Alfred-Joachim Hermanni Medienpolitik in den 80er Jahren
Alfred-Joachim Hermanni
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Alfred-Joachim Hermanni Medienpolitik in den 80er Jahren
Alfred-Joachim Hermanni
Medienpolitik in den 80er Jahren Machtpolitische Strategien der Parteien im Zuge der Einführung des dualen Rundfunksystems
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Katrin Emmerich VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Satz: Anke Vogel, Ober-Olm Druck und buchbinderische Verarbeitung: Krips b.v., Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-531-15443-5
Inhaltsverzeichnis
Vorwort .................................................................................................................................. 9 1
Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung ............ 11 1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4 1.2 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.4 1.5 1.5.1 1.5.2 1.5.3 1.5.4 1.5.5 1.6 1.6.1 1.6.2 1.6.3 1.6.4 1.6.4.1 1.6.4.2 1.6.4.3 1.6.4.4 1.6.4.5 1.7 1.7.1 1.7.2 1.7.3 1.7.4 1.7.5 1.7.6 1.7.7
Gegenstand/Fragestellung der Arbeit........................................................... 11 Grundfragestellung und Zielsetzung ............................................................ 11 Hypothesen der Untersuchung ..................................................................... 12 Stellenwert der Arbeit .................................................................................. 14 Theoretischer Ansatz der Arbeit: Macht, Politik und Fernsehen................. 15 Aufbau der Arbeit ........................................................................................ 19 Untersuchungsmethode ................................................................................ 20 Zur Vorgehensweise..................................................................................... 20 Fokussierung auf Volksparteien SPD und CDU/CSU................................. 23 Konzentration auf den Fernsehsektor .......................................................... 25 Quellen und Quellenkritik............................................................................ 25 Kompetenzen des Bundes und der Länder bei der Gestaltung der Rundfunklandschaft ..................................................................................... 27 Gründung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten/Festschreibung der Rundfunkfreiheit .......................................................................................... 27 Fernseh- bzw. Rundfunkurteile des Bundesverfassungsgerichts................. 28 Abstimmungsprozesse zwischen Bund und Ländern .................................. 33 Zuständigkeit für das Rundfunkwesen......................................................... 34 Europäische Medienpolitik/Entwicklung des „Free flow of information“ .. 35 Macht des Fernsehens .................................................................................. 36 Einfluss des Massenmediums Fernsehen..................................................... 36 Fernsehen, Reichweite und Aktualität ......................................................... 40 Macht der Bilder und ihre Glaubwürdigkeit ................................................ 41 Fernsehen und Wahlen................................................................................. 44 Amerikanisierung der Wahlkämpfe ............................................................. 45 Mediatisierung und Pseudoereignisse .......................................................... 45 Personenbezogener Wahlkampf................................................................... 46 TV-Unterhaltung als Transportmittel politischer Information .................... 48 Instrument der Parteiidentifikation .............................................................. 49 Machtpolitik und Fernsehen......................................................................... 52 Rundfunkpolitischer Parteieneinfluss .......................................................... 52 Personalpolitik der Parteien ......................................................................... 54 Programmkritik als Machtinstrument .......................................................... 56 Macht der Ministerpräsidenten .................................................................... 57 Macht der Rundfunkgremien ....................................................................... 57 Macht und neue elektronische Medien ........................................................ 59 Kontrollaufsicht: Medienrat auf Bundesebene ............................................ 60
6
Inhaltsverzeichnis
2
Medienpolitische Programmatiken der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien: vom 1. Januar 1980 bis zum Wechsel der Bundesregierung am 1. Oktober 1982 .......................................................................... 63 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.2
2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 3
Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien nach dem Wechsel der Bundesregierung am 1. Oktober 1982 bis 31. Dezember 1989 .......................................................... 101 3.1 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.3
3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 3.4.5 4
Medienpolitische Positionen der Parteien.................................................... 63 Medienpolitische Positionen der SPD.......................................................... 63 Medienpolitische Positionen der CDU/CSU................................................ 74 Medienpolitische Positionen der F.D.P........................................................ 86 Gegenüberstellung der zentralen medienpolitischen Positionen der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien vor dem Wechsel der Bundesregierung am 1. Oktober 1982 (Matrix).......................................... 92 Zwischenergebnis: Januar 1980 - September 1982...................................... 96 Liberale versus konservative Medienpolitik? .............................................. 96 Bewertung der SPD-Positionen ................................................................... 97 Bewertung der CDU/CSU-Positionen ......................................................... 98 Bewertung der F.D.P.-Positionen ................................................................ 99
Entstehungsgeschichte des Staatsvertrages zur Neuordnung des Rundfunkwesens in Deutschland vom 3. April 1987 ............................... 101 Medienpolitische Positionen der Parteien.................................................. 107 Medienpolitische Positionen der SPD........................................................ 107 Medienpolitische Positionen der CDU/CSU.............................................. 131 Medienpolitische Positionen der F.D.P...................................................... 161 Medienpolitische Positionen der GRÜNEN (seit dem 06. März 1983 im Deutschen Bundestag vertreten) ........................................................... 166 Gegenüberstellung der zentralen medienpolitischen Positionen der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien von Oktober 1982 – Dezember 1989 (Matrix)............................................................................ 174 Zwischenergebnis: Oktober 1982 - Dezember 1989.................................. 176 Konsens auf kleinstem gemeinsamen Nenner?.......................................... 176 Bewertung der SPD-Positionen ................................................................. 180 Bewertung der CDU/CSU-Positionen ....................................................... 182 Bewertung der F.D.P.-Positionen .............................................................. 184 Bewertung der GRÜNEN-Positionen ........................................................ 184
Die Bundeskanzler Helmut Schmidt und Helmut Kohl und ihre Einstellungen dem Fernsehen gegenüber in den 80er Jahren............................. 187 4.1 4.2 4.3 4.4
Schmidt und Kohl und ihr Zugang zum Fernsehen ................................... 187 Schmidt contra Strauß (Bundestagswahl 1980) ......................................... 190 Kohl contra Vogel und Rau (Bundestagswahlen 1983 und 1987)............. 191 Zwischenergebnis....................................................................................... 194
Inhaltsverzeichnis
5
Befragung von Machtinhabern der Medienpolitik in den 80er Jahren ............. 197 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5
6
7
Anliegen der Erhebung .............................................................................. 197 Untersuchungsdesign ................................................................................. 198 Erhebungsmethode..................................................................................... 198 Auswahl und Rekrutierung der Befragten ................................................. 199 Zur Auswertung der Erhebung................................................................... 200
Medienpolitische und ökonomische Auswirkungen auf die Filmund Fernsehindustrie nach dem Wechsel der Bundesregierung am 1. Oktober 1982........................................................................................................ 211 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5
Wettbewerb der Systeme: Programmangebote öffentlich-rechtlicher und privater Fernsehveranstalter ................................................................ 211 Die Fernsehwirtschaft von 1980 bis 1989.................................................. 214 Die Kinofilmwirtschaft von 1980 bis 1989................................................ 217 Arbeitsmarktzahlen zum Fernsehen sowie zu den subsidiären Branchen in den 80er Jahren ...................................................................... 220 Zwischenergebnis....................................................................................... 222
7
Einstellungen der Bevölkerung zum dualen Rundfunksystem in den 80er Jahren ................................................................................................... 225
8
Konklusion: Zusammenfassende Beurteilung machtpolitischer Strategien der Parteien im Zuge der Einführung des dualen Rundfunksystems ................ 229 8.1
8.1.1 8.1.2 8.2 8.2.1 8.2.2 8.3 8.4 8.4.1 8.4.2 8.5 8.6 8.7
Fazit: Positionierung des dualen Rundfunksystems im politischen und historischen Zusammenhang/Ausdifferenzierung der Leitfragen und Hypothesen................................................................................................. 229 Prolog ......................................................................................................... 229 Ausdifferenzierung der Leitfragen............................................................. 230 Machtpolitik und Rundfunkkontrolle......................................................... 235 Machtpolitische Strategien und medienpolitische Ziele ............................ 235 Rundfunkkontrolle und Parteieneinfluss in einer dualen Medienlandschaft ........................................................................... 240 Einfluss der Unionsparteien auf die Politikberichterstattung des Fernsehens ........................................................................................... 241 Meinungsvielfalt und „Free flow of information“ ..................................... 244 Meinungsvielfalt/Wettbewerb der elektronischen Medien statt Rundfunkmonopol...................................................................................... 244 „Free flow of information“ als Netzwerk grenzüberschreitenden Informationsaustauschs .............................................................................. 247 Kontrollaufsicht als künftige Aufgabe einer Regulierung: Medienrat auf Bundesebene....................................................................... 249 Beweisführung für eine Theorie „Follow the party in power“ .................. 251 Entwicklung der Rundfunk- und Kabelkommunikationstechnologien (Stand und Erwartungen) ........................................................................... 254
8
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ...................................................................................................... 257 Abkürzungsverzeichnis..................................................................................................... 259 Glossar: Zentrale Begriffe der Medienpolitik ................................................................ 263 Literatur- und Quellenverzeichnis .................................................................................. 269 Sachverzeichnis.................................................................................................................. 289
Vorwort
Die elektronische Medienlandschaft befindet sich in einem kontinuierlichen markt- und ressourcenorientierten, programminhaltlichen (kulturellen) und technischen Wandel. Forciert wurde diese Entwicklung in den 80er Jahren durch die Einführung des dualen Rundfunksystems in der Bundesrepublik Deutschland sowie durch die Digitalisierung der Videound Fernsehtechniken und durch das Internet. Dem medienpolitischen Einigungsprozess zur Neuordnung des Rundfunkwesens in Deutschland (Staatsvertrag vom 3. April 1987) gingen seinerzeit lange und schwierige Auseinandersetzungen zwischen den Volksparteien SPD und CDU/CSU voraus: Medienpolitik mutierte zur Machtpolitik, wobei hauptsächlich um personelle, programminhaltliche und standortpolitische Einflüsse auf die zukünftige Fernsehlandschaft gerungen wurde. Im Zuge der Einführung des dualen Rundfunksystems wurden Grundfragen der Medienpolitik diskutiert, die heute noch von hoher aktueller Bedeutung sind, z.B.: „Der Einfluss des Massenmediums Fernsehens auf Politik und Parteien“, „Die Parteienferne des Rundfunks“, „Die Macht der Rundfunkgremien“, „Die Kontrollaufsicht über die neuen und grenzüberschreitenden Medien“, „Die Entwicklung der Rundfunkkommunikationstechnologien“, „Der Wettbewerb elektronischer Medien“ und „Die Zuständigkeit Europas bei Medienrechtsfragen“. Einige medienpolitische Kernfragen wurden seit den 80er Jahren gelöst, jedoch stehen noch überfällige Antworten auf bekannte Problemstellungen aus, z.B.: „Die Kontrollaufsicht über die neuen und grenzüberschreitenden Medien“, „Rechtsfragen des Internet“, „Medienwettbewerb und Konzentration“, „Die Parteienferne des Rundfunks“, „Die Fernsehzukunft im Web 3.0“. In diesem Zusammenhang befürchten kundige Beobachter der Rundfunklandschaft, dass die gegenwärtige Politik das Interesse an der elektronischen Medienbranche verloren hat. Zweifelsohne kann konstatiert werden, dass sich Bund und Länder in den 80er Jahren wesentlich intensiver mit den Entwicklungen der Medienbranche auseinandergesetzt haben als es mittlerweile der Fall ist. Vor diesem rundfunkorganisatorisch bedeutsamen Hintergrund soll meine Arbeit Debattenstoff für allfällige medienpolitische Entwicklungen liefern. Das hier vorliegende Werk wäre nicht zustande gekommen, wenn ich nicht breite Unterstützung und Hilfe von Einzelpersonen wie auch von Institutionen erfahren hätte. An erster Stelle sei Herrn Professor Dr. sc. Dieter Wiedemann, Präsident der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ in Potsdam-Babelsberg, herzlichst gedankt, dem ich in vielerlei Hinsicht verpflichtet bin. Er war für mich ein unersetzbarer Ratgeber bei vielerlei wissenschaftlichen Fragestellungen und stand mir mit wertvollen Hinweisen und kritischen Anregungen zur Seite. Des Weiteren gilt mein Dank Frau Professor Dr. Beate Schneider (Hochschule für Musik und Theater Hannover) sowie Herrn Professor Dr. Peter Schiwy (Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer). Ihnen bin ich für das entgegengebrachte Verständnis und die kreativen Diskussionen zu Fragen des Rundfunkrechts äußerst dankbar. Mein besonderer Dank gilt den parteinahen Institutionen „Friedrich-Ebert-Stiftung“, „Konrad-Adenauer-Stiftung“, „Friedrich-Naumann-Stiftung“, „Hanns-Seidel-Stiftung“ und „Archiv Grünes Gedächtnis der Heinrich Böll-Stiftung“. Die genannten Einrichtungen
10
Vorwort
gewährten mir einen uneingeschränkten Zugriff auf größtenteils vertrauliche Daten, die für meine Untersuchung von fundamentaler Bedeutung waren, und erteilten mir bereitwillig über einen längeren Zeitraum Auskünfte. Einen wesentlichen Beitrag zur Positionierung und Vertiefung des Werkes haben ehemalige Spitzenpolitiker von SPD und CDU/CSU geleistet (frühere Bundeskanzler, Ministerpräsidenten, Vorsitzende der Medienausschüsse sowie mit der Medienpolitik unmittelbar befasste Bundesminister der 80er Jahre). In diesem Zusammenhang seien stellvertretend genannt: Ernst Albrecht, Holger Börner, Klaus von Dohnanyi, Björn Engholm, Reinhard Klimmt, Bernd Neumann, Christian Schwarz-Schilling, Edmund Stoiber, Bernhard Vogel, Hans-Jochen Vogel, Dieter Weirich und Friedrich Zimmermann. Sie alle räumten mir im Zuge einer ausführlichen Befragung die Möglichkeit ein, ihre persönlichen medienpolitischen Einstellungen (z.B. zu den Themen „Machtanspruch“ und „Parteifragen“) sowie Sicht- und Vorgehensweisen zu erfassen und auszuwerten.
Bundesminister Christian Schwarz-Schilling (l.) mit A.-J. Hermanni 1987
SPD-Bundesgeschäftsführer Peter Glotz (r.) mit A.-J. Hermanni 1988
Andersartige, ebenso wertvolle Unterstützung habe ich u.a. von kommunikations- und sozialwissenschaftlichen Instituten, Datenbanken, Fachbibliotheken, der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ in Potsdam-Babelsberg, Parteizentralen, Pressedokumentationen, staatlichen Behörden, Verbänden, Zeitungs- und Zeitschriftenarchiven sowie der für Rundfunkfragen zuständigen Staatskanzlei Rheinland-Pfalz erhalten. Hierfür sei allen beteiligten Personen, die zum Gelingen dieses Werkes beigetragen haben, aufrichtig gedankt. Gewidmet sei dieses Werk meinem Sohn Philip-Alexander Hermanni, dem ich von Herzen für seine persönliche und berufliche Zukunft alles Glück dieser Erde und anhaltenden Erfolg wünsche.
Alfred-Joachim Hermanni
München, im März 2008
1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung 1.1 Gegenstand/Fragestellung der Arbeit 1.1.1 Grundfragestellung und Zielsetzung In den 80er Jahren wurde das duale Rundfunksystem1/2 in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Wechsel einer Bundesregierung3 mit der Unterzeichnung des Staatsvertrages zur Neuordnung des Rundfunkwesens in Deutschland vom 03. April 1987 bundeseinheitlich zugelassen und somit rechtlich anerkannt. Dem Einigungsprozess waren lange und schwierige Auseinandersetzungen mit äußerst unterschiedlichen Ausgangspositionen zwischen den politischen Hauptlagern SPD und CDU/CSU vorausgegangen. Was wollten die Parteien bis zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erreichen bzw. verhindern und welche Folgen hatte der Vertragsabschluss? Mein Forschungsanliegen befasst sich mit einer übergeordneten Frage, die bis heute die Politik4, Kontrolleure und Mitarbeiter der Fernsehanstalten sowie die Wissenschaft erörtern: Sind die anvisierten machtpolitischen Strategien und medienpolitischen Ziele der Volksparteien5 im Zuge der Einführung des dualen Rundfunksystems in den 80er Jahren de facto realisiert worden? Im Mittelpunkt der Ausforschung stehen insbesondere die Themen „Meinungsvielfalt/Wettbewerb der elektronischen Medien und Einführung von Rundfunkund Kabelkommunikationstechnologien (CDU/CSU-Positionen)“ contra „Erhaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunkmonopols und Ablehnung von Informations- und Kommunikationstechniken zur Verbreitung privater Fernsehsendungen (SPD-Positionen)“. Das wechselvolle Machtstreben der Konfliktparteien lässt sich anhand der Abb. 1 „Presseschlagzeilen: Medienpolitik zum Fernsehen der 80er Jahre“ konturiert veranschaulichen. Die Arbeit wird sich auf die medienpolitischen Kommunikationsprozesse innerhalb und außerhalb der Parteien und das Genre Fernsehen beschränken, wobei gleichzeitig im Zuge der Grundlagenforschung der kommunikationswissenschaftliche Bereich ausgewertet wird, da dieser unter die umfassendere Begriffsbestimmung fällt (im Sinne übergreifender Kommunikationsmaßnahmen von Staat, Gesellschaft und Medien).6 Während „Medienpolitik“ als der umgangsgebräuchlichere Ausdruck insbesondere von den politischen Organisa1 2
3
4 5 6
Einführung des Zwei-Säulen-Modells, einem geordneten Nebeneinander von öffentlich-rechtlichen und privaten Fernseh- und Hörfunkprogrammen. Unter dem Oberbegriff „Rundfunk“ sind die Kategorien Hörfunk und Fernsehen angesiedelt. An manchen Stellen der Untersuchung lässt sich der Begriff „Rundfunk“ nicht ausschließlich durch „Fernsehen“ ersetzen, weil z.B. in der Gesetzgebung häufig nur der Oberbegriff Erwähnung findet. Die Koalitionsregierung aus SPD und F.D.P. unter BK Helmut Schmidt (SPD) wurde am 01.10.1982 abgelöst im Zuge eines konstruktiven Miss-trauensvotums gegen Schmidt. Der neue BK Helmut Kohl bildete eine Koalition aus CDU/CSU und F.D.P. und strebte umgehend Neuwahlen an. Eine vorgezogene Bundestagswahl fand am 06.03.1983 statt, aus der die christlich-liberale Koalition unter BK Kohl mit deutlicher Mehrheit als Sieger hervorging. In den neuen Bundestag zogen erstmals als Partei DIE GRÜNEN ein. Unter „Politik“ versteht Marcinkowski nach David Easton „die Produktion und Durchsetzung allgemeinverbindlicher Entscheidungen über die Ge-staltung der Gesellschaft“; Marcinkowski, Frank 1989, S. 165. Als Volksparteien gelten SPD und CDU/CSU aufgrund ihrer großen Anzahl von Mitgliedern und ihrem Anspruch, die Interessen aller Bürger berücksichtigen zu wollen. Vgl. Glotz, Peter/Pruys, Karl Hugo 1981, S. 117.
12
Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
tionen und den Medien genutzt wird, zieht die Wissenschaft den Begriff „Kommunikationswissenschaft“ vor (vgl. „Glossar: Zentrale Begriffe der Medienpolitik“). Letzteres lässt sich auch dadurch belegen, dass an den Hochschulen ausschließlich „Institute für Kommunikations- und Medienwissenschaft“ eingerichtet wurden, während vergleichbare Einrichtungen für Medienpolitik fehlen.
1.1.2 Hypothesen der Untersuchung Aufgrund der kausalen Zusammenhänge zwischen den medienpolitischen Programmatiken der Parteien und ihren Entwicklungen können mehrere Vermutungen an das Resultat gestellt werden. Wie nah oder wie fern die Ergebnisse ausfallen, wird sich bei der Vorstellung und Beurteilung der Schlussfolgerungen herausstellen. Bis zum Beweis des Gegenteils lassen sich eine generelle und vier spezifische Hypothesen (abgek. H) ableiten: H1 (generelle Hypothese): Die anvisierten machtpolitischen Strategien und medienpolitischen Ziele der Volksparteien sind partiell aufgegangen. H2: Die Annahme, dass die Unionsparteien mit der Einführung des dualen Rundfunksystems einen stärkeren Einfluss auf die Politikberichterstattung des Fernsehens ausüben, lässt sich nicht bestätigen. H3: Die Erwartungen von Teilen der Bevölkerung und der Politik vor der Einführung neuer Medien (des Privatfernsehens) nach mehr Meinungsvielfalt und Programmauswahl wurden umgesetzt. H4: Die vorliegende Studie wird einen Beitrag zur Debatte um die Kontrollaufsicht der Rundfunklandschaft leisten. H5: Im Zuge der Analyse des Untersuchungsgegenstandes wird eine neue Theorie „Follow the party in power“ aufgestellt. Die Theorie basiert darauf, dass diejenige Partei, die auf Bundesebene Regierungsmacht ausübt, den medienpolitischen Gestaltungsprozess vorausbestimmt, obwohl die Länder, geschützt durch Verfassungsrecht, die Zuständigkeit für Rechtsfragen im Rundfunkbereich innehaben.
Kap. 1.1 Gegenstand/Fragestellung der Arbeit
Abb. 1:
13
Presseschlagzeilen: Medienpolitik zum Fernsehen der 80er Jahre (Auswahl an Pressestimmen)
„WDR an Haupt und Gliedern reformieren“ [Westfälisches Monatsblatt, Nr.1, Januar 1980]
„ZDF – ein Selbstbedienungsladen für die Unionsparteien?“ [Funk Report 5/80, 25. April 1980]
„SPD-Verhinderungsprogramm“ [Die Zeitung, Nr. 4/1981]
„Die SPD spielt Schutzpatron“ [Christ und Welt/Rheinischer Merkur, 3. April 1981]
„Schmidt will in der Medienpolitik nicht entscheiden“ [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13. Mai 1981]
„ARD-Vorsitzender kritisiert die CDU/CSU“ [Frankfurter Rundschau, 4. Oktober 1982)]
„Die geprügelten Medien“ [Die Zeit, 18. Februar 1983]
„Natürlich mitmischen. Dramatischer Schwenk in derSPD-Medienpolitik“ [Der Spiegel, Nr. 8, 20. Februar 1984]
„Im Konflikt mit der Verfassung. Wie Unionsländer das private Fernsehen fördern...“ [Die Zeit, 18. Mai 1984]
„Wenn Sozialdemokraten den Teufel taufen“ [Vorwärts, 24. Mai 1984]
„(Un-)heimliche Pläne der SPD. Der WDR als Zentrum eines machtpolitischen Medienkalküls“ [Münchner Merkur, 18. Oktober 1984]
„Börners Nein wirkte wie ein Tiefschlag“ [Die Welt, 19. Dezember 1984]
„Medienpolitik: Poker um Einfluss und Macht“ [Medien-Kritik, Nr. 1/2, 5. Januar 1987]
„Die schwarzen Schirmherren“ [Stern, Nr. 18, 23. April 1987]
„Die Medien-Wende der SPD. In letzter Minute auf den Zug aufgesprungen“ [Süddeutsche Zeitung, 21. September 1987]
„Wir müssen was für Richard tun. Ein Nachruf auf die Medienpolitik der SPD“ [Die Zeit, 15. Januar 1988]
„Bisse in die Gönnerhände. Private Fernsehveranstalter frustrieren heute viele Unionspolitiker“ [Christ und Welt/Rheinischer Merkur, 7. Oktober 1988]
„Wie SPD-Sympathisanten in der ARD Macht erobern und Meinung machen“ [Welt am Sonntag, 6. August 1989]
14
Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
1.1.3 Stellenwert der Arbeit Es liegen bis dato keine Studien vor, bei denen originäre Parteiprogramme, parteininterne Arbeitsschritte, vertrauliche Gremienprotokolle und relevanter parteiinterner Schriftverkehr zur Auswertung des konkreten Forschungsvorhabens herangezogen wurden. Bekannt sind lediglich die über die Presse an die Öffentlichkeit lancierten Fragmente von Medienprogrammatiken und Stellungnahmen sowie Publikationen einzelner Politiker, die jedoch nicht chronologisch erfasst und ausgewertet wurden. Angesichts der Fülle des erschlossenen Materials mussten thematische Schwerpunkte gesetzt werden, um nicht den ohnehin umfänglichen Rahmen der Arbeit zu sprengen (vgl. Kap. 1.3.1). Für den Untersuchungszeitraum sind keine einschlägigen Arbeiten existent, wie u.a. Recherchen bei den Stiftungen der großen Volksparteien – Friedrich-Ebert- und KonradAdenauer-Stiftung – bestätigen, zumal in den Archiven eine Reihe unverzeichneter Akten vorzufinden sind, die der Autor erforschte. Im Zuge der Auswertung kommunikationswissenschaftlicher Arbeiten, die zum Thema „Macht und Fernsehen“ z.B. im Sonderforschungsbereich der Universität Siegen7 oder an den Universitäten Leipzig und Mainz entstanden sind8, werden zwar Medienwirkungen via Fernsehberichterstattung auf die politische Meinungsbildung untersucht (häufig als Vergleich zum Verhältnis von Medien und Politik in Deutschland und in den USA), medien-ästhetische und historische Erforschungen des Fernsehens betrieben sowie neue Grundlagen für das Verständnis von Bildschirmmedien erarbeitet, jedoch die Einflüsse der Parteien auf die medienpolitischen Gestaltungsprozesse der Fernsehlandschaft vernachlässigt.9 Aus demokratietheoretischer Perspektive unterstreicht z.B. Stiehler die Bedeutung des Fernsehens der Bundesrepublik Deutschland für die Bürger in der DDR in den 80er Jahren: „alternative Bilder und Interpretationen zur eigenen Lebenssituation, die durch das offizielle DDR-Fernsehen nicht vermittelt wurden.“10 Allenfalls grundsätzlich registrieren Autoren, dass die ö.-r. Rundfunkanstalten nach dem Machtmuster von Parteien über die Personalpolitik und die Aufsichtsgremien parteipolitisch „gefärbt“ werden11, legen hierzu aber keine detaillierten Belege vor. Kepplinger geht beispielsweise, wie die überwiegende Mehrheit der Publizistik- und Kommunikationswissenschaftler, von der globalen Annahme aus, dass Politiker ihren Status dazu nutzen, durch personalpolitischen Einfluss in den Massenmedien die Themen der ö.-r. Rundfunkberichterstattung zu steuern.12 Wie aber die Parteien z.B. bei der Personalgewinnung in den 80er Jahren vorgingen und welche Ziele sie auf diesem Weg absteckten, bleibt im Verborgenen und praxisrelevante Prozesse werden ausgeklammert. Meine Untersuchung soll auch bei dieser Fragestellung eine verlässliche Antwort liefern, indem hierzu Fakten mit Quellenhinweisen offengelegt werden. In der Einschätzung von Rühl fehlt in der Forschung eine Darstellung, wie Macht innerhalb politischer Gebilde hergestellt wird: „Damit bleibt die Chance ungenutzt, sozialtheoretische Interdependenzen politischer
7
8 9 10 11 12
Vgl. DFG-Sonderforschungsbereich 240, Ästhetik, Pragmatik und Ge-schichte der Bildschirmmedien, 1998; Abschlussbericht des Sonder-forschungsbereichs 240 und Arbeits- und Ergebnisbericht für den fünften Bewilligungsabschnitt 1997 bis 2000; http://www.sfb240.uni-siegen.de.html 05.11.05. Vgl. Donsbach, Wolfgang 1993, S. 283 ff.; Ludes, Peter 1990; Stiehler, Hans-Jörg 2001. Vgl. Kepplinger, Hans Mathias 1989a. Stiehler, Hans-Jörg 2001, S. 13. Vgl. Jarren, Otfried/Grothe, Thorsten/Rybarczyk, Christoph 1993, S. 19. Vgl. Kepplinger, Hans Mathias 1993, S. 20.
Kap. 1.1 Gegenstand/Fragestellung der Arbeit
15
Kommunikation zu diskutieren (...)“13 Ähnlich sehen es Jarren, Grothe und Rybarczyk, die das Fehlen praxisbezogener Darstellungen anmahnen, nachdem der politische Kommunikationsprozess von den meisten Autoren systemtheoretisch gefasst wird.14 Auch Alemann registriert, dass es „zu dem engeren Thema Parteien und Medien überraschend wenig Literatur gibt“ und verweist als Einstiegslektüre auf Thomas Habicht (1987) und Heinrich Oberreuter (1989).15 Derartige Feststellungen verwundern, da insbesondere das Fernsehen und dessen Rolle als Wahlkampfinstrument und Machtfaktor von den Parteien und der Wissenschaft sehr ernst genommen wird (vgl. Kap. 1.7) und eine Vielzahl von Befunden in der europäischen Kommunikationsforschung vorliegen, die die Bedeutung der elektronischen Massenmedien gerade bei Wahlkämpfen betonen.16 Zwar wurden in der Vergangenheit in medienspezifischen Fachpublikationen die unterschiedlichen Positionen von Parteien und Interessenverbänden zu Rundfunkfragen in Einzelfällen kommentiert, jedoch nicht gesamtheitlich wissenschaftlich untersucht, inwieweit die politischen Gruppierungen ihre zuvor abgesteckten Ziele mit der Einführung des dualen Rundfunksystems letztlich erreicht haben und wie diese Entscheidungsprozesse zustande kamen. Es fehlt eindeutig eine Übersicht, in der die parteipolitischen Grundsatzprogramme und zentralisierten Positionierungen gegenübergestellt und ausgewertet werden. Fasst man das bisher Gesagte zusammen, so lässt sich die fehlende Existenz einer wie von mir durchgeführten Untersuchung allerdings dadurch erklären, dass die Unterlagen der Parteivorstände (die Dokumentationen der Bundesmedienkommissionen fallen darunter) usuell dreißig Jahre unter Verschluss gehalten werden. Dies bedeutet, dass die vorgesehene Frist für die den Untersuchungszeitraum betreffenden Dokumente frühestens 2019 abläuft. Dessen ungeachtet erhielt ich in den Jahren 2005/2006 als erste Person eine Einsichtsgenehmigung in die medienpolitischen Akten durch die jeweiligen Parteivorstände.
1.1.4 Theoretischer Ansatz der Arbeit: Macht, Politik und Fernsehen In modernen Demokratien geht es den Parteien zunächst um die Formulierung, Vermittlung und Durchsetzung ihrer Aufgaben und Ziele. Dabei erfahren sie im Zuge kooperierender und konkurrierender Interessen unterschiedlich hohen Konsens, aber auch Konflikt im Dialog mit anderen Parteien, den Massenmedien, Interessenorganisationen etc., die wiederum ihre eigenen Anliegen in Form von Forderungen an die Politik stellen. Neben den drei Gewalten Legislative, Exekutive und Judikative gelten die Medien heute als vierte Macht im Staat, denn sie berichten nicht nur über die drei Säulen der Demokratie, sondern kontrollieren sie.17 In diesem Zusammenhang sprechen Alemann und andere Wissenschaftler von 13 14 15 16 17
Rühl, Manfred 1983, S. 25. Vgl. Jarren/Otfried, Grothe/Thorsten, Rybarczyk/Christoph 1993, S. 13. Vgl. Alemann, Ulrich von 2000, S. 108. Vgl. Schulz, Winfried/Zeh, Reimar/Quiring, Oliver 2000, S. 413. Kognitiv betrachtet ist es letztendlich ein Fünfgestirn, das Macht ausübt: Neben den vier erwähnten Gewalten stehen die Bürger, die in regel-mäßigen Abständen im Zuge von Wahlen Macht auf Zeit vergeben. Hierbei stellt Sarcinelli fest, dass in demokratischen Regierungssystemen Macht keine dauerhafte Größe darstellt: „Sie gründet vielmehr auf Meinungen und bedarf der steten kommunikativen Erneuerung.“ (Sarcinelli, Ulrich 2003, S. 2) „Stet“ meint bezogen auf die Politik, dass sie von heute auf morgen verloren sein kann, etwa durch das Votum der Wahlberechtigten für eine veränderte Regierungskonstellation, durch ein parla-
16
Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
einer „Mediokratie“, die den heutigen Massenmedien zumindest den Status einer Vierten Gewalt, wenn nicht sogar einer mitherrschenden Übergewalt zuweist.18 Gegenüber der legislativen Politik besitzen die Medien zudem einen immensen Vorteil, indem sie über ihre intermedialen Vertriebswege unmittelbar thematisieren und politisieren können und somit als die gesellschaftlich einflussreichste Berufsgruppe nach der Politik einzustufen sind. Dies ist einer der wesentlichen Gründe, weshalb die Parteien versuchen, die „Übermacht“ der Medien – gerade im fernsehpolitischen Diskurs – über Aufsichtsgremien oder durch Personalentscheidungen zu steuern. Mit Blick auf „unzureichende“ bzw. „diffuse“ Wirkungsbedingungen bezweifeln hingegen Autoren wie Ronneberger, dass die Medien einen Machtfaktor bilden, weil ihnen kein wirksames Sanktionspotential zur Verfügung steht.19 Diese These erscheint indes fragwürdig, denn wenn z.B. ein einflussreiches Medium mit millionenfacher Wahrnehmung – wie die „ARD-Tagesschau“ – positive Leistungen eines Politikers dauerhaft verschweigt oder eine Person kontinuierlich mit negativen Schlagzeilen versieht, dann erleidet der betreffende Politiker höchstwahrscheinlich einen Imageschaden, weil er in den Augen einer zahlenmäßig starken Teilöffentlichkeit nicht mehr existent oder aufgrund einer „negativen“ Bilanz abzulehnen ist.20 Folglich ist das Sanktionspotential „Publizität“ beim Fernsehen mit seinem „Nimbus der Allmächtigkeit“, abgeleitet aus großer Reichweite und hoher Akzeptanz, in vielen politikträchtigen Sendungen durchaus vorhanden. Spätestens seit Machiavelli, dem geschichtswissenschaftlichen Kanzler der Republik Florenz, wissen wir, dass die in der politischen Kommunikation praktizierte Macht- und Interessensphäre über Geheimnisse, zu denen heute auch der wechselseitige, vertrauliche Informationsaustausch zwischen Politik und Fernsehen zählt, eine Form des Regierens bedeutet: „(...) mit Klugheit und Menschlichkeit so gemäßigt zu Werke gehen, dass weder zu großes Vertrauen ihn unvorsichtig, noch zu großes Misstrauen unleidlich mache.“21 Und kein Geringerer als Friedrich II. von Preußen („der Große“) lenkte seine Staatsgeschäfte im Eigeninteresse nach machtgeordneten Regeln, auch wenn er im Widerspruch dazu diese Machtausübung in Phasen der humanitären Vernunft zu disziplinieren versuchte. Unter dem Eindruck historischer Konfliktsituationen bestätigt Weber, dass in bürgerlichen Gesellschaften „durch Geheimhaltung der Absichten, gefassten Beschlüsse und Kenntnisse der Herrschenden“ Macht gewonnen, erhalten und gesteigert wird „gegenüber den beherrschten ‚Massen’.“22/23 Heutzutage stehen Medienfragen aufgrund der ihr zugeordneten Wirkungskräfte im Mittelpunkt parteipolitischer Debatten, weshalb sich vorrangig die Spitzengremien der Parteien (wie Präsidium, Bundesvorstand, Ausschüsse auf Bundesebene) intensiv mit den daraus abzuleitenden machtspezifischen Entwicklungen befassen. Dabei dürften kaum Zweifel bestehen, dass dem Fernsehen seitens der Parteien ein höherer Stellenwert als ande-
18 19 20 21 22 23
mentarisches Misstrauensvotum gegenüber einem Bundeskanzler oder Ministerpräsidenten, die vorgezogene Abwahl einer Regierung oder die erzwungene Abberufung oder den freiwilligen Rücktritt eines Politikers. Vgl. Alemann, Ulrich von 2000, S. 112. Vgl. Ronneberger, Franz 1983, S. 12ff. Vgl. Noelle-Neumann, Elisabeth 1980. Machiavelli, Niccolò “Il Principe”, S. 68. Vgl. Weber, Max 1972, S. 548. Auf der historischen Suche nach einer „Geheimhaltungs- und Täuschungskunst“ wird man in der Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts fündig (z.B. bei Gracián y Morales, Baltasar: El Criticón oder bei Bacon, Francis: Essays moral, economical and political).
Kap. 1.1 Gegenstand/Fragestellung der Arbeit
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ren Medien zugewiesen wird; wissenschaftliche Untersuchungen liegen hierzu längst vor.24 Es ist daher anzunehmen, dass Luhmanns Befund über die Summe von Mitteln und Fähigkeiten, Macht zu demonstrieren, zutrifft: „Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien.“25 Faulstich merkt zu dem Gebrauchswert der Medien an, dass ein politisches Machtsystem zunehmend auf Medieneinfluss und weniger auf demokratischer Legitimierung basiert.26 Gerade deshalb gilt es in der Epoche „Telekratie“ besonders zu untersuchen, ob und inwieweit die programmatischen Forderungen der Parteien aus den 80er Jahren in verfassungsrechtliche Mediengrundlagen wie Rundfunkgesetze eingebracht wurden und inwieweit der Parteieneinfluss auf die Gestaltung der Fernsehlandschaft mit der Addition privater Anstalten größer oder kleiner geworden ist. Hinzu kommt, dass sich beide Seiten – Politik wie Massenmedien – als mächtige Akteure verstehen, denn sie können unabhängig voneinander beispielsweise bestimmen, welche Themen zu welchem Zeitpunkt einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und welche Personen an kommunikativen Willensbildungsprozessen zu beteiligen sind. Langenbucher stimmt dieser Annahme zu, resümiert aber zugleich, dass die verfassungsrechtlich abgesegnete Vorstellung von einer Kontrollfunktion der Medien durch die politische Kontrolle der Medien langfristig kaschiert wurde, so dass es letztlich um einen Machtkampf verschiedener Kontrollansprüche geht.27 Ähnlich sieht es Ludes und nennt Beispiele für Machtbasen, die in der Wirkungsforschung anerkannt sind: „(...) Kontrolle der Massenkommunikationsmittel; hoher sozialer Status; Wissen; Popularität; hochgeschätzte persönliche Fähigkeiten; Legalität; gruppenspezifische Solidarität und Abgrenzung der Gruppe mit besonderen Wir-Idealen von anderen; Wahlrecht; die Möglichkeit, mit anderen zusammenzukommen (...).“28 Bei dieser Aufzählung fällt auf, dass die genannten Eigenschaften im Idealfall das Profil eines einflussreichen Politikers verkörpern, der auch mediale Informationsprozesse im Zuge seiner Herrschaftsausübung steuern kann. Ronneberger geht insofern zu Recht davon aus, dass ein in einer Regierungsverantwortung stehender Parteienvertreter „hinsichtlich der Thematisierungsfunktion in der öffentlichen Kommunikation prinzipiell überlegen ist.“29 Aus dem Blickwinkel der Parteizentralen stehen vier Einflussrichtungen optional zur Verfügung, um z.B. medienpolitische Anliegen qua Gesetzentwurf, politisches Agreement und/oder Politik-Marketing zur Entscheidung zu führen (vgl. Abb. 2).
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Forschungen zur „Macht des Fernsehens“ z.B. von Lippmann, Walter 1922; Noelle-Neumann, Elisabeth 1979; Kunczik, Michael 1990; Berg, Klaus/Kiefer, Marie-Luise (Langzeitstudien zur Mediennutzung und Medienbewertung) ab 1964; Kepplinger, Hans-Mathias 1994; Wolling, Jens 1999; Stolte, Dieter 2004; Hall, Peter Christian 2007. Luhmann, Niklas 1996, S. 9. Vgl. Faulstich, Werner 2002, S. 231. Vgl. Langenbucher, Wolfgang R. 1983, S. 39. Ludes, Peter 1998, S. 150. Ronneberger, Franz 1989, S. 151.
Außerhalb der Parlamente (z.B. in Rundfunkgremien und Aufsichtsgremien von Landesmedienanstalten)
Bundes- und Landtagsfraktionen (Abgeordnete)
Parlamentarischer Weg (Gesetzentwurf)
Innerhalb der Parlamente (z.B. bei Parlamentsdebatten und Hearings, in Enquetekommissionen und Untersuchungsausschüssen)
Parteigremien auf Bundes- und / oder Landesebene(n) (z.B. Ausschuss Medienpolitik)
Parlamentarischer Weg (Gesetzentwurf)
Projektbezogene Kooperation mit anderen Parteien / Fraktionen (Absprachen bei Gesetzentwürfen, Schnüren von Verhandlungspaketen)
Interne Weitergabe von politischen Anliegen / Vorgaben über Parteigliederungen
Kommunikation über nahestehende Bundes- und/oder Landesregierung(en)/staatliche Institutionen (BK, MP, Min. bzw. Beamtenapparat)
Informationsweitergabe (z.B. über Fernsehsendungen an die Öffentlichkeit)
Interessenorientierte Artikulation politischer Ziele (z.B. durch Lobbyismus, außerparlamentarische Politikvermittlung)
Konsensfindung (z.B. bei verbandsinternen Entscheidungsprozessen)
Polit-Marketing über politik-externe Multiplikatoren (z.B. informelle Kontakte via Medien, Verbände, Gruppierungen)
Abb. 2:
Parteizentrale / Bundesgeschäftsstelle: Optionen zur Vermittlung und Entscheidung politischer Anliegen
18 Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
Parteipolitisches Zustimmungsmanagement
Kap. 1.2 Aufbau der Arbeit
19
1.2 Aufbau der Arbeit Um den Willensbildungs- und Abstimmungsprozess des Untersuchungsgegenstandes thematisch und chronologisch wissenschaftlich zu strukturieren, wurde die Arbeit in acht Kapitel unterteilt: (1) Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung. (2) Medienpolitische Programmatiken der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien: vom 1. Januar 1980 bis zum Wechsel der Bundesregierung am 1. Oktober 1982. (3) Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien nach dem Wechsel der Bundesregierung am 1. Oktober 1982 bis 31. Dezember 1989. (4) Die Bundeskanzler Helmut Schmidt und Helmut Kohl und ihre Einstellungen dem Fernsehen gegenüber in den 80er Jahren. (5) Befragung von Machtinhabern der Medienpolitik in den 80er Jahren. (6) Medienpolitische und ökonomische Auswirkungen auf die Film- und Fernsehindustrie nach dem Wechsel der Bundesregierung am 1. Oktober 1982. (7) Einstellungen der Bevölkerung zum dualen Rundfunksystem in den 80er Jahren. (8) Konklusion: Zusammenfassende Beurteilung machtpolitischer Strategien der Parteien im Zuge der Einführung des dualen Rundfunksystems. Zu Kap. 1): Den Einstieg zum ersten Kapitel liefert die Fragestellung der Arbeit, die Eingrenzung des Gegenstandes und der Stellenwert der Untersuchung. Es folgt der Aufbau der Arbeit mit strukturell-funktionalen Hinweisen zu den weiteren Kapiteln 2) bis 8). Im Anschluss daran wird die Untersuchungsmethode erörtert, ihre Vorgehensweise bezogen auf Fragestellung und Material („Quellen und Quellenkritik“) sowie auf welchem Weg die genannten Ziele erreicht werden sollen. Abschließend reihen sich die Unterkapitel „Kompetenzen des Bundes und der Länder bei der Gestaltung der Rundfunklandschaft“, „Macht des Fernsehens“ sowie „Machtpolitik und Fernsehen“ an. Während bei dem erstgenannten Unterkapitel hauptsächlich verfassungs- und medienrechtliche Gemeinsamkeiten und Abgrenzungen aufgezeigt werden, erfolgen bei den beiden letzten Unterkapiteln kommunikationswissenschaftliche Standortbestimmungen. Innerhalb der Referate werden insbesondere die machtpolitischen Instrumente zur Steuerung des Fernsehens und dessen Einflüsse dargestellt und analysiert. Zu Kap. 2) und 3): Diese beiden Kapitel liefern Material und Teilanalysen, belegt durch Paradigmen, zu den medienpolitischen Programmatiken der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien vor und nach dem Regierungswechsel auf Bundesebene. Zur wissenschaftlich-systematischen Untersuchung des Gegenstandes sind die Kapitel weitgehend identisch gegliedert. Dadurch ist sowohl ein Vergleich der Programmatiken und Positionen innerhalb der vorgegebenen Zeiträume möglich (Januar 1980 bis September 1982 und Oktober 1982 bis Dezember 1989), die in Zwischenergebnissen erfasst werden, als auch eine vergleichende Gesamtgegenüberstellung, die in eine „Konklusion: Zusammenfassende Beurteilung machtpolitischer Strategien der Parteien im Zuge der Einführung des dualen Rundfunksystems“ zum Ende der Arbeit mündet (s. Kap. 8). In Kap. 4) und 5) werden zudem weitere Entscheidungsfindungskriterien für die Analyse erfasst, indem Einschätzungen und Positionen von und über höchst einflussreiche/n Politiker/n erfolgen: „Die Bundeskanzler Helmut Schmidt und Helmut Kohl und ihre Einstellun-
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Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
gen dem Fernsehen gegenüber in den 80er Jahren“ sowie „Befragung von Machtinhabern der Medienpolitik in den 80er Jahren“. Es wird angenommen, dass die personenbezogenen Forschungsresultate die Gesamtbeurteilung stützen können. Zu Kap. 6): In Ergänzung zu den zwischenzeitlich vorliegenden Bewertungen soll im medienpolitischen Diskurs festgestellt werden, welche Auswirkungen das duale Rundfunksystem auf den Wettbewerb der Systeme, die Produktion von Fernseh- und Kinofilmen sowie auf den Arbeitsmarkt der Branche nach sich zog. Anhand der relevanten Erhebungen und Daten lässt sich schließen, inwieweit die Neuen Medien neben einer politischen Dimension weitere Effekte aufweisen, z.B. auf die Auftragssituation der Filmproduktionsbranche. Zu Kap. 7): Von den Einstellungen der Bevölkerung (Umfragen) zum dualen Rundfunksystem werden Erkenntnisse über die Akzeptanz der Neuen Medien erwartet, und zwar im Vorfeld der Einführung und nach dem Start des privaten Fernsehens. Zu Kap. 8): Hier führen die Ergebnisse zu einer fokussierten Gesamtbeurteilung, wobei jedoch die unterschiedlichen Positionen der Parteien differenziert dargestellt werden. Im Hinblick auf das Forschungsziel wird dabei ein bewertendes Resümee gezogen, das gerade auch die medienpolitische Ausgangssituation der Parteien bzw. komplexe Problemlagen der Rundfunklandschaft berücksichtigt. In Bezug auf die vielfältigen, grenzüberschreitenden Fernsehangebote wird sodann die Frage beantwortet, inwieweit die zahlreichen Aufsichtsgremien des Rundfunks in einer sich wandelnden europäischen Medienlandschaft noch zeitgemäß und für den Bürger im Fall einer Rückkoppelung (z.B. im Zuge einer Beschwerde) überschaubar und praktikabel sind. Schließlich wird auf der Basis der Untersuchungsdaten eine Beweisführung für eine Theorie „Follow the party in power“ vorgelegt, die das medienpolitische Potential einer Bundesregierung gegenüber Landesregierungen aufzeigt. 1.3 Untersuchungsmethode 1.3.1 Zur Vorgehensweise Durch die Verknüpfung zahlreicher kommunikationswissenschaftlicher Ansätze und Untersuchungen zum Fernsehsystem mit medienpolitischen Aspekten zur Gestaltung einer dualen Rundfunkordnung wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Parteien auf neuartige Herausforderungen der 80er Jahre reagieren mussten, ohne dass hierfür medienrelevante Grundlagen wie aktivierbare Organisationsformen und Steuerungselemente, z.B. politische wie rechtliche Rahmenbedingungen, vorlagen. Eine erfolgversprechende Herangehensweise, jene machtpolitischen Prozesse zu relativieren, ist, die theoretischen wie praktischen Zugänge in praxi – primär innerhalb der Parteiorganisationen – zu erforschen. Ausgangspunkt aller demokratiekonzedierten Steuerungselemente des Rundfunksystems waren unbestritten die Parteien, die normative Vorgaben im Hinblick auf die Funktionen von Medien festlegten. Die Studie wird in Anlehnung an die qualitative Methode der empirischen Forschung durchgeführt, stützt sich auf parteipolitische Originalaussagen/-unterlagen (z.B. Ausschussprotokolle, Schriftverkehr, Mitteilungen für die Presse, Beurteilung politischer Akteure), weitere Fakten wie z.B. zur Medienrechtsprechung und Programme sowie auf wissenschaftliche Theorien und Presseberichterstattungen. Bei der planmäßigen Anwendung eines folgegerichteten Verfahrens werden die Zusammenhänge aufgezeigt und interpretiert sowie Ursachenforschung betrieben und Fragen gestellt, die Antworten bedürfen, z.B.:
Kap. 1.3 Untersuchungsmethode
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Warum hat sich die SPD bei dem Anliegen um eine Erweiterung der Fernsehprogramme restriktiv verhalten? Wurde in den Parteigremien der Unionsparteien über die „richtigen“ Wege neuartiger Massenmedien gestritten? Wurden Parteitagsbeschlüsse der F.D.P. nachträglich fortgeschrieben und damit der dualen Rundfunksituation angepasst? Welche medienpolitischen und ökonomischen Auswirkungen hatte die Neugestaltung der Fernsehlandschaft auf die Film- und Fernsehindustrie? Haben die Neuen Medien dem Film zusätzliche Perspektiven eröffnet?
Aus wissenschaftlicher Sicht bietet ein derart methodischer Ansatz den Vorteil, dass die Positionen der Parteien kontinuierlich miteinander verglichen (Pro und Contra) und damit auftretende Fragestellungen identifiziert, bearbeitet und aufbereitet werden können. Gleichwohl ist zu klären, ob die Qualität der zu erschließenden Informationen (inhaltliche wie thematische) einschließlich Dokumentenanalysen, Expertenmeinungen und Leistungskataloge dazu ausreicht und dem Anspruch des Forschenden genügt. Nachdem die vollständig archivierten medienpolitischen Unterlagen der beiden Volksparteien für die Untersuchung zur Verfügung stehen, erweist sich das gewählte komparative Vorgehen nach meiner Einschätzung der Aktenlage als methodisch fruchtbar und äußerst ergiebig. Totaliter dient die vergleichende Analyse der Genese neuer Erkenntnisse, die bei der „Überprüfung und Bestätigung von Fakten, Kategorien, Hypothesen“ gewonnen werden, und führt zu einer systematischen und durchdachten Theoriegewinnung.30 Im Gesamtkontext wird nach einer viergleisig aufgebauten Methode untersucht, die bestmögliche Erkenntnisse verspricht, um sich dem Forschungsgegenstand zu nähern (vgl. Abb. 3):
Parteipolitische-interne Agenda (Analyse der Innenperspektive, explizit der Parteiorganisationen wie Gremien, vertrauliche Unterlagen). Parteipolitische-externe Agenda (Analyse der Außenperspektive wie Mitteilungen für die Presse, Reden in der Öffentlichkeit z.B. bei Veranstaltungen, öffentlich-zugängliche Parteiprogramme, Akteursbeziehungen z.B. zu anderen Parteien). Politische Agenda (Regierungserklärungen, Parlamentsdokumente) Kommunikationswissenschaftliche Agenda (Untersuchungen, themenspezifische Positionen).
Auf der dargelegten kognitiven Basis stützt gerade die Analyse der Innenperspektive das Anliegen, vermittelt ihm ein besonderes Gewicht (weil u.a. vertrauliche Informationen erstmals erschlossen werden) und soll zugleich subjektive Sichtweisen und Handlungsmotivationen der Politik rekonstruieren. Eine vielversprechende theoretische wie praxisbezogene Perspektive liegt in einer Untersuchung der externen Darstellung der Medienpolitik, um umreißen zu können, welche konflikthaften parteipolitisch geprägten Informationen in welcher Form (z.B. Deutungsrahmen) der Öffentlichkeit präsentiert wurden. Von erheblicher Bedeutung ist ferner die kommunikationswissenschaftlich-theoretische Untersuchung der Medienmacht Fernsehen und deren Wirkungen, deren Quellen uneingeschränkt genutzt werden konnten, wobei nicht überrascht, dass „man von einem theoretisch unübersichtlichen und empirisch oft widersprüchlichen Forschungsstand“ sprechen muss.31 30 31
Vgl. Lamnek, Siegfried 1995, S. 114 f.. Hoffmann, Jochen/Sarcinelli, Ulrich 1999, S. 720.
22
Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
Abb. 3:
Untersuchungsdesign innerhalb der Zeitachse 1980–1989 Parteipolitische - interne Agenda
Analyse der Innenperspektive Parteiorganisation inkl. Gremien Vertrauliche Unterlagen Beurteilung politischer Akteure Politikquellen
Parteipolitische - externe Agenda
Analyse der Außenperspektive Parteiprogramme, Pressemitteilungen Reden in der Öffentlichkeit Akteursbeziehungen Politische Agenda
Regierungserklärungen Parlamentsdokumente Kommunikationswissenschaftliche Agenda
Medienquellen
Untersuchungen Themenspezifische Positionen
Erst durch das Zusammenwirken aller unterschiedlichen Quellen werden die erforderlichen Forschungsbedingungen hergestellt und erklärt, warum der anvisierte Gegenstand nicht eingleisig und somit isoliert von anderen Einflüssen untersucht werden kann, da er ansonsten unvollständig gewesen wäre. Im Ergebnis korrespondieren die Entscheidungen der Politik und die Entwicklungen der Medienlandschaft sowie die wissenschaftliche Auseinandersetzung damit und die Beurteilung kontinuierlich miteinander und sind dementsprechend konsequenzenreich. Es würde ein unvollständiges Zeugnis abgegeben, wollte man eine Seite ausklammern und damit unberücksichtigt lassen. Empirische Arbeiten zeigen z.B., dass sich häufig genug die Wissenschaft in die Mediendebatte eingebracht und zur Hervorhebung bestimmter Themenaspekte bzw. zu manchem Umdenken im politischen Umfeld beigetragen hat.32 Ebenso nutzen das Fernsehen oder die Wissenschaft Argumente der Politik, um eigene Standpunkte zu untermauern oder konträre aufzuweichen. 32
Z. B. Kutteroff, Albrecht 1984; Boventer, Hermann 1985; Donsbach, Wolfgang/Jarren, Otfried/Kepplinger, Hans Mathias/Pfetsch, Barbara 1993; Jäckel, Michael/Winterhoff-Spurk, Peter 1994.
Kap. 1.3 Untersuchungsmethode
23
Bei der Materialerfassung innerhalb der Kap. 2 und 3 geht es aus ordnungspolitischen Gründen (z.B. Komparabilität, Konstellation von Akteursbeziehungen) darum, die Forschungsergebnisse in zeitepochalen Abschnitten zu erfassen. Insbesondere Prozesse, die in Regierungs- bzw. in Oppositionszeiten von Parteien zustande gekommen sind, verdienen eine unterschiedliche historische sowie wissenschaftliche Interpretation. Welche medienpolitischen Themen beschäftigten die Parteien von 1980 an bis Ende 1989? Um die ideologischen, mehrdimensionalen und vielfach unterschiedlichen Grundpositionen der Parteien zur Medienpolitik bewertungsrelevant zuordnen und gewichten zu können, wurden zentrale Themenblöcke gebildet, die an den erforderlichen Stellen in der Untersuchung gesetzt wurden:
Medienpolitische Organisation und Arbeitsweise Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Öffentlich-Rechtliches Rundfunkmonopol Mediengesetzgebung Finanzierung der Rundfunkanstalten Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Programminhalte, Meinungsvielfalt und Ausgewogenheit Europäische Medienpolitik Parteiinterne Kritik/Koalitionsstreit
1.3.2 Fokussierung auf Volksparteien SPD und CDU/CSU Aus Gründen mangelnder medienpolitischer Gestaltungsmöglichkeiten der beiden kleineren im Deutschen Bundestag seinerzeit vertretenen Parteien (F.D.P., DIE GRÜNEN) legt die Untersuchung ihren Schwerpunkt auf die bundespolitische Ebene der Volksparteien CDU/CSU und SPD. Ein solches Vorgehen ist gleichfalls naheliegend, da beim „Kampf“ um die Fernsehlandschaft der 80er Jahre eindeutig zwischen einer „linken“ und einer „rechten“ Position unterschieden werden kann. Von Belang ist hierbei, dass besonders in Fragen der Medienpolitik die Amtsvorsteher (Bundeskanzler bzw. Ministerpräsidenten) der jeweils mächtigeren und dominierenden Regierungspartei (SPD oder CDU/CSU) ihrem JuniorKoalitionspartner (F.D.P. bzw. DIE GRÜNEN) keinerlei Mitspracherecht einräumten, wie u.a. in Kap. 1.5 und 1.7.4 belegt wird. Die kleineren Parteien stellten im Untersuchungsraum keinen Regierungschef, der aufgrund seiner Handlungsbefugnisse und Richtlinienkompetenz bei zentralen politischen Anliegen hätte allein entscheiden dürfen. Von Beginn an waren die Landesverbände der beiden Volksparteien in den medienpolitischen Ausschüssen auf Bundesebene vertreten. So wirkten die Vertreter der Länder aktiv an der Gestaltung und Umsetzung der programmatischen parteiverbindlichen Beschlüsse mit. Die Unionsparteien CDU/CSU werden innerhalb der Studie als kollektive, bundesweit agierende Einheit behandelt, analog zu ihrer Zusammenarbeit als Bundestagsfraktion, bei der Festlegung von Kanzlerkandidaten, bei Wahlkampfveranstaltungen und in Ausschüssen beider Parteien (z.B. waren Spitzenpolitiker beider Unionsparteien Mitglieder im Koordinierungsausschuss für Medienpolitik von CDU/CSU).
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Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
CDU-Parteizentrale „Konrad-Adenauer-Haus“/Bonn in den 80er Jahren. Foto: KAS
SPD-Parteizentrale „Erich-Ollenhauer-Haus“/Bonn in den 80er Jahren. Foto: FES
Kap. 1.4 Quellen und Quellenkritik
25
1.3.3 Konzentration auf den Fernsehsektor Die Untersuchung fokussiert sich auf den Fernsehsektor, weil zum einen elektronische Massenmedien bestimmten Berufsgruppen, insbesondere Politikern, universale Möglichkeiten einräumen, Machtansprüche zu artikulieren, Autorität zu verkörpern, aber auch an Prestige zu verlieren (vgl. Kap. 1.6). Legt man diesen Maßstab an, wird evident, warum sich Politiker zunehmend symbolisch in Szene setzen, um „Wirklichkeiten“ zu suggerieren, und weshalb sie ihre Botschaften in Bildersprache inszenieren. Dabei sind ihr primärer Adressat nicht die Bürger, sondern die Journalisten (hauptsächlich die Fernsehanstalten). Ein derartiges Rollenverständnis ist insofern konsequenzreich für den gesamtpolitischen Prozess, als weniger effiziente staatsmännische Handlungsentscheidungen getroffen werden, sondern mehr die Kommunikation darüber gepflegt wird.33 Der zweite Grund für eine Konzentration auf das audiovisuelle „Leitmedium“ ergibt sich aus dem Umstand, dass in nahezu jedem Haushalt ein Fernseher steht, womit über dieses Kommunikationsmittel politische Wirkungen auf ein größtmögliches Publikum entwickelt und erzielt werden können. Angesichts der Tatsache, dass bereits 1988 in 94,9 Prozent der bundesdeutschen Haushalte ein Fernsehgerät stand, wird der Stellenwert des Fernsehens als weithin bedeutungsstarke Informationsquelle unterstrichen.34 Ein weiteres Auswahlkriterium für eine Konzentration kommt hinzu: Die Untersuchung setzt sich mit dem Massenmedium Fernsehen auseinander, also mit bundesweit ausstrahlenden Sendeanstalten. Nicht behandelt werden die lokalen und regionalen TVStationen, deren Reichweiten jeweils zwischen 10.000 und 200.000 Empfängerhaushalten liegen und somit nicht den Kriterien eines elektronischen Massenmediums entsprechen, das mehrere Millionen Haushalte erreichen kann.35
1.4 Quellen und Quellenkritik Die vorliegende Untersuchung stützt sich auf medienpolitische Archivalien, größtenteils Primärquellen, und außerhalb der Archivdokumentationen angesiedelte Quellen. Aufgrund der zu erwartenden Brisanz des Forschungsergebnisses erschien ein Vorgehen angemessen, verschiedenartige Literaturfundorte zu nutzen, um das Ergebnis weitgehend und damit erfolgversprechend abzusichern. Bis dato wurde vor allem keine annähernd vergleichbare Materialeinsichtnahme in den Aktenbestand der Volksparteien erteilt, weil die medienpolitisch relevanten „Historischen Archive“ bzw. „Personenbezogenen Bestände/Nachlässe“ bisher unter Verschluss und somit auch nicht für politikwissenschaftliche oder zeitgeschichtliche Forschungen zugänglich waren. Dem Autor wurde ein uneingeschränkter Zugang zu den internen Quellen der Volksparteien eingeräumt. Sofern medienpolitische Originalunterlagen der Volksparteien vor einer Archivierung nicht vernichtet wurden, sind diese als lückenlos zu betrachten. Zusammenfassend ist die Qualität der verfügbaren Informationen aus Primärquellen als 33 34
35
Vgl. Saxer, Ulrich 1993a, S. 317. Quelle: Statistisches Bundesamt, Zeitreihe Ergebnis der Einkommens- und Verbraucherstichprobe 1988 zur Ausstattung der privaten Haushalte mit aus-gewählten langlebigen Gebrauchsgütern im Januar 1988, Wiesbaden, S. 198. Die Landesmedienanstalten haben im Jahr 2005 insgesamt 213 lokale und regionale TV-Programme lizenziert (Vgl. journalist 6/2005, Bonn, S. 44), die nicht dem geschilderten Anspruch eines Massenmediums genügen.
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Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
einwandfrei einzuschätzen. Dagegen sind Mängel bei Sekundärquellen wie Presseartikel und parteiexterne Veröffentlichungen teilweise feststellbar gewesen, zumeist durch die Widersprüchlichkeit und Ungenauigkeit der Informationen. Die Untersuchung basiert auf folgenden Quellen: I. II. III. IV. V. VI: VII.
Ergebnisse der Kommunikationsforschung/Wissenschaftliche Theorien Originalaussagen/-unterlagen von Politikern bzw. der Parteien SPD, CDU/CSU, F.D.P., DIE GRÜNEN Zeitungsausschnittsarchive/Pressedokumentationen Medienrechtsprechung Internet-Recherche Datenbanken wie Gesellschaft Sozialwissenschaftlicher Infrastruktureinrichtungen (GESIS) und Mannheimer Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen (Zuma) Einzelanfragen an Personen, Institutionen, Verbände, wissenschaftliche Einrichtungen und staatliche Behörden.
Zu I.) Die Ergebnisse der Kommunikationsforschung/wissenschaftliche Theorien lagen überwiegend in Form von Standardwerken und Fachzeitschriften vor, die via Online-Katalog (OPAC = Online Public Access Catalogue), dem Datenbank-Infosystem (DBIS) und der Elektronischen Zeitschriftenbibliothek (EZB) recherchiert, ausgeliehen und ausgewertet wurden. In den meisten Fällen wurde per Schlagwortliste und nach Bibliothekssystematik (z.B. bei der Deutschen Nationalbibliothek, Bayerischen Staatsbibliothek, Bibliothek des Instituts für Kommunikationswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München) vorgegangen. Eine Schwierigkeit hat sich dadurch ergeben, dass der Aussagegehalt der Wirkungsforschung selbst innerhalb der Fachrichtung Kommunikationsforschung an vielen Stellen umstritten ist. Um zu Plausibilitätsannahmen zu gelangen, wurden deshalb mehrere Quellen miteinander kombiniert. Zu II.) Die Originalunterlagen der Parteien (z.B. Medienprogramme, Parteitagsbeschlüsse, Vorstandsprotokolle) und Aussagen von Politikern (Schriftverkehr, Pressemitteilungen, Ausschussprotokolle, konzeptionelle Papiere) sind in „Partei-Archiven“, „Historischen Archiven“ bzw. „Personenbezogenen Beständen/Nachlässen“ der parteinahen Stiftungen „Friedrich-Ebert-Stiftung“, „Konrad-Adenauer-Stiftung“, „Friedrich-NaumannStiftung“, „Hanns-Seidel-Stiftung“ und „Archiv Grünes Gedächtnis der Heinrich BöllStiftung“ aufbewahrt. Am jeweiligen Sitz der Archive wurden die auf Europa-, Bundesund Länderebene entstandenen medienpolitischen Altakten der Volksparteien von dem Autor vollständig gesichtet, in großen Teilen kopiert und später ausgewertet. Die wichtigsten Materialien der F.D.P. und der GRÜNEN wurden ebenfalls erforscht, erfasst und in der Studie berücksichtigt. Zu III.) In den parteinahen Stiftungen liegen umfangreiche Sammlungen von Zeitungsausschnitten aus der deutschsprachigen Tages- und Wochenpresse im Archiv „Pressedokumentationen“ vor. Eine dem Forschungsanliegen angemessene Recherche über die Stiftungen bot sich an, weil diese medienpolitisch brisante Materialien automatisch sammeln und systematisch aufbewahren. Allerdings kann aufgrund der Masse der PrintVeröffentlichungen zum Untersuchungsgegenstand davon ausgegangen werden, dass die Archive keineswegs alle Presseartikel vollständig erfasst haben, wobei diese Feststellung auch auf nicht parteinahe Archive zutrifft. Die vorliegenden Ausschnitte wurden themenbezogen gesichtet und ausgewertet.
Kap. 1.5 Kompetenzen des Bundes und der Länder bei der Gestaltung der Rundfunklandschaft
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Zu IV.) Die Texte zur Medienrechtsprechung wurden in den Präsenzbibliotheken eingesehen und aufgezeichnet. Zu V.) Via Internet-Recherche wurden einfache, aber auch komplexe Suchanfragen gestartet. Hierbei waren zwei Einschränkungen zu beachten: Erstens liefern die Suchmaschinen Zufallstreffer (z.B. je nach Fragestellung des Suchenden, Verlinkung und Vermarktung der Website), die teilweise aufgrund der Fülle des Angebots an Treffermengen nur ansatzweise ausgewertet werden konnten. Zweitens sind zahlreiche Quellen aus den 80er Jahren noch nicht im Internet publiziert worden, weil hierfür die Ressourcen bei den Anbietern fehlen oder ein nur geringes Publizitätsinteresse besteht. In Einzelfällen jedoch, wo Verfasser bzw. Titel exakt gesucht wurden, konnte auch elektronisch auf Volltexte zugegriffen werden, die für die Untersuchung von Bedeutung waren. Zusammenfassend kann das Internet als ein ergänzendes Rechercheangebot betrachtet werden, ist aber keinesfalls ein absolut verlässliches in Bezug auf die Relevanz der Quellenergebnisse. Zu VI) Datenbanken wie z.B. GESIS waren eine wertvolle Hilfe bei der Recherche, zumal hierbei auch Informationen zusammengestellt wurden und eine Weitervermittlung an andere nationale sozialwissenschaftliche Datenbanken stattgefunden hat. Zu VII.) Einzelanfragen an Personen (z.B. ehemalige und gegenwärtige Politiker sowie Staatsbedienstete des Bundesministeriums für das Post- und Fernmeldewesen), Institutionen (z.B. Museum für Kommunikation/Berlin, Bundeszentrale für politische Bildung/Bonn, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung/Köln), Verbände (z.B. Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger/Berlin) sowie an staatliche Behörden (z.B. Bundesministerien für Wirtschaft und der Justiz, Staatskanzlei Rheinland-Pfalz/Mainz, Bundesverfassungsgericht/Karlsruhe, Statistisches Bundesamt/Wiesbaden) und wissenschaftliche Einrichtungen (z.B. Universitäten Bielefeld, Gießen, Mainz, München sowie Hans-BredowInstitut/Hamburg und Institut für praxisorientierte Sozialforschung/Mannheim) komplettierten die Erhebung der Daten. Aufgrund spezifischer Anfragen, verbunden mit evaluativen inhaltlichen Aussagen, konnten somit Lücken bei der Erschließung und Aufbereitung der Inhalte geschlossen werden. Ins Literatur- und Quellenverzeichnis sind nur die in publizierter Form vorliegenden Quellen aufgenommen. Nicht-publizierte Quellen (insbesondere Protokolle der Parteien) sind in den Anmerkungen nachgewiesen.
1.5
Kompetenzen des Bundes und der Länder bei der Gestaltung der Rundfunklandschaft (Abgrenzungen und Gemeinsamkeiten)
1.5 Kompetenzen des Bundes und der Länder bei der Gestaltung der Rundfunklandschaft
1.5.1 Gründung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten/Festschreibung der Rundfunkfreiheit Die Neugestaltung der Medienordnung in den 80er Jahren war die bedeutendste seit dem Ende des II. Weltkrieges 1945, als die alliierten Militärregierungen in ihren Besatzungszonen eigene Medieneinrichtungen gründeten, aus denen 1948/49 in Westdeutschland ö.-r. Rundfunkanstalten hervorgingen. Nach dem Vorbild der britischen BBC wurde ein gesellschaftlich kontrollierter Rundfunk in Deutschland aufgebaut; er sollte politisch von den Ländern beaufsichtigt werden, ausgewogen sein und staatsfern seine Programme gestal-
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Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
ten.36 Uneingeschränkt sollte die Pressefreiheit sicherstellen, dass die Medien nicht wie im Dritten Reich oder in anderen Diktaturen als politisches Massenbeeinflussungsinstrument im Zuge einer einseitigen Informationspolitik missbraucht würden. Ob Rundfunk in öffentlich-rechtlicher oder privater Form veranstaltet wird, überließen die Verfasser des Grundgesetzes dem Urteil nachfolgender Generationen. Der Artikel 5 des Grundgesetzes ist der zentrale Ausgangspunkt für alle Rechtsfragen im Medienbereich (insbesondere für die Entscheidungen/Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes oder für Bestimmungen eines Rundfunkstaatsvertrages). Sein erster Absatz lautet: „(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“37 Damit gesteht unsere Verfassung den Medien einen großzügigen Freiraum zu, der nur bei Verstößen gegen gesetzliche Bestimmungen, gegen ethische Grundsätze und z.B. gegen Programmrichtlinien des Fernsehens38 im Anschluss an eine Informationsübermittlung geahndet werden kann. Wie das Grundgesetz bei strittigen Verfassungsfragen Anwendung findet, darüber entscheidet als letzte Instanz das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Das BVerfG hat in seiner Rechtsprechung immer wieder bekräftigt, dass die Demokratie ohne Presse nicht funktionsfähig ist und „die Rundfunkfreiheit dient der gleichen Aufgabe wie alle Garanten des Art. 5 Abs. 1 GG: der Gewährleistung freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung (...) Freie Meinungsbildung vollzieht sich in einem Prozess der Kommunikation. Sie setzt auf der einen Seite die Freiheit voraus, Meinungen zu äußern und zu verbreiten, auf der anderen Seite die Freiheit, geäußerte Meinungen zur Kenntnis zu nehmen, sich zu informieren.“39
1.5.2 Fernseh- bzw. Rundfunkurteile des Bundesverfassungsgerichts Besondere Aufmerksamkeit sollte den ersten vier Fernseh- bzw. Rundfunkurteilen des Bundesverfassungsgerichtes zum Status des ö.-r. Rundfunks und dem geordneten Nebeneinander mit dem privaten Rundfunk in der Bundesrepublik Deutschland geschenkt werden, denn hier wird eine Monopolstellung im Laufe der Zeit gesetzlich entkräftet und damit das Rundfunkwesen neu geordnet. Sondersituation des Rundfunks. Eine große Bedeutung für ein zukünftiges duales Rundfunksystem hatte bereits das „Erste Fernsehurteil“ des BVerfG aus dem Jahr 1961, wobei gerade die Frage nach einer privatrechtlich organisierten Trägerschaft von Rundfunkveranstaltungen erörtert wurde. Nach Ansicht des Gerichts könnten einerseits bei gesetzlichen Vorkehrungen zur Sicherung der Rundfunkfreiheit auch rechtsfähige Gesellschaften des privaten Rechts zugelassen werden.40 Andererseits ging jedoch die Rechtsprechung zum damaligen Zeitpunkt von einer finanziellen wie technischen „Sondersituation“ des 36 37 38 39 40
Die Pressefreiheit wird durch das Grundgesetz v. 23.05.1949 neben der Meinungsverbreitungs-, Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit ausdrücklich geschützt. Grundgesetz (GG) für die Bundesrepublik Deutschland v. 23.05.1949 (BGBl. I 1949, S.1), Bonn. Z.B. Leitlinien für die Programmgestaltung der ARD oder Richtlinien für die Sendungen des ZDF. BVerfGE 57, 1981, S. 319 f.; vgl. BVerfGE 59, 1982, S. 257 f.. Vgl. BVerfGE 12, 1961, S. 205-264 (S. 262); „Erstes Fernsehurteil“ zur “Deutschland Fernseh GmbH“, geplant durch die Adenauer-Regierung.
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Rundfunks (hauptsächlich des Fernsehens) aus, die einer staatlichen Aufsicht bedürfe, um die Beteiligung aller gesellschaftlich relevanten Gruppen zu sichern. Diese Sondersituation wurde mit den hohen finanziellen Aufwendungen für das Betreiben von Rundfunk und der Knappheit der zur Verfügung stehenden Frequenzen begründet. Ein ganz anderes Bild ergab sich 1986, als das BVerfG im „Vierten Rundfunkurteil“ ausdrücklich feststellte, dass sich „die technischen Voraussetzungen der Veranstaltung und Verbreitung von Rundfunkprogrammen durch die Entwicklung der ‚Neuen Medien’ verbessert“ hätten.41/42 Die Feststellungen des Gerichts erkannten das Engagement der unionsgeführten Bundesregierung an, die Knappheit der herkömmlichen Frequenzen de facto beseitigt zu haben (Vgl. „Viertes Rundfunkurteil“ des BVerfG vom 04.11.1986). Grundversorgung/Öffentliche Meinungsbildung. Das BVerfG hat die Aufgabe der ö.-r. Rundfunkanstalten als verpflichtenden Auftrag zur sog. „Grundversorgung“ der Bevöl-kerung mit einem umfassenden Programmangebot in den Bereichen Bildung, Information, Unterhaltung und Kultur definiert, worin „der öffentlich-rechtliche Rundfunk und seine besondere Eigenart ihre Rechtfertigung“ finden.43 In der Rechtsprechung des BVerfG wird Rundfunk als eminenter Faktor der öffentlichen Meinungsbildung verstanden.44 Es sei sicherzustellen, dass „freie und umfassende Meinungsbildung durch den Rundfunk möglich wird (…), dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet und dass auf diese Weise umfassende Information geboten wird.“45 Diese Auflage des BVerfG impliziert ausdrücklich, „die verschiedenen weltanschaulichen, wissenschaftlichen und künstlerischen Richtungen sind zu berücksichtigen.“46 Was den öffentlich-rechtlichen Kommunikationsvermittlungsprozess anbelangt, kommt hinzu, dass das BVerfG die Mitwirkung des Rundfunks an der öffentlichen Meinungsbildung nicht nur auf „Nachrichtensendungen, politische Kommentare, Sendereihen über politische Probleme der Gegenwart, Vergangenheit oder Zukunft“ bezieht, sondern die Meinungsbildung ebenfalls in „Hörspielen, musikalischen Darbietungen, Übertragungen kabarettistischer Programme bis hinein in die szenische Gestaltung einer Darbietung“ einschließt. Die Folge ist, dass „alle gesellschaftlich relevanten Kräfte zu Wort kommen müssen“ und „für den Inhalt des Gesamtprogramms Leitgrundsätze verbindlich sind, die ein „Mindestmaß von inhaltlicher Ausgewogenheit, Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung gewährleisten.“47 In dem BVerfG-Urteil vom 04. November 1986 (vgl. 1 BvF 1/84) werden in Ergänzung der früheren Urteile die „öffentliche Aufgabe“ und der „umfassende Programmauftrag“ der Bundes- und Landesrundfunkanstalten trotz Einführung des dualen Rundfunksystems bekräftigt, da diese auf öffentliche Gebühren zurückgreifen.
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BVerfGE 73, 1986, S. 121. Historischer Ausgangspunkt der deutschen Satellitentechnik war die Internationale Funkverwaltungskonferenz (World Administrative Radio Conference) am 13.02.1977 in Genf gewesen, wobei der Bundesrepublik Deutschland fünf Satelliten-Fernsehkanäle zugeteilt wurden. BVerfGE 73, 1986, S. 118. Vgl. BVerfGE 12, 1961, S. 205 ff.. BVerfGE 57, 1981, S. 320. BVerfGE 31, 1971, S. 327. Vgl. BVerfGE 12, 1961, S. 206 und S. 262-263.
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Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Foto: BPA
Programmausgewogenheit. Von 1961 an bestehen die Anforderungen seitens des BVerfG an den Gesetzgeber, dem Rundfunk eine positive Ordnung zu gestalten. Zur positiven Ordnung zählt insbesondere das Gebot der inhaltlichen Programmausgewogenheit, Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung (10. Leitsatz), das in den Mediengesetzen und Rundfunkgesetzen der Länder in Leitgrundsätzen und Begriffen wie „Unabhängigkeit“, „Objektivität“ und „Überparteilichkeit“ festgeschrieben wird. Mit dem Leitgrundsatz zur inhaltlichen Ausgewogenheit wird sich die Untersuchung intensiv auseinandersetzen, weil dieses Thema die Parteien damals wie heute vorrangig beschäftigt. Während die Presseorganisationen Tendenzunternehmen sein können, müssen im ö.-r. Rundfunk alle geistigen und kulturellen Strömungen sowie alle politischen Richtungen Beachtung finden (vgl. Rundfunkgesetze der Länder und Richtlinien/Programmgrundsätze der Anstalten), weil der ö.-r. Rundfunk eine Monopolstellung innehat, die sich aus Gebühren und Werbeeinnahmen finanziert. Generell ist somit festzuhalten, dass die Gebührenzahler der Souverän ö.-r. Anstalten sind. Trotz seines gesetzlichen Auftrages zur Ausgewogenheit in allen Programmsparten muss der ö.-r. Rundfunk diesem lediglich in einem Gesamtrahmen nachgekommen, da auch
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die Berichterstattung eines Alltags nicht der „Balance of power“ entsprechen kann. Die Programmgrundsätze der Anstalten entsprechen sich größtenteils und stimmen mit den Richtlinien des Deutschen Presserates für die redaktionelle Arbeit sowie den Redaktionsstatuten von Zeitungen und Zeitschriften im Wesentlichen überein.48 Dabei gilt als Richtschnur für die Kritik an Rundfunkbeiträgen: Es können vor allem journalistische Qualitätsstandards bei der Vermittlung von Informationen überprüft werden, weniger die Kommunikationsinhalte, die prinzipiell immer nur Facetten der pluralistischen Gesellschaft widerspiegeln. Staatsfreiheit. In allen BverfG-Urteilen wird betont, dass die „für die Allgemeinheit bestimmte Verbreitung von Nachrichten und Darbietungen durch den Rundfunk staatsfrei und unter Beteiligung aller relevanten gesellschaftlichen Kräfte“ erfolgen müsse.49 Unter „Staatsfreiheit“ versteht das Gericht, dass „der Rundfunk nicht einer oder einzelnen gesellschaftlichen Gruppen ausgeliefert wird, dass die in Betracht kommenden gesellschaftlichen Kräfte im Gesamtprogramm zu Wort kommen und dass die Freiheit der Berichterstattung unangetastet bleibt.“50 In der Konsequenz der vorliegenden Gesetzgebung sowie Rechtsprechung wird der Begriff „Freiheit“ zum am meisten zu schützenden Gut der Kommunikationsgrundrechte; auszuschließen ist folglich jedes Monopol der Meinungs- und Informationsverbreitung, soweit es ein Massenmedium wie Fernsehen betrifft. Demokratie ist die Staatsform, die am meisten auf Kommunikation, auf ein Höchstmaß an Öffentlichkeit und Vielfalt der Meinungen und Konkurrenz der Ideen angewiesen ist. Sie sind Kennzeichen einer offenen und pluralistischen Gesellschaft; Monopole stehen diesem Ansinnen entgegen. Hingegen wird durch Vielfalt und Wettbewerb publizistische Macht neutralisiert und die Gefahr der Bevormundung oder Manipulation begrenzt. Dass der ö.-r. Rundfunk über drei Jahrzehnte ein Monopol innehatte, wurde von den Unionsparteien stets als eine Ausnahmeregelung eingestuft, solange es an technischen Frequenzen zur Verbreitung zusätzlicher Programme mangelte. Diese Malaise wurde jedoch durch die flächendeckende Verkabelung, die Inbetriebnahme von TV-Satelliten und die Neuerschließung weiterer terrestrischer Frequenzen in den 80er Jahren beseitigt (s. spätere Kapitel). Binnen-/Außenpluralismus. Das BVerfG bekräftigte Anfang der 60er Jahre aufgrund „gegenwärtiger technischer Gegebenheiten“ (Knappheit von Frequenzen) und des Monopols für die Veranstaltung von Rundfunkdarbietungen als Organisationsform im ö.-r. Rundfunkrecht das Modell des Binnenpluralismus51 bei den Landesrundfunkanstalten, da das Grundgesetz „verlange“, dass „dieses moderne Instrument der Meinungsbildung weder dem Staat noch einer gesellschaftlichen Gruppe ausgeliefert wird“.52 Im ergänzenden Urteil von 1981 werden liberalisierte Auflagen an den Gesetzgeber für das Organisationsmodell des Außenpluralismus53 verbindlich präjudiziert, das ordnungspolitisch am Pressewesen orientiert ist, wobei Rundfunkfreiheit durch externe Vielfalt hergestellt werden kann.
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Z.B.: Bindung an die verfassungsmäßige Ordnung, Verpflichtung zur Wahrheit, Beachtung des Gebots journalistischer Fairness, Trennung von Nachrichten und Kommentaren. BVerfGE 31, 1971, S. 329. BVerfGE 57, 1981, S. 322. Binnenpluralität gebietet die Ausgewogenheit der Programme innerhalb eines Rundfunksenders. Vgl. BVerfGE 12, 1961, S. 262-263 und BVerfGE 57, 1981, S. 325. Außenpluralismus wird durch den Wettbewerb der Programme konkurrierender Rundfunksender hergestellt.
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Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
Landesmediengesetze/Rundfunkorganisation. Bereits mit seinem „Ersten Fernsehurteil“54 hat das BVerfG bestätigt, dass gemäß Artikel 70, Abs. 1 des Grundgesetzes die Rundfunkorganisation durch die Länder zu gestalten ist, entsprechend der förderalen Struktur Deutschlands: „(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.“55/56 Entsprechend der Regelungskompetenz in Fragen des Rundfunks erlassen die Länder Landesmedien- und Landesrundfunkgesetze. Eine Rahmenzuständigkeit des Bundes besteht nur für den grenzüberschreitenden Auslandsfunk (Rundfunkanstalten des Bundesrechts „Deutschlandfunk“ und „Deutsche Welle“). Bei Ausstrahlungen von Rundfunkveranstaltungen über Ländergrenzen hinweg müssen Rechtsgrundlagen zunächst als Staatsverträge zwischen den Ländern abgeschlossen werden (z.B. ZDF-Staatsvertrag, Rundfunkgebührenstaatsvertrag). Zum eigentlichen Untersuchungsthema: Anfang der 80er Jahre waren elf Bundesländer gefordert, die duale Medienlandschaft von morgen in einem Staatsvertrag zu ordnen, der das Nebeneinander von privatem und ö.-r. Rundfunk sowie die Nutzung der fortgeschrittenen Kommunikationstechniken regelte (vgl. Kap. 3.1). Vorgreifend hatten schon einzelne B-Länder Gesetzesinitiativen ergriffen, um über Pilotprojekte in ihren Ländern das Privatfernsehen auf den Weg zu bringen.57 Landeseigene Medienanstalten öffentlichen Rechts – auch „Zentralen“ genannt – erteilen seit 1984 Lizenzen für die Zulassung von privaten Rundfunkveranstaltern in ihrem Bundesland und üben eine Programmkontrollfunktion wie z.B. in Bayern aus: „Die Programmverantwortung und -aufsicht der Bayerischen Landesmedienzentrale umfasst alle von ihr genehmigten lokalen, landesweiten und bundesweiten Radio- und Fernsehprogramme. Sie sorgt hierbei u.a. für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen, wacht über Meinungsvielfalt und Qualität der Rundfunkprogramme und fördert diese mittels programmlicher Konzepte.“58 Der Startschuss für das privatwirtschaftlich ausgerichtete Fernsehen – in Branchenkreisen auch „Urknall“ genannt – fiel am 1. Januar 1984 in Ludwigshafen. Als erster von vier bundesweit ausgestrahlten Privatsendern ging die „Programmgesellschaft für Kabel- und Satellitenrundfunk“ (abgekürzt PKS, aus dem später SAT.1 entstand) auf Sendung; das Programm wurde über den Fernmeldesatelliten ECS 1 ausgestrahlt. Am 2. Januar 1984 folgte „RTL plus“ und nahm zunächst aus Luxemburg seinen Sendebetrieb auf. Der deutsche Popkanal „musikbox“ (erhielt später den Namen „Tele 5“ und siedelte nach München um) ging am 28. August 1985 von Ludwigshafen aus über den Fernmeldesatelliten Intelsat auf Sendung. Als letzter der vier großen Fernsehsender erhielt
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BVerfGE 12, 1961, S. 205 ff. (s. Leitsatz 3.b). Art. 70 GG. In: http://bundesrecht.juris.de.html (Bundesministerium der Justiz) 21.12.2005. Eine nach den Prinzipien des Föderalismus ausgerichtete Politik hat aber nicht nur positive Seiten, sondern auch negative, insbesondere dann, wenn durch eine unterschiedliche Mediengesetzgebung der Länder eine kulturelle Schlagseite und damit möglicherweise eine Zweiklassen-Gesellschaft entsteht. Die Bundesregierung unter Kohl setzte sich ab 1982 für eine einheitliche Gesetzgebung im Sinne einer Angleichung der Mediengesetzgebung aller Bundesländer ein, damit nicht in Zukunft zwischen „besser und schlechter informierten Bürgern“ unterschieden werden muss. Z.B.: Gesetzentwurf der Landesregierung von Rheinland-Pfalz über einen Versuch mit Breitbandkabel 1980; Berufung einer Expertenkommission zur Vorbereitung des Kabelpilotprojektes München durch den Ministerrat der Bayerischen Staatsregierung 1980. Soweit das BVerfG in seinen Urteilen der 80er Jahre einzelne Bestimmungen von Landesmediengesetzen für nicht verfassungskonform erklärt hatte, wurden die geforderten Änderungen durch die Gesetzgeber später vorgenommen. BLM-Programmaufsicht. http://www.blm.de.html 17.12.2005.
Kap. 1.5 Kompetenzen des Bundes und der Länder bei der Gestaltung der Rundfunklandschaft
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„Eureka Television“ (in München angesiedelt) am 31. Oktober 1986 die Sendelizenz und nahm den Programmbetrieb auf.59
1.5.3 Abstimmungsprozesse zwischen Bund und Ländern Im Regelfall konnten die Abstimmungsprozesse zwischen Bund und einzelnen Ländern in der politischen Praxis durchaus kontinuierlich und weitgehend gleichgewichtig verlaufen, wenn gemeinsame medienpolitische Initiativen zu ergreifen waren.60 Erwartungsgemäß kündigte so z.B. BK Kohl in seiner ersten Regierungserklärung am 13. Oktober 1982 den Weg zur Anwendung moderner Kommunikationstechniken an, etwa zur Verbreitung des Kabel- und Satellitenfernsehens, der in der Folge von den B-Ländern zustimmend beschritten wurde: „Wir wollen [...] den Weg freigeben für die Anwendung moderner Techniken und die Entwicklung neuer Technologien, vor allem im Kommunikationswesen.“61 Die technisch-funktionale Umsetzung dieser politischen Erklärung fiel in das Ressort des Bundespostministers Schwarz-Schilling, der seit 1975 Vorsitzender des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU war. Unter dem Vorzeichen des Machterhalts war das Verhältnis zwischen den jeweiligen Bundesregierungen und den ihr nahestehenden Parteinzentralen stets ein sehr enges und führte zu Abstimmungsprozessen, die als richtungsgebend etwa gegenüber den Ländergliederungen verstanden werden konnten. Dabei wurden von Seiten der Parteizentralen wiederholt Direktiven aus dem Bundeskanzleramt entgegengenommen und Begründungen unverändert adaptiert, wie ein sozialdemokratisches Beispiel zeigt: „Das beiliegende ‚Medienpolitische Argumentationspapier’ ist im Bundeskanzleramt (Abteilung 5) erstellt worden. Es ist der Versuch, eine Argumentation für die Bereiche Neue Medien und öffentlichrechtliches System zu leisten (...) schlage (...) vor: Veröffentlichung in der Reihe ‚interne Dokumente’“.62 In einem anderen Fall plädierte die Parteizentrale deutlich für eine gemeinsame Vorgehensweise mit der SPD-dominierten Bundesregierung: „Es erleichtert unsere Arbeit, dass Helmut Schmidt auch nach dem 5. Oktober öffentlich der Medienpolitik einen hohen Rang gibt (...) Ich lege deshalb besonderes Gewicht auf eine gute medienpolitische Abstimmung zwischen Parteivorstand und Kanzleramt.“63 Vergleichbare Abstimmungsprozesse liefen ab Oktober 1982 auch zwischen der CDU-Parteizentrale und dem CDUBundeskanzler Kohl, wobei diese dadurch erleichtert wurden, dass Kohl die Ämter Bundeskanzler und Vorsitzender der CDU-Bundespartei in Personalunion innehatte.
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Aus Eureka Televison, dem ersten bundesweit ausstrahlenden Informations- und Nachrichtensender, der u.a. Teleshopping in Deutschland einführte, wurde am 01.01.1989 der Spielfilmkanal „ProSieben“. Der Bund unterstützte den Einigungsprozess der Länder in den 80er Jahren durch die Regierungserklärungen v. 13.10.1982 und 04.05.1983, die Kabinettsbeschlüsse v. 13.03.1984 und v. 05.03.1986 und durch den Medienbericht ’85 der Bundesregierung v. 16.06.1986. Kohl, Helmut 1982, S. 857. Vermerk SPD-Parteizentrale/AL III an Egon Bahr/Bundesgeschäfts-führer v. 13.03.1980, Bonn. Vermerk SPD-Parteizentrale/Referat Massenmedien an Holger Börner: Stichworte für die Medienkommissionssitzung am 30.10.1980, S. 1, 23.10.1980, Bonn.
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Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
Ministerpräsidenten der Länder im Dialog mit der Bundesregierung im Bundeskanzleramt 1985. Foto: BPA
1.5.4 Zuständigkeit für das Rundfunkwesen Eindeutig wurde im Grundgesetz die Zuständigkeit der Bundesländer bei der Gesetzgebung der Rundfunkorganisation geregelt, während die Fernmeldehoheit für Übertragungsnetze in den Ressortbereich des Bundes fällt (Bundeskompetenz für das Fernmeldewesen lt. Art. 73, Abs. 7 GG). Dadurch hat der Bund allein schon mit der Einführung neuer oder beim Ausbau vorhandener Techniken (z.B. Glasfaser, Kabel, Bereitstellung zusätzlicher Rundfunkfrequenzen) enorme politische Mitgestaltungsmöglichkeiten (z.B. bei standortpolitischen Entscheidungen, in welchen Ländern Investitionen stattfinden sollen). Über diese Aspekte hinaus bleibt der grenzüberschreitende Rundfunk (Stichwörter: Bundesrundfunkanstalten, Satelliten) die Domäne des Bundes. Es ist offenkundig, dass sich die jeweiligen Regierungs- wie Oppositionsparteien bei der Einschätzung eines folgenschweren Sachverhaltes immer einig gewesen waren: Der Gestaltungsbedarf für die Rundfunkpolitik wird durch die Technik vorbestimmt, denn sie „erfindet“ und macht damit Vorgaben für die Sende-, Übertragungs- und Empfangstechniken. An ihren Parametern kommt keine Partei mittel- und langfristig vorbei, will sie nicht die Realität ad absurdum führen. Zum Ausgangspunkt der Untersuchung: Die Bundesregierungen der 80er Jahre und die seinerzeit für die Bereitstellung der Fernmelde- und Telekommunikationsinfrastruktur zuständige Deutsche Bundespost waren grundsätzlich verpflichtet, ihre Einrichtungen, Netze und Anlagen nicht nur zu erhalten, sondern immer wieder auch dem neuesten Stand der Technik anzupassen. Somit stellte die Bundespost das technische System; über die zu transportierenden Inhalte entschied die Politik. In diesem Zusammenhang stehen die unter-
Kap. 1.5 Kompetenzen des Bundes und der Länder bei der Gestaltung der Rundfunklandschaft
35
schiedlichen politischen Meinungen zu den durch Kabel und Satellit forcierten neuen Übertragungsmöglichkeiten für Fernsehen und Hörfunk.
1.5.5 Europäische Medienpolitik/Entwicklung des „Free flow of information“ Einigkeit bestand in den 80er Jahren zwischen den Parteien Deutschlands gegenüber der Europäischen Union (EU), dass in den Zeiten des ö.-r. Monopolrundfunks die Sektoren Fernsehen und Hörfunk als nichtkommerzielle Veranstaltungen zu behandeln sind und somit als ein zu schützendes „Kulturgut“ in die nationale Zuständigkeit Deutschlands fallen. Deshalb lehnten die Ministerpräsidenten der deutschen Länder die Kompetenz der EU für den Rundfunkbereich ab und betonten, dass ausschließlich sie als verfassungsmäßige Träger der Rundfunkhoheit eine Regelungskompetenz besitzen. Im Gegensatz zu dieser Position stufte die EU den Rundfunk – in Anlehnung an die „Römischen Verträge“, an das EU-Recht und an die ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes – als eine „Dienstleistung“ (i.S.d. Art. 49 EG) ein, also als einen Wirtschaftsfaktor. Hinter dieser Auseinandersetzung war sich die deutsche Politik bewusst, dass eine Globalisierung des Verkehrs von Waren und Dienstleistungen wiederum der Zuständigkeit des gemeinsamen Marktes obliegt. Im Zuge dessen mussten z.B. Urheberrechtsfragen, Quotenregelungen (etwa beim Einkauf außereuropäischer Programmbestandteile) oder das Engagement ausländischer Investoren als Gesellschafter von Rundfunksendern europäisch verbindlich reguliert werden. Überdies konnte nicht bestritten werden, dass mit der Zulassung privater Rundfunkveranstalter ein Teilsegment des Marktes als kommerziell und somit als Wirtschaftsgut zu betrachten ist. Welche fernsehrechtlichen Schritte wurden eingeleitet? Um den Wettbewerb für Rundfunkdienstleistungen in der Europäischen Union identisch zu regeln und zur Vereinheitlichung des Fernsehrechts, hat die EU-Kommission im Mai 1984 ihr sog. Grünbuch mit dem Titel „Fernsehen ohne Grenzen“ auf den Weg gebracht. Mit dieser Grundordnung sollten die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, „sowohl politisch als auch rechtlich den freien und grenzüberschreitenden Austausch von Informationen zu garantieren.“64 Innerhalb des Grünbuches wurde der vom Bundesverfassungsgericht in seinen Fernsehurteilen stets hervorgehobene Begriff „Freiheit“ ausdrücklich betont, der ebenfalls innerhalb der Vorlage einer Medienkonvention „Europäische Übereinkommen über grenzüberschreitendes Fernsehen“ (FsÜ von Juni 1988) des Ministerrates der Europarates Berücksichtigung fand.65 Bereits 1950 wurde die universelle Achtung der Menschenrechte in Artikel 10 der „Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten“ ausdrücklich geschützt: „Jeder hat Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein.“66 Auch die „Römischen Verträge“, die Gründungscharta des Gemeinsamen Europäischen Marktes,
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„Grünbuch“ über die Errichtung des Gemeinsamen Marktes für den Rundfunk in der Fassung v. 14.06.1984 (KOM 84/300 endg.); die Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ (FsRi) wurde am 03.10.1989 vom EGMinisterrat erlassen. 1989 verabschiedeten die Mitglieder des Europarates die FsÜ. Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), S. 4, 04.11.1950.
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umfassten ein liberales Postulat, nämlich „die Beseitigung der Hindernisse für den freien Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedstaaten“.67 Häufig wurde in den 80er Jahren die Frage gestellt, warum denn die Länder bei internationalen Angelegenheiten, die einen grenzüberschreitenden Rundfunk betrafen, noch mitentscheiden sollten. Und behinderten denn nicht gar die Länderzuständigkeiten ein einheitliches europäisches Vorgehen im Sinne des „free flow of information“? Angesichts dieser Problemstellung erinnerten Politiker an die Prinzipien des Völkerrechts und an die Formulierungen aus der Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE; 1975, Helsinki) und an die Mediendeklaration der UNESCO (1978, Paris, Art. 6), die übereinstimmend den ungehinderten Informationsfluss grundsätzlich einfordern. Im Weiteren hatte die Vollversammlung der Vereinten Nationen (UNO) am 10. Dezember 1982 eine Resolution „Grundsätze der Nutzung der Direktübertragung durch Satelliten“68 verabschiedet, in der ein grenzüberschreitender Informationsfluss ausdrücklich begrüßt wurde. Nur für den Fall, dass Satellitensendungen bewusst von einem Staat auf einen anderen gerichtet würden, sei die Genehmigung eines Staates erforderlich. Festzustellen bleibt, dass der “free flow of information” die europäische Entwicklung zu Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung förderte und überfällige Strukturveränderungen einleitete.
1.6 Macht des Fernsehens 1.6.1 Einfluss des Massenmediums Fernsehen Politikvermittlung ist ein uraltes Thema69, doch erst mit dem Massenmedium Fernsehen entbrannte ein Rivalitätskampf zwischen den Parteien und ihren autoritativen Volksvertretern um Sendezeiten mit hohen Einschaltquoten und großem Einflusspotential. Gemeinhin machen politische Nachrichten den überwiegenden Teil der Fernsehnachrichten aus und dienen sowohl der Öffentlichkeit als auch der Politik als Gradmesser bedeutender Kommunikationsprozesse. Entscheidend für das Forschungsanliegen ist auf alle Fälle: Das Fernsehen war in den 80er Jahren die wichtigste Quelle politischer Informationen (vor der Tageszeitung und Gesprächen mit Bekannten und der Familie).70 Allein die „Tagesschau“ (ARD) erreichte im Untersuchungszeitraum 1986 bis 1989 durchschnittlich zwischen 8,42 und 9,36 Millionen Zuschauer.71 Von großer Bedeutung für die Rezipienten72 waren ebenfalls die politischen 67
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Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) v. 25.03.1957, Art. 3, Abs. c). Unter die „Römischen Verträge“ fällt auch der Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM) v. 25.03.1957. In: Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Zwischenbericht Realitäten und Tendenzen des Fernsehens in Europa: Perspektiven und Option, 1983, Dok. KOM (83) 229, S. 75-78 [Anm.: Die Bundesrepublik Deutschland stimmte gemeinsam mit acht weiteren europäischen Ländern gegen die Resolution]. Hätte es das Fernsehen bereits zu Christi Zeiten gegeben, hätte er wahrscheinlich mit den „Konkurrenzreligionen“ um Sendeplätze und eine faire Berichterstattung gerungen, um in seiner Vermittlerfunktion die politischen Botschaften Gottes unter das Volk bringen zu können. Vgl. Deutsche Wahlstudien (ZA 1053, ZA 1275, ZA 1901, ZA 1536, ZA 1537) http://www.gesis.org/datenservice/Suche/daten/index.html. Durchschnittliche Reichweiten der Fernsehnachrichten 1986-1989. In: Media Perspektiven 4/90, 1990, Frankfurt am Main, S. 258. Innerhalb meiner Untersuchung wird der Begriff „Rezipient“ mit „Zuschauer“ (Fernsehen) gleichgesetzt.
Kap. 1.6 Macht des Fernsehens
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Magazinsendungen bei ARD und ZDF: 1985 verfolgten im Jahresdurchschnittwert 24 Prozent der Haushalte derartige ARD-Sendungen (= 8,09 Millionen Zuschauer); beim ZDF waren es 12 Prozent der Haushalte (= 3,84 Millionen Zuschauer).73 Bei Ereignissen von hoher politischer Tragweite wird das Fernsehen als erste Informationsquelle genutzt, unangefochten von anderen Medien. So sahen z.B. in den ersten Tagen nach der Öffnung der DDR-Grenzen (9.-18. November 1989) bis zu 42,72 Millionen Menschen (= 82 Prozent aller Fernsehzuschauer) mindestens eine der vier Hauptnachrichtensendungen bei ARD oder ZDF.74 Die durchschnittliche Nutzungsdauer des Fernsehens lag in den 80er Jahren bei ca. 123 Minuten.75 Bei nationalen Themen kann von einer Dominanz des Fernsehens ausgegangen werden, wobei dieses durch die Plazierung von Themen und Politikern maßgeblich dazu beiträgt, worüber die Öffentlichkeit denkt (vgl. „Agenda Setting“-These76). Das Fernsehen legt die Messlatte an für den Erfolg oder Misserfolg von Politikerkarrieren und Zielsetzungen von Parteien (z.B. Wahlen zu gewinnen), indem es dieser Gruppe nach eigenen Kriterien Sendezeiten einräumt, die Präsenz von Politikern bestimmt, die Auswahl und Rangfolge von Themen innerhalb von Sendungen festlegt und an der öffentlichen Einschätzung von Personen (z.B. hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit) maßgeblich mitwirkt. Im Kern ihres Handelns sind die Medien weder neutral noch agieren sie als bloßes Verlautbarungsorgan, zudem reproduzieren sie „Meinungsverschiedenheiten in Hülle und Fülle“77; sie sind selbständig in ihrer journalistischen Arbeitsweise und doch nachrichtlich abhängig von der Politik und ihren Themen. Erhebungen zur Bedeutung des Fernsehens weisen bereits 1984 nach, dass dieses Medium von keiner anderen Freizeitaktivität übertroffen wird, denn „anders ist nicht zu erklären, weshalb er [der Zuschauer] 40 bis 50 Prozent dieser Zeit mit dem Fernsehprogramm verbringt“.78 Im Wissen um die Vormachtstellung des Massenmediums Fernsehen (das Fernsehen ist zur Freizeitbeschäftigung Nr. 1 der Deutschen geworden) untersucht das BAT Freizeit-Forschungsinstitut kontinuierlich das Freizeitverhalten der Bundesbürger und zog 2004 bei einer Repräsentativbefragung das keineswegs überraschende Fazit: „Das Fernsehen hat nichts von seiner Attraktivität verloren. Die TV-Einschaltquoten bleiben stabil (...) Zu den regelmäßigen Freizeitbeschäftigungen (mindestens einmal pro Woche) gehören nach wie vor Fernsehen (97%), Radiohören (91%) und Zeitunglesen (84%).“79 Dass Medien über den eigentlichen Vermittlungsauftrag hinaus eine „eigene“ Informationspolitik z.B. durch eine selektive Weiterverbreitung von Nachrichteninhalten betreiben, dafür hat der Gesetzgeber gesorgt, da er den politischen Meinungsbildungsprozess am Laufen halten möchte. Anders gesagt: Ohne Medien würde der funktionale Informationsfluss zwischen der Politik als Entscheidungsträger staatlicher Machtmittel und dem Bürger mit 73 74 75 76
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Vgl. Darschin, Wolfgang/Frank, Bernward: Tendenzen im Zuschauerverhalten. Fernsehgewohnheiten und Fernsehreichweiten im Jahre 1986. In: Media Perspektiven 4/87, 1987, Frankfurt am Main, S. 197-202. Vgl. Darschin, Wolfgang/Frank, Bernward (1990): Tendenzen im Zuschauerverhalten. Fernsehgewohnheiten und Fernsehreichweiten im Jahr 1989. In: Media Perspektiven 4/90, Frankfurt am Main, S. 260. Vgl. Media Perspektiven/Basisdaten 2004, Frankfurt am Main, S. 64. McCombs, Maxwell/Shaw, Donald argumentieren – gestützt auf Bernhard Cohen (1963) –, dass die Medien zwar keinen großen Einfluss darauf haben, was die Öffentlichkeit zu einzelnen Themen denkt, aber einen massiven Einfluss darauf, worüber sie sich Gedanken macht. Vgl. Brettschneider, Frank 1994, S. 211-229. Vgl. Luhmann, Niklas 1996, S. 126. In: Süddeutscher Rundfunk (Hrsg.): „Südfunk“ Juli 7/84: Trends in der Mediennutzung, 1984, Stuttgart, S. 6-7. Freizeit-Monitor 2004: Web frisst Fernsehen ist eine Legende. http://www.bat.de./OneWeb/sites/BAT.html 21.12.2005.
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Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
seinen Rückmeldungen an Bedürfnissen und Reaktionen nicht stattfinden können. Über die „Allmacht“ des Fernsehens spekulieren und diskutieren insbesondere politische Akteure, Journalisten und Wissenschaftler, nachdem dieses Medium die Einstellungen und Verhaltensweisen der Öffentlichkeit nachhaltig beeinflusst. Schon Lippmann weist in seinem Standardwerk „Public Opinion“ auf die herausragende Bedeutung von Kommunikationsinstrumenten hin, in dem er auf die Diskrepanz zwischen „the pictures in our head“ (fiktive Vorstellungen) und „the world outside“ (Realität) aufmerksam macht.80 Für die Politik scheint die Machtfülle des Fernsehens auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung seit Jahrzehnten festzustehen, denn Ende der 50er Jahre bereits hatten die Parteienvertreter von SPD und CDU/CSU im Bundestag sehr pointiert die Bedeutung der Massenmedien aufgezeigt: „Rundfunk und Fernsehen sind Machtinstrumente; sie sind über den Werbefunk und das Werbefernsehen wirtschaftspolitische Machtinstrumente zur Erzeugung und Lenkung von Konsumwünschen; sie sind über Nachrichten, über Kommentare und über zugeteilte Sendungen zugleich allgemeinpolitische Machtinstrumente zur Erzeugung und Lenkung politischer Meinungen.“81 Angesichts des dominanten Einflusses des Massenmediums auf politische Sachfragen und Probleme hielt Adenauer es bekanntlich für angebracht, „dass das Fernsehen im Wahlkampf als ein Propagandamittel für uns bereitsteht und nicht nur für die SPD“.82 Zu ähnlichen Schlussfolgerungen über die Omnipotenz des Massenmediums kamen Parteienvertreter in den 70er und 80er Jahren; ein Nachweis darüber erfolgt mit der vorliegenden Untersuchung. Welche Wirkungen gehen von den Massenmedien, insbesondere vom Fernsehen aus? Zunächst erfordern die wesentlichen Erkenntnisse sozialwissenschaftlicher Denkmuster eine differenzierte Betrachtung, um mehr als dem Anspruch nach Plausibilität zu genügen. Dies gilt vor allem für jene Arbeiten, die einen direkten Zusammenhang zwischen dem Ausgang von Wahlentscheidungen und der Medienmacht des Fernsehens untersuchen und diese Wirkungen als bisher empirisch nicht nachgewiesen betrachten.83 Zunächst sehen in den 40/50er Jahren Lazarsfeld u.a. einen begrenzten Effekt auf die Einstellungen der Rezipienten bei Politikvermittlungsprozessen durch die Medien.84 Spätere Arbeiten attestieren, dass zwar gegenseitige Abhängigkeiten zwischen Fernsehen und Zuschauern vorliegen, dabei jedoch Faktoren wie z.B. Aufbereitung und Darstellung der Informationen, Art der Argumente, Plazierung des Beitrages innerhalb einer Sendung noch zusätzlich zu erforschen sind ebenso wie die vorherigen Einstellungen und der Bildungsgrad der Rezipienten.85 Unberücksichtigt bleibt bei derartigen Beurteilungen, dass der Zuschauer aus zeitlichen, sozialen oder anderen Gründen darauf angewiesen sein kann, seine Entscheidungen auf der Grundlage von massenmedial vermittelten Informationen treffen zu müssen.86 Andere Befunde gehen davon aus, dass hierbei „Mythen in der Wirkungsforschung“ oder „Legenden“87 aufgebaut wurden, um aktuelle Thesen über Medienwirkungen präsentieren zu können. 80 81 82 83 84 85 86 87
Vgl. Lippmann, Walter 1922, S. 3 ff. und 181. Deutscher Bundestag 1958, Bonn, S. 687 ff.. Adenauer, Konrad 23.08.1960 (zitiert nach: Buchstab 1994, S. 762). Vgl. Chaffee, Steven H./Hochheimer, John L. 1983; Kepplinger, Hans Mathias/Maurer, Marcus 2000, S. 444 ff. Vgl. Lazarsfeld, Paul/Berelson, Bernard/Gaudet, Hazel 1944. Vgl. Hovland, Carl I./Janis, Irving L./Kelley, Harold H. 1953; Lowery, Shearon/De Fleur, Melvin 1983. Z.B. hat der Rezipient keine Freizeit oder finanzielle Möglichkeit, eine Zeitung zu lesen, oder kann aus gesundheitlichen Gründen sein Zuhause nicht verlassen, um sich in der Realität informieren zu können. Vgl. Schulz, Winfried 1997, S. 177.
Kap. 1.6 Macht des Fernsehens
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Das Gegenteil von allmächtiger Wirkungsmacht – nämlich einzig einen begrenzten Einfluss – wollten die damaligen Fernsehmonopolisten ARD und ZDF mit einer Studie „Fernsehen und Alltag“88 zur Bundestagswahl 1980 nachweisen. Vereinfacht dargestellt: Die Rolle des Fernsehens und damit seine Wirkungsmöglichkeiten seien begrenzt. Im Gegensatz dazu würdigten nahezu alle wissenschaftlichen und politischen Untersuchungen sowie Meinungen diese Studie nicht sonderlich, „indem paradoxerweise zu zeigen versucht wurde, dass das Fernsehen für das Alltagsleben des Publikums vergleichsweise wenig Bedeutung besitze.“89 Allerdings geht Langenbucher – basierend auf den Ergebnissen der erwähnten Studie – davon aus, dass das Fernsehen von den Politikern und ihren Kommunikationsstrategen weit überschätzt wird.90 Er beruft sich dabei u.a. auf ein Teilergebnis der ARD/ZDFStudie, dass trotz hoher Fernsehnutzung der 25- bis 35jährigen Panelmitglieder „[der Alltag] ganz überwiegend von privaten Ereignissen und interpersonaler Kommunikation geprägt ist.“91 Diese Annahme ist unbedingt einzuschränken, denn Einflüsse wirken häufig indirekt, durchaus auf suggestive Art, wenn sie sich automatisch und unbewusst in Alltagsabläufe einbringen und zu Entscheidungsfaktoren oder zu Ritualen werden: „Auf diese Weise hat es [das Fernsehen] doppelten Charakter, indem es sowohl die alltägliche Wirklichkeit mitgestaltet als auch Möglichkeiten des Tagtraums und der Phantasie eröffnet, um die Zwänge des Alltags zu überwinden.“92 Ohnehin haben nach Kunczik Massenmedien eine immense Wirkung in Situationen, wo andere Nachrichtenquellen nicht verfügbar sind.93 An diese Bewertung anknüpfend ist zu beobachten, dass hauptsächlich bei parteipolitischen Winterwahlkämpfen das Fernsehen den Anspruch auf eine herausragende Stellung einnimmt, da Freiluft-Werbeträger wie Prospekte, Plakate etc. zur kalten Jahreszeit weniger Beachtung finden. Welche Folgerungen können aus den ausschnittsweise vorgetragenen Annahmen gezogen werden? Trotz aller inhomogenen Forschungsergebnisse scheint für die Wissenschaft seit langem festzustehen, dass der politische Kommunikationsprozess zunehmend von den elektronischen Medien geprägt wird94, auch wenn die Wirkung des Fernsehens gradual noch ungeklärt ist. Vielmehr ist zu konstatieren, dass jene starke Wirkungsmacht so lange reüssiert, wie die Parteien ihre Kampagnen auf dieses Massenmedium fokussieren und Journalisten sie in dem Glauben an den hohen Stellenwert des Mediums bestärken. Nach diesem Prinzip bewegen sich Politik und Fernsehen also nicht nur aufeinander zu, sie hängen eng zusammen. Dieser Sachverhalt erklärt sich aus der Sicht der Politik vor allem mit drei Argumenten, die im Folgenden noch ausführlich untersucht werden: 1.
Fernsehen, Reichweite und Aktualität. Regierungen, Parlamente und Parteien verlautbaren sich nahezu ausschließlich über die Medien, wobei Fernsehen und Hörfunk am aktuellsten sind. Betrachtet man ferner die großen Reichweiten des Fernsehens, verbunden mit seinen zeitschnellen Einflussmöglichkeiten, so wird ersichtlich, weshalb Politiker um audiovisuelle Informations- und Interpretationssendezeiten und damit um die Gunst der Öffentlichkeit, um Macht und Stimmen kämpfen.
88 89 90 91 92 93 94
Vgl. Darkow, Michael/Buß, Michael u.a. 1983. Holtz-Bacha, Christina 2002, S. 4. Vgl. Langenbucher, Wolfgang 1989, S. 92. Buss, Michael 1984, S. 54. Mikos, Lothar 1994, S. 33. Vgl. Kunczik, Michael 1990, S. 16. Vgl. Jarren, Otfried 1994, S. 25.
40 2.
3.
Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
Macht der Bilder und ihre Glaubwürdigkeit. Das besondere Verhältnis zwischen Öffentlichkeit und „Macht der Bilder“ lässt sich pointiert so charakterisieren: „Was nicht im Fernsehen war, wird kaum zum Teil der politischen Wirklichkeit.“95 Mehr noch: Das Fernsehen ist offenbar das perfekte Instrument und dessen Bilder eine konstante Einflussgröße, „um Images und Emotionen, Stimmungen und klimatische Eindrücke zu vermitteln.“96 Fernsehen und Wahlen. Im Zuge eines politischen Kommunikationsprozesses erreichen die Parteien immer schwerer durch herkömmliche Werbemittel oder eigene Organe die Öffentlichkeit, können kaum noch Bürger mobilisieren (etwa für Massenkundgebungen) und sind verunsichert bei Problemlösungsansätzen aufgrund wechselnder Wählerschaften. „Politikverdrossenheit“ wird zum Synonym für eine negative Entwicklung der Parteienlandschaft; ihr Zustandekommen ist als ein schleichender Prozess zu betrachten. Innerhalb dieser Kausalkette übt das Fernsehen einen stärkeren Einfluss auf politische Entscheidungen aus als die Gliederungen der Parteien auf lokaler, regionaler oder Landesebene.97
1.6.2 Fernsehen, Reichweite und Aktualität Nach dem Verständnis der Kommunikationswissenschaft hat das Fernsehen, aufgrund hoher Reichweiten auch als „Leitmedium“ angesehen, eine zentrale Rolle bei der Öffentlichkeitsarbeit der Parteien und deren Politikern inne, da es ihnen eine starke Präsenz und einen weiträumigen Wirkungsbereich garantieren kann. Ein erstes, wesentliches Entscheidungskriterium pro Fernsehen liegt somit vor: „Die Masse macht’s“. Abgesehen von einer Boulevard-Zeitung wie „BILD“ konnte kein anderes tagesaktuelles Printerzeugnis98, geschweige denn einzelne Hörfunksendungen, in den 80er Jahren mit einem Millionenpublikum aufwarten und mit den informationslastigen Sendungen des Fernsehens ernsthaft konkurrieren. Trotz einer zeitlich intensiveren Nutzungsdauer des Hörfunks gegenüber dem Fernsehen innerhalb des Untersuchungszeitraumes (vgl. Abb. 4) konnte das Radio die Vormachtstellung des AV-Medienkonkurrenten keineswegs gefährden. Es lässt sich begründet annehmen, dass ein reichweitenstarker und überaus gegenwartsnaher Aufmerksamkeitseffekt erzielt wurde, wenn es den Parteien bzw. Politikern gelang, insbesondere in den Hauptnachrichtensendungen wie „Tagesschau“, „Tagesthemen“ (beide ARD), „heute“ oder „heute-journal“ (beide ZDF) unter den Topmeldungen über einen längeren Zeitraum hinweg plaziert zu werden. Denn die genannten Nachrichtensendungen erreichten allabendlich zwischen vier und zehn Millionen Zuschauer (= 13 bis 27% der Haushalte).99 Dabei führt die Institution „Tagesschau“ seit ihrer Einführung am 1.10.1956 die Hitliste der abendlichen News-Sendungen zwischen 19:00 und 21:00 Uhr an: 95 96 97
98 99
Oberreuter, Heinrich 1997, S. 17. Schulz, Winfried/Schönbach, Klaus 1983, S. XI. Dies hängt insbesondere damit zusammen, dass die Parteipresse aufgrund fehlender Finanzgrundlagen in den 80er Jahren eingestellt wurde (Ausnahme: „Bayernkurier“ der CSU) und somit das offizielle Organ als Bindeglied zwischen Partei und Basis abhanden gekommen ist. Telefonauskunft des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger/ Pressestelle v. 02.03.2006. Vgl. Durchschnittliche Reichweiten der Fernsehnachrichten 1986 bis 1989. In: Media Perspektiven 4/90, Frankfurt am Main, S. 258. [In 1989 entsprachen 2,5 % Haushalte im Jahresdurchschnitt 842.000 Zuschauern.]
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Kap. 1.6 Macht des Fernsehens
„Die Auswertung verdeutlicht die Vormachtstellung der öffentlich-rechtlichen Informationssendungen vor den privaten, denn die SAT.1- und RTL plus-News scheinen beim direkten Vergleich mit ARD und ZDF in den vorderen Plätzen zu keiner Tageszeit auf. Der Grund: die Privat-Nachrichten erreichten (...) zu keiner Tageszeit eine höhere Einschaltquote als durchschnittlich 2,5 Prozent.“100 Das elektronische Fernsehen ist in der Lage, aktuelle Ereignisse ohne Zeitverlust zu übertragen; so können z.B. Politiker live befragt und die Antworten direkt gesendet werden. Betrachtung findet hierbei, dass ein breites Publikum keine ausführlichen politischen Zielsetzungen oder Programmatiken zur Kenntnis nimmt und sich mit parteipolitischem Hintergrundmaterial auseinandersetzt; es will audiovisuell über die aktuellen Geschehnisse z.B. durch Nachrichten- oder aktuelle Sondersendungen unterrichtet werden. Aus diesem Grund besaß das Fernsehen z.B. 1980 innerhalb der Mediengattungen einen Aktualitätsvorsprung (61% gegenüber 23% beim Hörfunk und 6% bei der Tageszeitung) und wird bei aktuellen politischen Ereignissen sehr häufig als erste Informationsquelle genannt.101 Für den gesamten Untersuchungszeitraum lässt sich zusammenfassen, dass bei den Attributen „aktuell“, „kompetent“, „informativ“ und „glaubwürdig“ das Fernsehen im Direktvergleich mit anderen Medien am besten abgeschnitten hat (vgl. Basisdaten Media Perspektiven 1980-1989). Abb. 4:
Durchschnittliche Nutzungsdauer der Medien
Nutzungsdauer in Min./Tag (Ø Mo.-Sa. Alte Bundesländer)
1980
1985
1990
Fernsehen
125
121
135
Hörfunk
135
154
170
38
33
28
Tageszeitung
[Quelle: Berg, Klaus/Ridder, Christa-Maria (Hrsg.): Massenkommunikation VI. Eine Langzeitstudie zur Mediennutzung und Medienbewertung 1964-2000. In: Schriftenreihe Media Perspektiven, Bd. 16, 2000, S. 47]
1.6.3 Macht der Bilder und ihre Glaubwürdigkeit Angesichts der nach ihrer Reichweite gemessenen Massenmedien war die Politik erfahren genug, zu erkennen, dass durch eine ständige, starke und aktuelle Präsenz und die damit verbundenen audiovisuellen Botschaften eine Omnipotenz erzielt wird. Auf der Basis von Untersuchungsdaten zeigt sich, dass die Bevölkerung eine gehörige Portion Vertrauen vor allem zu den Bildern der elektronischen Medien besitzt, denn die „filmische“ Glaubwürdigkeit des Fernsehens wird höher eingeschätzt als die „Töne“ des Hörfunks oder die Informationen der Tageszeitung. So war das Fernsehen „auch 1985 für die Mehrheit der Bundesbürger das glaubwürdigste unter den drei Medien.“102 100 Bericht der Deutschen Gesellschaft für Kommunikationsforschung für die 5. bis 8. Kalenderwoche, 30. Januar bis 26. Februar 1989, Köln. 101 Vgl. Kiefer, Marie-Luise 1982, S. 117. 102 Kiefer, Marie Luise 1987a, S. 145.
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Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
Bilder erscheinen deshalb verlässlich und unbeeinflussbar, weil man die Ereignisse mit „eigenen“ Augen wahrnimmt (obwohl fremde Augen zuerst eine Bildauswahl getroffen haben), wobei dieser Effekt der ‚Quasi-Authentizität’ in der deutschen Bevölkerung deutlich wahrnehmbar ist.103 Durch das falsche Gefühl, unmittelbar am Ort des Geschehens zu sein, entsteht eine Form der Glaubwürdigkeit, die höchstens geringe Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der medial verbreiteten Informationen zulässt (vgl. Abb. 5). Dass aber z.B. aus mehrstündigen Reden nur Sekunden gesendet werden und aus einer Vielzahl von Ereignissen nur ganz wenige ausgewählt werden und letztlich in Bruchstücken auf dem Bildschirm erscheinen, darüber denkt ein Medienkonsument wohl kaum ernsthaft nach. Vielmehr favorisiert die Öffentlichkeit bewegte Szenen, die wie Abbilder der Realität wirken und Emotionen transportieren.104 Fernsehbilder halten stärker als alle anderen Kommunikationsinstrumente Stimmungen fest und bewegen damit Menschen in eine von einem Absender der Botschaft (z.B. Politiker) oder dessen Vermittler (z.B. Journalist) beabsichtigte Richtung. Nicht zuletzt sind es eindeutig die Bilder, die beim Rezipienten in Erinnerung bleiben, weniger die Inhalte, obwohl Machthaber zunehmend Statements in fernsehgerechten Portionen abgeben, die in wenigen Worten das Geschehen auf den Punkt bringen sollen. Wenn dem so ist, dann beeinflusst gerade die im Fernsehen produzierte optische und akustische „Gegenwart“ ganz wesentlich den Alltag des Menschen. Dieser in Bilder selektierte Augenblick wird häufig unbewusst als eine erlebte Wirklichkeit aufgenommen und nicht mehr als eine entfernte Reportage eines „Fremdenführers“ betrachtet. Pointiert formuliert, schafft das Fernsehen eine begrenzte Nähe zur Außenwelt und damit zu einzelnen gesellschaftlichen Ereignissen, die das kritische Bewusstsein des Zuschauers mehr oder minder ausschaltet. Theoretisch gesehen ist es gleichgültig, ob auf dem Bildschirm die Realität gezeigt wird oder nicht; problematisch ist es aber, dass Millionen Bundesbürger die sequenzierten Ausschnitte des Fernsehens für die Realität halten.105 Silbermann zieht daraus den Schluss, dass der einzelne Fernsehzuschauer keineswegs beurteilen kann, „was ihm nicht vorgesetzt wird, ob ihm alles an Information vorgesetzt wird, ob ihm wesentliche oder unwesentliche Teile aus dem Informationsbereich vom Fernsehen zugetragen werden.“106 Dabei gilt es zu bedenken, dass gerade das Fernsehen aufgrund seiner Vormachtstellung selbständig in der Lage ist, Ereignisse zu kreieren, die erst durch das Massenmedium zum Spektakel ausarten. Gortner weist warnend auf diesen Umstand hin und stuft die „Wirklichkeitsangebote des Fernsehens“ gegensätzlich zur Wirklichkeit der Alltagswelt ein.107 Aber bleibt dem Bürger überhaupt eine Entscheidungsmöglichkeit? In logischer Konsequenz besteht ein durch die vorhandene Audiovision ressourcenabgeleiteter Zwang des Mediums, auch politische Themen in Bildern anzubieten, um „allein schon deshalb besonders wirksam“ zu sein.108 Dabei werden bestenfalls im Kopf eines Rezipienten die Fernsehbilder mit den Eindrücken der realen Welt zusammengesetzt, wobei ein kontrastierender Gesamteindruck entstehen kann. Hinsichtlich einer Leistungsbeschreibung, dass Massenkommunikation die Öffentlichkeit glaubwürdig politisch bildet, legt Stuiber Widerspruch ein, „denn niemand ist in der Lage, festzulegen, wann in welchem Ausmaß das eine oder andere Medium im Sinne not103 Vgl. Klingemann, Hans-Dieter 1986, S. 397. 104 Vgl. Gleich, Uli 1998. 105 Vgl. Lange, Klaus 1981; Luhmann, Niklas 1996; Davies, Máire Messenger 1997; Jansen, Andrea/Ruberto, Rosaia 1997; Shanahan, James 1999. 106 Silbermann, Alphons 1966, S. 22. 107 Vgl. Gortner, Ernst 1985, S. 15. 108 Vgl. Maletzke, Gerhard 1963, S. 220-221.
Kap. 1.6 Macht des Fernsehens
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wendiger sozialer oder politischer Orientierung hinreichenden Beitrag geleistet hätte.“109 Den Gedanken Stuibers aufgreifend, wurden in den 80er Jahren besonders die politischen Magazinsendungen untersucht, denen häufig ein negativer Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung unterstellt wurde (vgl. Kap. 2 und 3). Aus den forschungsrelevanten Resultaten kann allerdings nicht gefolgert werden, inwieweit sich die Bevölkerung hat nachhaltig beeinflussen lassen, z.B. bei Wahlentscheidungen. Dass die Macht der Bilder auch ein probates Mittel sein kann, die Politik fernzusteuern, belegen vom Volk organisierte Massenkundgebungen (z.B. in den 80er Jahren Ostdeutsche Proteste für eine Wiedervereinigung, „Lichterketten gegen Rassismus“). Bekanntlich nutzen weltweit Teile von Gesellschaften im Kampf um ihre Bürgerrechte vermehrt das Fernsehen als Multiplikationseinrichtung, ohne von Parteien zuvor instruiert zu sein, deren Sphäre jedoch erheblich tangierend. Das wichtigste Kriterium bürgerlicher Demonstrationen ist, dass das Volk den Herrschenden mitteilt, welche gesellschaftlichen Anliegen zu realisieren sind. Gerade in ökonomisch unterentwickelten Ländern Afrikas und Lateinamerikas gehören Protestkundgebungen nahezu zur Tagesordnung des bürgerlichen Lebens. Es lassen sich weitere Beispiele für die These, dass Bilder des Fernsehens das Handeln der Politik beeinflusst, anführen: der Iran-Irak-Golfkrieg, Militärputsch in der Türkei, erste freie Wahlen in Polen, Bürgerkrieg in Sri Lanka. Auf die Bedeutung von Medienspektakeln in Deutschland weist etwa Wiedemann im Zuge der „Leipziger Montags-Demonstrationen“ hin, die begleitetet wurden von Rufen nach „Gorbi“, nach Demokratie und nach „Deutschland, einig Vaterland“.110 Deutlich wurde, dass das Fernsehen als einziges Medium durch seinen audiovisuellen Informationscharakter bürgerliche Proteste oder gar Aufstände in ihrem ganzen Ausmaß darstellen kann: „ein Spiegel, der die Ereignisse zwar nicht ins Leben rief, aber sie raffte, dramatisierte, zusammenfasste und verstärkte.“111 Stürmer untersucht den Zusammenhang zwischen Medienwirkung und Revolution und gelangt dabei, u.a. bezogen auf die ostdeutschen Proteste von 1989 für eine Wiedervereinigung112, zu der Erkenntnis, dass ohne die Medien „vielleicht alles langsamer abgelaufen, ins Stocken geraten und wahrscheinlich von oben erstickt worden wäre.“113 Welche Schlüsse können aus der Macht politischer Bilder, die bei Kundgebungen entstehen, gezogen werden? Zunächst stellen Fernsehsender massenattraktive Bühnen zur Verfügung, die für die Politik im Zuge der Präsentation eigener Standpunkte von großem Nutzen sein können. Andererseits können sie aber auch schädlich für die Durchsetzung bestimmter politischer Interessen sein, wenn z.B. eine bisher kaum wahrgenommene Opposition in das Rampenlicht des Fernsehens rückt. In den meisten Fällen bedient sich die Politik massenmedialer Schauplätze, auch wenn sie nicht der Auslöser oder Veranstalter derartiger „Zusammenkünfte“ ist. Solcher Logik entspricht z.B. das „Wiedervereinigungsbad in der Menge“ nach der Öffnung der Berliner Mauer und weiterer DDR-Grenzübergänge zum Bundesgebiet am 09. November 1989, das zahlreiche Politiker zur Selbstdarstellung nutzten und das beim Wahlvolk eine positive Grundstimmung für die Regierung Kohl auslöste.
109 110 111 112
Stuiber, Heinz Werner 1978, S. 233. Vgl. Wiedemann, Dieter 1998, S. 96-99. Stürmer, Michael 1991 S. 13. Am 04.11.1989 versammelten sich z.B. eine Million Menschen auf dem Alexanderplatz in Ost-Berlin, um gegen das SED-Regime zu demonstrieren. 113 Stürmer, Michael 1991 S. 12.
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Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
1.6.4 Fernsehen und Wahlen Die Parteien räumen dem Fernsehen eine herausragende Entscheidungsfunktion bei Wahlen ein, obwohl diese These wissenschaftlich nicht abgesichert ist. Ihre konstante Einschätzung ist maßgeblich darauf zurückzuführen, dass dem Fernsehen aufgrund seiner Reichweite, Aktualität und Omnipräsenz ein hohes Maß an „Glaubwürdigkeit“ attestiert wird. Dieser Interpretationsrahmen schließt ebenfalls ein, dass immer dann, wenn eine Fernsehkamera aufzeichnet und der Sender die Bilder ausstrahlt, ein Ereignis massenöffentlich ist. Hinzu kommt, dass das elektronische Medium auch (z.B. durch Unterhaltungssendungen) Wählerpotentiale außerhalb von Informationsbeiträgen erreichen kann, die sich im Allgemeinen nicht für Politik interessieren, aber dennoch zu den Wahlurnen gehen: „Wahlkämpfe können im Fernsehen gewonnen oder verloren werden.“114 Daraus lässt sich primär ableiten, dass diejenige Partei chancenlos ist, die keinen massenmedialen Fernsehwahlkampf bestreiten kann. Es mag dies der Grund sein, weshalb trotz durchaus widersprüchlicher empirischer Befunde hinsichtlich einer „allmächtigen Fernsehmacht“ aus dem Parteienwahlkampf in den 80er Jahren ein audiovisueller Wahlkampf wurde. Für diese Entwicklung sprechen fünf bedeutsame Gründe, die nachstehend Erläuterung finden. Abb. 5:
Glaubwürdigkeit des Massenmediums Fernsehen
[Quelle: Berg, Klaus/Kiefer, Marie-Luise (Hrsg.): Massenkommunikation V. Eine Langzeitstudie zur Mediennutzung und Medienbewertung 1964-1995, S. 243-244, Nomos Verlagsgesellschaft, 1996, Baden-Baden]
114 Radunski, Peter 1983, S. 131.
Kap. 1.6 Macht des Fernsehens
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1.6.4.1 Amerikanisierung der Wahlkämpfe Die Parteien haben ihre Wahlkampfmaßnahmen zunehmend „amerikanisiert“115 und die klassischen Print-Aktivitäten (wie Anzeigen und Plakate) hin zur bildlichen Werbung (mit dem Schwerpunkt „Fernsehen“) verlagert. Kommunikationsstrategen der Parteien erkannten in den 80er Jahren, dass der Wettbewerb um die Wählerschaft andersartige, insbesondere hochgradig symbolträchtige Vorgehensweisen erfordert, um die Massen zu mobilisieren, der „richtigen“ Partei ihre Stimme zu geben. Zeitig wurden von den deutschen Parteien Anleihen an die amerikanischen Wahlkämpfe genommen, die drehbuchartig penibel inszeniert und als großer, solidarischer Showevent über die US-Fernsehsender dargeboten werden. Dabei sollte aus dem soliden deutschen Politiker für Kleingruppen möglichst ein schauspielerischer Protagonist für die Massen werden, der überwiegend im Fernsehen kämpferisches Profil zeigt. Diese parteipolitischen Vorgaben blieben nicht ohne Wirkung, weshalb beim kommunikationspolitischen Zusammenspiel zwischen Journalisten und Politiker letztgenannte zunehmend symbolisch für die Medienakteure agieren.116 In Adaption an Amerikanisierungs-Elemente setzen die Parteien professionelle Berater aus Werbung, Marketing, PR und Meinungsforschung117 für die Planung und dramaturgische Realisierung von Wahlkämpfen ein, personalisieren und emotionalisieren die Kampagnen mit Kandidaten als Werbeträgern, produzieren Kandidatenimages und kreieren Pseudoereignisse (vgl. Kap. 1.6.4.2), um bei den Medien Aufmerksamkeit zu erzielen.118 Angemessen erscheint in diesem Kontext die philosophische Frage, ob das eine oder andere „Pseudoereignisse“ ohne die Präsenz der Medien überhaupt zustande gekommen wäre. Unabhängig von derartigen Effekten ist der Vorteil des Fernsehens, emotionale Eindrücke zu liefern, zugleich sein größter Nachteil: Fernseherfahrene Politiker können im Zuge ihres Auftrittes die Schwäche von Parteiprogrammen konterkarieren und die Publikumsmeinung zu ihren Gunsten verändern. Umgekehrt gilt, dass fernsehunerfahrene Politiker einen schweren Stand haben, die Inhalte ihrer Botschaften sprachlich wie optisch effektiv und damit wirkungskräftig zu transportieren.
1.6.4.2 Mediatisierung und Pseudoereignisse Aus der heutigen Perspektive muss der Fernsehauftrittsuchende eine mediatisierte Politik119 betreiben, die als „eine ständige Produktion von Kommunikationsangeboten bzw. als angebotsorientierte Kommunikationspolitik zwecks Zustimmungserwerb“ zu verstehen ist120, 115 Holtz-Bacha, Christina (2002, S. 7) bezeichnet mit ‚Amerikanisierung’ „die professionell organisierte Kampagne unter Berücksichtigung der Bedingungen, die sich aus den Veränderungen bei Wählerschaft und Medienlandschaft ergeben haben.“ 116 Vgl. Saxer, Ulrich 1993b, S. 15. 117 In den 80er Jahren wurde insbesondere den Meinungsforschern ein großer Einfluss auf die Wahlkampfplanung eingeräumt. 118 Vgl. Pfetsch, Barbara 1994, S. 119-120; Noelle-Neumann, Elisabeth/ Kepplinger, Hans-Mathias/Donsbach, Wolfgang 1999; Holtz-Bacha, Christina 2002. 119 „Mediatisierte Politik“ bezeichnet Oberreuter zugleich als Instrumentalisierung und Unterwerfung, wobei sich Politik und Mediensystem in einer Wechselbeziehung zu Opfern machen (vgl. Oberreuter, Heinrich 1989, S. 24-25); Roegele sieht dagegen die Politik herabgestuft „durch Unterstellung unter die Medien“ (vgl. Roegele, Otto B. 1989, S. 145). 120 Vgl. Stöckler, Markus 1992, S. 262.
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Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
um im Fernsehen präsent sein zu können. Dabei fallen unter die Kommunikationsangebote zwei Arten der Berichterstattung: „genuine“ politische Ereignisse und „Pseudoereignisse“. Zu den genuinen zählen parlamentarische Veranstaltungen wie Bundestagsdebatten, regierungsamtliche Ereignisse wie Kabinettssitzungen, Parteitage, innen- und außenpolitische Konferenzen sowie feierliche Festakte und pompöse Staatsbesuche. Unter Pseudoereignisse fallen Pressekonferenzen, Politiker-Statements im Bundestag, im Fernsehstudio und auf den Flughäfen (vor oder nach Antritt einer Reise), medieninitiierte Empfänge und Tagungen, Bilder vor Fraktionsräumen und in Parteizentralen. Realitätsnah beschreibt die damalige F.D.P.-Generalsekretärin Schmalz-Jacobsen, worum es den Parteien bei dem wiederkehrenden Kommunikationsgeschehen im Fernsehen eigentlich geht: „Natürlich sind Politiker Markenartikel, und natürlich werden sie auch als solche verkauft.“121 Um die politische Themenagenda des Fernsehens beeinflussen zu können, eignen sich attraktive Großereignisse am besten, da ein solches Angebot von den TV-Machern nicht ignoriert werden kann. Bis eine Wahl entschieden ist, „must the show go on”, wie es auch Klimmt für die SPD gesehen hat: „Da gibt es natürlich umgekehrt das Bemühen, das völlig legitime Bemühen der Politik selber, nun auch bestimmte Ereignisse zu inszenieren (...) Denn mittlerweile ist es so, dass im Vorfeld von Wahlen Staatsereignisse ja regelrecht komponiert werden.“122 Dass auch Argumente gegen einen Einsatz der Agenda Setting-Theorie – das Lancieren von Themen innerhalb der Medienberichterstattung – sprechen können, zeigen Mathes/Freisens (1990) auf. So unterstellen die Autoren, dass es zwar der CDU-Bundespartei und Bundesregierung im Bundestagswahlkampf 1987 gelungen ist, ihre Themen im Fernsehen wesentlich häufiger zu plazieren als den anderen Parteien, diese jedoch innerhalb der öffentlich-rechtlichen und privaten Nachrichtensendungen meistens negativ-wertend gegen die Unionsparteien dargestellt wurden (mit Ausnahme des „heute journals“).123 Anknüpfend an diese Problemstellung mussten sich DIE GRÜNEN im gleichen Wahlkampf reaktiv mit eigenen Themenstellungen auseinandersetzen, die ihnen die politisch etablierten Parteien aufzwangen. Darunter fielen auch neue politischen Issues wie Umwelt, Energie und Frieden, die Vertreter der politischen Minderheit erstmals artikuliert hatten.124 In der Stärkung von Public Relations sieht dagegen Langenbucher eine Alternative zur mediatisierten Politik sowie herkömmlichen Parteienwerbung und hebt dabei die Bedeutung staatlicher Öffentlichkeitsarbeit hervor, die „ein ganzes Berufsfeld politischer Kommunikatoren [hat] entstehen lassen: Wahlkampfstrategen, Redenschreiber, Semantikspezialisten, Medienreferenten und Thematisierungsplaner.“125
1.6.4.3 Personenbezogener Wahlkampf Analysiert man die Bundestagswahlen seit der Regierung Adenauer, wird deutlich, dass die Wahlkämpfe immer stärker kandidatenorientiert ausgerichtet sind und somit personenbezogen organisiert und realisiert werden. Durch das Fernsehen wurden Personen zum 121 Schmalz-Jacobsen, Cornelia 1991, S. 87. 122 Klimmt, Reinhard 1991, S. 108. 123 Vgl. Mathes, Rainer/Freisens, Uwe 1990, S. 559. Die Autoren hatten die Nachrichtensendungen „Tagesthemen“ (ARD), „heute journal“ (ZDF), „SAT1 blick“ (SAT1) und „7 vor 7“ (RTL plus) in der Schlussphase des Wahlkampfs (05. bis 23.01.1987) ausgewertet. 124 Vgl. Knoche, Manfred/Lindgens, Monika 1990, S. 579. 125 Langenbucher, Wolfgang R. 1983, S. 38.
Kap. 1.6 Macht des Fernsehens
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Programm und seit den „Willy Wählen“-Rufen (Willy Brandt, 1972) tauchten immer wieder Spitzenkandidaten auf, die eine Parole „Das Programm bin ich“ verkörpert und propagiert haben (z.B. Helmut Schmidt, Helmut Kohl, Gerhard Schröder). Die Geschichte der Wahlverläufe hat gezeigt, dass mit einem Einpersonenwahlkampf bei einer Bundesund/oder Landtagstagswahl durchaus erfolgreiche Ergebnisse erzielt werden können. Auf eine zielstrebige Kandidatenorientierung verweist z.B. Ohr und registriert einen Zuwachs im Gewicht der Spitzenkandidaten gegenüber der jeweils vorhergehenden Bundestagswahl in den 80er Jahren.126 Wie es der Fernsehalltag zeigt, ist die Berichterstattung deutlich prominenzlastig, zumeist fokussiert auf Spitzenpolitiker aus der Bundeshauptstadt (früher Bonn, heute Berlin), worüber Mast einen Nachweis vorlegt. Hauptsächlich seien es diejenigen, die hohe Funktionen innehaben oder Positionen vertreten, die von den jeweiligen Parteilinien abweichen.127 Offenbar ist dieser Personalisierungsprozess konsequent, denn „das Fernsehen kann beispielsweise gar nicht anders (...) denn wie soll man eine Regierung, eine Partei oder das Parlament sonst darstellen?“128 Im Zweifel ist Politik einfacher anhand von Personen mit ihren „Pro- und Contra-Positionen“ zu vergleichen als ohne sie, zumal das Fernsehen als einziges Medium die Wählenden in die Lage versetzt, die Kandidaten in ihrer Komplexität zu betrachten und einzuschätzen (Optik, Gestik, Mimik, Inhalt ihrer Aussagen, Sprachtonalität usw.). Am deutlichsten lässt sich dieser Effekt festmachen, wenn in den Augen des Wählers einzelne Politiker an die Stelle des Programms treten.129 Dieser Befund deckt sich weitgehend mit anderen vergleichbaren Untersuchungen der 90er Jahre. Trotz aller Lagerbildung zwischen den rivalisierenden Parteien konzentriert sich die Auseinandersetzung weniger auf die parteipolitischen Angebote und Leistungen, sondern mehr auf die Kandidaten, ihre Sachkompetenz und ihren Charakter, idealtypisch wiedergegeben durch die Fernsehberichterstattung.130 Demzufolge werden die Kandidaten zunehmend wichtiger als die Parteien131, wobei Fernsehen wie Parteizentralen den Zustand „Personalisierung der Wahlkampfführung und Personalisierung der Berichterstattung in den Medien“ selbst herbeigeführt haben: „Es erscheint möglich, dass die personalisierte Wahlkampfführung genau das bewirkt, worauf sie zu reagieren vorgibt: eine personenorientierte, wenig parteitreue Wählerschaft“.132 Aus dieser Perspektive heraus sieht Donsbach einen neuen Typus des Politikers entstehen, dessen Karriere nicht mehr durch den politischen Machtgewinn, sondern durch den publizistischen bestimmt wird.133 Nur in begrenztem Umfang begrüßt Brettschneider die Personalisierungsdebatte, indem er mehr von einer „themenspezifischen Kandidatenorientierung“ ausgeht, bei der die Wahlbevölkerung die Problemlösungskompetenz der Kandidaten bewertet und entsprechend ihrer Einschätzung eine Wahlentscheidung trifft.134 Was lässt sich aus den differierenden wissenschaftlichen Ansätzen folgern? In der Totalität betrachtet ist der klassische, sozialpsychologische Ansatz von Lass135, später bestä126 127 128 129 130 131 132
Vgl. Ohr, Dieter 2000, S. 290-291. Vgl. Mast, Claudia 1977, S. 35 ff.. Marcinowski, Frank 1989, S. 183. Vgl. Voigt, Rüdiger 1999, S. 9. Vgl. Kepplinger, Hans Mathias 1994. Vgl. Schönbach, Klaus 1996; Schmitt, Hermann 1998; Wirth, Werner/Voigt, Ronald 1999. Zelle, Carsten 1998, S. 254. Vgl. auch Schönbach, Klaus 1996; Oberreuter, Heinrich 1998, S. 9-18; Brettschneider, Frank 2001. 133 Vgl. Donsbach, Wolfgang 1996, S. 20. 134 Vgl. Brettschneider, Frank 2001, S. 382. 135 Vgl. Lass, Jürgen 1995, S. 45.
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Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
tigt durch Wirth, Werner/Voigt, Ronald (1999), am ehesten geeignet, die Verhaltensweisen von Rezipienten bei Wahlentscheidungen zu würdigen. Dabei beeinflussen drei Komponenten eine Wahlentscheidung:
Einstellungen zu Parteien Einstellungen zu politischen Sachfragen Einstellungen zu den Kandidaten.
Zu diesen regulierenden Faktoren zählt, dass sich die Mehrzahl der Wahlberechtigten in Folge rückläufiger Parteienloyalität an Personen und ihrer Kompetenz orientieren und sich dabei berechtigte Fragen stellen, z.B.: Welche Ziele verfolgen die Kandidaten? Welche Problemlösungen bieten sie an? Welche Art von Grundstimmung verbreiten sie?
1.6.4.4 TV-Unterhaltung als Transportmittel politischer Informationen Wohl wissend, dass die Unterhaltungsangebote des Fernsehens die Feierabendgestaltung des Bundesbürgers wesentlich beeinflussen und dabei zumeist positive Stimmungen in die Öffentlichkeit transportiert werden, drängen Politiker in die entsprechenden Sendungen, denn „Selbstinszenierung in den Medien ist zum Hauptziel vieler Politiker geworden.“136 Und wo könnte sich ein Volksvertreter besser in Szene setzen als im Showbusiness, wo alles erlaubt ist, solange es nicht gegen gesetzliche Bestimmungen verstößt? Nach Radunski hat der Politiker im TV-Zeitalter „nur eine Chance, sich an ein breites Publikum zu wenden, wenn er in die populären Sendungen des Fernsehens geht.“137 Der langjährige Bundesgeschäftsführer der CDU und früheres Mitglied des ZDF-Fernsehrates sieht bei den Unterhaltungssendungen sogar die seltene Gelegenheit, dass hier ein Politiker seine eigenen Gedanken viel ausführlicher entwickeln kann als in Nachrichtensendungen oder politischen Magazinen, wo nur kurze Statements erlaubt sind. Ganz zu schweigen von dem charakteristischen Anspruch der Zuschauer an das Fernsehen, dass sie sich vom Alltagsgeschehen ablenken wollen und eine politische Kost, amüsant von einer „Privatperson“ vorgetragen, dementsprechend unkritischer verarbeiten. Bleibt schließlich, dass bei Unterhaltungssendungen die Gesprächspartner durchweg moderater sind und in der Regel keine insistierenden Fragen stellen. Grundsätzlich ist für die Performance nicht so entscheidend, ob in einer Fernsehsendung Kurt Beck „Hausmann“ spielt oder Angela Merkel ein Fußballspiel kommentiert. Hauptsache, die angepeilte Wählerschicht versteht die Unterhaltungskost und schenkt dem Selbstdarsteller, der beweisen will, dass mehr in ihm steckt als ein steifer langweiliger Apparatschik, die erhofften Sympathiewerte. Allerdings kann eine unterhaltsame Darstellung auch die Autorität von Volksvertretern untergraben und zu einer Politikverdrossenheit führen (beispielsweise, wenn unhaltbare Versprechungen nach dem Motto „ist ja nur spaßig gemeint“ aufgestellt werden, ohne die Folgen abzuschätzen). Welche Schlussfolgerungen sind zu ziehen? Wissenschaftlich ungeklärt bleibt die zentrale Frage, ob und inwieweit Unterhaltungsformate einen höheren Einfluss auf das Wahlverhalten von Durchschnittsbürgern besitzen als politische Sendungen. Vor allem aber 136 Faulstich, Werner 2004, S. 206. 137 Radunski, Peter 1992, S. 76.
Kap. 1.6 Macht des Fernsehens
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kann bezweifelt werden, dass sich bei Unterhaltungsformaten politische Handlungen und Prozesse ernsthaft diskutieren lassen. Nicht ausreichend geklärt ist auch, welche Folgen sich durch ein Überangebot an Unterhaltung hinsichtlich der Informiertheit von Konsumenten ergeben. Werden sie z.B. durch einen hohen Genuss von Entertainment-Angeboten schlechter bzw. unzureichend über das reale Alltagsgeschehen informiert sein? Haben sie bei einem Überangebot an Amüsement überhaupt noch geistige Aufnahmekapazitäten für ernste Informationen frei und sind sie gegebenenfalls willens, wichtige Kommunikationsanliegen zu erkennen und zu beurteilen? Kann letztlich Postman zugestimmt werden, dass sich die sogenannte Informationsgesellschaft in den 80er Jahren zu Tode amüsierte und dabei die Urteilsbildung Schaden erlitt?138 Es ist beispielsweise denkbar, dass durch die Potenzierung von Comedy-Shows des Fernsehens gerade jüngere Generationen zunehmend entpolitisert werden.139
1.6.4.5 Instrument der Parteiidentifikation Die Strategie, das Fernsehen auch im Zuge einer Parteiidentifikation einzusetzen, erkannten sowohl die Regierenden als auch andere Machtinhaber (wie Parteivorsitzende und Spitzenkandidaten politischer Ämter). Nachdem nur ein geringer Teil der Bevölkerung die Wahlprogramme der Parteien studiert (zumeist Mitglieder) und nur wenige Bürger politische Veranstaltungen besuchen, dagegen aber nahezu jeder Bundesbürger das Fernsehen nutzt, drängt sich dieser Weg einer direkten – und dazu für die Parteien unentgeltlichen – Informationsweitergabe auf. Überdies stehen „zahlreiche empirische Belege“ dafür, dass es an einem ausreichenden Kontakt zur Basis mangelt, wofür Jarren einen Hauptgrund nennt: „Ideologische Festlegungen auf Dauer (‚mit Haut und Haaren’) unterbleiben – auch unabhängig von Mitgliedschaften – zunehmend: Die Zahl der Wechselwähler nimmt ebenso zu wie die Fluktuation des Publikums zwischen unterschiedlichen Organisationen.“140 Angesichts solcher Assoziationsschwierigkeiten trägt das Massenmedium Fernsehen zum internen Willensbildungsprozess der Parteien mehr bei als ihre zahlreichen Gliederungen und einzelne Mitglieder. Im optimalen Fall kann es die „erwähnenswerten“ Themen festlegen, über eine positive oder negative Berichterstattung parteipolitische Personalentscheidungen fördern und als sozusagen verlängertes Sprachrohr der Parteiführung die Mitglieder über zukünftige Zielsetzungen und Vorgehensweisen unterrichten. Wie lässt sich jedoch die aufgezeigten Problematik erklären? Kampf um Wechselwähler/unentschlossene Wähler. Es herrscht bei den Parteien und der Demoskopie die Annahme vor, dass die heterogene Gruppe der Wechselwähler/unentschlossenen Wähler, die nicht bei jeder Wahl dieselbe Partei wählen oder noch nicht von der Bedeutung einer Wahl überzeugt sind, eine entscheidende Rolle auf Wahlausgänge haben kann. Eine endgültige Bewertung, wer die Wechselwähler sind, kann an dieser Stelle nicht erfolgen, weil „es keine Forschung zu dieser zentralen Wählergruppe gibt.“141 Dafür liegen aber weiterführende empirische Daten vor, die Trends im Wählerverhalten festmachen: Nachdem „in den 60er und 70er Jahren die Beteiligung bei Wahlen im 138 139 140 141
Vgl. Postman, Neil 1985. Vgl. Hendra, Tony, 1996; Dörner, Andreas 1999; Frey, Siegfried 2000. Jarren, Otfried 1994, S. 25. Kaiser, André 2006.
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Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
internationalen Vergleich stets auffallend hoch, das Wählerverhalten vorhersehbar, Parteipräferenzen und Parteiidentifikation in der Bevölkerung tief verwurzelt“142 waren, sind seit Anfang der 80er Jahre unvorhersehbare und kurzfristig angelegte Veränderungen bei der Wählerschaft erkennbar. Seit 1980 nahm die Wahlbeteiligung kontinuierlich ab; die beiden großen Volksparteien mussten Verluste hinnehmen und bedingt durch die wachsende Zahl der Wechselwähler mehr leisten, damit sich die Wähler mit ihrem Gedankengut identifizieren.143 Anders ausgedrückt: Die Parteien können nicht mehr mit festen traditionellen Wählergruppen – also Stammpotential – rechnen, um eine stabile Mehrheit z.B. bei Bundestagswahlen zu erzielen (kurzfristige Bewegungen bestimmen zunehmend die Wahlentscheidungen). In puncto „Parteiidentifikation“ liefert Schultze 1987 eine weitaus hohe Zahl an Unentschlossenen: „Der Anteil der Befragten, die sich mit keiner Partei identifizieren, betrug 25,2 Prozent; 9,5 Prozent machten keine Angaben.“144 Um die Risken eines politischen Scheiterns zu reduzieren, nutzt der Homo politicus jede ihm via Medien angebotene Möglichkeit, eine potentielle Wählerschaft erreichen zu können, weil es in der sozialwissenschaftlichen Forschung als belegt gilt, dass politische Gruppierungen einschließlich ihrer Repräsentanten einem anhaltenden sozialstrukturellen Profilverlust ausgesetzt sind.145 Damit gewinnt das Fernsehen als hochgradig wirkungsvoller Zeitzeuge an Gewicht, um auch konjunkturelle Nichtwähler zum Urnengang zu animieren. Politikverdrossenheit. Auf der Suche nach Erklärungen für eine „Politikverdrossenheit“146 wurde dieses Thema in einer Langzeitstudie der ARD, die seit 1964 bestimmte soziale Folgen der Ausbreitung des Fernsehens beobachtet und analysiert, für den Untersuchungszeitraum der ersten Hälfte der 80er Jahre dokumentiert: „Das Fernsehen erreicht 1985 alle Bevölkerungsgruppen mit seinen politischen Informationssendungen schlechter als 1980 (...) Der Anteil der Bundesbürger, die sich 1985 als politisch stark interessiert einstufen, ist gegenüber 1980 wieder etwas zurückgegangen, der Anteil derjenigen, die sich als politisch schwach interessiert einstufen, etwas gestiegen.“147 In der Einschätzung von Riegger, von 1972 bis 1986 Wahlkampfmanager der SPD-Bundespartei, sind gerade die Massenmedien für die Zunahme des Nichtwähleranteils und eine schwindende Parteinähe haftbar zu machen: „Im Wahlkampf hat die SPD in der Regel mit einem zentralen Problem zu kämpfen: potentielle Wähler zur Stimmabgabe zu motivieren. Dies wird durch die Medienbarriere im vorhandenen Kommunikationssystem erschwert.“148 Um einer wie auch immer gearteten „Barriere“ zu entkommen, entwickelt die Politik z.B. Pseudoereignisse und versucht dabei, journalistische Auswahlkriterien zu nutzen, um von einer elektronischen Berichterstattung gewürdigt zu werden. Welche Themen letztlich als wichtig gelten und damit die Öffentlichkeit erreichen, entscheiden dennoch einzig die Medienvertreter. Festzustellen ist weiter, dass Politikverdrossenheit gleichfalls dadurch entstehen kann, dass je nach persönlicher Weltanschauung und Sensationsstimmung einzelner Journalisten 142 Trends im Wählerverhalten. Vom Stamm- zum Wechselwähler. http://www.cap.uni-muenchen.de/aktuell/ themen/wahlkampf/wahlverhalten.html 25.01.2006, S. 1. 143 Vgl. Trends im Wählerverhalten. Vom Stamm- zum Wechselwähler. http://www.cap.uni-muenchen.de/aktuell/ themen/wahlkampf/wahlverhalten.html 25.01.2006. 144 Schultze, Rainer-Olaf 1987, S. 12 f. 145 Vgl. Sarcinelli, Ulrich 1989, S. 166. 146 In der Forschung wird eine zunehmend politisch negative Berichterstattung des Fernsehens, die Menschen von der Politik entfremdet und zu einer Politikverdrossenheit führt, als „Videomalaise“ bezeichnet. Vgl. Robinson, Michael J. 1976, S. 409-432; Kepplinger, Hans Mathias 1993, S. 23. 147 Kiefer, Marie-Luise 1987b, S. 126-127. 148 Riegger, Volker 1983, S. 21.
Kap. 1.6 Macht des Fernsehens
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Informationen „hochgejubelt“ oder „heruntergespielt“ werden oder negativ besetzte Begriffe z.B. der 80er Jahre aus Teilbereichen der Politik (wie „neue Armut“, „Gefechtsfeld Europa“ oder „Streikparagraph“) kritiklos übernommen werden. Vor diesem Hintergrund räumt Wiesheu den Medien eine große Mitschuld ein, indem diese durch ständig neue Sensationsberichte den Bürger verunsichern und dabei die Politik generell als leicht anrüchig einstufen.149 Holtz-Bacha sieht ebenso einen kritikwürdigen Zusammenhang zwischen der politischen Entfremdung und dem Faktor Informationsauswahl: „Die Medien entscheiden, was und wie aus der Politik berichtet wird, daher haben sie beträchtlichen, wenn nicht gar entscheidenden Anteil an der politischen Sozialisation ihres Publikums.“150 Es wäre leichtfertig, den Parteien keine Mitschuld an der sich ausbreitenden Politikverdrossenheit einzuräumen. Sie müssen Verantwortung dafür tragen, dass sie die Schwachpunkte anderer Parteien oder ihrer Eliten – insbesondere Skandale – öffentlich anprangern und dadurch ein schlechtes Bild auf staatsmännische Handlungsweisen werfen. Zur erfolgreichen Skandalierung von Fehlverhalten politischer Gegner bedienen sich die Parteienvertreter vorrangig des Fernsehens, um dort einerseits den Skandalverursacher massenwirksam abzustrafen (ein Skandal, der nicht publik wird, kann in der Regel parteiintern ausgeräumt werden – und hat somit in den Augen der Öffentlichkeit nicht stattgefunden) und um andererseits das Vertrauen der Wähler in ihn nachhaltig zu erschüttern. Was ist hier falsch gelaufen? Kann die Beurteilung der Lage so einfach ausfallen, dass Teile der Medien infolge vorgefasster Meinungen mehr oder minder willkürlich berichten, über Fakten hinwegsehen und Hindernisse im Vermittlungsprozess aufbauen, die einen Zugang zur öffentlichen Meinungsbildung erschweren? Sind gar der Politik die Argumente ausgegangen, Wähler von ihrem gemeinwohlorientierten Handeln zu überzeugen? Oder ist eine Ursache für eine um sich greifende Politikverdrossenheit darin zu suchen, dass Medien und Politiker die Öffentlichkeit durch Lügen manipulieren, indem sie z.B. die Informationsquellen Andersdenkender vergiften, wovon Revel ausgeht: „Die Öffentlichkeit lässt gegenüber Meinungsbildnern – ebenso wie Politikern – ja ohnehin keine allzu große Strenge walten. Bei den meisten Menschen, deren Aufgabe es ist, zu informieren, zu lenken, zu denken und zu sprechen, wird Unaufrichtigkeit nachgerade als zweite Natur angenommen.“151 Es sind keineswegs nur die negativen Schlagzeilen, die Bürger politisch desinteressierter machen. Auch wäre es zu kurz gegriffen, als Gründe für einen Rückgang der Wahlbeteiligung bzw. für ein zunächst unentschlossenes Wahlverhalten lediglich eine Skepsis oder eine politische Protesthaltung gegenüber den Parteien aufführen zu wollen. Entscheidend für die Untersuchung ist jedoch einzig, dass es ein hohes Potential an Wählerstimmen ohne Parteienbindung gibt und dass diese Variable – mit Unterstützung des Fernsehens (Vermittlung der entscheidenden Stimmen) – theoretisch wie praktisch gelöst werden kann. Fazit zur Macht des Fernsehens: Die wissenschaftlichen Analysen stützen sich im Endeffekt auf die These, dass zwischen Fernsehen und Politik ein enges Verhältnis besteht und wechselseitige Einflüsse zwischen beiden Machtsektoren herrschen. Diese interessenorientierte und spannungsgeladene Ambivalenz lässt sich hinsichtlich des Wirkungsgrades nicht näher definieren, sollte aber unter keinen Umständen dazu führen, dass das politische System immer medialer und das Mediensystem immer politischer agiert. Auch wenn deutli149 Vgl. Wiesheu, Otto 1993, S. 32. 150 Holtz-Bacha, Christina 1989, S. 250. 151 Revel, Jean-Francois 1990, S. 14.
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Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
che Tendenzen zu erkennen sind, dass die Oppositionsfunktion immer stärker durch das Leitmedium Fernsehen verkörpert wird, darf es nicht dazu kommen, dass die realen Prozesse der Politik ad absurdum geführt werden. Welche naheliegende Konsequenz könnte aus der Politisierung des Fernsehens gezogen werden? Die kontinuierliche, machtpolitische Auseinandersetzung zwischen Politik und dem elektronischen Massenmedium Fernsehen würde erheblich begrenzt und relativiert werden, wenn gewählte Politiker den Anforderungen des Grundgesetzes tatsächlich entsprächen und nicht gegenüber den Medien als Vertreter von „Machtblöcken“ aufträten. In erster Linie steht im Art. 38 des GG, dass Abgeordnete Vertreter des ganzen Volkes sind und nicht einer Partei, was häufig genug in Vergessenheit gerät. So plausibel diese Gesetzesvorgabe auch erscheint, es darf bezweifelt werden, dass die Volksparteien ihre Programme umsetzen, wonach „die Kontrollgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten staatsfern, plural und unabhängig organisiert sein müssen.“152 Im Gegenteil erleichtert doch eine Position als Mitglied eines Aufsichtsgremiums erheblich den Zugang zu den Programmverantwortlichen eines Senders, den publizistischen Bindegliedern zwischen Öffentlichkeit und Politik.153
1.7 Machtpolitik und Fernsehen 1.7.1 Rundfunkpolitischer Parteieneinfluss In einer pluralistischen Demokratie geht es den Parteien um die Formulierung, Vermittlung und Durchsetzung ihrer Aufgaben und Ziele. Dabei erfahren sie im Zuge unterschiedlich kooperierender und konkurrierender Interessen einen unbeständigen Konsens, aber auch Konflikt im Dialog mit anderen politischen Parteien, den Medien, Organisationen, Verbänden sowie Institutionen, die wiederum ihre eigenen Anliegen in Form von Forderungen an die Politik stellen. Unbeachtet aller inhaltlichen Differenzierungen zwischen den Parteien verbinden dennoch konstant zwei Gemeinsamkeiten die gegnerischen Positionen: das Streben um staatspolitische Macht sowie das Vorhaben, zweckdienliche Wirkungen in der Öffentlichkeit über die Medien zu erzielen, und zwar möglichst über das Fernsehen, das aufgrund seiner Reichweitensituation und audiovisuellen Darstellungskraft einen hohen Aufmerksamkeitsgrad garantieren kann. Diese Feststellung erläutert in der Hauptsache, weshalb die „Staatsferne des Rundfunks“ zu den Grundsätzen zählt, die das Bundesverfassungsgericht wiederholt in seiner Rechtsprechung festgeschrieben hat. Im „Vierten Rundfunkurteil“ z.B. hält das BVerfG am „Grundsatz der Staatsfreiheit des Rundfunks“ fest (vgl. BVerfGE 73, S. 182, 1986), der bereits im „Dritten Rundfunkurteil“ verankert wurde, wobei zunächst die Freiheit des Rundfunks von staatlicher Beherrschung und Einflussnahme zu stehen habe (vgl. BVerfGE 57, S. 295 und 320, 1981). Aufgrund zahlreicher Anhaltspunkte und Belege, die in der Untersuchung aufgeführt werden (vgl. Kap. 2 und 3), stellt sich jedoch dieses Postulat des BVerfG im medienpolitischen Alltag nicht, denn der intensive Parteieneinfluss auf die ö.-r. Rundfunkanstalten ist seit Jahrzehnten gängige Pra152 CDU-Bundesgeschäftsstelle 1985: Medienpolitische Grundsätze der CDU/CSU, S. 38. 153 Wie man weiß, obliegt eine beschränkte Rechtsaufsicht der Landesregierung, in deren Land eine Anstalt zugelassen ist. Sie kann bei Rechtsverletzungen tätig werden und Organe (Intendant, Rundfunk- bzw. Verwaltungsrat) auffordern, diese zu beseitigen.
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Kap. 1.7 Machtpolitik und Fernsehen
xis.154 In praktisch-konzeptueller Hinsicht können die Parteien zwischen einem direkten und indirekten Weg wählen, um ihr politisches Anliegen via Meinungsführer der Öffentlichkeit vorzustellen, wobei sie selbst als Präsentator nicht in Erscheinung treten müssen (vgl. Abb. 6). Diese Aufgabe übernimmt dann ein Moderator bzw. Redakteur des Fernsehens, der für eine massenmediale Verbreitung politischer Botschaften sorgt. Gegebenenfalls wird das Anliegen auch durch einen Filmbeitrag erläutert, um diesem ein größeres Gewicht zu verleihen. Abb. 6:
Modell zur Erlangung einer parteipolitischen Meinungsführerschaft via Massenmedium Fernsehen
Parteipolitisches Anliegen, das über die Verbreitung durch das Massenmedium Fernsehen Zustimmung erfahren soll
[Indirekter Weg]
Rundfunkpolitischer Parteieneinfluss (z.B. über Kontrollgremien, Multiplikatoren wie Führungskräfte des Fernsehens)
[Direkter Weg]
Einflussnahme auf Meinungsführer: Verantwortlicher Redakteur/Moderator einer Informationssendung des Fernsehens
Fernsehzuschauer rezipieren verstärkt das parteipolitische Anliegen via Macht und Glaubwürdigkeit der Bilder sowie durch die Reichweite des Fernsehens
Konkret auf den Untersuchungsgegenstand bezogen, agierten die beiden großen politischen Lager von 1980 bis 1987 zur Absicherung ihrer machtpolitischen Ansprüche schrittweise zirkulär. Je nach Aktivismus der Gegenseite wurden Barrieren auf- bzw. abgebaut, wie es Abb. 7 pointiert darstellt. 154 Vgl. Götz, Frank 1995, S. 322-323.
54 Abb. 7:
Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
Medienpolitischer Kreislauf der Volksparteien zwischen Januar 1980 und April 1987 (bis zur Unterzeichnung des Staatsvertrages zur Neuordnung des Rundfunkwesens) SPD-Zielsetzung: Barrieren aufbauen, um das duale Rundfunksystem zu verhindern
CDU/CSU-Zielsetzung: Barrieren abbauen, um das duale Rundfunksystem einzuführen
1.7.2 Personalpolitik der Parteien Die Personalpolitik der Parteien ist darauf fokussiert, innerhalb der Rundfunkanstalten zentrale Schlüsselpositionen zu besetzen bzw. diese gegen Angriffe anderer Parteien zu verteidigen. In diesem Umfeld kommt es zu einem alternierenden Ringen um Besitzstände zwischen Politik und Journalismus. Schatz geht allerdings mit seiner Beurteilung sehr weit, wenn er den politisch-administrativen Führungseliten unterstellt, sie versuchten das Fernsehen „noch stärker als bisher zu instrumentalisieren – bis an die Grenze eines Staats- oder doch Parteienrundfunks.“155 Bei der Einschätzung von Politisierungsdimensionen darf hingegen nicht unberücksichtigt bleiben, dass z.B. ein Tageskommentator in den ARD- bzw. ZDF-Nachrichtensendungen rund zehn Millionen Menschen seine Meinung präsentiert, ohne dass auf dieser Einbahnkommunikationsstraße klar wird, welche sachliche Kompetenz er besitzt und ob er vielleicht ein Parteimitglied ist, dass bei gewissen Problemlagen ideologisch voreingenommen sein kann. In Anbetracht dessen wurde in den 80er Jahren in einer sich wandelnden Rundfunklandschaft die vom Zeitgeist geprägte Qualitätsfrage journalistischer Arbeit häufig gestellt. 155 Schatz, Heribert 1982, S. 13.
Kap. 1.7 Machtpolitik und Fernsehen
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Doch weshalb bewegen sich Politik und Journalismus automatisch aufeinander zu? Zwei Gründe scheinen bei diesem sich selbst steuernden, nahezu einstudierten Ablauf von großer Bedeutung zu sein:
Erstens, dass Politiker bzw. Parteienvertreter den Journalisten regelmäßig und damit auch verlässlich Informationsstoffe liefern, die dazu beitragen, z.B. Sendeplätze des Fernsehens zu füllen. Beide Seiten sind auf einen uneingeschränkten Kommunikationstransfer angewiesen. Zweitens, dass durch die Nähe zu einer Partei, zu Politikern oder zu Journalisten die Weichen für die eigene Karriere gestellt werden können.
Zu 1): Originär betrachtet sind die Politiker bzw. Parteienvertreter zunächst Personen, die mit Informationsstoffen handeln, die idealtypisch betrachtet großen Teilen der Bevölkerung zugestellt werden sollen. Zum Wissenstransport ist ein Absender auf ein Kommunikationsmittel angewiesen, dessen Mitarbeiter darüber entscheiden, welche Informationen als wichtig und vorrangig oder als vernachlässigbar bzw. gar als unbrauchbar eingestuft werden. Als sogenannter „Gate Keeper“ kann ein Journalist im Verlauf des einseitigen Übermittlungsprozesses einen Politiker in seine Grenzen verweisen und, wie Saxer meint, sogar durch Zuteilung oder Verweigerung von Publizität, Verständnis oder Ablehnung disziplinieren.156 In Bezug auf mögliche Folgen räumen Politiker in aller Regel ein, „dass die Meinung von Journalisten bei politischen Entscheidungen als Korrektiv wirken kann.“157 Und wer ein Korrektiv fürchtet, verbündet sich im Zweifelsfall mit seinen Kritikern, um eigene Interessen durchzusetzen (z.B. um innerhalb der Parteihierarchie oder des Staatsapparates aufzusteigen), nämlich „[den] Erhalt bzw. [den] Erwerb der Macht für die Organisation, die er vertritt, sowie für sich selbst. Alle seine Handlungen, also auch die Interaktion mit Journalisten, beinhalten zumindest auch diesen Aspekt (vgl. Roth 1987, S. 188).“158 Dabei sind mächtige Politiker dem Urteil von Journalisten nicht schutzlos ausgeliefert und es stehen ihnen Alternativen zur Verfügung, die nicht nur durch die Wahl eines „zuverlässigen“ Fernsehsenders und „vertrauenswürdigen“ Journalisten eingegrenzt werden (z: B. feilscht man um die Exklusivität eines Stoffes oder um Einladungen zu politisch-vertraulichen Hintergrundgesprächen). Andererseits steht und fällt der Handelsverkehr mit dem Phänomen, dass im politischen Alltag zahlreiche Journalisten schnell die Seiten wechseln, wenn aus Siegern Verlierer und aus Verlierern Sieger werden (z.B. nach Wahlen). Mächtige sind für eine Nachricht immer gut, und nur diesen ist ein Platz auf Zeit in der aktuellen Berichterstattung der elektronischen Massenmedien reserviert, denn auch die Öffentlichkeit wartet auf richtungsweisende Informationen ihrer Eliten und nicht auf Interpretationen oder Wunschvorstellungen nachgeordneter Parteienvertreter. Zu 2): Jeder Journalist befindet sich persönlich in einem Dilemma: Einerseits benötigt er einen direkten Zugang zu der Politik, also eine relativ enge Vertrauensbeziehung, um bedeutende oder gar vertrauliche Informationen aus erster Hand beziehen zu können. Andererseits kann einem Journalisten eine enge Beziehung zum Verhängnis werden, wenn er als reines „Verlautbarungsorgan“ bzw. als „Steigbügelhalter“ der Politik die gewonnenen Informationen verbreitet. Über diese Erkenntnisse hinaus steuern wie in vielen anderen Be156 Vgl. Saxer, Ulrich 1993b, S. 15. 157 Pfetsch, Barbara 1993, S. 95. 158 Jarren, Otfried/Altmeppen, Klaus-Dieter/Schulz, Wolfgang 1993, S. 128.
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Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
reichen der Arbeitswelt laufbahnorientierte Einflussfaktoren ein Verhältnis der Akteure zueinander. In der Achse Politik-Medien herrscht laut Voigt ein kommunikationsintensives Wechselspiel, das nicht nur auf dem Austausch von Nachrichten basiert: „Dem Journalisten dient der Politiker als Informationsquelle, dem Politiker dient der Journalist als Sprachrohr, beide fördern sich gegenseitig in ihren Karrieren.“159 Diese Unterstellung impliziert, dass Medienmacher entgegen ihrem Berufsethos um ihres Aufstiegs willen Politiker „gutberichten“. Dass nicht jeder Journalist automatisch zu einem „Nahesteher“ und damit „priviligiert“ wird für höhere Aufgaben innerhalb einer Rundfunkanstalt, erkennt Weiss, langjähriger ARD-Koordinator für Politik, Gesellschaft und Kultur, richtig: „Nicht alle, die aufsteigen oder wenigstens was machen wollten, haben sich rangeschmissen bei den parteieigenen Freundeskreisen, in die die Gremien bald zerfielen, oder an die Funk-Referenten der Bonner Zentralen, die das Abstimmungsverhalten dieser Kreise, auch die Entschlüsse der eigentlich entscheidenden Verwaltungsräte koordinierten.“160 „Nicht alle“ meint aber keineswegs, dass es sich um eine Minderheit von Journalisten handelte, die einen Anschluss zu einer Partei suchten, wenn sich eine Gelegenheit zur persönlichen Karriere bot. Unter den Publizisten gab es gewiss auch solche, die eine sachliche Auseinandersetzung mit der Politik vorzogen und sich deshalb als kritische Beobachter zwischen Staat und Gesellschaft bewegten. Daran, dass ein politischer Druck auf die Medien jeglicher Art ausgeübt „oder subtiler ihre Komplizenschaft“ gesucht wird, lässt Saxer keinen Zweifel und schließt eine heftige Einflussnahme von Parteien bei der Besetzung von Spitzenpositionen und selbst von einfachen Redaktionsstellen keineswegs aus.161 Solange Parteien Vertreter in die Aufsichtsgremien entsenden, ist diese Einflussnahme allerdings sachlich begründet, denn „zu den Aufgaben des Rundfunkrates gehören (...) u.a. die Wahl und Abberufung des Intendanten, die Zustimmung zur Berufung der Direktoren und der Hauptabteilungsleiter.“162 Doch rechtfertigt es dieser Umstand nicht, die Grundaufgabe eines Rundfunkrates zu ignorieren, der die Interessen der Allgemeinheit zu vertreten hat.
1.7.3 Programmkritik als Machtinstrument Die Parteien beobachten und kritisieren aus massenmedialen, machtpolitischen Aspekten heraus die Informationssendungen des Fernsehens wesentlich stärker als die des Hörfunks oder die Schlagzeilen der Presse. Bei angeblichen Programmverstößen intervenieren sie schnellstmöglich bei den Rundfunkanstalten, im Gegensatz dazu aber nur äußerst selten beim „Deutschen Presserat“ gegen eine Printberichterstattung. Sie wollen mit ihrer Meinungsäußerung neben einer redaktionellen Richtigstellung vorübergehend ein „gutberichtendes“ Klimaumfeld erzielen. Auffällig schlägt sich die Programmkritik der Parteien überwiegend bei Spitzenmeldungen nieder, denn sie scheinen eine „größere Wirkung zu besitzen als die folgenden Beiträge“, wie Kepplinger im Zuge einer Untersuchung der Abendnachrichten von ARD und ZDF im Zeitraum von Januar bis Dezember 1986 registrierte: „Die Fernsehberichterstattung besitzt demnach vor allem dann einen Einfluss auf die 159 160 161 162
Voigt, Rüdiger 1999, S. 3. Weiss, Carl 1993, S. 25. Vgl. Saxer, Ulrich 1993b, S. 18. Vgl. z.B. Bayerisches Rundfunkgesetz, Art. 7, Stand: Mai 2005. www.br-online.de.html 31.12.2005.
Kap. 1.7 Machtpolitik und Fernsehen
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Ansichten der Bevölkerung zu einem Thema, wenn bei dem Thema der Anteil von TopMeldungen hoch ist.“163 Wenn der Forschungsbefund zutrifft, kann daraus mit Blick auf die eigentliche Kernaktivität – Durchführung von Fernsehwahlkämpfen – folgender Schluss gezogen werden: Gelingt es einem Kandidaten, sein Thema wiederholt und positiv unter den Top-Meldungen zu plazieren, ist mit einem höheren Zustimmungsgrad bei den Zuschauern zu rechnen als wenn ein Thema nachrangig behandelt wird; es kann somit ggf. wahlentscheidend sein.
1.7.4 Macht der Ministerpräsidenten Wie machtpolitisch ernst die Massenkommunikationssysteme genommen werden, lässt sich allein schon daraus ableiten, dass neben dem Bundeskanzleramt die Ministerpräsidenten und ihre Staatskanzleien Rundfunk- und Medienpolitik betreiben und nicht hierarchisch nachgeordnete Ressorts oder Behörden. Dieser Befund führt zur Frage nach dem Grund für eine direkte Anbindung der Medienpolitik an den jeweiligen Regierungschef, der in vielen Fragen als „Letztentscheider“ fungiert. Eindeutig ist die öffentliche Weitergabe von Informationen sowie die Kontrolle über ihre Multiplikatoren (wie Pressesprecher) und über öffentlich-rechtliche Gremienvertreter „Chefsache“, weil es um ideologisch-strategische Positionen und Inhalte geht, die – provokant formuliert – die Karriere eines Regierungschefs jederzeit fördern bzw. beenden können. Betrachtet man einschlägige Arbeiten und die Ergebnisse meiner Untersuchung, so war es innerhalb der Parteienlandschaft niemals strittig, weshalb Spitzenpolitiker zuvorderst den Arbeitsbereich Medien für sich beanspruchen: „In der Medienpolitik geht es (...) um die Durchsetzung von Werten und Zielen im Bereich der öffentlichen Kommunikation (...) Aber es wäre gewiss blauäugig, wenn man ausklammern wollte, dass Medienpolitik auch ein Teil Machtpolitik ist.“164 Wenn es um konkrete Wettbewerbsvorteile beim Streben um politische bzw. staatliche Meinungsführerschaft geht, zweifeln Autoren wie Apel keinesfalls daran, dass die Akteure Medienpolitik als machtpolitische Dimension betrachten.165 Den Vorsitz der Rundfunkkommission166 der Ministerpräsidenten haben traditionell die Regierungschefs von Rheinland-Pfalz inne. Im Untersuchungszeitraum waren es Bernhard Vogel (von 1976 bis 07.12.1988) und Carl-Ludwig Wagner (ab 08.12.1988 bis 20.05.1991).
1.7.5 Macht der Rundfunkgremien Die Forderung aus Teilen der Politik, Publizistik und Wissenschaft nach Staatsferne und parteipolitischer Distanz in den Aufsichtsgremien des Rundfunks beschäftigt seit Jahrzehnten die Medienpolitik (u.a. beim sogenannten „Adenauer-Fernsehen“167) und belegt in der 163 164 165 166
Kepplinger, Hans Mathias 1989b, S. 136. Wilke, Jürgen 2004 S. 37. Vgl. Apel, Hans 1991, S. 61. Die Rundfunkkommission erarbeitet für die Konferenzen der Ministerpräsidenten die Beratungsvorlagen (z.B. innerhalb des Untersuchungszeitraumes eine Vorlage zu den Kabelpilotprojekten für die erste Sitzung am 28./29.02.1980). 167 Die Bundesregierung Adenauer verabschiedete am 30.09.1959 einen Entwurf für ein Bundesrundfunkgesetz, wonach eine staatsnahe Anstalt „Deutschland Fernsehen“ errichtet werden sollte. Aufgrund massiver Proteste
58
Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
Praxis, „dass – je nachdem, wen man der ‚Staatsbank’168 zuordnet – bis zu 50% der Mitglieder der Rundfunkräte aus dieser Sphäre stammen.“169 Bei einem derart hohen, womöglich mehrheitsfähigen Prozentsatz stellt sich nolens volens die Frage, inwieweit der Rundfunk insgesamt bzw. einzelne Anstalten bereits von einer ‚Staatsbank’ beherrscht werden. Sollte diese Überlegung zutreffen, müsste das Bundesverfassungsgericht einschreiten, denn dieses fordert – abgeleitet aus Art. 5 GG – einen dezentralen, staatsfreien Rundfunk.170 Grundsätzlich ist jedoch laut BVerfG die Beteiligung von staatlichen Vertretern in den Aufsichtsgremien zulässig171, zumal Parteien zu den gesellschaftlich relevanten Gruppen zählen, die den Meinungsbildungsprozess einer Demokratie gewährleisten sollen: „Die politischen Parteien sammeln die auf die politische Macht und ihre Ausübung gerichteten Meinungen, Interessen und Bestrebungen, gleichen sie in sich aus und formen sie zu Alternativen, unter denen die Bürger auswählen können (...) Deshalb ist die Mitwirkung der politischen Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes notwendig auch auf eine gezielte Beeinflussung der individuellen und öffentlichen Meinungsbildung im Sinne der von ihnen entwickelten und vertretenen politischen Auffassungen gerichtet.“172 Allerdings weist Meyn umgekehrt auf die politischen Hürden hin, die den Massenmedien bei der Erfüllung ihrer Aufgaben im Wege stehen, u.a. „die Möglichkeit der Parteien und Interessengruppen, über die Rundfunkgremien auf Personalpolitik und Programmgestaltung der öffentlich-rechtlichen Anstalten einzuwirken.“173 Dass die Medien an dieser Einflussnahme schon seit langem nicht unschuldig beteiligt sind, betonte Herzog in seiner Rede während der „31. Mainzer Tage der Fernsehkritik“ und unterstellte dabei eine übermäßige Orientierung an den politischen Spielregeln.174 Von hoher praxisrelevanter Bedeutung ist, dass die Parteien in den ARDAufsichtsgremien (insbesondere in den Rundfunkräten) und im ZDF-Fernsehrat einen zumeist durchsetzungsfähigen Stellenwert besitzen. Beim ZDF sind die Parteien neben Vertretern des Bundes, der Länder, der Kirchen und weiterer gesellschaftlicher Gruppen innerhalb der Gremien entsprechend dem Stärkeverhältnis im Bundestag vertreten. Bei den Landesrundfunkanstalten ergibt sich ein Stärkeverhältnis analog zu den Abgeordnetensitzen in den jeweiligen Landtagen (Sitzverteilung nach d’Hondt175). Man kann geteilter Meinung über eine „angemessene“ partei-politische Repräsentanz sein, doch ist es sogar Usus beim ZDF, dass hochrangige Politiker wie die Generalsekretäre der Parteien oder Minister aus Bund und Ländern zu den Mitgliedern der Aufsichtsgremien zählen. In diesem Zusammenhang kritisiert Mahrenholz, seinerzeit Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichtes, das
168
169 170 171 172 173 174 175
(Ministerpräsidenten der Länder, SPD, Kirchen usw.) wurde die gesetzliche Regelung im Jahr 1960 zurückgestellt und nicht mehr verfolgt. Bei der Zusammensetzung ö.-r. Rundfunkräte lässt sich eine historisch überlieferte Systematik ausmachen: Neben der ‚Staatsbank’ (Regierungsmitglieder, Parlamentarier, Beamte; inwieweit Parteienvertreter dieser Bank zuzurechnen sind, ist umstritten) formieren Bürgerbank (nicht den Verbänden zuzuordnende Bevölkerungsgruppen), Kulturbank (Vertreter aus Publizistik, Bildung, Wissenschaft, Kunst und Kultur) und Verbändebank (Vertreter des Verbandswesens; zumeist die größte Gruppe). Schulz, Wolfgang 2002, S. 5. Vgl. BVerfGE 12, 1961, S. 205-206 (S. 263-264); BVerfGE 31, 1971, S. 314 (S. 329). Vgl. BVerfGE 73, 1986, S. 118 und S. 165. BVerfGE 60, 1982, S. 67. Meyn, Hermann 2001, S. 309-310. Vgl. Herzog, Roman 1998. Benannt nach einem mathematischen Verfahren, das der belgische Mathematiker Viktor d’Hondt 1882 entwickelt hat.
Kap. 1.7 Machtpolitik und Fernsehen
59
Proporzgerangel im ö.-r. Rundfunk: „Minister, Staatssekretäre, Parteifunktionäre und Abgeordnete gehörten nicht in die Rundfunkgremien (...) Niemand könne Richter in eigener Sache sein.“176 Im Konfliktfall würde der Freiraum des ö.-r. Rundfunks definiert durch die Stärke politischer Einflüsse, Drohungen, Druckversuche etc. Seit Gründung der ö.-r. Fernsehanstalten beraten sich ihre Gremienmitglieder in politischen Neigungsgruppen, zumeist im Vorfeld der Rundfunkratssitzungen. Bei diesen außerordentlichen Zusammenkünften, eingeteilt in sogenannte konservativ (CDU/CSU) oder sozialdemokratisch orientierte (SPD) Freundeskreise, werden häufig wichtige programmliche oder personelle Vorentscheidungen getroffen. Darunter fallen etwa die Wahl von Führungskräften und Etatfragen, aber ebenso Rügen an Sendebeiträgen. Zu den Freundeskreistreffen stoßen auch sogenannte „graue“ Vertreter, die aus dem Kreis der „gesellschaftlich relevanten Kräfte“ stammen und keiner Partei angehören müssen, sich aber einem der beiden Lager zurechnen lassen. Wer oder was sind „gesellschaftlich relevante Kräfte“? Bundesweit gesehen zählen dazu innerhalb der ARD-Rundfunkratsgremien etwa neben den Kirchen, Gewerkschaften und Abgeordneten der VdK/Reichsbund (WDR), die Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte (HR), der Haus- und Grundeigentümerverein (NDR), die Vereinigungen der Opfer des Stalinismus (MDR) oder „Rat und Tat Zentrum für Schwule und Lesben“ (RB). Dagegen sind Großorganisationen wie der „ADAC“ oder der „Bundesverband Deutscher Gartenfreunde“ nirgendwo in den Rundfunkgremien vertreten, obwohl sie mit ihren Millionen von Mitgliedern einen Anspruch auf Repräsentation ableiten könnten. Wie äußert sich die Rechtsprechung zu dieser Problematik? Das BVerfG sagt zur Nominierung gesellschaftlich relevanter Kräfte in seinem „Zweiten Fernsehurteil“ lediglich, die „verschiedenen weltanschaulichen, wissenschaftlichen und künstlerischen Richtungen sind zu berücksichtigen.“177 Eine klare Definition, ob beispielsweise eher Naturschutzverbände statt Flüchtlingsorganisationen dazu zählen, überlässt das Gericht der Politik in Bund und Ländern, wobei die Relevanz aus dem Programmauftrag des jeweiligen Senders abgeleitet sein sollte. So plausibel vordergründig der höchstrichterliche Hinweis sich auch anhören mag, Kepplinger und Hartmann weisen in einer empirischen Untersuchung über Kontrollgremien nach, dass Rundfunkräte weitgehend mit Interessenvertretern besetzt sind, die einem parteipolitischen Freundeskreis angehören.178 Dies führt bei Machtdemonstrationen/ Abstimmungen innerhalb der Gremien dazu, dass die parteiunabhängigen „gesellschaftlich relevanten Kräfte“ oftmals eine entscheidende Rolle innehaben. Sie können Minderheiten zu Mehrheiten verhelfen oder vermeintliche Mehrheiten gefährden.
1.7.6 Macht und neue elektronische Medien Die Geschichte der neuen elektronischen Medien zeigt, dass analog zum ö.-r. Rundfunk gleichfalls die Parteien und Kommunikationskräfte (hauptsächlich Journalisten) macht- und interessenstrebend miteinander verzahnt waren: „Mit dem Wettbewerbsrundfunk, für den Medienpolitiker und Medienjuristen die täuschend wohlklingende Bezeichnung ‚duales Rundfunksystem’ propagieren, kehrte die ‚Macht’, zumindest als latenter Herrschaftsver-
176 Mahrenholz, Ernst Gottfried 1989, S. 1. 177 BVerfGE 31, 1971, S. 327. 178 Vgl. Kepplinger, Hans Mathias/Hartmann, Thomas 1989, S. 98.
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Kap. 1 Einleitung: Politische Ausgangssituation für eine neue Medienordnung
dacht, wieder ins kommunikations-politische Vokabular zurück.“179 Nicht nur in Zeiten der Ermittlung des Finanzbedarfs der ö.-r. Rundfunkanstalten180 oder beim Erwerb von Sportübertragungsrechten prallten und prallen die politisch handelnden Anhänger der Rundfunksysteme aufeinander: „Die Auseinandersetzung um die neuen Medien trägt bei uns Züge eines Glaubenskrieges. Medienpolitik droht umzuschlagen in Machtpolitik. Was darauf hinweist, dass in erheblichem Maße auch die Verteidigung von Interessen auf dem Spiele steht, was zunächst gar nichts Schlechtes, sondern nur etwas Festzustellendes ist.“181 Dass die Parteien und sogenannten „gesellschaftlich relevanten Kräfte“ über eine Hintertür auch bei den Privaten Einflussmöglichkeiten besitzen, wird durch die Gremienzugehörigkeit der Volksvertreter mit Sitz und Stimme in den Landesmedienanstalten belegt. Zwar können sie keine Personalentscheidungen steuern (wie beim binnenpluralistisch organisierten ö.-r. Rundfunk), stimmen aber über die Vergabe von privatrechtlichen Sendelizenzen, Kabelplätze und Programmverstöße ab.182 Hinter der Aufgabenbeschreibung verbirgt sich durchaus einmal eine prinzipielle Möglichkeit, „genehme“ Privatsender vorrangig zu behandeln. Eine kritische Anmerkung kommt hinzu: Kennzeichnend war im Untersuchungszeitraum, dass zahlreiche Medienreferenten der Staatskanzleien zu Geschäftsführern der Landesmedienanstalten berufen wurden. Eine politische Nähe zu ihren ehemaligen Dienstherren konnte demnach nicht prinzipiell ausgeschlossen werden.
1.7.7 Kontrollaufsicht: Medienrat auf Bundesebene Die Medienlage in Deutschland ist mit dem Aufkommen neuer und ausländischer Rundfunkanstalten wesentlich komplexer geworden, wobei das förderalistische Kontrollsystem mit seinen weitgehenden Eigenständigkeiten diesem Umstand nicht gerecht wird. So bemängelt Mai naheliegend, dass die Aufsichtsorgane der Neuen Medien überfordert sind: „Inzwischen zeigt sich aber, dass die 15 Landesmedienanstalten in Deutschland, die in der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM) zusammengeschlossen sind, diesen Aufgaben immer weniger gewachsen sind (...) Auf der Liste der Reformvorschläge stehen – neben der Abschaffung der Landesmedienanstalten – die Errichtung eines Medienrates, einer Kartellbehörde für Medien und die Schaffung eines einheitlichen Rechtsrahmens für alle Medien.“183
179 Lerg, Winfried B. 1992, S. 16. 180 Den Landesrundfunkanstalten und dem ZDF wurde für die Programmbetreibung eine Finanzausstattung in Form einer Rundfunkgebühr zugestanden. Die „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (KEF)“ prüft den von den Rundfunkanstalten angemeldeten Finanzbedarf und spricht eine Empfehlung (Berichterstattung mindestens alle zwei Jahre) gegenüber den Regierungschefs der Länder aus. Die Landtage beraten letztlich die KEF-Empfehlung und beschließen eine eventuelle Erhöhung der Gebühr. 181 Vogel, Bernhard 1980, S. 16. 182 Im ö.-r. Rundfunk wird die gesetzlich festgeschriebene Meinungsvielfalt – und damit der Schutz der freien Meinungsbildung nach Art. 5 I GG - durch Vertreter gesellschaftlicher Gruppen in den Aufsichtsgremien von innen heraus sichergestellt (bei dem binnenpluralistischen Modell existiert ein Recht auf Selbstverwaltung). Bei dem außenpluralistischen Modell (z.B. bei Privatsendern) wird davon ausgegangen, dass durch den allgemeinen Wettbewerb der Meinungen insgesamt eine Meinungsvielfalt und Ausgewogenheit erzielt wird. 183 Mai, Manfred 2005, S. 12-13.
Kap. 1.7 Machtpolitik und Fernsehen
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Der Autor forderte bereits 1987 einen „Medienrat auf Bundesebene“, um einen ordnungspolitischen Ausweg aus der ungenügenden Kontrollaufsicht der Neuen und grenzüberschreitenden Medien anzubieten:184 „Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem ‚Vierten Rundfunkurteil’ vom 4. November 1986 den Umfang der modernen Massenkommunikation – vor allem die letzten Entwicklungen der 80er Jahre, und zwar die Satellitenund Kabeltechnik, Bildschirmtext, Videotext und die Video- und Digitaltechniken – juristisch als existent berücksichtigt, jedoch zugleich darauf aufmerksam gemacht, dass die Kontrollaufsicht über die Neuen Medien noch in weiteren Rechtsurteilen festgelegt werden muss (...) Bis heute stehen wir auch vor dem Problem, dass die Kontrollarbeit weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit stattfindet und eine Rückkoppelung mit den Betroffenen bzw. Beschwerdeführern nahezu öffentlichkeitsfern geführt wird (...) Allerdings wird in naher Zukunft nicht mehr allein mit den bekannten Modellen der Kontrolle gearbeitet werden können, da sich durch die Neuen Medien die Kommunikationslandschaft gewaltig gewandelt hat und sich nicht nur die Zahl der Informationsquellen erheblich erweitern wird, sondern auch die Mediensysteme zusammenarbeiten bzw. sich miteinander vermischen werden. Deshalb erscheint es mir wichtig und als Gebot der praktischen Vernunft, dass eine neue medienübergreifende unabhängige sowie bundesweite Einrichtung zur Selbstkontrolle aller Medien eingerichtet wird (der Medienrat), damit die Bürger, die sich in ihren Rechten von einem Medium beeinträchtigt fühlen, sich an eine zentrale Beschwerdeinstanz wenden können (...).“
184 Hermanni, Alfred-Joachim 1988, S. 87-94.
2 Medienpolitische Programmatiken der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien: vom 1. Januar 1980 bis zum Wechsel der Bundesregierung am 1. Oktober 1982 2
Medienpolitische Programmatiken
2.1 Medienpolitische Positionen der Parteien 2.1.1 Medienpolitische Positionen der SPD 1980
.
Medienpolitische Organisation und Arbeitsweise In der Kommission Medienpolitik der SPD, die dem Parteivorstand unterstand, wurden alle grundsätzlichen medienpolitischen Entscheidungen getroffen. In den 80er Jahren zählten zu den Kommissionsmitgliedern hohe politische Mandatsträger (wie die Ministerpräsidenten Holger Börner, Klaus von Dohnanyi, Johannes Rau und Oskar Lafontaine) neben Spitzenpolitikern wie Egon Bahr, Anke Martiny, Hans-Ulrich Klose, Klaus Schütz, Reinhard Klimmt und Peter Glotz, aber auch Intendanten, Direktoren und Chefredakteure von ARD und ZDF (wie Ernst Elitz/SDR, Friedrich-Wilhelm v. Sell/WDR, Rudi Sölch/ZDF, KarlHeinz Klostermeier/RB, Manfred Buchwald/SR und Jobst Plog/NDR). Weitere Mitglieder bzw. ständige Gäste waren Professoren von Hochschulen, Vertreter von privaten Filmgesellschaften (Gyula und Katharina Trebisch, Dieter Kosslick, Alexander Kluge), großen Medienkonzernen (wie WAZ) und Verbänden (wie DGB-Bundesvorstand, RFFU) sowie Rundfunkmacher wie Manfred Jenke, Gisela Marx, Horst Schättle, Karola Sommerey, Cornelie Sonntag und Günter Struve. Vorsitzende des Gremiums waren in den 80er Jahren: Holger Börner, Klaus von Dohnanyi, Peter Glotz und Björn Engholm. Innerhalb der SPDBundesgeschäftsstelle gehörte das Referat Medienpolitik bis 1987 zur Abteilung Presse und Information; danach wurde das Referat in eine Stabsstelle beim Vorstand umgewandelt. Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Zur Ausgangslage, inwieweit das ö.-r. Rundfunksystem durch die Zulassung privater Veranstalter ergänzt werden sollte, hatte sich die SPD eindeutig geäußert. In offiziellen medienpolitischen Beschlüssen, beispielweise auf dem „Berliner Parteitag 1979“ (3.-7. Dezember 1979) und im „Wahlprogramm 1980“ (9./10. Juni 1980), lehnte die Bundespartei einen kommerziellen Rundfunk185 ab: „Die SPD bejaht die Bewahrung unseres unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunks (...) Das Prinzip der privatwirtschaftlich organisierten Presse und der öffentlich-rechtlichen Organisation von Funk und Fernsehen hat sich so bewährt, dass wir daran nicht rütteln lassen.“186 Helmut Schmidt (SPD) hatte die Bundestagswahl am 5. Oktober 1980 gegen seinen Herausforderer Franz Josef Strauß (CSU) gewonnen, und als alter und neuer Bundeskanzler orientierte er seine Medienpolitik an den Vorgaben der sozialdemokratischen Parteilinie: „Die gewonnenen Bundestagswahlen ändern nichts daran, der medienpolitische Kampf 185 Die SPD nutzte das Wort „Kommerzialisierung“ als politischen Kampfbegriff, um zu betonen, dass die privaten Fernsehbetreiber lediglich an dem Profit aus Rundfunkveranstaltungen interessiert seien. 186 Auszug aus dem SPD-Wahlprogramm, beschlossen am 09./10.06.1980 auf dem Wahlparteitag in Essen, S. 36.
64
Kap. 2 Medienpolitische Programmatiken
geht weiter: Franz-Josef Strauß hatte bereits vor dem 5. Oktober den Schuldigen für eine Wahlniederlage von CDU/CSU gefunden: das Fernsehen, besonders die ARD.“187
Bundeskabinett Helmut Schmidt1980. Foto: BPA
Stärker als damals von der Öffentlichkeit wahrgenommen, war sich die SPD bewusst, dass mit der Etablierung neuartiger Medien sozialdemokratisch orientierte öffentlich-rechtliche Rundfunkmacht verloren gehen würde (z.B. der Einfluss auf Personal- und Programmentscheidungen). Deshalb versuchte sie seit Ende der 70er Jahre, private Angebote erst gar nicht aufkommen zu lassen, indem sie z.B. die Verkabelung von deutschen Großstädten untersagte. So verkündete 1979 Bundespostminister Gscheidle (SPD), dass die Bundesregierung die flächendeckende Verkabelung für die Verteilung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen aufgegeben habe. Die Bundesregierung verfügte einen Verkabelungsstopp für die bereits eingeleitete Verkabelung in elf Großstädten.188 Über viele Jahre sollte die Frage nach einer einheitlichen Linie gegenüber den Neuen Medien die Tagesordnung diverser SPD-Gremien auf Bundes- und Länderebene bestimmen. Schon 1980 bei der konstituierenden Sitzung der Medienkommission wies deren Vorsitzender Börner auf die Dringlichkeit und Bedeutung dieses Anliegens hin: „Erste Aufgabe sei, eine einheitliche verbindliche Position der Partei zu den Neuen Medien zu finden, damit bereits zur Ministerpräsidenten-Konferenz im kommenden Juni das weitere Vorgehen klar sei und eine tragfähige abgesicherte Lösung gefunden werden könne.“189
187 Vermerk Referat Massenmedien/SPD-Bundesgeschäftsstelle an Holger Börner: Stichworte für die Medienkommissionssitzung am 30.10.1980, 23.10.1980, Bonn, S. 1. 188 Gscheidle, Kurt 1979, Beschluss des Bundeskabinetts v. 26.09.1979. 189 Protokoll der konstituierenden Sitzung der Medienkommission beim SPD-Parteivorstand am 28.04.1980, 07.05.1980, Bonn, S. 2.
Kap. 2.1 Medienpolitische Positionen der Parteien
Bundesminister Kurt Gscheidle
SPD-Parteifreunde Holger Börner (l.) und Peter Glotz (r.)
(1974-1982; SPD). Foto: BPA
Börner war der schärfste Kritiker des Privatfunks. Foto: FES
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Öffentlich-rechtliches Rundfunkmonopol Schmidt ließ in seiner Regierungserklärung vom 24. November 1980 keinen Zweifel aufkommen, dass er an der bestehenden Medienordnung festhalten wollte: „Die sozial-liberale Koalition wird – wie früher – auch in Zukunft für den privatrechtlichen Charakter der Presse und für den öffentlich-rechtlichen Charakter der elektronischen Medien, d.h. des Rundfunks und Fernsehens, eintreten (...) Es wäre gut, wenn die Parteien des Bundestages zu diesem Konsensus zurückkehren könnten.“190 BM Hans-Jochen Vogel war einer der sozialdemokratischen Wortführer auf Bundesebene, die auf die Alleinrolle des ö.-r. Rundfunks pochten: „Wir müssen jedem Versuch, die öffentlich-rechtliche Organisationsform in Frage zu stellen oder abzubauen, entschieden entgegentreten – gerade auch bei den Neuen Medien.“191 Nöbel, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Medienpolitik der Sozialdemokratischen Bundestagsfraktion, setzte ebenfalls auf das „bewährte System“ und sah die sozialdemokratische Medienpolitik bestätigt von den Kirchen, Gewerkschaften und Journalistenverbänden sowie durch die Intendanten von ARD und ZDF.192/193 Dort mangelte es nicht an negativen Stimmen, und ZDF-Intendant von Hase warnte (im Juni 1980) vor einem Nebeneinander von privatem und ö.-r. Rundfunk nach dem britischen Vorbild.
190 Schmidt, Helmut 1980. Quelle: Bulletin Nr. 124 des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, Bonn, S. 1062 f.. 191 Vogel, Hans-Jochen 1980, S. 3. 192 Vgl. Nöbel, Wilhelm 1980, S. 1. 193 Alles in allem prognostizierten die Kirchen bereits in den 70er Jahren einen „drohenden Kulturverfall“; eine Sorge der Katholischen Kirche war beispielsweise, „ob Kabelkommunikation einen Fortschritt für den Menschen darstelle“ (Vgl. Henrich, Franz. In: Mueller, Burkhard K.: Ein Fichtenzweig im reinen Eichenwald, Süddeutsche Zeitung, 31.10.1978, München, S. 22).
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Kap. 2 Medienpolitische Programmatiken
Mediengesetzgebung Auf der Ministerpräsidentenkonferenz der Länder am 28./29. Februar 1980 akzeptierte BK Schmidt die verfassungsmäßigen Kompetenzen der Länder für die Nutzung der neuen Medientechniken und gestand ihnen ein entscheidendes Mitspracherecht bei internationalen Rundfunkentscheidungen zu.194 Vor „unüberlegten und vorschnellen Entscheidungen“ bei der Einführung der Neuen Medien – verbunden mit der Verabschiedung korrespondierender Mediengesetze – warnten die SPD-Fraktionsvorsitzenden der Parlamente195 ebenso wie Ministerpräsidenten der A-Länder (z.B. Börner/Hessen auf eine „Große Anfrage“ der F.D.P.-Landtagsfraktion am 6. Mai 1980). Vogel bemühte sich im Zuge der offensiv geführten Auseinandersetzungen mit dem politischen Gegner um „ein möglichst breites Bündnis vieler gesellschaftlicher Kräfte“ gegen eine duale Rundfunkordnung196 und argumentierte mit der Bayerischen Verfassung: „Rundfunk wird in öffentlicher Verantwortung und in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft betrieben.“197 Finanzierung der Rundfunkanstalten Um potentiellen privaten Fernsehveranstaltern von Anfang an die Einnahmequellen einzuschränken, plädierte Bahr bei der Erörterung geplanter ARD/ZDF-Vormittagsprogramme für die Stärkung ö.-r. Rundfunkwerbung: „Die öffentlich-rechtlichen Anstalten sollten diesen Platz solange wie möglich besetzen (...) mehr Werbesendungen in die öffentlichrechtlichen Häuser aufzunehmen, um so die Kapitaldecke privater Veranstalter zu verkürzen.“198 Demnach lautete der politische Vorsatz, die finanzielle Dispositionsmasse der werbetreibenden Wirtschaft zugunsten privater Veranstalter möglichst gering zu halten. Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken Bereits im Jahre 1975 schlug die von der damaligen sozial-liberalen Bundesregierung einberufene „Kommission für den Ausbau des technischen Kommunikationssystems“ (KtK) in ihrem Telekommunikationsbericht vor, Versuchsprojekte zu starten, um den Bedarf und die Bedürfnisse der Neuen Medien und damit einhergehend den Ausbau der Breitbandkommunikation zu ergründen. Vom Prinzip her ging es bei den anvisierten Feldversuchen um die Frage, inwieweit fortschrittliche Technologien im Informations- und Kommunikationswesen genutzt werden können; speziell der SPD ging es nicht darum, mittelbar zukünftige Fernsehrealitäten einzuleiten. Am 11. Mai 1978 fassten die Ministerpräsidenten der Länder den Beschluss, vier Kabelpilotprojekte zuzulassen – jeweils zwei in unionsgeführten und sozialdemokratischen Bundesländern. Als Standorte der Pilotprojekte wurden die Städte bzw. Regionen Berlin, Dortmund, Ludwigshafen/Vorderpfalz/Mannheim und München auserkoren.199 Wie spätere Ergebnisse der Untersuchung zeigen, wurde allerdings der eigentliche Beginn der Projekte von sozialdemokratischer Seite aus langjährig verschleppt (u.a. durch den „Kabelstopp“), bis 1984 mit der Ausstrahlung von Rundfunk194 195 196 197
Vgl. Beschlussprotokoll (Auszug). In: Barsig, Franz 1981a, S. 112 ff.. Vgl. Kabelfernsehen. SPD: Bundeskommission zu neuen Medien. In: dpa bas 269 261843, 26.01.1980. Vgl. Vogel, Hans-Jochen, 1980, S. 3. Vogel, Hans-Jochen 1980, S. 3 und Bayerische Verfassung, Art. 111a „Garantie der Rundfunkfreiheit“, Absatz 2. http://www.bayern.landtag. de/pdf_internet/Bayerische_Verfassung.html 12.02.2006. 198 Bahr, Egon. In: Protokoll der konstituierenden Sitzung der Medienkommission beim SPD-Parteivorstand am 28.04.1980, 07.05.1980, Bonn, S. 4. 199 Mannheim/Baden-Württemberg verzichtete später auf eine Teilnahme. Finanziert wurden die Kabelpilotprojekte durch den sog. „Kabelgroschen“ in Höhe von 20 Pfennig Aufschlag auf die Rundfunkgebühr.
Kap. 2.1 Medienpolitische Positionen der Parteien
67
sendungen in den Kabelpilotprojekten gestartet werden konnte. Börner, in den 80er Jahren der hartnäckigste Gegner des privaten Fernsehens, hatte sich trotz aller Skepsis frühzeitig für eine Beibehaltung der Pilotprojekte eingesetzt: „Holger Börner warnt davor, die Pilotprojekte infrage zu stellen. Wenn die Vereinbarung der Ministerpräsidenten aufgelöst würde, könne jeder willkürlich verfahren (...) NRW und Berlin wollten diese Projekte auf jeden Fall durchführen.“200 Auch waren sich die Mahner auf dem linken Flügel des politischen Parteienspektrums bewusst, dass sie aus arbeitsmarkt-, industrie- und wettbewerbspolitischen Gründen eine Verweigerungshaltung auf Dauer nicht durchhalten konnten. Sie wollten keineswegs als „technologie-feindlich“ und „fortschrittsbremsend“ gelten und begrüßten deshalb die Möglichkeiten der Individualkommunikation, allerdings vornehmlich zu geschäftlichen Zwecken. Aufmerksam beobachtete die SPD schon in der Planungsphase die Pilotprojekte in den vier Bundesländern und ernannte Fachleute in die „Arbeitsgruppe Neue Medien“, die Vorarbeit leisten und der Partei und den von der SPD geführten Regierungen in Bund und Ländern praktikable Vorschläge unterbreiten sollten. Benannt wurde aus jedem Land mit Pilotprojekten ein Fachmann, „für Bayern den Genossen Richard Dill (ARD-Koordinator Ausland).“201 Im Kontext erinnerte Börner die Genossen daran, weshalb sich die SPD an den Pilotprojekten Kabelfernsehen beteiligt hatte: „Unsere Seite hatte im Mai 1978 mit den anderen Ministerpräsidenten vor allem deshalb die gemeinsame Durchführung und Finanzierung der Pilotprojekte Kabelfernsehen beschlossen, um die andernfalls zu erwartenden Initiativen zur Einführung privaten Rundfunks in die Versuche einbinden und beeinflussen zu können.“202 Keinesfalls wollte der Medienkommissionsvorsitzende „mitschuldig werden, dass kommerzielle Veranstalter zum Zuge kommen (...) Für Pilotprojekte einzutreten heiße für ihn aber nicht, gesteigerten Fernsehkonsum zu begrüßen.“203 Glotz forcierte das sozialdemokratische Veto gegen den privaten Rundfunk und fragte, „wie man die Deutsche Bundespost zu Investitionen bringen kann, die kommerzielles Fernsehen verhindern.“204 Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Die sozialdemokratischen Entscheidungsträger waren sachkundig genug, um zu wissen, dass am stärksten ein Einfluss auf personelle Entwicklungen im Medienbereich genommen werden kann, indem Parteifreunde und Nahesteher aus den Rundfunkorganisationen und Mediengewerkschaften koordiniert und in das SPD-Methodencredo integriert werden. Dieser Befund wird gestützt durch die Entscheidung der drei Vorsitzenden der Medienkommission (Holger Börner, Egon Bahr, Peter Glotz), intervenierende Aufgaben durch Mitglieder der SPD-Medienkommission wahrnehmen zu lassen:
200 Börner, Holger. In: Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 28.04.1980, 07.05.1980, Bonn, S. 4 und 7. 201 Protokoll der konstituierenden Sitzung der Medienkommission beim SPD-Parteivorstand am 28.04.1980, 07.05.1980, Bonn, S. 2. 202 Börner, Holger. In: Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 30.10.1980, 04.11.1980, Bonn, S. 2. 203 Börner, Holger. In: Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 30.10.1980, 04.11.1980, Bonn, S. 5. 204 Glotz, Peter. In: Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 30.10.1980, 04.11.1980, Bonn, S. 6.
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Kap. 2 Medienpolitische Programmatiken
„Betreuung der Landesrundfunkanstalten durch je ein aus dem betreffenden Lande kommendes Mitglied der Medienkommission. Organisation und Koordination der wichtigsten SPD-Intendanten und Spitzenvertreter in den Anstalten. Koordination der wichtigsten SPD-nahen Verbandsvertreter (Gewerkschaften, Journalisten, Verleger, Schriftsteller usw.).“205
Dass die SPD seinerzeit versuchte, ihr gewogene Fernsehjournalisten an Schlüsselpositionen zu setzen, um beim „Verlautbarungsjournalismus“ erheblich mitzuwirken, zeigt ein Hintergrundbericht im Magazin „Stern“: „Denn bei der Parteibuch-Politik haben Sozialdemokraten seit jeher kräftig mitgemischt. Freilich machten sie dabei häufig den Fehler, mehr auf ‚verdiente Parteisoldaten’ (so Jörg Richter, Medienexperte in der SPD-Zentrale) als auf gute Journalisten zu setzen (...) Kein Wunder, dass im Ollenhauer-Haus206 überlegt wird, wie man in den Funkhäusern das medienpolitische Gleichgewicht wieder herstellen kann.“207 Bei der Bestandsaufnahme schreckten Sozialdemokraten nicht davor zurück, eigene Parteimitglieder innerhalb der Sender abzulösen, wie die „Forderung der Bremer SPD nach Rücktritt des SPD-Intendanten Schröder von Radio Bremen“ im Februar 1980 belegt.208 Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb In einer deutungsklaren Direktheit eröffnete Bahr bereits auf dem Bundesparteitag 1979 den Kampf um die Programminhalte des Fernsehens und offenbarte die Hintergründe sozialdemokratischen Handelns: „Wir werden also aufpassen müssen, dass hier nicht eine Situation geschaffen wird, durch die de facto die Situation der gedruckten veröffentlichten Meinung auf den Bildschirm übertragen wird. Dann hätte nämlich die SPD bei den Wahlen wahrscheinlich keine Chancen mehr.“209 Zurückversetzt in die historischen Anfänge der Maschinenstürmerei stellte der frühere SPD-Bundesgeschäftsführer die aus seiner Sicht bedeutendsten Fragen der kommenden Jahrzehnte: „Wird der Mensch von der Technik und der möglichen Ausnutzung objektiver Gesetze und Kräfte beherrscht werden, oder wird er sie beherrschen? (...) Sozialisten sind aufgebrochen, um den Menschen zu befreien. Wenn wir zuließen, dass er in den Fesseln einer computergesteuerten, medienmanipulierten, totalen Zuwachsgesellschaft versklavt wird (...) dann wäre dies geschichtlich unser Ende.“210 Bahrs Aussage markierte den zentralen Streitgegenstand zwischen den Parteien, das Dilemma um den Sinn und Nutzen technischer Möglichkeiten, dessen Auswirkungen auf die zwischenmenschlichen Kommunikationsformen und die qualitativen Ansprüche an zusätzliche Rundfunkprogramme. Europäische Medienpolitik Ungeachtet des nationalen Widerstandes gegen die Zulassung privaten Rundfunks schloss sich die SPD-Medienkommission der Forderung von Mitgliedern der Sozialistischen Fraktion des Europa-Parlamentes nach einer europäischen Rundfunkordnung an. Börner schlug 205 Ergebnisprotokoll des Gesprächs der Vorsitzenden der Medienkommission beim SPD-Parteivorstand am 24.04.1980 im „Politischen Club“, 24.04.1980, Bonn, S. 2. 206 Frühere SPD-Parteizentrale in Bonn. 207 Pragal, Peter 1980, S. 190-194. 208 Henrich, Günther 1980, S. 1. 209 Bahr, Egon. Zitiert nach Barsig, Franz 1981b, S. 2. 210 Bahr, Egon 1979, S. 65.
Kap. 2.1 Medienpolitische Positionen der Parteien
69
angesichts der „Satellitenproblematik“ vor, Kooperateure bei CDU, F.D.P. und in der Wirtschaft für eine übernationale Abstimmung zu suchen.211 Parteiinterne Kritik/Koalitionsstreit Anfang der 80er Jahre zeichnete sich ein medienpolitischer Dissens zwischen den Koalitionsparteien der Bundesregierung, SPD und F.D.P., ab, da der Juniorpartner unmissverständlich ein stärkeres Engagement bei der Nutzung von Breitbandkabelnetzen für Rundfunkdienste und beim Satellitenrundfunk forderte.212 Um einen Konsens mit der F.D.P. bemüht, mahnte Börner an: „Medienpolitik dürfe nicht zum Stolperstein der weiteren Koalitionszusammenarbeit werden. Man müsse bald mit der F.D.P. über die neuen Medien reden.“213 Der Prozess der internen parteipolitischen Kommunikation verlief innerhalb der SPDGliederungen keineswegs immer zufriedenstellend, weshalb das Referat Massenmedien in der SPD-Bundesgeschäftsstelle bei Mitgliedern der SPD-Medienkommission 1980 sondierte: „Wie kann die Geschlossenheit und Einigkeit der Partei in medienpolitischen Grundsatzfragen besser gewährleistet werden?“214 Gleichfalls um bindende „Wir“-Solidarität bemüht, drängte Börner zu einer einheitlichen Vorgehensweise: „Die aktuelle Diskussion um das geplante Vormittagsprogramm von ARD und ZDF sei ein Beispiel für mangelhafte Abstimmung. Er habe sich bekanntlich frühzeitig gegen eine Programmausweitung ausgesprochen und fühle sich heute regelrecht überrumpelt“.215
1981
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Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Grundsätzlich agierte die SPD einerseits als Verteidiger der monopolistischen Rundfunkordnung und andererseits als Beschützer des Publikums vor einer „geistigen Programmverflachung“, die ein kommerzieller, das heißt von Privaten betriebener Rundfunk hierzulande bewirken würde.216 Man ging bei der SPD davon aus, dass sich die ö.-r. Anstalten dem „profanen“ Niveau der zukünftigen Konkurrenten anpassen müssten, um unter Marktbedingungen bestehen zu können. Zumindest entsprach dies dem Eindruck bei der Vorstellung des „SPD-Aktionsprogramms zu den neuen Technologien im Medienbereich“ am 27. März 1981, das von der Kommission Medienfragen beim SPD-Vorstand erarbeitet worden war. In naheliegender Konsequenz galt der „Widerstand (...) aber nicht nur der Kommerzialisierung von Funk und Fernsehen, wir sind darüber hinaus skeptisch gegenüber der Vermehrung der Zahl der Programme überhaupt.“217 Ebenso unterstellte die Partei dem kommerziellen Fernsehen, dass es „eine Spirale der Programmverflachung herbeiführen“ würde. Schließlich wurde richtungweisend eine parteipolitische Order an die SPD-regierten
211 Vgl. Börner, Holger. In: Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 30.10.1980, 04.11.1980, Bonn, S. 11 und 13. 212 Vgl. F.D.P.-Wahlprogramm, 07.06.1980, S. 29-30. 213 Börner, Holger. In: Protokoll der konstituierenden Sitzung der Medienkommission beim SPD-Parteivorstand am 28.04.1980, 07.05.1980, Bonn, S. 7. 214 Referat Massenmedien, SPD-Bundesgeschäftstelle, 08.04.1980, Bonn. 215 Börner, Holger. In: Protokoll der konstituierenden Sitzung der Medienkommission beim SPD-Parteivorstand am 28.04.1980, 07.05.1980, Bonn, S. 3. 216 Vgl. Glotz, Peter 1981a. 217 SPD-Aktionsprogramm zu den neuen Technologien im Medienbereich 1981, S. 1-2.
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Kap. 2 Medienpolitische Programmatiken
Bundesländer herausgegeben: „Wo die SPD Verantwortung trägt, wird sie dafür sorgen, dass einer derartigen Entwicklung ein Riegel vorgeschoben wird.“218 Innerhalb des Aktionsprogramms schlüpfte die SPD auch in die Rolle eines Vormundes der Bürger und unterstellte mit einem vermehrten Programmangebot massive Auswirkungen auf die Privatsphäre und das öffentliche Leben: „(...) ist somit gleichzeitig eine Entscheidung darüber, wie die Entwicklung und Erziehung unserer Kinder verlaufen soll; wie das Zusammenleben in unseren Familien und das gesellschaftliche Miteinander aussehen soll; von welchen Kräften die öffentliche Meinungsbildung beherrscht wird.“219 Zwei Zugeständnisse richtete die SPD allerdings an die Adresse der anderen Parteien: Die Kabelpilotprojekte und die Planungen der Bundesregierung zur Förderung von Testsatelliten sollten unterstützt werden. Mediengesetzgebung Die medienpolitischen Entschließungen der Bundesregierung v. 13. Mai und 24. Juni 1981 zielten darauf ab, die eigenen politischen Reihen geschlossen zu halten.220 So wurde ausdrücklich vom Kabinett darauf hingewiesen, dass das Bundesverfassungsgericht den Rundfunk nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen wolle und dass das integrierte BreitbandGlasfaserfernmeldenetz für Zwecke der geschäftlichen und der Individualkommunikation aufgebaut werden solle. Weitreichende staatspolitische Positionen zur Einführung des Privatfunks tauchten innerhalb der Entschließungen nicht auf, obwohl sich die Bundesregierung auf internationaler Ebene zum „freien Fluss und der umfassenderen und ausgewogeneren Verbreitung von Informationen“ bekannte (Mediendeklaration der UNESCO vom 28. November 1978) und sich um den Abschluss einer europäischen Rundfunkkonvention bemühte. Die starre Ablehnung des Privatfunks wurde bei dem deutsch-französischen Satellitenprojekt sichtbar, wonach die Bundesregierung empfahl, dass auf den „Kanälen die ohnehin abgestrahlten Programme der ö.-r. Rundfunkanstalten übertragen werden.“221 Im Berichtsjahr musste die SPD zur Kenntnis nehmen, dass nach dem Regierungswechsel in Berlin222 von den vier Kabelpilotprojekten nur noch eines in einem von einem SPD-Ministerpräsidenten regierten Land (NRW/Dortmund) durchgeführt wurde. Bei einem Scheitern der Pilotprojekte, so zeichnete es sich ab, würden die unionsregierten Länder autark Landesmediengesetze verabschieden und den Privatfunk zulassen. Um so zuversichtlicher interpretierte dann die SPD-Medienkommission das sogenannte FRAG-Urteil („Drittes Fernsehurteil“ vom 16. Juni 1981)223 des Bundesverfassungsgerichtes, „weil es deutlich gemacht habe, dass der Rundfunk auch künftig (selbst nach dem eventuellen Wegfall eines Frequenzmangels) nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen werden dürfe (...) Ingesamt lässt sich wertend sagen, dass nach dem FRAG-Urteil (reiner) Kommerzfunk
218 SPD-Aktionsprogramm zu den neuen Technologien im Medienbereich 1981, S. 1. 219 SPD-Aktionsprogramm zu den neuen Technologien im Medienbereich, Vorbemerkungen und Grundsätze, 27.03.1981, S. 1. 220 Medienpolitische Entschließungen der Bundesregierung. In: Media Perspektiven 6/81, Frankfurt am Main, S. 444-445. 221 Medienpolitische Entschließungen der Bundesregierung. In: Media Perspektiven 6/81, Frankfurt am Main, S. 445. 222 Am 11.06.1981 wurde Richard v. Weizsäcker (CDU) zum Regierenden Bürgermeister gewählt. 223 FRAG = Freie Rundfunk-Aktiengesellschaft in Gründung. Theoretisch bestand im Saarland seit 1967 die Möglichkeit, Privatfunk zu veranstalten. Der Gesetzgeber erteilte jedoch trotz Vorliegen von Anträgen keine Rundfunklizenzen, weshalb die FRAG 1971 ein Klage einreichte, die zehn Jahre später mit dem Urteil des BVerfG endete, das die Bestimmungen des Saarländischen Rundfunkgesetzes für verfassungswidrig erklärte.
Kap. 2.1 Medienpolitische Positionen der Parteien
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schwerlich oder überhaupt nicht möglich erscheint.“224 Obwohl in dem „Dritten Fernsehurteil“ theoretisch festgehalten wurde, dass der Gesetzgeber die Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Rundfunkmodellen hat (als Fundament sollten das binnenpluralistische bzw. das außenpluralistische Modell dienen)225 und damit ein duales Rundfunksystem denkbar war, fühlte sich die SPD dennoch in ihrer Haltung bestätigt, dass es privaten Rundfunk in Deutschland auf absehbare Zeit nicht geben werde. Infolgedessen sprach sich das Bundeskabinett erneut gegen einen privatwirtschaftlich organisierten Rundfunk aus226, und Haak, Mitglied der SPD-Medienkommission, kommentierte für seine Partei das Fernsehurteil so: „Zunächst wurden die Voraussetzungen, Bedingungen und Sicherungen festgeschrieben, unter denen – und zwar nur unter denen – die Einführung privaten Hörfunks und Fernsehens verfassungsrechtlich zulässig ist. Der Korb wurde sehr hoch gehängt, die außerordentlich strengen Rahmenbedingungen schließen Kommerzfunk aus.“227 Auch die Fraktionsvorsitzenden der SPD zeigten Geschlossenheit und hielten an dem Monopol des ö.r. Rundfunks fest.228 Dass der Rundfunk nicht dem „freien Spiel der Kräfte“ überlassen werden dürfe, wurde fortan zum geflügelten Schlachtruf der Sozialdemokraten, um nicht eingestehen zu müssen, dass das BVerfG den Privatfunk zuließ, allerdings dieser „einer positiven Ordnung [bedarf], welche sicherstellt, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet und dass auf diese Weise umfassende Information geboten wird.“229 Im Bewusstsein ordnungspolitischer Rationalität stimmten die Unionsparteien der SPD zu, dass für die Einführung von privatrechtlichem Rundfunk Landesmediengesetze als Grundlage einer zukünftigen Rundfunkordnung geschaffen werden müssten. Einig waren sich die Ministerpräsidenten der Länder ebenfalls bei dem Vorhaben, dass „die Fragen des Satellitenrundfunks gemeinsam“ zu lösen seien.230 Finanzierung der Rundfunkanstalten Eine ökonomisch gravierende Konstellation, den Privatfunk in seinen Entfaltungsmöglichkeiten zu begrenzen, sah die SPD in einer angemessenen Erhöhung der Rundfunkgebühren (die turnusgemäß anstand), „um sie [ö.-r. Rundfunkanstalten] auch gegenüber einer potentiellen privaten Konkurrenz im Bereich der neuen elektronischen Möglichkeiten in Zukunft bestehen lassen zu können.“231 Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken Bei der Beurteilung der Fortschritte zu den Kabelpilotprojekten zeichnete sich innerhalb der SPD-Medienkommission beträchtliches Konfliktpotential ab: In Berlin „werde der Schwerpunkt auf den interaktiven Dialogdienst mit Rückkanal gelegt sowie auf weitere Technologieforschungsaspekte (...) während der Internationalen Funkausstellung 1981: Teilversuch 224 Haak, Dieter. In: Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 08.10.1981, Bonn, S. 3-4. 225 Vgl. BVerfGE 57, 1981, S. 325. 226 Vgl. 13-Punkte-Erklärung des Bundeskabinetts zum BVerfG-Urteil. In: Bulletin der Bundesregierung, 24.06.1981, Bonn, S. 533. 227 Haak, Dieter 1981a, S. 18. 228 Vgl. „Grundsätze zur Medienpolitik“ v. 20./21.11.1981. 229 BVerfGE 57, 1981, S. 320. 230 Vgl. Beschluss der Ministerpräsidenten-Konferenz v. 04.06.1981. 231 Börner, Holger. In: Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 08.10.1981, Bonn, S. 8.
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Kap. 2 Medienpolitische Programmatiken
mit Ausstrahlung in das Stadtgebiet Berlin.“232 Nach Verabschiedung des rheinlandpfälzischen Landesgesetzes, das das Kabelpilotprojekt Ludwighafen233 sanktionierte, bot sich innerhalb der pfälzischen SPD-Regionalpolitik eine uneinheitliche Position: „Die Skala reiche von den Jusos, welche zum energischen Boykott aufgerufen hätten, bis zu einigen kommunalen SPD-Politikern, die sich sehr für die Möglichkeiten, die ihnen das Kabelfernsehen böte, erwärmen könnten.“234 In Dortmund waren die Planungen weitgehend abgeschlossen und aus der Sicht der Landesregierung wurde ein behutsames Vorgehen mit der Möglichkeit des „Abspeckens“ empfohlen: „(...) sowohl innerhalb der SPD als auch der Bevölkerung neige man überwiegend dazu, das Projekt durchzuführen, allerdings mit gewissen Vorbehalten (Zweifel etwa hinsichtlich der Rückholbarkeit).“235 Beim Münchner Projekt „signalisiere deutlich die Absicht des CSU-Regierungschefs, dem mit dem Kabelfernsehen zu ‚segnenden’ Bürger ein CSU-Staatsfernsehen zu verordnen.“236 Im Zuge des Netzausbaus lehnte die SPD eine flächendeckende Verkabelung Deutschlands „allein zur Programmverteilung aus öffentlichen Mitteln und in einer nicht mehr zukunftsträchtigen ‚Kupfertechnologie’ ohne Innovationsimpulse“ strikt ab.237 Stattdessen setzte die SPD auf die schrittweise Modernisierung des Telefonnetzes durch die Bundespost und seine Erweiterung hin zu einem integrierten Netz auf Glasfaserbasis. Ausdrücklichen Wert legten die Sozialdemokraten darauf, „beim Thema Verkabelung schärfer und exakter zwischen sinnvoller Verkabelung für wirtschaftliche Zwecke und einer nicht gewünschten Vermehrung von Fernsehprogrammen durch Verkabelung zu trennen.“238 Das technisch Notwendige unter öffentlich-rechtlicher Aufsicht sollte gefördert, aber kommerzieller Rundfunk verhindert werden. Die SPD-geführte Bundesregierung stellte sich damit dem Anliegen politisch gelenkter Innovationskräfte entgegen, allen voran den CDU/CSUregierten Bundesländern und einiger Städte, und spielte auf Zeit, wohl wissend, dass durch eine Blockadepolitik die neuen Fernsehwelten vorerst unterbunden wurden. Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb Das sozialdemokratische Argument, dass die kommerziellen Sender eine deutliche „Programmverflachung“ in Gang setzen, konnten die Unionsparteien vor dem Sendestart der Privaten nicht aus dem Weg räumen. Im Nachhinein hat es sich als klug für CDU/CSU erwiesen, dem Argument lediglich ansatzweise widersprochen zu haben. Offenkundig wich die überwiegende Mehrheit der SPD-Politiker nicht von der Parteilinie ab, die Symbolisierung alternativer Kommunikationsformen als Multiplikator differierender Stimmen und Ansichten abzuwerten: „Publizistische Chancengleichheit und Meinungsvielfalt lassen sich auf dem Feld des Rundfunks nicht durch kommerziellen Wettbe232 Glotz, Peter. In: Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 09.02.1981, 11.02.1981, Bonn, S. 7. 233 Das „Gesetz über einen Versuch mit Breitbandkabel“ trat am 01.01.1981 in Kraft. 234 Moesta, Carlheinz. In: Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 09.02.1981, 11.02.1981, Bonn, S. 8. 235 Haak, Dieter. In: Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 09.02.1981, 11.02.1981, Bonn, S. 9. 236 Ihlefeld, Andreas: Anlage zu TOP 1 „Stand der Kabelpilotprojekte“ zur Sitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 09.02.1981, 04.02.1981, Bonn, S. 3. 237 Aktionsprogramm der SPD zu den neuen Technologien im Medienbereich, SPD-Parteivorstand, 27.03.1981, Bonn, S. 3. 238 Glotz, Peter. In: Protokoll der Sondersitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 27.03.1981, 10.04.1981, Bonn, S. 5.
Kap. 2.1 Medienpolitische Positionen der Parteien
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werb und marktwirtschaftliche Mechanismen herstellen.“239 Als kennzeichnend für eine Polarisation medienpolitischer Konzeptionen ist die Stellungnahme Haaks240 zu werten, in der er dem politischen Gegner den Erwerb von Macht durch Kommerz unterstellte: „So trachtet die Union mit nahezu allen Mitteln danach, sich machtpolitische Vorteile in Hörfunk und Fernsehen zu erkämpfen (...) Die Union sagt Meinungsfreiheit, aber sie meint politischen Einfluss; sie sagt Ausgewogenheit und meint unverbindlichen Verlautbarungsjournalismus.“241/242 Parteiinterne Kritik/Koalitionsstreit Stillstand als Ritual: BK Schmidt (SPD) trug die offizielle Order seiner Partei, den Status Quo zu bewahren, uneingeschränkt mit und verschleppte ausstehende Entscheidungen, um nicht den Koalitionsfrieden mit der F.D.P. zu riskieren. Seit F.D.P.-Generalsekretär Verheugen den auf Schmidt zurückgehenden „Kabelstopp“, die bereits eingeleitete Verlegung von Breitbandkabelnetzen in elf Großstädten abzubrechen, im November 1980 scharf kritisiert hatte, rückten immer mehr Liberale von ihrem Regierungspartner ab. Konkret sprach sich die F.D.P. dafür aus, so bald wie möglich eine medienpolitische Rahmenordnung für die Nutzung aller Kommunikationstechnologien zu verabschieden. Schmidt dagegen hoffte, dass bei dem am 16. Juni 1981 zu erwartenden „Dritten Fernsehurteil“ des Bundesverfassungsgerichtes die SPD-Medienprogrammatik bestätigt würde. Opposition gegen ihre sog. „Verhinderungspolitik“ erfuhren die Genossen auch in den eigenen Reihen, indem etwa der frühere SPD-Vorstandssprecher Barsig seiner Partei vorwarf, dem Volk nicht die Wahrheit zu sagen: „Die SPD kämpft für das Monopol von ARD und ZDF, weil sie über Verwaltungs- und Rundfunkräte das Programm und vor allem die Personalpolitik massiv beeinflussen kann.“243 Trotz der erwähnten sozialdemokratischen Prioritäten hatten Befürworter und Kritiker des Rundfunkmonopols erkannt, dass die Anstalten eine Reform brauchen; ihre Strukturen stimmten nicht mehr, das Programm erforderte neue Anstöße. Ein fairer Wettbewerb zwischen beiden Systemen konnte dabei hilfreich sein. Vor diesem Hintergrund spricht Lohmar, langjähriger SPD-Bundestagabgeordneter und später Professor für politische Wissenschaften an der Gesamthochschule Paderborn, seiner Partei ein Verständnis für real existierende Fakten ab: „Im politischen Bewusstsein vieler Sozialdemokraten haben die Erfolgserlebnisse mit dem öffentlichen Gebiet – auch bei den Rundfunkanstalten – und der relative Misserfolg bei der Mitbestimmung dazu geführt, öffentliche Einrichtungen auch moralisch für besser zu halten als private Unternehmen (...) Sie wendet sich außerdem mit Vehemenz gegen die ‚Kommerzialisierung’ von Rundfunk und Fernsehen (...) Die SPD jedoch übersieht, dass die Haushalte der ARD und des ZDF heute schon zu rund 40 Prozent aus Werbung finanziert werden. Ist das nicht ‚Kommerz’, oder ist es ein anderer ‚Kommerz’? (...) Wenn zwei dasselbe tun, ist es für die Sozialdemokraten offensichtlich nicht dasselbe.“244
239 240 241 242
Haak, Dieter 1981b, S. 2. Früherer Minister für Bundesangelegenheiten des Landes Nordrhein-Westfalen. Haak, Dieter 1981b, S. 1. Eine in der Wissenschaft weitgehend anerkannte Definition des Begriffes „Ausgewogenheit“ liefert NoelleNeumann (Vgl. Glossar). 243 Barsig, Franz 1981b, S. 2. 244 Lohmar, Ulrich 1981, S. 9.
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Kap. 2 Medienpolitische Programmatiken
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Mediengesetzgebung Bundespolitisch ruhte die SPD-Medienpolitik weitgehend, soweit es den Untersuchungsgegenstand „Fernsehen im Wandel“ betraf. Auf der Ebene der A-Länder protestierte Börner/Hessen am 15. April gegen den Entwurf eines Landesmediengesetzes durch die von Späth (CDU) geführte Landesregierung von Baden-Württemberg (Ba-Wü), worauf die SPD-Fraktion im Landtag von Ba-Wü am 6. Oktober 1982 einen eigenen „Entwurf für ein Gesetz zur Sicherung der Rundfunkfreiheit“ vorlegte. Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken Das Monopol der Deutschen Bundespost für das Fernmeldewesen wurde vor und nach der medienpolitischen Wende kontinuierlich zur Streitsache zwischen den Volksparteien. Beide Seiten unterstellten, dass die Bundespost für ideologisch geprägte Medienkonzepte missbraucht werde. So sagten Verkabelungsgegner für den Fall einer unionsgeführten Bundesregierung prognostizierend voraus, dass die Verkabelung und die Anlaufphase der Privatfunks über die öffentlich-rechtliche Rundfunkgebühr finanziert würde.245 Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb Die Uneinigkeit der politischen Lager spiegelte sich partiell auch bei den gesellschaftlichen Kräften wider. Völlig überraschend erklärte das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken am 21. Januar 1982, als Programmanbieter bei den Kabelpilotprojekten mitwirken zu wollen, während die Evangelische Kirche lediglich eine beratende Tätigkeit anstrebte. Fernerhin lehnte die Rundfunk-Fernseh-Film-Union (RFFU) am 4./5. Februar 1982 die Einführung Neuer Medien zum Zweck der Massenkommunikation komplett ab, wohingegen der Deutsche Journalistenverband (DJV) auf seinem Verbandstag am 11./12. Mai forderte, dass die Neue Medien öffentlich-rechtlich kontrolliert werden müssten.
2.1.2 Medienpolitische Positionen der CDU/CSU 1980
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Medienpolitische Organisation und Arbeitsweise Im Koordinierungsausschuss für Medienpolitik der CDU/CSU, der den Parteivorständen sowie den früheren Generalsekretären von CDU, Heiner Geißler, und von CSU, Edmund Stoiber, zuarbeitete, wurden alle grundsätzlichen medienpolitischen Entscheidungen in den 80er Jahren getroffen. Aus dem Koordinierungsausschuss wurde im Februar 1988 der CDU-Bundesfachausschuss für Medienpolitik, wobei CSU-Vertreter weiterhin zu den Sitzungen eingeladen wurden. Just in dem Untersuchungszeitraum arbeiteten hohe politische Mandatsträger in dem Gremium mit (u.a. die Minister Christian Schwarz-Schilling, Waldemar Schreckenberger, Werner Remmers, Edmund Stoiber, Hans-Otto Wilhelm und Gerold Tandler neben zahlreichen Staatssekretären), aber auch Intendanten und Chefredakteure von ARD und ZDF (wie Willibald Hilf/SWF, Heinz Fellhauer/Deutsche Welle, Edmund Gruber/Deutschlandfunk und Dieter Stolte/ZDF) sowie hochkarätige Vertreter von privaten 245 In: Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 15.11.1982, Bonn, S. 5.
Kap. 2.1 Medienpolitische Positionen der Parteien
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Hörfunk- und Fernsehgesellschaften, Zeitungen, großen Medienkonzernen (wie Bertelsmann und Springer) und Verbänden (wie Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, Deutscher Städte- und Gemeindebund, Zentralverband des Deutschen Handwerks, Deutscher Industrie- und Handelstag). Vorsitzender des Gremiums waren in den 80er Jahren: Christian Schwarz-Schilling, Werner Remmers und Dieter Weirich. Innerhalb der CDU-Bundesgeschäftsstelle koordinierte die Abteilung Medienpolitik u.a. die fachbezogene Zusammenarbeit mit den CDU-Landesverbänden, den Mitgliedern der öffentlich-rechtlichen Aufsichtsgremien sowie der Schwesterpartei CSU und fungierte als Geschäftsführung in diversen medienpolitischen Ausschüssen. Hierbei wurden Organisationseinrichtungen, Koordinierungsleistungen und Verfahrensweisen ab 1983 neu ausgerichtet, um bei institutionellen, personalpolitischen und inhaltlichen Medienangelegenheiten systematisch gezielter und somit effektiver handeln zu können. Ferner betrieb die Abteilung eine strukturierte Kontaktpflege zu Journalisten und weiteren Medienvertretern sowie zu den universitären Bereichen Kommunikationswissenschaft/Publizistik und erarbeitete medienpolitische Konzepte. Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Ausgangspunkt der unionsgesteuerten Politik zu einer Neuordnung der Medienlandschaft in der Bundesrepublik Deutschland waren die in den 70er Jahren entwickelten kommunikationspolitischen Ziele, die u.a. 1974 beim „Münchner Medienkongress“ vorgetragen und im „Grundsatzprogramm von 1978“ festgehalten wurden: „Einer freien Gesellschaft entspricht die Pluralität der Medien (...) Öffentlich-rechtliche Rundfunk- und Fernsehanstalten sind in besonderer Weise der Informationsvermittlung und Meinungsvielfalt verpflichtet. Die Ausstrahlung weiterer Hörfunk- und Fernsehprogramme durch andere Veranstalter – auch durch Gesellschaften des privaten Rechts – soll möglich sein.“246 Es war keineswegs so, als ob die Unionsparteien von jeher ein duales Rundfunksystem anvisiert hätten. Ganz im Gegenteil bestand bis Mitte der 70er Jahre Einigkeit zwischen den Schwesterparteien darüber, das öffentlich-rechtliche System zu festigen. Gradmesser für die Bereitschaft, ein duales Rundfunksystem einführen zu wollen, waren spätestens die medienpolitischen Aussagen der Unionsparteien innerhalb des Wahlprogramms von 1980: „Von einer gesunden Konkurrenz zwischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und privat-rechtlichen Veranstaltern erwartet die Union eine Stärkung des Grundrechts der freien Meinungsäußerung und Information (...) Wir sind grundsätzlich offen für neue Entwicklungen im Bereich der Medien- und Nachrichtentechnik.“247 Wesentliche Impulse für veränderte medienpolitische Konstellationen und eine fortschrittliche Programmatik kamen Anfang der 80er Jahre hauptsächlich aus dem CDULandesverband Hessen. Politiker wie Hans Hugo Klein, Christian Schwarz-Schilling und Dieter Weirich richteten immer wieder Zukunftsperspektiven an die Adresse der Bundespartei und begriffen die hessische CDU „als liberale Avantgarde der Union in der Medienpolitik.“248 Ein typisches Beispiel dafür war das Argumentationspapier „Neue Medien: Mehr Freiheit durch größere Vielfalt“ (November 1980), das an das „Wahlprogramm der CDU“ v. 17./20. Mai 1980 anknüpfte, in dem bereits Rahmenbedingungen für ein Neben246 CDU-Grundsatzprogramm, § 123, 1978, S. 1-2. 247 CDU-Bundespartei 1980: Auszug aus dem Wahlprogramm der CDU und CSU für die Bundestagswahl 1980, Kap. 2.13, S. 29. 248 Weirich, Dieter 1983, S. 7.
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Kap. 2 Medienpolitische Programmatiken
einander von ö.-r. und privatem Rundfunk gefordert wurden. Klein hatte als Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion das Argumentationspapier verfasst und wollte mit diesem Papier „der Polemik der Linken und (...) nachweislich sogar falschen Behauptungen“ entgegnen: „(1.) Es wird behauptet, Rundfunkveranstaltung durch Private verstoße gegen die ‚publizistische Gewaltenteilung’. (...) Im Gegenteil: Eine Studie aus dem Hause des Innenministeriums sagt zu dieser Frage mit Recht: ‚Die Freiheitsverbürgung in Art. 5 I GG kommt nach herrschender Auffassung auch dadurch zum Ausdruck, dass die private Trägerschaft eines Mediums grundsätzlich den Vorrang vor der öffentlich-rechtlichen Trägerschaft genießt.’ (2.) Es wird gesagt, nicht alles, was technisch machbar sei, sei auch gesellschaftlich erwünscht (...) Damit werden Urängste der Menschen geweckt (...) Vor allem aber: Artikel 5 des Grundgesetzes, das Grundrecht der Meinungs- und Informationsfreiheit, garantiert jedermann den freien, d.h. rechtlich grundsätzlich nicht beschränkbaren Zugang zu allen Techniken der Meinungsverbreitung und des Informationsempfangs. (3.) (...) Die Information sei eine viel zu wertvolle Ware, als dass sie dem Markt überlassen werden dürfte. Das kann – positiv ausgedrückt – nur heißen, dass das Informationswesen kollektiv, also staatlich oder quasistaatlich, verwaltet werden muss.“249 Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken Vehement bestanden die Unionsparteien auf der Aufhebung des 1979 durch die SPD/F.D.P.-Bundesregierung ausgesprochenen Verkabelungsstopps und forderten „die Ministerpräsidenten der Länder auf, unabhängig von und über die geplanten vier Kabelpilotprojekte hinaus Rundfunk- und Kabelkommunikation in allen Bundesländern weiter zu fördern und den Ausbau der hierfür erforderlichen Kabelverteilnetze zu betreiben.“250 Mit diesem Anspruch stand die Union in krassem Gegensatz zur Medienpolitik der SPD, die keine Erprobung von Programmen durch private und freie Träger zulassen wollte. Der allgemeine Tenor der Unionserklärungen war dahingehend gehalten, dass es bei der Telekommunikationsdebatte nicht nur um die Meinungsvielfalt ginge, sondern gerade auch um Arbeitsplätze in diesem sich rasant entwickelnden Markt. Es sei unvorstellbar, dass die deutsche Industrie bei der Entwicklung der Geräte für die Kabelkommunikation noch weiter darauf warten müsse, bis die SPD-/F.D.P.-Bundesregierung ihre politische Unentschlossenheit aufgebe. Zustimmung erfuhr die Union u.a. durch den Deutschen Industrie- und Handelstag, der in dem „Wuppertaler Medienpapier“ die Einrichtung lokaler Breitbandnetze in privater Trägerschaft forderte (falls die Deutsche Bundespost unentschlossen bliebe) und die Zulassung privater Veranstalter beim Kabelfernsehen.251 Als Dienstleistungsbetrieb hatte die Deutsche Bundespost aus der Betrachtungsweise der Parteien eine assistierende Funktion, moderne und sichere Technik zur Verfügung zu stellen und den Ausbau einer zukunftsweisenden Infrastruktur der Telekommunikation voranzutreiben. Einfach ausgedrückt: die Bundespost war für die Hardware zuständig (Technik) und die Länder für die Software (Programme). Mit dem Postmonopol war eine entsprechende Dienstleistungspflicht verbunden, die die Unionsparteien bei der Bereitstellung von Fernsehübertragungstechniken hartnäckig einforderten.
249 Klein, Hans Hugo 1980, S. 6. 250 Koordinierungsausschuss für Medienpolitik der CDU/CSU 1980. In: Pressemitteilung der CDU-Bundesgeschäftsstelle, 07.11.1980, Bonn. 251 Wuppertaler Medienpapier. In: dpa-Informationen, 26.06.1980, S. 1 ff..
Kap. 2.1 Medienpolitische Positionen der Parteien
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Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Die öffentlich-rechtliche Fernsehberichterstattung war in den 80er Jahren immer wieder Gegenstand öffentlicher Diskussionen und parteiinterner Zirkel. Infolge der negativen Erfahrungen im Bundestagswahlkampf 1976 (die elektronischen Massenmedien hatten nach Meinung der CDU/CSU den Wahlsieg von Kohl gegen Schmidt verhindert) verlangte Weiskirch (damaliger Sprecher der CDU-Bundespartei) von den Fernsehanstalten, für den Zeitraum des Wahlkampfes 1980 auf „jede Kommentierung der innenpolitischen Szene zu verzichten (...) für eine Gleichbehandlung zu sorgen, die auch nach Minuten und Sekunden gemessen“ werden kann.252 In der Retrospektive gesehen war es eine parteipolitisch vorrangige Frage, inwieweit das Fernsehen ein öffentliches Meinungsklima verändern kann. So beschäftigte sich auch die Presse zum damaligen Zeitpunkt intensiv mit dem Generalthema „Parteien-Einfluss auf das Fernsehen“ und formulierte u.a. Schlagzeilen wie „Machtkampf ums Fernsehen“ („Stuttgarter Zeitung“), „Mundfunk statt Rundfunk“ („TAZ“) und „Die Hauptsünde des Fernsehens – Amtsbonus für regierende Partei“ („Rheinischer Merkur“).253 Mit erheblichem diskurrierenden Aufwand kämpften in den Ländern die Kontrahenten CDU/CSU und SPD um Vermittlung ihrer Positionen durch die Rundfunkanstalten sowie um medienpolitische Hoheitsbefugnisse. Deutliche Interessengegensätze prägten z.B. in Bremen das neue Radio-Bremen-Gesetz, das von der SPD gegen den Widerstand der CDU durchgesetzt worden war: „Eine sogenannte Demokratisierung von Entscheidungsabläufen ist für die Linken in der SPD (...) nur ein Mittel zum Zweck der Verstärkung und/oder Absicherung ihrer Macht. Scheitern sie bei der Machtübernahme, versuchen sie mit allen Tricks – wie jetzt in Bremen – ihnen nicht genehme Mehrheitsentscheidungen wieder zu kippen: Demokratie als Durchgangsstadium zum Sozialismus?“254 Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb Die Unionsparteien hatten seit der verlorenen Bundestagswahl 1976 den Eindruck gewonnen, dass es beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk immer häufiger an inhaltlicher Ausgewogenheit und Sachlichkeit mangelte und dass überwiegend „sozialdemokratische Positionen“ verbreitet wurden. Es herrschte die Überzeugung vor, dass bei ARD und ZDF ein nicht mehr zu kontrollierendes Machtpotential durch die monopolartige Besitz- und Entwicklungsgarantie entstanden war, abgesichert durch die „Rundfunkgebühr“. Dies führte bei der Union zu der Erkenntnis, dass ein journalistisch „linksorientiertes“ Potential eine kritische Berichterstattung über die Arbeit der SPD-dominierten Bundesregierung immer weniger zulassen würde. Insbesondere bei der ARD sollte der Einfluss SPD-dominierter Länderanstalten beschnitten werden; das ZDF hingegen galt als parteipolitisch weitgehend „ausgewogen“. Systematisch plante die CDU/CSU-Medienpolitik, das Monopol der öffentlich-rechtlicher Medienveranstalter aufzubrechen und die Fernsehlandschaft „parteipolitisch ausgewogener“ zu gestalten. Als in gewisser Weise stilbildend ist hierbei die unionsgeführte Argumentation zu betrachten: „Die SPD verteidigt die bestehende Rundfunkstruktur aus machtpolitischen Gründen. Es geht ihr um die Verteidigung ihres Besitzstandes.“255 Nach dem Willen von CDU/CSU sollte das ö.-r. Fernsehen die in den Augen vieler Bürger praktizierte offizielle Autorität verlieren. 252 253 254 255
Weiskirch, Willi: Pressemitteilung v. 03.03.1980, CDU-Bundesgeschäftsstelle, Bonn. Vgl. Dokumentation des Instituts für Zeitungsforschung, Dortmund, 1.Juli-Woche 1980. Neumann, Bernd 1980, S. 3. Klein, Hans Hugo 1980, S. 5.
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Kap. 2 Medienpolitische Programmatiken
Hauptsächlich Noelle-Neumann stützte nach der Wahlniederlage von 1976 mit der wissenschaftlichen Untersuchung „Schweigespirale“ die Haltung der Unionsparteien, sie seien um den Sieg betrogen worden. In ihrer Kernthese unterstellt sie, dass bei diesem sehr knappen Wahlergebnis nicht auszuschließen sei, dass das durch das Fernsehen beeinflusste Meinungsklima eine entscheidende Rolle bei der Wahlniederlage gespielt habe.256 NoelleNeumanns Theorie der Schweigespirale basiert darauf, dass Menschen miteinander in einem fortwährenden Interaktionsprozess stehen, wodurch konträre Meinungen ausgetauscht werden. Stellen nun Personen fest, dass sie mit ihrer Meinung einer Minderheit angehören, agieren sie zurückhaltend oder verschweigen diese (aus Furcht vor Isolation), wobei dadurch die Meinungsführer sich immer stärker äußern. Es entwickelt sich ein spiralartiger Prozess, an dessen Ende das deutliche Überwiegen einer Meinung steht, die jedoch – und dies ist entscheidend – nicht unbedingt die Meinung der Mehrheit sein muss.257 Für ihre Schweigespirale-These hat Noelle-Neumann sowohl Lob als auch Kritik erfahren. Die Unionsparteien setzten sich für eine eindeutige Trennung von Berichterstattung und persönlicher Meinung (Kommentar) im ö.-r. Rundfunk ein, damit die Zuschauer sachgerecht und weitgehend neutral – im Sinne der reinen Übermittlung von Nachrichten – informiert werden. In Nordrhein-Westfalen mahnte der Spitzenkandidat der CDU, Biedenkopf, „eine Berichterstattung mit Respekt vor der politischen Arbeit“ an: „(...) Wie kann eine Union in Nordrhein-Westfalen, die die stärkste politische Kraft ist, vertrauen in die Verwirklichung von Chancengleichheit durch den WDR, wenn der Alleinverantwortliche für das Programm258 auf einer Veranstaltung des politischen Gegners diese Partei [Union] praktisch in die Nähe von Faschisten rückt?“259 Wie steht es um die Bedeutung des Fernsehens bei Wahlentscheidungen? Bestätigt wurde, dass das Massenmedium im Bundestagswahlkampf 1980 einen wesentlichen Anteil zur politischen Weiterbildung Deutschlands leistete. Zwischen dem 1. September und 2. Oktober wurden vor der Abstimmung allein 21 Wahl-Sondersendungen neben den üblichen politischen Magazin- und Nachrichtensendungen (und den in eigener Regie und Verantwortung produzierten Wahlkampfspots der Parteien) ausgestrahlt, um die Bevölkerung zu informieren und sie zu animieren, ihre Stimme an den Wahlurnen abzugeben. Dabei „betrug die durchschnittliche Einschaltquote etwa 17 Prozent (...) rund 5 Millionen im Durchschnitt.“260 Zur Klärung meinungsbildender Effekte des Fernsehens wertete das „Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft der Universität Göttingen“ überregionale Informationssendungen von ARD und ZDF in der Endphase des Bundestagswahlkampfs 1980 (1. September bis zum 4. Oktober) aus, und zwar unter spezieller Berücksichtigung der Berichterstattung und Kommentierung des Wahlkampfes. Ingesamt 50 Sendungen (darunter Nachrichten, Dokumentationen, Magazine, Wahlkampfsendungen) mit einer Gesamtsendezeit von rund 100 Stunden wurden unter Gesichtspunkten wie Parteienrepräsentanz, Themenstruktur und Interaktionen zwischen Politikern und Journalisten analysiert. Dabei kam die Forschungsgruppe zusammenfassend zu dem Fazit, dass im Ergebnis die Daten des von ARD und ZDF ausgestrahlten Programms „Ausgewogenheit“ dokumentieren, wenn
256 257 258 259 260
Vgl. Noelle-Neumann, Elisabeth 1980, S. 540-599. Noelle-Neumann 1979, S. 166. WDR-Intendant Friedrich-Wilhelm von Sell. Biedenkopf, Kurt 1980, S. 6. Darkow, Michael/Buß, Michael 1983, S. 446.
Kap. 2.1 Medienpolitische Positionen der Parteien
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man erstens die im Bundestag vertretenen Parteien zum Ausgangspunkt nimmt und zweitens von einer Koalitions-/Oppositionsarithmetik ausgeht.261 Aus Gründen der Überparteilichkeit und Neutralität sowie zur Klärung parteipolitischer Scharmützel lud das ZDF im Anschluss an die Bundestagswahl 1980 hochkarätige Politiker wie SPD-Bundesgeschäftsführer Bahr und die Generalsekretäre Geißler (CDU) und Stoiber (CSU) ein, zum „Fernsehen – über Politiker und Medien im Wahljahr 1980“ Stellung zu beziehen. Im Rahmen der Aussprache machte Geißler auf journalistische Fehlleistungen aufmerksam: „Wenn eine große Partei, die Union mit der CSU zusammen inzwischen die größte Partei (...) wenn bei den Mitgliedern dieser Partei und ihren Wählern der Eindruck entsteht, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen – ich spreche hier vornehmlich von der ARD, nicht vom ZDF – manipuliert, nicht mehr richtig informiert, dann muss dies zu einer Krise des öffentlich-rechtlichen Fernsehens führen.“262 Bahr wiederum monierte die fehlende Objektivität gerade innerhalb von Beiträgen, die sich mit ökonomischen Gesichtspunkten befassten: „Z.B. haben wir festgestellt, dass eine Reihe von Wirtschaftsthemen sehr einseitig behandelt worden sind im Deutschen Fernsehen (...) dass zu solchen Themen CDU-Angehörige zu einem solchen der SPD im Verhältnis von 9:1 im Programm gewesen sind.“263
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Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Auf dem Parteitag der CSU in München (9.-11. Juli 1981) wurden die „Thesen zur Medienpolitik für die 80iger Jahre“264 verabschiedet. Analog zur Schwesterpartei bekannte sich die CSU u.a. zu den Kabelpilotprojekten und zum Erhalt der ö.-r. Rundfunkanstalten, forderte aber zugleich den Empfang ausländischer Sender sowie die Einführung privater Trägerschaften elektronischer Medien, die mehr Auswahl an Programmen und Inhalten böten, aber nicht mehr Konsum. Strauß beklagte vehement die medienpolitische SPDBlockadepolitik, die deutsche Verleger dazu animierte, vom Ausland aus Satellitenrundfunk zu veranstalten (gemeint war die geplante Beteiligung an Radio Luxemburg): „Ich halte es allerdings für unerträglich, dass die ideologischen Scheuklappen und die Rücksichtnahmen der Bundesregierung, wie üblich, wieder einmal dazu führen, dass wichtige geistige und technische Innovationsprozesse nicht in der Bundesrepublik Deutschland, sondern im Ausland vorangetrieben werden.“265 Aus Unionssicht ging es im Berichtsjahr vor allem darum, den Rundfunkbegriff „pragmatischer“ und damit neu zu definieren, da nach dem Wegfall der Monopolstellung ö.-r. Rundfunkanstalten sowie durch veränderte elektronische Produktions- und Vertriebsformen eine Umorientierung erfolgen müsse. In einer Stellungnahme des Koordinierungsausschusses verlangte die Union, die Rundfunkgesetze der Länder der neuen Situation anzupassen.266 261 Vgl. Weiß, Hans-Jürgen (1982), S. 263-275. 262 Geißler, Heiner 1980, S.6. In: betrifft: Fernsehen ... da haben wir protestiert, ZDF, 15.10.1980, 22:15-23:00 Uhr, Rundfunkauswertung BPA-Nachrichtenabteilung, Ref. II R3, Bonn. 263 Bahr, Egon 1980, S. 6. In: betrifft: Fernsehen ... da haben wir protestiert, ZDF, 15.10.1980, 22:15-23:00 Uhr, Rundfunkauswertung BPA-Nachrichtenabteilung, Ref. II R3, Bonn. 264 Vgl. CSU ’81: Herausforderung und Antwort – Kraftvoll für die Zukunft, München, S. 1-2. 265 Strauß, Franz-Josef 1981, Nürnberg, S. 9. 266 Stellungnahme des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU zur Frage der „Neudefinition des Rundfunkbegriff“. In: Media Perspektiven 2/81, Frankfurt am Main, S. 156 ff..
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Kap. 2 Medienpolitische Programmatiken
Öffentlich-rechtliches Rundfunkmonopol CDU und CSU hielten in den 80er Jahren an einer Bestands- und Entwicklungsgarantie für das System des ö.-r. Rundfunks fest, lehnten aber das öffentlich-rechtliche Monopol ab. Vor diesem Hintergrund wies Geißler auf die Notwendigkeit von Entscheidungen in der Medienpolitik bis hin zu gesetzgebenden Maßnahmen hin: „Es gelte, sowohl die weitere Existenz der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu sichern wie auch die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sich private Programmveranstalter betätigen könnten.“267 Mediengesetzgebung In dem von einem CDU-Ministerpräsidenten (Vogel) regierten Rheinland-Pfalz trat am 1. Januar 1981 das „Gesetz über einen Versuch mit Breitbandkabel“ in Kraft; auch private, gesellschaftlich relevanten Gruppen konnten über das Land ihre Zulassung als Programmveranstalter beantragen. Über die vielschichtigen Folgen wurde kontrovers diskutiert; so sprach sich z.B. die Evangelische Landeskirche in Baden (7. Mai 1981) gegen die Einführung von Kabelfernsehen aus, da hier die Abhängigkeit der Menschen vom Medium Rundfunk weiter zunehme.268 Einer der wichtigsten Befürworter des dualen Rundfunksystems war – neben den Mitgliedern des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU und Bernhard Vogel – zweifelsohne der niedersächsische Ministerpräsident Albrecht (CDU), der sich 1981 zur Debatte um das Luxemburger Satelliten-Fernsehprojekt und damit zum „free flow of information“ äußerte: „Das Satellitenfernsehen kommt, einfach weil andere Länder – Luxemburg, Frankreich, England (...) – Satelliten in den Weltraum schießen werden (...) Wir können nicht vorschreiben, was in Luxemburg getan werden muss (...) Mir ist ein freies, staatlich nicht kontrolliertes Fernsehen aus Luxemburg mindestens ebenso lieb wie ein Fernsehen aus der DDR, das der bekannten Zensur unterliegt.“269 Selbstverständlich war den Medienpolitikern quer durch die Parteien bekannt, dass ausländische Privatsender ihre Programme via Satelliten nach Deutschland ausstrahlen würden, falls in der Bundesrepublik das Monopol Bestand hatte. Unterstützung fand Albrecht u.a. bei seinem Parteifreund Späth, dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten, der die Politiker in Bund und Länder aufrief, für die neuen Kommunikationstechniken einen „ordnungspolitischen Rahmen“ zu schaffen.270 Auf diesen Vorstoß antwortete für die SPD deren Bundesgeschäftsführer Glotz, dass er für jedes ernsthafte Gespräch zur Verfügung stünde, warf aber gleichzeitig Späth vor, er erkenne sehr wohl die Gefahren der Neuen Medien, wolle ihnen aber prinzipiell ihren Lauf lassen.271 Indem die Ministerpräsidenten der Länder permament ihre verfassungsmäßige Zuständigkeit in Rundfunkfragen betonten, nahmen sie das Recht in Anspruch, die Gesetzgebung letztlich diktieren zu können. Finanzierung der Rundfunkanstalten Das Thema „Gebührenanpassung“ bei den ö.-r. Anstalten war in den 80er Jahren stets ein Spielball zwischen den Parteien gewesen, bei dem die Fronten zuweilen konträr zu den sonstigen parteipolitischen Überzeugungen standen. Teile der Unionsparteien verlangten 267 Geißler, Heiner 1981, S. 2. 268 Abgedr. in: Lang, Ulrich (Hrsg.): Der verkabelte Bürger. Brauchen wir die Neuen Medien?, Freiburg 1984, S. 114 f.. 269 Albrecht, Ernst 1981, S. 1. 270 Vgl. Späth, Lothar 1981. 271 Vgl. Glotz, Peter 1981b.
Kap. 2.1 Medienpolitische Positionen der Parteien
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drastische Einsparungen im Bereich des ö.-r. Rundfunks, insbesondere bei den nachweisbaren Fehlentwicklungen im Finanzgebahren, und nutzten populistische Strömungen, die eine von der SPD sowie ARD/ZDF geforderte Erhöhung der Rundfunkgebühren ablehnten. Angesichts einer nachhaltigen Spardiskussion im öffentlichen Bereich und den nachvollziehbaren Ungleichheiten bei den Gehaltsstrukturen zwischen öffentlichem Dienst und Rundfunk war auch in den sozialdemokratischen Reihen wenig Verständnis für eine Gebührenerhöhung vorhanden, nachdem die Beschäftigten des „Öffentlichen Dienstes“ überwiegend geringer entlohnt wurden als die des ö.-r. Rundfunks. Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Eine enge Verknüpfung in rundfunkpolitischen Angelegenheiten bestand zwischen den Schwesterparteien CDU und CSU, wobei in zahlreichen Fällen Stoiber die christsozialen Positionen des Bündnispartners vertrat: „Weiter sei auf CSU-Ebene die Gründung eines Gesprächskreises ‚Junger Publizisten’ in Verbindung mit der Hans-Seidel-Stiftung beabsichtigt mit dem Ziel, Nachwuchsjournalisten aus dem politischen Umfeld zu fördern.“272 Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb Bestätigt fühlten sich die Unionsparteien in ihrer Einschätzung fehlender öffentlichrechtlicher „Meinungsvielfalt“, so insbesondere beim Westdeutschen Rundfunk (dem zahlenmäßig größten Mitglied der ARD), als im Juli 1981 in einer Anzeigenkampagne „Der Atomtod bedroht uns alle! – Kölner Journalisten, Schriftsteller und Künstler gegen Mittelstreckenraketen“ über 60 Redakteure des Senders gegen den Doppelbeschluss der NATO273 protestierten: „Es kann nicht angehen, dass sich Redakteure einer öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalt mit den Argumenten des kommunistisch initiierten und infiltrierten ‚Krefelder Appells’ offen gegen die von der Regierung Schmidt/Genscher mitverantworteten und der Opposition mitgetragenen Nato-Politik wenden, ohne auch nur im Ansatz auf Ursache und Wirkung in der Nachrüstungsfrage einzugehen.“274 Erkennbar steckte hinter parteipolitischer Kritikäußerung an Programmbeiträgen in den meisten Fällen die Intention, „Missstände“ innerhalb ö.-r. Anstalten abzustellen, indem schnellstens personelle oder organisatorische Konsequenzen durch die internen Leitungsebenen erfolgen. Doch: Konnten die Parteien überhaupt infolge ihrer Auslassungen mögliche Fehlentwicklungen korrigieren und zukünftige verhindern? Von wenigen Ausnahmen abgesehen, kann davon ausgegangen werden, dass Stimmen mächtiger Parteioberen nicht überhört wurden, gerade dann, wenn diese durch ein urteilsicheres Ensemble von nahestehenden Gremienmitgliedern und Parteifreunden begleitet wurden. Diese Bewertung lässt sich beispielsweise an einem Schriftverkehr zwischen dem ehemaligen CSU-Generalsekretär Stoiber und dem Intendanten des Norddeutschen Rundfunks Räuker festmachen, in dem ein Nachrichtenbeitrag schärfstens moniert wird: „Die ‚ARD-Tagesthemen’ vom 22.09.1981 haben über die blutigen Unruhen in Berlin in einer Form berichtet, (...) neue Emotionen in einseitiger Richtung zu schüren und sogar zu provozieren. (...) Ich kann nur hoffen, dass die Monopolstellung, die Ihre Anstalt hat, nicht weiter in dieser Richtung
272 Stoiber, Edmund 1981. In: Ergebnisprotokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU am 10.09.1981, Bonn, S. 2. 273 Neben dem Beschluss der NATO, militärisch nachzurüsten, löste die „Antikernkraftbewegung“ in den 80er Jahren eine politisch äußerst engagierte Berichterstattung im ö.-r. Rundfunk aus. Reaktiviert wurde diese Bewegung durch den Reaktorunfall in Tschernobyl im April 1986. 274 Weiskirch, Willi 1981, S. 1.
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Kap. 2 Medienpolitische Programmatiken
missbraucht wird.“275 Im Wesentlichen bestätigte Räuker die Einschätzung der getadelten Berichterstattung: „(...) ist durch die verwendete Terminologie und insbesondere durch die Auswahl der Stellungnahmen ein einseitiges und unzutreffendes Bild der Berliner Ereignisse entstanden.“276 In Ergänzung des Vorgangs erfolgten einschneidende Veränderungen innerhalb des öffentlich-rechtlichen Systems, und damit hatte die politische Stimme eindeutig Wirkung gezeigt: „Als Konsequenz aus der unstrittig vorliegenden Fehlleistung (...) haben die Intendanten der ARD dem NDR als der über ARD-aktuell Dienstaufsicht ausübenden Anstalt eine verstärkte Mitkontrolle beim Zustandekommen der aktuellen Programme zugesichert.“277 CDU/CSU-interne Kritik/Kritik an den Unionsparteien Im November 1981 bildete „das Koordinierungsdefizit der Unionsländer untereinander“ im Zuge der Rundfunkgesetzgebung der Länder „eine Schwachstelle der Medienpolitik der Union“.278 Zu ehrgeizig zeigten sich einzelne Regierungschefs bei dem Vorhaben, einen eigenen Landesmediengesetzentwurf schnell präsentieren zu können, anstatt sich mit anderen B-Ländern koordinieren zu wollen. Anfänglich konzentrierte sich auch Widerstand gegen die Neuen Medien seitens nahestehender Zeitungsverleger, die befürchteten, dass Werbeeinnahmen in erheblichem Ausmaß vom Printsektor zum Fernsehen fließen würden und somit das Überleben zahlreicher Zeitungen gefährdet sei. Um die Verleger zu beruhigen, wurden ihnen Beteiligungen an den Kabelpilotprojekten zugestanden – ein Angebot, das sie später reichlich nutzten.
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Mediengesetzgebung Zur Durchführung des Kabelpilotprojektes in München/Bayern hatte die Bayerische Staatsregierung am 12. Januar 1982 die Gründung der „Münchner Pilotgesellschaft für Kabelkommunikation“ beschlossen. Anlässlich der Unterzeichnung der Verträge stellte Strauß zwar die rhetorische Frage „Will der Bürger diese neuen Medien, so vor allem neuartige Hörfunk- und Fernsehprogramme?“, ließ aber gleichzeitig durchblicken, dass er mit einem Erfolg des Projektes rechnete und „die möglichen Programminhalte, die die Breitbandtechnik zulässt, auch tatsächlich angeboten werden.“279 In Berlin sollte nach der Regierungsübernahme durch die CDU ein Medienerprobungsgesetz bis zum Frühjahr 1983 erarbeitet werden. Ende 1983 sollten nach Einschätzung der Union annähernd 500.000 Zuschauer mit Fernsehprogrammen privater Träger versorgt werden können.280 In Dortmund/NordrheinWestfalen gab es für die CDU als Oppositionspartei keinerlei Gestaltungsmöglichkeit beim unionsintern bezeichneten ‚Antikabelprojekt’: „Der Dortmunder Test werde von allen [Pro275 Stoiber, Edmund 1981: Schreiben v. 24.09.1981 an den Intendanten des Norddeutschen Rundfunks F.W. Räuker, S. 1-3. 276 Räuker, F.W. 1981: Antwortschreiben/Zwischenbericht v. 02.10.1981 an Edmund Stoiber, S. 1. 277 Räuker, F.W. 1981: Schreiben v. 22.12.1981 an Edmund Stoiber, S. 1-2. 278 Ergebnisprotokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU am 05.11.1981, 11.11.1981, Hamburg, S. 3. 279 Rede von MP Franz-Josef Strauß anläßlich der Unterzeichnung der Verträge für das Münchner Kabelpilotprojekt am 16.07.1982 in München. In: Media Perspektiven 7/82, S. 480. 280 Vgl. Ergebnisprotokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU am 27.05.1982, 08.07.1982, Bonn, S. 2.
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jekten] den geringsten Innovationswert haben (...) Die Regierung Rau wolle ein Gesetz nur für den Pilotversuch vorlegen.“281 Im Gegensatz zur SPD hatten die Unionsparteien ab 1982 in Entwürfen zu Landesmediengesetzen wie in Niedersachsen ausdrücklich festgelegt, dass Parteien von der Veranstaltung von Privatfunk282 ausgeschlossen sind: „Politische Parteien oder von ihnen anhängige Unternehmen können nicht Veranstalter von Hörfunk oder Fernsehen sein.“283 Eine ähnliche Sichtweise bot die CDU Baden-Württemberg bei ihrem Landesmediengesetzentwurf an: „Einzelne gesellschaftliche oder politische Kräfte dürfen auf den privaten Rundfunk in seiner Gesamtheit keinen beherrschenden Einfluss ausüben. Es gibt keinen Staatsrundfunk.“284 Offensichtlich wollte die Union sicherstellen, dass Rundfunkprogramme nicht einseitig einer Partei oder Gruppe, einer Interessengemeinschaft, einem Bekenntnis oder einer Weltanschauung dienen. Damit entsprachen die Unionsentwürfe den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichtes, wonach der Gesetzgeber nach Art. 5 GG Vorkehrungen zu treffen hat, dass der Rundfunk „weder dem Staat noch einer gesellschaftlichen Gruppe ausgeliefert wird.“285 Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken Was die Unionsparteien noch 1980 der SPD-/F.D.P.-Bundesregierung abverlangten – dass „der Bund die technische Dienstleistung der Deutschen Bundespost zu stellen, nicht aber medienpolitische Entscheidungen zu treffen“286 hat –, wurde ihnen selbst vorgehalten, als sie ab Oktober 1982 die Bundesregierung stellten.287 Insofern überraschend positiv beurteilte Schreckenberger (CDU) die Rolle der Bundespost beim eingeleiteten Kabelpilotprojekt in Ludwigshafen/Vorderpfalz im Januar 1982: „Danach habe die Post ihren Widerstand gegen die Verkabelung aufgegeben und sogar erstmals private Netzträger in Form von Kooperationsverträgen zugelassen (...) Für das Ludwigshafener Pilotprojekt interessierten sich derzeit ca. 35 Programmveranstalter, darunter SWF [ARD], ZDF, die Neue Medien GmbH [Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger], die Kirchen, der Landessportbund, Weiterbildungseinrichtungen etc..“288 Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Um das damalige Verhältnis zwischen Rundfunkpublizisten und den Unionsparteien zu veranschaulichen, können Allensbacher Umfragen unter Journalisten zwischen 1969 und 1981 herangezogen werden, wobei die Mehrheit der Befragten einen eindeutigen politischen Standort contra CDU/CSU vertraten.289 Insgesamt weist das Institut in ausführlicher Weise für die erwähnten zwölf Jahre nach, dass mindestens zwei Drittel der Fernsehjourna281 Elfring, Helmut 1982. In: Ergebnisprotokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU am 18.01.1982, Mainz, S. 4. 282 Ab 1987 erwarb die SPD Beteiligungen an privaten Rundfunkgesellschaften. 283 Niedersächsisches Landesrundfunkgesetz/Entwurf 1982, S. 79. 284 Gesetz über die Neuen Medien/Entwurf für ein Landesmediengesetz Baden-Württemberg 1982, S. 128. 285 BVerfGE 12, 1961, S. 262; vgl. BVerfGE 31, 1971, S. 314 (S. 325 f.) und BVerfGE 57, 1981, S. 295 (S. 321 f.). 286 Ergebnisprotokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU am 06.11.1980, 07.11.1980, Bonn, S. 3. 287 Vgl. u.a. Scherer, Joachim 1985, S. 165-174. 288 Schreckenberger, Waldemar 1982. In: Ergebnisprotokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU, 18.01.1982, 28.01.1982, Mainz, S. 1-2. 289 Vgl. Noelle-Neumann, Elisabeth 1982: Prognosen über den Wahlausgang bei unterschiedlichen Parteipräferenzen zur Bundestagswahl 1976, S. 123.
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listen zu SPD und F.D.P. tendierten.290 Merten sieht es 1983 ebenfalls als belegt an, dass „Journalisten mehrheitlich die SPD/F.D.P. präferieren.“291 In der Tendenz kann somit die Haltung der Unionsparteien nachvollzogen werden, dass sie einem mehrheitlich parteipolitisch nicht neutralen Journalistenpotential innerhalb der ö.-r. Fernsehanstalten in den 80er Jahren gegenüberstanden292 und die Chancengleichheit unter den Parteien massiv beeinträchtigt sahen. Konnten die politischen Vorzeichen korrigiert werden? Eine traditionelle Gegenstrategie der Unionsparteien war im Kampf um die Köpfe in den Rundfunkanstalten gewesen, nachwachsendes Personal durch politische Überzeugungsarbeit zu gewinnen und zu betreuen, um den zahlenmäßigen Vorsprung an Mitgliedern und Nahestehern im sozialdemokratischen Lager mittelfristig in ein besseres Verhältnis bringen zu können. Dabei war den konservativen Medienpolitikern bewusst, dass die SPD in dieser Frage immer besser organisiert sein würde, da sie auf eine rundfunk-gewerkschaftliche Hausmacht wie „RFFU“ (später in die „IG Medien“ integriert) zurückgreifen konnte.293 In Anbetracht der dargelegten Einschätzung entwickelte der Autor 1982 im Auftrag der CDU-Bundespartei ein „personalpolitisches Medienkonzept“, das sich bis Ende der 80er Jahre in der Praxis bewährt hatte, wobei die Abteilung Medienpolitik der CDU-Bundesgeschäftsstelle als „Clearingstelle“ in Personalfragen diente (s. Abb. 8). Alle diese Organisationsbemühungen entsprangen einer völlig veränderten parteipolitischen Grundeinstellung: Die Qualifikation der Journalisten sollte fortan entscheidend sein und die Haltung politischer „Überzeugungstäter“ ablösen. Das parteiintern, diskret abgestimmte Konzept kam unabhängig von Wahlkämpfen und Zeiten gewisser politischer Hochspannung zum Einsatz und lässt sich in groben Zügen wie folgt festmachen (vgl. Abb. 8):
290 291 292 293
Journalistische Nachwuchsförderung in Kontakt mit politisch nahestehenden Stiftungen, Hochschulen und Journalistenschulen, Rundfunk und Presse mit dem Ziel, qualifizierten Nachwuchskräften eine Hospitanz oder ein Volontariat bei einer Rundfunkanstalt zu vermitteln, um ihnen den Einstieg in eine journalistische Berufslaufbahn zu ermöglichen. Die auszubildenden Jungredakteure wurden hiernach durch unionsnahe Tutoren innerhalb der Anstalten betreut.294 Gestandene Medienmacher, die auf eine fundierte Berufserfahrung zurückgreifen konnten und eine Parteimitgliedschaft besaßen oder als nahestehend einzustufen waren (nach sorgfältigen Sondierungen), wurden auf Schlüsselpositionen/Schaltstellen in den Anstalten vermittelt. Diese Vermittlungstätigkeit wurde in Abstimmung mit öffentlichrechtlichen Führungskräften und – falls erforderlich – mit den Freundeskreisen der Anstalten ausgeübt.
Vgl. Noelle-Neumann, Elisabeth 1982, S. 119. Merten, Klaus 1983, S. 426. Vgl. Boventer, Hermann: Medienpolitische Positionen der CDU/CSU, Berichtsjahr 1985 der Untersuchung. Ab 1986 stellte die weltgrößte Einzelgewerkschaft ver.di, die auch Journalisten- und Medienverbände unter ihrem Dach vereint, in den Augen konservativer Politiker innerhalb der ö.-r. Anstalten einen „natürlichen Rekrutierungsverein für weitgehend links-liberale Kräfte“, der bei Personalbesetzungsfragen ein wichtiges Wort mitredete. 294 Es erschien angebracht, in diesem Arbeitskreis nicht die parteipolitischen Interessen in den Vordergrund zu stellen, sondern das Bemühen um eine sachgerechte Qualifikation der Nachwuchskräfte. Dabei galt zu verstehen, dass im Allgemeinen nicht die Journalisten auf Leitungsebene die Beiträge gestalten, sondern der redaktionelle Unter- und Mittelbau.
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Kap. 2.1 Medienpolitische Positionen der Parteien
Kontinuierliche Betreuung der Freundeskreise der Rundfunkanstalten. Eine systematische Personalpolitik steht und fällt mit einer permanenten Pflege journalistischer Beziehungen (u.a. regelmäßige Treffen einschließlich Vier-Augen-Gespräche mit Akteuren und Vertrauensredakteuren, zum Teil auch mit „Problemfällen“, die ab und an eine menschliche „Klagemauer“ benötigten). Über die „Stammkundschaft“ entstanden häufig Kontakte zu Nahestehenden und solchen, die es vielleicht werden wollten. Regelmäßige Sitzungen der Vorsitzenden der Rundfunkgremien, die der CDU/CSU angehörten, zur Abstimmung gemeinsamer Vorgehensweisen. Durchführung von Kontaktveranstaltungen, um einen dauerhaften Informationsaustausch sicherzustellen (z.B. diverse Medientreffpunkte wie „Int. Funkausstellung/ Berlin“, „CDU/CSU-Filmgespräch/München“, auch Einzelgespräche zwischen Journalisten und Spitzenpolitikern).
Abb. 8:
Clearingstelle Personalpolitik der CDU-Bundesgeschäftsstelle/ Abteilung Medienpolitik (zwischen Okt. 1982 - Sept. 1987) Journalistische Nachwuchsförderung (Kooperation mit externen Institutionen)
Personalpolitik in den ö.-r. Rundfunkanstalten
Abteilung Medienpolitik der CDU-Bundesgeschäftsstelle als „Clearingstelle“
Betreuung der Freundeskreise der ö.-r. Rundfunkanstalten
Koordination der CDU/CSURundfunkgremienmitglieder
Kontaktveranstaltungen/ Medientreffs
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Kap. 2 Medienpolitische Programmatiken
Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb Im Zeitgeschehen „einseitiger Meinungsmache“ wollten CDU/CSU nicht länger hinnehmen, dass Einstellungen links-liberaler Journalisten als etwas Selbstverständliches hingenommen, während Beiträge konservativer Redakteure als „einseitig“ diffamiert wurden. Weg von den Missionaren auf den Fernsehschirmen und hin zu einer faktenorientierten Vermittlung von Informationen, lautete die Forderung unionsnaher Kräfte. Nicht wenige Stimmen unkten seinerzeit, dass in absehbarer Zeit der parteipolitisch agierende „Rotfunk“295 durch den „Schwarzfunk“ ersetzt werden würde. Von Dohnanyi (SPD) ging jedenfalls von dem Tatbestand aus, „dass es so was gab wie Seilschaften oder wie auch immer das genannt wurde, bei uns im Norden hieß es dann ‚Rotfunk’.“296 Ein gewichtiges Argument hatten die Unionsparteien bei ihrem „Kampf um das duale Rundfunksystem“ immer parat: Warum sollte in Deutschland staatlicherseits verboten bleiben, was in anderen Länder erlaubt ist? Eigenverantwortlich könnten die „mündigen“ Bürger entscheiden, inwieweit sie die Vielfalt und den Wettbewerb unabhängiger Informationsquellen nutzen wollte. Neue Programme sollten bundesweit die Informationsfreiheit stärken und im regionalen/lokalen Bereich Chancen für ein intensives Zusammenleben der Menschen bieten. Partei-interne Kritik Schwarz-Schilling, in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU, appellierte im Mai 1982 an die Unionsländer, die gemeinsamen medienpolitischen Essentials zu berücksichtigen und nicht isoliert vorzugehen: 1. 2. 3.
Wettbewerb und mehr Vielfalt in den elektronischen Medien. Die Schaffung technischer Voraussetzungen durch Kabel, Funk und Satelliten. Reform der öffentlich-rechtlichen Anstalten.297
Anlass zur Kritik bot ebenfalls der am 16. März 1982 vorgelegte CDU-„Entwurf für ein Gesetz über die Neuen Medien – Landesmediengesetz Baden-Württemberg“, der vom CDU/CSU-Koordinierungsausschuss für Medienpolitik in Teilen als rechtlich problematisch eingestuft wurde.298
2.1.3 Medienpolitische Positionen der F.D.P. Medienpolitische Organisation und Arbeitsweise Die medienpolitischen Ausschüsse der Parteien sind eine konstante Einflussgröße bei der Planung und dem Einsatz politischer Maßnahmen. In den 80er Jahren fungierte der medienpolitische Ausschuss der F.D.P.-Bundespartei unter zwei Bezeichnungen: 1974-1988 Medienkommission; 1988-1991 Bundesmedienkommission. Den Vorsitz hatten in dem 295 Der Begriff “Rotfunk” wurde Ende der 70er Jahre geprägt, als die Länder Niedersachsen und SchleswigHolstein gegen die „Linkslastigkeit“ des Norddeutschen Rundfunks vorgingen. 296 Dohnanyi, Klaus von 2002, S. 196. 297 Vgl. Schwarz-Schilling, Christian 1982. In: Ergebnisprotokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU am 27.05.1982, 08.07.1982, Bonn, S. 5. 298 Ergebnisprotokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU am 27.05.1982, 08.07.1982, Bonn, S. 3-4.
Kap. 2.1 Medienpolitische Positionen der Parteien
87
Untersuchungszeitraum die Bundestagsabgeordneten Helmut Schäfer (von 1979 bis 1983) und Walter Hirche (ab 1984) inne; ihre wichtigsten Mitstreiter waren Burkhard Hirsch, Klaus-Jürgen Hoffie und Werner Hoyer von der F.D.P.-Bundestagsfraktion sowie der F.D.P.-Generalsekretär Günter Verheugen. Von den Rundfunkanstalten waren Josef M. Gerwald (Deutsche Welle) und Wolfgang Koscian (Deutschlandfunk) ständige Mitglieder mit einem Status als Sachverständige. Auffällig gegenüber den personellen Zusammensetzungen der Medienausschüsse anderer Parteien war, dass hochkarätige Beamte der Bundesministerien des Auswärtigen Amtes, des Innern, für Wirtschaft sowie für Justiz der Kommission als Mitglieder angehörten (Jürg Ter Nedden/BMWi, Erich Schaible/BMI, Dr. Voth/ BMJ, Dr. Barthold C. Witte/AA).
1980
.
Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Ausgangspunkt liberaler Medienpolitik der 80er Jahre waren die „Wiesbadener Leitlinien“ (beschlossen auf dem Bundesparteitag der F.D.P. in Wiesbaden vom 12. bis 14. November 1973) und „Liberale Leitlinien Neue Medien“ (beschlossen vom Bundeshauptausschuss der F.D.P. am 1. Dezember 1979 in Bonn). Akzente setzten die Liberalen innerhalb ihrer Papiere darauf, dass „die Neuen Medien die Informationsfreiheit und Meinungsvielfalt stärken müssen“, die „vorgesehenen Kabelpilotprojekte im wesentlichen technische Großversuche“ sind und dass „die Einführung der Breitbandkommunikation nicht zur Einführung kommerziellen Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland führen soll.“299 Es war erkennbar, dass die Liberalen zwar moderne Kommunikationstechniken begrüßten, andererseits aber ihre inhaltlichen Auswirkungen auf das soziale und politische System nicht abschätzen konnten oder wollten. So plädierten sie für die Neuen Medien, jedoch nicht privatwirtschaftlich organisiert, nachzulesen im F.D.P.-Wahlprogramm 1980: „Nach Meinung der Liberalen hat sich die Trennung von ö.-r. Rundfunk und privatwirtschaftlich organisierter Presse bewährt (...) Private nichtkommerzielle Programmanbieter sollen zugelassen werden (...) Die Neuen Medien müssen zu einer Stärkung des Wettbewerbs zwischen den verschiedenen Informationsanbietern führen, insbesondere im lokalen und regionalen Bereich.“300 Während die F.D.P. Anfang der 80er Jahre auf einen medienpolitischen Kurs zwischen den beiden Volksparteien setzte, weil die „Liberale Leitlinien Neue Medien“ nach Schäfer „eine Position in der Mitte zwischen den beiden anderen Parteien einnimmt“301, beklagte ihr Koalitionspartner auf Bundesebene, dass die Liberale Partei „keine eindeutige medienpolitische Linie hat. Es gibt praktisch zwei Positionen: einerseits diejenige der ‚RegierungsF.D.P.’ (Exponenten: Lambsdorff, Genscher und z.T. ohne große Begeisterung Verheugen und Baum) und andererseits diejenige der Basis-F.D.P. (...) , die mit Entschiedenheit gegen die Einführung kommerziellen Rundfunks ist.“302 Für die amtierende SPD/F.D.P.-
299 „Liberale Leitlinien Neue Medien“ 1979, S. 12-23. 300 Auszug aus F.D.P.-Wahlprogramm, beschlossen am 07.06.1980 in Freiburg. In: Media Perspektiven 6/80, Frankfurt am Main, S. 419-420. 301 Schäfer, Helmut 1979, S. 3. 302 Ihlefeld, Andreas. In: Einladung zur Tagesordnung, TOP 2: F.D.P. und neue Techniken im Medienbereich, der Medienkommissionssitzung am 09.02.1981, 04.02.1981, SPD-Parteivorstand, Bonn.
88
Kap. 2 Medienpolitische Programmatiken
Bundesregierung bedeuteten die differierenden Positionen eine immense Belastung, die es auszuräumen galt. Öffentlich-rechtliches Rundfunkmonopol Kennzeichnend für die F.D.P. war, dass sie in einer Veranstaltung von Privatfunk mehr Nachteile („Kommerzielle Berieselungsprogramme“) als Vorteile sah, weshalb sie den Bedarf weiterer bundesweiter Programme bezweifelte: „Eine solche Entwicklung würde mit Sicherheit keine Steigerung der Programmvielfalt oder gar der Programmqualität bringen, wie es uns die Ideologen des kommerziellen Konkurrenzfernsehen[s] glauben machen wollen.“303 Eindeutig sprach sich die F.D.P. für die Aufrechterhaltung des ö.-r. Rundfunkmonopols aus; so verkündete ihr Sprecher Gerwald: „Der entscheidende Unterschied der F.D.P. zur Position der CDU sei der, dass nach Auffassung der F.D.P. die Einführung der Neuen Medien nicht zur Kommerzialisierung des Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland führen solle.“304 Mediengesetzgebung Für die Freien Demokraten stand dezidiert fest, dass Rundfunk in Deutschland einzig in ö.-r. Verantwortung zu betreiben sei.305 Im Widerspruch dazu legte Baum (F.D.P.) in seiner Eigenschaft als Bundesminister des Innern dem Bundeskabinett einen „Zwischenbericht über die im Bereich der neuen Medien auftretenden Probleme“ vor. Dabei stellte er de jure auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes u.a. fest, „dass die private Trägerschaft eines Mediums grundsätzlich Vorrang vor der öffentlich-rechtlichen Trägerschaft genießt.“306 Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken Die F.D.P. war zwar noch fest eingebunden in die Regierungskoalition mit der SPD auf Bundesebene, näherte sich jedoch medienpolitisch der Position der Unionsparteien an, den Anschluss an die internationale Entwicklung in den Informations- und Kommunikationstechnologien zu suchen. In aller Offenheit stellte sich F.D.P.-Generalsekretär Verheugen auf der Jahresversammlung des „Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ)“ in Bonn gegen den auf BK Schmidt (SPD) zurückgehenden Kabelstopp.307 Ungeachtet dessen war im „Wahlprogramm 80“ der F.D.P. deutliche Skepsis gegenüber den neuen Kommunikationsmöglichkeiten herauszulesen, die „für eine freie und demokratische Gesellschaft eine Herausforderung darstellen. Sie können ihre Entwicklung zum Guten wie zum Schlechten nachhaltig beeinflussen.“308 Mit anderen Worten: Die F.D.P. befand sich am Scheideweg und konnte sich nicht für ein eindeutiges Vorgehen und eine große Lösung entscheiden.
303 Schäfer, Helmut 1979, S. 6. 304 Gerwald, Josef M. 1979, S. 1. 305 Vgl. F.D.P.-Liberale Leitlinien Neue Medien v. 01.12.1979, Liberaler Medientag am 21.03.1980 und F.D.P.-Wahlprogramm v. 07.06.1980. 306 Baum, Gerhart Rudolf 1979, S. 1166. 307 Vgl. Facius, Gernot 1980, S. 4. 308 Unser Land soll auch morgen liberal sein. Wahlprogramm 80, Bonn, S. 29.
Kap. 2.1 Medienpolitische Positionen der Parteien
89
Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Im Zentrum der F.D.P.-Offensive gegen den vorherrschenden Einfluss von Parteien im Rundfunkwesen stand das Monitum, „dass die CDU Medienpolitik ausschließlich als Machtpolitik begreift. Die Ministerpräsidenten Albrecht und Stoltenberg unternehmen mit ihrem Papier [Entwurf eines NDR-Staatsvertrages] den Versuch, den Einfluss ihrer Partei in der norddeutschen Rundfunk-Landschaft zu zementieren (...) Die Selbstherrlichkeit der CDU-Ministerpräsidenten kennt offenbar bei den Parteien neben der CDU nur noch die SPD.“309 Dass beide Volksparteien den Ordnungsrufen der F.D.P. ausgesetzt waren, belegt ferner ein „Memorandum zur Rundfunkfreiheit“, das am 2. Juli 1980 von der F.D.P.Medienkommission verabschiedet wurde: “Die Unfähigkeit, die Personalprobleme bei Radio Bremen ohne Querverbindungen zur SPD-Parteizentrale zu lösen, ist ein weiteres Beispiel für die These: CDU/CSU und SPD können Medienpolitik nur noch als Machtpolitik begreifen.“310 Aus der Perspektive der F.D.P., die über keine nennenswerten „personalpolitischen Besitzstände“ innerhalb der ö.-r. Rundfunkanstalten verfügte, lautete die bestmögliche Strategie für die Partei, um hypothetisch eine Balance im Zuge einer ausgewogenen Berichterstattung erzielen zu können, die Parteienherrschaft und den Proporz bei Personalentscheidungen insgesamt abzuschaffen. Voraussetzung dafür war allerdings, dass die Liberalen künftig mehr öffentliches Problembewusstsein für eine zunehmende Gefährdung der Meinungs- und Rundfunkfreiheit schafft. Europäische Medienpolitik Wie wird „free flow of information“ im politischen Alltagsgeschäft definiert? Genscher (F.D.P.), Außenminister der sozial-liberalen Bundesregierung, zeigte sich in Medienfragen freiheitlicher als seine Partei. In einer Fragestunde des Deutschen Bundestages zu den Plänen von Radio Luxemburg, ein grenzüberschreitendes Satellitenfernsehen auszustrahlen, bekannte er sich frühzeitig zur weltweiten Informationsfreiheit für die Neuen Medien.311
1981
.
Öffentlich-rechtliches Rundfunkmonopol Im krassen Widerspruch zum Koalitionspartner SPD bekundete der F.D.P.-Vorsitzende und Vizekanzler Genscher im Mai 1981, dass er ein Rundfunkmonopol ablehne und für die Einführung privater Fernsehprogramme sei.312 Detailliert plädierte er für ein über Satellit ausgestrahltes kommerzielles Fernsehprogramm von Radio Luxemburg (RTL) und für private Kabelfernsehprogramme, an denen die Zeitungsverleger beteiligt sein könnten. Kritik am öffentlichen Vorrecht auf alleinigen Besitzanspruch war nichts Neues! Die Inhaber der Presseorgane – vertreten durch den Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) – bekämpften schon seit Ende der 70er Jahre die Monopole des Fernmeldewesens und der Rundfunkübertragung, die seinerzeit die Bundespost bzw. die ö.-r. Rundfunkanstalten innehatten. An der Seite der Verleger standen die Industrie- und Wirtschaftsverbände und einflussreiche Arbeitgeberorganisationen.
309 310 311 312
Gerwald, Josef M. 1980, S. 1. Liberale Dokumente August 1980: Memorandum zur Rundfunkfreiheit, S. 17. Deutscher Bundestag, Plenarprotokolle 8/182, 07.11.1979, Bonn. Vgl. Heilemann, Werner 1981, S. 209.
90
Kap. 2 Medienpolitische Programmatiken
Aufgrund vieler Anhaltspunkte wurde spätestens 1981 die Medienpolitik zu einer Belastungsprobe zwischen den Regierungsparteien und gipfelte in einer Aussage Verheugens: „Vielleicht brauchen wir dazu eine andere Koalition.“313 Mit dieser Einstellung bewegte sich die F.D.P. auf die Union zu, war aber dort noch nicht angelangt, denn auch Verheugen wollte private Veranstalter nur unterhalb einer ö.-r. Rundfunkanstalt gesetzlich angesiedelt wissen: „Privat heißt Nonprofit.“314 Mediengesetzgebung In Anlehnung an die Entscheidung des BVerfG zum Saarländischen Rundfunk pointierte Hirsch, medienpolitischer Sprecher seiner Partei, dass privater Rundfunk keinen freizügigen Gestaltungsraum haben dürfe: „Nach Auffassung der F.D.P. kann der Rundfunk als mächtigstes Massenmedium auch in Zukunft nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen werden. Zur Verhinderung von Meinungsmonopolen (...) müssen private Veranstalter in öffentlich-rechtliche Anstalten eingebunden werden.“315 Folgerichtig verweigerte die F.D.P. einem eigenständigen, privatrechtlich zugelassenen Kabelfernsehen die notwendigen Rechtsgrundlagen und stellte zudem seinen Umfang und die Finanzierbarkeit in Frage. Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Es überrascht nicht, dass die Freien Demokraten jede Einmischung der großen Parteien in Besetzungsfragen des ö.-r. Rundfunks kritisierten: „Personalpolitik wird dort immer hemmungsloser unter parteipolitischen Gesichtspunkten und nicht mehr nach dem Prinzip der Leistung und der beruflichen Qualifikation betrieben.“316 In zunehmendem Maße lagen zwischenzeitlich Indikatoren vor, die hinter den Angriffen der Liberalen geltungsorientierte Ambitionen vermuten ließen, denn die mitgliederschwache und in den Parlamenten nur mit wenigen Abgeordneten repräsentierte Partei spielte bei personalpolitischen Entscheidungen innerhalb ö.-r. Rundfunkanstalten eine nahezu vernachlässigbare Größe. Es mangelte der F.D.P. im Untersuchungszeitraum an Autorität innerhalb und außerhalb der Anstalten, um bei wichtigen Personal- und Gremienbeschlüssen maßgeblich mitreden zu können. Europäische Medienpolitik Zwischen den Koalitionären von F.D.P. und SPD entbrannte eine Auseinandersetzung darüber, wie die Neuen Medien, insbesondere ein kommerzielles europäisches Satellitenfernsehen, zu beurteilen seien. Glotz (SPD) warf den Liberalen vor, dabei zu sehr den Sachzwängen nachzugeben und die Bedenken gegen eine Erweiterung des Fernsehkonsums zu negieren. Schäfer (F.D.P.) entgegnete, dass „obskure Drohungen“ gegen ausländische Entwicklungen fehl am Platz seien und man sich stattdessen auf gemeinsame politische Lösungen verständigen soll.317
313 314 315 316 317
Verheugen, Günter 1981, S. 4. Verheugen, Günter 1981, S. 4. Hirsch, Burkhard 1981, S. 1. Schäfer, Helmut 1981a, S. 1. Vgl. Schäfer, Helmut 1981b, S. 1.
Kap. 2.1 Medienpolitische Positionen der Parteien
1982
91 .
Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken Die Medienkommission der F.D.P. bemühte sich im Berichtsjahr um eine Öffnung des Rundfunkmonopols, das eine Vielfalt von Angeboten auf dem Fernsehsatelliten TV-SAT zulassen könnte: „Bereits in der sog. präoperationellen Phase (1985-87) sollten daher nicht nur die vorhandenen Programme von ARD und ZDF ausgestrahlt, sondern auch zusätzliche Programme erprobt werden.“318 Unter „zusätzlichen Programmen“ verstand die F.D.P. ausdrücklich z.B. ein „Pay-TV“-Angebot oder Europa-Programm. Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Mit der Bedeutung und Verantwortung der Medien als nahezu exklusivem Zusteller politischer Nachrichten setzte sich die F.D.P. immer wieder auseinander, um den einzigartigen Stellenwert der „Informationstransporteure“ aus dem Fokus der Parteien zu betonen: „In der Theorie informiert sich der mündige Bürger umfassend und objektiv aus den ihm zur Verfügung stehenden reichhaltigen Quellen und bildet sich daraus in eigener Verantwortung ein selbstbewusstes politisches Urteil. In der Tat erreicht die Politik den Bürger fast ausschließlich über die Medien.“319 Daran anknüpfend beschrieb Verheugen ein Szenario, das die Rechte und Pflichten sowohl von Journalisten als auch von Politikern massiv tangierte: „MedienFragen sind Macht-Fragen (...) Hier suchen die beiden großen Parteien ihnen genehme Programm- und Personalentscheidungen mit allen nur denkbaren Mitteln durchzusetzen (...) Manipulation ist auch, wenn Politiker von ihren eigenen Parteigängern in den Rundfunkanstalten interviewt werden. Hier wird nicht mehr kontrolliert, hier wird nicht mehr informiert, hier wird Sendezeit hergegeben, damit jemand etwas verlautbaren kann.“320 Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb Despektierlich befasste sich Verheugen mit dem Selbstverständnis der Pressevertreter, wobei seine Schelte mehr Widerstand als Verständnis ausgelöst haben dürfte: „Bei deutschen Journalisten wird an erster Stelle die Mitwirkung an der öffentlichen Bewusstseinsund Willensbildung, also eher die erzieherische Funktion, betont (...) Es gibt keinen Journalismus ohne Manipulation. Die Auswahl und Aufbereitung der Nachrichten erfolgt nach subjektiven Kriterien.“321 Zum allgemeinen Verständnis parteiischer Debatten um „Meinungsmanipulation und Verlust ethischer Normen“ im ö.-r. Rundfunk sei angemerkt: In den 80er-Jahren wurde zunehmend Gesinnungsjournalismus mit einem Engagement für Minderheitenpositionen entschuldigt. Insbesondere den ARD-Politikmagazinen – in diesem Kontext häufig dem WDR-Magazin „Monitor“ – wurde Gesinnungs- bzw. Meinungsjournalismus und handwerklich unsaubere Praktiken vorgeworfen. Der damalige Redaktionsleiter von „Monitor“, Klaus Bednarz, lieferte hierzu eine Beweisführung: „Ich bekenne mich zu einem Gesinnungsjournalismus. Die Monitor-Redaktion vertritt zum Beispiel eine kritische Haltung gegenüber der Atomenergie“.322 318 319 320 321 322
Schäfer, Helmut 1982, S. 1. Verheugen, Günter 1982, S. 3-4. Verheugen, Günter 1982, S. 26-28 und S. 32. Verheugen, Günter 1982, S. 18 und 34. Bednarz, Klaus: Originalaussage bei Tagung: Politik im Fernsehen, Evangelische Akademie Tutzing, 31.03.1987.
92
Kap. 2 Medienpolitische Programmatiken
Eine alte Zielsetzung der F.D.P. war evident: dass den Liberalen mehr Gehör bei den politischen Sendungen eingeräumt wird, damit sich ihre Mitwirkungschancen bei der Gestaltung einer Staatsführung erhöhen können: „Der Rundfunk gehört allen und ist für alle da. Trotzdem ist der Staats- und Parteieneinfluss so stark, dass sich Rundfunkanstalten im Konfliktfalle kaum gegen die Wünsche von Regierungen oder Mehrheitsparteien zur Wehr setzen können.“323
2.2 Gegenüberstellung der zentralen medienpolitischen Positionen der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien vor dem Wechsel der Bundesregierung am 1. Oktober 1982 (Matrix) 2.2 Gegenüberstellung der zentralen medienpolitischen Positionen Zur Vergleichsplattform: Welche Themenschwerpunkte beschäftigten die Volksparteien vor dem Wechsel der Bundesregierung am 1. Oktober 1982 und welche zentralen medienpolitischen Positionen wurden durch die drei Bundestagsparteien vorgetragen? Die verfügbaren Daten zu den Themenschwerpunkten der Volksparteien (vgl. Abb. 9) erlauben zunächst die Aussage, dass bei fünf von sieben Themen eine vergleichbar starke, zeitnahe Präsentationsnotwendigkeit bei den Volksparteien bestand. Gleichermaßen intensive Beachtung finden die Themen „Kommerzieller Rundfunk/Neue Medienordnung“, „Kabelpilotprojekte“, „Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk“, „Verkabelung“ sowie „Satellitenfernsehen“. Auffällig hierbei ist, dass die offensiv angelegte Diskussion um ein „Satellitenfernsehen“ bei beiden Parteien erst ab 1981 eine Priorität erhielt. Größere Unterschiede zwischen den Volksparteien treten dagegen bei den Themen „Europäische Rundfunkordnung“ und „Meinungsvielfalt/Parteieneinfluss“ auf. Unverkennbar setzte das Interesse der SPD an europäischen Grundsatzentscheidungen zur grenzüberschreitenden Medienpolitik wesentlich früher ein (ca. ein Jahr) als bei den Unionsparteien, was darauf zurückzuführen sein dürfte, dass die SPD-dominierte Bundesregierung gefordert war, ordnungspolitische Entscheidungen in Abstimmung mit der Europäischen Union zu treffen. Deutlich schwächer dagegen ist das Interesse der SPD an der Thematik „Meinungsvielfalt/Parteieneinfluss“ einzustufen. Im Gegensatz zu den Unionsparteien befasste sich die SPD erst ab 1981 mit den betreffenden Aspekten und sah zuvor offensichtlich keinen oder nur geringen Handlungsbedarf, die o.g. Verhältnisse des ö.-r. Rundfunkmonopols zu erörtern. Nach den Ergebnissen der Gegenüberstellung der medien-politischen Positionen von SPD, CDU/CSU und F.D.P. ergibt sich eine Bestätigung dafür, dass die Auffassungen der drei Parteien stark voneinander abweichen (vgl. Abb. 10). Legt man z.B. die jeweilige parteioffizielle Position zum privaten Rundfunk zugrunde, so lehnte die SPD diesen kategorisch ab, die Union befürwortete eine Einführung, während die F.D.P. einen Kommerzfunk zwar verneinte, jedoch private Programme unter öffentlich-rechtlicher Verantwortung begrüßte. Ein ähnliches Bild liegt beim Ausbau der Verkabelung zur Verbreitung von Fernsehprogrammen vor: Während die SPD am Kabelstopp festhielt, forderte die Union die sofortige Aufhebung des Stopps und einen Ausbau der Kabelverteilnetze. Auch hier erweist sich die F.D.P.-Position als „mittendrin“: Kritik am Kabelstopp, aber aufgrund fehlender politischer Gestaltungsmöglichkeiten kein konzentriertes Ergebnis als weitergehende Handlungsvorlage. 323 Verheugen, Günter 1982, S. 26.
Kap. 2.2 Gegenüberstellung der zentralen medienpolitischen Positionen
Abb. 9:
93
Themenschwerpunkte der Volksparteien von Januar 1980 - September 1982
Bei einem Gesamtbefund lassen sich, abgesehen von kleineren Nuancierungen, zwei differenzierende Dominanzen ausmachen: (1) Das medienpolitische Verhältnis zwischen SPD und CDU/CSU kann durchweg als konträr bezeichnet werden; in beiden Lagern herrschten fest eingefahrene Mehrheitsmeinungen vor. Dies bedeutet, dass es abgesehen von einer Konsenssuche bei den Fragen des „Satellitenrundfunks“ keine politischen Gemeinsamkeiten gab; die Volksparteien beschritten ihre eigenen Wege. (2) Folgt man den Positionen der F.D.P., lagen sie gewissermaßen medien-politisch in der Mitte zwischen den anderen Parteien: einerseits plädierten Teile der Liberalen in Ansätzen für einen Umbau der Rundfunklandschaft, andererseits war die politische Bindung zum Koalitionspartner SPD noch zu stark, um die Zusammenarbeit auf Bundesebene aufzukündigen.
94
Kap. 2 Medienpolitische Programmatiken
Abb. 10: Gegenüberstellung der zentralen medienpolitischen Positionen der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien von Januar 1980 - September 1982 Medienpolitische Positionen der Parteien Themen
SPD
CDU/CSU
F.D.P.
Status
Verteidigung, Beibehaltung der Alleinrolle (Monopol)
Bestandsgarantie; ARD muss politisch „ausgewogener“ werden und der Rundfunk seine „offizielle Autorität“ verlieren.
Bestandsgarantie, aber keine weitere Festlegung (Reile der F.D.P. lehnen Rundfunkmonopol ab).
Finanzierung
Ausbau der Werbezeiten, Erhöhung der Rundfunkgebühr.
Forderung nach Einsparungen (z.B. bei Fehlentwicklungen im Finangebahren)
./.
Parteien-Einfluss (Personal/Programm
Ausübung, auch über Gremien von ARD und ZDF. Einflussnahme in Kooperation mit den Gewerkschaften.
Ausübung; dabei begrenzt bei ARD, größer beim ZDF (auch über Gremien).
Äußerst gering; kritisiert machtpolitische Eingriffe von SPD und CDU/CSU in die Rundfunkhoheit.
Programminhalte
Zufriedenheit.
Kritik: Keine Meinungsvielfalt: häufig Präsenz sozialdemokratischer Ansichten (z.B. beim WDR/HR).
Kritik: Journalisten wollen erziehen und zur öffentlichen Bewusstseinsbildung beitragen (es wird manipuliert).
Status
Ablehnung; unterstellt Union, „Macht durch Kommerz“ anzustreben.
Befürwortung; gesetzliche Voraussetzungen schaffen.
Ablehnung eines Kommerzfunks; private Programme müssen ö.-r. eingebunden werden
Programminhalte
„Geistige Verflachung“; Gefährdung des familiären Zusammenhalts.
Keine Festlegung auf zukünftige Inhalte, da nicht zuständig.
Kritik: Reine „kommerzielle Berieselungsprogramme“.
3) Mediengesetzgebung
Privatfunk nur über Landesgesetze; Proteste gegen Entwürfe der B-Länder.
B-Länder legen Entwürfe für Landesmediengesetze vor (z.B. Ba-Wü, Niedersachsen).
./.
1) Öffentlichrechtlicher Rundfunk
2) Privater Rundfunk
95
Kap. 2.2 Gegenüberstellung der zentralen medienpolitischen Positionen
4) Medienvielfalt/ Wettbewerb
Ablehnung, da der Rundfunk nicht dem „freien Spiel der Kräfte“ überlassen werden darf.
Befürwortung, Pluralität der Medien ist herbeizuführen.
Eingeschränkte Befürwortung (nur lokal/regional), aber nicht kommerziell.
Kabelpilotprojekte
Befürwortung als technische Großversuche für die Erprobung neuer Kommunikationssysteme (nicht für den Privatfunk).
Für die Erprobung als neuer Kommunikationstechnologien und als Einstieg für den Privatfunk (in Rheinland-Pfalz beantragen private Programmveranstalter Lizenzen).
Befürwortung technische Großversuche (nicht für den Privatfunk); Forderung nach Rahmenordnung für die Nutzung aller Kommunikationstechnologien.
Ausbau der Verkabelung (durch Kupfertechnologie)
Festhalten am „Kabelstopp“ der Bundesregierung (damit keine Vermehrung von Fernsehprogrammen).
Aufhebung des Kabelstopps und Ausbau der Kabelverteilnetze mit ausgereifter Kupferkoaxialtechnik.
Kritik am Kabelstopp. Koalistionsstreit mit SPD über Position zu den neuen Medien.
Glasfaser
Zur schrittweisen Modernisierung d. Fernmeldenetzes für wirtschaftliche Zwecke.
Zum Ausbau der Breitbandnetze hat Kupfer Vorrang, Glasfaser ist zu teuer.
./.
Satellitenrundfunk
Konsens mit CDU/CSU suchen, um gemeinsame Lösung anzustreben.
Konsens mit SPD suchen, um gemeinsame Lösung anzustreben.
Einzelne Politiker treten für „free flow of information“ ein.
6) Bundespost (Fernmeldemonopol)
Festhalten am Postmonopol (im Zuge ihrer Blockadepolitik)
SPD wird Missbrauch unterstellt
./.
7) Europäische Rundfunkpolitik
Eintreten für europäische Rundfunkordnung (evtl. mit CDU/CSU)
Plädoyer für „free flow of information“
Plädoyer für „free flow of information“
5) Neue Medien
96
Kap. 2 Medienpolitische Programmatiken
2.3 Zwischenergebnis: Januar 1980 - September 1982 2.3.1 Liberale versus konservative Medienpolitik? Von Januar 1980 bis September 1982 erlebten wir in der Bundesrepublik Deutschland einerseits eine wehrhafte Fixierung der Parteien auf ihre medienpolitischen Programmatiken, die ab Mitte der 70er Jahre innerhalb der Fachausschüsse zur Entwicklung reiften. Die Untersuchung zeigt, dass die Ausgangspositionen der beiden großen politischen Lager (CDU/CSU und SPD) vor dem konstruktiven Misstrauensvotum gegen BK Schmidt (SPD)324 eindeutig waren: Während die SPD massiv um die Beibehaltung des Status quo und damit um die Monopolstellung des ö.-r. Rundfunks, gegen die Zulassung privater Sendeanstalten sowie gegen den Ausbau der Kommunikationsinfrastruktur kämpfte, waren CDU/CSU hartnäckig engagiert, die Informationsmärkte einschließlich Rundfunkübertragungstechniken für den Privatfunk zu öffnen, konnten jedoch einen Zutritt aufgrund fehlender Regierungsmacht auf Bundesebene nicht vorantreiben. In dieser Konstellation stießen zwei politische Grundorientierungen aufeinander, die beide Volksparteien in eine Pattsituation versetzten. Das Ergebnis legt andererseits nahe, dass medienpolitisch relevante Aktivitäten außerhalb des Parteienspektrums prosperierten, die mit der Sondierung nach einer dualen Rundfunkordnung korrespondierten:
Bund und Länder debattierten um Kompetenzen, z.B. beim grenzüberschreitenden Satellitenrundfunk, und über die Funktion der Deutschen Bundespost beim Ausbau des technischen Kommunikationssystems. Dabei zeichnete sich beim Satellitenrundfunk mittel- bzw. langfristig eine gemeinsame Lösung ab325, wogegen die SPD-geführte Bundesregierung eine flächendeckende Verkabelung Deutschlands ablehnte und an der Bundespost als alleinigem Netzbetreiber festhielt. Expertenkommissionen, Verkabelungsbefürworter und – gegner bildeten sich, um eigennützige Medienstrategien zu beraten: Zu den profilierten Mitwirkenden zählten Verlegerverbände (Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, Bundesverband Deutscher Zeitschriftenverleger), Gewerkschaften (DAG, DGB, IG Druck und Papier, RFFU), Industrieorganisationen (BDA, BDI, DIHT), die ö.r.- Rundfunkanstalten, Interessenverbände (Bundesverband der deutschen Fernsehproduzenten, Bundesverband Kabel und Satellit, Bundesverband Privater Rundfunk und Telekommunikation, Deutsche Journalistenunion, Deutscher Journalistenverband, Deutscher Städtetag) Kirchen (Deutsche Bischofskonferenz, Evangelische Kirche in Deutschland), Kabelnetzgesellschaften, Bürgerinitiativen und die Werbetreibende Wirtschaft (Arbeitskreis Werbefernsehen der Deutschen Wirtschaft). Potentielle Rundfunkveranstalter versuchten, private Anbietergesellschaften zu bilden. Insbesondere den Unterstützern des Privatfernsehens schienen zwei Hürden zur Etablierung konkurrenzfähiger Programme besonders schwierig: (1): Die Veranstaltung eines Fernsehsenders erforderte hohe finanzielle Investitionen im minimal zweistelligen
324 Der Bundestag wählte am 01.10.1982 Kohl (CDU) als Nachfolger Schmidts in das Amt des Bundeskanzlers. Zwischen SPD und F.D.P. war es zuvor aufgrund massiver Differenzen insbesondere in der Wirtschaftspolitik zu einem Koalitionsbruch gekommen; die F.D.P. trat offen für einen Koalitionswechsel zur CDU/CSU ein. 325 Vgl. Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz v. 04.06.1981, Ziff. 3.
Kap. 2.3 Zwischenergebnis: Januar 1980 - September 1982
97
Millionenbereich. Niemand konnte den Privaten garantieren, dass sie ihre ökonomischen Vorlaufkosten jemals durch Werbeeinnahmen refinanzieren würden. (2): Aus unternehmerischen, kapitalbildenden Gründen würde es zunächst ein hartes Ringen um Sendefrequenzen für Rundfunkzwecke zwischen den Bewerbern selbst und mit den ö.-r. Anstalten geben (letztere bestanden auf ihren Entwicklungsmöglichkeiten z.B. beim Satellitenrundfunk). Denn nur wer eine ausreichende technische Reichweite und Akzeptanz seines Programms (Einschaltquoten) nachweisen konnte, würde für die Werbetreibende Wirtschaft interessant sein. Im gemeinsamen Festhalten an den vier „Kabelpilotprojekten“326 wurden die Feldversuche ordnungspolitisch vorbereitet (einschließlich ihrer Finanzierung) und hierzu in den zuständigen Ländern die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen. Innerhalb einiger Länder (hauptsächlich B-Länder) wurden rundfunkrechtliche Konzepte für den Privatfunk, aber auch schon Entwürfe für Landesmediengesetze ausgearbeitet. Immerhin bedurfte es keiner Visionen, um die Tragweite technisch erfolgreicher Innovationen in toto abschätzen zu können. Im Gegenteil würde diesem Impetus automatisch ein programminhaltlicher folgen, weil beide Parameter stets aufeinander angewiesen sind.
Mit der Auswertung des Zwischenergebnisses zeigt sich bereits, dass eine vermittelnde medienpolitische Position zwischen den Parteien innerhalb des Untersuchungsraumes fehlte und die Kontrahenten nicht offen waren für eine schrittweise Annäherung. Resümiert wird dieser Befund in einer vergleichenden Rückschau der in Kap. 2 abgeleiteten Auffassungen.
2.3.2 Bewertung der SPD-Positionen
Die Analyse ergiebt, dass die SPD für das ö.-r. Rundfunkmonopol von ARD und ZDF kämpfte, weil sie über ihr nahestehende Verwaltungs- und Rundfunkräte sowie im Schulterschluss mit Gewerkschaften vor allem die Personalpolitik und damit indirekt das Programm beeinflussen konnte. Es ist kennzeichnend für dieses Wechselspiel zwischen Partei und Nahestehern in den Rundfunkanstalten, dass sogar auf offziellem Briefpapier eines Senders parteipolitische Stellungnahmen abgegeben wurden (z.B. Schreiben des Intendanten Friedrich-Wilhelm von Sell/WDR an Peter Glotz/SPD v. 14.02.1984). Darüber hinaus sprach sich die SPD für eine Gebührenerhöhung und einen Ausbau der Werbezeiten aus, um die Erlöse der Öffentlich-Rechtlichen und damit ihre finanzwirtschaftlichen Perspektiven zu steigern. Die SPD leistete vehement Widerstand gegen die Kommerzialisierung des Fernsehens und das „freie Spiel der Kräfte“, weil sie Programminhalte fürchtete, die ideologisch stärker dem politischen Gegner zuneigen würden.327 Insofern war sie auch gegen eine Beteiligung der Presse an einem Privatfunk (Stichwort: Doppelmonopol), da sie annahm, dass Medienkonzerne wie Springer, Burda und Bauer die Rundfunklandschaft populistisch zugunsten der Unionsparteien verändern könnten.
326 Vgl. Beschluss der Ministerpräsidenten-Konferenz v. 11.05.1978. 327 Vgl. Bahr, Egon 1979, S. 62.
98
Kap. 2 Medienpolitische Programmatiken
Energisch widersprachen die regierende SPD und die ihr gewogenen Gewerkschaften konservativen Meinungen, dass eine „ö.-r. Linkslastigkeit in den Fernsehprogrammen“ zu erkennen sei, und sahen wiederum die Rundfunkfreiheit massiv bedroht. Bei einer Vermehrung der Zahl der Fernsehangebote befürchtete die SPD eine Spirale der Programmverflachung, forcierte aber ab 1980 den Ausbau zusätzlicher Offerten bei ARD und ZDF (z.B. Vormittags- und Kulturprogramme). Es kann dabei grundsätzlich nicht zweifelhaft sein, dass durch eine Programmausweitung ö.-r. Angebote private Sender in ihrem Wachstum eingeschränkt werden und somit möglicherweise ihre Existenzgrundlage verlieren. Die despektierlich geführten Auseinandersetzungen standen unter sozial-pädagogischen Slogans wie „Reizüberflutung/gegen ein Mehr an Fernsehen“ (linke Position) contra „Bürger als eigener Programmdirektor“ (rechte Position). Offensichtlich waren die Wirkungen, die von den Neuen Medien auf die Gesellschaft und im Besonderen auf den Zusammenhalt der Familie ausgingen, ein zweitrangiges Thema bei allen Parteien. Aus diesem Grund erhielt es nur dann einen erhöhten Stellenwert, wenn es thematisch und zeitkritisch zu den parteipolitischen Kontroversen passte oder wenn Programmatiken fortgeschrieben wurden. Die SPD lehnte die „Kupfertechnologie“ zur flächendeckenden Verkabelung ab und setzte auf das kostenintensive Glasfaser, weil sie dadurch den Einführungs- und Verbreitungsprozess des Privatfernsehens via Breitbandkabel zeitlich hinauszögern wollte, was ihr bis zum Wechsel der Bundesregierung gelungen ist. Auffällig ist, dass die SPD-Regierung unter Schmidt bis zum Regierungswechsel in 1982 trotz eindeutigem Votum keinen Meter Glasfaser hatte verlegen lassen. Besonders hervorstechend formierten die großen politischen Lager ihre Argumente unter dem Motto „Verkabelt und Verkauft“ (SPD) beziehungsweise „Mut zur Zukunft“ (CDU/CSU). Bei genauerer Betrachtung wird man feststellen, dass die SPD nicht generell als technologiefeindlich bezeichnet werden kann; allerdings sollten alle fernmeldetechnischen Transferprozesse lediglich innerhalb der Netze der Bundespost Anwendung finden und nicht den Privatfunkbestrebungen dienlich sein. Erfolgreich verschleppte die SPD den Entscheidungsprozess für eine staatsvertragliche Neuordnung des Rundfunkwesens und protestierte gegen Unionsentwürfe von Landesmediengesetzen, unter Androhung verfassungsrechtlicher Schritte. Die SPD befürwortete die Kabelpilotprojekte lediglich als technische Großversuche für die Erprobung zukunftsträchtiger Kommunikationssysteme insbesondere für die Wirtschaft. In der Folge scheiterte sie Mitte der 80er Jahre an ihrer eingeschränkten Vorgabe, weil speziell die Pilotprojekte Ludwigshafen und München den Ein- und Aufstieg von Privatsendern als elektronische Massenmedien ermöglichten. Im Zusammenwirken mit den Unionsparteien suchte die SPD gemeinsame Lösungen beim Satellitenrundfunk und mit Einschränkungen bei einer europäischen Rundfunkordnung. Beide Vorhaben konnten bis September 1982 nicht abgeschlossen werden.
2.3.3 Bewertung der CDU/CSU-Positionen
Mit der Umsetzung richtungsweisender Medienprogrammatiken wollte die Union dazu beitragen, Regierungsmacht auf Bundesebene zurückzugewinnen und durch die Öffnung der Rundfunklandschaft für private Veranstalter eine größere Programm- und
Kap. 2.3 Zwischenergebnis: Januar 1980 - September 1982
99
Meinungsvielfalt herzustellen. Im Zuge dessen wollten CDU/CSU wirkungsvoll gegen „Rotfunk“, „Verkrustung“ und „mangelnde Flexibilität“ der Öffentlich-Rechtlichen antreten.328 In der privaten Konkurrenz zum ö.-r. Rundfunksystem sah die Union vor allem die Chance, den publizistischen Wettbewerb zu fördern: „Befürworter und Kritiker des bisherigen Rundfunkmonopols haben erkannt, dass die Anstalten eine Reform brauchen (...) Ein fairer Wettbewerb zwischen den beiden Systemen wird dabei hilfreich sein.“329 So unbestreitbar das Engagement der Unionsparteien in den Ländern auch für einen kommerziellen Rundfunk gewesen ist (z.B. durch die Vorlage von Entwürfen für Landesmediengesetze), so erfolglos war es in der Oppositionszeit auf Bundesebene. Ohne die politische und finanzielle Mitwirkung einer Bundesregierung, die zur Verteilung von privaten Fernsehprogrammen vorrangig den Ausbau der Breitbandnetze und die Inbetriebnahme eines Satellitenrundfunks forcierte, konnte keine Rundfunk- und Meinungsvielfalt entstehen.330 CDU/CSU versuchten, durch kritische Berichte in der Presse, über Kontakte zu öffentlich-rechtlichen Gremienmitgliedern und durch direkte Interventionen bei den Rundfunkanstalten zu erreichen, dass die politiklastigen Sendungen der ARD medial ausgewogener gestaltet wurden. Dabei bemängelten sie vornehmlich beim Ersten Programm ein Mangel an fairer Berichterstattung und zunehmend einen Gesinnungsjournalismus: „In der ARD war eine ganz klare Linkslastigkeit feststellbar, und es war höchste Zeit, dass sich die Union mit dieser Tendenz auseinander setzte.“331 Das Ergebnis diesbezüglicher Bemühungen, vorherrschende politisch gefärbte Meinungen im Rundfunk zu korrigieren, kann bis September 1982 als weitgehend erfolglos eingestuft werden. Die Unionsparteien hatten keine Zweifel an dem rundfunkpolitischen Stellenwert der Kabelpilotprojekte aufkommen lassen und dabei die Rückholbarkeit der hierüber verbreiteten Fernsehprogramme niemals ernsthaft erwogen. Zu warnen ist jedoch vor der Vermutung, dass bereits 1982 die Weichen für eine Neuordnung des Rundfunkwesens gestellt waren. Dafür war der sozialdemokratische Widerstand gegen eine duale Rundfunkordnung, auf Länderebene in Verbindung mit der SPD-geführten Bundesregierung, zu mächtig gewesen. CDU/CSU prognostizierten ein beträchtliches Wachstum der deutschen Volkswirtschaft mit der Einführung Neuer Medien. Im Falle einer Verweigerung müsse man auf nationale innovative Eigenproduktionen im Telekommunikationsbereich verzichten und die technische Dienste und Informationssysteme aus dem Ausland importieren. Bei den Thematiken „Satellitenrundfunk“ und „free flow of information“ bestand weitgehend Einvernehmen mit der SPD, dass ein gemeinsames Procedere erforderlich sei.
2.3.4 Bewertung der F.D.P.-Positionen
Die F.D.P. setzte sich für Neue Medien, aber keinesfalls für ein kommerzielles Fernsehen ein. Private Veranstalter sollten unter öffentlich-rechtlicher Kontrolle angesiedelt wer-
328 Vgl. z.B. Klein, Hans Hugo 1980 und CDU-Presseverlautbarungen. 329 CDU-Bundesgeschäftsstelle/Abteilung Medienpolitik 1986, S. 2. 330 In den Jahren 1980 bis 1989 investierte die Deutsche Bundespost über 9 Mrd. DM in die Breitbandverkabelung (Quelle: Deutsche Bundespost). 331 Schwarz-Schilling, Christian 2002, S. 179.
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Kap. 2 Medienpolitische Programmatiken
den und lokale bzw. regionale Verbreitung finden. Was die Programminhalte betrifft, ging man bei den Liberalen davon aus, dass die neuen Angebote „rein kommerzielle Berieselungsprogramme“ sein würden. Spitzenpolitiker der F.D.P. stellten sich in Einzelfällen gegen den durch den SPDKoalitionspartner auf Bundesebene verhängten „Kabelstopp“ und traten für die Einführung neuartiger Informations- und Kommunikationstechnologien ein. Die F.D.P. forderte, die Zahl der Vertreter von Regierungen, Parlamenten und Parteien in den öffentlich-rechtlichen Gremien radikal zu verringern, damit politische Einflüsse auf Personal- und Programmentscheidungen unterbunden würden. Es wurde bei der Analyse deutlich, dass die F.D.P. mit der Fernsehberichterstattung zu politischen Geschehnissen wiederholt unzufrieden war. In der liberalen Kritik stand z.B. die missionarisch-erzieherische Einstellung mancher Journalisten, auch von Manipulation diverser Beiträge war die Rede. Zum „free flow of information“ und damit zu einem grenzüberschreitenden internationalen Fernsehen bekannte sich die F.D.P. uneingeschränkt. Vorwürfe bzw. Angriffe gegen die jeweils unterschiedlichen medienpolitischen Positionen der auf Bundesebene angesiedelten Koalitionsparteien F.D.P. und SPD waren spätestens seit 1981 deutlich auszumachen, ohne dass aus der Konstellation wechselseitiger Abhängigkeit direkte Konsequenzen gezogen wurden. So räumte z.B. SPDSprecher Clement „Akzentunterschiede“ zwischen den beiden Parteien ein332 und SPDBundesgeschäftsführer Glotz unterstellte der F.D.P., sie gebe bei den Neuen Medien zu sehr den Sachzwängen nach.333 Im Gegenzug warf der Vorsitzende der F.D.P.Medienkommission, Schäfer, der SPD Untätigkeit vor: „Statt obskure Drohungen gegen ausländische Entwicklungen im Kommunikationsbereich abzusetzen, ist es an der Zeit, sich in Europa um gemeinsame politische Lösungen zu bemühen.“334
332 Clement, Wolfgang 1981, S. 1. 333 Glotz, Peter in der ZDF-Fernsehsendung „Was flimmert auf uns zu?“ (Donnerstag 26. März 1981). 334 Schäfer 1981b, S. 1.
3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien nach dem Wechsel der Bundesregierung am 1. Oktober 1982 bis 31. Dezember 1989 3
Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
3.1 Entstehungsgeschichte des Staatsvertrages zur Neuordnung des Rundfunkwesens in Deutschland vom 3. April 1987 3.1 Entstehungsgeschichte des Staatsvertrages zur Neuordnung des Rundfunkwesens Auf der Akteursebene fällt es in die Zuständigkeit der Ministerpräsidenten der Länder, rundfunkrechtliche Beschlüsse zu fassen, die innerdeutsche Rundfunkprogrammveranstaltungen und Nutzungskonzepte betreffen, z.B. für die von der Deutschen Bundespost bereitgestellten Übertragungskapazitäten. Schwere Auseinandersetzungen um Landesmedien und Landesrundfunkgesetze begleiteten das Ringen um einen „Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens in Deutschland“. Nahezu jedes Mediengesetz, das eine Länderregierung vorlegte, wurde vor Gericht (überwiegend BVerfG) verhandelt. Es war darüber hinaus zu beobachten, wie sich die Parteien in Bund und Ländern bekämpften, um ihre handfesten Ziele durchzusetzen. Dabei ging es gerade um standort- und wirtschaftspolitische Positionen der Länder335 (insbesondere Sitz der neuen Sender), um Einflussmöglichkeiten auf das Programm sowie um die Aufsichtsbehörden über den privaten Rundfunk. Der nachfolgende Überblick skizziert die Entstehungsgeschichte und wesentlichen Beschlüsse der Regierungschefs der Länder zum Rundfunkstaatsvertrag im Rahmen der MP-Konferenzen.
1980/1981
.
Zwischen den Regierungschefs der Länder bestand Einvernehmen darüber, dass ein „befristeter Versuch mit Breitbandkabel“ für den Ausbau des technischen Kommunikationssystems durchzuführen und auszuwerten sei.336 Zu diesem Zweck sollten die Pilotprojekte an den Standorten Berlin, Ludwigshafen, Dortmund und München verwirklicht werden. Der MP-Beschluss zur Veranstaltung von Kabelpilotprojekten bildete für die B-Länder zugleich den Auftakt, die A-Länder aufzufordern, gemeinsam einen gesetzlichen Ordnungsrahmen zu schaffen, der geeignet war, dem Privatfunk eine dauerhafte Existenz und Fortentwicklung zu ermöglichen. Aus den bereits innerhalb dieser Studie dargelegten Erwägungen (vgl. Kap. 1.6 und 1.7) setzte die SPD-Medienpolitik auf eine Hinhaltetaktik, um möglichst lange am „Status Quo“ und damit an der Monopolstellung der ö.-r. Rundfunkanstalten festhalten zu können. Zugleich zeichnete sich eine vernunftgesteuerte Notwendigkeit bei den Ministerpräsidenten ab, „möglichst gemeinsam die aktuellen Fragen und Probleme des Satellitenrundfunks zu lösen.“337
335 Vgl. Kleinsteuber, Hans J./Wiesner, Volkert/Wilke, Peter 1991, S. 35. 336 Vgl. Protokoll der Besprechung der Ministerpräsidenten der Länder am 11.05.1978 in Bonn. 337 Vgl. Protokoll der Besprechung der Ministerpräsidenten der Länder am 04.06.1981 in Bonn.
102
Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
1982
.
Auf der ersten MP-Konferenz nach dem Wechsel der Bundesregierung vereinbarten die Regierungschefs der Länder in Lübeck-Travemünde (20.-22. Oktober 1982), den deutschen Rundfunksatelliten TV-Sat, dessen Start für April 1985 geplant war, für die Abstrahlung von Rundfunkprogrammen zum Empfang durch die Allgemeinheit zu nutzen. Welche Auswirkungen dieser Beschluss nach sich ziehen würde, war den Regierungschefs bewusst, denn es mussten „Vorstellungen möglicher Veranstalter für die programmliche Nutzung von Satellitenkanälen“ konzipiert und Entscheidungen getroffen werden.338
1983
.
Mit den fortschreitenden Entwicklungsphasen des Satellitenrundfunks wurden die Regierungschefs mittelfristig (in Jahreszeiträumen) gezwungen, politische Kompromisse über Parteigrenzen hinweg einzugehen. Am Beispiel der MP-Konferenz am 15. Dezember 1983 in Stuttgart zeigte sich jedoch, dass die Regierungschefs noch kein kollektives rundfunkrechtliches Nutzungskonzept aushandeln wollten.
1984
.
Am 23. Februar 1984 setzten die Ministerpräsidenten in Bonn ihre Beratungen über ein gemeinsames Satelliten-Nutzungskonzept der Länder fort und entschieden u.a., dass das ZDF zur Verbreitung des 3SAT-Programms den Ost-Beam auf dem ECS-Fernmeldesatelliten nutzen konnte. Der West-Beam wurde für die Vergabe nach den Vorstellungen der Unionsländer – also an einen privaten Veranstalter – über die Anstalt für Kabelkommunikation/Ludwigshafen zugeteilt. Entgegen einer späteren Legendenbildung spricht einiges für den Befund, dass dieser MP-Beschluss, einem privaten Fernsehveranstalter über die Unionsländer einen Satellitenkanal zuzuweisen, als der erste Durchbruch im Kampf um eine mediale Rundfunkordnung zu betrachten ist. Mit anderen Worten: Bereits im Februar 1984 wurde der Weg geebnet für eine Unterzeichnung des „Staatsvertrages für die Neuordnung des Rundfunkwesens“ im April 1987. Als historisch bedeutsam erwies sich auch die Feststellung der Ministerpräsidenten, dass es „künftig neben dem ö.-r. Rundfunksystem private Programmveranstalter geben wird.“339 Der „Bremerhavener Beschluss“ zu einem „Konzept der Länder zur Neuordnung des Rundfunkwesens“, der auf der MP-Konferenz in Bremenhaven (17.-19. Oktober 1984) gefällt wurde, stimmte beide politische Lager kurzzeitig zuversichtlich. Bis dato hatten die Ministerpräsidenten erfolglos über ein gemeinsames Konzept verhandelt (u.a. auf MPKonferenzen am 6. Juni und 4. Oktober 1984). In Bremerhaven beschlossen sie im Wesentlichen, dass die privaten Veranstalter im Rahmen des geltenden Verfassungsrechts nach landesrechtlichen Gesetzen zugelassen und bundesweit verbreitet wurden und täglich 20 Prozent der Sendezeit für Werbung nutzen konnten, und zwar rund um die Uhr an allen Tagen ohne Einschränkungen. Im Gegenzug eines politischen Ausgleichs erhielt der ö.-r. Rundfunk eine Bestands- und Entwicklungsgarantie einschließlich der Teilhabe an allen 338 Vgl. Protokoll der Ministerpräsidentenkonferenz der Länder v. 20. bis 22.10.1982 in Lübeck-Travemünde. 339 Vgl. Besprechung der Ministerpräsidenten der Länder am 23.02.1984 in Bonn.
Kap. 3.1 Entstehungsgeschichte des Staatsvertrages zur Neuordnung des Rundfunkwesens
103
neuen Techniken wie Satellitenübertragung; dafür wurden die Werbezeiten in den Dritten ARD-Landesrundfunkprogrammen eingefroren. Zunächst schien es, als würden die nachfolgenden Beratungen der Regierungschefs zum „Bremerhavener Beschluss“ (16. November und 3. Dezember 1984) zu einem positiven Ende führen. So lag am 14. Dezember 1984 ein Entwurf für einen „Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens“ vor, der u.a. einen Entscheidungsschlüssel für die Länder zur „Nutzung der Satellitentechnik für Fernsehzwecke“ (Art. 1), die „Zulassung weiterer Fernsehprogramme für ARD und ZDF“ (Art. 2) und die „Zulassung privater Veranstalter“ (Art. 3) vorsah. Überraschend kam es bei der nächsten MP-Sitzung am 19. Dezember zu einer Unterbrechung der Beratungen über einen Staatsvertrag, da der Vertragsentwurf infolge „ungelöster Probleme“ nicht die Zustimmung aller A-Länder erfuhr. Als ein wesentliches Hindernis zu einer Einigung stellte sich heraus, dass sich bei der SPDBundestagsfraktion und einzelnen SPD-Landtagsfraktionen, die innerhalb des Staatsvertragsentwurfs unzureichende Vorkehrungen für die Gewährleistung von Meinungsvielfalt und keine Berücksichtigung neuer öffentlich-rechtlicher werbefinanzierter Programme ausmachten, zwischenzeitlich Widerstand gegen das Arrangement gebildet hatte. Einen anderen Aspekt betraf die Einstellung einiger sozialdemokratischer Regierungschefs, dass die Anerkenntnis der dualen Rundfunkordnung sich einzig auf bundesweit abzustrahlende Satellitenprogramme beziehen sollte. Welche landesinternen Rundfunkordnungen ansonsten einzelne Länder beschließen sollten, wäre ihnen überlassen worden. Die SPD stand bei alledem vor starken innerparteilichen Belastungen, nicht zuletzt deshalb, weil der Kompromissentwurf von den sozialdemokratisch geführten Ländern Nordrhein-Westfalen und Hessen nicht mitgetragen wurde, während ihn das SPDPräsidium akzeptierte. Im Ergebnis hatte sich der Richtungsstreit zwischen den Volksparteien verschärft, zudem bei der SPD um interne Schauplätze erweitert; das Ringen um einen Staatsvertrag hielt an.
1985
.
Aus einer ideologischen Motivation heraus verboten einzelne A-Landesregierungen (Bremen, Hessen, NRW) noch Anfang 1985 den Bürgern das Grundrecht auf Informationsfreiheit (vgl. Art. 5 GG), indem sie die technische Einspeisung privater ausländischer Rundfunkprogramme in Kabelnetze untersagten. Mitte der 80er Jahre standen bereits zehn Fernsehprogramme internationaler Veranstalter zur Verfügung, die über ECS oder Intelsat europaweit ausgestrahlt wurden; weitere Angebote kamen in den nächsten Monaten hinzu. Angesichts dieser seinerzeit revolutionären Dimensionen appellierte MP Vogel an die sozialdemokratischen Ministerpräsidenten, Einigkeit im vereinten Europa zu zeigen und den Empfang der Programme in Deutschland in einem Rundfunkstaatsvertrag möglichst umgehend zu regeln: „Das Zeitalter der Satellitensysteme lässt die Länder zusammenwachsen, es zwingt aber auch, sich auf die veränderten Verhältnisse einzustellen. Wir müssen die europäische Medienlandschaft mitgestalten, auch durch das, was wir bei uns tun. Wer nicht selbst gestaltet, der wird gestaltet.“340/341 340 Vogel, Bernhard 1985, S. 45. 341 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hatte am 14.06.1984 einen Bericht „Fernsehen ohne Grenzen – Grünbuch über die Errichtung des Gemeinsamen Marktes für den Rundfunk, insbesondere über Satellit und Kabel“ dem EU-Parlament und den Mitgliedstaaten zu weiteren Beratungen vorgelegt.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
Aus den genannten pragmatischen Gründen bestand bei den Unionsparteien Sorge vor allem darüber, dass potentielle private deutsche Anbieter ins Ausland abgedrängt würden, wo bereits gesetzliche Grundlagen existierten, Rundfunkprogramme europaweit – beispielsweise per Satellitenrundfunk – zu verbreiten. Positiv wurde registriert, dass bei der Beurteilung dieser gravierenden Sachlage eine Übereinstimmung mit mehreren SPDregierten Ländern und der F.D.P. vorlag. Stoiber sprach aus, was die Mehrheit aller Medienpolitiker quer durch die Parteienlandschaft dachte: „Für die Medienpolitik der deutschen Länder wäre es kein guter Ausweis, wenn sich ein europäischer Sport- oder ein europäischer Nachrichtenkanal ohne Beteiligung deutscher privater oder öffentlich-rechtlicher Rundfunkveranstalter bilden würde, der nach dem Recht anderer Länder und gleichwohl in deutscher Sprache abgestrahlt und aus deutscher Werbung finanziert würde.“342 Fortan konnten europäische Rundfunkaspekte, insbesondere rechtliche Regelungen (Zulassung, Urheberrechte, Programmaufsicht), von keiner medienpolitischen Tagesordnung mehr ausgeklammert werden: „Dem Rundfunk wird vor allem im Bereich der Kabel- und Satellitentechnik zumindest eine europäische Dimension zuerkannt. Dabei werden Fragen der nationalen Kulturidentität, die Rolle der Industriestaaten und die Existenz bestehender nationaler Medienordnungen – um nur einige zu nennen – aufgeworfen. Die Europäische Gemeinschaft als Kommunikationsgemeinschaft befindet sich auf dem Weg ins Informationszeitalter.“343 Auf der MP-Konferenz am 1.-3. Oktober 1985 in Saarbrücken wurden die zwischenzeitlich stattgefundenen Sondierungsgespräche344 zu einem gemeinsamen Vorschlag für einen „Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens“ genutzt. Dennoch kam es nicht zu einer Einigung zwischen den A- und B-Ländern, weil einige SPD-Regierungschefs sich unentschlossen zeigten, zumal im Saarland im März 1985 eine sozialdemokratisch dominierte Landesregierung an die Macht gekommen war, die am Monopolrundfunk festhielt. Eine schnelle Lösung war nicht in Sicht, und der Konflikt zwischen den A- und B-Ländern entzündete sich primär an der Frage, inwieweit das BVerfG bei dem ausstehenden „Vierten Rundfunkurteil/Niedersächsisches Landesmediengesetz“ das duale Rundfunksystem grundsätzlich anerkennen und hierbei an die privaten Programmveranstalter nicht so hohe Anforderungen wie an den ö.-r. Rundfunk stellen würde. Zu diesem Zeitpunkt waren die gegensätzlichen Erwartungen und Vorstellungen in den SPD-Reihen sichtbar geworden, die sich auf keine verbindliche Haltung verständigen konnten: Während der Hamburger Bürgermeister von Dohnanyi (SPD) eine möglichst liberale Handhabung der Mediengesetzgebung und damit die Einführung von Privatfunk empfahl, plädierte der Sozialdemokrat Börner (Hessen) gemeinsam mit seinem grünen Koalitionspartner für eine totale Ablehnung der privaten elektronischen Medien und für zusätzliche Werbezeiten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Auf der Suche nach einer medienrechtlichen Zwischenlösung angesichts der fortschreitenden Irritationen führten die unionsregierten Länder untereinander Verhandlungen über einen Teilstaatsvertrag, der von zwei Grundgedanken ausging:
342 Stoiber, Edmund 1988, S. 16. 343 Hermanni, Alfred-Joachim 1986, S. 4. 344 Betrachtung fand vor allem das Treffen der sozialdemokratischen Regierungschefs der Länder Bremen, Hamburg, Hessen und Nordrhein-Westfalen am 05.01.1985 in Düsseldorf.
Kap. 3.1 Entstehungsgeschichte des Staatsvertrages zur Neuordnung des Rundfunkwesens
1.
2.
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Die beteiligten Länder müssen rechtliche Grundlagen für die Zulassung, insbesondere auch von bundesweiten Rundfunkveranstaltungen, etablieren bzw. bestehende Regelungen entsprechend harmonisieren, damit kein in einem anderen Bundesland zugelassener Rundfunkveranstalter weitergehenden landesrechtlichen Beschränkungen unterworfen wird. Der Rundfunkauftrag des ö.-r. Rundfunks kann nicht grenzenlos sein. Deshalb sei bei der Sicherung des Entfaltungsanspruchs privater Anbieter nach Auffassung der Unionsparteien „der große Wettbewerbsvorsprung der ö.-r. Anstalten, der vor allem auf dem bisherigen Monopol und der Absicherung durch Gebühren beruht, angemessen zu berücksichtigen.“345
Im November 1985 waren zwar Signale für eine Einigung auf niedrigstem Niveau zwischen den Regierungschefs der A- und B-Länder vorhanden, doch mussten zuvor noch zwei besonders strittige Punkte ausgeräumt werden: die unzulässige Werbung im Dritten Fernsehprogramm des Hessischen Rundfunks (HR)346 und die Verteilung der Satellitenkanäle. Ohne all dies erschien der Verhandlungsspielraum der CDU/CSU besser als jener der Gegenseite SPD: Die Unionsparteien drohten mit einer Kündigung des ARD-Finanzausgleichs, einer Ablehnung der Bestands- und Entwicklungsgarantie für den ö.-r. Rundfunk und einer Verweigerung eines ZDF-Staatsvertrages für das 3Sat-Programm. Letztlich war bei einem Scheitern der Verhandlungen ein Alleingang der Unionsländer vorprogrammiert; die notwendigen Entscheidungen sollten dann mehrheitlich herbeigeführt werden. Die norddeutschen unionsregierten Länder führten bereits Gespräche mit dem Stadtstaat Hamburg über die Verteilung von Satellitenkanälen auf dem TV-SAT.
1986
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Bereits vor der Urteilsverkündung des BVerfG beauftragten die Ministerpräsidenten auf ihrer Konferenz in Hamburg (1.-3. Oktober 1986) die Chefs der Staats- und Senatskanzleien, auf der Grundlage des vorliegenden Rahmenpapiers der Länder unter Einbeziehung des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 4. November 1986 einen Gesamtstaatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens zu erarbeiten. Einschränkend gab hier der Hessische MP Börner (SPD) in einer Erklärung zu Protokoll, dass er zunächst das Urteil des BVerfG abwarten wolle, weil darin wesentliche Aussagen zur Rundfunkordnung enthalten sein würden. Nachdem das BVerfG in seinem „Vierten Rundfunkurteil“ (4. November 1986)347 das Niedersächsische Rundfunkgesetz in seinen Grundlinien mit dem Grundgesetz für vereinbar erklärte, wurden die Verhandlungen der Regierungschefs unter den neuen Vorgaben des BVerfG zügig fortgesetzt.
1987
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Vor dem 16. (!) Anlauf auf einen Rundfunkstaatsvertrag im März 1987 äußerte der Verhandlungsführer der Unionsparteien, MP Vogel, dass CDU/CSU stets kompromissbereit 345 CDU/CSU: Medienpolitische Grundsätze 1985, S. 37. 346 Der HR strahlte Fernsehwerbung ab dem 02.01.1985 aus. 347 Vgl. BVerfGE 1 BvF 1/84.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
gewesen seien, aber jetzt kein weiteres Nachgeben zu erwarten sei. Im Vorfeld der bevorstehenden Erörterung des medienpolitischen Entwurfs formulierte Vogel zwei Bedingungen: „dass dem privaten Rundfunk faire Start- und Wettbewerbschancen eingeräumt werden und dass dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk für die Grundversorgung ein Bestandsund Entwicklungsschutz gewährt wird.“348 Am 12. März 1987 stellten die Regierungschefs der Länder bei ihrer Besprechung in Bonn fest, dass sie nunmehr Übereinstimmung zu dem vorliegenden Entwurf eines Staatsvertrages zur Neuordnung des Rundfunkwesen erzielt hätten, der am 3. April 1987 am Rande der Bundesratssitzung unterzeichnet werden sollte. Um die politische Diskussion korrekt zu rekapitulieren: Erst fünf Jahre nach dem Regierungswechsel im Herbst 1982 wurde das Zwei-Säulen-Modell von ö.-r. und privatem Rundfunk in Deutschland bundeseinheitlich verbindlich eingeführt. Nach rund dreijährigen Verhandlungen unterzeichneten die Regierungschefs der Länder den Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens bei ihrer Besprechung am 3. April 1987 in Bonn.349 Mit dem Staatsvertrag erhielten private wie ö.-r. Rundfunkveranstalter Planungs- und Rechtssicherheit. Der Staatsvertrag legte Regelungen für den öffentlich-rechtlichen wie auch den privaten Rundfunk fest, darunter im Wesentlichen folgende Punkte:
Nutzung der Satellitentechnik350 und weiterer Sendekapazitäten einschließlich benötigter Fernsehfrequenzen. Zwei weitere Fernsehprogramme mit kulturellen Schwerpunkten für ARD und ZDF, an denen ausländische Veranstalter aus den europäischen Ländern beteiligt werden können. Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.351 Zulassung, Aufsicht und Finanzierung des privaten Rundfunks.352 Verpflichtung zur freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung sowie Sicherung der Meinungsvielfalt (mit Ausnahme der Spartenprogramme). Programmgrundsätze für bundesweit verbreiteten privaten Rundfunk.353 Gesetzliche Programmanforderungen hinsichtlich unzulässiger Sendungen und Jugendschutz.354 Weiterverbreitung bundesweit herangeführter Rundfunkprogramme.355
348 Vogel, Bernhard 1987, S. 3. 349 Vgl. Ergebnisprotokoll der Ministerpräsidentenbesprechung am 03.04.1987 in Bonn. 350 Drei Kanäle auf dem direktstrahlenden Rundfunksatelliten TV-SAT konnten Private belegen, zwei gingen an die Öffentlich-Rechtlichen (ARD/ZDF). 351 Die ö.-r. Anstalten durften ihre Werbezeiten nicht ausdehnen, während private Veranstalter 20 Prozent der Sendezeit für Werbung nutzen konnten, auch an Sonn- und Feiertagen und ohne Zeitlimit. Ferner musste der Hessische Rundfunk die Werbung im Dritten Fernsehprogramm einstellen. 352 Erteilung der Zulassung und Aufsicht durch nach Landesrecht zuständige Stellen. Die Finanzierung privater Rundfunkveranstalter erfolgt vorrangig durch Einnahmen aus Werbung und durch Entgelte. 353 U.a. Einhaltung der verfassungsmäßigen Ordnung; Achtung der Würde des Menschen sowie der sittlichen, religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen anderer. Informationssendungen haben den anerkannten journalistischen Grundsätzen zu entsprechen. 354 Sendungen sind unzulässig, wenn sie zum Rassenhass aufstacheln (...) den Krieg verherrlichen (...) pornographisch sind (...) offensichtlich geeignet sind, Kinder oder Jugendliche sittlich schwer zu gefährden. 355 U.a.: Die zeitgleiche und unveränderte Weiterverbreitung von bundesweit herangeführten inländischen Rundfunkprogrammen, die in rechtlich zulässiger Weise veranstaltet werden, ist durch Landesrecht zu ermöglichen.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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Inwieweit sich die Parteien im Laufe des medienpolitischen Entwicklungsprozesses des Staatsvertrages gewandelt haben und welche Positionen beibehalten bzw. aufgegeben wurden, beschreiben die nachstehenden Kapitel.
3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien 3.2.1 Medienpolitische Positionen der SPD Oktober - Dezember 1982
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Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Bedingt durch die Dauerkonflikte mit den Unionsparteien empfahl die SPD-Medienkommission im November 1982 ein strategisch zweigleisiges Vorgehen, zumal die rundfunkpolitische Arbeitsgemeinschaft mit den B-Ländern vor großen Belastungsproben stand:
„Einmal politisch, z.B. indem man in Landtags- und Bundestagswahlkämpfen gegen die Doppelstrategie der Union angehe, die Anstalten in ihren Ländern zu Regierungssendern zu machen und daneben Kommerzfunk zulassen zu wollen. Zum anderen juristisch, indem man rechtzeitig und sorgfältig Klagen gegen die geplanten Rundfunkgesetze der B-Länder vorbereite (...) Nach allgemeiner Meinung sei das geplante Niedersächsische Gesetz das am meisten geeignete Klageobjekt, da der Albrecht’sche Entwurf offensichtlich am wenigsten verfassungsfest sei.“356
Mediengesetzgebung Angesichts des Regierungswechsels357 im Oktober 1982 stellten die Sozialdemokraten Überlegungen an, wie man den Verlust medienpolitischer Macht begrenzen kann. Dabei führten apriorische Erkenntnisse letztlich zu einem vorsichtigen Kooperationsangebot gegenüber CDU/CSU, denn „von Seiten der A-Länder in der Ministerpräsidentenkonferenz könne nicht noch sehr viel länger eine reine Defensivstrategie betrieben werden können (...) Nur mit gewissen Zugeständnissen an die Unionsseite könne man die Einheitlichkeit des Rundfunkwesens in der Bundesrepublik noch, wenigstens für eine gewisse Zeit, bewahren.“358 Um diesen Erwägungen gerecht zu werden, wurde eine zweiteilige Strategie verfolgt: einerseits über ein rundfunkpolitisches Gesamtkonzept der Länder verhandeln zu wollen, andererseits jedoch vor Abschluss der Kabelpilotprojekte keine vollendeten Tatsachen zu schaffen. Hierbei kam der SPD zu diesem Zeitpunkt sehr entgegen, dass die Union drei unterschiedliche Rundfunkmodelle für die Veranstaltung von Privatfunk präsentierte, die zur Diskussion in den Bundesländern standen: die baden-württembergische Konzeption, das Niedersachsen-Modell und den Entwurf der hessischen CDU. Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken Die durch die Bundesregierung eingeleiteten fernmeldetechnischen Innovationen vollzogen sich gegen den Willen der wichtigsten Linkspartei Deutschlands. In deutlichen Worten 356 Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 15.11.1982, Bonn, S. 9. 357 Helmut Kohl (CDU) wurde am 01.10.1982 zum Bundeskanzler gewählt. 358 Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 15.11.1982, Bonn, S. 4.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
legte Glotz Wert auf die bisherige generelle Politiklinie, dass „sich die SPD (...) gegen Schwarz-Schillings Kupferkabeloffensive stellen müsse, die auf eine platte technologische Programmvermehrung hinauslaufe.“359 Dabei böten sich Argumentationshilfen an wie: „Es sei kein dringendes Bedürfnis für noch mehr Programme erkennbar“, „Die Videotechnik [böte] (...) Chance des Einzelnen zu individueller Programmauswahl“ oder „Es sei zu bezweifeln, dass die Volkswirtschaft den Aufbau zweier Netze [Kabel und Glasfaser] kostenmäßig verkraften könne“.360 In einem konformen Denkmuster beanstandete Rau Mitte Dezember 1982 im Landtag von NRW die flächendeckenden Verkabelungspläne der Bundespost mit Koaxialkabel und dass der Postminister – ohne Zustimmung der Länder – Vorschläge für die Einspeisung von Fernsehprogrammen in die Kabelanlagen unterbreitete.361
1983
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Mediengesetzgebung Fester Bestandteil sozialdemokratischer Medienpolitik war es zu temporisieren, in der Hoffnung, bei den Klagen gegen die neuen Landesmediengesetze vor dem BVerfG obsiegen zu können. Folgerichtig diskutierten die Regierungschefs der A-Länder bei den MP-Beratungen schleppend über „Grundsätze für einen ordnungspolitischen Rahmen zur Nutzung der neuen Kommunikationstechniken“, „die Einspeisung von Rundfunkprogrammen in Breitbandanlagen – ortsübliche Programme oder ortsmögliche“ und über „die Nutzung des Direktrundfunksatelliten nach dem deutsch-französischen Abkommen“. Der Vorsitzende der Medienkommission, Börner, brachte sein hinausschiebendes Taktieren auf den Punkt: „damit ist noch einmal Zeit gewonnen bis zur nächsten Ministerpräsidentenbesprechung.“362 Gleichwohl, trotz passiver Grundeinstellung, widmete die SPD im Untersuchungsjahr besondere Aufmerksamkeit den Plänen der Unionsparteien, den Privatfunk verfassungsrechtlich, technologisch und en gros durchzusetzen, sowie der Entwicklung von Konzepten zur Reform des ö.-r. Rundfunks. Jedoch mangelte es der SPD offensichtlich an Einflussmöglichkeiten, weshalb Börner das Ergebnis der MP-Konferenz vom 19. Mai 1983 aus sozialdemokratischer Sicht ernüchternd zusammenfasste:
„Die Unionsländer haben den oft beschworenen und mühsamen Konsens in der Rundfunkpolitik gebrochen. Die medienpolitische Entwicklung in den einzelnen Ländern wird in Zukunft voneinander abweichen. Die Kabelpilotprojekte haben ihren Sinn verloren (...) Die Pilotprojekte dienen nur noch dazu, kapitalkräftigen Interessenten den Rundfunkzugang zu öffnen. Wir müssen uns schließlich der Aufgabe stellen, die Kommerzfunkpläne der Union am Maßstab der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu messen, um dann konsequent den Weg nach Karlsruhe einzuschlagen.“363
359 Glotz, Peter. In: Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 15.11.1982, Bonn, S. 14. 360 Glotz, Peter. In: Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 15.11.1982, Bonn, S. 15-17. 361 In: Media Perspektiven 12/1982, Frankfurt am Main, S. 790 f.. 362 Börner, Holger. In: Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 10.03.1983, Bonn, S. 3. 363 Börner, Holger. In: Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen am 27.06.1983, 29.06.1983, Bonn, S. 4-5.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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Zu den sozialdemokratischen Aktivposten der Medienpolitik zählte die von MP Rau geführte Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, die mit der Mehrheit ihrer Landtagsstimmen das „Gesetz über die Durchführung eines Modellversuchs mit Breitbandkabel“ am 14. Dezember 1983 verabschiedet hatte. Von Seiten der CDU-Opposition wurde heftige Kritik an einzelnen Bestimmungen des Gesetzes vorgetragen, hauptsächlich aber daran, dass das Kabelpilotprojekt (Kabelfunk Dortmund) unter ausschließlicher Verantwortung des öffentlich-rechtlichen WDR stand und private Veranstalter (z.B. Zeitungsverleger) von einer Beteiligung ausgeschlossen wurden. Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken Im Zentrum sozialdemokratischer Beachtung standen temporär die mit den Medien- und Informationstechniken einhergehenden sozialpolitischen Veränderungen in Gesellschaft und Arbeitswelt. Paterna vertrat die Auffassung, dass in enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften die aufgezeigten Modifikationen thematisiert und problematisiert werden sollten. Hierbei sei ein abgestimmtes Vorgehen erforderlich, „getrennt und gemeinsam ‚Öffentlichkeit’ her[zu]stellen, Problembewusstsein und Handlungsbedarf auf breiter Front schaffen [zu] helfen.“364 Hinzugefügt sei, dass der DGB zu einer ähnlichen Einschätzung gelangte und davor warnte, die Technologien ohne Zustimmung der Betroffenen in Gang zu setzen.365 Börner wies in einer als gut gesichert geltenden Beurteilung darauf hin, dass die F.D.P. den neuen Postminister Schwarz-Schilling unterstützen werde, schon aus Rücksicht auf ihre Klientel in der Wirtschaft. Erschwerend sei für die SPD-Länder, dass sie kaum in der Lage seien, der Verkabelungsstrategie der Post entscheidenden Widerstand entgegenzusetzen, zumal ihnen dann unterstellt werden würde, arbeitsplatzschaffende Maßnahmen zu behindern.366 Durch die immensen Vorbehalte gegen eine duale Rundfunkordnung schien das Verhältnis zwischen Union und SPD erheblich gestört, und so wurde von Oppositionsseite als zukünftige medienpolitische Marschroute vorgegeben „Klagen statt diskutieren“. Trotz dieser rechtlichen Gegenwehr bemühte sich die Sozialdemokratie, beim Satellitenfernsehen (Belegung ECS, TV-Sat, Intelsat) einen Kompromiss mit der Unionsseite anzustreben, zumal die Länder im Zuge eines Nutzungskonzeptes bereitgestellten Kanälen Sendeanstalten zuweisen mussten. Von SPD-Seite wurde dabei erwartet, dass „die Zahl der Zuschauer bei einem Satellitenfernsehen lange Zeit klein bleiben werde und die Gewinnchancen für die Veranstalter marginal.“367 Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Nach der verlorengegangenen Bundestagswahl vom 6. März 1983 beschäftigte sich die SPD mit einer im Wahlkampf angewandten Medienstrategie von CDU/CSU, NegativKampagnen gegen ARD und ZDF im Zuge angeblich linkslastiger Berichterstattungen zu fahren: „Die Medienschelte der Unionsparteien in den vergangenen Monaten und Wochen vor der Wahl zeigte ein bisher nicht gekanntes Maß an Unverfrorenheit und Missachtung des öffentlich-rechtlichen Prinzips (...) Die jüngsten Attacken sind besonders besorgniserregend und aufschlussreich: sie wurden inszeniert, obwohl die Unionsparteien im Laufe der 364 365 366 367
Paterna, Peter 1983a, S. 8. Vgl. Zimmermann, Lothar/Bleicher, Siegfried 1983, S. 10. Vgl. Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen am 10.03.1983, Bonn, S. 1. Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen am 16.11.1983, 30.11.1983, Bonn, S. 14.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
letzten Jahre ihren Einfluss in fast allen Funkhäusern ausbauen konnten (...) Es geht CDU und CSU von Anfang an um eine von langer Hand geplante totale Wende nach rechts in den elektronischen Medien.“368 Um zu verhindern, dass die Partei weiter an journalistischem Terrain in den Rundfunkanstalten verlor, „besonders aber durch unsere in die Funkhäuser delegierten Gremienmitglieder, von denen eine große Zahl bis heute nichts aus ihrem Dauerschlaf zu wecken war“, stand man unter Zugzwang. Sozialdemokratischer Widerstand wurde ausgerufen und die signifikante Frage gestellt: „Wie können wir den Verlust an Aufklärung über die Parteiarbeit einigermaßen wettmachen, der dadurch entstanden ist, dass die Sprecher der Ministerien, des Presseamtes und die Bundesminister und Staatssekretäre unserer Partei entfallen, dass wir als Opposition automatisch weniger journalistische Neugier erregen, dass eine Reihe ‚labiler’ Journalisten jetzt verstärkt den neuen Regierenden nachlaufen und dass wir die in Spektakeln erprobten GRÜNEN neben uns auf den Oppositionsbänken sitzen haben.“369 Die Aussichten, publizistische Machtstrukturen kurzfristig zu ändern, wurden als gering eingeschätzt, da „zur Zeit, vor allem bei jungen Journalisten, ein Schub in die grüne Richtung zu beobachten sei. Insgesamt wachse die Zahl der ‚Umfaller’.“370 Aus dieser generellen Unzufriedenheit heraus forderten Medienkommissionsmitglieder „eine verbesserte Medienbeobachtung durch die SPD“, „Einbindung des rundfunkpolitischen Gesprächskreises der Friedrich-Ebert-Stiftung in die Parteiarbeit“ und „argumentativ kämpfende Gremienmitglieder“. Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb Einseitige Nachrichtengebung bis hin zur Informationsunterdrückung zugunsten der Regierungskoalition warf die SPD dem ZDF vor, und Clement protestierte im Namen seiner Partei, dass sich Programmbereiche des Senders in das „Fahrwasser der gegenwärtigen Bundesregierung“ begäben.371
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Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Quer zur traditionellen Scheidelinie der Volksparteien zeichnete sich im Frühjahr 1984 die medienpolitische Wende der SPD deutlich ab, auch wenn dies nicht zur Folge hatte, dass alle A-Länder gemeinsame Sache machten. Zu einer wichtigen Zäsur kam es insofern, als in medienpolitischen Papieren und Kommissionen plötzlich von einer „vorsichtigen Öffnung in Richtung auf neue Programmträger“ die Rede war und „unter bestimmten Voraussetzungen auch eine private Organisationsform möglich [ist], da es politische, wirtschaftliche und technische Entwicklungen gibt, welche die Erhaltung eines ausschließlich öffentlich-rechtlichen Rundfunks erschweren oder eventuell sogar unmöglich machen.“ 372 Die Partei verband über eine Schlüsselfigur wie Glotz, dem neuen Vorsitzenden der SPD-Medienkommission, alternative rundfunkpolitische Optionen. In der Folge kam es nicht von ungefähr, dass am 16. Februar ein „Medienpolitisches Aktionsprogramm der SPD 368 369 370 371 372
Vermerk Referat Massenmedien/SPD-Bundesgeschäftsstelle an Peter Glotz v. 09.03.1983 Vermerk Referat Massenmedien/SPD-Bundesgeschäftsstelle an Peter Glotz v. 09.03.1983. Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 10.03.1983, Bonn, S. 12. Vgl. Clement, Wolfgang. In: dpa bas204 5pl 179 v. 13.07.1983, S. 1. Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen am 30.01.1984, Bonn, S. 3-4.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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1984“ 373 verabschiedet wurde, das ein zeitgerechtes Orientierungsprofil vorgab. Dabei wurde konstatiert, dass angesichts der politischen, technischen und ökonomischen Abläufe – und entgegen bisheriger Vorstellungen der SPD – private Rundfunkveranstaltungen nicht zu verhindern seien: „Die SPD wird sich an der Weiterentwicklung des Rundfunkwesens unter Zuhilfenahme der modernsten Techniken beteiligen.“374 Zuallererst sei wichtig, dass innerhalb privater Programme und Organe alle gesellschaftlich relevanten Gruppen Berücksichtigung fänden. Ausgenommen von den umgewandelten politischen Zielkoordinaten wurde die Verkabelungspolitik der Bundespost, die mit allen Mittel bekämpft werden müsse, wobei die Länder über die rechtlichen Grundlagen zur Einspeisung von Rundfunkprogrammen allein zu entscheiden hätten. Ohne diese, in den Gestaltungseffekten eingeschränkte Wendung, dass private Rundfunkveranstalter unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen werden konnten, wäre die Sozialdemokratische Partei ins medienpolitische Abseits geraten. Denn es spricht einiges dafür, dass die ordnungspolitisch geregelte Rundfunklandschaft ansonsten ihre Existenzbasis verloren hätte (die Unionsparteien stellten z.B. den ARD-Staatsvertrag zur Disposition und erörterten Teilstaatsverträge zu einem dualistischen Rundfunkwesen). Zudem war das Land Hamburg unter seinem Bürgermeister von Dohnanyi (SPD) bestrebt, privatem Rundfunk Zulassungsmöglichkeiten einzuräumen, notfalls losgelöst von der Bundespartei. Schien Dohnanyi seine Rede anlässlich der „Hamburger Medientage 1983“, wo er noch Angst vor den Umwälzungen heraufbeschwor, vergessen zu haben: „So dürfen wir unsere Augen nicht davor verschließen, dass durch die neuen Kommunikationstechnologien und Medien insgesamt, also volkswirtschaftlich betrachtet, wohl eher Arbeitsplätze verloren gehen und die Arbeitswelt tiefgreifend umgestellt wird, tiefgreifender vermutlich als durch die Erfindung des Fließbandes (...) Die Macht der Medien bedarf wohl keines Beweises. Wir alle stehen unter ihrem Einfluss (...) Eindrücke werden ‚vermittelt’, Ereignisse werden ‚berichtet’, und damit wächst die Gefahr einer Macht der ‚Medien’, nämlich einer Macht der Vermittler über die Menschen.“375 Rhetorisch routiniert sah Glotz in dem „Medienpolitischen Aktionsprogramm der SPD 1984“ lediglich eine Fortschreibung (und keine Wende) des „Aktionsprogramms der SPD zu den neuen Technologien im Medienbereich“ von 1981 und stellte sie unter die Stichworte „Kontinuität“ und „Korrektur“.376 Geradezu entschuldigend wurden alte Positionen innerhalb des Aktionsprogramms beschönigt bzw. fabuliert: „Die SPD hat durch eine behutsame, aber bewusste politische Gestaltung des Medienbereichs sowie durch eine Politik der sozial gesteuerten Innovation auf dem Feld der Medientechnik den einigermaßen chancengleichen Zugang aller Bürger zur Massenkommunikation gesichert, soweit sozialdemokratisch geführte Regierungen dies gemeinsam mit parlamentarischen Mehrheiten durchsetzen konnten.“377 Als wichtigstes Indiz für eine andersartige Ausrichtung ist die Kernaussage des Aktionsprogramms zu verstehen, die im Programmpunkt 7 nahezu untergeht: „Die SPD ist zur Weiterentwicklung unseres Rundfunkwesens durch die Zulassung neuer Veranstalter bereit.“378 373 Das „Medienpolitische Aktionsprogramm der SPD 1984“ wurde auf dem SPD-Bundesparteitag in Essen (17.-21.05.1984) verabschiedet. 374 Medienpolitisches Aktionsprogramm der SPD 1984, S. 9. 375 Dohnanyi, Klaus von 1983, S. 10-12. 376 Vgl. Politik/Aktuelle Informationen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands 1984, S. 2. 377 Medienpolitisches Aktionsprogramm der SPD 1984, S. 2. 378 Medienpolitisches Aktionsprogramm der SPD 1984, S. 3.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
Weitreichende programmatische Veränderungen gingen gleichfalls von dem SPDParteitag in Essen (17.-21. Mai 1984) aus. Dort wurde der Antrag 769 des Parteivorstandes „Medienpolitisches Aktionsprogramm der SPD 1984“ von der höchsten Parteininstanz gebilligt (60 zu 40 Prozent der Delegierten), der neben bereits im „Aktionsprogramm der SPD zu den neuen Technologien im Medienbereich“ dargelegten allgemeinen Positionen auch hochbrisante Postulate enthielt: „Die SPD fordert die ARD-Rundfunkanstalten auf, einen eigenen Satellitenkanal für ein bundesweites Programm auf dem direktabstrahlenden Rundfunksatelliten zu beantragen (...) Darüber hinaus sollen die SPD-geführten Länder einen TV-Kanal beantragen (...) Für Sozialdemokraten hat dabei die Stärkung und Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Priorität (...) Die private Organisationsform von Programmveranstaltern – vor allem die Beteiligung von Zeitungsverlegern – am Rundfunkwesen darf aber weder im regionalen noch im überregionalen Bereich zur Bildung von Doppelmonopolen führen.“379 Alles in allem markierte der Essener Parteitag den historischen Wendepunkt, an dem die SPD ihre unelastische Verweigerungshaltung offiziell aufgab und zur konzeptionellen Mitwirkung an medienpolitischen und medienrechtlichen Entwicklungsgrundlagen aufrief.380 Nichtsdestoweniger kommentierte das SPD-Zentralorgan „Vorwärts“ den Parteitagsbeschluss missbilligend und formulierte bereits in der Überschrift der Publikation „Wenn Sozialdemokraten den Teufel taufen“ harsche Kritik: „Einig waren sich die Sozialdemokraten nur darin: dass die Debatte überfällig war, dass sie schlicht verschlafen wurde (...) Also setzen Rau und Dohnanyi (und Glotz) lieber auf die Konkurrenzfähigkeit des aufgeklärten Medienkapitals, konkret: auf den Essener WAZ-Konzern381 und Lahnsteins Bertelsmann382. Die sollen dem amerikanischen Großkapital und der deutschen VerlegerRechten ein anständiges kommerzielles Paroli bieten.“383 Trotz fehlendem Generalübereinkommen mit dem politischen Hauptgegner (insbesondere über einen Rundfunkstaatsvertrag) stimmte die SPD in einigen wichtigen medienpolitischen Fragen mit der Linie der Unionsparteien überein. Im Grunde protokollierten beide z.B., dass der Rundfunk vom Grundgesetz und der BVerfG-Rechtsprechung her gesehen ein für die Demokratie lebensnotwendiger Faktor der Meinungsbildung und Informationsverbreitung ist. Ebenfalls galt, dass die Volksparteien beim Satellitenrundfunk sowohl auf die direktsendenden Rundfunksatelliten als auch auf die Fernmeldesatellitentechnik setzten und dass die Gefahr der Fremdkommerzialisierung über ausländische direktempfangbare Satelliten nicht auszuschließen sei. Ebenfalls Übereinstimmung bestand in der Forderung nach gesetzlichen Mindeststandards beim Jugendschutz. Um die eigenen Reihen zu schließen und um eine einheitliche Sprachregelung zu finden, beschäftigte sich der SPD-Parteivorstand am 17. Dezember 1984 mit dem Stand der Beratungen der Ministerpräsidenten über einen Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens. Dabei setzte sich die Haltung durch, dass ein zwischen den A- und B-Ländern abgeschlossener Staatsvertrag, somit ein tragfähiges Gesamtkonzept für die Medienlandschaft von morgen, die beste Lösung sei: „Auch Willy Brandt, Peter Glotz, Hans Koschnick 379 SPD-Parteitag Essen 1984, S. 179-183. 380 Offenkundig wurde im Rahmen dessen die SPD-Kommission „Medienfragen“ im Sommer 1984 in „Medienpolitik“ umbenannt. 381 Verlag, u.a. der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. 382 Manfred Lahnstein/SPD war Chef des Bundeskanzleramtes und Bundesfinanzminister unter BK Schmidt gewesen. 383 Michal, Wolfgang 1984, S. 10.
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und Johannes Rau sprechen sich für einen solchen Kompromiss bzw. dafür aus, den Ministerpräsidenten die Möglichkeit zu geben, am 19. Dezember auf der bisher gefundenen Grundlage weiterzuverhandeln mit dem Ziel der Einigung. Bei einem Scheitern wäre einmal die Handlungsfähigkeit der SPD-regierten Länder wesentlich eingeschränkt. Es würde – so vor allem Klaus v. Dohnanyi und Johannes Rau – in Frage gestellt, ob deren Ministerpräsidenten noch seriöse Gesprächspartner seien.“384 Öffentlich-rechtliches Rundfunkmonopol An der Bestands- und Entwicklungsgarantie des ö.-r. Rundfunks hielten die Vorsitzenden der SPD-Fraktionen auf Bundes- und Länderebene in einer Entschließung „Sozialdemokratische Positionen zur Medienpolitik“ fest (27./28. September 1984) und schlugen vor, ARD und ZDF jeweils einen Kanal auf dem direktstrahlenden Rundfunksatelliten zuzuweisen. Nach ihrer Ansicht sollten publizistische Doppelmonopole bei privaten Rundfunkveranstaltungen (z.B. dominante Beteiligung eines Verlages an einem Fernsehsender) unter allen Umständen verhindert und der Werbeanteil der Öffentlich-Rechtlichen nicht festgeschrieben werden. Der Abschied vom Widerstand gegen eine Privatisierung des Rundfunks fiel vielen SPD-Spitzenpolitikern nicht leicht, wie es Rau im Zuge anstehender Entscheidungen zur Nutzung von Fernmelde- und Rundfunksatellitenkanälen für Fernsehübertragungen eingestand: „Wir Sozialdemokraten sind immer der Meinung gewesen, diese Satelliten sollten den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, also der ARD und dem ZDF, zur Verfügung stehen. Wir finden dafür keine Mehrheit.“385 Raus Position entsprang der Einsicht, dass auch die Sozialdemokraten infolge einer Kompromisslösung mit den unionsgeführten Ländern privaten Anbietern Kanäle zuweisen müssten. Mediengesetzgebung Ende März 1984 wurde die medienpolitische Kurskorrektur noch längst nicht von allen SPD-Gliederungen mitgetragen. Trotz der Vorgabe der Bundespartei, den Zugang zum kommerziellen Rundfunk zu ermöglichen, präsentierten sich die Mitgliedsverbände immer noch völlig uneins: Während etwa der SPD-Landesverband Nordrhein-Westfalen für die gesetzliche Zulassung privater Rundfunkprogramme stimmte, erteilten die SPD-Verbände Hessen Süd und Saarland dem Ansinnen eine klare Absage. Im Niedersächsischen Landtag drohten die Sozialdemokraten am 15. Mai 1984 rechtliche Schritte gegen das mit den Stimmen der CDU verabschiedete Landesrundfunkgesetz beim BVerfG in Karlsruhe an, um den Privatfunk zu verhindern.386 Nöbel, Medienexperte der SPD-Bundestagsfraktion, unterstellte sogar, dass die Unionsländer bei der Förderung privaten Fernsehens die Rechtsvorschriften unterliefen und eine Verständigung zwischen den Parteien nahezu ausgeschlossen werden könne.387 Es geht argumentativ an der Sache vorbei, die Sozialdemokratie einzig als „Opfer“ einer technologisch und politisch nicht mehr aufzuhaltenden Entwicklung zu sehen. Ganz im Gegenteil schlug die SPD ab 1984 eine äußerst aktive Stoßrichtung ein und unterstützte politisch nahestehende Kräfte bei ihren kommerziellen Rundfunk-Programmvorhaben. 384 385 386 387
Protokoll der Parteivorstands-Sitzung am 17.12.1984, Bonn, S. 6. Rau, Johannes 1984a, S.1. Vgl. Remmers, Werner 1984, S.4. Vgl. Nöbel, Wilhelm 1984, S. 5.
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Damit forcierte sie einen publizistischen Gegenangriff, unterstellte aber weiterhin den Unionsparteien verfassungswidrige Pläne: „Obwohl erst zwei von den insgesamt vier seinerzeit verabredeten Kabelpilotprojekten überhaupt angelaufen sind, haben zwischenzeitlich fast alle unionsregierten Länder Mediengesetze in Kraft gesetzt oder vorgelegt, mit denen vollendete Tatsachen in Richtung auf eine (Voll)Kommerzialisierung unserer Medienlandschaft geschaffen werden sollen.“388 Große Aufmerksamkeit in der Debatte erzielte der, wie sich später herausstellte, fragile Einigungsprozess der Ministerpräsidenten. Nach langem Tauziehen und endlosen Anläufen beschlossen die Regierungschefs der Bundesländer am 19. Oktober 1984 in Bremerhaven einstimmig ein „Konzept der Länder zur Neuordnung des Rundfunkwesens“, also dem künftigen dualen System von ö.-r. und privatem Rundfunk, das in einen Staatsvertrag der Länder münden sollte. Zuvor hatte Klose noch am 5. Oktober 1984 angemahnt, dass „unsere Ministerpräsidenten und Bürgermeister uneinig sind und sich in erster Linie als konkurrierende Standortpolitiker und nur in zweiter Linie als Medienpolitiker verstehen, die gemeinsam im Sinne des Essener Parteitages zu handeln haben.“389 Einer der bis dato schärfsten Gegner eines Privatfunks, der Hessische MP Börner, verteidigte fünf Monate nach dem „Essener Parteitag“ die „Aufgabe“ seiner langjährige Widerstandsposition vor dem Hessischen Landtag: „Ich halte die medienpolitische Entwicklung, die sich möglicherweise jetzt zu einem Staatsvertrag verdichtet, persönlich für verhängnisvoll. Seitdem sich nach meiner Amtsübernahme 1976 mir diese Frage stellte, war ich stets für eine medienpolitische Gewaltenteilung zwischen öffentlich-rechtlichem Rundfunk – finanziert aus Gebühren – und privater Presse – finanziert aus Bezugsgebühren und Werbung (...) Ich hätte es darüber hinaus gerne gesehen, wenn die Nutzung der neuen Medien durch die öffentlichen Rundfunkanstalten und die Verleger unterblieben wäre.“ 390 Waren mit diesen politischen Bekundungen schwelende Konfliktherde gelöscht worden? Nein, ganz im Zeichen langanhaltenden Protestes erteilten die Genossen den ö.-r. Anstalten eine massenmediale Blankovollmacht, die Neuen Medien auf Kosten der rundfunkzahlenden Bevölkerung expansiv einzusetzen und neue Programme zu veranstalten.391 Dieser Autorisierung folgte wenige Wochen später sogar eine dezidierte Aufforderung durch den SPDParteivorstand, weitere Programme aufzulegen, indem „ARD und ZDF ermächtigt und verpflichtet werden sollen, jeweils ein zusätzliches Programm zu erstellen, wobei die kulturelle Vielfalt einen besonderen Schwerpunkt bildet.“392 Dem war vorausgegangen, dass von Dohnanyi den Unionsparteien bei den MP-Beratungen am 14. Dezember 1984 in Hannover ein entsprechendes Zugeständnis abgerungen hatte (auch, dass sich private Veranstalter nur aus Werbung und nicht aus Gebühren finanzieren durften). Im verhandlungstaktischen Gegenzug blieb es bei der Aufteilung der vier Kanalkapazitäten auf dem ersten direktstrahlenden Rundfunksatelliten TV-Sat (zwei für ö.-r. Fernsehprogramme und zwei für private). Insbesondere bei von Dohnanyi hatten die Unionsparteien einen „Bündnispartner in der Sache“ gefunden, der vor dem Gesprächskreis „Politik und Medien“ der Friedrich-Ebert-Stiftung allegorisch erklärte: „Wer abwehrt, kämpft auf verlorenem Posten.“393 388 389 390 391
Paterna, Peter 1984, S. 1. Schreiben: Hans-Ulrich Klose an Peter Glotz/SPD-Bundesgeschäfts-führer v. 05.10.1984. Börner, Holger 1984, S. 10. Vgl. Protokoll der Sitzung der Kommission Medienpolitik beim SPD-Parteivorstand am 19.11.1984, Bonn, S. 3. 392 Protokoll der Sitzung der Kommission Medienpolitik beim SPD-Parteivorstand am 17.12.1984, Bonn, S. 4. 393 Dohnanyi, Klaus von 1984, S. 13.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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Bei der Beurteilung der damaligen Verhältnisse muss berücksichtigt werden, dass trotz des Bestrebens beider politischen Lager um einem Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens gegenseitige Drohgebärden vorgetragen wurden, weil hauptsächlich die SPDParteibasis „Verbesserungen“ zugunsten der ö.-r. Anstalten forderte. So betonten die Unions-Ministerpräsidenten (sieben), notfalls ohne ihre sozialdemokratischen Pendants (vier) einen Staatsvertrag abschließen zu wollen, während Rau die Bedeutung des SPD-regierten Bundeslandes NRW (bevölkerungsstark und als Werbemarkt unersetzlich) unterstrich, auf den die privaten Rundfunkveranstalter nicht verzichten könnten. Das parteipolitische Tauziehen ging sogar so weit, dass dabei die Existenz der ö.-r. Rundfunkanstalten in Frage gestellt wurde, wozu der SPD-Bundesgeschäftsführer Glotz meinte: „Wenn die ARD platzt, platzt auch das ZDF.“394 Womit niemand mehr gerechnet hatte: die Neuordnung des Rundfunkwesens scheiterte (zumindest vorläufig) am 19. Dezember 1984 am „Nein“ von Hessens MP Börner. Er unterlief völlig unvermutet die bundesweit abgestimmte sozialdemokratische Position auf Druck der SPD-Parteibasis Hessen-Süd, die den Medienkompromiss ablehnte. Damit hatte der sozialdemokratische Verhandlungsführer von Dohnanyi in der MP-Runde keine einheitliche Ausgangsbasis mehr gegenüber den CDU/CSU-Regierungschefs. Bei diesem Mixtum compositum war die Lage nach dem Eklat äußerst kritisch, gegenseitige Warnungen und Schuldzuteilungen kamen von den A- wie B-Ländern; statt Einigkeit zu demonstrieren, wurde wieder in starren Links-/Rechts-Schemata gedacht. Beide Seiten wiesen jedoch zugleich darauf hin, dass private Unternehmen eine gesetzliche Planungssicherheit für Rundfunkveranstaltungen dringend benötigen (inkl. Festschreibung von Landesmediengesetzen). Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken Solange Anzeichen für eine Einigung über einen Rundfunkstaatsvertrag sprachen, gerieten andere Fragen vorübergehend in den Hintergrund. Ausgeblendet wurde z.B., dass die SPD weiterhin die flächendeckende Verteilnetzverkabelung in der Kupfer-Koaxial-Technik strikt ablehnte.395 Als bedeutsam erwies sich dagegen, dass von Dohnanyi an dem „Bremerhavener Kompromiss“ der Ministerpräsidenten festhielt und einen Appell zur Einigung über Rundfunksatellitenfragen an die Adresse seiner eigenen Partei richtete: „In Hamburg müssen wir heute die Sendungen aus der DDR als ‚ortsüblich’ in unsere Kabelnetze einspeisen. Können wir dann ernsthafte Erwägungen über die Verfassungs- und Gesetzeskonformität von Sendungen anstellen, die aus Niedersachsen, Bayern oder Rheinland-Pfalz über Satelliten herangeführt werden?“396 Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Mängelrügen von Genossen bei unionsgearteten Verstößen gegen das Prinzip der Meinungsvielfalt hielten diverse SPD-Politiker nicht davon ab, selber eine politische Einseitigkeit bei den Journalisten öffentlich einzufordern: „Ich weiß, dass es besonders unter engagierten, kritischen Journalisten starke Bedenken gegen die Folgen der neuen Medienent-
394 Glotz, Peter 1984, S. 1. 395 Vgl. Protokoll der Sitzung der Kommission Medienpolitik beim SPD-Parteivorstand am 30.01.1984, Bonn, S. 6. 396 Dohnanyi, Klaus von 1984, S. 13.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
wicklung gibt (...) Aber ich möchte an sie besonders appellieren, durch ihr Verständnis von journalistischer Arbeit auch Einfluss auf die neuen Medien zu nehmen.“397 Die Sozialdemokraten widersprachen sich in der Umorientierungsphase als Oppositionspartei bei ihren medien-politischen Engagements häufig selbst, plädierten z.B. für Reformen, schränkten diese aber gleichzeitig von vorneherein wieder ein: „Die SPD ist bereit, zusammen mit anderen Parteien den parteipolitischen Einfluss in den Aufsichtsgremien zu reduzieren (...) Die Forderung, dass der Anteil von Regierungs-, Parlaments-, Partei- und Großgruppenvertretern ‚deutlich’ zu verringern ist, findet in dieser scharfen Formulierung Widerspruch.“398 Wollten die privaten Fernsehveranstalter die SPD fair und einigermaßen objektiv behandeln? Dieser Frage ging insbesondere der nordrhein-westfälische MP Rau bei RTL nach, einem Sender, der sich 1988 in Köln ansiedelte399: „So habe ihm ein maßgeblicher Vertreter von Radio Luxemburg versichert, dass sich RTL nicht in die deutsche Innenpolitik einmischen würde. Ähnliches könnte evtl. auch für Bertelsmann und den WAZ-Konzern als Veranstalter gelten.“400 Die Art und Weise, wie manche Politiker quer durch die Parteien im Umfeld von Sendelizenzvergaben und Standortfaktoren potentielle Fernsehveranstalter „befragten“, lässt den Schluss nach einer Vorteilsnahme zu. Das besondere Interesse von Rau an Programmfragen wird in einem Gesamtzusammenhang deutlich, denn der öffentlich-rechtliche WDR sollte zu einem gigantischen Medienzentrum in NRW ausgebaut werden und in einem Links-Verbund mit der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ und Filmemachern wie Alexander Kluge private Programme in dem bevölkerungsreichsten Bundesland kontrollieren: „Mit diesem Schachzug könnte es der SPD gelingen, privaten Programmanbietern an Rhein und Ruhr das Leben nicht nur schwer, sondern möglichst unmöglich zu machen.“401 Das SPD-Medienkommissionsmitglied Friedrich-Wilhelm von Sell – in Personalunion Intendant des WDR – wäre bei diesem Planspiel die zentrale Führungsperson gewesen. Von Sell fertigte wiederholt Stellungnahmen für seine Partei (auf WDR-Briefbogen) an, z.B. „gegen eine Zwangsverkabelung“ und „wenn die Öffnung des Rundfunks für die Presse signalisiert wird, so drängt sich hier der Eindruck auf, dass hier eine schiefe und für ein sozialdemokratisches Grundverständnis problematische Schlachtordnung aufgebaut wird.“402 Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb Nahezu zeitgleich zur Vorstellung des „Medienpolitischen Aktionsprogramms der SPD“ und dem damit verbundenen Eintreten für den ö.-r. Rundfunk rügte Rau „seinen“ Haussender WDR in ungewohnter Schärfe: „Manche Beiträge finde ich unausgewogen und CDU-lastig.“403
397 398 399 400
Dohnanyi, Klaus von 1984, S. 13. Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 30.01.1984, Bonn, S. 8-9. RTL plus startete am 02.01.1984. Rau, Johannes. In: Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 30.01.1984, Bonn, S. 18. 401 Barth, Achim 1984, S. 36. 402 Schreiben Friedrich-Wilhelm von Sell an Peter Glotz v. 14.02.1984. 403 Rau, Johannes 1984b, S. 28.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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Partei-interne Kritik Ein pragmatisches, konzertiertes Vorgehen der Bundespartei wurde durch die beträchtliche Anzahl interner Kritiker immer wieder beeinträchtigt. So brandmarkte Müller, ehemals Planungschef des Bundeskanzleramtes unter den SPD-Regierungen Brandt und Schmidt, die Aufgabe medienpolitischer Maßstäbe als eine Katastrophe: „Nicht einmal fünf Monate später kann man den Essener Parteitagsbeschluss zur Medienpolitik abschreiben (...) Die SPD hat in diesem Kompromiss von Bremerhaven404 nicht nur äußerst wenig bekommen. Sie hat sich auch zur vielfältigen Förderung von privaten Veranstaltern verpflichtet.“ 405
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Medienpolitische Organisation und Arbeitsweise Die Durchsicht der einschlägigen Literatur zeigt ein enges Kooperationsverhältnis zwischen SPD und dem Deutschen Gewerkschaftsbund.406 Letzterer bündelte medienpolitische Aktivitäten, um ein „ebenbürtiger“ Verhandlungspartner der „unionsgeförderten“ Medienlandschaft zu sein, und gründete am 3. Dezember 1985 eine einheitliche Interessenvertretung der Medien- und Kulturschaffenden unter dem Namen „IG Medien – Druck und Papier, Publizistik und Kunst“. Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung In Anbetracht einer rotierenden Rundfunkpolitik konzentrierte sich die SPD-Bundespartei im Untersuchungsjahr auf unterschiedliche Arbeitsfelder, die als personenbezogene Aufträge an Kommissionsmitglieder verteilt wurden. Dabei reichte die Palette der zu erledigenden Obligationen von „Sicherung eines deutsch/europäischen Produktionsanteils in Neuen Medien“ über „Wie wird unkontrollierte Parteienwerbung im Privatfernsehen verhindert?“ und „Öffentlich-rechtlicher Rundfunk (Gebührenpolitik, Personalfragen, Reform des ö.-r. Systems)“ bis hin zu einer „Europäischen Medienkonvention“.407/408 Mediengesetzgebung Bedeutsam erscheint, dass bei der linksorientierten Volkspartei in 1985 grundsätzlich festzustehen schien, dass private Veranstalter zugelassen wurden, doch knüpfte sie zusätzliche Bedingungen an einen Konsens mit den Unionsparteien über den längst überfälligen Rundfunkstaatsvertrag:
„Eine finanziell gesicherte Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlichrechtlichen Rundfunk; Die Sicherung der notwendigen Binnenpluralität auch bei privaten Veranstaltern; Die Begrenzung der Werbung auf das notwendige Maß.“ 409/410
404 „Bremerhavener Beschlüsse“ der Ministerpräsidenten der Länder, 17.-19.10.1984. 405 Müller, Albrecht 1984a, S. 12. 406 DGB-Vertreter arbeiteten u.a. in der SPD-Medienkommission mit (vgl. Protokolle der Kommission Medienpolitik beim SPD-Parteivorstand). 407 Das „Grünbuch“ der Europäischen Kommission diente als Grundlage weiterer Erörterungen. 408 Protokoll der Sitzung der Kommission Medienpolitik beim SPD-Parteivorstand am 28.01.1985, Bonn, S. 3-5. 409 Nöbel, Wilhelm 1985, S.1. 410 Privater Rundfunk wäre ohne Werbung überhaupt nicht möglich, denn die privatwirtschaftlich organisierten Neuen Medien können neben Entgelten (z.B. Kosten für Kabelschluss, Pay TV) ausschließlich durch ver-
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Zum Leidwesen der Befürworter des Privatfunks zeichneten sich auch im Juni 1985 keine konkreten Resultate hinsichtlich eines Abschlusses eines Staatsvertrages zur Neuordnung des Rundfunkwesens ab, obwohl bereits am 8. Januar ein überarbeiteter Vertragsentwurf den Ministerpräsidenten vorgelegt worden war. Ebenso hatten zwischenzeitlich bilaterale Gespräche zwischen von Dohnanyi, Vogel, Rau und Späth stattgefunden; ferner führte von Dohnanyi im September/ Oktober Sondierungsgespräche mit Vogel im Hinblick auf die bevorstehende MP-Konferenz in Saarbrücken.411 Dabei verabredeten beide Seiten, dass auf dem TV-SAT jeweils ein Kanal ARD und ZDF erhalten und zwei Kanäle an private Veranstalter gehen sollten. Eine weitere Einigung wurde dahingehend erzielt, dass ARD und ZDF bis zum Jahr 1990 auf dem Stand ihres derzeitigen Werbevolumens eingefroren würden und dass eine Kooperation zwischen ö.-r. und privaten Fernsehveranstaltern zwar möglich sei, es sich jedoch bei dem Anbieter um ein rein privatwirtschaftlich zugelassenes Unternehmen handeln müsse (z.B. in NRW die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ und nicht der öffentlich-rechtliche „Westdeutsche Rundfunk“). Innerhalb der Sozialdemokratie bestand seit November 1982 Einvernehmen darüber, dass verfassungsrechtliche Maßnahmen gegen Mediengesetze in unionsregierten Ländern zu prüfen seien. In diesem Kontext erhob die SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag gegen das von der CSU-Mehrheit beschlossene Medienerprobungs- und -entwicklungsgesetz (MEG)412 Verfassungsklage. Dessen ungeachtet wurde in dem SPD-regierten Hamburg ein Landesmediengesetz verabschiedet, das private Rundfunkveranstaltungen zuließ. Ein Sonderfall stellte sich in Nordrhein-Westfalen dar, als am 19. März 1985 das „Gesetz über den Westdeutschen Rundfunk“ verkündet wurde. Im Ergebnis wurde hier dem WDR mit den Stimmen der SPD nicht nur Bestand und Entwicklung festgeschrieben und die Gremien „staatsferner“ geordnet, sondern fortan dem Sender gestattet, Kooperationen mit privaten Programmanbietern einzugehen. Die nordrhein-westfälische Oppositionspartei (CDU) griff daraufhin scharf den politischen Gegner an und bereitete umgehend ein Normenkontrollverfahren beim Verfassungsgerichtshof vor, weil insbesondere dem Sender ein bundesweiter wirtschaftlich-unternehmerischer Aktionsradius eingeräumt wurde. Partei-interne Kritik Paradox verhielt sich die SPD bei ihrem Vorsatz, die Zahl der Parteienvertreter innerhalb der Rundfunkgremien drastisch reduzieren zu wollen. Als von Dohnanyi das Hamburger Mediengesetz auf den parlamentarischen Weg brachte, das die Entsendung von Mitgliedern durch die Parteien in den Rundfunkrat verbietet, machte er eine deutliche Unzufriedenheit bei den Genossen aus: „Das hat mir großen Ärger gemacht in Hamburg, unter den Freunden in der Fraktion und auch bei den Freunden der Partei.“413
kaufte Werbezeit das Angebot an Kultur-, Bildungs-, Unterhaltungs- und Informationssendungen finanzieren. Demgegenüber besitzt der ö.-r. Rundfunk das Gebührenmonopol, das eine sichere Finanzierungsquelle und Existenzgrundlage darstellt. 411 Vgl. Protokoll der Sitzung der Kommission Medienpolitik beim SPD-Parteivorstand am 17.10.1985, Bonn, S. 4-6. 412 Rechtsgrundlage für den in öffentlicher Verantwortung und ö.-r. Trägerschaft der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien (BLM) betriebenen Rundfunk ist das Gesetz über die Entwicklung, Förderung und Veranstaltung privater Rundfunkangebote und anderer Mediendienste in Bayern (Bayerisches Mediengesetz – BayMG) in der derzeitig gültigen Fassung der Bekanntmachung v. 22.10.2003. 413 Dohnanyi, Klaus von 2002, S. 197.
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Öffentlich-rechtliches Rundfunkmonopol Je mehr sich die bundespolitische Rundfunklage bei der SPD nach dem gescheiterten Bremerhavener Kompromiss destabilisierte, desto mehr interne Bedenkenträger wendeten sich an die Öffentlichkeit. Aus dem Saarland meldete Klimmt für die SPD-Landespartei weitere Vorbehalte gegen die „medienpolitischen Vorstöße der CDU auf Bundes- und Länderebene an“, wodurch „die öffentlich-rechtliche Grundlage unseres Rundfunksystems verändert worden ist“, bei der „sich ein baldiger Entscheidungsbedarf über die Weiterentwicklung des Rundfunksystems ergibt.“414 Mediengesetzgebung Die rundfunkrechtliche Situation hatte sich auch 1986 nicht wesentlich geändert: (1) Die Mehrheit sozialdemokratischer Medienpolitiker wünschte nach wie vor eine Rahmenvereinbarung mit den CDU/CSU-Ländern auf der Grundlage der Bremerhavener Vereinbarungen; Hessen ging nach wie vor seinen eigenen Weg der Ablehnung. (2) Das BVerfGUrteil zum Niedersächsischen Landesmediengesetz wurde von beiden Lagern abgewartet. (3) Vergleicht man die Themenprioritäten der Parteien, so kann man feststellen, dass bekannte Argumente „pro und contra Privatfunk“ erneut ausgetauscht wurden. In der Quintessenz wiederholte sich ein Vorgang, der sich bereits im November 1982 zugetragen hatte und zeitweilig die Gefahr der Abkoppelung vom rundfunkpolitischen Kontinuum einschloss. Explizit fasste die SPD-Kommission Medienpolitik im Juni 1986 den Widerstand gegen eine liberale Rundfunkordnung in einem „Beschlussvorschlag zur Medienpolitik“ für den Parteivorstand zusammen: „Die SPD lehnt die Medienpolitik der Bundesregierung und der CDU-geführten Bundesländer nachdrücklich ab (...) Der Parteitag unterstützt die Bundestagsfraktion und die Regierungen der SPD-geführten Länder in ihren Bemühungen, notfalls auch auf dem Rechtswege die vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Grundsätze zu Aufgaben, Verantwortung und Organisation der elektronischen Medien in der Bundesrepublik gegenüber abweichenden Gesetzen in den Ländern durchzusetzen.“415 Trotz all dieser Gegenevidenz verabschiedeten die Ministerpräsidenten Anfang Oktober 1986 bei ihren Beratungen in Hamburg ein „Medien-Rahmenpapier“ zur Neuordnung des Rundfunkwesens. In ihrem Misstrauen gegenüber bundeseinheitlichen ordnungspolitischen Regelungen artikulierte sich wenige Tage später erneut Widerstand bei den Sozialdemokraten angesichts der jüngsten Übereinkunft. Gravierende Vorbehalte machten sowohl die SPD-Landtagsfraktion NRW als auch die Hessische Landesregierung geltend: „Es kommt überhaupt nicht infrage, dass über Werbezeiten in Rundfunk und Fernsehen des Westdeutschen Rundfunks der Hamburger Bürgermeister Dohnanyi (SPD) oder die Herren Späth und Stoiber (CDU/CSU) entscheiden.“416 In Anbetracht der konstanten Schwierigkeiten, denen sich die Verhandlungspartner der Parteien in der Vergangenheit ausgesetzt sahen, bot das ersehnte BVerfG-Urteil die Chance zu einer politischen Verständigung und verbalen Abrüstung. Am 04. November 1986 entschied das BVerfG in dem Normenkontrollverfahren gegen das Niedersächsische Landes414 Klimmt, Reinhard 1985, S. 8. 415 Dohnanyi, Klaus von 1986, S. 1-2. 416 Büssow, Jürgen 1986, S. 2.
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rundfunkgesetz, dass das Gesetz in den Grundlinien mit dem Grundgesetz vereinbar sei, wenngleich eine Reihe von Vorschriften nachzubessern und ergänzende gesetzliche Regelungen erforderlich seien. Somit anerkannte das BVerfG die duale Rundfunkordnung in Deutschland und erteilte endgültig eine Autorisation für ein duales Rundfunksystem.417 Wenngleich dieses „Vierte Rundfunkurteil“ von den Parteien unterschiedlich kommentiert wurde, reduzierte dennoch die SPD ihren Widerstand gegen private Rundfunkveranstaltungen erheblich, zumal alle Rechtsmittel durch das BVerfG-Urteil ausgeschöpft waren. Glotz zog für seine Partei 1986 eine Bilanz, die der veränderten medienpolitischen Realität entsprach: „Als Sozialdemokrat sage ich: Wir haben den vielleicht rührenden, in jedem Fall aber ernst gemeinten Versuch gemacht, auch angesichts neuer technischer Entwicklungen wie des Glasfaserkabels, der Digitalisierung, der Entwicklung von Satelliten die alte publizistische Gewaltenteilung zu erhalten. Wir sind daran gescheitert.“418 Finanzierung der Rundfunkanstalten Wenn meine Einschätzung zutrifft, dann beschäftigte sich die SPD intensiv mit der Frage nach der Finanzierung privater Fernsehveranstaltungen. Für die Sozialdemokraten war bei ihren Überlegungen und Planspielen hauptsächlich nicht klar, ob die privaten Veranstalter nun so schwach und chancenarm waren, wie sie sich 1986 darstellten oder nicht.419 So hatte ein Aufkommen oder Fortbleiben an Werbeeinnahmen erhebliche Auswirkungen auf die Stärke oder Schwäche öffentlich-rechtlicher Programme, z.B. beim Einkauf von Spielfilmlizenzen. Vor diesem Hintergrund galt es zu berücksichtigen, dass der private Rundfunk nicht auf Gebühreneinnahmen zurückgreifen konnte. Ausschließlich durch verkaufte Werbezeit, deren Preise sich nach den Reichweiten von Sendern, Einschaltquoten einzelner Sendungen, Sendezeit und Monat richten, konnte ein privates Angebot an Unterhaltungs-, Kultur-, Bildungs-, Sport- und Informationssendungen finanziert werden. Demgegenüber besaß der ö.-r. Rundfunk ein Gebührenmonopol, das eine sichere Finanzierungsquelle und Existenzgrundlage darstellte. Wie lässt sich das damalige Wettbewerbsszenario skizzieren? Für die nahe Zukunft befürchteten die Sozialdemokraten ein „Nischendasein“ des ö.-r. Rundfunks, falls private Veranstalter reüssieren sollten.420 Diese Einschätzung konnten die Unionsparteien nicht nachvollziehen angesichts des finanziellen, personellen, organisatorischen und technischen Vorsprungs des gebührengestützten Rundfunks. Im Jahre 1986 besaßen ARD und ZDF eine technische Reichweite von 25 Millionen Haushalte über das terrestrische Netz und ein über 4 Mrd. DM jährlich zu veranschlagendes Gebührenaufkommen.421 Hinzu kamen über 1,4 Mrd. DM Netto-Umsätze (vor Skonti) an Werbeeinnahmen422 und wachsende Einkünfte aus Sonderwerbeformen. Um den privaten Fernsehveranstaltern möglichst rasch die notwendigen Teilnehmerzahlen (indirekt hohe Reichweiten) zu ermöglichen, mussten im Jahr 417 418 419 420
Vgl. BVerfG Az.: 1 BvF 1/84; „Viertes Rundfunkurteil/Niedersächsisches Landesmediengesetz“, 1986. Glotz, Peter 1986a, S. 89. Vgl. Protokoll der Sitzung der Kommission Medienpolitik beim SPD-Parteivorstand am 13.03.1986, Bonn. Ab 1986 konnten bundesweit vier private deutschsprachige Vollprogramme empfangen werden (RTL plus, SAT.1, Eureka Television, Musicbox), wobei die beiden letztgenannten Sender bei der Vergabe von Satellitenfrequenzen und bei der Zuteilung von terrestrischen Frequenzen benachteiligt waren (u.a. aufgrund mangelnder Finanzmittel zur Anmietung technischer Übertragungskapazitäten). 421 Vgl. Siebter Bericht der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (1989), S. 19-20, 05.12.1989, Mainz. 422 Steinbach, Joachim (1987): Werbemarkt 1986 – verbessertes Ergebnis. In: Media Perspektiven 3/87, S. 171.
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1988 rund 8 Millionen Haushalte ans Kabelnetz angeschlossen sein. Laut Schätzungen von Branchenkennern würde dann der Break-Even-Point mit 4,4 Millionen am Kabelrundfunkprogramm partizipierenden Haushalten erzielt werden; erst ab dieser Größenordnung wäre Privatfunk für die nationalen Veranstalter rentabel.423 Im Juli 1986 nutzten fast 1,9 Millionen Haushalte das Kabelfernsehen und damit etwa 4,5 Millionen Zuschauer.424 Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken Werbeeinnahmen waren als Finanzierungsbasis von Rundfunkveranstaltungen zuallererst abhängig von der jeweiligen technischen Reichweitensituation der Sender. 1986 konnten die ö.r.-Anstalten auf ein terrestrisches Netz mit einer Fernsehversorgung von rund 98 Prozent zurückgreifen, während nur acht Prozent der deutschen Haushalte private Programme empfangen konnten.425 Deshalb sollten nach dem Willen der Bundesregierung neu zu erschließende terrestrische Frequenzen, im Hinblick auf eine angestrebte paritätische Konkurrenzsituation, ausschließlich den Privaten zugeteilt werden. Nach einer Prognose der Bundespost konnten über die damals ermittelten freien Kanäle für lokale Fernsehstationen über 6 Millionen Haushalte und damit mehr als 16 Millionen Zuschauer erreicht werden.426 Partei-interne Kritik Was die parteigesteuerte Handlungsweise hinsichtlich einer ordnungspolitischen Mitgestaltung des Fernsehwesens anging, ertönten Ordnungsrufe von führenden Sozial-demokraten wie Glotz und Nahestehern wie Meyn: „Die SPD kann mit ihrer Medienpolitik nicht zufrieden sein. Man kann die Bundesrepublik nicht zu einer ökologischen Medieninsel machen.“427 Mit anderen Worten: „(...) sozialdemokratische Medienpolitik darf sich nicht auf Gesetzgebung, Thesen-Papiere und Gerichtssäle beschränken. Wenn es sich lohnt, muss man selbst den Meinungsmarkt betreten (...).“428 In die Reihen ideologisch nahestehender Kritiker ordnete sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ein, der bis dato die SPD über die Jahre hinweg im Kampf gegen eine sogenannte Kommerzialisierung elektronischer Medien unterstützt hatte: „Der DGB hat die Gefahren und Konsequenzen einer Öffnung von Funk und Fernsehen für privatwirtschaftliche bzw. kommerzielle Veranstalter wiederholt öffentlich deutlich gemacht. Die inzwischen eingetretene Entwicklung hat diese Befürchtungen größtenteils bestätigt.“429 Unter „Befürchtungen“ verstand der DGB, dass sich Zeitungs- und Zeitschriftenverleger um Senderechte bemühen und bei den neuen Veranstaltern „inhumane Arbeitsbedingungen“ geschaffen werden könnten und die vier Kabelpilotprojekte trotz gewerkschaftlicher Bedenken ihren Betrieb aufgenommen hatten. Es wurde auch ersichtlich, dass die negative Einstellung von Teilen der Kirchen gegenüber einer veränderten Rundfunklandschaft noch
423 Vgl. CDU-Bundesgeschäftsstelle/Abteilung Medienpolitik (Okt. 1986): 4 Jahre CDU/CSU-Medienpolitik. Medienpolitischer Argumentationskatalog für die Bundestagswahl 1987, Bonn, S. 12. 424 Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen: Pressemitteilung, 15.07.1986, Bonn. 425 Terrestrische Sendernetze dienen der drahtlosen Ausstrahlung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen, wie sie seit Beginn des Rundfunks bestehen, und sind eine sinnvolle Ergänzung der Kabelfernsehnetze. 426 Schwarz-Schilling, Christian (1986): Mindestens 6 Millionen Haushalte mit lokalen Fernsehsendern erreichbar. In: Pressemitteilung Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen v. 15.07.1986, Bonn. 427 Glotz, Peter 1986b, S. (o.S.). 428 Meyn, Hermann 1986, S. 7. 429 Beschluss des 13. Ordentlichen DGB-Bundeskongresses zur Medienpolitik, 30.05.1986, S. 3.
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Mitte der 80er Jahre anhielt: „Die Evangelische Kirche im ganzen hat nicht zu denjenigen gehört, die neue, zusätzliche Programme in der Bundesrepublik herbeigewünscht haben.“430 Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb Seine eigene Rolle als zukünftiger Themenlieferant des Privatfernsehens schätzte der medienorganisierte, gewerkschaftliche Partner der SPD (DGB) als minimal ein: „Bei Fernsehangeboten, die vorwiegend auf Unterhaltung ausgerichtet und auf hohe Einschaltquoten angelegt sind, haben es gewerkschaftliche Anliegen schwer, einen annehmbaren Programmplatz zu behaupten und bei neuen kommerziell orientierten Programmanbietern einen Einstieg zu finden.“431 Den neuen Veranstaltern kann man hier daraus keinen Vorwurf machen, denn es war vielmehr ihre betriebswirtschaftliche Verpflichtung, wettbewerbsfähige Sendungen zu produzieren. Im Zuge dessen hatten die Privaten schnell erkannt, dass leichte Unterhaltungskost, Spielfilme und Sport höhere Einschaltquoten bringen als Informations-, Kultur- und Bildungssendungen.
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Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Kontrovers geführte Diskussionen um inhaltliche Interpretationen von rundfunkrechtlichen Gesetzestexten (z.B.: öffentlich-rechtliche Grundversorgung – Mindestversorgung oder mehr?, Verflechtung von Presse und Rundfunk, Effektivität der Rundfunkkontrolle) bestimmten nach der Unterzeichnung des Rundfunkstaatsvertrages am 3. April 1987 (vgl. Kap. 3.1) das politische Geschehen der SPD.432 Als Indikator für die sich abzeichnende Ausrichtung der sozialdemokratischen Medienarbeit kann die instituierende Kommissionsarbeit herangezogen werden, die für das Berichtsjahr unterschiedliche Schwerpunkte setzte, z.B.:433
Journalistische Ausbildung. Die SPD-Parteizentrale beobachtete bei wachsendem Bedarf an journalistischem Nachwuchs, vor allem für die Neuen Medien, „ein zunehmendes Engagement von CDU/CSU und konservativen Verlegern“ und empfahl gemeinsam mit den Gewerkschaften, eine adäquate Gegenbewegung abzustimmen. Bei den SPD-Medien „besteht aktueller Handlungsbedarf (...) zur Verbesserung der SPD-nahen Medien, insbesondere im elektronischen Bereich, (...) und die entsprechenden Aktivitäten zu koordinieren.“ Rundfunkverfassungsrecht. Empfohlen wurde, anhängige Verfassungsklagen – z.B. das Normenkontrollverfahren der SPD-Bundestagsfraktion gegen das Baden-Württembergische Mediengesetz und das Verfahren der CDU gegen das NRW-Mediengesetz – „sorgfältig zu beobachten und ggf. durch Stellungnahmen und Empfehlungen an die zuständigen politischen Gremien zu begleiten.“434
430 Heßler, Hans-Wolfgang 1986, S. 73. 431 Zimmermann, Lothar 1986, S. 121. 432 Vgl. Beschluss des Parteivorstandes der SPD zu den vom Nürnberger und Offenburger Parteitag überwiesenen Medienanträgen, 24.02.1987, Bonn, S. 1-6. 433 Vorlage Medienreferat des SPD-Parteivorstands zur Sitzung der Kommission Medienpolitik am 07.10.1987, 06.10.1987, Bonn. 434 Pache, Gerd (SPD-Bundesgeschäftsstelle/Medienreferat); Schriftverkehr an Peter Glotz v. 06.10.1987, Bonn, S. 5.
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Öffentlich-rechtliches Rundfunkmonopol Ihre Enttäuschung und Kritik an dem „Vierten Rundfunkurteil“ des BVerfG wollte die SPD auch drei Monate nach der Urteilsverkündigung nicht verbergen: „Die grundsätzliche Position der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, dass eine öffentlich-rechtliche Rundfunkstruktur am ehesten den Erfordernissen einer demokratischen Gesellschaft gerecht wird und dass die begonnene Teilkommerzialisierung der elektronischen Medien Gefahren für Kommunikationsgerechtigkeit und Meinungsvielfalt in sich birgt, hat sich durch die politischen, technischen und verfassungsrechtlichen Entwicklungen nicht geändert. Die Partei muss jedoch der konservativen Herausforderung offensiv entgegentreten.“435 Mediengesetzgebung In Anbetracht der veränderten Rechtslage durch die Verabschiedung des Rundfunkstaatsvertrages konzentrierte sich die SPD auf ein anderes zentrales Anliegen, nämlich die Verhinderung vorherrschender Meinungsmacht beim Privatfunk durch Presseunternehmen.436 Im sozialdemokratisch regierten Saarland (MP Lafontaine) wurde am 3. Juni 1987 ein neues Landesmediengesetz verkündet; der Wettbewerb zwischen ö.-r. und privatem Rundfunk verlagerte sich zunehmend auf die Landes- und Regionalebenen. Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Das freie Spiel der Kräfte eines reformierten Medienmarktes interpretierte die SPD 1987 auf zweierlei Art: Einerseits lehnte sie ausgesprochen positionierend nach wie vor den Privatfunk ab, denn „Rundfunk und Fernsehen müsse ausschließlich öffentlich-rechtlich organisiert sein“437, andererseits erwarb sie als Partei gesellschaftliche Beteiligungen an privaten Sendern und führte somit ihre eigenen Programmatiken ad absurdum. Während die anderen Parteien zu keinem Zeitpunkt Anteile an den Neuen Medien besaßen, präferierte die SPD, ganze Sender (Hörfunk) unter Kontrolle zu bringen. Dieses zielgerichtete Handeln entsprach nicht zuletzt der Überzeugung, dass „Kontrolle der Kommunikation ein Hauptbestandteil der Macht“ ist, wie Langenbucher zutreffend feststellt.438 Klose, Schatzmeister der SPD, äußerte sich relativierend zum Millionen-Engagement seiner Partei: „Wir halten Beteiligungen, machen aber die Produkte nicht selber.“439 Darunter verstand er vermutlich mehr, denn der marktwirtschaftliche Vorstoß der Sozialdemokratie zeigte durchaus klassenkämpferische Züge: „Klose [hofft] auf den Einstieg weiterer Parteien ‚links von der Mitte’“.440 Bei der Finanzierung der SPD-Rundfunkbeteiligungen sprang auch der DGB über die Vermögensgesellschaft in Frankfurt mit einem Kredit von 2 Millionen Mark ein, woraufhin der CDU-Mediensprecher Weirich zu bedenken gab: „Was sei eigentlich noch mit dem Widerstand des DGB gegen private Medien, und wie halte es die Gewerkschaft mit ihrer vielbeschworenen parteipolitischen Unabhängigkeit?“441
435 Beschluss des Parteivorstandes der SPD zu den vom Nürnberger und Offenburger Parteitag überwiesenen Medienanträgen 1987. 436 Vgl. Beschluss des Parteivorstandes der SPD zu den vom Nürnberger und Offenburger Parteitag überwiesenen Medienanträgen 1987. 437 Börnsen, Gert 1987, S. 6. 438 Langenbucher, Wolfgang R. 1986, S. 91. 439 Klose, Hans Ulrich 1987, S. 32. 440 Vgl. Pitzer, Sissi 1987, S. 32. 441 Weirich, Dieter 1988b, S. 1.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
Angeregt durch die damalige Unzufriedenheit mit der elektronischen Berichterstattung warf die SPD dem ZDF vor, einem „unverhohlenen Angriff auf die Meinungs- und Pressefreiheit“ nicht widerstanden zu haben. Der Sender habe sich „dem Druck des bayerischen Ministerpräsidenten Strauß“ gebeugt und den designierten Chefredakteur Bresser als Moderator einer Sondersendung über den Reagan-Gorbatschow-Gipfel abgezogen.442 In Anwendung des Diktums lässt sich auch bei der Sozialdemokratie eine Hegemonialkultur ausmachen, in deren Auslegung Macht missbraucht wurde. Raus Vorstoß beim Westdeutschen Rundfunk, dass er als Ministerpräsident ein „Verlautbarungsrecht“ besitze, dem der WDR als Landessender folgen müsse443, spricht für die Richtigkeit dieser Annahme. Tatsächlich wird im Rahmen des WDR-Landesrundfunkgesetzes einer Regierung in „Notsituationen“ ein Verlautbarungsrecht eingeräumt, das aber sicherlich nicht für eine „Regierungserklärung zur Stahlpolitik im Landtag“ anzuwenden war, wie Rau seinerzeit verlangte. Dennoch beugte sich der WDR hofierend dem politischen Potentat und sein damaliger Programmdirektor Struwe ordnete eine Direktübertragung der Regierungserklärung an. Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb Wo sich die verfassungsrechtliche Trennungslinie zwischen den Volksparteien rationalistisch abschwächte, spaltete ein alter Konflikt um die Inhalte der privaten Programmangebote die beiden Lager. Symptomatisch hierfür steht der Beschluss des SPD-Parteivorstandes vom 24. Februar 1987, in dem zum Ausdruck gebracht wird, dass die Hoffnungen auf mehr Meinungsvielfalt durch das Privatfernsehen kaum erfüllt würden.444 Mit dem Aufkommen vielfältiger Programminnovationen hielten es die Sozialdemokraten im Herbst 1987 für wichtig, das zu diesem Zeitpunkt eingeführte „Frühstücksfernsehen“ (Eureka TV, RTL, SAT.1) ausführlich zu behandeln, und beschäftigten sich damit noch im ersten Halbjahr 1988. Experten von ARD und ZDF analysierten entsprechende „Gehversuche“ in der SPD-Medienkommission und kamen dabei zu der Bewertung, dass das Frühstücksfernsehen mittelfristig nicht die von seinen Machern erwünschten Einschaltquoten erzielen werde. Auch zähle dieses Format nicht zu einer ‚unerlässlichen Grundversorgung’, könne aber eine nützliche Informationsbereicherung sein.445 Unter einer solchen Betrachtungsweise lautete die sozialdemokratische Empfehlung an ARD und ZDF, „gemeinsam ein öffentlich-rechtliches Frühstücksfernsehen zu planen und durchzuführen.“446
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Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung 1988 stand ganz im Zeichen der Themen „Frühstücksfernsehen“, „Mediengewerkschaft“ (s. Unterkapitel „Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik“) und „Europäische Medienordnung“ (s. Unterkapitel „Europäische Medienpolitik“).
442 Vgl. SPD und Gewerkschaften: Strauß verlangte Rückzug Bressers. In: dpa bas 371 3pl 298 v. 07.12.1987. 443 Vgl. Rau, Johannes 1987. 444 Vgl. Beschluss des Parteivorstandes der SPD zu den vom Nürnberger und Offenburger Parteitag überwiesenen Medienanträgen, 24.02.1987, Bonn, S. 4. 445 Vgl. Protokoll der Sitzung der Kommission Medienpolitik beim SPD-Parteivorstand am 07.10.1987, Bonn, S. 6. 446 Protokoll der Sitzung der Kommission Medienpolitik beim SPD-Parteivorstand am 07.10.1987, Bonn, S. 7.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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Ins Blickfeld rückte zunächst die aus dem Vorjahr begonnene Diskussion um das „Frühstücksfernsehen“. Dabei warnte die SPD-Medienkommission ARD und ZDF davor, die wenig überzeugenden Beispiele von SAT.1 und RTL plus einfach zu kopieren.447 Unter den Kommissionsmitgliedern war der Sinn und Zweck eines öffentlich-rechtlichen Frühstücksfernsehens heftig umstritten448, wenngleich die Gefahr gesehen wurde, „dass private Rundfunkveranstalter durch ein Monopol auf bestimmte Sendezeiten eine SenderZuschauerbindung erzeugen, die sich dann auch auf andere Sendezeiten auswirkt.“449 Alle bisherigen Konflikte zwischen den Parteien um die Veranstaltung privaten Fernsehens setzten sich somit beim Frühstücksfernsehen fort. Nach den Vorstellungen der SPD sollten die Privaten keinen Wettbewerbsvorsprung vor den Öffentlich-Rechtlichen erhalten, auch wenn er nur gering ausfallen sollte und lediglich eine Programmsparte betraf. Der Autor, in seiner früheren Funktion als Chefredakteur des bundesweit ausstrahlenden Privatfernsehsenders „Eureka Television“, berichtete damals in der SPD-Medienkommission auf Einladung der SPD-Parteizentrale über die Programmaktivitäten des Fernsehsenders. Dem ersten deutschsprachigen Informations- und Nachrichtensender (mit 18stündigem Programmbetrieb, umfassendem nationalen Korrespondentennetz und ständigen Satellite feeds u.a. aus den USA und der Sowjetunion) und dessen Innovationen wie „Frühstücksfernsehen“ sowie „Teleshopping“ wurde seitens der SPD große Beachtung geschenkt, zumal der Sender als Zielgruppe den deutschsprachigen Teil der Gesamtbevölkerung Europas mit rund 100 Millionen Personen anvisierte.450 Mediengesetzgebung Das von der SPD unterstützte Kabelpilotprojekt Dortmund stellte am 31. Mai 1988 seinen Betrieb ein und wurde vom WRD ab dem 1. September als Lokalprogramm weitergeführt. Die bei den Verhandlungen des Rundfunkstaatsvertrages geführte Debatte um Werbesendungen im Dritten Fernsehprogramm des Hessischen Rundfunks wurde durch den Beschluss der Ministerpräsidenten, die Werbung zum 1. Januar 1993 endgültig einzustellen, beendet.451 Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik MP Rau verkündete am 3. November 1988 auf dem Forum „Medien in NordrheinWestfalen – Impulse für Wirtschaft, Kultur und Demokratie“, dass sich NordrheinWestfalen zu einem „Medienland im Aufbruch“ entwickelt habe.452 Für die 90er Jahre habe sich der SPD-Landesverband drei medienpolitische Ziele gesetzt: Nutzung des wirtschaftlichen Fortschritts für die Entwicklung der Medienkultur, eine Steigerung der Programmqualität und die finanzielle Absicherung des WDR. Auf der gleichen Veranstaltung warnte der
447 Vgl. Protokoll der Sitzung der Kommission Medienpolitik beim SPD-Parteivorstand am 12.01.1988, Bonn, S. 7. 448 Die uneinheitliche Einschätzung lässt sich daran festmachen, dass eine „Entschließung der SPDMedienkommission zum Frühstücksfernsehen“ nur mit einer knappen Mehrheit von 8:7 Pro-Stimmen zustande kam. 449 Entschließung der Medienkommission der SPD beim SPD-Parteivorstand zum Frühstücksfernsehen, 12.01.1988, Bonn. 450 Protokoll der Sitzung der Kommission Medienpolitik beim SPD-Parteivorstand am 04.05.1988, Bonn, S. 2-3. 451 Vgl. Ergebnisprotokoll der Ministerpräsidentenbesprechung am 12.03.1987 in Bonn und GVBl. für das Land Hessen 1988, Teil I, Nr. 29 v. 30.12.1988, S. 406 f. 452 Rau, Johannes; Rede abgedr. in: SPD-Landtagsfraktion in NRW (Hrsg.): Medien in Nordrhein-Westfalen – Impulse für Wirtschaft, Kultur und Demokratie, Düsseldorf 1988.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
Bertelsmann-Vorstandsvorsitzende Wössner die nordrhein-westfälische SPD vor ausufernder Bürokratie und vor einer „Hintertür für eine staatliche Betreuungspolitik“. Die zentrale Beobachtung, dass der SPD stets die Gründung einer für die Medienbeschäftigten weitgehend zentralistischen „Industriegewerkschaft Medien - Druck und Papier, Publizistik und Kunst“ (abgekürzt „IG Medien“)453 wichtig gewesen ist, lässt sich durch die traditionelle Verflechtung mit einem vorwiegend übereinstimmenden Gedankengut links-politisch gerichteter Kräfte erklären: „Obwohl sie sich als Gewerkschaft aller im Bereich Medien und Kultur Schaffenden verstehe, werde sie sicherlich eher eine linke Gewerkschaft sein.“454 Es bestand jedoch Grund für die Linken, anzunehmen, dass Einzelgewerkschaften wie „IG Medien“ zukünftig keine starke, einheitliche Position gegenüber den „Verflechtungserscheinungen auf Unternehmensseite“ einnehmen könnten: „Der Konzentration der Konzerne müsse eine Bündelung der gewerkschaftlichen Kräfte entgegengesetzt werden.“455 Als Achillesferse der SPD-Medienpolitik kann der ö.-r. Rundfunk bezeichnet werden, wobei hier die personellen Strukturen traditionell eine Domäne der SPD gewesen sind, hauptsächlich bedingt dadurch, dass die ihr nahestehenden Medien-Gewerkschaften wie „RFFU“ (später „IG Medien“) die internen Personalentscheidungen – unabhängig von den Rundfunkgremien und „politischen Freundeskreisen“ – mitbestimmten. Umso schwerer wog die Bilanz Ende der 80er Jahre, dass die Unionsparteien rückblickend überaus erfolgreich Personalpolitik betrieben und zahlreiche Schlüsselpositionen in den Rundfunkanstalten mit Medienfachleuten ihrer Wahl besetzt hatten: „Dass beim Beutemachen die SPD in der Gesamtbilanz heute so viel schlechter dasteht als die Union (schlechter auch als in der Verteilung der politischen Macht in Bund und Ländern) hat verschiedene Gründe. Wie bei ihrer vormaligen Presse hat die SPD auch im Rundfunk nie die Bedeutung des Managements für das Gedeihen ‚ihrer’ Medienpolitik begriffen (...) Während diese [Union] stets trachtete, an die Spitze der Anstalten Kompetenz und Effektivität in ihrem Sinne zu placieren (...) hat die SPD zum Maßstab ihrer Pfründenvergabe die als Solidarität missverstandene Kumpanei gemacht (...) Mit viel Cleverness hat die Union den kommerziellen Rundfunkveranstaltern das Feld bereitet, sich aber für alle Fälle der Führungsetagen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bemächtigt, von wo aus gut CDU-Medienpolitik zu machen ist.“456 Geteilt wurde diese rundfunkpolitische Einschätzung von der Tageszeitung „Die Welt“: „Die Wahl von Edmund Gruber zum Intendanten des Deutschlandfunks ist der vorläufige Schlusspunkt einer personal-politischen Wende in der ARD (...) Einen SPDIntendanten gibt es dann nur noch beim Zwergsender Radio Bremen.“457 Europäische Medienpolitik Für sachverständige Beobachter458 bestand wenig Zweifel daran, dass der grenzüberschreitende Rundfunk in Europa dringend geregelt werden musste. Befürchtet wurde von der SPD, die bei diesem Anliegen Unterstützung bei den Unionsparteien fand, dass die 453 Die „IG Medien“ wurde auf dem gleichnamigen Kongress (08.-15.04.1989) in Hamburg gegründet und forderte am 20. April d.J. in den „Medienpolitischen Leitsätzen“ u.a., dass der private Rundfunk zur Meinungsvielfalt verpflichtet und ö.-r. kontrolliert werden müsse. 454 Protokoll der Sitzung der Kommission Medienpolitik beim SPD-Parteivorstand am 04.05.1988, Bonn, S. 6-9. 455 Protokoll der Sitzung der Kommission Medienpolitik beim SPD-Parteivorstand am 04.05.1988, Bonn, S. 6-9. 456 Wördehoff, Bernhard 1988, S. 49. 457 Facius, Gernot 1988, S. 4. 458 Z.B. Dieter Bopp, Peter Glotz, Reinhard Grätz, Dieter Schinzel (alle SPD).
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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Europäische Gemeinschaft mit der geplanten Rundfunkverordnung zu viel Kompetenz an sich ziehen könne: „Diese Richtlinie bedeute den Einstieg in eine Verzichtserklärung der Länder in dem wichtigen Bereich der Kultur- und Rundfunkpolitik (...) [dem] Weg über eine Konvention des Europarates sei der Vorzug zu geben, weil dann der Spielraum der Bundesländer größer bleibe.“459 An die Adresse der unionsgeführten Bundesregierung richtete sich der sozialdemokratische Hinweis, dass zwar der freie Informationsfluss über die nationalen Grenzen hinweg in Europa grundsätzlich zu fördern sei, jedoch der Regelungsbereich der Rundfunkveranstaltung in die Zuständigkeit der Länder falle. Darüber hinaus seien gemeinschaftliche europäische Maßnahmen zur Verhinderung von Meinungsmonopolen und Medienmachtkonzentrationen zu treffen.460
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Medienpolitische Organisation und Arbeitsweise Ende Februar konstituierte sich die SPD-Medienkommission unter ihrem neuen Vorsitzenden Björn Engholm. Im verbleibenden Untersuchungszeitraum bis einschließlich Dezember 1989 befasste sich das Parteigremium hauptsächlich mit rundfunkpolitischen Themen (s. auch folgende Unterkapitel):
Personalpolitik in den ö.-r. Rundfunkanstalten. Eingriffe in die Programmgestaltung der privaten Fernsehveranstalter. Kritik an den Informationssendungen des Fernsehens. Europäische Medienordnung.
Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Am 20. Dezember 1989 beschloss die SPD ein oppositäres „Grundsatzprogramm“, das u.a. ein Kapitel „Medien in der Verantwortung“ enthält. Die Partei plädiert darin für eine „Unabhängigkeit der Medien vom Staat, aber auch von mächtigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gruppen“ sowie für den Bestand und die Entwicklung des ö.-r. Rundfunks („müssen gewährleistet bleiben“), der „vor allem gegen parteipolitische Einflussnahme gesichert und wirtschaftlich unabhängig sein“ müsse.461 Mediengesetzgebung Das SPD-regierte Bremen verkündete am 14. Februar 1989 das „Bremische Landesmediengesetz“ (das Gesetz trat am 16. Februar in Kraft); die Vergabe von Lizenzen erfolgte wie in den anderen Ländern über eine Landesmedienanstalt. In Berlin bildete sich eine neue Regierungskoalition aus SPD und Alternativer Liste (AL); diese verabschiedete am 6. März 1989 ein „Konsenspapier Medien“462. Hierunter wurde die Konkursunfähigkeit des Senders Freies Berlin (SFB) festgeschrieben, die Zusammensetzung des SFB-Rundfunkrates zur Überprüfung vorgesehen, das Kabelpilotpro459 Protokoll der Sitzung der Kommission Medienpolitik beim SPD-Parteivorstand am 12.01.1988, Bonn, S. 3-7. 460 Vgl. Entschließung der Medienkommission beim SPD-Parteivorstand zur Europäischen Fernsehordnung, 12.01.1988, Bonn. 461 Vgl. Grundsatzprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Beschlossen vom ProgrammParteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands am 20.12.1989 in Berlin, S. 33. 462 In: epd/Kirche und Rundfunk 1989/22-23, Stuttgart, S. 27.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
jekt als beendet erklärt sowie die Einführung von Redaktionsstatuten für Presse und Rundfunk garantiert. In Abgrenzung dazu kam es von Seiten der Oppositionsparteien und Verlegern zu heftigen Protesten gegen das „Konsenspapier Medien“, zumal der Berliner Senat trotz der vereinbarten Beendigung des Kabelpilotprojektes keinen zwingend erforderlichen Mediengesetzentwurf vorgelegt hatte. Auf nationaler Ebene beschäftigte das Thema „Wahlwerbung“ zunehmend die Parteien und Sendeanstalten.463 So verlangten insbesondere die ARD-Intendanten, dass eine gesetzliche Neuregelung der Wahlwerbung von Parteien erfolgen müsse (27./28. Juni 1989).464 SAT.1 wollte wiederum den Parteien keine kostenlose Werbezeit mehr zur Verfügung stellen, trotz gesetzlicher Festlegung im Rundfunkstaatsvertrag.465 Im Gegensatz dazu bestand zwischen den Volksparteien Einvernehmen darüber, dass Wahlwerbung von politischen Parteien oder Vereinigungen innerhalb privater Rundfunkprogramme zukünftig nur „zu den besonderen Sendezeiten vor Wahlen“ genehmigt werden sollte. Bezahlte Parteienwerbung sollte ausdrücklich per Gesetz bei der nächsten Novellierung des Rundfunkstaatsvertrages verboten werden, damit nicht die Parteien mit den höchsten Wahlkampfetats das Proporzprinzip verletzen konnten.466 Als Übergangslösung sei der gültige Rundfunkstaatsvertrag dahingehend auszulegen, dass einzig Wirtschaftswerbung zulässig ist. Finanzierung der Rundfunkanstalten Wenn man die einschlägigen Befunde betrachtet, hatte sich die Anfang der 80er Jahre artikulierte Sorge der SPD, dass die ö.-r. Anstalten in einer dualen Rundfunkordnung gerade in finanzieller Hinsicht ein Nischendasein fristen müssten, nicht bewahrheitet. 1989 standen den Öffentlich-Rechtlichen an Werbeeinnahmen im Fernsehen über 1,6 Mrd. DM zur Verfügung (Netto-Umsätze vor Skonti).467 Allerdings konnten die privaten Fernsehsender zulegen, „was sich für die Umsatzentwicklung des Werbeträgers Fernsehen insgesamt in einem Anstieg um 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr niederschlägt.“468 Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Wesentlich für eine Parteiencharakterisierung sind auch jene medienpolitischen Absichtserklärungen, die zu keiner verbindlichen Praxis wurden. Obwohl beide Volksparteien in ihren medienpolitischen Programmen (SPD 1984 bzw. CDU/CSU 1985) Reformen hinsichtlich der in den Aufsichtsgremien vertretenen Gruppen gelobten (insbesondere Reduzierung des Parteieneinflusses), kam es bis Ende der 80er Jahre zu keinen einschneidenden Reformen. Die Parteien waren sich dessen bewusst, dass sie an Einfluss verlieren würden, wenn sie die Macht innerhalb der Kontrollgremien abgaben. Für den politischen Tagesgebrauch galten die Worte der SPD-Bundesgeschäftsführerin Fuchs: „Parteien sind Element und Manifestation unserer pluralistischen Gesellschaft wie andere wichtige Gruppierungen auch. Sie generell von der Kontrolle unseres Rundfunks auszuschließen, wäre, meine ich, inkonsequent und unredlich.“469 Es schien in der Natur politisch Mächtiger zu liegen, 463 Die CDU hatte bei SAT.1 und PRO 7 zusätzliche Werbezeiten gekauft. 464 Abgedr. in: epd/Kirche und Rundfunk 1989/51, Stuttgart, S. 11. 465 Die Sender müssen den zur Bundestagswahl zugelassenen Parteien kostenlos Wahlwerbezeit zur Verfügung stellen. 466 Vgl. Engholm, Björn v. 06.11.1989. In: dpa informationen 1989/45, 4, Hamburg. 467 Quelle (1990): ARD-Werbung, ZDF-Werbefernsehen. In: Media Perspektiven 4/90, S. 205. 468 Steinbach, Joachim (1990): Werbewachstum ungleich verteilt. In: Media Perspektiven 4/90, S. 204. 469 Fuchs, Anke 1992, S. 217.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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dass sie ihre Macht ausspielten, um Journalisten bei ihrer Berichterstattung zu beeinflussen: „In der Tat, es gibt Politiker, die nehmen Einfluss auf Personalentscheidungen im ÖffentlichRechtlichen (...) ich war sieben Jahre Bundesgeschäftsführer der SPD, und ich bekenne mich dazu, dass ich hin und wieder einen von diesen Kameraden angerufen habe.“470 Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb Vorzeichen einer erneuten Politisierung der Wettbewerbsthematik „Entwicklungsgarantie von ARD und ZDF“ waren erkennbar geworden. Im Gegensatz zu CDU/CSU und F.D.P. bestärkte die SPD den Expansionswillen der ö.-r. Anstalten und ermutigte diese, ihre finanziellen und programmlichen Ressourcen aufs Äußerste zu nutzen; simultan mobilisierte die SPD ihre finanziellen Reserven, um sich an kommerziellen Rundfunkunternehmen zu beteiligen. Dabei verwies Schatzmeister Klose auf bisherige Investitionen in Höhe von rund 9 Millionen DM und „dass man finanzkräftige und professionelle Partner brauche (...) es Überlegungen gebe, die Film-Fernsehproduktions-GmbH, die von Jörg Richter geleitet werde, personell und finanziell aufzustocken.“471 Eine Bestandsaufnahme Ende der 80er Jahre bestätigt, dass gerade in NRW außergewöhnlich intensive medien-politische Aktivitäten von Seiten der SPD ausgingen (überwiegend über die Person Rau), die den Wettbewerb der Systeme zu steuern versuchten. Hierzu zwei Beispiele (vgl. auch den gesamten Untersuchungszeitraum): Nach Ansicht von Weirich, dem medienpolitischen Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, hat die SPD in verfassungsrechtlich fragwürdiger Weise in die Programmhoheit privater Fernsehveranstalter eingegriffen. So seien die Sender SAT.1 und RTL plus in NRW gezwungen worden, das Nachrichtenmagazin „Spiegel TV“ und ein Kulturmagazin von Alexander Kluge auszustrahlen, um terrestrische Frequenzen zu erhalten.472/473 In ähnlicher Weise hatte die SPD immer wieder den großen Werbemarkt Nordrhein-Westfalen als Druckmittel in die Verhandlungen mit den Unionsparteien eingebracht: „Die SPD setzte also Marktmacht ein, um medienpolitische Minimalpositionen inhaltlich durchzusetzen.“474 Überlegungen zur möglichen Konzentration von Meinungsmacht (Verflechtung Presse und Rundfunk) stellte die SPD in erheblich stärkerem Maße als die Unionsparteien an. Vielfach forderten die Sozialdemokraten, vor allem das Springer-Kirch-Konsortium bei SAT.1 auf, sein Rundfunkengagement nicht auszureizen, denn politisch dürfe sich die Konzentration von Meinungsmacht in einer Hand nicht auszahlen. Im Endeffekt erwies sich die Befürchtung der SPD als unbegründet, denn SAT.1 – wie auch später ProSieben – bestritten ihre Programme überwiegend aus Spielfilmen und Serien, die aus den Beständen ihres Gesellschafters Leo Kirch475 stammten: „SAT.1 hatte lange keine Programmredaktion, sondern war Sammelstelle für Kirchs Kassetten.“476 Hinzu kam im Untersuchungszeitraum ein Informationsangebot, das Zeitungsverlage zusammenstellten und das von der Branche als „betulich“ bis „unterhaltungslastig“ eingestuft wurde. 470 471 472 473
Glotz, Peter 1991, S. 31 und 37. Protokoll der Sitzung der Kommission Medienpolitik beim SPD-Parteivorstand am 05.06.1989, Bonn, S. 6-8. Leersch, Hans-Jürgen 1988, S. 3. Die Publikationen „Stern“ und „Süddeutsche Zeitung“ standen als Fernsehlizenznehmer ebenfalls auf dem Wunschzettel der Sozialdemokraten. 474 Büssow, Jürgen 2004, S. 9. 475 Kirch hielt Beteiligungen an SAT.1, DF1 (Vorläufer von „Premiere“) und über seinen Sohn Thomas Kirch an Pro Sieben. 476 Doetz, Jürgen 2004, S. 61.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
Allgemein zeigt sich, dass beide Volksparteien innerhalb der 80er Jahre äußerst aktiv Programmschelten verteilten. Kritik an den Informationssendungen des ö.-r. Fernsehens und ihren Moderatoren übten sie immer wieder in unregelmäßigen zeitlichen Abständen aus (vgl. z.B. SPD-Berichtsjahre 1983 und 1987). Wenn man davon ausgeht, dass Rügen hinsichtlich „einseitiger Informationsvermittlung“ in der Vergangenheit stets einen konkreten journalistischen Empfänger oder einen Sender betrafen, so ist der Vorstoß von DäublerGmelin aus dem Jahr 1989 als neuartig zu bewerten. Pauschalisierend kritisierte die stellvertretende SPD-Vorsitzende gleichzeitig die Informationssendungen des ö.-r. und privaten Fernsehens scharf, weil die Öffentlichkeit schlecht, nicht umfassend und nicht sachgerecht informiert werde.477 Im direkten Widerspruch hierzu muss die Haltung der „AG Rundfunk“ der SPD-Medienkommission eingestuft werden, die durchaus positiv die konkurrierende Berichterstattung zwischen den elektronischen Medien würdigte: „Die Konkurrenz zwischen öffentlich-rechtlichem und privatwirtschaftlichem Rundfunk habe sich in der Regel nivellierend, manchmal auch belebend (z.B. bei der Nachrichtengebung) ausgewirkt.“478 Teile der sozialdemokratischen Medienpolitik gingen davon aus, dass in den 90er Jahren „im kommerziellen Fernsehen auch das politische Geschehen als ein Panoptikum unterhaltsamer Einzelereignisse präsentiert wird. Fernsehvermittelnde Politik wird in NewsShows zum konsumgerecht aufbereitenden Entertainment.“479 Die Argumentation wurde schlüssig, folgte man der Einstellung des früheren SAT.1-Chefmoderators und ehemaligen Regierungssprechers (unter SPD-BK Schmidt) Armin Halle, dass „für Nachrichtensendungen ein einfaches Prinzip gelte, Informationen müssen Spaß machen.“480 Unter diesen Vorzeichen beschloss die SPD, dass die Partei „ihr Augenmerk nicht nur auf den Bereich der Berichterstattung und der politischen Sendungen in Hörfunk und Fernsehen richten müsse, sondern auch und gerade auf den Bereich der Unterhaltung.“481 So sei es sinnvoll, ein Treffen von Künstlern aus dem Unterhaltungsbereich (namentlich erwähnt wurden Peter Maffay, Klaus Lage und Udo Lindenberg) mit Mitgliedern der SPD-Medienkommission zu arrangieren.482 Das Gespräch mit den Künstlern fand schließlich am 6. September 1989 in der Landesvertretung Schleswig-Holstein in Bonn statt und wurde von Engholm geleitet. Europäische Medienpolitik Die Diskussion um eine Europäische Medienordnung nahm 1989 ihren Fortgang und wurde innerhalb der SPD (wie auch bei den Unionsparteien) immer noch kontrovers geführt. Engholm forderte am 22. April die Länder auf, grenzüberschreitend zu handeln und dabei zu akzeptieren, dass Lösungen für die europaweit ausstrahlenden Sendetechniken gefunden werden müsste. In der Entschließung der Medienkommission vom 12. Januar 1988 war seinerzeit empfohlen worden, einen Verbund zwischen einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft und einer Konvention des Europarates zu erreichen, wobei letztere einen mehr unverbindlichen Charakter haben sollte. Angesichts intensiver Beratungen mit den EU-Mitgliedsländern sei die Richtlinie zwischenzeitlich „verwässert“ worden, wie etwa bei
477 478 479 480 481 482
Däubler-Gmelin, Herta 1989, S. 10. Protokoll der Sitzung der Kommission Medienpolitik beim SPD-Parteivorstand am 06.09.1989, Bonn, S. 9. Clement, Wolfgang 1989, S. 3 f. Halle, Armin 1989, S. 20. Protokoll der Sitzung der Kommission Medienpolitik beim SPD-Parteivorstand am 20.03.1989, Bonn, S. 6. Protokoll der Sitzung der Kommission Medienpolitik beim SPD-Parteivorstand am 05.06.1989, Bonn, S. 11.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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der Quotenregelung für ausländische Fernsehproduktionen.483 Ordnungspolitisch müsse – so die Meinung der Länder – zunächst der Bundesrat einer europäischen Richtlinie zustimmen, bevor die Bundesregierung diese abschließend beraten könne. Problematisch eingestuft wurde von den Medienkommissionsmitgliedern, dass Bayern, Nordrhein-Westfalen und das Saarland eine Klage beim BVerfG in Karlsruhe eingereicht hatten, damit die rundfunkrechtliche Zuständigkeit der Länder gegenüber dem Bund Bestätigung fand. Erlassen wurde die EG-Rundfunkrichtlinie vom Ministerrat der Europäischen Gemeinschaften gegen die Stimmen Deutschlands, Belgiens und Dänemarks schließlich am 3. Oktober 1989; ihre Umsetzung musste bei den Mitgliedstaaten bis Oktober 1991 durchgeführt sein. Es bleibt darauf hinzuweisen, dass die Bundesregierung bei der Ministerratssitzung ohne Votum der Länder gehandelt hat. Das BVerfG hatte zu diesem Zeitpunkt noch nicht entschieden, inwieweit das isolierte Vorgehen der Bundesregierung mit dem Grundgesetz vereinbar war und ob mit der EG-Richtlinie Interessen der Länder missachtet werden.484 Partei-interne Kritik Mit der veränderten Qualität des Rundfunkverfassungsrechts trat Engholm am 19. Juni 1989 für einen moderaten Umgang zwischen ö.-r. und privatem Rundfunk ein. Dabei appellierte er an die eigene Partei, die Realitäten anzuerkennen und Ressentiments gegenüber dem Privatfunk auszuräumen.485
3.2.2 Medienpolitische Positionen der CDU/CSU Oktober – Dezemberg 1982
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Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Deutschland unternahm Anstrengungen, sich von einer Industrie- in eine Kommunikationsgesellschaft umzuwandeln, und BK Kohl markierte am 13. Oktober 1982 in einer Regierungserklärung die medienpolitischen Ziele der neuen Bundesregierung (CDU/CSU/F.D.P.Koalition), die zuvor mit dem Koordinierungsausschuss für Medienpolitik der CDU/CSU abgestimmt waren: Entwicklung neuer Technologien, Ausbau der Kabelnetze, Einführung der dualen Rundfunkordnung einschließlich neuer Dienste und Satellitentechnik.486 Für die mittlere Zukunft lag somit eine medienpolitische Corporate Identity für die CDU/CSUParteizentralen vor, die bis Ende der 80er Jahre strikt eingehalten wurde.
483 Vgl. Protokoll der Sitzung der Kommission Medienpolitik beim SPD-Parteivorstand am 05.06.1989, Bonn, S. 9-10. 484 Das BVerfG stellte in seinem Urteil v. 22.03.1995 fest, dass die EG nicht für jenen Teil der Richtlinie eine gesetzgebende Kompetenz besitzt, die die Quotenregelung europäischer Produktionen am Gesamtanteil von Sendungen festschreibt. Dabei habe die Bundesregierung die Interessen der Länder nicht ausreichend vertreten. Trotzdem bleibt die EG-Richtlinie in der Bundesrepublik Deutschland rechtskräftig. 485 Vgl. epd/Kirche und Rundfunk 1989/49, Stuttgart, S. 16. 486 Vgl. Kohl, Helmut 1982, S. 857 und S. 864.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
Bundeskabinett Helmut Kohl 1982. Foto: BPA
Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken Nach dem Wechsel der Bundesregierung brachte das Unternehmenskonzept der Deutschen Bundespost den Ausbau der Breitbandnetze zur Verteilung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen erheblich voran. Dafür stand die preiswerte und ausgereifte Kupferkoaxialtechnik zur Verfügung, wie sie auch in anderen Ländern für den Serieneinsatz Verwendung fand; mit Glasfaser konnte allein schon aus Kostengründen keine Programmvielfalt entstehen. „Kupfer vorrangig und in Verbindung mit Glas“ lautete deshalb die Strategie; ein erstes Planungsziel der Post war, nach sechs Jahren eine Anschlussdichte von 60 Prozent der Haushalte zu erreichen. Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb Die Fernsehberichterstattung des Programmbereichs Innenpolitik war seit den 70er Jahren wiederholt Gegenstand der Unionskritik, wobei häufig der Vorwurf erhoben wurde, dass die öffentlich-rechtlichen Informationsmagazine wie „Kennzeichen D“, „Monitor“ oder „Report“ nur vorfabrizierte Politwerbung böten. Widerspruch gegen sog. „Fehlentwicklungen im Rundfunk“ erfuhren die Unionsparteien von mehreren Intendanten der ARD, dabei auch von solchen, die ihnen nahe standen: Vöth (Bayerischen Rundfunk) wehrte sich „gegen eine politische Disziplinierung der Rundfunkanstalten“ und Bausch (Süddeutscher Rundfunk) gegen „globale, öffentlich vorgetragene Verdächtigungen“.487 Berufen konnten sich dabei die Intendanten auf ihren Programmauftrag, dass nicht einzelne Beiträge ausgewogen sein müssen, sondern ein Gesamtprogramm. Schließlich artete der politische Streit um „einseitige Meinungsmache“ gewisser Fernsehangebote so weit aus, dass er als festgefahren bezeichnet werden konnte.
487 Vgl. Vöth, Reinhold und Bausch, Hans 1982: ARD-Vorsitzender kritisiert die CDU/CSU. In: Frankfurter Rundschau, 04.10.1982, S. 21.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
1983
133 .
Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Die Unionsparteien hatten im Oktober 1982 Medienmacht auf Bundesebene zurückgewonnen und durch den Regierungswechsel den CDU/CSU-geführten Bundesländern den Rücken gestärkt. Von diesem Zeitpunkt an forcierten die Unionsparteien ihre medienpolitischen Anstrengungen, einen dualen Rundfunkmarkt in Deutschland zu etablieren. In enger Kooperation zwischen der Bundesregierung, den B-Ländern und den CDU/CSU-Parteizentralen wurde die Programmatik der Neuen Medien fortgeschrieben und entsprechende Gesetze und Verordnungen auf den Weg gebracht. Zu diesem Zeitpunkt setzten die Unionsparteien im Unterschied zur SPD deutlich andere thematische Schwerpunkte, die offensiv vertreten wurden und dem politischen Willen zur Gestaltung einer progressiven Rundfunklandschaft untergeordnet waren. Aus dem Kreis der CDU/CSU-Medienkommissionsmitglieder wurde eine Programmplanung für 1984 verabschiedet, die Gegenstand weiterer Beratungen in vier Arbeitskreisen sein sollte:
Medienkongress Medienhandbuch Wirtschaftlich-technische Fragen der Neuen Medien Journalistennachwuchs.488
Die ersten Anzeichen dafür, dass die Medienpolitik einen hohen nationalen Stellenwert genoss, traten gleich im Anschluss an den Bonner Machtwechsel mehrfach in Erscheinung. So wies z.B. die Bundesregierung in einer Regierungserklärung v. 4. Mai 1983 ausdrücklich auf die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien hin (zum zweiten Mal innerhalb von acht Monaten waren die Neuen Medien Gegenstand einer Regierungserklärung).489 Mediengesetzgebung Die Periode zwischen 1983 und 1987 war gekennzeichnet von der öffentlichen und parlamentarischen Erörterung und Verabschiedung von Landesmediengesetzen, die häufig genug den Klageweg durchlaufen mussten, mit unterschiedlichen Anforderungen und Verfahrensregeln. Seit der Wende in der Medienpolitik durch die unionsgeführte Bundesregierung hatten die B-Länder Baden-Württemberg, Berlin, Niedersachsen und Schleswig-Holstein Entwürfe für Landesmediengesetze vorgelegt bzw. auf den parlamentarischen Weg gebracht, wobei die Vorgaben in Einzelfragen durchaus inhaltlich voneinander abwichen. Kritisiert wurde unionsintern hauptsächlich der Berliner Entwurf, da er den ö.-r. Anstalten einen Ausbau ihrer ohnehin starken Marktposition einräumen würde. Von Anfang an plädierte der Vorsitzende des CDU-/CSU-Koordinierungsausschusses für Medienpolitik, Remmers, dafür, dass die B-Länder konsequent gegenüber den A-Ländern die für eine duale Rundfunkordnung notwendigen Gesetzesinitiativen vorantreiben sollten. Er riet u.a. davon
488 Vgl. Ergebnisprotokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU am 21.12.1983, 26.01.1984, Bonn. 489 Regierungserklärung v. 04.05.1983. In: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung: Neue Techniken – Neue Medien. Dokumente zur Medienpolitik, Bonn, 1985, S. 10 f..
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
ab, den ö.-r. Rundfunkanstalten die Ausdehnung der Werbezeiten zuzugestehen, weil dadurch die Chancengleichheit für private Veranstalter gefährdet werde.490 Innerhalb der von den Unionsparteien entwickelten Gesetze für die Veranstaltung von privaten Rundfunkprogrammen wurde die Freiheit des Rundfunks und das Prinzip der Ausgewogenheit der Programme (Breite an Themen und an Meinungsvielfalt) besonders hervorgehoben; auch sollte der publizistische Wettbewerb weitgehend gefördert werden.491 Bei der Vorstellung des „Entwurfs der Medienkommission der Hessischen CDU für ein Landesmediengesetz“ wies Ricker als einer seiner Verfasser ordnungspolitisch darauf hin, dass „das Bundesverfassungsgericht es dem Landesgesetzgeber weitgehend überlassen hat, in welcher Weise er die Rundfunkfreiheit verwirklichen will.“492 Offen blieb zunächst für den Gesetzgeber, ob er innerhalb von Gestaltungsräumen eine privatwirtschaftliche oder öffentlich-rechtliche Organisationsform wählen wollte; die Grundversorgung musste allerdings öffentlich-rechtlich sichergestellt sein. Abgesehen von einer fortschreitenden Mediengesetzgebung in den Ländern war die Zukunft des ö.-r. Rundfunksystems ein protegiertes Anliegen. Gegen Einseitigkeiten bei einer Umgestaltung der Medienlandschaft meldete die Hauptversammlung der ARD am 30. November 1983 erhebliche Bedenken an. Um Position zu beziehen und eine politische Klarstellung zu erhalten, verabschiedete die Versammlung eine „Stuttgarter Erklärung der ARD zur Medienpolitik“, in der u.a. ö.-r. Rundfunk als „die unersetzbare Organisationsform des Rundfunkwesens für alle“ eingestuft wird, dem eine Bestands- und Entwicklungsgarantie ebenso gewährt werden müsse wie eine Teilhabe an allen technischen Entwicklungen sowie eine Finanzausstattung, die ihn wettbewerbsfähig und unabhängig halte.493 Finanzierung der Rundfunkanstalten Verfolgt man die programmatische Entwicklungsgeschichte der Unionsparteien, so hatten diese zu keinem Zeitpunkt ernsthaft erwogen, die Bestands- und Entwicklungsgarantie der ö.-r. Rundfunkanstalten aufzugeben, solange die Rundfunkgebühr nicht zu einem Freifahrtschein für eine unangemessene Ausdehnung des Programmbetriebs umfunktioniert wurde und Gebührenerhöhungen der allgemeinen wirtschaftlichen Situation Deutschlands angepasst waren. Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken Die Fronten um eine „richtige“ Satelliten- und Verkabelungspolitik verhärteten sich zunehmend zwischen den Parteien, insbesondere bei den Ländern, da diese prädestiniert die Vergabe von Rundfunklizenzen und die Nutzung von Übertragungstechniken für Rundfunkprogramme innerhalb von Staatsverträgen regeln mussten. Schwarz-Schilling, der medienpolitisch engagierte BM für das Post- und Fernmeldewesen, skizzierte auf dem Fachkongress „Neue Medien“ der Konrad-Adenauer-Stiftung im August 1983 die Herausforderungen auf dem Weg in eine zeitgemäße Kommunikationsgesellschaft: „Ich habe die notwendigen Schritte für eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Glasfaserherstellung und auch der Satellitentechnik eingeleitet (...) Die SPD ist immer 490 Vgl. Remmers, Werner. In: Ergebnisprotokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU v. 21.12.1983, Bonn, S. 2. 491 Vgl. Ricker/Reinhart, Weirich/Dieter 1983, § 23 (2), S. 57. 492 Ricker, Reinhart 1983, S. 37. 493 Vgl. Stuttgarter Erklärung der ARD zur Medienpolitik. In: „Media Perspektiven“ 11/1983, Frankfurt am Main, S. 801.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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noch der Ansicht, dass wir die Verkabelung in Kupfer aufgeben sollten und ganz auf die Glasfaser setzen. Das hätte zur Folge, dass sich nur wenige auf den Weg in die Kommunikationsgesellschaft begeben könnten, weil ein Glasfaseranschluss um ein Vielfaches teurer ist als der Kabelanschluss in Kupfer.“494 Erwartungsgemäß vertrat die SPD zur Verkabelungspolitik einen gegensätzlichen Standpunkt, in dem die Tauglichkeit unionsgesteuerter fernmeldepolitischer Vorhaben in Zweifel gezogen wurde. Man könne nicht zuerst Deutschland verkabeln, ohne den Bedarf zu kennen, und im Anschluss daran rechtlich klären, welche Rundfunkprogramme inhaltlich erlaubt seien.495
Bundesminister Christian Schwarz-Schilling (1982-1992; CDU). Foto KAS
Angesichts der gewaltigen Veränderungen, die die neuen Informations- und Kommunikationstechniken mit sich brachten, wurden die damit verbundenen wirtschaftlichen Auswirkungen auf Anbieter von Gütern und Dienstleistungen sowie auf die Arbeitnehmer und Konsumenten per se politisch kontrovers erörtert. Im Gegensatz zur SPD sahen die Unionsparteien insgesamt keine negativen Folgen wie Arbeitsplatzverluste durch Automatisierungsprozesse, sondern hielten die modernen Techniken für geeignet, den Handelsplatz Deutschland mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten anzukurbeln und summa summarum mehr Erwerbsmöglichkeiten bereitzustellen.496 Unter anderem sollte die Verkabelung der Kommunen dazu dienen, den Arbeitsmarkt anzukurbeln, und so präsentierte die Bundespost im Oktober 1983 den ersten Kooperationsvertrag für Breitbandverkabelung für die Städte Braunschweig und Wolfsburg mit privaten Fachunternehmen der Wirtschaft.497 Nach Einschätzung von Schwarz-Schilling würde ein Verzicht auf Innovationen keinen Fortschritt bedeuten, sondern einen wettbewerbswirtschaftlichen Rückschritt, beispielsweise gegenüber Industrienationen wie Japan und den USA, die vorurteilsfrei zukunftsträchtige Techniken erprobten.
494 495 496 497
Schwarz-Schilling, Christian 1983a, S. 758 und 760. Vgl. Paterna, Peter 1983b, S. 3. Vgl. Schwarz-Schilling, Christian 1983a, S. 753 ff.. Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen: Pressemitteilung, 25.10.1983, Bonn.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Zwischen dem ö.-r. Fernsehen und der Politik kam es in den 80er Jahren wiederholt zu einem Rollentausch, indem verstärkt die Parteien Themen der Berichterstattung festlegten und nicht die Medien selbst. In der mangelnden Thematisierungsfunktion der Massenmedien sieht Kutteroff „nicht zuletzt das Verdienst der Medienpolitik der CDU/CSU, flankiert von den Forschungsarbeiten von Elisabeth Noelle-Neumann, dass die Medien immer mehr als Machtinstrument in der politischen Auseinandersetzung behandelt und thematisiert wurden (...) So gelang es der Medienpolitik der CDU/CSU, das Fernsehen selbst zum publizistischen Dauerbrenner zu machen, sei es über die Themen ‚Einfluss auf die Wahlentscheidung’, ‚Unausgewogenheit der Berichterstattung’ und ‚linke Journalisten’, als auch über ‚Neue Medien’ oder ‚Privatfernsehen’.“498 Unabhängig von Protesten aller Parteien „über unfaire Wahlberichterstattung“ im Bundestagswahlkampf 1983 scheint die Einschätzung in der Tendenz schlüssig, dass eine Fernsehberichterstattung vorrangig zu Lasten der Unionsparteien stattfand, denn die Mehrheit der öffentlich-rechtlichen Journalisten war kritisch gegenüber der Union eingestellt.499 Zur Ursachenforschung (vgl. auch Kap. 1.6): Da Journalisten nach eigenen Kriterien Nachrichten selektieren, darf es nicht verwundern, dass sich ihre Meinungen und Einstellungen in zahlreichen Fällen von den Meinungen und Einstellungen der Gesamtbevölkerung unterscheiden können! Journalisten setzen die Themen, das heißt, sie wählen aus einer Vielzahl von Informationen diejenigen aus, die sie für berichtenswert halten, und verbreiten diese z.B. über Massenmedien. Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb Ein besonderes Konfliktpotential hatte sich bei den Auseinandersetzungen zwischen den Unionsparteien und den ARD-Verantwortlichen stets dadurch ergeben, dass einem einzelnen „Tagesthemen“-Kommentator durch die millionenfache, massenmediale Resonanz des Fernsehens theoretisch mehr politische Macht auf Zeit verliehen wurde als einem Politiker. Was wäre, wenn bei der Kommentierung nahezu immer nur „linke“ Positionen vertreten wurden, weil die Mehrheit der ARD-Chefredakteure aus SPD-Sympathisanten bestand und sie stets einen aus ihrem Dunstkreis bestimmten, den Kommentar des Tages zu sprechen? So war es kein Zufall, dass sich CDU und CSU in den 80er Jahren immer wieder mit den Abstimmungsmehrheiten innerhalb der sog. täglichen Chefredakteursrunde (Schaltkonferenz) befassten und z.B. CSU-Generalsekretär Wiesheu bei einem politisch nahestehenden ARD-Intendanten intervenierte, um die Mehrheitsverhältnisse zu korrigieren: „Ist es zutreffend, dass der Koordinator ‚Politik’ der ARD [SPD-nah] hier über zwei Stimmen verfügt, während der Chefredakteur von ‚ARD-Aktuell’ [CSU-nah] bzw. sein Stellvertreter bei dieser Entscheidung über keinerlei Stimmrecht verfügen?“ 500 Partei-interne Kritik Trotz gemeinsamer medienpolitischer Zielsetzungen wurde ein brieflicher Appell des CDU-Generalsekretärs Geißler an die unionsnahen ARD-/ZDF-Gremienmitglieder, die Programme der Rundfunkanstalten im Wahlkampf 1983 intensiv zu beobachten und „Anti498 Kutteroff, Albrecht 1983, S. 373. 499 Vgl. Zundel, Rolf 1983, S. 6. 500 Wiesheu, Otto 1983, S. 3.: Schreiben v. 07.11.1983 an den ARD-Vorsitzenden und Intendanten des Bayerischen Rundfunks Reinhold Vöth.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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CDU-Trends“ zu kritisieren, einheitlich mit der Begründung abgelehnt, dass der Einfluss der Gremienmitglieder zumeist stark überschätzt werde. Ähnlich problematisch wurde ein direkter Vergleich parteipolitisch zugeordneter Sendezeiten von CDU und SPD im Fernsehen gesehen, der wenig erfolgversprechend sei; man solle besser die Anstalten zielgerichtet problematisieren. Dagegen wurde der Bundesregierung empfohlen, zukünftig „Ereignisse zu schaffen, an denen die Journalisten nicht vorbeikämen“.501 Der Vorschlag implizierte, dass die Bundesregierung in Anlehnung an die „Agenda Setting“-These ihr genehme Themen – möglichst aufdringlich – den Massenmedien vorgeben sollten.
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Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Bei der Diskussion teilweise gravierender Fragestellungen hinsichtlich der Perspektiven deutscher Medienpolitik waren sich die Unionspolitiker einig, dass Antworten zunächst für drei Themenkomplexe gefunden werden mussten:
Verkabelungsstrategien für die Kommunen einschließlich wirtschaftlich-technischer Fragen. Folgen wachsenden Fernsehkonsums. Landesgesetzliche Planungen der B-Länder beim Kabel- und Satellitenrundfunk unter Berücksichtigung der fernmeldetechnischen Maßnahmen der Deutschen Bundespost.502
Auf diese Weise sollte unter den Politikern in den eigenen Reihen eine anhaltende Diskussion um ein „angemessenes“ Themen- und Grundlagenmanagement vermieden und Widersprüche zwischen den Vorstellungen auf Bundes- und Länderebenen geglättet werden. Ferner wurde im Frühjahr 1984 durch die Unionsparteien festgelegt, dass eine programmatische Zukunftsbeschreibung dringend vonnöten sei und diese innerhalb des vorgesehenen „Medienhandbuches“ erfolgen solle. Spätestens beim geplanten Medienkongress im Frühjahr 1985 in Mainz wollte die Partei von den gewonnenen Erkenntnissen profitieren. Es geht wohl nicht an der Wirklichkeit vorbei, wenn man feststellt, dass machtpolitische Wechsel innovative Programmatiken erfordern. Am 5. Oktober 1984 verabschiedete der Koordinierungsausschuss für Medienpolitik der CDU/CSU ein neues Programm „Medien von Morgen. Medienpolitische Grundsätze der CDU/CSU. Programm der CDU/CSU für eine freiheitliche Informations- und Kommunikationspolitik“. Darin wurden die Leitlinien zur Veränderung der Medienlandschaft festgeschrieben: von der Öffnung der Rundfunklandschaft über die Rolle der Deutschen Bundespost im Zuge der Einführung innovativer Technologien bis hin zur Bestands- und Entwicklungsgarantie des ö.-r. Rundfunks. Bei der Erörterung des aktuellen „Medienpolitischen Aktionsprogramm der SPD 1984“ wurde von den meisten CDU/CSU-Medienpolitikern darauf hingewiesen, dass dieses Programm „keine Wende der sozialdemokratischen Medienpolitik darstelle, allenfalls
501 Vgl. Ergebnisprotokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU am 26.01.1983, 28.02.1983, Bonn, S. 3. 502 Vgl. Ergebnisprotokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU am 01.03.1984, 30.03.1984, Ludwigshafen/ Rhein, S. 2.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
würden flexiblere Methoden für alte Ziele propagiert.“503 Aus dem Kreis der B-Länder wurde die innerhalb des Programms niedergeschriebene Forderung der Sozialdemokratie, dass öffentlich-rechtliche Aufsichtsgremien eine interne und damit direkte Kontrolle über den Privatfunk ausüben sollten, ausdrücklich abgelehnt. Im Zuge des angedachten SPDModells zwischen dem öffentlich-rechtlichen WDR (als neu zu etablierender nordrheinwestfälischer Landesmedienanstalt) und Fernsehprivatveranstaltern in NRW stellte Stoiber demonstrativ die Frage, ob die Union die ARD politisch halten wolle. Replizierend sprach sich die Mehrheit der Unionsmedienpolitiker für eine Beibehaltung der ARD aus, setzte sich aber weiterhin für eine Entpolitisierung des Fernsehens ein.504 Als ernstzunehmender medienpolitischer Gegner der Union stellte sich der DGB heraus, der am 9. Mai 1984 kategorisch erklärte, dass er eine Öffnung des Rundfunks für private Veranstalter und eine „Zwangsverkabelung“ grundsätzlich ablehne und in vielen Punkten mit dem Aktionsprogramm der SPD übereinstimme.505 Mediengesetzgebung Vorzeichen einer veränderten Medienpolitik ließen erkennen, dass der Privatfunk zu einem festen Bestandteil der Rundfunklandschaft werden sollte: (1) Ab dem 1. April 1984 wurden im Freistaat Bayern (CSU-Regierung unter MP Strauß) private Rundfunkprogramme im Kabelpilotprojekt München ausgestrahlt und am 22. November 1984 das „Gesetz über die Erprobung und Entwicklung neuer Rundfunkangebote und anderer Mediendienste“ (Medienentwicklungs- und Erprobungsgesetz) verkündet. (2) Im Land Berlin wurde ein Mediengesetz „über die Durchführung des Kabelpilotprojektes Berlin“ am 17. Juli 1984 verkündet (Regierender Bürgermeister war Diepgen/ CDU). (3) Auch in Schleswig-Holstein wurde ein Mediengesetz verkündet: „Rundfunkgesetz für das Land Schleswig-Holstein“ (27. November 1984; MP war Barschel/CDU), das die Veranstaltung neuer Rundfunkprogramme regelte. Seit den 60er Jahren ersuchten die Parteien das BVerfG in Karlsruhe wiederholt um höchstrichterliche Entscheidung, weil in diversen rundfunkrechtlichen Streitfällen keine Einigung am Verhandlungstisch erzielt werden konnte. Das traf auch für die SPDNormenkontrollklage gegen die Verfassungsmäßigkeit des Niedersächsischen Landesrundfunkgesetzes (MP war Ernst Albrecht/CDU) vom 23. Mai 1984 zu, durch das die Voraussetzungen für die landesweite Veranstaltung privaten Rundfunks geschaffen werden sollten.506 Im Einklang sah sich die CDU/CSU-Medienpolitik mit der unionsgeführten Bundesregierung, was sich auch in entsprechenden Regierungspapieren – etwa in Kabinettsvorlagen des Bundesministeriums des Innern – niederschlug, „die die Vorstellungen des Bundes für eine Medienordnung der Zukunft betrifft und sich (...) nur in geringen Nuancen von den Leitgedanken des Koordinierungsausschusses unterscheidet.“507
503 Ergebnisprotokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU am 01.03.1984, 30.03.1984, Ludwigshafen/ Rhein, S. 3. 504 Ergebnisprotokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU am 19.11.1984, 28.11.1984, Hannover, S. 2. 505 Vgl. Medienpolitische Positionen des Deutschen Gewerkschaftsbundes 1984, S. 419. 506 Statt einem geregelten Nebeneinander klagten in den 80er Jahren (z.B.): CDU/CSU gegen das WDR-Gesetz, SDR und SWF gegen das Baden-Württembergische Landesmediengesetz sowie SPD/DGB gegen das Bayerische Medienerprobungsgesetz. 507 Ergebnisprotokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU am 17.09.1984, 18.09.1984, Bonn, S. 3.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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In auffälliger Weise trat die Katholische Kirche „als Anwalt für eine gerechte Medienordnung ein, die den Menschen und ihrem Zusammenleben dient“. Hierbei missbilligte die Deutsche Bischofskonferenz (24.-27. September 1984 in Fulda) die bisher vorliegenden Mediengesetzentwürfe, die den Erfordernissen der BVerfG-Rundfunkurteile nicht voll entsprächen, und den Verlauf der Kabelpilotprojekte.508 Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken Auffallend häufig wurden Mitte der 80er Jahre unionsspezifische „Argumentationshilfen“ öffentlichkeitswirksam verbreitet, z.B., dass die neuen Informations- und Kommunikationstechniken im privaten wie auch geschäftlichen Anwendungsbereich einen erheblichen Beitrag zur Individualisierung und Dezentralisierung von Business-, Freizeit- und Verwaltungsprozessen leisten. Mit dem Slogan „Mehr Entscheidungsfreiheit für die Bürger“ wurde einerseits eine klare politische Kontur gezeigt, andererseits sollten die Skeptiker in den eigenen Reihen für eine effiziente Unterstützung medienpolitischer Einstellungsfaktoren gewonnen werden. In allen Phasen des rundfunktechnischen Ausbaus der Medienlandschaft war es für die Union wichtig, Fortschritte ihrer Verkabelungspolitik aufzuzeigen. So verkündete die Bundespost im Dezember, dass jetzt eine Million Haushalte Fernseh- und Radioprogramme über Breitbandverteilnetze empfingen und jährlich 1 Milliarde DM in den Ausbau der Netze investiert wurde.509 Um das Abhängigkeitsverhältnis der beiden Investoren (Bundespost und private Fernsehveranstalter) voneinander zu verdeutlichen: Eine Amortisation der Netze ohne die Einspeisung privater Fernsehsender durfte ernsthaft bezweifelt werden. Das Argument, eine verbesserte Empfangsqualität via Kabelanschluss zu liefern, war für die Haushalte nicht wirklich ausschlaggebend dafür, ihre Wohneinheit anschließen zu lassen. Umgekehrt konnten die privaten Fernsehveranstalter ohne einen zügigen Ausbau der Kabelnetze bei der unklaren Satellitenpolitik der Länder nicht schnell genug eine ökonomische Rentabilität auf dem Medienmarkt erreichen. Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Es darf zunächst unterstellt werden, dass sich die Unterhaltungsbranche wie auch die Politik dessen bewusst sind, dass sie aktiv und unablässig um das Interesse der Öffentlichkeit, z.B. um Stimmen bzw. Aufmerksamkeit ringen. Um insbesondere bei Wahlen nicht im „Wettbewerb von Inhalten“ mit den Vertretern des Entertainments zu stehen und um Popularitätseffekte der Künstler verwerten zu können, warben die Unionsparteien ähnlich wie die Sozialdemokraten in den 80er Jahren um die Gunst der Unterhaltungsbranche, wobei CDU/CSU weniger konkrete politische Anliegen im Fokus hatten, sondern mehr zu einer grundsätzlichen Klimaverbesserung beitragen wollten. So lud die CDU am 27. August 1984 am Rand der Hifi-Messe in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt zum „Treffpunkt Düsseldorf“, um Kontakte zu Künstlern und Unterhaltungsfachleuten, aber auch zu Journalisten zu pflegen. Die Veranstaltung selbst wurde mit einer Podiumsdiskussion zum Thema „Selbstkontrolle des Videomarktes“ eingeleitet. Das höchstpolitische Projekt der Unionsparteien, die „ARD-Gremien-Koordination“ regelmäßig und effektiv abzustimmen, realisierte sich nach dem Bonner Regierungswechsel erstmals am 12. März 1984 in München. Thematisiert wurde bei dieser Sitzung 508 Vgl. Deutsche Bischofskonferenz 1984, S. D1 - D2. 509 Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen: Pressemitteilung, 07.12.1984, Bonn.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
u.a., dass die Gremienvorsitzenden der Rundfunkanstalten häufig separate Beschlüsse fassten, ohne sich zuvor mit anderen Gremienmitgliedern abzustimmen. Zum anderen wurde nachdrücklich die durchweg negative Grundhaltung der ARD-Anstalten gegenüber den Neuen Medien bemängelt. Parallel zu dem Gremien-Zirkel ergriff der unionsnahe Arbeitskreis „Journalistische Nachwuchsförderung“ unter dessen Vorsitzenden Bergsdorf eine Initiative, „um langfristig das Sympathie-Ungleichgewicht der Journalisten zu Lasten der Union zu beseitigen.“510 Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb Kepplinger stützt die Einschätzung der Unionsparteien „über unfaire Wahlberichterstattung“ im Wahlkampf 1983 mit einer von ihm im Jahr 1984 durchgeführten Untersuchung über die Berichterstattung im elektronischen Medienbereich.511 Bei einem Vergleich der Meldungen auf Seite 1 der führenden Tageszeitungen „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ), „Süddeutsche Zeitung“ (SZ), „Frankfurter Rundschau“ (FR) und „Die Welt“ mit Hörfunk-Nachrichtensendungen der ö.-r. Rundfunkanstalten ermittelt er, dass die Nachrichten der Anstalten sich fast ausnahmslos mit den Meldungen der links-trendigen Tageszeitungen „Frankfurter Rundschau“ und „Süddeutsche Zeitung“ decken. Bei Kepplingers Analyse darf nicht unerwähnt bleiben, dass keine Vergleichsdaten für den Fernsehsektor vorliegen, jedoch Journalisten nach eigener Einschätzung die erwähnten Presseorgane unter den überregionalen Tageszeitungen als orientierungsgebende „Leitmedien“ ansehen (Kepplinger 1985, S. 19) und in ein „Links-Rechts-Schema“ einordnen: „FR“ und „SZ“ decken thematisch eine politisch grüne und sozialdemokratische Klientel ab, während „FAZ“ und „Die Welt“ bürgerlich-konservativer ausgerichtet sind. Europäische Medienpolitik Den Vorschlag der SPD, beim europäischen Gemeinschaftsrecht für das Fernsehen feste Mindestquoten zugunsten europäischer Produktionen festzuschreiben, lehnten die Unionsparteien ab. Diese Entscheidung kann durchaus zweischneidig betrachtet werden: Für die Fernsehsender war die Ablehnung von Vorteil, weil ihnen keine Quoten aufgezwungen wurden, die sie beim Ankauf von fremdsprachigen Produktionen (z.B. aus den USA) auf einen beschränkten Handlungsspielraum verweisen würden. Dagegen hätte eine Quotenregelung für die unabhängigen, z.B. in Deutschland angesiedelten Filmproduktionsstätten aller Voraussicht nach zu einer Steigerung des Auftragsvolumens geführt. Es spricht vieles für die Vermutung, dass bei einer Quotenregelung der deutsche Film gestärkt worden wäre. Im Zuge dessen wären eine beachtliche Anzahl heimischer Produktionen geschützt und Arbeitsplätze im deutschen TV-Gewerbe ausgebaut worden. Gleichwohl lassen sich weder Programmqualität noch Programmvielfalt infolge einer gesetzlichen Regelung forcieren.
510 Ergebnisprotokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU am 17.09.1984, 18.09.1984, Bonn, S. 3. 511 Vgl. Kepplinger, Hans Mathias 1985.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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Medienpolitische Organisation und Arbeitsweise In der parallel zum Koordinierungsausschuss für Medienpolitik der CDU/CSU geführten CSU-Medienkommission hatten sich nicht nur politische Schwergewichte zusammengefunden wie z.B. der damalige Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, StS. Edmund Stoiber, CSU-Fraktionschef Gerold Tandler und BM Friedrich Zimmermann, sondern auch einflussreiche Persönlichkeiten wie Kirchenrat Rieger, Ulrich Hommes, Vorsitzender des ARDProgrammbeirates, Reinhold Kreile, Vorsitzender des Verwaltungsrates des Deutschlandfunks, Reinhold Vöth, Intendant des Bayerischen Rundfunks neben Beamten aus Bundesund Landesämtern (z.B. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Bayerische Staatskanzlei, Bayerische Vertretung beim Bund).512 Es dürfte kein Zweifel daran bestehen, dass sich über ein solches Netzwerk partei-politische Anliegen auf Entscheidungsebenen transportieren ließen (vergleichbar mit den Netzwerken der anderen im Bundestag vertretenen Parteien). Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Das Berichtsjahr 1985 stand ganz im Zeichen des CDU/CSU-Medienkongresses, der am 27. und 28. Februar in Mainz abgehalten wurde. Prominente Redner – von BK Kohl über die MP Strauß und Vogel bis hin zu Bundesministern und Sachverständigen aus Industrie, Wirtschaft und Wissenschaft – würdigten den kommunikationspolitischen Aufbruch. Im Zentrum des Kongresses stand die Diskussion um die Leitlinien der Medienprogrammatik der CDU/CSU (verabschiedet vom Koordinierungsausschuss für Medienpolitik am 5. Oktober 1984), die einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg des Privatfunks leisten sollten. Einhergehend mit den assoziierten wirtschaftlichen Chancen sollte eine geistige Orientierung erfolgen, die den Gedanken der Freiheit einschloss mit den Möglichkeiten eines mündigen Bürgers, die Rundfunkprogramme autonom auswählen zu können. Kohl beschrieb den nationalen Weg vom Industrie- ins Informationszeitalter und betonte dabei, dass „keine andere Partei in der Bundesrepublik Deutschland in der Lage [ist], ein so umfassendes, in sich geschlossenes Medienkonzept vorzustellen.“513 Damit sprach er die Widerstände der anderen Parteien gegen das Unionsprogramm an, die seit den 70er Jahren aufkeimten, und das aus seiner Sicht Unvermögen der früheren Bundesregierung, zu erkennen, dass die Entwicklung innovativer Informations- und Kommunikationstechniken nicht aufzuhalten sei. Trotz aller Euphorie für die Neuen Medien gab Kohl zu bedenken, dass Arbeitsplätze verloren gehen würden, auch wenn andererseits zukunftssichere geschaffen würden (z.B. in Bereichen wie Mikroelektronik, Datenverarbeitung, Bürokommunikation und Unterhaltungselektronik). Bei aller Aufbruchstimmung konnte man dennoch davon ausgehen, dass sich die Unionspolitik nicht gegen die ö.-r. Rundfunkanstalten richtete: „Uns geht es überhaupt nicht darum, ihre Existenz in Frage zu stellen oder ihre Arbeit zu erschweren. Aber wir sind entschlossen, privaten Veranstaltern die Chance zum fairen Wettbewerb zu geben.“514 Wie bereits betont, wurden auf dem Kongress Orientierungshilfen gegeben, die einer unterschiedlichen Betrachtung bedürfen: 512 Vgl. Vermerk Ref. Medien/CSU-Landesleitung an Stv. Generalsekretär Erwin Huber v. 16.06.1988, München. 513 Kohl, Helmut 1985, S. 5. 514 Kohl, Helmut 1985, S. 10.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
Plädoyer für die Zukunft des Deutschen Films (MP Franz Josef Strauß) Medienlandschaft im Umbruch (MP Bernhard Vogel) Unternehmenspolitisches Konzept der Deutschen Bundespost zur Weiterentwicklung leistungsfähiger Telekommunikationsdienste (BM Christian Schwarz-Schilling) Aufbruch in eine neue Medienzukunft (Werner Remmers, Vorsitzender des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik).
Zeitlich angrenzend an den Medienkongress verabschiedete der CDU-Bundesvorstand am 22. April 1985 das neue Medienprogramm der Union „Medien von Morgen. Medienpolitische Grundsätze der CDU/CSU. Programm der CDU/CSU für eine freiheitliche Informations- und Kommunikationspolitik“, das zu einer verbindlichen Basis für die politische Arbeit der Schwesterparteien wurde. Bei dieser Entscheidung betonte Kohl die Bedeutsamkeit der Regelung einer nationalen Rundfunkordnung im Hinblick auf die europäische Entwicklung und beauftragte den Koordinierungsausschuss, Vorschläge für eine „Regierungsposition“ zu erarbeiten, wie die Kapazität der deutschen Filmproduktion erhöht werden könne. All diese Maßnahmen belegten den Willen der Union, verlässliche Fakten zu schaffen und den Wandlungsprozess zu beschleunigen. Insofern zielte die „Frankfurter Erklärung“ des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik, die am 18. Oktober 1985 verabschiedet wurde, auf eine Lösung zentraler Rundfunkfragen hin.515 Es lässt sich durch die „Frankfurter Erklärung“ bestätigen, dass die Unionsparteien an den Neuen Medien/dem Privatfunk festhielten, dem öffentlich-rechtlichen „Selbstbedienungsladen“ seine Schranken aufzeigen wollten und weiterhin die Rundfunkstrategien der Bundespost unterstützten. Gleichfalls starteten CDU/CSU einen erneuten Versuch, sich trotz aller Widrigkeiten und Hemmnisse aus eigenen Landesrundfunkgesetzen doch noch mit der SPD auf einen einheitlichen, alle Länder bindenden „Staatsvertrag über die Neuordnung des Rundfunkwesens in der Bundesrepublik“ zu einigen. Im Falle eines Scheiterns fürchteten die Unionsparteien weitreichende Beschränkungen von privaten Rundfunkveranstaltern in einzelnen Ländern. Ferner kritisierte die Union jene „systemwidrigen Werbeeinnahmen“, die sich einzelne ö.-r. Rundfunkanstalten wie etwa der Hessische Rundfunk (im Dritten Fernsehprogramm) verschafft hatten. Den privaten Veranstaltern würden durch die Ausweitung öffentlich-rechtlicher Werbezeiten massive Wettbewerbsnachteile entstehen und die wirtschaftliche Existenzgrundlage entzogen werden. Mediengesetzgebung Die Volksparteien standen unter erheblichen Belastungsproben, nachdem ihre konträren medienpolitischen und -rechtlichen Zielsetzungen nicht zu einer Deckungsgleichheit führten. So klagte z.B. in NRW die CDU-Landtagsfraktion im Mai 1985 beim Verfassungsgerichtshof in Münster gegen das WDR-Gesetz, und in Baden-Württemberg (CDU-Landesregierung unter Späth) wurde am 16. Dezember 1985 das Landesmediengesetz gegen die Stimmen der SPD-Opposition verkündet. Ein zentrales Thema war hierbei immer die Wahrung der Rundfunkfreiheit gewesen; hierzu bezogen die Unionsparteien gerade innerhalb der „Medienpolitischen Grundsätze der CDU/CSU“ von 1985 Stellung, denn sie „dient der Verwirklichung der Meinungs- und Informationsfreiheit.“516
515 Das Anliegen wurde von den CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden der Landtage am 19.10.1985 sekundiert, damit bei den elektronischen Medien zukünftig Meinungsvielfalt herrsche. 516 Vgl. CDU/CSU: Medienpolitische Grundsätze 1985, S. 37.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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In welchem Ausmaß die deutsche Rundfunkpolitik die Agenda der Bundesregierung tangierte, dokumentierte der Beschluss vom 13. März 1985 „Vorstellungen des Bundes für eine Medienordnung der Zukunft“, anknüpfend an die Regierungserklärungen vom 13. Oktober 1982 und 4. Mai 1983.517 Die Schwerpunkte des Beschlusses lassen sich vereinfacht so beschreiben: (1) Technischer Ausbau der Informations- und Kommunikationsinfrastruktur. (2) Die Schaffung gleicher Zugangsbedingungen für alle Rundfunkanbieter. (3) Die Existenzsicherung für den ö.-r. Rundfunk. (4) Eine einheitliche Anpassung der Landesmediengesetze. Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken Im Dialog mit den Ländern bemühte sich der Bund um ein gemeinsames Vorgehen, insbesondere im Hinblick auf grenzüberschreitende Rundfunkprogramme, und so drängte BM Zimmermann darauf, dass schnellstmöglichst ein voll funktionsfähiges Rundfunksatellitensystem zur Verfügung stehen sollte, damit die Wirtschaft die nötige Planungssicherheit erhielt und ihre Spitzenposition in der Rundfunksatellitentechnik nicht verlor.518 Erwartungsgemäß beauftragte die Bundesregierung die Bundespost damit, Maßnahmen für die Einrichtung und den Ausbau der Übertragungstechniken von Rundfunksendungen einzuleiten:
Die Breitbandverkabelung zügig fortzusetzen. Die Kabelnetze umfassend mit Satellitenempfangsstationen auszurüsten. Beschränkungen bei der Genehmigung von privaten Satellitenempfangsanlagen abzubauen. Alle Möglichkeiten auszuschöpfen, private Programme auch über terrestrische Frequenzen zu übertragen.519
Um die anhaltende Auseinandersetzung zwischen den Verkabelungsbefürwortern und -gegnern zu versachlichen, stellte die Bundespost 1985 Argumentationsmaterial zur Verfügung:520
Deutschland lag in der TV-Dichte (Abdeckung der Haushalte) nur auf Platz 9 in der Welt; in der Kabeldichte in Westeuropa lediglich auf Platz 11 (1. Belgien; 2. Niederlande; 3. Schweiz). In den dicht verkabelten Ländern USA, Kanada und Belgien wurde ebenfalls mit der Kupferkoaxialtechnik gearbeitet. Mit 1 Milliarde DM konnten 1,4 Millionen Kupferanschlüsse finanziert werden, aber nur 20.000 Glasfaseranschlüsse.
Auf breitem Niveau, von den Oppositionsparteien SPD/DIE GRÜNEN bis hin zu den publizistischen Mediendiensten, wurde auffallend häufig nach dem Regierungswechsel die nicht unberechtigte Frage gestellt, ob das Fernmeldewesen als bundesweites Instrument der Medienpolitik zum Einsatz gelange: „Zunehmend präjudiziert die Deutsche Bundespost 517 In: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Bulletin Nr. 29/237, 1985, Bonn. 518 Vgl. Ergebnisprotokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU am 23.04.1985, 25.04.1985, Bonn, S. 3. 519 Vgl. CDU-Bundesgeschäftsstelle/Abteilung Medienpolitik 1986, S. 10. 520 Frankfurter Erklärung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU zu aktuellen medienpolitischen Fragen v. 18.10.1985, Frankfurt am Main.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
(DBP) medienpolitische Entscheidungen der Bundesländer.“521 Zu ihrer Verteidigung argumentierte die Bundespost stets, dass zur Minimierung von Fehlentscheidungen auf verschiedene technische Entwicklungslinien gesetzt und zudem die Entscheidung darüber, welche Technik zu forcieren sei, von der Nachfrage bestimmt werde. Außerdem müsse man – so die regierungsoffizielle Sprachregelung – in Kauf nehmen, dass es nicht bei allen Projekten Übereinstimmung innerhalb der Union oder unter den Parteien gebe.522 Im Kontext verfolgte die Union systematisch einen Plan, mit zyklischen Erfolgsmeldungen zum privaten Fernsehen die Medienbranche, Politik und Öffentlichkeit zu beeindrucken. So zog z.B. Remmers im Rahmen der „Internationalen Funkausstellung“ in Berlin eine positive Zwischenbilanz zur Akzeptanz sowie technologischen Entwicklung der Neuen Medien:
Im Dezember 1984 seien bereits 13% aller Haushalte in der Bundesrepublik Deutschland verkabelt gewesen (Ende 1982 waren es lediglich 2%). Die Kabelanstalt Berlin habe bei ihrem Start am 28. August 1985 auf das (nach New York und Amsterdam) drittgrößte Kabelnetz der Welt mit rund 200.000 Haushalten und 18 TV-Programmen zurückgreifen können. Die Wissenschaftliche Begleitkommission des Kabelpilotprojektes Ludwigshafen habe eine Untersuchung vorgelegt, wonach rund 90 Prozent der verkabelten Haushalte im Versuchsgebiet Ludwigshafen/Vorderpfalz die Möglichkeiten zum Empfang von Kabelprogrammen begrüßten.523 Das SAT.1-Fernsehprogramm sei nach Zuschauerbefragungen des Instituts für Wahlund Politikforschung „Infratest“ (Juli 1985) von 54 Prozent der Befragten besser beurteilt worden als die Angebote von ARD und ZDF. „Infratest“ habe zudem auf dem Testmarkt Saarland/Rheinland-Pfalz gemessen, dass RTL plus bereits das S3Programm der ARD (ein sog. Drittes Programm) in der Publikumsresonanz deutlich überflügelt habe.524
Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Wie innerhalb der Studie bereits an mehreren Stellen aufgezeigt (vgl. u.a. Kap. 2.1.1), lagen triftige machtpolitische Gründe vor, die wissenschaftliche Debatte um politische Einstellungen von Rundfunkjournalisten aufmerksam zu verfolgen, um argumentativ gerüstet zu sein. In der Einschätzung von Boventer war unter den Journalisten der Meinungsführer und der engagierte Intellektuellen-Typus vorherrschend und „konservative Standpunkte galten oft als verdächtig“, wodurch sich eine starke Unterrepräsentanz von konservativen Überzeugungen ergab: „So war 1980/81 das Ungleichgewicht unter den einfachen Redakteuren sowohl bei den Print- wie den Funkmedien besonders krass. Einem Anhänger der CDU/CSU standen hier im Schnitt sechs Anhänger der sozial-liberalen Koalition gegenüber.“525 Unter dieser Prämisse stellte sich das Memorandum, ethisch zu handeln, insbesondere Nachricht und Meinung deutlich voneinander zu trennen, durchaus zu Recht: „Die Medien als die wichtigsten Vermittler von Informationen haben in unserer Gesellschaft eine heraus521 522 523 524 525
Scherer, Joachim 1985, S. 165. Vgl. Schwarz-Schilling, Christian 1983b, S. 3. Mit der Untersuchung war das Institut Demoskopie Allensbach beauftragt worden. Vgl. Remmers, Werner: Pressekonferenz v. 03.09.1985, Berlin. Boventer, Hermann 1985, S. 31.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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ragende Verantwortung, denn eine lebensfähige Demokratie setzt den informierten Bürger voraus. Dabei müssen die Medien in das Zentrum ihrer Berichterstattung die Verantwortung vor der Wahrheit stellen.“526 Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb Im Laufe der zähflüssigen rundfunkpolitischen Verhandlungen zwischen den Volksparteien wurden häufig vertraute Argumente vertieft, überwiegend aber insistierend vorgetragen. Nach Auffassung der Unionsparteien war das Rundfunkwesen so zu ordnen, „dass alle relevanten Meinungen im Gesamtprogramm des Rundfunks zu Wort kommen und die Freiheit der Berichterstattung unangetastet bleibt.“ Dabei bekannte sich die Union sowohl zur Freiheit des Rundfunks vom Staat als auch zur Unabhängigkeit einzelner Gruppen der Gesellschaft.527 Einer unterschiedlichen Beurteilung waren die privaten Programmangebote ausgesetzt, die von der Union parteiintern durchaus kontrovers diskutiert wurden. Dabei setzte sich Mitte der 80er Jahre ein Haupttenor durch, dass die Offerten nur in Teilen den Erwartungen der Politik entsprachen. So mahnte Kohl, dass von dem Privatfunk nicht nur Positives zu erwarten sei und dass „die neuen Programme nicht alle Wünsche erfüllen werden“.528 Kraske wies darauf hin, dass es eine gefährliche Illusion sei, zu glauben, dass mehr Markt für mehr Qualität stünde, worauf Stoiber entgegnete, dass die Union zwar die technischen Voraussetzungen für die Neuen Medien schaffe, aber nicht für die Inhalte Verantwortung trage.529 Partei-interne Kritik Im Herbst 1985 diagnostizierten zahlreiche Unionspolitiker, dass die Medienpolitik auf Länderebene über Parteigrenzen hinweg kein einheitliches Vorgehen erkennen lasse. Remmers, Vorsitzender des Koordinierungsausschusses, missbilligte dabei ausdrücklich die Nichteinigungsfähigkeit der Länder bei den Beratungen um einen Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens. Schwarz-Schilling machte hierfür die SPD verantwortlich, die das Bremerhavener Vertragskonzept nicht eingehalten habe und dadurch z.B. die Vergabe der TV-Sat-Kanäle blockiere.530 Unionsintern wurde es als Fehler bezeichnet, dass die BLänder nicht ordnungspolitisch allein handelten, etwa bei der Vergabe der Satellitenkanäle.
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Öffentlich-rechtliches Rundfunkmonopol Freiwillig gaben CDU/CSU über die Jahre des Untersuchungszeitraumes hinweg immer wieder eine Bestands- und Entwicklungsgarantie für den ö.-r. Rundfunk ab. Mit der Garantiezusage wurden jedoch Bedingungen verknüpft, z.B. eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung innerhalb der Anstalten. Die Union appellierte an die Landtage, bei der 526 527 528 529
Hermanni, Alfred-Joachim 1988, S. 7. Vgl. CDU/CSU: Medienpolitische Grundsätze 1985, S. 37. Kohl, Helmut 1985, S. 10. Ergebnisprotokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU am 03.09.1985, 17.09.1985, Berlin, S. 4. 530 Ergebnisprotokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU am 03.09.1985, 17.09.1985, Berlin, S. 2.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
öffentlich-rechtlichen Gebührenfestsetzung dieses Anliegen ausdrücklich zu berücksichtigen. Allerdings umfasste die Garantie insbesondere nicht eine Ausweitung der Werbung, die Lokalisierung und Subregionalisierung der Programme sowie die Regionalisierung von Videotext im ö.-r. Rundfunk.531 Spätere Expansionserfolge des ö.-r. Rundfunks legen den Schluss nahe, dass sich die Anstalten (unterstützt von der SPD) nicht an die Absprachen gehalten haben und dass die Verstöße von den Unionsparteien über die Jahre hinweg mehr oder minder stillschweigend geduldet wurden, um nicht die mühsam errungenen Arrangements mit der SPD bei den Verhandlungen um einen Rundfunkstaatsvertrag zu gefährden. Im Kontrast zu dem „Stillhalteabkommen“ erweiterte z.B. der Hessische Rundfunk seine Einnahmequellen, indem er in seinem Dritten Fernsehprogramm Werbeplätze einführte (vom 02.01.1985 bis 31.12.1992); Videotext wurde von mehreren Funkhäusern regionalisiert; eine eigene ARDProgrammzeitschrift herausgegeben; im neuen Gesetz über den Westdeutschen Rundfunk erhielt der Kölner Sender Möglichkeiten für ein privatwirtschaftliches Engagement532; ARD und ZDF führten neue Satellitenprogramme wie „EINS PLUS“ und „3SAT“ ein.533 Mediengesetzgebung Die verharrende Haltung der Sozialdemokratie bei den Verhandlungen der Ministerpräsidenten über einen Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens konnte nicht ohne Folgen bleiben. In Baden-Württemberg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und in dem SPDregierten Hamburg waren inzwischen neue Landesmedien- beziehungsweise Landesrundfunkgesetze verkündet worden. Damit existierten rechtliche Grundlagen für die Zulassung und Verbreitung privater Sender in einzelnen Ländern. Im Zuge anhaltender parteipolitischer Auseinandersetzungen, ob und inwieweit privaten Veranstaltern Kapazitäten zur Übertragung von Rundfunkprogrammen auf dem direktstrahlenden TV-SAT534 eingeräumt werden sollten, wurden die unionsregierten Bundesländer initiativ und schlossen Mitte 1986 Teilstaatsverträge über die Nutzung des TV-SAT ab. Dazu unterteilten sie die Länder in eine sogenannte Nord- und Südschiene. Die Nordschiene setzte sich aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Berlin und dem SPD-regierten Land Hamburg zusammen, im Süden kooperierten Bayern, Baden-Württemberg und RheinlandPfalz. Für die privaten, bundesweit aktiven Fernsehveranstalter bestand somit eine Planungsgrundlage, wobei von Seiten der beteiligten Länder empfohlen wurde, dass sich RTL bei der Nordschiene und SAT.1 bei der Südschiene um Kanalzuweisungen auf dem TVSAT bewerben sollte. Die beiden weiteren freien Kanäle sollten nach den bekannten Vorstellungen der B-Länder ARD und ZDF zugeteilt werden.
531 Aus der Sichtweise der Unionsparteien zählten unter „Grundversorgung“ ebenfalls nicht die OnlineAktivitäten und die Vermarktung von Anwendungen, die via Handy verbreitet werden (Spiele, Klingeltöne, Links) oder der Erwerb von Sportrechten zu nicht marktgerechten Preisen. 532 „An einem Unternehmen, das einen gewerblichen oder sonstigen wirtschaftlichen Zweck zum Gegenstand hat, darf sich der WDR beteiligen.“ In: WDR-Gesetz v. 23.03.1985 (in der Fassung v. 30.11.2004), § 45, Köln. 533 Nach verschiedenen Anläufen konnten die Ministerpräsidenten der B-Länder Übereinkunft mit den ALändern erzielen, dass Werbung nur im Ersten Fernsehprogramm (ARD, nicht Dritte Programme wie Hessischer Rundfunk) und nur vor 20:00 Uhr ausgestrahlt wird (vgl. „Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens“ v. 03.04.1987, Art. 3). 534 Der TV-SAT 1 wurde am 21.11.1987 auf einer Ariane 2-Rakete in den Weltraum befördert, konnte jedoch nicht seinen Betrieb aufnehmen, da die Empfangsantenne nicht ausgefahren werden konnte. Erst der am 08.08.1989 gestartete TV-SAT 2 funktionierte technisch einwandfrei.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
147
Das BVerfG erklärte mit dem „Vierten Rundfunkurteil“535 die duale Rundfunkordnung zur Verfassungswirklichkeit; somit herrschte Rechtsklarheit und Planungssicherheit in dem Sinne, dass sich die Bürger aus allen in- und ausländischen Quellen ungehindert informieren dürfen.536 Ebenso stellten die Karlsruher Richter fest, dass sich „die technischen Voraussetzungen der Veranstaltung und Verbreitung von Rundfunkprogrammen durch die Entwicklung der ‚Neuen Medien’ verbessert“537 hätten und somit kein Frequenzmangel mehr für die Verbreitung von Rundfunkprogrammen bestehe. Schließlich betonte das Gericht in bewährter Weise den Auftrag der ö.-r. Rundfunkanstalten zur „Grundversorgung“, welcher „die essentiellen Funktionen des Rundfunks für die demokratische Ordnung ebenso wie für das kulturelle Leben in der Bundesrepublik“ umfasst.538 Die Unionsparteien begrüßten das BVerfG-Urteil, „das das Niedersächsische Landesrundfunkgesetz vom 23. Mai 1984 in seinen zentralen Bestimmungen für gültig erklärt und in seinen Grundlinien für mit dem Grundgesetz vereinbar hält.“539 In die weiteren Folgerungen wurde einbezogen, dass „die jahrelange Blockadepolitik der SPD damit endgültig gescheitert“ und „die Vorenthaltung privater Programme – wie im rot/grün-regierten Bundesland Hessen – rechtswidrig“ sei. Quer durch alle Parteien war stets umstritten gewesen, dass Hessen sich weigerte, private Rundfunkprogramme aus anderen deutschen Ländern zuzulassen, aber andererseits DDR-Programme in die landesspezifischen Kabelanlagen einspeiste.540 Dem ureignesten Interesse der privaten Rundfunkveranstalter nach ausreichenden Übertragungskapazitäten wurde zusätzlich Rechnung getragen, indem das Bundespostministerium am 15. Juli 1986 zur Überraschung der Medienpolitik bekannt gab, dass vorerst 65 terrestrische Frequenzen für lokale Fernsehstationen „gefunden“ worden waren – vor allem in Großstädten mit über 100.000 Einwohnern.541 Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken Dass der Vorbehalt der SPD, dass die Bundespost zur medienpolitischen Mitgestaltung aufrief, nicht gänzlich von der Hand zu weisen war, belegt eine Erklärung SchwarzSchillings: „Es ist unbestritten, dass sich im Umfeld des technologischen Umbruchs wirtschaftliche, gesellschaftliche und soziale Umstrukturierungen vollziehen müssen, wenn die Politik ihrer Verantwortung gegenüber der Zukunft unseres Landes gerecht werden will.“542 Um zu verhindern, dass die mit der Breitbandverkabelung angekündigten Arbeitsplatzmaßnahmen zerredet würden, verkündete die Deutsche Bundespost 1986, dass etwa 8.600 Kräfte beim Ausbau der Kabelnetze allein bei der Post Beschäftigung fänden.543
535 536 537 538 539 540
Vgl. BVerfGE 73, 1986, S. 118-205. Vgl. BVerfGE 73, 1986, S. 118-205. BVerfGE 73, 1986, S. 121. BVerfGE 73, 1986, S. 157-158. CDU-Bundesgeschäftsstelle 1986, Bonn. Die CDU-geführte Landesregierung von Rheinland-Pfalz reichte am 06.01.1986 beim Bundesverwaltungsgericht Berlin gegen die Ausstrahlung von Werbung im „Dritten Fernsehprogramm des Hessischen Rundfunks“ Klage ein. 541 Schwarz-Schilling, Christian 1986: Mindestens 6 Millionen Haushalte mit lokalen Fernsehsendern erreichbar. In: Pressemitteilung Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen v. 15.07.1986, Bonn. 542 Schwarz-Schilling, Christian 1986. In: Pressemitteilung Bundes-ministerium für das Post- und Fernmeldewesen v. 10.09.1986, Bonn. 543 Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen: Pressemitteilung v. 15.07.1986.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Parteienforscher wissen, dass Bundes- und Landtagswahlkämpfe mindestens ein Jahr vor dem eigentlich Wahltermin mit einer strategisch und zeitlich abgestimmten Positionierung von Kandidaten und Slogans starten.544 So vermittelte auch im Januar 1986 der damalige CDU-Bundesgeschäftsführer Radunski einen Ausblick auf die Bundestagswahl 1987 (Termin: 25.01.1987), wobei er betonte, dass man im Wahlkampf „besondere Aufmerksamkeit der TV-Beobachtung zuwenden werde. Allerdings halte man nichts von einer Fliegenbeinzählerei, aber einsehbare Verletzungen des Fairnessgebots würden reklamiert. Dabei falle eine wichtige Rolle den Kontrollgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu.“545 Interessant war bei Radunskis Vorhaben, dass er einen medienspezifischen Orientierungskampf mit dem Ziel führen wollte, die Rundfunkanstalten während der Wahlkampfphase zu disziplinieren. Für dieses Anliegen sollten in einem ersten Schritt zunächst die Parteianhänger innerhalb der Gremien mobilisiert und die Unionsmitglieder insgesamt aktiviert werden. Bei Verstößen im Zuge einseitiger Berichterstattung zu Lasten von CDU/CSU sollten die Medienpolitiker argumentativ munitioniert werden, die hiernach via Medien (insbesondere Presse) die Verstöße öffentlich anprangern sollten. Daraus abgeleitet entstünde eine höchstmögliche Aufmerksamkeit, die innerhalb der Rundfunkanstalten den gewünschten Korrektureffekt erzielen könnte. Intensiv beschäftigte sich im Berichtsjahr der im Juni 1984 eingerichtete CDU/CSUArbeitskreis „Journalistische Nachwuchsförderung“ mit einem „Modell zur kooperativen Nachwuchspflege“ und mit der Gestaltung von „Grundlinien für gemeinsame Ausbildungsaktivitäten“. Konkret sollten laut ursprünglichem Auftrag solide Ansprechpartner in den Medien, u.a. beim Fernsehen, gefunden werden, die förderungswürdigen Nachwuchskräften eine Berufsausbildung bzw. einen -einstieg anboten. Darüber hinaus waren in Zusammenarbeit mit den Parteigliederungen auf Landesebene und den nahestehenden Stiftungen Verfahrensvorschläge zur Versachlichung der Berichterstattung in den Medien zu erarbeiten und Nachwuchsbeauftragte der Landesverbände zu nominieren. Bereits im Januar 1986 standen zur Mitarbeit auf dem Gebiet der Nachwuchspflege „annähernd hundert Ausbildungsbeauftragte aus den Hochschulbereichen ‚Kommunikationswissenschaft/Politikwissenschaft’, den Bereichen Presse und Rundfunk sowie aus den unionsnahen Stiftungen und den CDU-Landesverbänden“ bereit.546 Vertieft wurden die parteiinternen Anstrengungen zur journalistischen Nachwuchsförderung bei einer Orientierungstagung am 16. April, zu der u.a. Vertreter des Axel-Springer-Verlages, des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger, der ARD, von SAT.1, aus dem Hochschulbereich sowie von der HannsSeidel- und Konrad-Adenauer-Stiftung geladen waren. Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb An anderen Stellen innerhalb der Untersuchung wurde bereits darauf hingewiesen, dass in den 80er Jahren die Wahrhaftigkeit bei der Fernsehberichterstattung zuweilen nachgelassen
544 Offiziell legt zwar der Bundespräsident einen Wahltermin fest (§ 16 Bundeswahlgesetz), doch es gibt auch politische und wissenschaftliche Stimmen, die meinen, dass immer Wahlkampf herrsche, weil ständig Macht zu erwerben oder zu verteidigen ist. Vgl. von Alemann, Ulrich 1986 (hier S. 144): „Der Wahlkampf beginnt am Wahlabend der vorhergehenden Kampagne.“ 545 Radunski, Peter 1986. In: Ergebnisprotokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU am 17.01.1986, München, S. 2. 546 Vermerk CDU-Bundesgeschäftsstelle/Abt. Medienpolitik v. 13.01.1986 an Wolfgang Bergsdorf, Bonn.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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hat.547 Noelle-Neumann ist gar überzeugt, dass im Untersuchungszeitraum „die Macht der Massenmedien schneller gewachsen ist als das demokratische Verantwortungsbewusstsein vieler Journalisten.“548 Aus der Befürchtung heraus, dass der ethische Anspruch der in den Medien Tätigen, insbesondere für eine wahrheitsgemäße Unterrichtung der Öffentlichkeit und die dabei einzubeziehende Sorgfaltspflicht, nachlassen könnte, wies die Katholische Kirche auf die berufsspezifischen Anforderungen für Pressevertreter hin: „Das ZdK ruft alle Journalisten in Presse, Hörfunk und Fernsehen auf, ihrer journalistischen Pflicht zur Wahrhaftigkeit in Nachricht, Bericht und Kommentar zu genügen und allen Versuchen zu widerstehen, sie aus politischen oder anderen Gründen zu manipulieren. Gelingt das nicht, so werden jene recht behalten, die bestimmte Vorgänge in der Publizistik als gefährlich und bedrohlich für die Stabilität unserer Demokratie und für den notwendigen geistigpolitischen Konsens in unserer Gesellschaft bezeichnen“.549 An einer anderen Stelle innerhalb dieser „Stellungnahme zur Wahrhaftigkeit in der Publizistik“ mischte sich die Kirche sogar in den medialen Prozess der Wahlberichterstattung ein: „Seriöse Journalisten sollten gerade in Zeiten besonderer politischer Auseinandersetzung, etwa in Wahlkämpfen, durch präzise Information und sachliche Darstellung eine umfassende und objektive Meinungsbildung in der Bevölkerung ermöglichen und damit zu sachgerechten Entscheidungen beitragen.“ Mit den Auswirkungen eines erweiterten Fernsehangebots auf Kinder, Jugend und Familie befassten sich CDU/CSU 1986 intensiv, wobei sie zunächst feststellten, dass „die Neuen Medien, Privatfernsehen und Videofilme das Programmvolumen beträchtlich vergrößern.“550 Sie forderten deshalb die Eltern auf, ihre Kinder nicht einem ungezügelten Fernsehkonsum zu überlassen, denn es käme auf den rechten Umgang mit den Medien an, einschließlich Sehdauer und Themenpräferenzen. Zur Bewahrung Schutzbedürftigter vor jugendgefährdenden Angeboten initiierte der damalige Bundesfamilienminister Geißler (CDU) ein „Gesetz zur Neuregelung des Jugendschutzes in der Öffentlichkeit“, um eine Eskalation an Gewalt und Brutalität, insbesondere auf Trägermedien wie Videokassetten und CD-ROMs, rechtlich zu unterbinden. Eine freiheitliche Medienordnung sollte dort Grenzen haben, wo Kinder, Jugendliche und Familien gefährdet sind. Im Ergebnis konnte in der Bundesrepublik kein grassierendes oder gar vorherrschendes Horror-Bild von Gewalt und Sex in den Programmen erkannt werden, da durch die Gesetzgebung551 deutliche Grenzen gezogen wurden, nach denen z.B. Filme vor ihrem Kinoeinsatz geprüft und in Altersklassen eingeteilt werden. Auch kann z.B. durch ein mögliches Indizierungsverfahren im Vorfeld von Veröffentlichungen eine Alterskennzeichnungspflicht rechtlich durchgesetzt werden (Das entsprechende Verfahren führt die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien durch.).552 Der positive Effekt kumulativer Gesetzesbestimmungen und pädagogischer Maßnahmen spiegelte sich z.B. im „Zwischenbericht der Wissenschaftlichen Begleitkommission beim Ludwigshafener Kabelpilotprojekt“ wider: „Bei den Kabelteilnehmern sind offenbar immer mehr Eltern von einem positiven, fördernden Einfluss des Fernsehens 547 548 549 550 551
Vgl. auch Hermanni, Alfred-Joachim 1988. Noelle-Neumann, Elisabeth 1988, U 4. Zentralkomitee der deutschen Katholiken (Zdk) 1986, Bonn, S. 86. CDU-Bundesgeschäftsstelle/Abteilung Medienpolitik 1986, Bonn, S. 5. Z.B. Jugendschutzbestimmungen für das Fernsehen, festgelegt im Rundfunkstaatsvertrag, durch das Jugendschutzgesetz, die Kontrollfunktionen oberster Landesbehörden sowie durch die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK). 552 Vgl. auch Publikationen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, Bonn.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
auf ihre Kinder überzeugt. Schwierigkeiten und Probleme, die möglicherweise durch das Fernsehen verursacht werden, zum Beispiel Vernachlässigung der Schule, geben Familien ohne Kabelanschluss häufiger an als die Testfamilien.“553
Bundesfamilienminister Heiner Geißler legt 1986 ein Gesetz zur Neuregelung des Jugendschutzes vor. Foto: KAS
Partei-interne Kritik Für die Unionsseite frappant kam es zu heftigen Verstimmungen über die programmatischen Ausrichtungen und Zielsetzungen einer zukünftigen Rundfunkpolitik zwischen öffentlich-rechtlichen Repräsentanten und Politikern von CDU/CSU, so dass SchwarzSchilling in historischer Rückschau feststellte, dass „das medienpolitische Programm der Union offenbar nie ernstgenommen wurde, sonst hätten sich unsere Intendanten darin mit eingebunden gefühlt.“554 Offene Streitpunkte waren vor allem „Kündigung des Gebührenstaatsvertrages“, „geplanter Programmstart des TV-Kulturkanals von Eins plus“ (via Satellit), „Interessenausgewogenheit beim Medienstaatsvertrag“ und „Werbung im Fernsehprogramm von Hessen Drei“. Dies hatte nicht zuletzt damit zu tun, dass die Union die ungezügelten Expansionsbestrebungen der ARD als höchst problematisch einstufte, während der ARD-Vorsitzende und SWF-Intendant Hilf konstatierte, dass die SPD-Länder beim Erhalt der ARD konsenswilliger seien.555
553 Pfaller, Petra 1986, S. 23. 554 Schwarz-Schilling, Jürgen. In: Ergebnisprotokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU am 11.03.1986, 18.03.1986, Hannover, S. 4. 555 Hilf, Willibald. In: Ergebnisprotokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU am 11.03.1986, 18.03.1986, Hannover, S. 3.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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1987
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Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Die bereits geschilderten Zusammenhänge zwischen Unionsparteien, Bundesregierung und den B-Ländern führten dazu, dass sich das Bundeskabinett mit einer Konzeption – Vorstellungen des Bundes für eine „Medienordnung der Zukunft“ – befasste, um seiner gesamtpolitischen Verantwortung gerecht zu werden. Wenngleich auch das Engagement des Bundes zuweilen in die Kritik der Länder geriet, bedeutete dies dennoch für das federführende Bundesministerium des Innern, dass es an seinen wesentlichen Planungen festhielt:556
Entwicklung von Grundsätzen für eine einheitliche Medienordnung in der Bundesrepublik Deutschland. Entwicklung neuer Organisationsformen zur Einführung der Neuen Medien im Bereich der Massen- und Individualkommunikation. Erarbeitung neuer und Anpassung bestehender Rechtsvorschriften an die Bedingungen neuer Informations- und Kommunikationstechnologien.
In rundfunkrechtlicher Hinsicht prüften Gesetzgeber wie öffentliche Verwaltung, inwieweit ein medienpolitischer Regelungsbedarf bespielsweise auf den Gebieten Urheber- und Jugendschutz sowie internationale Rundfunkfreiheit (Fernsehen ohne Grenzen im europäischen Markt) besteht und in welcher Weise die Bundesregierung neuen digitalen Telekommunikationsformen (z.B. ganzheitliche Dokumentenkommunikation, Rechner-RechnerKommunikation, Fernsehtelefon, graphische Datenverarbeitung) zum Durchbruch verhelfen kann. Mediengesetzgebung Nachdem es bei der MP-Konferenz am 18. Dezember 1986 wiederum zu keiner Einigung über einen zu novellierenden Rundfunkstaatsvertrag nach dem Dualitätsprinzip kam, signalisierten die unionsgeführten Länder Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz, den vorliegenden Staatsvertrag und somit die Finanzierungsgrundlage der ö.-r.- Rundfunkanstalten zum 31. Dezember 1987 zu kündigen, um Druck auf die SPDVerhandlungspartner auszuüben. Ein zunehmend wichtiges Orientierungsinstrument bei der staatlichen Regulierung von Medienmärkten war stets die BVerfG-Rechtsprechung gewesen. Auf dieser Basis unterstrich das BVerfG in seiner „Fünften Rundfunkentscheidung“ vom 24. März 1987557 als Mahnung gegenüber den Volksparteien, dass es die Sonderrolle des ö.-r. Rundfunks sei, die Grundversorgung sicherzustellen (für die Programmsparten Information, Bildung, Kultur, Unterhaltung). An anderen Stellen innerhalb der Studie wurde bereits mehrfach erläutert, wie der Kompromiss des Rundfunkstaatsvertrages zustande kam (vgl. Kap. 3.1 und 3.2.1); deshalb hier nur zwei orientierungsdienliche Angaben. Der jahrelange kleinschrittige Kampf um eine neue Rundfunkordnung für die Bundesrepublik Deutschland fand am 3. April 1987 sein Ende, als die Ministerpräsidenten der Länder den „Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens“ unterzeichneten. Als ersten Beleg für einen einsichtigen Lernprozess der Verhandlungsparteien ist zu werten, dass die Landtage der Länder die Landesmediengesetze zügig an den Rundfunkstaatsvertrag anpassten. 556 In: Legislaturperiodenprogramm der Bundesregierung, 11. Legislaturperiode, 10, Stand: 28.08.1987, Bonn. 557 Vgl. BVerfGE 74 und Az.: 1 BvR 147, 478/86, 1987.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken Mittlerweile wurden von der Bundespost 1,5 Milliarden DM jährlich in die Kabelinfrastruktur investiert, neue Satellitensysteme aufgebaut (u.a. DFS-Kopenikus, TV-SAT) und der Kabelanschluss hatte sich im Fernmeldewesen zum größten Massendienst nach dem Telefon entwickelt.558 Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Wie bereits in der Untersuchung ausführlich erwähnt (vgl. u.a. Kap. 1.7), steht das Verhältnis von Politik und elektronischer Medienberichterstattung unter intensiver Beobachtung durch die Parteien, sofern Wahlkämpfe anstehen und im Anschluss daran Macht und Positionen zu vergeben sind. Diese Konstellation wird besonders deutlich, wenn bei derartigen Anlässen Parteienvertreter die Freiheit der Berichterstattung als „eingeschränkt“ oder „unausgewogen“ empfinden (häufig klaffen Anspruch und Wirklichkeit der Akteure auseinander). Zyklisch war im Zuge des Fernsehwahlkampfes 1987559 erneut die „politische Farbenlehre“ Gegenstand parteiverbundener Organe. So glaubte z.B. die CSU-nahe Hanns-SeidelStiftung, im Vorfeld der Bundestagswahl ermittelt zu haben, dass im ZDF ein massives Übergewicht an links-liberalen Auslandskorrespondenten herrsche.560 Wichtiger im Hinblick auf die Wahl-Berichterstattung waren aber die Redakteure im Bereich der ZDFChefredaktion und bei den Inlandsstudios; laut Einteilung der Stiftung waren hier die konservativ-liberalen mehrheitlich vertreten (das ZDF galt insgesamt als „wohlgeordnet“). Anders, nämlich negativ beurteilten die Unionsparteien die Situation bei der ARD, bei der das bestehende Kräfteverhältnis zugunsten von CDU/CSU geändert werden sollte. Hierbei lautete ein Lösungsansatz, sich nicht primär auf die journalistischen Führungsebenen zu konzentrieren, sondern den hierarchischen Mittel- und Unterbau zu stützen, um damit Personal für morgen zu rekrutieren. Derlei Bestrebungen orientierten sich an den Redaktionsstatuten, dass Medieneliten in der Regel die Beiträge nicht selbst verfassen, sondern diese bei nachgeordneten Redakteuren in Auftrag geben und die Ergebnisse überwiegend „nur“ abnehmen. Hinzu kommt, dass aufgrund des journalistischen Selbstverständnisses nachträgliche Korrekturen an Beiträgen lediglich in begründeten Ausnahmefällen möglich sind (z.B. bei Programmverstößen oder mangelhafter Recherche).
1988
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Medienpolitische Organisation und Arbeitsweise Im Zuge der Konstituierung des neuen „CDU-Bundesfachausschusses Medienpolitik“ löste dieser bei seiner ersten Sitzung im Februar 1988 den bisherigen Koordinierungssauschuss für Medienpolitik der CDU/CSU ab. Fortan wurden die CSU-Vertreter zwar weiterhin zu den Sitzungen eingeladen, um die enge Zusammenarbeit zwischen den Schwesterparteien zu betonen, erhielten jedoch einen Gästestatus. Zum Ausschussvorsitzenden wurde der medienpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Weirich gewählt. Bei den Tagesordnungen der Zusammenkünfte der bayerischen CSU-Medienkommission bildete sich in all den Jahren eine Konstanz heraus: Neben aktuellen Bezügen stand 558 Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen: Pressemitteilung, 22.06.1987, Bonn. 559 Helmut Kohl setzte sich bei der Bundestagswahl am 25.01.1987 gegen den SPD-Herausforderer Johannes Rau durch. 560 Hanns-Seidel-Stiftung 1986, S. 10-11.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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zumeist ein Informations- und Meinungsaustausch zu Themen und Problemen aus den Aufsichtsgremien der ö.-r. Anstalten auf der Agenda (aus dem Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks, dem Medienrat der Bayerischen Landesmedienzentrale für Neue Medien, dem ZDF-Fernsehrat, Deutsche Welle und Deutschlandfunk) sowie über landesweite Fensterprogramme von SAT.1 und RTL plus.561 Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Um die Bedeutung christdemokratischer Medienpolitik zu unterstreichen, gab CDUGeneralsekretär Geißler im Februar 1988 die künftigen Arbeitsschwerpunkte des Bundesfachausschusses Medienpolitik vor:562
Auswirkungen des Medienstaatsvertrages. Reform der Deutschen Bundespost. Rundfunkgebührenpolitik. Ausgestaltung der dualen Rundfunkordnung. Probleme der ARD und des ZDF wie Frühstücksfernsehen und Finanzausgleich. Unterschiedliche Mediengesetzgebung in den Ländern. Grenzüberschreitender Rundfunk in Europa (Fragen des Wettbewerbs und der EGRichtlinie). Filmpolitik (im europäischen Film- und Fernsehjahr 1988). Journalistische Nachwuchsförderung.
Zwei Arbeitsschwerpunkte schienen dabei von vorrangiger Bedeutung zu sein: die „Postreform“ und die „Rundfunkgebührenfrage“. Im Rahmen der Postreform wurde die Dringlichkeit einer umfassenden Neuordnung der Bundespost zwischen Wettbewerb, Monopol und freien Diensten betont, wobei die Märkte des Fernmeldewesens auch für private Unternehmen geöffnet werden sollten. Die hierfür notwendigen Strukturveränderungen sollten zeitnah realisiert werden, damit Deutschland konkurrenzfähig zu anderen westlichen Industrieländern blieb, zumal sich technische Entwicklungen nicht durch die Politik aufhalten ließen. Im Mittelpunkt der Rundfunkgebührenfrage stand die Höhe des zukünftigen Betrages zur Disposition. Zwangsläufig ergab sich aus dem Rundfunkstaatsvertrag eine abgeleitete Neuregelung der elektronischen Medienlandschaft und damit eine veränderte Rundfunkgebührenpolitik.563 Schleyer, in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF), unterstrich, dass die Gebühr die wichtigste Einnahmequelle der Öffentlich-Rechtlichen bleiben müsse, und schlug eine Gebührenanpassung von DM 2,00 zum 1. Januar 1989 vor, wobei der ARD dieser Betrag zu gering erschien, um leistungsfähig bleiben zu können.564 Aus dem Blickwinkel der Union sollte die Gebührenerhöhung maßvoll ausfallen, damit sich der Entfaltungsanspruch der privaten Fernsehveranstalter gleichrangig neben der öffentlich-rechtlichen Bestands- und Entwicklungsga561 Vgl. Einladung zur Sitzung der CSU-Medienkommission am 21.06.1989, CSU-Landesleitung, 15.06.1989, München. 562 Vgl. Geißler, Heiner 1988. In: Ergebnisprotokoll der Sitzung des CDU-Bundesfachausschusses für Medienpolitik am 25.02.1988, 09.03.1988, Bonn, S. 2. 563 Aus der Rundfunkgebühr erhalten neben ARD und ZDF die Landesmedienanstalten einen Anteil, um die gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben zu finanzieren. 564 Ergebnisprotokoll der Sitzung des CDU-Bundesfachausschusses für Medienpolitik am 22.04.1988, 09.05.1988, Bonn, S. 2.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
rantie bewährte. Letztendlich stimmten die Mitglieder des CDU-Bundesfachausschusses mit großer Mehrheit (30:6 Stimmen) der KEF-Empfehlung zu und empfahlen den CDU/CSUMinisterpräsidenten, diese umzusetzen. Anders verhielt es sich bei der SPD-Medienkomision, die auf einer Erhöhung der Rundfunkgebühr um DM 4,00 bestand.565 Aufgrund der Vielfalt medienpolitischer Betätigungsfelder schien es nicht übertrieben, davon auszugehen, dass die politischen Meinungsbildner in einem stetigen Prozess eruieren mussten, welche Themen auf die aktuelle Agenda gehörten, um Profil gegenüber den Gegnern und der öffentlichen Begutachtung zu zeigen. Dabei war ebenfalls zu bedenken, dass eine Partei nicht nur an ihren Orientierungsvorhaben gemessen wird, sondern gerade daran, inwieweit sie gesetzte Aufgaben durch Leistungen umzusetzen imstande ist. Für 1989 kündigte Weirich ein „Konzept für Medienmärkte der neunziger Jahre“ an und benannte vorab einige Schwerpunkte:566
Die Union favorisiere zur europäischen Regelung der Werbung, der Urheber- und Autorenrechte sowie des Jugendschutzes und des Gegendarstellungsrechtes eine „Konvention des Europarates“. Eine Erhöhung des europäischen Anteils von audiovisuellen Produktionen sei vordringlich anzustreben.567 Das „Hessische Landesmediengesetz“ stünde vor der Verabschiedung. Damit sei auch im letzten unions-regierten Bundesland die Voraussetzung für die Entfaltung privater Rundfunkanbieter gegeben. Die Bundesregierung sollte rasch die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die NATO-Frequenzen zur Nutzung für privates Fernsehen freigegeben wurden. Bundespostminister Schwarz-Schilling werde in seiner richtigen Politik zum Ausbau der technischen Infrastrukturen für die volle Durchsetzung der Informationsfreiheit nachdrücklich unterstützt.
Öffentlich-rechtliches Rundfunkmonopol SPD-Mitglieder und manche Medienbeobachter argumentierten im Laufe des jahrelangen Streits um eine Neuordnung der Rundfunklandschaft, dass die Unionsparteien ausschließlich die Belange des Privatfunks verfolgten.568 Diese Aussage hält einer Überprüfung nicht stand. Angemessener dürfte es sein zu verstehen, dass dieser oberflächliche Eindruck vor allem deshalb entstanden ist, weil Teile der öffentlich-rechtlichen Massenmedien und der Sozialdemokratie „ihre“ publizistischen Besitztümer ohne Unterlass verteidigten, und zwar argumentativ erfahren und anpassungsfähig. Unbeschadet dieser Erläuterung sorgte MP Vogel, einer der Hauptredner der CDU-Veranstaltung „MedienMarkt ’88“ in Düsseldorf (29.08.1988), in den Augen zahlreicher Pressevertreter dennoch für eine Sensation, als er emphatisch versprach, für den „Erhalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu streiten, wenn dieser tatsächlich in Gefahr geriete.“569
565 566 567 568
Weirich, Dieter. In: CDU-Pressemitteilung, 27.04.1988, Bonn. Vgl. Weirich, Dieter 1988a, S. 1-6. Eine eindeutige Quotenregelung wurde von Unionsseite abgelehnt. Vgl. Sozialdemokratische Partei Deutschlands/Der Parteivorstand 1987: Beschluss des Parteivorstandes der SPD zu den vom Nürnberger und Offenburger Parteitag überwiesenen Medienanträgen. 569 Vgl. Vogel, Bernhard. In: FUNK-Korrespondenz, Nr. 35/2.09.1988, Bonn, S. 1.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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Finanzierung der Rundfunkanstalten Mit der Dualisierung des Rundfunks war ein beabsichtigter Nebeneffekt verbunden, der in Wellenbewegungen von einzelnen Politikern vorgetragen wurde und das gesamte Finanzsystem des Rundfunks betraf: dass sich das ö.-r. Fernsehen einzig durch Gebühren und das private Fernsehen ausschließlich durch Werbung finanzieren solle. Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken Zusätzliche technische Transportmöglichkeiten hinsichtlich der Übertragung von Rundfunksignalen zwischen den Sendeanstalten und Fernsehempfängern bewirkten 1988 ein Umdenken in der Medienpolitik. Das Kabel als bisher wichtigstes Bindeglied des Privatfernsehens fand zeitgemäße Ergänzung durch den Einsatz von Satellitentechnik (TV-SAT, ASTRA, Kopernikus) sowie durch jüngst erschlossene terrestrische Frequenzen. In diesem Zusammenhang verkündigte Schwarz-Schilling, dass bereits 91 Prozent der angeschlossenen Kabelhaushalte (von 3,2 Millionen zum Jahresende 1987) Satellitenprogramme empfingen.570 Parteipolitische Auseinandersetzungen um Sinn und Zweck einer exorbitanten Verkabelungspolitik wurden künftig eingeschränkt geführt.571 Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Aus Gründen der „Personalbetreuung“ und zum Aufbau erstmaliger Kontakte hielt die Union an dem Konzept fest, regelmäßig Sympathisanten aus Rundfunk und Publizistik zu einem „Medientreff“ einzuladen. Zu den hochkarätig besetzten Veranstaltungen zählten beispielsweise die „Berliner und Münchner Filmtagungen“ mit prominenten Politikern, Künstlern und Programmmachern oder der Medientreff anlässlich der Messe „Internationale Funkausstellung Berlin“. Im Berichtsjahr fanden mehrere CDU-Events statt: anlässlich des „MedienMarktes ’88“ in Düsseldorf am 29. August eine Veranstaltung, die unter dem Motto „Europäische Medienpolitik“ stand, eine Fachtagung „Film hat Zukunft – Berlins Chancen im europäischen Binnenmarkt“ (25. November) und das „Zweite Bonner MedienMeeting“ (29. November), ein Streitgespräch zwischen CDU-Generalsekretär Heiner Geißler und dem Chefredakteur der Wochenzeitung „Die Zeit“, Theo Sommer. Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb Interessenskonflikte ordnungspolitischer Natur und hinsichtlich der Programminhalte privater Fernsehanstalten konnten auch Ende der 80er Jahre zwischen den Volksparteien ausgemacht werden. Vehement kritisierte die CDU die „unerträgliche Verfilzung von SPD/ DGB-Medienpolitik“, die den Versuch starte, „private Fernsehunternehmer mit staatlich verordneter Zwangsprogrammierung von aus sozialdemokratischer Sicht erwünschten Anbietern in ihrer Entfaltung massiv zu behindern.“572 Hierdurch seien die privaten Fernsehveranstalter SAT.1 und RTL plus gezwungen worden, das „Spiegel“-Nachrichtenmagazin und ein Kulturmagazin von Alexander Kluge auszustrahlen. Im Falle einer Weigerung wären ihnen die terrestrischen Frequenzen nicht zugewiesen worden.
570 Vgl. Schwarz-Schilling, Christian 1988. In: Pressemitteilung, Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen, 22.01.1988, Bonn. 571 Durch das Kabel waren ohnehin seit 1982 die technischen Reichweiten des Privatfernsehens zügig vorangetrieben worden. 572 Weirich, Dieter 1988b, S. 1.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
Heftig umstritten seitens der Medien und der empirischen Sozialforschung waren konstant die Ergebnisse parteipolitischer Fernsehbeobachtung gewesen (allein schon aufgrund mangelnder formaler Qualität der Erhebungen), doch die Volksparteien hielten an ihren Programmauswertungen fest. Die Interpretation der organisationsinternen Partei-Befunde stützte sich auf Kriterien wie inhaltliche Zielsetzungen der untersuchten Beiträge, Nennung von Namen von Politikern und Parteien, zeitliche Länge der Beiträge, Plazierung der Beiträge innerhalb von Sendungen etc.. Hierzu ein Anmerkung: In den 80er Jahren war es gang und gäbe, dass die Parteien über längere Zeiträume hinweg informative Fernsehbeiträge nach dem Prinzip der „Parteinahme“ bewerteten und dabei sogar die Redezeiten einzelner Politiker in Sekunden zählten. Diese sog. „Erbsenzählerei“ wurde in den Funkhäusern scharf als Zensur kritisiert und so mancher Journalist meinte, dass die Parteien es einfacher hätten, besser dargestellt zu werden, wenn ihre Politik dementsprechend ausfallen würde. Zur damaligen Zeit beobachtete z.B. die CDU einschaltquotenträchtige Fernsehsendungen mit politisch gravierenden Inhalten und bundesweiter Relevanz für die Parteien, um „Beweise“ für die „nicht-ausgewogene Berichterstattung“ des sog. ARD-„Rotfunks“ vorlegen zu können. Aktuell machte Weirich im Berichtsjahr darauf aufmerksam, dass die Partei eine Fernsehbeobachtung der ARDBerichterstattung in „Tagesschau“, „Tagesthemen“ und Magazinen über den SPD-Parteitag in Münster initiiert habe.573 Im Ergebnis stagnierten zuweilen die aus dem Rundfunkstaatsvertrag abzuleitenden Konsequenzen, weshalb die politischen Zeichen gelegentlich auf Protest standen. Stoiber mahnte z.B. bei den „Münchner Medientagen“ (17. Oktober 1988) die „schleichende Selbstkommerzialisierung“ der ö.-r. Rundfunkanstalten an und bestand auf einer Programmreform, die dem Auftrag zur Grundversorgung gerecht wurde.574 Anstatt sich auf den Grundversorgungsauftrag575 zu beschränken, konkurrierten die Öffentlich-Rechtlichen ebenfalls mit Unterhaltungssendungen, wodurch die Zahl derartiger Produktionen immens anstieg. Bernhard Vogel forderte von ARD und ZDF eine „quantitative Begrenzung“ der Programme und fragte rückblickend: „Gab es etwa 1984 in der alten Bundesrepublik keine ausreichende Grundversorgung mit damals zwei überregionalen Fernseh-Vollprogrammen und fünf regional verbreiteten Dritten Programmen?“576 Europäische Medienpolitik Die nicht nachlassende Frage nach der Zuständigkeit beim Rundfunkrecht für ein „grenzüberschreitendes, europaweit empfangbares Fernsehen“ erhielt Priorität auf der Tagesordnung von CDU/CSU. Eine einheitliche Position war vonnöten, weil einflussreiche Parteimitglieder divergierend argumentierten. Deshalb sollte mit Blick auf die Europawahl 1989 wenigstens „ein kleiner Grundkonsens“ erzielt werden.577 Ganz außerhalb parteipolitischer Betrachtungen vertraten Bund und Länder unterschiedliche Positionen gegeneinander und gegenüber der Europäischen Kommission, die wiederum die grenzüberschreitende Rechtshoheit beanspruchte. Das schloss nicht aus, dass 573 Vgl. Weirich, Dieter. In: Ergebnisprotokoll der Sitzung des CDU-Bundesfachausschusses für Medienpolitik am 15.09.1988, Bonn, S. 9. 574 Vgl. Stoiber, Edmund. In: epd/Kirche und Rundfunk 1988/83, Stuttgart, S. 9 f.. 575 Zur Grundversorgung zählten ARD und ZDF sowie das für die Region zuständige Dritte Programm (ARD). 576 Vogel, Bernhard 2004, S. 7. 577 Vgl. von Trotha, Klaus. In: Ergebnisprotokoll der Sitzung des CDU-Bundesfachausschusses für Medienpolitik am 24.11.1988, 08.02.1989, Bonn, S. 4.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
157
die unionsgeführte Bundesregierung auf europäischer Ebene zweigleisig agierte: Einerseits verhandelte sie im Ministerrat die Vorlage einer Medienkonvention „Europäische Übereinkommen über grenzüberschreitendes Fernsehen“ (von Juni 1988); andererseits beriet sie in der EG-Kommission den Entwurf einer „Richtlinie des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Rundfunktätigkeit“ (von März 1988) mit. An den innerhalb der Untersuchung bereits dargelegten Vorbehalten der Volksparteien SPD und CDU/CSU gegen eine EG-Fernsehrichtlinie hatte sich nichts geändert; eindeutig gab auch die Bundesregierung einer Konvention den Vorzug, zumal diese den gesamten deutschsprachigen Raum umfasste (22 Europarats-Staaten, auch Nichtmitgliedstaaten der EG wie z.B. die Schweiz). Gegen die EG-Fernsehrichtlinie sprach die Vision zahlreicher Politiker, dass einer Bundesregierung und den Ländern mittelfristig die rechtliche Kompetenz über den audiovisuellen Sektor von der Europäischen Gemeinschaft entzogen werden könnte. Im Fall einer solchen Regelung würde zukünftig in Rechtsangelegenheiten des Rundfunks nicht mehr das deutsche Bundesverfassungsgericht, sondern der Europäische Gerichtshof die letzte Instanz sein. MP Vogel hielt die damalige Ausrichtung und Organisation des EG-Gemeinschaftsrechts für völlig überzogen, machte jedoch zugleich auf ein gravierendes Problem des europäischen Medienmarktes aufmerksam: „Eine Zuständigkeit der EG auf dem Gebiet des Rundfunkrechts kann ich nicht anerkennen (...) Die Befürchtung, dass künftige Multimedia-Konzerne den Rundfunk in Europa bestimmen, ist nicht grundlos (...) Ich meine, hier müsste die EG rechtliche Regulative entwickeln, die einer solchen Dominanz einiger weniger Großunternehmer entgegenwirken.“578 Bei der Beurteilung der europäischen Rundfunksituation fehlte manchen Politikern das nötige Realitätsbewusstsein, dass Fernsehsendungen entsprechend dem EWG-Vertrag den Bestimmungen des freien Dienstleistungsverkehrs579 unterliegen.580 Zudem fällt ein grenzüberschreitendes Kabelfernsehen unter die Kategorie Dienstleistung des EG-Vertrages581 ebenso wie das Satellitenfernsehen. Diese Sichtweise basiert auf einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes, der in seiner „Debauve-Entscheidung“ aus 1980 keinen Grund sah, die Übertragung von Fernsehsendungen im Wege des Kabelfernsehens anders zu behandeln, als dass Fernsehsendungen Dienstleistungen sind.582 In dieser EuGH-Entscheidung liegt der Ursprung der Rechtssicherheit für den grenzüberschreitenden Rundfunk in Europa; Bund und Länder müssen sich rundfunkrechtlich beim „free flow of information“ ebenso unterordnen wie andere Staaten der Gemeinschaft. Partei-interne Kritik Die Frage nach einer einheitlichen und erfolgreichen Medienpolitik der Unionsparteien wurde in der CDU/CSU unterschiedlich beantwortet. Eine positive Sichtweise kam z.B. aus Bayern: „Zur Halbzeit der Geltungsdauer des MEG583 haben wir unsere wichtigsten me578 Vogel, Bernhard 1988, Rede am 29.08.1988 in Düsseldorf. In: FUNK-Korrespondenz Nr.35/2.09.1988, Beilage Dokumentation Medienpolitik, Bonn. 579 Vgl. Artikel S. 59 ff. EWGV. 580 Der Freistaat Bayern hatte gemeinsam mit acht Ländern am 07.04.1989 Klage gegen die EGRundfunkrichtlinie beim BVerfG eingereicht. Das BVerfG entschied am 22.03.1995 in seinem Urteil, dass die EG-Richtlinie insgesamt rechtskräftig sei, auch wenn die Bundesregierung einem Teil der Richtlinie nicht hätte zustimmen dürfen. 581 Vgl. Richtlinie/Grünbuch „Fernsehen ohne Grenzen“ der EG-Kommission bzw. „Kabel- und Satellitenrichtlinie“ 93/83/EWG. 582 Vgl. EuGH, Slg. 1980, 833. 583 Bayerisches Medienentwicklungs- und Erprobungsgesetz (MEG).
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
dienpolitischen Ziele erreicht, nämlich die Schaffung möglichst effektiver Konkurrenz zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die Entautorisierung der öffentlich-rechtlichen Programme, die stärkere Hinwendung der Programmmacher – gerade auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk – an die Wünsche der Bürger und die Förderung der inländischen Medienwirtschaft.“584 Andere Stimmen aus dem Unionslager sahen die Zwischenbilanz trotz globaler Erfolge durchaus kritischer und meinten, dass einzelne Unionsministerpräsidenten ab Mitte der 80er Jahre zunehmend Länder- und somit Standortpolitik betrieben und folglich die gemeinsamen Interessen vernachlässigt hätten.
1989
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Medienpolitische Organisation und Arbeitsweise Hinsichtlich einer Identifikation mit christlich-sozialen Werten ist anzumerken, dass am 2. Mai 1989 eine Medienkommission aus Politikern und parteilosen Experten bei der CSULandesleitung gebildet wurde, die die medienprogrammatischen Aussagen der bayerischen Partei entwickeln und in der Öffentlichkeit erörtern sollten. Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung In dem 1988 angekündigten und am 10. März 1989 vorgestellten Programm „Medienmarkt der neunziger Jahre“ bilanzierte die Union, dass diejenigen medienpolitischen Forderungen, die beim „Mainzer Medienkongress“ (27./28. Februar 1985) und in der „Frankfurter Erklärung“ (18. Oktober 1985) aufgestellt wurden, in allen grundsätzlichen Punkten verwirklicht worden seien.585 Innerhalb des Zukunftsprogramms erfolgte ein Festhalten an der Bestands- und Entwicklungsgarantie des ö.-r. Rundfunks, zugleich aber auch eine Warnung vor Tendenzen zu einer „Selbstkommerzialisierung“. Hierzu erfolgte der Hinweis, dass sich der private Rundfunk noch in der Aufbauphase befinde, wobei die rechtlichen Voraussetzungen weitgehend geschaffen seien, jedoch die technischen hinzukommen müssten, damit die wirtschaftlichen Grundlagen für private Anbieter gegeben seien. Die dienende Funktion der Bundespost gegenüber dem Rundfunk wurde ebenso herausgestellt wie das langfristige Vorhaben, das „britische Rundfunkmodell“ einführen zu wollen (die ö.-r. Anstalten finanzieren sich ausschließlich durch Gebühren und die Privaten durch Werbung). Zur Entwicklung des Films hielt man innerhalb des Programms fest, dass dieser inzwischen im Wesentlichen aus staatlichen Förderungen und Aufträgen des Fernsehens finanziert werde und dass dringend Maßnahmen zur Stärkung der europäischen Identität auf dem audiovisuellen Sektor geboten seien. Ganzheitlich betrachtet entsteht der Eindruck, dass die europäische Medienentwicklung das beherrschende Thema des neuen CDU-Programms war. Ausdrücklich begrüßte die CDU im November 1989 die Forderungen von Vertretern der Reformbewegung in der DDR – Journalisten, Schriftstellern und Künstlern – nach einer freiheitlichen Medienpolitik innerhalb des sozialistischen Staates. Genau diese Erwartungen stützte ein „Fünf-Punkte-Katalog zur Verwirklichung von Pressefreiheit in der DDR“ des CDU-Bundesfachausschusses Medienpolitik, der verlangte, dass es zu einer Eigenverantwortung der Medien und zu einem öffentlichen Dialog über Medienfreiheit in der DDR
584 Stoiber, Edmund 1988, S. 11-12. 585 Vgl. Medienmarkt der neunziger Jahre, Bundesfachausschuss Medienpolitik der CDU, 10.03.1989, Bonn.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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kommen und mehr Normalität in den Medienbeziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DRR einkehren müsse.586 Mediengesetzgebung Gegen die Stimmen Deutschlands, Belgiens und Dänemarks erließ der Ministerrat des Europäischen Gemeinschaften am 3. Oktober 1989 die umstrittene Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“. Auf dieser Grundlage sollte ein einheitlicher europäischer Markt für Rundfunkdienstleister geschaffen und das Fernsehrecht vereinheitlicht werden. Die Bundesländer betrachteten die Richtlinie nach wie vor als einen schweren Eingriff in ihre hoheitlichen Kompetenzen (vgl. Kap. 3.2.1). In Augenhöhe verabschiedete der Europarat am 15. März 1989 die Konvention „Europäisches Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen“ in Straßburg, die u.a. Regelungen zur Fernsehwerbung und Programmgestaltung enthält und den bereits aufgezeigten Interessen Deutschlands entgegenkam. Im Hinblick auf den europäischen Binnenmarkt und dessen Stichjahr 1992 musste es nachfolgend in den EG-Ländern zu Rechtsangleichungen kommen, die die „Europäische Rundfunkkonvention“ und die „EG-Richtlinie“ erforderlich machten. Indes zeichnete die Bundesrepublik Deutschland am 9. Oktober 1991 die Konvention. Der rundfunkpolitische Wandel, dem die Union unfreiwillig gegen Ende des Untersuchungszeitraumes unterlag, zeigte sich deutlich in mehreren Bereichen. So wurden z.B. kongruent zu den parteipolitischen Zielsetzungen der SPD in einzelnen A-Ländern Mediengesetze verabschiedet bzw. novelliert. In mancherlei Hinsicht erinnerte dieser Verlauf der Entwicklungen an eine Reminiszenz „Back to the social democratic roots“:
Nach Ansicht von CDU/CSU belege die forcierte Novellierung des Kieler Rundfunkgesetzes von 1984 die ideologische Fixierung der SPD-Medienpolitik. Eine Überarbeitung des Gesetzes sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt ohne jeden sachlichen Hintergrund.587 Mit der verlorenen Landtagswahl 1989 in Berlin (es bildete sich eine rot-grüne Linkskoalition unter dem Regierenden Bürgermeister Momper/SPD) erwarteten die Unionsparteien eine „ideologische Kulturrevolution“. Konfliktpotential bestand vor allem darin, dass der landesweite Privatfunk in seinen Entfaltungsmöglichkeiten eingeschränkt wurde (durch eine Novellierung des Landesmediengesetzes) und dass „basisdemokratische Elemente“ in die Kontrollgremien entsandt wurden.588 Das bei RTL plus ausgestrahlte Programm „Spiegel-TV“ zeige einen eindeutigen Linkstrend und betreibe klassische Meinungsmache. Die Union unterstellte im Verbund mit den bestehenden öffentlich-rechtlichen Fernsehmagazinen (z.B. „Panorama“, „Monitor“, „Report Baden-Baden“) eine weitere Massierung politisch einseitiger Berichterstattung.589 Scharf kritisiert wurde der „Knebelvertrag von SAT.1“ über die Vergabe terrestrischer Frequenzen in Bremen, welches der Sender mit dem SPD-Senat der Freien Hansestadt
586 Vgl. CDU-Pressemitteilung v. 24.11.1989, CDU-Bundesgeschäftsstelle, Bonn. 587 Vgl. Ergebnisprotokoll der Sitzung des CDU-Bundesfachausschusses für Medienpolitik am 21.09.1989, 31.10.1989, Bonn, S. 4. 588 Vgl. Ergebnisprotokoll der Sitzung des CDU-Bundesfachausschusses für Medienpolitik am 10./11.03.1989, 11.04.1989, Frankfurt am Main, S. 2. 589 Vgl. Ergebnisprotokoll der Sitzung des CDU-Bundesfachausschusses für Medienpolitik am 21.09.1989, 31.10.1989, Bonn, S. 4.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
abgeschlossen hatte. Hierbei werde das Gebot der Staatsferne verletzt und sogar Programminhalte bestimmt590: „Kein anderer privater Sender hat sich in dieser Weise gegenüber der SPD als willfährig erwiesen, um nicht das schlimmere Wort prostituiert zu verwenden.“591 Angesichts der Rückeroberung von journalistischen Machtpositionen bei der ARD durch SPD-Sympathisanten machte Stoiber darauf aufmerksam, dass die SPDMedienpolitik eine immer stärkere Einflussnahme auf ARD-Sendungen ausübe und nannte drei Bereiche: erstens die täglich tagende Telefonrunde der mehrheitlich sozialdemokratisch orientierten ARD-Chefredakteure, die u.a. darüber entscheiden, wer den politischen Kommentar in den „Tagesthemen“ spricht. Zweitens die vom Westdeutschen Rundfunk (dem nach Stoiber „SPD-beherrschten WDR“) verantwortete freitägliche Nachrichtensendung „Bericht aus Bonn“. Und drittens die „einseitigen und fragwürdigen Beiträge“ innerhalb der Magazinsendungen, Brennpunkte und Features von WDR, NDR oder HR.592
Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken Die Verkabelungspolitik der unionsgeführten Bundesregierung zeigte deutliche Wachstumsraten, wodurch sich die Reichweiten der privaten Sender auf dem Vormarsch befanden. Ende September 1989 waren bundesweit 13,18 Millionen Haushalte anschließbar (dies entsprach einem Versorgungsgrad von 51,2 Prozent), wobei der sechsmillionste Kabelanschluss übergeben wurde.593 Das Interesse der Haushalte am Kabelanschluss hielt unvermindert an, weil die Netze so konzipiert waren, dass neben den Satellitenprogrammen von ECS1, Astra und Intelsat auch Pay-TV und zukünftige Fernsehnormen wie High Definition sowie digitaler Hörfunk übertragen werden konnten. Europäische Medienpolitik In praxi bekannten sich die Christdemokraten zur politischen Werbung im Privatfunk und schalteten im Europawahlkampf 1989 erstmals kommerzielle CDU-Wahlspots bei privaten Fernsehsendern (SAT.1 und Tele 5). Die Partei erwarb Werbeplätze – außerhalb der gesetzlich angemessenen und eingeräumten Wahlwerbezeiten für politische Parteien – gegen eine Gebühr bei Fernsehsendern und betrat damit ein rechtlich strittiges und neues Terrain. Es war abzusehen, dass zahlreiche juristische Experten die Zulässigkeit politischer Werbung auf kommerzieller Basis in Frage stellen würden, weil hierbei Wirtschaftswerbung mit politischer Meinungsbildung verknüpft wird. Sie argumentierten ferner, dass eine Anerkennung der Rechtmäßigkeit kommerzieller Wahlwerbung u.a. zur Folge hätte, dass auch weltanschauliche und religiöse Vereinigungen oder Gewerkschaften wie der DGB zukünftig Fernsehwerbung in eigener Sache betreiben könnten.
590 Vgl. Ergebnisprotokoll der Sitzung des CDU-Bundesfachausschusses für Medienpolitik am 21.09.1989, 31.10.1989, Bonn, S. 4-5. 591 Neumann, Bernd 1989: Schreiben an den Vorsitzenden des CDU-Bundesfachausschusses Medienpolitik Dieter Weirich v. 23.08.1989, Bonn. 592 Stoiber, Edmund 1989, S. 4. 593 Der Bundesminister für Post und Telekommunikation, Presseerklärung, 21.11.1989, Bonn.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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3.2.3 Medienpolitische Positionen der F.D.P. Oktober – Dezemberg 1982
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Zwischen den Koalitionären des Regierungswechsels bestand Einigkeit darüber, dass die Rundfunklandschaft neu gestaltet werden musste. Abstimmungsprobleme zwischen Union und den Liberalen existierten nicht, so dass Schwarz-Schilling in einer Rückschau resümierte: „Die strategische Zielsetzung für eine Neuordnung des Medienmarktes war klar, die Beschlüsse innerhalb der CDU/CSU waren alle gefasst (...) die F.D.P. machte keine Schwierigkeiten, sondern schwenkte auf die neuen Zielvorstellungen der Union ein.“594 Analysiert man die medienpolitische Entwicklung der Liberalen, so vollzog sich ein langsamer, aber fortschreitender Konsolidierungsprozess, der bis Herbst 1984 andauerte, hin zu programmatischen, ausschlaggebenden Positionen des Koalitionspartners. Die mögliche Hauptursache für diese eingleisige Entwicklung lässt sich erklären, wenn man sich vergegenwärtigt, dass zu den Stärken der F.D.P. die Politikfelder Außen-, Innen- und Wirtschaftspolitik zählten. Aus dieser Sicht betrachtet war die Medienpolitik für die Liberalen ein verhältnismäßig „zweitrangiges“ Thema, von dem man zwar indirekt profitieren konnte (z.B. ökonomisches Marktpotenzial für liberale Klientel in der Technologiebranche), bei dem es aber keinen Vorteil brachte, darüber mit den Unionsparteien dezidiert zu disputieren.
1983
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Öffentlich-rechtliches Rundfunkmonopol Der F.D.P.-Bundesvorsitzende Genscher nutzte realitätsadäquat bekannte Argumentationsvokabularien der Unionsparteien in der Auseinandersetzung um eine sachgerechte Informationsvermittlung und griff den Missbrauch des ö.-r. Fernsehmonopols an. So warf er dem Hessischen Rundfunk vor, ein „rot-grünes Meinungskartell“ zu sein, das einer „rot-grünen Republik“ den Boden bereiten wolle.595 Mediengesetzgebung In den Ländern, wo F.D.P. und CDU in den 80er Jahren eine Regierungskoalition bildeten (z.B. Rheinland-Pfalz) oder in der Opposition saßen (z.B. Nordrhein-Westfalen), passten sich die Liberalen bei Abstimmungen zu Landesmediengesetzen den Argumenten der Christdemokraten an. Zum damaligen Zeitpunkt zeigte sich eine stabile Allianz, der medienpolitisch betrachtet verbindende Zukunftsperspektiven wichtiger waren als der Parteienwettbewerb miteinander. Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken Unmittelbar nach dem vollzogenen Misstrauensvotum gegen BK Schmidt (1. Oktober 1982)596 und der Bildung einer mehrheitsfähigen CDU/CSU/F.D.P.-Bundesregierung unter Kohl sortierte sich die F.D.P.-Führungsspitze neu und änderte ihre frühere vorbehaltvolle Einstellung zum Privatfunk. So forderte sie u.a. durch ihre Medienkommission die Minis594 Schwarz-Schilling, Christian 2002, S. 184. 595 Vgl. Genscher, Hans Dietrich 1983, S. 1. 596 Die Widerstände innerhalb der F.D.P. gegen einen Wechsel des Regierungspartners waren gravierend, doch Genscher setzte sich mit seiner Linie als neuer Parteivorsitzender durch.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
terpräsidenten auf, sich endlich über die Nutzung der Kanäle auf dem ab 1985 betriebsbereiten ersten deutschen Direktfernseh-Satelliten (TV-SAT) zu einigen. Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Ein großes Missverhältnis zwischen dem Anspruch der Liberalen, die politischen Einstellungen von Wahlberechtigten durch breit angelegte Informationskampagnen beeinflussen zu wollen, und der Realität fehlender Finanzmittel im Wahlkampf zeigt Schröder für die F.D.P. auf: „Die Aufgaben bei der Mediaplanung sind also: Erlangung einer großen Reichweite (...) Bei einem im Verhältnis zu den anderen großen Parteien wesentlich geringeren Etat ist dieses ein schier unlösbares Problem.“597 Sofern die Finanzmittel nicht zur Verfügung standen, bot sich als einziger Ausweg aus der Zwangslage an, die elektronischen Massenmedien zum großflächigen Transport von Wahlkampfthemen einzusetzen. Aus der Darlegung wird ersichtlich, dass die kleineren Parteien wie F.D.P. und DIE GRÜNEN ebenso, wenn nicht sogar stärker als die finanziell besser gestellten Volksparteien, auf die Unterstützung durch das Fernsehen angewiesen sind.
1984
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Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Für das Verhältnis der F.D.P. zu den Neuen Medien galt bis 1984 offenbar, dass die Liberalen zwar für einen rundfunk-politischen Kurswechsel eintraten, diesen aber lediglich unter öffentlich-rechtlicher Verantwortung ansiedeln wollten. Deshalb versuchte die neue F.D.P.Generalsekretärin Adam-Schwaetzer den Stellenwert der Liberalen bei der Etablierung zeitgemäßer Medienfreiheiten für die Geschichtsschreibung zu beschönigen: „Die F.D.P. hat bereits mit ihren ‚Leitlinien Neue Medien’, die 1979 in Godesberg beschlossen worden sind, den Weg zu einer vernünftigen neuen Medienordnung gewiesen.“598 Vergessen machen wollten die Liberalen, was sie ursprünglich in der Realdefinition darunter verstanden: „Durch das Nein der F.D.P. zu einem kommerziellen Rundfunk wird sichergestellt, dass es in der Bundesrepublik Deutschland, wenn es nach der F.D.P. geht, keine bundesweiten kommerziellen Berieselungsprogramme geben wird.“599 Aus heutiger Sicht sprachen sich die Liberalen erst im Oktober 1984 für die Zulassung kommerzieller Rundfunkveranstalter zu neuen Frequenzen und Kanälen und gegen medienpolitische Kleinstaaterei aus600 und wurden letztlich erst ab diesem Zeitpunkt zu einem verlässlichen Partner der Unionsparteien. Von koalitionstreuer Relevanz war schließlich der Beschluss „Thesen zur Medienpolitik“ des F.D.P.-Bundeshauptausschusses v. 17. November 1984601, in dem u.a. postuliert wurde:
597 598 599 600 601
Der Medienbereich ist von staatlichen Ge- und Verboten möglichst weitgehend freizuhalten, eine medienpolitische Kleinstaaterei soll verhindert werden. Die Zulassung von privaten Programmveranstaltern zu neuen Frequenzen und Kanälen und die Erhaltung des ö.-r. Rundfunks sind zu gewährleisten. Schröder, Peter 1983, S. 157. Adam-Schwaetzer, Irmgard 1984, S. 1. Gerwald, Josef M. 1979, S. 1. Vgl. Hirche, Walter 1984a, S. 1. Vgl. Liberale Dokumente Januar ’85, S. 6-7.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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Es sollen rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die die Tätigkeit der neuen Veranstalter langfristig sichern. Die Neuen Medien müssen zu einer Stärkung des Wettbewerbs zwischen den Informationsanbietern führen.
Öffentlich-rechtliches Rundfunkmonopol Das programmatische Umschwenken ihres ehemaligen Regierungspartners SPD, das ö.-r. Rundfunkmonopol nicht mehr einzig aus der Defensive zu betrachten, sondern eine duale Rundfunkordnung zu tolerieren, bereitete der F.D.P. analytische Komplikationen: „Gerade noch rechtzeitig hat die SPD die Kurve gekriegt und sich in der Medienpolitik mit einem ‚Salto-Totale’ den Realitäten angeschlossen. Wie man allerdings diesen plötzlichen Gesinnungswandel als ‚Kontinuität’ verkaufen kann, bleibt ein Rätsel.“602 Neue Technololgien/Fernsehübertragungstechniken Besonders unter dem Aspekt von Innovationschancen war die Intention der Liberalen durchweg erkennbar, den Mittelstand von der ökonomischen Substanz einer „Wendepolitik“ profitieren zu lassen: „Eine Lockerung und teilweise Aufhebung des Fernmeldemonopols der Bundespost, um insbesondere der mittelständischen Wirtschaft Tätigkeitsfelder im Zusammenhang mit der Verkabelung zu eröffnen.“603 Mit analogen Konzepten gegen Monopolansprüche und rückständisches Denken sollte ein generelles Bewusstsein bei Wirtschaft, Politik und Bevölkerung dafür geschaffen werden, dass Satellit und Kabel als sich gegenseitig zu ergänzende Techniken eine Daseinsberechtigung besitzen.
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Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Für den politischen Tagesgebrauch galten die Richtungsvorgaben aus dem Vorjahr, dass privater Rundfunk einzuführen sei und gleichzeitig eine Reform der bisherigen Struktur der ARD einschließlich eines Abbaus des Staatseinflusses auf die Sendeanstalten angestrebt sowie eine Bildung von Informations- und Meinungsmonopolen beim privaten Fernsehen abgelehnt wurde. Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Ein ureigenes Anliegen der F.D.P., die Unterbindung des sogenannten „Parteienfunks“, wurde von Spitzenpolitikern wie Genscher und Graf Lambsdorff in den 80er Jahren regelmäßig aufgegriffen. Aus dem arbeitsintensiven Verhältnis der Koalitionäre auf Bundesebene zueinander nachvollziehbar, ergab sich hierbei, dass die SPD-Personalpolitik vorrangig getadelt wurde: „In der Auseinandersetzung mit einem ungewöhnlich bekannten Journalisten604 ist für alle ein medienpolitisches Verständnis deutlich geworden, das Rundfunk und Fernsehen vor allem als den verlängerten Arm sozialdemokratischer Politik begreift (...) Es ist eine Medienpolitik des betonierten Staatssozialismus. Und Johannes Rau aus Düsseldorf ist dabei immer vorneweg.“605 602 Adam-Schwaetzer, Irmgard 1984, S. 1. 603 Hirche, Walter 1984b, S. 1. 604 Es handelte sich um Friedrich Nowottny, der gegen die Stimmen der SPD-Rundfunkratsmitglieder zum neuen WDR-Intendanten gewählt wurde. 605 Lambsdorff, Otto Graf 1985, S. 61.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb Eine der wesentlichen Funktionen des Mediensystems ist, den verfassungsrechtlich geschützten Prozess der öffentlichen Meinungsbildung zu gestalten und ihn für das demokratische Gemeinwesen zu öffnen. Die F.D.P.-Bundesmedienkommission unter ihrem Vorsitzenden Hirche gerierte zunehmend als Advokat der durch das Grundgesetz verbrieften Freiheit der Berichterstattung: „Die Verteidigung des jetzigen Rundfunkmonopols durch die Sozialdemokraten, nur weil es öffentlich-rechtlich organisiert ist, wird keinesfalls von dem Wunsch nach Erhalt der Meinungsvielfalt geleitet, sondern im Gegenteil von dem Wunsch, mehr Informations- und Unterhaltungsangebote zu verhindern. Die Blockade Privater richtet sich damit gegen die vom Grundgesetz gebotene Herstellung von größtmöglicher Meinungsvielfalt.“606
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Mediengesetzgebung Hinter den Entwürfen der Volksparteien zum privaten Rundfunkrecht wollte die F.D.P. nicht zurückstehen und legte am 15. Januar 1986 in Nordrhein-Westfalen ein Exposé „Gesetz über die Veranstaltung von privaten Rundfunkprogrammen“607 dem Landtag vor, das dort voraussehbar keine Mehrheit fand. Konzeptionelle Einigkeit bestand bei den Liberalen insbesondere darüber, dass:
Meinungsvielfalt durch eine Vielzahl konkurrierender Programmangebote erzielt wird; Ein Landesrundfunkausschuss über die Lizenzvergabe und Einspeisung von Programmen entscheidet; Programmangebot und Werbeumfang des WDR eingefroren werden und dem WDR jede Beteiligung bei privaten Veranstaltern untersagt wird.
Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb Hirche gelangte wie im Vorjahr zu dem Ergebnis, dass die Meinungsfreiheit und -vielfalt und die damit verbundenen Informationschancen für die Bürger einschließlich Dienstleistungsangeboten verteidigt werden müssten: „Die Abwehrargumente gegen neue Medien, die früher von den oberen Klassen der Gesellschaft ausgingen, tauchen heute nahtlos bei elitären Feuilletonisten ebenso wie bei gleichmacherischen Gewerkschafts- und SPDFunktionären auf.“608 Europäische Medienpolitik Keinesfalls erschöpfte sich die Position der Liberalen darin, fortgeschrittene Kommunikationsangebote für den Bürger nur deutschlandweit anzustreben. Im Gegenteil sollte europaweit der freie Fluss von Informationen über alle nationalen Schlagbäume hinweg gewährleistet werden, wobei die Politik an dieser Entwicklung mitzuwirken hatte.609
606 Hirche, Walter 1985, S. 3. 607 Vgl. Gesetz über die Veranstaltung von privaten Rundfunkprogrammen. In: „Funkkorrespondenz“ 1986/3, Dokumentation Rundfunkpolitik, Bonn, D 1 f.. 608 Hirche, Walter 1986, S. 10. 609 Vgl. Hirche, Walter 1986, S. 10.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Während der Zulassungsphase privater Programmveranstalter setzte sich die F.D.P. für faire Start- und Marktchancen speziell für kleinere und mittlere Rundfunkunternehmen ein. In allen Ländern sollten die Programme nicht nur verbreitet, sondern auch veranstaltet werden.610 Vom Stand theoretischen Planungen her betrachtet, konnte gerade der Mittelstand durch den ökonomischen Wettbewerb der Systeme und die technologisch-infrastrukturell ausgerichteten Wachstumsprogramme prosperieren.
1988
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Mediengesetzgebung Im opportunen und methodischen Einklang mit den Unionsparteien unterstellte Hirche den Sozialdemokraten, diverse Landesrundfunk- und Landesmediengesetze einzig aus parteilichem Kalkül und politischem Machtwillen umgeschrieben zu haben, keinesfalls aber, um mehr Staatsferne herbeizuführen: „Es ist sicher kein Zufall, dass die SPD im Saarland, in Berlin und in Niedersachsen sofort nach Wahlerfolgen eine Änderung der Zusammensetzung der Gremien in den Rundfunkanstalten angesteuert hat.“611 Finanzierung der Rundfunkanstalten Bei der Beurteilung des Finanzbedarfs der ö.-r. Anstalten unter Berücksichtigung der Entwicklungsmöglichkeiten der Privaten unterbreiteten die Liberalen wiederholt den Vorschlag, ARD und ZDF ausschließlich über die Gebühreneinnahmen zu finanzieren und die Werbung den Privaten zu überlassen.612 Diese Überlegung war weder neu noch exklusiv, denn auch Politiker der Unionsparteien vertraten diese Position seit den 70er Jahren. Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Im Oktober 1988 strebte der F.D.P.-Landesverband Bayern ein Volksbegehren unter dem Motto „Für freien Rundfunk in Bayern“ gegen den Einfluss des Staates und der Parteien auf die ö.-r. Rundfunkanstalten an. Nach den beiden wichtigsten Zielen des liberalen Volksbegehrens sollte die Bayerische Staatsregierung keine Vertreter mehr in die Aufsichtsgremien entsenden dürfen und auch die Anzahl der Parteienvertreter sollte deutlich reduziert werden. Das Volksbegehren wurde mangels fehlender Unterstützungs-Unterschriften von wahlberechtigten Bürgern nicht realisiert; mindestens 10% aller Stimmberechtigten hätten vorab für die F.D.P.-Initiative stimmen müssen.
1989
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Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Die Effektivität der von den Parteien gewählten Themenstellungen war unterschiedlich ausgeprägt und entbehrte gelegentlich einer zeitgebundenen abgestimmten Logik. So setzte 610 Vgl. F.D.P.-Fraktionsvorsitzende 1987, S. 1. 611 Hirche, Walter 1992, S. 192. 612 Vgl. Hirche, Walter 1992, S. 195.
166
Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
sich Brüderle auf dem „Liberalen Medientag“ in Ludwigshafen (25. Mai 1989) gegen eine pornographische Darstellung von Frauen und gegen jedwede Art von Gewaltdarstellung in von Fernsehsendungen ein.613 Mit dieser Problematik hatten sich die Volksparteien bereits 1986 im Zuge der Erörterung des „Gesetzes zur Neuregelung des Jugendschutzes in der Öffentlichkeit“ beschäftigt. Mediengesetzgebung Weil die inhaltlichen Unterschiede zwischen den Systemen kaum wahrzunehmen seien und die Grundversorgung auch in Teilen von den Privaten mitgestaltet werde, verlangten liberale Stimmen eine Privatisierung des ZDF, um eine „echte Vielfalt“ und damit eine Konkurrenz des Programmangebotes zu erzielen.614 Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Parteien benötigen die Massenmedien nicht nur in Wahlkampfzeiten, um ihre politischen Ziele erfolgreich kommunizieren zu können. Das Fehlen qualifizierter und quantitativer publizistischer Berichterstattung bewirkt ein Vakuum zwischen Absender und Empfänger politischer Botschaften. Möllemann skizziert ein derartiges Manko der Liberalen Partei, rückblickend auf die 80er Jahre: „Es gibt ja, wenn man sich unsere Medienlandschaft anschaut, gewisse politische Grundorientierungen (...) auch bei den elektronischen Medien. Die haben, was Grundorientierung angeht, Präferenzen für politische Richtungen, und da fällt einem bei sorgfältiger Analyse derselben auf, dass es kaum eine Medium gibt, das eine politische Orientierung auf die F.D.P. hat, was für sich genommen sehr bedauerlich ist.“615
3.2.4 Medienpolitische Positionen der GRÜNEN (seit dem 06. März 1983 im Deutschen Bundestag vertreten) 1983
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Medienpolitische Organisation und Arbeitsweise Intensive Recherchen zur Medienpolitik der GRÜNEN, einschließlich „Alternative Liste“, die vom „Archiv Grünes Gedächtnis“ unterstützt wurden, brachten zunächst die Erkenntnis, dass zu Beginn der untersuchten Zeitspanne kein eigenständisches Medienprogramm der Partei existierte, sondern dass die entsprechenden Aspekte in den Wahl- und Grundsatzprogrammen angesprochen wurden. Medienpolitisch organisiert war die Partei in der bundesweit agierenden Arbeitsgemeinschaft „Computer und Medien“. Aus den Akten- und Bibliotheksbeständen geht hervor, dass sich in den 80er Jahren hauptsächlich die Parteimitglieder Heinz Suhr, Pressesprecher der GRÜNEN im Bundestag (er entwarf maßgeblich das Medienkonzept der GRÜNEN), Ulrike Erb (wissenschaftliche Referentin der Fraktion im Bundestag) und Rüdiger Winter (Grün-Alternative Liste) mit Medienfragen befassten.
613 Brüderle, Rainer 25.05.1989. In: dpa-Informationen 1989/21, S. 2. 614 Vgl. Otto, Hans-Joachim 1993, S. 58. Zur Privatisierung des ZDF liegt auch ein Beschluss des Bundesverbandes der Jungen Liberalen v. 31.10.1992 vor (vgl. http://bund.inhalte.julis.de 15.05.2006). 615 Möllemann, Jürgen 1991, S. 115.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
167
Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung DIE GRÜNEN bemängelten schon 1980 im sog. „Saarbrücker Programm“ „den Einfluss von wirtschaftlich starken Gruppen wie von politischen Parteien auf die Programmgestaltung von Funk und Fernsehen“. Sie beklagten ferner, dass „eine umfassende und kritische Berichterstattung immer weniger stattfindet“, und legten für ihre Partei fest, dass „Funk- und Fernsehsender in privater Hand verboten bleiben“ und „die öffentlich-rechtlichen Medien auf Werbung ganz verzichten müssen.“ 616 Das Jahr 1983 entwickelte sich für DIE GRÜNEN zu einer medienpolitischen Orientierungsphase, wobei Suhr zunächst für seine Partei die rhetorische Frage stellte: „Grüne Medienpolitik – gibt es die?“ Suhr konzedierte fundamentale Schwierigkeiten aufgrund fehlender Programmatiken sowie Koordinationsregulativen und wies dabei auf die historischen Ursprünge der medienpolitischen Bewegung hin: „Aus dem alternativen Umfeld der Stadtzeitungen, der Freien Radios, der Bürgerinitiativen gegen die Neuen Medien und gegen die Volkszählung entstanden, hat seit drei Monaten eine bundesweite Arbeitsgemeinschaft ‚Computer und Medien’ der grün-alternativen Listen die Diskussion aufgenommen.“617 Es lag nahe, dass sich die Arbeitsgemeinschaft – ähnlich der programmatischen Evolutionsgeschichte anderer Parteien – thematisch vorzugsweise mit den neuen Medientechnologien beschäftigen würde. Dabei galt ihr außerordentliches Engagement zuallererst der Verhinderung einer Orwellschen Zukunftsvision, nämlich der „rasche[n] Weiterentwicklung der staatlichen Überwachungs- und Kontrollstrategien bis hin zur ‚Stechuhr im Wohnzimmer’, dem neuen Heimterminal.“618 Zum Gesamtkomplex „Neue Medien“, zur Terra incognita des privaten Rundfunks, hatte die Partei bis zu diesem Zeitpunkt noch keine detaillierten Positionen vorgelegt, sprach sich aber vorab auf den Medientagen in Hannover (10.-13. Februar 1983) für ein lokales Fernsehen und gegen kommerziellen Rundfunk aus. Auf der Agenda der GRÜNEN stand bis auf weiteres die Verteidigung bzw. der Ausbau von Meinungsvielfalt und -freiheit innerhalb bestehender Medien. Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken In der Debatte um neue Technologien verwendeten DIE GRÜNEN die Argumente der Gewerkschaften und zeichneten ein Schreckensszenario, ohne eigene Impulse zu setzen: „In den Gewerkschaften schätzt man den ‚Rationalisierungsnutzen’ durch Verkabelung zwei- bis fünfmal größer ein als den ‚Mediennutzen’ (...) Hunderttausende, wenn nicht Millionen von Arbeitsplätzen sind in den nächsten zehn Jahren in Gefahr, dem technischen Fortschritt zum Opfer zu fallen.“619 Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik DIE GRÜNEN glaubten festgestellt zu haben, dass innerhalb der ö.-r. Rundfunkanstalten die gesellschaftlich relevanten Kräfte nicht vertreten seien, und wollten deshalb die Anstalten für die Bürger öffnen: „Das oberste Ziel muss eine Neufassung der Zusammensetzung
616 617 618 619
Vgl. DIE GRÜNEN 1980, V.8 Medien, S. 34. Suhr, Heinz 1983, S. 3-7. Suhr, Heinz 1983, S. 3. Suhr, Heinz 1983, S. 3.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
der Kontrollgremien sein (...) [, damit] der allseits beschworene mündige Bürger auch was zu sagen hat und sich Gehör verschaffen kann.“620 Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb Verschiedene Faktoren, die u.a. beim „Saarbrücker Programm“ (s.o.) schon aufgezeigt wurden, deuteten darauf hin, dass DIE GRÜNEN vehement und langfristig einen kommerziellen Rundfunk ablehnten, weil dieser nicht der Informations- und Meinungsfreiheit dienen würde.621
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Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Die damaligen Bestrebungen der GRÜNEN, ein radikales Profil zu zeigen, verbunden mit systemoppositionellen Grundsatzkritiken, überschritten die Möglichkeiten, medienpolitisch koalitionsfähig zu werden. So wurden in der „Wildsachsener Erklärung“ (25./26. Mai 1984)622 eine Reihe ordnungspolitischer Forderungen aufgestellt, die in ihrer Komplexität mit keinem anderen Parteiprogramm kompatibel waren:
Keine Einführung von Kommerzfunk und -fernsehen; Stopp der Verkabelung, Abbruch der Kabelpilotprojekte, keine Zwangsverkabelung; Keine Zulassung von Richtfunk- oder Verteilsatellitenprogrammen; „Bürgerfernsehen“ im Hauptabendprogramm von ARD und ZDF; Herstellen der Staatsferne und Zurückdrängen des Parteieneinflusses sowie Parteienproporzes.
Öffentlich-rechtliches Rundfunkmonopol Der Streit um den geplanten Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens bildete nur das externe Symptom einer introvertierten Orientierungsphase, in der sich DIE GRÜNEN befanden. Es wurde ihnen z.B. bewusst, dass ihre Partei bei der Gestaltung der Rundfunklandschaft keine Möglichkeit der Mitbestimmung besaß. Das hatte Konsequenzen für ihre Politik, und so unterstellten sie oppositär, die einzige Partei zu sein, die den ö.-r. Rundfunk retten wollte623, und schlossen eine Rundfunkveranstaltung unter kommerziellen, parteipolitischen oder staatlichen Sonderinteressen ausdrücklich aus. Unter „Rettung“ verstanden sie gleichwohl, den Rundfunk entscheidend verändern zu wollen: „demokratisch“ und hin zum „mündigen Bürger“. Mediengesetzgebung In dem problembeladenen Berichtsjahr 1984, einem Jahr allgemeiner medienpolitischer Konfrontationen sowie kleinschrittiger, rundfunkpolitischer Umgestaltungsprozesse, schloss sich die Bundestagsfraktion DIE GRÜNEN der von der SPD eingereichten Normenkontrollklage gegen das Niedersächsische Landesrundfunkgesetz an. Gleichzeitig verurteilten sie die SPD-Medienpolitik und ihren Hang zum Kommerzfunk und führten als Beweis 620 621 622 623
Suhr, Heinz 1983, S. 6. Vgl. Suhr, Heinz 1983, S. 3. Vgl. DIE GRÜNEN im Bundestag 1984, S. 1-3. Vgl. Suhr, Heinz/Neddermeyer, Helmut 1984, S. 31-32.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
169
dafür an, „dass die gleichen kommerziellen Programme aus Niedersachsen, gegen deren gesetzliche Regelungen die SPD-Bundestagsabgeordneten klagen wollen, ab 1. Januar 1985 in Kabelanlagen des SPD-regierten Hamburg unverändert eingespeist werden dürfen.“624 Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb Nicht nur die starken Darstellungswerte der Volksparteien im ö.-r. Rundfunk ließen DIE GRÜNEN auf den Gedanken kommen, dass die Meinungsfreiheit gefährdet sei, und zwar durch Pressionsversuche der etablierten Parteien gegenüber kritischer Berichterstattung, durch Prozesse der Selbstzensur infolge politischer Einschüchterung sowie durch „Ausblenden“ von Minderheitenprogrammen.625 Solche verbalisierten Differenzen standen im Rahmen allgemeiner Bemühungen der Partei, mehr Fernsehaufmerksamkeit zu bekommen und sich dabei neue Parteimitglieder zuzuführen. Ständig präsent im Angriff auf die etablierten Parteien, machten DIE GRÜNEN ferner eine geistige Programmverflachung bei den privaten Fernsehangeboten aus und identifizierten die vermeintlichen Verursacher: „In der CDU/CSU finden die Systemveränderer für eine geistige McDonaldisierung ihre stärksten Unterstützer.“626
1985
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Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Eine Vorentscheidung darüber, wo sich eine grün-alternative Medienpolitik zwischen den großen Volksparteien ansiedeln sollte, wurde im Berichtsjahr getroffen. Bei der Suche nach programmatischen „Nischenplätzen“ stellte „Die Alternative Liste Berlin“ fest, „dass wir derzeit die einzige Opposition gegen die Vermarktung der medialen Öffentlichkeit und die Entstehung weiterer Meinungsmonopole sind. GRÜNE/Alternative sind die einzigen, die kommerzielle Programme – sei es über Äther, Kabel oder Satellit – konsequent ablehnen.“627 Wachsendes Selbstbewusstsein und parteipolitische Geschlossenheit zeigten DIE GRÜNEN auf der „8. Bundesversammlung“ in Offenburg (13.-15 Dezember 1985), wo eine Reihe offener medienpolitischer Fragen innerhalb des „Medienpolitischen Programms der GRÜNEN“ thesenartig verabschiedet wurde (vgl. nachstehende Unterkapitel innerhalb des Berichtjahres). Öffentlich-rechtliches Rundfunkmonopol Wie die grüne Partei mit den massenkommunikativen, dualistischen Zukunftsmärkten umzugehen gedachte, wurde in dem einseitigen Plädoyer für den ö.r. Rundfunk ersichtlich, das sich wie ein roter Faden durch den Untersuchungszeitraum zieht: „Als einzige Partei lehnen die GRÜNEN grundsätzlich die Zulassung privater kommerzieller Veranstalter ab und verteidigen das Prinzip des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems, allerdings mit dem Ziel umfassender Reformen der bestehenden Anstalten.“628
624 625 626 627 628
Suhr, Heinz/Neddermeyer, Helmut 1984, S. 32. Vgl. DIE GRÜNEN im Bundestag 1984, S. 2. Suhr, Heinz/Neddermeyer, Helmut 1984, S. 31. Die Alternative Liste Berlin 1985, S. 1. DIE GRÜNEN 1985a, S. 113.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
Mediengesetzgebung DIE GRÜNEN wirkten an der Rundfunkgesetzgebung der Länder nicht aktiv mit, verstanden sich zunehmend als Protestpartei gegen Neue Medien und stimmten in den Parlamenten, in denen sie vertreten waren, gegen die Verabschiedung von Landesmediengesetzen. Noch stärker zu Buche schlug die Enttäuschung der GRÜNEN über die SPD-Medienpolitik und die „zur Bedeutungslosigkeit herabgesunkenen SPD-Linken“: „An der Spitze dieses Senats steht mit Klaus von Dohnanyi zudem ein Mann, der die Vorreiterrolle bei der SPDMedienwende gespielt hat und nun darangeht, in Hamburg als erstem SPD-Land kommerziellen Rundfunk einzuführen.“629 Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken Das „Medienpolitische Programm der GRÜNEN“ zeigt, dass die Partei von einer grundlegenden Umwälzung der sozialen Lebensweise in Deutschland ausging, wobei die Menschen in unübersehbarem Ausmaß in einen Individualisierungsprozess der Vereinzelung und Passivität gedrängt würden.630 Ebenso nahm man an, dass sich die neuen Informationsund Kommunikationstechnologien erst dann ökonomisch rechnen würden, wenn die ö.-r. Rundfunkanstalten „kaltgestellt und langfristig zerstört werden.“631 Bekräftigt wurde der alte Standpunkt gegen die Ausstrahlung von Satellitenprogrammen, für die kein Bedarf bestünde, und mit deren Unterstützung die Verkabelung vorangetrieben werden sollte. Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Was die Reform der ö.-r. Rundfunkanstalten betraf, handelte es sich um bereits verbreitete Positionen, die vor allem eine „veränderte Kontrolle“ und Staatsferne vorsahen unter Ausschluss von politischen Mandatsträgern, Regierungsmitgliedern, Behördenvertretern, kommerziellen Rundfunkveranstaltern und Zeitungsverlegern aus allen Anstaltsorganen. Als Ersatz sollten neu definierte, „gesellschaftlich relevante“ Gruppen in die Gremien entsandt werden: „Vertretung auch von Bürgerinitiativen, Gruppen der Frauen-, Friedens- und Ökologiebewegung, von Ausländern usw.“632 Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb Kommerzielle Rundfunkprogramme wurden von den GRÜNEN weiterhin strikt abgelehnt, weil sie davon ausgingen, dass unter dieser Perspektive einzig Werbebotschaften propagiert würden: „Ihre Programmstruktur ist nicht auf die Information der Hörer und Zuschauer angelegt, sondern auf die Steuerung von deren Verhaltensweisen als Konsumenten.“633 In ihren, teilweise von Interessenkonflikten geprägten Vorstellungen ließen DIE GRÜNEN ansatzweise durchblicken, dass sie sich beim Privatfunk sogar als Veranstalter engagieren wollten, waren dabei aber von großer Skepsis getragen: „Nach Überzeugung der GALMediengruppe haben Anbieter aus dem links-alternativen Spektrum in diesem Bereich keine Chance. Entweder passen sie sich dem Kommerzfunk in Form und Inhalt an, oder sie gehen in einer Flut von seichten Programmen unter.“634 In einer Überschau beurteilten DIE GRÜNEN die rundfunkduale Folgezeit negativ, verdächtigten die Bundesregierung, dass sie die 629 630 631 632 633 634
Winter, Rüdiger 1985, S. 7. Vgl. DIE GRÜNEN 1985a, S. 113. DIE GRÜNEN 1985a, S. 113. DIE GRÜNEN 1985a, S. 113. DIE GRÜNEN 1985a, S. 113. Winter, Rüdiger 1985, S. 8.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
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neuen Programme über die Postgebühren bezahlen ließ, und vermuteten ferner, dass höchstens zwei Fernsehveranstalter mit einem Vollprogramm am Markt bestehen würden.635 DIE GRÜNEN verstanden Filmpolitik „als integrative[n] Bestandteil einer Kultur von unten“ und setzten sich für eine regionale Filmförderung „in Selbstverwaltung durch die Filmemacher“ ein, um ein Gegengewicht zum kommerziellen Fernsehen zu etablieren: „Grüne Filmpolitik möchte dem Medium Film wieder eine aktive soziale Rolle ermöglichen in einer Zeit, in der gerade die kommerziellen Rundfunkveranstalter in der Bundesrepublik aufbrechen, ihre Kanäle zur Dauerberieselung der Zuschauer mit der Ware Film zuzustopfen.“636
1986
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Programmatik „Neue Medien“/Duale Rundfunkordnung Mit der Einführung des dualen Rundfunksystems in Deutschland potenzierte sich das Interesse der GRÜNEN an der Medienpolitik. Ihre Grundlagenpapiere wurden an die Entwicklungen angepasst und die Positionen fortan differenzierter dargestellt. 1986 verabschiedeten DIE GRÜNEN ein Programm „Umbau der Industriegesellschaft“, in dem sie u.a. erneut eine Umgestaltung der Rundfunkgremien forderten. Zu den Krierien, nach denen Mitglieder von Aufsichtsgremien des Rundfunks zukünftig ausgewählt werden sollten, legten DIE GRÜNEN zwei Vorschläge vor: 1) Eine Neudefinition der ‚gesellschaftlich relevanten Gruppen’ und 2) „Geschlechterparität und zeitliche Begrenzung des Mandats im Rundfunkrat auf eine Amtsperiode“ (Ein Modell, das ihre eigenen Mandatsträger bei der Bekleidung von politischen Ämtern längst ad acta gelegt hatten). Bedeutsam erschien der Partei beim Rundfunkwesen auch die „Abschaffung von hierarchischen Entscheidungsstrukturen“.637 Öffentlich-rechtliches Rundfunkmonopol Weitreichende medienpolitische Vorschläge, die den Gestaltungsbereich speziell der Neuen Medien betrafen, waren von den GRÜNEN bis dato nicht in die politische Diskussion eingebracht worden. Dessen ungeachtet verkündeten sie im August 1986 nochmals, sie lehnten als einzige Partei „grundsätzlich die Zulassung privater kommerzieller Veranstalter ab und verteidigen das Prinzip des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems, allerdings mit dem Ziel umfassender Reformen der bestehenden Anstalten.“638 Wie die Reformen auszusehen hatten, beschreibt das bereits erwähnte Parteiprogramm „Umbau der Industriegesellschaft“. Hierbei richtete sich eine zentrale Kritik gegen die inhaltliche Verflachung des Angebotes (z.B. Verlegung der Informations- und Kultursendungen auf das Spätabendprogramm) und Adaption privater Unterhaltungsgenres in die Prime Time (Hauptsendezeit). Mediengesetzgebung Gegen die nach Auffassung der GRÜNEN verfassungsrechtlich bedenklichen Kommerzialisierungsvorhaben der Länder sprachen sich die parteizugehörigen Landesverbände und Landtagsfraktionen am 2. Juni 1986 aus. Im Vordergrund wurde die bundespolitische Par635 636 637 638
Vgl. DIE GRÜNEN 1985a, S. 61. DIE GRÜNEN im Bundestag 1985b, S. 40. Vgl. DIE GRÜNEN 1986. Erb, Ulrike 1986, S. 10; vgl. auch „Medienpolitisches Programm“ der GRÜNEN, 13.-15.12.1985.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
teilinie deutlich: Private Anbieter sollten nicht zugelassen werden, weshalb DIE GRÜNEN auch das Zustandekommen der Nord- und Süd-Rundfunkteilstaatsverträge kritisierten.639 Neue Technologien/Fernsehübertragungstechniken DIE GRÜNEN hatten keine spezifisch einzuordnende Position für oder gegen eine zeitgemäße Fernsehübertragungstechnik bezogen (z.B. für Verkabelung und contra Glasfaser), sondern grundsätzlich eine „Kommunikationsrevolution“ für schädlich betrachtet. Diese Aussage galt insbesondere für „überflüssige, kulturschädigende Investitionen, milliardenschwere Satellitenprojekte und Verkabelungsprogramme“.640
1987
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Das Berichtsjahr gestaltete sich zu einem medienpolitisch unauffälligen Jahr für DIE GRÜNEN, weshalb es nichts Nennenswertes zu berichten gibt.
1988
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Mediengesetzgebung Auf den ersten Blick drängt sich der Eindruck auf, als ob 1988 eine stillschweigende Übereinstimmung zwischen den Volksparteien, der F.D.P. und den GRÜNEN zur neuen Rundfunkordnung bestand, auch wenn Langenbucher das Engagement zweier Parteien nicht abzuschätzen vermochte: „Wieweit in ihn [kommunikationspolitischer Konsens] auch DIE GRÜNEN und alle Gruppierungen der SPD eingeschlossen sind, mag offen bleiben.“641 Parteien-Einfluss/Personal- und Gremienpolitik Die Klage über den Parteieneinfluss auf den ö.-r. Rundfunk hatte bei den GRÜNEN bekanntlich ihre historischen Anfänge Mitte der 80er Jahre (vgl. u.a. Programm „Umbau der Industriegesellschaft“) und setzte sich innerhalb der gesamten Zeitspanne der Untersuchung fort. Zum 25jährigen Bestehen des ZDF kritisierten DIE GRÜNEN 1988 im Bundestag, dass sich die Anstalt „in den Händen der Regierungsvertreter und Parteiführungen und in Abhängigkeit von den großen Parteien“ befände.642 Sie bestanden erneut auf einer Demokratisierung der Kontrollgremien durch die Schaffung von Gremiensitzen für Umwelt-, Frauen- und Friedensgruppen, ausländische Mitbürger und Seniorenorganisationen. Nach der Systematik der GRÜNEN handelte es sich bei dem Ansinnen um Besetzungsvorschläge, die weitgehend die eigene Klientel betrafen.
1989
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Öffentlich-rechtliches Rundfunkmonopol Inwieweit Vollmer für DIE GRÜNEN sprach, als sie rückblickend den ö.-r. Monopolrundfunk wieder installiert haben wollte, steht nicht fest: „Ich finde das überhaupt keine Berei639 640 641 642
Vgl. epd/Kirche und Rundfunk 1986/Nr. 44, Stuttgart, S. 11. Erb, Ulrike 1986, S. 10. Langenbucher , Wolfgang R. 1988, S. 134. Briefs, Ulrich 1988, S. 1.
Kap. 3.2 Medienpolitische Positionen der Parteien
173
cherung mit den Privaten.“643 Um Spekulationen vorzubeugen: Oberste Priorität hatte für DIE GRÜNEN, dass sie sich als hartnäckigste Verteidiger des ö.-r. Rundfunks einstuften, „da dieses Organisationsprinzip die besten Voraussetzungen für umfassende Information, kritischen Journalismus und kulturelle Vielfalt bietet.“644 Mediengesetzgebung Erstmals legten DIE GRÜNEN, hier die Alternative Liste (AL) in Berlin, einen Entwurf für ein Landesmediengesetz „Gesetz für den privaten Rundfunk“ vor. Fasst man die hierbei vorgesehenen maßgeblichen Regelungen zusammen, so wurde eine neue Landesanstalt vorgesehen, die den Berliner Kabelrat ersetzte und in deren Gremien Arbeitgebervertreter ausgeschlossen waren. Außerdem sollten die Anbieter ihr Programm größtenteils in Berlin herstellen und durften kein Vollprogramm mehr betreiben.645 Programminhalte, Meinungsvielfalt und Wettbewerb Es ist keineswegs so, als ob DIE GRÜNEN über all die Jahre hinweg keine öffentlichrechtliche Programmkritik geäußert hätten. Beispielsweise monierte Fischer in historischer Rückschau die einseitige Berichterstattung des Westdeutschen Rundfunks: „Beim WDR 3, dort taucht dann dauernd Johannes Rau auf, und bevor der Oppositionsführer kommt in einer Wahlkampfzeit, kam achtmal Johannes Rau, dann kamen drei Landesminister [alle SPD] und dann kamen Herr Worms und Herr Biedenkopf [beide CDU], wie sie sich gestritten haben.“646 Dass DIE GRÜNEN dank der überproportional intensiven Berichterstattung des ö.-r. Fernsehens in die Parlamente eingezogen sind, steht für Vollmer reflektierend fest: „(...) und wir wären ohne das Fernsehen – glaube ich – nie hochgekommen.“647 Für diese These spricht, dass gerade Initiativgruppen – und DIE GRÜNEN zählten in ihren Anfängen dazu – sich in den 80er Jahren freigiebig und ungeniert der Meinungsvielfaltsklaviatur des ö.-r. Fernsehens bedienten. Aus der heutigen Erkenntnis heraus lässt eine solch provokative Handlungsweise mehr als vermuten, dass notfalls auch bei den GRÜNEN ein Ereignis erfunden bzw. veranstaltet wurde, damit die Partei auf Sendung war: „Ich bekenne mich, einiges fürs Fernsehen inszeniert zu haben; es gab keine andere Möglichkeit, ins Fernsehen zu kommen“.648 Demgegenüber weist nicht nur Meyn hier auf eine Gefahr für die öffentliche Meinungsbildung hin, die zu einem Extrem führen kann, „wenn Minderheiten mehr Publizität als Mehrheiten erhalten. Ein solcher Vorwurf wurde laut, als das Fernsehen ausführlich über
die Studenten-Bewegung Ende der Sechzigerjahre, die Anfänge der Friedensbewegung und der GRÜNEN, die Proteste von Kernkraftgegnern gegen die Castor-Transporte berichtete.“649
Fasst man die Befunde zusammen, so wurde in verfassungswidriger Weise das ö.-r. Fernsehen missbraucht. Zahlreiche Vertreter der Volksparteien trugen die Diskussionen zu den Kontrollaufgaben über den ö.-r. Rundfunk mit großer, zuweilen existienteller Ernsthaftig643 644 645 646 647 648 649
Vollmer, Antje 1991, S. 220. Franck, Norbert 1992, S. 203. Vgl. Funkkorrespondenz 1989/51-52, Bonn, S. 10. Fischer, Joschka 1991, S. 36-37. Vollmer, Antje 1991, S. 200. Suhr, Heinz: Originalaussage bei Tagung: Politik im Fernsehen, Evangelische Akademie Tutzing, 01.04.1987. Meyn, Hermann 2001, S. 35-36.
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Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
keit aus, ohne jedoch Klage gegen den Missbrauch des Rundfunks durch DIE GRÜNEN vor dem Bundesverfassungsgericht einzureichen. Denn laut BVerfG-Rechtsprechung sollen „alle in Betracht kommenden Kräfte (...) im Gesamtprogramm zu Wort kommen können, (...) die ein Mindestmaß von inhaltlicher Ausgewogenheit, Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung gewährleisten.“650 Dabei ist eine Maxime bei der Berichterstattung besonders zu beachten: dass Sachverhalte „ausgewogen“ (also angemessen und objektiv) dargestellt werden und dies nicht dadurch verletzt wird, dass einer Minderheit eine Mehrheitsposition eingeräumt wird. Die genannten Fallbeispiele standen im krassen Widerspruch zu der Interessenlage gerade politisch konservativer Kräfte und könnten ergänzt werden durch Themen wie „Startbahn West“, „Überwachungsstaat“ oder „Brokdorf“. So paradox es scheint: Wer beispielsweise gegen die geplante „Startbahn West“ des Frankfurter Flughafens demonstrierte und in Wackersdorf gegen Atommülltransporte randalierte, konnte in den 80er Jahren eher mit millionenfacher Berichterstattung rechnen, als wenn er sich für die Volkszählung aussprach oder für die personelle Verstärkung der Polizei eintrat.
3.3 Gegenüberstellung der zentralen medienpolitischen Positionen der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien von Oktober 1982 – Dezember 1989 (Matrix) 3.3 Gegenüberstellung der zentralen medienpolitischen Positionen Abb. 11: Gegenüberstellung der zentralen medienpolitischen Positionen der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien von Oktober 1982 – Dezember 1989 Medienpolitische Positionen der Parteien Themen
SPD
CDU/CSU
F.D.P.
DIE GRÜNEN
1) Öffentlichrechtlicher Rundfunk
Stärkung des ö.-r.-Rundfunks. ARD und ZDF werden aufgefordert, neue Programme zu veranstalten.
Bestands- und Entwicklungsgarantie, aber keine unangemessene Erweiterung der Programme.
Reform der ARDStruktur; Privatisierung des ZDF.
Staatsferne herstellen. Rettung des Rundfunks durch demokratische Veränderungen
Finanzierung
Freizügige Entwicklungsgarantie.
s.o.; keinesfalls eine Ausdehnung der Werbezeiten
Finanzierung ausschließlich aus der Rundfunkgebühr.
./.
Parteien-Einfluss (Personal/ Programm
Furcht vor politischer Wende nach „rechts“ und das junge Journalisten zu den „GRÜNEN“ überlaufen. Klage: union nimmt Einfluss auf Personalentscheidungen.
Förderung des Journalistennachwuchses. Koordination der ARDGremienvertreter der Union. Klage: SPD nimmt Einfluss auf Personalpolitik.
Klage über Einfluss der Volksparteien auf Personalund Gremienpolitik. Forderung, die Anzahl der Parteienvertreter in den Gremien drastisch zu reduzieren.
Klage über Einfluss von wirtschaftlich starken Gruppen wie Parteien auf die Programmgestaltung. Gremien müssen neu besetzt werden-
650 Vgl. BVerfGE 12, 1961, S. 206 (Leitsatz 10) und S. 262-263.
Kap. 3.3 Gegenüberstellung der zentralen medienpolitischen Positionen
175
Programminhalte
CDU/CSU greifen Meinungsfreiheit an. Programmkritik an Informationssendungen.
SPD greift Meinungsfreiheit an. Kritik an tendenziöser ARDBerichterstattung.
Missbrauch des Fernsehens d. Volksparteien (fehlende Informationsvielfalt). Programmkritik.
Verteidigung der Meinungsfreiheut. Programmkritik.
2) Privater Rundfunk
Kommerzfunk bekämpfen. Ab 1984 Öffnung zum Privatfunk, aber bis 1987 kein Konsens. Journalistischen Nachwuchs för-dern. Meinungs-macht d. Presse verhindern.
Dualen Rundfunkmarkt politisch durchsetzen. SPD nötigt Veranstalter bei der Vergabe von Sendelizenzen (in NRW und Bremen).
Übereinstimmung mit strategischen Zielsetzungen von CDU/CSU. Ab 1984 Eintreten für die Zulassung kommerzieller Rundfunkveranstaltungen.
Ablehnung, dient nicht der Informationsfreiheit. Ausnahme: lokales Fernsehen (nicht kommerziell). Kritik am »SPDHang“ zum Kommerzfunk.
Programminhalte
Keine Meinungsvielfalt erkennbar. SPD-Beteiligungen an Sendern und Filmfirmen.
Publizistischen Wettbewerb fördern. Union ist nicht für Inhalte zuständig.
Stärkung des Wettbewerbs bei den Informationsangeboten.
Keine Meinungsvielfalt erkennbar. Geistige PrivatProgrammverflachung.
3) Mediengesetzgebung
Unionsländer haben Rundfunkkonsens gebrochen. Mediengesetze der B-Länder juristisch bekämpfen (Klageweg b. BVerfG beschreiten). Bei den MPKonfe-renzen über eine neue Rundfunk-ordnung „auf Zeit spielen“. Binnenplurale Kontrolle muss beim Privatfunk gesichert werden. Mindest standards für Jugendschutz einführen. Keine publizistischen Doppelmonopole beim Privatfunk. 1987: Abschluss Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens, nach dem d. BVerfG die duale Rundfunkordnung anerkannt hatte. SPD passt Landesmediengesetze ihren Bedürfnissen an.
Fortschreitende Mediengesetzgebung in den BLändern (z.B. BaWü, Berlin, Niedersachsen und SchleswigHolstein): Privater Rundfunk wird zugelassen.
In den Ländern gemeinsame Positionen mit CDU.
Kommerzfunkvorhaben der Länder sind verfassungsrechtlich unzulässig.
Klage gegen WDR-Gesetz (wg. Möglichkeit zum privatwirtschaftlichen Engagement). Rundfunklandschaft neuordnen, damit Wirtschaft und Programmveranstalter Planungssicherheit erhalten. Abschluss von Teilstaatsverträgen über TV-SATNutzung. Gesetzliche Neuregelung des Jugendschutzes. 1987: Abschluss des Rundfunkstaatsvertrages.
[Auf Bundesebene/bei MPBeschlüssen war die F.D.P.-Position von geringer Relevanz (unterstützte Union).] Privater Rundfunk soll medienrechtlich langfristig gesichert werden. Kritik an der Novellierung von Landesmediengesetzen durch die SPD aus parteipolitischem Kalkül.
[Auf Bundesebene/bei MPKonferenzen war die Position der GRÜNEN von keinerlei Relevanz.] Beteiligung an der SPD-Kontrollklage gegen das „Niedersächsiche Rundfunkgesetz“. Vorlage eines Entwurfs für ein Landesmediengesetz in Berlin.
176 4) Medienvielfalt/ Wettbewerb
Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
Journalisten sollen Einfluss auf Neue Medien nehmen. Kritik an ö.-r. Informationssendungen.
Privatfunk ermöglicht Informationsvielfalt und mehr Entscheidungsfreiheit.
Forderung: Marktchancen für kleinere und mittlere Rundfunkveranstalter.
Gegen Einführung von Kommerzfunk und private Medienvielfalt.
3.4 Zwischenergebnis: Oktober 1982 - Dezember 1989 3.4.1 Konsens auf kleinstem gemeinsamen Nenner? Einigkeit besteht in der Forschung weitgehend darüber, dass sich die Rundfunklandschaft nach dem Regierungswechsel durch CDU/CSU/F.D.P. (unter BK Kohl) gravierend verändert hat. De facto waren die Fronten zwischen den großen Parteien beim Glaubens- und Richtungskampf um eine neue Medienordnung bis zur Unterzeichnung des „Staatsvertrages für die Neuordnung des Rundfunkwesens“ (1./3. April 1987) verhärtet gewesen; erbittert hatte man um handfeste politische Interessen, zunehmend um Standortpositionen einzelner Länder und ideologische Machteinflüsse, gerungen. Idealtypisch gesehen empfiehlt deshalb Habicht sogar den Parteien, „über ihre Medieninteressen zu verhandeln und beiderseitig abzurüsten.“651 Die Bereitschaft der Parteien, eine duale Rundfunkordnung einzuführen, war unterschiedlich ausgeprägt (vgl. Abb. 12): Während die Unionsparteien seit 1980 durchgängig mit „hohem Interesse“ eine Systemveränderung einforderten, beschritten die anderen Parteien alternative Wege. Im Verbund mit der SPD zeigte die F.D.P. bis zum Wechsel des Koalitionspartners in 1982 „kein Interesse“, das Rundfunkmonopol aufzugeben. Schließlich, im Herbst 1984, entstand bei den Liberalen aus einem stetig ansteigenden „mittleren Interesse“ kurzentschlossen ein „hohes Interesse“, das System zu verändern. Bei der SPD liegt bis 1984 „kein Interesse“ vor, die Verhältnisse zu ändern, und bis zum April 1987 schwanken die Stimmungslagen der Partei erheblich, basierend auf parteipolitischen Unstimmigkeiten und Rückschlägen innerhalb des eigenen Lagers, im „mittleren“ Interessensbereich. Gleichbleibend ist das Ergebnis bei den „GRÜNEN“, die zu keinem Zeitpunkt ab 1983 (Wahl in den Bundestag) ein Interesse an einer dualen Rundfunkordnung artikulieren. Erst mit dem „Vierten Rundfunkurteil“ des Bundesverfassungsgerichtes fügte sich die SPD in praxi den Sachzwängen, obwohl sie bereits 1984 beim „Essener Parteitag“ eine medienpolitische Wende eingeläutet hatte. Aber auch die Unionsparteien konnten ihren ehrgeizigen Plan, die Entwicklung des ö.-r. Rundfunks einzuschränken und insbesondere eine Erweiterung von Fernsehprogrammen zu untersagen, nicht durchsetzen. Die Gegner vereinbarten schließlich 1987 einen Waffenstillstand und schlossen einen Rundfunkstaatsvertrag ab. Fortan galt: Lex regit – das Gesetz herrscht.
651 Habicht, Thomas 1987, S. 142.
Kap. 3.4 Zwischenergebnis: Oktober 1982 - Dezember 1989
177
Abb. 12: Das parteipolitische Ringen um eine duale Rundfunkordnung (Außenpluralistisches Modell)
In Anbetracht der zentralen Bedeutung, die fortan von den Medien ausging, macht Sarcinelli auf einen Gesellschaftswandel aufmerksam: „Der Tatbestand, dass Medien in den Vermittlungsprozessen moderner Gesellschaften inzwischen eine Schlüsselrolle einnehmen, rechtfertigt es, von einer ‚Mediengesellschaft’ zu sprechen.“652 Ins Blickfeld des Untersuchungszeitraumes 1. Oktober 1982 bis 31. Dezember 1989 rückten langfristig bedeutsame Entscheidungen (vgl. auch Abb. 13):
Mit den Programmen zum Ausbau und zur Förderung innovativer Informations- und Kommunikationstechnologien (speziell in den Bereichen Verkabelungs- und Satellitentechnik) ebnete die Bundesregierung dem Privatfunk massenhafte Start- und Entwicklungschancen. Nach der Verabschiedung neuer Landesmedien- und Landesrundfunkgesetze sowie des Rundfunkstaatsvertrages wurde eine duale Rundfunkordnung etabliert. Zwischen den öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern entwickelte sich zunehmend eine Konkurrenzsituation um Programminhalte und Zuschauer. Durch die europäische Mediengesetzgebung (EG-Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ und „Rundfunkkonvention“ des Europarates) wurde der grenzüberschreitende „free flow of information“ geregelt; in der Folge musste die deutsche Rechtsprechung den europäischen Vorgaben angepasst werden.
652 Sarcinelli, Ulrich 1998, S. 11.
178
Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
Abb. 13: Rundfunkpolitische Höhepunkte der 80er Jahre Jahr Ereignis 1980
Die Ministerpräsidenten der Länder einigen sich auf eine Finanzierung der Pilotprojekte Kabelfernsehen („Kronberger Beschlüsse“).
1981
„Drittes Fernsehurteil“ des Bundesverfassungsgerichts: Private Fernsehveranstalter können grundsätzlich zugelassen werden.
1982
BK Kohl gibt in seiner ersten Regierungserklärung bekannt, die Bundesregierung werde moderne Kommunikationstechnologien einführen (u.a. Ausbau der Kabelnetze) und die Medienordnung erneuern.
1983
Entwicklung von Mediengesetzen in einzelnen Ländern (insbesondere B-Länder).
1984
Die Ministerpräsidenten der Länder beschließen ein Satelliten-Nutzungskonzept und ein „Konzept der Länder zur Neuordnung des Rundfunkwesens“ („Bremerhavener Beschluss“). Start der Kabelpilotprojekte in Ludwigshafen und München. Start des privaten Fernsehens (SAT.1 und RTL plus). Europäischer Fernmeldesatellit ECS strahlt Fernsehprogramme aus (ab ‘84: 3SAT, ab ‘85: SAT.1). Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften legt das Grünbuch „Fernsehen ohne Grenzen“ über die Errichtung des Gemeinsamen Rundfunkmarktes vor. SPD fasst auf dem Bundesparteitag in Essen den Beschluss, dass private Rundfunkveranstalter unter Auflagen zugelassen werden können. In Niedersachen wird das erste „Landesrundfunkgesetz“ verkündet, das private Rundfunkveranstalter zulässt.
1985
Das „Gesetz zur Neuregelung des Jugendschutzes in der Öffentlichkeit“ (u.a. auch gegen Gewaltdarstellungen auf Bildträgern) wird verkündet. Start der Kabelpilotprojekte in Berlin und Dortmund. Erstmals wird in einem sozialdemokratisch regierten Land (Hamburg) ein Landesmediengesetz verkündet und Privatfunk zugelassen.
1986
Start des ARD-Satelittenprogramms „Eins Plus“. Das Bundesverfassungsgericht verkündet im „Vierten Rundfunkurteil“ über das Niedersächsische Landesmediengesetz, dass dieses in seinen Grundlinien mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
1987
In seinem „Fünften Rundfunkurteil“ erklärt das Bundesverfassungsgericht Teile des Landesmediengesetzes von Baden-Württemberg für unzulässig (z.B. Ausschluss regionaler und lokaler ö.-r. Rundfunkprogramme). Die Ministerpräsidenten der Länder unterzeichnen den „Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens in Deutschland“.
1988 1989
Märkte des Fernmeldewesens werden durch die „Postreform“ für private Unternehmen geöffnet. Der Ministerrat der Europäischen Gemeinschaften erlässt die EG-Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“. Der Europarat beschließt die Konvention „Euro-päisches Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen“.
Kap. 3.4 Zwischenergebnis: Oktober 1982 - Dezember 1989
179
Zu den wesentlichen Fragen der Untersuchung zählt, zu welchem Zeitpunkt das Interesse der Volksparteien an den medienpolitischen Themenschwerpunkten eingesetzt hat (vgl. Abb. 14). Eine zeitnahe Übereinstimmung bestand bei allen Schwerpunkten zwischen SPD und CDU/CSU hinsichtlich des Starttermins; lediglich bei der „Europäischen Rundfunkordnung“ setzt dieser erst ab 1984 ein, wobei beide Parteien wieder gleichzeitig aktiv werden. Interessant ist allerdings, dass drei Themen nicht bis zum Schluss des Untersuchungszeitraumes behandelt wurden und um 1988 endeten, nachdem die medienrechtlichen Grundlagen geschaffen waren („Satellitenfernsehen“) bzw. ausliefen („Kabelpilotprojekte“) bzw. die Prioritäten verschoben wurden („Verkabelung“). Abb. 14: Themenschwerpunkte der Volksparteien von Oktober 1982 – Dezember 1989
180
Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
3.4.2 Bewertung der SPD-Positionen
Die oberste Zielsetzung der SPD, den privaten Rundfunk zu verhindern, stellte sich als unrealistisch heraus, weshalb sich die Sozialdemokraten ab 1984 zu einer vorsichtigen Öffnung hin zu einer dualen Rundfunkordnung entschlossen. Eine endgültige Zustimmung zum Privatfunk wurde allerdings erst 1987, nach partiellen taktischen Ausweichmanövern, mit der Unterzeichnung des Staatsvertrages zur Neuordnung des Rundfunkwesens erteilt. Dabei durchlief die SPD in den 80er Jahren vier unterschiedlich ausgeprägte Gestaltungsphasen (vgl. Abb. 15): (1) Abwehr des kommerziellen Rundfunks; (2) Eingeschränkte Blockadepolitik; (3) Kurzzeitige Politik der Annäherung und (4) Verständigung mit den B-Ländern. Für die SPD war entscheidend, dass der ö.-r. Rundfunk seine Vormachtpositionen im Großen und Ganzen bewahren und durch die Veranstaltung zusätzlicher Programme demonstrieren konnte. Alles deutet darauf hin, dass die Sozialdemokraten mit den monopolistischen Verhältnissen überwiegend zufrieden waren, und aus diesem Grund bestanden sie bei den Verhandlungen mit den Unionsparteien auf einer freizügigen öffentlich-rechtlichen Bestands- und Entwicklungsgarantie. Innerhalb des Untersuchungszeitraumes finden sich immer wieder Hinweise darauf, dass die SPD befürchtete, Journalisten könnten sich zunehmend zu den politischen Zielen der Unionsparteien oder der GRÜNEN bekennen: „Zur Zeit sei, vor allem bei jungen Journalisten, ein Schub in die grüne Richtung zu beobachten. Insgesamt wachse die Zahl der Umfaller.“653 In diesem Zusammenhang übte die SPD Kritik an vermeintlich einseitigen öffentlich-rechtlichen Informationsbeiträgen und unterstellte zusätzlich den Unionsparteien, die Meinungsfreiheit anzugreifen. Bei der Beurteilung privater Programminhalte erkannte die SPD keine informelle Meinungsvielfalt. Angesichts dieser Erkenntnis förderte sie den publizistischen Nachwuchs im Allgemeinen und forderte dabei Journalisten auf, Einfluss auf die Neuen Medien zu nehmen. Nachdem aus sozialdemokratischer Sichtweise der rundfunkpolitische Verfassungskonsens durch die Unionsparteien zerstört und die Mediengesetzgebung der B-Länder durch das Bundesverfassungsgericht weitgehend anerkannt worden war, passten die SPD-Regierungen in den A-Ländern die Landesmediengesetze ihren politischen Bedürfnissen an. Bei der Lösung fernmeldetechnischer Fragen der Neuen Medien beschritt die SPD unterschiedliche Wege: Der Widerstand gegen die Kupfer-Verkabelungspolitik der CDU/CSU im Zuge des Netzausbaus zur Vermehrung von Fernsehprogrammen setzte sich bis circa Ende 1987 fort. Weiterhin wurde vorrangig ein Netz auf Glasfaserbasis für eine großflächige Geschäfts- und Individualkommunikation gefordert. Beim genaueren Hinsehen stellt man fest, dass diese Kursbestimmung unter der Priorität stand, die fernsehrelevanten Übertragungs- bzw. Frequenzknappheiten so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Mittelfristig suchte und fand die SPD beim Satellitenrundfunk (Verteilung der Kanäle) und bei der europäischen Rundfunkpolitik eine einvernehmliche Regelung mit den Unionsparteien.
653 Glotz, Peter 1983. In: Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 10.03.1983, Bonn, S. 12.
Kap. 3.4 Zwischenergebnis: Oktober 1982 - Dezember 1989
181
Widersprüchlich zeigte sich die SPD bei den parteiübergreifenden Verhandlungen über die Zulassung privater Rundfunkveranstalter. Obwohl sie eine Programmvermehrung grundsätzlich ablehnte, erkämpfte die sozialdemokratische Seite die Bewilligung weiterer Fernsehprogramme für ARD und ZDF. Aus dem sozialdemokratischen Kläger formte sich nach der Verabschiedung des Rundfunkstaatsvertrages ein engagierter Mitgestalter des privaten Rundfunksystems, dem es ab 1987 nicht mehr ausreichte, nur eine gesetzgebende oder gar beratende Rolle zu bekleiden. Eine Strategie der SPD ging zuletzt so weit, dass sie sich am Kommerzfunk beteiligte, indem sie Gesellschafteranteile an Sendern erwarb.
Abb. 15: Medienpolitische Gestaltungsphasen der SPD-regierten Länder (A-Länder) von 1980 - 1987
182
Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
3.4.3 Bewertung der CDU/CSU-Positionen
Die Bestands- und Entwicklungsgarantie des ö.-r. Rundfunks stellten die Unionsparteien niemals ernsthaft in Frage. Allerdings erfolgte mehrfach die Aufforderung an ARD und ZDF, die Programm- und Werbeaktivitäten nicht unangemessen zu erweitern, da ansonsten finanzielle Einbußen bei der Verabschiedung zukünftiger Rundfunkgebühren zu erwarten seien. Bei derartigen Appellen explizierte sich das Bemühen des Unionslagers deutlich, dem Privatfunk faire Start- und Entwicklungschancen einzuräumen. Aufgrund der Expansionserfolge ö.-r. Anstalten kann bei diesem Vorgang von einem „Pyrrhussieg“ der CDU/CSU ausgegangen werden. Trotz des verspäteten Abschlusses des Staatsvertrages zur Neuordnung des Rundfunkwesens unterstützte diese Vereinbarung der Ministerpräsidenten wesentlich die Position des CDU/CSU-Lagers, die Medienlandschaft von morgen auf eine perspektivische Basis zu stellen. Es spricht vieles für die Annahme, dass beide Volksparteien Einfluss auf die Personalpolitik innerhalb der ö.-r. Anstalten ausübten und den journalistischen Nachwuchs parteipolitisch gezielt förderten, um eine mehrheitlich wohlwollende Berichterstattung zu erzielen. Vor diesem Hintergrund ist die rigorose Unionskritik an „tendenziösen“ ARDInformationssendungen einzuordnen. Die geordnete Entwicklung des dualen Rundfunksystems belegt, dass die Unionsparteien ihr Hauptziel erreichten, den ö.-r. Monopolrundfunk zu entautorisieren und den publizistischen Wettbewerb zwischen den Systemen sowie den privaten Fernsehprogrammen untereinander einzuleiten. Bei CDU/CSU fielen die Ansichten, wie die Inhalte der privaten Programme zu bewerten seien, durchaus differenziert aus. Aus taktischen Gründen zog man sich deshalb innerhalb des Unionslagers auf eine neutrale, wenn nicht sogar liberale Position zurück und erklärte sich als für Programminhalte auf einem wettbewerbsorientierten Markt nicht zuständig. Der Wechsel der Bundesregierung hatte zur Folge, dass sich die B-Länder ermutigt sahen, die Mediengesetzgebung in den Ländern zu beschleunigen, um Privatfunk zulassen zu können. Es liegen Hinweise vor, dass hier die Unionsregierungen in einem Wettbewerb untereinander um standortpolitische Vorteile rangen. Die unionsgeführte Bundesregierung startete in der ersten Legislaturperiode eine „technische Aufholjagd“, baute hauptsächlich die Kabelnetze zügig aus und trieb die Satellitentechnik einschließlich Empfangsanlagen voran, um dem Privatfunk massenstarke Reichweiten zu ermöglichen. Daneben wurden Systemprozesse von Analog- auf Digitaltechnik umgestellt, der Telekommunikationsmarkt reformiert und in der zweiten Hälfte der 80er Jahre bei der Bundespost eine Trennung zwischen hoheitlichen und betrieblich-unternehmerischen Aufgaben eingeleitet. Die Marktöffnungsentscheidung hatte zur Folge, dass private Unternehmen sowohl bei den finanziellen Investitionen wie auch bei den Erlösen der Informations- und Kommunikationstechnologien stärker involviert wurden. So konnten mit vereinten Kräften den Haushalten schnellstmöglich Zugänge zum Privatfunk bereitgestellt werden. Rückblickend dürfte indes kein Zweifel daran bestehen, dass paradoxerweise gerade die Regierung Kohl ab 1984 Glasfaser in beträchtlichem Ausmaß verlegen ließ, wo es wirtschaftlich und technisch opportun erschien.
Kap. 3.4 Zwischenergebnis: Oktober 1982 - Dezember 1989
183
Trotz der ideologischen Ferne der Unionsparteien zur SPD einigten sich die gegnerischen Lager bei der Verteilung der Kanäle beim Satellitenrundfunk und plädierten für einen grenzüberschreitenden „free flow of information“. In Übereinstimmung zogen sie die Europäische Konvention der EG-Richtlinie politisch vor. Zur F.D.P. bestand medienpolitisch betrachtet ein pragmatisches Arrangement, wobei der weitaus mächtigere Koalitionspartner CDU/CSU die ideologischen und programmatischen Vorgaben festsetzte. In der überblicksartigen Darstellung medienpolitischer Gestaltungsphasen der unionsregierten Länder (vgl. Abb. 16) lassen sich zwei große Phasen unterscheiden: (1) Der handlungsunfähige, passive Zustand bis Oktober 1982 (Regierungswechsel) und (2) der aktive Zustand „Aufbruchstimmung“, der unmittelbar nach dem Regierungswechsel einsetzte.
Abb. 16: Medienpolitische Gestaltungsphasen der CDU/CSU-regierten Länder (B-Länder) von 1980 – 1987
184
Kap. 3 Regulierung der zentralen medienpolitischen Positionen
3.4.4 Bewertung der F.D.P.-Positionen
Für die F.D.P. stand fest, dass die ARD-Organisationsstruktur einer umfassenden Reform bedurfte. Vereinzelt wurden auch Stimmen laut, die auf einer Privatisierung des ZDF bestanden, um eine echte Konkurrenzsituation zur ARD und zu den „unterlegenen“ privaten Fernsehanstalten zu fixieren. Ohnedies sollten die ÖffentlichRechtlichen beim Wettkampf um die Zuschauergunst auf Werbung verzichten und sich ausschließlich aus der Rundfunkgebühr finanzieren. Die Untersuchung belegt, dass die Liberalen den machtpolitischen Einfluss der Volksparteien auf die Personal- und Gremienpolitik der ö.-r. Rundfunkanstalten mehrmals zu begrenzen versuchten. Obwohl dieses Vorhaben nicht einmal ansatzweise umgesetzt werden konnte (hier zeigte sich der egoistische Machtwille von SPD und Unionsparteien zu dominant), erzielte die F.D.P. mit ihrem Vorstoß einen Achtungserfolg. Trotz klarem Profil blieb die wiederholt öffentlich vorgetragene Forderung der Liberalen an die Volksparteien, die Unparteilichkeit der öffentlich-rechtlichen Fernsehberichterstattung zu wahren und den Programmauftrag nicht zu missbrauchen, im Ergebnis wirkungslos. Es ergeben sich starke Anhaltspunkte dafür, dass die Koalitionäre F.D.P. und Unionsparteien gegenüber dem Privatfunk und den Neuen Medien eine weitgehend übereinstimmende Haltung vertraten, wobei die strategischen Zielsetzungen von CDU/CSU ausschlaggebend waren: Dualen Rundfunkmarkt politisch durchsetzen, Stärkung des publizistischen Wettbewerbs, Ausbau der Verkabelung durch Kupfertechnologie und Verabschiedung neuer Medien- bzw. Rundfunkgesetze in den B-Ländern etc.. Lediglich bei einem Thema vertraten die Liberalen eine abweichende Position, nämlich beim Ansinnen nach Marktchancen für den Mittelstand, primär für kleinere und mittlere private Rundfunkveranstalter. Schließlich stellte sich für die F.D.P. auch nicht die Machtfrage bei der medien-politischen Zusammenarbeit mit den Unionsparteien oder gar die Überlegung nach einer anderen Koalitionsorientierung. Die Ergebnisse des Untersuchungszeitraumes weisen darauf hin, dass bei zentralen Fragen zur europäischen Medienpolitik Einvernehmen mit den Positionen der Volksparteien bestand, somit ein Eintreten für „free flow of information“ und „Europäische Rundfunkkonvention“.
3.4.5 Bewertung der GRÜNEN-Positionen
Innerhalb der Studie zeigt sich immer wieder, dass DIE GRÜNEN und die Massenmedien ein ambivalentes Verhältnis zueinander aufweisen.654 Einerseits benötigt die Partei vor allem das Fernsehen zur Verbreitung ihrer Issues, insbesondere um Anhänger bzw. Wähler für ihre politischen Anliegen zu mobilisieren. Andererseits zieht gerade das elektronische Massenmedium aus dem Eventmanagement der GRÜNEN (z.B. das Aufzeigen von Skandalen und Veranstaltung spektakulärer Protestkundgebungen) einen Nutzen, um die Sendeplätze mit einschaltquotenträchtigem Material zu füllen. Trotz gegenseitiger prinzipieller Abhängigkeitssignale ist in den 80er Jahren nicht mehr als ein begrenztes Akzeptanzverhältnis daraus entstanden.
654 Vgl. Hasenclever, Wolf-Dieter/Hasenclever, Connie 1982, S. 70 ff..
Kap. 3.4 Zwischenergebnis: Oktober 1982 - Dezember 1989
185
Die politischen Einstellungen der GRÜNEN gegenüber dem ö.-r. Rundfunk prägten zwei Prämissen: Erstens sollte der Monopolrundfunk in seinem alleinigen Anspruch auf Verbreitung massengesellschaftlicher Meinungsbildungsprogramme bedingungslos erhalten bleiben. Zweitens sollte durch einen Umbau der öffentlich-rechtlichen Strukturen, Organisationseinheiten und Gremienausschüsse eine Staatsferne herbeigeführt werden, um den machtpolitischen Einfluss wirtschaftlich starker Gruppen wie Parteien zu unterbinden. Keine Zweifel hatten DIE GRÜNEN in ihrem Habitus als Verteidiger der Meinungsfreiheit und als einzige „Retter“ des ö.-r. Rundfunks. Der hartnäckigen Position der GRÜNEN, dass der private Rundfunk nicht der Informationsfreiheit und Meinungsvielfalt diene und deshalb absolut zu verhindern sei, konnten die anderen Parteien in dieser Rigorosität nicht folgen. Es ist davon auszugehen, dass DIE GRÜNEN im Untersuchungszeitraum als Protestpartei agierten. Sie beklagten den Einfluss von gesellschaftlichen Gruppen wie Parteien auf die öffentlichrechtliche Programmgestaltung und die personelle Besetzung der Rundfunkgremien, äußerten temporär Programmkritik an Sendebeiträgen, wehrten sich gegen eine „geistige Programmverflachung“, den „SPD-Hang zum Kommerzfunk“ und die „verfassungsrechtlich fragwürdigen“ Privatfunkvorhaben der Länder. Ihre negativen Wahrnehmungen setzten sich fort bei dem Bestreben nach Abbruch der Kabelpilotprojekte, der kompletten Ablehnung der Kupfer- und Glasfasertechnologie sowie des Satellitenrundfunks. Mit populären Deutungen zu gesellschaftlich „missglückten“ Informationsaustauschprozessen wie „schädliche Kommunikationsrevolution“ und „Wegrationalisierung von Arbeitsplätzen“ versuchten DIE GRÜNEN, systemkritische Wähler an die Partei zu binden. Die allgemeine Unzufriedenheit der GRÜNEN mit den bestehenden Rundfunkverhältnissen resultierte gerade aus der Einsicht, dass die eigene Partei keine Mehrheiten für ihre medienpolitischen Anliegen in den Parlamenten bzw. innerhalb der Sendeanstalten zustande bringen konnte. Für diese stabile Annahme spricht, dass DIE GRÜNEN in Einzelfällen gemeinsam mit der SPD tätig wurden, wo sie sich mehr als einen Beachtungserfolg versprachen. So beteiligte sich die Partei an der SPD-Kontrollklage gegen das „Niedersächsische Landesrundfunkgesetz“ und legte in Berlin einen eigenen Landesmediengesetzentwurf vor. Im Unterschied zur F.D.P., die ebenfalls Minderheiten-positionen vertrat, aber in Medienfragen mit den Unionsparteien assoziierte, existierte bei den GRÜNEN kein Trend zu einem kontinuierlichen Pakt mit der SPD in medienpolitischen Grundsatzangelegenheiten.
4 Die Bundeskanzler Helmut Schmidt und Helmut Kohl und ihre Einstellungen dem Fernsehen gegenüber in den 80er Jahren 4
Die Bundeskanzler Helmut Schmidt und Helmut Kohl
Im Untersuchungszeitraum wurde das Fernsehen zu einem „Forum Germanum“, einem audiovisuellen Staatsmarkt655, in dessen politischem Zentrum ein Bundeskanzler656 steht. Seine massenmediale Vormachtstellung, die er durch das Regierungsmandat des Volkes, durch die Wahl des Bundestages sowie aufgrund seiner Richtlinienkompetenz innehat, teilt er allenfalls mit einem/einer Oppositionsführer/in, dem/der Kandidaten/in für das höchste Regierungsamt. Betritt ein Kanzler (oder ein anderer Politiker) das Forum, findet automatisch ein Tauschgeschäft statt: Journalisten stellen Sendeplätze/Publizität zur Verfügung im Austausch gegen aktuelle Informationen „aus erster politischer Hand“. Dabei entsteht eine Wechselbeziehung zwischen Politik und Medien, wobei erstere eine direkte Öffentlichkeitsarbeit für ihr Hauptanliegen betreibt, die Zustimmung einer Wählermehrheit für ein konkretes Vorhaben (z.B. ein Mandat) zu erlangen. In Anbetracht dessen stellt sich die Frage, inwieweit die BK Schmidt und Kohl das Fernsehen für machtpolitische Strategien ihrer Person bzw. Partei einsetzen konnten und was sie sich von den Auftritten in der elektronischen Medienlandschaft versprachen.
4.1 Schmidt und Kohl und ihr Zugang zum Fernsehen Obwohl Schmidt und Kohl dem Fernsehen mit großen Vorbehalten gegenüberstanden, setzten beide doch dieses Massenverbreitungsinstrument bevorzugt ein, um im Amt Bestätigung zu finden bzw. um bei politischen Wahlkämpfen Aufmerksamkeit zu erzielen. Sie wussten, dass politische Informationen primär vom Fernsehen in die Wohnstuben transportiert werden, auch wenn Schmidt das elektronische Massenmedium für „oberflächlich“ hielt und im Frühsommer 1978 für einen fernsehfreien Tag pro Woche plädierte.657 In der Regierungserklärung des BK Schmidt in der Sitzung des Deutschen Bundestages am 24. November 1980 ließ er keinen Zweifel an seiner negativen Grundhaltung aufkommen: „Meine persönliche erhebliche Skepsis gegenüber der zunehmenden Fernseh-Berieselung der Heranwachsenden und gegenüber der Beeinträchtigung des Familienlebens durch die elektronischen Medien will ich Ihnen nicht verschweigen. Ich habe mich über die breite Zustimmung gefreut, die ich in diesem Punkt aus beiden Kirchen erhalten habe.“658 Schmidt und Kohl hatten gegenüber dem Fernsehen ein ambivalentes Verhältnis. Zu seiner Amtszeit als Bundeskanzler konnte Schmidt beim Fernsehangebot einzig auf die ö.-r. 655 In den 80er Jahren war die Sehbeteiligung bei ö.-r. Wahlsendungen im direkten Umfeld des Wahltages, wie bei der sogenannten „Elefantenrunde“ mit den Parteivorsitzenden bzw. Kanzlerkandidaten (meistens drei Tage vor dem Wahltag), außerordentlich hoch: „1980 68 Prozent, 1983 56 Prozent und 1987 gaben immerhin noch 46 Prozent an, die ‚Elefantenrunde’ gesehen zu haben“ (Vgl. Schrott, Peter 1990, S. 656). 656 Wie die deutsche Geschichte lehrt, kann es sich auch um eine Bundeskanzlerin handeln. 657 Vgl. Schmidt, Helmut 1978, S. 21. 658 Schmidt, Helmut 1980, S. 1062 f..
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Kap. 4 Die Bundeskanzler Helmut Schmidt und Helmut Kohl
Sender zurückgreifen; der Privatfunk existierte noch nicht in Deutschland. Es ist gewiss nicht übertrieben, festzustellen, dass Schmidt sehr wohl die Bedürfnisse eines Fernsehpublikums einzuschätzen vermochte, weshalb er sich „selbst einmal freimütig Staatsschauspieler nannte“659. Der ehemalige Chef vom Dienst im Bundespresseamt, Schmidt-Holtz, beschrieb das Gebaren seines obersten Vorgesetzten, in Bildern zu denken, mit den Worten: „Ich kenne keinen, der das Fernsehen so missbraucht hat, wie Helmut Schmidt.“660 Bei Kohl fiel auf, dass er vermehrt zur Eigendarstellung politischer Standpunkte das private Fernsehen nutzte (insbesondere SAT.1), wo er häufig „unionsnahe“ Gesprächspartner bekam. Kohl, der keine Ambitionen hatte, als TV-Protagonist zu agieren, ließ wie sein Vorgänger Schmidt das Fernsehen niemals im Unklaren über dessen Funktion: „Ich bin gekommen, um meine Meinung kundzutun, nicht, um mich befragen zu lassen.“661 Er verabscheute Interviews, vor allem überraschende Fragen, und bevorzugte es, Statements abzugeben zu von ihm vorgeschlagenen Themen. Kohl neigte wie Schmidt dazu, den Fernsehjournalisten gelegentlich seine Meinung zu Befragungsritualen kundzutun, indem er schlicht bei für ihn unangenehmen Fragen auswich oder eine Antwort verweigerte: „Ich denke nicht daran, mich hier dazu zu äußern.“662 Beide Politiker profitierten vom „Kanzlerbonus“ und den vielfältigen Möglichkeiten einer offensiven, vorteilhaften Selbstdarstellung (z.B. im Zuge routinemäßiger Berichterstattung über Regierungsvorhaben) und schufen innen- oder außenpolitische Anlässe (z.B. Empfänge für Staatsgäste, Pressekonferenzen), um elektronische Schlagzeilen und Bilder zu liefern. In Ausübung ihres Amtes boten sich ihnen direkte oder indirekte – sprich inszenierte – Gelegenheiten, Nachrichten zu produzieren und sich personell als tatkräftige Spitzenpolitiker und „geistige“ Führer des Staates darzustellen. Solange sie den Kurs der Fernsehberichterstattung mitsteuern konnten, war beiden Kanzlern dieses Medium dienlich. Kohl, ein ansonsten wie Schmidt sachlich-orientierter Politiker, inszenierte bei bedeutenden historischen Ereignissen filmreife Szenen mit Staatsmännern „in symbolischer Gestik“. Darauf deuten das demonstrative Händehalten mit dem französischen Staatspräsidenten Mitterand im Gedenken an die Toten beider Weltkriege auf den Schlachtfeldern in Verdun (22. September 1984), die privaten, in freundschaftlicher Atmosphäre arrangierten Treffen mit dem russischen Staatsoberhaupt Gorbatschow oder der pathetische Schulterschluss mit dem US-Präsidenten Reagan auf dem Soldatenfriedhof in Bitburg (5. Mai 1985). Schmidt zeigte sich dagegen mehr als staatsmännischer Krisenmanager, geprägt durch die Flutkatastrophe an der deutschen Nordseeküste im Februar 1962, als er in seiner damaligen Funktion als Innensenator der Hansestadt Hamburg die großangelegte Rettungsaktion erfolgreich initiierte und leitete. Später, als Kanzler, setzte sich Schmidt im Fokus der Massenmedien führungsstark mit globalen Themen wie „internationale Währungspolitik“, „NATODoppelbeschluss“ und „Ölpreissteigerungen“ auseinander. Wie stand es um die visuellen Darstellungskriterien beider Bundeskanzler bei Fernsehauftritten? Kohl hatte im Gegensatz zu Schmidt durchaus Schwierigkeiten, gerade bei TV-Duellen mit politischen Gegnern positive Resonanzen auf seine Körperhaltung, Mimik und Gestik bei den Zuschauern zu erzielen und „verlor vor allem durch die optische Präsenz“. Zu diesem für Kohl negativen Ergebnis gelangt Kepplinger bei experimentellen 659 660 661 662
Leinemann, Jürgen 2004, S. 147. Schmidt-Holtz, Rolf 1988, S. 83. Burghart, Heinz 1993, S. 54. Kohl, Helmut 1986. In: „Journalisten fragen – Politiker antworten“, ZDF, 13.02.1986.
Kap. 4.1 Schmidt und Kohl und ihr Zugang zum Fernsehen
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Untersuchungen mit Testpersonen zur Wirkung von Pressefotos und Fernsehfilmen. Den Betrachtern fiel beispielsweise an Kohl auf, dass „seine Haltung nicht entspannt wirkte“, seine Gestik sowie Mimik wurde als „unstet“ empfunden, „was mit dem nervösen Gesamteindruck korrespondierte“, während Schmidts Haltung „entspannt wirkte“ und seine Gestik sowie Mimik „ruhig und kontrolliert“.663 Um bei Fernsehauftritten insgesamt routinierter und sympathischer zu wirken, ließ sich Kohl in den 80er Jahren von dem ehemaligen ORF-Intendanten Gerd Bacher sowie dem Journalisten und zeitweiligen Regierungssprecher Peter Boenisch (bis Juni 1985) coachen. Dabei konnten fernsehgerechte Auftritte durchgespielt, journalistische Frage-/Antwortsituationen erprobt und dem Trainee Selbstvertrauen suggeriert werden. Von Kohl ist bekannt, dass er gutgemeinte Ratschläge hinsichtlich seines Erscheinungsbildes wiederholt ignorierte und die Meinung vertrat, dass letztlich die Aussagen eines Politikers wichtiger seien als seine optische Darstellung. Erst im Zuge einer langanhaltenden Medienberatung stimmte er einer Imagekorrektur seiner Person zu. In der Tat konnte sein Sympathiewert gesteigert werden, als er mit neuer Brille, Frisur und moderner Garderobe als „zeitgemäßer Staatsmann von Welt“ auftrat. Zur Abwertung von Kohl hat gewiss auch beigetragen, dass seine pfälzische Sprachart schlechter zu verstehen war (oder klang) als das Hochdeutsch seiner politischen Gegner. Trotz der für Kohl insgesamt nicht gerade positiven audiovisuellen Beurteilung schnitt er bei den Fernsehauftritten innerhalb der „Elefantenrunden“ immerhin so gut ab, dass er bei zwei Wahlen als BK-Kandidat obsiegen konnte (vgl. Abb.17). Von sozialdemokratischer Seite ist nicht bekannt, dass einer der Kandidaten um das Bundeskanzleramt innerhalb des Untersuchungszeitraums eine systematische Fernsehschulung durchlaufen hätte. Sowohl die sozial-liberale Bundesregierung wie auch die spätere unions-liberale benötigten für die Politikerauftritte Kontakte in die Funkhäuser, weshalb die Personalpolitik innerhalb des journalistischen Fernsehapparates stets ein zentrales Anliegen parteipolitischen Kalküls gewesen ist. Bölling, Regierungssprecher im Kabinett Schmidt und Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, griff häufig auf das Vielfaltsangebot der TV-Berichterstattung zur Imagepflege seines Dienstherren zurück und schätzte das elektronische Massenmedium zur Verbesserung der Kommunikation zwischen Staatsbürgern und Interessenvertretern: „Das Fernsehen weckt Begehrlichkeiten nicht nur bei Parteien, auch bei großen Organisationen.“664 Radunski, der CDU-Bundesgeschäftsführer und Wahlkampfmanager unter Kohl, sah im Fernsehen weit mehr als ein elektronisches Transportmittel innerhalb eines Vermittlungsprozesses zwischen Politik und Öffentlichkeit und präzisierte für seine Partei die Bedeutung des Mediums bei einer modernen Wahlkampfführung: „Aktuelle Hauptstichworte der politischen Kommunikation sind: Fernsehen, Kanzler bzw. Kanzlerkandidat, thematische Polarisierung und Mobilisierung.“665
663 Kepplinger, Hans Mathias 1987, S. 20-56. 664 Bölling, Klaus 1980, S. 5. 665 Radunksi, Peter 1980, S. 12.
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Kap. 4 Die Bundeskanzler Helmut Schmidt und Helmut Kohl
Abb. 17: Parteipolitische Wahlkampfdebatten des Fernsehens im Vorfeld der Bundestagswahlen 1980, 1983 und 1987 Fernsehdebatten (Teilnehmer der Parteien) SPD CDU CSU F.D.P. Die Grünen
1980
1983
1987
Schmidt1 Kohl Strauß Genscher –
Vogel Kohl2 Strauß Genscher –
Rau Kohl3 Strauß Bangemann Ditfurth
1) Helmut Schmidt gewinnt die Bundestagswahl 1980 (gegen den Kandidaten Franz-Josef Strauß/CSU). 2) Helmut Kohl gewinnt die Bundestagswahl 1983 (gegen den Kandidaten Hans-Jochen Vogel/SPD). 3) Helmut Kohl gewinnt die Bundestagswahl 1987 (gegen den Kandidaten Johannes Rau/SPD).
4.2 Schmidt contra Strauß (Bundestagswahl 1980) Im Kanzlerwahlkampf 1980 waren die Sachfragen von nachrangiger Bedeutung, denn es handelte sich um eine frontale Auseinandersetzung zwischen zwei Spitzenpolitikern, wobei das Fernsehen als Instrument der Imagepflege unter besonderer Beobachtung stand, weil das massenwirksame Auftreten beider Politiker zum Gegenstand von Interessen- und Glaubensrichtungen wurde. Beide politischen Lager lieferten sich einen Angriffswahlkampf666 und sprachen mit pauschalen Urteilen dem politischen Gegner die Fähigkeit ab, eine Bundesregierung führen zu können. Welcher Kandidat schnitt bei den Fernsehdebatten im Urteil der Zuschauer besser ab, erschien am positivsten in seinen Sachargumenten und Handlungsweisen, konnte sich ideologisch und als Hoffnungsträger profilieren und mit seinem optischen Erscheinungsbild punkten? Ein BK Schmidt als zentraler Aufmacher einer Informationssendung wurde eher wahrgenommen als der bayerische MP Strauß, der nur in Ausnahmenfällen vergleichbar gewichtet wurde. In der sog. öffentlichen Meinung agierte beim direkten Vergleich der populäre Amtsinhaber Schmidt gegenüber dem Kandidaten Franz Josef Strauß eindeutiger „fotogener“, wirkte als Spitzenkandidat „optisch seriöser“ und besaß insgesamt „mehr Ausstrahlung“ (höheres Image), wie kommunikationswissenschaftliche Untersuchungen über Fernsehdebatten zur Wahlkampfzeit belegen.667 Hinzu kam noch ein persönliches Handicap von Strauß, der sich nicht geschickt genug anstellte, um seine Argumente „gefälliger“ vorzutragen. Er war in jeder Hinsicht ein Politiker der deutlichen Worte, kantig im Umgang, der das Halbherzige verachtete. Angesichts seines Auftretens in der Öffentlichkeit wurden bei Strauß eindeutige Imagedefizite bei Eigenschaften wie „ehrlich, aufrichtig“, „sozial“, „sympathisch“ und „vertrauenerweckend“ wahrgenommen.668 Strauß hatte eine stark polarisierende Wirkung, die zwar die eigene Wählerklientel mobilisierte, aber nicht politisch übergreifend von Nutzen war, um bei den anderen Parteien Stimmen zu sammeln. 666 Ein Angriffswahlkampf zwischen politischen Spitzenkandidaten wird in den USA als „Negative Campaigning“ bezeichnet. 667 Vgl. Norpoth, Helmut/Baker, Kendall L. 1983, S. 600-621; Schrott, Peter 1990. 668 Vgl. Noelle-Neumann 1983, S. 558.
Kap. 4.3 Kohl contra Vogel und Rau (Bundestagswahlen 1983 und 1987)
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Von großer Bedeutung für den Ausgang der Wahl war, dass beide Politiker „rechts“ von ihren Parteien standen, diese Konstellation jedoch einzig für Schmidt ein Vorteil war, der die linken Randwähler der Unionsparteien abgreifen konnte. Strauß dagegen hätte lediglich bei den Rechtsparteien Stimmengewinne verbuchen können, im Mitte-Links-Lager der Sozialdemokraten konnte er keine Zustimmung erzielen. In der Öffentlichkeit genoss Schmidt einen prestigeträchtigen Sympathie-Bonus als weltgewandter Regierungschef auch bei einer ansonsten politisch-konservativen Anhängerschaft. Mancher CDU/CDUSympathisant stellte seinerzeit fest, dass Schmidt nur in der falschen Partei sei, weshalb 77% der Unionswähler ihn durchaus positiv beurteilten.669 Im Zuge derartiger Umfragen entstand das wohlgelittene Renommee des Amtsinhabers und die allgemeine Einschätzung, dass diese Wahl durch das konservative Lager nicht zu gewinnen sei. Schmidt wurde trotz seiner öffentlichen Popularität in den Fernsehspots nicht zentral präsentiert; lediglich in drei von neun Spots gab er allein ein Statement ab. Ansonsten wurde er als Mannschaftsspieler präsentiert.670 Maßgeblich lenkte der übermächtige SPDParteivorsitzende Brandt den Wahlkampf mit, der u.a. unter dem sozialdemokratischen Slogan „Schmidt, Kanzler des Friedens und Strauß, Kandidat der Angst“ geführt wurde, und warb als eine Art Mentor für Schmidts Wiederwahl. Strauß, der u.a. unter dem Unionsslogan „Den Sozialismus stoppen“ antrat, erging es bei den Fernsehspots nicht besser als dem Gegenkandidaten: Innerhalb der acht Spots war einer einem Strauß-Porträt gewidmet, einer zeigte die Mannschaft des Kandidaten und ansonsten wurde die Troika Strauß, Kohl und Stoltenberg abwechselnd in Szene gesetzt.671
4.3 Kohl contra Vogel und Rau (Bundestagswahlen 1983 und 1987) 1983: Kohl gegen Vogel Im Gegensatz zu dem Bundestagswahlkampf 1980 kann die Auseinandersetzung der Kandidaten um das Amt des Bundeskanzlers im Jahr 1983 (Wahltermin: 6. März 1983) sowohl als Personen- wie auch als Fernsehwahlkampf eingestuft werden. Unter dem Slogan „Dieser Kanzler schafft Vertrauen“ wurde Kohl zentrisch herausgestellt und trug nahezu ausschließlich die Kampagne. Im Mittelpunkt der Fernsehspots, die sich insbesondere mit den Themen „Wirtschaftsaufschwung“ sowie „Frieden und Freiheit“ befassten, stand ein regierender, deutlich handelnder Bundeskanzler. Neben Kohl waren lediglich die CDU-Politiker Generalsekretär Geißler und Finanzminister Stoltenberg in Spots präsent. Kennzeichnend für den Wahlausgang war, dass der Kanzlerbonus Wirkung zeigte und die unionsgelenkte Wahlkampstrategie „Personalisierung Kohls als Symbol einer modernen Volkpartei“ erfolgreich aufging. Offensichtlich hatte Kohl aus den Erfahrungen der 70er Jahre dazugelernt und nutzte ab 1983 das Bildmedium Fernsehen besser als von vielen Beobachtern erwartet.
669 Vgl. Kaltefleiter, Walter 1981, S. 3-13. 670 Vgl. SPD-Parteivorstand 1982, S. 282 ff.. 671 Vgl. CDU-Bundesgeschäftsstelle 1981, S. 39-42.
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Kap. 4 Die Bundeskanzler Helmut Schmidt und Helmut Kohl
Die sog. Elefantenrunde 1983 (v. l. n. r.) H.-D. Genscher (F.D.P.), F.-J. Strauß (CSU), H. Kohl (CDU) und H.-J. Vogel (SPD). Foto: BPA
Die Opposition hatte als Kanzlerkandidaten Hans-Jochen Vogel nominiert (Schmidt verzichtete auf eine erneute Kandidatur), der sich von seinem Schattenkabinett profilierte Unterstützung erhoffte, diese aber nicht erhielt. Wie nicht anders zu erwarten, standen die Spitzenkandidaten als direkte Alternativen im Rampenlicht des Fernsehens. Vogel, der einen reinen Angriffswahlkampf vermied und sich mehr auf seine politischen Argumente verließ, wurde in den Fernsehspots als souveräner und kompetenter Herausforderer unter dem Werbelockruf „Vogel ist besser“ bzw. „Im deutschen Interesse – SPD“ dargestellt. Im letzten SPD-Spot vor der Wahlentscheidung trat noch einmal akquirierend Schmidt auf, um gegen Kohl zu argumentieren und Vogel zu stützen. Ansonsten wich der Amtsinhaber, wohl aus Gründen „mangelnder Berechenbarkeit“, einem direkten Fernsehduell mit dem Kandidaten Vogel im Wahlkampf 1983 aus. 1987: Kohl gegen Rau Es wäre unglaubwürdig, zu unterstellen, dass 1987 (Wahltermin: 25. Januar 1987) nicht ebenfalls ein Personenwahlkampf stattgefunden habe, auch wenn dieser unter neuartigen Vorzeichnen stand. Das Wichtigste vorweg: Bei Abstimmungen um die Kanzlerschaft geht es zunächst immer um zwei Kandidaten und weniger um die Mannschaft, die hinter den Bewerbern steht. Um die menschliche Distanz zwischen den Kandidaten zu verringern, war der SPD-Kandidat Rau mit einem selbstgewählten Leitmotto „Versöhnen statt spalten“ angetreten: „Ich will jedenfalls alles tun, damit ein Wahlkampf ein Wettbewerb um Entwürfe und um Ideen ist und nicht ein Kampf gegen Personen.“672 Der Herausforderer vertrat 672 Rau, Johannes 1986. In: „Journalisten fragen – Politiker antworten“, ZDF, 10.04.1986.
Kap. 4.3 Kohl contra Vogel und Rau (Bundestagswahlen 1983 und 1987)
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sein Motto glaubwürdig und bot wenig Angriffsfläche für den Amtsinhaber Kohl, der die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands als zentrales Thema des Wahlkampfes setzte. In der Folge kam es zu keinen direkten, wahltypischen Auseinandersetzungen, bei denen die Kandidaten üblicherweise vermehrt Konfliktthemen aufgreifen und hierbei den Kontrahenten verunglimpfen. Durch dieses heterogene Verhalten wurden Wähler verunsichert, denn sie erwarten im Allgemeinen, dass die Kandidaten ihre Problemlösungskompetenz unter Beweis stellen, möglichst in Konfrontation zum politischen Gegner. Innerhalb der von den Parteien verantworteten Fernsehspots traten die Kandidaten in ihren Attitüden konfliktscheu und gemäßigt gegenüber dem Gegner auf, wobei sie überwiegend ihre eigenen politischen Leistungen in den Vordergrund stellten. In den insgesamt fünf Spots der Union, die unter dem Slogan standen „Weiter so, Deutschland. CDU – die Zukunft“, wurde die Kernmannschaft gleichberechtigt dargestellt: Kohl, drei CDUBundesminister und Generalsekretär Geißler gaben in jeweils einem Spot ihr persönliches Statement ab. Die auf Rau zugeschnittenen Fernsehspots unter dem Motto „Den Besten für Deutschland: Johannes Rau“ waren themenorientiert und beinhalteten Sequenzen aus Gesprächen des Kandidaten mit Bürgern und Redeausschnitten. Nur am Rande machte Rau auf einige ungelöste politische Probleme aufmerksam, die allerdings in der harmoniesuchenden Gesamtlage untergingen. Schließlich war die Fernsehberichterstattung (außerhalb der Parteienwerbung) über die CDU/CSU mehr auf Kohl konzentriert als die Berichterstattung über die SPD auf Rau673, was allerdings keinem Kanzlerbonus entsprach. Erstmals in der deutschen Wahlkampfgeschichte seit 1969 hatte ein Kanzler keinen Vorsprung vor dem Herausforderer bei den Umfragewerten wenige Tage vor der Wahl innegehabt; Kohl wie Rau lagen mit jeweils 46 Prozent an Zustimmungsquote gleichauf.674 Auch die Wahlforschung belegt später, dass ein „Kanzlerbonus“ nicht gegriffen haben kann, da „Bundeskanzler Kohl (...) in allen vier Nachrichtenmagazinen der mit Abstand am schlechtesten bewertete Politiker“ gewesen ist.675 Im Wahlumfeld hatten diverse Medien gerade die Glaubwürdigkeit Kohls in Zweifel gestellt. Umfragen dienen den Parteien im Zuge der Wahlkampfkommunikation dazu, aktuelle Trends festzustellen (z.B. hinsichtlich der Effektivität einzelner Wahlkampfthemen und des Auftretens eines Spitzenkandidaten), um daraus operative Schlüsse für ihr weiteres politisches Handeln ziehen zu können. Aber wie wirken sich die öffentlichen Bekanntgaben von Umfrageergebnissen auf das Wahlverhalten der Bürger aus? Nach den Bundestagswahlen 1983 und 1987 teilten immerhin 22 Prozent (1983) bzw. 20 Prozent (1987) der befragten Wähler mit, dass die Wahlumfragen auf ihre Stimmabgabe „eine gewisse Rolle“ gespielt und sie „etwas beeinflusst“ habe.676 Von daher ist verständlich, weshalb in den 80er Jahren verschiedene Parteien zeitweise forderten, Umfrageergebnisse kurz vor den Wahlen zu verbieten. Typisch ist dieses Verhalten besonders dann, wenn Meinungsergebnisse nicht in ein Wahlkampfkonzept passen und die Gefahr besteht, dass einzelne Wähler aus taktischen Überlegungen ihre Stimme vergeben (z.B. um etwa einer kleineren Partei in den Bundestag zu verhelfen, die laut Umfrage noch nicht die Fünf-Prozent-Hürde geschafft hat).
673 674 675 676
Vgl. Kepplinger, Hans Mathias/Gotto, Klaus/Brosius, Hans-Bernd/Haak, Dietmar 1989, S. 62. Vgl. Forschungsgruppe Wahlen 1990, S. 720 Mathes, Rainer/Freisens, Uwe 1990, S. 562. Quelle: Nachwahlbefragungen der Forschungsgruppe Wahlen (ZA 1275, ZA 1532 und ZA 1931), www.ge-sis.org./datenservice/suche/ daten/index.htm, 12.09.2005.
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Kap. 4 Die Bundeskanzler Helmut Schmidt und Helmut Kohl
Nach Einschätzung der CDU handelte es sich 1987 um keinen Kanzlerwahlkampf, sondern um eine Richtungswahl, wobei der Bürger mit der Präsentation der Leistungsbilanz der Bundesregierung entscheiden konnte, ob er die bisherige Politik bestätigen bzw. einem „unsicheren“ rot-grünen Bündnis sein Vertrauen aussprechen wollte.677 Ganz im Gegensatz zur Wahl 1983 hatte die Union nur begrenzt auf BK Kohl gesetzt (der im Jahr 1986 schlechtere Sympathiewerte besaß als andere CDU-Spitzenpolitiker), sondern mehr auf die Geschlossenheit und Kompetenz seiner Regierungsmannschaft. Vor dem Hintergrund beider Bundestagswahlen verstand es die CDU-Parteizentrale offensichtlich besser, ihren Kandidaten (1983) und die Regierungsmannschaft (1987) in den Mittelpunkt der Berichterstattung zu stellen, als die SPD (vgl. Mathes/Freisens 1990 und Abb.18). 4.4 Zwischenergebnis Im direkten Vergleich zwischen Kohl und Schmidt dürfte letztgenannter fraglos als „Medienstar“ in Erinnerung bleiben, zumal Kohl keine spontan agierende Persönlichkeit gewesen ist, die sich schauspielreif in Szene setzen wollte und konnte. Oberflächlich betrachtet mögen die innerhalb des Kapitels aufgezeigten Gegensätzlichkeiten zwischen den beiden Kanzlern im Umgang mit dem Fernsehen von Relevanz sein, jedoch kann bei der Auswertung bislang vorliegender Erkenntnisse das Fazit gezogen werden, dass die Gemeinsamkeiten bedeutender sind als ursprünglich angenommen:
Ihre Fernsehauftritte dienten nicht nur zur Information der Öffentlichkeit über die Regierungspolitik und zur Festigung des persönlichen Ansehens als Bundeskanzler, sondern auch als politisches Wirkungspotential gegenüber der eigenen Anhängerschaft und Partei, um sie um Unterstützung für die Politik der Bundesregierung zu bitten, um diese für Wahlkampfaktivitäten zu mobilisieren und um die eigenen Reihen organisch geschlossen zu halten. Beide Kanzler präferierten das gedruckte Wort, also die Presse, da sie hier die politische Ausrichtung des jeweiligen Blattes und damit den Umgang mit den zur Verfügung gestellten Informationen einordnen konnten. Darüber hinaus konnte die Presse grundsätzlich mehr redaktionellen Raum zur Berichterstattung anbieten gegenüber den Kurzbeiträgen von Hörfunk und Fernsehen. Für beide Kanzler galt, dass sie dem Fernsehen neutral verbunden waren, solange dieses die ihnen zuzuordnenden politischen Nachrichtenereignisse positiv darstellte. Im umgekehrten Fall versuchten sie das Fernsehen bzw. Teile des Systems (einzelne Sender) vorübergehend zu ignorieren, gerade im Sinne einer disziplinarischen Maßregelung. Die Kanzler misstrauten nahezu jedem Journalisten, der ihnen nicht bekannt war, und den sie damit nicht „politisch“ einschätzen konnten. Ein entscheidendes Kriterium war bei Kohl, dass er die Theorie der „Schweigespirale linker Medienmenschen“ durch Noelle-Neumann als bewiesen ansah und entsprechend argwöhnisch handelte. Ein wahlkampfpolitisches Fernsehduell mit den beiden Kandidaten um das Amt des Bundeskanzlers wie in den USA lehnten sowohl Schmidt wie auch Kohl aus der Sorge heraus ab, dass der Mitbewerber bei einem Auftritt an Reputation gewinnen und seine
677 CDU-Bundesgeschäftsstelle 1987, S. 3.
195
Kap. 4.4 Zwischenergebnis
Wahlchancen verbessern könnte. Weniger problematisch betrachteten sie dagegen TVWahlkampfrunden in einer größeren personellen Zusammensetzung mit den Spitzenkandidaten aller im Bundestag vertretenen Parteien (erstmals 1969 beim ZDF in der Sendung „Journalisten fragen – Politiker antworten“). Bei der Erörterung von Kommunikationsstrategien griffen beide Kanzler auf einen Stamm von internen wie externen Beratern zurück (z.B. Bundespresseamt, Bundesparteizentrale, aber auch aktive Fernsehredakteure, Wissenschaftler und Demoskopen), um ihre Meinungen z.B. über effiziente Vermittlungsprozesse im Zuge von Fernsehauftritten einzuholen. Schmidt und Kohl stimmten in der Einschätzung überein, dass ihnen bei zentralen Fernsehdebatten wie bei der sog. „Elefantenrunde“ durch die eindeutige Akzeptanz der Sendung und infolge hoher Einschaltquoten ein beträchtliches Einflusspotential zur Verfügung stand, einen Wahlausgang mitzusteuern.
Abb. 18: Ergebnisse der Bundestagswahlen in den 80er Jahren der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien Bundestagswahlen (Ergebnisse der Parteien) CDU/CSU SPD F.D.P. Die Grünen
1980 (5. Oktober)
44,5 42,9 10,6 1,5*)
1983 (6. März)
48,8 38,2 7,0 5,6
1987 (25. Januar)
44,3 37,0 9,1 8,3
*) 1980 scheiterten DIE GRÜNEN an der Fünf-Prozent-Hürde und wurden nicht in den Bundestag gewählt.
[Quelle: Der Bundeswahlleiter, http://www.bundeswahlleiter.de]
5 Befragung von Machtinhabern der Medienpolitik in den 80er Jahren 5.1 Anliegen der Erhebung Ziel der schriftlichen Befragung war es, die Medienpolitik der Volksparteien (SPD bzw. CDU/CSU) in den 80er Jahren primär personalisiert und sekundär nach parteiinternen Gruppierungen analysieren zu können. Für dieses Anliegen wurden autoritative Spitzenpolitiker, die realiter als Machtinhaber – Vertreter des Staates oder einer Partei – medienpolitische Vorhaben durchsetzen konnten und deren Handeln politisch folgenreiche Konsequenzen nach sich zog, mittels Fragebogen interviewt. Konkret ging es dabei um eine Erfassung und Auswertung des Verhältnisses jener Politiker zu dem Rundfunkgeschehen in den 80er Jahren, um daraus ihr Rollenverständnis und ihre Einstellungen (z.B. Machtanspruch), Sicht- und Vorgehensweisen ableiten zu können. Die Annahme ist, dass die personenbezogenen Forschungsresultate stabile Daten über diese Zeit vorlegen, die eine Gesamtbeurteilung der Untersuchung stützen können. Die Hauptfrage der Erhebung lautete: Aufgrund welcher Erkenntnisse bzw. Überlegungen stellten Politiker medienstrategische Weichen, um eigene Zielsetzungen zu erreichen bzw. um potentielle Zielsetzungen anderer Akteure zu verhindern? Dahingehend wurden auch wertorientierte und machtrelevante Antworten zum medienpolitischen Meinungsbildungsprozess innerhalb des Untersuchungszeitraumes gesucht:
Welche medienpolitischen Ziele waren Ihnen in den 80er Jahren besonders wichtig? Welche Rolle spielte Ihre Partei auf Bundesebene bei Ihren medienpolitischen Zielsetzungen in den 80er Jahren? Welche Aspekte einer Wechselwirkung zwischen Politik und Fernsehen waren für Sie in den 80er Jahren ausschlaggebend? Inwieweit verfolgten Sie in den 80er Jahren strategische Ziele? Wie werten Sie auf die 80er Jahre bezogen die Kompetenzen des Bundes/einer Bundesregierung für die ordnungspolitische Gestaltung einer Rundfunklandschaft? Wie beurteilen Sie – rückblickend auf den Stichtag 31. Dezember 1989 bezogen – das duale Rundfunkssystem?
Mit der Erhebung wird in der Hauptsache ein Beitrag zur wissenschaftlichen Debatte über Einstellungen von Politikern beim medienpolitischen Parteienwettbewerb in den 80er Jahren geleistet, die bisher weitestgehend im Verborgenen geblieben sind (z.B. hinsichtlich der Wechselwirkungen zwischen Machtinhabern und Fernsehen, insbesondere in Anbetracht der Einflussmöglichkeiten des Massenmediums, die zwar unterstellt, aber nur ansatzweise mittels Umfragen unter Politikern belegt wurden). Im Zuge dessen kann ebenfalls geklärt werden, inwieweit grundlegende Konsonanzen (Übereinstimmungen) bzw. Dissonanzen (Unstimmigkeiten) zwischen den Akteuren über Parteigrenzen hinweg existierten und inwiefern sich einzelne Einstellungen von Akteuren im historischen Rückblick gefestigt bzw. geändert haben.
198
Kap. 5 Befragung von Machtinhabern der Medienpolitik in den 80er Jahren
5.2 Untersuchungsdesign Die Befragung von wenigen, aber ausschlaggebenden Machtinhabern der Medienpolitik erhebt den Anspruch, verlässliche Tendenzen zum Anliegen der Erhebung zu liefern, da zentrale Akteure selbst zu Wort kommen. Bei dieser Vorgehensweise kommt es eindeutig auf die ehemalige staatliche und/oder parteipolitische Amtsposition der befragten Meinungsführer an, die es ihnen ermöglichte, innerhalb des Untersuchungszeitraumes medienpolitische Entscheidungen maßgeblich zu kontrollieren, zu beeinflussen, teilweise sogar individuell – gegen den Willen einer Mehrheit – durchsetzen zu können. Insofern konnte nur ein numerisch begrenzter Personenkreis „gewichtiger, erstrangiger Politiker“ für eine authentische Befragung ausgewählt werden. Die Anzahl der Teilnehmer konnte hier nicht ausschlaggebend sein, da eine Erweiterung des erfassten Personenkreises nicht sachgerecht und damit strittig gewesen wäre. Denn: Medienpolitisch „zweitrangige“ Akteure konnten nur indirekt Willensbildungsprozesse steuern; sie mussten sich weitgehend mit den gewichtigen, von mir ausgewählten Politikern zuvor abstimmen. Noch ein weiteres Argument spricht für das präsentierte Erhebungsverfahren: Die Felder der Medienpolitik mit ihren Inhalten und Richtungen wurden ausdifferenziert hinterfragt, um detaillierte Erkenntnisse über personengebundene Führungs- und Steuerungskonzepte erschließen zu können.
5.3 Erhebungsmethode Die Studie orientiert sich an den Empfehlungen von Lamneck, Kromrey und Kirchhoff u.a. zur Erstellung von Fragebögen678 für qualitative sozialwissenschaftliche Analysen. Bei den vorliegenden Fragenkomplexen sind die Frageninhalte und die Interpretation der Antworten genormt, sodass durch diese Standardisierung gewährleistet ist, dass die einzelnen Daten unmittelbar vergleichbar ausgewertet werden konnten. Jeder Fragenkomplex wird durch eine verallgemeinerte Fragestellung eingeleitet, die zu den eigentlichen, antwortsuchenden Detailfragen führt. Betrachtung fand der Zeitraum Januar 1980 bis Dezember 1989. Die schriftliche Erhebung in Form eines Fragebogens, bei dem jeweils zwischen zwei Antworten („Trifft zu“/„Trifft nicht zu“) nach dem Multiple-Choice-Verfahren durch Ankreuzen ausgewählt werden konnte, startete im April 2006; die Rückantworten trafen bis Mitte Juli 2006 ein. An der Befragung nahmen insgesamt 14 von 18 ausgewählten Politikern teil (Beteiligungsquote 78%; davon 6 SPD- und 8 CDU/CSU-Mitglieder; s. Abb. 19). Direkt angeschrieben wurden die Unionspolitiker (das Adressenmaterial stellten die CDU/CSUParteizentralen zur Verfügung); die SPD-Politiker erhielten die Befragungsunterlagen über den postalischen Umweg der SPD-Parteizentrale in Berlin. Von Seiten des Fragestellers wurden keine Einflüsse z.B. in Form von mündlich bzw. schriftlich vorgetragenen Erwartungshaltungen ausgeübt, die bei einem narrativen Interview – face-to-face – durchaus hätten aufgebaut werden können. Auch konnte keiner der Befragten Auskunft über die Antworten anderer Teilnehmer erlangen. Das Ausfüllen des Fragebogens nahm ungefähr 15 Minuten in Anspruch.
678 Vgl. Lamneck, Siegfried 1995; Kirchhoff, Sabine/Kuhnt, Sonja/Lipp, Peter/Schlawin, Siegfried 2000; Kromrey, Helmut 2006, S. 259-262.
Kap. 5.4 Auswahl und Rekrutierung der Befragten
199
Im Kontext der Befragung wurden sog. „Rückerinnerungsfragen“ gestellt. Hierzu wurde im Vorfeld ein Fragebogen (s. Ergebnisse Kap. 5.5) entwickelt, um einerseits das zu untersuchende Feld thematisch und strukturell abzustecken und andererseits das wissenschaftliche Projekt in seinem Ausmaß abschätzen zu können. Entsprechend meiner Absicht, durch die Erhebung einzelne Befunde die Gesamtstudie zu untermauern bzw. zu hinterfragen, wurden Antworten zu acht Fragenkomplexen gesucht (vgl. auch Tabellen 1-8 in Kap. 5.5):
Zielsetzungs-Fragen Verhinderungs-Fragen Macht-Fragen Bundeskompetenz-Fragen Partei-Fragen Strategische Fragen Glaubens-Fragen Öffentlichkeits-Fragen.
5.4 Auswahl und Rekrutierung der Befragten Wer waren die medienpolitischen Hauptakteure? Dem Teilnehmerkreis der Erhebung gehören ausschließlich frühere Bundeskanzler, Ministerpräsidenten, Vorsitzende der Medienausschüsse sowie mit der Medienpolitik unmittelbar befasste Bundesminister von SPD und CDU/CSU in den 80er Jahren an. Das Rekrutierungsverfahren und somit die Auswahl des Personenkreises stützte sich auf die offiziellen Unterlagen der Parteien, insbesondere ihre Geschäftsberichte, die sämtlich öffentlich zugänglich sind, sowie auf die vertraulichen Protokolle der Medienausschüsse. Angeschrieben wurden paritätisch jeweils neun Politiker der Volksparteien, die aktiv und dirigierend an den zentralen medienpolitischen Entscheidungsprozessen innerhalb der Untersuchungsdekade beteiligt waren (s. Abb.19 und vgl. Kap. 2 und 3). Die Befragten vertreten – neben ihren eigenen Standpunkten – im Großen und Ganzen die jeweils vorherrschenden Theorien und Handlungsweisen ihrer Parteien. Bedauerlicherweise konnten Peter Glotz (ehemaliger SPD-Bundesgeschäftsführer und Vors. d. SPD-Medienkommission), Kurt Gscheidle (BM a.D.) und Johannes Rau (MP a.D.) aufgrund ihres Ablebens nicht mehr befragt werden; ihre Meinungen bzw. Positionen werden allerdings hinreichend innerhalb der Untersuchung gewürdigt.
200
Kap. 5 Befragung von Machtinhabern der Medienpolitik in den 80er Jahren
Abb. 19: Machtinhaber der Medienpolitik in den 80er Jahren
Egon Bahr (BM a.D., ehemals SPDBundesgeschäftsführer)
Ernst Albrecht (MP a.D.) Helmut Kohl (BK a.D., ehemals PV der CDU)
Holger Börner (MP a.D., ehemals Vors. d. SPD-Medienkommission)
Bernd Neumann (StM., ehemals Vors. d. CDUMedienkommission)
Wolfgang Clement (BM a.D.) Klaus von Dohnanyi (Erster Bgm. a.D., ehemals Vors. d. SPD-Medienkommission) Björn Engholm (MP a.D., ehemals Vors. d. SPD-Medienkommission)
Werner Remmers (LM a.D., ehemals Vors. d. CDU/CSU-Medienkommission) Christian Schwarz-Schilling (BM a.D., ehemals Vors. d. CDU/CSU-Medienkommission) Edmund Stoiber (MP, ehemals GS der CSU)
Reinhard Klimmt (MP a.D.) Bernhard Vogel (MP a.D.) Hans-Ulrich Klose (Erster Bgm. a.D.) Helmut Schmidt (BK a.D.) Hans-Jochen Vogel (BM a.D., ehemaliger PV der SPD)
Dieter Weirich (MdB a.D., ehemals Vors. d. CDU-Medienkommission) Friedrich Zimmermann (BM a.D.)
5.5 Zur Auswertung der Erhebung Die Auswertung der Fragebögen erfolgte themenbezogen, gegliedert in acht Fragenkomplexe, pro Einzelfrage (vgl. Fragenkatalog Z1 – Ö3). Dabei wurden die statistischen Angaben aller Befragten nach der „Häufigkeitsverteilung“ (Anzahl der abgegebenen Stimmen „Trifft zu“ oder „Trifft nicht zu“) aufbereitet und die ermittelnden Werte in natürlichen Zahlen angegeben. Im Rahmen der Analyse kamen Gütekriterien679 zur Anwendung, indem objektiv (unabhängig von dem jeweiligen Benutzer), nach Reliabilität (Zuverlässigkeit der wissenschaftlichen Untersuchung) und nach Validität (es wurde nur das vorliegende Votum 679 Vgl. Häußler, Peter u.a. 1998, S. 64-65.
201
Kap. 5.5 Zur Auswertung der Erhebung
gemessen) ausgewertet wurde. In sehr wenigen Fällen lieferten die Befragten bei einzelnen Fragen keine Antworten; an den betreffenden Stellen blieben sie deshalb innerhalb des Verfahrens zur Datenbearbeitung unberücksichtigt. Hinsichtlich der methodischen Eingrenzungungskriterien war zunächst eine Datenaufbereitung lediglich nach Parteizugehörigkeit der Befragten vorgesehen. Nachdem jedoch bei einigen Politikern ein Einverständnis für eine namentliche Erwähnung vorliegt, erfolgen an diversen Stellen Hinweise zum Abstimmungsverhalten dieser Personen (s. Ergebnisse), gelegentlich auch ergänzende Kommentare der Befragten, die aber keine Auswirkungen auf das Forschungsresultat haben. Zu denkbaren Problemen der Befragung: Dem Autor ist es nicht möglich, den Wahrheitsgehalt der Antworten profund zu überprüfen, womit er auf die Ehrlichkeit der Befragten angewiesen war. In corpore ergeben sich keine Anzeichen für Falschaussagen im Vergleich zu den vorliegenden Forschungsunterlagen der Gesamtuntersuchung (z.B. Protokolle der Medienausschüsse). Es ist bekannt, dass die Befragten zur „übertriebenen Eigendarstellung“ bzw. zu „historisch angemessenen Antworten“ neigen könnten.680 Die nachfolgenden Ergebnisse liefern Aufschluss über das medienpolitische Engagement der 14 befragten Politiker zu einzelnen Themen im Untersuchungszeitraum 1980 – 1989. Eine generalisierende Analyse erfolgt in Kap. 8 mit der „Zusammenfassenden Beurteilung“. Fragenkomplex 1): Zielsetzungs-Fragen. Was wollten Sie medienpolitisch von Januar 1980 bis zum Abschluss des Staatsvertrages zur Neuordnung des Rundfunkwesens in Deutschland am 3. April 1987 erreichen?
Trifft zu
Trifft nicht zu
(Z 1) Das ö.-r. Rundfunkmonopol erhalten
[ ]
[ ]
(Z 2) Das duale Rundfunksystem einführen
[ ]
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(Z 3) Mit dem politischen Hauptgegner (SPD bzw. CDU/CSU) zu einem rundfunkpolitischen Konsens gelangen
[ ]
[ ]
(Z 4) Die Bestands- und Entwicklungsgarantie des ö.-r. Rundfunks in finanzieller Hinsicht langfristig sicherstellen
[ ]
[ ]
Auswertung Zu Z 1: Unter die herausragenden Themen der Befragung fällt sicherlich der Komplex, welche Hauptziele bis zum Abschluss des Staatsvertrages zur Neuordnung des Rundfunkwesens in Deutschland erreicht werden sollten. Es handelt sich dabei im Kern um die Frage, inwieweit das „ö.-r. Rundfunkmonopol“ aufgelöst oder erhalten werden sollte. Im Ergebnis liegt hier bei den Unionspolitikern ein Spitzenwert an Übereinstimmung von 100 680 Auch wirkt sich Fernsehen vermutlich auf den Sozialcharakter der Menschen aus (vgl. Krotz, Friedrich 1994, S. 515).
202
Kap. 5 Befragung von Machtinhabern der Medienpolitik in den 80er Jahren
Prozent vor, denn alle wollten das Rundfunkmonopol auflösen, während bei der SPD keine einheitliche Position vorhanden ist. Immerhin sprachen sich drei sozialdemokratische Akteure gegen ein Monopol aus und schlossen sich somit der gegnerischen Position an. Ergänzend machte von Dohnanyi darauf aufmerksam, dass er „den Zeitschriften-Verlegern das Überleben sichern“ wollte (für die publizistische Domäne Hamburg ein notwendiges Anliegen). Zu Z 2: Das „duale Rundfunksystem“ wollten elf Befragte einführen. Aus diesem Befund kann gefolgert werden, dass eine Minderheit über Jahre hinweg den Abschluss eines Rundfunkstaatsvertrages blockierten. Zu Z 3: An einer „einvernehmlichen rundfunkpolitischen Regelung“ mit dem Hauptgegner waren sieben Befragte interessiert (darunter zwei SPD-Politiker). Zu den Befürwortern einer gemeinsamen Lösung zählten seitens des Unionslagers Albrecht, B. Vogel und Schwarz-Schilling. Seitens der SPD lehnten u.a. Klimmt und H.J. Vogel einen Konsens ab. Zu Z 4: Dass sich neun Befragte für eine ö.-r. „Bestands- und Entwicklungsgarantie“ einsetzten, ist als Überraschung zu werten. Aus dem Unionslager bekannten sich z.B. Albrecht und Schwarz-Schilling zu dieser politischen Linie. Fragenkomplex 2): Verhinderungs-Fragen. Was wollten Sie medienpolitisch von Januar 1980 bis zum Abschluss des Staatsvertrages zur Neuordnung des Rundfunkwesens in Deutschland am 3. April 1987 verhindern? (V 1) Dass der politische Hauptgegner (SPD bzw. CDU/CSU) sein Machtpotential innerhalb des ö.-r. Rundfunks ausbauen kann (V 2) Dass der ideologische und/oder politische Einfluss diverser ö.-r. Fernsehsendungen auf die Meinungslage in Deutschland zu stark wird (V 3) Dass neue Kommunikationstechnologien bzw. zusätzliche Rundfunkübertragungskapazitäten zur Verbreitung privater Fernsehsendungen eingeführt werden (V 4) Dass einzelne Länder bei den Beratungen um einen Rundfunkstaatsvertrag vorrangig standortpolitische Entscheidungen treffen, um „ihrem“ Einflussbereich ökonomische bzw. politische Vorteile zu verschaffen
Trifft zu [ ]
Trifft nicht zu [ ]
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Auswertung Zu V 1: Die Debatte um eine Neuordnung des Rundfunkwesens in Deutschland war gerade auch von „Verhinderungsstrategien“ der Volksparteien geprägt. So wollten z.B. sieben Befragte einen „Machtzuwachs des politischen Gegners“ verhindern (u.a. Albrecht, Börner, Klimmt, Weirich und Schwarz-Schilling). Zu V 2: Das Ergebnis unterstützt nachhaltig meine Einschätzung, dass die Unionsparteien den ideologischen und parteipolitischen Einfluss diverser öffentlich-rechtlicher „Meinungsmagazine“ unterbinden wollten; es liegt eine hundertprozentige Zustimmung im Uni-
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Kap. 5.5 Zur Auswertung der Erhebung
onslager vor (acht Personen). Darüber hinaus erstaunt, dass auch zwei SPD-Politiker dieser Haltung zustimmen (darunter Börner). Zu V 3: Ein Besonderheit zeigt sich bei dieser Frage, denn neun Personen, darunter auch fünf Stimmen aus dem Unionslager, wollten die „neuen Technologien“ vor 1987 nicht zulassen, und präferierten hierbei offenkundig eine parteiübergreifende Lösung im Sinne eines Rundfunkstaatsvertrages. Zu V 4: Es liegt hier ein Spannungsverhältnis quer durch die politischen Lager vor, da nicht Parteifragen, sondern ein Engagement um „Standortvorteile einzelner Länder“ zu beurteilen war. Interessant ist, dass sich nur jeder Dritte der Befragten dazu bekennt, dass er den Einflussbereich anderer Länder bei standortpolitischen Entscheidungen unterbinden wollte. Waren die Regierungschefs wirklich so tolerant im Umgang miteinander und suchten lediglich Sachlösungen? Hier erlaube ich mir, Zweifel anzumelden, zumal sich Börner, Klimmt und Weirich dazu bekennen, standortpolitisch gehandelt zu haben. Zum Komplex „Verhinderungs-Fragen“ ließ mich H.J. Vogel ergänzend wissen, dass er „die absehbare Niveauminderung und die Ökonomisierung verhindern“ wollte.
Fragenkomplex 3): Macht-Fragen. Welche medienpolitischen Ziele waren Ihnen in den 80er Jahren besonders wichtig (abgesehen von den Fragenkomplexen Trifft 1 und 2)? zu (M 1) Eine Meinungsvielfalt innerhalb elektronischer Medien herzustellen (M 2) Eine stärkere Kontrollaufsicht auf die Berichterstattung der ö.-r. Massenmedien ausüben zu können (über die Rundfunkgremien) (M 3) Den Einfluss auf die politikorientierte Themenauswahl des Fernsehens verstärken zu können (z.B. durch eine Produktion vielfältiger Kommunikationsangebote an das Fernsehen) (M 4) Den grenzüberschreitenden Austausch von Informationen „free flow of information“ europaweit zu regeln (M 5) Dem nationalen Fernsehmarkt zu einem wirtschaftlichen Aufschwung zu verhelfen
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Auswertung Zu M 1: Das Thema „Welche medienpolitischen Ziele waren Ihnen in den 80er Jahren besonders wichtig“ erlangt dadurch an Bedeutung, dass auf der politischen Agenda brisante Themen wie „Meinungsvielfalt“ und „Kontrollaufsicht“ standen. Dreizehn Befragte, mit Ausnahme von H.J. Vogel, wollten eine „Meinungsvielfalt herstellen“. Mutmaßlich geht
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Kap. 5 Befragung von Machtinhabern der Medienpolitik in den 80er Jahren
Vogel davon aus, dass eine Vielfalt im ö.-r. Rundfunk bereits gewährleistet war und somit nicht hergestellt werden musste. Zu M 2: An einer „stärkeren Kontrollaufsicht“ waren insbesondere Börner und Schwarz-Schilling interessiert; allerdings stuften elf Befragte die Gremienaufsicht als ausreichend ein. Dieser Befund steht im krassen Widerspruch zu den Protokollen der Medienausschüsse, in denen eine intensivere Kontrollarbeit durch die Rundfunkgremien gefordert wird. Zu M 3: Zusätzliche „Kommunikationsangebote“ an das Fernsehen wollte einzig Weirich unterbreiten und von den Chancen, eine höhere Aufmerksamkeit zu erzielen, profitieren. Dabei vertritt die Wissenschaft im Allgemeinen die These, dass die Parteien intensiv bemüht sind, Wirkungen z.B. durch die Inszenierung von „Pseudoereignissen“ oder durch die Produktion von Kommunikationsangeboten herbeizuführen, um bei den Medien und in der Öffentlichkeit Aufmerksamkeit zu erlangen (vgl. Kap. 1.6.4.2). Zu M 4: Unter die wichtigsten medienpolitischen Ziele aller Befragten fielen nicht automatisch die grenzüberschreitenden Regelungen des „free flow of information“, denn immerhin rund ein Drittel verfolgten andere Prioritäten (paritätisch aus beiden politischen Lagern). Zu M 5: Für einen wirtschaftlichen „Aufschwung des nationalen Fernsehmarktes“ machten sich elf Befragte stark (alle CDU/CSU-Politiker). Das SPD-Lager vertrat hier eine gespaltene Meinung (jeweils drei Pro- und Contra-Stimmen).
Fragenkomplex 4): Bundeskompetenz-Fragen. Wie beurteilen Sie auf die 80er Jahre bezogen die Kompetenzen des Bundes/einer Bundesregierung für die ordnungs- Trifft politische Gestaltung einer Rundfunklandschaft? zu (B 1) Kann diejenige Partei, die auf Bundesebene Regierungsmacht ausübt, den medienpolitischen Gestaltungsprozess der Länder maßgeblich beeinflussen, indem sie z.B. neue Fernsehübertragungstechniken bereitstellt (z.B. Satellitenkapazitäten)? (B 2) Wurde das Fernmeldewesen der Deutschen Bundespost in den 80er Jahren als Instrument der Medienpolitik eingesetzt? (B 3) Ist die rundfunkpolitische Gestaltungsmacht der Ministerpräsidenten höher einzustufen als die des Bundes? (B 4) (Bitte nach Parteizugehörigkeit beantworten) a) Für SPD-Mitglieder: Waren Sie überwiegend zufrieden mit den medienpolitischen Leistungen der SPD/FDP- Bundesregierung? b) Für CDU/CSU-Mitglieder: Waren Sie überwiegend zufrieden mit den medienpolitischen Leistungen der CDU/CSU/FDPBundesregierung?
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Auswertung Zu B 1: Die medienpolitischen Machteinflüsse einer auf Bundesebene regierenden Partei auf den „Gestaltungsprozess der Länder“ bestätigen sieben Akteure. Dabei zeigte sich, dass sowohl Akteure auf Bundes- wie Länderebene einer solchen Einstellung folgen (u.a. Börner, Klimmt, Schwarz-Schilling, H.J. Vogel und Weirich). Zu B 2: Jeweils sieben Befragte vertreten die Auffassung, dass das Fernmeldewesen als „Instrument der Medienpolitik“ bzw. nicht als solches eingesetzt wurde. Vergleicht man die Voten nach Parteizugehörigkeit, so sind in beiden Lagern Befürworter und Gegner der These anzutreffen. Für Börner, Klimmt, B. Vogel und Weirich u.a. gilt es als erwiesen, dass sich die Bundespost medienpolitisch betätigt hat. Zu B 3: Die für die Betrachtung der Machtverteilung zwischen Bund und Länder wichtige Frage, wie die „rundfunkpolitische Gestaltungsmacht der Ministerpräsidenten“ einzustufen ist, führt zu einem eindeutigen Resultat: Nahezu alle Akteure (zwölf) gehen davon aus, dass die Regierungschefs der Länder ein höheres Machtpotential besitzen. Zu B 4: Die parteipolitisch brisante Frage nach einer Zufriedenheit hinsichtlich der Leistungen „ihrer“ Bundesregierung führt zu einem beachtenswerten Ergebnis. Während sich die Akteure aus dem Unionslager durchweg zufrieden zeigten (Weirich gab „mit Einschränkungen“ zu Protokoll), bekundeten Börner und H.J. Vogel ihre Missbilligung an den medienpolitischen Aktivitäten der SPD-geführten Bundesregierung Schmidt. Ansonsten erfuhr die sozialdemokratische Bundesregierung Zustimmung bei ihren Parteifreunden.
Fragenkomplex 5): Partei-Fragen. Fragenkomplex 5: Welche Rolle spielte Ihre Partei auf Bundesebene bei Ihren medienpolitischen Zielsetzungen in den 80er Jahren? (P 1) Stand Ihre Partei überwiegend hinter Ihren medienpolitischen Konzepten? (P 2) Hat Ihre Partei die von Ihnen vorgegebenen medienpolitischen bzw. programmatischen Maßnahmen überwiegend in einem von Ihnen geplanten Zeitrahmen umgesetzt? (P 3) Waren für Sie die parteipolitischen Programmatiken bei medienpolitischen Entscheidungen zwingend bindend? (P 4) Waren die medienpolitischen Leistungen Ihrer Partei, als diese auf Bundesebene eine Oppositionsrolle ausübte, überwiegend als positiv einzustufen? (P 5) Hatten Sie überwiegend medienpolitische Abstimmungsprobleme mit den Ministerpräsidenten Ihrer Partei?
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Auswertung Zu P 1: Relativ hohe Aufmerksamkeitswerte waren bei dem Thema „Welche Rolle spielte Ihre Partei auf Bundesebene bei Ihren medienpolitischen Zielsetzungen in den 80er Jahren?“ zu erwarten. Neun Befragte gaben an, dass die Partei überwiegend hinter ihren Entwürfen stand. Eine einschränkende Anmerkung erfolgte hierzu z.B. von H.J. Vogel, der sich mit „zunächst ja“ zum parteipolitischen Innenverhältnis äußerte. Zu P 2: In Anbetracht der Untersuchungsergebnisse weiß man, dass „Zeitpläne“ eine wichtige Rolle bei medien-politischen Entscheidungen gespielt haben (z.B. konnten die ö.-r. Anstalten, bevor die Privaten den Fernsehmarkt betraten, weitere Gewinne durch Werbeeinnahmen erzielen und Rücklagen bilden oder neue alternative Programme entwickeln), etwa bei den mehrjährigen Verhandlungen der Ministerpräsidenten um einen Rundfunkstaatsvertrag. Neun Befragte notierten, dass ihre Erwartungen an einen Zeitplan erfüllt wurden. Bei den negativen Stimmen war die SPD deutlich überproportional im Verhältnis 3:1 vertreten (u.a. Börner und H.J. Vogel). Zu P 3: Über Parteibeschlüsse hinweg setzten sich zumindest theoretisch zwölf Akteure (Klimmt sieht Beschlüsse als verpflichtend an und verweist darauf: „Dies gilt für die Phase nach der Grundsatzentscheidung auf dem Essener Parteitag, die anders ausfiel als ich es wollte – Akzeptanz des dualen Systems.“). Zu P 4: Generelles Ziel eines Parteienvertreters sollte sein, auch in Oppositionszeiten den Willen zu zeigen, Regierungsmacht zu erlangen. Dieses Vorhaben kann aber nur zum Erfolg führen, wenn die „oppositären Leistungen“ der eigenen Partei von den Wählern überwiegend als positiv eingestuft werden. Acht Befragte begrüßten die vorherrschenden guten Parteileistungen (zwei SPD- und sechs Unionsmitglieder). Zu P 5: Die Auswertung offenbart, dass ein einheitliches Vorgehen im Zusammenwirken mit den Ministerpräsidenten der eigenen Partei unter Belastungsproben stand (Acht Befragte sahen überwiegend medienpolitische Abstimmungsprobleme). Hierbei kam es zu unterschiedlichen Ergebnissen zwischen Politikern auf Bundes- und Landesebene, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit. So wurden negative Voten u.a. von vier SPDMinisterpräsidenten und zwei CDU/CSU-Medienausschussvorsitzenden abgegeben.
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Kap. 5.5 Zur Auswertung der Erhebung
Fragenkomplex 6): Glaubens-Fragen. Welche Aspekte einer Wechselwirkung zwischen Politik und Fernsehen waren für Sie in den 80er Jahren ausschlaggeTrifft bend? zu (G 1) Waren Sie mit der Berichterstattung des ö.-r. Fernsehens über das politische Geschehen in Deutschland weitgehend zufrieden? (G 2) Kam die Politikberichterstattung des ARD-Fernsehens eher Ihren parteipolitischen Vorstellungen entgegen? (G 3) Kam die Politikberichterstattung des ZDF eher Ihren parteipolitischen Vorstellungen entgegen? (G 4) Glauben Sie an die Macht des Fernsehens, Karrieren von Politikern durch eine tendenziöse Berichterstattung fördern bzw. beenden zu können? (G 5) Hatte sich die Institution ö.-r. Fernsehen grundsätzlich bewährt, wenn sie unter die Begriffe „Unabhängigkeit“, „Objektivität“ und „Überparteilichkeit“ anzusiedeln wäre? (G 6) Übte das Fernsehen im Allgemeinen einen stärkeren Einfluss auf politische Entscheidungen aus als die Gliederungen der Parteien? (G 7) Kann das Fernsehen stärker als jedes andere Medium Wahlausgänge beeinflussen?
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Auswertung Zu G 1: Größte Beachtung bei den Politikern war bei der Fragestellung: „Welche Aspekte einer Wechselwirkung zwischen Politik und Fernsehen waren für Sie in den 80er Jahren ausschlaggebend?“ zu erwarten gewesen. Wie das Ergebnis belegt, zeigten sich bis auf eine Ausnahme alle SPD-Akteure mit der öffentlich-rechtlichen Berichterstattung „weitgehend zufrieden“ (eine entsprechende Schlussfolgerung lässt ebenfalls die vorliegende Untersuchung zu). Insgesamt liegt die Zustimmung bei acht Stimmen (davon drei aus dem Unionslager). Zu G 2: Im Resultat überrascht, dass zwei Drittel aller Befragten ihre parteipolitischen Vorstellungen eher nicht bei der „ARD vertreten sahen“. Eine Tendenz zum Ersten bekundeten Börner, Klimmt sowie ein CDU-Politiker. Einschränkend muss allerdings der Hinweis erfolgen, dass drei Politiker (H.J. Vogel, Weirich und ein sozialdemokratischer Ministerpräsident) ihre politischen Vorstellungen bei keiner öffentlich-rechtlichen Anstalt als eindeutig repräsentiert einstuften. Zu G 3: Die Gegenfrage zu G 2 bestätigt die in der Befragung gewonnenen Erkenntnis, dass die „ZDF-Berichterstattung“ den Unionspolitikern eher zusagte. Hierzu liegt ein mehrheitliches unmißverständliches Votum u.a. von Albrecht, Schwarz-Schilling und B. Vogel vor.
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Kap. 5 Befragung von Machtinhabern der Medienpolitik in den 80er Jahren
Zu G 4: Konkret wird an dieser Stelle die wissenschaftliche Annahme über die „Omnipotenz des Fernsehens“ aus der Betrachtungsweise der Politik bestätigt, denn elf Akteure stimmen dieser zu. Zu G 5: Wenn man von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausgeht, dann vertritt die Mehrheit der Befragten (elf Personen) die Auffassung, dass sich das öffentlich-rechtliche System „grundsätzlich bewährt“ hat. Die negativen Stimmen sind dem Unionslager zuzurechnen. Zu G 6: In meiner Untersuchung wird die These vertreten, dass das Fernsehen einen „stärkeren Einfluss auf politische Entscheidungen“ der Parteien ausübt als die eigenen Gliederungen. Mit dieser Anfrage konfrontiert, stimmen sieben Befragte der Behauptung zu (u.a. Börner, Klimmt, Schwarz-Schilling und Weirich); die Nein-Stimmen stammen aus dem Unionslager (u.a. Albrecht und B. Vogel). Zu G 7: Kann das Fernsehen „Wahlausgänge wesentlich beeinflussen“? NoelleNeumann und Kepplinger gehen u.a. von dieser Annahme aus und legen darüber Nachweise vor. Aber: Wie beurteilt die Politik diesen wissenschaftlichen Leitsatz? Die überwiegende Mehrheit der befragten Politiker (zehn Personen) bestätigt, dass das Fernsehen stärker als jedes andere Medium durch seine Berichterstattung wahlentscheidend sein kann.
Fragenkomplex 7): Strategische Fragen. Inwieweit verfolgten Sie in den 80er Jahren strategische Ziele?
(S 1) Sind Ihre medienpolitischen Strategien größtenteils aufgegangen? (S 2) Ist es Ihnen überwiegend gelungen, ihren politischen Hauptgegner (CDU/CSU bzw. SPD) für Ihre medienpolitischen Anliegen zu gewinnen? (S 3) Falls es heute noch kein duales Rundfunksystem in Deutschland gäbe und Sie vor der Wahl stünden, würden Sie dann medienpolitisch ebenso handeln wie in den 80er Jahren?
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Auswertung Zu S 1: Besonders wichtig schien mir der Fragenkomplex „Inwieweit verfolgten Sie in den 80er Jahren strategische Ziele?“, um die Tragweite der persönlichen Erfolge bzw. Misserfolge besser beurteilen zu können. Bei der Selbsteinschätzung ihres Engagements gehen neun Befragte davon aus, dass ihre „medienpolitischen Strategien“ größtenteils aufgegangen sind (darunter zwei SPD-Politiker, die offensichtlich eine Neuordnung der Rundfunklandschaft begrüßten). Unter denjenigen, die eine politische Niederlage eingestehen, zählt neben Börner und weiteren SPD-Politikern auch ein Unions-Akteur. Zu S 2: Auch Konfliktparteien benötigen bei diversen Entscheidungen Mehrheiten, die im Verhandlungsdialog mit politischen Gegnern zustande kommen können. Erstaunlicher-
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Kap. 5.5 Zur Auswertung der Erhebung
weise vertreten jeweils 50 % der beiden Lager die Option, dass es ihnen gelungen bzw. nicht gelungen ist, ihren Hauptgegner zu gewinnen. Zu S 3: Rund 20 Jahre nach Einführung des dualen Rundfunksystems wird die Frage gestellt, inwieweit die Akteure heute bei einer „Neugestaltung der Rundfunksystems“ abweichend handeln würden. Elf Politiker würden gegenwartsnah die gleichen Entscheidungen treffen (u.a. Albrecht, Börner, Schwarz-Schilling, B. Vogel und Weirich). Anderweitige Entschlüsse würden z.B. H.J. Vogel und Klimmt fassen, wobei Vogel hierzu ergänzend eine Begründung liefert: „weil die technische Entwicklung nationale Verbote unmöglich gemacht hat.“ Auf Unionsseite würde heute allerdings auch ein ehemaliger Bundesminister anders entscheiden und kein duales Rundfunksystem in Deutschland einführen.
Fragenkomplex 8): Öffentlichkeits-Fragen. Wie beurteilen Sie – rückblickend auf den Stichtag 31. Dezember 1989 bezogen – das duale Rundfunksystem?
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(Ö 1) Akzeptierte die Öffentlichkeit die privat[ ] wirtschaftlich organisierten Programmveranstalter? (Ö 2) Brachte die Dualisierung des Rundfunks eine Stei[ ] gerung der Programmvielfalt für die Öffentlichkeit? (Ö 3) Wurden die ö.-r. Fernsehprogramme durch die private [ ] Konkurrenz inhaltlich ausgewogener?
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Auswertung Zu Ö 1: Das beherrschende längerfristige Thema „Wie beurteilen Sie – rückblickend auf den Stichtag 31. Dezember 1989 bezogen – das duale Rundfunksystem?“ wird immer wieder von der Wissenschaft hinterfragt, aber bisher m. E. noch nicht im Kreis der medienpolitischen Spitzenpolitiker. Fast alle Akteure (dreizehn), mit Ausnahme von Weirich, gingen davon aus, dass die Öffentlichkeit die privatwirtschaftlich organisierten Programmveranstalter zum Stichtag akzeptierte. Zu Ö 2: Lediglich zwei Sozialdemokraten (u.a. Börner) bezweifeln eine „Steigerung der Programmvielfalt“; ansonsten liegt eine deutliche Zustimmung vor (zwölf Stimmen). Zu Ö 3: Wenn von „inhaltlicher Ausgewogenheit“ die Rede ist, denkt man an die Unionskritik an den öffentlich-rechtlichen „Meinungssendungen“ (Informationsmagazinen) der ARD. Die Frage an die Akteure zielte dahin, zu erforschen, inwieweit sich durch die private Konkurrenz die Lage der politischen Berichterstattung entspannt hat. Eine knappe Mehrheit von acht Stimmen plädiert dafür, dass keine Änderungen eingetreten sind (alle SPDBefragten sowie aus dem Unionslager ein ehemaliger Bundesminister und ein früherer Vorsitzender des Medienausschusses). Was im Ergebnis bis auf weiteres folgendermaßen interpretiert werden kann: Entweder betrachtete die Majorität die Berichterstattung immer schon als „ausgewogen“ an oder es hat sich ihrer Meinung nach nichts Wesentliches an einer „nicht ausgewogenen“ Situation geändert.
6 Medienpolitische und ökonomische Auswirkungen auf die Film- und Fernsehindustrie nach dem Wechsel der Bundesregierung am 1. Oktober 1982 6
Medienpolitische und ökonomische Auswirkungen auf die Film- und Fernsehindustrie
6.1 Wettbewerb der Systeme: Programmangebote öffentlich-rechtlicher und privater Fernsehveranstalter 6.1 Programmangebote öffentlich-rechtlicher und privater Fernsehveranstalter Vorweg gestellt: Auf den ersten Blick fallen die Wettbewerbsvoraussetzungen der beiden Systeme unterschiedlich aus, nachdem die staatlich verordnete „Zwangsgebühr“ den ö.-r. Rundfunk finanziell bevorzugt behandelt.681 Dieser muss nicht wie ein privates Unternehmen wirtschaftliche Gewinne erzielen, um am Markt bestehen zu können; er ist durch die Rundfunkgebühr und die ihm politisch gewährte Bestands- und Entwicklungsgarantie langfristig abgesichert. Hier liegt eine ungleiche Konkurrenzsituation vor, die bei einer Analyse ökonomischer Perspektiven zu berücksichtigen ist. Eine Schwäche der Unionsparteien lag in den 80er Jahren in ihrem unzureichenden Erkenntnisvermögen, was passieren würde, falls die Bürger die privaten Fernsehangebote nicht annahmen. Hätten dann CDU/CSU medienpolitisch mehr verloren als gewonnen? Würden ARD- und ZDF-Repräsentanten sowie ö.-r. Parteifreunde geschlossen gegen die Konservativen rebellieren, die das duale Rundfunksystem propagierten? Niemand wollte in den Spitzengremien von CDU/CSU offen über diesen worst case nachdenken, den diskutablen Supergau marktwirtschaftlicher Ordnungsinitiativen, und so blieb die Frage ergebnisoffen. In diesem Gesamtkontext kritisierte die SPD, dass bereits während der Erprobungsphase der Kabelpilotprojekte Landesrundfunkgesetze modifiziert wurden, um kommerziellen Rundfunk zuzulassen. Zur Programmvielfalt: In Deutschland mussten sich Bevölkerung und Politik ab Mitte der achtziger Jahre auf polygene Herausforderungen einstellen, denn auf dem TV-Markt hatte sich Angebot und Nachfrage von bzw. nach audiovisuellen Werken grundlegend verändert: „Nicht nur der Zutritt privat-kommerzieller Anbieter, sondern auch die erhebliche Vermehrung der Fernsehprogramme verlangt von der Politik neuerliche Anpassungsleistungen.“682 Im Zentrum der Betrachtung standen Ende 1989 14 deutschsprachige Fernsehprogramme, die bundesweit verbreitet wurden (8 ö.-r. und 6 private), sowie 24 lokale bzw. regionale TV-Angebote (15 ö.-r. und 9 private). Außerdem passierten zahllose Satellitenprogramme nationale Ländergrenzen, kein staatliches Hindernis konnte sie mehr aufhalten. Quo vadis – wohin sollte der massenmediale Wettlauf um Zuschauer letztlich führen? Fast könnte man sagen, die deutsche Politik kannte weder eine vorläufige noch eine endgültige Antwort, außer dass in der Praxis dem freien Fluss der Programme zu entsprechen sei, soweit keine gesetzlichen Bestimmungen verletzt würden. Überrascht wurden z.B. die Unionsparteien nicht nur von den Angeboten weiterer ö.-r- Fernsehprogramme, 681 Die EU-Kommission in Brüssel prüft gegenwärtig das Finanzierungssystem des ö.-r. Rundfunks und will entscheiden, inwieweit die Gebühr eine unrechtmäßige staatliche Beihilfe darstellt. Zur Ver-meidung von Wettbewerbsvorteilen soll der ö.-r. Auftrag präziser gefasst und damit eine Subventionierung kommerzieller Aktivitäten vermieden werden. Sollten sich die ö.-r. Anstalten außerhalb des Grundversorgungsauftrages engagieren, müssten sie sich marktkonform verhalten. 682 Holtz-Bacha, Christina 2002, S. 6.
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Kap. 6 Medienpolitische und ökonomische Auswirkungen auf die Film- und Fernsehindustrie
sondern gerade von dem Enthusiasmus ö.-r. Anstalten für einschaltquotenträchtige Sendungen, der von den Tugendwächtern des Grundauftrages des gebührenfinanzierten Rundfunks keineswegs toleriert wurde: „Parallel dazu erleben wir – im Bann des Einschaltquotenfetischismus – eine fortschreitende Angleichung der öffentlich-rechtlichen an die privaten Programme: Informations- und Kultursendungen, Programme für Minderheiten wurden auf ungünstige Sendeplätze abgedrängt, die Regionalberichterstattung in der ARD wurde wegharmonisiert und in die Dritten Programme abgeschoben.“683 Explizit wurden Diskussionen um Qualitätsstandards von Fernsehsendungen geführt, die gerade die produktinhaltlichen Seiten des eingetretenen Wettbewerbs der Systeme widerspiegelten: „ARD und ZDF schielen immer mehr auf die Quote statt auf die Grundversorgung“ (Kritiker ö.-r. Fiktionformate). Oder: „Die Programmauswahl regelt der Zuschauer, und der hat einen guten Geschmack“ (Verteidiger privater Angebote). Aber am meisten erstaunte, dass beim gebührenfinanzierten Fernsehen unversehens ein selbstbewusstes und unbürokratisches Engagement ohnegleichen zu konstatieren war; viele Politiker rügten dabei die „Selbstkommerzialisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“. In den Zeiten des Umbruchs bestätigten zahlreiche Wissenschaftler (vgl. u.a. Schatz/Marcinkowski 1989), dass private und ö.-r. Programme tendenziell immer ähnlicher würden, was für den Zuschauer wenig Nutzen brachte. Bis diese Einsicht Platz griff, fasste Kull die für die Privaten dramatische Entwicklung, die 1984 von drei ö.-r. Konkurrenzprogrammen (ARD, ZDF, Dritte Programme) ausgegangen waren, so zusammen, dass jedes ö.r. Programm die Reichweite und damit die Attraktivität der privaten Rundfunkveranstalter für die werbende Wirtschaft mindert.684 In dieser Auslegung konnte nach Kepplinger die eigennützige Entwicklung des ö.-r. Rundfunks auf Kosten des Gemeinnutzes von der Politik nicht einfach hingenommen werden. Sie müsste reagieren und unterbreitete drei Vorschläge zur Kompensation:
„(...) Die Größe der ö.r. Rundfunkanstalten drastisch zu beschneiden und die Tätigkeit der Anstalten auf die im engeren Sinne gemeinwohlorientierten Sendeformen zu reduzieren (...); (...) Die Konkurrenzfähigkeit der privaten Programmveranstalter zu stärken (...); (...) Die ö.-r. Rundfunkanstalten zu privatisieren und damit der vollen Kontrolle durch 685 den Wettbewerb am Markt auszusetzen (...).“
Unter der Voraussetzung, dass die Politik regulierend eingreifen wollte, waren die genannten Theorien durchaus als brauchbare Ansätze einzustufen. Stattdessen blieb es aber bei folgenlosen Standarderklärungen von Verfechtern und Gegnern des Privatfernsehens, die dem dualen Spiel der Kräfte unnötige Belastungen und somit Anlaufschwierigkeiten ersparten. Wie wirkte sich das rivalisierende Kräftemessen auf das anteilige Verhältnis von Information und Unterhaltung innerhalb der Programmschemata aus? Frühzeitig, im Februar 1985, stellte sich heraus, dass die Privaten (SAT.1 und RTL plus) im Informationsbereich lediglich geringe quantitative Unterschiede zu ARD und ZDF aufwiesen, wenn „man die Oberkategorie Information nicht auf aktuelle oder gar nur politische Information be-
683 Neumann, Bernd 1993, S. 56. 684 Vgl. Kull, Edgar 1987, S. 568 ff. 685 Kepplinger, Hans Mathias 1988, S. 126.
Kap. 6.1 Programmangebote öffentlich-rechtlicher und privater Fernsehveranstalter
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schränkt.“686 Anders verhielt es sich bei der Unterhaltung, wo die Angebote von RTL plus (66 %) und SAT.1 (62 %) vor ZDF (53 %) und ARD (47 %) lagen.687 Spätere Untersuchungen (wie der von der Medienkommission der Länder in Auftrag gegebene „Schlussbericht zu der Programmstruktur- und Inhaltsanalyse des Rundfunkprogramms an den vier Kabelpilotprojekt-Orten/PIA“) belegen, dass trotz einer programmlichen Annäherung des ö.-r. Rundfunks an die Formate der Privaten die Grundstrukturen der Programmbereichseinteilungen aufrecht erhalten wurden: „Nach Sendevolumen gerechnet bringen die Anstalten der ARD und das ZDF 40 Prozent Unterhaltung, 45 Prozent Information und 10 Prozent Bildung. (...) Bei den privat-kommerziellen Programmen dominiert schließlich die Unterhaltung mit über 75 Prozent das gesamte Programm, der Rest entfällt auf Information (...). Bildung findet nicht statt.“688 Eine vergleichbare Schlussfolgerung legen die Zahlen zur ARD-Fernsehstatistik 1989 nahe, denn die Gattung „Information“ erbrachte eine tägliche Programmleistung von 46,5 %, während „Spiel“ und „Unterhaltung“ gemeinsam 45, 8 % beisteuerten.689 Abseits selektiver Programmstatistiken ließen sich Prognosen der 80er Jahre, dass das Privatfernsehen neben einem prosperierenden ö.-r. Fernsehen keine realen Entwicklungschancen hätte, nicht bestätigen. Betrachtet man die Daten zur Fernsehnutzung 1989 (vgl. Abb. 20), so lagen zwar die drei ö.-r. Programme (ARD/ZDF/Dritte Programme der ARD) bei der Sehdauer national noch vorn, doch RTL plus und SAT.1 holten auf: ARD (50 Min.), ZDF (49 Min.), Dritte Programme/ARD (16 Min.), RTL plus (15 Min.) SAT.1 (13 Min.), Sonstige (10 Min.).690 Interessant ist, dass die Akzeptanz der privaten Fernsehangebote innerhalb der Kabelhaushalte höher ausfällt als bei einer nationalen Verbreitung und hier die zeitliche Nutzungsdauer der Programme näher zusammenliegt: ARD (36 Min.), ZDF (35 Min.), SAT.1 (30 Min.), RTL plus (26 Min.) und Dritte Programme/ARD (15 Min.), Sonstige (23 Min.). 691
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Krüger, Michael Udo 1985, S. 259. Vgl. ebd. Landesregierung Nordrhein-Westfalen 1989, S. 468. Vgl. ARD-Jahrbuch 1990 (Hrsg.: ARD), 22. Jahrgang, Frankfurt am Main, S. 403. Die tägliche Sehdauer lag national bei 153 Minuten, in Kabelhaushalten bei 165 Minuten. Quelle: GfK-Fernsehforschung, Fernsehnutzung 1989. Sehdauer national und in Kabelhaushalten in Minuten (Mo. bis So., Erwachsene ab 14 J.). In: Media Perspektiven 1/90, Frankfurt am Main, S. 54.
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Kap. 6 Medienpolitische und ökonomische Auswirkungen auf die Film- und Fernsehindustrie
Abb. 20: Fernsehnutzung/Sehdauer national 1989
[Quelle: GfK-Fernsehforschung, Fernsehnutzung 1989. (Mo. bis So., Erwachsene ab 14 J.). In: Media Perspektiven 1/90, S. 54, Frankfurt am Main.]
Die Bilanz zum Wettbewerb der Systeme, die sich in den Einschaltquoten der Fernsehsender niederschlug, tendierte zu mehr als einem Achtungserfolg und drückte den Publikumsgeschmack nach echten Konkurrenzbedingungen aus.
6.2 Die Fernsehwirtschaft von 1980 bis 1989 Wer Sicherheit will, verändert keine Zustände. Jeder Wandel bestehender Märkte kann eine oder mehrere Branchen wirtschaftlich gefährden und beispielsweise im audiovisuellen Mediensektor die Erlösquellen zur Auswertung von Film- und Fernsehformaten einschränken, führt aber mindestens zu produktorientierten Absatzverlagerungen innerhalb von Wertschöpfungsketten. Aus betriebswirtschaftlicher Betrachtung heraus befürchteten so Spielfilmproduzenten nach dem Sendestart eines Zweiten Deutschen Fernsehens (1. April 1963) in den 60er Jahren, dass sie ihr Kinopublikum und damit ihre Existenzbasis verlieren könnten. Nachdem sich ihre Ängste nicht bestätigten, teilten sich fortan die bisherigen Spielfilmproduzenten und eigens gegründete Fernsehspiel-Produktionsgesellschaften den Markt der Langfilmproduktionen.
Kap. 6.2 Die Fernsehwirtschaft von 1980 bis 1989
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All dies veränderte sich in den 80er Jahren, als die Filmhersteller mit der Gründung kommerzieller Fernsehsender eine große Chance witterten, für diese Klientel Werke en gros zu produzieren. Trotz aller Aufbruchstimmung schwebte aber gleichzeitig über der deutschen TV-Landschaft die Sorge vor einer „amerikanischen Überschwemmung“ mit preiswerten Hollywood-Produktionen, die nicht unbegründet war. Öffentlich-rechtliche wie private Fernsehsender kauften zuhauf in den USA ein; die Zahlen sprachen für sich. So wurden (entgegen dem Willen mancher Medienpolitiker aus allen Lagern) europäische Sendezeiten dauerhaft und überreichlich mit importierten Programmen gefüllt anstatt die heimische Filmindustrie ausgiebig zu beschäftigen. Zeichnete sich im Zuge dieser importfixierten Einkaufspolitik ein Niedergang der nationalen Produzentenlandschaft ab? So viel steht fest: Der Produktionswert – einschließlich Film-, Funk- und Fernsehwerbung – stieg beträchtlich von 12,1 Mrd. DM (1982) auf 23,4 Mrd. DM (1990). Betrachtet man ausschließlich den Produktionswert des Fernsehens, so steigerte sich dieser von 4,5 Mrd. (1982) auf 7,6 Mrd. (1990). Die Anzahl steuerpflichtiger Unternehmen der Fernseh- und Filmwirtschaft (hauptsächlich Hersteller inkl. TV-Produktion, Verleih, Vertrieb, Filmtheater; ohne produktionstechnische Betriebe) erhöhte sich zwischen 1982 und 1988 um 80 Prozent (von 3.583 auf 6.460).692 Das ö.-r. Fernsehen sah sich stets als größter Auftraggeber für die Filmbranche (überwiegend von Fernsehspielen und Serien, mit deren Herstellung Fremdfirmen beauftragt wurden). Eine solche Angabe kann bestätigt werden, denn ARD und ZDF stellten allein im Erhebungszeitraum von 1980 bis 1988 über 4,8 Mrd. DM für Auftragsproduktionen bereit (ohne sonstige filmwirtschaftliche Leistungen und Erwerb von Ausstrahlungsrechten).693 Inwieweit in diese Größenordnung auch Fördermittel, z.B. an die FFA, eingerechnet wurden, lässt sich anhand der Daten nicht feststellen, beeinträchtigt aber nicht die Einschätzung der Mittelverwendung. Bei der Aufschlüsselung der Eigenproduktionen im Bereich „Filmproduktion/MAZ“ (Fernsehspiele, Serien, Dokumentarfilme, Features) fällt bereits 1985 ins Gewicht, dass in der Prime Time von 18:00 bis 22:00 Uhr die ö.r. Anstalten wesentlich engagierter als die Privaten waren: ZDF (54 %), ARD (51 %), RTL plus (8 %) und SAT. 1 (5 %).694 Legt man dagegen die Anteile sämtlicher Eigenproduktionen an der durchschnittlichen täglichen Programmleistung der ARD zugrunde, so reduzierte sich diese kontinuierlich von 52,1 % (1980) auf 44,0 (1989); die Gattung „Fernsehspiel“ verzeichnete 1989 eine Programmanteilsleistung von 35,4 %.695 Zum Stand der Werbeumsätze des Fernsehens bleibt erstens festzustellen, dass diese von 1982 bis 1989 in toto um rund 80 Prozent stiegen (von 1.247 auf 2.289 Mrd. DM).696 Zweitens konnten ARD und ZDF ihre Werbeeinnahmen im gleichen Zeitraum um knapp 30 % auf über 1,6 Mrd. DM steigern.697 Drittens verbuchten die privaten Fernsehanbieter ab 692 Vgl. Mahle, Walter A. 1990, S. 136. 693 Vgl. Wöste, Marlene 1989: ARD/ZDF: Rund 1 Mrd. DM jährlich für die Filmwirtschaft. In: Media Perspektiven 11/89, Frankfurt am Main, S. 689-691. 694 Vgl. Krüger, Michael Udo 1985, S. 261-262. 695 Vgl. ARD-Jahrbuch 90 (Hrsg. ARD), Frankfurt am Main, S. 402-403. 696 Quellen: KEF, ARD/ZDF-Jahrbücher, ZAW. 697 Vgl. Seufert, Wolfgang 1994, S. 168 (Quellen: ARD/ZDF-Jahrbücher, ZAW, Media-Analyse).
216
Kap. 6 Medienpolitische und ökonomische Auswirkungen auf die Film- und Fernsehindustrie
1988 enorme Zuwächse und konnten ihre Einnahmen von anfangs 21 Mio. (1985) auf schließlich 674 Mio. DM (1989) erhöhen. Nicht nur bei Reformen der Rundfunklandschaft und Korrekturen des öffentlichen Systems zeigte sich frühzeitig, dass die Branche der Fernsehwirtschaft zum Ende des Untersuchungszeitraums davon ausgehen konnte, dass die Betriebsergebnisse mehr als zufriedenstellend ausfielen. Im Nachhinein klingt das alles logisch und richtig, wenn man das deutlich erweiterte Angebot der TV-Sender und die zahlreichen Auswertungsvariablen von Film- und Fernsehspielformaten betrachtet (vgl. Abb. 21). Abb. 21: Auswertung von Film- und Fernsehspiel-Formaten
Film- und FernsehspielProduktionsunternehmen (als Formathersteller bei einer Auftragsproduktion bzw. bei einer Eigenproduktion als Rechteinhaber)
Fernsehsender > Free TV (offener Kreis) > Pay TV (geschlossener Kreis)
Filmverleih/-vertrieb national bzw. international (z.B. Filmtheater: Kinobesuch; Fernsehen, Festivalteilnahme)
Mediathek Verleih und Vertrieb (Videothek, Video-on-Demand, Internet)
Industrie- und Werbefilm Verleih und Vertrieb über eigene Wege
Videothek (Verkauf und Verleih)
Internet (Verkauf und Verleih) bzw. Internet-TV
Video-on-Demand (z.B. Hotelfernsehen)
Internet-TV > Free TV (offener Kreis) > Pay TV (geschlossener Kreis)
Mobile Medien (z.B. UMTS/Mobiltelefon) > Free TV (offener Kreis) > Pay TV (geschlossener Kreis)
Nebenmärkte Merchandising/Licensing (z.B. Soundtrack/Tonträger, Print, Computer- und Video-Spiele)
Kap. 6.3 Die Kinofilmwirtschaft von 1980 bis 1989
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6.3 Die Kinofilmwirtschaft von 1980 bis 1989 Nach dem II. Weltkrieg wurde der Bereich Film (wie Rundfunk) weitgehend dezentralisiert und somit entstanden neben einer wirtschaftlichen und kulturellen Filmförderung des Bundes698 Film- und Fernseh-Förderprogramme in den Ländern, die bedingt rückzahlbare Darlehen (z.B. in Form einer Produktionskostenbeteiligung) vergeben. Je nach politischem Engagement und Haushaltsmitteln entstanden unterschiedlich bedeutsame Förderanstalten in den Ländern, wobei Bayern und NRW die höchsten Investitionsmittel bereitstellten. Die vorrangigen Ziele der Filmwirtschaft, zu der insbesondere die Zweige Filmherstellung, Filmverleih und -vertrieb, Filmtechnik und Filmtheater zählen, waren in den 80er Jahren, Eigenkapital zu beschaffen und die Filmförderung stärker auf die Produzentenbelange abzustimmen. Im Fernsehen (Fernsehspiel) hatte der Spielfilm (Kino) traditionell seinen stärksten Mitbewerber um die Gunst der Zuschauer. Daran änderte auch das Aufkommen privater Fernsehsender prinzipiell nichts, außer dass ein wachsender Bedarf an Langfilmen entstand. Auf der Einnahmenseite drückte sich dieser produktionswertige Stabilitätsfaktor positiv in Zahlen aus, denn zwischen 1982 und 1990 steigerte sich der Umsatz der deutschen Filmwirtschaft von 3,3 Mrd. DM auf 7,9 Mrd. DM.699 Am meisten profitierte davon die Filmherstellung, die ihren Umsatz nahezu vervierfachen konnte. Zu einem vergleichbaren Ergebnis gelangte das „Zentrum für Kulturforschung“, das die Daten der amtlichen Steuerstatistiken zwischen 1982 und 1988 für die Branche Filmwirtschaft auswertete und dabei eine Umsatzsteigerung von 117 Prozent verzeichnete (von 3,1 Mrd. auf 6,7 Mrd.).700 Rein faktisch betrachtet, entstand mit der Öffnung der westeuropäischen Fernsehlandschaft für kommerzielle Sender ein hoher audiovisueller Programmbedarf. Fortan sollte möglichst die „einheimische“ europäische Filmwirtschaft, die einen wesentlichen Bestandteil unseres kulturellen Lebens bestreitet, gegenwärtige und zukünftige Programmstunden durch Eigenproduktionen mehrheitlich abdecken. Aber: War sie dazu überhaupt finanziell, organisatorisch und technisch in der Lage? Nach Einschätzungen filmpolitischer Organisationen konnte die Filmwirtschaft Westeuropas Anfang der 80er Jahre jährlich etwa 1.000 bis 5.000 Stunden Film- und Fernsehprogramme produzieren; 1986 stellte sie ca. 5.000 Stunden her.701 Indes wurden aber ab Mitte der 80er Jahre Zehntausende von Programmstunden benötigt, um den ständig wachsenden Bedarf – insbesondere für die neuen Kabel- und Satellitenprogramme – zu befriedigen. Statt eine solche einmalige Chance und Herausforderung aufzugreifen, nahm die europäische Filmindustrie diese offensichtlich nicht ernst genug, denn zwischen 1986 und 1989
698 Infolge des Filmförderungsgesetzes „FFG“ v. 01.01.1968 wurde die Filmförderungsanstalt „FFA“ gegründet, die rückzahlbare Darlehen und nichtrückzahlbare Zuschüsse vorrangig für Spielfilmprojekte (nicht für Fernsehspielproduktionen) gewährt (Filmverleih und Filmtheater können ebenfalls gefördert werden. Finanziert wird die FFA u.a. durch Abgaben an der Filmtheaterkasse und durch Zahlungen der Fernsehanstalten. So nahm das Bundeskabinett am 26. April 1989 wohlwollend zur Kenntnis, dass fortan auch die vier privaten Fernsehveranstalter RTL plus, SAT 1, PRO 7 und Tele 5 neben den ö.-r. Rundfunkanstalten einen finanziellen Beitrag zur Filmförderung leisten. Die Privaten stellten für 1990 eine Zahlung von 6 Millionen DM in Aussicht. Zur kulturellen Filmförderung des Bundes zählen die Preise und Prämien, die z.B. über den deutschen Filmpreis (seit 1951) vergeben werden. 699 Vgl. Seufert, Wolfgang 1994, S. 49 (Quellen: Statistisches Bundesamt, Schätzungen des DIW). 700 Vgl. Mahle, Walter A. 1990, S. 136. 701 Verlässliche Angaben liegen nicht vor, zumal die deutsche Filmwirtschaftsstatistik 1983 eingestellt wurde.
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Kap. 6 Medienpolitische und ökonomische Auswirkungen auf die Film- und Fernsehindustrie 702
Im Zeitraum 1982 - 1989 produzierten die USA mehr Langfilme als die EG insgesamt. wurden in Westdeutschland jährlich rund 327 Langfilme uraufgeführt, wovon ca. ein Fünf703 tel (durchschnittlich 67 Filme pro Jahr) aus deutscher Herstellung stammten ; mindestens jeder dritte ur- und erstaufgeführte Spielfilm kam aus den USA. Was sagte die Politik zu der aufgezeigten Fehlentwicklung? Von einer „Amerikanisierung der europäischen Massenmedien“ sowie von einer „Abhängigkeit von importierten USFilmen“ war die Rede in einer am 14. Februar 1989 vor dem Straßburger Europaparlament abgegebenen Bestandsaufnahme der Abgeordneten der europäischen Parteien. In Anbetracht dieses Debakels schien die Marktlage mehr als ernst, die Krise konkretisierte sich: „Das transatlantische Filmgeschäft ist fast zur Einbahnstraße geworden: Auf zwölf nach Europa ver704 kaufte Streifen kommt ein europäischer Film in den Vereinigten Staaten.“ Angesichts der starken Konkurrenzsituation durch den amerikanischen Film erwies sich bei der Unterzeichnung des „Fünften Film-Fernsehabkommens“ zwischen ARD, ZDF und Filmförderungsanstalt (FFA) diese Vereinbarung „als wesentliche Komponente des gesamten Förderungssystems für den deutschen Film (...), das, aus unterschiedlichen Ansätzen begründet, von Bund, Ländern, Rundfunkanstalten und Filmwirtschaft einschließlich der Videowirtschaft getragen wird.“705 Immerhin brachten hier ARD und ZDF Ende der 80er Jahre jährlich 21 Mio. DM ein, von 1990 bis 1992 sogar ein jährliches Finanzvolumen von 23 Mio. DM.706 Die direkten Folgen dieser auf Kooperation angelegten Unterstützungsmaßnahmen müssen positiv betrachtet werden, denn ohne ö.-r. Subventionen und die bewährten Auswertungsschienen für Langfilme hätte der deutsche Film keinerlei Existenzchancen (mehr als 70 Prozent der zur Kino-Uraufführung gelangten deutschen Spielfilme sind im Zeitraum 1982 bis 1990 mit finanzieller Beteiligung von ARD und ZDF entstanden707). Diese Einschätzung führte dazu, dass sich die Politik, hauptsächlich aber die Unionsparteien, in den 80er Jahren in Bund und Ländern für eine verstärkte Förderung des deutschen Films708 und seiner Filmschaffenden einsetzte: „Vordringlichste Aufgabe (...) bleibt die Pflege und Entfaltung unseres kreativen Potentials.“709 Vor diesem Hintergrund wurde z.B. 1989 erstmals ein Film-Fernsehabkommen zwischen den privaten TV-Sendern und der länderübergreifenden Filmförderungsanstalt (FFA) geschlossen, wonach auch die privaten Anstalten Geldzuweisungen an die FFA entrichten.710 Mit einem vergleichbaren Ansatz wurden in den 90er Jahren die ersten Filmförderungsanstalten in den Ländern gegründet (u.a. in Bayern, Baden-Württemberg und Berlin-Brandenburg), die ihre Fördermittel aus den Landeshaushalten sowie von ö.-r. bzw. privaten TV-Anstalten beziehen. Ohne Subventionen des Bundes und der Länder sowie europäischer Filmförderprogramme ist das Kul702 Vgl. Seufert, Wolfgang 1994, S. 155 (Quellen: Screen Digest, Juli 1993 und Filmstatistische Taschenbücher, Neckermann 1991). 703 Eigene Berechnungen anhand der Quellen Screen Digest, Juli 1993 und Filmstatistische Taschenbücher, Neckermann 1991. 704 Hausmann, Hartmut 1989, S. 9. 705 Ronneberger, Franz 1991, S. 45. 706 Vgl. ARD-Jahrbuch 1990 (Hrsg.: ARD), 22. Jahrgang, Frankfurt am Main, S. 151. 707 Vgl. Seufert, Wolfgang 1994, S. 162. 708 Seit 1972 setzt sich die CSU-Filmkommission in Partnerschaft mit der CDU für die Belange der Filmschaffenden ein (die anderen Parteien unterhalten keine vergleichbare Kommission). 709 Strauß, Franz-Josef 1985, S. 23. 710 Die FFA ist eine Bundesanstalt des öffentlichen Rechts und setzt sich für die gesamtwirtschaftlichen Belange der Filmwirtschaft ein. Seit 1974 entrichten die ö.-r. Fernsehanstalten Beträge an die FFA.
Kap. 6.3 Die Kinofilmwirtschaft von 1980 bis 1989
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turgut „Film“ nicht überlebensfähig. Es existieren unterschiedliche Kategorien von Förderungen: u.a. Stoff- und Projektentwicklung, Produktion, Filmtheater, Vertrieb und Verleih/Marketing. F.J. Strauß sah z.B. für den deutschen Film durchaus zusätzliche Perspektiven mit der Einführung der Neuen Medien: „Wir wollen die Zukunft unserer Medienordnung mit dem Film und nicht gegen den Film gestalten (...) Ein Maximum an Freiheit mit einem Minimum an Organisation, gebündelt zu unterhaltsamer Kreativität – dann hat der Film in Deutschland seine besten Tage noch vor sich.“711 Zur Stärkung des deutschen Films verabschiedeten die Unionsparteien ein Neun-Punkte-Programm, wobei drei dieser Punkte zwangsläufig die wirtschaftlichen Aspekte fördern sollten:712
Eine Neuorientierung der deutschen Filmförderung ist dringend geboten, damit der deutsche Film im In- und Ausland wieder den gewünschten wirtschaftlichen wie kulturellen Erfolg findet. Durch eine gezielte Filmförderung von Bund und Ländern müssen Qualität und Wirtschaftlichkeit des deutschen Films in allen Bereichen gesteigert werden. Die Videopiraterie ist durch gesetzgeberische Maßnahmen stärker als bisher zu bekämpfen. Zur Sicherung der nationalen bzw. der europäischen Film- und Fernsehproduktion erwartet die Union, dass alle Rundfunkveranstalter einen angemessenen Anteil von inländischen bzw. europäischen Produktionen in ihre Programme aufnehmen.
Weiterhin hervorzuheben ist, dass das in Branchenkreisen heraufbeschworene Filmtheatersterben in den 80er Jahren ausblieb, trotz kurzfristiger Umsatzrückgänge von 1983 bis 1985 sowie einem in 1989 insgesamt stagnierenden Zustand.713 Schaut man sich die Situation der westdeutschen Filmtheater in dieser Dekade an, dann verteilten sich zwar die Gewinne an der Kinokasse auf wenige Erfolgsfilme, die zumeist aus den USA stammen (z.B. E.T. – Der Außerirdische/1982, Indiana Jones/1984, Ghostbusters/1985, Dirty Dancing/1987, Dschungelbuch/1988, Rain Man/1989)714, doch unterm Strich lagen die Einnahmen aus dem Kartenverkauf der rund 3200 Filmtheater bei jährlich rund 800 Mill. DM.715 Erst schien es abwegig, doch die Konkurrenz der privaten Fernsehsender löste insgesamt weder positive noch negative direkte Einflüsse auf den Filmtheaterbereich aus, und so zeichneten die Statistiken der Kinowirtschaft Ende 1989 „ein eher ruhiges und beruhigendes Bild“716. Schmerzhaft empfand die deutsche Filmwirtschaft – angefangen von den Produzenten über die Schauspieler bis hin zu den Theaterbesitzern – die umfangreichen Paketeinkäufe von US-Spielfilmen durch ARD (z.B. 1984 bei MGM/UA), ZDF und den Kirch-Konzern, die im Ergebnis weitreichende finanzielle Investitionen in deutsche Filmproduktionen mehr als erschwerten.717 Im Tenor einer sog. Programmbevorratung erwarben die ö.-r. Anstalten 711 712 713 714
Strauß, Franz Josef 1985, S. 24. CDU-Bundesgeschäftsstelle 1985: Medienpolitische Grundsätze der CDU/CSU, S. 40 ff.. Seufert, Wolfgang 1994, S. 156. Deutsche Kassenhits waren: drei „Otto“-Filme 1985/1987/1989 und „Der Name der Rose“/1986; Quellen: SPIO/Wiesbaden und FFA/Berlin. 715 Quellen: Filmstatistische Taschenbücher, Media-Analyse 1980-1989. 716 Vgl. Mayer, Alf 1989: Die Lage der bundesdeutschen Kinowirtschaft. In: Media Perspektiven 11/89, Frankfurt am Main, S. 709-728. 717 Vgl. Hauptverband Deutscher Filmtheater 1984. In: Film-Echo/ Filmwoche, Nr. 52, 19.09.1984, S.6 f..
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Kap. 6 Medienpolitische und ökonomische Auswirkungen auf die Film- und Fernsehindustrie
etwa in 1984 für 539,5 Mio. DM Ausstrahlungsrechte an außereuropäischen Produktionen. Zusätzlich kompliziert wurde die Lage dadurch, dass mit den Paketeinkäufen automatisch die Spielfilm-Sendetermine bei den ö.-r. Anstalten ausgeweitet wurden und im Zuge dessen das Interesse der Zuschauern am Besuch von Filmtheatern zu schwinden begann. Unterschätzt werden durfte hierbei auch nicht die Erfolgsgeschichte der Heimvideorekorder, Filme aufzeichnen und zu einem frei gewählten Zeitpunkt wiedergeben zu können. So ist es kaum überraschend, dass die Kinos im ersten Halbjahr 1985 einen dramatischen Besucherrückgang (bis zu 40 %) verzeichneten und die Umsatzzahlen bis 1988 deutlich unter denen vor 1983 lagen (rund 10 Mio. weniger Besucher pro Jahr); in 1989 stabilisierte sich die Situation. Einwände gegen die Filmeinkäufe führten bei der ARD zu der Haltung, dass die Konkurrenz der privaten Anbieter, vor allem SAT.1 und RTL plus mit ihren Angeboten an publikumsattraktiven Spielfilmen und Serien, ein solches Vorgehen erforderlich mache.718 In puncto Kinofilmwirtschaft darf nicht ausgeklammert werden, dass der westdeutsche Film Anfang der 80er-Jahre schwächelte, woraufhin eine neue Generation von Filmemachern verstärkt Großprojekte entwickelte, die mit den aufwendigen Hollywoodproduktionen mithalten sollten. Hier sind beispielsweise zu nennen: „Die unendliche Geschichte“, „Berlin Alexanderplatz“, „Momo“, „Das Boot“ und „Der Name der Rose“. Gleichwohl konnten die meisten deutschen Großproduktionen nicht international reüssieren und wurden zu kommerziellen Misserfolgen. Zu nationalen Kassenschlagern zählten im Untersuchungszeitraum neben den bereits erwähnten Werken hauptsächlich die „Otto“-Filme, „Ödipussi“, „Christiane F.“ und „Theo gegen den Rest der Welt“.
6.4 Arbeitsmarktzahlen zum Fernsehen sowie zu den subsidiären Branchen in den 80er Jahren Kulturpessimistisch geprägte Ängste vor den unbekannten, neuen Technologien, verbunden mit einer Vielzahl inhumaner sozialer Bedrohungen, wurden von den Gegnern der Neuen Medien heraufbeschworen, deren Darstellungen manchmal apokalyptische Züge aufwiesen. Als Stichworte im Zuge der Auseinandersetzungen fielen u.a. „Wegrationalisierung bzw. Vernichtung von Arbeitsplätzen“, „Zerstörung des Familienzusammenhalts und der Lesekultur“, „computer- und mediengesteuerte Gesellschaft“ sowie „der gläserne Mensch“ in Anlehnung an die Orwellsche Vision vom totalitären Überwachungsstaat.719 Die vorgestellten „Beweismittel“ hatten zuallererst machtpolitische Ursachen (vgl. z.B. Bahr, s.o. Kap. 3.2.1) und lagen weniger in den Beschäftigungsmöglichkeiten für Fernsehschaffende und den Chancen der Informationstechniken (z.B. zeitgerechte Übertragungs- und Empfangsinfrastrukturen) als solchen begründet. Bei diesem Richtungsstreit zeigten sich deutliche Unterschiede in den programmatischen Ausrichtungen und Betrachtungsweisen zwischen der SPD, die bis 1987 den Umbau der Rundfunklandschaft verhindern wollte, und den Unionsparteien, die sich für eine Neugestaltung einsetzten (vgl. Kap. 2 und 3). Aber um eine inhaltliche Debatte, um Argumente der Parteien pro und contra Neue Medien (z.B. um Programminhalte des kommerziellen Fernsehens), geht es an dieser Stelle nur am Rande; gefragt sind vielmehr Zahlen und Statistiken, insbesondere zu der Arbeits718 Vgl. Plog, Jobst 1985. In: Die Zeit, Leserbrief v. 20.12.1985 zu Grassmann, Werner: Das zweite KinoSterben. In: Die Zeit v. 22.11.1985. 719 Orwell, George „1984“.
Kap. 6.4 Arbeitsmarktzahlen zum Fernsehen sowie zu den subsidiären Branchen in den 80er Jahren
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marktsituation des Fernsehens und dieses unterstützender Branchen in den 80er Jahren. Eine Strategie der Volksparteien war, möglichst viele Privatsender zu motivieren, sich in einem SPD- oder CDU/CSU-regierten Bundesland niederzulassen. Auf diese Weise hoffte man, neben den gewünschten Steuereinnahmen auch attraktive Arbeitsplätze beheimaten zu können. So zog z.B. Stoiber im Rahmen der „Medientage München ’88“ aus bayerischer Sicht Bilanz: „Im Fernsehen ist es zu einem wesentlichen Teil gelungen, die nationalen Anbieter zu einem Engagement in München zu bewegen. Immerhin haben Tele 5 und Eureka TV hier ihre Heimat gefunden.“720 Beschäftigt man sich mit den aufbereiteten Daten, die in einem direkten bzw. indirekten Zusammenhang zur Fernsehbranche stehen, so führt dies zu folgenden Ergebnissen:
Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten stieg von 1982 bis 1990 um 8.000 Mitarbeiter (von 29.000 auf 37.000).721 Gleichwohl behauptete Martin Willich, Geschäftsführer der Studio Hamburg Atelier GmbH, dass die Branche der deutschen Film- und Fernsehproduktionen rund 50.000 Arbeitsplätze zur Verfügung stelle.722 Ermittelt wurde von der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien (BLM) per Umfrage, dass 4.800 hochwertige Arbeitsplätze im Privatfunk bis Juli 1988 im gesamten Bundesgebiet geschaffen wurden.723 Die Zahl der Erwerbstätigen in den Berufsgruppen der Publizisten (zu denen u.a. Fernsehredakteure zählen), Darstellenden Künstler/Schauspieler und Künstlerischen und zugeordneten Berufe der Bühnen-, Bild- und Tontechnik stieg von 70.000 in 1980 auf 92.000 in 1989 (vgl. Abb. 22).724 Die Investitionen für Ausbau und Wartung der Kabelanschlüsse sicherten im Bereich der Deutschen Bundespost 9.000 Mitarbeitern ihren Arbeitsplatz. Dazu kamen ca. 21.000 Beschäftigte bei privaten Unternehmen, vor allem im Tiefbau- und Elektrohandwerk.725
720 Stoiber, Edmund 1988, S. 11. 721 Vgl. Seufert, Wolfgang 1994, S. 53 (Quellen: Statistisches Bundesamt; Berechnungen und Schätzungen des DIW). 722 Willich, Martin. In: Wöste, Marlene 1989: ARD/ZDF: Rund 1 Mrd. DM jährlich für die Filmwirtschaft. In: Media Perspektiven 11/89, Frankfurt am Main, S. 690. 723 Mühlfenzl, Rudolf 1988, S. 193. 724 Statistisches Bundesamt V III C 2, Mikrozensus, Bonn. 725 Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen, Pressemitteilung, 22.01.1988, Bonn.
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Kap. 6 Medienpolitische und ökonomische Auswirkungen auf die Film- und Fernsehindustrie
Abb. 22: Erwerbstätige in Medienberufen 1980 bis 1989. Ergebnisse des Mikrozensus.
[Quelle: Statistisches Bundesamt, Ref. VIII C 2, Bonn]
6.5 Zwischenergebnis Die in Kap. 6 präsentierten Daten zu einer Zwischenbilanz des dualen Rundfunksystems erlauben für das Berichtsjahr 1989 den Rückschluss, dass die seinerzeit abgegebenen optimistischen Prognosen (u.a. von den Unionsparteien) für eine medienpolitische und -ökonomische positive Entwicklung der Film- und Fernsehindustrie überwiegend richtig lagen. Für diese Betrachtungsweise liegen wesentliche Eckwerte vor: 1. 2.
3.
4.
Der programm-inhaltliche Wettbewerb zwischen den beiden Rundfunksystemen findet statt und schlägt sich quantitativ in den erhöhten, vielfältigen Fernsehangeboten nieder. Im Vergleich der Fernsehnutzungszeiten sind unterschiedliche Werte je nach Verbreitungsart (national bzw. ausschließlich Kabel) zu beobachten: Zwar sind ARD und ZDF bei der nationalen Verbreitung wie bei den Kabelhaushalten Marktführer, jedoch liegt die zeitliche Nutzungsdauer der vier großen Programmanbieter (ARD/ZDF/SAT.1 und RTL plus) beim Kabelempfang lediglich maximal 10 Minuten auseinander. Ob damit die Privaten einen endgültigen Marktdurchbruch erzielten, lässt sich erst in den 90er Jahren bestätigen. Die ordnungspolitischen Veränderungen in der Film- wie Fernsehwirtschaft führten summa summarum zu Auftragssteigerungen und höheren Umsatzergebnissen. In keinem der beiden Märkte sind finanzielle Einbußen zu beklagen; die Zahl der Filmbetriebe hat sich beträchtlich erhöht. Die Zahl der den Medienberufen zuzuordnenden Erwerbstätigen stieg dynamisch nach der Einführung des dualen Rundfunksystems, was die vorgelegten Daten zum Fernsehen sowie zu den subsidiären Branchen belegen, die somit positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt nachweisen.
Kap. 6.5 Zwischenergebnis
5.
6.
7.
223
Es ist zu vermuten, dass die Filmtheaterbranche mit der Akzeptanz neuer Medien ihren ökonomischen Zenit überschritten hat, denn ihr Umsatz stagnierte gegen Ende der 80er Jahre. Die technischen Innovationen ermöglichten und sicherten zukunftsträchtige Arbeitsplätze in vielen Industriebereichen (u.a. IT, Tiefbau, Elektronik) und führten dort zu einem kräftigen Beschäftigungsausbau. Trotz aller Anstrengungen der ö.-r. Anstalten, die Einschaltquoten ihrer Sendungen zu erhöhen, blieben die bewährten Grundstrukturen der Programmbereichseinteilungen „Information“ und „Unterhaltung“ erhalten. Dabei negierte das marktwirtschaftlich orientierte Vorgehen nicht die ö.-r. „Grundversorgung“ der Bevölkerung mit einem umfassenden Programmangebot in den Bereichen Bildung, Information, Unterhaltung und Kultur.
7 Einstellungen der Bevölkerung zum dualen Rundfunksystem in den 80er Jahren
Einer der Hauptaspekte der Studie war es, zu erforschen, inwieweit ein Interesse der Bevölkerung an einem vermehrten Fernsehangebot bestand, das sich ab Januar 1984 sukzessiv einstellte. Das entsprechende Verfahren zur Auswertung der Ergebnisse von Begleitforschungen des Privatfernsehens war ein dreistufiges: Erstens konnten die Einstellungen im Vorfeld neuer Programme zwischen 1980 und 1983 ausgewertet werden, zweitens die Einstellungen unmittelbar nach dem Start des Privatfernsehens im Sommer 1984 bis 1985 und schließlich drittens die sozialen Folgen (u.a. Auswirkungen auf die Familie, Erfahrungen mit dem erweiterten Fernsehangebot), die Ende 1989 erfasst wurden. I. Einstellungen im Vorfeld neuer Fernsehprogramme. Was wußte man über die Konsumbedürfnisse der Bürger hinsichtlich eines kommerziellen Fernsehangebotes? Begrüßten sie weitere TV-Programme oder lehnten sie zusätzliche audiovisuelle Medien ab? Bei einer Betrachtung diverser Umfragen von Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre (u.a. von Emnid, GFM, Psydata), die Kellner miteinander vergleicht, ergeben sich folgende Anhaltspunkte: 1. 2.
3.
Die o.g. Umfragen weisen auf eine breite Zustimmung für mehr Fernsehprogramme hin. Während Ende der 70er Jahre lediglich 30 Prozent der Befragten dem Privatfernsehen positiv gegenüberstehen (70 Prozent verhalten sich neutral oder ablehnend), liegt die Zahl der Befürworter in 1980 bei über 46 Prozent (nur 20 Prozent lehnen weitere Fernsehprogramme ab). Zahlreiche Indizien sprechen dafür, dass das Fernsehen immer mehr zu einem alltägli726 chen Bestandteil des Lebens geworden ist.
Vergleicht man zwischen den Jahren 1980 und 1983 weitere anerkannte bundesweit durchgeführte Befragungen von Instituten wie Emnid (Herbst 1980), GFM-Gesellschaft für Marktforschung (1980), Allensbach (Oktober 1982) und Wickert (Juni 1983) miteinander, so kristallisiert sich ein Stimmungswandel zugunsten einer erweiterten Fernsehvielfalt heraus (vgl. Abb. 23). In der Addition der Prozentangaben jener Untersuchungszahlen stimmen 49 % zusätzlichen Angeboten zu, 29,5 % lehnen diese ab und 21,5 zeigen sich unentschlossen.
726 Vgl. Kellner, Hella 1981, S. 116-120.
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Kap. 7 Einstellungen der Bevölkerung zum dualen Rundfunksystem in den 80er Jahren
Abb. 23: Befragungen über bundesweit „mehr Fernsehprogramme“ von 1980 bis 1983.
Zustimmung
Ablehnung
Unentschlossen
21,5% 49,0%
29,5%
[Quellen: Emnid, GFM, Allensbach, Wickert. In: Medienspiegel des Instituts der deutschen Wirtschaft, Nr. 28, S. 6, 11.07.1983, Köln.]
II. Nach dem Start des Privatfernsehens im Sommer 1984 bis 1985. Aus dem Blickwinkel der Unionsparteien war es richtig, dem Willen der Bevölkerung nach zusätzlichen Fernsehprogrammen, nach mehr Informations- und Meinungsvielfalt entsprochen zu haben. So zeigte bereits die erste Erhebung im Sommer 1984 bei Kabelteilnehmern im Versuchsgebiet Ludwigshafen/Vorderpfalz, dass es „keine Akzeptanzprobleme bei Kabelteilnehmern“ gab.727 Ein Jahr später urteilten 81 Prozent der Befragten, dass sich der Kabelanschluss gelohnt habe, und 93 Prozent begrüßten es, dass es Kabelfernsehen gab.728 III. Soziale Folgen Ende 1989. Fünf Jahre nach der Einführung des Privatfernsehens hatten die Bürger hinreichende Erfahrungen mit den neuen Fernsehprogramminhalten gesammelt. So konnten kritische Resümees zu den Begleitforschungen der vier Kabelpilotprojekte in Berlin, Dortmund, Ludwigshafen/Vorderpfalz und München gezogen werden. An den diesbezüglichen Untersuchungen beteiligten sich die Einrichtungen „Evangelische Kirche“ (für Berlin), „Infas“ (für Dortmund), „Universität Mannheim“ sowie „Institut für Demoskopie Allensbach“ (für Ludwigshafen/Vorderpfalz) und „Infratest“ (für München). Im Zuge dieser Studien standen Fragen zur Akzeptanz der Angebote, zu den sozialen Zusammenhängen zwischen Freizeit und Kabelfernsehen und zu den Auswirkungen auf das Familienleben im Mittelpunkt. Hinsichtlich dieser Dimensionen ergeben sich zwei interessante Leiterkenntnisse: Zum einen übernimmt das Fernsehen eine integrierende Aufgabe innerhalb vieler „Kabelanschlussfamilien“, wobei sich die Gespräche der Familienmitglieder nahe und vermehrt an den Themenangeboten des Fernsehens orientieren. Andererseits werden die Befürchtungen von Kritikern kommerzieller Fernsehwelten durchaus widerlegt, die negative Auswirkungen auf das Individuum und die Familien voraussagten. Ein727 Noelle-Neumann, Elisabeth 1985, S. 97. 728 Vgl. ebd.
Kap. 7 Einstellungen der Bevölkerung zum dualen Rundfunksystem in den 80er Jahren
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schränkend muss jedoch hinzugefügt werden, dass die sozialen Folgen eines erweiterten Medienangebotes aufgrund eines „unangemessenen Forschungsdesigns“ noch „diffus“ bleiben.729 Im Rahmen einer Studie des Instituts für praxisorientierte Sozialforschung (ipos) wurde in 1989 untersucht, welche Erfahrungen und Meinungen die Fernsehzuschauer mit und zu den privaten Programmen gesammelt hatten. Dabei konnten zum Zeitpunkt der Befragung 54 % von ihnen privates Fernsehen über Kabel bzw. Antenne empfangen; unter den Nichtempfängern (46 %) wünschten sich 25 % einen Empfang. Als ein wesentliches Forschungsergebnis kristallisierte sich heraus, dass die überwiegende Mehrheit aller Befragten die Programmangebote begrüßte: 85,3 % aller Befragten fanden es gut, dass es in der Bundesrepublik ein privates Fernsehen gibt; lediglich 14,1 % fanden es nicht gut (vgl. Abb. 24).730 Zusammenfassend wird ersichtlich, dass im Laufe der 80er Jahre immer weniger Vorbehalte gegenüber dem Privatfernsehen bestanden und im Jahre 1989 auch in der Gruppe von Nichtempfängern ein zahlenmäßig starkes Interesse bestand, kommerzielle Programme zu konsumieren. Abb. 24: Interesse am Privatfernsehen in 1989.
Zustimmung
Ablehnung
14,1%
Unentschlossen
0,6%
85,3%
[Quelle: ipos, Einstellungen zu aktuellen Fragen der Innenpolitik 1989, S. 66-72, Mannheim.]
729 Vgl. Hasebrink, Uwe 1989: Kabelfernsehen: Welche sozialen Folgen hat das erweiterte Medienangebot? In: Media Perspektiven 8/89, Frankfurt am Main, S. 512-520. 730 In: Einstellungen zu aktuellen Fragen der Innenpolitik 1989, Bericht, ipos, Mannheim, S. 68.
8 Konklusion: Zusammenfassende Beurteilung machtpolitischer Strategien der Parteien im Zuge der Einführung des dualen Rundfunksystems 8
Konklusion
8.1 Fazit: Positionierung des dualen Rundfunksystems im politischen und historischen Zusammenhang/Ausdifferenzierung der Leitfragen und Hypothesen 8.1 Fazit: Positionierung des dualen Rundfunksystems 8.1.1 Prolog Zu Beginn der Untersuchung wurden fünf Hypothesen aufgestellt und drei Leitfragen aufgeworfen, die zu beweisen bzw. zu beantwortet waren. Die Forschungsansätze der Hypothesen befassten sich mit den anvisierten machtpolitischen Strategien und medienpolitischen Ziele der Volksparteien (H1), dem Einfluss der Unionsparteien auf die Politikberichterstattung des Fernsehens (H2), den Erwartungen von Teilen der Bevölkerung und der Politik nach mehr Meinungsvielfalt und Programmauswahl (H3), einem Beitrag zur Debatte um die Kontrollaufsicht der Rundfunklandschaft (H4) und einer neuen Theorie „Follow the party in power“ (H5). Die Leitfragen lauteten: 1. 2. 3.
Was wollten die Volksparteien bis zum Zeitpunkt des Abschlusses des Rundfunkstaatsvertrages erreichen bzw. verhindern? Welche Folgen hatte der Vertragsabschluss? Sind die anvisierten machtpolitischen Strategien und medienpolitischen Ziele der Volksparteien im Zuge der Einführung des dualen Rundfunksystems in den 80er Jahren de facto realisiert worden?
Analysiert wurden die machtpolitischen Strategien der Parteien im Zuge der Einführung des dualen Rundfunksystems am Beispiel des allgegenwärtigen Fernsehens. Mit deutlichem zeitlichen Abstand zu den 80er Jahren ist nachdrücklich hervorzuheben, dass Medienpolitik in dem Untersuchungszeitraum eine machtpolitische Dimension annahm, die alle wichtigen gesellschaftlichen Kräfte einschloss: Vertreter des Bundes und der Länder, Parteien, Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften, Kirchen und weitere Interessenorganisationen, aber auch die Medieninstitutionen selbst, Verleger und Journalisten. Sie alle engagierten sich mit eigenen Positionen und vielfach diametralen Inhalten bei der Auseinandersetzung um die Neuordnung der Rundfunklandschaft. Die Entstehungsgeschichte der neuen Organisationsordnung des Fernsehrechts und bedeutsame Rechtsprechungen des Bundesverfassungsgerichts hierzu dokumentiert die Studie (u.a. in Kap. 1.5.2 und 3.1). Aus der Fülle der Ergebnisse heraus wurde festgestellt, unter welchen Bedingungen und Voraussetzungen das duale System zustande kam, und dabei nachgewiesen, welche machtorientierten Interessen die Parteien hier verfolgten (vgl. Kap. 2.3 und 3.4), wobei die berechtigte Annahme besteht, dass es in diversen Fällen zu einer Instrumentalisierung des Fernsehens durch die Politik (vgl. z.B. Selbstbekenntnisse von Glotz/Kap. 3.2.1 und Suhr/Kap. 3.2.4), aber auch durch den Journalismus selbst gekommen ist. Problematisch wurde es immer dann, wenn das Parteibuch eines Fernsehmachers wichtiger war als der Sender, dem man sich verpflichtet fühlen sollte. Man kann nicht
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Kap. 8 Konklusion
grundsätzlich aus einer Parteimitgliedschaft auf einen Missbrauch von Fernsehmacht schließen, aber wenn – wie es meine Untersuchung zeigt – parteipolitische Aufträge an Journalisten ergehen, die ihr Arbeitsfeld betreffen, wenn eine Trennung zwischen Amt und Parteibuch nicht mehr stattfindet (z.B. parteipolitische Statements auf ö.-r. Briefpapier abgegeben werden, vgl. v. Sell/WDR) oder wenn eine parteipolitische „Nibelungentreue“ z.B. um der eigenen Karriere willen nachgewiesen wird, dann ist die Beweisführung schlüssig (vgl. hierzu Mitglieder der Medienkommissionen der Parteien in Kap. 1.7.1, 2 und 3 sowie 1.7.2 „Personalpolitik der Parteien“). Weitere Resultate dieser Studie liefern wesentliche und neuartige Erkenntnisse zu den machtpolitischen Strategien und medienpolitischen Zielen der Volksparteien, zu dem unterstellten stärkeren Einfluss der Unionsparteien auf die Politikberichterstattung des Fernsehens, zu den Erwartungen von Teilen der Bevölkerung und der Politik nach mehr Meinungsvielfalt und Programmauswahl durch das private Fernsehen, zur Kontrollaufsicht der Rundfunklandschaft sowie zur Theorie „Follow the party in power“. Zu den in diesem Zusammenhang eingangs der Untersuchung aufgestellten Hypothesen werden Nachweise erbracht (vgl. nachfolgende Kapitel), die wissenschaftliche Diskurse anregen bzw. weiter schärfen können. Wenn das Ergebnis meiner Arbeit auf eine kurze Formel zu bringen ist, müsste diese folgendermaßen lauten: In der Weise, wie die Politik das Fernsehen als Leitmedium in den 80er Jahren anerkannte und dessen Wirkungsdimensionen für parteiische Einflussnahmen und machtpolitische Ziele nutzte, setzte dieses seine elektronische Massenmacht gegenüber den Potentaten und politischen Entwicklungen ein. 8.1.2 Ausdifferenzierung der Leitfragen Den Fragen (1) und (2) wurde ausführlich in den Kapiteln 2.3 und 3.4 sowie in 5.5 nachgegangen; sie werden deshalb an dieser Stelle in konzentrierter Form gewürdigt. Die Frage (3) findet in der Beweisführung zur Hypothese 1 ihre Beantwortung. Zu Leitfrage 1): Was wollten die Volksparteien bis zum Zeitpunkt des Abschlusses des Rundfunkstaatsvertrages erreichen bzw. verhindern? Blickt man auf die fundamentalen Standpunkte der Volksparteien im Vorfeld der Neuen Medien, speziell des Privatfernsehens, zurück, waren diese in der Frage nach ihren medienpolitischen Grundausrichtungen überwiegend glaubwürdig. Von Anfang an kultivierten die Spitzenpolitiker bzw. Verhandlungsführer der Parteien das Bewusstsein, dass in der Quintessenz koexistierende Rundfunkordnungen, also ein ö.-r. Monopol und zugleich ein duales System, ausgeschlossen sind. Bei dieser vorrangigen, alles andere überlagenden Entscheidung traten andere Themen zurück und es konnten keine verhandelbaren Kompromisse angestrebt werden; schließlich ging es um eine „Entweder-Oder-Position“. Die Sachlage zwischen den Privatfunkbefürwortern und -gegnern der Parteien war bis April 1987 im Großen und Ganzen derart verhärtet, dass keine tragfähige Grundlage für einen Rundfunkstaatsvertrag oder für eine gemeinsame Position zu den neuen Informations- und Kommunikationstechniken geschaffen werden konnte. Bestätigt wurde, dass in der ersten Untersuchungsphase von Januar 1980 bis September 1982 die ideologischen Fixierungen der Volksparteien (in der Hauptsache „pro und contra Privatfernsehen/Neue Medien“) allen Bemühungen um einen Annäherungsprozess Einhalt boten. Allenfalls konnten bestehende Einstellungen verstärkt werden:
Kap. 8.1 Fazit: Positionierung des dualen Rundfunksystems
231
Das duale Rundfunksystem einführen (CDU/CSU) bzw. verhindern (SPD). Die Bestands- und Entwicklungsgarantie des ö.-r. Rundfunks langfristig sicherstellen (SPD) bzw. eingeschränkt verhandeln (CDU/CSU). Meinungsvielfalt herstellen (CDU/CSU) bzw. abwehren (SPD). Machtpolitische Einflüsse der anderen Partei eindämmen bzw. ihre medienpolitischen Vorhaben zurückweisen (alle Parteien). Neue Kommunikationstechnologien und Fernsehübertragungskapazitäten zulassen (CDU/CSU) bzw. unterbinden (SPD).
Während CDU/CSU mehr den Wunsch nach Medienvielfalt, „mehr Bürgerfreiheit“ und Regulierungsantworten in den Vordergrund ihrer Strategien stellten, betonte die SPD stets die monopolistische Rolle des ö.-r. Rundfunks als „zu schützendes Kultur- und Bildungsinstrument“ gesellschaftlicher Werte. Dass sich hinter derartigen Floskeln machtpolitische Interessen verbargen, die den Gegnern u.a. Zugänge zur Kommerzialisierung von Massenmedien und neuen Technologiemärkten versperrten, hat die Untersuchung an diversen Stellen ausführlich aufgezeigt. Die zweite Untersuchungsphase von Oktober 1982 bis Dezember 1989 war von wechselseitigen Positionsabgleichungen, einhergehend mit Widerstandsbekundungen beim Kampf um eine neue Medienordnung, geprägt. Eine entscheidende Ursache für die fünfjährige Obstruktionspolitik der SPD lag gerade in dem Verlust an Regierungsmacht auf Bundesebene begründet (vgl. Kap. 3.4). Um all das zu bewältigen, kennzeichnete die SPDMedienpolitik zunächst ein NEIN (bis September 1982), dann ein JEIN und schließlich ein JA, ABER (ab April 1987). Historisch resultiert dieses mehrdimensionale Dilemma aber bereits aus dem „Godesberger Programm der SPD“ von 1959. Dort verweist die Partei einerseits auf die freigeistige Stellung der Medien, andererseits grenzt sie diese öffentlichrechtlich ein: „Sie müssen in Freiheit und Unabhängigkeit überall und unbehindert Informationen sammeln, bearbeiten, verbreiten und unter eigener Verantwortung Meinungen bilden und aussprechen dürfen. Rundfunk und Fernsehen müssen ihren öffentlichrechtlichen Charakter behalten.“731 Zum Grundverständnis von Freiheit zählt aber insbesondere die unabänderliche Möglichkeit, zwischen unterschiedlichen konkurrierenden autonomen Informationsquellen (auch privaten Angeboten) auswählen zu können. Falls Liberalität nicht unterdrückt werden soll, beschränkt sich dieses wertvolle Gut nicht nur auf das ö.-r. Fernsehen, sondern muss auch Alternativen – wie dem kommerziellen Rundfunk – vielfältige Möglichkeiten der Entfaltung und der Verbreitung bieten, damit der Bürger prinzipiell auf alle zur Verfügung stehenden Informationsangebote zurückgreifen kann. Die Beweggründe für das Entstehen des sozialdemokratischen Widerstands lassen sich, unabhängig von dem prognostizierten oder tatsächlichen Verlust an Macht und Einfluss (vgl. Kap. 3.2.1), an drei Faktoren festmachen:
Erstens artikulierten sich die ablehnenden Haltungen aus den dogmatisch ausgerichteten Zielen der Parteiprogramme selbst. Wo der eine Parteienverbund (CDU/CSU) „Freiheit“ verkündigte, predigte der politische Gegner (SPD) „Verzicht“. Schärfer konnten die programmatischen Grenzlinien kaum gezogen werden. Zweitens entstand Verbitterung bei einigen maßgeblichen sozialdemokratischen Medienpolitikern, weil ihre kritischen Argumente von den Unionsparteien weder auf-
731 Godesberger Programm der SPD 1959, Kap. Die staatliche Ordnung, S. 6.
232
Kap. 8 Konklusion
noch ernstgenommen wurden und sie sich deshalb bei Entscheidungsfindungsprozessen übergangen fühlten. Dies führte zu heftigen Auseinandersetzungen, die provokativ öffentlich (über die Medien) ausgetragen wurden, statt einen direkten Dialog miteinander auf Bundesebene zu suchen. (In den Unterlagen der Volksparteien konnte kein Hinweis gefunden werden, dass es zu medienpolitischen Gesprächen zwischen Vertretern der Volksparteien auf Bundesebene gekommen ist.) Infolge dieser defizitären bilateralen Beratungspolitik kam es unweigerlich zu erheblichen Kontroversen, häufig verlagert auf die Länderebene, u.a. zu Rechtstreitigkeiten um Landesmedienund Landesrundfunkgesetze. Drittens waren die Reihen sozialdemokratischer Medienpolitik weder bei den Grundeinstellungen noch bei den Wertungen geschlossen, weshalb eine einheitliche Vorgehensweise und Sprachregelung für lange Zeiträume aussichtslos erschien. Demgegenüber erstaunt, dass die Unionsparteien, die auf zahlreichen Politikfeldern durchaus unterschiedliche Meinungen innerhalb der eigenen Reihen pflegten, auf dem Gebiet der Medienpolitik über die Jahre hinweg eine Programmatik entwickelten, die sie gemeinsam in die Tat umsetzten.
Auf der Ebene der Ministerpräsidenten der Länder sah die Situation anders aus; es bildeten sich ab dem Zeitpunkt des medienpolitischen „Umschwungs“ der SPD (16. Februar 1984) zumindest Interessengemeinschaften heraus. So kooperierte z.B. von Dohnanyi (SPD) gegen erheblichen Widerstand in den eigenen Reihen mit B. Vogel (CDU), um zu einem beiderseitig zufriedenstellenden Abschluss für eine Medienordnung der Zukunft zu gelangen. Zu Leitfrage 2): Betrachtet man die Folgen des Rundfunkstaatsvertrages, so muss vor allem zwischen den politischen, den sozialen (hauptsächlich bei Kindern) und den öffentlich-rechtlichen Folgen (für die ARD-/ZDF-Programme) unterschieden werden. Das politische Ergebnis legt nahe, dass beide Volksparteien mit der Einführung der Neuen Medien sowohl statussymbolisch gewonnen als auch systemtheoretisch verloren haben (vgl. ausführliche Beweisführung unter Kap. 8.2.1, Hypothese 1). So ist bei einer Zustandsbeschreibung nicht zu übersehen, dass die SPD als „Verteidiger“ des ö.-r. Rundfunks in die Geschichte eingehen wird und die Unionsparteien als „Wegbereiter“ der Neuen Medien/des Privatfunks. Betrachtet man dagegen die ursprünglich präferierten rundfunkpolitischen Ordnungsformen, so musste z.B. die klare Position contra Privatfernsehen aufgegeben werden (SPD), aber auch das Ziel, die ö.-r. Entwicklungsgarantie zu beschränken (CDU/CSU). Auch ein Blick auf die damaligen Programmstrukturen der Fernsehsender zeigt, dass die angedachte Balance ö.-r. Informationssendungen durch entsprechende Angebote des Privatfernsehens (CDU/CSU) nicht erzielt werden konnte, weil letztere schlicht nur beschränkt vorhanden waren. Dagegen ist nicht zu bestreiten, dass das ö.-r. System seine Alleinrolle abgeben musste und einen Autoritätsverlustprozess durchlief, an dessen Ende eine qualitativ vielfältige Rundfunkordnung stand. Und damit schließt sich dieser machtpolitische Kreislauf des Wandels, denn nach der Unterzeichnung des Rundfunkstaatsvertrages führte die SPD keine Grundsatzdiskussionen mehr um Sinn und Zweck eines Privatfunks und versuchte sogleich, ausgediente Ressentiments abzubauen. Dafür sorgten beim innerparteilichen sozialdemokratischen Relaunch in hohem Maß Realpolitiker wie Glotz, von Dohnanyi und Engholm. Veränderte der private Fernsehkonsum die soziale Entwicklung von Kindern? Wenn politische Sachverhalte seinerzeit in familienorientierte Formeln verpackt waren, dann
Kap. 8.1 Fazit: Positionierung des dualen Rundfunksystems
233
keinesfalls ideologiefrei. Kein Wunder, denn weltanschauliche, kommerzablehnende Vorurteile konnten sich leicht hinter Slogans wie „Kinder brauchen Zuneigung – keine Glotze“ verbergen. Ob ein mögliches Mehr an „TV-Kost“ Minderjährigen schadet, beschäftigte Politiker beider Volksparteien in den 80er Jahren nachhaltig. Und welche Auswirkungen würde das Privatfernsehen auf die Entwicklung der Kinder hervorrufen? Angesichts der häufig sozialkritisch geführten Debatten fiel das Ergebnis überraschend aus: Tatsächlich sank die durchschnittliche Sehdauer von Kindern (6-13 Jahre; Mo. –So., „rund um die Uhr“) im ersten Halbjahr 1988 gegenüber dem Vergleichszeitraum der vergangenen Jahre (1985 bis 1987) um zwei bzw. sechs Minuten, wie die GfK-Fernsehforschung in Nürnberg anhand von kontinuierlichen Messungen ermittelte: „Der Fernsehkonsum der Kinder steigt zur Zeit nicht weiter an, sondern stagniert – oder geht tendenziell sogar zurück.“732 Spätere Untersuchungen aus 1989 bestätigen den Trend, dass Kinder nicht länger fernsehen. Wo 1985 noch die tägliche Sehdauer bei durchschnittlich 82 Minuten lag (zwischen 15:00 und 01:00 Uhr), fiel sie 1989 auf 68 Minuten zurück.733 So merkwürdig der Befund anmutet, es liegen Daten zum TV-Nutzungsverhalten beim Kabelan-schluss vor, die dem Fernsehen sogar „positive Einflüsse“ auf Kinder unterstellen (vgl. Kap. 3.2.2). Auf der Basis derartiger Erkenntnisse bestand kein Dissens mehr zwischen den Parteien, nachdem die profunden Reibungsflächen fehlten. Verlor das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem nach der Einführung des privaten Fernsehens an Innovationskraft? Die Daten meiner Untersuchung belegen, dass diese Frage nur mit einem eindeutigen „Nein“ beantwortet werden kann. Hierzu bedurfte es eines weitreichenden Verständnisses (SPD) bzw. Nachgebens (CDU/CSU), die Bestands- und Entwicklungsgarantie großzügig auszulegen. Überdies sanken im Gegenteil die wirtschaftlichen Chancen der Privaten Mitte der 80er Jahre sogar vorübergehend, denn die ÖffentlichRechtlichen versuchten ihre Mitbewerber zum Teil mit neuartigen, eigens hierfür entwickelten Spartenprogrammen vom Markt zu verdrängen bzw. die Akzeptanz kommerzieller Angebote einzuschränken. Belegen lässt sich dies vor allem dadurch, dass ARD und ZDF mit einem radikalen Expansionskurs auf die private Herausforderung reagiert haben. Es wurden u.a. drei neue Kulturprogramme (Eins plus, 3SAT, Arte) eingeführt sowie bundesweit die Dritten Programme der ARD verbreitet.734 Keineswegs hatten die Unionsparteien mit einem dermaßen offensiven Vorgehen gerechnet, haben diese Entwicklung aber klammheimlich in den ö.-r. Rundfunkgremien und in den Landtagen im Zuge der regelmäßig wiederkehrenden Diskussionen um die Erhöhung einer Rundfunkgebühr sanktioniert. Zwar erhoben sich immer wieder konservative Stimmen, die eine Abschaffung der neuen ö.-r. Programme verlangten, doch hier galt es für die Union, einen politischen Preis zu zahlen, um die Verbündeten innerhalb des ö.-r. Systems versöhnlich zu stimmen (vgl. Kap. 6.1). Zur Finanzierung der Rundfunkanstalten. In der Literatur wird gelegentlich der Eindruck erweckt, als ob die ö.-r. Rundfunkanstalten unter der privaten Konkurrenz in den 80er Jahren hohe finanzielle Einbußen zu verzeichnen hatten und deshalb ihre Existenz bedroht war. Fest steht, dass den Anstalten beider Systeme im Jahr 1989 beträchtliche Haushaltsmittel zur Verfügung standen: 732 Darschin, Wolfgang 1988, S. 23. 733 Vgl. Jahresdurchschnittswerte nach Gfk. In: Darschin, Wolfgang/Frank, Bernward: Tendenzen im Zuschauerverhalten. Media Perspektiven 4/90, Frankfurt am Main, S. 255. 734 Das 3SAT-Programm (ZDF u.a.) wurde am 01.12.1984 auf dem Fernmeldesatelliten ECS gestartet; das Eins Plus-Programm (ARD) folgte am 29.03.1986 via Fernmeldesatellit Intelsat.
234
Kap. 8 Konklusion
Dem ARD-Fernsehen Gebührenerträge in Höhe von 2.096,06 Mrd. DM und NettoWerbeumsätze in Höhe von 916,8 Mio. DM, insgesamt also über 3 Mrd. DM.735 Dem ZDF Gebührenerträge in Höhe von 896,74 Mio. DM und Netto-Werbeumsätze in Höhe von 665,72 Mio. DM, insgesamt über 1, 5 Mrd. DM.736 Bei den Aufwendungen für Programm, Personal etc. (Jahresbudgets) legten die Privaten unterschiedliche Zahlen vor: SAT.1 550 Mio. DM, RTL plus 650 Mio. DM, Tele 5 und Pro 7 jeweils zwischen 150 bis 200 Mio.737 Den vier privaten Fernsehsendern standen demnach Finanzmittel von insgesamt rund 1,5 Mrd. DM zur Verfügung – ein Drittel des Gesamtetats von ARD und ZDF. Die ö.-r. Vermögensverhältnisse stellten sich derart positiv dar, dass zusätzliche Programme beim ZDF („Musikkanal“ und „3SAT“) sowie bei der ARD (Ausbau der Dritten Programme, die Einführung des Kulturkanals „Eins plus“ und die Beteiligung an dem paneuropäischen Satellitenprogramm „Europa-TV“) finanziell abgedeckt werden konnten.
Für die aufgezeigte stabile Größenordnung bei ARD und ZDF sprechen weitere Effekte:
Die ö.-r. Anstalten unterhielten das größte Korrespondentennetz der Welt, erreichten 98 Prozent der deutschen Haushalte und waren technisch zeitgemäß ausgestattet. Die bestehenden 7 ö.-r. Fernseh- und 34 Hörfunkprogramme liefen ohne Einschränkungen.
Welches Fazit lässt sich aus der damaligen finanziellen Lage der Systeme ziehen? Hinter den ö.-r. Budgets verbergen sich nach Seufert kostenintensive Sendebetriebe, denn „die Durchschnittskosten je Sendeminute bei allen privaten Anbietern [liegen] noch weit unter dem Niveau von ARD und ZDF.“738 Er fasst in seiner Beurteilung zusammen, dass die Privaten niedrigere Inputkosten haben, kostengünstigere Herstellungsverfahren anwenden (weniger Arbeitskräfte, weniger aufwendige Technik) oder eine Programmstruktur mit einem höheren Anteil von kostengünstigeren Programmtypen betreiben. Obwohl die Privaten ihre Sendebetriebe offenbar betriebswirtschaftlicher als die Öffentlich-Rechtlichen unterhielten und somit geringere Finanzmittel in die Programme investierten, büßten ARD und ZDF trotz Expansion zwischen 1986 und 1990 nahezu ein Drittel ihrer Marktanteile ein (vgl. Abb. 25). Diese lagen bis 1986 (ohne die Dritten ARD-Programme) jeweils zwischen 40 und 45 Prozent; ab 1989 bewegten sie sich bei beiden Anstalten um 30 Prozent (ohne die Dritten ARD-Programme).739 Die werbetreibende Wirtschaft hat letztlich dafür gesorgt, dass das Novum Privatfernsehen nicht gescheitert ist, wenngleich die Kommerzialisierung des Rundfunks mit ihrer marktwirtschaftlichen Abhängigkeit von Unternehmen und Agenturen als Fiasko sozialdemokratischer Wertvorstellungen betrachtet wurde: „Die Partei, die die Werbung aus den Pro-
735 Vgl. ARD-Jahrbuch 1990, Hamburg, S. 366 und Siebter KEF-Bericht, S. 20 und Achter KEF-Bericht, S. 21. Die Zahlen wurden mit der KEF-Geschäftsstelle bei der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz/Mainz abgeglichen. 736 Vgl. Siebter KEF-Bericht, S. 20 und Achter KEF-Bericht, S. 21. 737 Eigene Angaben der Privatsender. In: Seufert, Wolfgang 1991, S. 95. 738 Seufert, Wolfgang 1991, S. 95. 739 Vgl. Frank, Bernward/Gerhard, Heinz 1991, S. 137.
235
Kap. 8.2 Machtpolitik und Rundfunkkontrolle
grammen vertreiben wollte (...) hat nicht nur bei den neuen Veranstaltern die Werbeschleusen geöffnet, sondern zäh um jede zusätzliche Werbemöglichkeit für ARD und ZDF gekämpft.“740 Abb. 25: Fernsehnutzung/Marktanteile von 1985 bis 1989. (Erwachsene ab 14 Jahre, nationaler Durchschnitt, in Prozent)
Jahr/ Sender
1985
1986
1987
1988
1989
ARD
43,6
45,1
42,2
38,0
32,7
ZDF
42,5
40,1
40,6
36,2
31,8
ARD III.
10,3
10,3
10,6
10,9
10,5
RTL plus
0,4
0,7
1,3
4,0
9,8
1,5
5,5
8,4
SAT.1
Quelle: Frank, Bernward/Gerhard, Heinz 1991: Fernsehnutzung in den 80er Jahren. In: Jäckel, Michael/Schenk, Michael (Hrsg., 1991): Kabelfernsehen in Deutschland, Bd. 11, S. 138, Verlag Reinhard Fischer. Ein wichtiges Ergebnis der Untersuchung zu den Folgen des Rundfunkstaatsvertrages betrifft die Verbreitung und Darstellung von Politik im Kommunikationszeitalter, die unzweifelhaft weitgehend durch das Fernsehen erfolgte (vgl. Kap. 1.6). So kristallisierte sich bei den Volksparteien mit der Zeit heraus, dass angesichts der Präsentationsmöglichkeiten und Wirkungsdimensionen des Fernsehens, insbesondere komplexe Vorgänge anschaulich darzustellen, dieses weiterhin als erste politische Informationsquelle dienen sollte. Innerhalb der Politik bestand ebenso ein Konsens darüber, dass Kriterien wie Reichweite, Aktualität, Macht der Bilder und ihre Glaubwürdigkeit für jene Einschätzung ausschlaggebend sind. Noch einen Schritt weiter gedacht: Inwieweit das elektronische Massenmedium in seiner Leitrolle einmal durch das Internet abgelöst werden kann, lässt sich gegenwärtig nicht prognostizieren.
8.2 Machtpolitik und Rundfunkkontrolle 8.2.1 Machtpolitische Strategien und medienpolitische Ziele Zur These 1: Die anvisierten machtpolitischen Strategien und medienpolitischen Ziele der Volksparteien sind partiell aufgegangen. Im Verlauf der Analyse der Auseinandersetzungen zwischen den parteipolitischen Lagern stellte sich heraus, dass keine Seite ihre Maximen durchsetzen konnte: Weder blieben die privaten Fernsehveranstalter verboten (SPD-Position; vgl. Kap. 2.1.1) noch konnte den ö.-r. Anstalten die Einführung zusätzlicher Fernsehkanäle untersagt werden (Unionsposition; vgl. Kap. 3.2.2). Vereinfacht kann man beim heutigen Stand der Untersuchung festhal740 Klimmt, Reinhard 1987, S. 135.
236
Kap. 8 Konklusion
ten, dass jedoch CDU/CSU in toto als „erfolgreich“ gelten dürften, denn ihre Hauptstrategie, das duale Rundfunksystem in der Bundesrepublik Deutschland einzuführen, ist Realität geworden. Deutlich konturierter zeichnen sich einzelne Untersuchungsergebnisse ab, wenn man die folgenden Befunde zur Auswertung heranzieht: A) Einzelne Strategien der CDU/CSU sind aufgegangen. Dafür spricht: 1.
2.
3.
4.
Die wichtigste Zielsetzung der Unionsparteien, eine Entautorisierung des ö.-r. Rundfunks, die dem Bürger im Zuge neuer elektronischer Medien mehr Informationsfreiheit und Meinungsvielfalt ermöglicht, wurde realisiert. So konnten die ö.-r. Anstalten und ihre „Verbündeten“ – insbesondere SPD, DIE GRÜNEN, Gewerkschaften, Kirchen – ein kommerzielles Fernsehen nicht verhindern. Zum zweiten Mal innerhalb der Geschichte der Christlich-Demokratischen Union ist es den Konservativen gelungen, Monopole elektronischer Massenmedien in ihrer Wirkungskraft einzuschränken. Im Zuge des gescheiterten Vorstoßes von Adenauer, neben der ARD ein der Bundesregierung nahestehendes „Deutschland Fernsehen“ Anfang der 60er Jahre aufzubauen, entstand das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF), das am 1. April 1963 seinen Sendebetrieb aufnahm. Vierundzwanzig Jahre später verlor das ö.-r. Rundfunksystem sein Monopol. Medienpolitisch setzte die Union auf die Ratio der Programmmacher des privaten Fernsehens, einbegriffen ihres kommerziellen Anspruchs, parteipolitische Präferenzen nicht aufkommen zu lassen. In der Retrospektive ging dieses Konzept auf, denn die Privaten verhielten sich weitgehend parteipolitisch resistent, auch bei den Sendern, deren Gesellschafter konservativ ausgerichtet waren (z.B. SAT.1). Ein direkter Einfluss auf redaktionelle Besetzungen blieb, soweit feststellbar, aus; die Sender ließen sich nicht instrumentalisieren. Daraus kann gefolgert werden, dass beim Kommerzfunk beschäftigte Journalisten politisch autonomer und handlungsfreier agieren können als ihre Berufskollegen bei den ö.-r. Anstalten. Unter anderen Konstellationen hätte es allerdings dazu kommen können, dass beispielsweise RTL plus (CLT/Bertelsmann-Gruppe; Standort in NRW) ein tendenziös links-liberales Programm ausstrahlte und SAT.1 (mit den Gesellschaftern Kirch/Springer) ein konservatives. Wenn dies der Fall gewesen wäre, dann hätten die Unionsparteien im Zuge des politisch-strategischen Systemveränderungsprozesses das Ausgangsproblem, „linke Meinungsmache“ einzudämmen, multipliziert und keineswegs eingeschränkt. Für Bernhard Vogel schien jedenfalls festzustehen, dass er „die Illusion, mit dem privaten Angebot könne man dem angeblich ‚roten’ öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine ‚schwarze’ Konkurrenz entgegenstellen“ zu keinem Zeitpunkt hatte.741 Die ö.-r. Gesamtprogramme (ARD und ZDF) konnten zum Ende der 80er Jahren insgesamt als „parteipolitisch ausgewogener“ als noch zur Mitte der 80er Jahre bezeichnet werden. Es hat sich herausgestellt, dass die Neuen Medien (Informations- und Kommunikationstechniken) erhebliche Auswirkungen auf den internationalen Wettbewerb, auf die Verbesserung des Informationsflusses in Wirtschaft und Verwaltung und auf die Einrichtung zusätzlicher Arbeitsplätze hatten. Gleichwertiges kann vom deutschen Filmund Fernsehmarkt behauptet werden, der heute Europas größten Handelsplatz für au-
741 Vogel, Bernhard 2002, S. 174.
Kap. 8.2 Machtpolitik und Rundfunkkontrolle
5.
237
diovisuelle Programme, Werbung und rundfunktechnische Kapazitäten verkörpert (vgl. Kap. 6). Aufgrund des vorliegenden Forschungsstandes wird ersichtlich, dass das duale Rundfunksystem zwischen-zeitlich allgemein anerkannt ist. Keine Partei fordert mehr, den Privatfunk oder die Neuen Medien abzuschaffen, zumal die Bevölkerung die audiovisuelle Vielfalt längstens akzeptiert hat (vgl. Kap. 7). Somit war die Grundentscheidung „pro privates Fernsehen“ rückblickend betrachtet die einzig richtige.
B) Einzelne Strategien der CDU/CSU sind nicht aufgegangen. Dafür spricht: 1.
2.
Die Unionsparteien mussten nachgeordnete medienpolitische Zielsetzungen (z.B. Begrenzung ö.-r. Entwicklungsperspektiven im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit der Systeme, Werbeverzicht des ö.-r. Fernsehens, Anpassung der Rundfunkgebühr an den Preisindex) bei den Verhandlungen zwischen den Ministerpräsidenten der Länder aufgeben, um den Abschluss des Rundfunkstaatsvertrags nicht zu gefährden. Entgegen des ursprünglichen Vorsatzes seitens der CDU/CSU-Länder, den Expansionstrieb des ö.-r. Systems einzudämmen, entwickelte dieses zusätzliche Fernsehkanäle wie Eins plus, 3SAT, Arte, Phoenix sowie Kinderkanal und ließ sie in Rundfunkstaatsverträgen festschreiben. Eine gewisse Mitverantwortung an dieser Entstehungsgeschichte kann den Unionsparteien nicht abgesprochen werden, denn sie wollten erreichen, dass die Privaten einen Wettbewerb der Systeme einschließlich Programme auslösten. Dadurch fühlten sich ARD und ZDF aufgefordert, sich an den Einschaltquoten der privaten Konkurrenz zu orientieren und mit innovativen Offerten zu reagieren. Dass die ö.-r. „Gegenwehr“ statt in eine Verbesserung bestehender Angebote in Investitionen in weitere Kanäle mündete, hat die Union später stillschweigend mitgetragen. Die Programmvorhaben der Privaten wurden weniger nach Informationsaspekten lanciert, sondern vorrangig ökonomischen, quotenorientierten Zielsetzungen untergeordnet. Das hört sich in der Theorie einleuchtend an, doch die überwiegend auf „Entertainment“ ausgerichtete Unternehmenspolitik der Privaten bewirkte, dass die Öffentlich-Rechtlichen mit ihren Informations- und Nachrichtensendungen nach wie vor das den Parteien wichtigste Segment des Zuschauermarktes beherrschten. Ein „Herantasten“ des Kommerzfunks an die Info-Formate der Öffentlich-Rechtlichen reichte nicht aus, um bei den politiklastigen Sendungen ernsthaft konkurrieren zu können.
C) Einzelne Strategien der SPD sind aufgegangen. Dafür spricht: 1.
Die SPD konnte verhindern, dass der ö.-r. Rundfunk auf seiner Bestandsgarantie festgeschrieben wurde. Stattdessen durften ARD und ZDF an sämtlichen neuen Rundfunktechniken teilnehmen und zusätzliche Fernsehkanäle betreiben, die dem Privatfernsehen Marktanteile kosteten. Klimmt (SPD) fasste das auf „Ausgleich“ orientierte Wirken seiner Partei um ein ausbalanciertes Konkurrenzsystem so zusammen: „Schlimmeres verhütet zu haben, ist – zum wievielten Male eigentlich schon – das Verdienst der SPD.“742 Vielleicht hätte die SPD medienpolitisch mehr erreichen können, wenn sie früher mit den Unionsparteien in einen beiderseitig ergebnisorientierten Dialog eingetreten
742 Klimmt, Reinhard 1987, S. 135.
238
2.
3.
4.
Kap. 8 Konklusion
und wenn die SPD-Bundesgeschäftsstelle politisch zielstrebiger und qualifizierter (methodisch wie technisch) organisiert worden wäre.743 Das Verhältnis zwischen der SPD und dem Privatfernsehen gestaltete sich ab Mitte der 80er Jahre regelrecht unkompliziert, weitgehend pragmatisch. Es ist ein Kuriosum, dass die Partei, die den Kommerzfunk ablehnte, Sympathisanten bei den privaten Fernsehanstalten fand, insbesondere bei denjenigen, die sich in den SPD-regierten Bundesländern um eine Lizenz bzw. Ansiedlung bemühten: „Die sozialdemokratischen Ministerpräsidenten kannten keine Parteien mehr, auch nicht ihre eigene – sie hatten stattdessen nur noch Antragssteller für privaten Rundfunk im Blick.“744 Pauschal bewertet hatte die SPD Recht behalten, dass durch die Angebote des Privatfernsehens die Programme insgesamt verflachen. Die gewaltige Zahl an RealityShows, Seifenopern, Talk-Shows u.a.m., die im Diktat des Quotendrucks entstanden sind, bestätigte diesen Eindruck. Private Fernsehsender machten programminhaltliche Zugeständnisse gegenüber den SPD-regierten Ländern (wie in Nordrhein-Westfalen und Bremen) im Zusammenhang mit der Vergabe von terrestrischen Frequenzen aus Gründen der Planungssicherheit. Für dieses Entgegenkommen bezahlten sie „einen politischen Preis“745 (gemeint ist z.B. die Ausstrahlung des „Spiegel TV“- und „Stern“-Fensterprogramms auf SAT.1 bzw. RTL plus).
D) Einzelne Strategien der SPD sind nicht aufgegangen. Dafür spricht: 1.
2.
3.
Die SPD bekannte sich erst nach heftigen innerparteilichen Auseinandersetzungen auf ihrem „Essener Bundesparteitag“ (Beschluss vom 19.05.1984) zu den Neuen Medien und damit auch zu einer Zulassung privaten Rundfunks. In den Folgejahren bis 1987 setzten sich die Diskrepanzen fort und führten zu teilweise heftigen parteiinternen Kontroversen, die auch in der Öffentlichkeit ausgetragen wurden. Ziel- und Verteilungskonflikte bestanden zwischen Teilen der SPD und den Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen, die Privatfunk veranstalten wollten. Durch das Aufkommen neuer Programmangebote verlor die SPD ihre Monopolstellung als „Bewahrer“ des ö.-r. Systems und im Zuge dessen auch personalpolitische Einflusskanäle. ARD und ZDF büßten trotz Expansion zwischen 1986 und 1990 nahezu ein Drittel ihrer Marktanteile ein (vgl. Abb. 25); der Privatfunk entwickelte sich mit steigender Akzeptanz.
E) Was ist parteiübergreifend von medienpolitischer Relevanz? Spätestens bei der Gesamtanalyse wurde in besonderer Weise deutlich, dass weitere interessante Ergebnisse vorliegen, die aber nicht einer Partei zuzuordnen sind:
Politische Entscheidungsträger auf Bundes– und Landesebene verfolgten ihre eigenen Interessen. Dabei lässt sich sagen, dass Bundespolitiker eher übergeordnete Zielen an-
743 Vgl. Grafe 1991, S. 94-101. 744 Büssow, Jürgen 2004, S. 7. 745 Klatten, Werner E. 1988, S. 5.
Kap. 8.2 Machtpolitik und Rundfunkkontrolle
239
visierten, während Landespolitiker durchaus Standort- und regionalen Interessen nachgingen. Aufschlussreich zeigte sich, wie die vermeintlichen Gegner des Privatfunks hinter den politischen Kulissen wirkten, um Sendelizenznehmer in „ihr“ Bundesland (z.B. NRW) zu platzieren: „Ohne die Mithilfe der jeweiligen Landesregierungen – sei es bei Ansiedlungsentscheidungen oder bei Modellversuchen – hätte sich der private Rundfunk in Deutschland kaum so erfolgreich etablieren können.“746 Zum Rundfunkstaatsvertrag. Trotz der bekannten Neigung mancher Politiker, zurückliegende Entscheidungen „zurechtrücken“ zu wollen, belegt das Vertragsergebnis, dass dieses als Kompromiss im Zuge der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zustande kam. Aus der Beobachtung heraus lassen die bisherigen BVerfG-Urteile die Folgerung zu, dass das Gericht zu keinem Zeitpunkt ein bestimmtes Ordnungsmodell präferierte, sondern einzig eine positive Ordnung, die die Freiheit des Rundfunkwesens gewährleistet. Allerdings sah das BVerfG den privaten Rundfunk stets nur als Ergänzung des ö.-r. Rundfunks an, der die Grundversorgung der Bevölkerung sicherstellen muss, und nicht als dessen Alternative oder gar Ersatz (vgl. Kap. 1.5.2). Häufig war in medienpolitischen Fachzirkeln zu hören, dass mit der Ordnungsliebe der Deutschen, alles regeln zu wollen, sehr viel kreatives Gestaltungspotential und damit auch wirtschaftliche Einnahmequellen bei den privaten Anstalten vernichtet wurden. Ein solcher Einwand fand wenig Beachtung bei den Ministerpräsidenten; rechtlich diskussionswürdigen Programmformaten wurden somit von vornherein enge Grenzen gesetzt. Stellte der Rundfunkstaatsvertrag die große medienpolitische Lösung dar? Wären die Unionsparteien allein oder gemeinsam mit der F.D.P. in der Lage gewesen, die Rundfunklandschaft in der Bundesrepublik Deutschland von Grund auf neu zu ordnen, dann hätten sie sich konsequenterweise an dem dualen Rundfunksystem in Großbritannien orientiert: Finanzierung des ö.-r. Rundfunks ausschließlich durch die Rundfunkgebühr und großzügige Werberegelungen für das private System. Wie war es um das Gleichheitsprinzip bei der Programmverbreitung des Privatfernsehens bestellt? Anstatt den vier bundesweiten Anbietern gleiche Startchancen bei dem terrestrischen Frequenzverteilungspoker durch die Länder im Zusammenspiel mit der Bundespost zuzuweisen, erfuhren zwei Private (RTL plus und SAT.1), die von wenigen Medienkonzernen gesteuert wurden747, bevorzugte Behandlung. Die Zuteilung der Vertriebswege verlief überhaupt mehr unter politischen und ökonomischen Aspekten als unter programmlichen oder technischen. Für die beiden anderen bundesweiten Veranstalter, Eureka Television und musicbox, hätte eine Gleichstellung – im Zuge der Vergabe von Frequenzen – positive Effekte beim Kampf um Quoten und Zuschauer auslösen können. Zur Rolle der kleineren Parteien. In corpore haben weder F.D.P. noch DIE GRÜNEN bei den tiefgreifenden Auseinandersetzungen um das duale Rundfunksystem an politischer Substanz gewonnen oder verloren (vgl. Kap. 3.4.4 und 3.4.5). Die Haltung der F.D.P. zu den Zukunftsperspektiven der Neuen Medien (Informations- und Kommunikationstechnologien) trug jedoch in angemessener Weise zum Bruch der Koalitionsre-
746 Mai, Manfred 2005, S. 8. 747 SAT.1 stand unter dem Einfluss der Unternehmen Springer, Kirch und Holtzbrinck, deren Pressepublikationen (z.B. „BILD“, „Welt“) eher konservativ ausgerichtet waren. RTL plus wurde von Bertelsmann/Gruner + Jahr dominiert, einem Unternehmen, das auch links-liberale Publikationen (z.B. „Stern“) herausgibt.
240
Kap. 8 Konklusion
gierung Schmidt/Genscher im Jahr 1982 bei. Dennoch zeigen die Daten, dass weder die F.D.P. auf Regierungsebene noch DIE GRÜNEN maßgebliche Medienentscheidungen getroffen haben, geschweige denn bei den Verhandlungen der Landesmediengesetze oder des Rundfunkstaatsvertrages einen ausschlaggebenden Mitgestaltungsspielraum besaßen. Insbesondere verfügten sie über keine politische Leitlinienkompetenz, wie sie ein Regierungschef (Bundeskanzler oder Ministerpräsident) für sein Kabinett innehat. So konnte z.B. ein Ministerpräsident bei den Verhandlungen rundfunkrechtlicher Staatsverträge seine Position isoliert vortragen und dabei die Haltung des Koalitionspartners negieren. Die F.D.P. stellte in allen Regierungen der 80er Jahre stets nur den Juniorpartner und ihre medienpolitische Stimme wurde lediglich dann von den großen Volksparteien gehört, wenn es opportun erschien. Während die Liberalen immerhin noch aktiv ihre jeweiligen Koalitionspartner zumeist mit Forderungen nach „Einflussbegrenzung von Parteien, Parlamenten und Regierungen auf die öffentlich-rechtlichen Anstalten“ und einem „ö.-r. Informationsvielfaltsgebot bei der Berichterstattung für alle Parteien“ traktierten, saßen DIE GRÜNEN als Oppositionspartei auf den Zuschauerrängen und warfen gelegentlich Anregungen in die Runde (z.B. „Demokratisierung ö.-r. Rundfunkgremien“ bzw. „Ablehnung des Kommerzfunks“), die bei den anderen Parteien jedoch unbeachtet blieben. Bei näherer Betrachtung spielten F.D.P. und DIE GRÜNEN im ö.-r. Rundfunk (mit Ausnahme der F.D.P. bei den Rundfunkanstalten des Bundes: Deutschlandfunk und Deutsche Welle) eine unbedeutende Rolle, da sie zahlenmäßig über keine nennenswerten parteipolitischen „Seilschaften“ innerhalb der Anstalten einschließlich deren Aufsichtsgremien verfügten. So ist verständlich, dass die beiden kleineren Parteien die Gremienzusammensetzungen umgestalten wollten, nachdem sie infolge mäßiger Wahlergebnisse nur mit wenigen Sitzen präsent und damit in ihren Augen „unterrepräsentiert“ waren.
8.2.2 Rundfunkkontrolle und Parteieneinfluss in einer dualen Medienlandschaft Von einem Diskurs in der Absicht, eine aufgeschlossene und vorurteilsfreie Zusammenarbeit zwischen den Parteien einzuleiten, konnte in Angelegenheiten der Rundfunkkontrolle und des damit verbundenen Parteieneinflusses auf die ö.-r. Anstalten im Untersuchungszeitraum keine Rede sein. Dies betraf sowohl die Zahl der Staats- und Parteienvertreter in den Aufsichtsgremien als auch die Anwendung politischer Steuerungselemente (z.B. finanzielle bei Gebührenfragen oder personelle bei der Wahl eines Funktionsträgers). Immerhin hat das private Fernsehen die medienpolitische Kritikpraxis, unter Einbeziehung öffentlich vorgetragener Programmbeschwerden (via Presse) und unmittelbarer Einflussnahme in die Redaktionen hinein, grundlegend verändert. Dennoch blieben die Instrumente „Rundfunkkontrolle“ und „Parteieneinfluss“ bei den ö.-r. Anstalten etabliert. Vor der machtpolitischen Wende der SPD in 1987 richteten sich die Klagen ausschließlich an die Adressen der ö.-r. Anstalten ARD und ZDF. Seit der Einführung des dualen Rundfunksystems fielen bei der Vielzahl der Programme Kontrolltätigkeiten und Einflussnahmen verhaltener aus, weil im Konzert des umfangreichen Angebotes das Prinzip der Ausgewogenheit erkennbare Früchte trug. Auch ergaben sich automatisch gewisse Einschränkungen bei ARD und ZDF, weil sie nicht mehr das Meinungsmonopol innehatten und somit einer politischen Resonanzerzeugung Grenzen aufgezeigt wurden. Eine gewisse Ausnahme bildeten
Kap. 8.3 Einfluss der Unionsparteien auf die Politikberichterstattung des Fernsehens
241
nach wie vor die Politmagazine und Sonderreportagen zum politischen Zeit-geschehen, die allerdings an Wirkungsmacht einbüßten, nachdem ihre Anzahl reduziert, ihre Sendetermine in die späten Abendstunden gerückt und ihre Sendezeiten gekürzt wurden. Parallel hatte sich die Zahl der „Fernsehstimmen“ vermehrt, die der deutschen Nation ihre Problemansichten und Bewertungen verlautbarten. Zusätzliche private „Einfluss-kanäle“ waren hinzugekommen, deren Sendungen (z.B. „stern TV“, „Spiegel TV“) aber nicht die Einschaltquoten von ö.-r. Politikbeiträgen zu Beginn der 80er Jahre erreichten. Fraglich bleibt, ob die Machteinflussmöglichkeiten der politischen Rundfunkkontrolleure durch das duale Fernsehsystem realiter eingeschränkt oder lediglich dezenter vorgetragen wurden. Nachdem die Kontrollorgane der Landesmedienanstalten und ö.-r. Anstalten nach vergleichbaren Schlüsseln zusammengesetzt sind, ist die Parteiennähe nach wie vor greifbar (vgl. Kap. 1.7.5 und 1.7.6). Das deckt sich mit der Forschungslage, wobei die Entwicklungen zeigen, dass sich die Rundfunkräte und Politiker eher nicht mehr öffentlich und so massiv in aller Schärfe artikulieren – ein Sachverhalt, der sich mit ziemlicher Gewissheit aus der Potenzierung der Kontrollorgane ergeben hat (man kann nicht mehr primus inter pares sein). Um bei den Konsequenzen für die Parteien Ende der 80er Jahre zu bleiben:
Ihr Handeln war trotz reduzierter ideologieverhafteter Strategien weiterhin machtpolitisch ausgerichtet. Im Lager der Opposition (SPD) bildete sich die ö.-r. „Schutzpatron“-Funktion zurück; beide Volksparteien agierten neutraler, sprachen sich dabei aber nicht politisch eindeutig für ein System aus. Das ö.-r. System verlor seinen Status als personalpolitischer „Selbstbedienungsladen“ der Volksparteien.
8.3 Einfluss der Unionsparteien auf die Politikberichterstattung des Fernsehens Zur These 2: Die Annahme, dass die Unionsparteien mit der Einführung des dualen Rundfunksystems einen stärkeren Einfluss auf die Politikberichterstattung des Fernsehens ausübten, lässt sich nicht bestätigen. Von Belang für die Beurteilung des Parteieneinflusses auf die ö.-r. Rundfunkanstalten und ihre Berichterstattung ist zunächst die Frage, inwieweit die politischen Funktionsträger als Gremienmitglieder hierfür überhaupt eine Berechtigung besitzen. Im Vergleich mit Aufsichtsräten deutscher Unternehmen scheint es angemessen, dass elementare Personalund Programmentscheidungen in den Gremien beraten und verabschiedet werden. Dieses Selbstverständnis erklärt, weshalb niemals Bedenken erhoben wurden, dass innerhalb der ö.-r. Gremien Führungspositionen wie die des Intendanten oder des Chefredakteurs entschieden werden, zumal die Rundfunkgesetze bei ARD und ZDF derartige Wahlabläufe vorsehen. Anhand zahlreicher Beispiele lässt sich belegen, dass der Parteien-Proporz bei der Besetzung von Spitzenpositionen in den 80er Jahren reibungslos funktionierte und dabei die machtpolitischen Einflussfaktoren nach Regeln, praktiziert nach dem Gewohnheitsrecht, vergeben wurden: War z.B. der Intendant SPD-nah, wurde der nächstwichtige Posten – etwa stellvertretender Intendant oder der Programmdirektorenposten Fernsehen – mit einem Unions-Nahesteher besetzt (umgekehrt war die Parteiarithmetik ebenso stimmig). Doch davon einmal abgesehen: Welche Führungskraft (z.B. Intendant) will ihren Aufsichts-
242
Kap. 8 Konklusion
ratsmitgliedern (oder deren Beauftragten) ernsthaft verbieten, auch den direkten Draht zu der nachgeordneten Personalebene – beispielsweise zu den Mitarbeitern/Redakteuren ohne Personalverantwortung – zu suchen, um sich einen Vorgang oder einen Beitrag erklären zu lassen, den sie möglicherweise als Gremienmitglied des Programmausschusses bewerten soll? In der Hauptsache legen die positiven wie negativen Erfahrungen mit den Parteienvertretern die kontinuierlich diskutierte, bisher ergebnislose Frage offen: Sollen Staatsbänkler wie Politiker in den ö.-r. Aufsichtsgremien überhaupt mit Sitz und Stimme vertreten sein? Mit dem privaten Fernsehen entstand für die Politik ein fremdartiges Betätigungsfeld mit Problemcharakter. Würde sie analog zum ö.-r. System bei grundlegenden Programmentscheidungen ein Mitspracherecht besitzen? Und würde sie unmittelbar in Aufsichtgremien vertreten sein und könnte dann von dort aus Personalpolitik betreiben? Von direkten binnen-pluralistischen Einflussmöglichkeiten der Politik konnte keine Rede sein. Bei Nachforschungen stellt man fest, dass bei den großen Privatsendern lediglich bei RTL plus ein Programmausschuss existierte, der am 9. September 1986 eingerichtet wurde und die Aufgabe hat, „die Programmverantwortlichen, die Geschäftsführung und die Gesellschafter zu beraten und durch geeignete Vorschläge und Anregungen die Meinungsvielfalt und Pluralität mitsichern zu helfen.“748 Seine personelle Zusammensetzung orientierte sich zwar stark an den ö.r. Gremienausschüssen und berücksichtigte u.a. die im Bundestag vertretenen Parteien, Kirchen, Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaften. Tatsächlich war aber im Innenverhältnis der Einfluss bei RTL laut Thoma, dem damaligen Geschäftsführer des Senders, nicht vorhanden: „(...) bei uns fällt eines weg, das ist der unmittelbare politische Einfluss (...) diese sofortigen Rückmeldungen über die Rundfunkräte und ähnliches, das gibt es nicht.“749 Schaut man die übrige Fernsehlandschaft an, so ist beeindruckend, dass bei anderen bundesweit ausstrahlenden kommerziellen Sendern die Parteienvertreter weder mit Sitz noch mit Stimme präsent waren. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass der direkte Einfluss auf Programm oder Personal – wenn überhaupt vorhanden – geringfügig ausfiel. Kurz gesagt: Es lässt sich nicht bestätigen, dass die Unionsparteien nach dem Start kommerzieller Sender einen stärkeren Einfluss auf die Politikberichterstattung des Fernsehens ausübte. Gleichwohl können Nachrichtenmeldungen, die über Kommerzsender verbreitet werden, wahlentscheidend sein, wie eine Befragung zur Bundestagswahl 1990 zeigt:750 „(...) profitierte die SPD bei den politisch gering sensibilisierten Wählern hingegen von der aktuellen Berichterstattung des Privatsenders RTLplus.“751 Insofern wurde von den Privaten eine zentrale Bastion genommen: dass ausschließlich ö.-r. Anstalten politisches Handeln wirkungsmächtig vermitteln. Vor Ablauf der Untersuchungsdekade (ab 1988) wurde bereits deutlich, dass der Parteieneinfluss auf ö.-r. Fernsehsender und ihre Protagonisten generell nachgelassen hatte, denn mit der Zulassung privater Sender wurde der publizistische Leistungsumfang massiv vergrößert und gleichzeitig die Bedeutung einzelner Programmbestandteile relativiert; so sind z.B. die politischen Informationssendungen nicht mehr exklusiv. Andererseits mussten 748 Beschluss der Gesellschafter von RTL plus zur Gründung des Programmausschusses (PA) v. 09.09.1986, Kap. 8.1.1 In: Thoma, Helmut 1997, S. 161. 749 Thoma, Helmut 1991, S. 133. 750 „Vergleichende Wahlstudie – Bundestagswahl 1990 in West- und Ostdeutschland“. Das Projekt wurde unter Leitung von Max Kaase, Hans-Dieter Klingemann, Manfred Küchler und Franz Urban Pappi durchgeführt. Verantwortlicher Projektleiter war Rüdiger Schmitt-Beck. 751 Schmitt-Beck, Rüdiger 1989, S. 321.
Kap. 8.3 Einfluss der Unionsparteien auf die Politikberichterstattung des Fernsehens
243
alle Parteien registrieren, dass sie zur Vermittlung ihrer politischen Initiativen weiterhin und vor allem auf den ö.-r. Rundfunk angewiesen waren, da die Privaten außerhalb von Nachrichtensendungen und Wahlkampfzeiten lediglich ein geringes Interesse an einem politisch sehr interessierten Publikum zeigten (vgl. Kap. 3.4.3). Man darf bei einer Gesamtbetrachtung des Fernsehkonsums der Bundesbürger nicht vergessen, dass die politischen Magazine von ARD und ZDF im Untersuchungszeitraum 1986 bis 1989 zwischen 10 und 20 Prozent Haushaltsreichweiten (3,19 bis 6,53 Millionen Zuschauer) erzielten (vgl. Abb. 26).752 Falls mit diesen Sendungen hauptsächlich politisch interessierte Multiplikatoren erreicht wurden, was zunächst einmal unterstellt werden darf, dann erhalten die Messwerte eine machtvolle Bedeutung. Und so wundert nicht, dass gerade die Unionsparteien den Einfluss der Politmagazine zu begrenzen versuchten, weil diese nach ihrer Einschätzung mehrheitlich „linkslastige Tendenzen“ aufzeigten (vgl. Kap. 2.1.2) und trotz Privatfernsehen ihr Publikum weitgehend binden konnten. Abb. 26: Reichweiten Politischer Magazine von ARD und ZDF von 1986 bis 1989. (Zuschauer in Mio.; Durchschnittswerte für ARD-Sendungen „Panorama“, „Report“, „Monitor“, „Kontraste“ und ZDF-Sendungen „Studio 1“ und „Kennzeichen D“.)
8 6 4 2 0
1986
1987
1988
1989
ARD
6,53
6,65
5,44
5,61
ZDF
3,73
4,06
3,19
3,72
Quelle: Darschin, Wolfgang/Frank, Bernward (1990): Tendenzen im Zuschauerverhalten. In: Media Perspektiven 4/90, S. 259, Frankfurt am Main Bei der Einordnung von medienpolitischen Vorgängen im Untersuchungszeitraum lassen sich verstärkt Personalisierungstendenzen ausmachen. Augenfällig äußerten sich wenige Politiker und Fernsehrepräsentanten (Intendanten, Chefredakteure, Redaktionsleiter von Informationssendungen) öffentlich in der Zukunftsdebatte über das Fernsehen in Deutsch752 Darschin, Wolfgang/Frank, Bernward 1990, S. 259.
244
Kap. 8 Konklusion
land. Man war sozusagen „unter sich“ in einem elitären Zirkel von Medienkundigen mit und ohne Parteibuch. Aus dramaturgischer Sichtweise scheint eine Personalisierung auf einzelne Akteure erforderlich, denn wie sollten sonst Willensbildungsprozesse und komplexe medienpolitische Zusammenhänge verkürzt dargestellt werden (vgl. Kap. 1.6.4)? Zuweilen wurde dabei die eigene Popularität wichtiger genommen als das Anliegen einer Institution (einer Partei oder eines Senders); man separierte sich, um Gleichgesinnte oder Vertreter anderer Richtungen image- und machtpolitisch zu übertrumpfen. Wendet man sich der Ebene der personalpolitischen Diskussionen um Köpfe des ö.-r. Rundfunks zu, ist erkennbar, dass dort, wo seitens einer Partei öffentliche Kritik an Personen oder ihren Sendebeiträgen ausgeübt wurde, ein zeitnaher Gegendruck seitens einer anderen Partei entstanden ist. Erfahrungsgemäß führten diese Scharmützel häufig zu einem Veto, wodurch es zu einer Pattsituation zwischen den Widersachern kam und die Angelegenheiten mit der Zeit zumeist deutlich unauffälliger und öffentlichkeitsferner erörtert oder nicht mehr weitergeführt wurden. Bis dato behaupten parteiexterne Institutionen oder Personen, „in differenzierten Analysen“ den Nachweis erbracht zu haben, wie viele und welche Fernsehjournalisten eine Parteimitgliedschaft besitzen und dementsprechend Einfluss ausüben. Derartige Aussagen sind falsch und spekulativ. Zum Hintergrund: Unterlagen über Parteimitgliedschaften stehen in den Parteizentralen unter Verschluss. Nur in Einzelfällen kann qua Parteizentralregister eine Mitgliedschaft festgestellt werden, weil aus Datenschutzgründen personenbezogene Ergebnisse nicht zusammengefasst, geschweige denn an Dritte weitergegeben werden dürfen. Eine weitere Schwierigkeit der parteipolitischen Zuordnung von Personen besteht darin, dass sich Journalisten äußerst selten in der Öffentlichkeit oder gegenüber Berufskollegen als Mitglieder einer Partei outen. Entscheidend ist, dass keine seriösen Statistiken zur Parteizugehörigkeit oder parteipolitischen „Nähe“ von Medienvertretern vorliegen. Politische Einflussfaktoren auf Programm und Personal der ö.-r. Fernsehanstalten waren in der Untersuchungsdekade im Übermaß vertreten, wobei Pfetsch eine Hauptursache hierfür aufzeigt: „Die Interessen von Politikern, Parteien und politischen Institutionen werden indessen von den öffentlich-rechtlichen deutlicher als von den privaten Sendern berücksichtigt. Dies gilt auch und vor allem für die kritische Zeit des Wahlkampfes.“ 753
8.4 Meinungsvielfalt und „Free flow of information“ 8.4.1 Meinungsvielfalt/Wettbewerb der elektronischen Medien statt Rundfunkmonopol Zur These 3: Die Erwartungen von Teilen der Bevölkerung und der Politik vor der Einführung neuer Medien (des Privatfernsehens) nach mehr Meinungsvielfalt und Programmauswahl wurden umgesetzt. Anerkannte, in den 80er Jahren durchgeführte Untersuchungen über die Einstellungen der Bevölkerung zum dualen Rundfunksystem belegen, dass die Befragten über die Jahre hinweg mit steigender Tendenz einen Privatfunk wünschten (vgl. Kap. 7). Diesem Bürgeranliegen wurde entsprochen, und so stand den Fernsehzuschauern ab Mitte der 80er Jahre quantitativ betrachtet ein wesentlich reichhaltigeres Programmangebot zur Verfügung als zu der Zeit, als einzig ARD und ZDF ihre Sendungen ausstrahlten. Es handelte sich um in753 Pfetsch, Barbara 1994, S. 120.
Kap. 8.4 Meinungsvielfalt und „Free flow of information“
245
und ausländische Voll- und Spartenprogramme (letztere mit Schwerpunkten wie Nachrichten, Musik, Kultur, Kinder, Sport) ebenso wie Pay-TV- und Teleshopping-Kanäle sowie um das Lokal- und Regionalfernsehen (zumeist in Großstädten, wie Berlin, München und Dortmund). Aus der ökonomischen Existenz mannigfacher Privatsender und den Einschaltquoten der ö.-r. Konkurrenzangebote lässt sich als Wichtigstes ableiten, dass der Bundesbürger die Fernsehvielfalt angenommen hat und in die Rolle eines selbständigen Programmdirektors schlüpfte. Anhand von Zahlenmaterial der Deutschen Bundespost, der GfK-Fernsehforschung (Stand: September 1989) und eigener Recherchen dürften im Jahr 1989 durchschnittlich rund 15 TV-Programme in ein Kabelnetz eingespeist worden sein (im Kabelnetz München waren sogar 26 Programme verfügbar). Der Erfolg des dualen Fernsehens hat einen indirekten Effekt nach sich gezogen, der überrascht: Im Zuge von Akzeptanzmessungen ö.-r. und privater Angebote hat sich die Warnung von Gegnern des dualen Fernsehens vor einem stark vermehrten TV-Konsum nicht bewahrheitet (vgl. Kap. 7). Spätestens im Verlauf des Jahres 1989 wurde deutlich, dass sich neben ARD und ZDF vier bundesweit ausstrahlende private Fernsehsender etablierten (RTL plus, SAT.1, Eureka Television/PRO 7, musicbox/Tele 5) und mit den ö.-r. Hauptprogrammen in direkter Konkurrenz standen. Bei den Privatsendern waren 1989 SAT.1 und RTL plus unter Berücksichtigung ihrer Einschaltquotensituation besonders erfolgreich und beim Rating eng beieinander platziert (Marktanteile/tägliche Einschaltdauer: RTL plus 26 %, SAT.1 22 %). Beide Programme lagen zwar in der Zuschauergunst hinter denen von ARD (81 %) und ZDF (77 %), holten aber konstant an Reichweiten auf. Durch die kommerziellen Zuwächse büßte das ö.-r. Fernsehen seine Wirkungsmacht als alleiniger massenmedialer Informant der Öffentlichkeit ein, nachdem sich das Publikum in zahlreiche Interessensvereinigungen spaltete. Die Gefahren ideologischer Einstellungen und ihr Einfluss auf das Wahlverhalten, die von dem ö.-r. Rundfunksystem ausgehen könnten, waren fortan eingeschränkt.754 Einer unterschiedlichen Betrachtung bedarf es bei der Einschätzung hinsichtlich des Qualitätsanspruchs an die neuen in- und ausländischen Programmangebote, zu denen auch die ö.-r. Kulturangebote und Dritten Programme zählen. Nach Wertungskategorien eingeteilt, hatte der Fernsehzuschauer die freie Wahl zwischen Angeboten „minderer“, „durchschnittlicher“ und „anspruchsvoller“ Qualität (was die inhaltlichen, künstlerischgestalterischen, redaktionellen, kulturellen und technischen Eigenschaften betrifft, wobei hier jedem Betrachter ein eigener Standpunkt zuzugestehen ist). Dass darunter auch „leicht Konsumierbares“, „drittklassige Ware“ oder zeitweise ein „Überangebot an Fictionangeboten“ anzutreffen war, mag keinen Zuschauer oder gar die Politik wirklich verwundert haben. Im Grunde entspricht dieser pluralistische Ansatz dem Wesen einer in allen gesellschaftlichen Bereichen vielfältig aktiven Demokratie, die sich je nach Gusto der „audiovisuellen Supermarktofferten“ bedient. Rekapitulierend hat in den 80er Jahren die starke Thematisierung von Vorfällen „politisch einseitiger ö.-r. Rundfunkberichterstattung“ in der Presse zu einem erheblichen Teil dazu beigetragen, dass die Bevölkerung diesen „Missstand“ registrierte und den Anspruch auf Meinungsvielfalt artikulierte. Hinsichtlich des quantitativen Informationsangebotes 754 Gegenstand der Untersuchung waren nicht die Spartenprogramme sowie die Lokal- und Regionalfernsehsender, die zumeist nur über begrenzte technische Reichweiten verfügten. Insgesamt betrachtet konnten diese speziellen Angebote Ende der 80er Jahre noch nicht die erhoffte Akzeptanz und somit einen kommerziellen Erfolg verbuchen.
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Kap. 8 Konklusion
über politische Vorgänge ist jedoch nach der Einführung des dualen Systems ein Defizit festzustellen, da die Privaten der politischen Berichterstattung generell nur eine beschränkte Sendezeit innerhalb des Gesamtprogramms einräumten (mit Ausnahmen im direkten Umfeld von Wahlen auf Landes- und Bundesebene) und die Öffentlich-Rechtlichen ihre diesbezüglichen Angebote reduziert hatten: „Seit sich in unserem Lande die Fernsehprogramme vermehren, nehmen kritische Analysen, große Interviews und Langzeitbeobachtungen jedoch stetig ab. Dagegen drängen sich in aktuellen Sendungen Momentaufnahmen von schnellen Begegnungen mit hastigem Frage- und Antwortspiel.“755 Andererseits zeigten Studien, dass die privaten Fernsehangebote in gut der Hälfte ihrer politischen Nachrichtenmeldungen einen Bezug zum politischen System der Bundesrepublik Deutschland herstellten, auch wenn ARD und ZDF wesentlich stärker innenpolitische Themen reflektieren.756 Dass durch den Erfolg des Privatfernsehens der Stellenwert politischer Informationen im Gesamtprogramm erhöht wurde, kann anhand diverser Befunde nicht bestätigt werden757, denn bei den kommerziellen Anbietern dominierte das Unterhaltungsangebot. Insgesamt besaßen und besitzen die ö.-r. Anstalten eine nach wie vor weit reichende Machtstellung bei Themen der „Politikvermittlung“, denn die Begleitforschung zu den Kabelpilotprojekten und die Realität der Alltagsberichterstattung zeigen, dass die ö.-r. Informationssendungen den Politikern mehr Sendezeit zur Präsentation von Statements, Redeausschnitten usw. einräumen als die private Konkurrenz.758 Bei den Konkurrenzsystemen war insbesondere zwischen 1987 und Ende 1989 ein starker kommerzieller Wirtschaftskampf um Werbekunden, um hochattraktive Programminhalte (wie z.B. Erwerb von Fußball- und „Wimbledon“-Tennis-Übertragungsrechten), aber auch um populäre Moderatoren festzustellen. Dieses marktwirtschaftliche Handeln entsprang dem Wissen, dass beide Systeme speziell auf Werbeeinnahmen angewiesen sind, die sich wiederum unmittelbar aus der Akzeptanz eines Senders, dessen Programmen und Präsentatoren ableiten. Hierbei ergab sich eine kritikwürdige Sonderrolle, die die Kirch-Gruppe als Hauptlieferant von Filmen für SAT.1 und Pro Sieben (an beiden Sendern war die KirchFamilie maßgeblich beteiligt), aber auch als Fiction-Händler bei den ö.-r. Sendern einnahm und dabei über die Jahre Geschäfte abschloss, die im Milliardenbereich anzusiedeln waren. Diese Vormachtstellung der Kirch-Gruppe, die auf Lizenzrechten von schätzungsweise 15.000 Filmen und 50.000 Stunden Fernsehsendungen basierte, war grundsätzlich nur denkbar gewesen, weil politische Rückendeckung aus Unionskreisen gewährt wurde. Die Verflechtung des Wettbewerbs der elektronischen Systeme und deren ökonomische Rahmenbedingungen lenken den Blick auf die steueradäquaten Zwangsabgaben zur Finanzierung des ö.-r. Rundfunks, die eine zunehmende Bedeutung sowohl für die Gebührenzahler (als Fernsehzuschauer/ Radiohörer) wie auch für die Politik hatten. Schon vor dem Aufkommen des Privatfunks musste der ö.-r. Rundfunk um jede Gebührenerhöhung ringen und sich konstant seiner herausgehobenen aus dem Grundversorgungsauftrag abgeleiteten Stellung als würdig erweisen und dementsprechende Nachweise erbringen, wollte er seine Legitimität nicht verlieren.759 Thematisch einbezogen in die Rechtmäßigkeitsdiskussion wurde auch ein
755 756 757 758 759
Abich, Hans 1993, S. 34. Vgl. Landesregierung Nordrhein-Westfalen 1989, S. 332. Vgl. auch Schatz, Heribert/Immer, Nikolaus et al. 1989, S. 425. Vgl. Faul, Erwin 1988, S. 163-172; Pfetsch, Barbara 1991, S. 91-93. Offen ist nach wie vor in der politischen Erörterung, ob sich die ö.-r. Rundfunkgebühr am britischen Modell, also am Preisindex, orientieren und das ö.-r. System gänzlich auf Werbung verzichten soll.
Kap. 8.4 Meinungsvielfalt und „Free flow of information“
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absorbierter Effekt des dualen Wettbewerbs: dass die früheren Monopolanstalten ihre Überbürokratien, wie es KEF und Politik mehrfach gerügt hatten, mittelfristig abbauen. Im Gegensatz zur sozialdemokratischen Vermutung, dass es zu einer vorherrschenden Meinungsmacht beim Privatfernsehen kommen könne, ist diese nicht erkennbar. Somit wurde der Forderung des BVerfG nach einem möglichst hohen Maß „gleichgewichtiger Vielfalt im privaten Rundfunk“ entsprochen (vgl. BVerfGE 74, S. 325 ff., 1987). 8.4.2 „Free flow of information“ als Netzwerk grenzüberschreitenden Informationsaustauschs Das Zusammenwirken der Faktoren „länderübergreifender Rundfunk innerhalb der Bundesrepublik Deutschland“ und „grenzüberschreitender Rundfunk auf europäischer Ebene“ veränderte die Sendervielfalt in Deutschland nachhaltig. Dabei musste das nationale Fernsehrecht den EG-einheitlichen medienpolitischen Bestimmungen angepasst werden. Auch stand die rundfunkpolitische Vereinigung mit der DDR vor einer Bewährungsprobe, nachdem seit dem 9. November 1989 die Grenzübergänge geöffnet waren und der DDRRundfunk staatsfern organisiert werden sollte (einschließlich dualem System). Obwohl der Politik seit Mitte der 80er Jahre das Problem bekannt war, dass eine europäische Rundfunkordnung entweder als „Dienstleistung“ oder als „Kulturgut“ definiert werden musste, entstanden in Europa zwei medienpolitisch unterschiedliche Regelungswerke: die Rundfunkrichtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ der Europäischen Gemeinschaft und das „Europäische Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen“ (Europarat). Während die Richtlinie von einem ökonomischem Binnenmarkt ausgeht und hierbei Rundfunk als Dienstleistung in Auslegung des EWG-Vertrages definiert, da „die Sendung von Mitteilungen, einschließlich Werbeinformationen (...) normalerweise gegen Entgelt erbracht wird (...)“, berücksichtigt der Europarat im Wesentlichen die kulturelle Identität der Staaten. Am 3. Oktober 1989 wurde nach fünfjährigen Beratungen die längst überfällige EGRundfunkrichtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ (FsRi) vom Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft für die zwölf EG-Mitgliedstaaten erlassen (das Grünbuch über den Gemeinsamen Rundfunkmarkt stammte aus 1984), die nach weiteren Änderungen am 1. April 2000 in deutsches Recht umgesetzt wurde. Die Regelungen „zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit“ befassen sich, wie bereits dargestellt (vgl. u.a. Kap. 1.5.5), mit der Förderung von Fernsehprogrammen (z.B. mindestens 60-Prozentquote für europäische Produktionen innerhalb der Sendezeit), dem Schutz von Kindern und Jugendlichen, der Rundfunkwerbung und dem Sponsoring, dem Recht auf Gegendarstellung und urheberrechtlichen Aspekten. Zugespitzt formuliert stimmten die Widersacher der Rundfunkrichtlinie (wie Deutschland) dieser lediglich in einem Punkt zu. Beim „free flow of information“ zur Integration Europas sahen sich die deutschen Volksparteien in Übereinstimmung mit der „Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten“ (EMRK, 1950), den „Römischen Verträgen“ (1957), der „KSZE-Schlussakte“ von Helsinki (1975) und der „Mediendeklaration der UNESCO“ (1978), die den freien Fluss der Informationen als Voraussetzung für die Freiheit von Staatengemeinschaften zugrunde legten. Ansonsten lehnte die bundesdeutsche Politik, aber auch die ö.-r. Rundfunkanstalten die Europäische Gemeinschaft als Gesetzgebungsinstanz dieser Richtlinie generell ab, da sie keine kultur- und damit
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Kap. 8 Konklusion
rundfunkpolitische Kompetenz besäße. Und zudem: Die Richtlinie würde in keiner Weise der gesellschaftspolitischen Bedeutung des Rundfunks gerecht; dieser dürfe nicht zu einem reinen Dienstleistungs- und Wirtschaftsfaktor herabgestuft werden. Den Schluss bildete die Sorge, dass die Richtlinie eine totale Kommerzialisierung des Fernsehens herbeiführen und die EG mittel- oder langfristig ein „medienpolitisches Gesamtkonzept“ erlassen würde. In einem „Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen“ (FsÜ) hatte der Ministerausschuss des Europarats bereits am 15. März 1989 vergleichbare Inhalte zur EG-Richtlinie verabschiedet, u.a. zur Programmgestaltung und Fernsehwerbung. Wichtig war für die 23 Mitgliedstaaten des Europarates jedoch, dass die Harmonisierungsbestimmungen insgesamt unverbindlicher als beim FsRi aufgestellt wurden (mit Änderungen ist das FsÜ seit 2002 in Kraft) und dass „die künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten und das Erbe sowie die kulturelle Vielfalt Europas“ (Art. 10) anerkannt und durch die Unterzeichnerstaaten gefördert werden sollen. Die wichtigsten Regelungen befassen sich mit dem Anteil von Werbung in den TVProgrammen (u.a. Begrenzung auf 15% der täglichen Sendezeit), dem Jugendschutz (Deutschland hatte bereits gesetzliche Vorkehrungen getroffen760), Urheberrecht, Recht auf Gegendarstellung und dem Anteil europäischer Produktionen am Gesamtprogramm. Bei der letztgenannten Regelung wird deutlich, dass die Gemeinschaft die kulturelle Vielfalt Europas durch die importierten Programme – etwa aus den USA – stark gefährdet sah und deshalb festschrieb, „dass mehr als die Hälfte ihrer Sendezeit (...) europäischen Produktionen vorbehalten“ sein sollten. Mit der Umsetzung der EG-Richtlinie ist die gemeinsam vorgetragene Position von CDU/CSU und SPD nicht aufgegangen, dass auch ein grenzüberschreitender Rundfunk deutscher Herkunft als ein zu schützendes Kulturgut in der nationalen Zuständigkeit Deutschlands verbleibt (vgl. Kap. 1.5 und 3.2.1/Berichtsjahr 1989/Europäische Medienpolitik). Vielmehr ist Deutschland als Mitglied des Europarates und der Europäischen Gemeinschaft beim Fernsehrecht in doppelter Weise deren Regelungen verpflichtet, wobei der Europarat keine unmittelbare Rechtsetzungskompetenz besitzt. Insofern ist die EGRichtlinie innerhalb des EWG-Geltungsbereichs höher einzustufen. Auf dem Weg zur Kommunikationsgesellschaft konnten Ende der 80er Jahre Dutzende von Fernsehprogrammen überall in Europa mit Satellitenschüsseln empfangen werden; die Verbreitungszonen von TV-Satelliten wie ASTRA, TV-Sat oder EUROPESAT überschritten weiträumig nationale Grenzen (hinzu kamen Kabel und terrestrische Frequenzen in den einzelnen Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft). Allein die Bundespost übertrug auf dem Satelliten „Kopernikus“761 die Programme von Eins plus (ARD), 3SAT (ZDF mit Österreichischem und Schweizer Rundfunk), Dritte öffentlich-rechtliche Fernsehprogramme (wie Bayern 3, West 3) und die privaten Sender RTL plus, SAT.1, Pro Sieben, Tele 5 und Premiere (neben privaten Hörfunkprogramme in digitaler Tonqualität). Parallel konnten die Fernsehzuschauer über den deutschen Rundfunksatelliten „TV SAT 2“762 RTL plus, SAT.1, Eins plus und 3SAT empfangen. „ASTRA“ strahlte zunächst die Programme von RTL plus, SAT 1, PRO 7 und das Pay TV-Angebot von „Teleclub“ aus. 760 U.a. verabschiedete die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) am 26.09.1989 eine gemeinsame Jugendschutzrichtlinie, die am 19.12.1989 in Kraft trat. 761 Inbetriebnahme des ersten deutschen Fernmeldesatelliten „DFS 1 Kopernikus“ am 25.08.1989 (Start war am 06.06.1989). 762 „TV-SAT 2“ wurde am 08.08.1989 in den Weltraum befördert.
Kap. 8.5 Kontrollaufsicht als künftige Aufgabe einer Regulierung: Medienrat auf Bundesebene
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8.5 Kontrollaufsicht als künftige Aufgabe einer Regulierung: Medienrat auf Bundesebene 8.5 Kontrollaufsicht als künftige Aufgabe einer Regulierung: Medienrat auf Bundesebene Zur These 4: Die vorliegende Studie wird einen Beitrag zur Debatte um die Kontrollaufsicht der Rundfunklandschaft leisten. Zur Ausgangssituation: Aufgrund der Vielzahl nationaler und internationaler Rundfunkveranstaltungen, die in Deutschland empfangen werden können (annähernd 200 TVProgramme; Ende 2004 waren allein 123 kommerzielle Fernsehveranstalter mit 157 Programmen auf Sendung763), gestaltet sich die Überschaubarkeit der ihr zuzuordnenden Kontrollgremien sowie Ansprechpartner zunehmend schwierig und mündet für den Bürger weder in eine zeitgemäße noch als Institution greifbare Praktibilitätsformel.764 Trotz Wissen um sein Vorrecht, als Gebührenzahler (ö.-r. Rundfunk) und Empfänger von Werbebotschaften (Privatfunk) z.B. im Anschluss an ausgestrahlte Sendebeiträge zustimmende bzw. ablehnende Kritik äußern zu können, kann er dieses Votum im Alltag nicht mehr transparent, unkompliziert und letztlich effektiv anwenden. Dies gilt auch für den Fall, dass Zuschauer rechtliche Verstöße bei Fernsehveranstaltungen (wie Jugendschutz, Namens-, Bildnis- und Persönlichkeitsrecht) anzeigen wollen. Hinzu kommt, dass über Rundfunksatelliten verbreitete Programme (Fernsehen und Hörfunk) keinerlei medienrechtlichen Beschränkungen in einem Empfängerland unterliegen. Hat man hier übersehen, dass Programmfragen häufig kompliziert zu entscheiden sind und gerade deshalb einfacher Kommunikationswege bedürfen? An welche staatliche, ö.-r., private nationale oder internationale Adresse soll sich die Öffentlichkeit bei Rundfunkangelegenheiten wenden, wenn z.B. 3Sat einen schweizerischen Film mit rassistischen Inhalten ausstrahlt (ist dann die Partneranstalt Schweizer Fernsehen, das ZDF oder gar eine Schweizer Behörde verantwortlich?), EuroSport gewaltverherrlichende Kampfszenen im Nachmittagsprogramm zeigt (und die deutsche Niederlassung den Beschwerdeführer an die französische Muttergesellschaft verweist, dieser aber der französischen Sprache nicht mächtig ist) oder ein regionales Fensterprogramm pornographische Sequenzen nachmittags bei einem landesweit verbreiteten Sender überträgt (muss die Kritik beim Regionalprogramm oder beim Landessender vorgetragen werden?)? Und woher soll ein Zuschauer wissen, in welchen deutschen Ländern die Aufsichtsbehörden der Fernsehsender sitzen, zumal hier Zulassungsort und Standort nicht immer übereinstimmen (z.B. sitzt RTL in Köln/NRW, die zuständige Aufsichtsbehörde aber in Hannover/Niedersachsen; SAT.1 hat seinen Firmensitz in München, die Aufsichtbehörde ist in Ludwigshafen/Rheinland-Pfalz angesiedelt)? Gehen wir noch einen medienpolitischen Schritt weiter und denken an ausländische Investoren: Wollen wir ernsthaft von den Bundesbürgern verlangen, dass sie mit
763 Darunter fielen laut Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland (ALM): 10 bundesweit werbefinanzierte Vollprogramme, 15 bundesweite Free-TV-Spartenprogramme, 4 bundesweite Fensterprogramme, 39 Pay-TV-Programme, 5 Teleshopping-Kanäle, 22 landesweite Programme und 62 lokale Fernsehprogramme (s.u. www.alm.de, Zugriff: 12.06.2006). Im Oktober 2007 meldet die ALM bereits 459 TV-Programme und TV-Veranstalter. 764 Neue Übertragungswege für Fernsehprogramme wie Handys und Internet erschweren neben den prognostizierten tausenden von Fernsehprogramme, die per Telefonkabel empfangbar sein sollen (mit der sog. „SetTop-Box“), jede Übersichtlichkeit im elektronischen Massenmedien-dschungel. Hier stellt sich die Frage, inwieweit die gegenwärtigen Aufsichtsorgane überhaupt technisch für eine Kontrolle alternativ übermittelter Fernsehinhalte ausgerüstet sind.
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Kap. 8 Konklusion
Global Playern wie „Google“, „Windows“ oder ausländischen Kabel- und Telekommunikationsgesellschaften über Programmanliegen sprechen, die per Internet-TV verbreitet werden? Zu schwach ausgeprägt erweist sich die Rückkoppelung zwischen den Konsumenten und den Sendeanstalten, wobei Kritik häufig genug als lästige Minderheitenmeinung empfunden wird, wenn sie qua „Zuschauerredaktion“ eines Senders bzw. auf direktem Weg eine Redaktion erreicht. Aber gibt es da nicht noch ein weiteres Dilemma? Welche Redaktion zeigt sich schon bei ihren Aufsichtsgremien oder Vorgesetzten selbst an, gegen die Programmrichtlinien verstoßen zu haben, und begibt sich damit in eine interne Konfliktsituation? Wendet sich dagegen ein Petent direkt an die Institution „Rundfunkrat“ eines ö.-r. Senders, so entscheidet dessen Vorsitzender allein darüber, ob die Kritik überhaupt berechtigt ist (also: wird der Programmauftrag verletzt?), ob er auf die Beschwerde persönlich antworten will oder ob sie im Programmausschuss des Rundfunkrates behandelt werden soll. Somit liegt die Verantwortung im persönlichen Ermessen des Vorsitzenden eines Rundfunkrates, der im übrigen einer gesellschaftlich relevanten Gruppe angehört, die ihn in das Gremium entsandt hat. Eine andere Erfahrung: Wofür benötigt Deutschland allein im Bereich Privatfunk 15 dezentrale föderal angelegte Landesmedienanstalten als Aufsichtsbehörden mit rd. 440 Mitarbeitern (einschließlich Mitarbeiter in den Offenen Kanälen)765? Bei allen Neuerungen scheinen machtpolitische Interessen der Länder, Parteien und Sender im Sinne einer Besitzstandswahrung stärkeren Einfluss auf das rundfunkinstitutionelle Gemeinwesen zu besitzen, als es der Souveränitätsanspruch des Volkes bewirken könnte. Was sollte verändert werden? Im Mittelpunkt der Kontrollaufsicht sollte zukünftig ein neu zu schaffendes Regulierungsinstrument „Medienrat“ auf Bundesebene stehen, rechtlich gestützt auf einen Medienstaatsvertrag. Der Medienrat könnte die rundfunkgesellschaftlichen Bedürfnisse zusammenführen, Anfragen und Petitionen auswerten und diese gegenüber in- und ausländischen Rundfunkveranstaltern in sachverständlicher Weise (als Syndikus des Volkes) konzentriert vortragen. Im Gesamtergebnis könnten zahlreiche Aufsichtsbehörden des privaten und ö.-r. Rundfunks aufgelöst oder in reduziertem Umfang zusammengelegt werden, deren Gestaltungskraft auf Länderebene sowieso natürliche, z.B. politische Grenzen gezogen werden. So ist etwa davon auszugehen, dass bei Beschwerden oder Verstößen ein in der Region angesiedelter Sender von einem örtlich nahestehenden, standortpolitisch ausgerichteten „Verwalter“ toleranter behandelt wird als wenn ein weitgehend unabhängige Einrichtung des Bundes einschreitet. Hinzu kommt, dass eine nationale Einrichtung, in der die Länder vertreten sind, eine wesentlich stärkere Position gegenüber der Europäischen Gemeinschaft einnehmen könnte als in Länder- und Bundesinteressen gespaltene Einzeleinrichtungen. Auch vor diesem Hintergrund ist der gegenwärtige Ansatz der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM), Beschwerden an die jeweils zuständige Landesmedienanstalt bzw. den entsprechenden ö.-r. Sender lediglich weiterzuleiten, nicht ausreichend. Oder noch einfacher: Es sollte zentral beaufsichtigt, berechtigte Kritik umgehend und direkt abgestellt sowie bürokratische Hemmnisse und Instanzen reduziert werden. Ein Blick ins Ausland genügt, um festzustellen, dass entsprechende nationale Regulierungsinstrumente unterschiedlicher Ausprägung in verschiedenen Ländern bereits existieren: das „Office of Communication“ in Großbritannien, die „Bundesanstalt für Kommunikation“ in der Schweiz und „The Federal Communications Commission“ in den USA. Erst 765 Lt. Jahrbuch der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten 2005.
Kap. 8.6 Beweisführung für eine Theorie „Follow the party in power“
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als die deutsche Politik ab Mitte der 90er Jahre bei der Beurteilung von Marktkonzentrationsbewegungen im Fernsehbereich hilflos agierte und die Landesmedienanstalten bei dieser Aufgabe überfordert waren, wurde ein erster Ansatz in Richtung Medienrat unternommen: Bei der Überprüfung möglicher ökonomischer Verflechtungen und vorherrschender Meinungsmacht bei der bundesweiten Veranstaltung von Fernsehprogrammen (sog. Monopolbildung) wurde Vorsorge getroffen und die „Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich“ (KEK), auf der Grundlage der Bestimmungen des 3. Rundfunkänderungsstaatsvertrages, am 15. Mai 1997 eingerichtet. Die Aufgabe der KEK in Potsdam ist es, die Einhaltung der Bestimmungen zur Sicherung der Meinungsvielfalt im Fernsehen zu überprüfen und als Beschlussorgan und Vermittlungsinstanz für alle Landesmedienanstalten die erforderlichen Entscheidungen zu treffen. Ähnliches gilt jedoch nicht bei einer Konzentrationsabwehr für den Hörfunkbereich, und so muss eine Regulierungsfunktion versagen, weil die Kontrollaufsicht einer Medienanstalt an ihrer Landesgrenze endet, aber einheitliche Mantelprogramme über Grenzen hinweg gerade für Lokal- und Regionalsender angeliefert werden. Wenn es der Wille des Gesetzgebers gewesen ist, die Öffentlichkeit als reflektierendes Steuerungselement rundfunk-schöpferischer Sendungen einzusetzen, das sich nicht nur aus dem Interpretieren von Einschaltquoten ableitet, dann sollte die Public-Opinion-Institution „Medienrat“ etabliert werden, um damit dem Anspruch nach ausreichender gesellschaftlicher Transparenz gerecht zu werden. Bei bedeutenden wirtschaftlichen Tätigkeitsbereichen in innovativen Märkten hat die Politik das Erfordernis ordnungsgemäßer Steuerungseinrichtungen bereits erkannt, wichtige Verbraucherrechte zu überwachen und falls erforderlich rechtlich zu ordnen. Bewährt hat sich hier als zeitgerechte, obere Regulierungsbehörde die „Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen“, die die Aufsicht über den Wettbewerb (Aufrechterhaltung und Förderung) übernommen hat. Zwar hat sie andere Aufgaben (z. B. Preis- oder Produktgenehmigungen) als ein „Medienrat“, doch auch im Rundfunkwesen muss der Wettbewerb unter gleichen Voraussetzungen ausgetragen und gefördert werden. So sind z.B. die privaten wie ö.-r. Anstalten auf leitungs- oder netzgebundene Übertragungswege des Fernmeldewesens angewiesen und auf Rechtsgrundlagen (z.B. Rundfunkstaatsvertrag, Landesmediengesetze, ARD- bzw. ZDF-Staatsvertrag, Jugendmedienschutzstaatsvertrag, Mediendienstestaatsvertrag), deren Einhaltungsüberwachung einer zentralen Einrichtung bedarf.
8.6 Beweisführung für eine Theorie „Follow the party in power“ Zur These 5: Im Zuge der Analyse des Untersuchungsgegenstandes wird eine neue Theorie „Follow the party in power“ aufgestellt. Die Theorie basiert darauf, dass diejenige Partei, die auf Bundesebene Regierungsmacht ausübt, den medienpolitischen Gestaltungsprozess vorausbestimmt, obwohl die Länder, geschützt durch Verfassungsrecht, die Zuständigkeit für Rechtsfragen im Rundfunkbereich innehaben. Die Regelungszuständigkeit des Bundes beschränkt sich auf den fernmeldetechnischen Bereich und die Rundfunkanstalt des Bundesrechts (Deutsche Welle) sowie auf die Körperschaft des öffentlichen Rechts „Deutschland-Radio“. In allen Lebensbereichen mutiert heute technischer Fortschritt zu einem marktwirtschaftlichen Selbstläufer und originären Machtfaktor, der dynamische Bewegungselemente
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Kap. 8 Konklusion
innerhalb einer Wertschöpfungskette freisetzt und die Politik sowie andere Branchen – wie z.B. das Fernsehen – zwingt, unabdingbare Realitäten über kurz oder lang anzuerkennen. In perspektivischer Erkenntnis bezweifeln deshalb Pragmatiker nicht, ob eine zweckdienliche Innovation überhaupt gebraucht wird, sondern fragen vielmehr, auf welche Weise der „entstandene Wert“ zum Einsatz kommen soll und wie die Neuerung zu finanzieren ist, damit daraus ein Profit entstehen kann. Genau darum geht es: Im niemals endenden technologiegestützten Erneuerungsprozess sind gerade Branchen wie das Fernsehen abhängig von Anwendungssystemen mit Hardware-, Software- und Rechnerkomponenten kommunikationsausgerichteter Industriezweige wie z.B. der Branchen Informationstechnik, Telekommunikation und Unterhaltungselektronik. Konkret bedeutet dies, dass das politische System – im vorliegenden Fall eine Bundesregierung – aus der Position des Entscheiders heraus in seiner Eigenschaft als höchste Instanz länderinteressenübergreifender global agierender „Verwalter“ der Staatsgewalt (das Bundesvolk ist sein Träger) und kapitalkräftigster Investor technologische Entwicklungen steuern kann, indem es diese beschleunigt bzw. verzögert.766 Schwarz-Schilling beschreibt den Verlauf derartiger politischer Prozesse, als er den Wettlauf der Länder, sich für oder gegen den Privatfunk auszusprechen, mitgestaltete: „Die Bundespost konnte, sagen wir, die Investitionen etwas abbremsen und reduzieren dort, wo man die Programmeinspeisung nicht zuließ (...).“767 Was hier für den ehemaligen Bundespostminister feststand – dass „the party in power“ Vorhaben in die gewünschte Richtung lenken kann –, wusste auch Glotz, der diametral entgegengesetzte medienpolitische Interessen verfolgte. Dafür spricht, dass der damalige SPD-Bundesgeschäftsführer zu ermitteln versuchte, „wie man die DBP [Deutsche Bundespost] zu Investitionen bringen kann, die kommerzielles Fernsehen verhindern.“768 Im Wesentlichen gingen beide Spitzenpolitiker von dem Faktum aus, dass eine von einer oder mehreren Parteien geführte Bundesregierung rundfunkpolitische Projekte, auch die der Länder, fördern bzw. konterkarieren kann, indem sie z.B. über technologiegestützte Aufträge oder „Verbote“ an die Bundespost Realitäten für oder gegen ein reichweitenabhängiges Privatfernsehen schafft. Flankierend zu den Steuerungsmaßnahmen wurden die Länder unter Zugzwang gesetzt und es konnten politische „Marschrichtungen“ durch die Verkündung von Regierungsprojekten publik gemacht werden (z.B. „Vorstellungen des Bundes für eine Medienordnung der Zukunft“ vom 13. März 1985 oder „Regierungsprogramm zur Verbesserung der Rahmenbedingungen des privaten Rundfunkmarktes“ vom 25. Juni 1986). Wie bundespolitisch gesteuerte Lenkungsprozesse Anfang der 80er Jahre funktionierten, zeigt ein Beispiel: Zunächst verhinderte 1979 die SPD-dominierte Bundesregierung eine frühzeitige Entstehung des Privatfernsehens, indem sie einen Plan der Bundespost zur Breitbandverkabelung von 11 Städten mit Empfangsmöglichkeiten von 12 Fernsehprogrammen stoppte. Dadurch schrieb sie bis zur politischen Wende im Oktober 1982 die Struktur des nationalen Rundfunkwesens fest (ohne Kabel konnte keine vielfältigere Fernsehwelt entstehen). Nach dem Regierungswechsel waren die Unionsparteien medienpolitisch am Zuge und setzten ihren Masterplan, in Deutschland ein duales Rundfunksystem 766 In den Jahren 1980 bis 1989 investierte die Deutsche Bundespost über 9 Mrd. DM in die Breitbandverkabelung (Quelle: Deutsche Bundespost). 767 Schwarz-Schilling, Christian 2002, S. 191. 768 Glotz, Peter. In: Protokoll der Sitzung der Kommission Medienfragen beim SPD-Parteivorstand am 30.10.1980, Bonn, S. 6.
Kap. 8.6 Beweisführung für eine Theorie „Follow the party in power“
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einzuführen, um (insbesondere durch die flächendeckende Verkabelung der Bundesrepublik). Mit diesen politisch und rechtlich umstrittenen Entscheidungen wurden durch die jeweiligen Bundesregierungen bzw. Bundespostminister fernmelde- und medienpolitische Tatsachen geschaffen, die den Ländern (trotz Regelungshoheit des Rundfunkrechts) und auch den politischen Gegnern vorgaben, hier die Macht und Autorität des Bundes anzuerkennen. Dieser Befund deckt sich mit der programmatischen Aussage der CSU aus dem Sommer 1981, in der die SPD-geführte Bundesregierung zur Ordnung gerufen wird, dass die vom Bund betriebenen technischen Einrichtungen und Tätigkeiten zur Sendung und zum Empfang, z.B. von Fernsehsignalen, lediglich dienende Funktionen erbringen dürften: „Mit Nachdruck weist die CSU alle Versuche der Bundesregierung zurück, durch missbräuchlichen Einsatz des Fernmeldemonopols der Bundespost technischen Fortschritt zu blockieren oder gar eigene medienideologische Vorstellungen durchzusetzen.“769 Für die Beweisführung meiner Theorie „Follow the party in power“ spricht ebenfalls, dass: 1.
2.
3. 4.
5.
nicht die Länder deutsche, europäische bzw. außereuropäische Satellitenkanäle oder eigene Satellitensysteme für Rundfunkzwecke bestellten, sondern die jeweilige Bundesregierung (es bestand kein Mitwirkungsrecht der Länder, sie wurden über die in Betracht kommenden Entwicklungen lediglich unterrichtet). So ergab sich in der Konsequenz aus Satellitenkapazitätsbestellungen unausweichlich ein Verhandlungsbedarf (durch die Länder), über die Zuordnung von Kanälen an Sendeanstalten zu entscheiden. Allein schon aufgrund der bestellten „Überkapazitäten“ (hauptsächlich infolge des Fernmeldesatellitensystems Kopernikus) und hohen Mietkosten konnten in den 80er Jahren die Kanäle nicht ausschließlich an ö.-r. Betreiber vergeben werden; ein privatkommerzielles Engagement wurde politisch vorprogrammiert. mit der durch die unionsgeführte Bundesregierung initiierten Verkabelungspolitik das Interesse der Bevölkerung für private Rundfunkveranstaltungen erheblich geweckt und damit indirekt die politischen Weichen für eine duale Mediengesetzgebung (durch die Länder) gestellt wurden. Ganz einfach: Dem Willen des Volkes mussten sich letztlich die Gegner des Kommerzfernsehens beugen. es für machtvolle Entscheidungsträger wie Börner, Klimmt und Weirich feststand, dass das Fernmeldewesen als Instrument der Medienpolitik eingesetzt wurde. (vgl. Kap. 5.5). anhand von Protokollen der Bundesmedienkommissionen der Volksparteien festgestellt werden kann, dass zwar Länderinteressen Gegenstand von Beratungen waren, aber im Kern bundesweit abgestimmte Positionen verabschiedet wurden, die mit den jeweiligen Vorgehensweisen der Bundesregierung übereinstimmten (soweit beide Seiten das gleiche Parteibuch besaßen). Die Länder ordneten sich im Allgemeinen den Interessen „ihrer“ Bundesregierung und bundespolitischen Entscheidungen ihrer Volkspartei unter. sich überwiegend Bundespolitiker als Schrittmacher medienpolitischer Gestaltungsprozesse auszeichneten (z.B. Schwarz-Schilling, Glotz, Weirich) oder solche Landespolitiker (z.B. Börner als Vorsitzender der SPD-Kommission Medienfragen), die eine bundeseinheitlich abgestimmte Strategie mit dem parteiverbundenen Bundeskanzler (z.B. Schmidt) suchten (vgl. Kap. 2.1.1).
769 CSU81: Herausforderung und Antwort – Kraftvoll für die Zukunft, Pkt. 9, München, S.2.
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Kap. 8 Konklusion
8.7 Entwicklung der Rundfunk- und Kabelkommunikationstechnologien (Stand und Erwartungen) Bei aller Begeisterung für innovative Informations- und Kommunikationstechnologien gilt es zu bedenken, dass mit jeder Anwendung technikgestützter Forschungsergebnisse zunächst schwer abschätzbare Veränderungen erfolgen, die insbesondere das soziale Verhalten von Menschen beeinflussen. Gerade mit weltweit einsetzbaren Satellitenübertragungen von TV-Programmen erfolgen Wirkungen in Raum und Zeit, die unser Bewusstsein sowohl im Alltag wie auch in der Berufswelt verändern. Beim Empfang von über Satellit verbreiteten Fernseh- und Hörfunkprogrammen ist medien- und fernmelderechtlich gesehen zwischen den Übertragungssystemen „Rundfunk“- und „Fernmeldesatelliten“ zu unterscheiden. Während der Empfang von über Rundfunksatelliten abgestrahlten Programmen international für die Allgemeinheit garantiert wird (z.B. in Deutschland durch Art. 5 GG), werden die über Fernmeldesatelliten verbreiteten Programme individuell z.B. in Breitbandkabelnetze eingespeist (der Konsumentenkreis wird insbesondere zur Wahrung der Urheberrechte durch den Programmveranstalter begrenzt, z.B. beim Empfang von Pay-TVProgrammen). Man muss sich vergegenwärtigen, dass einerseits ohne moderne Technologien eine Globalisierung der Kommunikation und damit eine Wettbewerbsfähigkeit auf internationalen Märkten unmöglich erscheint. Volkswirtschaftlich betrachtet ist Deutschland als führendes Exportland auf die Informations-, Kommunikations- und Vertriebswege erdumfassender Technologien angewiesen. Andererseits könnten im Zuge des „free flow of technologies“ z.B. unkontrollierbare audiovisuelle Machtsysteme entstehen, die möglicherweise in negativer Absicht unsere Fernsehwelten weltumfassend vereinheitlichen wollen. Gerade aufgrund kritischer Anhaltspunkte (z.B. Kabelanschluss contra Satellitenempfang) war Deutschland in den 80er Jahren nicht leichtgläubig gegenüber einem rundfunktechnischen Fortschritt, sondern wurde seiner gesellschaftspolitischen Verantwortung gerecht. Vor dem Regierungswechsel in 1982 setzte die SPD uneingeschränkt auf „Glasfaser“; nach der Wende wurde diese leistungsstarke Technik temporal befristet gegen den konservativen Zeitgeist eingefordert, später ab Mitte der 80er Jahre tangierte das Thema die Partei lediglich noch peripher. Es bestätigt sich die Vermutung, dass die Sozialdemokratie über Jahre hinweg mit der Argumentation, Glasfaser sei die einzige zukunftsträchtige Technik, auf Zeit spielte, wohl wissend, dass sie zum Massenkommunikationseinsatz im privaten Bereich finanziell unerschwinglich war. Die Folgen für die Politik waren unübersehbar: Bis zur Machtübergabe der Bundesregierung konnte durch die SPD-gestützte „Beweisführung“ die Einführung neuer Medien verhindert und damit die Einführung des Privatfernsehens verschleppt werden. Dennoch muss der Ordnung halber betont werden, dass Glasfaser die umfassendere Technik verkörperte und hier diverse elektronische Übertragungsverfahren – von Telefon und Datentransfer über das Fernsehen bis hin zu Videokonferenzen – innerhalb eines Netzes integriert werden konnten. Die Regierung Kohl hat ab Oktober 1982 eine moderne Telekommunikationsinfrastruktur implementiert und somit u.a. die technologischen Voraussetzungen für die Verbreitung privaten Rundfunks in Deutschland geschaffen.770 Ohne Berücksichtigung sozialdemokratischer und anderer gesellschaftspolitischer Einwände trieb sie den verstärkten Aus770 Vgl. z.B. Programme der Bundesregierung zur Förderung der Informations- und Kommunikationstechniken v. 14.03.1984.
Kap. 8.7 Entwicklung der Rundfunk- und Kabelkommunikationstechnologien (Stand und Erwartungen)
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bau von Kabelfernsehnetzen in der Kupferkoaxialtechnik voran und setzte die Glasfasertechnik akzentuiert in Ballungsräumen ein. Dabei argumentierten die Unionsparteien, dass die Verkabelung drei Anliegen erfüllt: Ankurbelung wirtschafts- und beschäftigungsfördernder Maßnahmen (mehr Arbeitsplätze und Anreize für Investitionen), Erfüllung medienpolitischer Aspekte (Meinungsvielfalt) und Aufbau einer modernen technologieorientierten Kommunikationsinfrastruktur (einschließlich Anschluss an internationale Märkte). Angesichts des Einsatzes massiver Finanzmittel des Staates bei der Kupferverkabelung (laut Angaben der Deutschen Bundespost über 9 Mrd. DM in den 80er Jahren) und eines starken parteipolitischen Willens seitens der Unionsparteien stiegen die Marktanschlusszahlen zu den Fernsehwelten rapid an. Schließlich ging gerade die Bevölkerung seinerzeit davon aus, dass das Kabelsystem nahezu unbegrenzte Frequenzkapazitäten und folglich „unendliche“ Programmvielfalt offerierte (realistisch waren mehr als 20 Fernsehprogramme). Man muss hier berücksichtigen, dass bei einer terrestrischen Verbreitungsart lediglich drei bis maximal sieben Programme empfangbar waren. Als Alternativen boten sich nunmehr der Kabelanschluss oder ein direkter Satellitenempfang an (ca. 10 Programme). Im November 1989 waren mehr als 13 Millionen Haushalte kabelanschließbar, was einem Versorgungsgrad von ca. 51 Prozent entspricht.771 Damit verfügte die Bundesrepublik mit den Kabelfernsehnetzen über den größten Massendienst im Fernmeldewesen nach dem Telefon; europaweit gesehen lag Deutschland mit seinen Anschlusszahlen deutlich vor Frankreich, Großbritannien und Italien. Ungeachtet dessen stellte sich die Frage der Rentabilität, da trotz eines raschen Zuwachses an Kabelanschlüssen immerhin rund 49 Prozent der Wohnungen (ca. 5,85 Mio.) zum damaligen Zeitpunkt keinen Anschluss wählten. Der Hauptgrund hierfür war relativ leicht auszumachen, denn die Bürger waren verunsichert, weil die privaten Vermarktungsunternehmen, die Kooperationsmodelle mit der Bundespost abschlossen, zumeist wesentlich höhere Gebühren für einen Kabelanschluss verlangten (einmalige Anschlusskosten zuzüglich monatliche Gebühren) als die Post – ein Umstand, den auch der Bundesrechungshof als „nachteilig für die Entwicklung des Breitbandverteildienstes“ beurteilte.772 Dissens bestand überhaupt bei der Frage, ob sich die Mehrzahl der Haushalte gegen Gebühr an das Kabelsystem anschließen lassen oder aber sich zum Kauf einer SatellitenEmpfangsanlage entschließen würde. Es scheint, dass die meisten Prognosen darauf hinaus liefen, dass das Satellitenfernsehen präferiert würde, wenn der Handel preiswerte Empfangsanlagen offerierte (was auch in der Folgezeit geschah). Angemerkt sei hierbei, dass die Länder Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen und das Saarland erst im Juli 1989 einen „Staatsvertrag über die Veranstaltung von Fernsehen über Satellit“ abschlossen; die übrigen, zumeist B-Länder hatten bereits im April 1987 Teilstaatsverträge zum Satellitenfernsehen unterzeichnet. Zu einer weiteren Verunsicherung bei den Haushalten führten die überraschend durch die Bundespost erschlossenen terrestrischen Fernsehfrequenzen, die es der Bevölkerung in einigen Regionen ermöglichten, die privaten TV-Programme auch über herkömmliche Antennenanlagen zu empfangen. All das stiftete Verwirrung bei den Konsumenten, die vor der schwierigen Entscheidung standen, ob sie sich auf Satellit, Kabel
771 Vgl. Pressemitteilung: 6 Millionen Kabelanschlüsse, Der Bundesminister für Post und Telekommunikation, 21.11.1989, Bonn. 772 Bundesrechnungshof: Bericht über die Entwicklung der Wirtschaftlichkeit des Breitbandverteildienstes der Deutschen Bundespost, Januar 1988, Frankfurt am Main, S. 27.
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Kap. 8 Konklusion
oder terrestrische Übertragungswege festlegen sollten, um die Kommerzprogramme empfangen zu können. Anders zu beurteilen ist die Frage nach der politischen Tragweite der Entscheidung für die Koexistenz von konkurrierenden Übertragungskapazitäten für Rundfunkprogramme. Man kann besonders aufgrund der anhaltenden und steigenden Nachfrage nach Privatfernsehen innerhalb der Untersuchungsdekade davon ausgehen, dass die Strategie der Unionsparteien aufgegangen ist, einerseits Kupfer (zur großflächigen Verkabelung) in Ergänzung mit Fernmelde- und Direktfunksatelliten sowie neuen terrestrischen Frequenzen zur Verbreitung von Informationsvielfalt des Fernsehens und andererseits Glasfaser für die Individualkommunikation einzusetzen. Schließlich dienten die o.g. Maßnahmen dem gemeinsamen Ziel von CDU/CSU, Reichweiten für den Kommerzfunk zu beschaffen, was faktisch auch gelungen ist.
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Abb. 2: Abb. 3: Abb. 4: Abb. 5: Abb. 6: Abb. 7:
Abb. 8: Abb. 9: Abb. 10:
Abb. 11:
Abb. 12: Abb. 13: Abb. 14: Abb. 15: Abb. 16: Abb. 17: Abb. 18: Abb. 19: Abb. 20:
Presseschlagzeilen: Medienpolitik zum Fernsehen der 80er Jahre (Auswahl an Pressestimmen) ......................................................................... 13 Parteipolitisches Zustimmungsmanagement .................................................. 18 Untersuchungsdesign innerhalb der Zeitachse 1980–1989............................ 22 Durchschnittliche Nutzungsdauer der Medien ............................................... 41 Glaubwürdigkeit des Massenmediums Fernsehen ......................................... 44 Modell zur Erlangung einer parteipolitischen Meinungsführerschaft via Massenmedium Fernsehen ....................................................................... 53 Medienpolitischer Kreislauf der Volksparteien zwischen Januar 1980 und April 1987 (bis zur Unterzeichnung des Staatsvertrages zur Neuordnung des Rundfunkwesens)................................................................ 54 Clearingstelle Personalpolitik der CDU-Bundesgeschäftsstelle/ Abteilung Medienpolitik (zwischen Okt. 1982 - Sept. 1987) ........................ 85 Themenschwerpunkte der Volksparteien von Januar 1980 September 1982 .............................................................................................. 93 Gegenüberstellung der zentralen medienpolitischen Positionen der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien von Januar 1980 - September 1982 ................................................................................................................ 94 Gegenüberstellung der zentralen medienpolitischen Positionen der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien von Oktober 1982 – Dezember 1989............................................................................................. 174 Das parteipolitische Ringen um eine duale Rundfunkordnung (Außenpluralistisches Modell) ..................................................................... 177 Rundfunkpolitische Höhepunkte der 80er Jahre .......................................... 178 Themenschwerpunkte der Volksparteien von Oktober 1982 – Dezember 1989............................................................................................. 179 Medienpolitische Gestaltungsphasen der SPD-regierten Länder (A-Länder) von 1980 - 1987 ........................................................................ 181 Medienpolitische Gestaltungsphasen der CDU/CSU-regierten Länder (B-Länder) von 1980 – 1987 ........................................................................ 183 Parteipolitische Wahlkampfdebatten des Fernsehens im Vorfeld der Bundestagswahlen 1980, 1983 und 1987 ..................................................... 190 Ergebnisse der Bundestagswahlen in den 80er Jahren der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien .................................................. 195 Machtinhaber der Medienpolitik in den 80er Jahren ................................... 200 Fernsehnutzung/Sehdauer national 1989...................................................... 214
258 Abb. 21: Abb. 22: Abb. 23: Abb. 24: Abb. 25: Abb. 26:
Abbildungsverzeichnis
Auswertung von Film- und Fernsehspiel-Formaten..................................... 216 Erwerbstätige in Medienberufen 1980 bis 1989. (Ergebnisse des Mikrozensus)...................................................................... 222 Befragungen über bundesweit „mehr Fernsehprogramme“ von 1980 bis 1983. ....................................................................................................... 226 Interesse am Privatfernsehen in 1989........................................................... 227 Fernsehnutzung/Marktanteile von 1985 bis 1989. (Erwachsene ab 14 Jahre, nationaler Durchschnitt, in Prozent)................... 235 Reichweiten Politischer Magazine von ARD und ZDF von 1986 bis 1989 (Zuschauer in Mio.) ...................................................................................... 243
Abkürzungsverzeichnis
abgedr. Abk. Abs. AG AKK AL A-Länder allg. Anm. ARD Art. ASTRA Az. Bd. BDZV betr. BGH BK B-Länder
abgedruckt Abkürzung Absatz Arbeitsgemeinschaft Anstalt für Kabelkommunikation (Ludwigshafen) Alternative Liste Länder, die von einem SPD-Ministerpräsidenten regiert werden allgemein Anmerkung Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland Artikel Medium-Power-Satellit zum Empfang von Hörfunk- und Fernsehsignalen Aktenzeichen
BM BMI BT BVerwG BVerfG BVerfGE bzgl. bzw.
Band Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger Betreffend Bundesgerichtshof Bundeskanzler Länder, die von einem CDU- bzw. CSU-Ministerpräsidenten regiert werden Bundesminister Bundesministerium des Innern Bundestag Bundesverwaltungsgericht Bundesverfassungsgericht Entscheidungssammlung des Bundesverfassungsgerichts bezüglich beziehungsweise
CSU CDU
Christlich-Soziale Union in Bayern Christlich-Demokratische Union Deutschlands
DDR DFS DGB dgl. d.h. DIE GRÜNEN DLM dpa
Deutsche Demokratische Republik Deutscher Fernmeldesatellit niedriger Sendeleistung (Kopernikus) Deutscher Gewerkschaftsbund dergleichen das heißt Bündnis 90/DIE GRÜNEN Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten Deutsche Presse Agentur
260 ECS EG einschl. etc. EU EUREKA TV EuGH evtl. EWG F.D.P.
Abkürzungsverzeichnis
European Communication Satellite. Satellit der Europäischen Weltraumorganisation zur direkten Fernsehübertragung Europäische Gemeinschaft einschließlich et cetera Europäische Union Eureka Television Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft eventuell Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
ff.
Freie Demokratische Partei (ab dem 6.05.2001 schreibt sich die F.D.P. ohne „Abkürzungspunkte“) (fort)folgende
gem. GG ggf.
gemäß Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls
HR hrsg.
Hessischer Rundfunk Herausgegeben
i.d.F. i.e. IG Medien inkl. int. i.S.
in der Fassung im einzelnen Industriegewerkschaft Medien, Druck und Papier, Publizistik und Kunst inklusive international im Sinne
Kap. KEF KtK
Kapitel Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Kommission für den Ausbau des technischen Kommunikationssystems
lfd. lt.
laufend Laut
MDR MEG MP
Mitteldeutscher Rundfunk Medienerprobungs- und entwicklungsgesetz Ministerpräsident
NATO NDR Nr. NRW
North Atlantic Treaty Organisation Norddeutscher Rundfunk Nummer Nordrhein-Westfalen
Abkürzungsverzeichnis
261
o.a. o.ä. o.e. ö.-r.
oben angegeben oder ähnliches oben erwähnt öffentlich-rechtlich
RFFU RB RStV Rspr. RTL plus
Rundfunk-Fernseh-FilmUnion Radio Bremen Rundfunkstaatsvertrag Rechtsprechung Radio Television Luxemburg
S. s. s.a. SAT.1 s.o. sog. SPD s.u. SWF
Seite, Satz (bei Rechtsnormen) siehe siehe auch Begriff steht für Satellit; privater Fernsehsender siehe oben sogenannt(e) Sozialdemokratische Partei Deutschlands siehe unten Südwestfunk
TDF 1 TV TV-Sat/TDF
direktstrahlender, französischer Rundfunksatellit (s.u. TV Sat) Television Satelliten für den Direkt-Fernsehempfang; hergestellt in einer deutschfranzösische Gemeinschaftsproduktion
u.a. u.ä. usw.
unter anderem und ähnliches und so weiter
v. Ver.di VDZ vgl.
vom, von, vor Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Verband Deutscher Zeitschriftenverleger vergleiche
WDR
Westdeutscher Rundfunk
z.B. ZDF ZdK Ziff. z.T. z.Zt.
zum Beispiel Zweites Deutsches Fernsehen Zentralkomitee der deutschen Katholiken Ziffer zum Teil zur Zeit
Glossar: Zentrale Begriffe der Medienpolitik
Agenda-Setting Das Lancieren von Themen innerhalb der Medienberichterstattung wird als eine empirisch belegte Medienwirkung eingestuft. McCombs, Maxwell/Shaw, Donald argumentieren – gestützt auf Bernhard Cohen (1963) –, dass die Medien zwar keinen großen Einfluss darauf haben, was die Öffentlichkeit zu einzelnen Themen denkt, aber einen massiven Einfluss darauf, worüber sie sich Gedanken macht.773 Cohen (1963, S. 13) stellt hierbei fest: „The press (...) may not be successful much of the time in telling people what to think, but it is stunningly successful in telling its readers what to think about.” AKK Anstalt für Kabelkommunikation Ludwigshafen, in deren Zuständigkeit eines der vier Kabelpilotprojekte durchgeführt und das Privatfernsehen in Deutschland gestartet wurde (SAT.1 nahm in Lud-wigshafen seinen Sendebetrieb am 1.1.1984 auf). ARD Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Bundesrepublik Deutschland; gegründet am 9./10.06.1950 durch die Intendanten und Gremienvorsitzenden der Landesrundfunkanstalten. Ausgewogenheit Eine in der Wissenschaft weitgehend anerkannte Definition des Begriffes liefert NoelleNeumann: „Es kommen verschiedene, in der Gesellschaft stark vertretene Richtungen einigermaßen gleichgewichtig zum Ausdruck.“774 Laut BVerfG-Rechtsprechung muss eine Ausgewogenheit innerhalb des Gesamtprogramms eines Rundfunksenders gewährleistet sein, nicht dagegen innerhalb einzelner Sendungen oder Beiträge. Bildschirmtext Unter Nutzung der Vermittlungsfähigkeit des Fernsprechnetzes können Texte und Grafiken übermittelt werden, die beim Empfänger auf dem Bildschirm (etwa eines Fernsehgerätes) erscheinen. Über eine Tastatur – beispielsweise einer Fernbedienung – kann der Empfänger Informationen seiner Wahl beim Absender (z.B. Rundfunkanstalt) abrufen. Die Empfangsgeräte müssen mit einem Decoder ausgestattet sein. Breitband-Kommunikation Dieser Begriff umfasst alle technischen Systeme, die gleichzeitig via Fernmeldenetz empfangen und abgerufen werden können. Über die Breitbandkabelnetze können z.B. bis zu 29 Fernseh- und 24 Stereo-Hörfunkkanäle gleichzeitig übertragen werden.775 Die Breitbandtechnik fördert lokale und regionale Programme und ermöglicht auch die Nutzung eines 773 Vgl. McCombs, Maxwell E./Shaw, Donald L. 1972, S. 176-187. 774 Noelle-Neumann, Elisabeth 1983a, S. 143. 775 Vgl. Müller-Römer, Frank 1983, S. 3. In: Bayerischer Rundfunk (Hrsg.): Elektronische Medien im Umbruch, 1983, München.
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Glossar: Zentrale Begriffe der Medienpolitik
sogenannten Rückkanals zum Dialog zwischen einem einzelnen Teilnehmer und einer Sendezentrale. 3SAT Gemeinsames deutschsprachiges Satellitenprogramm des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF), des Österreichischen Rundfunks (ORF) und der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG), das seit dem 1.12.1984 veranstaltet wird. Der Programmschwerpunkt liegt auf kulturellen Ereignissen. Dualer Rundfunk Die parallele Veranstaltung von öffentlich-rechtlichen und privat organisierten Sendungen in einem ordnungspolitischen Nebeneinander (z.B. geregelt durch Rundfunkstaatsvertrag/Landesmediengesetz) wird als dualer Rundfunk bezeichnet. Das Bundesverfassungsgericht hat im Urteil v. 4.11.1986 die duale Rundfunkordnung als rechtlich zulässig anerkannt. Eins plus Ein europäisch orientiertes, deutschsprachiges Satellitenprogramm der ARD (Sendebeginn: 30.04.1986), das Kultur- und Sportbeiträge ausstrahlt. EUREKA Televison Einer von vier bundesweit ausstrahlenden Fernsehsendern in den 80er Jahren (neben SAT.1, RTL und musicbox). Gegründet wurde EUREKA 1986 von den privaten Gesellschaftern776 Gerhard Ackermanns und Heiner Wehking (Sendelizenz wurde am 31.10.1986 erteilt). Aus dem Informations- und Nachrichtensender, der u.a. Teleshopping in Deutschland einführte, wurde am 1.01.1989 „ProSieben“. Gatekeeper Die Kommunikationswissenschaft bezeichnet Journalisten als „Torwärter“, weil diese bei der Selektion von Informationen darüber entscheiden, welche Nachrichten an die Öffentlichkeit weitergeleitet werden. Glasfaser Im Bündel als Breitbandkabel bietet Glasfaser praktisch unbegrenzte Übertragungsmöglichkeiten – simultan für Rundfunk- und Telefondienste. Erst durch das Glasfaserkabel ist das Zweiweg-Kabel-Fernsehen mit dem dialogfähigen „Rückkanal“ technisch machbar (z.B. können Informationen bestellt und Meinungen ausgetauscht werden). Der Preis für einen Glasfaseranschluss war in den 80er Jahren annähernd vierzig mal so hoch wie für einen Kupferanschluss. Infolgedessen konnte aufgrund der kostspieligen Netzinvestitionen kein Massenmarkt für Privatfernsehen geschaffen werden. Grundversorgung Der ö.-r. Rundfunk ist aufgrund seines gesetz-lichen Auftrages zur umfassenden Meinungsvielfalt und inhaltlichen Ausgewogenheit in allen Sparten der Programme (z.B. Bildung, 776 Bei allen vier bundesweit ausstrahlenden Fernsehsendern wechselten die Gesellschafter im Laufe der Unternehmensgeschichten mehrfach.
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Kultur, Information) verpflichtet. Dafür erhält er eine Rundfunkgebühr, die bei den Rundfunkteilnehmern eingezogen wird. Zum Grundauftrag zählen nach Meinung von Wettbewerbshütern keineswegs wirtschaftliche Aktivitäten, die die Chancen kommerzieller Anbieter schmälern (z.B. Onlineaktivitäten wie eCommerce, Erwerb von Sportrechten zu nicht marktgerechten Preisen, Multiplizierung von Programmen, steuerliche Sonderbehandlung von Werbeeinnahmen). Kabelpilotprojekte Regional begrenzte Feldversuche zur Erprobung von Breitbandkabelsystemen und dabei auch von neuen Rundfunkprogrammen (war 1976 von der „Kommission für den Ausbau des technischen Kommunikationssystems“ empfohlen worden). Die Pilotprojekte wurden in Berlin, Dortmund, Ludwigshafen/Vorderpfalz und München durchgeführt. Kabelrundfunk Die leitungsgebundene Versorgung mit Rundfunkprogrammen (Hörfunk und Fernsehen) in gegenüber Einzelantennen technisch besserer Empfangsqualität. KEF Die „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten“ spricht spätestens alle zwei Jahre den Landesparlamenten Empfehlungen zur Gebührenfestsetzung bei den ö.-r. Rundfunkanstalten aus. Kommunikationspolitik/wissenschaft Zahlreiche Autoren sehen die Kommunikationspolitik/wissenschaft als ein eigenständisches Feld getrennt von der Medienpolitik und als den umfassenderen und übergeordneten Begriff.777 Schütz dagegen beurteilt, dass die Begriffe „Medienpolitik“ und „Kommunikationspolitik“ für ähnliche Sachverhalte gebraucht werden.778 KtK Kommission für den Ausbau des technischen Kommunikationssystems (wurde 1973 von der Bundesregierung eingesetzt). Mediatisierung Steht für eine ausschließliche Orientierung an den Gesetzmäßigkeiten der Medien. „Mediatisierte Politik“ heißt für Oberreuter „Unterwerfung und Instrumentalisierung: Politik und Medien machen sich wechselseitig zu Opfern“.779 Roegele sieht dagegen die Politik herabgestuft durch Unterstellung unter die Medien.780 Medienpolitik Entwicklung von politischen Strategien und Steuerungsmechanismen zur Gestaltung der Medienlandschaft einschließlich ordnungspolitischer Regelungen. Zu einer ähnlichen Definition gelangen Scholten-Reichlin/Jarren: „Medienpolitik befasst sich mit der Ausgestal777 778 779 780
Vgl. Ronneberger 1986, Jarren 1994, Kepplinger 1994 sowie Definition „Medienpolitik“. Vgl. Schütz, Walter J. 1999, S. 15. Oberreuter, Heinrich 1989, S. 25. Vgl. Roegele, Otto B. 1989, S. 145.
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tung einer der Gesellschaft angemessenen Kommunikationsordnung“.781 Nach anderen Autoren kann von Medienpolitik nur im Zusammenhang mit Massenmedien gesprochen werden; sie machen hierbei die Verbreitungsgröße/Reichweite eines Mediums zum Kriterium: „Maßnahmen des politisch-administrativen Systems (...), die direkt oder indirekt auf die Produktion, Distribution und den Konsum (Rezeption) massenmedial verbreiteter Inhalte einwirken.“782 In der Einschätzung von Schütz umreißt „Medienpolitik die Handlungen, mit denen verschiedenste Akteure versuchen, mit unterschiedlichen Mitteln Einfluss auf die Medien und ihre Struktur zu nehmen. Sie formulieren Konzepte und Zielsetzungen und suchen Mittel zu ihrer Verwirklichung; (...) die Akteure planen zukünftige Entwicklungen, leiten sie ein, setzen sie durch und/oder bekämpfen sie.“783 Zu einer vergleichbaren Begriffsdefinition gelangt Faulstich, für den „die Medienpolitik allgemeinverbindliche Eingriffsstrategien zur Gestaltung von Medienöffentlichkeiten verhandelt.“784 Medienrecht Die Aufgabe des Medienrechts besteht darin, die von der Medienpolitik verabschiedeten Entwürfe in Gesetzesvorlagen zu fassen, damit diese legalisiert werden können. Medienwissenschaft Die allgemeine Medienwissenschaft ist laut Faulstich „zu verstehen als integrative Einheit unterschiedlicher Disziplinen – Publizistikwissenschaft, literaturwissenschaftliche Medienwissenschaft und Einzelwissenschaften wie Film-, Buch- oder Theaterwissenschaft-, rekurriert ihrerseits auf zahlreiche weitere einschlägige Bestandteile anderer Disziplinen.“785 Musicbox Aus dem Popkanal „musicbox“ (Programmstart: 28.08.1985) entstand der Musik- und Filmsender „Tele 5“, der bis Ende 1992 sendete (erneuter Programmbetrieb seit dem 28.4.2002). Die Gründungsgesellschafter waren Wolfgang Fischer, die deutsche Vertretung von EMI Electrola und der Kölner Verleger Neven DuMont. Neue Medien Ursächlich stehen neue technische Übertragungsmöglichkeiten wie Kabelkommunikation oder Breitbandtechnologie (Glasfaser) und Begriffe wie Bildschirmtext, Videotext und Breitbandkommunikation für die Neuen Medien. Mit diesem Schlagwort werden allerdings umgangssprachlich und medienpolitisch vorrangig die elektronischen Massenmedien – und hier vor allem privates Fernsehen/privater Hörfunk – bezeichnet. Öffentliche Meinung Der Begriff konnte bisher nicht präzisiert werden786. Nach Luhmann sind es „Formeln“ oder „Worte“, die einen Prozess der öffentlichen Meinung in Gang setzen.787
781 782 783 784 785 786 787
Scholten-Reichlin, Heike/Jarren, Otfried 2001, S. 233. Schatz/Habig/Immer 1990, S. 332. Schütz, Walter J. 1999, S. 18. Faulstich, Werner 2004, S. 206. Faulstich, Werner 2002, S. 56. Vgl. Habermas, Jürgen 1962, S. 13; Noelle-Neumann, Elisabeth 2001, S. 84. Vgl. Luhmann, Niklas 1971, S. 2-28.
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Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk Organisation von Fernsehen und Hörfunk als Anstalten des öffentlichen Rechts, finanziert durch eine Rundfunkgebühr, die jeder Rundfunkteilnehmer (Privatpersonen, Selbständige, Unternehmen) zu entrichten hat. Personalisierung Eine Politikvermittlung findet überwiegend durch Personen statt, die mit ihren Einstellungen und Attributen wichtiger genommen werden als die Programme der Parteien. Politikverdrossenheit Unter dem Begriff ist eine allgemeine Unzufriedenheit der Öffentlichkeit gegenüber einer gegenwärtigen Politik zu verstehen, ohne dass das politische System fundamental in Frage gestellt wird. Privater Rundfunk Veranstaltung von kommerziellen Hörfunk- und Fernsehprogrammen, die sich ausschließlich durch Werbeeinnahmen finanzieren. Pro Sieben Der Spielfilmkanal ist am 1.01.1989 aus EUREKA Television hervorgegangen; in der Startphase schrieb sich der Sender „PRO7“ (Hauptgesellschafter waren Thomas Kirch und Gerhard Ackermanns). RTL (plus) Radio Television Luxemburg (Programmstart am 2.01.1984 aus Luxemburg). Der Sender war zunächst eine Tochtergesellschaft der Compagnie Luxembourgeoise de Télédiffusion; später kamen u.a. Bertelsmann und die WAZ-Zeitungsgruppe als Gesellschafter hinzu; Verlegung des Standortes nach Köln 1988 (ab dem 31.10.1992 nennt sich der Sender nur noch „RTL“). Rundfunk Hinter diesem Begriff sind die Unterkategorien Hörfunk und Fernsehen angesiedelt. Satelliten Zur Rundfunkübertragung werden u.a. Fernmelde- und Rundfunksatelliten mit technisch unterschiedlichen Sendeleistungen eingesetzt, deren Programme per Parabolantennen empfangen werden können. Direktstrahlende Rundfunksatelliten verfügen im Gegensatz zu Fernmeldesatelliten über eine sehr hohe Leistung und sind mit kleinen privaten Parabolantennen empfangbar. SAT.1 startete unter dem Namen „Programmgesellschaft für Kabel- und Satellitenrundfunk“ (Sendebetrieb ab dem 1.01.1984; 124 deutsche Zeitungsverlage und Leo Kirch waren die ersten Gesellschafter; zu den Verlagen zählten u.a. Burda, Bauer, Holtzbrinck und Springer).
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Glossar: Zentrale Begriffe der Medienpolitik
Schweigespirale Noelle-Neumanns umstrittene Theorie basiert darauf, dass Menschen miteinander in einem fortwährenden Interaktionsprozess stehen, wobei auch konträre Meinungen ausgetauscht werden. Stellen nun Personen fest, dass sie mit ihrer Meinung einer Minderheit angehören, agieren sie zurückhaltend oder verschweigen ihre Meinung (aus Furcht vor Isolation), worauf sich die Meinungsführer immer stärker äußern. In der Folge entwickelt sich ein spiralartiger Prozess, an dessen Ende das deutliche Überwiegen einer Meinung steht, diese jedoch nicht unbedingt die Meinung der Mehrheit sein muss.788 Noelle-Neumann merkt 1983 an, „dass die Nachweise sich auf wenig Fälle, schmale statistische Basis stützen.“789 Terrestrische Verbreitung Übertragung von Rundfunksignalen durch elektromagnetische Wellen auf der Erde. Videomalaise Dieser Terminus beruht auf der Theorie, dass das Fernsehen durch eine zunehmend negative politische Berichterstattung die Menschen von der Politik entfremdet und erheblich zu einer Politik-verdrossenheit beiträgt.790 Videotext Der Empfänger kann z.B. die von den Rundfunkanstalten angebotenen Texte und Grafiken ausschließlich durch Anwahl von Videotext-Tafeln abrufen (z.B. Nachrichten, programmbegleitende Informationen). Im Gegensatz zu Bildschirmtext fehlt die Dialogmöglichkeit mit dem Videotext-Absender. Wirkungen „Sämtliche beim Menschen zu beobachtenden Verhaltens- und Erlebensprozesse, die darauf zurückzuführen sind, dass der Mensch Rezipient im Felde der Massenkommunikation ist.“791 ZDF Zweites Deutsches Fernsehen, gegründet 1961 auf der Grundlage eines Staatsvertrages der Länder (Sendestart: 1.04.1963).
788 789 790 791
Vgl. Noelle-Neumann, Elisabeth 1973, S. 43. Noelle-Neumann, Elisabeth 1983a, S. 133. Vgl. Robinson, Michael J. 1976. Maletzke 1963, S. 189.
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Sachverzeichnis
3SAT..102, 146, 178, 233, 234, 237, 248, 264 Agenda Setting ..............37, 46, 137, 270, 279 Amerikanisierung der Wahlkämpfe ....45, 282 ARD 16, 28, 36, 38, 40, 46, 50, 54, 56, 58, 59, 63, 64, 65, 66, 67, 69, 73, 74, 77, 78, 79, 80, 81, 83, 90, 91, 94, 97, 98, 99, 103, 105, 106, 109, 111, 112, 113, 114, 115, 118, 120, 124, 125, 126, 128, 129, 132, 134, 136, 138, 139, 141, 144, 146, 148, 150, 152, 153, 156, 160, 163, 165, 168, 174, 175, 178, 181, 182, 184, 207, 209, 211, 212, 213, 215, 218, 219, 221, 222, 232, 233, 234, 235, 236, 237, 238, 240, 241, 243, 244, 245, 246, 248, 251, 258, 259, 263, 264, 269, 271, 278, 285, 286, 287 ASTRA ......................................155, 248, 259 Berichterstattung im elektronischen Medienbereich ..................................140 Bildschirmtext .....................61, 263, 266, 268 Binnen-/Außenpluralismus..........................31 Breitbandkommunikation ............................87 Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen ......121, 135, 139, 147, 152, 221 Bundesrundfunkanstalten ............................34 Bundesverfassungsgericht ..27, 28, 35, 52, 58, 61, 70, 119, 134, 157, 174, 178, 180, 259, 264, 270, 276 Bürgerfernsehen ........................................168 Bürgerfreiheit ....................231, 271, 278, 285 DDR-Programme.......................................147 Deregulierung ..............................................36 Deutsche Bischofskonferenz .......96, 139, 272 Deutscher Bundestag .....................38, 89, 272 DGB 63, 96, 109, 117, 121, 122, 123, 138, 155, 160, 259, 272, 281, 287 Einfluss auf die Politikberichterstattung ....12, 241, 242 Eins Plus ............................................178, 233 Einschaltquoten ......36, 37, 97, 120, 122, 124, 195, 214, 223, 237, 241, 245, 251 Einstellungen der Bevölkerung zum dualen Rundfunksystem .................19, 225, 244
Elefantenrunde.................................. 187, 195 Erbsenzählerei .......................................... 156 Erwerbstätige in Medienberufen ...... 222, 258 EU-Kommission ................................. 35, 211 Eureka Television 33, 120, 125, 239, 245, 260 Europäische Rundfunkordnung .................. 92 Evangelische Kirche ..... 74, 96, 122, 226, 273 Familie .......................... 36, 98, 149, 225, 246 Fernsehen und Wahlen ......................... 40, 44 Fernsehwirtschaft...................... 214, 216, 222 Film- und Fernsehindustrie... 19, 21, 211, 222 Film-Fernsehabkommen........................... 218 Filmförderungsanstalt (FFA).................... 218 Filmpolitik ........................................ 153, 171 Filmtheater................................ 215, 217, 219 Follow the party in power.... 12, 20, 229, 230, 251, 253 FRAG-Urteil............................................... 70 Free flow of information..................... 35, 247 Freie Meinungsbildung............................... 28 Freizeitforschung ...................................... 269 Frequenzmangel........................................ 147 Frühstücksfernsehen ................. 124, 125, 153 Gate Keeper................................................ 55 Gesinnungsjournalismus....................... 91, 99 Glasfaser 34, 95, 98, 108, 132, 134, 172, 182, 254, 256, 264, 266 Grundgesetz ..... 28, 31, 32, 34, 105, 112, 120, 147, 164, 178, 260, 270, 274 Grundversorgung 29, 106, 122, 124, 134, 146, 147, 151, 156, 166, 212, 223, 239, 264, 280 Hamburger Mediengesetz......................... 118 Hamburger Medientage 1983 ................... 111 Hessischer Rundfunk................................ 260 IG Medien – Druck und Papier, Publizistik und Kunst......................................... 117 Informationsgesellschaft..................... 49, 281 Informationszeitalter................. 104, 141, 278 Intelsat ........................ 32, 103, 109, 160, 233 Jugendschutz..... 106, 112, 151, 175, 248, 249 Kabel- und Satellitenfernsehen................... 33 Kabelgroschen ............................................ 66
290 Kabelpilotprojekte ..66, 70, 72, 76, 87, 92, 95, 98, 99, 107, 108, 121, 139, 168, 178, 179, 185, 211, 226, 265, 283 Kanzlerbonus.............................188, 191, 193 Kieler Rundfunkgesetz ..............................159 Kinofilmwirtschaft ............................217, 220 Kommerzialisierung des Fernsehens...97, 248 Kommerzieller Rundfunk............................92 Kommunikationsrevolution...............172, 185 Kommunikationswissenschaft..12, 40, 75, 78, 148, 264, 271, 272, 273, 276, 279, 281, 282, 284 Kompetenzen des Bundes und der Länder .19, 27 Kontrollfunktion der Medien.......................17 Kopernikus ........................155, 248, 253, 259 Krefelder Appell..........................................81 Landesmedienanstalten 25, 60, 241, 248, 249, 250, 251, 259 Landesmediengesetz Baden-Württemberg .83, 86, 274 Landesmediengesetze ...32, 70, 71, 94, 97, 99, 108, 133, 143, 151, 165, 175, 180, 240, 251 Macht der Bilder......................39, 41, 43, 235 Macht der Ministerpräsidenten....................57 Machtinhaber der Medienpolitik .......200, 257 Machtpolitische Strategien ........................235 Massenkommunikation.......41, 42, 44, 61, 74, 111, 268, 269, 274, 276, 277, 278, 279, 283 Massenmedien ..14, 15, 17, 21, 25, 33, 38, 39, 41, 50, 55, 58, 64, 69, 76, 98, 110, 136, 137, 149, 154, 162, 166, 184, 188, 203, 218, 231, 236, 249, 266, 271, 272, 276, 278, 279, 280, 282, 283, 284, 287 Mediatisierung.............................45, 265, 282 Medienanstalten...........................................32 Medieneinfluss ............................................17 Medienfreiheit ...........................................158 Mediengewerkschaft..................................124 Medienmacht .21, 38, 133, 270, 278, 281, 282 Medienpolitik9, 10, 11, 12, 13, 19, 20, 21, 23, 33, 35, 57, 60, 63, 65, 68, 69, 71, 73, 74, 75, 76, 77, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 92, 96, 99, 101, 104, 108, 109, 112, 113, 114, 115, 117, 118, 119, 120, 121, 122, 124, 125, 126, 127, 129,
Sachverzeichnis
130, 131, 133, 134, 136, 137, 138, 140, 141, 142, 143, 145, 147, 148, 149, 150, 152, 153, 155, 156, 157, 158, 159, 160, 161, 162, 163, 164, 166, 167, 168, 169, 170, 171, 184, 197, 198, 199, 204, 205, 229, 231, 232, 248, 253, 257, 263, 265, 266, 269, 270, 271, 272, 273, 274, 275, 276, 277, 279, 280, 281, 282, 283, 284, 286, 287 Medienpolitische Gestaltungsphasen der CDU/CSU-regierten Länder .... 183, 257 Medienpolitische Gestaltungsphasen der SPD-regierten Länder .............. 181, 257 Medienrat...... 60, 61, 153, 249, 250, 251, 275 Medienrecht .............................................. 266 Medienwirkung........................... 43, 263, 285 Medienwissenschaft............ 12, 266, 273, 279 Meinungsbildungsprozess .................... 37, 58 Meinungsführerschaft................... 53, 57, 257 Meinungsvielfalt/Wettbewerb ............ 11, 244 Ministerpräsidentenkonferenz ..... 65, 96, 102, 107 Musicbox .......................................... 120, 266 Nahesteher .................................... 56, 67, 241 Neuordnung des Rundfunkwesens .. 9, 11, 98, 99, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 112, 114, 115, 118, 119, 142, 145, 146, 151, 168, 175, 176, 178, 180, 182, 201, 202, 257, 286 Niedersächsisches Landesrundfunkgesetz. 83, 280 Normenkontrollklage................ 138, 168, 271 NRW-Mediengesetz ................................. 122 Öffentliche Meinung .. 29, 266, 276, 279, 280 Öffentliche Meinungsbildung..................... 29 Parteiidentifikation ............................... 49, 50 Parteipolitische Wahlkampfdebatten des Fernsehens ............................... 190, 257 Parteipolitisches Zustimmungsmanagement ................................................... 18, 257 Pay TV.............................................. 117, 248 Personalisierung der Berichterstattung....... 47 Personalpolitik der Parteien................ 54, 230 Personenbezogener Wahlkampf ................. 46 Politikverdrossenheit 40, 48, 50, 51, 267, 287 Politikvermittlung...... 36, 246, 267, 276, 279, 282, 283 Postreform ........................................ 153, 178
Sachverzeichnis
Pressefreiheit .......................28, 124, 158, 271 Privater Rundfunk .........94, 96, 117, 175, 267 Pro Sieben..........................129, 246, 248, 267 Programmausgewogenheit ..........................30 Programmbedarf ........................................217 Programmverflachung ....69, 72, 98, 169, 175, 185 Programmvielfalt.88, 132, 140, 209, 211, 255 Programmvorhaben der Privaten...............237 Quotenregelung .........................131, 140, 154 Rotfunk ..................................................86, 99 RTL plus.32, 40, 46, 116, 120, 125, 129, 144, 153, 155, 159, 178, 212, 213, 215, 217, 220, 222, 234, 235, 236, 238, 239, 242, 245, 248, 261, 278 Rundfunk ....11, 20, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 34, 35, 36, 37, 38, 52, 57, 58, 59, 60, 63, 65, 66, 67, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 80, 81, 83, 84, 87, 88, 90, 91, 92, 94, 95, 99, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 111, 112, 113, 114, 116, 117, 118, 119, 120, 122, 123, 124, 126, 127, 128, 129, 130, 131, 132, 134, 142, 143, 145, 146, 148, 153, 155, 156, 157, 158, 160, 161, 162, 163, 164, 165, 167, 168, 169, 170, 172, 173, 174, 175, 176, 180, 185, 203, 204, 211, 217, 231, 232, 236, 237, 238, 239, 240, 243, 246, 247, 248, 249, 254, 260, 261, 263, 264, 265, 266, 267, 268, 269, 270, 271, 272, 274, 275, 277, 278, 279, 286, 287 Rundfunk-Fernseh-Film-Union (RFFU) .....74 Rundfunkfreiheit.....27, 28, 31, 66, 74, 89, 98, 134, 142, 151, 272, 279 Rundfunkgebühr .60, 66, 74, 77, 94, 134, 153, 154, 174, 184, 211, 233, 237, 239, 246, 264, 266 Rundfunkgesetz für das Land SchleswigHolstein.............................................138 Rundfunkgremien .9, 57, 58, 59, 85, 118, 126, 171, 185, 204, 233, 240 Rundfunkhoheit .....................................35, 94 Rundfunkkommission..................................57 Rundfunkkontrolle und Parteieneinfluss ...240 Rundfunkmonopol..23, 65, 79, 87, 89, 94, 97, 113, 119, 123, 145, 154, 161, 163, 168, 169, 171, 172, 176, 201, 244 Rundfunkorganisation ...........................32, 34
291 Rundfunkpolitische Höhepunkte der 80er Jahre ......................................... 178, 257 Rundfunkräte ............ 58, 59, 73, 97, 241, 242 Rundfunksatellitensystem......................... 143 SAT.1... 32, 40, 120, 124, 125, 128, 129, 130, 144, 146, 148, 153, 155, 159, 160, 178, 188, 212, 213, 220, 222, 234, 235, 236, 238, 239, 245, 246, 248, 249, 261, 263, 264, 267, 278 Satelliten ...... 29, 34, 36, 61, 80, 86, 102, 112, 113, 115, 120, 134, 162, 178, 248, 255, 261, 264, 267, 281 Satellitenrundfunk . 32, 69, 79, 95, 96, 97, 98, 99, 104, 112, 137, 180, 183, 267 Schwarzfunk ............................................... 86 Schweigespirale .................. 77, 194, 267, 280 Selbstkommerzialisierung ........ 156, 158, 212 Sendelizenzvergaben ................................ 116 Spiegel TV................................ 129, 238, 241 Springer-Kirch-Konsortium...................... 129 Staatsbank................................................... 58 Staatsfreiheit ......................................... 31, 52 Tele 5 .. 32, 160, 217, 221, 234, 245, 248, 266 Teleshopping .............. 33, 125, 244, 249, 264 Themenschwerpunkte der Volksparteien .. 93, 179, 257 Trennung von Berichterstattung und persönlicher Meinung (Kommentar) . 78 TV-Beobachtung ...................................... 148 TV-Duell................................................... 188 TV-Sat ........ 31, 102, 109, 114, 145, 248, 261 UNO 36 Untersuchungsdesign.................. 22, 198, 257 Untersuchungsmethode ........................ 19, 20 Ver.di ........................................................ 261 Verkabelungsstopp ............................. 64, 274 Verlautbarungsjournalismus....................... 68 Videomalaise .............................. 50, 268, 276 Videotext ............................ 61, 146, 266, 268 Viertes Rundfunkurteil/Niedersächsisches Landesmediengesetz ................ 120, 270 Wahlkampf ...... 38, 44, 46, 50, 109, 136, 140, 148, 162, 191, 192, 279, 282, 287 Wahlwerbung.................................... 128, 160 Wahrhaftigkeit in Nachricht, Bericht und Kommentar ...................................... 149 Wechselwähler.............................. 49, 50, 276 Werbefernsehen .................... 38, 96, 128, 269
292 Werbeumsätze ...................................215, 234 Wirkungen ..21, 25, 38, 52, 98, 204, 254, 268, 276, 279 ZDF 28, 32, 36, 38, 40, 46, 48, 54, 56, 58, 60, 63, 65, 66, 69, 73, 74, 77, 78, 79, 80, 83, 90, 94, 97, 98, 100, 102, 103, 105, 106, 109, 110, 113, 114, 115, 118, 120, 124, 125, 128, 129, 136, 144, 146, 152, 153,
Sachverzeichnis
156, 165, 166, 168, 172, 174, 181, 182, 184, 188, 192, 195, 207, 211, 212, 213, 215, 218, 219, 221, 222, 232, 233, 234, 235, 236, 237, 238, 240, 241, 243, 244, 245, 246, 248, 249, 251, 258, 261, 264, 268, 269, 270, 271, 274, 275, 278, 281, 287 Zentralkomitee der Deutschen Katholiken . 74