerkenswerten Einzel-
die vielen
würde uns
sie in ihrer
hier zu weit führen.
Be-
sonders möchte ich aber auf den interessanten Abschnitt über die
»Mischwirkung konkurrierender Assoziationen«
und
Pilzecker,
a. a.
0. S.
(Müller
159—165 und 225—230) hinweisen, dem Gebiete der Worte und
die sich auf Mischreaktionen auf
Silben beziehen, und möchte nebenbei auf die von Münster-
berg
i
erwähnten Mischreaktionen
in
Gestalt
von Mischbe-
wegungen aufmerksam machen. Bei den Reaktionen, aus denen
man
das Vorhandensein
der dichotomischen Engrammsukzessionen und die Alternative bei
ihrer
Ekphorie sowie die verschiedene Art der Beant-
wortung bzw. Ausgleichung dieser Alternative sich
es
bei den
suchungen
haben
lich
zuletzt
in erster Linie
erwähnten
um
abliest,
handeft
experimentellen Unter-
motorische Reaktionen.
Frei-
die Untersucher die Versuchspersonen in vielen
Fällen auch nach den gleichzeitigen Empfindungen befragt, und so den Ablauf der Erregungen sozusagen durch eine doppelte 1
S.
78,
H. Münsterberg, Beiträge znr experimentellen Psychologie, Heft
Freiburg 1892.
4,
Au
Ablesung verzeichnet. üb
365
Alternativen.
Wettstreit.
sich
ist
die Ablesung gleichwertig-,
auf Emptindungsreaktionen oder auf motorische
sie sich
oder auf plastische oder endlich auf Stoffwechselreaktioneu stützt,
wie ich dies ausführlich
in der
bis 215) auseinandergesetzt habe.
Mneme
Aber
erst
Aufl. S.
214
wenn man
die
(2.
Ergebnisse aller dieser Ablesungen zusammen ins Auge
kann man
die ganze
faßt,
Bedeutung der alternativ ekphorierbaren
Dichotomien ermessen.
Die wichtigsten Konseciuenzen, die sich aus einer derartigen
Anordnung der Engramme ergeben, finden
sich jedoch
dem Gebiet des individuell erworbenen Engrammdem wir uns in dem vorliegenden Werk ausschließlich beschäftigen, sondern auf dem des ererbten Ennicht auf
schatzes, mit
Auf letzterem
grammschatzes.
Gebiet, besonders beim Studium
der Ontogenese, bietet die richtige Auffassung des Baues der
ekphorierbaren
alternativ
Engrammdichotomieu
und seiner
Entstehung den Schlüssel für zahlreiche der wichtigsten Vererbungsprobleme, stehen, so der
die
heute
Bedeutung der Mendelschen Regeln, des Auf-
tretens von Atavismen, der
reagenz
usw.
Alternativen,
um
im Mittelpunkt des Interesses
Überall
um
Fremdkreuzung
handelt
da
es sich
ihre entscheidende
ihren Ausgleich durch den
als Aktivierungs-
um mnemische
Beantwortung oder aber
Kompromiß
der Mischreaktionen.
Bedingt doch jede Vereinigung zweier Keime, indem
sie eine
Vereinigung des ererbten Engrammschatzes des einen Elters mit
dem
des anderen mit sich bringt, eine Fülle neuer Alter-
nativen, und erklärt sich aus ihnen doch in einfacher
und,
nen
wenn man
Wege
die in unseren
Weise
Untersuchungen eingeschlage-
weiter verfolgt, auf der Grundlage physiologischer
Tatsachen, die eigentümliche Mischnatur, in der das Ahnenerbe jedes Menschen, ja jedes organischen
Wesens
in
Körper-
Die mnemischeu Empfindungen.
366 bescliaffeuheit
und
Instiukten,
Anlagen und Charakter zur
Erscheinung- gelangt.
Ein näheres Eingehen hierauf
gaben des vorliegenden Buchs.
liegt
außerhalb der Auf-
Bei der fundamentalen Be-
deutung der mnemischen Alternativen auf diesem Gebiet aber auf die Behandlung hingewiesen, die ich stand im 12. und 13. Kapitel der lassen.
worden. öifnen,
Dort sind
freilich
Mneme habe
dem Gegenangedeiheu
nur die Grundlinien gezeichnet
Eine Fülle weiterer Einblicke wird sich noch er-
wenn man
die
Probleme von diesem
aus und mit Benutzung der im vorliegenden
neneu Ergebnisse
Standpunkt
Werk gewon-
bis in ihre Einzelheiten durcharbeitet.
Aufgabe muß vorläufig einer ferneren bleiben.
sei
Diese
Zukunft überlassen
Schluß
Neunzehntes Kapitel. Ergebnisse im Sinne einer Vereinfachung und Vereinheitlichung.
In den Schlußbetrachtungen der
»Mneme« habe
ich
ein
Hauptergebnis jener Arbeit mit folgenden Sätzen zusammen-
»Und indem wir bei diesem näheren Studium ge-
gefaßt:
funden haben, daß sich
alle diese
scheinbar so ganz hetero-
genen Manifestationen [der mnemischen Erregungen] auf einige Grundsätze zurückführen lassen, die sich ihrerseits als bloße
Konsequenzen der synchronen Reiz Wirkung ergeben: Asso-
und Gesetze der mnemischen Homophonie,
ziationsgesetze
haben wir meiner Ansicht nach durch diese Vereinfachung unserer Anschauungen auch einen Schritt in der wirklichen
Im vorliegenden Werk haben
Erkenntnis vorwärts getan. kleineres Feld
wir ein
Mueme
dem
auf
weiten Gesamtgebiet der
eingehender behandelt, das Gebiet der durch ober-
bewußte Empfindungen manifestierten, individuell erworbenen
Mneme, das wir auch das Reich des höheren Gedächtnisses Wir wollen nun
nennen können. benutzen,
um
festzustellen,
auf diesem engeren Gebiet auf
Wege
dieses Schlußkapitel dazu
inwieweit es uns gelungen
dem von
ist,
uns eingeschlagenen
die außerordentliche Fülle höchst verschiedenartig er-
scheinender Vorgänge auf ein
Minimum
einfacher Grundsätze
zurückzuführen, dadurch zu einer wesentlichen Vereinfachung Semon, Mneme.
II.
24
Schluß.
370
und Vereinheitlichung unserer Anschauungen zu gelangen und somit einen Schritt in der wirklichen
Erkenntnis vorwärts
zu tun. Als das Charakteristische für das
Wesen
der mnemischen
Prozesse im weitesten Sinne habe ich es stets ^ bezeichnet,
daß
sie, als
eintreten,
Reproduktionen früherer Erscheinungen betrachtet,
ohne eine vollständige "Wiederkehr derjenigen Be-
dingungen, die zur Hervorrufung jener früheren Erscheinungen,
notwendig waren.
ihrer Vorgänger,
Diese Besonderheit in
der Möglichkeit der Hervorrufung (Ekphorie) der mnemischen
Erscheinungen hat aber ihrerseits zur unbedingten Vorausvorherige Anwesenheit eben jener Vorgänger.
setzung die
Wir drücken sagen,
dieses Abhängigkeitsverhältnis so aus,
Vorgänger oder die Originalerregungen hinter-
die
lassen nach ihrem Verschwinden
»Engramme« dieser
daß wir
bleibende Veränderungen,
in der organischen Substanz,
Engramme
und auf dem Boden
erfolgt bei bloß partieller
Wiederkehr der-
jenigen energetischen Situation, die engraphisch gewirkt hat, eine vollständige
wiewohl
ihrer Lebhaftigkeit meist sehr
in
abgeschwächte Reproduktion der früheren Gesamterscheinung, Die eben dargestellten Beziehungen enthalten das Grundprinzip aller
vorliegenden
mnemischen Phänomene. Ich bin dazu gelangt, im
Werke
dieses Grundprinzip
Thesen zu formulieren, die ich Hauptsätze bezeichnet habe.
als die
in
Gestalt
zweier
beiden mnemischen
Sie gelten für alle mnemischen
Erscheinungen, nicht nur für die Phänomene des durch ober-
bewußte Empfindungen manifestierten höheren Gedächtnisses,
und bei ihrer Fassung habe ich deshalb auch nicht auf die 1
Vgl. außer
Antikritik der 2.
dem Mnemewerk
Mneme, im Archiv
Heft, 1907, S. 205.
auch den Aufsatz; Kritik und Easaen- und Gesellschafts-Biologie,
selbst f.
Vereinfachung und A^ereinheitlichung.
371
der betreöenden Erregungen Rücksicht
Manifestatiousweise
genommen, sondern von Erregungen schlechthin gesprochen.
mnemischer
Erster graphie):
Alle
Hauptsatz
gleichzeitigen
der
En-
Erregungen innerhalb
eines
(Satz
Organismus bilden einen zusammenhängenden simultanen Erregungskomplex, der
als solcher
engraphisch wirkt, das heißt
einen zusammenhängenden und insofern ein Ganzes bildenden
Engrammkomplex
zurUckläßt.
Zweiter mnemischer Hauptsatz (Satz der Ekphorie): Ekphorisch auf einen simultanen Engrammkomplex wirkt die partielle Wiederkehr derjenigen energetischen Sidie
tuation,
vormals engraphisch gewirkt hat.
In engerer
Fassung: Ekphorisch auf einen simultanen Engrammkomplex wirkt die partielle Wiederkehr des Erregungskomplexes, der seinerzeit
den Engrammkomplex hinterlassen hat, und zwar
eine Wiederkehr, sei es
Es
es
sei
in Gestalt
von Originalerregungen,
von mnemischeu Erregungen. ist
daß diese beiden Hauptsätze auf das
offenbar,
innigste unter sich
zusammenhängen und
erst
in ihrer Ver-
einigung die Quintessenz der mnemischeu Gruiidgesetzmäßigkeit
wiedergeben.
Denn durch
Engraphie überhaupt
erst zu
die
Ekphorie gelangt die
unserer Kenntnis,
und ohne
vorhergegangene Engraphie gibt es keine Ekphorie. seits
die
Andrer-
aber gewähren uns die beiden Sätze in dieser Fassung Möglichkeit
Engraphie
in
einer
vollkommen scharfen Trennung der
allen ihren Erscheinungsformen
von der Ek-
l)horie.
Aus unserem Satz der Engraphie
leitet
das ab, was wir als Assoziation bezeichnen: es
sammenhang der einzelnen Komponenten plexes.
Wenn
unmittelbar
sich
eines
ist
der Zu-
Engrammkom-
unser erster Hauptsatz lehrt, daß schon die 24*
Schluß.
372
sämtlichen Komponenten eines Erregungskomplexes ein Ganzes bilden,
und daß das Gleiche
für
den von diesem Erregungs-
komplex zurückgelassenen Engrammkomplex
so
gilt,
ist
der
je nach Umständen hervortretende Zusammenhang einzelner
Engrammkomponenteu S.
deren
,
aus
Auftreten
isoliertes
der
148 erörterten Fragmentierung jedes mnemischen Simul-
tankomplexes zu erklären
eine selbstverständliche Konse-
ist,
quenz dieses Hauptsatzes.
Nachzuweisen der
ziation«
Engrammkomponenten
verdient,
immer
freilich
»Asso-
diese erst
durch
Die Tatsache der Verbindung der En-
erneute Ekphorie.
grammkomponenteu, ziation
Zusammenhang,
dieser
ist
also das,
ist
was
Namen Assovon dem Vorgang, den
allein
selbstverständlich
durch den diese Tatsache nachgewiesen wird, logisch scharf
kurz gesagt ein Ergebnis der Engraphie, das bei Gelegenheit der Ekphorie
zu trennen.
in
Assoziation
Erscheinung
ist
tritt.
Über diese Sachlage scheint mir bisher
weg keine genügende
eigentlich durch-
Klarheit geherrscht zu haben, und
gemein hat man den Begriff der Assoziation Sinne gebraucht:
einmal ganz sachgemäß
vollzogenen Verbindung
in
all-
doppeltem
im Sinne einer
Engrammen bzw.
zwischen
mnemischen Empfindungen
(latenten bzw. aktuellen Erinne-
rungsbildern);
aber
bei
dem
gleichzeitig
diese Verbindung
offenbare Inkonsequenz
ist
heiten und unfruchtbarer
besonders dichtet
um den
haben.
in die
auch
Quelle
Streitigkeiten
Begriff der
Anwendung
seine Entstehung verdankt.
den
Vorgang, Diese
tritt.
zahlreicher
Unklar-
geworden, die sich
Ahnlichkeitsassoziation
Letzterer Begriff
der doppelsinnigen
als
Erscheinung
ist
ein Wechselbalg,
ver-
der
des Grundbegriffs Assoziation
Begünstigt werden die dadurch
Vereinfachung und Vereinheitlichung.
373
gegebenen irrtümliclien Auffassungen durch folgende KompliÄhnlichkeit,
kation.
das heißt teilweise Übereinstimmung
der Komponenten innerhalb des präsenten Erregungs- und eines beliebigen
Engrammkomplexes, bewirkt
des letzteren durch den ersteren.
dann als Folgeerscheinung
die Ekphorie
Durch diese Ekphorie
ist
Anwesenheit
die gleichzeitige
der Bestandteile beider Komplexe in ein und demselben simul-
tanen Erregungskomplex gegeben, und dadurch werden die von
Kompouentengruppen
beiden
simultan assoziiert. die Ekphorie,
einer
und diese
erläutert.
Engramme
Die Ähnlichkeit bedingt hier schafft eine
Neubildung
Ich habe dies
Simultanassoziation.
einem Beispiel
zurückgelassenen
Auch das
oben
also
in Gestalt (S.
184) an
kann
Beispiel S. 165
als
Illustration dienen.
Eine Ähnlichkeitsassoziation gibt es also nicht. darunter versteht,
ist
Was man
Ahnlichkeitsekphorie, das heißt Ekphorie
durch partielle Wiederkehr des Komplexes, der ehemals engraphisch gewirkt hat.
Es
gibt überhaupt streng
genommen
nur eine einzige Art Assoziation, nämlich die aus unserem ersten Hauptsatz abzuleitende,
und diese
ist,
wie aus dem
Wortlaut des Satzes hervorgeht, Simultanassoziation.
Wer tiellen
mit uns
den Kernpunkt der Ekphorie in der par-
Wiederkehr einer bestimmten energetischen Situation
erblickt, der versteht
ohne weiteres, daß die partielle Wiederkehr
sich auch auf solche
Komponenten
dieser Situation beschränken
kann, die sich nicht durch deutlich ausgesprochene oberbe-
wußte »Ideen« manifestieren.
So erklärt sich die chronogene
Ekphorie, so erklären sich Ekphorien auf Grund unbestimmter
Gefühle und bloßer Stimmungen, so erklären sich Herbarts >frei steigende Vorstellungen«.
Fassen wir das jeweilige Gesamtresultat aller Engraphie
Schluß.
374 ins Auge, die ein
Organismus
so
erfahren hat,
stellt
in
dasselbe
seinem individuellen Leben dar als der im vor-
sich
Werke näher untersuchte individuell erworbene Engrammschatz; das Studium des ererbten Engrammliegenden
schatzes hat uns hier nicht beschäftigt.
Wir haben gesehen,
daß der individuell erworbene Engrammschatz gebildet wird von den kontinuierlich aneinandergereihten simultanen En-
grammkomplexen. Entstanden nach der im ersten Hauptsatz aufgestellten Regel bildet jeder dieser Simultankomplexe in
gewissem Sinne eine zusammenhängende Einheit. ist
die
aus
verschiedenartigen Komponenten
zum
einen Teil die hiuterlasseuen Spuren
erregungen,
Jeder
sind.
zum anderen
Teil von
Simultankomplex,
Dieselbe
zusammengewirkt, von Original-
mnemischen Erregungen
den
wir
bildlich
als
eine
»Schicht« des Engrammschatzes bezeichnen können, schließt sich
kontinuierlich
an
die
unmittelbar
Schicht an, und ebenso verhält sich
ihm gebildete
vor
ihm gegenüber
jüngere Schicht des Engrammschatzes.
die nächst
Infolge der ununter-
brochen fortschreitenden Bildung der Schichten stoßen die
Komponenten der einen Schicht unmittelbar an älteren
Teil
und der nächstjüngeren.
die der nächst-
Ein nicht unbeträchtlicher
der Komponenten setzt sich aber unverändert von der
einen Schicht in
die
teren Nachfolger fort,
folgende,
und
abgeschwächter Gestaltung, günstigt,
eventuell auch in
diese Fortsetzung,
die wei-
allerdings in
wird noch weiter dadurch be-
daß jede Originalerregung den auslösenden Reiz
Auf
in
ihrer akoluthen
Phase erheblich überdauert.
gelang es uns,
die sukzessive Assoziation auf die simultane
zurückzuführen.
ohne Ausnahme
dieser Basis
Die Assoziation zweier Engramme
ist
also
das Ergebnis der gleichzeitigen Anwesenheit
ihrer »Aszendenten« in
demselben simultanen Erregungskom-
Vereinfachung und Vereinheitlichung.
plex; die einzige Grundform der Assoziation tanassoziatiou,
und
die Sukzessivassoziation
375
ist
ist
somit Simul-
nur eine Unter-
art derselben.
Aus besonderen Eigenschaften des
individuell erv^orbenen
Eugrammschatzes, sein durch die zyklischen Zirkulations-,
Atmungs- und Stoffwechselprozesse geschaffenes Grundmuster, dessen Vorhandensein
Hauptsatz erklärt, aller
wiederum aus unserem ersten
aus
gewissen Eigentümlichkeiten
organischer Abläufe
zyklischer
ferner die
sich
sowie
ergab
Lösung der wichtigen Frage, warum
Abläufe als solche nicht umkehren lassen. dieser Eichtuug
Bedeutung ich
und auf
sich
uns dann
sich
mnemische
Auf Näheres
die sonstigen Eigenschaften
des individuell erworbenen
hier nicht noch einmal
ein.
und
in
die
Engrammschatzes gehe
Es lag mir nur daran,
großen Zügen zu zeigen, wie sich die Mehrzahl
aller
in
mne-
mischen Vorgänge sowohl in ihren Hauptgesetzmäßigkeiten als
auch in ihren spezielleren Eigentümlichkeiten in höchst ein-
facher und selbstverständlicher Weise aus
dem von uns
in
den
Vordergrund gestellten und durch unsere beiden Hauptsätze zum
Ausdruck gebrachten mnemischen Grundprinzip ableiten
Nur auf eine den individuellen Engrammsschatz Frage möchte
ich
lassen.
betreffende
noch mit einigen Worten eingehen:
Lokalisation in der reizbaren Substanz des Organismus. ich
seine
Wie
an verschiedenen Stellen der »Mneme« und in anderen
Veröffentlichungen hervorgehoben habe, können wir über die speziellere Beschaffenheit der Veränderung, die die
nach ihrem Ablauf
in Gestalt
Erregung
einer veränderten Disposition,
des »Engramms«, zurückläßt, keine näheren, wissenschaftlich
begründeten Angaben machen.
gramm
definiert
habe
Wenn
ich übrigens das En-
als eine bleibende aber bis zur näch-
sten Ekphorie latente Veränderung, die der
energetische
Schluß.
376
Vorgang der Erregung zurückläßt,
80
reizbaren Substanz
der
in
damit bereits ausgesprochen, daß unter
ist
dieser Veränderung der >Substanz« eine
substanzielle oder
materielle Veränderung zu verstehen
Wesen
über das nicht
Mehr aber
ist.
dieser Veränderung auszusagen
vermag
ich
und bin der Ansicht, daß der Wissenschaft wenig damit
gedient
ist,
wenn man,
Umlagerungen
Boden der Erfahrung
um
stellen zu können.
bei einer
ist
Aussage
ist,
es sich dabei
um materielle Veränderungen
Veränderung der organischen Substanz glaube
Ich
selbstverständlich.
Richtige
Daß
physikalische oder chemische oder physikalisch-
chemische mit einem Wort handelt,
kleinster Teile er-
Hypothesen auf einen irgendwie festeren
geht, ohne derartige
entweder
Unvermögen einzugestehen,
statt dieses
sich in Spekulationen über
Kenntnis
turveränderung erschöpft
daß
das
es
einzig
daß mit dieser allgemeinsten
bekennen,
zu
bis jetzt unsere
aber,
vom Wesen
dieser Struk-
ist.
Diesen meinen Standpunkt, der einfach der Standpunkt vorsichtiger Zurückhaltung ich möchte fast sagen,
selben glaubt mich
haben einige meiner Kritiker,
ist,
grausam mißverstanden.
Einer der-
daraufhin vitalistischer Tendenzen über-
führen zu können, obwohl ich den Vitalismus stets für den größten Rückschritt gehalten habe, in den das naturwissenschaftliche
Denken
verfallen kann,
und mich
auf das bestimmteste ausgesprochen habe. geständnis,
man
dem keineswegs entfernt, die
sei zur Zeit
als
in
diesem Sinne
Wenn
noch außerordentlich
unerreichbar anzusehenden
das ZuAveit
von
»Endziel
Lebenserscheinungen in allen ihren uns entgegen-
tretenden Äußerungen auf rein physikalisch-chemischer Grundlage beschreiben zu können« \ i
Mnerae.
2. Aufl.,
S. 385.
wenn
dieses Zugeständnis mit
Vereinfachung und Vereinheitlichung.
dann würde
Vitalismiis gleichbedeutend wäre,
als sie tatsächlich
ist.
Dann würde man überhaupt
wissenschaftlichem Sinne
schäftigenden Forscher es
letztere Richtung-
mehr Existenzberechtigung haben und weit harmloser
viel
in
377
dürfte
dieses Zugeständnis
der
Ding
loses
ist
bezeichnen müssen; denn
AVeit keiner zu
nicht machte.
weder der
ältere
Aber
noch der
Wenn
wieder aufgelebte Vitalismus. zeichnung
den Lebensvorgängen be-
mit
als Vitalisten
wohl auf der ganzen
in
soll,
so
kann
finden sein,
ein
so
harm-
unseren Tagen
diesem Wort
einer wissenschaftlichen Richtung
Sinn innewohnen
sein,
alle sich
als
Be-
überhaupt ein
es doch nur der sein,
daß
in
den Lebensprozessen ein gewisses Etwas, ein vitaler Rest, kurz das Mysterium der Lebenskraft stecke, das sich auf
Geschehen überhaupt und von ihm dem Wesen,
ein physikalisch-chemisches
nicht zurückführen lasse
nicht bloß der Komplikation nach verschieden Ein anderer Kritiker
will,
weil ich jede Diskussion über
hypothetische Umlagerungen kleinster Teile ablehne,
Anschauungen
als
»unvorstellbar«
scheint mir grade so,
als ob
sei.
zurückweisen.
jemand
meine
Dies er-
die Forschungsergeb-
der Muskelphysiologie zurückweisen würde, weil ihm
nisse
eine plausible Erklärung für das
Zustandekommen des Grund-
phänomens, der Muskelkontraktion, bisher noch nicht gegeben oder als ob jemand sich weigert,
ist,
die
Schwere
als ein
wissenschaftlich verwertbares Prinzip anzuerkennen, Aveil er sich
nicht »vorstellen« könne,
wie denn nun die Attraktion
der Körper zustande käme. Ich
wäre sehr wohl imstande, irgendein Schema nach
dem Muster dann
des Determinantenschemas zu ersinnen,
die ihrerseits in naiver
Substanzpartikelchen
in
das
Weise abgegrenzten, zu winzigen
schematisierten
Engramme
hineinge-
Schluß.
378 packt werden könnten.
entgegenkommen, solchen wird,
Schema
und
deren
ich vielleicht denjenigen
verlangt und
durch ein
einem
nach
Kausalitätsbedürfnis
solches befriedigt
die sich nicht dazu verstehen, eine derartige offen zu lassen.
vorläufig
vom Wesen
Frage
Ich habe eine andere Auffassung
der induktiven Forschung und messe einem ein-
Fragezeichen
fachen
Damit würde
Konstruktionen,
bei
einen höheren
Wert
bei
als
solchen
denen die Vorstellbarkeit auf Schein-
vorstellungen beruht.
mich
Statt
habe ich aber
mit
Molekularhypothesen
bereits in der
Seite des Engrammschatzes,
zu
beschäftigen,
»Mneme« einer
strukturellen
seiner Lokalisation,
meine be-
sondere Aufmerksamkeit zugewendet, und habe in bezug auf
den individuell erworbenen Eugrammschatz die Befunde erörtert,
aus denen zweifellos hervorgeht, »daß im menschlichen
Organismus ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis besteht zwischen räumlich
abgrenzbaren Teilen
und dem Vorhandensein oder keit der
Großhirnrinde
vielleicht richtiger der Möglich-
Ekphorie von gewissen individuell erworbenen En-
grammen«!.
dem
der
Dieser Untersuchung habe ich
ebendort unter
graduelle Lokalisation der individuell erworbenen
Titel:
Engramme,
einen
längeren Abschnitt des fünften Kapitels
gewidmet und bin dabei zu der Aufstellung einer besonderen
Form von Lokalisation gelangt, Werke als topogene bezeichnet eine graduelle
Im Laufe nun noch
die
ich
im vorliegenden
habe, und die, wie gesagt,
ist.
der jetzt vorliegenden Untersuchung haben wir
ein zweites Prinzip
kennen
gelernt,
das für. die
Lokalisatiou des Engrammschatzes von Bedeutung
ist.
haben diese Lokalisation im Gegensatz zur topogenen 1
Mneme,
2.
Aufl., 1908, S. 159.
Wir als
Vereinfachung und Vereinheitlichung.
chronogene
379
bezeichnet und ihr Vorhandensein erstens aus
der ganzen Beschaffenheit
des
individuell
erworbenen En-
grammschatzes, zweitens aber auch aus gewissen Tatsachen der Pathologie des Gedächtnisses erschlossen stehen wir
vor
also
die vorläufig wenigstens
dern zu geführt
nicht zu
einer Komplikation
haben.
Ich gebe
(S. 282).
Hier
unserer Untersuchungen,
Ergebnissen
einer Vereinfachung, son-
des sie betreffenden Problems
dies
unumwunden
Ob aber
zu.
im Augenblick hervortretende Komplikation nicht eine
die
neue Handhabe
bietet,
um
tiefer in
das bisher noch niemals
von diesem umfassenderen Standpunkt aus behandelte Lokalisationsproblem einzudringen,
das kann
nur eine weitere,
von diesen neuen Gesichtspunkten ausgehende Untersuchung lehren.
Bei dieser Gelegenheit
sei
auch noch an die wichtige
Vereinfachung erinnert, die sich für die Engraphie der zahlreichen gleichzeitigen Erregungen daraus ergibt, daß bei Ho-
mophonie, Differentialbildung, Kontrastversärkung, Abschwächung, Mischung der verschiedenen Erregungen nur immer die jeweiligen
Resultanten des komplizierten energetischen
Wechselspiels eine engraphische Wirkung ausüben
(vgl.
S.337).
Die obige Übersicht hat gezeigt, daß wir die Grundzüge Lehre
der
von den mnemischen Empfindungen ohne Zu-
ziehung von Hilfsannahmen in einfacher und widerspruchsloser
die
Weise aus einer Grundgesetzlichkeit entwickeln können,
wir in Gestalt der beiden zusammengehörigen mnemi-
schen Hauptsätze,
des
Satzes
phorie formuliert haben. nicht
allein
und der Ek-
der Engraphie
Ein Hauptproblem
läßt
von dieser Grundlage aus lösen,
dazu ein noch weiteres Ausgreifen erforderlich:
sich aber
vielmehr es
ist
ist
das
Problem der Homophonie.
Den
Begriff der
mnemischen Homophonie habe
ich be-
Schluß.
380
»Mneme«
und ausführlich sowohl ana-
reits in
der
lytisch
wie synthetisch behandelt.
aufgestellt
Der Überzeugung, daß
diese Behandlung noch keine hinreichend erschöpfende war,
verdankt das vorliegende
Werk zum
Teil seine Entstehung.
Ich habe nämlich inzwischen erkannt, daß der Wirkungskreis der
Homophonie über das mnemische Gebiet
hinausragt,
daß eine Homophonie nicht nur zwischen mnemischen Empfindungen unter
sowie auch zwischen mnemischen und origi-
sich,
nalen Empfindungen stattfinden kann, ein Ergebnis, zu ich schon in der
dem
»Mneme« gelangt bin, sondern daß auch Homo-
phonie zwischen Originalempfindungen unter sich vorkommt.
Um
einen vollständigen Überblick über das Gesamtproblem
zu erhalten,
war
also die
Gewinnung
deren Standpunkts notwendig.
Tatsache teils
des
eines noch
umfassen-
Indem wir zunächst von der
Nebeneinanders
zahlreicher
teils
originaler,
mnemischer Komponenten eines simultanen Empfindungs-
komplexes ausgingen, wurden wir auf den Begriff der Empfindungsfelder geführt.
Damit war eine
prinzipielle Erweite-
rung unserer Raumvorstellungen, eine Ausdehnung zwar nicht des engeren Raumbegriffs, aber dessen,
dungsgebiet zugrunde
liegt,
Wir fanden nämlich, daß
auf
alle
alle
was ihm im Empfin-
Sinnesgebiete gegeben.
Empfindungen, nicht nur die
Tast- und Gesichtsempfindungen, in gewissem Sinne räumlich
determiniert
mit
der
und daß diese Determination genetisch
sind,
Reizpforte,
von der aus die betreffenden Empfin-
dungen ausgelöst werden, zusammenhängt. Ich habe dies so ausgedrückt, daß jede Empfindung, auch
jede Tonempfindung und Geruchsempfindung, in einem beFreilich
vermögen wir
Felder der verschiedeneu
Empfindungs-
stimmten Empfindungsfeld erscheint. die
verschiedenen
modalitäten
nicht
durchweg miteinander
in
Beziehung
zu
Vereinfaehnng und Vereinheitlichung.
Während wir imstande
setzen.
den
zwischen
äußeren
Feldern
sind,
Zusammenhang
einen
des Gesichtssinns
und inneren Tastsinns
381
mit
denen
Grundlage das aufbauen, was wir gemeiniglich
dieser
»Raum« bezeichnen, befinden einander und von jenem
»Gemeinraum«
Originalempfinduug lösung;
dem
dem
mnemische Empfindung
deren hinterlassenem
Engramm
Aus der Verteilung in
eine
aller
auf-
Auslösung ihrer originalen
das heißt derjenigen Originalempfindung,
Vorläuferin,
komplexes
eine
Reizpforte der
die
in
durch die Reizpforte ihrer Aus-
auftritt,
dasjenige, in
durch
in unter-
^
abgesperrten Be-
Bestimmt wird das Empfindungsfeld,
zirken.
als
Ton- und
sich die Felder der
der inspiratorisch ausgelösten Geruchsempfindungen
tritt,
des
und wir auf
herzustellen,
sie
ekphoriert worden
aus
ist.
Empfindungen eines Simultan-
Empfindungsfeldern ergeben sich einerseits die
Tatsachen des Nebeneinanders, andrerseits die der Homophonie der originalen wie der mnemischen Empfindungen. Für
muß
den spezielleren Nachweis dieser Ableitungen
auf die
Ausführungen des vorangegangenen Textes hingewiesen wer-
Nur
den.
will ich hier
die
Ableitung der Grundlehren der Homophonie
noch in ihren allgemeinsten Umrissen wiedergeben.
Homophonie liche
entsteht
Empfindungen
dasselbe
immer dann, wenn ihrem
qualitativ ähn-
simultanen
Auftreten
auf
Empfinduugsfeld angewiesen sind.
Es kann
sich
bei diesem
bei
Zusammentreten einmal bloß
anderes Mal bloß
um
mnemische, ein
um
drittes
originale,
Mal
Beteiligung von beiderlei Erapfindungsarten handeln. tativ
ähnliche Empfindungen fast
schiedenheiten besitzen, so 1
Bei den mit
kommt
immer auch eine
ein
um eine Da quali-
kleine
Ver-
vollkommene Deckung
dem >topochemi8chen Sinn«
Insekten verhält sich dies wohl sicher anders.
Foreis ausgestatteten Vgl. oben S. 46.
382
Schluß.
und damit eine eigentliche Homophonie nur innerhalb der wirklich übereinstimmenden
dabei
Komponenten zustande.
Verschiedenheiten
die
Komponentengruppen differenzierende
was
ignoriert, so entsteht das,
entsteht »differenzierende
oder
ich »nicht
Werden
Homophonie« genannt habe.
gleichen Komponenten dagegen in
Werden
Komponenten
gewisser
die un-
Opposition gebracht,
Homophonie«.
Ein Ergebnis der nicht differenzierenden Homophonie die Abstraktion durch
so
Homophonie
von mir
(früher
ist
phy-
als
siologische Abstraktion bezeichnet), in welcher wir die erste
Stufe der Abstraktion überhaupt erblicken,
eine Stufe^
die
schon von vielen etwas höher organisierten Tieren erreicht wird.
Werden
die ungleichen
Komponenten zweier
phoner Empfindungskomplexe
oder
auch zwei
nur
in Opposition
um
wobei
sich
es
eine Opposition von je zwei, nie von
handelt, so
Als
tialen.
gebracht,
kommt
homo-
im übrigen
Komplexe
gleiche, aber in ihrer »Intensität« verschiedene
Ganzes
sonst
als
aber immer
mehr Gruppen
es zur Bildung von Empfindungsdifferen-
Empfindungsdifferentiale
von Originalempfindungen entstehen
so
Homophonie
der
bei
die
differentiale des stereoskopischen Tiefensehens
Empfindungs-
und der bino-
kularen Abblendungsempfindung. Ein Empfindungsdifferential, das sich nicht auf die Opposition einzelner verschiedenartiger
Komponenten, sondern gleicher zieht,
auf
eine
Opposition
Tonempfindungen in bezug auf ihre
zweier
»Intensität« be-
manifestiert sich durch die Empfindung
richtung.
Erfolgt
sonst
der Schall-
Homophonie und Opposition zwischen
ori-
ginalen und mnemischen oder auch ausschließlich zwischen
mnemischen Komplexen, differentiale
empfindens.
resultieren
die
Empfindungs-
des Wiedererkennens sowie
des
Unterschieds-
so
Auf der Feinheit des Unterschiedsempfindens
Vereinfachung und Vereinheitlichung.
383
bei Homophonie beruht vorwiegend die Überlegenheit der
phonen Vergleichung über Für
ein
noch
tieferes
im Nebeneinander.
die Vergleichung
Eindringen in die Art und Weise
der Empfindungsdifferentiale wird meiner An-
der Bildung
nach eine auf neue Experimente
sicht
homo-
basierte,
eine noch viel umfassendere Behandlung der
überhaupt
Phänomene des
erforderlich sein, als wir ihnen hier, bei aller
Wettstreits
Aufmerksamkeit, die wir ihnen geschenkt haben, Unter den
den lassen konnten.
in dieser
zuteil
Richtung bereits
erreichten Resultaten scheint mir besonders wichtig der Teil auf
wer-
zum
Grund der Forelschen Beobachtungen und Schluß-
folgerungen
(vgl. S.
349) geführte Nachweis, daß ein genau
ebenso typischer Wettstreit zwischen einer mnemischen und einer originalen
Empfindung (bzw. zwischen zwei mnemischen
Empfindungen)
eintritt
dungen, wenn
wie
zwischen
zwei
Originalempfin-
beide bei hinreichender Verschiedenheit auf
dasselbe Empfindungsfeld angewiesen sind. tigen Feststellung
Von
dieser wich-
und überhaupt dem Thema des notwen-
digen und des fakultativen gegenseitigen Ausschlusses zweier gleichzeitiger
Empfindungen wurden wir dann auf das Gebiet
der Alternativen geführt.
Die Frage nach dem Bau und der Entstehung der nativ ekphorierbaren Dichotomien
ist
auf
dem
alter-
Gebiet des
ererbten Engrammschatzes von fundamentaler Bedeutung für viele
Hauptfragen der Vererbungslehre.
liefert
Ihre Beantwortung
uns erst den Schlüssel zum Verständnis der Resultate
von Paarung und Kreuzung, für die Verteilung oder Mischung der Merkmale, für die richtige Auffassung der Mendelschen
Regeln,
des
Atavismus
diese Alternativen
Mneme
behandelt.
usw.
Dementsprechend habe ich
ausführlich im
12.
und
13. Kapitel der
Einfacher gestalten sich diese Fragen,
Schluß.
384
wenn man
sich bei ihrer
Untersuchung auf den individuell
erworbenen Engrammschatz beschränkt, und dementsprechend konnten wir
im vorliegenden Werk
sie
kürzer behan-
viel
Die Ergebnisse dieser unserer Behandlung gliedern
deln.
harmonisch an und liefern sehr willkommene Ergän-
sich
zungen und Erläuterungen zu den auf dem Gebiet der
Mneme
erbten
er-
erreichten Resultaten.
Durch eine derartige Durcharbeitung des Homophonie-
und des mit ihm
in enger
Beziehung stehenden Wettstreit-
problems scheinen mir sehr viele bisher zusammenhanglose Tatsachen und Gruppen von Tatsachen unter einen einheitlichen Gesichtspunkt
gebracht.
Wir sehen, wie
vieles
in
den Erscheinungen, die beim binokularen Sehen, dem diotischen Hören,
dem Riechen
Regio olfactoria,
mit größereu Abschnitten
beim Wiedererkennen
der
und Unterschieds-
empfindeu, bei der Reproduktion wiederholter Eindrücke hervortreten, Gesetzt-
gemeinsamen Gesetzen
lassen
sich
unterworfen
ohne weiteres
aus
dem
Diese
ist.
allen
diesen
Erscheinungen gemeinsamen Vorgang der Homophonie, es
sei
der nicht differenzierenden, sei es der differenzierenden,
die zur Bildung von Empfindungsdifferentialen führt, ableiten.
Im
einzelnen sind ja einige dieser Gesetze bald bei dieser,
bald bei jener Erscheinungsgruppe bereits studiert worden,
am
tiefgründigsten auf
Aber
dem Gebiet
des binokularen Sehens.
selbst auf diesem Gebiet ist ein Verständnis der gegen-
seitigen Beeinflussung der beiden
homophonen Originalemp-
findungen erst bei einem vollen Einblick in das
Homophonievorgangs möglich, und noch für
die anderen
für
die
in
viel
gilt dies
Frage kommenden Sinnesgebiete, sowie originalen
Emp-
und von mnemischen Empfindungen unter
sich.
Homophonie von mnemischen mit
findungen
Wesen des
mehr
Vereinfachung: und Vereinheitlichung.
diesem
Erst auf
Wege
des Wiedererkennen^
zum
völlig
,
erofiuet
dem
auf
ein volles Verständnis
sich
ersten aber no'.h nicht
die
im
Ziele führenden Schritte
-;85
Streit der
Meinungen
von Höffding und Lehmeann getan worder sind, ferner des Unterschiedsemptindens und vor allem auch der Bedeutui: j der
Wiederholungen für die Leistungen des Gedächtnisses, über die
man ohne
Verständnis
des Homophoriey
Kegel
der
unter
an-
kommen kann und die mau sich in dem nachweislich falschen Bi'de eines
möglich zur Klarheit
,
»Ausschleifens der Bahnen« zu veranschaulichen gesucht hat.
Durch das eingehende Studium der Homophonl^'erscheinungen sind wir daß die
schließlich
»Intensität-
einer
noch zu dem Resultat gelangt,
Empfindung von
ihrer Ivelhaftig-
keit oder Vividität auf das bestimmteste zu trennen
können Hand
Eigenschaften
aber keineswegs.
wir
in
ist.
Beide
Hand gehen, brauchen
es
Unter Intensität im engeren Sinne haben
die Eigenschaft
der Empfindungen verstanden,
einem bestimmten Verhältnis mit der Reizgröße also die Helligkeitsgrade auf
dem
die in
wechselt,
optischen, die Tonstärken
auf dem akustischen Gebiet, die Stärke eines Drucks, die Heftigkeit eines Schmerzes, die Konzentration eines Geruchs
oder Geschmacks. betrifft
nicht
Auch
die Lebhaftigkeit der
deren extensive Seite,
sondern
Empfindungen
kann
dieser,
mit der Intensität im engeren Sinne zusammen, gegenübergestellt
Von
werden.
letzterer
kann
sie aber,
wie mir jeder
aus seiner eigenen Erfahrung bestätigen wird, in vielen Fällen
und muß
sie,
wie die Ergebnisse unserer Studien gelehrt
haben, prinzipiell unterschieden werden
i.
Erst durch diese bewußte Sonderung der beiden BegriflTe 1
Dem
Ausspruch, daß neben der Intensität einer Empfindung auch begegnet man hier und
ihre Lebhaftigkeit eine gewisse Rolle spiele,
Semon, Mneme.
II.
25
Schluß.
386 wird
man
sich über wesentliche Eigentümlichkeiten
bei der
Manifestation homophoner Vorgänge, beim binokularen Sehen,
beim diotischen Hören, beim Riechen, sowie über die Bedeutung Die homo-
der Wiederholungen für die Reproduktion klar.
phone Empfindungsdeckung Steigerung
der
Vividität,
ist
eben mit einer beträchtlichen
dagegen keiner oder einer nur
minimalen Steigerung der Intensität verbunden.
Die Untersuchung der Vividität von der Erregungsseite aus
und den diesbezüglichen Vergleich mit der Intensität im engeren Sinne haben wir
Wie wir
sahen,
Erregung
in
in
der vorliegenden Arbeit
kann man
nur
gestreift.
die Empfindungsmanifestation einer
bezug auf ihre Vividität dadurch steigern, daß
mau mehrere Erregungen homophon zusammenwirken läßt. Und zweitens dadurch, daß von der für den ganzen jeweiligen Simultankomplex verfügbaren Vividität die Hauptsumme auf einen bestimmten Teil des Nebeneinanders, auf einige wenige
Empfindungsfelder konzentriert wird.
Wir bezeichnen
von der Empfindungsseite her betrachtet, Aufmerksamkeit.
In
beiden
erwähnten
als
dies,
Wirkung der
Fällen
findet
bei
dieser Vividitätssteigerung keine oder doch keine nennens-
werte Steigerung der Intensität
statt.
Wichtig für den Vergleich der Vividität und
im engeren Sinne von der Erregungsseite aus
Intensität
ist
endlich
noch die Tatsache, daß die Vollkommenheit der Engraphie wesentlich nur von der Vividität und nicht oder doch nur in
ganz sekundärer Weise von der eigentlichen Intensität der Erregungen abhängt.
Ein noch tieferes Eindringen in
alle
diese wichtigen Fragen behalte ich mir für weitere Untermeine Kenntnisse reichen, hingeworfene Bemerkung und ohne alle Feststellung und genauere Prüfung der eine solche Unterscheidung erfordernden und begründenden Tatsachen.
da
in der psychologischen Literatur; soweit
aber immer nur
als
Vereinfachung und Vereinheitlichung.
suchungen
Der Ausbau des
vor.
387
so außerordentlich ausge-
dehnten Gebiets kann eben nur allmählich erfolgen.
Die sinngemäße Unterscheidung der Intensität im engeren Sinne und der Vividität und die Auffassung der letzteren als
Empfindungen
eine selbständige Eigenschaft der
mchtig durch
Würdigung
für die die
sich
die
ferner
ist
der charakteristischen Merkmale,
Empfindungen
mnemischen
den
von
Originalempfindungen, als unmittelbare Bewußtseinsvorgänge
Die Hauptverschiedenheit der bei-
betrachtet, unterscheiden.
den Empfindungsarten beruht auf ihrer
der Regel
in
nicht aber Intensität.
verschiedenen Vividität,
greifendes Unterscheidungsmerkmal
ist
sehr
Ein durch-
dies aber nicht;
solches fehlt, wie wir gesehen haben, überhaupt,
von der verschiedenen Genese absieht und nur
ein
wenn man
die unmittelbar
im Bewußtsein wahrgenommenen Eigenschaften der Empfin-
dungen
selbst vergleicht.
Vielfach wird als charakteristischer Unterschied zwischen
mnemischen und originalen Empfindungen außer der geringeren Deutlichkeit, wie wir sagen Vividität, der ersteren auch ihre
größere
Flüchtigkeit
Diese
angegeben.
Aussage
ist
zwar
nicht direkt unrichtig, aber sie stellt den Sachverhalt in einem
schiefen Lichte dar.
Daß
eine so
wie die mnemische es in der Regel
wenig vivide Empfindung,
ist,
leichter unter das
des Oberbewußtseins untertaucht, eher im Mitbewerb
Aufmerksamkeit unterliegt in der
Natur der Sache.
kein charakteristisches
dungen.
Dieselben
Niveau
um
als eine Originalempfindung,
»Flüchtigkeit«
ist
die liegt
aber im übrigen
Merkmal der mnemischen Empfin-
sind
nämlich an sich
genau so lange
dauernd wie diejenigen Originalempfindungen bzw. -erregungen, durch
die
sie
engraphisch vorbereitet sind.
Dies lehrt die
mnemische Reproduktion jedes beliebigen Musikstücks. 25*
Cha-
Schluß.
388
rakteristisch für die innemischen
daß
sondern daß
flüchtig,
sie
früherer Reize determiniert
Empfindungen
durch die Dauer
sie zeitlich
sind,
also nicht,
ist
während
Dauer der
die
Originalempfindungen von der Dauer gleichzeitiger Reize Bezüglich des Näheren über dieses sowie über die
abhängt.
proportionale Veränderbarkeit mnemischer Empfindungen
und
über die Möglichkeit ihrer Reproduktion in den absoluten Werten ihrer originalen
stäbe
muß
Ich
»Aszendenten« auf Grund mitfixierter Maß-
auf den vorangegangenen Text verwiesen werden.
damit
schließe
tungen,
in
zeigen, wie
deren
diese
zusammenfassenden Betrach-
erster Hälfte
ich
mich bemüht habe zu
im Lichte des mnemischen,
in
den beiden Haupt-
sätzen ausgedrückten Grundgesetzes, unsere Auffassung der
mnemischen Phänomene wesentlich vereinfacht und vereinDie zweite Hälfte unserer Übersicht war dem
heitlicht wird.
Nachweis
gewidmet,
daß
die
Durchführung
konsequente
unserer Methoden zu einer vereinfachten Auffjissung der Grund-
phänomene des Empfindungslebens überhaupt gestattet,
nicht
nur
die
führt
und
es
originalen Empfindungen der ver-
schiedensten Sinnesgebiete, sondern auch originale und mne-
mische Empfindungen zusammen nach durchaus einheitlichen Gesichtspunkten aufzufassen und zu behandeln. Sollte
ich
mich
darin
nicht
täuschen,
so
würde
dies
einen Fortschritt bedeuten und damit bewiesen sein, daß die in
der
»Mueme« eingeschlagenen Gedankengänge
sich
beim
praktischen Gebrauch in einem speziellen Wissensgebiet als fruchtbar erwiesen haben.
Gleichzeitig liätteu wir dann aber
durch die vorliegenden Untersuchungen die Instrumente ver-
vollkommnet und geschärft, die uns bei der Fortführung der uns gestellten Aufgabe zu dienen haben werden.
Sachregister. Abblassung (der mnemischen EmpAbblenduugsempfinduug
110, 382.
Homophonie,
(durch
früher von mir physiologische
Abstraktion genannt 308. 382. Adaptation 90. Ahnlichkeitsassoziatiou 183, 317.
Akoluthe Phase 26. 117, 127, 130. Akoluthe Reizwirkungen 115. Alternativen 340, 353, 359, 383.
Amnesie, retrograde 285. Analyse (der Empfindungskomplexe; 15.
Anklingen
Farbenmischung
72,
304.
Gemälde
Böcklinsches
Abstrakte Bilder 305. Abstraktion
Berührungsassoziatiou 317.
Binokulare
tindiing) 148.
Bei-
(als
Ho-
spiel einer ditferenzierenden
mophonie) 311. Briefmarkenexperiment
83,
302,
304.
Brustregister 54.
Capri (Beispiel) 175, 193, 201. Cardanus (Phautasiebilder) 224. Chronogene Ekphorie 190, 373. Chronogene Lokalisation 282, 379. Cortisches Organ 40, 61, 62.
115.
Assimilation
nach
Wundt)
157
372;
der
Anui. 152.
Assoziation
196,
Ähnlichkeit 183, 372; des Kontrasts 187;
kombinatorische 165;
JDauer (von Empfindungen) 244. Dichotomien (alternativ ekphorierbare) 353, 383.
Diotisches
Hören
(Vividität)
94,
384.
simultane 176, 185, 195. 197, 373;
Druckpunkte
sukzessive 177, 374.
Dunkeladaptation
35. 90.
Assoziatiousformen 182.
Atmungsemptindungen 210. Aufmerksamkeit 150, 153, 233,
Effektuelle 255,
295. 340, 386.
Ausschleifeu der Bahnen 269, 280,
288 Aum.. 293, 317. 385.
Atavismus
362. 365.
Basilarmembran
61.
Bekanntheitsempfindung 313, 319.
Hemmung
364.
alternative Ekphorie 172, 196; 359; chronogene 190, 373; pha-
sogene 194; simultane 166, 184. Ekphorie (Satz der) 173, 371, 379. Ekphorische Wertigkeit 198. Elementarempfinduugen 15. Empiristen 50. Empfänglichkeit, engi-aphische 296.
;
390
Sachregister.
Empfindung
nmemische
5;
19; ori-
ginale 19; riinmliche Kontinui-
Geruchssinn 31, 42, 64, 72 Kompensationen 74; Lokalisationen ;
73; spezifische Energie 73
tät 76.
Empfindungsdeckung
98.
Empfindungsdifferential 101, 310,
Geschmackssinn 31, 36, Kompensationen 74.
Anm. 65:
48,
Gesichtsfeld 58.
382.
Empfinduugsfeld öS, 380. Empfindungskomplex, Analyse 14 Teilnngsprinzip 28.
Energetische
Resultante
(engra-
phischer Wirkungen) 337.
Engramm
Gesichtssinn 37, 62.
Goethe (Phautasiebilder) 224. Goethesches Gedicht (als Beispiel einer Alternative) 355.
Gruithuisen (angebliche
Bewegung
Traumbilds bei Augenbewegung) 235. Grundgesetz (mnemisches) 370,379. des
138, 376.
Engramraschatz 159, 374. Engraphie, Satz der 146, 173, 371. 379.
388.
Engraphlsche Empfänglichkeit 296. Engraphische Wirkung 158, 336,
Grundmuster
(des
Engramm-
schatzes) 212, 216, 375.
Gustatorisches Riechen 65.
386.
Erinnerungstäuschuug 319.
Erregung
Halluzination 332, 349.
5.
Hauptsatz, erster mnemischer 146,
Erreguugsdilferential 325.
Ersparnismethode 293.
173,
379;
371,
zweiter mnemi-
scher 174, 371, 379.
Farbenmischung
(binokulare)
72,
344.
Fasten (Steigerung der Vividität mnemischer Empfindungen) 227 232.
Flimmerexperimente
87.
angebliche, mnemi-
Flüchtigkeit,
scher Empfindungen 253, 387.
Fragmentierung
der Repro-
(bei
Hautsinn 35. Herbarts >frei steigende Vorstellungen« 193, 373. Hilfen (Methode der) 294. Höffdingsche Formel 267.
Homophonie 98, 154, 265, 379, Homophoner Vergleich 322,
382. 327,
383.
Hypnose
231.
duktion) 148. Frei steigende Vorstellungen 193.
Ideenflucht 256.
Hlusion 236, 319.
373.
Fremdkreuzung
Instinkt 366.
365.
Intensität,
«efühle 16. Gehörsempfindungen
88; ,
korrespon-
binokulare Steigerung
im engeren Sinne
382, 385; proportionale
238, 245,
Verände-
rung 247.
dierende 92.
Gehörssinn 39, 51, 59.
Gemeinraum Generative
50, 55, 381.
Hemmung
364.
üakifrucht
(Beispiel) 168.
Karton-Ghtsröhre (Experiment) 274.
391
Sachregister.
Körper 5. Körperuhr 248. Komplikation (nach Herbart und Wundt) 157 Anm.
schatz) 207. Oszillieren der akolnthen Empfin-
dungen 119; der Ekphorie
Kontrastassoziation 187.
Konturen
Organempfiudungen, zyklische 210. Orientierungsmarke (im Engramm-
357.
344.
(Parallelismus
Kopfregister 54.
Korrespondierende Empfindungen
9
,
psychophysischer
Anm.
Phantastische Gesichtserscheinun-
71.
gen 223.
Kreislaufsempfindungen 210.
Polarisation liebhaftigkeit einer Empfindungl9.
Lernen (im Ganzen oder in Teilen)
(der
Ekphorie)
199,
202.
Proportionale Veränderung 245. Pyi-ola (Beispiel) 193.
296.
Lokalisation 375
;
cbronogene 282,
379; topogene 282, 378. Lokalzeichen 66.
(Raumsymbolik 53. Raumvorstellungen
iTIarkenexperiment 83, 302, 304.
Regressionsgesetz (von Ribot) 284. Reizpforten 10, 34, 380; des Riech-
Maßstäbe (absolute) 249. Mendelsche Regeln 365. Merkzeichen (der absoluten Werte)
Rembrandtsches Gemälde (Beispiel einer Homophonie) 261.
364.
Mischreaktionen 344, 348, 360, 362, 364.
Mitbewerb (um die
Vividität) 343,
352.
Molekularhypothesen 378. Müller,
J.
organs 85 korrespondierende 83. ;
Reproduktion, ergänzende 236. Resouanztheorie 39, 61.
248.
Metaphase 325. Mischbewegungen
56, 59, 380.
(Phantasiebilder)
Retrograde Amnesie 285. Rhythmus (beim Lernen) 297.
Riechen mit einer oder mit beiden Hälften des Riechorgans 85. Rückläufigkeit, Verhinderung der 213.
223.
Schallrichtungsempfindung
226, 228.
55, 84,
101, 333, 382.
I¥achbild 120, 126; »zentrales« 326.
Schichtung (des Engrammschatzes) 162, 374.
Nativisten 50.
Nebeneinander 33, 380. mnemischer Nichtumkehrbarkeit Abläufe 205, 375. Niveauabfall der Intensität 132.
Schmerzpunkte
35.
Schreibweise (der Formeln für Ho-
mophonie) 266. Schweifen der Gedanken 256.
Niveauhaltung der Intensität 125.
Sehraum
Oberbewußte Empfindungen
Sehsubstanz 79. Simultane Assoziation
139.
Ölgeruch (Beispiel) 175, 193, 201.
50, 59.
195, 197, 373;
176,
185,
Ekphorie 166, 184;
392
Sachregister.
Engrammkomplex regungskomplex duktion 78;
161, 374
207
161,
;
;
Er-
gramms)
In-
293, 317.
Kontrast 78; Rei-
zung 324; Vergleich
324.
Skala 52. Stäbchen und Zapfen 38. Sukzessive Heizung 324.
Anra.,
Unterbewußte Empfindungen 139. Unterscheidung (von originaler und ranemischer Empfindung! 219. 387. 320,
334.
382.
325.
Unvorstellbarkeit 377.
Synchrone Phase 26. S^'uclirone Reizwirkung
Vergleielmng, homophone 262, 322,
26.
327, 383:
Talbotsches Gesetz 72. Tapetenmuster (Beispiel; 28. Tastraum 50, 55, 59. Tastsinn 46, 59, 63 subkutaner Temperaturpunkte 135. Tempo der Abläufe 256. ;
Verteilung
(der
Wiederholungen)
295. 36.
Verwischung der inkongruenten Komponenten) 301. Vitalismus 376. Vividität 19, 222,
Tiefenwahrnehmung 103. 333. 382. Tonemplindungen 39, 51, 59, 64; korrespondierende
im Kontrast 329; von
Intensitäten 330.
Tiefensehschärfe 108.
Tonhöhe Tonraum
288
280.
Unterschiedsempfinden
Sukzessivvergleich 324.
Symphase
269,
Abnahme 93
148,
—96, 386
figkeit der
92.
232,
299;
238, 385;
Steigerung
abhängig von HäuWiederholungen 286. ;
Vorstellung 18.
52. 62. 56.
Topochemischer Sinn der Insekten (nach Forel 42. 46, 381.
Topogeue Lokalisation
Wachstumschicht des Engrammschatzes 208.
282, 378.
Wettstreit 88. 339, 343, 352, 382.
Wiedererkennen 313, Wiederholung 272.
Traumbilder 228. Traumzustand 227.
Wortengramme
Treflfermethode 294.
Typenphotographien 307,
334, 382.
356.
308.
Zeitempfindung 206 Uralagerungserleichterung (als molekulare
Bedeutung
des
En-
Zeitwerte 244.
Zyklische Organempfindungen 210.
Druck von Breitiopf & Härtel in Leipzig.
%
;;
TEBLAO VON WILHELM ENGELMANN
IN
LEIPZIG
::
Vorträge und Aufsätze über
Entwickelungsmechanik der Organismen herausgegeben von
Wilhelm Roux Heft 1
:
Heft 2:
Die Eutwickelnngsmechanik, ein neuer Zweig der biologischen Wissenschaft. Eine Ergänzung zu den Lehrbüchern der Entwickelungsgeschichte und Physiologie der Tiere. Nach einem Vortrag, gehalten in der ersten allgemeinen Sitzung der Versammlung deutscher Naturforscher und Arzte zu Breslau am 19. September 1904 von Wilhelm Eoux. Mit 2 Tafeln und 1 Textfigur, gr. 8. Jl 5.—
Über den chemischen Charakter des Befruchtungsvorganges und
seine
erscheinungen von
Heft 3
:
Bedeutung
für die Theorie der
Jacques Loeb.
Anwendung elementarer Mathematik auf
Lebens-
M — .80
gr. 8.
biologische
Probleme.
Nach Vorlesungen, gehalten an der Wiener Universität im Sommersemester 1907 von Hans Przibram. Mit 6 Figuren im Text. gr. 8. Jl 2.40 Heft 4:
Über umkehrbare Entwickelungsprozesse und ihre Bedeutung für eine Theorie der Tererbung vc Eugen Schultz, gr. 8. Jl -
Heft 5:
Über die zeitlichen Eigenschaften der Entwi ^ TOrgänge von Wolfgang Ostwald. Mit 43 Text und auf 11 Tafeln,
Heft 6:
gr. 8.
Über chemische Beeinflussung der Organ* Vortrag, gehalten am 9. Dezem^
einander.
Naturforschenden
Küster, Heft 7
:
Der
Gesellschaft
zu
Halle
gr. 8.
Bestitutionsreiz.
Eede zur
für experimentelle Zoologie des 7
kongresscs zu Boston von
Han
'
;;
TEBLAG VON WILHELM ENGEtMANN
IN
LEIPZI Qi
Mechanismus und Vitalismus in der Biologie des
neunzehnten Jahrhunder"^
Ein geschichtlicher Versuch
Karl Braeunig Oberarzt im Füs.-Reg. No. 90
Geheftet Jt 2.40
gr. 8.
Über
die Zelle
Nachgelassene Schiift von Nach dem Tode
A.lfred.
Schiaper
des Verfassers herausgegeben
von
Wilhelm Bonx Mit 3 Teitfiguren.
Gr. 8.
Jt
—.60
Von dem verdienten, so früh aus dem Leben geschiedenen Forscher lagcL seinem Tode nur einige Abschnitte der Zellenlehre, '^ie er erst als »Lehrb herauszugeben beabsichtigt hatte, vor. Seinem Wursche entsprechend, hat" Herausgeber, Herr Geheimrat Prof. Dr. Wilhelm Ro .x in Halle a. S., für die, öffentlichling dieser, über die geschichtliche Ent^vicklunp des Zellbegriffes organischen Individulalitätsstufen und über den Bau und die elementarsten Lei ^r'^cheinungen der Zelle, speziell des Protoplasma handelnden Kapitel ges'
lei
geologischen G-rundlagt er Abstammungslehre Gustay Steinmann Diu<Mit 172 Figuren
M — 7.
,
in
2ljj"
im Text
Leinen geb. Ji
*IiVrtel in
Leipzig.
8.-